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Full text of "Zeitschrift"

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HANDBOUND 
AT  THE 


UNIVERSITY  OF 
TORONTO  PRESS 


Zeitschrift 


Deutschen  Morgenländischen  Gesellschaft. 


Herausgegeben 

von  den  Geschäftsführern, 

in  Halle  Dr.  Hultzsch,  in  Leipzig  Dr.  Fischer, 

Dr.  Praetorius,  Dr.  Windiscb, 


unter  der  verantwortlichen  Redaktion 

des    Prof.    Dr.    A.   Fischer. 


A c h tu n d f ü nfzisster   ßa n d. 


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Leipzig  1904, 

in    Kommission    bei    V.  A.    Brockhaus. 


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5 

P4 
Bd.  51 


Inhalt 

de#  achtundfünfzigsten  Bandes  der  Zeitschrift  der  Deutschen 
Morgenländischen  Gesellschaft. 

Seite 
Nachrichten  über  Angelegenheiten  der  D.  M.   6.       .  .  .  .  .  I 

Verzeichnis  der  Mitglieder  der  D.  M.  G.  im  Jahre   1904  .  .  IV 

Verzeichnis  der  gelehrten  Körperschaften  und  Institute ,  die  mit  der 

D.  M.  G.  in  Schriftenaustausch  stehen        .....  XV] 

Personalnachrichten XX  XXXIII  XLIII  LXVI 

Verzeichnis    der  für    die  Bibliothek  eingegangenen  Schriften   u.  s.  w. 

XXI  XXXIV  XLIV  LXVII 

XI Ve  Congres  International  des  Orientalistes XXIX 

Zur  Beachtung XXXI 

Allgemeine  Versammlung  der  D.  M.  G.  zu  Leipzig  ....  XLI  LH 
Zwei  Anträge  auf  Zusätze  zu  den  Satzungen   der  D.  M.  G.  .  .  XL  II 

Protokollarischer  Bericht  über  die  zu  Leipzig  abgehaltene  Allgemeine 

Versammlung    ..........  LIII 

Extrakt  aus  der  Rechnung  über  Einnahme  und  Ausgabe  bei  der  Kasse 

der  D.  M.  G.   1903 LX1I 

Satzungen  des  Vereins  „Deutsche  Morgenländische   Gesellschaft"         .        LXXIV 

Aufsätze. 

Das  südliche  Paiicatantra.    Übersicht  über  den  Inhalt  der  älteren  „Paiica- 

tantra'-Rezensionen  bis  auf  Pürnabhadra.  Von  Johannes  Hertel  .  1 
Beiträge  zur  Beleuchtung  des  islamitischen  Strafrechts,  mit  Rücksicht  auf 

Theorie  und  Praxis  in  der  Türkei.  Von  Johann  Krcsmdrik  .  .  69 
Zur  Quellenkunde  der  indischen  Medizin.  Von  Julius  Jollij .  .  .114 
Neues  von  Mehmed  Emin  Bej.     Von  Friedrich   Giese    .         .         .         .117 

Mundäs  and  Australians.     By  Sten  Konow       ......  147 

Resen  in  Genesis   10.     Von  Eberhard  Nestle 158 

Die  Steleninschrift  Rusas'  II  Argistihinis  von  Etschmiadzin.    Von   W.  Belch  161 

Zur  Esmün'äzär-Inschrift.     Von  Franz  Praetorius 198 

Sabbath.     Von   H.  Zimmern 199 

Bemerkungen  zu  Harihara's  Ratirahasya      Von   Ernst  Leumann      .          .  203 

Basar-Vesali.     Von   Th.  Bloch 206 

Anfrage.     Von  Annette  S.  Beveridge 207 

Zur  alchimistischen  Literatur  der  Araber.  Von  Moritz  Steinschneider  .  299 
Beiträge  zur  Beleuchtung  des  islamitischen  Strafrechts,  mit  Rücksicht  auf 

Theorie  und  Praxis  in  der  Türkei.      Von  Johann  Krcsmdrik '.  .  316 

Entgegnung    auf    Leumanns     „Bemerkungen    zu    Harihara's    Ratirahasya1'. 

Von  Richard  Schmidt 3T>1 

Gutmann  und  Gutweib  in  Indien.      Von    11.   Pischel  ....  363 

Neue  Fragmente  des  Thargum  jeruschalmi.      Von   Dr.   M.    Ginsburger     .  .i7-l 

über  Bhagavadgltä  II,  4G.     Von  Dr.  Ferdinando  Belloni-Filippi .  379 

Bemerkungen  zu  vorstehendem   Aufsatz.      Von    Hermann  Jacobi      .  383 


IV  Inhalt. 

Seite 
Ein   astronomischer  Beitrag   zur   Exegese   des  Alten  Testaments.     Von   C. 

V.   1.    Chariter ...  386 

Die  alttestamentliche  Bezeichnung    der  Götzen    mit  gülulim.     Von  Wolf 

Wilhelm  Grafen  Baudissin 395 

The  Pahlavä  Tests  of  Yasna  XX.  XXI.  XXII,    edited   with  all  the-MSS. 

;  j    L.   II.   Mills 426 

Beitrage  zur  Pluralhildung  des  Semitischen.     Von  ■/.  Barth     .         .         .  431 
The    Kävyamälä"  Edition   of   Amitagati's   Subhäsitasamdoha.     By  Richard 

Schmidt 447 

Bemerkungen   über    dio    nordbuddhistische  Terminologie    im  Hinblick    auf 

dhisattvabhümi.     Von   Unrai  Wogihara         ....  451 

Ein  griechisches  Theater  in  Indien.     Xon   'Jh.  Bloch      ....  455 

Nochmals  Sabbat     Von  //.  Zimmern 458 

Digamma  und   Wan.     Von   Franz  Praetorium          .                  ...  461 

Zur   Exegese  und  Kritik   dor  rituellen  Sütras.     Von   W.    Caland      .          .  505 

Zur  hebräischen  Lautlehre.     Von   ('.  Brockelmann          ....  518 

SamskrtrHandschriften.     Von  Theodor  Aufrecht 525 

Beiträge  zur  Beleuchtung  des  islamitischen  Strafrechts,  mit  Rücksicht  auf 

Theorie  und  Praxis  in  der  Türkei.     Von  Johann  Krcsmdrik .         .  539 

\          d  zur  arabischen  Literaturgeschichte.     Von  I.    Goldziher       .          .  582 

Psalm  •_'.     Von  Lic.  E.  Baumann 587 

Noch  ein  Wort  zu  Richard  Schmidt's  Ausgabe  von  Harihara's  Ratirahasya. 

V,.n  Ernst  Leumann 596 

Melnpum.     Von  Eberhard  Nestle 597 

Aus  einem  sprachwissenschaftlichen  Werk  von  1539.    Von  Eberhard  Nestle  601 

Prototype  of  the  Magnificat.     By  Paul  Haupt          ....  617 

Phönizische  Namen  auf  "b'<25.     Von  Franz  Praetorius  ....  633 
Der  Kanon  der  biblischen  Bücher  bei  den  babylonischen  Nestorianern  im 

9.  10.  Jhdt.     Von   Gustav  Rothstein 634 

Eine  Anfrage  an  Arabisten  über  Psalm  55,  23.    Von  Eb.  Nestle  [mit  Zu- 
satz von  A.  Fischer] 664 

■  oncernant  le  Maghreb,  par  E.  Fagnan 667 


Die  Jätakas  und  die  Epik.     Von  Heinrich  Lüders          ....  687 

Bemerkungen  zum  südsemitischen  Alphabet.     Von  Franz  Praetorius       .  715 

■ottische  Laute  und  Lehnworte  im  Kafir.     Von    Carl  Meinhof      .  727 
Zu  G.  Rothstein,  Der  Kanon  der  biblischen  Rücher  bei  den  babylonischen 
rianern  im  9/10.  Jhdt.    I.  Von  Siegmund  Fraenkel.   II.  Von 

W.  Bacher.     III.  Von  Gustav  Rothstein 770 

Mehri-  und  Soqo tri- Glossen.     Von  D.  H.  Müller 780 

The  Indian  Kings    named  Siläditya ,    and    the  Kingdom  of  Mo-la-p'o.     By 

Vincent  A.  Smith 787 

Notizen.     Von  Siegmund  Fraenkel         .......  797 

Der  hebräische  Vokalname  Melopum.     Von   W.  Bacher  .  .  .  .799 

[(  lupum".     Von  D.  Simonsen         .......  807 

/            rkische  Inschriften.     Von   Georg  Jacob       .....  811 

/.           uiveröffentlichte  chaldisehe  Inschriften.      Von   C.  F.  Lehmann        .  815 

Schützensage.      Von  R.  v.  Stackeiberg        ....  853 

-   blnßwort.     Von   C.  F.  Lehmann 859 

j.     Von   Eduard  Sievers 864 

Indische  Höhlen  als  Wr^nügungsorte.     Von  Heinrich  Lüders         .         .  867 

Miszellen.     Von  A.  Fischer 869 

Pfeile  aus  Nah  -Holz.     Von  A.  Fischer 877 


Inhalt.  V 

Seite 
Anzeigen. 
'Oumära    du  Yemen,    sa    vie  et  son  ceuvre  par  Hartwig  Derenbourg. 

Tome  premier   1897,  tome  second   1902.     Von  M.  J.  de   Goeje        .     208 
Die  Gedichte  des  Mutalammis,  arabisch  und  deutsch.     Bearbeitet  von   K. 

Völlers.     Von  J.  Barth 217 

Die    Lieder    eines    ägyptischen    Bauern.       Gesammelt    und    übersetzt    von 

Heinrich  Schäfer.     Von  K.   Völlers 226 

Bacher,  W.,  Die  Agada  der  Tannaiten.  Erster  Band.  Von  Ludwig  Blau  238 
Aufrecht,  Theodor,  Catalogus  Catalogorum.  Part  III.  Von  R.  Pischel  243 
Leipziger    semitistische    Studien.      Herausgegeben   von    A.    Fischer    und 

H.  Zfmmern.     I,  1.  2.     Von  Bruno  Meissner       ....     245 
PaficasatT-prabodha-sambandhah  o  le  Cinquecento  novelle  antiche  di  Subha- 

sTla-gani,    edite  e  tradotte    per    cura  di  Ambrogio  Ballini.     Von 

Ernst  Leumann 250 


Le  livre  de  Mohammed  ibn  Toumert  mahdi  des  Almohades.  Texte  arabe 
accompagne  de  notices  biographiques  et  d'une  introduction  pari.  Gold- 
ziher.     Von  M.  J.  de   Goeje 463 

Le  livre  des  mysteres  du  ciel  et  de  la  terre.  Texte  ethiopien  publie  et 
traduit  par  J.  Perruchon  avec  le  concours  de  M.  I.  Guidi.  (R. 
Graffin.  et  F.  Nau,  Patrologia  Orientalis,  tome  I,  fascicule  I.)  Von 
F.  Praetorius 485 

Volksdichtung  aus  Indonesien,  Sagen,  Tierfabeln  und  Märchen,  übersetzt 
von  T.  J.  Bezemer,  mit  Vorwort  von  Prof.  Dr.  H.  Kern.  Von 
Joh.  Hertel 492 

Studia  syriaca  seu  collectio  doeumentorum  hactenus  ineditorum.  Ex  codicibus 
syriacis  primo  publicavit,  latine  vertit  notisque  illustravit  Ignatius 
Ephraem  II  Rahmani  patriarcha  Antiochenus  Syrorum.  Von 
Th.  Nöldeke   . 494 

Ausgewählte  Gesänge  des  Giwargis  Warda  von  Arbel,  herausgegeben  mit 
Übersetzung,  Einleitung  und  Erklärung  von  Heinr.  Hilgenfeld. 
Von  Th.  Nöldeke 496 

Histoire  de  Saint  Azazail,  texte  syriaque  inedit  avec  introduction  et  tra- 
duction  francaise.  Precedee  des  actes  grecs  de  Saint  Pancrace,  publies 
pour  la  premiere  fois  par  Frederic  Macler.    Von  C.  Brockelmann     499 


Le  dialecte  arabe  parle  ä  Tlemcen.  Grammaire,  textes  et  glossaire  par 
W.  Marcais,  Directeur  de  la  Medersa  de  Tlemcen.  Von  Hans 
Stumme 670 

Franz  Nikolaus  Finck.    Lehrbuch  des  Dialekts  der  deutschen  Zigeuner. 

Von  A.  Kluyver 680 


Die  Häsimijjät    des  Kumait,    herausgegeben,    übersetzt    und  erläutert  von 

Josef  Horovitz.     Von  Th.  Nöldeke 888 

Hans  Stumme,  Maltesische  Studien.  Eine  Sammlung  prosaischer  und 
poetischer  Texte  in  maltesischer  Sprache  nebst  Erläuterungen.  — 
Derselbe,  Maltesische  Märchen,  Gedichte  und  Rätsel  in  deutscher 
Übersetzung.     Von   Th.  Nöldeke 903 

Acta  Pauli  aus  der  Heidelberger  koptischen  Papyrushandschrift  Nr.  1 
herausgegeben  von  Carl  Schmidt.  Übersetzung,  Untersuchungen 
und  koptischer  Text.     Dazu  ein  Tafelband.     Von  J.  Leipoldt  .     920 

Le  livre  de  la  Creation  et  de  l'Histoire  de  Motahhar  ben  Täbir  el-Maqdisi 
attribue  ä  Abou-Zei'd  Ahmed  ben  Suhl  cl-Balkhi ,  publie  et  traduit 
d'apres  le  manuscrit  de  Constantinople  par  Bf.  ('!.  Haart.  Von 
/.    Goldziher 925 


VI  Jnludt. 

Seite 

Bruno  Meißner,  Neuarabische  Geschichten  aus  dem  Iraq,  gesammelt, 
übersetzt,  herausgegeben  und  mit  einem  erweiterton  Glossar  versehen. 
Von  F.  IL  Weißbach '  .        .        .931 

Kiu- hier.  Friedrich,  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Assyrisch-Babylonischen 
Medizin.  Texte  mit  Unischrift,  Übersetzung  und  Kommentar.  Von 
//.  Zimmern 948 

Müller,  Dav.  Heim-.,  Die  Gesetze  Hammurabis  und  ihr  Verhältnis  zur 
mosaischen  Gesetzgebung  sowie  zu  den  XII  Tafeln.  Text  in  Um- 
schrift,   deutsche  und   hebräische  Übersetzung,  Erläuterung    und    vor- 

ende   Analyse.     Von   //.  Zimmern 954 

Martin,  Francois,  Textos  religieux  assyriens  et  babyloniens.  Transcriptions, 

traduetion  et  commentaire.     Von  //.  Zimmern  ....     957 

Howardy,  G.,  Clavis  euneorum  sive  Lexicon  signorum  assyriorum  unguis 
latina,  hritannica,  germanica  sumptibus  Instituti  Carlsbergici  Hauniensis 
compositum.     Pars  1:  Ideogrammata  praeeipua.     Von  H.  Zimmern.     958 

Wissenschaftlicher  Jahresbericht. 
Das  Semitische,  mit  Ausschluss  des  Sabaeo-Minäischen  und  der  abessinischen 

Dialekte,  sowie  der  alttestamentlichen  Studien.    Von  C.  Brockelmann  251 
Die  abessinischen  Dialekte  (und  das  Sabaeo-Minäische).    Von  Franz  Prae- 

torius 260 

Alttestatnentliche  Studien.     Von    G.  Beer 262 

Ägyptologie.     Von  Heinrich  Schäfer 268 

Indologie.     Von  K.  Klemm 283 

Nachwort 292 


Mitteilung  und  Bitte   „Tiele's  Kamer"   betreffend.      Von  M.  J.  de    Goeje     294 


Verzeichnis   der  bei  der  Redaktion  eingegangenen  Druckschriften 

296.  502.   685.   959 


Autoren-  und  Sachregister 


VII 


Aufsätze  und  Anzeigen1)  des  Bandes 

nach  den  verschiedenen  Disziplinen  geordnet. 


Allgemeine  Sprachwissenschaft.  Seite 

Aus  einem  sprachwissenschaftlichen  Werk  von  1539.    Von  Eberhard  Nestle     601 
Digamma  und  Wau.     Von  Franz  Praetorius  .  .  .  .     4G1 

Semitistik. 

AI/gemeine  und  vergleichende  Schriften. 

Das  Semitische,  mit  Ausschluss  des  Sabaeo-Minäischen  und  der  abessinischen 
Dialekte,  sowie  der  alttestamentlichen  Studien.  [Jahresbericht]  Von 
C.  Brockelmann .251 

"^Leipziger    semitistische    Studien.     Herausgegeben   von  A.    Fischer    und 

H.  Zimmern.     I,  1.  2.     Von  Bruno  Meissner       .         .         .         .245 

Beiträge  zur  Pluralbildung  des  Semitischen.     Von  J.  Barth     .  .  .431 

Babylonisch-Assyrisch  (und  Literatur  über  die  Keilschrift 

im  Allgemeinen). 

*Howardy,  G.,  Clavis  cuneorum  sive  Lexicon  signorum  assyriorum  unguis 

latina,  britannica,  germanica  sumptibus  Institut!  Carlsbergici  Hauniensis 

compositum.     Pars  I:  Ideogrammata  praecipua.      Von  H.  Zimmern.     958 

*M  ar  t i n ,  Francois,  Textes  religieux  assyriens  et  babyloniens.  Transcriptions, 

traduction  et  commentaire.     Von  H.  Zimmern           ....     957 
-Müller,  Dav.  Heinr. ,  Die  Gesetze  Hammurabis  und  ihr  Verhältnis  zur 
mosaischen  Gesetzgebung    sowie    zu    den    XII    Tafeln.     Text    in   Um- 
schrift,   deutsche  und  hebräische  Übersetzung,  Erläuterung    und    ver- 
gleichende Analyse.      Von  H.  Zimmern 954 

*Küchler,  Friedrich,  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Assyrisch-Babylonischen 
Medizin.     Texte    mit  Umschrift,    Übersetzung    und  Kommentar.     Von 

H.  Zimmern 948 

Sabbath.     Von  H.  Zimmern 199 

Nochmals  Sabbat.     Von  H.  Zimmern 458 

Die  Stelcninschrift  Rusas'  II  Argistihinis  von  Etschmiadzin.    Von    U'.  Belck      161 
Zwei   unveröffentlichte  chaldischo  Inschriften.      Von    C.  F.   Lehmann  815 

Bin  Schlußwort.     Von   C.  F.  Lehmann 859 

Hebräisch-Phönizisch. 

Alttestamentliche  Studien.     [.Jahresbericht.]     Von    G.  Beer       .  .  .  262 

Melupum.     Von  Eberhard  Nestle 597 

Der  hebräische  Vokalname  Melopum.     Von  W.  Bacher  ....  799 

Zu   „Melupum".     Von  D.  Simonsen         .......  807 


i     I>i-  Anzeigen  macht  ein  *  besonders  kenntlich 


VUI  Inhalt  nach  den  Disziplinen  geordnet. 

Seite 
Zur  hebräischen  Lautlehre.     Von   ('.  Brockelmann  .         .         .         .518 

Resen  in  Genesis   10.     Von   Eberhard  Nestle 158 

The  Prototype  of  the  Magnificat.     By  Paul  Haupt         .        .         .        .617 

Psalm  -.     Von  Lie.  E.  Baumann 587 

Psalm   2.     Von   Eduard  Sievers     .         .         .         .         •         ■  .864 
Eine    anfrage  an  Arabisten  über  Psalm  55,  23.    Von  Eb.  Nestle  [mit  Zu- 
satz von   A.   Fischer] •     664 

Ein    astronomischer  Beitrag   zur   Exegese    des  Alten  Testaments.     Von    C. 

T.  L.   Charlier •        ■        •        •    386 

Die  alttestamentlicho  Bezeichnung    der  Götzen    mit  gülviim.     \  on    Wolf 

Wilhelm  Grafen  lhnuUssm  .        .        .        .        ,        •      .  •        -    395 

*B  ach  er.  W.,  Die  Agada  der  Tar.naiton.    Erster  Band.   Von  Ludrng  Blau      238 

Zur  Esmün'äzär-lnsdirift.     Von  Franz  Praetorius 198 

Phöniziscbe  Namen  auf  "iblö.     Von   Franz   Praetorius  . 


633 


Aramäisch. 

Neue  Pigmente1   des  Thargum  jeruschalmi.     Von  Dr.   M.    Ginsburger    .     374 

Notizen.     Von  Siegmund  Fraenkel         .         .         •'''.'■         •'        '.'.''     797 

*Studia  syriaca  seu  collectio  documentornm  hactenus  ineditorum.  Ex  codieibus 

syriacis  primo  publicavit,  latine  vertit  notisque  illustravit  Ignatius 

Epbraem     11    Kali  man  i    patriarcha    Antiochenus    Syrorum.       Von 

Th.  Nöldeke .494 

«Ausgewählte  Gesänge  des  Giwargis  Warda  von  Arbel,  herausgegeben  mit 
Übersetzung,  Einleitung    und  Erklärung    von    Heinr.  Hilgenfeld. 

Von   Th.  NöfdeJce 496 

«Histoire  de  Saint  Azaza'il,  texte  syriaque  inedit  avec  introduetion  et  tra- 
duetion  francaise.  Precedee  des  actes  grecs  de  Saint  Pancrace,  publies 
pour  la  premiefe  tois  par  FredericMaeler.    Von  C.  Brockelmann     499 

Arabisch  (und  Islam). 

Zur  alchimistischen  Literatur  der  Araber.  Von  Moritz  Steinschneider .  299 
Notizen  zur  arabischen  Literaturgeschichte.     Von  I.    Goldziher       .         .     582 

Not.  s  coueernant  le  Maghrcb,  par  E.  Fagnan 667 

Miszellen.     Von  A.  Fischer 869 

Pfeile  aus  Nah  -Holz.     Von  A.  Fischer 877 

-Die  Gedichte  des  Mutalammis,  arabisch  und  deutsch.    Bearbeitet  von  K. 

Völlers.     Von  J.  Barth        .. 217 

-Die  Häsimijjät  des  Kumait,    herausgegeben,  übersetzt  und  erläutert  von 

Josef  Ilorovitz.     Von   Th.  Nöldeke 888 

*'Oumära  du  Yemen,  sa  vie  et  son  ceuvre  par  Hartwig  Derenbourg. 

Tome  premier  1897,  tome  second  1902.  Von  M.  J.  de  Goeje  .  208 
-Le  livre  de  la  Creation  et  de  l'Histoire  de  Motahhar  ben  Tähir  el-Maqdisi 

attribue    ä  Abou-Zeid  Ahmed    ben  Sahl    el-Balkhi ,    public    et  traduit 

d'apres    le    manuscrit    de    Constantinople    par    M.    Cl.    Huart.      Von 

/.  .Qoldziher 925 

*Le  livre  de  Mohammed  ibn  Toumert  mahdi  des  Almohades.  Texte  arabe 
aecompagne  de  notices  biographiques  et  d'une  introduetion  par  I.  Gold- 
ziher.    Von  M.  •/•  de  Goeje 463 

Der  Kanon  der  biblischen  Bücher  bei  den  babylonischen  Nestorianern  im 

9./ 10.  Jhdt.     Von   Gustav  Rothstein 634 

Zu  G.  ßotbstein,  Der  Kanon  der  biblischen  Bücher  bei  den  babylonischen 
Nestorianern  im  9/10.  Jhdt.  I.  Von  Siegmund  Fraenkel.  II.  Von 
W.  Bacher.     III.  Von   Gustav  Rothstein 770 

-Bruno  Meißner,  Neuarabische  Geschichten  aus  dem  Iraq,  gesammelt, 
übersetzt,  herausgegeben  und  mit  einem  erweiterten  Glossar  versehen. 
Von   /'   //.   Weifjbach 931 


Inhalt  nach  den  Disziplinen  geordnet.  IX 

Seite 

*Die  Lieder    eines    ägyptischen    Bauern.      Gesammelt    und    übersetzt    von 

Heinrich  Schäfer.     Von  K.   Völlers 22G 

'•Le  dialecte  arabe  parle  h  Tlemcen.  Gramniaire,  textes  et  glossaire  par 
V\*.  fttarcais,  Directeur  de  la  Medersa  de  Tlemcen.  Von  Hans 
Stumme  .         .         . 670 

*IIans  Stumme,  Maltesische  Studien.  Eine  Sammlung  prosaischer  und 
poetischer  Texte  in  maltesischer  Snjache  nebst  Erläuterungen.  — 
Derselbe,  Maltesische  Märchen,  Gedichte  und  Rätsel  in  deutscher 
Übersetzung.     Von   Th.  Nöldehc. 903 

Beiträge  zur  Beleuchtung  des  islamitischen  Strafrechts,  mit  Rücksicht  auf 

Theorie  und  Praxis  in   der  Türkei.     Von  Johann  Krcsmdrik  69.  316.  539 

Südarabisch  und  Äthiopisch. 
Die    abessinischen  Dialekte    (und    das  Sabaeo-Minäische).     [Jahresbericht.] 

Von  Franz  Praetor  ius    .         .        . 260 

Bemerkungen  zum  südsemitischen  Alphabet.  Von  Franz  Praetorium  .  715 
*Le  livre  des  mysteres  du  ciel  et  de  la  terre.     Texte  ethiopien  publie  et 

traduit  par  J.  Perruchon  avec  le  concours  de  M.  I.   Guidi.     (R. 

Graffin  et  F.  Nau,  Patrologia  orientalis,  tome  I,  fascicule  I.)     Von 

F.  Praetorius 4  85 

Mehri  und  Soqotri. 
Mehri-  und  Soqotri-Glossen.     Von  D.   II.  Müller 780 

Ägyptologie. 

Ägyptologie.      [Jahresbericht.]     Von  Heinrich  Schäfer     .  .  .  .268 

*Acta  Pauli  aus  der  Heidelberger  koptischen  Papyrushandschrift  Nr.  1 
herausgegeben  von  Carl  Schmidt.  Übersetzung,  Untersuchungen 
und  koptischer  Text.     Dazu  ein  Tafelband.     Von  J.  Leipoldt  .     920 

Indologie. 

Indologie.     [Jahresbericht.]     Von  K.  Klemm 282 

■^Aufrecht,  Theodor,  Catalogus  Catalogorum.    Part  III.    Von  II.  Fischet  243 

Samskrt-Handschriften.     Von   Theodor  Aufrecht 525 

Zur  Quellenkunde  der  indischen  Medizin.      Von  Jidius  Jelly.  .  .114 

Zur  Exegese  und  Kritik  der  rituellen  Sütras.     Von   W.    Caland       .          .  505 

Die  Jätakas  und  die  Epik.     Von  Heinrich  Lüders          ....  687 

Über  BhagavadgTtä  11,46.     Von  Dr.  Ferdinando  Belloni-Filippi  .         .  .",7:> 

Bemerkungen  zu  vorstehendem  Aufsatz.  Von  Hermann  Jacoöi  .  :',$:'> 
Das  südliche  Pancatantra.    Übersicht  über  den  Inhalt  der  älteren  „Pafica- 

tantra"-Rezensionen  bis  auf  Pürnabhadra.     Von  Johannes  Hertel     .  1 

Notizen.     Von  Siegmund  Fraenl.el          .         .         .         .         .         .  7 'J 7 

*PancasatT-prabodha-sambandhab  o  le  Cinquecento  novelle  antiche  di  Subha- 

sila-gani,    edite  e  tradotte    per    cura  di  Ambrogio  Ballini.      Von 

Ernst  Leumann       ..........  250 

The    Kävyamälä  Edition   of   Amitagati's    Subhäsitasamdoha.     By   Richard 

Schmidt 447 

Bemerkungen  zu  Harihara's  Ratirahasya.  Von  Frust  Leumann  .  .  203 
Entgegnung    auf   Leumanns    „Bemerkungen    zu    Barihara's    Ratirahasya". 

Von  Richard  Schmidt 361 

Noch  ein  Wort  zu  Richard  Schmidt's  Ausgabe  von  Harihara's  Ratirahasya. 

Von  Frust  Leumann        .         .         .         .  .         .         .         .         .596 

Bemerkungen    über    die    nordbuadhistische  Terminologie    im  Hinblick    auf 

die  Bodhisattvabhümi.     Von   Unrai  Wogihara  .         .         .         .451 

Gutmann  und  Gutweib  in   Indien.      Von  R.   I'ischel          ....  363 


x  Inhalt  nach  den  Disziplinen  geordnet. 

Seite 

Basu  Vesali.     Von   'ih.  Bloch 206 

Ein  griechisches  Theater  in  Indien.     Von   Th.  Bloch      ....  455 

Indische  Bohlen  als  Vergnügungsorte.  Von  Heinrich  Lüders  .  .  867 
The  [ndian   Kings    named  SilSditya,    and    the  Kingdom  of  Mo-la-p'o.     By 

Vincent  A.  Smith 787 

*F  r  a n  /.  N iko  1  a  u  s  F i nck.  Lehrbuch  des  Dialekts  der  deutschen  Zigeuner. 

Von  A.  Kluyver ■ G80 

Iranistik. 
The  Pahlavi  Texts  of  Xasna  XX,  XXI,   XXII,    edited   with  all  the  MSS. 

collated.     By   L.   IL  Mills 426 

Die  iranische  Schützensage.     Von  R.  v.  Stachelberg       .         .         .         .853 

Türk-Sprachen. 

Zwei  türkische  Inschriften.     Von   Georg  Jacob 811 

von  Mehmed  Emin  Bej.     Von  Friedrich   Giese    .         .         .         .117 
Anfrage.     Von  Annette  S.  Beveridge 207 

Afrika-Sprachen. 

:ottische  Laute  und  Lehnwoite  im  Kafir.     Von    Carl  Meinhof      .     727 

Sonstige  Gebiete. 

Mundäs  and  Australians.     By  Sten  Konow 147 

*Volksdichtnng  aus  Indonesien,  Sagen,  Tierfabeln  und  Märchen,  übersetzt 
von  T.  J.  Bezemer,  mit  Vorwort  von  Prof.  Dr.  H.  Kern.  Von 
Jöh.   Ilertel 492 


Nachrichten 


über 


Angelegenheiten 


der 


Deutschen  Morgeiiländisckeii  Gesellschaft. 


III 


Zur  Beachtung. 


Die  Mitglieder  der  Deutschen  Morgenländischen  Gesellschaft  werden 
von  den  Geschäftsführern  ersucht: 

1)  eine  Buchhandlung  zu  bezeichnen,  durch  welche  sie  die  Zu- 
sendungen der  GeseDschaft  zu  erhalten  wünschen,  —  falls  sie 
nicht  vorziehen,  dieselben  auf  ihre  Kosten  durch  die  Post*) 
zu  beziehen; 

2)  ihre  Jahresbeiträge  an  unsere  Kommissions  -  Buchhandlung 
F.  A.  Brockhaus  in  Leipzig  entweder  direkt  portofrei  oder 
durch  Vermittlung  einer  Buchhandlung  regelmässig  einzusenden; 

:!)  Veränderungen  und  Zusätze  für  das  Mitgliederverzeichnis,  na- 
mentlich auch  Anzeigen  vom  Wechsel  des  Wohnortes,  nach 
Halle  a.  d.  Saale,  an  den  Schriftführer  der  Gesellschaft,  Prof. 
Dr.  E.  Hultzsch  (Sehillerstr.  50),  einzuschicken; 

4)  Briefe  und  Sendungen,  welche  die  Bibliothek  und  die  ander- 
weitigen Sammlungen  der  Gesellschaft  betreffen,  an  die  ^Biblio- 
thek der  Deutschen  Morgenlandischen  Gesellschaft  in  Halle 
a.  d.  Saale'  (Wilhelmstrasse  36/37)  ohne  Hinzufügung  einer 
weiteren  Adresse  zu  richten ; 

5)  Mitteilungen  für  die  Zeitschrift  und  für  die  Abhandlungen 
für  die  Kunde  des  Morgenlandes  an  den  Redakteur,  Prof. 
Dr.  August  Fischer  in  Leipzig  (Mozartstr.  4),  zu  senden. 


Freunde  der  Wissenschaft  des  Orients,  welche  durch  ihren 
Beitritt  die  Zwecke  der  D.  M.  Gesellschaft  zu  fördern  wünschen, 
wollen  sich  deshalb  an  einen  der  Geschäftsführer  in  Halle  oder 
Leipzig  wenden.  Der  jährliche  Beitrag  ist  18  Mark,  wofür  die 
Zeitschrift  gratis  geliefert  wird. 

Die  Mitgliedschaft  für  Lebenszeit  wird  durch  einmalige 
Zahlung  von  240  Mark  (=  £  12  =  300  frcs.)  erworben.  Dazu 
für  freie  Zusendung  der  Zeitschrift  auf  Lebenszeit  in  Deutschland 
und  Österreich   15  Mark,  im  übrigen  Ausland  30  Mark. 


*)  Zur  Vereinfachung  der  Berechnung  werden  die  Mitglieder  der  D.  M.  6., 
welche  ihr  Exemplar  der  Zeitschrift  direkt  durch  die  Post  beziehen,  er- 
sucht, bei  der  Zahlung  ihres  Jahresbeitrags  zugleich  das  Porto  für  freie  Ein- 
sendung der  vier  Hefte  zu  bezahlen,  und  zwar  mit  1  Mark  in  Deutschland  und 
Osterreich,  mit  2   Mark  im  übrigen  Auslande. 


IV 


Verzeichnis   der  Mitglieder  der  Deutschen  Morgen- 
ländischen  Gesellschaft  im  Jahr  1904. 

I. 

Ehrenmitglieder1). 

Herr  Dr.  Theodor  Aufrecht,  Prof.  a.   d.   Univ.  Bonn,  Schumannstr.  21  (67). 

-  Dr.  K.  6.  Bhandarkar,  Prof.  am  Deccan  College  in  Poona,  Indien  (63). 

-  Dr.  V.  Fausböll,  Prof.   a.  d.  Univ.  Kopenhagen   (61). 

-  Dr.  M.  J.    de    Goeje,    Interpres    legati  Wameriani    u.  Prof.    a.  d.  Univ. 

Leiden,  Vliet  15  (43). 

-  Dr.  Ignazio  Guidi,  Prof.   in  Rom,  24  Botteghe  oscure  (58). 

-  Dr.  H.  Kern,  Prof.  a.  d.  Univ.  Leiden  (57). 

Sir  Alfred  C.  L  y  all,  K.  C.  B.,  D.  C.  L.,  Member  of  Council,  in  London,  SW,  India 

Office  (53). 
Herr  Dr.  Theod.  Nöldeke,  Prof.  a.  d.  Univ.  Strassburg  i/Els.,  Kalbsgasse  16  (64). 

-  Dr.  Julius  Oppert,    Membre    de    l'Institut,    Prof.    am  College    de    France 

in  Paris,  2  rue  de  Sfax  (55). 

-  Dr.  Wilhelm  Radioff,  Exe,  Wirkl.  Staatsrat,  Mitglied  der  kais.  Akad.  d. 

Wiss.  in   St.  Petersburg  (59). 

-  Dr.  S.  L.  R  e  i  n  i  s  c  h ,  k.  k.  Hofrat,  Prof.  a.  d.  Univ. Wien,  VIII, Feldgasse  3  (66). 

-  Em.  Senart,  Membre  de  l'Institut,  in  Paris,   18   rue  Francois  1er    (56). 

-  Dr.  F.  von  Spiegel,  Geh.  Rat,  Prof.  in  München,  Öttingenstr.  36  (51). 

-  Dr.  Whitley  Stokes,  in  London,  SW,   15   Grenville  Place  (24). 

-  Dr.  Wilh .  T  h  o  m  s e n ,  Prof.  a.  d.Uuiv.  Kopenhagen, V,  Gamle Konge vei  150(62). 

-  Graf  Melchior  de  Vogüe,  Membre  de  l'Institut,  in  Paris,   2  rue  Fabert  (28). 

II. 

Ordentliche  Mitglieder2). 

Herr  Dr.  W.    Ah  1  ward t,    Geh.  Regierungsrat,    Prof.    a.  d.  Univ.   Greifswald, 
Brüggstr.  28  (578). 

-  Albrecht,   Pfarrer  in  Budweten  (1343). 

-  Dr.  Herman  A  lmkvist,  Prof.  d.  semit.  Sprachen  a.  d.  Univ.  Upsala  (1034). 

-  Dr.   Carl  von  Arnhard,   in  München,  Wilhelmstr.   16  (990). 

-  Dr.  Wilhelm  Bacher,  Prof.  a.  d.  Laudes-Rabbinerschule  in  Budapest,  VII, 

Erzsebetkö'rut  9    (804). 


1)  Die  in  Parenthese  beigesetzte  Zahl  ist  die  fortlaufende  Nummer  und 
bezieht  sich  auf  die  Reihenfolge,  in  der  die  betreffenden  Herren  zu  Ehren- 
mitgliedern proklamiert  worden  sind. 

2;  Die  in  Parenthese  beigesetzte  Zahl  ist  die  fortlaufende  Nummer  und 
bezieht  sich  auf  die  nach  der  Zeit  des  Eintritts  in  die  Gesellschaft  geordnete 
Liste  Bd.  II,  S.  505  ff. ,  welche  bei  der  Anmeldung  der  neu  eintretenden  Mit- 
glieder in  den  Personalnachrichten   fortgeführt  wird. 


Verzeichnis  der  Mitglieder  der  D.  M.  Gesellschaft.  Y 

Herr  Dr.  Job.  Baensch-Drugulin,  Buchhändler  u.  Buchdruekereibesitzer  in 
Leipzig,  Königstr.   10  (1291). 

-  Lic.  Dr.  B.  Baentsch,  Prof.  a.  d.  UdIv.  Jena,  Lichtenhainerstr.  3  (1281). 

-  Dr.  Friedrich   Baethgen,  Konsistorialrat,  Prof.  a.  d.  Univ.  Berlin,  in  Rohr- 

bach  b.  Heidelberg  (961). 

-  Dr.  Otto  Bardenhewer,    Prof.  d.   neutest.  Exegese  a.  d.  Univ.  München, 

Sigmundstr.  1   (809). 

-  Dr.  Jacob  Barth,  Prof.  a.  d.  Univ.  Berlin,  N,  Weissenburgerstr.  6   (835). 

-  Wilh.    Barthold,    Prof.    a.    d.    Univ.    St.   Petersburg,    Wassili- Ostrow, 

5te    Linie  30,  Quart.  24  (1232). 

-  Dr.  Christian  Bartholoma e,   Prof.  a.  d.  Univ.  Giessen,  Asterweg  34  (955). 

-  Rene  Basset,  Correspondant  de  l'Institut,  Directeur  de  l'Ecole  Superieure 

des  Lettres  d'Alger,  in   Alger-Mustapha,   77   rue  Michelet  (997). 
Dr.  A.   Bastian,   Geh.  Regierungsrat,    Direktor  des  Museums  für  Völker- 
kunde u.  Prof.  a.   d.  Univ.   Berlin,   SW,  Köuiggrätzerstr.  120    (560). 

-  Dr.  Wolf  Graf  von   Baudissin,    Prof.  a.  d.  Univ.  Berlin,   Hohenzollern- 

str.   22    (704). 

-  Dr.  A.   Baumg artner,    Prof.  a.   d.  Univ.  Basel,  Ober-Tüllingen  (Postamt 

Stetten),  Baden  (1063). 

-  Dr.  Anton  Baumstark  in  Rom,   Camposanto  dei  Tedeschi  presso  S.  Pietro, 

17    Villa  della  Segrestia  (1171). 

-  Dr.  C.  H.  Becker,  Privatdocent  a.  d.Univ.  Heidelberg,  Keglerstr.  18  (1261). 
Lic.  Dr.  phil.   Georg  Beer,  Prof.  a.  d.Univ.  Strassburg  i/El«.,  Ruprechtsau, 

Adlergasse   10    (1263). 

-  Dr.  G.  Behrmann  ,  Senior  u.  Hauptpastor  in  Hamburg,  Kraienkamp3  (793). 

-  Dr.  Waldemar  Belck,  in  Frankfurt  a/M.,  Oederweg  59   (1242). 

-  Dr.  Max  van  Berchem,    Privatdocent  a.  d.  Univ.  Genf,  auf  Chäteau  de 

Crans,  pres  Celigny,   Canton   de  Vaud  (Schweiz)  (1055). 
Aug.  Bernus,  Prof.  in  Lausanne  (785). 

-  A.  A.  Bevan,  M.  A.,  Prof.  in  Cambridge,  England  (1172). 

-  Dr.  Carl  Bezold,  Prof.   a.   d.   Univ.  Heidelberg,  Brückenstr.  45   (940). 

-  Dr.    A.    Bez  zenberger,    Geh.    Regierungsrat,    Prof.  a.   d.   Univ.  Königs- 

berg i/Pr.,   Besselstr.   2   (801). 

-  Dr.  Gust.  Bickell,   Prof.  a.  d.  Univ.  Wien,  VIII,  Alserstr.  25 ,   2.  Stiege, 

1.   Stock  (573). 

-  Dr.  Th.  Bloch,  Iridian  Museum,   Calcutta  (1194). 

-  Dr.    Maurice    Bloomfield,    Prof.    a.    d.    Johns     Hopkins    University    in 

Baltimore,  Md.,  U.  S.  A.  (999). 

-  Dr.  Louis  Blumen  thal,  Rabbiner  in  Berlin,  C,  An  der  Schleuse  5   (1142). 

-  Dr.  Alfr.  Boi  ssier,  in  Le  Bivage  pres  Chambesy  (Schweiz)  (1222). 

-  A.  Bourguin,  jetziger  Aufenthalt  unbekannt  (1008). 

-  Dr.  Edw.  Brandes,  in  Kopenhagen,  Kronprinsessegade  50   (764). 

-  Dr.  Oscar  Braun,  Prof.  a.  d.  Univ.  Würzburg,  Sanderring  6  III  (1176). 
The  Rev.  CA.  Briggs,  Prof.  am  Union  Theol.  Seminary  in  New  York  (725). 
Herr  Dr.    Carl    Brockelmann,    Prof.  a.   d.   Univ.    Königsberg    i/Pr. ,    Dohna- 

str.  5   (1195). 

-  Dr.  Paul  Brönnle,    c/o.  Probsthain  &  Co.,  London,  WC,    14  Bury  Streit, 

British  Museum  (1297). 

-  Ernest  Walter  Brooks,  in  London,  WC,   28  Great  Ormond  Street  (1253). 

-  Dr.  Karl    Brugmann,    Geh.  Hofrat,    Prof.  a.  d.   Univ.  Leipzig,  Schiller- 

st!.  7   (1258). 

-  Dr.  Rud.  E.  Brünnow,  Prof.,    Chalet  Beauval,  Vevey,    Canton   de  Vaud 

(Schweiz)  (1009). 

-  Dr.   theol.  Karl  Budde,    Prof.  a.  d.  Univ.    Marburg    i/H.,    RenthufMr.   25 

(917). 

-  E.  A.  Wallis  Budge,  Litt.  D.,  F. S.A.,  Assistant  Deputy  Keeper  of  Egyptian 

and  Oriental  Antiquities,   lirit.   Mus.,    in  London,   WC    (1033). 

-  Dr.  Frants  Buhl,  Prof.  a.  d.  Univ.  Kopenhagen,  Oesterbrogade  28  E  (920). 


YI  Vi  rtseichnü  der  Mitglieder  der  D.  M.  Gesellschaft. 

Herr  Dr.  Moses  15  u  tt  en  wieser,  Prof.  am  Hebrew  Union  College  in  Cincinnati,  O., 

U.  S.  A.  (1274). 
Don  Leone  Caetani,  Principe  di  Teano,  in   Rom,   Palazzo  Caetani    (1148). 
Herr   I>i\   W.   Ca  1  and,  in  Utrecht,  Buys  Ballotstr.   17   (1239). 

-  Freiherr   Guido    von    Call,    k.   k.    österreich-ungar.    Handelsminister,    in 

Wien   (822). 
The    Kight    Rev.    L.    C.    Casartelli,    M.    A.,    Bishop    of   Salford,    in    Salford 

(910). 
Herr  Alfred  Caspari,  kgl.  Gymnasial-Prof.   a.D.  in  Erlangen,  Ostliche  Stadt- 

mauerstr.   14  (979). 

-  Abbe  Dr.  J.   B.  Chabot,    in  Paris,  47   rue  Claude  Bernard   (1270). 

-  Dr.  D.  A.  Chwolson,  Wirkl.  Staatsrat,  Exe.,  Prof.  d.  hebr.  Spr.  u.  Litt. 

a.  d.  Univ.  St.  Petersburg  (292). 

-  M.  Josef  Ci'zek,  Pfarrer  in  Einsiedl  b.  Marienbad  (1211). 

-  Dr.   Ph.   Coli  riet,    Prof.   d.  Sanskrit    u.  d.  vergl.  Grammatik    a.  d.  Univ. 

Löwen  (1169). 
Dr.  Hermann  Collitz,  Prof.  am  Bryn  Mawr  College  in  Bryn  Mawr,  Pa.,  bei 

Philadelphia,  Pa.,   U.  S.  A.  (1067). 
Dr.  August  Conrady,  Prof.  a.  d.  Univ.  Leipzig  (1141). 

-  Dr.  Carl  Heinr.  Cornill,  Prof.  a.  d.  Univ.  Breslau,  Monhauptstr.  12   (885). 
Dr.  phil.  et  jur.  Graf  Heinrich   Couden  hove-Kalergi ,  k.  k.   Legations- 
sekretär a.  D.,  Schloss  Ronsperg  i.  Böhmen   (1337). 

Dr.  James  A.  Cr  ich  ton,    Parish  Minister,  Annan,  Dumfriesshire  (Schott- 
land)  (1310). 

-  Dr.  Sam.  Ives  Curtiss,  Prof.  am  Theol.  Seminary  in  Chicago,  111.,  U.  S.  A., 

81   Ashland  Boul  (923). 

-  P.   Jos.  Dahlmann,   S.  J.,  in  Luxemburg,   Bellevue    (1203). 

Dr.  T.  Wittou   Davies,  Prof.  of  Semitic  Languages,  Baptist  College  and 
University  College  in  Bangor  (North  Wales)   (1138). 

-  Dr.  Alexander  Dedekind,    k.   k.   Custos  der  Sammlung  ägyptischer  Alter- 

tümer des  österr.  Kaiserhauses  in  Wien,  I,   Burgring  5   (1188). 

-  Dr.  Berthold   Delbrück,   Prof.  a.  d.  Univ.  Jena,  Fürstengraben  14  (753). 
Dr.  Friedrich    Delitzsch,    Prof.   a.   d.   Univ.  Berlin,    in    Charlottenburg, 

Knesebeckstr.  30   (948). 
Dr.  Hartwig  Derenbourg,   Membre  de  l'Institut,  Prof.  a.  d.  Ecole  Speciale 
des  Langues  Orientales  Vivantes  in  Paris,  30  avenue  Henri  Martin  (666). 

-  Dr.  Paul  Deussen,  Prof.  a.  d.  Univ.  Kiel,  Beseler  Allee  39   (1132). 

Dr.  Otto  Donner,    Prof.    d.    Sanskrit    u.   d.  vergl.    Sprachforschung    a.  d. 

Univ.   Helsingfors,  Norra  Kogen   12   (654). 
The  Rev.  Sam.  R.  Driver,  D.D.,  Canon  of  Christ  Church  in  Oxford  (858). 
Herr  Dr.  Rubens  Duval,   Prof.  am  College  de  France  in  Paris,   11  rue  de  Sontay 

(1267). 

-  Dr.  Rudolf  Dvorak,  Prof.  a.  d.  böhmischen  Univ.  in  Prag,  III,  44,  Kleinseite, 

Britekengasse  26   (1115). 
Dr.  Karl  Dyroff,   Konservator  am  Antiquarium  u.  Privatdocent  a.  d.  Univ. 
in   München,   Schraudolphstr.    14  III  (1130). 

-  Dr.   Bertliold  Edelstein,  Rabbiner  in  Budapest,  III,  Lajosgasse  9  (1339). 

-  Dr.  J.  Eggeling,  Prof.  d.  Sanskrit  a.  d.  Univ.  Edinburgh,   15  Hatton  Place 

(763). 

-  Dr.  Karl  Ehrenburg,  Privatdocent  d.  Geographie  in  Würzburg,   Parade- 

platz 411  (1016). 

-  Dr.  Adolf  Kr  in  an,  Prof.  a.  d.  Univ.  Berlin,  Steglitz,  Friedrichstr.  10/11  (902). 

-  Dr.   Carl    Hermann    Et  he,    Prof.    am    University    College    in    Aberystwith, 

Wales,  575   Marine  Terrace  (641). 

-  Dr.  Julius    Euting,   Prof.   a.  d.   Univ.    u.  Direktor    d.  Univ.-    u.    Landes- 

Bibliothek  in  Strassburg  i/Els.,  Schloss  (614). 

-  Edmond    Fagnan,    Prof.  a.  d.  Ecole  Superieure   des   Lettres    d'Alger,    in 

Alger  (963). 


Verzeichnis  der  Mitglieder  der  D.  M.  Gesellschaft.  VII 

Herr  Dr.   VVinand  Fell,   Prof.  a.  d.  Univ.  Münster  i/W.,  Sternstr.  2  a  (703). 

-  Dr.  Rieh.  Fick,  in  Neuendorf  b.   Potsdam  (1266). 

-  Dr.  Louis  Fi  not,  Directeur  de  l'Ecole  francaise  d'Extreme-Orient  in  Hanoi' 

(Indochine)  (1256). 

-  Dr.  August  Fischer,  Prof.  a.  d.  Univ.  Leipzig,  Mozartstr.  4  (1094). 

-  Dr.  Johannes  Flemming,  Oberbibliothekar  a.  d.  Univ. -Bibliothek  in  Bonn. 

Weberstr.  3  (1192). 

-  Dr.  Willy  Foy,  Direktor  des  Kautenstrauch-Joest-Museums  in  Köln  a/Rh., 

Lothringerstr.  19   (1228). 

-  Dr.  Siegmund  Fraenkel,  Prof.  a.  d.  Univ.  Breslau,  Augustastr.  81  (1144). 

-  Missionar  A.  H.  Franke,   in  Leh  (1340). 

-  Dr.    R.    Otto    Franke,    Prof.    a.    d.    Univ.   Königsberg  i/Pr.,    Mittelhufen, 

Hermannallee  5   (1080). 

-  Dr.   Ose.  Frankfurter,  Legationsrat  im  Ausw.  Amte,  zu  Bangkok  (1338). 

-  Dr.    Israel    Friedlaender,    Prof.    am    Jewish    Theological    Seminary    of 

America,  371   West  1 16 th  Street,  New  York  City  (1356). 

-  Dr.  Ludwig  Fritze,    Prof.    u.    Seminar-Oberlehrer   in   Köpenick  b.    Berlin 

(1041). 

-  Dr.  Richard  Garbe,  Prof.  a.  d.  Univ.  Tübingen,  Biesinger  Strasse  14  (904). 

-  Dr.  M.  Gaster,  in  London,   W,  37   Maida  Vale  (1334). 

-  Dr.  Lucien  Gautier,  Prof.  in  Genf,   88  route  de  Chene  (872). 

-  Dr.  Wilhelm  Geiger,  Prof.  a.   d.  Univ.  Erlangen,  Löwenichstr.  24  (930). 

-  Dr.  H.  D.  van  Gelder,  in  Leiden,  Plantsoen  31   (1108). 

-  Dr.  Karl  Geldner,  Prof.  a.  d.  Univ.  Berlin,  NW,  Lübeckerstr.  40  (1090). 

-  Dr.  H.   Geizer,  Geh.  Hofrat,   Prof.  a.  d.  Univ.  Jena,  Kahlaische  Strasse   4 

(958). 

-  Direktor  C.  E.  Gernandt,  in  Stockholm,  Strandvägen  43   (1054). 

-  Dr.    Rudolf   Geyer,    Scriptor   a.    d.    k.    k.    Hofbibliothek    u.    Privatdocent 

a.  d.  Univ.  Wien,   VI/l,  Magdalenenstr.   10  (1035). 

-  N.  Geyser,  Pfarrer  in  Elberfeld  (1089). 

-  Dr.  Hermann  Gies,   1.  Dragoman  u.  Legationsrat  bei  der  kais.  deutschen 

Botschaft  in   Konstantinopel,  Pera   (760). 

-  Dr.    Friedr.    Giese,    Oberlehrer   in    Konstantinopel,     Deutsche    Realschule 

(1313). 

-  D.   Dr.    F.    Giesebrecht,    Prof.  a.    d.    Univ.    Königsberg    i/Pr. ,    Ziegel- 

str.   11  III  (877). 

-  Dr.  Eduard  Glaser,  Arabienreisender,  in  München,  Theresienstr.  93  (1162\ 

-  Dr.  Ignaz  Goldziher,  Prof.  a.  d.  Univ.  u.  Sekretär  der  israelit.  Gemeinde 

in  Budapest,  VII,  Hollö-utcza  4  (758). 

-  Dr.    Richard    J.  H.  Gottheil,    Prof.    a.    d.  Columbia  University    in  New 

York,  169  West  93 rd  Street  (1050). 

-  Dr.  Louis  H.  Gray,  Unterbibliothekar  u.  Privatdocent  a.  d.  Univ.  Princeton, 

N.  J.,   53   Second  Ave.,  Newark,  N.  J.,  U.  S.  A.   (1278). 

-  S.   Buchanan   Gray,  M.  A.,  Mansfield  College  in  Oxford  (1276). 

-  Dr.  George  A.  Grierson,  B.C.S.,  Rathfarnham,  Camberley,  Surrey  (1068). 

-  Dr.  Julius  Grill,  Prof.   a.  d.   Univ.  Tübingen,  Olgastr.   7   (780). 
Dr.  H.   Grimme,  Prof.  a.  d.  Univ.  Freiburg  i.  d.  Schweiz   (1184). 

Dr.  Wilh.  Grube,  Prof.  a.  d.  Univ.  u.  Direktorialassistent  am  kgl.  Museum 
f.  Völkerkunde  zu  Berlin,  in  Haiensee  b.  Berlin,  SW,  Georg  Wilhehn- 
str.   17   (991). 

-  Dr.  Max    Th.  Grüner t,    Prof.   a.  d.  deutschen  Univ.  in  Prag,  II,  Sokol- 

str.   68  (873). 

-  Dr.  Albert  Grünwedel,  Prof.,  Direktoralassistent  am  kgl. Museum  f.  Völker- 

kunde zu  Berlin,  in  Gross-Lichterfelde  b.  Berlin,  Albrechtstr.  8  (1059). 

-  Lic.  Dr.  Herrn.  Guthe,  Prof.  a.  d.  Univ.  Leipzig,  Körnerplatz  7  II      919 

-  Johannes  II  aar  dt,  Pastor  in    Wesel  (1071). 

cand.  phil.  J.  Haferbier,  in  Osnabrück,   Klusstr.  4  (1354). 

stud.    phil.    or.   Preinysl  Häjek,   in  Kralup  a.   d.  Moldau,  No.    I11   (13 


Y1II  Verzeichnis  der  Mitglieder  der  D.M.  Gesellschaft. 

Herr   Dr.  J.   Halivy,    Maitre    de   Conferences    ii   l'Ecole   Pratique    des   Hautes 
Stades   in   Paris,   26  rue  Aumaire  (845). 

-  Dr.   Ludwig  Ha  liier,   Pfarrer  in  Diedenhofen   (1093). 

-  Dr.    1'.   J.   van   den   Harn,  Prof.   a.    d.   Univ.  Groningen  (941). 

-  Dr.  Edmund  Hardy,  Prof.  in  Bonn,  Argelanderstr.  118  (1240). 

-  Dr.  A.  Harkavy,    kais.  russ.  Staatsrat,    Prof.  d.  Geschichte    des    Orients 

a.   d.   Univ.  St.  Petersburg,   Puschkarskaja  47    (676). 

-  Otto  Harr  assowitz  ,  Buchhändler,  Konsul  von  Venezuela,  Leipzig  (1327). 
Dr.  Martin  Hart  mann,   Prof.,  Lehrer  d.  Arabischen  am  Seminar  für  Orient. 

Sprachen  zu  Berlin,  in  Charlottenburg,  Schillerstr.  7   (802). 

-  Ur.   Paul    Haupt,    Prof.    a.    d.    Johns    Hopkins    University    in    Baltimore, 

Md.,  ü.  S.  Ä.   (15.   Mai  bis   15.   September  in  Görlitz)   (1328). 

-  Ur.  J.  Hausheer,  Prof.  in  Zürich,  V,  Bergstr.    187   (1125). 

-  Ur.    Aug.  Hei  der,  in  Greifswald,   Steinbeckerstr.  14   (1330). 

-  stud.   phil.   or.  Ad.  Heibig,  in   Heidelberg,  Anlage  53    (1350). 

-  P.  Dr.  Joh.  Heller,  Prof.  in  Innsbruck,  Universitätsstr.  8  (965). 

-  Dr.  Joh.   Hertel,    Oberlehrer  am  kgl.   Realgymnasium  zu  Döbeln    (1247). 

-  Dr.   G.  F.  Hertzberg,  Prof.  a.   d.  Univ.    Halle  a/S.,  Louisenstr.  4   (359). 

-  Dr.    Uavid    Herzog,    Docent    a.    d.    deutschen    Univ.    in    Prag,  Smichow, 

Palackystr.  40  (1287). 
A.  Heusler ,  V.  D.  M.,  von  Berlin  verzogen,  derz.  Aufenthalt  unbek.   (1156). 

-  Dr.  H.  Hilgenfeld,  Privatdocent  a.  d.  Univ.  Jena,  Fürstengraben  7  (1280). 

-  Dr.  A.  Hillebrandt,    Prof.  a.   d.  Univ.  Breslau,  Monhauptstr.  14    (950). 

-  Dr.    H.    V.    Hilprecht,    Prof.    a.  d.   Univ.    von    Pennsylvania    in    Phila- 

delphia  (1199). 

-  K.   Himly,  kais.   Dolmetscher  a.   D.,  in  Wiesbaden,   Köderstr.    15   (567). 

-  Dr.   Val.   Hintuer,  Prof.  am  akad.   Gymnasium  in  Wien  (806). 

-  Dr.    Hartwig     Hirschfeld,  Privatdocent    a.    d.     Univ.     London,    NW, 

14  Kandolph  Gardens    (995). 

-  Dr.  Friedr.  Hirth,  Prof.  in  München,  Leopoldstr.   59   (1252). 

-  Dr.  G.  Hoberg,    Prof.  a.  d.  Univ.  Freiburg  i/B. ,  Dreisamstr.  25    (1113). 

-  Dr.  A.   F.  Rudolf  Hoernle,  in  Oxford,   8  Northmoor  Road  (818). 

-  Pastor  P.  Holler,  in  Segeberg  in  Holstein  (1321). 

-  Dr.  Adolf  Hol tz  mann,    Prof.  am  Gymn.  u.  a.  d.  Univ.  in  Freiburg  i/B., 

Moltkestr.  42    (934). 

-  Dr.  H.   Holzinger,  Stadtpfarrer  in  Ulm  (Württemberg)  (1265). 

Dr.  Fritz  Hommel,  Prof.  a.  d.  Univ.  München,  Schwabinger  Landstr.  50  (841). 

-  Dr.  Edw.   W.  Hopkins,    Prof.  am  Yale   College   in  New  Haven ,    Conn., 

U.  S.  A.,   235  Bishop  Str.   (992). 

-  Dr.  Paul  Hörn,  Prof.  a.  d.  Univ.  Strassburg  i/Els.,   Sternwartstr.  20   (1066). 

-  Lic.   theol.  Aladar   Hornyanszky,  in  Pressburg  (1314). 

Dr.  phil.  Josef  Horovitz,  Privatdocent  a.  d.  Univ.  Berlin,  W,  Cushavener- 
str.    1    (1230). 

-  Dr.  M.   Horten,  in  Elberfeld,  Ludwigstr.  56  (1349). 

-  Dr.   M.   Th.   Houtsma,  Prof.  a.  d.  Univ.   Utrecht  (1002). 

Clement  Huart,  franz.  Konsul,  Secretaire-interprete  du  gouvernement, 
Prof.  a.  d.  Ecole  Speciale  des  Langues  Orientales  Vivantes  in  Paris, 
43   rue  Madame  (1036). 

-  Dr.  H.  Hübschmann,  Prof.  a.   d.   Univ.  Strassburg  i/Els.,  Ruprechtsauer 

Allee  31    (779). 
Dr.  E.   Hultzsch,  Prof.  a.  d.  Univ.  Halle  a/S.,   Schillerstr.  50   (946). 

-  Dr.  A.  V.  Williams   Jackson,  Prof.  a.  d.  Columbia  University,    16   High- 

land Place,  Yonktrs,  N.  Y.,  U.  S.  A.  (1092). 

-  Dr.   Georg  K.  Jacob,  Prof.  a.  d.  Univ.  Erlangen,  Bismarckstr.  30  (1127;. 

-  Dr.  Hermann  Jacobi,  Prof.  a.  d.  Univ.  Bonn,  Niebuhratr.  5   (791). 

-  Dr.  Alfred  Jah  n  ,  k.  k.  wirkl.  Gymnasiallehrer  in  Brunn,  I,  Deutsches  Staats- 

gymnasium (1347). 

-  Dr.   G.  Jahn,  Prof.  emerit.  in  Berlin  (820). 


Verzeichnis  der  Mitglieder  der  D.  M.  Gesellschaft.  IX 

Herr  Dr.  P.  Jensen,    Prof.  a.  d.  Univ.  Marburg  i/H..  Frankfurterstr.  21    (1118). 
Dr.  Julius  Jolly,  Prof.  a.  d.  Univ.  Würzburg,  Sonnenstr.   5   (315). 

-  Dr.  Ferd.   Justi,    Geheimrat,    Prof.  a.  d.   Univ.  Marburg  i/H.,  Barfüsser- 

thor  32   (561). 

-  Dr.  Th.  W.  Juynboll,   in  Leiden  (1106). 

-  Dr.  Adolf  Kaegi,  Prof.  a.  d.  Univ.  Zürich,  II,  Stockerstr.  47    (1027). 
Lic.  Dr.  Paul  Kahle,  stellvertret.  Pfarrer  in  Braila  (Rumänien),  Boulevard 

Cusa   11   (1296). 

-  Dr.   Georg  Kampf fmeyer,   Privatdocent  a.  d.  Univ.  Halle  a /S.,  Advokaten- 

weg  48   (1304). 

-  Dr.  Adolf  Kamp  hausen,   Prof.  a.  d.  Univ.  Bonn,  Weberstr.  27   (462). 

-  Dr.  Felix  Kau  ff  mann,  in  Frankfurt  a/M.  (1320). 

-  Dr.  Emil  Kautzsch,  Prof.  a.  d.  Univ.   Halle  a/S.,  Wettiner  Str.  32   (621). 
Dr.  Alexander    von    Kegl,    Gutsbesitzer    in  Puszta    Szent    Kiräly,    Post 

Laczhaza,   Com.   Pest-Pilis,  Ungarn  (1104). 

-  Dr.  Charles  F.  Kent,  Prof.  a.d.Tale  University  in  New  Haven,  Conn.  (1178). 

-  Dr.  Frdr.  Kern,  in  Berlin  (1285). 

Lic.  Dr.  Konrad  Kessler,  Prof.  d.  orient.  Sprachen  a.  d.  Univ.  Greifs- 
wald, Langestr.   10  (875). 

Dr.  Franz  Kiel  hörn,  Geh.  Regierungsrat,  Prof.  a.  d.  Univ.  Göttingen, 
Hainholzweg  21    (1022). 

-  Dr    G.  Klein,  Prof.,  Rabbiner  in  Stockholm,  Strandvägen  49   (931). 

-  Dr.   P.   Kleinert,  Prof.  d.  Theol.  in   Berlin,  W,  Schellingstr.   11   (495). 

-  Dr.  K.  Klemm,  in  Gross  -  Lichterfelde  b.   Berlin,  Ferdinandstr.  3   (1208). 
Dr.  Heinr.  Aug.  Klostermann,  Konsistorialrat,   Prof.  d.  Theol.  in  Kiel, 

Jägersberg  7   (741). 

-  Dr.   Friedrich  Knauer,    Prof.  a.  d.  Univ.  Kiew  (1031). 

-  Dr.  Kaufmann   Kohler,  Rabbiner  in   New   York   (723). 

Dr.  Samuel    Kohn,    Rabbiner,    Prediger    der  israelit.  Religionsgemeinde  in 

Budapest,  VII,  Hollö-utcza  4  (656). 
Dr.    George  Alex.    Kohut,    Rabbiner,    Prediger    in    New  York,    44    West 

58th  Street  (1219). 

-  Dr.    Paul    v.    Kokowzoff,     Prof.    a.    d.    Univ.    St.    Petersburg,    3,    Rotte 

Ismailowsky   Polk,  H.   11,  Log.   10   (1216). 

-  Dr.  phil.    et    theol.    Eduard   König,    Prof.    a.  d.   Univ.    Bonn,    Coblenzer- 

str.   89   (891). 
Dr.  Sten  K  o  n  o  w  ,  Privatdocent  a.  d.  Univ.  Christiania,  Munkedamsveien  55  B 

(1336). 
Dr.  Alexander  Ko  väts,  Prof.  d.  Theol.  am  röm.-kathol.  Seminar  in  Temesvär, 

Ungarn  (1131). 

-  Dr.    phil.    F.    Oswald    Kr  am  er,    Assistent    am     alttestam.    Sem.    d.    Univ. 

Leipzig  u.  Pfarrer  in  Gerichshain   bei  Machern  in  Sachsen  (1303). 

-  Dr.  J.  Krcsmärik,  Reichstagsabg.,  in  Budapest,  II,  Ilona  6  (1159). 

-  Dr.  Johannes  Krengel,  Rabbiner  in  Böhmisch-Leipa  (1288). 
Theod.   Kreussler,   Pastor  in   Ursprung,   Bez.  Chemnitz   (1126). 

-  Rieh.  G.   Krüger,  in  Kanea  (Kreta)  (1326). 

-  Dr.  E.   Kuhn,  Prof.  a.   d.   Univ.  München,  Hessstr.   3    (768). 

-  Dr.  Joseph  Kuhnert,  Curatus  in  Breslau,  VI,    am  Nicolaistadtgraben    10 

(1238). 
Dr.  Franz    Kühnert,    Privatdocent  a.   d.   Univ.   Wien,   IV,    Phorusgasse  7 

(1109). 
Dr.    Ignaz    Künos,    Direktor    d.    orient.     H;u<delsakad.    in    Budapest,    V, 

Alkotmäny-uteza   11   (1283). 
Dr.   Hermann  Kurz,  Vikar  in   Winterbach   (Württemberg)  (1322). 

-  Dr.  Geza  Graf  Kuun  von  Osdola,  Exe.,  k.   k.   Geheimrat,  auf  Schloss 

Maros-Nemeti,  Post  Deva  (Ungarn)  (696). 

-  Dr.    S.    Landauer,    Prof.   u.   Bibliothekar    a.    d.    Univ.  Strassburg   i/Els., 

Ehrmannstr.  1   (882). 


X  Verzeichnis  der  Mitglieder  der  D.  M.  Gesellschaft. 

Herr  Dr.  Carlo  Graf  von  Landberg,  kgl.  schwed.  Kammerherr  u.  diplomatischer 
Agent   7..  D.,  in  München,   Akademiestr.   11   (1043). 

-  Dr.  Charles   R.  Lanman,    Prof.    d.    Sanskrit    a.    d.    Harvard    University, 

9  Farrar  Street,  Cambridge,  Mass.,  U.  S.  A.  (897). 

-  Dr.  M.  Lauer,  Geh.   Regierungsrat,   Schulrat  in  Stade  (1013). 

Dr.    Bertbold    Lauf  er,    c/o.  Hongkong  Shanghai    Banking  Corporation    in 

Shanghai  (1308). 
Hr.   S.  Lefmann,   Prof.  a.  d.  Univ.  Heidelberg,  Plöckstr.  46   (868). 

-  Dr.  jur.  et  phil.  Carl  F.  Lehmann,  Prof.  a.  d.  Univ.  Berlin,   Charlotten- 

burg 2.  Knesebeckstr.  72/73   (1076). 
Dr.    Oscar   von   Lemm,    am    Asiat.  Museum    d.    kais.  Akad.  d.  Wiss.  in 

St.  Petersburg,  Wassili  Ostrow,  Nicolai-Quai   1   (1026). 
L.  Le riebe,    französ.  Vice-Konsul  in  Rabat,  Marokko  (1182). 

-  Dr.  Ernst  Leumann,  Prof.  a.    d.  Univ.  Strassburg  i/Els.,  Sternwartstr.  3 

(1021). 

-  Dr.  Mark  Lidzbarski,  Privatdocent  a.  d.  Univ.  Kiel,  Stiftsstr.  19   (1243). 

-  Dr.  Bruno    Liebich,    Prof.    a.  d.  Univ.  Breslau,    XIII,    Kaiser  Wilhelm- 

str.   53    (1110). 

-  Dr.   Kniest  Lindl,   Presbyter  in  MüncheD,  Theresienstr.   39  1  (1245). 

-  Dr.  Bruno  Lindner,  Prof.  a.  d.  Univ.  Leipzig,  Cröbern  b.  Gaschwitz   (952). 

-  Dr.  phil.    Enno    Littmann,    Univ.  Library  of  Princeton,  N.  J.,  U.  S.  A., 

14  Nanau  Street    (1271). 

-  Warmund  Freiherr    Loeffelholz    von  Colberg,    in    München,    Mars- 

str.   la/4   (1294). 

-  David  Lopes,  in  Lissabon,   R.  da  Escola  Polytechnica  61   (1284). 

-  Dr.  Wilhelm  Lotz,  Prof.  d.  Theol.  in  Erlangen,  Landwehrstr.   11    (1007). 

-  Dr.  Immanuel  Low,  Oberrabbiner  in  Szegedin  (978). 

-  Dr.  H.  Lüders,  Prof.  a.  d.  Univ.  Rostock,  St.  Georgstr.  4  (1352). 

-  Dr.  Alfred  Ludwig,    Prof.   a.  d.  deutschen   Univ.  in  Prag,  Königl.  Wein- 

berge, Krameriusgasse  40  (1006). 

-  Jacob  Lütschg,   Sekretär  d.  kais.  russ.  Konsulats  in  Bochara  (865). 

Sir  Charles  Ly  all,  K.C.  S.I.,  LL.  D.,  in  London,  SW,  82  Cornwall  Gardens  (922). 
Herr  Dr.  Arthur  Anthony    Macdonell,    Prof.  d.  Sanskrit    a.  d.   Univ.  Oxford, 
107   Banbury  Road  (1051). 

-  Dr.  Eduard  Mahler,  in  Budapest,  Nationalmuseum  (1082). 

-  Dr.    Oskar    Mann,     Bibliothekar    a.    d.     kgl.    Bibliothek    in    Berlin,    N, 

Weissenburgerstr.  28  III  (1197). 

-  stud.   phil.  Traug.  Mann,   in  Berlin,  N,  Johannisstr.  7    (1345). 

David  Samuel  Margoliouth,   Fellow  of  New  College  u.  Laudian  Professor 
of  Arabic  a.  d.   Univ.  Oxford  (1024). 

-  Ernst   C.   Marre,   Schriftsteller,  in   Leipzig,    Brandvorwerkstr.   22   (1311). 

-  Dr.   Karl  Marti,  Prof.  d.  Theol.  a.  d.  Univ.  Bern,  Marienstr.  25   (943). 
Michael  Maschanoff,  Prof.  a.  d.  geistl.  Akad.  in  Kasan    (1123). 

-  Dr.    B.     F.    Matthes,    Agent    der    Amsterd.    Bibelgesellschaft    im    Haag, 

Bilderdijkstr.   102  (270) 

-  Km.  Mattson,   fil.  kand.,  in   Upsala,  Sysslomansgatan   16  (1341). 

-  Dr.  J.  F.  McCurdy,  Prof.  am   Univ.  College  in   Toronto,  Canada  (1020). 

-  Norman  McLean,    Fellow    of   Christ's  College   u.    Lecturer    in  Cambridge 

(England)  (1237). 

-  Dr.  A.  P.  von   Mehren,  Prof.  in  Fredensborg  b.  Kopenhagen   (240). 

-  Dr.  A.  M  e  rx  ,  Geh.  Hofrat,  Prof.  d.  Theol.  in  Heidelberg,  Bunsenstr.  1  (537). 

-  Dr.  Ed.   Meyer,    Prof.  a.  d.   Univ.   Berlin,    Gross-Lichterfelde,  Mommsen- 

str.  7/8  (808). 

-  Dr.  Leo  Hey  er,   kais.  russ.  Wirkl.  Staatsrat,  ord.  Honorarprof.  in  Göttingen, 

IlHUSsenstr.   9  (724). 
Dr.    theol.    L.   II.    Mills,    Prof.    of   Zend    Philology    a.    d.    Univ.    Oxford, 
19    Norham  Road   (1059). 

-  Dr.  phil.   Engen   Mittwoch,  in  Berlin,  NW,  Kirchstr.    12    (1272). 


Verzeichnis  der  Mitglieder  der  D.  M.  Gesellschaft.  XI 

Herr  stud.  phil.   Camillo  Möbius,  in  Leipzig,  Sternwartenstr.  40   (1312). 

-  Dr.  George  F.  Moore,  Prof.  of  Theology  in  Andover,  Mass.,  U.  S.  A.  (1072). 

-  Dr.  J.  H.  Mordtmann,  kais.  deutscher  Konsul  in  Smyrna  (807). 

-  Mubarek  Ghalib  Bey,  £xc.,  in   Konstantinopel,   Cantardjilar  (1170). 

-  Dr.   Ferd.  Müh  lau,  kais.  russ.  Wirkl.  Staatsrat,  Prof.  d.  Theol.  a.  d.  Univ. 

Kiel,  Beselerallee  53    (565). 

Sir  William  Muir,  K.  C.  S.I.,  LL.  D.,  in  Edinburgh,  Dean  Park  House  (473). 

Herr  Dr.   D.  H.  Müller,    k.    k.    Hofrat,    Prof.   a.  d.  Univ.  Wien,  VIII,    Feld- 
gasse  10  (824). 

-  Dr.  Edmund  Müller-Hess,  Prof.  in  Bern,   Effingerstr.  47   (834). 

-  Dr.   C.   A.  Nallino,  Prof.  a.  d.  kgl.   Univ.  zu  Palermo  (1201). 

-  Dr.  med.  Karl  N  ar  beshube  r,  in  Sfakes,  Tunisien   (1275). 

-  Dr.  Eberh.  Nestle,    Prof.  am  theol.   Seminar  zu  Maulbronn  (805). 

-  Dr.  W.    A.    Neumann,    Prof.    a.  d.   Univ.  Wien,    IX,    Garnisongasse  18 

(518.   1084). 

-  Dr.   George  Karel  Niemann,  Prof.  in  Delft  (547). 

-  Dr.   W.  Nowack,  Prof.  a.  d.  Univ.  Strassburg  i/Els.,  Thomasgasse  3   (853). 

-  Dr.   Heinrich  Nützel,  Direktorialassistent  bei  d.  kgl.  Museen  in  Berlin,  N, 

Elsasserstr.  31    (1166). 
Dr.  J.   Oestrup,   Docent  d.  semit.  Sprachen  a.   d.  Univ.   Kopenhagen,  N, 
Nörrebrogade  42   (1241). 

-  Dr.  H.  Oldenberg,  Prof.  a.  d.   Univ.   Kiel,  Niemannsweg  92  (993). 

-  Rob.   Olsen,  luther.  Pfarrer  in  Hjörundfjord  (Norwegen)  (1286). 

-  J.  van  Oordt,  Rechtsanwalt  in   Kairo,  Maison  Abst  (1224). 

-  Dr.  Max  Freiherr  von  Oppenheim,  Legationsrat  beim  deutschen  General- 

konsulat in  Kairo  (1229). 

-  Dr.   Gustav  Oppert,  Prof.  in  Berlin,   W,   Bülowstr.  55   I  (1264). 

.     -     Dr.  Conrad  von  Orelli,  Prof.  a.  d.  Univ.  Basel,  Bernoullistr.  6   (707). 

-  Dr.  Felix   E.  Peiser,    Privatdocent    a.  d.  Univ.  Königsberg  i/Pr.,    Schön- 

str.    18  a  (1064). 

-  Dr.  Felix  Perles,  Rabbiner  in  Königsberg  i/Pr.,  Hintere  Vorstadt  42  (1214). 

-  Max  Pesl,  in  München,  Lessingstr.   9   I  (1309). 

-  Dr.  Norbert  Peters,    Prof.  d.  alttest.  Exegese    a.   d.  b.  theolog.  Fakultät 

in  Paderborn  (1189). 

-  Dr.  Arthur  Pfungst,   Fabrikant  in  Frankfurt  a/M.,  Gärtnerweg  2   (1209). 

-  Dr.   Carl  Philipp,  in  Berlin,  NW,  Lessingstr.  15   (1316). 

-  Dr.  Bernhard  Pick,  in  Albany,   N.  Y.,   393   Washington  Street  (913). 

-  Dr.    Richard    Pietschmann,    Prof.    u.    Direktor    d.    Univ.- Bibliothek    in 

Göttingen  (901). 

-  Theophilus    Goldridge    Pinches,    Department   of    Egyptian    and    Assyrian 

Antiquities,  British  Museum,  in  London,  W,  38  Bloomfield  Road,  Maida 
Hill  (1017). 

-  Dr.  Richard  Pischel,    Prof.  a.  d.  Univ.  Berlin,  W,   Passauerstr.  23   (796). 

-  Dr.   J.  Pollak,   in   Prag,  I,  k.  k.  Uuiv.-Bibliothek  (1317). 

-  Dr.   Oscar  Pollak,   stud.   theol.   in  Innsbruck,  Universitätsstr.   8   (1342). 

-  Dr.    Samuel  Poznaiiski,    in   Warschau,  Tlomackie  7   (1257). 

-  Dr.   Franz   Praetorius,    Prof.   a.  d.   Univ.   Halle    a/S. ,    Freiimfelderstr.   6 

(685). 

-  Josef  Prasch,    Sparkassenbeamter   in    Graz    (Steiermark),    II,    Leonhard- 

str.   143   (1160). 

-  Dr.  Eugen  Prym,   Prof.  a.   d.  Univ.  Bonn,    Coblenzerstr.   39   (644). 

-  Lic.   Dr.  Alfred  Rahlfs,  Prof.   a.  d.  Univ.   Göttingen,  Prinz  Albrechtstr.  5 

(1200). 
Frau  Dr.  phil.  Emma  Rauschenbusch-Clough  ,  in  Ongole,  Madras  Presidency, 

Indien   (1301). 
Herr  Dr.  H.  R  ecken  dorf,    Prof.   a.  d.   Univ.  Freiburg  i/B.,  Maximilianstr.   34 

(1077). 

-  Dr.  Hans  Reichelt,   in   Baden  b.  Wien,  Neugasse  23  (1302). 


MI  Verzeichnis  der  Mitglieder  der  D.M.   Gesellschaft. 

lim-  Dr.   theol.   et  phil.   C.  Reinicke,   Prof.  in   Wittenberg  (871). 

-  Dr.  J.  N.  K  out  er,  Docent  d.  Sanskrit  u.  d.  vergl.  Sprachwissenschaft  a.  d. 

Univ.  Helsingfors,   Boulevardsgatan  G  (1111). 

-  H.   Reuther,   Verlagsbuchhändler  in  Berlin,  W,  Köthenerstr.  4  (1306). 

-  Peter  Rheden,   Prof.  am  Collegium  Vincentinum  in  Brixen  (Tirol)  (1344). 
P.    Dr.  Joseph  Rieber,  Prof.  d.  Theol.  a.  d.  deutschen   Univ.  in  Prag,  111, 

(  armelitergasse  16  (1154). 

-  Dr.   Paul   Rieger,  in  Hamburg,  Grindelallee   188   (1331). 

-  Dr.   Fr.   Risch,   Planer  in   Walsheim   b.  Landau,  Rheinpfalz   (1005). 

-  Paul  Ritter,   Lektor  a.   d.    Univ.  Charkow,  Insirumentalstr.   3   (1295). 

-  Dr.   James  Robertson,  Prof.  in   Glasgow,   7   the  University  (953). 

-  Dr.  Joh.  Roediger,  Geh.  Regierungsrat,   Direktor  d.   Univ.-Bibliothek  in 

Marburg  i/II.,  Barfüsserthor  19   (743). 

-  Dr.   Robert   \Y.  Rogers,    B.  A.,    Prof.  am  Drew  Theological  Seminary    in 

Madiso. ,.   N.  ,/.,   U.S.A.  (1133). 

-  Dr.  Albert   Rohr,    Docent  a.   d.   Univ.  Bern   (857). 

-  Gustav  Rösch,  pens.  ev.  Pfarrer  in   Biberach  a.  d.  Riss  (932). 

-  Baron   Victor  von  Rosen,   Exe,  Prof.  a.  d.   Univ.  u.   Akademiker  in  St. 

Petersburg,  W'assili-Ostrow,  7*e  Linie,   2    (757). 

-  Dr.  Arthur  von  Rosthorn,  Legationsrat  in  Peking,  k.  k.   österr.-ungar. 

Gesandtsch.  (1225). 

-  Dr.  G.  Rothstein,  Oberlehrer  in  Friedenau  b.  Berlin,   Kirchstr.  8  (1323). 

-  Dr.   J.  W.  Rothstein,  Prof.  a.  d.   Univ.  Halle  a/S.,    Karlstr.  4  (915). 

-  Dr.  Max   Rottenburg,   in  Vizsoly,  Ungarn   (1212). 

W.  H.   D.   Rouse,    M.  A.,    Litt.   D.,    Headmaster  of    the  Perse   Grammar 
Scbool  in  Cambridge,  England  (1175). 

-  D.  F.  Rudlof,  Superintendent  in  Wangenheim  b.   Gotha  (1048). 

-  Dr.  Franz  Rühl,   Prof.  a.  d.  Univ.  Königsberg  i/Pr.,  Komgsstr.  39   (880). 

-  Dr.   theol.  et   phil.   Victor  Ryssel,    Prof.   a.  d.  Univ.  Zürich,  I,  Hirschen- 

graben 82  (869). 

-  Dr.    Ed.    Sachau,    Geh.    Regierungsrat,    Piof.    a.    d.    Univ.    Berlin,    W, 

Wormser  Str.   12   (660). 

-  Carl  Salemann,  Exe,  Wirkl.  Staatsrat,  Mitglied  d.  kais.  Akad.  d.  Wiss., 

Direktor  d.  Asiatischen  Museums   in  St.  Petersburg,  Wassili-Ostrow, 
Haus   der  Akademie   (773). 

-  Dr.  Friedr.  Sarre.   in  Berlin,  W,  Kurfürstendamm  25  (1329). 

-  Archibald   Henry  Sayce,  M.  A.,   Prof.   a.  d.  Univ.  Oxford  (762). 

-  Dr.    Wilhelm    Sehen z,    Geistl.    Rat    u.    kgl.    Lycealrector   in    Regensburg 

(1018). 

-  Dr.  Lucian  Scher  man,  Prof.  a.  d.  Univ.  München,  Ungereistr.  18   (1122). 

-  Celestino  Sehiaparelli,  Prof.  d.  Arabischen   a.  d.  Univ.  Rom,   5   Piazza 

dell'  Esquilino  (777). 

-  A.  Hont  um   Schindler,  General  in  persischen  Diensten,  General-Inspektor 

der  Telegraphen,  in  Teheran  (1010). 

-  Dr.  Emil  Schlagint  weit ,  kgl.  bayr.  Regierungsrat,  in  Zweibrücken  (626). 

-  Dr.  Nivard  Schlögl,    O.  Cist.,  Prof.   d.  Theol.  in  Stift  Heiligenkreuz  bei 

Wien   Q289). 

-  Dr.    Nathaniel  Schmidt,  Prof.,  Cornell  University,  Ithaca,  N.  Y.  (1299). 

-  Dr.   Richard  Schmidt,  Privatdocent  a.  d.  Univ.  Halle  a/S.,  Lessingstr.  17 

(1157). 

-  Dr.  Leo  Schneed  or  f  er ,  Prof.  d.  Theol.  an  d.  deutschen  Univ.  in  Prag,  I, 

Aegidigasse  (Dominicaner-Kloster)  9   (862). 

-  Dr.   II.  Schnorr  von  Carolsfeld,  Oberbibliothekar  d.  Univ.-Bibliothek 

in   München,  Giselastr.  7   (1128). 

-  Dr.   Eberhard    Seh  rader,    Geh.  Regierungsrat,    Prof.    a.  d.  Univ.  Berlin, 

NW,   Kronprinzen-Ufer  20  (655). 

-  Dr.    W.   Schräm  eier,   Admiralitätsrat  in   Berlin  (976). 

-  Dr.  Paul  Schröder,  kais.  deutscher  Generalkonsul  für  Syrien  in  Beirut  (700). 


Verzeichnis  der  Mitglieder  der  D.  M.   Gesellschaft.  XIII 

Herr  Dr.    Leopold    v.    Schroeder,     Prof.     a.     d.    Univ.    Wien,     Maximilians- 
platz   13  II  (905). 

-  Dr.    Friedrich    Schult  hess,    Prof.    a.    d.   Univ.   Göttingen,    Schildweg  21 

(1233). 

-  Lic.  Dr.  Fr.  Seh  wall  y,  Prof.  a.  d.  Univ.  Giessen,  Nordanlage  12   (1140). 

-  Dr.  Paul  Schwarz,   Prof.  a.  d.  Univ.  Leipzig,   Waldstr.  42  III  (1250). 

-  Dr.  Jaroslav  Sedläcek,  Prof.  a.  d.  böhmischen   Univ.  in  Prag,  Smichow, 

Hussstr.   13   (1161). 
Dr.     Ernst     Seidel,     praktizierender    Arzt     in    Ober-Spaar    b.    Meissen, 
Dresdenerstr.   58  d    (1187). 

-  Dr.   Chr.   F.  Seybold,    Prof.    a.  d.  Univ.  Tübingen,    Eugenstr.   7   (1012). 
Otto  Siegesmund,    Pfarrer    in    Gross-Mirkowitz    bei   Stempuchowo  (Bez. 

Bromberg)  (1246). 
Dr.  Richard   Simon,  Privatdocent  a.  d.   Univ.  München,   Kaulbachstr.   87 
(1193). 

-  David  Simonsen,    Oberrabbiner  in  Kopenhagen,  Skindergade  28   (1074). 

-  Dr.  Rudolf  Smend,  Prof.  a.  d.  Univ.   Göttingen,  Bühl   21    (843). 

•     Dr.   theol.   Henry  Preserved  Sm  i  th  ,  Prof.  am  Amherst  College  in  Amherst, 
Mass.   (918). 

-  Vincent  A.   Smith,  Gwynfa,  Cheltenham,  England  (1325). 

-  Dr.  Christian   Snouck    Hurgronje,    Prof.  in  Batavia,  Java  (1019). 

-  Dr.  phil.  Moritz    Sobernheim,    in    Berlin,    W,    Königin    Augustastr.   28 

(1262). 

-  Dr.  J.  S.  Speyer,  Prof.  a.  d.   Univ.  Leiden,  Heerengracht  24  (1227). 

-  Dr.  W.  Spiegelberg,  Prof.  a.  d.  Univ.   Strassburg  i/Els.,  Vogesenstr.  22 

(1220). 

-  Jean  H.  Spiro,   Prof.  a.  d.  Univ.  Lausanne,  in  Vufflens-la-Ville,  Canton 

de  Vaud  (Schweiz)  (1065). 

-  Dr.  Reinhold  Baron  von  Stackeiberg,  Docent  am  Lazarewschen  Institut 

in  Moskau  (1120). 
Dr.  phil.  Freih.  Alexander  v.  Stael-Holstein,  in  Göttingen,  Schildweg  36 
(1307). 

-  R.   Steck,  Prof.  d.  Theol.  a.  d.  Univ.  Bern   (689). 

-  Dr.  Mark  Aurel  Stein,  Inspector-General  of  Education  and  Archaeological 

Surveyor,  NW.  Frontier  Province  and  Baluchistan,  in  Peshawar,  Indien 
(1116). 

-  Dr.  Georg  Steindorff,    Prof.  a.  d.   Univ.  Leipzig,   Waldstr.  54  (1060). 

-  P.    Placidus    Steininge r,     Prof.    d.    Theol.     in     der    Benediktiner-Abtei 

Admont  (861). 

-  Dr.  M.   Steinschneider,  Prof.   in  Berlin,  O,  Wallner-Theaterstr.  34  (175). 
The  Rev.  Dr.  T.  Stenhouse,  in  Whitfield ,  Ninebanks  Vicarage ,  Northumber- 

land  (1062). 
Herr  Dr.  Edv.  Stenij,  Adjunkt  a.  d.  theol.  Fakultät  d.  Univ.  Helsingfors  (1167). 

-  J.  F.   Stenning,  M.  A.,  Wadham   College  in   Oxford  (1277). 

-  Lic.  Dr.  K.  Steuernagel,  Privatdocent  in  Halle  a/S.,  Goethestr.  7  (1348). 

-  cand.   rev.  min.  Curt  Steyer,    in   Döbeln,  Muldenstr.  3   (1353). 

-  Dr.  Josef  Stier,   Prediger  u.  Rabbiner  d.   Israelit.  Gemeinde  in  Berlin,   N, 

Oranienburgerstr.  39   (1134). 
Dr.  Theod.  Stockmayer,  Stadtpfarrer  in  Geislingen   a.  d.  St.   (1254). 

-  Dr.  Hermann    L.  Strack,    Prof.    d.  Theol.   a.  d.   Univ.  Berlin,    in  Gross- 

Lichterfelde,  Ringstr.   98  (977). 
Dr.    Maximilian    Streck,    Privatdocent    a.    d.   Univ.    Berlin,    SW,    Nostiz- 
str.   13   (1259). 

-  Arthur  Strong,    M.  A.,  Lecturer  a.  d.   Univ.  Cambridge,  in  London,   SW, 

Westminster,   36   Grosvenor  Road  (1196). 

-  Dr.  Hans  Stumme,  Prof.   a.  d    Univ.   Leipzig,  Südstr.   115   (1103). 

-  Georges  D.   Sursock,   Dragoman    d.  kais.    deutschen  Konsulats    in  Beirul 

(1014). 


XIV  Verzeichnis  der  Mitglieder  der  D.M.   Gesellschaft. 

Herr  Dr.   Heinrich  Suter,  Prof.  am  Gymnasiuni  in  Zürich,  Kilchberg  b.  Zürich 
(1248 

-  Aron  von   Szilady,  reform.  Pfarrer  in  Ilalas,   Klein-Kumanien  (697). 

-  Dr.  Jyun  Takakusu,  in  Tokio,  Kogimachi  35  (1249). 

-  A.   Tappehorn,   Pfarrer  in  Vreden,  Westphalen  (568). 

-  Dr.   Emilio  Teza,  ordentl.  Prof.  a.  d.  Univ.  Padua  (444). 

-  <;.   W.  Thatcher,   M.  A„  B.  D.,  in  Oxford  (1107). 

-  Dr.  G.  Thibaut,  Principal,  Muir  Central  College  in  Allahabad,  Indien  (781). 

-  Dr.    Tsuru-Matsu    Tokiwai,    p.    Adr.    Baron    G.    Tokiwai    in    Isshinden, 

Province  Ise,  Japan  (1217). 

-  Charles  C.  Torrey,   Prof.  in   New  Haven,  Conn.,  U.S.  A.  (1324). 

-  Dr.   Fr.  T  rech  sei,   Pfarrer  in  Spiez,  Canton  Bern  (Schweiz)  (755). 
Fürst    Esper    Esperowitsch    Uchtomskij,    Durchl. ,     Kammerherr    Sr.    Maj.    d. 

Kaisers  v.  Kussland,  in  St.  Petersburg,   Schpalernaja  26   (1235). 
Herr  Kud.  Ulimann,  Pfarrer  in  Altenmuhr  bei  Gunzenhausen  in  Mittelfranken, 
Bayern  (1150). 

-  Dr.  J.  Jacob  Unger,  Rabbiner  in  Iglau  (650). 

-  Dr.    J.    J.    Ph.    Valeton,    emer.    Prof.    d.  Theol.    in    Amersfoort  (Nieder- 

lande)  (130). 
Dr.   Herrn.  Vämbery,  Prof.  a.  d.  Univ.  Budapest,   Franz-Josephs-Quai  19 
(672). 

-  Dr.  B.  Vandenhoff,  Privatdocent  in  Münster  i/W.,  Crefeld,  Oberdiessemer- 

str.  136  (1207). 

-  Friedrich  Veit,  Privatgelehrter,  in  Tübingen,  Hechingerstr.   20  (1185). 

-  Dr.  Ludwig  Venetianer,  Rabbiner  jn  Ujpest  (Neu-Pest)    (1355). 

-  Albin  Venis,  Principal,  Sanskrit  College  in  Benares  (1143). 

-  Dr.  J.  Ph.  Vogel,  Archaeological  Surveyor,  in   Labore,  Indien  (1318). 

-  Dr.  H.  Vogel  stein,    Rabbiner  in  Stettin,    Falkenwalderstr.   127   (1146). 

-  Dr.    Hermann    Vogelstein,    Rabbiner    in    Königsberg   i/Pr. ,    Trazheimer 

Kirchenstr.  8  (1234). 

-  Dr.    Hans    Voigt,    Gymnasialoberlehrer    u.    Prof.    a.    d.    Nicolaischule    in 

Leipzig,  Hauptmannstr.  4  (1057). 

-  Dr.  Wilh.  Volck,   kais.  russ.  Wirkl.  Staatsrat,  Prof.  d.  Theol.  in  Rostock 

(536). 

-  Lic.  Dr.  K.   Völlers,   Prof.  a.  d.   Univ.  Jena,   Westendstr.  33   (1037). 

■     Dr.  Jakob  Wacker  nagel,  Prof.  a.  d.  Univ.  Göttingen,  Hoher  Weg  12  (921). 

-  Oscar  Wassermann,  in  Berlin,  C,   Burgstr.   21   (1260). 

The  Venerable  Archdeacon  A.  William  Watkins,  in  Durham,  The  College,  (827). 
Herr  Gotthold  Weil,  in  Berlin,  Brückenstr.   10   (1346). 

-  Dr.    F.    H.  Weissbach,    Bibliothekar    a.    d.    Univ.-Bibliothek    u.    Privat- 

docent a.  d.  Univ.  zu  Leipzig,  in  Gautzsch   b.  Leipzig  (1173). 

-  Dr.    J.  Wellhausen,    Geh.   Regierungsrat,    Prof.    a.    d.   Univ.   Göttingen, 

WCberstr.   18  a  (832). 

-  Dr.  C.  Werner,  Rabbiner  in  München,  Herzog  Maxstr.   3   (1332). 

-  Dr.   Gustav  Westphal,  in  Marburg  i/H„  Wehrdaerweg  7   (1335). 

-  Dr.  J.  G.  Wetzstein,  kgl.  preuss.  Konsul   a.   D.,  in  Berlin,  N,  August- 

str.  69    (47). 

-  Dr.   K.    F.   Weymann,  in  Hagsfeld  b.  Karlsruhe  i/B.  (1279). 

-  Dr.  Alfred  Wiedemann,    Prof.  a.  d.  Univ.  Bonn,   Königstr.   2   (898). 

-  Dr.   Fug.   Wilhelm,    Prof.  in  Jena,  Wagnergasse   11   (744). 

-  Dr.   Hugo    Winckler,     Privatdocent    a.  d.  Univ.  Berlin,    in   Wilmersdorf 

b.   Berlin,  Bingerstr.  80  (1177). 

-  Dr.   Ernst   Windisch,    Geh.  Hofrat,  Prof.  d.  Sanskrit  a.  d.  Univ.  Leipzig, 

Universitätsstr.   15  (737). 

-  Dr.  Moritz  Winternitz,  Prof.  a.  d.  deutschen  Univ.  in  Prag,  Kgl.  Weinberge, 

Manesgasse  4  (1121). 

-  F.   Wogihara,   /..   Z.  in   Strassburg  i/Els.,   Daniel  Hirtzstr.    10   (1319). 

-  Dr.  M.   Wolff,  Rabbiner  in  Gothcnburg  (263). 


Verzeichnis  der  Mitglieder  der  D.  M.  Gesellschaft.  XV 

Herr  Dr.  James  Haughton  Woods,  Instructor  in  Philosophy,  Harvard  University, 
in  Boston,  Mass.,  U.  S.  A.,  2  Chestnut  Street  (1333). 

The  Rev.  Charles  H.  H.  Wright,  D.  D.,  M.  A.,  Pb.  D.,  in  London,  SW,  90 
Bolingbroke  Grove,   Battersea  (553). 

Herr  W.  Aldis  Wright,   B.  A.,  in  Cambridge,  England,  Trinity  College  (556). 

-  Dr.    C.    Aug.   Wünsche,     Prof.,     Oberlehrer    a.    d.    Ratstöchterschule    in 

Dresden,  Albrechtstr.   15   (639). 

-  stud.  jur.  Arthur  v.  Wurzbach,   in  Laibach,  Rain   10  (1351). 

-  Dr.Th.   Zachariae,  Prof.  a.  d.  Univ.  Halle  a/S.,  Händelstr.  29   (1149). 

-  Dr.    Joseph    Zaus,    Prof.    d.    Philosophie    a.   d.  deutschen    Univ.  in  Prag, 

III,  43   (1221). 

-  Dr.  K.   V.  Zettersteen,  Privatdocent  a.  d.  Univ.  Lund,  Grönegatan   32 

(1315). 
Dr.  Heinr.  Zimmern,    Prof.  a.  d.  Univ.  Leipzig,  Johannisallee  11   (1151). 
Dr.  Jos.  Zubaty,  Prof.  a.    d.  böhmischen  Univ.  in  Prag,  Smichow,  Huss- 

str.  539  (1139). 


In  die  Stellung  eines  ordentlichen  Mitglieds  sind  eingetreten1): 

Das   Veitel-Heine-Ephraimsche  Beth   ha- Mi  drasch  in  Beilin  (3). 
Die  Kg  1.    Bibliothek  in  Berlin,  W,  Opernplatz  (12). 

„     Bibliothek  des  Benedic  tinerstif  ts  St.  Bonifaz  in  München  (18). 
Die  Bodleiana  in  Oxford  (5). 

The  Rector  of  St.  Francis  Xavier's  College  in  Bombay  (9). 
Die  Grossherzogl.  Hof bibliothek  in  Darmstadt  (33). 

„     K.  K.  Hofbibliothek  in  Wien  (39). 
Das  St.  Ignatius-Collegium  in  Valkenburg  (Holland)  (35). 
Das    Deutsche    evangelische    Institut    für    Altertumswissen  seh. 

des    hl.    Landes    in  Jerusalem    (47). 
Die    Theologische    Lehranstalt    in    Wien    (48). 
Das  Fürstlich  Hohenzollernsche  Museum  in  Sigmaringen   (1). 
The  New  York  Public  Library,  Astor  Lenox  and  Tilden  Foundations,   in 
New  York,  40  Lafayette   Place  (44). 

„     Owens  College  in  Manchester,  England  (30). 

„     Princeton  University  Library  in  Princeton,  N.J.,  U.  S.  A.  (46). 
Die  Stadtbibliothek  in  Hamburg  (4). 
The  Union  Theological  Seminary  in  New  York  (25). 
Die   Kgl.  Universitäts-Bibliothek  in  Amsterdam  (19). 

„     Universitäts-Bibliothek  in  Basel  (26). 

„     Kgl.  Universitäts-Bibliothek  in  Berlin,  NW,  Dorotheenstr.   9    (17). 

„     Kgl.  Universitäts-Bibliothek   in  Breslau  (16). 

„     Kgl.  Universitäts-Bibliothek    in   Christiania  (43). 

,,     Kais.   Universitäts-Bibliothek  in  Dorpat  (41). 

„     Kgl.  Universitäts-Bibliothek  in  Erlangen  (37). 

.,     Grossherzogl.  Universitäts-Bibliothek   in  Freiburg  i/B.   (42). 

„     Grossherzogl.  Universitäts-Bibliothek  in  Giessen  (10). 

„     Kgl.   Universitäts-Bibliothek  in  Greifswald  (21). 

„     Grossherzogl.    Universitäts-Bibliothek  in  Jena  (38). 

„     Kgl.  Universitäts-Bibliothelc  in   Kiel   (24). 

„     Kgl.  Universitäts-Bibliothek   in  Königsberg  i/Pr.  (13). 

.,     Kgl.   Universitäts-Bibliothek   „Albertina"  in  Leipzig,   Beethoven- 
str.  4    (6). 


1)  Die  in  Parenthese  beigesetzte  Zahl  ist  die  fortlaufende  Nummer  und 
bezieht  sich  auf  die  Reihenfolge,  in  der  die  betreu'.  Bibliotheken  und  Institute 
beigetreten  sind. 


XVI  Schriftenaustausch  der  D.  M.   Gesellschaft. 

Die  Kgl.  Universitäts-Bibliothek  in  Marburg  i/H.  (29). 
Kgl.   Üniversitäts-Bibliothek  in  München  (40). 
Kais.   Üniversitäts-Bibliothek    in  St.  Petersburg  (22). 
K.   K.   Üniversitäts-Bibliothek  in  Prag  (14). 
Grossherzogl.   Universitäts-Bibliothek  in  Rostock  (34). 
Kais.   Universitäts-  u.  Landes-Bibliothck  in  Strassburg  i/Els.  (7). 
Kgl.  Universitäts-Bibliothek  in  Utrecht  (11). 
.     Kgl.   Universitäts-Bibliothek   in   Würzburg  (45). 


Scliriftenanstauscli  der  D.  M.  Gesellschaft. 

Verzeichnis    der    gelehrten    Körperschaften    u.   s.  w. ,    die    mit    der    D.  M.  G.    in 

Schriftenaustausch    stehen,    nach    dem    Alphabet    der   Städtenamen,    mit  Angabe 

der  Veröffentlichungen,  welche  die  D.  M.  G.  von  ihnen  regelmässig  erhält. 

*  bedeutet,  dass  die  D.  M.  Gr.  als  Gegenleistung  Zeitschrift  und  Abhandlungen  liefert. 
-r  bedeutet  besondere  Abmachungen.  Die  Körperschaften  u.  s.  w. ,  denen  kein  Zeichen 
beigesetzt  ist,  erbalten  die  Zeitschrift.  Mit  den  Gesellschaften  u.  s.  w. ,  die  in  []  ein- 
geschlossen sind,  schweben  z.  Z  Verhandlungen  über  die  von  ihnen  an  die  D.  M.  G.  zu 
liefernden  Schriften.1) 

1.      Hei  Bataviaasch  Genootschap  van  Künsten  en  Wetenschappen  in  Batavia. 
Tijdschrift  voor  Indische  Taal-,  Land-  en  Volkenkunde.     Bb  901. 
Notulen  van  de  Algemeene  en  Bestuurs-Vergaderingen.     Bb  901  d. 
Yerhandelingen.     Bb   90 in.      4°. 
Dagh-Register  gehouden  int  Casteel  Batavia.     Ob   2780.     4°. 

*2.     Die  Königl.  Preuss.  Akademie  der  Wissenschaften  in  Berlin. 
Abhandlungen,  Philolog    u.  historische.     Ae  5.     4°. 
Sitzungsberichte.     Ae   165.     4°. 
3.     Die  Gesellschaft  für  Erdkunde  zu  Berlin,  SW,  Wilhelmstr.  23. 

Zeitschrift  der  Gesellschaft  f.  E.   zu  B.     Oa  256.     4°. 
I.     Das  Seminar  für  Orientalische  Sprachen  in  Berlin,  C  2,  Am  Zeughaus  1. 
Mittheilungen  des  Seminars   für  Or.   Spr.     Bb  825. 
Lehrbücher  des  Seminars  f.   Or.  Spr.   zu  Berlin.     Bb   1120. 
[5.     Die    Zeitschrift   für   afrikanische,    ozeanische    und    ostasiatische    Sprachen 

in  Berlin,   W   35,  Potsdamer  Str.   42.  —  Bb   935.     4°.] 
6.     Al-Machriq,  Revue  catholique  Orientale,  in  Beyrouth  (Syrien).  —  Bb  818. 
"t .     The  Bombay  Branch  of  the  Royal  Asiatic  Society  in  Bombay. 
Journal.     Bb   755. 

8.  La  Societe  des  Bollandistes,   14,  rue  des  Ursulines,  ä  Bruxelles. 

Analecta   Bollandiana.     Ah   5. 

9.  Die  Magyar  Tudomänyos  Akademia  in  Budapest. 

Krtckezesek.      Ae  96. 

Nyelvtudomänyi  Közlemenyek.     Ae   130. 

Rapport  sur  les  travaux  de  l'Acad.  Hongroise  des  Sciences.    Ae  196. 

Einzelne  jeweilig  erscheinende  Werke. 

10.     Die  Orientalische  Handels-Akademie  in  Budapest,  V,  Alkotmäny-utcza  8. 

Keleti  Szemle.     Revue  Orientale.     Fa  76. 
[11.     The  Kbedivial  Library  in   Cairo.l 


1)  Die   Liste  ist  nach   de.iv    Stande   der    augenblicklichen    Ermittelungen   gegeben. 
Ergänzungen  und  Verbesserungen  bleiben  vorbehalten. 


Schriftenaustausch,  der  D.  M.   Gesellschaft.  _\"  V 1 1 

*12.     The  Royal  Asiatic  Society  of  Bengal  in  Calcutta. 
Journal.     Part  I  und   Part  III.     Hb   7  25. 
Proceedings.     Bb   725c. 
Bibliotheca  Indiea.     Bb    1200. 

13.  The  Ceylon  Branch  of  the  Royal  Asiatic   Society  in  Colombo. 

Journal.     Bb   7G0. 

14.  Das  R.   Istituto  di  Studi  superiori  in  Florenz,  Piazza  San  Marco   2. 

Accademia  Orientale. 

Collezione    scolastica.      [Diese    beiden    Publikationen    sollen    noch 
geliefert  werden.] 
*15.     Societä-  asiatica  italiana  in  Florenz,  Piazza  S.  Marco    2. 
Giornale.     Bb   670. 

16.  Die  Königl.  Gesellschaft  der  Wissenschaften  in  Göttingen. 

Nachrichten.     Ae  30. 

17.  Der  Historische  Verein  für  Steiermark  in  Graz. 

Mittheilungen.    Nh  200  (mit  der  Beilage:  Stiria  illustrata,  Nh  200  a). 
Beiträge   zur  Kunde  steiermärkischer  Gcschichtsquellen.    Nh   201. 
''IS.     Das  Koninklijk  Instituut  voor  Taal-,  Land-  en   Volkenkunde  van  Neder- 
landsch  Indie  im  Haag. 

Bijdragen  tot   de  Taal-,  Land-  en  Volkenkunde  van  N.  I.     Bb  608. 

19.  Teyler's  Theologisch   Tijdschrift  in  Haar  lern.    —    Ia   135. 

20.  Die  Gesellschaft  für  jüdische  Volkskunde  in  Hamburg. 

Mitteilungen.     Oc   1000. 
*21.     Die  Ecole  Francaise  d'Extreme- Orient  in  Hanoi. 
Bulletin.     Bb   628.     4°. 

22.  Die  Finnisch-ugrische  Gesellschaft  in  Helsingfors. 

Journal   de  la  Societe  Finuo-Ougrienne.     Fa  60.     4U. 
Memoires  de  la  Societe  Finno-Ougrienne.     Fa   61.     4°. 

23.  Die  Revue  Biblique  Internationale  in  Jerusalem.    —    la   125. 
*24.      [Das  Curatorium  der  Universität  in   Leiden. 

Einzelne  Werke.] 

25.  Die  Zeitschrift   T'oung-pao  in  Leiden.    —    Bb   905.      4°. 

26.  Der  Deutsche  Verein  zur  Erforschung  Palästinas  in  Leipzig. 

Zeitschrift   des  Deutschen  Palaestina-Vereins.    —    Ia   140. 
Mittheilungen  und   Nachrichten   des   D.  P.-V.     Ia   140 a. 
r2  7.     Das  Semitistische  Institut  der  Universität  Leipzig. 
Leipziger  semitistische  Studien.     Bb   1111. 

28.  Das  Anthropological  Institute  of  Great  Britain  and  Ireland  in  London,  W, 

3  Hanover  Square. 

Journal.     Oc   175.     4°. 

29.  The    Society    of    Biblical    Archaeology    in    London,    WC,    Bloomsbury, 

37   Great  Russell  Street. 
Proceedings.     Ic  2290. 
*30.     The  Royal  Asiatic  Society  of  Gieat  Britain  and  Ireland  in  London,  W, 
22   Albemarle   Street. 
Journal.      Bb    750. 
*31.     The  Royal  Geographical  Society  in  London,   W,    1    Savile   Row. 
The  Geographical  Journal.     Oa   151. 

32.  Das  Athenee  oriental  in  Löwen. 

Le  Museon.     Af   116. 

33.  Die  Zeitschrift  für  armenische  Philologie  in  Marburg  (Hessen).     Redaktion 

z.  Z.  in   Charlottenburg.     —     Ed    135. 

b 


Will  riftenaustausch  der  D.  M.  Gesellschaft. 

.;i.      Die    Königl.   Bayer.   Akademie  der  Wissenschaften  in  München. 

Sitzungsberichte    der    philosophisch-philologischen    und    der   histo- 

rischen  Classe.     Ae  185. 
Abhandlungon   dn-  pbilos.-philolog.   (.'lasse.     Ae   10.     4°. 

The  American   Oriental  Society  in  New   Haven. 
Journal.      Bb   720. 

D       Ecole  speciale    des  Langucs  Orientales  Vivantes  in  Paris,    2,    rue 
de  Lille. 

Publications  de  l'Bcole  des  L.  O.  V.     Bb   1250.  •  8°.     4U.     2°. 
Bibliotheque  de  l'Ecole  des  L.  O.  V.    Bb  1119 

50 

37.  Das  Musee  Guimet  in  Paris. 

Annales.     Bb   1180.     4°. 

Annales    (Bibliotheque    d'Etudes).     Bb   1180».     4°. 

Revue  de  l'Histoire  des  Religions.     Ha  200. 

38.  Die   Revue  Archeologique  in  Paris,  2,  rue  de  Lille.    —    Na   325. 

39.  Die  Revue  de  l'Orient  Chretien  in  Paris.     Redaktion  z.  Z.  in  Fresnes- 

les-Rungis  (Seine).    —    Ia  126. 
Die  Societe  Academique  Indo-chinoise  in  Paris.] 
41.     Die  Societe  Asiatique  in  Paris,  rue  de  Seine,  Palais  de  l'Institut. 
Journal   Asiatique.      Bb   790. 

^42.     Die  Kaiserl.  Akademie  der  Wissenschaften  in  St.  Petersburg. 
Bulletin.     Ae  65.     4°. 
Memoires.     Ae  70.     4°.      [Bisher  nicht  vollständig.] 

30 
Bibliotheca  Buddhica.     Eb  2020. 
BvgccvTiva  Xnony.t:.      Eg  330.      4°. 
Publications  du  Musee  d'Anthropologie  et  d'Ethnographie  de  l'Aca- 

demie  Irnp.  d.  sciences  de  St.-Petersbourg.     Oc  263.      4°. 
Einzelne  jeweilig  erseheinende  Werke. 
Die  Kaiserl.  Russ.  Geographische  Gesellschaft  in  St.   Petersburg. 
H3BicTiH.     Oa  42. 
OTHert.     Oa.   43. 

oaimcKii  ...  Ho  oixkieHho  3THorpa<piH.     Oa  48. 
;;.      Die  Societe  d'Archeologie  et  de  Numismatique  in  St.  Petersburg.] 
45.     The    American    Philosophical    Society    in    Philadelphia,    104    South, 
jtli  Street. 

Proceedings.     Af  124. 
*46.     Studi  italiani  di  filologia  indo-iranica  in  Pisa.    —    Eb   827. 
"4  7.     Die  R.  Accademia  dei  Lincei  in  Rom. 
Rendiconti.     Ae  45. 

Atti   (Rendiconti  delle  sedute  solenni).     Ae  45  a.     4°. 
Memorie    della    Classe    di    scienze    morali,    storiche    e    filologiche. 
Der  Austausch  mit  dieser  Publikation  soll  demnächst  beginnen.] 
48.     Die  Zeitschrift  Bessarione  in  Rom,  Piazza  S.  Pantaleo  No.  3.  —  Bb  606. 
[49.     Die  Direction  du  Service  local  de  la  Cochinchine  in  Saigon.] 
The   China  Branch  of  the  Royal  Asiatic  Society  in  Shanghai. 

Journal.      Bb   765. 
The   Tokyo  Library  of  the  Imperial   üniversity  of  Japan  in   Tokyo. 

The    Journal    of    the    College    of   Science,    Imperial    Üniversity    of 
o,   Japan.     P   150.     4°.] 
he  Asiatic   .Society  of  Japan  in  Tokyo. 
Transactions.     Fg  100. 


\ 

Schriftenaustaibsch  der  D.  M.   Gesellschaft.  XIX 

*53.      Die  Königl.  Universitätsbibliothek  in   Upsala. 
Sphinx.     Ca   9. 

Einzelne  jeweilig  erscheinende   Universitätsschriften. 
".'.}.      Das  Bureau   of  Ethnology  in   Washington. 

Bulletin   (bisher   in  der  Bibliothek   auf  verschiedene  sachliche  Ab- 
teilungen verteilt). 
Annual  Report.     Oc  2380.     4°. 
55.     The  Smithsonian  Institution  in   Washington. 

Annual  Report  of  the  Board  of  Regents.     Af  54. 
*56.      Die   Kaiserl.  Königl.  Akademie  der  Wissenschaften  in   Wien. 
Sitzungsberichte.     Philosoph.-histor.  Classe.     Ae   190. 
Archiv  für  Kunde   österreichischer  Geschichtsquellen.     Nh    170. 
Fontes  rerum  Austriacarum.     Nh    171. 
.07.     Die  Numismatische  Gesellschaft  in  Wien,  I,   Universitätsplatz   2. 

Monatsblatt.     Mb   135.      4°. 
■r>S.     Die  Mechitaristen-Congregation    in  Wien,  VII,   Mechitaristengasse   4. 
Handes  atnsoreay.     Ed   1365.     4°. 

Ex  officio  erhalten  je  1  Expl.  der  Zeitschrift : 

Se.   Hoheit  Prinz  Moritz  von  Sachsen-Altenburg  in   Altenburg. 

Das  Königl.  Ministerium   des  Unterrichts  in  Berlin. 

Die  Privat-Bibliothek  Sr.  Majestät  des  Königs  von  Sachsen  in  Dresden. 

Se.  Excellenz   der  Herr  Staatsminister  von  Seydewitz  in  Dresden. 

Die  eigene  Bibliothek  der  Gesellschaft  in  Halle  a/S.   (2   Exemplare). 

Die  Königl.   Universitäts-Bibliothek  in   Halle  a/S. 

Die  India  Office  Library  in  London,  SW,   Whitehall,   Downing  Str. 

Die  Kaiser  Wilhelms-Bibliothek  in   Posen  (auch  die   „  Abhandlungen"). 

Die  Königl.  öffentliche  Bibliothek  in   Stuttgart. 

Die  Königl.  Uuiversitäts-Bibliothek  in  Tübingen. 


XX 


Personalnachrichten. 

Der  D.  M.  G.  sind   als  ordentliche  Mitglieder  für   1904  beigetreten: 

1354  Herr  cand.  phil.  J.  Haferbier,  Osnabrück,  Klusstr.  4, 

1355  „     Dr.  Ludwig  Venetianer,  Rabbiner  in  Ujpest  (Neu-Pest), 

1356  „     Dr.  Israel  Friedlaender ,  Professor  am  Jewish  Theological  Serninary 

of  America,  371  West  116  th  Street,  New  York  City,  und 

1357  .,     Dr.  phil.  Hugo  Grimm,  Rottenburg  a.  N.   (Württ),  Priesterseminar. 

Durch  den  Tod  verlor  die   Gesellschaft  die  ordentlichen  Mitglieder: 
Herrn  SemiDardirector  Dr.  Carl  Lang  in  Mettmann,  f  3.  Januar   1904,  und 
„      Privatdocenten  Dr.  Ludwig  Nix  in  Bonn,   f  3.  Februar   1904, 

sowie  das  Ehrenmitglied: 
Herrn   Geheimrat  Dr.   0.  von  Böhtlingk,  Exe,  in  Leipzig,  f   1.  April   1904. 

Aus  der  Gesellschaft  schieden  aus:  Herr  Dr.  Kurt  Berghold  in  Dresden 
(wegen  schwerer  Erkrankung),  Herr  Prof.  Willy  Bang  in  Löwen  und  Herr 
Gymnasialprof.  W.  Witsch  el  in  Berlin. 


vom  (5.  April  ds.  ab:    Leipzig,  Mozartstr.  4. 


XXI 


Verzeichnis  der  vom  1.  Dez.  1903  bis  29.  Febr.  1904  für  die 
Bibliothek  der  D.  M.  G.  eingegangenen  Schriften  n.  s.  w. 

I.    Fortsetzungen  und  Ergänzungen  von  Lücken. 

l.  Zu  Ab  360.  Cdhcoki  KHHnb,  npioßpiTeHHHxi.  BnßjiioTeKOK)  Hiraepa- 
TopcKaro  C.-fleTepöyprcKaro  yHHBepcHTeTa  bi  1903  rojiy.  No.  l. 
C.-neTep6ypi-rb  1903.  (Von  der  Kais.  Universitäts -Bibliothek,  St.  Peters- 
burg.) 

-2.  Zu  Ae  30.  Nachrichten  von  der  Königl.  Gesellschaft  der  Wissen- 
schaften zu  Göttingen.  Philologisch-historische  Klasse.  1903.  Heft  5.  6. 
Geschäftliche  Mitteilungen.      1903.     Heft  2.     Göttingen   1903. 

3.  Zu  Ae  45.  Rendiconti  della  Reale  Accaderaia  dei  Lincei.  Classe  di 
scienze  morali,  storiche  e  filologiche.  Serie  quinta.  Vol.  XII.  Fase.  7° — 8°. 
9°— 10°.     Roma   1903. 

4.  Zu  Ae  165.  4°.  Sitzungsberichte  der  Königlich  Preussischen  Aka- 
demie der  Wissenschaften  zu  Berlin.  XLI — L1II.  22.0ctober — lT.December 
1903.     Berlin   1903. 

5.  Zu  Af  30.  4°.  Centralblatt,  Literarisches,  für  Deutschland.  Begründet 
von  Friedlich  Zarncke.  Herausgegeben  von  Eduard  Zamcke.  54.  Jahr- 
gang.    Leipzig   1903.     (Von  Dr.  G.  Kampffmeyer.) 

6.  Zu  Af  54.  Report,  Annual,  of  the  Board  of  Regents  of  the  Smithsonian 
Institution,  showing  the  Operations,  Espenditures,  and  Condition  of  the 
Institution  for  the  year  ending  June  30,  1901.  Report  of  the  U.  S.  National 
Museum.  Washington  1903.  —  Dass.,  for  the  year  ending  June  30,  1902. 
Washington   1903. 

7.  Zu  Af  116.  Mus  eon,  Le.  Etudes  philologiques,  historiques  et  religieuses  . . . 
Fonde  en  1881  par  Ch.  de  Harlez.  Nouvelle  Serie.  —  Vol.  IV.  No.  4. 
Louvain   1903. 

8.  Zu  Af  124.  Proceedings  of  the  American  Philosophical  Society  held 
at  Philadelphia  for  promoting  useful  knowledge.  Vol.  XLII.  No.  173. 
Philadelphia  1903. 

9.  ZuAhö.  Analecta  Bollandiana.  Tomus  XXIII.  —  Fasel.  Bruxellis  1904. 
Dabei:  Index  in  tomos  I— XX,  fol.  6—9   (p.  49—80). 

10.  Zu  Ah  5b.    Chevalier,  Ulysse,  Repertorium  hymnologicum.    Supplementum, 
folium  38  (p.  594  —  608). 

11.  Zu  Ah  12.  IX.  [u.]  X.  Jahresbericht  der  israelitisch-theologischen  Lehr- 
anstalt in  Wien  für  das  Schuljahr  1901,1902  [u.]  1902/1903.  Voran  geht 
[IX :]  Büchler,  Adolf,  Das  Synedrion  in  Jerusalem  und  das  grosse  beth-din 
in  der  Quaderkammer  des  jerusalomischen  Tempels.  Wien  1902.  —  [X  :  1  'i 
Gesetze  Hainmurabis  und  die  mosaische  Gesetzgebung  von  D.  11. 
Müller.     Wien   1903. 


\  \  1 1      1 V/-:.  der  für  die  Bibliothek  der  D. M.  G.  eingeg.  Schriften  u.  s.w. 

12.  Zu  Ali    12.       Schwarz,    Adolf,    Die    Controversen    der    Schammaiten    und 
Billeliten.     I.  Ein  Beitrag  zur  Entwicklungsgeschichte  der  Halachah.    Aus- 
gehen   am  15.  October  1893,    dem  Eröffnungstage    der  isr. -theol.  Lehr- 

anstall  in  Wien.  Wien  1893.  —  II.— V.  [und]  VII.  Jahresbericht 
der  israelitisch  -  theologischen  Lehranstalt  in  Wien  für  das  Schuljahr 
180-1  9f>.  is;»j  :u;.  is'.m;  97.  IS97.;98.  1899/1900.  .  ..  Wien  1895—1900. 
Darin  (II:)  Büchler,  Adolf,  Die  Priester  und  der  Cultus  im  letzten  Jahr- 
zehnt des  jerusalemischen  Tempels.  —  (III:)  Friedmann,  M.,  Onkelos 
und  Akylas.  —  (IV:)  Schwarz ,  Adolf,  Die  hermeneutische  Analogie  in 
der  talmudisehen  Litteratur.  —  (V:)  Müller,  D.  H. ,  Strophenbau  und 
Responsion.  Neue  Beiträge.  —  (VII:)  Seder  Eliahu  rabba  und  Seder 
Kliahu  zu  tu  (Tanna  d'be  Eliahu).  Nach  einem  vaticanisehen  Manuscripte 
ediert,  kritisch  bearbeitet  und  commentiert  von  M.  Friedmann.  (Durch 
die  Güte  der  israelitisch -theologischen  Lehranstalt  in  Wien,  zur  Vervoll- 
ständigung unserer  Reihe.) 

13.  Zu  Ah  20.  Jahres -Bericht  des  jüdisch- theologischen  Seminars 
Fraenckel'scher  Stiftung.  Voran  geht:  J.  Lewy,  Ein  Vortrag  über  das 
Ritual  des  Pesach-Abends.     Breslau   1904.     (Vom  jüdisch-theolog.  Seminar.) 

14.  Zu  Bb  10.  Bibliographie,  Orientalische,  .  .  .  bearbeitet  und  heraus- 
gegeben von  Lucian  Scherman.  XVI.  Jahrgang.  Drittes  Heft.  Berlin 
1903. 

15.  Zu  Bb  606.  Bessarione.  Pubblicazione  periodica  di  studi  orientali. 
Serie  II.     Vol.  V.     Fase.   75.     Anno  VIII.      1903—1904.     Roma. 

16.  Zu  Bb  608.  Bijdragen  tot  de  Taal-,  Land-  en  Volkenkunde  van  Neder- 
landsch-Indie  .  .  .  Zevende  Volgreeks.  —  Eerste  Deel.  (Deel  LV  der 
geheele  Reeks.)     Vierde  Aflevering.     's-Gravenhage   1903. 

17.  Zu  Bb  628.  4°.  B  ull  e  tin  de  l'Ecole  Francaise  d'Extreme-Orient.  Tome  III? 
no.   3.  4.     Hanoi   1903. 

18.  Zu  Bb  670.  Giornale  della  Soeietä  Asiatica  Italiana.  Volume  16, 
Parte  Seconda.     1903.     Firenze   1903. 

19.  Zu  Bb  750.  Journal,  The,  of  the  Royal  Asiatic  Society  of  Great  Britain 
and  Ireland.     January   1904.     London. 

20.  Zu  Bb  765.  Journal  of  the  China  Branch  of  the  Royal  Asiatic  Society 
for  the  year  1900—1901.  Vol.  XXXIII.  (Auf  d.  Umschlag:  New  Series. 
Vol.  XXXIII.      1899—1900.)     Shanghai,  o.  J. 

21.  Zu  Bb  790.  Journal  Asiatique  .  .  .  Dixieme  Serie.  Tome  II.  No.  2.  3. 
1903.     Paris. 

22.  Zu  Bb  800.  4°.  Litter  atur-Z  ei  tung,  Orientalistische.  Herausgegeben 
von  F.  E.  Peiser.  Sechster  Jahrgang.  1903.  Berlin.  (Von  Dr.  G.  Kampff- 
meyer.) 

23.  Zu  Bb  818.  al-Machriq.  Revue  catholique  Orientale  bimensuelle. 
Seienees-Lottres-Arts.  Bairüt.  —  VI.  1903.  No.  22.  23.  24.  —  VII.  1904. 
1.  2.  3.  4. 

24.  Zu  Bb  901.  Tijdschrift  voor  Indische  Taal-,  Land-  en  Volkenkunde, 
uitgegeven  door  het  Bataviaasch  Genootschap  van  Künsten  en  Weten- 
schappen  .   .   .  Deel  XLVI.     Aflevering  6.     Batavia  |  's  Hage   1903. 

25.  Zu  Bb  901  d.  Notulen  van  de  Algemeene  en  Directievergaderingen  van 
het  Bataviaasch  Genootschap  van  Künsten  en  Wetenschappen.  Deel  XLI. 
1903.     Aflevering  2   en   3.     Batavia  |  's-Gravenhage   1903. 

26.  Zu  Bb  901".  4°.  Verhandelingen  van  het  Bataviaasch  Genootschap 
van  Künsten  en  Wetenschappen.  Deel  LV.  3e  Stuk.  Batavia  |  's  Hage 
1903. 


Verz.  der  für  die  Bibliothek  der  D.  JL  G.  ein  geg.  Schriften  u,  s.  v:.     XXIII 

27.  Zu  Bb  930.  Zeitschrift  der  Deutschen  Morgenländischen  Gesellschaft. 
Siebenundfünfzigster  Band.     IV.  Heft.     Leipzig  1903. 

28.  Zu  Bb  1200,  s,  33.  Anantabhatta ,  The  Vidhäna-Pärijäta.  Edited  by 
Pandita  Täräprasanna  Vidyäratna.  Vol.  I.  Fasciculus  III.  Calcutta 
1903   [=  Bibliotheca  Indica.     New  Series,  No.   1057]. 

29.  Zu  Bb  1200,  s,  172.  Gadädhara  Räjaguru,  Gadädhara  Paddhatau 
Kälasära  edited  by  Sadäciva  Micro,  of  Purl.  Vol.  I,  Fasciculus  VI. 
Calcutta   1903   [=  Bibliotheca  Indica.     New  Series,  No.  1049]. 

30.  Zu  Bb  1200,  s,  229.  Govindänaiuia  KnriLaithnnncärya,  Cräddha  Kryä 
Kaumudl.  Edited  by  Pandita  Kamaldkrsna  Smrtibhüsana.  Fasciculus  III. 
Calcutta   1903   [=  Bibliotheca  Indica.     New  Series,  No.   1050]. 

31.  Zu  Bb  1200,  s,  394.  [Kumärüa,]  Clokavärtika  translated  from  the 
Original  Sanskrit  with  Extracts  from  the  Commentaries  of  SucarTta  Micra 
(the  Käcikä)  and  Pärthasärathi  Micra  (the  Nyäyaratnäkara)  by  Gü/ßgänätha 
Jhä.  Fasciculus  IV.  Calcutta  1903  [=  Bibliotheca  Indica.  New  Series, 
No.    1055]. 

32.  Zu  Bb  1200,  s,  505.  Nügembhatta,  MahäbhäsynpradTpoddyota  by  Nagern 
Bhafta.  Edited  by  Panclit  Bahuvallabha  <  'üstri.  Vol.  II,  Fasciculus  IX. 
Calcutta   1903   [=  Bibliotheca  Indica.      New  Series,  No.   1052]. 

33.  Zu  Bb  1200,  s,  535.  Narasimha  Väjapeji,  Nityäcära-PradTpah. 
Edited  by  Pandita  Vinoda  Vihäri  Bhattäcäryya.  Fasciculus  II.  Calcutta 
1903   [=  Bibliotheca  Indica.     New  Series.     No.   105  6]. 

34.  Zu  Bb  1200,  s,  700.  Sa  tapa  th  abr  ahm  anain.  The  Catapatha  Brähmana 
of  the  White  Yajurveda,  with  the  Commentary  of  Säyana  Acärya. 
Edited  by  Panclit  Satyavrata  Sämacraml.  Vol.  II,  Fasciculus  1.  Calcutta 
1903   [=  Bibliotheca  Indica.     New  Series,  No.  1051]. 

35.  Zu  Bb  1200,  s,  720.  Siddharsi,  Upumitibhavaprapancä  kathä.  The 
Upainitibhavaprapaficä  Kathä  of  Siddharshi.  Originally  edited  by  the  late 
Peter  Peterson  and  continued  by  Hermann  Jacobi.  Fasciculus  VI.  Calcutta 
1903   [==  Bibliotheca  Indica.     New  Series,  No.  1053]. 

36.  Zu  Bb  1225.    4°.    HsjiaHifl  $aK,yjii>TeTa  bocto<ihi>ixi.  JI3hkobt>  Mmnepa- 

TopcKaro  C.-DeTepoyprcKaro  VHHßepcHTeTa.  No.  5,  V.  9.  11.  C.-HeTep- 
ßyprt  1902.  1903.  —  No.  5,  V  =  TeKcra  h  pa3ucKauüi  no  apM^no- 
rpy3HHCK0i"i  (pHJiojiorin.  V.  Mapph,  H. ,  KpuTHKa  h  Mejtrifl  CTaTLH.  — 
9  =  Ea±mioAü~h ,  B.,  McTopiiK.o-reorpa(pJiqecKiii  oo^opi  Hpana.  — 
11  =  Mappo,  H.,  TpaMMaTHKa  jipeBHeapMflHCKaro  fl:sbiKa.  BTiiMOJiorifl. 
(Von  der  Kais.  Universitäts-Bibliothek,  St.  Petersburg.) 

37.  Zu  Bb  1242.  Mitteilungen  der  Vorderasiatischen  Gesellschaft.  1903. 
6.     Jahrgang  8.     Berlin.      (Von  der  Vorderasiatischen  Gesellschaft.) 

38.  Zu  Bb  1285.    8°.    Tpyjm  no  BocTOKOBiÄ-EHiio,  isflaßaeMEie  Jlasapeß- 

CKHM'b  IlHCTHTyTOMI.  BoCTOIHHXt  fl3UKOB'J>.    BbinyCK'I,  XIII  =  KpUMCKlÜ,  A.. 

Hctohhhkh  Ä-i«  HCTopin  MoxaMMefla  h  aHTepaTypa  o  nein.,  i.  MocKBa 
1902.      (Von  der  Kais.  Universitäts-Bibliothek  in   St.  Petersburg.) 

39.  Zu  Ca  9.  Sphinx.  Revue  critique  embrassant  le  domaine  entier  de 
l'egyptologie  publiee  .  .  .    par  Karl  Piehl.     Vol.   VII.     Fase.   IV.     Upsala. 

40.  Zu  De  3903.     4°.     Al-BattänT    sive    Albatenii   Opus  astronomicum  .   .   . 
editum    .  .   .    a    Carolo    Alphonso  Nallino.      Pars    prima.      Versio    capitum 
cum    animadversionibus.     Mediolani  Insubrum    1903.    =   Pubblicazioni    de) 
Reale  Osservatorio  di   Brera  in  Milano.     N.  XL.     Parte  I.     (Von   dei 
nannten  Osservatorio.) 

41.  Zu  Eh  10.  2°.  Assam  Library.  Catalogue  of  Hooks  and  Pamphlets 
for  the  quarter  ending  the  30tJl  September   1903. 


XXIV      1  rerz.  der  für  die  Bibliothek  der  D.  M.  G.  eingeg.  Schriften  u. s.  w. 

42.  Zu  Eb  390.  Hrishikesa  Sästri  and  Siva  Chandra  Gui,  A  De- 
scriptive  Catalogue  of  Sanskrit  Manuscripts  in  the  Library  of  the  Calcutta 
Sanskrit  College.      Xo.    17  — 18.      Calcutta   1903. 

43  Zu  Kl>  4068.  -"'•  Hultzsch,  E.,  Annual  Report  on  Epigraphy  for  1902 — 
1903.  Government  of  Madras.  G.  <>.,  &c,  Nos.  655,  656,  24th  July 
1903.  —   Dasselbe,  for   1898—99.     (Von  Herrn  Prof.  Hultzsch.) 

44.  Zu  Ed   1365.     4".     Handes  amsoreay.      1903,  12.     1904,   1.2.     Wienna. 

45.  Zu  Fa  76.  Szemle,  Keleti  .  .  .  Revue  Orientale  pour  les  etudes  ouralo- 
altai'ques  .  .  .  IV.  evfolyam.     1903.     3.  szam.     Budapest. 

46.  Zu  Fi  8t».  CöopHHKi.  MaTcpia^OBT,  ÄJia  onacaHifl  iiicTHOCTefi  h  njieMeHi. 
KaBKasa.     Huiiycm,  XXXII.    Th»|)jihct>  1903. 

47.  Zu   la   123.      4".      Review,    Tlic    Princeton    Theological.      Vol.  I. 

I.     October   1903.     Philadelphia. 

48.  Zu  la  125.  Revue  Bibliquo  Internationale  pubiiie  par  l'Ecole 
pratique  d'etudes  bibliques  .  .  .  Nouvelle  Serie.  Premiere  Annee.  No.  1. 
Janvier  1904.  Paris,  Rome.  —  Tables  generales  comprenant  les  Volumes 
I— VIII  (1892—1899).     Paris   1900. 

49.  Zu  la  126.  Revue  de  l'Orient  Chretien.  Recueil  trimestriel.  1903. 
No.   4.      Paris   1903. 

50.  Zu  la  128.  Rivista  Cristiana,  La.  Comitato  Direttivo:  Emilio  Comba 
—  Enrico  Bosio  —  Giovanni  Luzzi.    Nuova  Serie.    Anno  Quinto.    Dicembre 

1903.  —  Anno  Sesto.     Gennaio,  Febbraio   1904.     Firenze   1903.   1904. 

51.  Zu  la  135.  8°.  Tijdschrift,  Teyler's  Theologisch,  .  .  .  Jaar- 
gang  2.     Aflevering   1.     Haarlem   1904. 

52.  Zu  la  140.  Zeitschrift  des  Deutschen  Palaestina- Vereins.  Band  XXVII. 
Heft   1.     Leipzig   1904. 

53.  Zu  Ic  2290.  Proce  edings  of  the  Society  ofBiblical  Archajology.  Vol.  XXV. 
Part  8.     Vol.  XXVI.    Part   1.   2.     London   1903.    1904. 

54.  Zu  Mb  135.  4°.  Monatsblatt  der  numismatischen  Gesellschaft  in  Wien. 
Xr.  245—247.  VI.  Bd.  (Nr.  12.  13.  14).  Dezember  1903.  Jänner, 
Februar   1904. 

55.  Zu  Na  325.  Revue  archeologique.  Quatrieme  Serie.  —  Tome  II.  No- 
vembre-Decembre  1903.     Paris  1903. 

56.  Zu  Nf  381.  2°.  Report,  Annual,  of  the  Archwological  Survey,  Bengal 
Circle,  For  the  year  ending  with  April  1903.  Calcutta  1903.  (Vom  Bengal 
Secretariat  Book  Depot.) 

57.  Zu  Oa   151.     Journal,    The    Geographica!.      December,    1903.     January, 

1904.  Vol.  XXII.    No.   6.     Vol.  XXIII.    No.   1.  2.     London. 

58.  Zu  Oa  256.     4°.     Zeitschrift  der  Gesellschaft    für  Erdkunde  zu  Berlin. 

1003.       No.  9.   10.     1904.     No.   1.  Berlin. 

59.  Zu  Ob  2780.  4°.  Dagh  -Register  gehouden  int  Casteel  Batavia  .  .  . 
Anno  1676.  Uitgegeven  .  .  .  onder  toezicht  van  J.  A.  van  der  Chijs. 
Batavia  |  s'Hage  1903. 

.  Zu  Ob  2845.  4°.  Encyclopsedie  van  Nederlandsch-Indie  .  .  .  samen- 
gesteld  door  P.  A.  van  der  Lith  en  Joh.  F.  Snelleman.  Afl.  35.  's-Graven- 
hage — Leiden. 

61.  Zu  Oc  176.  8°.  Journal,  The,  of  the  Anthropological  Society  of  Bombay. 
Vol.   VI.     No.   6.   7.     Bombay   1903. 

62.  Zu  I'  150.  4".  Journal,  The,  of  the  College  of  Science,  Imperial  Univer- 
sity  of  Tokyo,  Japan.  Vol.  XVII,  Article  12;  Vol.  XVIII,  Article  4; 
Vol.   XIX,  Article   8.    10.     Tokyo,  Japan   1903. 


Verz.  der  für  die  Bibliothek  der  D.  M.  G.  eingeg.  Schriften  u.  s.  w.     XX  V 

II.    Andere  Werke. 

11692.  Synodicon  Orientale  ou  Recueil  de  Synodes  nestoriens  public. 
traduit  et  annote  par  J.-B.  Chabot  .  .  .  Tire  des  Notices  et  Extraits 
des  Manuscrits  de  la  Bibliotheque  Nationale  et  autres  bibliotheques. 
Tome  XXXVII.     Paris  1902.  De  2648.     4°. 

30 

11693.  Schwab,  Moi'se,  Le  manuscrit  hebreu  No.  1388  de  la  Bibliotheque 
Nationale  (Une  Haggadah  paschale)  et  l'iconographie  juive  au  temps  de 
la    renaissance.      (Tire    des  Notices    et  Extr.   .   .   .   T.  XXXVIII.)     Paris 

1902.  Qa  110.     4°. 

11694.  Brockelmann,  C. ,  Verzeichnis  der  arabischen,  persischen,  türkischen 
und  hebräischen  Handschriften  der  Stadtbibliothek  zu  Breslau.     Breslau 

1903.  (Vom  Verf.)  Ab   02.     4°. 

11695.  Mülinen,  E.  von,  Die  lateinische  Kirche  im  Türkischen  Reiche.  2.  ver- 
mehrte Auflage.     Berlin   1903.  K  7.'!. 

11696.  Boll,  Franz,  Sphaera.  Neue  griechische  Texte  und  Untersuchungen 
zur  Geschichte  der  Sternbilder.  Mit  einem  Beitrag  von  Karl  Dyroff .  .  . 
Leipzig   1903.  P  44. 

11697.  Traktat  über  die  Neulichtbeobachtung  und  den  Jahresbeginn  bei  den 
Karäern  von  Samuel  b.  Moses.  Nach  einer  arabischen  Handschrift 
mit  dem  Fragmente  einer  hebräischen  Übersetzung  kritisch  heraus- 
gegeben und  ins  Deutsche  übertragen  von  Felix  Kaiiffmann.  Frank- 
furt a.  M.   1903.     Auch  mit  arab.  Titel.  De   10281. 

11698.  Tria  opuscula  auetore  Abu  Othman  Arnr  ibn  Bahr  al-Djahiz  Basrensi 
quae  edidit  G.  van  Vloten  (Opus  posthumum).  Lugduui  Batavorum 
1903.     (Von  der  Universität  Leiden.)  De  4882. 

11699.  Al-Bachir.  Jubile  de  lTmprimerie  Catholique  de  Beyrouth  (Syrie) 
1853 — 1903.     Beyrouth    15   Decembre   1903.     34  we  Annee   No.   1624. 

De  3891.      2°  max. 

11700.  Eeport,  Annual ,  on  the  search  for  Hindi  Mannscripts  For  the  year 
1900.  By  Syamsundar  Das  .  .  .  Allahabad  1903.  (Von  dem  Super- 
intendent, Government  Press,  United  Provinces,  Allahabad.) 

Eb  5270.     2°. 

11701.  [Neues  Testament,  in  Mandschu  übersetzt  unter  Aufsicht  von 
S.  Lipowzow.     St.  Petersburg   1835.]     8   voll.  Ib   2775 a.     4". 

11702.  [Altes  Testament,  mongolisch,  nachgeseheu  von  J.  Schmidt,  St. 
Petersburg,  Nov.   1840.]  Ib   2783.     4". 

11703.  The  New  Testament  .  .  .  translated  .  .  .  into  the  Mongolian  Lan- 
guage,  by  Edward  Stallubrass  and  William  Swan.     London  1846. 

Ib   2798».     4°. 

11704.  Abdias  Hayaren.  Id  est:  Obadias  Armenus  .  .  .  primum  in  Germania 
speeimen  characterum  armenicorum  .  .  .  procuratorum  ä  M.  Andrea 
Acolutho.     Lipsiae   1129/1680.  Ib   2030. 

11705.  Ruete,  Said,  Ein  Fremdenbuch  aus  Theben.  Berlin  1900.  (Von 
Herrn  Professor  Dr.  G.  Jacob.)  Ca  530. 

11706.  Sultan  Soliman  des  Grossen  Divan  in  einer  Auswahl  mit  sachlichen 
und  grammatischen  Einleitungen  und  Erläuterungen  sowie  einem  voll- 
ständigen Glossar  herausgegeben  von  Georg  Jacob.  Berlin  1903. 
(Vom  Herausgeber,  Prof.  Dr.  Jacob.)  l'a  3018. 

10 

11707.  Jacob,  Georg,  Zur  Vorgeschichte  der  Null.  Aus  den  „Beiträgen  zur 
Kenntnis  des  Orients"  Bd.  I  (Jahrbuch  der  Münchner  Orientalischen 
Gesellschaft  1902/03).     (Vom  Verf.)  Na   132. 


XXVI      1  rerz.  der  für  die  Bibliothek  der  D.  M.  G.  eingeg.  Schriften  u.  s.  w. 

11T0S.    Huhn,    Ferd.,    Kurukb    (Oräo)-English    Dictionary.     Parti.     Calcutta 

1903.  (Vom  Bengal  Secretariat  Book  Depot.)  Fe  282. 
11709.     KhJih,   Ernst,   Der  Einfluss  des  arischen  Indiens  auf  die  Nachbarländer 

im  Süden  und  Osten.     (Rectorats-Rede.)     München  1903.     (Vom  Verf.) 

Na   170.      4°. 

1  171i».    Joma.    Der  Mischnatraktat  „Versöhnungstag"  herausgegeben  und  erklärt 

von    Hermann    L.    Strack.      Zweite,    neubearbeitete    Auflage.     Leipzig 

1904.  (Vom  Herausgeber.)  Dh  26U0'2. 

11711.  Kwppuswami  Sastri,  T.  S. ,  A  short  History  of  the  Tanjore  Nayak 
Princes.  Tanjore  1903.  Auch  mit  Tamil-Titel.  (Von  Herrn  Professor 
Dr.  Hultzsch.)  Fe  500. 

11712.  The  Tantravartika  of  Kumarila  Bhatta  translated  into  English  by 
Gangänätha  Jim.  Fasciculus  I.  Calcutta  1903.  [Bibl.  Ind.  New 
Ser.,  No.  1054.]  =  Bb   1200,  s,  395. 

11713.  Winter,  Martin,  Über  Avicennas  Opus  egregium  de  anima  (Liber 
sextus  naturalium).     Grundlegender  Teil.     München  1903.      (Vom  Verf.) 

De  7138. 

11714.  Thommen,  Eduard,  Die  Wortstellung  im  nachvedischen  Altindischen 
und  im  Mittelindischen.  (Göttinger  Diss.)  Gütersloh  1903.  (Vom 
Verfasser.)  Eb  _0. 

80 

11715.  Ihn  Ginnl's  Kitab  al-mu:itasab.  Arabischer  Text  mit  einer  Einleitung 
über  das  Leben  und  die  Werke  seines  Verfassers.  (Diss.  von)  Edgar 
/'rohster.    Leipzig  1903.     (Von  Herrn  Prof.  Dr.  A.  Fischer.)      De  6296. 

11716.  Seybold,  C.  F.,  Monchique  et  Arrifana  dAlgarve  chez  les  auteurs 
arabes.  —  Lopes,  David,  Aljezur  e  Arrifana.  (Beide  =  Separata  d' 
„O  Archeologo  Portugues",  VIII,  Kos  5  e  6  de  1903.)  o.  O.  (Von 
Herrn   Prof.   Seybold.)  Ob   3355. 

11717.  Pich,  Hermann,  Assyrisches  und  Talmudisches.  Kulturgeschichtliche 
und  lexikalische  Notizen.     Berlin   1903.      (Vom  Verf.)  Dh  2015. 

11718.  Lammens ,  H. ,  Le  Liban.  Notes  archeologiques ,  historiques,  ethno- 
graphiques  et  geographiques.  Extrait  de  la  revue  „Al-Machriq".  Premiere 
partie.  Le  Liban  septentrional.  Beyrouth  1902.  Arabisch.  (Vom 
Verf.)  De  7935. 

11719.  Ihn  al-Qlädl  Ahmad  b.  Muhammad  b.  Muhammad  b.  Muhammad  b. 
Abi  VAhja  (=  Ahmad  b.  All  b.  Abd  ar-Bahmän  b.  Abi  'l-'Äfija  al- 
MiknäsT  Abu  'l-'Abbäs),  Gadwat  al-iqtibäs  fT  man  halla  min  al-a'läm 
madlnat  Fäs.     Fes  1309.  De  6832. 

11720.  Hillehrandt,  Alfred  (Besprechung  von :  Caland,W.,  Ueber  das  rituelle 
Sütra  des  Baudhäyana.  Leipzig  1903.)  (A.  aus  d.  Gott,  gelehrt.  Anz. 
1903  Nr.  12.)  Eb   1874. 

11721.  Studien,  Leipziger  Semitistische,  I.  1.2.  Herausgegeben  von  A.  Fischer 
und  H.  Zimmern.  Leipzig  1903.  I,  1  =  Becherwahrsagung 
bei  den  Babyloniern  nach  zwei  Keilschrifttexten  aus  der  Hammurabi- 
Zeit.  Von  Johannes  Hunger;  I,  2  =  Altbabylonische  Rechtsurkunden 
aus  der  Zeit  der  Hammurabi-Dynastie.     Von  Samuel  Daiches. 

11722.  [Nr.  11721,  I,  1,  bis  S.  58  als  Diss.,  Leipzig  1903.]  (Von  Herrn 
Professor  Dr.  A.  Fischer.)  Db   393. 

117-.'.;.      Xr.  11721,1,  2,  bis  S.  62  als  Diss.,  Leipzig  1903.]    (Von  dems.)      Dh  580. 

11724.  Kersjes,  B. ,  en  C.  den  Hamer,  De  Tjandi  Mendoet  voor  de  restau- 
ratio  .  .  .  Batavia,  's  Gravenhage  1903.  (Von  der  Bataviaasch  Genoot- 
schap  van  Künsten  en  Wetensch.)  Ng   1110.     2°. 


Verz.  der  für  die  Biblioiheh  der  D.  M.  G.  eingeg.  Schriften  u.  s.  w.   XXVI L 

11725.  Relationes,  Genuinae,  inter  Sedem  Apostolicam  et  Assyriorum  orien- 
talium  seu  Chaldaeorum  ecclesiam  nunc  majori  ex  parte  primum  editae 
historicisque  adnotationibus  illustratae  cura  et  studio  Sarnuelis  Gia.mil. 
Roma   1902.     Auch  syr.  Titel.     (Vom  Verleger.)  Ie  283.      4". 

1172G.  Le  livre  des  appareils  pneumatiques  et  des  machines  hydrauliques  par 
Philon  de  Byzance  edite  d'apres  les  versions  arabes  d'Oxford  et  de 
Constantinople  et  traduit  en  francais  par  Carra  de  Vaux.  (Tire  des 
Not.  et  Extr.  des  Mss.  de  la  Bibl.  Nat.  et  autres  bibl.  T.  XXXVIII.) 
Paris  1902.  De  9549.     4". 

11727.  Euting ,  J. ,  Xotice  sur  un  papyrus  egypto-arameen  de  la  Bibliotheque 
Imperiale  de  Strasbourg.  (Extrait  des  Memoires  pres.  par  div.  sav.  ä 
l'Ac.   des  I.   et  B.—  L.      Ire  Serie,  T.  XI,  Ile  partie.)     Paris  1903. 

De  806.     4". 

11728.  Ladakhi  Songs.  Edited  in  co-operation  with  S.  Ribbach  and 
E.  Shawe,  by  H.  Francice,  Leh  1899.  First  Series  [S.  1—31].  - 
(Dass.,  2te  Serie,  S.  32—52.  Ghoom  1900.)  —  (Dass. ,  3te  Serie, 
S.  54—73,  o.  O.  u.  J.  [1901]).  —  [Texte  zu  Reynard  the  Fox  in 
Ladakb.  Herausgegeben  von  demselben,  o.  O.  u.  J.]  —  Die  Trink- 
lieder von  Khalatse.  [Herausgegeben  von  demselben.]  o.  0.  u.  J.  — 
Ladakher  Spruch  w  ü  rt  er  und  Rätsel.  2  te  Sammlung.  Gesammelt 
von  A.   II.   Francke.     o.   O.   1903.     (Vom  Herausgeber  A.  H.  Francke.) 

Ff  1650. 

11729.  Goldziher,  Ignaz,  Heinrich  Leberecht  Fleischer.  (SA.  aus  d.  Allg. 
Deutsch.  Biographie,     o.   0.  u.  J.     [1904].)     (Vom  Verf.)  Nk   294. 

11730.  Silberstein,  Emil,  Conrad  Pellicanus.  Ein  Beitrag  zur  Geschichte  des 
Studiums  der  hebräischen  Sprache  in  der  ersten  Hälfte  des  XVI.  Jahr- 
hunderts, i.  Erlanger  Diss.)  Berlin  1900.  (Von  Herrn  Prof.  Dr. 
G.  Jacob.)    '  Nk   675. 

11731.  Muimonides'  Commentar  zum  Tractat  Bekhoroth  im  arabischen  Urtext 
mit  verbesserter  hebräischer  Uebersetzung  und  mit  Anmerkungen  ver- 
sehen. (Erlanger  Diss.  von)  Julius  Löwenstein.  «Berlin  1897.  Von 
dems.)  De  66S7 

'"  ' 

11732.  Kanju  Riga,  Das  Bankwesen  Japans.     (Leipziger  Diss.)    Lucka.    S.-A. 

o.  J.     [1903J.     (Von  Herrn  Prof.  Dr.  A.  Fischer.)  K  800. 

11733.  Leipoldt ,  Johannes,  Schenute  der  Begründer  der  national  ägyptischen 
Kirche.     (Diss.)     Leipzig   1903.     (Von  dems.)  Ie   171. 

11734.  Fleischmann,  Otto,  Untersuchungen  von  Gesteinen  aus  dem  nord- 
östlichen China.  (Provinz  Chi-li.)  (Leipziger  Diss.)  Pegau  1903. 
(Von  dems.)  P  73. 

11735.  EamaHOßi,  H.  6.,  Onarb  H^ciijiOBaHifl  ypaHxaiiCKaro  «3Hua  .  .  . 
Ka3äHB   1903.     (Von  der  K.  Universitäts-Bibliothek,  St.  Petersburg.! 

Fa  3254. 

1173G.    PgdaKOßo,  A.,  Marepiajbi  no  ncTopin  KiiTaficKoii  Ky.inypn  bt.  rapHHi.- 

ckoh  npoBHHii,iH   (1644 — 1902   r.   r.).      Tosit   I   .   .  .   B.iaAiiBOCTOKi 

1903   r.     (Von  derselben.)  Ng   230.     4°. 

11737.  [Vorlesungs- Verzeichnis  der  Orientalischen  Fakultät  der  Uni- 
versität St.  Petersburg  im   Schuljahr  1903 — 1904.]    (Von  ders.)    Ni   407. 

11738.  [Personal- Verzeichnis  der  Universität  St.  Petersburg.  Oktober 
1903.]     (Von  ders.)  Ni  4  IS. 

11739.  Kama-no*,  II.,  UlBe^t  $H.iiiimi-IoraHH'fc  CTpa.ieHoeprb  n  Tpyj.u  ero  no 
Poccin  ii  Ciionpii  ua'ia.ia  XVIII  ßina).  ;i,o.in;i;eno  uu  Ooiuomi. 
CoßpaHiü  0.  A.,  II  n  3.  30  anpi.i«  1902  r.  Von  Herrn  Prof.  Dr. 
G.  Jacob)  Nk  867. 


\  \  V 1 1 1    !  <r:.  der  für  die  Bibliothek  der  D.  M.  G.  eingeg.  Schriften  u.s.w. 

11740.  Catalogue  of  Indian  Coins  in  the  British  Museum  .  .  .  London  (1886). 
1892.  -  Bde.  =  1)  Gardner,  Perey,  The  Coins  of  the  Greek  and 
Scythic  Kings  of  Bactria  and  India  .  .  .  edited  by  Reginald  Stuart 
Poole.  2)  Lane-Poole,  Stanley,  Tlio  Coins  of  the  Moghul  Emperors 
of  Bindustan  .  .  .  edited  by  Reginald  Stuart  Poole.  (Durch  die  Güte 
der   Trustees  des  Brit.  Museum.)  Mb   868. 

117-11.  Sarsowsky,  Abraham,  Die  ethisch-religiöse  Bedeutung  der  alttestament- 
lichen  Namen  nach  Talmud,  Targum  und  Midras.  (Königsberger  Diss.) 
Kirchhain  N.-L.  1904.    (Von  Herrn  Prof.  Dr.  C.  Brockelmann.)    Hb  1463. 

11742.  Pancritius,  Marie,  Assyrische  Kriegführung  von  Tiglat-pileser  I.  bis 
uiil"  Samsi-adad   111.       Diss.)     Königsberg  i.  Pr.   1904.     (Von  dems) 

Nc   168. 

1174:5.  Seder  'Olam  (Cap.  1 — 10)  nach  Handschriften  und  Druckwerken 
herausgegeben,  übersetzt  und  erklärt.  (Königsberger  Dissertation  von) 
Alexander  Marx.     Berlin  1903.     (Von  dems.)  Dh  5305. 

11744.  Verhandlungen  des  XIII.  Internationalen  Orientalisten-Kongresses. 
Hamburg  September   1902.     Leiden   1904.  Bb   992.     8°. 

11745.  Goldziher,  I.,  Mohammed  ibn  Toumert  et  la  theologie  de  lTslam  dans 
le  nord  de  l'Afrique  au  Xle  siecle.    Alger   1903.    (Vom  Verf.)     De  8963. 

51 


Sehr  erwünscht  ist  der  Bibliothek  die  vollständige  Zuwendung  der  neu- 
erscheinenden 

orientalistischen  Dissertationen,  Programme  u.  s.  w. 

der  Universitäten  und  anderer  Lehranstalten. 


XXIX 


XIVe  Congres  International  des  Orientalistes.J> 


Le  Congres  des  Orientalistes  de  Hambourg ,  en  1902,  a  designe  Alger 
comme  siege  du  XIVe  Congres,  qui  doit  avoir  Heu  en  1905,  pendant  les  conges 
de  Päques,  et  M.  le  Gouverneur  General  de  l'AIgerie  a  bien  voulu  accorder 
son  haut  patronage  ä  cette  manifestation  scientifique. 

Le  Comite  d'organisation  est  ainsi  compose : 
President:  M.  Rene  Basset,    Correspondant  de  l'Institut,    Directeur  de  l'Ecole 

Superieure  des  Lettres  d'Alger,   7  7,  rue  Michelet,  Mustapha. 
Vice-Presidents :  MM.  J.-D.  Luciani ,  Directeur  du  Service  des  Affaires  Indigenes 
au  Gouvernement  General  de  l'AIgerie. 
Mesple,  Professeur  ä  l'Ecole  Superieure  des  Lettres,  17,  rue  Saint-Augustin, 

Alger. 
Bou  Kandoura,  Mufti  hanefite  d'Alger,  Mosquee  de  la  Pecherie. 
Secretaire  General:  M.  Edmond  Doutte,   Charge  de  cours  ä  l'Ecole  Superieure 

des  Lettres,  Parc  de  Fontaine-Bleue,  Mustapha-Superieur. 
Secretaires-Adjoints:  MM.  Chambige,  Adrninistrateur  de  commune  mixte,  Chef 
de  bureau  au  Service  des  Affaires  Indigenes  du  Gouvernement  General 
de  l'AIgerie. 
Yver,  Charge  de  cours  ä  l'Ecole  Superieure  des  Lettres,  21ter,  rue  Clauzel, 

Mustapha. 
Cherchali,  Redacteur  au   „Mobaeher". 
Tresorier:    M.    David,    Chef  du    Secretariat    particulier    de    M.    le    Gouverneur 

General  de  l'AIgerie,  au  Palais  d'hiver. 
Tresorier-Adjoiut:    M.  Ettori,    Chef   du  Service  du  Materiel  au  Gouvernement 

General  de  l'AIgerie. 
Membres    du  Comite:    MM.    Delphin,    Directeur    de    la    Medersa    d'Alger,  25, 
boulevard  Bugeaud,  Alger. 
Gsell,  Correspondant    de  l'Institut,    Professeur    h  l'Ecole    Superieure    des 

Lettres,   Directeur  du  Musee  d'Alger,   7  7,  rue  Michelet,  Mustapha. 
Commandant   Lacroix,    Chef   du    Service    des    Affaires    Indigenes    et    du 
Personnel    Militaire    du    Gouvernement    General    de    l'AIgerie,    12,    rue 
Bourlon,  Mustapha. 
Waille,   Professeur   ä  l'Ecole  Superieure   des   Lettres,   30,   rue  Dupuch, 

Alger. 
Ben   Cheneb,  Professeur  h  la  Medersa  d'Alger. 
Ben  Smaia,  Professeur  ä  la  Medersa  d'Alger. 

Le  Congres  comprendra  les  sections  suivantes: 

I.  —  Inde;  Langues  Aryennes  et  Langues  de  finde. 
President:  M.   Senart,  Membre  de  l'Institut,  Paris. 
Secretaire:  M.  Victor  Henry,  Professeur  ä  la  Faculte  des  Lettres  de  Paris. 


1)  Abdruck  des  ersten  dem  Vorstand  zugegangenen  Berichts,  mit  Ein- 
schaltung einer  dem  Vorstand  seitens  des  Herrn  Basset  unter  dein  S.  3.  ds. 
mitgeteilten  Ergänzung. 


\\\  AVIV    Congres   International  des   Orientalistes. 

II.  —  Langiies  Semitiques. 
President:  M.  Philippe  Berger,  Membre    de    l'Institut,   Professeur    au   College 

de  France,  3,   quai  Voltaire.  Paris. 
Secretaire:  M.  Fossey,  1,  avenue  de  l'Observatoiro,  Paris. 

JH.  —  Langues  Musidmanes  (Arabe,  Türe,  Person). 
President:   M.   Koni'    Basset,  ( '.irrespondant  de  l'Institut,  Directeur    de  l'Ecole 

Superieure  des  Lettres  d'Alger,  7  7,  nie  Miehelet,  Mustapha. 
Secretaire:    M.    Delphin,    Directeur    de    la   Medersa    d'Alger,    25,    boulevard 

Bugeaud,  Al^cr. 

IV.    -  Egypte;  Langues  Africaines;  Madagascar. 
President:    M.  Lefebure,    Charge    de    cours    ä  l'Ecole  Superieure    des  Lettres 

d'Alger,   !>4.  rue   de  Lyon.   Mustapha- Beicourt. 
Secrötaires :  M.  Hericy,  Professeur  au  Lycee   d'Alger. 

M.   Boulifa,   Repetileur  de  langue  kabyle  ä  l'Ecole  Superieure  des  Lettres 
d'Alger. 

V.  —  Extreme-Orient. 
i.t:  M.  Cordier,    Professeur  ä  l'Ecole  des  Langues  Orientales    vivaiites, 

54,  rue   Nicolo,  XVIe. 
ire:  M.  Cour  an  t,  Maitre  de    Conferences    ä    l'Universite  de  Lyon,  che- 
min  du  Chancelier,  3,  Ecully,  (Rhone). 

VI.  —  Grcce  et  Orient. 
President:  M.  Diehl,  Professeur  ä  la  Faculte  des  Lettres  de  Paris,  Paris,   67, 

rue  de  Seine. 
Secretaire:    M:    Brehier,    Professeur   ä   la    Faculte    des   Lettres    de    Clermont- 

Ferrand. 

VII.  —  Archäologie  africaine  et  Art  musulman. 
President :  M.  G  s  e  1 1 ,  Correspondant  de  l'Institut,  Professeur  ;i  l'Ecole  Superieure 

des    Lettres    d'Alger,    Directeur    du    Musee    d'Alger,    77,    nie    Miehelet, 

Mustapha. 
Secretaire:   M.  le  Baron  de  Vialar,  directeur-adjoint  du  Musee  d'Alger. 

Les  titres  des  Communications  scientifiques  destinees  ä  etre  lues  au  Congres 
devront  etre  envoyes,  soit  au  President  de  la  section  ä  laquelle  elles  ressortissent, 
soit  au   Secretaire  general  ou   aux  Secretaires-adjoints. 

Le  montant  de  la  cotisation  est  fixe  k  vingt  francs-,  les  femmes  ou  parentes 
de  congressistes  aecompa^nant  ceux-ci  auront  droit  ä  une  carte  de  darne  du 
prix  de  dix  francs.  Cette  carte  donnera  droit  ä  toutes  les  reduetions  et  prix 
de  faveur  qui  seront  (iventuelleraent  consentis  aux  membres  du  Congres  par  les 
Compagnies  de  transports  et  autres,  mais  eile  ne  donnera  pas  droit  aux  publi- 
cations  du  Congres. 

irrespondances  et  les  demandes  de  renseignements  touchant  le  Congres 
devront  etre  adressees  au  Secretaire  general  ou  aux  Secretaires-adjoints. 

Les  adhesions  peuvent  des  maintenant  etre  adressees  au  Tresorier:  elles 
doivent  etre  aecompagnees  du  montant  de  la  cotisation,  faute  de  quoi  elles  seront 
considerees  comme  non  avenues.  Pour  la  commodite  des  futurs  congressistes, 
elles  pourront  egalement  etre  adressees: 

3   Paris,  a  M.  Leroux,  libraire,  28,  rue  Bonaparte,  VIe. 

Le  President 
Le  Secretaire  General  du  Comite  d'organisation, 

du  Comite. 


Edmoml   Doutte. 


K  ein'   B  a s s ( 


XXXI 


Zur  Beachtung. 


Um  fortwährenden  Inkonsequenzen  in  der  Orthographie  unserer  Zeitschrift 
und  einem  notwendig  daraus  resultierenden  Plus  an  Korrekturarbeit  und  Korrektur- 
kosten entgegenzuarbeiten ,  habe  ich  die  Setzer  unserer  Druckerei  anweisen 
hissen,  in  der  Orthographie  von  jetzt  ab  den  „Buchdrucker-Duden"1')  zur  Rieht- 
schnur  zu  nehmen.  Aus  ähnlichen  Gründen  habe  ich  bestimmt,  dass  in  Zukunft 
in  transkribierten  Wörtern  die  einfache  Vokalläuge  durch  den  bekannten  kleinen 
horizontalen  Strich  über  dem  Vokal  bezeichnet  werde,  und  nicht  mehr  durch 
den  Zirkumflex,  der  für  besondere  Zwecke  reserviert  bleibt,  z.  B.  zur  Bezeich- 
nung der  betonten  Vokallänge  o.  ä.  Die  adoptierte  Bezeichnung  ist,  soviel 
ich  sehe,  bei  den  Indologen  —  und  wohl  auch  bei  den  übrigen  Indogermanisten 
—  heutzutage  fast  ausschliesslich  im  Gebrauch  (wie  überhaupt  bei  den  Indo- 
logen, namentlich  seit  Erscheinen  des  Bühlerschen  Grundrisses,  in  Transkriptions- 
fragen viel  grössere  Einheit  herrscht  als  beispielsweise  bei  uns  Semitisten) ;  sie 
dürfte  daher  auch  auf  den  übrigen  Sprachgebieten  durchaus  am  Platze  sein. 

Natürlich  aber  möchte  ich  keinen  der  Herren  Mitarbeiter  vergewaltigen, 
und  somit  ersuche  ich  diejenigen  Herren,  die  ihre  Beiträge  zur  Zeitschrift  in 
ihrer  eigenen  Rechtschreibung  gedruckt  zu  sehen  wünschen,  an  die  Spitze  ihrer 
Manuskripte  einen  entsprechenden  Vermerk  zu  stellen;  ihrem  Wunsche  wird 
dann  regelmässig  entsprochen  werden.  Nur  haben  diese  Herren  dann  wohl 
auch  die  Güte  ihre  Manuskripte  so  einzurichten,  dass  sich  der  Setzer  infolge 
von  Unklarheiten  oder  Inkonsequenzen,  auf  die  er  stösst,  nicht  schliesslich  docli 
wieder  zur  Selbsthilfe  genötigt  sieht,  die  dann,  wie  bekannt,  leicht  zur  Fehler- 
quelle wird. 

Freilich  wage  ich  zu  hoffen,  dass  ein  derartiger  Wunsch  nur  selten  ge- 
äussert werden  wird.  In  den  Rechtschreibungsfragen,  die  unsere  Zeit  beschäftigen 
(„bewegen"  wäre  zu  viel  gesagt),  handelt  es  sich  ja  doch  im  grossen  und 
ganzen  nur  um  Quisquilien,  die  keinem  Einsichtigen  lange  die  Ruhe  stören 
sollten.  Um  Quisquilien,  die  lange,  hartnäckige  Kämpfe  gar  nicht  wert  sind,  handelt 
es  sich  aber  grösstenteils  auch  bei  den  angeblichen  Schwierigkeiten ,  die  sich 
einer  Lösung  der  Transkriptionsfrage  entgegenstellen.  Es  wäre  wirklich  an  der 
Zeit,  dass  man  hier  endlich  einmal  zum  Ziele,  d.  h.  zu  einer  allgemeinen  inter- 
nationalen Verständigung,  käme.  _^        „     ,    , 

Der  Redakteur. 

1)  Rechtschreibung  der  Buchdruckereien  deutscher  Sprache.  Auf  Anregung  und  unter 
Mitwirkung  des  Deutscheu  Buchdruckervereius ,  des  Reichsverbandes  Österreichischer 
Buchdruckereibesitzer  und  des  Vereins  Schweizerischer  Buchdruckereibesitzer  heraus- 
gegeben vom  Bibliographischen  Institut,  bearbeitet  von  Dr.  Konrad  Duden,  Geh.  Regie- 
rungsrat, Gymnasialdirektor.     Leipzig  und  Wien,  1903. 


xxxin 


Personalnachrichten. 

Der  D.  M.  G.  sind  ab   1904   als  ordentliche  Mitglieder  beigetreten: 

1358  Herr    Dr.    Joseph    Hell.     Privatdocent    in    München,     Wolfratshausener 

Strasse  24»   II,  und 

1359  „       J.  Preuss,  Geistl.  Lehrer  und  Lehramtspraktikant  am  Großherzogl. 

Gymnasium  in  Karlsruhe. 

Seinen  Austritt  erklärte  Herr  Prof.  Dr.  Hans  Voigt  in  Leipzig. 

Durch  den  Tod  verlor  die   Gesellschaft  ihre  ordentlichen  Mitglieder: 
Herrn  Prof.  Dr.  Wilh.  Volck  in  Rostock,  f  29.  Mai   1904,  und 

„        K.  Himly,  kais.  Dolmetscher  a.  D.  in  Wiesbaden,  f   1-  Juni    1904. 


XXXIV 


Verzeichnis  der  vom  1.  März  bis  81.  Mai  1904  für  die 
Bibliothek  der  D.  M.  G.  eingegangenen  Schriften  u.  s.  w. 

I.    Fortsetzungen  und  Ergänzungen  von  Lücken. 

1.  Zu  Ae  30.  Nachrichten  von  der  Königl.  Gesellschaft  der  Wissen- 
schaften zu  Göttingen.  Philologisch -historische  Klasse.  1904.  Heft  1. 
Göttingen   1904. 

2.  Zu  Ae  45.  Rendiconti  della  Reale  Accademia  dei  Lincei.  Classe  di 
scienze  morali,  storiche  e  filologiche.  Serie  quinta.  Vol.  XII.  Fase.  11°— 12°. 
Roma  1903. 

3.  Zu  Ae  0  .  4°.  Memoires  de  l'Academie  Imperiale  de  St.-Petersbourg. 
Vllle  Serie.  Tome  I  No.  1—7;  II  No.  1.  2;  III  No.  1—6;  IV  No.  1—8; 
V  No.  1.  3—5;  VI  No.  2—4.  St.  Petersbourg  1895—1903.  (Vervoll- 
ständigung unserer  Reihe  durch  die  Güte  der  Kais.  Akademie  der  Wissen- 
schaften in  St.  Petersburg.) 

4.  Zu  Ae  185.  Sitzungsberichte  der  philosophisch -philologischen  und 
der  historischen  Classe  der  k.  b.  Akademie  der  Wissenschaften  zu  München. 
1903.     Heft  IV.     1904.     Heft  I.     München  1904. 

5.  Zu  Ae  190.  Sitzungsberichte  der  philosophisch  -  historischen  Classe 
der  Kaiserlichen  Akademie    der  Wissenschaften.     Band   146.      Wien   1903. 

C.  ZuAfll6.  Museon,  Le.  Etudes  philologiques,  historiques  et  religieuses . . . 
Fonde  en  1881  par  Ch.  de  Harlez.  Nouvelle  Serie.  —  Vol.  V.  No.  1. 
Louvain   1904. 

7.  Zu  Af  124.  Proceedings  of  the  American  Philosophical  Society  Leid 
at  Philadelphia  for  promoting  useful  knowledge.  Vol.  XLII.  No.  174. 
Philadelphia  1903. 

8.  Zu  Af  155.  Skrifter  utgifna  af  Kongl.  Humanistiska  Vetenskaps-Samfundet 
i  Uppsala.     Band  VIII.     Uppsala.     Leipzig  (1902 — 1904). 

9."  Zu  Bb  606.  Bessarione.  Pubblicazione  periodica  di  studi  orientali. 
Serie  II.     Vol.  VI.     Fase.  76.  77.     Anno  VIII.     1903 — 1904.     Roma. 

in.  Zu  Bb  608.  Bijdragen  tot  de  Taal-,  Land-  en  Volkenkunde  van  Neder- 
landsch-Indie  .  .  .  Zevende  Volgreeks.  —  Tweede  Deel.  (Deel  LVI  der 
geheele  Reeks.)     Eerste  en  tweede  Aflevering.     's-Gravenhage  1904. 

11.  Zu  Bb  720.  Journal  of  the  American  Oriental  Society.  Twenty-fourth 
Volume,  Second  Half.     New  Haven   1903. 

1l'.  Zu  Bb  725.  Journal  of  the  Asiatic  Society  of  Bengal.  Vol.  LXVIII, 
1899,  Part  I,  Title  page  and  Index.  —  Vol.  LXX ,  1901,  Part  I,  Title 
page  and  Index.  —  Vol.  LXXI,  1902,  Part  I.  Title  page  and  Index.  — 
Vol.  LXXII.  Part  III,  No.  1.  2.  1903.  —  Part  III.  Title  page  and  Index 
for    1902.    —    Calcutta   1899—1903. 


Verz.  der  für  die  Bibliothek  der  D.M.G.  eingeg.  Schriften  u.  s.  w.     XXXV 

.    Zu   Bb   725c.     Proceedings  of  the  Asiatic  Society  of  Bengal.     No.  VI — X. 

June— December   1903.      Calcutta   1903.   1904. 
.    Zu  Bb   755.     Journal,  The,  of  the  Bombay  Branch  of  the  Royal  Asiatic 

Society.     No.  LIX.     Vol.  XXI.     1903.     Bombay    1904. 

Zu  Bb  790.    Journal  Asiatique  .  .  .  Dixieme  Serie.    Tome  III.    No.  1. 

1904.     Paris. 
.    Zu    Bb    818.       al-Machriq.       Revue    catholique     Orientale    bimensuelle. 

Sciences-Lettres-Arts.     Bairüt.  —  VII.   1904.     No.  5  —  8,  9. 
.    Zu  Bb  901.     Tijd schrift  voor    Indische  Taal-,    Land-    en  Volkenkunde, 

uitgegeven    door    het    Bataviaasch    Genootschap    van    Künsten    en    Weten- 

schappen  .  .   .  Deel  XL VII.     Aflevering   1   en  2.     Batavia  |  's  Hage   1904. 

.  Zu  Bb  945.  Zeitschrift,  Wiener,  für  die  Kunde  des  Morgenlandes  .  .  . 
XVII.  Band.     4.  Heft.     Wien  1903. 

.  Zu  Bb  1125  (4).  A.  Socin's  Arabische  Grammatik,  Paradigmen,  Litteratur, 
Übungsstücke  und  Glossar.  Fünfte  verbesserte  Auflage  bearbeitet  von 
Karl  Brockelmann  [=  Porta  linguarum  orientalium.  Pars  IV].  Berlin 
1904.      (Von  Herrn  Prof.   Dr.  Brockelmann.) 

.  Zu  Bb  1200,  s,  33.  Anantabhatta ,  The  Vidhäna-Pärijäta.  Edited  by 
Pandita  Täräprasanna  Vidyäratna.  Vol.  I.  Fasciculus  IV.  Calcutta 
1904  [=  Bibliotheca  Indica.     New  Series,  No.   1066]. 

.  Zu  Bb  1200,  s,  95.  Bhäskaramisra  Somayäjin,  Trikända-Mandanam 
by  Bkäskara-Micra ,  Soma-YäjT  being  an  Exposition  of  the  Soma-yäga 
Aphorisms  of  Äpastamba.  With  an  anonymous  Commentary  entitled  Viva- 
rana  edited  by  Mahämahopädhyäya  Candrakänta  Tarkälavkära.  Fasci- 
culus III.     Calcutta   1903   [=  Bibliotheca  Indica.     New  Series,   No.   1059]. 

,  Zu  Bb  1200,  s,  229.  Govindänanda  Kavikankanäciirya,  Cräddha  Kyyä 
Kaumudi.  Edited  by  Pandita  Kamalakrsna  Smrtibhvsana.  Fasciculus  IV. 
Calcutta  1903  [=  Bibliotheca  Indica.  New  Series,  No.  1062]. 
Zu  Bb  1200,  s,  295.  Jlmütavähana,  Kälavivekah.  The  Käla-Viveka 
edited  by  Madhusndana  Smrtiratna.  Fasciculus  VI.  Calcutta  1903 
[=  Bibliotheca  Indica.     New  Series,  No.  1060]. 

Zu  Bb  1200,  s,  492.  Märkandeya  Puräna,  The.  Translated  by 
F.  E.  Pargiter.  Fasciculus  VII.  Calcutta  1903  [=  Bibliotheca  Indica. 
New  Series,  No.    1058]. 

Zu  Bb  1200,  s,  505.  Nägesabhatta,  Mahäbhäsyapradipoddyota  by  Nägeca 
Bhatta.  Edited  by  Pandit  Bahuvallabha  Cästrl.  Vol.  II,  Fasciculus  X. 
Calcutta  1903  [=  Bibliotheca  Indica.  New*Series,  No.  1063]. 
Zu  Bb  1200,  s,  535.  Narasimha  Väjupeß,  Nityäcära-PradTpah.  Edited 
by  Pandita  Vinoda  Vihäri  Bhattäcäryya.  Fasciculus  III.  Calcutta  1904 
[=  Bibliotheca  Indica.     New  Series.     No.    1064]. 

Zu  Bb  1200,  s,  700.  Satapath  abrähmanam.  The  Catapatha  Brähmana 
of  the  White  Yajurveda,  with  the  Commentary  of  Sägana  Äcärya. 
Edited  by  Pandit  Satyavrata  Sämacramt.  Vol.  II,  Fasciculus  II.  Calcutta 
1903   [=  Bibliotheca  Indica.     New  ^Series,  No.   1061]. 

Zu  Bb  1215.  Books,  The  Sacred,  of  the  East.  Translated  by  various 
Oriental  scholars  and  edited  by  F.  Max  Müller.  Vol.  XLVIII.  Oxford 
1904.     (Von  dem  Secretary  of  State  for  India  in  Council,  India  Office.) 

Zu  Bb  1225.  4°.  Ü3ÄaHiH  $aKy.ibreTa  nocTOiHUXb  Ü3ukobT)  Ilsinepa- 
TopcKaro  C.-üeTepßyprcKaro  YnnBepcHTeTa.  No.  14.  15.  C.-IleTepoypr], 
1903.  No.  14  =  IUepoamcKoü,  0.  II.,  Teopia  no3nairia  h  lorHKa 
no  yiemK)  no3AHifiinHXT.  6ynjwcTOWh.  ^lacTb  I.  —  i.ö  =  0ßpa3H,0BUfl 
iipon3Beflewfl  ocMaHCKofi  JaTepaTypn  .  .  .  irua.n.  B.  X  CMUpnon. 
Auch  mit  türk.  Titel. 


XXXV I       Fern,  der  für  die  Bibliothek  der  D.  M.  G.  eingeg.  Schriften  u. 


s.  ir. 


30.  Zn  Bl>  1242.  Mitteilungen  der  Vorderasiatischen  Gesellschaft.  1904. 
1 3,    Jahrgang  9.    Berlin.    (Von  der  Vorderasiatischen  Gesellschaft,  Berlin.) 

81.    Zu    Bb    1243.      Orient,    Der    alte.       Gemeinverständliche    Darstellungen 

herausgegeben  von  der  Vorderasiatischen  Gesellschaft.    5.  Jahrgang.    Heft  1 

W.    Mix    Müller,    Die    alten    Ägypter    als    Krieger    und    Eroberer    in 

Asien  .  .  .    Leipzig  1903.     Heft  4    =   Fr.  H.    Weissbach,    Das    Stadtbild 

von   Babylon.     Leipzig   1904.      (Heft  4  vom  Verf.) 

32.  Zu  Ca  15.  4°.  Zeitschrift  für  Ägyptische  Sprache  und  Altertumskunde. 
Herausgegeben  von  A.  Erman  und  G.  Steindorff.  Band  XXXX.  Zweites 
Heft.     Leipzig  1903.     (Von  der  Redaktion.) 

33.  Zu  Eb  50.  2°.  Bengal  Library  Catalogue  of  Books  for  the  Third 
Quarter  .  .  .  1903.  (Calcutta)  1903.  (Von  der  Königlichen  Bibliothek, 
Berlin.) 

:>4.  Zu  Eb  225.  2U.  Catalogue  of  books,  registered  in  Burma  during  the 
quarter  onding  the  30th  September  1903.  Rangoon  1903.  (Von  der 
Königlichen  Bibliothek,  Berlin.) 

35.  Zu  Eb  295.  2°.  Catalogue  of  Books  registered  in  the  Punjab  under 
Act  XXV  of  1867  during  the  quarter  ending  the  30  th  September  1903. 
(Lahore    1903.)     (Von  der  Königlichen  Bibliothek,  Berlin.) 

36.  Zu  Eb  465.  4°.  Kunja  Vihäri  Kävyatiriha,  Catalogue  of  Printed  Books 
and  Manuscripts  in  Sanskrit  belonging  to  the  Oriental  Library  of  the 
Asiatic  Society  of  Bengal.     Fasciculus  IV.     Calcutta  1904. 

37.  Zu  Eb  765a.  2°.  Statement  of  Particulars  regarding  Books  and  Perio- 
dicals  published  in  the  United  Proviuces,  registered  .  .  .  during  the  Third 
Quarter  of  1903.  (Allahabad  1903.)  (Von  der  Königlichen  Bibliothek, 
Berlin.) 

38.  Zu  Eb  5270.  2°.  Report,  Annual,  on  the  search  for  Hindi  Manuscripts. 
For  the  year  1901.  By  Syamsundar  Das.  Allahabad  1904.  (Von  dem 
Suptd.  Govt.  Press,  United  Provinces.) 

39.  Zu  Ed  135.  Zeitschrift  für  armenische  Philologie.  Herausgegeben  von 
Agop  Manandian,  Franz  Nikolaus  Finch  und  Esnik  Gjandschezian. 
Band  2,  Heft  4.     Marburg  (Hessen)  1904. 

40.  Zu  Ed   1237.     4°.     Ararat.      1904.      1—3.  4.     Walarsapat. 

41.  Zu  Ed   1365.     4°.     Hand  es  amsoreay.      1904,   3.   4.   5.     Wienna. 

42.  Zu  Eg  850.  2°.  Inscriptiones  antiquae  orae  septentrionalis  Ponti  Euxini 
graecae  et  latinae  .  .  .  edidit  Basilius  Latyschev.  Volumen  IV  .  .  .  Petropoli 
1901.     (Von  der  Kais.  Akademie  der  Wissenschaften.) 

43.  Zu  Fa  60.  4°.  Journal  de  la  Societe  Finno-Ougrienne.  XXII.  Helsin- 
gissä   1904. 

44.  Zu  Fa  61.  4°.  Memoires  de  la  Societe  Finno-Ougrienne.  XXII 
(H.  Paasonon,  Mordvinische  Lautlehre).     Helsingfors   1903. 

45.  Zu  Fa  76.  Szemle,  Keleti  .  .  .  Revue  Orientale  pour  les  etudes  ouralo- 
altaiques   ...   V.   evfolyam.      1904.      1.  szäm 


Zu  Fa  2622.  4°.  Annales  medicales  et  Bulletin  de  statistique  de 
l'Höpital  des  Enfants  Hamidie  .  .  .  IV^nie  Annee.  Constantinople  1903. 
(Von  Herrn  Chefarzt  Dr.   Ibrahim  Pascha.) 

Zu  Ha  200.  Revue  de  l'histoire  des  religions.  Tome  XLVIII.  No.  1.  2. 
Paris   1903. 

Zu  la  123.  4".  Review.  The  Princeton  Theological.  Vol.  II. 
No.  5.     January   1904.     Philadelphia. 


Vers,  der  für  die  Bi/Jiotliek  der  D.  M.  G.  einger/.  Schriften  u.  s.w.    XXX  VII 

49.  Zu  Ia  125.  Revue  Biblique  Internationale  pubiee  par  l'Ecole 
pratique  d'etudes  bibliques  .  .  .  Nouvelle  Serie.  Premiere  Annee.  No.  2. 
Avril   1904.     Paris,  Rome. 

50.  Zu  Ia  126.  Revue  de  l'Orient  Chretien.  Recueil  trimestriel.  1904. 
No.   1.      Paris   1904. 

öl.  Zu  Ia  128.  Rivista  Cristiana,  La.  Comitato  Direttivo:  Emilio  Comba 
—  Enrico  Bosio  —  Giovanni  Luzzi.  Nuova  Serie.  Anno  Sesto.  Marzo, 
Aprile,  Maggio   1904.     Firenze   1904. 

52.  Zu  Ia  135.  8°.  Tijdschrift,  Teyler's  Theologisch,  .  .  .  Jaar- 
gang  2.     Aflevering  2.     Haarlem   1904. 

53.  Zu  Ia  140.  Zeitschrift  des  Deutschen  Palaestina-Vereins.  Band  XXVII. 
Heft  2   und  3.     Leipzig   1904. 

54.  Zulc2290.  Proceedings  of  the  Society  ofBiblical  Arcbffiology.  Vol.  XXVI. 
Part  3.     London  1904. 

55.  Zu  Mb  135.  4°.  Monatsblatt  der  numismatischen  Gesellschaft  in  Wien. 
Nr.  248.   249.   250.     VI.  Bd.   (Nr.   15.   16.    17)  März,  April,  Mai   1904. 

56.  Zu  Mb  245.  Zeitschrift,  Numismatische,  herausgegeben  von  der  Numis- 
matischen Gesellschaft  in  Wien  durch  deren  Redactions-Comite.  Fünfund- 
dreissigster  Band.     Jahrgang   1903.      Wien   1904. 

57.  Zu  Na  325.  Revue  archeologique.  Quatrieme  Serie.  —  Tome  III.  Jan- 
vier-Fevrier.     Mars-Avril   1904.     Paris   1904. 

58.  Zu  Na  425.  4°.  3anncKH  ÜMnepaTopCEaro  PyccKaro  Apxeojoni- 
uecKaro  OomecTBa.  Tom*  IX.  X  [je]  BbinycK  3  h  4.  HoBan  Cepifl. 
XI.  XII  [jej  Bun.  1  n  2.  3  n  4  und  ITpH-ioxeme  zu  XII,  3.  1. 
C.-IIeTepöypri,  1897—1902. 

59.  Zu  Na  426.  4°.  3anncKH  BocTO^Haro  OTÄ'BJieHiü  HMnepaTopcRaro 
PyccKaro  ApxeoaorHiecKaro  OßmecTBa.  Tomi  XII.  BunycKH  II — IV; 
Toni  XII.  XIV  [je]  Buri.  I— IV;  Tomi>  XV  Bbin.  I.  C.  -  IIeTep6ypri> 
1899—1903. 

60.  Zu  Na  427.  4°.  3anncKH  OTxfcjiemfl  pyccKoft  h  c.iaBaaHCKOH  apxeo- 
.loria  HianepaTopcKaro  PyccKaro  Apxeo.iomHecKaro  OömecTBa.  Tom  b  V. 
BanycKi.  l  .  .  .  C.-IIeTepßypri.  1903. 

61.  Zu  Nb  145.  2°.  Memoires  publies  par  les  membres  de  la  Mission  ar- 
cheologique francaise  au  Caire.  Tome  XIX.  —  Fascicule  IV.  Paris  1903. 
(Von  Herrn  Dr.  Max  van  Berchem.) 

02.  Zu  Ne  50.  8°.  Berchem,  Max  van,  Notes  d'archeologie  arabe.  Troisieme 
article  .   .   .     Paris   1904.     (Aus  Journ.  Asiat.)     (Vom  Verf.) 

63.  Zu  Nf  341  a.  2°.  Progress  Report,  Annual,  of  the  Arcbajological 
Survey  Circle,  United  Proviuces.  For  the  year  ending  3  Ist  March  1903. 
(Naini  Tal  1903.)  Mit  den  dazu  gehörigen-  „Photographs  and  Drawings". 
(Von  dem  Secretary  to  Government,  United  Provinces,  Public  Works  De- 
partment, Buildings  and  Roads  Branch.) 

64.  Zu  Nf  452.  4°.  Epigraphia  Indica  and  Record  of  the  Archaeological 
Survey  of  India.  Edited  by  E.  Hultzseh.  Calcutta.  Vol.  VII.  Part.  VIII. 
October  1903. 

65.  Zu  Nh  170.  Archiv  für  österreichische  Geschichte.  Band  92,  2.  Wien 
1903. 

66.  Zu  Nh  171.  Fontes  rerum  Austriacarum.  Oesterreichischc  Geschichts- 
Quellen.    Zweite  Abteilung.    Diplomataria  et  Acta.    LVI.  Band.    Wien  1903. 

t;7.  Zu  Ni  415.  OTieT'B  o  cocTOflniii  h  ÄiflTeJbHorrn  IlMiiepaTopcKaro 
C.-IIeTep6yprcKaro  yiinnepcHTeTa  sa  1903  ro^i,  .  .  .  C.-ileTep6yprb 
1904.      (Von  der  Universitäts-Bibliothek  in  St.   Petersburg.) 


X  XX  V 1 1 1    I  '<>• .: .  der  für  die  Bibliothek  der  D.  M.  G.  eingeg.  Schriften  u.  s.  w. 

68.  Zu  Oa  12.  IhiirbcTni  HMiiepaTopcKai'o  PyccKaro  Teorpa^aiecKaro 
OömecTBa.     Tomi  XXXIX,   1903,  Bhitvckt,  IV.  V.     C.-IIeTep6ypn,  1903. 

69.  Zu  Oa  151.  .Journal,  The  Geographical.  December,  1903.  January, 
1904.      Vol.   XX1I1.    No.   3.   4.  5.     London. 

70.  Zu  Oa  256.  4°.  Zeitschrift  der  Gesellschaft  für  Erdkunde  zu  Berlin. 
1904.     No.   2.   3.   4.     Berlin. 

71.  Zu  Oa  452.  4°.  CßopHHKt  TpyAOBt  OpxOHCKoii  aKCHeflHltfH.  I. 
CaHKTneTepöypri»  1892. 

72.  Zu  Ob   2780.     4°.     Dagh-  Register    gehouden    int    Casteel  Batavia  vant 

ade    daor    ter    plaetse    als    over    gelieel    Nederlandts-India.      Anno 
1647 — 1648.     Uitgegeven  .  .  .  onder  toezicht  van  J.   de  Huller.    's-Graven- 
hage  1903. 
T.'i.     Zu  Oc  17  6.    8°.    Journal,  The,  of  the  Anthropological  Society  of  Bombay. 
Vol.   VI.     No.   8.     Bombay   1903. 

74.  Zu  Oc  263.  4°.  Publications  du  Musee  d'Anthropologie  et  d'Ethno- 
graphie  de  l'Academie  Imperiale  des  Sciences  de  St.  Petersbourg.  I. 
St.   Petersbourg  1900. 

75.  Zu  Oc  2380.  4°.  Powell,  J.  W.,  Twentieth  Annual  Report  of  the  Bureau 
of  Ethnology  to  the  Secretary  of  the  Smithsonian  Institution  1898 — 99. 
Washington   1903. 

7t;.  Zu  P  150.  4°.  Journal,  The,  of  the  College  of  Science,  Imperial  Univer- 
sity  of  Tokyo,  Japan.  Vol.  XVIII,  Article  5.  6;  Vol.  XIX,  Article  2. 
11—13.     Tokyo,  Japan    1903.    1904. 


II.    Andere   Werke. 

11746.  Sc  der  Eli  ah  u  rabba  und  Seder  Eliahu  zuta  .  .  .  ediert,  kritisch  be- 
arbeitet und   commentiert  von  M.  Friedmann.     Wien  1902.     Dh  4459. 

11717.  Archiv  für  Religionswissenschaft  .  .  .  herausgegeben  von  Ths.  Achelis 
(von  Bd.  7  ab :  ...  herausgegeben  von  Albrecht  Dieterich  und  Thomas 
Achelis.  Bd.  1 — 6.  7,  Heft  1  und  2.  Freiburg  i.  B  [von  7  ab:] 
Leipzig   1898—1904.  Ha  5. 

11748.  Ghazarütm,  Mkrtitseh,  Armenien  unter  der  arabischen  Herrschaft  bis 
zur  Entstehung  des  Bagratidenreiches.  Nach  arabischen  und  armenischen 
Quellen.     Marburg  1903.     SA.  aus  Ed  135  (II,  2.3).    (Vom  Verf.)     Nf  608. 

11749.  Katalog  der  Bibliothek  der  Kaiserlichen  Leopoldinisch-Carolinischen 
Deutschen  Akademie  der  Naturforscher.  Bearbeitet  von  Oscar  Grulich. 
Band   1.   2.     Halle   1891—98.      (Von  der  Akademie.)  Ab  203. 

11750.  Louw,    P.  J.  F.,    De   Java-Oorlog  van    1825—30  .  .  .     Derde   Deel. 

Batavia.  's  Hage  1904.    (Von   d.   Bataviaasch  Genootschap  van  Künsten 
in    Wetenschappen.)  Ng   1143.     4°. 

11751.  Brockhaus''  Conversations-Lexikon  .  .  .  Dreizehnte  .  .  .  Auflage  .  .  . 
Band  1 — 16  [u.]  Supplementband.  Leipzig  1882  —  87.  (Von  Herrn 
Dr.   R.  Schmidt.)  Ai   16.     4°. 

11752.  Apte,  Vaman  Shivram,  The  Practical  Sanskrit-English  Dictionary  .  .  . 
Poona  1890.  Eb   1223.     4°. 

11753.  Völlers,  K. ,  Diodarro  =  Dewädär.  (A.  aus:  Zeitschr.  f.  rom.  Phil, 
hrsg.  v.  Gustav  Gröber,  XXVII.  1903.)    (Vom  Verf.)    Eh  330  =Y1. 

11754.  Koch,  Paul,  Die  Byzantinischen  Beamtentitel  von  400  bis  700.  (Diss.) 
Jena    1903.     (Von   Herrn   Prof.   Dr.    Völlers.)  Nh   718. 


Verz.  der  für  die  Bibliothek  der  D.  M.  G.  eingeg.  Schriften  u.  s.  w.     XXXIX 

11755.  Bälambhattl.  A  Commentary  ou  the  Mitäksarä  .  .  .  svapatnl  Laksml- 
devlnämnä  Bälambhattapäyagundena  .  .  .  Vol.  J.  Fasciculus  1. 
Calcutta   1904.  =  Bb   1200,  s,   88. 

11 75  6.  Hoff  mann,  A. ,  Bibel -Babel -Fabel  .  .  .  Buenos  Aires  1903.  (Vom 
Verf.)  Ia  300  =  Y    1. 

11757.  SNgonmai  ladvagspgyalpoi  lorgyus,  daDg  Singpai  dmaggi  lorgyus.  Deutscbe 
Übersetzung  von  A.  Theodora  Francke.  (Mit  Text  von  A.  H.  Francke.) 
[Leb]  o.  J.   [1903?].      (Von  Herrn  A.  H.  Francke.)  Ff  1G45. 

11758.  Die  Prophetenlegenden  des  Muhammad  ben  'Abdullah  al-Kisüi  .  .  . 
herausgegeben  und  mit  einer  Einleitung  und  Anmerkungen  versehen  von 
Isaac  Eisenberg.     Kirehhain  N.-L.    1902.    (Vom  Verf.)    De  7885  =  Y  1. 

11759.  Zwei  Urkunden  vom  Imäm  aS  Safi'l.  Von  Dr.  F.  Kern.  (Aus:  Mitt. 
d.   Seminars    f.    or.  Spr.   z.   Berlin.)     Berlin   1904.     (Vom  Herausgeber,  i 

De  8869  =  T  1. 

11760.  Schmidt,  Richard,  Liebe  und  Ehe  im  alten  und  modernen  Indien 
(Vorder-,  Hinter-  und   Niederländisch-Indien).    Berlin  1904.    (Vom  Verf.) 

Nf  395. 

11761.  Zaidän,  GurgT,  al-Falsafa  al-lugawTja  wa'1-alfäz  al-'arabija  .  .  .  at-tab'a 
ar-tünija.     Kairo   1904.      (Vom   Veit')  De   11829'-. 

11762.  Fragments  de  l'exegese  biblique  de  Menahem  bar  Helbo  (Auteur  du 
Xl-e  siecle).  Recueillis,  edites  et  annotes  par  Samuel  Poznai'iski.  Var- 
sovie   1904.     (Vom  Herausgeber.)  Dh   6291  =  Y   1. 

11763.  Poznanski,  Samuel,  Schechter's  Saadyana.  (SA.  aus:  Zeitschr.  f.  hebr. 
Bibliographie  Jahrg.  VII  (1903),  Heft  4— 6.)  Frankfurt  a.  M.  1904. 
(Vom  Verf.)  Dh   9052   =  Y   1. 

11764.  A  Christian  Bahira  Legend.  By  Richard  Gottheil.  New  York 
1903.     (A.  aus  Z.  f.  Ass.  XIII— XVI.)     (Von  Herrn  Professor  Gottheil.) 

De   1669. 

11765.  Guth  ,  William  W.,  Die  ältere  Schicht  in  den  Erzählungen  über  Saul 
und  David  (I  Sam.  9  bis  I  Reg.  2)  untersucht.  Berlin  1904.  (Vom 
Verf.)  Id  920  =  Y  1. 

11766.  Der  Divan  Sultan  Mehmeds  des  Zweiten  des  Eroberers  von  Kon- 
stantinopel ,  zum  ersten  Male  nach  der  Upsalaer  Handschrift  heraus- 
gegeben von  Georg  Jacob.    Berlin  1904.     (Von  Herrn  Prot'.  Dr.  Jacob.) 

Fa  2895. 

11767.  Beylie,  De,  Le  palais  d'Angkor  Vat,  ancienne  residence  des  rois  Khmers. 
Hanoi   1903.     (Vom  Verf.)  Ng  870  =  Y   2.      4°. 

11768.  Die  Gesetze  Hammurabis  und  ihr  Verhältnis  zur  mosaischen  Gesetz- 
gebung sowie  zu  den  XII  Tafeln.  Text  in  Umschrift,  deutsche  und 
hebräische  Übersetzung,  Erläuterung  und  vergleichende  Analyse.  V>>ii 
Dav.  Ileinr.  Müller  .  .  .  Wien  1903.  (Von  Herrn  Prof.  Dr.  D.  II. 
Müller.)  Db  442. 

Mi 
117  69.    Müller,  D.   H.,    Die  Gesetze  Hammurabis  und  die  Zwölf  Tafeln.     Eine 
Erwiderung.      Wien    1904.     (Vom  Verf.)  Db  442   =      Vi. 

'<■'< 

11770.  Müller,  Dav.  Ileinr. ,  Über  die  Gesetze  Hammurabis.  Vortrag  .  .  . 
Wien    1904.     (Vom   Verf.)  Db    W2  Y    1. 

55 

11771.  Müller,  D.  II.,  Die  Kohler-Peisersche  Hammurabi-Übersetzung.  (SA. 
aus:  Zeitschr.  f.  d.  Privat-  u.  öff.  Rech!  d.  Gegenw.,  hrsg.  v.  Grünhut, 
Bd.   XXXI.,      Wien    1904.      (Vom   Verf.)  Db    H-  V    1. 

61 


X  \,        I  'erz.  der  für  die  Bibliothek  der  D.  M.  G.  eingeg.  Schriften  u.  s.  w. 

1177-'.     Baumgartner ,  Adolf,    Zur  Geschichte  und  Literatur  der  Griechischen 

Sternbilder.     Vortrag  .   .   .     Basel   1904.     (Vom  Verf.)      P   31  =  Y   1. 
1177."..    Ausgewählte  Gesänge   des   Güvargis  Warda  von  Arbel   herausgegeben 

mit   Übersetzung,  Einleitung    und  Erklärung  von  Heinrich   Hilgenfeld. 

Leipzig    1904.      (Vom   Herausgeber.)  De   2055.      4°. 

11774.     Reinisch,  Leo,  Der  Dschäbärtidialekt  der  Somalisprache.     Wien  1904. 

(Vom  Verf.)  Cc  294. 

1177.1.     rnrie.Uo,    Giuseppe,    Sui    composti    sintattici    nelle    lingue    classiche    e 

specialmente    del    bahuvrlhi.       Torino    1893.       (Von    Herrn    Prof.    Dr. 

H.  Stumme.)  Ea  485. 

11776.    As-saih    matlüf  .  .   .    M[uhammad]   '[Utmän]    G[alal].      Kairo    1290. 

(Von  Herrn  Dr.  F.  Kern.)  De  8611. 

45 
117  7  7.    Al-arba'  riwäjät  min  nuhab  at-tijäterät.  M[uhammad]  '[Utmän]  G[aläl]. 

Kairo   1307.     (Von  demselben.)  De  8611. 

50a 

11778.  Surre,  Friedrich,  Ein  orientalisches  Metallbecken  des  XIII.  Jahrhunderts 
im  Königlichen  Museum  für  Völkerkunde  zu  Berlin.  Mit  einem  Anhang 
von  Eugen  Mittivoch.  (A.  aus  d.  Jahrb.  der  Kün.  Preuss.  Kunst- 
sammlungen  1904.     Heft  I.)     (Vom  Verf.)  Qb   575   =  Y  3.     2°. 

11779.  Census  of  India,  1901.  Volume  I.  IA.  India.  Part  I.  Report.  Part  II. 
Tables.  By  H.  H.  Bisley  and  E.  A.  Galt.  Calcutta  1903.  (Von  dem 
Secretary  of  State   for  India  in  Council,  India  Office,  London.) 

Oc   1610.     2°. 


Sehr  erwünscht  ist  der  Bibliothek  die  vollständige  Zuwendung  der  neu- 
erscheinenden 

orientalistischen  Dissertationen,  Programme  u.  s.  w. 

der  Universitäten  und  anderer  Lehranstalten. 


XLI 


Allgemeine   Versammlung 

der  D.  M.  G.  am  7.  Okt.  1904  zu  Leipzig. 

Die  diesjährige  Allgemeine  Versammlung  wird  statt- 
finden Freitag  den  7.  Oktober  1904  im  Semitistischen  Institut 
der  Universität  Leipzig  (Universitätsgebäude ,  Paulinum,  I). 
Beginn  früh  9  Uhr. 

Halle  und  Leipzig,  im  Juni  1904. 

Der  t?escliäftsfülireiide  Vorstand. 


XI II 


Zwei  Anträge  auf  Zusätze  zu  den  Satzungen  der  Ü.M.  G. 
I. 

In  Anbetracht  der  veränderten  Bibliotheksverhältnisse  beantragt 
der  Unterzeichnete  bei  der  Allgemeinen  Versammlung,  für  alle  Fälle 
folgende  Einschaltung  hinter  §  VII,  Satz  1  der  Satzungen  beschließen 
zu   wollen  : 

Wenn  das  für  die  Bibliotheksverwaltung  bestimmte  Mitglied  des  geschäfts- 
führenden  Vorstands  neben  der  Aufsicht  über  die  Bibliothek  nicht  auch  die 
eigentlichen  Bibliotheksgeschäfte  übernimmt,  sollen  von  den  für  seine  Amts- 
führung aus  der  Kasse  der  D.  M.  G.  ausgesetzten  600  Mark  480  Mark  zur  An- 
stellung eines  besonderen  Bibliotheksbeamten  verwendet  werden,  der  vom  ge- 
schäftsführenden Vorstand  gewählt  wird  und  diesem  untersteht. 

Leipzig,  im  Juni  1904.  E.  Windisch. 


II. 

Die  Allgemeine  Versammlung  wolle  als  Zusatz  zu  §  VI  der 
Satzungen  beschließen: 

Die  Rechte  und  Pflichten  des  Bibliothekars  werden  durch  eine  be- 
sondere Bibliotheksordnung  geregelt,  die  durch  die  Allgem.  Versammlung  fest- 
zusetzen ist  und  nur    durch    die  Allgem.  Versammlung    geändert    werden    kann. 

Anträge  auf  Beschlüsse,  welche  Bestimmungen  der  Bibliotheksordnung 
ändern,  sind  in  dem  um  den  1.  Juli  auszugebenden  (2.)  Hefte  der  Zeitschrift 
bekannt  zu  geben. 

Balle  a  S.,  im  Juni  1904.  G.  Kampf fmey er. 


XLIII 


Personalnachrichten. 

Der  D.  M.  G.  sind  als  ordentliche  Mitglieder  beigetreten : 
ab   1903: 

1360  Herr  Cecil  Bendali,  Professor  in  Cambridge  (England),  105  Castle  Street; 

ab   1904: 

1361  Herr  Dr.  J.   von  Negelein,  Privatdocent  a.  d.  Univ.  Königsberg  i  Pr., 

Freystr.   7. 

Ihren  Austritt  erklärten   die  Herren  Pfarrer  Albrecht  in  Budweten  und 
stud.  phil.  Traug.  Mann  in  Berlin. 


XLIV 


Verzeichnis  der  vom  1.  Juni  bis  5.  August  1904  für  die 
Bibliothek  der  D.  M.  G.  eingegangenen  Schriften  u.  s.  w. 

I.    Fortsetzungen  und  Ergänzungen  von  Lücken. 

1.  Zu  Ae  5.  4°.  Abhandlungen,  Philologische  und  historische,  der  König- 
lichen Akademie  der  Wissenschaften  zu  Berlin.  Aus  dem  Jahre  1903. 
Berlin   1903. 

•_'.  Zu  Ae  30.  Nachrichten  von  der  Königl.  Gesellschaft  der  Wissen- 
schaften zu  Göttingen.  Philologisch-historische  Klasse.  1904.  Heft  2.  3. 
Geschäftliche  Mitteilungen.      1904.     Heft   1.     Göttingen   1904. 

;;.  Zu  Ae  45.  Rendiconti  della  Reale  Accademia  dei  Lincei.  Classe  di 
scienze  morali,  storiche  e  filologiche.  Serie  quinta.  Vol.  XIII.  Fase.  1  —  4. 
Roma  1904. 

4.  Zu  Ae  45a.  4°.  Atti  della  R.  Accademia  dei  Lincei.  Anno  CCCI.  1904. 
Rendiconto  dell'  adunanza  solenne  dei  5  giugno  1904.    Vol.  II.    Roma  1904. 

5.  Zu  Ae  ~r.  4°.  Memoires  de  l'Academie  Imperiale  de  St.-Petersbourg. 
VIII  e  Serie.     No.   6.     St.  Petersbourg   1904. 

6.  Zu  Ae  74.  Calendar,  The,  [of  thej  Imperial  University  of  Tokyo.  (Tokyo 
Teikoku  Daigaku.)     2563—64.     (1903—1904.)     Tokyo  2564  (1904). 

7.  Zu  Ae  165.  4°.  Sitzungsberichte  der  Königlich  Preussischen  Aka- 
demie der  Wissenschaften  zu  Berlin.  I — XXIV.  7.  Januar — 28.  April  1904. 
Berlin   1904. 

8.  Zu  Ae  185.  Sitzungsberichte  der  philosophisch -philologischen  und 
der  historischen  Classe  der  k.  b.  Akademie  der  Wissenschaften  zu  München. 
1904.     Heft  II.     München   1904. 

9.  Zu  Af  54.  Report,  Annual,  of  the  Board  of  Regents  of  the  Smithsonian 
Institution,  showing  the  Operations,  Expenditures ,  and  Condition  of  the 
Institution,  for  the  Year  ending  June  30,  1902.  Report  of  the  U.  S.  National 
Museum.     Washington   1904. 

Id.  ZuAfllC.  Museon,  Le.  Etudes  philologiques,  historiques  et  religieuses . . . 
Fonde  en  1881  par  Ch.  de  Hartes.  Nouvelle  Serie.  —  Vol.  V.  No.  2. 
Louvain   1904. 

11.  Zu  Af  124.  Proceedings  of  the  American  Philosophical  Society  held 
at  Philadelphia  for  promoting  useful  knowledge.  Vol.  XLIII.  No.  175. 
Philadelphia  1904. 

12.  Zu  Af  160.  8°.  Trans  actions  and  Proceedings  of  the  American  Philo- 
logical  Association.      1903.     Volume  XXXIV.   —  Boston,  Mass. 

13.  Zu  Ah  5.  Analecta  Bollaudiana.  Tomus  XXIII.  —  Fase.  II — III. 
Bruxellis  1904.    Dabei:  Index  in  tomos  I— XX,   fol.  10—12  (pag.  81  —  112). 


Verz.  der  für  die  Bibliothek  der  D.  M.  G.  eingeg.  Schriften  u.  s.  w.      XL  V 

14.  Zu  Ah  5  b.  Chevalier,  Ulysse,  Repertorium  hymnologicum.  Supplementum, 
folium  39  (p.   609—624). 

15.  Zu  Ah  12.  XI.  Jahresbericht  der  israelitisch-theologischen  Lehranstalt 
in  Wien  für  das  Schuljahr  1903/1904.  Voran  geht:  Pseudo-Seder  Eliahu 
zuta  (Derech  Erec  und  Pirke  R.  Eliezer)  nach  Editio  princeps  des  Seder 
Eliahu  und  einem  Manuskripte,  hierzu  drei  Abschnitte  der  Pirke  d'Rabbi 
Eliezer  Kap.  39 — 41.    Kritisch  bearbeitet  von  M.  Friedmann.    Wien  1904. 

IG.  Zu  Bb  10.  Bibliographie,  Orientalische,  ....  bearbeitet  und  heraus- 
gegeben von  Lucian  Scherman.  XVII.  Jahrgang  (für  1903).  Erstes  Heft. 
Berlin   1904. 

17.  Zu  Bb  606.  Bessarione.  Pubblicazione  periodica  di  studi  orientali. 
Serie  II.     Vol.  VI.     Fase.   78.     Anno  VIII.      1903—1904.     Roma. 

18.  Zu  Bb  720.  Journal  of  the  American  Oriental  Society.  Sixteenth  Volume, 
Xumber  II.  New  Haven  1896.  (Durch  die  Güte  der  Am.  Or.  Society.)  — 
Twenty-fifth  Volume,  First  Half.     New  Haven   1904. 

19.  Zu  Bb  750.  Journal,  The,  of  the  Royal  Asiatic  Society  of  Great  Britain 
&   Ireland.     July   1904.     London. 

20.  Zu  Bb   760.    Journal  of  the  Ceylon  Brauch   of  the  Royal  Asiatic  Society, 

1903.  Volume  XVIII.     No.   54.      Colombo   1904. 

21.  Zu  Bb  790.    Journal  Asiatique  ...  Dixieme  Serie.     Tome  III.     No.  2. 

1904.  Paris. 

22.  Zu  Bb  818.  al-Machriq.  Revue  catholique  Orientale  bimensuelle. 
Sciences-Lettres-Arts.     Bairüt.  —  VII.   1904.     No.    10.    11.    12.   13.   14. 

23.  Zu  Bb  930.  Zeitschrift  der  Deutschen  Morgenländischen  Gesellschaft. 
Achtundfünfzigster  Band.     II.  Heft.     Leipzig   1904. 

24.  Zu  Bb  945.  Zeitschrift,  Wiener,  für  die  Kunde  des  Morgenlandes  ... 
XVIII.  Band.      1.  Heft.     Wien   1904. 

25.  Zu  De  488.  4°.  Dcdmun,  Gustaf  H.,  Aramäisch-neuhebräisches  Wörter- 
buch .   .  .  Teil  II.     Frankfurt  a.  M.   1901. 

26.  Zu  Eb  2020.  (8°  und  4°.)  Bibliotheca  Buddhica  III.  (Avadänaeataka  .  .  . 
Edited  by  J.  S.  S})eyer.  II.)  IV.  (Madhyamakavrtti  .  .  .  Publie  par  Louis 
de  la  Vallee  Poussin.  I.)  V.  (CoopHnKt  300  BypxaHOBb.  Ü3ä.  C.  $. 
0.naeH6ypi"B.  I.)  St.-Petersbourg  1903.  (Von  der  Kais.  Akademie  der 
Wissenschaften  in  St.  Petersburg.) 

27.  Zu  Eb  4068.  2°.  Hultzsch,  E.,  Annual  Report  on  Epigraphy  for  1902— 
1903.  Government  of  Madras.  G.  O.,  &c,  No.  1462,  24*h  October  1887. 
No.  898,  7th  November  1889.  Nos.  544.  545,  6*h  August  1892.  Nos.  833. 
834,  22id  August  1900.  Nos.  763,  764,  6*h  August  1902.  (Von  Herrn 
Prof.  Hultzsch.) 

28.  Zu  Ed  1237.     4°.     Ararat.      1904.     5.   6.      Walarsapat. 

29.  Zu  Ed   1365.     4°.     Handes  amsoreay.      1904,   6.   7.     Wienna. 

30.  Zu  Eg  330.  4°.  Xqovlxcc,  Bv^uvxiva.  Topos  svvarog,  Tsv%os  */ 
y.ul  d' ;  Touog  öky.utog,  Ttv%og  cc  xal  ß',  y  Kai  <$'.  CauKTneTepri}  prr, 
1902.   1903. 

31.  Zu  Fa  2288.  4°.  Radioff,  W.,  Versuch  eines  Wörterbuches  der  Türk- 
Dialecte.     Lieferung   17.     St.-Petersbourg   1903. 

32.  Zu  Fi  80.     CÖOpHHKI.    MaTepiajOBl  Ä-IH  OIIHCaHÜl  M'iCTHOCTC"!  II  IMCMCIII, 

K;iBKa3a.     BanycK/b  XXXIII.     Tmhjinci,  1904. 

33.  Zu    Ha    5.      Archiv    für    Religionswissenschaft    .    .    .    herausgegeben    von 
Albrecht  Dieterich  und  Thomas  Achelis.    Band  7,  Heft  3  und  I.     I. 
1904. 


XL  VI 


Verz.  der  für  die  Bibliothek  der  D.  M.  G.  eingerj.  Schriften  u. 


34.  Zu  Ia  125.  Revue  Biblique  Internationale  publice  par  l'Ecole 
pratiquo  d'etudes  bibliques  .  .  .  Nouvelle  Serie.  Premiere  Annee.  No.  3. 
Juillet   1904.     Paris,  Korne. 

:;;>.  Zu  Ia  126.  Revue  de  fOrient  Chretien.  Recueil  trimestriel.  1904. 
No.  2.     Paris  1904. 

36.  Zu  Ia  128.    Rivista  Cristiana,  La.    Comitato  Direttivo:  Emilio  Comba 

—  Enrico  Bo.sio  —  Giovanni  Luzzi.     Nuova  Serie.    Anno  Sesto.    Giugno, 
Luglio  1904.     Firenze   1904. 

37.  Zu  Ia  135.  8°.  Tijdschrift,  Teyler's  Theologisch,  .  .  .  Jaar- 
gang  2.     Aflevering  3.     Ilaarlem    1904. 

38.  Zu  Ia  140a.  Mittheilungen  und  Nachrichten  des  Deutschen  Palae- 
stina- Vereins  .  .   .  Leipzig   1902.     Tit.   Reg.      1903.     No.  3—5. 

39.  Zulc2290.  Proceedings  of  the  Society  of  Biblical  Archajology.  Vol.  XXVI. 
Part  -1.  5.     London  1904. 

40.  Zu  Mb  135.  4°.  Monatsblatt  der  numismatischen  Gesellschaft  in  Wien. 
Nr.  251.     VI.  Bd.  (Nr.   18)  Juni  1904. 

41.  Zu  Mb  440  [früher  344].  Tewhid,  Ahmed,  Müze-i  humäyün.  Meskükäti 
qadime-i    islämiyye  qatäloiu  qismi  räbi'  .  .   .  Konstantinopel   1321. 

42.  Zu  Na  325.  Revue  archeologique.  Quatrieme  Serie.  —  Tome  III.  Mai- 
Juin   1904.     Paris   1904. 

43.  Zu  Nf  452.  4°.  Epigraphia  Indica  and  Record  of  the  Archaological 
Survey  of  India.  Edited  by  E.  Hultzsch.  Calcutta.  Vol.  VII.  Part.  IX. 
June   1904.     Calcutta. 

44.  Zu  Nf  805.  Wilhelm,  Eugen,  Perser.  [=  Jahresberichte  der  Geschichts- 
wissenschaft.     1902.]     (Vom  Verf.) 

45.  Zu  Ng  1143.  4°.  Lomr,  P.  J.  F.,  De  Java-Oorlog  van  1825 — 30  .  .  . 
Eerste  Deel.  Tweede  Deel.  Batavia.  's  Hage  1894.  1897.  Kaarten  en 
Teekeningen  behoorende  bij  De  Java-Oorlog  van  1825 — 30  door  P.  J.  F. 
Lome.     No.  1#(2°).  2. 

4G.  Zu  Oa  25.  Bulletin  de  la  Societe  de  Geographie  .  .  .  Cinquieme  Serie. 
Tome  I.  III.     Paris   1861.   1862.     (Ergänzung  von  Lücken.     K.) 

47.  Zu  Oa  48.  3anncKH  HMnepaTopcicaro  PyccKaro  Teorpa^HiecKaro 
06mecTBa.  Do  orkneHiro  3THorpa(fiiH.  Tojit.  XXX  =  OHivKOBt.  C- 
DeTepßyprt  1904. 

48.  Zu  Oa  151.  Journal,  The  Geographical.  Vol.  XXIV.  No.  1.  2.  July. 
August   1904.     London. 

49.  Zu  Oa  256.  4°.  Zeitschrift  der  Gesellschaft  für  Erdkunde  zu  Berlin. 
1904.     No.   5.   C.     Berlin. 

50.  Zu  Oa  452.  4°.  C6opHHKi>  TpyÄOBt  OpXOHCKOH  9KCI(eiHII,iH.  VI. 
CanKTueTepdypn,  1903. 

51.  Zu  Oc  175.  4°.  Journal,  The,  of  the  Anthropological  Institute  of  Great 
Britain  and  Ireland.     Vol.  XXXIII,  1903.     July  to  December.     London. 

5-.'.  Zu  Oc  1000.  Mitteilungen  der  Gesellschaft  für  jüdische  Volkskunde 
.   .  .  herausgegeben  von  M.    Grunicald.     Heft  IX — XIII.     Hamburg  1902 

—  1904. 

;>?,.    Zu  P    150.     4°.    Journal,  The,  of  the  College  of  Science,  Imperial  Univer- 
sity  of  Tokyo,  Japan.     Vol.   XVIII,  Article  7;  Vol.  XIX,  Article  3.   4.   14. 
.   20.     Tokyo,  Japan   1904. 


Verz.  der  für  die  Bibliothek  der  D. M.  G.  eingeg.  Schriften  u. s. w.     XL Y IT 

II.    Andere  Werke. 

11780.  Bla%og,  KoCfiag,  II  XsQGovrieog  rov  ayiov  ögovg'A&ca  y.ui  c:i  iv 
txvzri  Liovcu  y.cu  ol  uovcr/jji  naXcu  ts  xai  vvv.  Mt/.tri]  Igxoqiy.t\ 
■/.c:i   y.niTiv.)].     'Ev  Bo?.tt>   1903.  Ie  23. 

11781.  Omar  Khayyam.  Bish  ta  dui  gilia  chide  are  volshitika  romani  chib 
John  Sampsonestar  .  .  .  Lundrati   1902.  Eb  6290  =  Y   1. 

11782.  Yelics,  Anton  von,  Ueber  Ursprung  und  Urbedeutung  der  Wörter  .  .  . 
Budapest   1904.  Ba   1053   =  Y    1. 

11783.  Dussaud,  Rene,  Notes  de  mythologie  syrienne.     Paris    1903. 

Hb   421.     4°. 

11784.  Der  Alexanderroman  bei  den  Kopten.  Ein  Beitrag  zur  Geschichte 
der  Alesandersage  im  Orient.  Von  Oscar  von  Lemm.  Text,  Über- 
setzung, Anmerkungen  .  .  .  St.-Petersbourg  1903.  (Von  der  Kais.  Akademie 
der  Wissenschaften  in  St. -Petersburg.) 

11785.  Jellinek,  Artur  L.,  Bibliographie  der  vergleichenden  Literaturgeschichte. 
Erster  Band.     Berlin   1903.     (Vom  Verleger.)  Ab   23c 

11786.  Negelein,  Julius  von,  Das  Pferd  im  arischen  Altertum.  Königsberg  i.  Pr. 
1903.     (Teutonia    Hefe  2.)     (Vom   Verleger.)  Hb    1740. 

11787.  Scheftelovritz,  J. ,  Arisches  im  Alten  Testament.  Teil  II.  (SA.  a. 
„Monatsschr.    f.    Gesch.    u.   Wissensch.    d.    Judenthums".)     Berlin   1903. 

Ia  365. 

11788.  Gottheil,  Richard  J.  H.,  Some  Early  Jewish  Bible  Criticism.  (A.  aus: 
Journal  of  Biblical  Lit.   [1904?])  (Vom   Verf.)  Ia   289   =  Y  1. 

11789.  Vittorio  Rocca:  I  Giudizi  di  Dio.  Sezione  del  Vyavahäracintämani  di 
Väcaspatimiära.  Testo  —  Versione  —  Commento.  Livorno  1904. 
(Vom  Verf.)  Eb   3590. 

11790.  Sluys,  David  Mozes,  De  Maccabaeorum  libris  I  et  II  quaestiones.  (Diss.) 
Amstelodami  (1904.).     (Vom   Verf.)  Ic   2200. 

11791.  Bruchstücke  des  Sanskritkanons  der  Buddhisten  aus  Idykutsari,  Chine- 
sisch-Turkestän.  Von  R.  Pischel.  (SA.  aus:  SBA.  1904,XXV.)  (Berlin 
19.  Mai   1904.)      (Vom  Verf.)  Eb   2457   =  Y  2.     4". 

11792.  Franke,  O.,  Beiträge  aus  chinesischen  Quellen  zur  Kenntnis  der  Türk- 
völker und  Skythen  Zentralasiens.  (Aus  d.  Anhang  zu  den  ABA.  vom 
J.    1904.)     Berlin   1904.     (Vom  Verf.)  Kg  674.     4". 

11793.  Taaks,  Gerhard,  Alttestamentliche  Chronologie.  Mit  einer  Beilage: 
Tabellen.     Uelzen   1904.     (Vom  Verf.)  Nd  565.      4". 

11794.  Taaks,  Gerhard,  Zwei  Entdeckungen  in  der  Bibel.  Uelzen  1904. 
(Vom   Verf.)  Ia  393  =  Y   1. 

11795.  Oppert,  Gustav,  Tharshish  und  Ophir.  (SA.  aus:  Zeitschr.  f.  Ethno- 
logie, XXXVII,   1903,  Heft  1—3.)     (Vom  Verleger  Oa  413.     4". 

11796.  Nielsen,  Ditlef,  Die  altarabische  Mondreligion  und  die  mosaische  Ueber- 
lieferung  .   .   .  Strassburg   1904.     (Vom  Verleger.)  III»   -Jen 

11797.  Leint,  Arthur,  Das  georgische  Volk.    Dresden  (1903).     (Vom   Verl 

Oc  1274. 

11798.  Thopüschian,  Hagob,  Die  inneren  Zustände  von  Armenien   unter  Asot  1 
.   .  .    (Diss.)      Halle   1904.      (SA.    aus:    Mitth.    d.    Sem.    f.    Or.    - 
Berlin,  VII,  1904,  Abth.  II.)    (Von  Herrn  Dr.  R.  Schmidt.!    Ng  835  V   1. 

11799.  Keith,  A.  Berriedale,  A  Catalogue  of  tho  Sanskrit  and  Präkrit  v- 

the  lndian  Institute  Library  Oxford.    Oxford  1903.    (Von  der  Clarendon 
Press.)  Eb  414. 


\  I , V 1 1 1    1  'crz.  der  für  die  Bibliothek  der  D.  M.  G.  eingeg.  Schriften  u.  s.  u: 

11800.  Veiten,  ('..  Praktische  Suaheli-Grammatik  nebst  einem  Deutsch-Suaheli 
\\      terverzeichnis.     Berlin   1904.     (Vom   Verleger.)  Fd  640. 

11801.  Nicolai,  Rudolf,  Griechische  Literaturgeschichte  in  neuer  Bearbeitung. 
Band  1.  Hälfte  1.  2;  Band  2,  Hälfte  1.  Zweite,  umgearbeitete  und  vermehrte 
Auflage;   Band  2,   Hälfte  2 ;   Band  3.     Magdeburg  1873— 1878.      Eg915. 

1 1802.  Beckmann,  .Johann.  Litteratur  der  älteren  Reisebeschreibungen.  Band  1.  2. 
Göttingen   1808.    1810.  Ob  19. 

11803.  Frank,  Othmar,  Ueber  die  morgenländischen  Handschriften  der  könig- 
lichen Hof-  und  Central-Bibliothek  in  München.  Bemerkungen.  München 
1814.  Ec   1432. 

11804.  Mysore.  A  Gazetteer  compiled  for  Government.  Revised  edition  by 
B.  Lewis  Rice.     Vol.   I.   II.     Westminster   1897.  Ob   2170. 

11S05.    Männer,  A.,  Tulu-English  Dictionary.     Mangalore   1886.  Fe  700. 

11806.  Bopp,  Franciscus,  Glossarium  comparativum  linguae  Sanscritae  .  .  . 
Editio  tertia  .   .  .  Berolini   1867.  Eb   1235.3     4°. 

11807.  Robertson,  William,  An  Historicäl  Disquisition  concerning  the  kuowledge 
which  the  Ancients  had  of  India  .   .  .  London   1828.  Ob   2227. 

11808.  Caldwell,  Robert,  A  Comparative  Grammar  of  the  Dravidian  or  South- 
Indian  family  of  Languages.    Second  Edition  .  .  .  London  1875.     Fe   15. 

11809.  Cust,  Robert  N.,  A  Sketch  of  the  Modern  Languages  of  the  East 
Indies  .   .  .  London   1878.  Bb   1414. 

11810.  Translation  of  the  Sürya  Siddhänta  by  Pundit  Bapü  Deva  Süstri, 
and  of  the  Siddhänta  Siromani  by  Laucelot  Wilkinson,  revised  by 
Pundit  Bäpü  Deva  Sästri,  from  the  Sanskrit.     Calcutta   1861. 

=  Bb   1200,  s,  786. 

11811.  Rottler,  J.  P. ,  A  Dictionar-y  of  the  Tamil  and  English  Languages. 
Vol.  I.  Part  I;  Vol.  I.  Part  II;  Part  III.  IV.  Madras  bezw.  o.  O. 
1834 — 41.  (Part  III.  IV:  Revised  by  W.  Taylor  and  T.  Vencatachala 
Moodelly.)  Fe  575.     4°. 

11812.  Nügavarma's  Canarese  Prosody  edited  .  .  .  by  F.  Kittel.  Mangalore 
1875.  Fe  234. 

11813.  Baba  Padmanji,  A  Compendium  of  Molesworth's  Marathi  and  English 
Dictionary.     Third  edition.     Revised.     Bombay   1882.  Eb  57  60. 

11S14.  Zartoshti.  A  Quarterly  Review  of  Zoroastrian  Religion,  Morality, 
Philosophy  and  History.  Vol.  I  No.  3.  Bombay  1273  A.  Y.  (Von 
den  Herren  Nasserwanji  Dhala  und  Tahmuras  Ankles-aria.)     Hb   2940. 

llSlö.  Lammens,  Henri,  Le  pelerinage  de  la  Mecque  en  1902.  Journal  d'un 
pelerin  egyptien.  Extrait  des  „Missions  Beiges  de  la  Compagnie  de  Jesus". 
Bruxelles   1904.     (Vom   Verf.)  Ob    1223.     4°. 

11816.  Walleser,  Max,  Die  buddhistische  Philosophie  in  ihrer  geschichtlichen 
Entwicklung.  Erster  Teil.  Die  philosophische  Grundlage  des  älteren 
Buddhismus.     Heidelberg   1904.     (Vom  Verf.)  Hb   2697. 

11817.  {Hartwig,  O.,)  Schema  des  Realkatalogs  der  Königlichen  Universitäts- 
bibliothek zu  Halle  a.  S.  Drittes  Beiheft  zum  Centralblatt  für  Biblio- 
thekswesen.    Leipzig   1888.     (Von  Dr.  G.  Kampffmeyer.)  Aa  70. 

11818.  Loofs,  Friedrich,  Die  Überlieferung  und  Anordnung  der  Fragmente 
des  Xestorius  .  .  .  Halle  a.   S.   1904.     (Von  Herrn  Dr.  R.  Schmidt.) 

Eg  610. 

11819.  Fetzholdt,  Julius.  Bibliotheca  Bibliographica  .  .  .  Leipzig  1866.  (Von 
Dr.  G.  Kampffmeyer.)  Ab  290. 


Verz.  der  für  die  Bibliothek  der  D.  M.  G.  eingeg.  Schriften  u.s.u;.     XLIX 

11820.  Hertel,  Johannes,  Über  das  Tanträkhyäyika,  die  Kasmlrische  Rezension 
des  Pancatantra.  Mit  dem  Texte  der  Handschrift  Decc.  Coli.  VIII,  145. 
(Abh.  d.  SGW.,  philol.-hist.  Kl.,  XVII,  5.)     (Vom  Verf.)        Eb  3773.     4°. 

11821.  Berchem,  Max  van,  Arabische  Inschriften  aus  Syrien.  II.  (A.  aus: 
M.  u.   N.   des  Pal.-Ver.   1903.)     (Vom  Verf.;  De   12560  =  Y   1. 

11822.  Pubblicazioni  del  E.  Istituto  di  Studi  Superiori  pratici  e  di  per- 
fezionamento  in  Firenze.  Sezione  di  filosofia  e  filologia.  Aceademia 
Orientale.     [2.  5—11.]     Firenze   1880 — 1891.  Bb   1247.      4". 

11823.  Dieselben,  Collezione  Scolastica.  Firenze  1878ff.  Was  bis  1895 
erschienen,  ausser:  Le  c  uri  osi  tä  di  Jocohama.  Partei.  (A.Severini) 
und  La  Via  della  Pietä  Filiale.     Parte  I.  II.     (Carlo    Valenziani.) 

Bb   1247  a. 

11824.  Edhem,  Halil,  Musee  Imperial  Ottoman.  Section  des  Monnaies  Musul- 
manes.  Catalogue  des  sceaux  en  plomh  Arabes,  Arabo-Byzantins  et 
Ottomans  .   .   .  Constantinople   1904.      (Haupttitel  türkisch,   1321.) 

Mb    1505. 

11825.  Bombay  Sanskrit  Series,  No.  1—9,  12.  13,  16—18,  23,  24  Part  I.  II.. 
31,  33"— 35,  37,  39—54,  56—63,  enthaltend:  Apastamba  ed.  Bühler; 
Eleven  Ätharvana  Upanishads  ed.  Jacob;  Bäna's  Kädambari  ed.  Peterson : 
Bhattikävya  ed.  Trivedi;  Dasakumäraeharita  Part  II.  ed.  Peterson; 
Hemachandra's  Desinämamälä  ed.  Pischel;  Kumärapälaeharita  by  Hema- 
chandra  ed.  Shankar  Pandit;  Jacob.  Concordance;  Rekhäganita  by 
Jagannätha  ed.  Trivedi;  Kalhana's  Eäjatarai'igini  ed.  Durgäprasäda; 
Mälavikägnimitra  by  Kälidäsa  ed.  Shankar  Pandit,  second  edition;  Raghu- 
vamsa  of  Kälidäsa  ed.  Shankar  Pandit,  second  edition;  Vikramorvasivam 
by  Kälidäsa  ed.  Shankar  Pandit,  third  edition;  Mahänäräyana-Upanishad 
ed.  Jacob;  Paribhäshendusekhara  of  Nägojibhatta  ed.  Kielhorn,  Part.  I. 
II.;  Hitopadesa  by  Näräyana  ed.  Peterson;  Nyäyakosa;  Navasähasänka 
Charita  of  Padmagupta,  Part  I.,  ed.  Islämpurkar;  Paräsara  Dharma 
Samhitä,  Vol.  I,  Part  I.  II;  Vol.  II,  Part  I.;  Vyäkarana-Mahäbhäshya 
of  Patanjali  ed.  Kielhorn,  Vol.  I.;  Patanjalasüträni  ed.  Bodas;  Rigveda 
Handbook  by  Peterson,  Part  I.  IL;  Peterson,  A  second  Selection  of 
Hymns  from  the  Rigveda;  The  Paddhati  of  Sarngadhara  ed.  Peterson; 
Mrchchhakatika  by  Südraka  ed.  Godabole;  Subhäshitävali  of  Vallabha- 
deva  ed.  Peterson  and  Durgäprasäda;  Väsishthadharma^ästram  ed.  Führer: 
Ekävali  of  Vidyädhara;  Panchatantra  ed.  Kielhorn  and  Bühler.  [Ge- 
schenk auf  Veranlassung  des  Director  of  Public  Instruction  Bombay 
Presidency  durch  den  Curator,  Government  Central  Book  Depot,  Bombay.] 

Eb   1300. 

11826.  La  Merope,  Tragoedia  .  .  .  Francisci  Scipionis  Maffei  quam  ...  in 
linguam  sacram  classicam  convertit  .  .  .  Samuel  Aaron  Roiuanelli  nunc 
primum  .  .  .  edita  e  manuscripto  autographo  translatoris  existente  in 
bibliotheca  privata  editoris  Thomae  Aq.  Weikert.  Romae  .  .  .  1903 
(Umschlag   1904).     (Vom  Verleger)  Dh 

11827.  Bezold,  C. ,  Die  babylonisch-assyrischen  Keilinschriften  und  ihre  Be- 
deutung für  das  Alte  Testament  .  .  .  Tübingen  und  Leipzig  1904.  (Vom 
Verleger.)  Ia  265. 

11828.  The  Pahlavl  Version  of  Yasna  IX  edited  with  .  .  .  a  literal  transl 
into  English  .  .  .  notes  and   an  introduction  by  Manekji  Bamaüji  Davar. 
Leipzig   1904.     (Vom  Verleger.)  I       L301. 

11829.  Goeje,  M.  J.  de,  Memoires  d'histoire  et  de  geographie  orientales.  No.  3. 
Memoire  sur  les  migrations  des  Tsiganes  ä  travers   L'Asie.     Leid 

(Vom  Verleger.) 

50 


L  I  Vre.  der  für  die  Bibliothek  der  D.  M.  G.  eingeg.  Schriften  u.  s.  w. 

L1830.  Deussen,  Paul,  Erinnerungen  an  Indien.  Mit  ...  einem  Anhange:  „On 
the  philosophy  of  the  Vedanta  in  its  relations  to  occidental  Metaphysics". 
Kiel   und   Leipzig   1904.     (Vom  Verleger.)  Ob   2040. 

11831.  Das  Triadon.  Ein  Sahidisches  Gedicht  mit  arabischer  Übersetzung. 
Von  Oscar  von   Lemm.     I.  Text  ...  St.  Petersbourg  1903.      Ca  960. 

11S32.  Part  II  of  the  Lubäbu  '1-albäb  of  Muhammad 'Awfi  edited  in  the  original 
Porsian,  with  preface,  indices  and  variants,  by  Edward  G.  Browne. 
London,  Leide  1903.  (Persian  Historical  Texts,  Vol.  II.)  (Vom  Ver- 
leger.) Ec  2418. 
Prolegomena  zu  einer  erstmaligen  Herausgabe  des  Kitäb  al-hidäja  'ilä 
farä'id  al-qulüb  .  .  .  von  Bachja  ihn  Joseph  ihn  Paqüda  aus  dem 
'Andalus  nebst  einer  grösseren  Textbeilage.  (Strassburger  Diss.  von) 
A.  S.  Yahuda.  Darmstadt  1904.  (Von  Herrn  Professor  Dr.  Leumann 
in   Strassburg.)                                                                                                De   3713. 

IIS.;-).  Krämer,  Jacob,  Das  Problem  des  Wunders  im  Zusammenhang  mit  der 
Providenz  bei  den  .jüdischen  Keligionsphilosophen  des  Mittelalters  von 
Saadia  bis  Maimüni.   (Diss.)  Strassburg  i.  E.  1903.    (Von  dems.)    Hb  1337. 

11835.  Michel,  Karl,  Gebet  und  Bild  in  den  ersten  christlichen  Jahrhunderten 
nach   den  litterarischen  Quellen.    (Strassb.  Diss.)    Naumburg  a.  S.   1902. 

Von   dems.)  Ie  202. 

11836.  Der  achte  Abschnitt  aus  dem  Traktate  „Sabbath"  (Babli  und 
und  Jeruschalmi)  übersetzt  und  philologisch  behandelt  nebst  Wieder- 
gabe des  Textes  des  Jeruschalmi  nach  dem  Leydener  Manuscript.  (Strassb. 
Diss.  von)  Isaak  Levy.     Breslau  (1891).      (Von  dems.)  Dh  2740. 

11837.  Heil,  Johannes,  Die  frühchristlichen  Darstellungen  der  Kreuzigung. 
(Strassb.  Diss.)     Leipzig   1904.     (Von   dems.)  Ie   276. 

11838.  Samuel  hen  Moses  ha-Ma'arabi,  .  .  .  Die  karaeischen  Fest-  und  Fast- 
tage. Herausgegeben  nach  einer  Berliner  Handschrift.  (Strassb.  Diss. 
von)  Juda  Junoiritsch.    Berlin  1904.     (Von  dems.)     De   10282   =  Y  1. 

11839.  Die  Erzählung  oder  das  Martyrium  des  Barbaren  Christophorus  und 
seiner  Genossen.  (Strassb.  Diss.  von)  Johann  Popescu.  Leipzig  1903. 
(Von  dems.)  De   1989. 

11840.  Tsuru-Mahu  TÖkiwai,  Studien  zum  Sumägadhävadäna.  Einleitung  zu 
einer  mit  Prof.  Leumann  vorbereiteten  Ausgabe  nebst  Übersetzung  der 
chinesischen  Bearbeitungen.  (Strassb.  Diss.)  Dannstadt  1898.  (Von 
dems.)  Eb  3530/50  =  T  1. 

11841.  Maimonides''  Commentar  zum  Tractat  Kidduschin.  Kritische  Edition 
des  arabischen  Urtextes  mit  verbesserter  hebräischer  Uebersetzung,  Ein- 
leitung und  Anmerkungen.  (Strassb.  Diss.  von)  Aron  Bär  Nurock. 
Berlin   1902.     (Von  dems)  De  6687  =  Y   1. 

60 

11842.  Laqueur,  Eicardus,  Quaestiones  epigraphicae  et  papyrologicae  selectae. 
(Diss.)     Argentorati   1904.     (Von  dems.)  Eg  870. 

11843.  Friedlaender,  Srul  (Israel),  Der  Sprachgebrauch  des  Maimonides  .  .  . 
I.  Lexikalischer  Teil.  Erste  Hälfte  (\  —  (jo).  (Strassb.  Diss.)  Leipzig 
1901.      (Von  dems.)  Do  6691. 

11844.  Köster,  August,  Die  ägyptische  Pflanzensäule  der  Spätzeit  .  .  .  (SA. 
aus:  Recueil  de  Travaux  rel.  h  la  Philol.  et  ä  l'Archeol.  egypt.  et  assyr. 
Vol.  XXV.)      (Strassb.   Diss.)     Paris   1903.     (Von  dems.) 

Qb   70.     4°.  =  Y  3.     2°. 

11845.  Spiegellerg,  Wilbelm,  Studien  und  Materialien  zum  Rechtswesen  des 
Pharaonenreiches    der    Dynast.    XVIII— XXI    (c.    1500—1000   v.    Chr.) 

Strassb.  Diss.)     Hannover   1892.     (Von   dems.)  K  842.     4°. 


Vers,  der  für  die  Bibliothek  der  D.  M.  G.  eingeg.  Schriften  u.  s.  w.         LI 

11846.  Der  demotische  Teil  der  dreisprachigen  Inschrift  von  Rosette. 
(Strassb.   Diss.  von)  J.  J.  Hess.    Freiburg  (Schweiz)    1902.    (Von  dems.'i 

Ca  321.     2°. 

11847.  Nicolai,   Rudolf,  Geschichte  der  römischen  Literatur.    Magdeburg  1881. 

•     Eg   1300. 

1184S.  Colleetion  White  King.  Premiere  partie.  Monnaies  .  .  .  Vente  ;'t 
Amsterdam  le  26  Septembre  1904  et  jours  suivants  sous  la  Direction 
...  de  l'Expert  J.  Schulmon  ...  Mb  50. 

11849.  Streck,  Maximilian,  Bemerkungen  zu  den  „ Annais  of  the  Kings  of 
Assyria,  I.     (A.  aus:  ZA.  XVIII.     Strassburg   1904.)     (Vom   Verf.) 

Db   409   =  Y    1. 

11850.  (Chauvin,  Victor,)  Genese  XV,  v.  12.  (SA.  aus:  Museon.  X1Ie  Serie 
V,   1904)     (Vom  Verf.)  Ic  336  =  Y   1. 

11851.  (Chauvin,  Victor,)  Wunderbare  Versetzungen  unbeweglicher  Dinge. 
(A.  aus  d.  Zeitschr.  d.  Ver.  f.  Volkskunde  in  Berlin.  Heft  3.  1904.) 
(Vom  Verf.)  G    46   ==  Y   1. 

50 

11852.  Chauvin,  Victor,  Les  Rapports  du  Roi  de  Serendip  et  de  Häroune  al- 
rachid  d'apres  l'Histoire  de  Sindbäd  le  marin.  (A.  aus  [Wallonia]  T.  XII. 
Nos  2.   3,  fevrier-mars   1904.)     (Vom   Verf.)  G  46  =  Y   1. 

11853.  (Köberlc,)  Gottesgeist  und  Menschengeist  im  Alten  Testament.  (A.  aus: 
Neue  kirchl.  Zeitschr.  XIII.  5.  6.)    (Von  Herrn  Professor  Dr.  G.  Jacob.) 

Ia  311. 

o 

11854.  En  Sang  pa  Tigre-spraket  upptecknad,  öfversatt  och  förklarad  af  R. 
Sundström.  ütgifven  och  öfversatt  tili  tyska  af  Enno  Ldttmann. 
Uppsala,  Leipzig  o.  J.  =  Skrifter  utgifna  af  K.  Humanistiska  Veten- 
skaps-Samfundet    i    Uppsala.     VIII.   6.     (Von    Herrn    Dr.  E.  Littmann.) 

Dg  770   =  Y   1. 

11855.  as-Salüin ,  Ahmad  b.  Hälid  an-NäsirT,  Kitäb  al-istiqsa  li-ahbär  duwal 
al-magrib  al-aqsä.     Teil  1— IV.     Kairo   1312.  De   10210.     4°. 

11856.  'All  b.  Ahmad  b.  Hazm  az-Zähiri  Abu  Muhammad,  Kitäb  al-faisal  ri 
'1-milal  wa-'l-ahwä'  wa-'n-nihal.  Am  Rande:  as-Sahrastänl,  Al-milal 
wa-'n-nihal.     Teil  I— V.     Kairo   1317—1321.  De  3378.      4". 

11857.  Abu  'n-Nagä' ,  Häsija  'alä  sarh  Hälid  al-Azhari  'alä  matn  al-Agur- 
rümlja  fl  'ilm  al-'arablja.  Am  Rande  dieser  Kommentar  selbst.  Kairo 
1319.  De  5864.     4°. 

11858.  Muhammad  al-Aubäbl,  Taqrlrät  .  .  .  'alä  Häsijat  Abi  'n-Nagä'  'alä 
sarh  Hälid  al-Azhari.  Am  Rande:  Derselbe,  TaqrTr  'alä  Häsijat  Hasan 
al-'Attär  'ala  'l-Azharlja.     [Kairo]    1319.  De  5866.     4°. 

11859.  Abu  'l-Hasanät  Muhammad  'Abd  al-Haij  al-Luknäwl,  Al-fawä'id  al- 
bahlja  fT  tarägim  al-hanaf Tja  ma'  ta'liqät  as-sanlja  'ala  -  '1-fawä'id  al- 
bahlja.     Kasan   1321/1903.  '  De  2812.     4°. 


Sehr  erwünscht  ist  der  Bibliothek  die  vollständige  Zuwendung  der  neu- 
erscheinenden 

orientalistischen  Dissertationen,  Programme  u.  s.  w. 

der  Universitäten  und  anderer  Lehranstalten. 


I  il 


A  1 1  g  e  in  e  i  n  e   Versammlung 

der  D.  M.  G.  am  7.  Okt.  1904  zu  Leipzig. 

Die  diesjährige  Allgemeine  Versammlung'  wird  statt- 
finden Freitag-  den  7.  Oktober  1904  im  Semitistischen  Institut 
der  Universität  Leipzig-  (Universitätsgebäude ,  Paulinum,  I). 
Beginn  früh  9  Uhr. 

Halle  und  Leipzig,  im  Juni  1904. 

Der  sescliäftsführende  Vorstand. 


LIII 


Protokollarischer  Bericht 

über  die  am  7.  Oktober  1904  zu  Leipzig  abgehaltene 

Allgemeine  Versammlung  der  D.  M.  G. *) 

Die  Sitzung  beginnt  9'/4  Uhr  im  Semitistischen  Institut  der  Universität 
Leipzig.  Zum  Vorsitzenden  wird  Geh.  Hofrat  Windiseh  gewählt,  zum  stell- 
vertretenden Vorsitzenden  Prof.  Hultzsch,  zu  Schriftführern  die  Herren  Dr. 
E.  Schmidt  und  Dr.  Hertel. 

1.  Zunächst  kommt  durch  Prof.  Hui  tzsch  der  Bericht  des  Schrift- 
führers für  1903/19042)  zur  Verlesung.  Im  Anschluß  daran  beschließt  die  Allg. 
Versammlung :  1)  es  bei  der  Eintragung  der  Gesellschaft  in  das  Vereinsregister 
zu  Leipzig  bewenden  zu  lassen,  so  daß  nunmehr  der  endgiltige  Druck  der  neuen 
Satzungen  erfolgen  kann,  2)  rückwirkend  den  Eintritt  von  Prof.  Hultzsch  in 
den  geschäftsführenden  Vorstand  zu  genehmigen,  3)  dem  bisherigen  Schriftführer, 
Prof.  Praetorius,  den  Dank  der  Gesellschaft  auszusprechen. 

2.  Es  folgt  der  Redaktionsbericht  von  Prof.  Fischer.3)  Die  Ver- 
öffentlichung des  Gosche 'sehen  Jahresberichts  in  der  darin  vorgeschlagenen 
Weise  wird  genehmigt.  Auf  Grund  buchhändlerischer  Erwägungen  wird  dabei  be- 
schlossen, daß  er  gratis  nur  an  diejenigen  Mitglieder  abgegeben  werden  soll,  die 
sich  bis  zum  1.  Oktober  1906  melden.  Ferner  wird  genehmigt,  daß  der  Redakteur 
den  von  R.  Schmidt  und  J.  Hertel  bearbeiteten  Test  des  Amitagati, 
nebst  deutscher  Übersetzung,  in  der  ZDMG.  veröffentlicht.  Da  die  Arbeit  ziemlich 
umfangreich  ist,  soll  der  Redakteur  den  Druck  nach  eigenem  Ermessen  einrichten. 

Eine  längere  Debatte  knüpft  sich  an  den  neuen  wissenschaftlichen 
Jahresbericht  (s.  den  Redaktionsbericht).  Prof.  Kuhn  spricht  sich  in  ein- 
gehender Erörterung  der  Frage  energisch-  gegen  den  Jahresbericht,  sowie  gegen 
die  vom  Redakteur  (s.  ZDMG.  58  ,  293)  ins  Auge  gefaßten  bibliographischen 
Übersichten  aus,  besonders  weil  durch  beide  Neuerungen  die  Existenz  der  „ Orien- 
talischen Bibliographie"  gefährdet  sei.  Er  beantragt  Jahresbericht  wie  Über- 
sichten fallen  zu  lassen ,  da  andernfalls  Prof.  Scherman  und  die  Firma  Reuther 
&  Reichard  in  Erwägung  ziehen  müßten,  ob  es  sich  empfehle  die  „Or.  Biblio- 
graphie" in  der  bisherigen  Weise  weiterzuführen.  Geheimrat  Windiseh  kon- 
statiert den  hohen  Wert  der  „Or.  Bibliographie"  für  die  morgenländischen  Studien 
und  rühmt  die  Verdienste  ihrer  Herausgober,  trägt  aber  Bedenken,  einen  erst 
vor  zwei  Jahren  von  einer  stark  besuchten  Allg.  Versammlung  gefaßton  Beschluß 


1)  Das  Verzeichnis  der  Anwesenden  s.  in  Beilage  A. 

2)  Siehe  Beilage  B.  3)  Siehe  Beilage  C. 


MV     Prolokolle)-.  Bericht  über  die  Allgem.  Versammlung  zu  Leipzig. 

ohne  weiteres  wieder  aufzuheben.  Prof.  Fischer  betont,  daß  auch  die  Semi- 
tisten  den  Wert  der  TOr.  Bibliographie "  vidi  und  ganz  zu  würdigen  wüßten, 
daß  er  persönlich  es  für  eine  Ehrenpflicht  der  DM6.  halte,  ihre  Fortdauer  zu 
sichern,  daß  er  aber  in  dem  Jahresberichte  keine  Gefahr  für  sie  sehen  könne-, 
wer  letzteres  tue.  verkenne  Zweck  und  Anlage  des  Jahresberichts.  Die  geplanten 
bibliographischen  Übersichten  gäbe  er  preis.  Im  übrigen  begründet  er  noch  ein- 
mal eingehend  den  formellen  Standpunkt  des  geschäftsführenden  Vorstands  in 
dieser  Frage,  den  er  für  unanfechtbar  erklärt,  und  verliest  zum  Schluß  einen 
Brief  Prof.  Nöldeke's,  in  dem  sich  dieser  entschieden  gegen  die  Wieder- 
belebung des  Jahresberichts  ausspricht.  Konsul  Harrassowitz  hat  vom  buch- 
händlerischen Standpunkte  aus  Bedenken ,  den  Jahresbericht  schon  ein  Jahr 
nach  seinem  Entstehen  wieder  eingehen  zu  lassen,  und  vermag  in  ihm  bei 
seiner  spezifischen  Anlage  und  Kürze  keine  Gefahr  für  die  „Or.  Bibliographie" 
zu  erblicken.  Prof.  Steind  orff  spricht  seine  volle  Sympathie  mit  dem  Jahres- 
berichte aus  und  beantragt,  ihn  in  der  bisherigen  Form  beizubehalten,  von  den 
bibliographischen  Übersichten  dagegen  abzusehen.  Die  Versammlung  akzeptiert 
schließlich  diesen  Antrag,  beschließt  zugleich  aber,  daß  dem  protokollarischen 
Berichte  über  die  Versammlung  ein  Resume  der  Ausführungen  Kuhn 's  sowie 
der  Brief  Jsöldeke's  beigefügt  werden  sollen,1)  um  eventuell  einer  späteren 
Allg.  Versammlung  als  Material  zu  dienen,  falls  weitere  Bedenken  gegen  den 
Jahresbericht  laut  werden. 

3.  Prof.  Fischer  erstattet  an  der  Hand  der  ihm  von  der  Firma  F.  A. 
Brockhaus  gelieferten  Unterlagen  den  Kassenbericht.2)  Zu  Revisoren  der 
Kassenführung  werden  Prof.  Kuhn  und  Prof.  Zimmern  ernannt. 

4.  Als  letzter  Bericht  schließt  sich  an  der  Bibliotheksbericht  des 
Dr.  Kampffmeyer.3)  Die  Allg.  Versammlung  spricht  Dr.  Kampffmeyer, 
der  sein  Amt  niedergelegt  hat,  den  Dank  der  Gesellschaft  aus  für  die  ihr,  be- 
sonders im  letzten  Jahr  anläßlich  der  Übersiedelung  der  Bibliothek  in  die  neuen 
Räume,  geleisteten  hervorragenden  Dienste.  Prof.  Fischer  beantragt,  in  den 
zur  Ausarbeitung  der  neuen  Bibliotheksordnung  eingesetzten  Ausschuß  nach- 
träglich noch  zur  Vertretung  der  Anschauungen  und  Rechte  des  geschäftsführenden 
Vorstands  ein  Mitglied  des  letzteren  zu  delegieren.  Geheimrat  Windisch 
unterstützt  diesen  Antrag  und  bringt  Prof.  Fischer  in  Vorschlag.  Dieser  wird 
delegiert,  ferner  wird  bestimmt,  daß  der  neue  Bibliothekar  an  Stelle  Dr.  Kampff- 
meyer's  in  den  Ausschuß   eintreten  und  darin  den  Vorsitz  führen  soll. 

5.  Beratung  der  zwei  S.  XLII  dieses  Bandes  veröffentlichten  Anträge 
auf  Zusätze  zu  den  Satzungen  der  D.  M.  G.  Geheimrat  Windisch 
motiviert  eingehend  seinen  Antrag.  Dr.  Kampffmeyer  verliest  ein  Memorandum, 
das  ausführlich  die  Stellung  und  die  Aufgaben  des  Bibliothekars  der  D.  M.  G. 
erörtert.  Prof.  Hultzsch  schlägt  zu  dem  Antrage  Windisch  das  Amendement 
vor,  dem  „besonderen  Bibliotheksbeamten1'  600  Mk.  statt  480  Mk.  zu  bewilligen. 
Prof.  Fischer  spricht  für  den  Antrag  Windisch  und  befürwortet  zugleich  das 
Amendement  Hultzsch.  Letzteres  empfiehlt  auch  Prof.  Gut  he.  Es  wird  darauf 
der  Antrag  Windisch  mit  dem  Amendement  Hultzsch  angenommen. 

l     Siehe  Beilage  D.  2)  Siehe  Beilage  E. 

3)   Siehe   Beilage  F. 


Protokollar.  Bericht  über  die  Allgem.  Versammlung  zu  Leipzig.     LV 

Da  allgemeines  Einverständnis  darüber  herrscht,  daß  die  nunmehr  der 
nächsten  Allg.  Versammlung  zur  Beschlußfassung  vorzulegende  neue  Biblio- 
theksordnung auch  die  Rechte  und  Pflichten  des  Bibliothekars  regeln  soll,  erklärt 
Dr.  Kampffmeyer  seinen  Antrag  damit  für  erledigt. 

6.  Die  satzungsgemäß  aus  dem  Vorstand  ausscheidenden  Proff.  Fischer, 
Hultzsch  und  Zimmern  werden  wieder-,  für  Dr.  Kampffmeyer  wird  Prof. 
Praetorius  in  den  Vorstand  gewählt. 

7.  Als  Ort  der  nächsten  Allg.  Versammlung  wird  Hamburg-, 
der  Sitz  des  allgemeinen  deutschen  Philologentages  von  1905,  bestätigt.  Um 
einem  bezüglichen  Wunsche  des  Hamburger  Lokalkomitees  zu  entsprechen, 
ernennt  die  Allg.  Versammlung  Prof.  Hultzsch  zu  einem  der  Obmänner  der 
orientalischen  Sektion  des  Philologentages. 

8.  Prof.  Kuhn  berichtet  über  die  Expedition  Grünwedel  nach  Chinesisch- 
Turkestan  und  beantragt,  Herrn  Prof.  Grünwedel  den  Glückwunsch  der  Gesell- 
schaft zu  seinen  Aufsehen  erregenden  Resultaten  auszusprechen.  Der  Antrag 
wird   angenommen. 

Darauf  wird   die  Sitzung  vertagt. 

Wiedereröffnung  der  Sitzung  Nachmittags  3  30.  Dem  Kassierer  wird 
auf  Antrag  der  beiden  Revisoren  Decharge  erteilt. 


Beilage  A. 

Liste    der  Teilnehmer   an    der  Allgemeinen  Yevsamm 
lung  der  D.  M.  G.    am   7.  Oktober  1904  in  Leipzig.1) 

1.  A.  Fischer,  Leipzig.  *10.  Erw.    Ter-Minassian  tz ,    Etsch 

2.  H.   Guthe,  Leipzig.  miadsin. 

3.  E.  Kuhn,  München.  11.  Richard  Schmidt,  Halle  a/S. 

4.  F.   H.   Weißbach,  Leipzig.  12.  Joh.  Hertel,   Döbeln. 

5.  Johs.  Baensch-Drugulin ,  13.  G.   Kampffmeyer,  Halle  a/S. 

Leipzig.  14  F.  Praetorius,  Halle  a/S. 

*6.  Hans    Windisch,    cand.    theol ,  15.  H.  Zimmern,  Leipzig. 

Leipzig.  16.  E.  Hultzsch,  Halle  a/S. 

7.  Ernst  C.  Marre,  Leipzig.  17.  E.  Windisch,  Leipzig. 

8.  R.  Löbbecke,  Leipzig.  18.  Georg  Steindorff,  Leipzig. 

9.  Otto  II  arrassowitz,  Leipzig. 


Beilage  B. 

Bericht    des   Schriftführers  für  1903—1904. 

Seit    dem    vorjährigen    Berichte    (Bd.  57,  S.  LVIIf.)    sind    der  Gesellschaft 
15   Mitglieder  beigetreten  (Nr.  1347 — 13G1),  davon   6   ab  1903   und   die  übrigen 
ab    1904.     Dagegen    erklärten    ihren    Austritt    die    Herren    Albrechl 
Berghold,  Hubert,  Philippi,  Voigt  und  Witschel.    Gestrichen  wurden 
die  Namen  von  6  ordentlichen  Mitgliedern. 

1  ,   Ein  *  bezeichnet  die  Teilnehmer,   die   nicht  Mitglieder   der  I  >.  M.  G.  sind. 


LY1     Frotökollar.  Bericht  über  die  Allgem.  Versammlung  zu  Leipzig. 

Durch  den  Tod  verlor  die  Gesellschaft  die  ordentlichen  Mitglieder  Herren 
Himly,  Lang,  v.  Möllendorff,  Nix  und  Volck  sowie  ihr  Ehrenmitglied 
Herrn  Geheimrat  Dr.  Otto  v.  Böhtlingk,  Exzellenz.  Der  geschäftsführende 
Vorstand  legte  am  Sarge  des  großen  Gelehrten  einen  Kranz  nieder  und  Herr 
Geheimrat  Windisch  widmete  dem  verstorbenen  Freunde  und  Fachgenossen 
einen  warm   empfundenen,  seine  hohen  Verdienste  würdigenden  Nachruf.1) 

Am  1.  Januar  1904  betrug  die  Zahl  der  ordentlichen  Mitglieder  und  der 
Institute,  welche  die  Stelle  eines  ordentlichen  Mitglieds  einnehmen,  457  (6  mehr 
als  im  Vorjahre). 

Die  Gesellschaft  trat  in  Schriftenaustausch  mit  dem  Semitistischen 
Institut  der  Universität  Leipzig,  welches  die  „Leipziger  semitistischen 
Studien"  liefert  und  dagegen  unter  den  „Abhandlungen  für  die  Kunde  des 
Morgenlandes"  diejenigen  mit  semitistischem  oder  verwandtem  Inhalt  empfängt; 
ferner  mit  dem  Archiv  für  Religionswissenschaft  in  Leipzig,  der 
Khedivial  Library  in  Cairo  und  dem  Director  General  of  Archaeo- 
logy  in  Simla. 

In  Ausführung  der  Beschlüsse  früherer  Allg.  Versammlungen  unterstützte 
die  Gesellschaft  im  Laufe  des  Berichtsjahres  die  Orientalische  Biblio- 
graphie, die  Zeitschrift  für  Agypt.  Sprache  und  Altertumskunde 
und  die  Bibliographie  Arabe  des  Herrn  Chauvin  mit  Mk.  500,  400  und 
120.  Der  weitere  Vorstand  beschloß  ferner,  der  von  Sir  Charles  Lyall  geplanten 
Ausgabe  der  Mufaddalijät  s.  Z.  eine  den  verfügbaren  Mitteln  entsprechende 
Unterstützung  zu  gewähren. 

Im  Anschluß  an  den  letzten  Jahresbericht  (Bd.  57,  S.  LXII)  erklärte  der 
geschäftsführende  Vorstand,  die  Eintragung  der  Gesellschaft  in  das  Vereins- 
register zu  Halle  beantragen  zu  wollen.  Seitdem  hat  sich  herausgestellt,  daß 
diese  Eintragung  einerseits  völlig  unnütz  sein ,  und  andrerseits  nicht  nur  das 
erste  Mal,  sondern  alljährlich  allerlei  Kosten  verursachen  würde,  da  jedesmal 
die  Anmeldung  des  neugewählten  oder  nur  wiedergewählten  Vorstandes  und  die 
notarielle  Beglaubigung  der  Unterschriften  aller  elf  Mitglieder  des  weiteren  Vor- 
standes erforderlich  wäre.  Der  geschäftsführende  Vorstand  hat  daher  bisher  von 
der  Eintragung  zu  Halle  abgesehen  und  empfiehlt  der  Allg.  Versammlung,  sich 
mit  der  bereits  erfolgten  Eintragung  in  Leipzig  zu  begnügen. 

Am  1.  Januar  1904  übernahm  der  Unterzeichnete  —  vorbehaltlich  der 
Genehmigung  durch  die  gegenwärtige  Allg.  Versammlung  —  das  Schriftführeramt 
an  Stelle  des  auf  seinen  Wunsch  ausscheidenden  Herrn  Prof.  Praetorius,  der 
zehn  Jahre  lang  dem  geschäftsfühlenden  Vorstand  als  Schriftiührer  angehört  und 
sich  durch  seine  aufopfernde  Tätigkeit  große  Verdienste  um  die  Gesellschaft 
erworben  hat. 

Vom  57.  Bande  der  Zeitschrift  wurden  an  Mitglieder  und  gelehrte  Ge- 
sellschaften 544  Exemplare  versandt  und  an  Buchhändler  133  Exemplare  abgesetzt, 
zusammen  077  (10  mehr  als  im  Vorjahre).  Erfreulicherweise  hat  die  Preis- 
erhöhung keinen  Rückgang  des  Absatzes  an  Buchhändler  zur  Folge  gehabt;  es 
wurden    nämlich    im    laufenden    Jahre   140  Exemplare    des  58.  Bandes    bezogen 


1)  S.  Wissenschaftliche  Beilage  der  Leipziger  Zeitung,  Nr.  46,  16.  April  1904. 


Protokoll.  Bericht  über  die  Allgem.  Versammlung  zu  Leipzig.     LVII 

(7  mehr  als  1903).  Der  Gesamtabsatz  der  Veröffentlichungen  der  Gesellschaft 
ergab  im  verflossenen  Jahre  Mk.  3658,  wovon  31k.  3C5.80  Provision  der  Firma 
F.  A.  Brockhaus  in  Abzug  zu  bringen  sind. 

Das  Fleischerstipendium  wurde  in  der  Höhe  von  Mk.  350  am  4.  März 
1904  an  Herrn  Professor  Dr.  Paul  Schwarz  in  Leipzig  verliehen. 

Ein  Ereignis  von  großer  Wichtigkeit  für  die  Gesellschaft  war  die  Über- 
siedelung der  Bibliothek  in  das  von  Herrn  Baurat  K  o  r  t  ii  m  erbaute  neue 
Bibliotheksgebäude  der  Leopoldinisch-Karolinischen  Akademie.  Die  gediegene 
Ausstattung  der  neuen  Räume  verdanken  wir  zum  Teile  dem  hohen  Koni  gl. 
Preußischen  Unterrichtsministerium,  welches  einen  außerordentlichen 
Zuschuß  von  Mk.  1643. G5  gewährte,  und  andrerseits  Herrn  Geheimrat  Freiherrn 
v.  Fritsch,  welcher  als  Präsident  der  Leopoldinisch-Karolinischen  Akademie 
Mk.  1746   zum  selben  Zwecke  beitrug.  E.  Hultzsch. 


Beilage  C. 

Redaktionsbericht  für  1903 — 4. 

Heft  I  von  Bd.  58  der  Zeitschrift  konnte  aus  Gründen,  die  ich  in 
dem  Hefte  selbst,  S.  293,  namhaft  gemacht  habe,  erst  im  Mai  ds.  erscheinen. 
Heft  IV  von  Bd.  57  und  Heft  II  und  III  von  Bd.  58  dagegen  sind  pünktlich 
am  Schlüsse  der  betr.   Quartale  verschickt  worden. 

Von  folgenden  zwei  größeren  Aufsätzen  des  laufenden  Jahrgangs  der  Zeit 
schrift  habe  ich   Sonderabdrücke  in   den   Buchhandel  gebracht: 

Das  südliche  Pancatantra.  Übersicht  über  den  Inhalt  der  älteren  „Pafi- 
catantra"-Rezensionen  bis  auf  Pürnabhadra.  Von  Johannes  Hertel.  68  S. 
2   Mk.    10  Pf.,  für  Mitglieder   der  D.  M.  G.    1    Mk.   40   Pf. 

Beiträge  zur  Beleuchtung  des  islamitischen  Strafrechts,  mit  Rück- 
sicht auf  Theorie  und  Praxis  in  der  Türkei.  Von  Johann  Krcsmarik. 
133   S.     4  Mk.   20  Pf.,  für  Mitglieder  der  D.  M.  G.   2   Mk.   80  Pf. 

Der  laufende  Band  der  Zeitschrift  hat  gegenüber  den  früheren  einige 
Neuerungen  gebracht:  1.  Einheitlichkeit  in  der  deutschen  Recht- 
schreibung und  in  der  Bezeichnung  der  einfachen  Vokal] 
in  transkribierten  Wörtern,  2.  regelmäßige  Verzeichnisse  der  bei 
der  Redaktion  zur  Besprechung  eingeh  enden  Druckschriften  und 
3.  einen  wissenschaftlichen  Jahresbericht. 

Über  die  Gründe,  die  mich  zur  ersten  dieser  Neuerungen  veranlaßt  haben, 
habe  ich  mich  auf  S.  XXXI  des  Bandes  geäußert.  Mit  der  zweiten  Neuerung 
verfolge  ich  einen  mehrfachen  Zweck:  die  betr.  Verzeichnisse  sollen  erstens  gegen- 
über den  Verlegern  oder  Autoren,  die  der  Redaktion  Werke  zur  Anzeige  zu- 
senden, als  Quittung  dienen;  zweitens  sollen  sie  mir  die  Aufgabe  erleichtern, 
geeignete  Rezensenten  zu  finden;  und  drittens  sollen  sie  in  Fällen,  in  denen  die 
betr.  Werke  —  sei  es,  weil  dieselben  nicht  wichtig  genug,  sei  es,  wei 
geeigneten  Rezensenten  aufzutreiben  sind  —  in  der  ZDMG.  nicht  zur  i 
gelangen  können,  Verlegern   und  Autoren  wenigstens  die  Genugtuung  gewähren, 


LYIII     Frotökollar.  Bericht  über  die  Allgem.  Versammlung  zu  Leipzig. 

daß  die  Leser  der  ZDMG.  rasch  auf  ihre  Veröffentlichungen  aufmerksam  ge- 
macht  werden. 

Diese  beiden  Neuerungen  scheinen  nirgends  Bedenken  erregt  zu  haben, 
wenigstens  habe  ich  bisher  von  solchen  nichts  gehört.  Anders  dagegen  die  dritte 
Neuerung,  der  wissenschaftliche  Jahresbericht!  Dieser  verdankt,  wie 
unter  den  Mitgliedern  der  D.  M.  G.  allgemein  bekannt  sein  sollte  und  wie  ich  zum 
Überfluß  an  der  Spitze  meines  „Nachworts'1  dazu  (S.  292)  noch  besonders  hervor- 
gehoben habe,  seine  Entstehung,  oder,  wenn  man  so  will,  seine  Wiedererweckung, 
nicht  der  Initiative  der  Redaktion  oder  überhaupt  des  geschäftsführenden  Vor- 
stands, sondern  der  Tatsache,  daß  er  vor  2  Jahren  in  Hamburg  von  einer  be- 
sonders stark  besuchten  Allg.  Versammlung  mit  so  großer  Majorität  desideriert 
worden  ist,  daß  der  geschäftsführende  Vorstand  in  seiner  Eigenschaft  als  aus- 
führendes Organ  der  Allg.  Versammlung  es  für  seine  Pflicht  hielt,  diesem  Desi- 
derium  nachzukommen.  Der  Jahresbericht  sollte  nach  den  Intentionen  des 
geschäftsführenden  Vorstands  nicht  eine  möglichst  reichhaltige  oder  gar  voll- 
zählige Anhäufung  von  Bücher-  und  Aufsatztiteln  darstellen,  sondern,  wie  ich 
es  in  meinem  Nachwort  (S.  293)  formuliert  habe,  „die  wissenschaftliche  Be- 
wegung der  einzelnen  Jahre  nur  in  großen  Zügen,  gewissermaßen  aus  der  Vogel- 
perspektive, zeichnen".  Er  sollte  ferner,  entsprechend  den  in  Hamburg  ge- 
äußerten Wünschen,  die  Mitglieder  unsrer  Gesellschaft  weniger  über  die  Fort- 
schritte auf  ihrem  eigenen  als  auf  den  benachbarten  Studiengebieten  unterrichten. 
Daß  der  veröffentlichte  erste  Versuch  diesen  Anforderungen  voll  entsprochen 
hätte,  behaupte  ich  nicht;  auf  einige  Mängel,  die  er  enthält  und  die  der  Kürze 
der  Zeit  wegen  nicht  mehr  abgestellt  werden  konnten,  die  aber  in  Zukunft  nicht 
wiederkehren  werden,  habe  ich  vielmehr  selbst  in  meinem  „Nachwort"  hinweisen 
müssen.  Allerlei  Kritik  aber,  die  an  ihm  und  im  Zusammenhang  damit  an  mir 
und  dem  ganzen  geschäftsführenden  Vorstande  geübt  worden  ist,  scheint  mir 
auf  der  Verkennung  von  Veranlassung  und  Zweck  des  Jahresberichts  zu  beruhen 
und  deshalb,  zum  mindesten  teilweise,  unberechtigt  und  ungerecht  zu  sein. 
Immerhin  habe  ich  diese  Kritik  nicht  weiter  beanstandet,  so  lange  sie  intern, 
d.  h.  im  Schöße  der  Gesellschaft,  blieb.  Bedauert  habe  ich  aber,  daß  ein  Mit- 
glied unsrer  Gesellschaft  den  Jahresbericht  öffentlich  angegriffen  hat  (Central- 
blatt  für  Bibliothekswesen,  1904,  S.  412  ff.),  ohne  auch  nur  einen  Versuch  gemacht 
zu  haben,  seinen  Ansichten  und  Wünschen  in  dieser  Frage  auf  friedlichem  Wege 
Geltung  zu  verschaffen,  sei  es  auf  dem  Wege  einer  Korrespondenz  mit  mir  oder 
dem  geschäftsführenden  Vorstande,  oder  sei  es  vermittelst  eines  Antrags  bei  der 
Allg.  Versammlung. 

Für  die  Abhandlungen  sind  mir  im  letzten  Jahre  drei  Arbeiten,  zwei 
indologische  und  eine  arabistische,  angeboten  worden.  Mit  Rücksicht  auf  unsere 
ungünstige  Finanzlage  habe  ich  leider  alle  drei  ablehnen  müssen.  Die  von  mir 
im  vorjährigen  Redaktionsbericlite  erwähnte  Abhandlung  M.  Stein  sehn  eider 's 
über  die  europäischen  Übersetzungen  aus  dem  Arabischen  bis  zum  Jahre  1550 
hat  inzwischen  in  den  Veröffentlichungen  der  Wiener  Akademie  eine  geeignete 
Unterkunft  gefunden. 

In  unsrer  Druckerei  lagern  seit  mehreren  Jahren  100  unvollendet  gebliebene 
Sonderabdrücke    von    Socin's    großem    Aufsatze    „Der    arabische    Dialekt    von 


Protokollen-.  Bericht  über  die  Allgem.  Versammlung  zu  Leipzig.     LIX 

Mösul  und  MärdTn",  der,  128  S.  stark,  in  Bdd.  36  und  37  unsrer  Zeitschrift 
erschienen  ist.  Diese  Sonderabdrücke  sind  noch  zu  Lebzeiten  und  auf  Wunsch 
Socin's  hergestellt  worden:  daß  sie  unvollendet  geblieben  sind,  hat  s.  Z.  unser 
finanzieller  Tiefstand  verschuldet.  Ich  habe,  da  nur  noch  wenige  Seiten  zu 
drucken  waren,  den  Druck  jetzt  zu  Ende  führen  lassen,  so  daß  der  Aufsatz 
demnächst  auf  dem  Büchermarkt  erscheinen  kann. 

Noch  viel  älter  ist  ein  zweiter  Druck,  der  unvollendet  in  unsrer  Druckerei 
lagert,  nämlich  R.  Gosche 's  „Wissenschaftlicher  Jahresbericht  über  die  morgen- 
ländischen Studien  1874  bis  1875",  bekanntlich  der  letzte  von  Gosche  gelieferte 
Jahresbericht,  eine  Arbeit,  die  unsre  Allg.  Versammlung  in  längst  vergangenen 
Jahren  mehrfach  beschäftigt  hat.  Es  liegen  davon  die  ersten  3  Bogen  in 
500  Exemplaren  im  Reindruck  vor.  Auf  diesen  3  Bogen  liest  man  allerlei,  das 
nach  meinem  Dafürhalten  mit  zum  Besten  gehört,  was  in  dieser  Art  aus  Gösch e's 
Feder  geflossen  ist,  so  namentlich  meisterliche  Nekrologe  auf  Abraham  Geiger, 
Ferdinand  Hitzig,  Constantin  v.  Tischendorf,  Wilhelm  Bleek  u.  a.  und  vor  allen 
auf  Heinrich  Ewald;  es  ist  somit  zu  wünschen,  daß  sie  noch  der  Öffentlichkeit 
zugänglich  gemacht  werden.  Prof.  E.  Kuhn  hat  sich,  bereits  unter  der  Redaktion 
Windisch,  in  sehr  dankenswerter  Weise  der  Aufgabe  unterzogen,  die  zu  diesem 
letzten  Jahresberichte  Gosche's  gehörigen  Materialien  zu  prüfen,  und  schlägt 
vor,  zur  Gewinnung  eines  leidlichen  Abschlusses  noch  eine  halbe  Seite  zum 
Abdruck  zu  bringen  uud  das  so  gewonnene  kleine  Heft  mit  einem  erläuternden 
Vor-  und  Nachwort  und  einem  Titelblatt  zu  veröffentlichen.  Ich  halte  diesen 
Vorschlag,  der  uns  nur  eine  minimale  Ausgabe  auferlegt,  für  sehr  beherzigens- 
wert und  bitte  die  Allg.  Versammlung  mich  zu  seiner  Ausführung  zu  ermächtigen. 

A.  Fischer. 


Beilage  D. 

1.    Resume  der  Ausführungen  Prof.  Kuhn 's. 

Anknüpfend  an  die  im  laufenden  Bande  der  Zeitschrift  veröffentlichten 
.Jahresberichte  und  Professor  Fischer's  Nachwort  entwickelte  Professor  Kulm 
seine  Ansichten  über  die  Jahresberichte  und  die  geplanten  bibliographischen 
Übersichten.  Er  betont  zunächst,  daß  nach  den  Erfahrungen  mit  den  frühereu 
Jahresberichten,  worüber  man  das  ausführliche  „Referat  über  die  Jahresberichts- 
Angelegenheit''  in  ZDMG.  38,  XXI — XXXV  vergleichen  mag,  ihn  das  bei  der 
Versammlung  zu  Hamburg  wieder  vorgebrachte  Verlangen  nach  Jahresberichten 
höchlichst  überrascht  habe,  und  bedauert  nachträglich,  seinen  Widerspruch  da- 
mals nicht  energisch  genug  geltend  gemacht  zu  haben.  Zu  den  vorliegenden 
Proben  übergehend,  zeigt  er,  daß  die  Mängel,  welche  seiner  Meinung  nach 
mit  solchen  Jahresberichten  nun  einmal  untrennbar  verknüpft  und  an  seinen 
eigenen  früheren  Berichten  ebenfalls  leicht  nachweisbar  sind,  Unvollstäiidigkeit 
und  Phrasenhaftigkeit ,  auch  jetzt  wieder  unleugbar  zu  Tage  treten.  Dem 
gegenüber  leiste  eine  einigermaßen  geordnete  und  mit  Verweisungen  aus- 
gestattete Bibliographie  dem  Einsichtigen  weit  bessere  Dienste,  zumal  wenn 
eine  verständige  Organisation  die  möglichst  vollständige  Ausbeutung  dos  in 
Betracht    kommenden    Materials    verbürge.      Von     dem    Nutzen    der    geplanten 


I,\      Protokollar.  Bericht  über  die  Allgem.  Versammlung  zu  Leipzig. 

bibliographischen  Übersichten,  welche  sich  natürlich  auf  eine  Auswahl  des 
Wichtigsten  zu  beschränken  hätten,  kann  Redner  sich  keine  rechte  Vor- 
stellung machen.  Sie  würden ,  da  die  Zeitschrift  in  vier  Heften  erscheint, 
gleichfalls  vierteljährlich  zu  erscheinen  haben  und  würden,  ebenso  wie  die 
Jahresberichte,  kaum  mehr  angesehen  werden,  sobald  ein  neuer  Jahrgang  der 
.Orientalischen  Bibliographie1'  vollendet  vorliege.  Es  komme  hinzu,  daß  die 
allgemein  literarisch-kritischen  Blätter  und  ebenso  die  den  Orient  näher  be- 
rührenden Zeitschriften  schon  jetzt  solche  Übersichten  bringen,  von  denen  die 
eine  oder  andere  wohl  jedem  zugänglich  sein  dürfte,  so  daß  für  eine  nur  vor- 
läufige Information  reichlich  gesorgt  sei.  Noch  müsse  bemerkt  werden,  daß 
ohne  Namensregister  der  Wert  der  Jahresberichte  und  Übersichten  noch  mehr 
illusorisch  werde,  während  anderseits  solche  Register  die  ohnehin  schon  nicht 
liehen  Kosten  der  geplanten  Neuerungen  wiederum  wesentlich  ver- 
mehren würden.  Weiter  müsse  darauf  hingewiesen  werden ,  daß  den  Be- 
arbeitern der  „ Orientalischen  Bibliographie"  durch  diese  Dinge  nur  eine  neue 
Arbeitslast  erwachse,  da  alles  trotz  seiner  provisorischen  und  unvollkommenen 
Beschaffenheit  wieder  eingesehen  und  mit  dem  sonst  vorliegenden  Material  ver- 
glichen werden  müsse.  Gegenüber  der  Überfülle  bibliographischen  Kleinkrams 
auf  anderen  Gebieten  möge  die  Deutsche  Morgenländische  Gesellschaft  es  als 
einen  beneidenswerten  Vorzug  der  orientalischen  Studien  betrachten,  daß  sie 
ein  bibliographisches  Zentralorgan  besitze,  dessen  Leitern  man  nicht  durch 
fortgesetztes  unnützes  Nörgeln  die  Arbeitslust  verleiden  solle.  Viel  bedeutsamer 
würde  es  sein,  wenn  die  Deutsche  Morgenländische  Gesellschaft  versuchen  wollte, 
durch  Einführung  ständiger  Berichte  über  neue  orientalische  Drucke',  welche 
natürlich  nur  von  im  Orient  selbst  weilenden  Gelehrten  geliefert  werden  können, 
das  in  erster  Linie  europäische  Material  der  Orientalischen  Bibliographie  tun- 
lichst zu  ergänzen. 

2.    Brief  Prof.  Nöldeke's. 

Straßb.  i.  E.   2.   10.  04. 

Ich  muß  ganz  entschieden  dafür  eintreten,  daß  der  neue  Versuch  von  „ Jahres- 
berichten" wieder  fallen  gelassen  werde.  Im  Anfang  der  Gesellschaft  waren 
solche  an  der  Zeit.  Damals  konnte  man  die  Litteratur  noch  übersehen ,  und 
Fleischer  und  namentlich  Roediger  waren  treffliche  Berichterstatter.  Daß  Gosche, 
der  in  mancher  Hinsicht  sich  zu  einem  solchen  erst  recht  eignete  (ich  habe  ihn 
sehr  genau  gekannt!),  nicht  damit  fertig  wurde,  lag  zum  größeren  Theil  aller- 
dings an  gewissen  persönlichen  Eigenschaften ,  aber  zum  Theil  auch  an  der 
Sache.  Ganz  unzweckmäßig  werden  m.  E.  die  Berichte,  sobald  sie  unter  Mehrere, 
Gleichberechtigte  getheilt  werden.  Dies  bewies  die  Erfahrung,  und  man  ließ 
sie  daher  fallen.  Daß  Einer  sie  jetzt  nicht  mehr  machen  kann,  steht  fest.  Aber 
ist  heute  denn  wirklich  noch  ein  Bedürfniß  vorhanden?  Die  „ Bibliographie" 
gieht  die  Litteratur  viel  vollständiger  wieder,  als  es  ein  Bericht  kann.  Die 
Berichte,  und  wenn  sich  12  Leute  darein  theilten,  werden  immer  unvollständig 
sein ,  auch  werden  sie  bei  der  Vertheilung  nothwendig  ungleichartig.  Dazu 
kommt  noch  ein  Wesentliches:  die  erste  neue  Sammlung  von  Berichten  enthält 


Protokollen-.  Bericht  über  die  Allgem.  Versammlung  zu  Leipzig.     LXI 

eine  Anzahl  Wer t hurtheile,  z.  Theil  ziemlich  scharfe.  Das  ist  das  Recht  des 
sachverständigen  Eecensenten  auch  in  der  Zeitschrift,  so  lange  er  in  seinem 
eigenen  Namen  redet;  nicht  aher  erkenne  ich  ihm  das  Recht  zu,  wenn  er  im 
Namen  der  Gesellschaft  redet,  und  das  thut  er  nach  meiner  Auffassung 
in  den  Berichten.  Bei  Büchern,  die  jeder  Kenner  für  sehr  gut  oder  sehr 
schlecht  halten  muß,  mag  das  gehn,  aber  wo  bloß  ein  subjektives  Urtheil  ist, 
da  ist's  hier  nicht  erlaubt.  Daß  ich  selbst  mit  diesem  und  jenem  tadelnden 
Urtheil  in  den  Berichten  nicht  einverstanden  bin,  ist  Nebensache;  mir  scheint 
diese  ganze  Art  nicht  zulässig. 

Ich  bitte  Sie  also,  der  Generalversammlung  meine  Ansicht  vorzutragen 
mit  den  Gründen,  die  ich  Ihnen  kurz  dargelegt  habe.  Könnte  ich  selbst  in 
Leipzig  zugegen  sein,  so  würde  ich  noch  dies  und  das  sagen,  Einzelheiten  an- 
führen etc.;  das  läßt  sich  schriftlich  nicht  so  machen.  Auf  alle  Fälle  können 
Sie  darauf  rechnen,  daß   die  Berichte  in  absehbarer  Zeit  doch  wieder  eingehen 


Es  mag  anmaaßend  aussehn,  daß  ich  schon  wieder  eine  Einwirkung  auf 
die  Beschlüsse  der  Generalversammlung  auszuüben  suche,  ohne  selbst  an  ihr 
theilzunehmen,  aber  ich  denke,  als  langjähriger  eifriger  Mitarbeiter  und  als  eines 
der  ältesten  Mitglieder  (ich  bin  185G  eingetreten)  darf  ich  mir  so  etwas  wohl 
erlauben. 


Beilage  E  siehe  folgende  Seite. 


Beilage  F. 

Bibliotheksbericht  für  1903—1904. 

Die  Bibliothek  hat  sich,  außer  durch  Fortsetzungen  und  Ergänzungen  vor- 
handen gewesener  Lücken,  um  201  Nummern  (Werke,  z.  T.  größere  Serien, 
Nr.  11C59 — 11859)  vermehrt.  Ausgeliehen  wurden  599  Bände  und  15  Hand- 
schriften an  58  Entleiher. 

Im  April  d.  J.  konnte  die  Bibliothek  ihre  neuen  Räume  beziehen.  Diese 
zerfallen,  außer  einem  Nebenraum,  in  das  Magazin,  ein  Geschäftszimmer  und 
ein  Lese-  oder  Arbeitszimmer.  Im  Magazin  ist  reichlich  Platz  vorgesehen.  Hin- 
sichtlich der  inneren  Einrichtung  des  Geschäfts-  und  Arbeitszimmers  ist  die 
Bibliothek  der  Preußischen  Regierung  für  eine  namhafte  Zuwendung  (von  1643  Mk. 
65  Pf.),  der  Leopoldino-Carolina  für  freundliches  Entgegenkommen  sehr  zu  Dank 
verpflichtet.  Nunmehr  endlich  sind  diejenigen  Sammlungen  unserer  Gesellschaft. 
die  in  den  Büchergerüsten  des  Magazins  keine  Aufstellung  finden  können  (Hand- 
schriften, Münzen,  Geräte,  Inschriften,  Abklatsche,  Tafel-  und  Kartenwerke  und 
dergleichen,  ungebundene  Lieferungswerke  und  Zeitschriften  u.  s.  w.)  zweckmäßig 
untergebracht,  und  es  konnte,  was  dringend  erforderlich  schien,  gleich  von  vorn- 
herein Raum  für  Zuwachs  ausgespart  werden.  Die  Geschäftsführung  kann  jetzt 
in  allen  Stücken  übersichtlich  und  zweckentsprechend  sein.  Im  Arbeitszimmer 
konnten   12  Arbeitsplätze  eingerichtet  werden.     In    den    alten  ir    für 


LXII 


Einnahmen  u.  Ausgaben  der  D.  M.   G.  1903. 


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Einnahmen  u.  Ausgaben  der  D.  M.   G.  1903. 


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1.X.IY       Protokoll.  Bericht  über  die  Allgem.  Versammlung  zu  Leipzig. 

Benutzer  der  Bibliothek  überhaupt  keine  Möglichkeit,  in  der  Bibliothek  selbst 
zu  arbeiten.  Joder  Arbeitsplatz  des  neuen  Raumes  hat  eine  besonders  ver- 
schließbare Schublade  und  über  sich  eine  elektrische  Lampe.  An  den  Wänden 
ist  eine  Handbibliothek  aufgestellt  und  sind  die  neuesten  Eingänge  von  Zeit- 
schriften u.  s.  \\\  ausgelegt.  Der  Zugang  zum  Arbeitszimmer  ist  so  eingerichtet, 
daß  das  Arbeitszimmer  unter  Abschluß  der  übrigen  Räume  der  Bibliothek  be- 
treten werden  kann.  Es  können  daher,  ähnlich  wie  es  bei  den  Seminaren  der 
Universitäten  der  Fall  zu  sein  pflegt,  Schlüssel  ausgegeben  werden,  so  daß  das 
Arbeitszimmer  über  die  wenigen  Stunden  hinaus,  während  deren  der  Bibliothekar 
auf  der  Bibliothek  anwesend  ist,  nach  Möglichkeit  benutzt  werden  kann.  Die 
hierdurch  geschaffene  Arbeitsmöglichkeit  ist  bereits  im  verflossenen  halben  Jahr 
gern  und  fleißig,  sowohl  von  Studenten  wie  Dozenten,  ausgenutzt  worden;  es 
waren  5  Plätze  von  Studenten  und  3  Plätze  von  Dozenten  fest  belegt.  Es  ist 
mit  Sicherheit  zu  erwarten,  daß,  wenn  erst  die  neuen  Einrichtungen  unserer 
Bibliothek  bekannter  werden,  die  ausgezeichnete  Arbeitsmöglichkeit,  die  die 
Bibliothek  der  D.  M.  G.  nun  gewährt ,  noch  viel  mehr  ausgenutzt  werden  wird. 
In  dem  Arbeitszimmer  ist  ferner  durch  Aufstellung  eines  Pultes,  durch  An- 
bringung einer  Wandtafel  u.  s.  w.  die  Möglichkeit  geschaffen,  im  Anschluß  an 
die  Sammlungen  der  Bibliothek  Vorlesungen  und  Übungen  abzuhalten.  Bei  der 
ganzen  Einrichtung  hatte  der  Bibliothekar  den  Grundsatz  im  Auge,  einerseits 
die  Sammlungen  der  Gesellschaft  so  zweckmäßig  als  möglich  unterzubringen, 
andrerseits  die  Bedingungen  für  eine  möglichst  große  Ausnutzung  der  Samm- 
lungen der  Bibliothek  zu  schaffen. 

Bei  der  großen  Arbeitslast,  die  im  vergangenen  Jahr  auf  dem  Bibliothekar 
lastete,  konnte  die  Katalogisierung  eines  Restes  der  Sociniana  nur  wenig  gefördert 
werden.  Für  die  Katalogisierung  der  persischen  und  türkischen  Handschriften 
ist  Prof.  Hörn  gewonnen.  Wegen  der  Neuordnung  der  Münzen  schweben  Ver- 
handlungen mit  Herrn  Dr.  Nu tzel -Berlin. 

Die  Versicherung  der  Bibliothek  bei  der  Vaterländischen  Feuerversicherungs- 
Aktien-Gesellschaft  in  Elberfeld  lief  am  9.  April  1904  ab.  Es  bestand  die  Ab- 
sicht, zur  Provinzial-Städte-Feuer-Societät  der  Provinz  Sachsen  überzugehen,  die 
günstigere  Bedingungen  bietet  und  bei  der  auch  die  Leopoldino-Carolina  ver- 
sichert ist.  Aber  es  erwies  sich ,  daß  der  alten  Gesellschaft  hätte  gekündigt 
werden  müssen,  was  nicht  geschehen  war.  So  mußte  die  alte  Versicherung  auf 
10  Jahre  erneuert  werden.  Die  Versicherung  lautet  auf  40  000  Mk.  Nachdem 
mit  der  Städte-Feuer-Societät  wegen  Versicherung  von  50  000  Mk.  verhandelt 
worden  war,  wurden  bei  dieser  Societät  10000  Mk.  in  Deckung  gegeben.  Die 
Versicherungsperiode  beträgt  hier  3  Jahre. 

Die  neue  Bibliotheksordnung,  deren  Ausarbeitung  in  der  vorigen  Allg. 
Versammlung  beschlossen  war,  ist  ausgearbeitet  worden,  aber  ihre  Versendung 
mit  dem  II.  Heft  der  Zeitschrift,  das  statutenmäßig  vor  dem  1.  Juli  ausgegeben 
werden  mußte,  war  nicht  zu  ermöglichen.  Eine  vom  Bibliothekar  beantragte 
besondere  Versendung  dieser  Bibliotheksordnung  wenige  Zeit  nach  dem  1.  Juli 
hielt  der  geschäftsführende  Vorstand  nicht  für  empfehlenswert.  —  Auf  die  Aus- 
arbeitung der  Bibliotheksordnung  habe  ich  viel  Zeit  und  Mühe  verwandt.  So 
lauge  ich   auf  der  Bibliothek  der  D.  M.  G.   bin ,    habe    ich    mich  nach  dem  Maß 


Protokoll.  Bericht  über  die  Allgem.  Versammlung  zu  Leipzig.      LXV 

meiner  Kräfte  in  die  Bibliothek  einzuleben  und  ihre  besonderen  Bedürfnisse 
kennen  zu  lernen  bemüht.  Seit  mehr  als  2  Jahren  habe  ich  mir  aus  der  Praxis 
unserer  Bibliothek  heraus  Notizen  mit  Rücksicht  auf  eine  künftige  Bibliotheks- 
ordnung gemacht.  Aus  diesen  meinen  Vorarbeiten  sowie  aus  meinen  ganzen, 
auch  früheren  bibliothekarischen  Erfahrungen  heraus  habe  ich,  unter  sorgfältiger 
Vergleichung  der  Bibliotheksordnungen  anderer  Bibliotheken,  eine  Bibliotheks- 
ordnung ausgearbeitet,  die  ich  den  anderen  Herren  des  ernannten  Ausschusses 
vorlegte.  Die  Änderungsvorschläge  der  Herren  betrafen  im  Allgemeinen  nur 
wenige  Punkte  und  wären  der  Allg.  Versammlung  zur  Entscheidung  vorzulegen 
gewesen.  In  größerem  Umfange  hat  Herr  Prof.  Pietschmanu  Bemerkungen 
zu  der  Bibliotheksordnung  geliefert.  Er  hat  in  sehr  dankenswerter  Weise  die 
gesamte  Bibliotheksordnung  auf  das  genaueste  durchgearbeitet.  Verschiedene 
seiner  Vorschläge  sind  wesentliche  Verbesserungen ;  manche  andere,  die  redaktio- 
nelle Einzelheiten  betreffen,  sind  auch  dankbar  als  Verbesserungen  des  Ganzen 
aufzunehmen;  in  einzelnen  Punkten  würde  ich  der  Versammlung  die  Annahme 
meiner  eigenen  Fassung  empfehlen,  da  die  von  mir  ausgearbeiteten  Bestimmungen 
mehr  den  besonderen  bei  uns  vorhandenen  Verhältnissen  angepaßt  sind  als  die 
Vorschläge  Prof.  Pietschmann's ,  der  unseren  Verhältnissen  doch  nicht  ganz  so 
nahe  steht.  Eine  Einigung  wäre  in  den  einzelnen  besonderen  Fragen  leicht  zu 
erzielen.  Zu  grundsätzlichem  Auseinandergehen  könnte  nur  eine  allgemeine 
Frage  Anlaß  geben.  Herr  Prof.  Pietschmann  glaubt,  daß  Instruktionen  für  den 
Bibliothekar,  die  ich  in  die  Bibliotheksordnung  aufgenommen  habe,  aus  dieser 
auszuscheiden  seien.  Die  Instruktionen  an  und  für  sich  billigt  er.  Nun  habe 
auch  ich  nichts  dagegen ,  daß  meine  Ausarbeitung  in  eine  Bibliotheksordnung 
und  eine  Instruktion  für  den  Bibliothekar  zerlegt  werde.  Aber  für  außerordent- 
lich wesentlich  halte  ich  auf  Grund  der  besonderen  Bedürfnisse  unserer  Bibliothek, 
daß  auch  diese  Instruktion  nicht  etwa  nur  nach  Entwurf  des  geschäftsführenden 
Vorstandes  oder  nach  Billigung  durch  diesen  auf  der  Bibliothek  vorhanden  sei, 
sondern  daß  sie  ebenso  wie  die  Bibliotheksordnung  nach  Beratung  durch  Sach- 
verständige (wie  dies  ja  schon  geschehen  ist)  vor  der  Allg.  Versammlung  er- 
örtert, von  ihr  gebilligt  und  in  der  Zeitschrift  veröffentlicht  werde,  und  daß 
Änderungen  auch  diesen  Weg  zu  durchlaufen  haben.  Nur  so  glaube  ich,  daß 
bei  unsern  besonderen  Verhältnissen  die  so  mühsam  erkaufte  Ordnung  unserer 
Bibliothek  mit  einiger  Sicherheit  erhalten  und  weiter  gefördert  werden  kann. 
In  diesem  Sinne  empfehle  ich  der  Versammlung,  eine  Fortsetzung  der  von  mir 
angefangenen  Bemühungen  zur  Schaffung  einer  Bibliotheksordnung  und  einer 
Instruktion  für  den  Bibliothekar  beschließen  zu  wollen. 

G.  Kampff meyer. 


LXYI 


Personalnachrichten. 

Der  D.  M.  G.  sind  als  ordentliche  Mitglieder  beigetreten 
ab   1904: 
1362   Herr  stud.  phil.  E.  L  ob  b  ecke  in  Leipzig,  Grassistr.   28, 
13G3  Herr  Dr.  phil.  Wilhelm  Jahn  in  Bremen,  Parkallee  53; 

ab    1905: 
1364    Herr    Eichard    Dietterle,    in    Firma    Dietterle    &    Logan ,    Cairo    und 
Alexandrien. 

In  die  Stellung  eines  ordentlichen  Mitgliedes  ist  ab   1905   eingetreten: 
die    Bibliothek     der    jüdischen    Gemeinde    in    Berlin,    N,    Oranien- 
burgerstr.  60/63. 

Durch  den  Tod  verlor  die  Gesellschaft  die  ordentlichen  Mitglieder: 
Herrn  Prof.  Herman  Almkvist  in  Upsala,  f  30.  September   1904, 
„       Prof.  Aug.  Bernus  in  Lausanne, 

Prof.  Edmund  Hardy  in  Bonn,  f   10.  Oktober  1904, 
„       Eegierungsrat  Dr.  Emil  Schlagintweit  in  Zweibrücken,  t  20.  Oktober 

1904,  und 
„       Arthur  Strong  in  London,  j  18.  Januar   1904. 

Ihren  Austritt  erklärten  die  Herren  Prof.  Alfred  Caspari  in  Erlangen, 
Eabbiner  Dr.  Berthold  Edelstein  in  Budapest,  Stadtpfarrer  Dr.  Theod. 
Stockmayer  in  Tübingen  und  D.  Lop  es  in  Lissabon.  Dagegen  beruht  die 
im  letzten  Heft  enthaltene  Austrittserklärung  des  Herrn  Dr.  Traug.  Mann  in 
Zweibrücken  auf  einem  Versehen  seines  Buchhändlers. 


LXVII 


Verzeichnis  der  vom  6.  August  bis  30.  Not.  1904  für  die 
Bibliothek  der  D.  M.  G.  eingegangenen  Schriften  u.  s.  w. 

I.    Fortsetzungen  und  Ergänzungen  von  Lücken. 

1.  Zu  Ae  24.  Alm  an  ach,  Magyar  Tud.  Akademiai,  polgäri  es  csillagäszati 
naptärral  MCMIII-ra.  MDCCCCIV-re.     [Budapest]   1903.   1904. 

2.  Zu  Ae  45a.  4°.  Atti  della  E.  Accademia  dei  Lincei.  Classe  di  Scienze 
Morali,  Storiche  e  Filologiche.  Serie  quarta.  Volume  I — X.  Roma 
1885—1893.     Serie  quinta.     Volume  1— X.     Roma   1894 — 1903. 

3.  Zu  Ae  45.  Rendiconti  della  Reale  Accademia  dei  Lincei.  Classe  di 
scienze  morali,  storiche  e  filologiche.  Serie  quinta.  Vol.  XIII.  Fase.  1  -  G. 
Roma  1904. 

70 

4.  Zu  Ae  ^r.      4°.      Memoires    de    l'Academie    Imperiale    de    St.-Petersbourg. 

VIII e  Serie.    ^Tome  VI.     No.   5.   6.     St.  Petersbourg   1904. 

5.  Zu  Ae  96.     Ertekezesek    a    nyelv-    es    szeptudomänyok  körebol 

Szerkeszti  Gyulai  Pal.     XVIII.  kötet.      6 — 8  szäm.     Budapest   1903. 

6.  Zu  Ae  130.  Közlemenyek,  Nyelvtudomänyi.  XXXIII.  kötet.  2.  3 — 
4.  füzete.     XXXIV.  kötet.      1.  tüzete.     Budapest  1903.   1904. 

7.  Zu  Ae  165.  4°.  Sitzungsberichte  der  Königlich  Prenssischen  Aka- 
demie der  Wissenschaften  zu  Berlin.  XXV — XL.  5.  Mai — 28.  Juli  1904. 
Berlin   1904. 

8.  Zu  Ae  196.  Szily,  C. ,  Rapport  sur  les  travaux  de  l'Academie  hongroise 
des  sciences  en   1903.     Budapest  1904. 

9.  Zu  Af  124.  Proceedings  of  the  American  Philosophical  Society  held 
at  Philadelphia  for  promoting  useful  knowledge.  Vol.  XLIII.  No.  176. 
Philadelphia  1904. 

10.  Zu  Ah  5.  Analecta  Bollandiana.  Tomus  XXIII.  —  Fase.  IV.  Bruxellis 
1904.     Dabei:  Index  in  tomos  I— XX,  fol.  13—15   (pag.  113 — 148). 

11.  Zu  Ah  5  b.  Chevalier,  Ulysse,  Repertorium  hymnologicum.  Supplementum, 
folium  40  (p.   625—639). 

12.  Zu  Bb  606.  Bessarione.  Pubblicazione  periodica  di  studi  orientali. 
Serie  II.     Vol.  VI.     Fase.   79.     Anno  IX.      1904—1905.     Roma. 

13.  Zu  Bb  608.  Bijdragen  tot  de  Taal-,  Land-  en  Volkenkunde  van  Neder- 
landsch-Indie  .  .  .  Zeveude  Volgreeks  —  Tweede  Deel  (Deel  LVI  der 
geheele  Reeks).     Derde  en  vierde  Aflovering.     's-Gravenhage   1904. 

14.  Zu  Bb  628.  4°.  Bulletin  de  l'Ecole  Francaise  d'Extreme-Orient.  Tomo  IV, 
no.  1.  2.     Hanoi   1904. 

15.  Zu    Bb    635.      2°.       JJpeBHOCTH    BO  CTO  M  11  I.UI.       Tpy,T,hI    BOCTO'IIIOli    KOM- 

MHccia  lhinepaTopcKaro  MocKOBCKaro  Apxeojiora'iecKaro  OömecTBa  •  •  • 
no^i,  pejaKuieü  A.  E.  RpuMCuaio.  Tomi  BTOpori.  Buriycirt  III.  Mocebb 
1903. 


LXVIII    Yerz.  der  für  die  Bibliothek  der  D.  M.  G.  eingeg.  Schriften  u.  s.  w. 

IG.  Zu  Hb  725.  Journal  of  the  Asiatic  Society  of  Bengal.  Vol.  LXXII, 
Part  I.  No.  2.  1903.  Calcutta  1904.  Vol.  LXXIII,  Part  I.  No.  1.  2. 
1904.     Calcutta   1904.     Part  III.     No.   1.   2.      1904.      Calcutta   1904. 

17.  Zu  Bb  725c.  Proceedings  of  the  Asiatic  Society  of  Bengal.  No.  I — V, 
January — May  1904.     No.  XI,  Extra  No.     Calcutta  1904. 

18.  Zu  Bb  790.  Journal  Asiatique  .  .  .  Dixieme  Serie.  Tome  III.  No.  3. 
Tome  IV.     No.  1.      1904.     Paris. 

19.  Zu  Bb  800.  4°.  Li  tter  atur-Z  eitu  ng,  Orientalistische.  Herausgegeben 
von  F.  E.  Peiser.  Siebenter  Jahrgang.  Heft  1—11.  1904.  Berlin.  (Von 
Dr.  G.  Kampft'meyer.) 

20.  Zu  Bb  818.  al-Machriq.  Revue  catholique  Orientale  bimensuelle. 
Sciences-Lettres-Arts.     Bairüt.  —  VII.   1904.     No.  15—17.   18.  19.  20.  21. 

21.  Zu  Bb  825.  Mittheilungen  des  Seminars  für  Orientalische  Sprachen 
an  der  Königlichen  Friedrich  Wilhelms-Universität  zu  Berlin.  Jahrgang  VII. 
Berlin  1904. 

22.  Zu  Bb  901.  Tijd schrift  voor  Indische  Taal-,  Land-  en  Volkenkunde, 
uitgegeven  door  het  Bataviaasch  Genootschap  van  Künsten  en  Weten- 
schappen  .  .  .  Deel  XLVII.    Aflevering  3  en  4.  5.    Batavia  |  's  Hage  1904. 

23.  Zu  Bb  901  d.  Notulen  van  de  Algemeene  en  Directievergaderingen  van 
het  Bataviaasch  Genootschap  van  Künsten  en  Wetenschappen.     Deel  XLI. 

1903.  Aflevering    4.       Deel    XLII.      1904.      Aflevering    1.    2.      Batavia  | 
's-Gravenhage   1903,   1904. 

24.  Zu  Bb  901n.  4°.  Verhandelingen  van  het  Bataviaasch  Genotschap  van 
Künsten  en  Wetenschappen.  Deel  LIII.  LXIV,  3eStuk.  Batavia  | 's  Hage  1904. 

25.  Zu  Bb  930.  Zeitschrift  der  Deutschen  Morgenländischen  Gesellschaft. 
Achtundfünfzigster  Band.     III.  Heft.     Leipzig   1904. 

26.  Zu  Bb  945.  Zeitschrift,  Wiener,  für  die  Kunde  des  Morgenlandes  .  .  . 
XVIII.  Band.     2.  Heft.     Wien  1904. 

27.  Zu  Bb  1118.  Archiv  für  das  Studium  deutscher  Kolonialsprachen. 
Herausgegeben  von  .  .  .  Eduard  Sachau.     Band  II.     Berlin   1904. 

28.  Zu  Bb  1119.  Precis  de  Grammaire  Pälie  accompagne  d'un  choix  de 
textes  gradues.  Par  Victor  Henri/.  Paris  1904.  =  Bibliotheque  de 
l'Ecole  Francaise  d'Extreme-Orient,  Volume  II. 

1119 

29.  Zu  Bb  -— — .     Morceaux    choisis    en  Grec  Savant    du  XIXe  siecle  reunis  et 

50    , 
publies  par  Emile  Legrand.    Textes  en  prose.    Paris  1903.  =  Bibliotheque 
de  l'Ecole  des  Langues  Orientales  Vivantes.     Tome  Troisieme. 

30.  Zu  Bb  1200,  p,  26.  Abu'l-Fadl  'Allüml.  The  Akbarnäma  of  Abu-1-Fazl 
translated  from  the  Persian  by  H.  Beveridge.     Vol.  II,  Fase.  I.     Calcutta 

1904.  [=  Bibliotheca  Indica.     New  Series,  No.  1077.] 

31.  Zu  Bb  1200,  p,  52.  [Guläm  Husain  Zaidpürl  Sallm.}  The  Riyäzu-s- 
salätln.  A  History  of  Bengal  .  .  .  Translated  .  .  .  by  Maulavi  Abdus 
Salam.  Fasciculus  IV.  Calcutta  1904.  [=  Bibl.  Ind.  New  Series, 
No.   1071.] 

32.  Zu  Bb  1200,  s,  229.  Govindünanda  Kavikankanäcärya,  (Jräddha  Kryä 
Kaumudl.  Edited  by  Pamlita  Kamalakrsna  Smrtibhvsana.  Fasciculus  V. 
Calcutta  1904.     [Bibliotheca  Indica.     New  Series,  No.  1069.] 

33.  Zu  Bb  1200,  s,  395.  The  Tantravartika  of  Kumärila  Bhatta.  Translated 
into  English  by  Gangünätha  Jha.  Fasciculus  II.  Calcutta  1904.  [=  Biblio- 
theca Indica.     New  Series,  No.  1073.] 

34.  Zu  Bb  1200,  s,  492.  Märkandeya  Purina,  The.  Translated  by 
F.  E.  Pargiter.  Fasciculus  VIII.  Calcutta  1904.  [=  Bibliotheca  Indica. 
New  Series,  No.  1076.] 


Verz.  der  für  die  Bibliothek  der  D.  M.  G.  eingeg.  Schriften  u.  s.  w.      LXIX 

35.  Zu  Bb  1200.  s,  505.  Nägeüabhatta,  Mahäbbäsyapradlpoddyota  by  Nägeca 
ßhatta.  Edited  by  Pandit  Bdhuvallabha  Cüstri.  Vol.  II.  Fasciculus  XI. 
Calcutta   1904.     [=  Bibliotheca  Indica.     New  Series,  No.  1075.] 

36.  Zu  Bb  1200,  s,  535.  Narasliuha  Väjapeji,  Nityäeära-Pradlpah.  Edited 
by  Pandita  Vinoda  Vihäri  Bhattäcäryya.  Fasciculus  IV.  Calcutta  1904. 
[=  Bibliotheca  Indica.     New  Series,  Xo.  1078.] 

37.  Zu  Bb  1200,  s,  705  [war  710].  Satasäh  asrikii  prajfiäpär  amit ä. 
A  theological  and  philosophical  Discourse  of  Buddba  with  his  disciples  .  .  . 
Edited  by  Pratäpacandra  Ghosa.  Part  I.  Fas.  6.  Calcutta  1904. 
[=  Bibl.  Ind.     New  Series,  No.    1068.] 

38.  Zu  Bb  1200,  s,  872.  Uddyotakara  B  b  är  a  dväj  a  ,  Nyäya-Värttikam. 
Edited  by  Pandit  Vmdhyeävarl  Prasäd  Dube.  Fasciculus  VI.  Calcutta 
1904.      [=  Bibliotheca  Indica.      New  Series,  No.    1074.] 

39.  Zu  Bb  1200,  s,  878.  Tattvärthädhigama.  By  Umdsvdti.  Being  in  tbe 
Original  Sanskrit  with  tbe  Bhäsya  by  tbe  Author  himself.  Edited  by 
Mody  Keshavlal  Premchand.  Vol.  I.  Fasciculus  II.  Calcutta  1904. 
[=  Bibliotheca  Indica,  New  Series  No.  1079.] 

40.  Zu  Bb  1242.  Mitteilungen  der  Vorderasiatischen  Gesellschaft.  1904. 
4.  5.    Jahrgang  9.    Berlin.    (Von  der  Vorderasiatischen  Gesellschaft,  Berlin.) 

41.  Zu  Bb  1247  a.  Pubblicazioni  del  R.  Istituto  di  Studi  Superiori  pratici  e 
di  perfezionamento  in  Firenze  .  .  .  Collezione  scolastica.  Le  Curiosita  di 
Jocohama  .  .  .  Parte  prima.  Testo  riprodotto  in  fotolitogratia.  Firenze 
1878.  —  La  Via  della  Pieta  Filiale  .  .  .  Parte  prima,  seconda.    Firenze  1878. 

42.  Zu  Bb  1250.  4°.  Abu  Zaid  Ahmad  b.  Said  al-Balhi ,  Le  Livre  de 
la  Creation  et  de  l'Histoire  .  .  .  publie  et  traduit  .  .  .  par  Cl.  Huart. 
Tome  III.  Paris  1903.  Nan-  Tchao  Ye-Che.  Histoire  Particuliere  du 
Nau-Tchao.  Traduction  d'une  Histoire  de  lAncien  Tun-Nan,  accompagnee 
dune  carte  et  dun  lexique  geographique  et  historique  par  Camille  Sainson. 
Paris  1904.    [=  PELOV.  IVe  Serie.  —  Vol.  XVIII.    Ve  Serie.  —  Tome  IV.] 

43.  Zu  Bb  1285.  8°.  TpyAH  no  BocTOKOB4,rf>HiK),  i.3jiaßaeMi,ie  Ja.3apeB- 
CKnMt  IlHCTOTyTOMt  BocToqBHXT.  HsuKOBt.  BianyeK/f,  XVII  =  TypeiiKifl 
eapOÄHHH  ntcKH.  My3HKa.ibHHe  TeKCTH  et  nepeBOÄOMt  h  ooi^cHe- 
HiasiH  Bop.  Mujuepa  .  .  .  MocKBa  1903.  (Von  der  Kais.  Universitäts- 
Bibliothek  in  St.  Petersburg.) 

44.  Zu  Ca  9.  Sphinx.  Revue  critique  embrassant  le  domaine  entier  de 
l'egyptologie  publiee  .  .  .  par  Karl  Piehl.  Vol.  VIII.  Fase.  I.  II.  III. 
Upsala. 

45.  Zu  De  2586.  The  sixth  book  of  the  select  letters  of  Severus  .  .  .  by 
E.  W.  Brooks.      Vol.  II  (Translation).     Part  II.     Oxford    1 

46.  Zu  Eb  10.  2°.  Assam  Library.  Catalogue  of  Books  and  Pamphlets 
for  the  quarter  ending  the  30tn  June   1904. 

47.  Zu  Eb  50.  2°.  Bengal  Library  Catalogue  of  Books  for  the  Fourth 
Quarter  .  .  .  1903.  First  Quarter  .  .  .  Second  Quarter  ...  1904. 
(Calcutta)   1903.     (Von  der  Königlichen  Bibliothek,  Berlin.) 

48.  Zu  Eb  225.  2°.  Catalogue  of  Books,  registered  in  Burma  during  the 
quarter  ending  the  31th  December  1903.  .  .  .  31th  March  1904.  30th  June 
1904.Rangoon   1904.     (Von  der  Königlichen  Bibliothek,  Berlin.) 

49.  Zu  Eb  295.  2°.  Catalogue  of  Books  registered  in  the  Punjab  under 
Act  XXV  of  1867  during  the  quarter  ending  the  31st  Decomber  1903  .  .  . 
the  31st  March  1904.  (Labore  1904.)  (Von  <lv  Königlichen  Bibliothek, 
Berlin.) 


I A  X       I  'crz.  der  für  die  Bibliothek  der  D.  M.  G.  einrjeg.  Schriften  u.  s.  w. 

50.  Zu  Eb  -1S5.  2".  Memorandum  of  Books  rogistered  in  the  Hydorabad 
Assigned  Districts  [vom  30.  Sept.  1903  ab:  in  Berar]  during  the  quarter 
ending   31tb  Doeoinber   1903.     Nagpur   1904. 

51.  Zu  Eh  7  65a.  2°.  Statoment  of  Particulars  regarding  Books  and 
Periodicals  published  in  tlio  United  Provinces,  registered  .  .  .  during  the 
Fourth  Qüarter  of  1903.  .  .  .  during  the  First  Quarter  1904.  (Allahabad 
1903.)     (Von  der  Königlichen  Bibliothek,  Berlin.) 

52-.  Zu  Eb  2020.  Bibliotheea  Buddhica  III.  Avadänacataka  .  .  .  edited  by 
J.  S.  Speyer.  III.  St.-Petersbourg  1904.  (Von  der  Kaiserl.  Akad.  d.  W. 
in  St.  Petersburg.) 

:.:;.  Zu  Eb  4068.  2°.  HuUzsch,  E.,  Annual  Report  on  Epigraphy  for  1903  — 
1904.    Government  of  Madras.    G.  O.,  &c,  Nos.  678,  679,  12tb.  August  1904. 

54.  Zu  Ed    1237.     4°.     Ararat.      1904.     5.   6.   7.   8.   9.     Wahtrsapat. 

55.  Zu  Ed   1365.     4°.     Handes  amsoreay.      1904,  8 — 11.     Wienna. 

56.  Zu  Fa  76.  Szemle,  Keleti  .  .  .  Revue  Orientale  pour  les  etudes  ouralo- 
altai'ques  ...   V.   evfolyam.      1904.     2.  szäm,  Budapest. 

:>'( .  Zu  Fa  2622.  4°.  Annales  medicales  et  Bulletin  de  statistique  de 
l'Hopital  des  Enfants  Hamidie  .  .  .  Vme  Annee.  Constantinople  1904. 
(Vom  Herrn  Chefarzt  Dr.  Ibrahim  Pascha.) 

58.  Zu  Fa  3152.  Gibb,  E.  J.  W.,  A  History  of  Ottoman  Poetry.  Volume  III 
edited  by  Edward  G.  Browne.     London   1904. 

59.  Zu  Fa  4180.  Proben  der  Volkslitteratur  der  türkischen  Stämme  heraus- 
gegeben von  W.  Radioff.  X.  Theil.  Mundarten  der  Bessarabischen 
Gagausen.    Gesammelt  und  übersetzt  von  V.  Moschhoff.    St.  Petersburg  1904. 

60.  Zu  Fg  100.  Transactions  of  the  Asiatic  Society  of  Japan.  Tokyo. 
Vol.   XXXI       March   1904. 

61.  Zu  Ha  200.  Revue  de  l'histoire  des  religions.  Tome  XL VIII.  No.  3. 
XLIX.     No.    1.   2.     Paris   1903.   1904. 

62.  Zu  Ia  125.  Revue  Biblique  Internationale  publiee  par  l'Ecole 
pratique  d'etudes  bibliques  .  .  .  Nouvelle  Serie.  Premiere  Annee.  No.  4. 
Octobre   1904.     Paris,  Rome. 

63.  Zu  Ia  126.  Revue  de  l'Orient  Chretien.  Recueil  trimestriel.  1904. 
No.   3.     Paris   1904. 

64.  Zu  Ia  128.  Rivista  Cristiana,  La.  Comitato  Direttivo :  Emilio  Comba 
—  Enrico  Bo.sio  —  Giovanni  Luzzi.  Nuova  Serie.  —  Anno  Sesto.  Giugno — 
Xovembre   1904.     Firenze   1904. 

65.  Zu  Ia  135.  8°.  Tijdschrift,  Teyler's  Theologisch,  .  .  .  Jaar- 
gang  2.     Aflevering  4.     Haarlem   1904. 

66.  Zu  Ia  140.  Zeitschrift  des  Deutschen  Palaestina -Vereins.  Band  XXVII, 
Heft  4.     Leipzig   1904. 

67.  Zu  Ia  140a.  Mittheilungen  und  Nachrichten  des  Deutschen  Palae- 
stina-Vereins.     Leipzig   1903.     No.   6.      1904.     No.   1.   2.  3.  4. 

68.  Zu  Ic  2290.  Proceedings  of  the  Society  of  Biblical  Archajology.  Vol.  XXVI. 
Part  6.      London    1904. 

69.  Zu  Mb  13S.  i".  Monatsblatt  der  numismatischen  Gesellschaft  in  Wien. 
Xr.   252—256.     VI.   Bd.   (Nr.    19—23)  Juni   1904. 

70.  Zu  Na  325.  Revue  archeologique.  Quatrieme  Serie. —  Tome  IV.  Juillet- 
Aoüt,  Septembre-Octobre   1904.     Paris   1904. 

71.  Zu  Na  126.  l".  oanacKH  BocToinaro  OTj.'ijieHifl  MiunepaTopcKaro 
Pyccjtaro  ApxeojorniecKaro  OömecTBa.  Tomi  XI.  XII.  BHnycKi>  I; 
Toml  XV.     Jiuir.  II— IV.     C.-Ilerepßyprt  1899—1904. 


Verz.  der  für  die  Bibliothek  der  D.  M.  G.  eingeg.  Schriften  u. s.  w.      LXXI 

72.  Zu  Na  427.  4°.  SanncKn  OT^i-ieHia  pyccEofi  n  ciaB^aHCKofi  apxeo- 
jorin  IhinepaTopcKaro  PyccKaro  ApxeojorH^iecKaro  OönjecTBa.  TomiIII. 
C.-IIeTepöypr'b  1882. 

73.  Zu  Nf  381.  2°.  Report,  Annual,  of  the  Archagological  Survey,  Bengal 
Circle,  For  the  year  ending  with  April  1904.  Caleutta  1904.  (Vom 
Bengal  Secretariat  Book   Depot.) 

74.  Zu  Nf  452.  2°.  Archseological  Survey  of  India.  New  Imperial  Series, 
Volume  XXIX.  South-Indian  Iuscriptions.  Vol.  III  ..  .  Part  II  .  .  by 
E.  Hidtzsch,  Madras  1903. 

75.  Zu  Oa  151.  Journal,  The  Geographica!.  Vol.  XXIV.  No.  3.  4.  5. 
September.    October.    November   1904.     London. 

76.  Zu  Oa  256.  4°.  Zeitschrift  der  Gesellschaft  für  Erdkunde  zu  Berlin. 
1904.     No.   7.   8.     Berlin. 

77.  Zu  Ob  2845.  4°.  En  cy  clopajdie  van  Nederlandsch-Indiii  .  .  .  samen- 
gesteld  door  P.  A.  van  der  Lith  en  Job.  F.  Snellman.  Afl.  36.  37. 
's-Gravenhage — Leiden. 

78.  Zu  Oc  176.  8°.  Journal,  The,  of  the  Anthropological  Societv  of  Bombay. 
Vol.   VII.     No.   1.     Bombay   1904. 

79.  Zu  Oc  1000.  Mitteilungen  der  Gesellschaft  für  jüdische  Volkskunde 
.  .  .  herausgegeben  von  M.  Grunwald.  Heft  I.  XIV.  Hamburg  1898. 
1904. 

II.    Andere  Werke. 

11860.  Neue  Bruchstücke  des  Sanskritkanons  der  Buddhisten  aus  Idykutsari, 
Chinesisch-Turkestän.  Von  R.  Pischel.  SBA  1904,  XXXIX.  (Vom 
Verfasser.)  Eb   2448.      4°  =   Y  2.     4". 

11861.  Some  Literary  Remains  of  Rim-Sin  (Arioch),  King  of  Larsa,  about 
2285  B.  C.  by  Ira  Maurice  Price.  Chicago  1904.  Printed  from 
Volume  V,  The  University  Chicago,  The  Decennial  Publications.  (Vom 
Verfasser.)  Db   575.      4°. 

11862.  Die  Begründung  der  Kaiser-Wilhelm -Bibliothek  in  Posen  in  den 
Jahren  1898—1902.  Dargestellt  von  der  Verwaltung  der  Kaiser- 
Wilhelm-Bibliothek.    Posen  1904.    (Von  der  Verwaltung  der  Bibliothek.) 

Aa   12.      4°. 

11863.  Chinesische  Ansichten  über  Bronzetrommeln.  Von  Friedrich  llirtli. 
(SA.  aus  den  „Mittheil.  d.  Sem.  f.  Orient.  Sprachen  zu  Berlin",  Jahrg.  VII, 
Abt.  I.)     Leipzig   1904.     (Vom  Verfasser.)  Qb   701. 

11864.  Katalog  der  Bibliothek  der  Gesellschaft  für  Erdkunde  zu  Berlin.  Ver- 
such einer  Systematik  der  geographischen  Literatur  .  .  .  von  Paul 
Dirtse.     Berlin   1903.  Ab   41.     4°. 

11865.  Annual  Progress  Report  of  the  Archn?ological  Survey  of  Madras  and 
Coorg  for  the  year   1903—04.     Madras   1904.  Nf  383.      2  . 

11866.  Annali  dell'  Islam.     Compilati   da  Leone  Caetani,  Principe  di    i 

Vol.    I.      Introduzione.     Dali'   anno    1.   al    6.  H.      Milano    1905.      (Vom 
Herausgeber.)  Ne  34.      2°. 

11867.  Kbert,  Adolf,  Allgemeine  Geschichte  der  Literatur  des  Mittelalters  im 
Abendlando  bis  zum  Beginne  des  XI.  Jahrhunderts.  Erster  Band. 
(Geschichte  der  christlich-lateinischen  Literatur  von  ihren  Anfängen  bis 
zum  Zeitalter  Karls  des  Grossen.  Zweite  verbesserte  und  vermehrte 
Auflage.     Leipzig   1889.  Ad   28. 

11868.  Handleiding  tot  de  beoefening  der  Bataksche  T.ial  door  .1  B.  Meer- 
waldt.     Leiden   1904..  Fb   310. 

f* 


I.  XX  1 1      1  'crz.  der  für  die  Bibliothek  der  D.  M.  G.  eingeg.  Schriften  u.  s.  w. 

11869.  A  Descriptive  Catalogue  of  the  Sanskrit  Manuscripts  of  the  Government 
Oriental  Manuscripts  Library,  Madras.  By  the  late  M.  Seshagiri 
SdStri...   Vol.  I.   Vedic  Literature.  First  Part.    Madras  1901.       Eb  755. 

11870.  Compendious  Syriac  Grammar  by  Theodor  Nöldeke  with  a  Table  of 
Characters  of  Julius  Euting.  Translated  .  .  .  from  the  seeond  and 
improved  German  edition  by  James  A.  Crichtöh.  London  1904.  (Vom 
Übersetzer.)  De   1419. 

11871.  Analecta  nova  ad  Historiam  renascentium  in  Hungaria  litterarum 
speetantia.  Jussu  Academiae  Scientiae  Hungarioae  ex  scriptis  ab  Eugenio 
jibel  relictis  cum  commentariis  edidit  partimque  auxit  Stephauus 
Hegedüs.     Budapestini  1903.  Ad  10. 

11872.  Le  Jubilee  du  Miisee  Guimet.  Vingt-cinquieme  anniversaire  de  sa 
fondation,   1879—1904.     Paris   1904.  Bb   1180  c. 

11873.  Catalogus  der  Munten  en  Amuletten  van  China,  Japan,  Corea  en 
Annam ,  behoorende  tot  de  Numismatische  Verzameling  van  het  Bata- 
viaasch  Genpotschap  van  Künsten  en  Wetenschappen.  Batavia,  's  Graven- 
hage   1904.  Mb  1224.     4°. 

11S74.  [A.  H.  FrancTce.]  Das  Hochzeits-Ritual  von  Tagmaci'g.  o.  O.  1904. 
(Lith.     Vom  Herausgeber.)  Ff  1450. 

11875.  Ueber  Panislamismus.  Von  K.  Völlers.  (SA.  aus  den  Preussischen 
Jahrbüchern,  Band   117,   1.  Heft.     Berlin   1904.)     (Vom  Verfasser.) 

Ne  561  =  Y   1. 

11876.  Rosenhainer,  Hermann  Otto,  Verkehrsgeographie  der  deutschen  Schutz- 
gebiete in  Afrika.  I.  Deutsch-Ostafrika.  [Diss.]  Jena  1904.  (Von 
Herrn  Prof.  Völlers.)  Ob   948  =  Y   1. 

11877.  Das  Festgesetz  der  Samaritaner  nach  Ibrahim  ibn  Ja'/cub.  Edition 
und  Uebersetzung  seines  Kommentars  zu  Lev.  23.  [Jenenser  Diss.  von] 
Siegmund  Hanover.     Berlin   1904.     (Von  Herrn  Prof.  Völlers.) 

De  7381. 

11878.  Baudhäyana  Sautra  [so!]  Sütram.  Edited  by  W.  Caland.  Fasci- 
culus  I.  II.  Calcutta  1904.  [==  Bibliotheca  Indica,  New  Series, 
No.   1067.    1072.]  Bb   1200,  s,  92. 

11879.  (Anandabh  atta),  Valläla  Caritam  [Edited  by]  Mahämahopädhyäya 
Haraprasad  ShästrT.  Fasciculus  I.  (Text  only.)  Calcutta  1904. 
[=  Bibliotheca  Indica,  New  Series,  No.  1070.]  Bb   1200,  s,   26. 

11880.  Etymolgie  [so!]  Arabo-Syrienne.  Mots  et  Locutions  Syriaques  dans 
l'Idiome  Vulgaire  du  Liban  et  de  la  Syrie.  Tome  premier  par  Joseph 
Hobe'ika  .  .  .  avec  la  Collaboration  de  l'Editeur  son  Frere  Pierre 
Hobe'ihu.     Basconta  o.  J.     (Von  Prof.  Kautzsch.)  De   1047/50. 

11881.  Orientalische  Baulegenden.  Von  Ignaz  Goldziher.  (SA.  aus  Bd.  LXXXVI, 
No.  6   des  Globus,  4.  August   1904)      (Vom  Verfasser.) 

G  86.     4°.  =  Y  2.     4°. 

11882.  Le  Livre  de  Zoroastre  (Zarätusht  Näma)  de  Zartusht-i  Bahrain  ben 
Pajdü.  Publie  et  traduit  par  Frederic  liosenberg.  St.-Petersbourg, 
1904.    (Von  der  Kaiserl.  Akad.  d.  W.  zu  St.  Petersburg.)  Ec  2470. 

11883.  Imperial  Library.  Catalogue.  Part  I.  Author-Catalogue  of  printed 
books  in  European  languages.  With  a  supplementary  list  of  news- 
papers.    Vol.  I.  A— L.    Vol.  II.  M— Z.     Calcutta  1904.  Ab  250.     4°. 

11884.  S.  P.W.  Hoff  männ's  Bibliographisches  Lexicon  der  gesammten  Litte- 
ratur  der  Griechen.  Zweite  umgearbeitete,  durchaus  vermehrte,  ver- 
besserte und  fortgesetzte  Ausgabe.  Erster  Theil.  A — D.  Zweiter 
Theil.  E— N.  Dritter  Theil.  O— Z.  Nebst  Nachträgen  bis  in  die 
neueste  Zeit.     Leipzig   1838.   1839.   1845.  Eg  910. 


Verz.  der  für  die  Bibliothek  der  D.  M.  G.  eingeg.  Schriften  u.s.iv.    LXXIII 


11885.  Griechisch- Deutsches  Wörterbuch  für  den  Schul-  und  Handgebrauch 
von  Val.  Christ.  Friedrich  Rost.  Zwei  Bände.  Vierte,  gänzlich  um- 
gearbeitete Auflage,  zehnter  Abdruck  .   .   .  Braunschweig  1882. 

11886.  Geschichte  des  Jüdisch-Theologischen  Seminars  (Fraenkel'sche  Stiftung) 
in  Breslau.  Festschrift  zum  fünfzigjährigen  Jubiläum  der  Anstalt.  Von 
M.  Brann.     o.  O.   u.  J.     [Breslau   1904.]  Ah   20c. 

11887.  Beiträge  zur  Kenntnis  arabischer  Eigennamen.  Von  Traugott  Mann. 
Teil  I.    (Berliner  Diss.)    Leiden   1904.     (Vom  Verfasser.)  De   6554. 

11888.  Luzac's  Oriental  List.     London.     Vol.  XV,  No.    1  —  8.  Ac  264. 

11889.  Survey,  Linguistic,  of  India.  Compiled  and  edited  by  G.  A.  Grierson. 
Vol.  III.  Tibeto-Burman  Family.  Part  II.  Specimens  of  the  Bodo, 
Nägä,  and  Kachin  Groups.  Vol.  V.  Indo-Aryan  Family.  Eastern 
Group.  Part  IL  Specimens  of  the  Blhäri  and  Oriyä  Languages. 
Calcutta  1903.     (Vom  India  Office.)  '  Bb   1841.     2°. 

11890.  E.  Fagnan,  Les  Tabakät  Malekites.  (Estudios  de  Erudieiön  Oriental. 
Extracto  del  Homenaje  ä  D.  Francisco  Codera  en  su  Jubilaciöh  del 
Profesorado.    Zaragoza  1904.)    (Vom  Verf.)  De  12934.   4°.  =  T2.  4°. 

11891.  Cabinet  de  Monnaies  Joh.  W.  Stephanik  .  .  .  Directiou  Frederik 
Muller  &  Cie.     Amsterdam   [1904].  Mb   30.     4U. 

11892.  Der  Baum  der  Erkenntnis.  Eine  mythologisch  -  etymologische  Studie 
von  Bernhard  Marr.     Dux  (1904.)  Ha   120. 

11893.  Federico  Consolo ,  Un  poco  piü  di  luce  sulle  interpretazioni  della 
parola  nbD.     Firenze   1904.  Dh  320.     4°. 

11894.  B.  6.  MuHOpCKÜc,  Hau,ioHa;iLHNfl  CTHxoTBopema  3MHHi-Bea  bt> 
cba3h  et  hobhmt.  HanpaB.ieHieMi  ocMaHCKofr  nrwsin.  3IocKßa  1903. 
(Tpjx  Boct.  Komm.  HMnep.  Mock.  Apxeo.i.  OoiuecTBa  II.) 

Fa  2694.     4°. 

11895.  Revanärädhyas  Smaratattvaprakäsikä.  Von  Richard  Schmidt.  (A.  aus 
WZKM.  XVIII.     Wien   1904.     Vom  Herausgeber.)  Eb   3398. 

11896.  Clement  Huart,  Une  Nouvelle  Source  du  Qorän.  Extrait  du  Journal 
Asiatique.     Paris  1904.     (Vom  Verfasser.)  De  1737. 

11897.  Zaidän,  Girgl,  Särl  [Charles]  wa-'Abd  ar-Rahmän.  Riwäja  ta'rThija 
garämlja.  Hija  al-halqa  at-tämina  min  silsilat  riwäjät  ta'rih  al-isläm 
tatadamman  futüh  al-'arab  fT  biläd  Ffäiisä  ilä  difäf  nähr  L(u)wär  [Loire] 
bigiwär  Türs  [Tours]   .   .   .  Kairo   1904.  De   11834. 

11898.  Lüdtke,  W.,  Der  Bericht  des  Harun  Ben  Jahja  [bei  Ibn  Rustah]  über 
Rom.     Aus  den  Römischen  Mitteilungen,     [o.   O.]     (Vom  Verfasser.) 

De  5413.     4°. 

11899.  Lady  Meux  Manuscript  No.  6.  The  Book  of  Paradise  being  the  histories 
and  sayings  of  the  monks  and  ascetics  of  the  Egyptian  desert  by 
Palladius,  Hieronymus  and  others.  The  Syriac  texts,  aecording  to 
the  recension  of  'Anän-Isho'  of  Beth  'Abhe,  edited  with  an  English 
translation  by  E.  A.  Wallis  Budge.  Vol.  I.  II.  London  1904.  (Von 
Lady  Meux./  De  2494.     4°. 


Sehr  erwünscht  ist  der  Bibliothek  die  vollständige  Zuwendung  der  neu- 
erscheinenden 

orientalistischen  Dissertationen,  Programme  u.  s.  w. 

der  Universitäten  und  anderer  Lehranstalten. 


I.XXIV 


Satzungen 

des  Vereins 

„Deutsche  Morgenländische  Gesellschaft" 

in    der    am    8.   Oktober    1903    von    der    allgemeinen    Versammlung   zu 
Hallf  a  'S.  angenommenen  und  am  28.  November  dess.  J.  in  das  Vereins- 
register zu  Leipzig  eingetragenen  Gestalt. 


I. 

Zweck  der  am  3.  Oktober  1844  gegründeten  Deutschen 
Morgenländischen  Gesellschaft  ist:  die  Kenntnis  des  Morgenlandes 
(im  weitesten  Sinne)  nach  allen  Beziehungen  zu  fördern.  Dem- 
gemäss  wird  sich  die  Gesellschaft  mit  den  Sprachen  und  Literaturen 
der  morgenländischen  Völker,  ebenso  aber  auch  mit  der  Geschichte 
der  betreffenden  Länder  und  der  Erforschung  ihres  Zustandes  in 
alter  und  neuer  Zeit  beschäftigen. 

Der  Verein  soll  in  das  Vereinsregister  eingetragen   werden. 


II. 


zu  erreichen: 

1.  durch  Sammlung  morgenländischer  Handschriften  und 
Drucke  und  Unterhaltung  einer  orientalistiscben  Fach- 
bibliothek, 

2.  durch  Herausgabe,  Übersetzung  und  Ausbeutung  morgen- 
ländischer Literaturwerke, 

3:  durch  Herausgabe  einer  jährlich  viermal  erscheinenden 
/  tschrift  und  Veröffentlichung  von  Abhandlungen  in 
zwangloser  Folcje, 


Satzungen  der  D.  M.  G.  LXXV 

4.  durch  Anregung  und  Unterstützung  von  Unternehmungen 
zur  Förderung  der  Kenntnis  des  Morgenlandes, 

5.  durch  Unterhaltung  von  Verbindungen  mit  ähnlichen 
Gesellschaften  und  einzelnen  Gelehrten  des  In-  und  Aus- 
landes. 

III. 

Die  Gesellschaft  besteht  aus  ordentlichen  und  Ehren- 
Mitgliedern.  Zu  beiden  Arten  der  Mitgliedschaft  werden  auch 
Ausländer  zugelassen. 

Die  Aufnahme  als  ordentliches  Mitglied  erfolgt  auf  den 
Antrag   zweier  Mitglieder  durch  den  geschäftsführenden  Vorstand. 

Zu  Ehrenmitgliedern  ernennt  der  gesamte  Vorstand 
namens  der  Gesellschaft,  Erforderlich  ist  dabei  Stimmeneinheit 
des  Vorstandes. 

Die  ordentlichen  Mitglieder  zahlen  in  die  Kasse  der 
Gesellschaft  einen  jährlichen  Beitrag  von  1 5  Ji .  Dafür 
wird  ihnen  die  Zeitschrift  unentgeltlich  geliefert  (aber  nicht 
portofrei,  vgl.  S.  III  der  einzelnen  Bände  der  Zeitschrift  oder 
S.  4  des  Umschlags  der  einzelnen  Hefte).  Auch  steht  ihnen  die 
Benutzung  der  in  der  Bibliothek  der  Gesellschaft  vereinigten 
wissenschaftlichen  Sammlungen  unter  gewissen  dafür  festgesetzten 
und  regelmässig  den  Mitgliedern  bekannt  zu  gebenden  Bestim- 
mungen zu.  Die  Mitgliedschaft  auf  Lebenszeit  wird  durch 
einmalige  Zahlung  von  240  J6  =  12  £  =  300  frcs.  erworben 
(dazu  für  freie  Zusendung  der  Zeitschrift  auf  Lebenszeit  in 
Deutschland  und  Österreich    15  J(?:    im    übrigen  Ausland  30  Jd). 

Im  Hinblick  auf  den  erweiterten  Umfang  der  Zeitschrift  und 
die  Verwaltungs-  und  Betriebskosten  der  stark  anwachsenden 
Bibliothek  wird  vom  Geschäftsjahr  1904  ab  für  die  neu  ein- 
tretenden Mitglieder  der  Jahresbeitrag  auf  18  \M  festgesetzt.  Die 
Mitgliedschaft  auf  Lebenszeit  dagegen  soll  nach  wie  vor  für  240  Ji 
erworben  werden. 

Jedes  Mitglied  ist  verpflichtet,  seinen  Jahresbeitrag  im  Laufe 
jeden  Jahres  kostenfrei  an  den  Kassierer  der  Gesellschaft  (s.  zu 
S  \X)  einzusenden.  Zahlungssäumige  Mitglieder  kann 
der  geschäftsführende  Vorstand  nach  eigenem  Ermessen  aus  deii 
Listen  der  Gesellschaft  streichen. 


I.XWI  Satzungen  der  1).  M.  <■'. 

Der  E  in  tri  t  i  wird  auf  den  1.  Januar  des  Jahres  festgesetzt, 
für  das  die  Anmeldung  erfolgt.  Die  Mitglieder  sind  zum  Aus- 
tritt aus  der  Gesellschaft  berechtigt,  dieser  ist  aber  nur  am 
Schlüsse  eines  Geschäftsjahres  zulässig  und  dem  Schriftführer  an- 
zuzeigen. 

Mitglieder,  die,  gleichviel  ob  freiwillig  oder  unfreiwillig,  aus- 
scheiden, haben  keinen  Anspruch  an  das  Vermögen  der  Gesellschaft. 

I  las  Ges  ch  ä  f1  sj  a  h  r  des  Vereins  beginnt  mit  dem  1.  Januar 
und  endigt  mit  dem  31.  Dezember. 

Die  Ehrenmitglieder  erhalten  ex  officio  ein  Exemplar 
der  Zeitschrift  und  haben  im  übrigen  alle  Rechte  der  ordentlichen 
Mitglieder. 

IV. 

Die  Gesellschaft  hält  jährlich  eine  allgemeine  Versamm- 
lung ab,  in  der  die  anwesenden  Mitglieder  nach  Stimmenmehrheit 
Beschlüsse  zu  fassen  befugt  sind,  welche  die  ganze  Gesellschaft 
binden.  In  ihr  werden  jedesmal  auch  Ort  und  Zeit  für  die  Ab- 
haltung der  allgemeinen  Versammlung  des  nächsten  Jahres  bestimmt. 

Die  allgemeinen  Versammlungen  der  Gesellschaft  sollen,  so  lange 
es  die  Umstände  nur  immer  erlauben,  zusammen  mit  denen  der 
deutschen  Philologen  und  Schulmänner  abgehalten  werden.  Im  Falle 
nach  der  Ansicht  der  allgemeinen  Versammlung  ein  Zusammentagen 
der  Gesellschaft  mit  der  Philologenversammlung  des  nächsten  Jahres 
unmöglich  ist,  bestimmt  die  Versammlung  einen  Ort,  an  welchen  der 
geschäftsführende  Vorstand  im  Einvernehmen  mit  den  dortigen  Mit- 
gliedern der  Gesellschaft  die  allgemeine  Versammlung  auf  einen  Tag 
zwischen  dem  1.  Sept.  und  15.  Okt.  beruft.  Stösst  dieser  Modus  auf 
Hindernisse,  so  kann  der  geschäftsführende  Vorstand  die  allgemeine 
Versammlung  zwischen  dem  1.  Sept.  und  15.  Okt.  an  einen  andern  Ort 
berufen.  Sind  Gründe  vorhanden,  auch  diese  Zusammenkunft  aus- 
zusetzen, so  hat  darüber  der  Gesaintvorstand  zu  bestimmen. 

Die  erforderliche  Bekanntmachung  von  Ort  und  Zeit  der 
Versammlung  geschieht  in  dem  letzten  vor  dem  1.  Juli  ausge- 
gebenen  Hefte  der  Zeitschrift. 

Antrage'  auf  Beschlüsse,  welche  Bestimmungen  der  Satzungen 
ändern,  müssen  ebenfalls  in  dem  letzten  vor  dem  1.  Juli  ver- 
sandten Hefte  der  Zeitschrift  bekannt  gemacht  werden. 

Zu  einem  Beschlüsse,  der  eine  Änderung  der  Satzungen  enthält, 
i-t  eine  Mehrheit  von  drei  Vierteilen  der  erschienenen  Mitglieder 
erforderlich.  Zur  Änderung  des  Zwecks  des  Vereins  ist  die  Zu- 
stimmung aller  Mitglieder  erforderlich;  die  Zustimmung  der  nicht 
i  neuen    .Mitglieder  muss  schriftlich  erfolgen. 


Satzungen  der  D.  M.  G.  LXXYI1 

Auf  Antrag  von  mindestens  zwölf  Mitgliedern  der  Gesellschaft 
ist  der  geschäftsführende  Vorstand  verpflichtet,  in  kürzester  Zeit 
eine  ausserordentliche  allgemeine  Versammlung  nach 
Halle  oder  Leipzig  einzuberufen.  Einladung  und  Tagesordnung  sind 
an  sämtliche  Mitglieder  der  Gesellschaft  mindestens  14  Tage  vor  der 
Versammlung  abzuschicken.  Diese  ausserordentliche  allgemeine  Ver- 
sammlung hat  dieselben  Befugnisse  wie  die  alljährlich  wiederkehrende. 

Über  die  in  den  allgemeinen  Versammlungen  gefassten  Be- 
schlüsse ist  von  den  jeweiligen  Schriftführern  ein  Protokoll  auf- 
zunehmen, das  von  dem  Vorsitzenden  und  den  Schriftführern 
unterschrieben  wird. 


Zum  Mittelpunkte  ihrer  Geschäftsführung  und 
zu  ihrem  Sitze  bestimmt  die  Gesellschaft  die  Universitätsstädte 
Halle  und  Leipzig.  Sollte  die  Eintragung  in  die  Vereinsregister 
beider  Städte  von  den  betr.  Gerichten  als  unzulässig  zurück- 
gewiesen werden,  so  bestimmt  sie  zu  ihrem  Sitze  nur  Leipzig. 

Seit  dem  Jahre  1891  ist  gemäss  Vertrags  mit  der  KönigL 
Preussischen  Staatsregierung  (s.  Ztschr.  Bd.  XLV.  S.  XXII)  Halle 
zum  dauernden  Sitze  der  Bibliothek  bestimmt.  Redaktion  der  Zeit- 
schrift und  der  Abhandlungen,  Kasse  und  buchhändlerischer  Vertrieb 
der  Gesellschaft  verbleiben  in  Leipzig. 

VI. 

Die  Angelegenheiten  der  Gesellschaft  werden  durch  einen 
Vorstand  verwaltet,  der  aus  11  Mitgliedern  besteht.  Beschlüsse 
dieses  Gesamtvorstandes  werden  aber  nur  über  alle  wichtigen  An- 
gelegenheiten der  Gesellschaft  erfordert,  namentlich  über  die  Ver- 
wendung grösserer  ausserordentlicher  Geldmittel.  Mit  der  Erledigung 
aller  laufenden  und  minder  wichtigen  Geschäfte,  sowie  mit  der  Aus- 
führung der  Beschlüsse  des  gesamten  Vorstandes  und  der  allgemeinen 
Versamraktngen  wird  dagegen  ein  Ausschuss  von  4  Mitgliedern 
des  Vorstandes  beauft ragt .  welche  als  die  g e  s  c n äf  t s  f  ü h r  e  n  d e  n 
ihren  Wohnsitz  möglichst  zur  Hälfte  in  Halle  und  zur  Hälfte  in 
Leipzig  haben.  Durch  sie  gelangen  auch  alle  Gegenstände,  welche 
einen  Beschluss  des  gesamten  Vorstandes  erfordern,  an  die  übrigen 
7  .Mitglieder.  Bei  diesen  findet  eine  Beschränkung  hinsichtlich  des 
Wohnortes  nicht  statt;  doch  ist  es  wünschenswert,  dass  sich  in 
Halle  und  Leipzig  je  drei  Mitglieder  des  Gesamtvorstandes  befinden. 


LXXYIII  Satzungen  der  D.M.  G. 

Alles,  was  die  Geschäftsführung  im  einzelnen  betrifft,  nament- 
lich auch  die  Verteilung  der  Arbeiten  unter  die  einzelnen  Mit- 
glieder des  geschäftsführenden  Vorstandes,  ist  Sache  dieses  letzteren, 
oder,  soweit  dieser  nicht  einig  sein  sollte,   des  Gesamtvorstandes. 

VII. 

Der  Redakteur  erhält  jährlich  900  Jt>  Vergütung,  der  Biblio- 
thekar 600  JL  die  beiden  übrigen  Mitglieder  des  geschäftsführen- 
den Vorstandes  je  120  JL  Die  sonstigen  Verwaltungs-  und  die 
Korrespondenzkosten  werden  ebenfalls  aus  der  Gesellschaftskasse 
bestritten.  Die  Korrekturgebühren  werden  (mit  6  Ji  pro  Bogen) 
besonders  berechnet.  Für  die  Monitur  der  Jahresrechnung  (s.  unten 
zu   §  IX)  sind  30  JL  ausgeworfen. 

Im  jährlichen  Budget  der  Gesellschaft  wird  der  Höchstbetrag 
von  150  JL  geführt  als  Entschädigung  für  die  Kosten  der  Reise 
zweier  Geschäftsführer  zur  allgemeinen  Versammlung.  Diese 
beiden  Beamten  sollen  in  der  Regel  sein  der  Schriftführer  und  der 
Redakteur,  welche  dann  nötigenfalls  die  übrigen  Zweige  der  Ge- 
schäftsführung mit  zu  vertreten  haben.  Sie  können  aber  auch  im 
Behinderungsfalle  einen  andern  der  Geschäftsführer  mit  ihrer  Ver- 
tretung betrauen. 

Der  Kassierer  der  Gesellschaft  (s.  unten  zu  §  IX)  erhält  aus 
der  Kasse  für  die  laufenden  Arbeiten  eine  jährliche  Vergütung 
von  150  JL 

VIII. 

Der  Vorstand  wird  in  der  allgemeinen  Versammlung  von 
den  anwesenden  Mitgliedern  der  Gesellschaft  gewählt.  Von  den 
so  gewählten  Vorstandsmitgliedern  scheiden  alljährlich  diejenigen 
vier  bezw.  drei  aus,  welche  eine  dreijährige  Amtsführung  vollendet 
haben:  sie  können  aber  von  der  Versammlung  wieder  gewählt 
werden.  Im  Falle  der  Nicht  -  Annahme  der  Wahl  seitens  eines 
von  der  Versammlung  abwesenden  Mitgliedes  tritt  das  nach  Mass- 
gabe  der  erhaltenen  Stimmenzahl  zunächst  folgende  Mitglied  ein. 
Bei  gleicher  Stimmenzahl  hat,  wo  nötig,  das  Los  zu  entscheiden. 
Wenn  ein  Mitglied  des  Vorstandes  auf  irgend  welche  Weise  ausser 
der  regelmässigen  Zeit  ausscheidet,  so  wählt  die  nächste  allgemeine 
Versammlung  für  die  noch  zu  erfüllende  Amtszeit  des  Ausscheidenden 
einen  Ersatz. 


Satzungen  der  D.  M.  G.  LXXIX 

IX. 

Der  Vorstand  hat  dafür  zu  sorgen,  dass  der  allgemeinen 
Versammlung  jährlich  über  die  gesamte  Geschäftsführung  und 
namentlich  über  die  Kassenverwaltung  der  Gesellschaft  ausführlich 
Rechenschaft  abgelegt  werde.  Die  bezüglichen  Berichte  sind 
umgehend  in  Verbindung  mit  den  übrigen  Verhandlungen  der 
allgemeinen  Versammlung  und  eventuell  mit  den  in  dieser  etwa 
gehaltenen  wissenschaftlichen  Vorträgen  in  der  Zeitschrift  zu  ver- 
öffentlichen. 

Die  Kassenangelegenheiten  der  Gesellschaft  werden,  unter  Auf- 
sicht der  Geschäftsführer,  von  einem  durch  den  geschäftsführenden 
Vorstand  bestellten  Kassierer  in  Leipzig  verwaltet.  Alljährlich  vor  der 
allgemeinen  Versammlung  wird  das  Hauptkassenbuch  mit  den  Belegen 
einem  von  den  Geschäftsführern  bestellten  Monenten  zur  Prüfung  vor- 
gelegt. Die  Entlastung  der  Rechnungsführung  erfolgt  bei  der  nächsten 
allgemeinen  Versammlung  in  der  Weise,  dass  eine  Kommission  ernannt 
wird,  welche  die  Kassenbücher  zu  prüfen  und  über  die  Ergebnisse  der 
Prüfung  der  Versammlung  Bericht  zu  erstatten  hat. 

X. 

Dem  Redakteur  der  „Zeitschrift  der  Deutschen  Morgen- 
ländischen Gesellschaft",  die  z.  Z.  in  einer  Auflage  von 
800  Exemplaren  erscheint,  bleibt  es  anheim  gegeben,  den  Band 
bis  zu  5  5  Bogen  stark  zu  machen;  zu  einer  weiteren  Aus- 
dehnung soll  nur  nach  Beratung  mit  den  übrigen  Mitgliedern 
des  geschäftsführenden  Vorstandes  geschritten  werden.  Von  den 
Ai'tikeln  werden  10  Sonde rabzüge  umsonst  geliefert,  20  weitere 
gegen  Anrechnung  folgender  Beträge:  für  jedes  Exemplar  pro 
Bogen  0,10  J& ,  bei  besonderer  Seitenzählung  0,15  J& ,  bei  be- 
sonderem Titel  den  Herstellungskosten  entsprechend  mehr.  Dagegen 
ist  der  Redakteur  befugt,  ihm  geeignet  scheinende  Aufsätze  nach 
freiem  Ermessen  zum  ausschliesslichen  Vorteil  der  Gesellschaft  in 
Sonderabzügen  vertreiben  zu  lassen.  An  Honorar  zahlt  die  Ge- 
sellschaft für  die  Artikel  der  Zeitschrift  pro  Bogen  24  Jb,  wofür 
die  Verfasser  zugleich  zur  Lesung  einer  Korrektur  verpflichtet  sind. 

Ausser  ihrer  Zeitschrift  gibt  die  Gesellschaft  grössere  Arbeiten 
in  zwanglosen  Heften  unter  dem  Titel:  „Abhandlungen  für 
die  Kunde  des  Morgenlandes"  heraus,  deren  Hefte  be- 
sonders paginiert,  aber  mit  fortlaufenden  Nummern  bezeichnet 
werden.  Über  die  Druckfähigkeit  eingereichter  derartiger  Arbeiten 
haben  eventuell  die  vom  Redakteur  zu  befragenden  sachverständigen 


LXXX  Satzungen  der  D.  M.  G. 

Mitglieder  des  Gesarntvorstandes  zu  entscheiden.  Honorar  wird 
für  diese  Abbandlungen  nicht  gezahlt,  6  Jb  Korrekturgebühren 
pro  Bogen  ausgenommen ,  sofern  der  Redakteur  den  Verfassern 
sämtliche  Korrekturen  überlässt.  Die  Auflage  soll  300  bis 
400  Exemplare  betragen,  und  der  Preis  so.  berechnet  werden, 
dass  ungefähr  200  verkaufte  Exemplare  die  Herstellungskosten 
decken.     Das  Format  ist  dem  der  Zeitschrift  gleich. 

Auch  der  Preis  der  von  der  Gesellschaft  s onst  ver ö ff ent - 
lichten  Bücher  wird  in  der  Regel  in  der  Weise  berechnet,  dass 
bei  dem  Verkaufe  von  ungefähr  200  Exemplaren  die  Herstellungs- 
kosten gedeckt  werden. 

Der  geschäftsführende  Vorstand  ist  befugt,  allgemein  gültige 
Preisherabsetzungen  und  -Erhöhungen  vorzunehmen,  wo  ihm  das 
im  finanziellen  Interesse  der  Gesellschaft  zu  liegen  scheint. 

Die  Mitglieder  der  Gesellschaft  erhalten  bei  direktem  Bezug 
der  Vei-öffentlickungen  durch  die  Buchhandlung  der  Gesellschaft 
eine  Preisermässigung  von  in  der  Regel  33^3  p.  Ct. 

Neu  eintretenden  Mitgliedern  werden  auf  Verlangen  frühere 
Jahrgänge  oder  Hefte  der  Zeitschrift  sowie  die  Jahresberichte  zur 
Hälfte  des  Ladenpreises  geliefert,  sofern  davon  noch  genügende 
Vorräte  vorhanden  sind. 

Halle  a/S.,  den  8.  Oktober  1903. 

F.  Praetorius 
E.  Windisch 
A.  Fischer 

G.  Kampffmeyer 
E.  Kautzsch 

K.  Völlers 
H.  Zimmern. 

In  das  Vereinsregister  eingetragen  am  28.  November  1903. 
Leipzig,    den  4.  Dezember  1903. 

Der  Registerführer  des  Königl.  Amtsgerichts 

(LS)  1"'     " 

Aktuar  Viehwesrer. 


Abschrift  aus  dem   Ve 


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Auflösung; 
Entziehung 
der  Rechts- 
fähigkeit; 
Konkurs ; 
Liquidatoren. 

* 

28.  November   1903. 
a.,  Professor  F.  Praetorius  in  Halle, 
b.,  Professor  E.  Windisch  in  Leipzig, 
c,    Professor    Dr.    Ernst    Kuhn     in 

München, 
d.,  Professor  Kautzsch  in  Halle, 
e.,    Dr.  Kampffmeyer  ebenda, 
f.,    Professor  H.Zimmern  in  Leipzig, 
g.,  Professor  A.   Fischer   ebenda, 
h.,  Professor  Dr.  Leo    Reinisch    in 

Wien, 
i.,    Professor  Theodor  Nöldeke  in 

Straßburg, 
k.,  Professor    Dr.  Adolf   Ejrman    in 

Steglitz, 
1.,    Professor  Dr.   Richard    Pischel 

in  Berlin. 
Reg.-Akt.  Bl.   15.                   Viehweger. 

. 

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28.  November   1903.     Die 
Satzung  ist  am   8.  Oktober 
1903   errichtet. 
Reg.-Akt.  Bl.  15.    Viehweger. 

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Das  südliche  Pancatantra. 
Übersicht  über  den  Inhalt  der  älteren  „Pancatantra"- 

Eezensionen  bis  auf  Pürnabhadra. 

Von 

Johannes  Hertel. 

Die  vorliegende  Arbeit  bildete  ursprünglich  zwei  Kapitel 
meiner  in  den  AKSGW.,  ph.-h.  Kl.  XXII.  V  erschienenen  Abhandlung 
„Über  das  Tanträkhyäyika ,  die  kasmtrische  Rezension  des 
jPancatantra' " .  Da  ich  aus  äusseren  Gründen  gezwungen  war. 
den  Umfang  dieser  Abhandlung  zu  beschränken,  so  veröffentliche  ich 
die  beiden  Kapitel  hier. 

Über  das  südliche  Pancatantra,  d.  h.  den  ursprüng- 
lichen Sanskrittext  des  unter  diesem  Kamen  bekannten  Aus- 
zuges, aus  dem  der  Verfasser  des  Hitopadesa  geschöpft  hat,  sind 
die  Untersuchungen  noch  nicht  abgeschlossen,  und  fast  hat  es  den 
Anschein,  als  ob  angesichts  des  sehr  unbefriedigenden  handschrift- 
lichen Materials  ein  einigermaassen  ursprünglicher  Test  überhaupt 
nicht  mehr  vorhanden  ist.  Trotzdem  war  es  unumgänglich  not- 
wendig, den  Text  schon  jetzt  zu  besprechen,  weil  sonst  eine  sichere 
Beurteilung  der  bis  jetzt  vorliegenden  „Pancatantra" -Fassungen, 
namentlich  auch  der  Nachweis  der  grossen  Wichtigkeit  des  Tanträ- 
khyäyika, ganz  unmöglich  wäre. 

Demselben  Zwecke  dient  die  tabellarische  Übersicht  über 
die  älteren  Fassungen  des  „Pancatantra u.  Bei  den  starken 
Abweichungen  der  einzelnen  Rezensionen  unter  sich  kann  man  sich 
ohne  eine  solche  Übersicht  über  das  Verhältnis  derselben  zu  ein- 
ander schlechterdings  keine  Vorstellung  machen.  Den  Beweis  für 
diese  Behauptung  liefert  allein  schon  der  Umstand,  dass  dem 
scharfsinnigen  Benfey  selbst,  der  nur  zwei  in  Sanskril  abgefasste 
Prosa-Rezensionen ,  nämlich  den  sog.  Ornatior  oder  die  Fassung 
Pürnabhadras  und  den  sog.  Svmplicior  vor  sich  hatte,  eine  genaue 
Scheidung  derselben  nicht  gelungen  ist.  Eine  übersichtliche  Tabelle 
nach  Art  der  unten  gegebenen  hätte  ihm  das  Wesen  des  Kose- 
gartenschen  textus  simplicior  enthüllen  müssen.  Ebenso  hätte  er, 
wenn    er   Somadeva    und    die  PahlavT- Rezensionen    in    ein.'   Tabelle 


2  Jlertel,  Das  südliche  Pancatantra,  etc. 

eingetragen  hätte,  den  Wert  des  ersteren  erkennen  müssen,  was 
ihm  bekanntlich  nicht  gelungen  ist. 

Diese  Tabellen  sind  also  von  grösster  Wichtigkeit  für  eine 
Beurteilung  der  einzelnen  Rezensionen.  Aber  allein  betrachtet 
würden  sie  natürlich  auch  wieder  kein  richtiges  Bild  gewähren. 
Sie  zeigen  nur  das  Gerippe.  Wo  es  sich  um  den  Prosa  Wort- 
laut handelt,  muss  man  natürlich  die  Texte  selbst  vergleichen. 
Dies  ist  in  den  Anmerkungen  zu  dem  a.  a.  0.  gegebenen  Texte  des 
Tanträkhyäyika  geschehen.  Ein  Studium  der  vorliegenden  Tabellen 
in  Verbindung  mit  diesen  Anmerkungen  ist  also  zur  Be- 
urteilung der  einzelnen  Rezensionen  und  ihrer  Abhängigkeit  von 
einander  unerlässlich. 

Über  die  Bezeichnung  der  Quellen  bitte  ich  die  angeführte  Ab- 
handlung nachzulesen.  Das  südliche  Pancatantra  musste  ich  natür- 
lich nach  Haberlandts  Ausgabe  zitieren.  Aus  den  den  Tabellen 
beigegebenen  Anmerkungen,  in  denen  ich  alle  nicht  in  Haberlandts 
Text,  aber  in  Handschriften  überlieferten  Strophen  gebe,  wird  man 
den  Bestand  rektifizieren  können.  Nur  zu  diesem  Zwecke  sind  die 
Belegstellen  aus  dem  Hitopadesa  (ed.  Peterson)  beigefügt,  aus  dem 
nur  diejenigen  Strophen  notiert  sind,  die  sich  in  irgend  einer  anderen 
Pailcatantra-Fassung  finden.  Unter  Syr.  sind  auch  Johann  von 
Capua  (ed.  Derenbourg),  die  jüngere  syrische  Übersetzung 
nach  Keith-Falconer,  iSymeon  Seth  nach  der  Athener  Ausgabe  und 
Wolffs  Übersetzung  des  Calila  und  Dimna,  Stuttg.  1837  zitiert, 
wo  die  ältere  syrische  Übersetzung  lückenhaft  ist 1).  Pürnabhadras 
Fassung  (den  fälschlich  sog.  Omatior)  zitiere  ich  nach  Schmidts 
Übersetzung.  Da  aber  im  ersten  Buche ,  wie  jetzt  nach  Bekannt- 
werden des  besten  handschriftlichen  Materials  feststeht,  alle  die 
Strophen,  die  Schmidt  nach  der  späteren  Hs.  K  und  den  Marginal- 
nachträgen  seiner  besten  Hs.  A  gegeben  hat,  dem  Texte  abzusprechen 
sind,  so  gebe  ich  daneben  den  Bestand  der  besten  Hs.  bh,  die  leider 
im  Anfang  verstümmelt  ist,  bis  zum  Ende  des  ersten  Buches.  In 
den  übrigen  Büchern  existieren  keine  erheblichen  Differenzen.  [  ]  be- 
deutet, dass  eine  Strophe  in  der  guten  Hs.  A  (=  India  Office  2643) 
fehlt,   [+],  dass  sie  am  Rande   dieser  Handschrift  nachgetragen  ist. 

Den  sog.  Simplicior  zitiere  ich  nach  Kielhorn  (K)  -Bühler  (B) 
und  der  Hamburger  Hs.  H. 

Durch  Umrahmung  der  einzelnen  Erzählungen  ist  es  auf  den 
ersten  Blick  ermöglicht,  die  Schalterzählungen  von  den  Rahmen- 
erzählungen, sowie  das  Strophenmaterial  des  Rahmens  von  dem  der 
Erzählungen  zu  unterscheiden.  In  den  ersten  vier  Büchern  ist  der 
Rahmen  des   ganzen  Buches  nicht  angedeutet,    dagegen  ist  dies  im 


1)  Die  Stellen  der  PahlavT- Rezensionen,  die  mit  mehr  oder  weniger 
Wahrscheinlichkeit  auf  metrische  Stellen  des  Sanskrit-Originals  zurück- 
gehen und  die  natürlich  in  der  „Übersicht11  keinen  Platz  finden  konnten,  sind 
am   Ende  meiner  zitierten  Abhandlung  aufgeführt. 


Hertel,  Das  südliche  Pancatantra,  etc.  3 

fünften  geschehen,  weil  in  den  Jaina  -  Rezensionen  dieser  Rahmen 
zerstört  ist.  Die  einzelnen  Erzählungen  sind  unter  den  Rubriken 
der  verschiedenen  Fassungen  stets  da  aufgeführt,  wo  sie  in  ihnen 
wirklich  auftreten ;  Parallelstellen  würden  die  Übersicht  nur  ge- 
t  riil »t  haben.  Diese  findet  man  auf  S.  130  meiner  Abhandlung 
„Über  die  Jaina -Rezensionen  des  Pancatantra".  Leider  sind  dort 
durch  ein  Versehen  (richtig  schon  ZDM6.  56,  S.  302)  die  Parallel- 
stellen zu  Pürn.  II,  9.  nämlich  SP.  II.  4  und  Ks.  II,  4  ausgefallen. 
Übrigens  ermöglicht  der  Umstand,  dass  in  den  Tabellen  die  Über- 
schriftsstrophen mit  einem  *  bezeichnet  sind,  sofort  die  Auffindung 
einer  Erzählung  in  anderen  Rezensionen. 

Abweichungen    einzelner    Rezensionen    jn    der    Anordnung    der 
Strophen  sind  in  den  Tabellen  durch  den  Druck  hervorgehoben. 

I.     Das    südliche    Pancatantra 

ist  bisher  nur  einmal  ediert  und  zwar  von  Dr.  M.  Haberlandt  in 
den  Sitzungsberichten  der  Wiener  Akademie  der  "Wissenschaften, 
phil.-hist.  Cl.  CVII,  I,  S.  397  ff.  Diese  Ausgabe  iusst  auf  zwei 
Handschriften,  die  Haberlandt  mit  G  und  D  bezeichnet.  G  ist  ein 
sorgfältig  geschriebenes,  im  ganzen  korrektes  Palmblatt-Manuskript 
in  Grantha,  leider  undatiert,  D  eine  moderne  Papierhandschrift  in 
Devanägarl.  Beide  befinden  sich  gegenwärtig  in  der  Bibliothek 
des  India-Office:  G  =  I.  0.  Burneil  211,  D  =  Bühler  Mss..  April 
24/88,  Nr.  320.  Da  Haberlandts  Angaben  über  die  beiden  Hss. 
S.  398  ungenügend  sind,  so  lasse  ich  zunächst  eine  kurze  Be- 
schreibung dieser  Hss.  hier  folgen. 

(t  besteht  aus: 
a)  66  von  verschiedenen  Schreibern  abwechselnd  geschriebenen 
Palmblättern.  Die  Schrift  ist  durchgängig  geschwärzt.  Ge- 
legentliche Lücken ,  die  wiederholt  durch  freigelassene  Stellen 
angedeutet  sind,  beweisen,  dass  das  Original  der  Hs.  bereits 
lückenhaft  war.  Im  dritten  Buche  fehlten  dem  Original  zwei 
Palmblätter1).  Unsere  Handschrift  hat  diesen  Umstand  in  der 
Paginierung  nicht  beachtet. 

Die  Korrektheit  des  Textes  wechselt  natürlich  mit  den 
Schreibern;  im  ganzen  aber  ist  die  Handschrift  sehr  gut.  Sie 
hat  durch  Insektenfrass  ziemlich  gelitten;  doch  sind  in  den 
weitaus    meisten    Fällen    aus    den    noch    sichtbaren    Resten    der 

irift    die  Lücken    mit   Sicherheit  zu  ergänzen.     Am   stärl 
sind  die  beiden  ersten  Blätter  beschädigt.     Ä.ber  dieser  Nachteil 
wird  dadurch  ausgeglichen,    dass    der  Handschrift ,    was   Haber- 
landt nicht  erwähnt, 

1)  Das  meint  Haberlandt.   wenn   er  S.  398   sagt,  es  fehlten   „circa 
des  Textes". 


4  Hertel,  Das  südliche  Pancatantra,  etc. 

b)  zwei  nicb.1  paginierte  Palmblätter  jüngeren  Datums 
beiliegen  ,  die  genau  denselben  Text  enthalten ,  wie  die  beiden 
ersten    Blätter  der  Hs.,  und  zwar  lückenlos. 

,  i  Aul'  einem  weiteren,  mit  2  paginierten  Blatt  ist  eine  Lücke 
der  alten  Hs.  am  Ende  der  Einleitung  ergänzt;  aber  diese  Er- 
gänzung selbst  ist  lückenhaft;  Haberlandt  erwähnt  sie  nicht. 

d)  Ferner  liegen  in  der  Hs.  zwei  alte ,  mit  25  und  26  paginierte 
Palmblätter ,  die  einer  Hymnensammlung  angehört  haben.  Sie 
sind  mit  geschwärzter  Schrift  bedeckt  und  enthalten  18  Sloken, 
einen  in  sich  abgeschlossenen  Hymnus  auf  Räma,  dessen  Titel 
die  letzten  beiden  Päda  geben : 

evam  srlRämacamdrasya  nämnäm  astottaram  satam. 

Der  Text  dieses  Hymnus  ist  korrekt  und  trotz  des  Insekten - 
frasses  vollständig  herzustellen.  In  den  beiden  Bombayer  Aus- 
gaben  des  Brhatstotraratnükarah  ist  er  nicht  enthalten.  Er 
ist  aber  genau  nach  demselben  Schema  gearbeitet,  wie  das  in 
beiden  Ausgaben  enthaltene  H>rik)\snästottarasatanämastotravi. 
Haberlandt  sagt  nichts  davon. 

Ausserdem  liegen  noch  vier  leere  Palmblätter  bei ,  von  denen 
zwei  zu  einer  Tasche  zusammengeklebt  sind.  In  dieser  Tasche 
liegt  —  was  Haberlandt ,  wie  seine  Anmerkungen  beweisen ,  ent- 
gangen ist  —  der  abgebrochene  linke  Rand  von  Blatt  12  und 
von  Blatt  16,  so  dass  an  diesen  Stellen  also  kein  Text verlust  zu 
beklagen  ist. 

Der  Schluss  jedes  Buches  enthält  die  Worte:  Barth  om.  Die 
Einleitung  beginnt  auf  den  unter  a  und  b  genannten  Blättern  über- 
einstimmend mit  folgenden ,  bei  Haberlandt  im  Texte  wie  in  den 
Anmerkungen  fehlenden  Strophen : 

duklämbaradharam  Visnum  sasivarnam  caturbhujam  | 
'prasannavadanam  dhyüyet  sarvavighnopasäntaye  || 
parasparaiapassampatphaläyitaparasparau  | 
prapancamätäpitarau  präncau  jäyäpati  stumah  \\ 

Diese  Strophen  sind  vielleicht  nur  Schreiberstrophen;  aber  doch 
hätte  Haberlandt  sie  geben  sollen.  Denn  ausgeschlossen  ist 
es  nicht,  dass  sie  vom  Verfasser  selbst  herrühren.  Ich  habe  in 
dem  ganzen  Texte  keine  Spur  gefunden,  die  gegen  die  Annahme 
spi-äche.  dass  der  Autor  ein  Vaisnava  war.  Jedenfalls  beweisen 
die  Strophen  I,  36  und  II,  44  ed.'  Hab.  =  Hit.  Hs.  A  p.  59  und 
I.  L05  ed.  Peterson,  dass  er  ein  Brähmana  war,  und  da  in  beiden 
Visnu  genannt  ist,  so  ist  die  Annahme,  dass  das  S.  P.  das  Werk 
eines  Visnuiten  ist,  gewiss  wahrscheinlich.  Denn  dass  beide  Strophen 
dem  S.  P.  angehören,  dafür  spricht  ausser  der  hs.  Überlieferung 
(sie  fehlen  in  keinem  Ms.  des  SP.)  ihr  Vorkommen  im  Hitopadesa. 
Eine  ähnliche  Strophe  haben  EF  hinter  Hab.  I,  36.  Vgl.  den  Text 
in    der  Anmerkung    am  Fusse    der    tabellarischen   .Übersicht".     In 


llertel,  Das  südliche  Pancata/ntra,  etc.  5 

D    steht    am   Ende    des    ersten   Buches    srlHaragrlväya    namah1), 

und  wie  in  G ,  so  findet  sich  in  den  v.  Maiikowskischen  Hss. ,  von 
denen  ich  weiterhin  berichten  werde,  dasselbe  „JETarih  omu .  Vgl. 
dazu  den  Namen  des  angeblichen  Verfassers  des  Urtextes  Visnu- 
sannan. 

D  ist  eine  moderne ,  auf  blaues  und  weisses  Papier  geschrie- 
bene Kopie ,  die ,  wie  viele  charakteristische  Schreibfehler  zeigen, 
wie  es  scheint  mittelbar  auf  ein  Grantha-Ms.  zurückgeht.  Die 
Tinte  hat  einen  Teil  der  Blätter  stark  zersetzt,  sodass  sie  ganz 
brüchig  geworden  sind  und  auch  durch  Ausbrechen  einige  kleine 
Einbussen  erlitten  haben.  Die  Hs.  besteht  aus  45  paginierten 
Blättern.  Sie  ist  sehr  wenig  sorgfältig  und  ohne  jedes  Verständnis 
geschrieben,  enthält  ausserordentlich  viele  Fehler  und  kleine,  meist 
nicht  bezeichnete  Lücken.  Davon  abgesehen  bietet  sie  fast  durch- 
gängig dieselbe  Rezension  wie  II,  obwohl  natürlich  der  Wortlaut 
im  einzelnen  häufig  von  dem  der  andern  Hs.  abweicht.  Die  beiden 
oben  gegebenen  Einleitungsstrophen  von  G  hat  weder  D .  noch 
finden   sie  sich  in  den  übrigen  Handschriften. 

Auf  diesen  beiden  Hss.  fusst  Haberlandts  Ausgabe. 

Entspräche  diese  Ausgabe  nach  Text  und  Apparat  n  u  r 
einige rmaassen  dem  handschriftlichen  Befunde,  so  könnte  ich 
mir  hier  eine  Besprechung  derselben  ersparen.  Nach  Haberlandts 
eigenen  Angaben  müsste  man  einen  zwar  eklektischen  Text  er- 
warten ;  brauchbar  müsste  dieser  Text  indessen  auf  jeden  Fall  sein, 
da  Haberlandt  selbst  sagt:  „Durch  genaue  Führung  kritischer  Noten 
ist  mein  Verfahren  überall  der  Controle  unterstellt".  Ebenso  müsste 
man  einen  sprachlich  korrekten  Text  erwarten,  denn  der 
Herausgeber  sagt  (S.  398),  dass  er  bei  der  Auswahl  der  Lesarten 
„Rücksichten  auf  die  Gleichmässigkeit  des  Styls  der  Recension 
selbst 2)  und  auf  Correctheit  des  Sanskrit[so  !]ausdruckes  überhaupt 
walten  Hess",  und  dass  er  sich  „bemühte,  einen  möglichst  lesbaren 
und  von  handschriftlichen  Verunreinigungen  befreiten  Text  her- 
zustellen". Sodann  sagt  er  selbst  mit  vollem  Rechte  von  dem 
Palmblatt -Ms.,  da—  es    „sehr  correct"   geschrieben  ist. 

Wenn  nun  aber  in  Haberlandts  Text  gleich  die  Einleitungs- 
strophe mit  münave  (was  Dativ  von  Manu  sein  soll)  beginnt, 
wobei  ein  Druckfehler  ausgeschlossen  ist,  da  die  Anmerkung  die- 
selbe Schreibung  enthält,  oder  wenn  in  Str.  5  ho  'rtho  putrena 
steht,  während  beide  Hss.  (oder  vielmehr  alle  drei,  denn  der  An- 
fang ist,  wie  erwähnt,  in  G  doppelt  überliefert)  den  richtigen  Sandhi 
halten,  wenn  man  auf  der  nächsten  Seite  pancatanträni  liest  (wonach 
also  Visnusarman  eine  Anzahl    Paücatantraf assungen  geschrieben 


l     Am  Ende  des  fünften  Buches  steht  in  D:   äriPümdwarngäya  namah. 

2)  Dass  dies  irgendwo  geschehen  wäre,  kann  ich  trotz,  eingehendsten 
Stadiums  des  Textes  und  seiner  handschriftlichen  Grundlagen  nicht  bestätigen. 
Die  angeführten  Worte  kann  ich  schlechterdings  nur  als  rhetorische  Floskeln 
betrachten. 


C  Hertcl,  Das  südliche  Pancatantra,  etc. 

hätte!)  and  einige  Zeilen  weiter  daksinapade  und  särdhavähah, 
so  wird  man  von  Anfang  an  gegen  den  Text  sehr  misstrauisch. 
In  der  That  ist  dieses  Misstrauen  nur  allzuberechtigt.  Die 
99.  Strophe  des  ersten  Buches  z.  B.,  die  H.  infolge  seiner  wirren 
Zählung  mit   106  bezeichnet,  lautet  bei  ihm: 

tyajet  ksudhärMii   inalii.v«  smputrarh  | 

hhllh'te  ksudhärfÄä   bhujagO  svam  andam  | 

bubhuksitaii/    kirn  na  karoti  papam  | 

kslnä    nara  niskaruna  bhavanti  || 

In  G,  das  regelmässig  die  Konsonantenverdoppelung  nach  r  hat, 
während  das   Devanägarl-Ms.  sie  nicht  zeigt,  lautet  die  Strophe: 

tyajet  ksudhärföä  mahilapi  putram 

hhn nh'te  ksudhärWä  bhujagf  svamandalam  (so !)  | 

bubhuksita//    kirn   na  karoti  päpam 

kslnä  narä  niskarunibhavamti  || 

Die  einzige  varia  lectt'o ,  die  H.  zu  der  Strophe  giebt :  „26  G. 
mahisy  apiu  bezieht  sich  auf  den  ersten  Päda  und  ist  falsch, 
da  G  eben  mahilapi  liest.  H.'s  Lesart  Jesudhärthd  in  a  und  b 
ist  eine  Probe  dafür,  wie  er  „einen  möglichst  lesbaren  und  von  hand- 
schriftlichen Verunreinigungen  befreiten  Text  herzustellen"  bemüht 
ist  (S.  398);  denn  beide  Hss.  haben  den  Fehler  nicht.  Ebenso 
verhält  es  sich  mit  bhuJ&te  und  bhiijago  in  b.  Statt  der  Korruptel 
svamandalam  hat  D  richtig  svam  andam.  Den  Fehler  bubhu- 
IcsitaWl  hat  H.  aus  D  herübergenommen;  in  niskarunä  (d)  folgt 
er  gleichfalls  D. 

Haberlandts  I,  142   lautet: 

na  prajnayä  visärinyä  yo  balena  dhanena  vä  | 
dhurar    vahati  blioh'tasya  janani  tena  putrini  || 

Dazu  keine  varia  lectio.  Das  unsinnige  na  steht  in  keiner  Hs. 
G  liest:  prajnayä  hi,  D:  prajnayä  CCl;  in  b  D  korrupt  baktena. 
G  in  c  ganz  richtig  gotrasya,  D  blioktrasya.  Dazu  kommen  in 
D  noch  einige  weitere  Korruptelen. 

Die  folgende  Strophe  lautet  bei  H. : 

Apädamülasem6?r«ryah  ko   'hftth   näma  na  vidyate  | 
ntapratipa^?/«  tu  samyidcto  durlabho  janah  || 

Dazu  in  den  Anmerkungen:  „6'  G.  °mätra°  st.  °müla°.  7  saih- 
yukto  fehlt  in  G.  —  Vor  janah  in  G.  lii  khaluL .  Was  hier  von 
Zeile  7,  d.  i.  dem  vierten  Päda  gesagt  wird,  entspricht  nicht  den 
Thatsachen.  G.  liest  khalo.  Ausserdem  liest  G  in  b  hi  statt  des 
sinnlosen  ham  des  Devanägarl-Ms.  und  in  c  °pratipattä.  Es  ist 
wohl    zu    lesen  ; 

äpädarnülasauwxlaryah  ko  hl  näma  na  vidyate  | 
atyantapratipatt/Y  tu  durlabho  hi  khalo  janah  j| 


Hevtel,  Das  südliche  Pcmcatantra,  etc.  7 

„Wer  zeigt  sich  nicht  von  seiner  guten  Seite,  weil  ihm  dafür 
Lohn  winkt!  Einen  bösen  Menschen  aber,  der  bis  ans  Ende  zu- 
stimmt (in  Eintracht  mit  uns  lebt),  giebt  es  nicht".  Der  Sinn 
der  ganzen  Stelle  erfordert  die  Fassung  der  letzten  beiden  Päda, 
wie  sie  G  bietet. 

II,  1 5  lautet  nach  H : 

suhrd  ayam  iti  durjane  'sti 

käcä  hahukrtamayeti  guptam  etat  | 

sujana  iti  puräna  esa  cabdo 
dhanalavamätranibandhano  hi  lokall  || 

Die  einzige  varia  lectio:  19  [d.  i.  Päda  b]  D.  für  guptam: 
gulmam.     Natürlich  sind  die  beiden  ersten  Päda  zu  lesen: 

suhrd  ayam  iti  durjane  'sti  käsä 

bahn  kttam  asti  mayeti  guptam  etat  | 

Dies  ist  die  Lesart  von  G,  was  H.  verschweigt.  Das  Metrum  ist 
Puspitägrä.  Aber  es  zeigt  sich  durchgängig,  dass  Haberlandt,  als 
er  seinen  Text  herausgab,  ebenso  unwissend  bezüglich  der  Sprache 
wie  der  Metrik  war.  Hätte  er  nur  einige  Fühlung  mit  der  Metrik 
genommen,  so  hätte  er  nicht  die  Sikharini  -  Strophen  Einl.  7  8, 
I,  38/39,  74/75,  110  111  und  II,  42/43  oder  die  Särdülavikridita- 
Strophen  I,  8/9,  53/54,  61/62,  79/80,  99/100  und  II,  40/41,  ferner 
die  HarinT- Strophe  I,  85/86  und  die  Vasantatilakä-Strophe  1, 112  L13 
als  je  zwei  Strophen  zählen  können,  trotzdem  das  DevanägarT- Ms. 
diese  Strophen  richtig  zählt  und  trotzdem  Haberlandt  auch,  wie  er 
S.  399  ausdrücklich  sagt,  „durchgehends  die  Spruchsammlung  von 
O.  Boehtlingk  verglichen"   hat. 

Vier  weitere  Strophen  druckt  H.  als  Prosa.  Die  erste  steht 
in  der  Erzählung  Citrängas  p.  446,  Zeile  16  f.: 

vätavrstividliatasya  rnrgayüthasya  dhävatah  \ 

prsthato  (Hab.  prsfato)  'niigamisyämi  kadä  nas  tad  bhavisyati 

Der  Sloka  ist  eine  von  den  interessanten  äkhyäna1)- Strophen, 
deren  das  Pancatantra  in  seinen  verschiedenen  Fassungen  eine  ziem- 
liche Anzahl  enthält.  Er  findet  sich  fast  wörtlich  wieder  bei 
Pürnabhadra  II,  177,  und  im  Tanträkhyäyika  II,  132. 

S.  451,    Z.  13 f.,    im    Anfang    des    dritten  Buches,    liest    IL: 


1)  Ich  gebrauche  vorläufig  diesen  Ausdruck,  obgleich  ich  es  nicht  für 
ausgeschlossen  halte,  dass  in  den  sog.  Äkhyäna-Hymnen  etwas  ganz  anderes 
vorliegt,  als  in  den  Äkhyäna -Strophen  der  Erzähluugslitteratur.  Die  Akhyäna- 
Hymnen  scheinen  mir  dramatische  Gedichte  zu  sein,  wirklich  in  verteilten 
Rollen  vorgetragen.  Sio  scheinen  mir  die  ersten  Anfänge  des  indischen  Dramas 
zu  sein.  Die  Äkhyäna -Strophen  der  Er  z  ählun  gs  li  1 1  er  a  t  ur  dagegen, 
namentlich  wie  sio  in  den  verschiedenen  Fassungen  des  „Pancatantra"  und  im 
Jätaka  vorliegen,  sind  violleicht  mit  den  Erzählungsstrophon  in  unseren  Volks- 
märchen zu  vergleichen.  Dass  Hymnen  epischor  Art  im  Kgveda  vorkommen, 
soll   natürlich   damit  nicht  <releuirnet  werden. 


g  Hertel,    Das  südliche  Pancatantra,  etc. 

yasyäptas  tasya  capto  'nyas  tasyäpto  'nyo  'sti  kaccana  \  suguptam 
<{/>/'  mantram  [so!]  bhinatty  ätmaparamparä  \  Setzt  man  hier 
hinter  mantram  mit  beiden  Handschriften  das  notwendige 
hi.  so  ergibt  sich  ein  regelrechter  Sloka.  Statt  des  sinnlosen  ätma- 
paramparä hätte  H.  äptaparamparä  mit  D  schreiben  sollen.  H. 
freilich  gibt  es  nicht  einmal  als  Variante.    Sein  Zitat  aus  D  ist  falsch. 

S.  454,  Z.  21  ff.  liesl  EL:  asty  atra  ksudrqjaniünäm  nimajja- 
nasdham  payah  tivrdmgukair  abhinnänäm  karinäm  ca  durla- 
I >h<i n).  Als  einzige  varia  lectio  führt  H.  an:  D.  tu  st.  ca.  Natür- 
lich liegt  ein  Sloka  vor,  der  nur  von  H.  verderbt  ist.  In  c  liest 
Gr:  tlm-ämkudair  abhinnänäm,  was  einzusetzen  ist.  H.'s  Lesart, 
die  sich  offenbar  an  das  korrupte  tammrämsukla0  des  DevanägärT- 
M\  anlehnt,  ist  ganz  widersinnig,  da  die  Elefanten  ja  gerade  von 
der  Hitze  ermattet  sind,  wie  im  Texte  ausdrücklich  hervorgehoben 
wird.  Päda  d  ist  in  beiden  Hss.  metrisch  richtig.  Gr  liest: 
karinäm  (so!)  na  ca  durllabhah,  D:  karinäm  tu  sudurlabham. 
Die  Lesart  von  D  ist  die  richtige. 

Die  Strophe  ist  wieder  eine  äkhyäna- Strophe.  In  D  ist  sie 
auch  als   Strophe  gezählt. 

S.  468,  21   liest  H:    tava  prayqjanavacäl    lohe  pritih\X\  tafl 
anuvartate  \  tvam  tu  vünaracärdüla  nisprcij/ojafiavatsaldh 
dazu  als  einzige  Variante:    „21  pritas  tarn  anu°  G".    Es  ist  zu  lesen: 

prayqjanavadäl  lolcaJi  pritas  tarn  anuvartate  | 
tvam  tu  vänarasärdüla  iiisspvlio  l)  janavatsalah  J| 

So  lautet  die  Strophe  in  G  (nur  b:  anuvarttate ,  c:  °särddüla, 
d:  nisprho).  Dies  ist  wieder  eine  alte  äkhyäna- Strophe,  von  der 
eine  Paraphrase  in  der  alten  syrischen  Übersetzung  vorliegt.  S.  50, 
Z.  2  ff.  sagt  dort  die  „Schildkröte":  „Denn  wenn  du  auch 
zufolge  deiner  hochherzigen  Gesinnung  keine  Be- 
lohnung erwartest,  so  muss  ich  mich  doch  vor  mir  selbst 
schämen.  Man  sagt  ja:  Ein  Edelclenkender  ist  gewohnt.  Wohl- 
thaten  auch  denen  zu  erweisen ,  von  welchen  er  durchaus  nichts 
zurückerhalten  kann,  indem  er  keine  Belohnung  erwartet. 
Aber  das  Gute,  was  ihm  selbst  von  anderen  erwiesen 
ist.  vergisst  er  niemals,  sondern  vergilt  es  durch  täglich 
neuen  Dank  und  reicht  besonders  den  ins  Unglück  Gestürzten  f  hilf; 
reiche  Hand".  Die  gesperrten  Worte  entsprechen  unserem  Sloka, 
dessen  beide  Hälften  in  der  Paraphrase ,  wie  das  in  den  Pahlavi- 
Rezensionen  häufig  vorkommt,  umgestellt  sind.  Der  Sinn  der  Sanskrit- 
strophe ist  dabei  auch  nicht  ganz   richtig  wiedergegeben. 

inzen  entspricht  der  Bestand  an  Strophen  und  Prosasätzen 
bei  Haberlandt  dem  unserer  Handschriften.  Abgesehen  von  einigen 
Prosasätzen,  die  weder  in  seinem  Texte,  noch  in  den  Anmerkungen 


1)  G  und  v.  Mankowskis  ABC  sowie  E  und  F  schreiben  wie  Sar.  Zisch- 
laut vor  Zischlaut. 


Hertel,   Das  südliche  Paucatantra,  etc.  9 

stehen,  fehlt  indessen  bei  ihm.  gleichfalls  in  Text  und  Anmerkungen, 
eine  Strophe  hinter  III,  78 : 

mudam   visüdai  iaradam  himägamah 
tamo  vivasvän  suhrtam  krtaghnalä  \ 
satäm   mvehad  sucam  äpadam  nayai 
Sriyäm  samrddhäm  api  hanti  durnayah  || 

Dieselbe  Strophe  haben  alle  anderen  Hss.  des  SP,  ausser  D.  Sie 
findet  sich  auch  in  den  gedruckten  Ausgaben  des  Hitopadesa .  die 
Schlegel  benutzt  hat,  in  Wilsons  Codex,  in  den  Hss.  A  und  C  hinter, 
in  der  Hs.  Cb.  vor  Schi.  III,  116  =  Pet.  III.  114.  mit  einigen 
anderen  Lesarten  im  3.  und  4.  Päda.  Sie  gehört  also  sicher  sowohl 
dem  Texte  des  SP,  wie  dem  des  Hitopadesa  an,  trotzdem  sie  in 
den    „kritischen"    Ausgaben  beider  Texte  fehlt. 

Als  III,  71   hat  Haberlandt    folgende  beide  Päda  einer  Särdü- 
lavikrldita- Strophe : 

kälinäni  na  samhrnoty  avahitah  chidresu  jägarti  yah  \ 

tasya  ivanh  cavitasya  vagyamanaso  /taste  sihit&h  sampadah   71 

In  G  fehlt  die  Strophe,  weil  sie  in  die  oben  S.  3  erwähnte  Lücke 
der  Hs.  fällt.  Dagegen  bat  D  sie  vollständig.  Die  beiden  ersten 
Päcla  lauten : 

sampräpte  vyasane  na  sidati  manahstddhau  na  samhrsyati 
krodham  samharate  hsaraäm  ca  hurute  käle   na    rispandate  | 

Die  Hs.  bat  in  a:  sarpprävyasamne ,  in  b:  visyamditi.  In  d  ist 
natürlich  tasyaivamcaritasya  zu  lesen. 

S.  443,  Z.  3  ff.  lautet  Haberlandts  Text: 

athavä  j 

tarn  alasam  daivaparam  sdhasäc  ca  parihitam 
pramadevavrddhapatiTh  secaty  upaguMtum  laksmih    65 

Dazu  die  Anmerkung:  „athavä  und  Vers  65  fehlen  in  i)a.  Das 
athavä  fehlt  auch  in  G,  und  die  Strophe  ist  in  dieser  Hs.  ganz 
korrekt  und  vollkommen  deutlich  so  überliefert : 

{fi'f/(ti'((s((f/inffin  alasam  daivaparafri  sähasäc  caparili  1/Yiam 
pramadeva  vrddJiapatim  Herhat;/  upagühifum  Laksmih 

H.  brauchte  nur  necchaty  zuschreiben.  Aber  er  konnte  eben 
Grantha  nicht  lesen,  als  er  die  Ausgabe  unternahm,  und  nach 
dieser  Probe  kann  man  sich  eine  Vorstellung  von  dem  Werte  der 
Lesarten  machen,  die  er  aus  dem  Grantha-Ms.  in  den  Anmerkungen 
gibt.  Diese  Anmerkungen  sind  nicht  nur  sein-  anvollständig,  sondern 
enthalten  viele  Hunderte  von  Fehlern.  Noch  einige  Proben 
dafür,  wie  wenig  es  H.  gelungen  ist,  sich  das  Grantha- Alphabel 
anzueignen.  S.  450,  25  liest  H.'s  Text  sinnlos:  camsyapraticäm 
kurydt.     Die  Stelle  fehlt  in  D,  ist   also  Q   entnommen,  und  G    liest 


]li  Hertel,  Das  südliche  Pancatcvntra,  etc. 

ganz  richtig:  dathasya  pratis'atham  Jcuryyät.  S.  451  ist  von  den 
Krähenministern  die  Rede.  Z.  5 f.  lautet  bei  H. :  evam  ca  nrnäm 
jirnänäib  matam  avadhtirya  sa  räjä  bahuvrttäntadarginam 
ciramjivinam  äha  |  Die  Stelle  fehlt  wieder  in  D.  G,  dessen 
Lesarten  der  Text  also  angeblich  bietet,  hat:  evam  ca  turn  am 
in  a  n  t  rinä  m  matam  a  v  a  d  li  ä  r  y  y  a  sa  räjä  bahuvrttämtadarsi- 
nam  Cirajivinam  äha  \  Zu  S.  455,  4  wird  in  den  Anmerkungen 
gesagt :  n  G  vor  atah :  tajjalam  1  u  .  .  .  kam  bliavati  usw.  Man 
denkt  natürlich,  die  Punkte  bezeichnen  eine  Lücke.  Dem  ist  aber 
nicht  so,  denn  die  Hs.  liest  ganz  deutlicb  und  korrekt:  „tqj  jalam 
lulitam  bhavati".  Ebenso  verhält  es  sich  in  den  folgenden  Bei- 
spielen. Auf  derselben  Seite  zu  Z.  11  Haberlandt:  „G  hat  st.  yad 
bis  calitah  folgendes:  sväminä  .  ...  na  yogyah  \  talliä  ca 
Tcaiham  eva  mama  yuktam  |  evam  uktvä  yajjnäpayati 
s v ä m i  tadartha m  calitah " .  Die  Hs.  hat  aber :  sväminä  b h r t y  a 
(lies  bhrtyas1))  stotum  na  yogyah  \  tathä  ca  |  katham  evam 
u  c  y  a  t  e  (Interpunktion  fehlt !)  s  v  ä  m  i  n  |  evam  kurv  i  t  y  ä  j  n  ä  - 
panam  eva  mama  yuktam  |  evam  uktvä  y a  (dann  Raum  für 
einen  Aksara)  j  n ä p a y  a t i  s  v ä m i  |  tadarttham  calitah  \  Ich 
bemerke .  dass  die  Hs.  hier  völlig  deutlich  und  unbeschädigt  ist. 
Zu  462,  16  Haberlandt:  „G.  st.  rätrau  bis  sthä°:  ba  .  .  e  .  .  . 
mi  .  .  .  kam  dattvä  rätrdv  eva  preksitavatl".  Die  Hand- 
schrift: „sambalä.dikam  datvä  räträv  eva  preksitavatl". 
Das  sambalädifcam  hat  zwar  durch  Insektenfrass  etwas  gelitten, 
ist  aber  vollkommen  sicher.  S.  474,  22  steht  im  Text:  kacläcid 
ätvndnam  muhur  muhur  vini  .  .  .  mäna  dirgham  nihcvasya 
rätrau  suptah  \  Einzige  Anmerkung:  „D.  ekadä  st.  kadäcid". 
Statt  des  Gesperrten  hat  D :  vinimdyahya,  G:  nimdyamänah,  voll- 
kommen deutlich. 

S.  473  steht  gleichfalls  im  Text  Z.  22  ff. :  brähmanasya  rä- 
jagrhadvärät  parvacräddha  a  .  .  .  akah  gatah  |  tarn  drstüä 
brähmanas  sahajadäridryapäravacyäc  cintayäm  äsa  \  so  'j/i 
räja  .  .  .  ka  etc.  Auch  hier  sind  beide  Hss.  vollständig  deutlich 
und  lückenlos.  G  liest:  brähmanasya  räjagrliadvarät parvasräddhe 
ähväna  ägatah  —  tarn  drstvä  brähmanas  sahajadäridryapä- 
ravasyäc  cintayäm  äsa  \  so  pi  räjähvänakah  usw.  D:  räja- 
grhadväre:  äkänaka  für  •  ähväna;  sahajadäridratayärivamst/äs: 
räjähvänaka.  Aus  dieser  Stelle  ergibt  sich  also  mit  Sicherheit, 
dass  Haberlandt,  der  D  folgt,  noch  nicht  einmal  ordent- 
lich Devanägarl  lesen  konnte,  als  er  den  Text  heraus- 
gab. Die  Ligatur  IT,  die  das  Devanägarl -Ms.  an  der  zweiten 
Stelle  völlig  deutlich  hat,  bot  ihm  unüberwindliche  Schwierigkeiten. 
Im  Grantha  konnte  er  sie  erst  recht  nicht  lesen,  und  so  griff  er  denn 
zu  dem  Mittel,  im  Texte  Punkte  zu  setzen,  die  kein  Mensch  anders 
auffassen  kann,  denn  als  Zeichen  für  Lücken  beider  Handschriften. 


1)  Vgl.  Anm.  S.  8. 


Hertel,  Das  südliche  Pancatantra,  etc.  11 

Und  dass  Haberlandt  auch  sonst  dem  DevanägarT- Alphabet  ratlos 
gegenüberstand,  zeigt  sich  an  vielen  anderen  Stellen.  So  soll  z.  B. 
nach  seinem  Kommentar  S.  460  die  Hs.  D  statt  der  Strophe  47 
lesen:  9jatha.fiya,ja,m  svai?*  svair  inalisair  iti  crlfti/fc".  Die  Hs. 
liest  aber:  „yanätJCfcfa/äyam  svaisvair  mäsair  iti  sräti  ]|  Auf  allen 
Seiten  Hessen  sich  noch  Beispiele  für  diese  Behauptung  beibringen. 
Aber  ich  denke ,  die  Ausgabe  ist  mit  den  beigebrachten  Belegen 
hinreichend  charakterisiert.  Sie  bilden  nur  einen  verschwindenden 
Bruchteil  aus  der  Gesamtmasse  der  Fehler,  und  wenn  ich  nicht 
die  positive  Gewissheit  hätte,  dass  ich  wirklich  die  Haber  - 
landschen  Handschriften  vor  mir  habe,  so  würde  ich  dies  einfach 
nicht  glauben.  Denn  Text  und  Anmerkungen  enthalten  in  Haber- 
landts  Ausgabe  Tausende  von  Fehlern,  die  der  Unwissenheit 
und  Leichtfertigkeit  des  Herausgebers  ihr  Dasein  verdanken. 

Den  Vorwurf  der  Leichtfertigkeit  kann  man  einem  Herausgeber 
nicht  ersparen ,  der  sich ,  wie  die  angeführten  Beispiele  ergeben, 
dessen  bewusst  sein  musste,  dass  er  seinen  eigenen  Text  nicht 
verstand,  der  sich  ferner  dessen  bewusst  sein  musste,  dass  er  von 
beiden  Alphabeten  das  eine  nur  mangelhaft,  das  andere  gar  nicht 
beherrschte,  der  sich  endlich  dessen  bewusst  sein  musste.  dass 
er  an  einigen  Stellen,  an  denen  er  Punkte  setzte,  Text  üb 
schlug  und  durch  die  gesetzten  Punkte  die  Benutzer  seiner  Aus- 
gabe irre  führte,  da  diese  die  Punkte  nur  als  Lückenzeichen  deuten 
konnten. 

Den  beiden  Handschriften  gegenüber,  auf  denen  Haberlandt 
seinen  Text  aufgebaut  hat,  bilden  zwei  nicht  sehr  alte  Palmblatt - 
handschriften  AB  und  eine  von  dem  seiner  Hilfsbereitschaft  ■ 
rühmlich  bekannten  Pandit  T.  S.  Kuppusväml  Sästri  in  Tanjore  ge- 
fertigte Papierhandschrift  C,  die  leider  nur  ein  Fragment  darstellt, 
sowie  eine  in  meinem  Besitze  befindliche,  in  Madras  gefertigte  Ab- 
schrift der  Hs.  G.  0.  M.  L.  7 — 1 — 5  (=  E),  ebendort  kollationiert 
mit  der  Hs.  G.  0.  M.  L.  3 — 2 — 20  (=  F),  eine  zweite,  ursprünglichere 
Rezension,  und  zwar  stehen  innerhalb  dieser  Rezension  wieder  deut- 
lich die  Gruppen  ABC  und  EF  einander  gegenüber.  Die  drei 
ersten  Hss.,  die  Herr  Dr.  phil.  et  jur.  L.  v.  Maiikowski  mir  zu 
leihen  die  Güte  hatte,  sind  nicht  gerade  gut:  A  ist  sogar  sehr 
fehlerhaft;  dagegen  sind  E  und  F  sehr  korrekt.  Dies  wird  mir 
bezüglich  der  Originale  aus  Madras  berichtet,  und  die  Abschriften 
selbst  sind  gleichfalls  mit  grosser  Sorgfalt  gefertigt.  Diese  Hand- 
schriften und  ihre  Originale  sind  aber  samt  und  sonders  nicht  sehr 
alt:  keine  ist  angeblich  älter,  als  200  Jahre.  Ihre  Texte 
teilweise  noch  sehr  auseinander,  und  es  i>1  mir  vorläufig  Doch  nicht 
möglich,  einen  einigermaassen  sicheren  Wortlaut  zu  bieten.  Ich 
habe  also  durchgängig  in  der  tabellarischen  Übersicht  und  in  den 
Anmerkungen  zum  Tanträkhyäyika .  in  denen  ich  natürlich  fort- 
während zitierend  auf  Haberlandt>  Ausgabe  verweisen  musste.  in 
jedem  Falle  ausserdem    alle  sieben  Handschriften   zu    Rate  g< 


[2  Hertel,  Das  südliche  Pancatantra,  etc. 

Dass  GrD  wirklich  eine  erweiterte  Rezension  enthalten,  er- 
gibt eine  Vergleichung  aller  Hss.  und  der  anderen  Rezensionen 
mit  Gewissheit.  Wir  haben  aber  im  Texte  dieser  beiden  Hss.  selbst 
ein  unmittelbares  Zeugnis  dafür,  nämlich  zu  Anfang  der  14.  Er- 
zählung des  ersten  Buches.     Dieser  Anfang  lautet  nach  GD : 

asti  Jiit.sinimscff  paffanc  (so!)  priyasnhrdan  dran  vanikputrau  va- 
satah  |  täv  arthärjanäya  Dustabnddhi-Dharmabuddhi-nämänau 
deääntaram  gatau  |  tatra  Dharmabuddhinä  kimcitkäläd  eva 
dinäraparipürnabhändam präptam  |  kutah  präptam  iti  cet\ 

5  tatra  nagare  /.■arid  ganikä  bahudravyabhüsanavati  tisthati  \ 

Dustabuddhts  tasyä  grhadväre  säyamkäle  sthitavän  \  tadganikä- 
jananl  bahir  nirgatyämum  vaisyasutam  aprcchat  \  ko  bhavän  | 
kvägata  iti  \  almin  Mahilärüpyanämanagare  vaisyatanayah  \ 
Dustabuddhir    iti   madlyäbhidhänam   \   sä   ca    tathä    tadvacanam 

io  irutvä  tasya  saundaryapatätopam  drstvä  tarn  grham  pravesa- 
ilinn  äsa  |  pravistas  so  ''pi  kiyantam  kälam  tatsutayä  saha 
kridan  sthitah  j  Dhannabuddhis  tu  tasminn  eva  iiagare  nadl- 
pravähäpasäritam  mrttikäyäm  dinäraparipüritabhändam  apa- 
syat   |  pasyann    eva    gatvä    vijane    ilghram    grhitavän   |  grhitvä 

15  türnam  ägatya  sauhärdätisayäd  Dharmabuddhinä  Dustabuddhir 
abhihitah  vayasya  mayädya  sahasradlnäräh  präptäh  j  tän  eva  gr- 
hitvä samam  nagaram  gacchävah  \  tenoktam  Dustabuddhinä  \  mayä 
bhadra  dinärä  na  präptäh  aham  des äntar am  gatvä  dhanam  ärja- 
yitvägamisyämi  (so!)  |  tvam  dinärän  grhitvä  gaccha  |  märge  corä- 

20  dhisthite  sävadhäno  dhanam  guptam  kurv  iti  |  Dharmabuddhis 
tadvacanam  s'rutvä  jätabhitis  san  tvam  api  mayä  sahaivägaccha  \ 
dhanärdham  tvadlyam  ity  uhtavän  \  ubliäv  api  svaklyanagaram 
pracalitau  j 

nagarasamlpe  Dustabuddhinäbhihitam  | 

1.  D  kasmims'cid  rne  priyasuhrdäpubhä  vanikaputrau  ||  G  tisthatah 
st.  vasatah  ||  2.  D  dustabuddhisubuddhi0  ||  3.  D  suvuddhinä  ||  D  dl- 
närasaJm$rapnri'J  ||  D  'bhämde  ||  5.  D  bahubhäsanavatl  ||  6.  D  tadga- 
nikäyäh  jananl  ||  8.  D  mahiläropyanogare  ||  9.  D  mamabhidhänam 
D  tathaiva  tadvacanam  ||  10.  D  saudaryakhatä0  ||  11.  D  tatm  tathä 
snlnt    st.    tatsutayä    sahn  12.    D  subuddhis   tu  ||  13.    G-  mrttihä- 

nmi/ant  []  D  dlnärapürita?  ||  14.  D  slghram  tad  grhitavän;  G  grhitavän  || 
15.  G  ägata  ||  D  subuddhinä  j  16.  G  mayastasahasra?  ||  17.  D  om. 

samam  ||  D   Dustabuddhinoktam   \    bhadra   mayä   na  präptali    dinäräh 
19.    G  gaccha  gaccha  ||  20.    D  sävadhäne  dhanaguptam;    G  ora.  dha- 

nam,      I»   subuddhis  ||   D   tadvacanänamtaram  ||  21.    D  dhanärtham  || 

24.   G  "abhihitah  |] 

Die  Worte  7<;MtoA  präptam  iti  cet  Z.  4  enthalten  eine  An- 
weisung  für  den  Erzähler:  „Sollte  jemand  fragen:  „Wie  kam 
er  denn  zu  dem  Gelde?"  so  erzähle  man:"  Der  Verfasser  dieser 
Rezension  hat  also  willkürlich  ergänzt,  und  die  im  Folgenden  noch 
zu  gebenden  Stellen  verglichen  mit  den  entsprechenden  der  anderen 


Hertel,  Das  südliche  Pancatantra,  etc.  13 

Rezensionen    beweisen,    dass    er    noch  mehrere,    von  seinem  Stand- 
punkte aus  gar  nicht  üble  Erweiterungen   eingeflochten  hat. 

Die  zweite  Rezension  des  SP.  hat  von  der  ganzen  Stelle  ebenso- 
wenig etwas,  wie  die  anderen  Fassungen  des  Pancatantra.  Der 
Text  lautet  in  ihr: 

asti    hasmimscit   pattane    (so!)    priyasuhrdau    vanikputrau    va~ 
satah   |   täv    arthärjanäya   Ihistalrnddhi-Dharrnabuddhi-nämänau 
desäntaram   gatau  |   tatra  Dharmabuddhinä 
dinärapürnabhändam  präptam  | 

itarena  na  Jcimeit  präptam  j  atha  Dharmabuddhmättsau- 
härdäd  Dustabuddher  abliiliitam  \  vayasya  \  dinäränam  sahasram 
präptam  rnayä  |  etad  grhitvä  nagaram  gacchävah  |  iti  nidcitya 
rcdtt.au 

nagarasamipe  Dustabuddhinäbht'hitam  \ 

1.  ABEF  om.  asti  ||  C  pattane;  BEF  hasmimscin  nagare  ||  E  om.  pri- 
yasuhrdau, F  hat  es  hinter  vanikputrau  ]|  BCEF  nach  priyasuhrdau : 
dustabuddhidharma(B  riunio  i,v.ihihi  C  '-ddlü\nüm~u>au  F  prativasatah ; 
C  om.  vasatah;  A  satah;  E  stoÄ  ||  2.  A  tävad  artthärjjanä//a;  BC  £«w  dAa- 
härjanärtham  (B  'rttham)  \\  BCEF  om.  Dusta  .  .  .  närnanau;  A  °subuddhic 
3.  A  om.  deääntaram  A  subuddhinäräpürnnam  "  Hinter  Dharmabuddhinä 
EF  Jeathamcit,  dann  E  kälena,  F  tätkäläd  eva  l|  C  hinter  Dharmabuddhinä: 
ashasmäd  eva  B  dlnärapürnnam;  E  dTnärasahasrapän/ain;  F  dinära- 
sdhasrapürna  ||  4.  B  'ekam  vor  präptam  ||  F  labdham  ]|  5.  C  netarena 
kimeit  AEF  om.  itarena  bis  präptam  ||  A  yäcitavän  \  tena  cätisau- 
härddät;  EF  fe»o  cätisauhärdäd ;  C  dharmabuddhinä  cätisauhärdäd 
(}.  C  durbuddher  ||  EF  dustabuddhir  abhihitah  ||  A  om.  sahasram;  B  rZ7/uT- 
rabhändam  ||  EF  dlnärä  mayä  präptä  "  7.  A  toi  grhitvä      Statt  etad 

grhitvä    EF    sobravit;    dann  F  ftwi  ewo,    was  in  E  fehlt:    dann  EF  grhitvä 
E  grham    ||    ACFF    om.    ni*eit//a;    A    prativicalitau;    E  etoi,    F  tot,    beide 
calitau  j|        il.  C  flf/i«  nagarasamipe ;   B  nagarasya  samlpe  [J  EF  dharma- 
buddhir  abhihitah 

Es  fehlt  in  ABCEF  das  ganze  Stück  ed.  Haberlandt  S.  444.  26 
bis  S.  445,  24.  Diese  Stelle  hat  L.  v.  Maiikowski  S.  XYIff.  seines 
Buches  „Der  Auszug  aus  dem  Pancatantra  in  Kshemendras  Brhat- 
kathämanjari",  allerdings  zweifelnd,  zur  Feststellung  des  terminus 
a  quo  des  SP.  verwenden  wollen.  Nach  Bekanntwerden  des  älteren 
Textes  ist  dies  nicht  mehr  angängig.  Da  das  interpolierte  Stück 
in  den  Hss.  zu  fehlerhaft  überliefert  ist,  muss  ich  auf  einen  Ab- 
druck desselben  hier  verzichten. 

ich  gebe  nun  noch  einige  Paralleltexte,  auf  die  ich  im  Kom- 
mentar zur  Ausgabe  des  Tanträkhyäyika  verweisen  musste,  und  die 

erhältnis  der  Hss.  des  SP.  zu  einander  beleuchten.  Die  kürzeren, 
rechts  stehenden  Texte  sind  die  ursprünglicheren. 


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Hertel,  Dan  südliche  Pancatantra,  etc. 


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S.  ~    B 
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Hertel,  Das  südliche  Pancatantra,  etc. 


23 


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^  S  ^   s   S:    ; 
EE    t  ^  ^  ^   =  .  1 

ä  H    §  H  .S  T3  43 


2J.  Hertel,  Das  südliche  Pancatantra,  etc. 


II.     Übersicht    über    die    älteren    Fassungen    des 
„  Pafi  c  11 1  a  ntra". 

Einleitung. 

SP  Siropl. 

Sär.  Hab.         HC     "      D  G~      Pürn.  |  Kielh.    |     H       j      T^ 

EP 

1 

1  — 

■1  1  1  1  :i  2 

2  2  2  4  3 

3  3  3  —  — 

4  8  4  6 

5  4  5  7  — 

—  6568  — 

3  114 

4____  ___  _ 

2  2  5  1 

g»         7/8  6  7  9  :;  8 

S  9  7  —  10 

|  10  9  8         11  -  — 

_  —  —  —  —  3  4  6 

§-______  7_ 

~  —  —  —  —  —  —  9  — 

4  5  10  3 
11           10            9          12          — 

5  7  11  4 


I.  Buch. 

Purn.  Simpl. 

-     .  Som.      Ksem.       Syr.     |      SP      |     Hit.     ['  Schm.  |     bh  '     |       K  |       H 

l1)         11,1  1  1  1 

T  -        T.19  2  2V.18 

1  [1,33      [,95  3  3 

?  —  —  —  —  —  —  44 

5  5 

III.  57  —  —  6  6 

7  7 

8  8 

II.  106        |  10 

SS  12  10 

V,24  13  11Y,23 

—  Y,22                     14  12  V,  21 
V.  23                     15  13  V,  22 

—  —                       16  14 
Y.21                      17  15  V.  20 

—  V,26  18  — 

1)  In  EF  lautet    die  Uberschriftsstrophe:    na   lücajanasamparTeän   naro 
bJiadräm  paäyati  j  vrsasimhalci'tä  prltir  jambukena  vinäsitä 


Hertel,  Das  südliche  Paucatantra,  etc. 


25 


I.  Buch. 


Simpl. 


Sar.      |    Som.    |  Ksem.  ]     Syr. 


1.1 


21) 
32) 


Cf.  II,  8 
1,118 


4  5  HI,  6  11,16 


*2  *LX,32ab  -        *3,  21 

*5 

*II,  26 

Der  Affe  und  der  Keil. 

- 

3     LX,33cd    -          3,39 
-    LX,34ab    - 

6 

11.31 
II,  32 

Schm. 


20.323    17  w 
r-      11.150  11.130 


18 


Der  Affe  und  der  Keil. 


9 

10 
11 

4  LX,36  3,41     I,8.94)    11,36        12 

5  4, 4         10       II,  37        14 

6  —  —  11      -    — 

7  -    4,7.62,28    12       11,38    [+13] 

—  —     4, 11  f.5)      13  —  15 


20 


[-M6] 
4-17 
4-18 

[+19] 


-       [+20] 
14        11.39        21 
[15]6)  22 

[+23] 
-     [+24]  71 
25 


24 

21 

25 

22 

.138  11,122 

26 

23 

27 

25 

28 

24 

29 

26 

30 

27 

:;i 

28 

32 

29 

33 

30 

34 

31 

1)  Fehlt  in   E. 

2)  B  hat  vor  Hab.  4  vier  Strophen,  und  hinter  Hab.  4  eine  Strophe,  die 
in  den  anderen  Hss.  fehlen.  B  4.  pibanti  nadya{s)  svayam  eoa  nämbhah  kh<~i- 
danti  na  sväduphalnni  vrksäh  \  payodharo  na  kvacid  atti  sasyam  paro- 
pakäräya  satäm  vibhütih  j|  B  5.  catväro  vittadäyädäh  dharmägninrpata- 
slcaräh  \  temin  jyesthävamänena  trayah  hwpyanti  sodaräh  ||  B  6  =  Simpl. 
II,  151  ||  B  7.  paropaharüh  prabhavanti  vrksäh  pavopakärali  prabhavanti 
nadyah  \  paropakäräJi  prabhavanti  gävah  paropakärärtham  idam  4ariram 
B  9.  arthakar//am  asatkäryam  vyavasäyam  vaswni  ca  \  vancanam 
mänarn  ca  matimän  na  prakäsayet  || 

EF  haben  vor  Hab.  4  die  Strophe:  tyägabhogavihinena  <II<<tne>i<<  dhanino 
yadi  \  bhavamah  kirn  na  tenaiva  dhancna  dhanino  vayam  II  Hinter  Sab.  I 
haben  EF  die  Särdölavikridita-Strophe :  sämopäyanayaprapaneapatavah  prä- 
natyaye  [E  präni°,  P  präna0]  bhiravah,  Süränäm  tu  paräkramo  bhuvi 
pm-aiii  miitaifltthaye  käranam  \  vüphürjadmkäiatavlgajaghatupidaik  asam- 
curnana-vyäptäv  ekarasasya  santi  vijaye  eimhasya  leim  mantrinalx 

3)  In  C  sind   6   und   7    umgestellt. 

4)  Eine  Strophe,  aber  von  H.   als  zwei  gezählt. 

5)  Dem  Original  viel  näher  kommt    die  jüngere    syr.  Übers.   S.  5,   2  I  ff. 

6)  Fehlt  in  D  A  C  E. 


9(3                           Hertel,  Das  südliche  Pancatantra,  etc. 
I.  Buch. 

Pürn.  Simpl. 

Sär.      |    Som.    j  Ksem.  |     Syr.     |      SP     |     Hit.     |  Schm.  |  biT  |  ^K  |        TT 

15  XVl.-_xn4.44        19        H,  51         43  20  35  32 
10                       —        4.  lii        lr,        II,  4U         26 

11 

12  4,22    |*J8f'     11,41         27 

16  —        5.7?      '2l'               [4-28]  44  21  36  33 

[  -1-  29]  37  34 

[  +  30]  38  35 

[+31]  M  39  36 

[+32]  %  40  37 

[+33]  fr  41  38 

[+34]  9  42  39 

13  —        4,34        17       11,43        35  43  40 

36  44  41 

14  LXI,  121     —        4,40        18       11,12        37  14  ^'^  11,106 

19                                                 25       11,56        38  15  63 

39  16 

40  17 

41  18 

42  19 

15  XVI.  280  4,44         19        11,51        43  20  35  32 

5, 10       [20]1)       - 

16  —          -         5,7         21             -    44[+28]  21  36  33 

_    _    45  22  45  42 

46  23 

—  46  43 

—  47  24  47. 350  44. 332 
_    _    _    —    —    —    48  25  48  45 

49  46 

49  26  50  47 

—    —    —    —    —    —  51  48 

—  50  27  52  49 

51  28  59  50 

52  29  53  51 

—  53  30  54  52 

54  31  —  53 

55  32  55  54 

56  33  56  55 

—  57  34  57  57 
_    _    _    58  35  58 

—  59  36  59 
_  _  60  37  58  56 
[22]i) 

—  —    51  28  59  50 

17  232)   —    61  38  60  60 

18  —    243)  11,55   62  39  61  61 

—  —    —  —  62  62 
10                    25   11,56   3S  15  63 


1)  Fehlt  in  A  B  C  E  F. 

2)  Dahinter  haben  E  F  die  Strophe:  satyam  brüyat  priyam  brüyan  na 
brüyät  satyam  apriyam   priyam  ca  nänrtam  brnyäd  esa  dharmas  sanntanah  j 

3)  Str.  24 — 21  incl.  haben  E  F  hinter  der  S.  27  unter  2)  gegebenen  Strophe. 


Hertel,  Das  südliche  Pancatantra,  etc.  21 

I.  Buch. 

Pürii.  Simpl. 

Sär.     |    Som.    |  Ksem.  |     Syr.     |      SP      j     Hit.     j    Schm.    |     bh       j      K       j       pT 

20  —  —  —  26 

21  —  —  —  27       11,58        63  40 
22 

71      LX.44?      —  —  71       11,127       64  41 

—  —  —  —  —  —  —  —  64  63 

23  —  —  65  42  65  64 

24  —  —        5,30 

—  LX,38       —         5.35      Prosa  66  43 

_  _  _  —  _  fi.V 

67  44Cf.IV,49Cf.IV,47 
—  66  66 

—  —  —  —  —  —  —  —  67  67 

25  LX,39      —       5,17?     [28]2)     11,47        68  45  68  68 
26 

—  —  —  —  —  —  69  46  70  70 

—  70  47 

71  24]  48  33  30 

—  —  —  —  —  —  72  49 

—  —  —         —  —  —  —  —  69  69 

—  —  —  —  —  —  73  50 

27  —         6,9         29       11,59        74  51  71  71 

-  [75] 

28  6,17        30       11,61 

oft  -   •»-  ed.  Kos. 

29  -  <,.}<  I63 

30  —  —        6,26        31  —  — 

31  —  —        6,30        32        11.64        76  52  72  72 

77  53  73  73 

34  —  —  —  —  —  78  54  74  74 

32  6,38        333)     11,65        79  55  75  75 

33  —  —  34       11,66        80  56 

34  —  —  TS  54  74  74 

35  —  6,40         —  —  81  57  76  76 

36  6, 42  II.  35 

37  —  —         7.5         —  —  —  —  — 

—  —  —  —  —  —  S2  —  77  77 

—       11,62       83  58  78  7^ 

3 1  5:i 

—  —  —  —  —  —  85  60  71)  79 

r  +  A]  80          80 

f  A  -1          8] 

[  +  A]  96          - 
82          82 

363  336      s:;.:{52  83.334 

—  —      84— S7  Sl     S7 
—  CfXVI,273  - 

1)  Die  Strophe  lautet:  svalpam  a/py  upa[\]kurvanti  ye  'bhlstä  hi  mdhl- 
•pateli  |  te  vahnäv  iva  dahyante  patangäh  päpacetasah  || 

2)  Fehlt  in  AC.  Dahinter  haben  EF  die  Strophe:  lubdharn  arthena 
grhnlyät  stabdham  aanjalikarmanä  \  mürkhcm  chandänuvrttyä  ca  yayä 
[1.  yathä)  tathyena  panditam  || 

3)  EF  dahinter  die  Strophe:  abdlü  ratnam  adho  dhatte  dhatte  vä 
ürasä  trnarn  \  abdher  eva  hi  dosoyam  ratnam  ratnam  trnam  trnam 


28 


Hertel,  Das  südliche  PaTtcatantra,  etc. 


I.  Buch. 

•1     Syr.     ! 

SP 

Bit.     | 

Pürn. 

Simpl. 

Sär.         Som.    |  Ksem 

Schm. 

bh 

1       K 

H 

89 

90 



Cf.XVI 

273  - 

91 

92 
93 

88 l) 
89 

—  2) 

38          —          — 

7,7 





[87j 
86. 102 





39          —          — 

6,  4_> 

35 3) 

11,67 

61.76 

110 



88 

62 

94 

90 

40           —           — 

— 

36 4) 

A  hinter 
II,  59 

— 

— 

— 

— 

41           —           — 

7. -21 

— 

— 

— 

— 

— 

49    Lx/42cd 

7.  27 

— 

—          89 
[-(-Anach 

63 

95 
96 

91 

92 

Simpl.1,81" 

—             — 

— 

37 

11,68 

90 

64 

97 

93 

r1 





— 

— 

91 

65 





98 

94 

92 

66 

99 
100 

95 

96*) 
97 

—             — 

— 

38  f.«) 

11,69 

— 

— 

— 

— 

IL140 

11,80 

- 

93 
II. 181 

67 
II,  92 

341 

98 

Keith-Falc 
13,  39 

40 

A  hinter 
11,78 

227 

94 

201 

68 

101 
102 

— 

43 

LX,54      — 

99 

1.7:. 

95 

69 

— 

— 

96 

70 

in:; 

100 

97 

71 

104 

101 

98 

72 

11.170 

105 

11,152 

102 

99 

73 

106 
107 

103 
104 

«44 

cf.Keith-F 

*14,37) 

*41 

— 

*100 

*74 

*108 

*105 

Schakal   und   Pauke. 

Schakal  und  Pauke. 

i  •> 

109 

106 

1)  Die  Strophe  lautet:  na  garvam  leurute  mäne  näpamänena  tapyate  i 
svähäram  raksayed   aas    tu  sa  bhrtyo  'rho    [II  hi  statt  'rho]  malübhujüm  || 

2)  I  hat  die  Strophe. 

3)  Dahinter    EF  die    Strophe:    hsamii    data   gunagrahi   svärrii  punyena 
labhyate  J  anuhvlas  .neu-  dakso  räjan  bhrtyojji  durlahhah  || 

4)  Dahinter  EP:  jagatpatis  sopi  ca  närasimhah  püjyo  Haris  sopivarä- 

hnrnpiil)    nli-iiir  mürn/'r  utuütnrind'bliih  heiinpy  upäf/ma  /i/iahn,/  hl  sädhyam 

b)  Die  Strophe    lautet:    catuhlearno    'pi  bhidyate   dril.-unjo    naiva    bhi- 
dyate     drikuriiasya  tu  mantrasya  Brahmäpy  antam  na  gacchati  || 

6)  Eine  Strophe,  von  Hab.   als  zwei  gezählt. 

7)  In  Syr.    fehlt    die    Erzählung    infolge    einer    zufälligen   Lücke;    in    den 
anderen  PahlavI-Kezensionen  ist  sie  erhalten. 


Hertel,  Das  südliche  Pancatantra,  etc. 


29 


I.  Buch. 


Simpl. 


Sär. 
39 


Som.    |  Ksem. 


Syr. 
6.  42 


Hit. 
II.  67 


Schm.   | 
102.  86 

HiM 
104 

1 I  15 

106 


bh 
16.6I 


30 


15 


*6 


8,15 


42 


[1,78 


K 

110 
111 
112 
113 
114 

11,40 
115 

IL  37 

[1,32     11,32     11,35 
II,  33     II,  33     II,  30 


116 
117 
118 
119 
120 
121 
122 


107 
108 
109 
110 
111 
112 
113 


-7 


III.  22 
133 


132   II.li; 


114 
115 
116 
117 
*118 


88 
89 
90 
91 
*92 


123 
124 

125 
126 
127.381 
128 
129 
*130 


H 

107 

108 

109 

110 

111 
11.41 

112 
II,  38 

113 
11.36 

114 
11,37 

115 

11(5 

117 

118 

119 

120 

121 

122.  370 

123 

124 

125 
127. 35S 

127 

128 
*129 


II,  103 
I  SS 


82  LX.  139 


18,30  79  f.1)  11,140 


Dantila  und  Gorambha 


119 
120 
121 
122 
123 


124  98 

125  99 
12i;    100 


127  101 

128  102 

129  103 

130  104 


131 
132 

133 

134.  239 

135 

136 
137 

138 

139 
140 
141-14:] 
144 
145 
14(1 
147 
148 
149 


131  .  105 


150 


130 
131 
132 

l:;:; 
134 

135 
136 
137 
L38 

139 
140 
141 
142 
143 
144 
145 
146 


132 
133 


151 

106  152    147 

107  153    148 


1)  Nur  eine  Strophe. 


30 


Hertel,  Das  südliche  Pancatantra,  etc. 


1.  Buch. 


Simpl. 


Sär.       Som.  Ksem.   Syr. 


SP 


Hit. 


134  136 

344 


bh 
108 
109-111 

31S 


K 
154 


H 

149 


155   157   150  152 


137 
138 


112 
113 


158 
V,4G 

159 
160 
161 


*47  *48 


139*172  »114*147   «162 


153 

154 
155 
156 
*157 


Drei 
selbst- 

ver- 
s  eh  u.M. 
Qnfälle. 

153 

(*48 

1*47 

Vier 
Belbst- 

ver- 
schald. 

10.  32 

f*ll.  8 

1  *9,8 

Drei 
selbst- 

ver- 
8Chul(l. 

Unfälle. 

144 

1,45 
11,100 

Drei  selbstverschuldete  Unfälle. 

140  11^              *^3            ^ 
14U              llö          nll8      nl03 

141  H6             164            159 
11,37         11,37          lb4           15y 

142-147    117-122    165-170  160-165 

148            123           171          166 
149-151    124-126    172-174  167-169 

—  175          170 
152-157    127-132    176-181  171-176 
158.412    133.386    182.405  177.383 

—  183 
184 

159  134           185          178 

160  135           195 

186 

161  136           187          179 
162  cd       137  cd         188          180 
162ab       137  ab        189          181 

163  138           191 

164  139           190          182 

165  140           192          183 

166  141 

193 

194 

160            135           195 

167  142         jMJ,        184 

168  143           197          185 

169  144           198          186 

170  145           199 

1871) 

171  146           200          188 
/*172        /*147 

1*139      [nu 

173            148           201           189 

111.74 


!14.*23; 


206 
>1SS.-209  *202 


190 
*191 


1)  kampah  svedas  tathäveksah  [1.  "fjah]  svarahhamgadayas  tathu  \  cau- 
n'is  ta  eva   i:ij?ie;/iifi  r/lmair  ebhir  vicakmnaih  [| 


Hertel,  Das  südliche  Paucatantra,  etc. 


31 


Sär.    |   Som.  '  Ksem.  j     Syr.     |      SP 


-52 


Buch. 

I  Hit.  I  SchrnT 


Simpl. 


!    k 

H 

Der  Weber  als 

Visnu. 

203 

192 

204 

193 

111. S7 

III,  77 

205.420 

194 

II.  104 

11.96 

49        — 

77.24    III.  74 
—       11,23       45 

50  — 

51  — 

Keith-Falc. 

S.  21,  30  f. 

"44',- 
11.43        — 

174 


175 


*12,  13     *46   *II,  106  *176 


Zufällige 

Lücke 


140 
*150 


20'') 


-207 


190 


*195 


Krähe 

und 
Schi. 

— 

Krähe  und   Schlange. 

— 

Krähe  und  Schlange. 

Cf. 

Cf. 

177 

151 

II.  58 

1,131 

178 

152 

— 

179 

153          208 

— 

180 

154 

— 

— 

—          —          — 

— 

181 

155 

—           209          196 

*53 

— 

*12, 27     *47 

"IV,  lö 

*182 

*15ß        -210        -197 

R.  u. 

K. 

vi 

Reiher  und  Krebs. 

183-1? 

Reiher  und  Krebs. 
5   157-159 





110                                —         116 

186 

160           306          2S9 

IY,17 

ls7 

161             — 

211-213198  200 

260 

201.246 

IV,  !> 

IV.  9 

54         — 


JLX,  91 

*107 


_  _        _        188 

4^     IV,18 

13,  ls  49.^)121  J^ 
-14,1      *50   *II,10^  *189 


li  12 


*163 


2:;:. 


'214 


«202 


Löwe   und  Häslein. 


Löwe  unc 

Häslein. 

190   192  164-166 

—              — 

193          167 

215           203 



216-218  204  206 

194          168 

219          207 

195          169 

220.347  208.329 

196          170 

222           210 

197          171 

221           209 

1)  Fehlt  in  ABCEF. 

2)  In  ABC  auch  als  III, 


32 


Hertel,  Das  südliche  Pancatantra,  etc. 


1.  Buch. 


Simpl. 


gar.  |    Som.    |  Ksem.  |     Syr.     |     SP     |     Hit. 


Cf.LX, 

96cd 


|     Schm.     | 

198 


•JIM) 

201 


III.  G4 


bh 
172 

173 

174 


202 

176 

203 

177 

204 

178 

205 

206 
207 


179 

180 
181 


II,  70       II.  70 


208 


182 


209  183 

210.346   184.320 

211  185 


I      K 
223.348 
224.349 
225 


226 
III,  16 

227 
228 

II.  13 
229 

11,14 
230 
231 
f  I,  232 
J  II,  12 
I  II,  84 
IUI,  49 
233.364 

III,  3 
234 
235 
236 

237.325 
238 


I       H 
211.330 
212.331 
213 


214 
III, 13 

215 

216 
[1,14 

217 
II.  15 

218 

219 

I,  220 

II,  13 
11,77 
111,42 

221.314 


222 
223.308 

224 


IV,  2        IV,  2       IV,  2  225.  IV,! 
212  186 

*213         *187 
<214*235  *188*209  *202 


Der  Weber  als 

Visnu. 

215-2291)  189-203 

230-234    204-208 

*235*214  *209*188 


202 


56  LX,lllab 


"    XVI,  303 
57  Lx(};Icd-      15,  21 


15, 11       51 

15.  1 

15, 6         — 


|11* 


*117 


*Keith-Falc. 
30,34ff.Vgl.  *125 
Syr.  15, 32  ff. 


Der  dumme 

u.  d.  beiden 

klugen 

Fische. 


17,31 


56 


11,113 


"IV.  5 


II,  115 


236 

237 


238 
122 

"343 


239 


210 
211 


212 
96 


213 


II, 160 
III,  6 


*191 

*191 
11,141 


239.134    133 
*31S       *301 


1)  227  =  Simpl.  I,  101,  fehlt  in   II. 


Hertel,  Das  südliche  Pancatantra,  etc. 


33 


I.  Buch. 


Purn. 

Simpl. 

Sär. 

|     Som.    | 

Ksem. 

Syr. 

j     SP     |    Hit 

Schm. 

]      bh 

~^~ 

1       H   ' 

59 

— 

— 

53.  541)  11,114 

55 

57  3) 

240 

214 

240 

226  2) 

60 

241 

215 

91 





— 

SS       11.147 

242 

216 

2S5 



61 

— 

— 

58 3)    II.  118 

248 

217 

241 

227 

62 

68 



— 

— 

59       11.119 

244 

218 

242 

228 

11.120 

245 

219 

— 



64 

— 

— 

60       II,  121 

246 

220 

248 

229 

— 

— 

— 

[61.  62] 4) 

247 

221 

— 

— 

65 

— 

— 

— 

—          — 

248 

222 

— 



66 

LX.  121 



10,  25 

635) 

249 

223 



LX,119 

16,  2S 

250 
251 

224 
225 

67 

LX,  120 

— 

— 

64       11,122 

252 

258 

226 

227 

— 

68 







65       11, 123 

254 

228 





70 

— 

— 

16,  15 

666)     EI,  124 

257 

231 

— 

— 

— 

— 

— 

[67]') 
[68]«) 

70  «0 

— 

— 

69 

255 

229 

244.422 

230.396 

— 

— 

— 

— 

[72]")     - 

256 

230 

— 

— 

70 

— 

— 

16,15 

66       11,124 

257 

281 



71 

LX.44V 





71       II,  127 

04 

41 





— 



— 

— 

90 

258 

282 













91 

259 

233 









92       IT,  148 

260 

234 









93 

261 

235 



— 

94 

262 
263 

236 
287 

— 

— 

— 

—           — 

*264 

*238 

— 

Die  dankbaren 

Tiere 

and  der 

undankbare 

Mensch. 

265 

239 

III. 157 

111.141 

IV.  10 

IV,  10 

IV,  10 

IV.  10 

1)  Eine  Strophe,  bei  H.  als  zwei  gezählt. 

2)  Fehlt  durch  zufällige  Lücke  in  IL,  aber  in  I  vorhanden. 

3)  In  EP  umgestellt. 

4)  Eine    Strophe,    bei  IL  als  zwei  gezählt.     Fehlt  in  ABC,    aber  nicht 
in   EP. 

5)  Mit    verschiedenen  Losarten.      B    hat    die    Strophe    in    drei    Fassungen 
hintereinander,  EF   davon  in  der  ersten  und  dritten. 

6     Dahinter  haben  ABC  die  Strophe   Hab.  7u. 

7)  Fehlt  in  AB  CEF. 

8)  Fehlt  in  A  B  C  EF.  9)  Fehlt  in  E  1'. 

10)  In  AB  CEF  hinter  Hab.  6G. 

11)  Fehlt  in  ABCE. 

Bd.  LVI1I.  3 


34 


Ilcrtel,  Dus  südliche  Paucatantra,  etc. 


I.  Buch. 


Simpl. 


S 

72 

7:: 
74 
7--- 


Som. 


Syr.      j      SP 


Cf.  16,  21 
16,32 
16,37 

!•;.  im 


[73]>) 

(TP 
|7:, 


Hit. 
II,  128 

n,  129 


j    Schm.    | 

266 

267 

268 
269 

270 


271 
272 


bh 
24H 
241 
242 
243 

244 

245 
246 


6.  III, 
153 


11.132 


IV.  61      IV.  61 


II.  133 


245 

24(5 

247 

IV,10S 

248 
249 
250 
251 


231 
232 
233 
IV.  90 
234 
235 
236 
237 


*17,8 


Laus  und   Floh. 


1,47 


*273        *247 

*252        *238 

Laus  und  Floh. 

274          248 

— ,            — 

275          249 

—            — 

276          250 

—            — 

r     vor  248 
am  Rande 

H,48i      nach- 
1    getragen 

253          239 
II,  60       II,  58 

1    11,48 

—           — 

254-257  240-243 

258          244 

V.99 

*7<> 



-CT.  III, 

Der  blaue 
Schakal. 

- 

Der  bluuel 

Schakal.  1       ~~                — " 

.5    *[+A]3) 
*277 


*251 


*259        *245 


IV,  9 

278 


Der  blaue  Schakal. 

260     201.246 
IV.  9      IV,  9 

>52  261  247 


IV,  9 


81  - 

82  LX,  139 


18,24 

784) 

H, 

139 

279 

253 

262 
263 

248 
249 

IS.  35 

— 

— 

— 

— ■ 

— 

18,30 

J7'.»' 
\80 

II 

140 

127 

101 

146 

141 

II 

,  1< 

280 

281 

254 
255 

264 
265 
266 

250 
251 
252 

1)  Fehlt  in  E. 

2)  Eine  Strophe,  von  II  als  zwei  gezählt.     In  EF  hinter  7G. 

3)  atmavarggam  parityajya  paravarggesu  ye  ratäm  (so!)  [ 
te  nara  nidhanam  yämti  yathä  räjä  Kakurddhamah  || 

4)  Dabinter  EF:  pranamaty  unnatihetor  jlvitahetor  vimuncati  prä- 
nän  |  duhkhayati  hi  aukhahetoh  ho  müdhas  nevakäd  anyah  ||  Da  diese 
Strophe  Hit.  II,  23   steht,  so   dürfte  sie  zum   Texte  des  SP  gehören. 

i>)  Eine  Strophe,  von   H  als  zwei  gezählt. 


Hertel,  Das  südliche  PaJhcatantra,  etc. 


35 


I. 

Buch. 

Som. 

Ksem.  j   Syr. 

SP 

]   Hit. 

P 

Irn. 

Simpl. 

Sär. 

|  Schm. 

bh 

1   K 

!   H 

282 

256 



— 

— 

— 

283 
284 

257 

258 

267 
268 
269 

253 
254 
255 

— 

— 

—     — 

— 

285 
286 

259 
260 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

287 

261 

270 
271 

256 
257 

s3 



§ 

i.  in, ; 

2   

288 

262 

— 

— 

— 

—     — 

— 

— 

— 

— 

272 

— 



— 

273 

— 













274-277 

258-261 

84 



—   Cf.  19, 16 

82 

II,  143 

289 

263 

278 

262 

85 



19.  25 

33 

II,  145 

290 

264 

— 

— 





279 

263 















280 

264 

III,  54 

30.-» 

279 

281 

265 

III.  200 

— 

11.  27 

II,  28 

. 









— 

— 

282 

266 

86 

— 

—    19, 25 

84 

II,  146 

291 

292 

265 
266 

283 

267 

87 

- 

—    19,16 

\86 

IV.  106 

293 

267 

- 

88 

— 

—     — 

— 

— 

— 

— 

— 

— ■ 

89 

cf  Keith-Falc 

Cf. 

Cf. 

Cf. 

Cf. 

40.31-37 

III.  62 

III,  61 

111,70 

111.63 

90 

— 

/ 19,  32 
1 19,  40 
19,  42? 

— 

— 

— 

— 

284 

268 

91 



88 

II,  147 

212 

216 

285  ' 

269 

92 

— 

—     — 

89 

Schi.  Intr. 
47 

— 

— 

— 

— 

93 





90 

25S 

232 





94 

— 

_     _ 

913) 



259 

233 

— 

— 

95 





92 

II,  148 

260 

234 

— 

— 

96 





93 

_ 

261 

235 

— 

— 

97 

— 

—     — 

94 

— 

262 

236 

— 

— 

98 
99 

— 

—     — 

96 

97 

II,  149 

294 

268 

— 

— 

295 

269 

296 

270 

— 

— 

— 

—     — 

95  ' 

— 

*297 

*271 

— 

Hainsa  und  Eule. 



— ■ 

—     — 

— 

— 

298-300  272-274 

— 

— 

301 

275 



ioo 

— 

Cf.  20,  24 

98    II,  150 

11.  als  zwei  gezäb 

302 
t. 

276 

— 

1)  E 

i  n  e  Strophe,  von 

2)  Fehlt  in  E. 

3)  Dahinter  B  C  die  Strophe : 

gunini  gunajno  ramate  nägunaStlasya  gunini  paritosah  | 
alir  eti  vanät  kamalam  na  darduras  tv  ekaväso  'pi  |[ 
Die  Strophe  findet  sieh  auch  llitop.  ed.   Schlegel  I,    182. 

4)  Fehlt  in  ABC. 

3* 


36 


Som.      Ksi 


Ihrld,  Dan  südliche  Pancatantra,  etc. 
I.  Buch. 


Püi 


Simpl. 


Syr. 


SP 
100 


Hit. 
II,  151 


101 


111. Tli 

102 

In:; 
104 
105 


20.  31 
20,  37 
20,  37 
20, 1 


III, 54 

101 
102 
103 


Sclini. 


303  277 

304  278 

305  279 
111,200  111,191 

306  280 


281 

11,2; 


265 
II.  28 






t-l 

19.  44 
20, 11 

— 

o 

—           —           — 

— 

*LX,144?     - 

*104 

*  Kamel,  Löwe,  Panther,  Krähe 

und  Schakal. 

106           —           —        22,12 

[107]1) 

107     LX.152     —       22,18 

[105]  1 
106 

—           —          _          _ 

108 



. 



10.-  ' 

hui  :; 

307 
308 
309 

310 
311 
312 

313 


—         *314 


281 

282 


284 
2*5 


287 
*288 


286 

287 

*288 


270 

271 

-■>-■> 


IV,  60 
1.  115 

IT,  5S 

IV,  61 


Kamel,  Löwe,  Panther,  Krähe 
und   Schakal. 

289  273 

289          290  274 

355  m  - 

III,  84  1U'  ' 

*IV, 
13.  21 


315 


*IV, 

14.  28 


*IV,15  *IV,30 


316-325  290-299  291-300  275-28^ 


'326 


*300 


Stellmacher 
und  Löwe. 


Prosa 


LX,  162 


23,  26 


110 
109 


HO»1) 

111/ 


BSP 

114.127 
115 
116 


Prosa  Schm 
S.  90,  16 


cf   '301 

cf-  \302 

285 

286 

303 

287 

304 

288 

305 

— 

II.  153 


1S6 


160 


306 
307 


289 

290 


23,30 


[117]°) 


III.  22     111,2 

327  301 


1 11.27  135  III. 


1)  Fehlt  in  E.  2)   In  ABCEF  hinter  108;  in  D  dort  der  erste  Päda. 

3)  Fehlt  in  ABCE  K.  4)  Eine  Strophe,  bei  H.  als  zwei  gezählt. 

5 )   E  i  n  e  Strophe,  bei  H.   als  zwei  gezählt.     Fehlt  in  ABCE. 
6  i  Fehlt  in  D  A  B  C  E  !•'. 


Hertel,  Das  südliche  Pancatamtra,  etc. 


37 


Sär. 
111 
112 
113 


*114 


Ksem.  |      Syr. 
'—       23,38 


SP 
118 
L19 
120 


I.  Buch. 

Hit. 


Simpl. 


23,  40 

13.  IS    121. 491)  j\ 


II,  154 
II,  155 

19 


Schm. 

328 


329 


K 

30g 


309 


H 

291 


292 


er.  23.  12 
-23.  45 


-122 


111,37   111,30 


310  293 

311  294.  III. 
111,44.127    37.  114 

330  304"  — 

nfn    nTio   m'13   mn 

*382        *306         *312        *295 


Str.  u. 

Str.  u. 

Str.  U. 

Str.  u. 

Str.  u. 

M. 

M. 

M. 

M. 

M. 

115 

— 

24.  20 

123 

*116 

LX. 

167  c  d 

- 

-24.  24 

-124 

D.H.u. 

d.  Seh. 

D.H.u. 
d.  Soli. 

D.H.u. 
d.  Seh. 

D.H.u. 
<!.  Seh. 

D.H.u. 
d.  Seh. 

— 

— 

— 



— 

*117 

- 

*Keith-F. 

34,  34. 
Syr.  15,32 

-125 

1  D.a.u. 

d.b.kl. 
1       F. 

I).  d.u. 

d.b.kl. 

F. 

D.  d.  u. 

d.b.kl. 

F. 

D.  d.  u. 

d.b.kl. 
F. 

-126 

C: 

TT 
o 

Die 
Hirten- 
frau u. 

ihre 
Lieb- 
haber. 

Strandläufer  und 

Strandläufer  und 

Meer. 

Meer. 



333-339  307-313 

—               — 

— 

—            — 

313          296 

346     320 cd  ab 

314          297 

IV.  57     IV,  56 

11,138 

340          314 

—            — 

— 

341           315 

—            — 

*IY,4 

*342        *316 

*315        *298 

Die  Hamsas  und 

Die  Hamsas  und 

die  Schildkröte. 

die  Schildkröte. 

316          299 



— 

-343         *317 

317          300 

*IY,5 

*318        -301 

Der  dumme  und 

Der  dumme  und 

die  beiden 

die  beiden 

klugen  Fische. 

klugen  Fische. 

*II,102 

344            31 S 

»          .53 

11,35 

345           319 

346    320 cd  ab 

314           297  ' 

IV.  57      IV,  56 

IV,  99     IV.  85 





319          302 

. 

.             

320          303 



321           304 

— 

322            305 
3.23.20  anß    ,, 
V.44     m'r'   1 

1 

1)   In   ABC   auch   als  III, 


38 


Hertel.  Das  südliche  Pancatantra,  etc. 


I.  Buch. 


Simpl. 


Sfir.    |  Som.  !  Ksem.     Syr.   !      SP     |    Hit.    |      Sehr 


—   847.210   821.184 


—   II,  80   — 


848 
849 

350 

851 
«352 


822 
323 

324 

325 
*326 


Sperling  und  Elefant. 
353-355      327-329 


356 
IV,  15 

357 

358 


359 


330 
IT,  14 

331 
332 


333 


*360 


*8:U 


Der  kluge  Harosa. 


93 
II.  181 


67 
II,  181 


*361 


^885 


I   Widder  und  Löwe. 


1,195 
1,198 

1,199 

1,47 

362 
363 
364 
365 


1,169 

1. 172 

1. 173 

I.  24 

336 
337 
338 
339 


K 

324 
32^. 237 

326 

327 
III,  29 

328 

329 

330 
V,34 

331 
*332 


H 

307 

308.  223 

309 

111.22 

310 
311 

312 

313 

*314 


Sperling  und  Elefant. 

333-335   315-317 

336      318 

IV,  16    IV,  16 


337  319 

338  320 

339  321 


340 

341 

342 
343 
344 
345 

346 


347 

I.  220 

348 

1,223 

349 

1,224 

350. 1,  47 

351 

352. 1. 83 

353 

354 


322 

323 

324 
325 
326 
327 

82* 


329 

1.208 

330 

I,  211 

331 

I,  212 

332.1,44 

333 

334. 1,  83 

335 


;:;i; 


127.114 


26, 19 


11- 
107 


366 
367 


340 
341 

342 


■2-2.  IS  f.  105  1,115 


355 
III,  84 


III.  76 


Hertel,  Das  südliche  Pcincatantra,  etc. 


39 


Som.    |  Ksem. 


119 
>120 


121 


122 
123 
124 
125 

126 


127 

128 
129 

130 
131 


134 

124 
125 
183 


I.  Buch. 

SP      |      Hit. 

—  1,31 

—  Intr.  12 


Purn. 


Simpl. 


|    Schm. 


».  schl 
Seh. 


127.')1H 

128 

129       IV.  102 

130 


26,  26 
26.  44 


—  131 


27,31 

27,  35 


—        27,40 


27,  5 
27,  13 


132       IT.  11' 


27,  35 


L32 

133 


II.  117 


|       K  |        H 

356 
[11,86 

357-360  337  340 

361  341 
11,130  11,115 

362  342 
363. 382  343. 359 


■JOS 


182 


364. 233 


344.221 


III.  3 

365  345 

366  346 


369 
*370 

343    367    347 

-344    «368    «348 



Der  schlaue  Schakal. 

371 

345    369    349 

346 






370 

350 

. 



371 

351 





372 







373 

35J 



_ 

374 

— 

373 

347 

375 

353 

374 

348 

376 

354 

375 

349 

379 

356 

377 

351 

380 

357 

376 

350 

377 
111.129 

111,116 

378 

352 

Cf  ::7^ 

Cf.355 

379 

353 

— 

— 

380 

354 

— 

— 

381 

355 

— 

— 

382 

356 



. 

115 

89 

127.  3S1 

126.  35S 

383 

357 

— 

— 

|3M-i 

358 

J3858 

359 

375 

349 

379 

356 

377 

351 

380 

357 

115 

89 

381.127 

358.  126 

_ 

— 

882.363  359.343 

886 

360 

383 

360 

1)  Dahinter  in  A  B  C  der  Halbsloka:  Satrutvam  yänti  miträni  mitratvam 
yünti  satravah. 

2)  Sär.    134   enthält  Elemente  beider  Strophen   Pürnabbadras. 


40 


Hertel,  Das  südliche  Pancatantra,  etc. 


I.  r.iicli. 


145 
L46 

U47 


4i; 


11- 

!  51 1 
151 
J  52 

153 


Simpl 


Sär. 

Ksem.          Svr. 

SP 

Hit. 

Sclim. 

|       bh 

1        K 

!     h 

136 

—          —          28,  l 

i;;i 

_    . 

387 

361 

38 1 

361 

137 

28,  7 

P.427,2f 

— 

388 

862 

— 

— 

138 

_           _           _ 

p.427,  h'.1 

— 

389 

363 

— 

— 

139 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1  10 

LX,203  XVI,361    28,  1" 

L37  , 

— 

390 

364 

— 

— 

1  11 





— 

391 

365 

— 

— 

1  !•' 



138 

— 

392 

366 

— 

— 

143 

-         27.  43 

— 

— 

393 

367 

— 

— 

111 

_           _           _ 

— 

— 

394 

368 

385 

362 

28,  14 
*28.  17 


Übel  angebrachter  Rat. 


KOg    in 


139 


—       *89: 


*3ß'.> 


Der  verbrannte 
Bettelmönch. 


Verbrennung  der 
Schlangenhaut. 
396  370 

*397    *371 


Des  Todes  Macht 


140 
*141 


398 

399 

*400 


372 

373 

*374 


408 

*386 


*363 


Übel   angebrachter  Rat. 


387 


364 
365 


ms 


Cf.111,5  *IV,55  »IV.SSsjvof.ioiW  4 


142 

1  13 


144 
»145 


Cf.III,6  IV,  56 
—   IV,  58 


401 
402 
403 

404 
405 


168 

*406 


IV,  5(5 
IV.  58 


375 
870 
877 
378 
379 

14+ 

»380 


Affe  u.  Sperlings- 

weibchen. 

391 

368 

IV,  98 

IV,  84 

392 

369 

IV,  100 

IV,  86 

1, 123 

370 
I,  122 

393 

371 

394 

372 

395 

197 

*3J»6 


373 

1S5 

*374 


1)  In  den  Mss.  herrscht  hier  Verwirrung.  Bei  Haberlandt  ist  die  Stelle 
ausserdem  voll  schwerer  Korruptelen,  die  ihm  zur  Last  fallen.  Eine  Übersicht 
über  die  hs.   Überlieferung  zu  geben,  mangelt  aber  hier  der  Raum. 

2)  Fehlt  in   E. 


Hertel,  Das  südliche  Pancatantra,  etc. 


41 


I.  Buch. 


146 

156 
157 

"158 


28,  14  — 

80,38  147 

30, 41  — 

MO.  4:.  148 


159 

160 


iimpl. 


Sär. 

Som. 

Ksem.  |      Syr. 

SP 

Gut- 
gesinnt 
u.  Bös- 
gesinnt. 

Gut- 
gesinnt 
u.  Bös- 
gesinnt. 

Gutgesinnt  unc 
gesinnt. 

Bös- 

— 

— 

— 

—              — 

— 

— 

— 

—              — 

— 

— 

— 

—              — 

— 

— 

— 

—              — 

— 

III.  49 

-   • 

—         66, 29 

III.  39 





— 

— 

—        10, 32 

— 

*155 

Cf. 
LX.237 

—         30,1 

*146 

Reiher 
u.  Ich- 
neu- 

Beiher 
ii.  Ich- 
neu-   1 

Reiher  und  Ichneumon. 

mon. 

mon.    1 

Hit.     j 

Schm. 

|       bh 

1        K       | 

H 

- 

Gutgesinnt  und  Bösgesinnt. 

_ 

397 

375 

— 

— 

— 

398 

376 

— 

— 



399 

377 

— 

— 

— 

400 

401 

378 
379 

11.116 

II.  101 

IV.  132 

407 

381 

402 

380 

— 

408 

382 

403 

381 

— 

409 

383 

404 

382 

II,  100 

412. 158  386. 133  405. 182  383. 177 

*IY,10 

*410 

«384 

*406 

*384 

- 

Reiher  und 

Ichneumon. 

- 

411 

3*5 

407 

385 

II.  100    412. 15S  386.  133  405.  1S2  3S3. 
408 


161 
*162 

LX,  147 1) 



31.3         148a 
»31,12.40  »149 

Die  von  den 

Mäusen  gefressene 

eiserne 

Wage. 

*1K2 

LX,247 

31,40.*12  *149 

163 

164 

= 

— 

— 

32,  2 

32, 3          — 
32,13         — 

- 

399 

373 

413 

:>, 

414 

388 

415 

389 

410 

390 

417 

391 

118 

392 

419 

393 

420 

394 

«421.426  »395.400  »4i.i9.414  »3*7.3H2 


Die  von  den  Mäusen  gefressene 

eiserne 

Wage. 

422            396 

410 

388 

423           397 

411 

389 

424          398 

412 

390 

425          399 

413 

391 

426*421  400*395 

414*409  392.*387 

427  401  415 

428  402  410 
42!»  403 

430  404 

431  405 


393 
394 


—     LX,249? 
165          — 



32,  8 

L50 
L51* 

— 

132 

406 

166          — 

z 

z 

»433 

»407 

1)  Bei  Somadeva  nicht  Überschriftsstrophe! 

2)  Dahinter  F   die  Strophe  Purn.  II,  31. 


42 


Hertel.  Das  südliche  Pancatantra,  etc. 


1.  Buch 

SP 

|    Hit. 

P 

irn. 

Simpl. 

Sär.      |    Som.    |  Ksem.  |     Syr.    | 

Schm. 

bh 

1        K 

1        H 

_            _            _            _ 

— 

*434- 

*408 

— 

— 

Einfluss 

des  Um- 

- 

- 

gangs1). 

417 

_            _            _            _ 

*435.  438 

*409  412 

— 

Der  edelmütige 

D.  e.  R.; 

Räuber; 

der  iiber- 

d.  ü. 

— 

eifrig* 

Affe. 

A. 

436 

410 

— 

— 

437 

411 

418 
419 

— 



420.  205 

194 

II,  104 

II,  96 

—            —            —            — 

4385435  41 

*417 

— 

439 

413 

_ 

_ 

440 

414 

— 

— 

441 

415 

— 

— 

167          —          —          — 

442 

416 

— 

— 

152 

[153)2) 

443 

417 

— 

— 

. 

. 





245 

231 

444 

418 

421 

395 

69 

255 

229 

422. 244 

396. 230 

169 

155 

II,  161 

445 

419 

423 

397 

170         —          —          — 

156 

II,  165 

446 

420 

424 

398 

-          —       32,  30 

— 

— 

447 

421 

— 

— 

—          _          —          — 

157 

— 

448 

422 

— 

— 

171          —          —          — 

158 

II,  166 

449 

423 

425 

399 

450 

424 

— 

— 

451 

425 

— 

— 

452 

426 

— 

— 

453 

427 

— 

— 

454 

428 

— 

— 

455 

429 

— 

— 

456 

430 

— 

— 

457 

431 

—       32, 32 

- 

- 

III.  10S 

III,  103 

- 

- 

1)    Hinter    dieser    Erzählung 

steht    der    Päda  : 

samsargajä   dosagunä 

bhavanti. 

2)    Fehlt  in  D. 

Hertel,  Das  südliche  Paucatantra,  etc. 


43 


II. 

Buch. 

Som. 

|  Ksem. 

Syr.    | 

SP 

1      Hit.      1 

Pürn 

Schm. 

Simpl. 

Sär.    | 

B        1 

II 

1 

— 

— 

33,2 

1 

1 

1 

1 

1 



— 

— 

— 

— 

— 

2 

2 

2 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

3 

3 
4 

3 

4 

129 

4 

5 
*6 

* 

5.  172 
III,  169 

6 

r,  ioi.  io2 

5. 151 
III,  151 

6 
*V.  73 

Die  \ 
zwei 

ögel   mit 
Hälsen. 

- 

Pahl.1) 


4     LXI,  69 


5 
6. 119 


34,17 

34,  25 


34.27 
34,30 
34,  31 


L28 


8. 135 

—  9 


Cf.  8 


Cf.  9 


I,  204 

1.205 
10 
11 

Schi.  1.34      12 


4  1,37 

5  1,38 

6  1,39 


Pahl.?3) 
34,  45 


12 


9.  124 

10. 109 

10 

11 

11 

12 

f  12.  S4 
I,  232 

13  77 

I.  220 

Im.  49 

III,  42 

13.I/22S  14.1,216 

14.1.229 

15.1,217 

15 

16 

16 

17 

17 

18 

18 

19 

19 

20 

20 

21 

21 

22 

22 

23 

23 

24 

24 

25 

25 

26 

26 

27 

1)  S.  Anmerkung  zu   der  Parallelstelle  in  Sär. 

2)  Die  Strophe  lautet:  aklesäd  iva  cintitam  upatisthati  siddham  eva 
punyavatäm  |  uddlyäpunyavatäm  gacchanti  Tcapotakäh  jmsi/u  Eine 
äkh  yä  n  <t  -  Strophe! 

3)  S.  Anmerkung  zu   Sär.  II,  IG. 


44  Hertel,  Das  südliche  Pancatantra,  etc. 

II.  Buch. 

Simpl. 
Som.       Ksem.  |     Syr.    |      SP       |      Hit.     |      Pur?.     Schm.     |        B       |        H~" 
111 .  tu      —  —        111.45     1.305    111.200   27.1,281   28.1,265 

23  28              29 

20  —         —       35,25         U  1,66 

21  IA1.7  4  35,24.28        8  1,40 

22  LXI,75  35,33  9  [,61 

p™  10        [j62 

23  —       35,37         11  [,63 

is                                                12  - 

36,11         131)       1,65          24  29.111,24  30.111,11 

20  35, 25         14         1, 66 

26  15 

27  —         -        36,15         16 

—            —            25  30              31 

26  31              32 

28  36.17         17       {>H™{      35  42              43 

2'.t          —         —          —            18        11,135   27.  IT.  13  32.IV,14  33. IV.  14 

28  33              34 

—  —         —          —            —            —            29  34              35 

30  —         —          —            19          1,56          —  —              — 

31  —         —      Pahly-i        20  1,68  — 

36,23         21        ^       30 

—  —         —          —       F  I.  14S                       31  — 

32  35  36 

33  36         87. I. 11( 
37.1,115   38.1,1  * 

—  —         —          —            —            —            34  38              39  " 

IV,  12  39.  IV,  13  40.  IV,  J 

—  1,106  40.1,114    41.Il}; 

41  12  " 

2S                       -       36.17          17       ?'!??£'       35  42               48 

1.  85  Schi. 

—  36  43                II 

—  37.1,141  1.164        1,159 

37                                  87.17          —            —            38  —              — 

—  —  44              45 
Cf.50,13      27                     39. IV.  11  45.  IV 12  46. IV,  12 

40  46 '  47 

41  47  4^ 


1)  Dahinter  EF:  sämavadas  sakopasya  tasya  pratyuta  dvpi\F pa\hth  I 

prataptasyeva  saJ/asä  sarpisas  toyabindavah  || 
-     8.   Anm.  zu  Sär.  II,  31. 

Strophe  lautet  in  IM: 
satäm  präptapadam  mitram  ity  ahur  vibudhä  janäh  \ 
balät  tvara  mitratärn  prüpto  mama  tvarn  (srnu  tatra  vak  || 
Wieder  eine  älchyäna-Stro^he. 


Hertel,  Das  südliche  Pancatantra,  etc. 
II.  Buch. 


45 

Simpl. 


Sär.    |     Som.     |  Ksem.  ]    Syr.    |      SP        |       Hit.  |     Pürn.     Schm.      |       B  H 

—      [22-24]')       —  —  —  — 

35          —          —       37,15   "    25  —  —  — 

—  —  —  —  ——  48  49 

—  19  50 
B6. 43     '  —          —         —          29            —  —  —  — 

37  —       37,17       —  38  —  _ 

38  —          —       37,22       26  42  50  51 

—  43.V.58  V.7S  V..-)fi 
19—42      —          —          _—__  _  _ 


Lücke 
1,14 


43.3« 


LXI.118  —        4,40      1,18        11,12         1,37    bhl.lS   51.121  11,106 

—  —          —          —             —              —                         53  52 

—  —           —                                               44                           54  — 

—  —          —                                           45                         55  53 

IV.  17  56.  IV,  19  54.  IV,  19 

—  —          —          —                              —                         57  55 

46                         58  56 

—  —          —          —             —              47                         59  57 

[27]*)         —        39.  IV.  1 1  45.  IV.  12  46  I V.  1 2 


Hiranyakas  Erlebnisse. 
44           — '         —           —            — 

— 

—            —            —            — .            — 

— 

*45.50        -*XVT,410  *39.10    *30 

— 

Enthülsten  Sesam  für  unenthülsten. 
^    *Ä    SS'    *39'26      *31 

*I,  12 

Der  allzugierige  Schakal. 
47            —            —            _            _ 
1-          —                    39,  15       — 

- 

Hiranyakas  Erlebnisse. 

48 

60.1,253  58.1,239 

49 

61 

59 

50 

62 

— 

51 

63 

60 

52 

64 

61 

*53 

*56.  7^ 

*62 

Enthülsten  Sesam  für  unenthülsten. 

54 

— 

— 

55 

66 

63 

56 

67 

64 

— 

68 

— 

— 

69 

65 

— 

70 

66 

.i, 

71 

67 

58 

72 

68 

»59 

*73.77 

*69  ; 

D 

sr  allzugierige  Schale 

3tl. 

60 

— 



61 

74 



stark    ab. 


1)  Fehlen  in  ABC  E  F. 

2)  Fehlt  in  A  B  C  E  F. 

3)  Die  Lesarten  weichen  in  den  älteren  Fassungen  von  denen  der  jüngeren 


46 


Hertel,  Das  südliche  Pancatantra,  etc. 
II.  Buch. 


Simpl. 


— 

—          — 

—         — 



_          — 

32 ') 

.....        LXI,      XVJ 
"4"     105.*100     419 

*39, 26      *31 

49 
50.  «45 

-          - 

—          — 

*30 

—          — 

—            — 

-          - 

40-41     Z.lu^V) 

-          - 

41, 17          33 
41,20   32,  Z.3f.2) 

—          — 

Cf. 
41,28-44 

LXI.116?     — 
LXI.118?     — 

41,  24       Cf.  34 

Cf.  41,  28  ff.    35 

36 

51 

|  Lücke 

52 

53 

54 

M  1  1     1     1 
M  1  1     1     1 

Wolff 
1,167, 5  usw.    " 

37 
Cf.  41, 28  ff.     — 

—  38 

-  [39] 4) 

Hit.       | 

Purn.      Sc! 

m.    |        B 

H 



62 

75 

70 

— 

63 

76 

71 

Cf.  Sohl. 

1,158 

*I,  123 

*59 

77.*73 

*69 

Intr.  17 

64 

- 

— 

*53 

78.  *65 

*62 



65 

79 

72 

66 

80 

73 

III,  181 

III,  172 

— 

67 

81 

74 

— 

68 

82 

75 

I,  93 

69 

83 

76 

f  84. 12 

77. 13 

— 

70 

I,  232 

1,  220 

Uli,  19 

111,42 

1,95 

— 

1,3 

1,3 

1,94 

71 

85 

78 

— 

72 

86 

79 



73 

87 

80 



74 

88 

81 

— 



89 

82 

_ 

— 

90 

83 

_ 

75 

91 

84 

— 

76 

92 

85 

— 

77 

93 

86 

— 

78 

— 

— 



79 





Cf.  I,  96 

80 

— 

— 

97 

81 

V,  26 

— 

82 

— 

83 

— 

— 

— 

[84]  3) 

— 

— 

— 

85 

— 

— 

z 

86 

z 



1, 102 

89 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1)  In    EF    ist    das    Metrum    zerstört:    vyadhas    caikadinam    dve    dine 
mrgasükarau  ksutksämärtham  idäräm  täm  dhanurjyäm  bhaksayisyämiti  || 

2)  Hab.  hier  nochmals  32;   es  ist  falsch  gezählt,   und  ausserdem  sind  zwei 
Strophen  als  eine  gerechnet! 

Fehlt  in  bh. 
■i)  Fehlt  in  ABCEF. 


Hertel,  Das  südliche  Pancatantra,  etc. 


47 


II.  Buch. 


Simpl. 


Som.    |  Ksem.  |      Syr. 


SP 


.7.) 


70*) 
71 


41,28-42    40^ 
41,44  — 

3S 


Hit. 
I,  103 

1, 102 


_         _         40,6        42  f.1) 
—  44 

-         42, 3        [45]  2) 


Joh.  v.  C. 
152, 13 


Joh.  v.  C. 


[46] 3) 

47 

[48]*) 
42. 32         49 


- 

- 

— 

- 

— 

— 

— 









72 

73 

- 



42,  37 

50 

I,  114 

I,  104 
I,  105 

1,107 


1, 129 

1,109 

1,110 
I,  113 


Purn. 

87 

88 

89 
90 
91 


93 


*Ü4 


94-98 

99 

100-102 

103 

r  104 

I,  205 
1,420 


87-91 


92-94 
95 


96.1,194 


405.106.109    — 


Was  der  Mensch  haben  soll. 

95  107 

96  108 
109*105 

106 


*94 


98 
162 


100.  V, 61 
101 
102 
103 
104 
105 
106 
107 


117 

— 

152 

133 

159 
V,S1 

139 
V.  59 

1.10 


1)  Eine  Strophe! 

2)  Fehlt  in  A  15  C. 

3)  Fehlt    hier    in    ABC,    die  die  Strophe   übereinstimmend  mit  Sär.   und 
Pürn.  hinter  SP  55  geben. 

4)  Fehlt  in  AB. 

5)  =  Paiic.  Simpl.   ed  Kos.  II,  161. 


48  Hertel,  Das  südliche  Pancatantra,  etc. 

II.  Buch. 


Simpl. 


Sär.    | 

Som. 

Ksciii 

1     Syr.     | 
13, 11 

SP 

Hit.      | 

Pürn.      Schni.      |        B       | 

H 

74 





51 

108 





75 

— 

— 

43,  11 

— 

_ 

109 

— 

— 

7.; 

— 

— 

— 

52 

_ 

110 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

53 





— 

— 

— 

— 

— 

_ 

54 

[,52 



— 

— 

77 

— 

— 

43,24 

55 

!.  L28 

111 

— 

— 

7-' 

















79 





_ 

41»  - 

I.  129 

117 

_ 



80 

— 

— 

— 

56 



Cf.  118 

— 

— 

31« 

— 

— 

— 

">7 

1,130 

119 

— 

— 





' 

[58]  *) 

1,181 



— 



82 

_ 

— 

4:'.,  34 

59 

1, 132 

112 

120 

105 

83 

— 

— 

— 

— 



146 

140 

124 

84 

— 

— 

13,38 

60 

1,133 

113 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

60a5) 

11,5 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

61«) 

ab=Hit. 

_ 

— 

— 

62  6) 
[63]') 

1,134  cd 

— 

— 

— 

— 

ab=Hit. 

1.134  ;ib 

— 

— 

— 

85 

- 

- 

arab. 
Recension 

64 

1, 135 

114 
115 
116 

- 

- 

86 

— 

— 

Joh.v.  Capu? 
154,  5 

[65]*) 

11,4 

— 

— 

7!» 

— 

— 



46 

1, 129 

117 

_ 

— 

er.  SO 

— 

— 

_ 

Cf.56 

— 

118 

— 

— 

Sl 

— 

— 

— 

57 

1,130 

119 
120 

— 

— 

-7 

— 

— 







121 



— 

•- 

— 

— 

43,  28 

66 

1,136 

122 

— 

— 

89 

— 

— 

_ 

67 



123 

— 

— 

90 
91 

92 

- 

- 

68 

124 

- 

93 
94 
95 

- 

= 

- 

136 

125 

110 

96 

— 

— 

43,  40  p 

443,18f. 

125 

— 

— 

97 

— 

— 

43,43 

69 

1, 138 

126 

114 

— 

98 

— 

— 

— 

— 

127 

— 

— 

1)  Ind.  Spr.2  4369. 

_'     Die  Strophe  fehlt  in  A  B  C  an   der  ersten  Stelle,    ist    aber  an  hiesiger 
Stelle    in    denselben    Hss.    vorhanden.     ABC    stimmen    hier    also    zu    Sär.    und 
Pürnabbadra.     E  F  wie  G  D. 
Sechs  Päda! 

4)  Fehlt  in  B. 

5)  Dahinter  C  den  HalbAloka :    sarii/pathärno  na  seveta  padavvm  Tchala- 
sevitäm 

6)  In  A  B  C    umgestellt.      EF    haben    als    einen    Sloka   Gl  cd  -f-  62  ab, 
während   61  ab   G2cd  fehlen. 

7     Fehlt  in  A  HC.  8)  Fehlt  in  D. 


Hertel,  Das  südliche  Paucatantra,  etc. 


49 


II.  Buch. 

Sär.  |     Som.  |  Ksem.  |  Syr.    |      SP      |      Hit. 

99  -  —  — 

100  —  —  —           — 
116  —  —  — 


82 

1,11 
*101 


LXI,  1. 


43.43 


43,  31 
4,40 


69 


59 
1,18 


1, 138 


1. 132 
II,  12 


Der 

Weber 
Somalika 


95 


l,s 


Intr.  V. 


1.13 


Simpl. 


Purn. 

128 

129 

130 

131 

132 

133 


126 


1,140 

112 

1,37 

*134 


Schm.     |        B 


bh  1. 18 


15S 

13S 

— 

140 

110 

97 

111 

— 

112 

98 

113 

99 

114 

_ 

115 

100 

116 

101 

1,401 

I.  379 

117 

102 

118 

103 

1,163 

1, 15S 

119 

104 

120 

105 

121.51 

106 

122. 148 

*107^ 

135.  8 
136 

137 
138 
139 


140 
141 


142 
443. 150 


Der  Weber  Somilaka. 

123 

124.  9 
125 
126 
127 
128 
129 
130 

1,361 
131 
132 
133 
134 

V.37 
135 

*136 


\   145. 146 


108 
109. 10 
110 
111 
112 
113 
114 
115 
1,341 
116 

117 
118 
119 
«120 


Der  Schakal  und  die  Stiertestikeln. 


144 

I,  15 

145 
146 


147 
1 18 


137 
138 
1,25 
139 

140 
141 
142 
143 


121 
122 
I  22 

123 

124 
125 

126 


1)   Die  beiden  ersten  Pada  lauten  in   II: 

vancito  vidhinä  labdhadha/no  'pi 

Bd.  LVIII. 


dhitodyamah 


50 


Hertel,  Das  südliche  Pancatantra,  etc. 


|    Som.    |  Ksem.  |     Syr. 


121 


103 
104 

105 

]  Uli 

107 
108 
109 
110 
111 
Lücke 
112 
113 
114 


11. 


II.  Buch. 

1      I 


Simpl. 


1 1  it. 


116 
117 
118 
119.6 
L20 
121 


Purn. 
149 

151 x) 
*143 


Schm.      |        B 
144 
145. *136 
146 


177 
Z.ll1) 


15'2 
153 
154 

155 
156,  fehlt  in  A 
157 
158 


?0.86a 

71 


Intr.  19 
IV,  19 

I,  140 


43,45 
44.4 


1,3 

B  1,6 


I.  142 


159 


I.  T25  - 


—  160 

161 

*134 

I.11S        1,2 


48         1. 110        162 


130 


155 


H 
127 
120 


14' 


128 


148.*122 

*107 

149 

129 

150 

130 

151 

131 

— 

132 2) 

152 

133 

153 

— 

154 

134 

155 

135 

156 

136 

157 

137 

1  i  So  bei  Schmidt  versehentlich  gezählt.  Statt  151  müsste  es  150  heissen, 
und  die  nächste  ungezählte  Strophe   wäre  mit   151   zu  bezeichnen. 

2)  Die  Strophe  lautet:  dltanüdikesu  vidi/ante  ye  'tra  mürkhäh.  sukhä- 
srayäh  !  taptü  [beide  Hss.  tapta]  grismena  sevante  saityärtham  te  hutäsanam 


.>ar. 
122 
123 
124 
125 
126 
127 
71 


128 
129 
130 


Hertel,  Das  südliche  Pancatantra,  etc 
II.  Buch 


Som.  |    Ksem. 


Syr.     |       SP 


Hit. 


ntra,  etc. 

51 

Simpl. 

Pürn.    Schm. 

|        B        |        H 

132 

158          138 



. 



_ 

159 

139 







133 

— 

140 

— 

— 

— 

1.  237 

160 
III.  6 

141 







— 

161-163 

142-1 







163 

— 

— 

43,7 

_ 

_ 

164 

— 

— 







165 

— 

— 

44.18 

74 

r,  150 

bh 

— 

— 

14,14.21 

7<i 

r.  151 

166 







77 







— 

- 

- 

- 

167 

168 

*169 

— 

— 









111.31 


in,  14 

Intr.  32 


Die  Mäuse 
befreien  die 
Elefanten. 
170    Cf.IlI.Sl 


111,83     III.  7. 


45. 26        — 


171 

172 


174 
175 
176 


Cf. 

XYI.430 


164 

145 

165 

146 

— 

147') 

166 

148 

167 

149 

168 

150 

169 

151 

5.172 

5. 154 

IM.  169 

III.  152 

Citran. 
Erzähl. 

131 

132 

133 
134 
135 
136 
137 


Citran. 
Erzähl. 

p.  446, 
Z.  16  f. 


Citrangas 
Erzählung. 


Intr.  27 
Intr.  31 


!)S       bh 


.'!!' 


170 


>35 


i     Die  Strophe  lautet :  subhäsitamayam  dravi/a[m]samgraJiam  na  Icaroti 
yah  |  sa  hi  prastävayajnefu  kam  pradasya  m  ti  daksinäm 


Hertel,  Das  südliche  Pancatantra,  etc. 


11. 

Buch. 

Som. 

|  Ksem 

1   Syr.   | 

SP 

Hit. 

Purn.      Schm. 

Sin 

pl. 

Sar.     | 

1        B       1 

H 





_ 







171 

153 

129 

- 

— 

— 

- 

4 

172.5 
III,  169 

154.5 
III,  152 

— 

— 

— 

— 

;78  ' 

— 

— 

173 

155 

138 





|.\  35 



179 

174 

156 

L39 

— 

— 

— 

— 

— 

ISO 

— 

_ 

11»» 

— 

— 

— 

so 

— 

181.  1,93 

1.341 

1.98 

141 

— 

— 

45,  39 

79 

— 

182 

_ 

_ 

— 

— 

— 

15,38? 

— 

11, 112a 

183 
184 

— 

— 

1  l'J 

— 

— 

46,3 

81 

1,164 

185 

175 

157 



— 

— 

— 

82 

I,  165 

— 

— 

— 



— 

— 

_ 

— 

— 

— 

176 

158 

14<; 

— 

— 

— 

«4  cd 

— 

104 

177 

— 

151 

- 

- 

- 

85 

- 

186 

178 

159 
IV.  SS 

143 

- 

- 

Keith-F. 

12G,  24 

- 

- 

ls7 

- 

- 

144 

— 

— 

46,6 

— 

— 

— 

— 

— 

145 


146 

147 
148 
140 
150 

151 

1  52 

Lücke 

bis 

zum 

Schluss 

des 

Buches. 


83 


1,166 


188 
189 
190 
191 
192 


- 

p.  447, 
25  f. 

I,  167 

193 

- 

84 

- 

194 

46,  13 
f.  46,18 

85 

- 

ISO 

- 

86 
IV,  2 

I,  169 

195 

|sc,a   - 

Intr.19 

70 

IV,  1 » 

— 

[BT]«) 

— 

196 

— 

197 

— 

198 

47,4 

199 

177 


178 
179 


159 
IV,  88 


160 


180-185     101- 


1     Fehlt  in  ABC  E  F.     Die   Strophe   stobt  iu  einem  sicher  interpolierten 
Prosastück.      Siehe  oben   S.  13. 


2)  Fehlt  in  ABC  E  F. 


Hertel,  Das  südliche  Pancatantra,  etc. 


53 


III.  Hucb. 


Simpl. 


Sär.      |    Som. 


Ksem.  |      Syr. 
—        *60, 6 


Purn.     Schm. 
*1 

;  fehlt  in  bh1) 


i   11.25 


11       II.  13 


1.117 


IV.  25 

Cf.IV,28 

IV,  32 

IV.  23 


IIL64 


IV,  30 
I.  65 


I.  237 

6 

7 

8 

9 

10 

11 

I,  331 

12 

13 

I.  202 

14 
15 
16 
17 

18 

19 

II,  21 

20 
21 
22 
23 

24-34 

35 
36 

37 

3*-41 

11.70 

42-45 
40 
47 
48 
49 
50 
51 

52 


-l 
2 

1.233.364 

4 


II 

*1 

2 
I.  221 
344 

4 
3 


6.111,160  III.  141 


ö 

9 
10 
11 
12 

13 

14 

15 

16 
I.  226 

17 

18 

19 

20 

21 

22 

23 
24.11.29 

25 

26 
27.  135 

28 

29.1,327 

30   1" 

41 

42 

43 

44. 127 

1,311 

15-48 

f      49 

1.232 

[11,12.84 

.-,0  53 

54.  60 

5!» 

55 

56 

57 

58 

61 

02 


12 


13 
1.214 

14 

15 

17 

L8 

19.  IL  30 

20 
121 

21 

22 
23  33 

34 

35 

36 
37.114 
I.  294 
3^-41 

42 

1,220 

11.13  77 

4::-4r, 

47 

48 

49 

50 

51 

52 

5:1 
51 


1)  In  A  fehlt  ein  Blatt,  Str.   1—15,   erstes   Wort  ine). 


5  4  llcrtel,   Das  südliche  Pancatantra,  etc. 

Simpl. 
Sär.     |    Sora.    |  Ksem.  |      Syr.      |       SP      \      Hit.      |       Pürn.    Sei 


in 

I.IICII. 

Syr. 

1     sp    i 

Hit.      | 

Pur» 





. 

54 







55 



— 

_ 

56 

— 

— 

— 

57 

— 

— 

_ 

58 





. 

59 



— 

60 

— 

— 

— 

61 

3 
4 

[5]1) 

— 

62 

- 

- 

— 

[6]1)  1,4 

11,16 

1,6 



7.  1.  76 

II.  132 

— 

—     P 

.451,13ff. 

o 

)    - 

— 

61. 25  ff. 

o 





Pahl.8) 

— 

— 

— 

61,  39 
65, 1 

9. 33 

cf.m,8 

S4 

Pahl.3) 

— 

— 

_ 

61,42 

10 

11 

_ 



— 

12 

Z 

61,42 

10 
13 

14 

— 

— 

61,43? 

- 

- 

61,45 

15 
16 

_ 

— 

Pahl.  ?3) 

- 

Pahl.  ?3) 

— 

— 

— 



17 

_ 

— 



18 



_ 

— 

194) 

IV,  52 

— 

— 

20 

21 

— 

— 

23  -  -        62,21       [22] 5) 

24  —  —  20 


1        B 

H 

63.145 

55. 130 

64 

56 

65 

57 

66 

58 

— 

59 

67 

60 

68 

61 

69 

62 

70 

63 

71 

— 

3  — 

43  — 

5  — 
9  — 

6  — 

8  — 


28  — 

24  — 

18  — 

22  —  —  —  —  1.119  126  125 


1)    Fehlt  in  AB  CD  El'.  2)  Hinter  dieser  Strophe  haben 

ABC  den  Sloka  SP   Hab.  I,  49.  121    =  Hit.  II,  115.   IV,  19. 

.;  i   Siehe  die  betr.  Bemerkung  zum  Texte  des  Tanträkhyäyika! 

•1 1   In  C  und  D  beide  Päda  umgestellt.    In  E  F  17  hinter  19.       5)  Fehlt  in  A. 


Hertel,  Das  südliche  PaTicatantra,  etc. 
•III.  Buch. 


55 

Simpl. 


Sar.    |     Som.     |  Ksem.  |     Syr.     | 


*35 


SP 


—  Pahl.  — 


Hit.      |       Püra.      Schm.      | 


II 


Der  Esel  als  Tiger 
verkleidet. 


62 

83 

l!)1 

62 

36 

— 

62 

30  V 

— 

63 

3 

23 

24 

25 

26 

*27 

D.  E.  a. 

T.  v. 

*nr.  9 


Die  Vögel  wählen  einen  König. 


36  LXII.27     —  — 

37  —  —        63,3-1         28 


*38 


*63, 38      *29 


Hase  und  Elefant. 


39LXII,34cd 
35  ab 

40 

41  — 


64,  22  ff. 

64.  25 

Joh.  v.  C. 

172. 19 


p.  454. 
21  ff. 

30 


42 


13.4 


64,3! 


65,  1 
61,  39 


31 

32*) 

33.9 


»in,  io 


III.  14 

in.  15 
n  ni.s 


Die   Vögel 

wählen   einen 

König. 

63 

— 

_ 

— 



64 

64 

72 

65 

— 

73 

66 

65,  fehlt 

nbh 

— 



66 

74 

67 

67 

,'< 

68 

68 

76 

69 

60 

77 

70 

70 

78 

71 

71 

79 



72 

80 

72 

73 

81 

73 

*74 

*82.  90 

*74 



Hase 

und 

Elefant. 



76 





78 



79 

SO 





81 
II,  170 

83 

7"> 

83,  fehlt 

in  bh 

— 

— 

34 

— 

1)  In  C  und  D  beide  Päda  umgestellt.     In  EF    17    hinter    19. 

2)  In   D   nur  die  ersten  zwei   Päda. 


56 


Hertel,  Das  südliche  Pcincat antra,  etc. 


III.  Buch. 


Simpl. 


Sär.      | 

Som.      Ksem.  |      Syr.     | 

SP 

|     Hit. 

Lücke.       —            —             — 
I.  107                                     22,  IS 

1, 105 

1,115 

1     1     1 
1     1     1 
1     1     1 
Lücke 

- 

1,31 

*38          —           — 

*29 

*19 

k     LXII,4665'25 

*34 

- 

s  r~ 

Rebhuhn,  Hase  und  Katze 

— 

— 

44 

35 

= 

45           —          — 

- 

- 

—          —     XVI,  463     — 

— 

- 

Cf.LXII. 
54  cd 

- 

- 

46    Cf-^(J1,     -        66>21 

36 

— 

47  66, 24 

48  —     XVI,  463     — 

49  66, 29 
50 

37 
38 
39 

1,49 
IV,  13: 

51  66,41 

52  LXIL.59     -            67>10 

*34 

40 

- 

53 
»54 

—  67,  12 

—  Cf.67,15 

— 

— 

Die 
hinter- 
listige 
Kupple- 
rin.1) 

-          -           - 

- 

|     Pürn.     Schm 

1        B 

1         H 

84. 1,  355 

76 

— 

85 

— 

— 

86.1,356 

— 

— 

87.1,204 

77.1,193 

— 

88 

7* 

— 

89 

79 

*74 

90.  «82 

-74 

*85 

*91. 110 

*80 

Rebhuhn, 

läse  und  Katze. 

86 

92 

81 

87 

93 

82 

88 





89 

94 

83 

90 

95 

84 

91 

— 

— 

92 

96 

85 

93 

97 

86 

94 

98 

87 

95 

99 

88 



100 

89 

96 

101 

90 

97 

102 

91 

— 

103 

92 

98 

104 

93 

99 

105 

94 

100 

106 

95 

101 

107 

96 

102 

108 

97 



109 

98 

1,407 

I,  402 

I,  3S0 

IV,  21 

IV,  23 

IV,  22 

*S5 

110.  «91 

*80 

103 

111 

99 

104 

112 

100 

105,  fehlt  in  bh 



_ 

106 

113 

101 

107 

= 

- 

- 

1  i   Syr.,   Übersetzung  S.  9. 


Hertel,  Das  südliche  Pancatantra,  etc. 


öl 


III.  Buch. 


sar. 
55 
56 

57 


|    Som.    j  Ksem.  |      Syr. 


SP 


Hit.      j      Pürn.      Schm.    | 


108 
1, 157 


Simpl. 


*°9    »61.69 


13 


69.  4.  8        — 


69,19 


[44]*) 

[45]«) 
[46]*) 


[47]5) 


*109 


114.11! 


102 


Der 
110 
111 
112 

geprellte  Brahmane. 

115  103 

116  104 

117  105 

*109 

118.*114 

*102 

113 

*114 


119 


106 


Ameisen  und 
Schlange. 


115 

116 

117 
118 

119 

120 
37 

121 
122 

*123 


120 

107 

121 

108 

122 

109 

123 

110 

124 

111 

125 

112 

126 

113 

27.44 

114.37 

.311 

I.  294 

Brahmane  und 

Schlange. 
*124 


Die  gold.  Vögel. 


*125 


15(1 


139 
140 


Der  fromme  Tauber 

126-174«) 


1)  Eine  in  allen  Fassungen  sehr  verderbte  Upajäti-Strophe. 

2)  Fehlt  in  A  D  E.  3)  Fehlt  in  F. 

4)  Fehlt  in  E.     In  A  D  C  von  45   nur  c  d,  in  A  B  C  D  F   von   4G   nur  c  d. 

5)  Fehlt  in  A.  6)  In  bh   135   und   136   umgestellt;    IT')    17  2 
incl.  fehlen;   173  in  Prosa,   174   mit  anderen   Lesarten. 


;.s 


Herlel,  Das  südliche  Pancatantra,  etc. 


III.  Buch. 


Sar.     [    Som.    |  Ksem. 


Syr.      | 
*69,  31 
70,1 


SP 


*t.li 


Der  alte  Mann,  seine  junge 
Frau   und   der  Dieb. 


Cf.62,822) 


*70,  6 


^O]1) 


Brahmane,  Dieb   und   Eaksas 
69.*68        —  —  — 


Cf. 


,U      j 

jXII,  100    ~ 

p 

*lxh, 

104ab       — 

-71.1           *51 

llfiab 

Der  betrogene 

Ehemann  und 

sein  schlaues  Weib. 

Simpl. 


Hit. 


[48]1)        - 


|      Purn.     Schm. 
*175.  179 
*176 


Der  alte  Manu, 

seine  junge  Frau 
und  der  Dieb. 

177 

17* 

179*175 

i        B        | 

*IV,76. 

79.  SO 


IV,  77 

IV,  78 
IV.  7!) 
*76.80 


H 
-IV. 
63  66 


IV,  64 
IV,  65 
IV,  66 

-63 


-ISO 


B.  D.  u.  R. 


181 

*182 


Die  Königstochter 

und  der  Prinz  mit 

der  Schlange  im 

Leibe. 


183 
-111,24    *184 


*IV,4S54  IV,  42 


D.  betr.  Ehem. 
u.  s.  schl.  Weib. 

185 

186 

187 


IV,  51  IV.  44 
IV,  52  IV,  45 
IV.  53      IV.  46 


-74 

—      -72, 37 

*52*) 

— 

Die  Maus  als  Mädchen. 

- 

75 

53<) 

76 

541) 

— 

— 

188 
189 


-l'.HI 


-IV.5H.75   -IV.  4* 


D.  Maus  a.  Mädch 
191-197 

198 

199 

200. 1,  305 
201 


I,  281 
11,27 


I,  265 
11,28 


1)  In  G  eine  offenbare  Lücke,  durch  die  48 cd  und  49  ausgefallen  sind. 
In  A  fehlen  die  Strophen  47 — 49  und  mit  ihnen  die  Erzählung.  In  E  lauten 
die  beiden  letzten  Päda  von  48:  atas  corupi  hitäkrt  sarvadrapyäpahäry  api. 
49   fehlt  in  E.     In   P  fehlt  50 cd. 

2)  Die  Uberschriftsstrophe  steht  aber  bei  Som.  vor  der  vorhergehen- 
den Erzählung.  3)  Kurz  hinter   dieser  Strophe  bricht  das  Ms.  C  ab. 

4)  Infolge  des  Verlustes  zweier  Palmblätter  fehlt  in  G  die  ganze  Strophen- 
reihe 53 — 72.  Da  aber  an  ihrer  Zugehörigkeit  zum  Texte  nicht  der  geringste 
Zweifel  bestehen  kann,  habe  ich  sie  oben  nicht  eingeklammert. 


Hcrtel,  Das  südliche  Pancatantra,  etc. 


59 


III.  Buch. 


Sär. 


Ksem.  |      Syr.     | 

—      Cf.  73, 15 

er.  73,  17 


SP 


1, 126 


I.  331 
1.117 


65 


Purn. 
202 


II,  129 


;,:,', 


*203 

Der  Vogel,  dessen 
Kot  in  Gold  bestand 


1,376 


IV.  64 


IV.  67 


1,265      IV.  10 


Simp 


Schm.      | 


128 

115 

129.1,37- 

116 

130  L33 

117-120 

134 

— 

135.  27 

121 

136-319 

122-125 

140 

126 

IV,  112 

IV.  95 

141 

127 

142 

128 

143 

— 

144 

129 

145.  63 

130.  55 

146 

131 

147 

132 

IV, 118 

IV.  100 

148-152  133  137 

153 

— 

154 

138 

155 

139 

156 

14H 

157 

141 

IV.  10 

IV.  10 

158-161 

142-145 

162 

— 

163 

146 

*164.  166 

*147 

«204.206      *164. 166 

*147 

Löwe  und  Schakal  und 

die 

sprechende  Höhle. 

205            165 

148 

206.  *204      166.  *164 

«147 

207 

167     149 

208 

168    150 

209.  IV,  22 

IV. 24   IV,  23 



1  -  •  1 

169     152 

II.  4 

11,5.172  11.5 .154 

210 

170    153 

211 

171     154 

1)  Dahinter   B   die  Strophe:   durgäni  sarvärambhäni  krtvä  yoddhum 
api  dvisü  \  na,  simho'pi  gajäkrüLntabhayäd  giriguhasrayah  || 

2)  amitram  kurute  mitrarn  raürara  dvesti  nihamti  vä  \  subharn    vety 
ahbbham  väpi  bhadram  caiva  hato  narah  \\ 

3)  Fehlt  in  A  infolge  einer  Lücke. 


tiO 


Hertel,  Das  südliche  Pancatantra,  etc. 


III.  Buch. 


Simpl. 


Sär. 
81 

S2 
83 
84 

85 
86 
87 


|    Som.    !  Ksem.  |      Syr. 


74,81-44 
74. 31-44 


(5,8 

75, 15-22 

75. 15-22 

7:».  25 


bis  in 

das 

4.   Buch. 


I.s:{ 


SP 


[56]1) 

59 

61«) 

62 
63 
64 
65 
EF 
66 


Hit.      |     Püni. 
212 
213 
214 
215 

216 
217 
218 

219 
220 
221 
TU,  114  222 
223 


«94 

*75,34       -67        *IV,65     -224 

Die  Schlange  als  Reittier  der  Frösche. 

95 

—            226 

;68]<) 

Der  durch  Schmelz- 
butter erblindete 
Brahmane. 


172 


173 

174 


175 


155 

156 
157 

158 
159 
162 
163 

160 
161 

1643) 
165 


76,  48 

69 



228 



166 







229 

176 

167 









177 

168 

77.  2 

70 
71 

[72p)I,81 

— 

230 

178 

169 





1,288 



— 

— 

78  '') 

— 

231 

179 

170 

77,  24 

74 

— 

— 

I,  206 

1,190 

Cf.  77,  9 

iO 

— 

232 

180 

171 

— 

76 

— 

283 

— 

— 

77,30 

— 

— 

234 

— 

— 

— 

— 

— 

235-238 

— 

— 

77,42 

— 

. — 

239 

— 

— 

— 

— 

— 

240 

— 

— 

1     In  E  F  hinter  58,  also  wie  in  den  anderen  Paficatantra-Fassungen. 

2)  Sollte   60  sein.      In  HaberJandts  Text  falsch  gezählt! 

3)  apamänam  puraskrtya(l)  mänam  krtvä  tu  prstatah  |  svärtham 
samuddhuret  präjnah  svärihabhrams'o  hi  mwrkJiatä  |] 

4)  Fehlt  in  ABEF  und  natürlich  G.  ABEF  haben  sodann  folgende 
Strophe:  varam  fivrämnidhvasto  bltavec  chara(v.  1.  chailä)hato  'pi  vü  \  na 
vipraääpanirdagdho  jantur  bhüyät  kathamcana  |j 

5)  Dafür  A  B  E  F  die  Sragdharä-Strophe :  lo'ham  hau  desakidau  sama- 
visarnagunäli  kr.  dvisah  ke  sahüyüh,  kä  saktili  ko  'bhyupäyah  kulam  api 
in  I.  iyat  lädrii  dawasampat  \  sampattau  ko'nubandhah  pratiltatavacana- 
syottaram  kirn  ca  rne  syät,  ity  evam  käryasiddhäv  uvithitamanaso  näva- 
fädanti  santah  ||    (Nach  EF;  AB  haben  einige  Varianten). 

6;  Fehlt  in  D. 


Hertel, 

Das  südliche  Pancatantra, 

etc. 

61 

III. 

Buch. 

1       SP      | 

Hit. 

|      Piirn. 

Sehm. 

Simpl. 

|  Ksem.  |     Syr. 

|        B       ]         11 







241 

V.  67 

—             — 

TT 

— 

242 

y,6s 

—      78,  24  ff 

— 

— 

243-245 

— 



78l) 







-           - 

- 

II.  66 

181           1T2 
II,  SO       II.  73 

— 

182-184  173-175 

Ein  alter 

Schwan 

rettet  eine 

schon  ge- 

— 

— 

— 

— 

—            — 

fangene 

Schar  von 

Schwänen. 

Cf.  48,  G 


Cf.  50,13 


11,20 


IV.  Buch. 

12)               — 

1 

2 

3 

4 
5 
6 

7 
8 

-                  - 

9 

103) 
l.  265 

II.  27 

11 
11,39 

-             - 

12 

II,  18     II,  135 

1,106 cd    TV  -fi 
=  Pürn.     V'cu 

13 
II.  27 

*14.  28 

IV.  14a  b 


wie  SP 


1 

1 

2 

2.  I.  225 

3 

3 

4 

4 

5 

•"> 

6 

<; 

T 

T 

8 

8 

9. 1,  260  9. 1.  207 

10 

10 

III,  157 

III,  141 

11 

11 

12 

12 

11.45 

ii,  4<; 

13 

13 

II,  39 

11,41) 

14 

14 

11.32 

11.33 

*15.30      *i; 


Froschkönig 

und  Schlange. 

15 

16 

16 

1,356 

1.336 

[,318 

— 

IT 

IT 

16 

18 

1^ 

IT 

1'.) 
11.56 

19 
II.  54 

1)  Dahinter  haben  G ABEF   noch   die  oben  S.  9   mitgeteilte  Strophe. 

2)  Dahinter    A    eine    korrupte    und    unvollständige    Strophe ,    beginnend 
pitu  7nrtäs[\]  sarvvavidyäpi  nastä  ||  3)  Fehlt  zufällig  in  bh. 


62 


Hertel,  Das  südliche  Päncatantra,  etc. 


IV.  Buch. 

Sär.         Som.    |  Ksem.  |      Syr.      |      SP       |      Hit. 


50.  2 


Der  be- 
strafte 
Zwiebel 
rlieb. 


168,21  f. 

11,86 

3 

4 
5 
6 


Cf.  52,  26      *7 


Der  Esel  ohne  Heiz  und  Ohi 

•en. 

Lücke        — 
bis   kurz  -    —            — 

81) 

vor 
Schluss 

des 
Buches. 


D.  T. 
a.  K. 


Simpl. 


Purn. 

Schm. 

1        B 

H 

18 

20 



19 

21 

20 

20 

22. 113 

21.96 

21 

23 

22 

22.  III, 

209 

24 

23 

23 

25 

24 

— 

26 

25 

24 

27.  V,  42 

26 

25 

— 

— 

26 

28 

27 

27 

29 

28 

28 

30 

1, 169      II,  195 


11.179     11,160 


•31,86       *29 


Der 

Esel 

ohne 

Herz  und 

Ohren. 

29 

32 
33 

30 
31 

30 

34 

32 

31 

35 

33 

32 

36.  *31 

»29 

>:■;:; 


-:'m 


*34 


Der  Töpfer  als  Kriegsmann. 
»34. 39  *38. 43       *35 


Der  Schakal  a.  Pflegesohn   d.  Löwin. 
35-38  39-42      36-39 

39.  *34  43. *38      *35 


MO 


>102. 103 


Der  Brahmane  und  seine 
treulose  Frau. 


*41 


Zwei  Weiber- 
knechte. 


42 
*43 


44 
*45.  46 


1)  Dahinter  B  die  Strophe:  hastau  danavivarjitau  sridijmtau  särasru- 
tadroMnau,  netre  sajjanadarsanena  vimukhe  pädau  na  (irthägatau  \  anyä- 
yärjüavittapürnam  udaram  ga(rv)ena  tungam  siro,  bhrätah  Icuklcuta  munea 
munca  sahasä  räcasya  nindyam  vapuh 


Hertel,  Das  südliche  Faficatantra,  etc. 


63 


Som.    |  Ksem.  |      Syi 


IT.  Buch. 

SP       |      Hit. 


*HI,  51  *III.  24  *III,  184 


III. 1S5 

—       III,  186 

III,  1S7 

IU,  51  *III.  24   III  1S4 


Simpl. 


Pürn.      Sehm.      |         B 

H 

Der  Esel  als  Tiger  verkleidet 

1  Isvara  u. 

1  seine  vier 

1  Eidame. 

- 

-III.  74 


-III.  52 


III.  190 


*m,  74 


-III,  52 
-III.  48 


-III,  48 


III.  102 


-in.  i;m> 

«HL175.179 


III. 177 
III.  17S 
III.  17!».  1 

III.  136 

44 
45 
46 


1,11)7 


47 

«48.54 

*42 

Der  betrogene 

Ehemann 

und  sein 

schlaues  Weib. 

49 

43 

50 

— 

51 

44 

52 

45 

53 

46 

54.  *48 

*42 

55 

47 

-56. 75 

*48 

Die  Maus  a 

.  Mädch. 

57   (',1 

49-53 

-62. 63 

*54 

Die  Kleider  der 

Heiligen. 

64-68 

55-59 

69 

— 

70 



71 

60 

;•_> 

61 

74 

62 

75.  »56 

*4s 

76.79.80*63.66 


Der  alte  Mann,  s. 
j   Frau  u.  d.  Dieb. 

78 
79.80*76 

64 
65 

66. *63 

sl 
32 

67 

68 

83 

69 

-1 

70.71 

=55 

72 

— 

7;!' 

86 

1.  Ulli 

1.  IM 

l)  Die   Strophe   lautet:   viävascmti  [so   II;    l    visvasamti     na   kasyäpi 
ähyäjnänä  nitambini  \  gurpjäphalasamah  satyam  svabhavo  yositah  parah 


64 


Hertel,  Das  südliche  Pancatcmtra,  etc. 


Sär. 


IV.  Buch. 


Som.    |  Ksem.  |      Syr.      |      SP       |      Hit.       | 


Simpl. 


F  — 


II    151 


11,85 


Cf.  III,  5 


Pürn. 

Schm. 

1        B 

11 

47 

88 

74 

— 

89 

75 

48 

90 

76 

49 

91 

_ 

*50.  52 

«92.  94 

*77.  79 

Di« 

betrogene  Buhlerin. 

51 

93 

78 

53 

95 

80 

11. 180 

II,17S 

81.11,159 

54 

96 

82 

«55 

*97. 101 

«83 

*I,  390 

*I,  307 

— 

Affe  und 

Vogelnest 

Cf.  III,  6 

56 

98 
1,391 

84 
I.  868 

57 

99 

85 

1,346 

I,  314 

I,  297 

- 

58 

100 
I,  392 

101. *97 

86 
I,3Ö9 

*83 

*55 
*III,  40 

*I,  103 

1,307 

— 

*102.  10:~ 

Der  Brahmane  ur 

d  seine 

treulose  Frau. 

*87 
el.         I1) 

— 

*59 

n04.  io: 

_ 

1  Das  unvorsichl 

tige  Kair 





106 

88 
89 
90 

_ 

60 

107 

61 

108 

— 

1,247 

I.  233 



_ 

_ 

91 

— 

*62 

«109.114 

*92 

Der  schlaue  Schakal. 

— 

110           93 

63 

111           94 

64 

112           95 

111,140   111,126 

113.  22      96.  21 

20 

«62 

114*109    *92 

65 

115           97 

*66                    * 

116.117   *98.99 

Der  Hund  in  der  Fremde 


[9]2; 


118 
III,  147 


100 
III, 132 


1)  Str.  59  und  die  Erzählung  sind  Purnabhadra  abzusprechen.    Sie  stehen 
nur  in  der  aus  Simpl.  interpolierten  Hs.   K.  2)  Fehlt  in  A  B  E  F. 


Hertel,  Das  südliche  Pancatantra,  etc. 


V.  Buch. 

Sär.  |     Som.     |  Ksem.  |      Syr.     |       SP       |      Hit.      | 


Simpl. 


*3 


Cf. 
LXIY,  13 

*1  —       *53, 6 


Pürn.     Schm.      |        B        | 
*1.12  -1.17 


Die  beiden  Mörder 

2 

2 

2 

3 

3 

— 

4 

4 

3 

5 

5 

— 

— 

6 

4 

6 

7 
8 
9 

5 

z 

6 

7 

10 

7 

8 

11 

3 

9 

12 

9 

10 

13 

11 

— 

14 

10 

11 

15 

12 

m 

16.83 

61 

12.  *1 

17.  *1 

*13 

»18 

»13 

— 

Ichneumon  und  Brahmanin. 

14 

19 

14 

— 

20 





21 



*15 

*22 

*15 

Die  vier  Schatzgräber. 

— 

23 



16 

24 

16 

17 

25 

17 

11,81 

26 

_ 

18 

— 

— 

19 
20 

1,2 

r  is 

19 

21 
22 
23 

1,17 
I.  U 
I.  15 

/  20 
\I,  15 
/  21 
|I,  12 
I   22 
[l,  13 

24 

25 

I.  13 

f  23 

11,11 

24 

26 

27 

1,18 

2:» 
26 

•2s 

27 

27 

— 

28 

— 

29 

29 

28 

30 

30 

•".i 

Bd.  LVIII. 


66 


Wertet,  Das  südliche  Pancatantra,  etc. 


V.  Buch. 

Sar.      |    Som.    |  Ksem.  |     Syr.     |      SP      |     Hit.     |       Püni.     Schi 

31 


Simpl. 


B 


1,53 
IV,131 


I,  350 

32 
*33 


31 
32 
33 
34 
1,33» 
35 
*36.3 


30 


I,  312 


31 
»32 


Die   Gelehrten,   die   den  toten  Löwen 
beleben. 

II,  HS 


*38 


II,  134 

38 
39.  *36        *3! 


IV,  24 


*40.  30 
Die  Buch- 
gelehrten, 
41 
42 
IV,  27 
43.  *40 


>34.  36 


44 
I,  20.  323 

*45. 50 


IV.  26 


1, 17.  306 

*33.  35 


I,  344 


Die   dummen  Fische  und   der  kluge 
Frosch. 
46 
1,158 
47 

33  48  34 

49 
36.  *34  50.  *45       35.  *33 


*37.  45 


*51.  59 


«36 


38 
39 
40 
41 
42 

43 
44 

45.  *37 


Esel  und  Schakal. 
52 
53 
54 
55 
56 

57 

58 

59.  *51 


37 

38 
39 

40 
41 
42 
43 
44 
«36 


*46 


*60. 70       *45 


Der  Weber   mit  zwei 
61 

47  62 

48  63 

49  64 


Köpfer 


Hertel,  Das  südliche  Pancatantra,  etc. 


67 


Sär. 


Ksem.  |      Syr.      |      SP      | 

-      m,7: 

—       *53, 23        *2 


Buch. 

Hit. 


Simpl. 


Der  Vater  des  Somasarman. 


|      Pürn.     Schm. 

B        | 

H 

50 

65 

48 

51 

66 

49 

III,  241 

67 



III,  242 

68 

— 

52 

69 

50 

*46 

70.  -60 

*45 

*53 

*71.72 

*51 

Der  Vater  des 

Somasarman. 

*54 

^73.  86 

*52 

Die  Rache 

des  Affen. 

55 

74 

53 

56 

75 

54 

57 

76 

00 

_ 

77 

— 

58.  H,  43 

78 

56 

59 

79 

57 

60 

80 

58 

61.  II,  100 

-1 

59 

62 

82 

60 

63 

83.16 

61 

64 

84 

62 

65 

85 

63 

*54 

86.  *73 

*52 

66 

87 

64 

*67.  68 

*88.  89 

*65 

Der  Dieb,   der 

Eäksasa  und 

der  Affe. 



90 



*69 

-91. 100 

*66. 72 

Der  Blinde,   der 

Bucklige 

und 

die  Königstochter. 



92 

— 

*70 

*93. 94 

*67 

Der  Räksa 

sa  und  der 

Brahmane. 

71 

95 

68 

72 

96 

69 

73 

97 

70 

75 

98 
99 

71 

— 

[,258 

*69 

100. *91    72.  *6 

11,6 

»101.  102 

*73 

Die   V 

5gel 

— 

mit  zwei 

Hülsen. 

Hertel,  Das  südliche  Pancatantra,  etc. 
V.  Buch. 


Simpl. 


Sär. 

Snin. 

Ksem.  | 

Syr.      | 

SP 

Hit. 

|     Purn.     Schni. 

B       |        H 

— 

— 

— 

— 

— 

—                     *104. 106    *75 

[d.  Kr.  a.  L.]1) 

Der  Krebs  als 
Lebensretter. 

r 













762) 

o 

r. 

- 

— 

- 

3* 

- 

105            77 

-                                 -               -    1 

D.beid. 
Mörder. 

D.beid. 
Mörder. 

— 

[4]3) 

5 

IV,  101 

1)  Siebe  Seite   G4  Anm.    1. 

2)  =  Koseg.  V,  90,  emendiert  von  Boehtlingk  in  den  Ind.  Spr. 

3)  In  A  mit  starken  Abweichungen. 


Zu  Band  57  dieser  Zeitschrift,  639  ff. 

Bei  der  Korrektur  dieses  Aufsatzes  sind  mir  folgende  Druck- 
fehler entgangen: 

S.  678,  Z.  15  1.  pacchänutappati;    Z.  23    1.    wie    bei  Pürn.; 

„   679,    ,     5  1.  (1.  ^RTT): 

„   687,    „  16  1.  der  Schakal. 

S.  650  hatte  ich  nach  Galanos'  Übersetzung  Kvcpov  nagövrog 
vermutet,  dass  die  ursprüngliche  Lesart  nicht  «g^qu ,  wie  Megha- 
vijaya  liest,  sondern  ^5^5  war.  Da  mir  jetzt  in  dem  I.  O.-Ms. 
Bühler  Nr.  85  der  Sanskrit-Text  vorliegt,  den  G-alanos  übersetzt 
hat,  so  kann  ich  bestätigen,  dass  sich  die  vermutete  Lesart  that- 
sächlich  in  diesem  findet.  Ich  hoffe  bald  nähere  Angaben  über 
diese  Recension  zu  geben.  j    ^    Hertel 


69 


Beiträge    zur    Beleuchtung    des    islamitischen    Straf- 
rechts,   mit    Rücksicht    auf    Theorie    und    Praxis    in 
der  Türkei. 

Von 

Johann  Krcsmärik. 

I. 

Das  grösste  Übel  der  Türkei  besteht  bekanntlich  darin,  dass 
ihre  staatlichen  Einrichtungen  überwiegend  asiatischen  Ursprungs 
sind,  während  die  politischen  Wandlungen,  oder,  mit  anderen  Worten, 
das  sich  entwickelnde  Leben  sie  zwingen,  sich  in  den  äusseren 
Formen  des  staatlichen  und  gesellschaftlichen  Lebens  den  durch 
die  europäische  Kultur  angenommenen  und  verkündeten  Ideen  an- 
zupassen. Ja  oft  liegt  eben  darin  das  Hauptübel,  dass  die  euro- 
päischen Kulturbestrebungen  in  der  einen  oder  anderen  Manifestation 
des  türkischen  öffentlichen  Lebens  formell  eingebürgert  erscheinen. 
Da  sie  jedoch  infolge  der  hemmenden  Wirkung  irgend  einer  kar- 
dinalen Schwierigkeit  nicht  Wurzel  fassen  können .  zeigt  sich  ein 
doppelter  Nachteil  des  Versuches :  einerseits  verliert  in  der  Türkei 
die  einen  unbedingten  Fortschritt  versprechende  Zauberkraft  der 
europäischen  Kultur ,  andererseits  in  Europa  die  in  die  Reform- 
fähigkeit der  Türkei  gesetzte  Hoffnung  ihren  Kredit. 

Und  dennoch  wissen  wir,  dass  weder  die  eine  noch  die  andere 
Auffassung  so  im  Allgemeinen  bestehen  kann.  Denn  die  euro- 
päische Kultur  sichert  nirgend  einen  unbedingten  Fortschritt,  wenn 
auch  ihre  zahllosen  Errungenschaften  das  Wohl  der  Menschheit 
entschieden  fördern,  und  andererseits  ist  die  Fähigkeit  der  Türkei, 
jede  rationelle  Reform  aufzunehmen  und  durchzuführen,  eine  un- 
bestreitbare Thatsache .  wenn  auch  bisher  zahlreiche  darauf  ab- 
zielende Versuche  misslungen  sind. 

Wollen  wir  nun  die  Regenerierungsfähigkeit  des  türkischen 
Reiches ,  beziehungsweise  die  Möglichkeit  einer  derartigen  Regene- 
rierung beurteilen  und  uns  über  die  türkischen  öffentlichen  Ver- 
hältnisse klarere  Begriffe  verschaffen,  so  ist  es  unbedingt  notwendig, 
dass  wir  mit  den  wichtigeren  Principien  des  türkischen  Rechts- 
lebens bekannt  werden. 


70       Krcsmdrik,  Bcitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc. 

Im  mohammedanischen  Osten  hat  nämlich  das  Recht  sowohl 
als  Wissenschaft,  wie  auch  als  Regulator  des  menschlichen  Lebens 
eine  viel  grössere  Bedeutung,  als  im  christlichen  Europa;  denn 
dorl  stehl  das  Recht  mit  der  Religion  in  engem  Zusammenhang 
und   infolge    dieser  innigen  Verwandtschaft  werden    mindestens    die 

entaren  Kenntnisse  der  Rechtswissenschaft,  als  die  auf  das  Be- 
nahmen der  Menschen  im  Leben  bezüglichen  Regeln,  schon  in  den 
Volksschulen  unterrichtet. 

In  Europa  kann  man  ausserordentlich  gelehrt  oder  sonst 
hervorragend  gebildet  sein,  ohne  dass  man  in  den  Rechtswissen- 
schaften  entsprechend  bewandert  sein  muss.  In  den  mohammeda- 
nischen Staaten  hingegen  und  so  auch  in  der  Türkei  giebt  es  keine 
vollkommene  Bildung  ohne  juridische  Kenntnisse. 

Das  Christentum  befasst  sich  nur  mit  dem  innern  Leben  der 
Gläubigen;  seine  das  praktische  Leben  betreffenden  Lehren  bewegen 
sich  zum  grossen  Teil  nur  in  Allgemeinheiten.  Es  fordert  wohl 
von  seinen  Anhängern  gute  Handlungen  und  verbietet  die  schlechten 
unbedingt,  die  Bestimmung  dessen  aber,  was  im  gegebenen  Falle 
gut.  was  schlecht  ist,  überlässt  es  meistens  dem  Staate. 

Darüber,  welches  Verhalten  die  Religion  von  den  guten  Christen 
als  Eltern ,  Kindern ,  Ehegatten ,  steuerzahlenden  Bürgern,  vertrag  - 
schliessenden  oder  processualen  Parteien,  von  dem  Zeugen,  Richter, 
von  dem  Verbrecher  fordert,  welche  Rechte  und  Pflichten  daher 
der  Mensch  in  diesen  Lebensverhältnissen  hat,  lässt  das  Christentum 
die  Vernunft  oft  im  Zweifel.  Die  Religion  verfügt  über  keine 
klaren  Vorschriften  in  der  Hinsicht,  worin  eigentlich  die  strafbaren 
Handlungen  bestehen ,  was  Diebstahl ,  Totschlag ,  Ehebruch  ist ;  in 
welcher  Weise  das  Erbrecht  ausgeübt  werden  kann;  inwiefern  die 
Verfügungen  eines  Eigentümers  für  die  Zeit  nach  seinem  Tode  zu 
beachten  sind.  Denn  das  Christentum  kann  z.  B.  ebensogut  mit 
der  Lehre  vereinbart  werden,  dass  der  Erblasser  das  Recht  hat, 
über  sein  Vermögen  letztwillig  zu  verfügen,  wie  auch  mit  der, 
dass  dieses  Recht  ihm  nicht  zusteht.  Es  ist  möglich,  dass  eben 
dieser  Mangel  des  Christentums  seine  Hauptstärke  bildet.  Dies 
muss  wenigstens  aus  der  Erscheinung  gefolgert  werden,  dass  die 
bezüglich  des  praktischen  Lebens  bestehenden  präcisen  Lehrsätze 
der  Kirche  oft  Quellen  heftiger  Zusammenstösse  waren,  wie  z.  B., 
um  nur  eins  zu  erwähnen,  die  Lehre  des  Katholicismus  von  der 
Unauflösbarkeit  der  Ehe. 

Gewiss  ist,  dass  wir  uns,  ohne  uns  in  die  Analyse  der  Sache 
vertiefen  zu  müssen,  unmöglich  der  Erkenntnis  der  Thatsache  ver- 
schliessen  können,  dass  bei  uns  die  Lehrsätze  der  Religion,  die 
Verfügungen  des  Rechtes  und  die  sociale  Auffassung  viel  heftiger 
miteinander  in  Widerspruch  geraten,  als  dass  hieraus  nicht  eine 
Verwirrung  der  Begriffe  erfolgen  sollte.  Man  entbehrt  in  seiner 
Denkweise  und  in  seinen  Handlungen  der  notwendigen  Grundlage, 
wenn    man    bei    der   Erkenntnis    des    Guten    und    des   Bösen    einen 


Krcsmärik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc.       71 

sicheren  Wegweiser  vermissen  ruuss.  Erfahrungsgemäss  besitzt  das 
Gute  nicht  immer  in  sich  eine  beglückende  Wirkung,  sondern  oft 
vielmehr  in  jener  Überzeugung,  in  jenem  beruhigenden  Bewusstsein 
des  Menschen,  dass  etwas  thatsächlich  als  gut  zu  betrachten  ist. 

Wie  soll  man  aber  zu  dieser  Überzeugung  gelangen?  Durch 
den  Verstand  keineswegs,  denn  der  Verstand  ist  ein  sehr  trüge- 
rischer Wegweiser  und  wenn  wir  sehen,  dass  selbst  kluge  Menschen 
oft  in  ihren  Folgerungen  zu  entgegengesetzten  Resultaten  ^elanaren, 
so  ist  es  unmöglich,  dass  der  denkende  Mensch  sich  auf  die  Thätig- 
keit  seiner  Vernunft  vollkommen  verlasse.  Die  zügellose  Thätig- 
keit  der  Vernunft  führt  in  ihrem  Endresultat  leicht  zur  Anarchie, 
während  doch  das  menschliche  Zusammenleben  ohne  gewisse  Ver- 
einbarungen von  zwingender  Kraft  nicht  möglich  ist. 

Der  Europäer  steht  bei  der  Erkenntnis  des  Guten  und  Bösen 
unter  verschiedenen  Einflüssen ;  denn  er  klassificiert  die  mensch- 
lichen Handlungen  nach  ganz  anderen  Regeln,  als  denen  der  Reli- 
gion oder  des  Rechts.  Die  Religion  lehrt  den  im  Christentum  ge- 
offenbarten göttlichen  Willen  in  souveräner  Weise,  während  der 
mit  Macht  bekleidete  menschliche  Wille :  der  Staat  —  je  nach  der 
Verschiedenheit  des  Ortes  und  der  Zeit  —  seine  durch  verschiedene 
legislative  Foren  für  bindend  erklärten  Rechtsthesen  in  ebenso 
souveräner  Weise  vorschreibt. 

Da  nun  die  Quellen  verschieden  sind,  ist  auch  die  Klassifi- 
cierung  der  menschlichen  Handlungen  verschieden;  in  gute  oder 
mindestens  indifferente ,  und  in  böse  d.  h.  in  solche ,  mit  welchen 
gewisse  Nachteile  verbunden  sind. 

Wir  Europäer  finden  die  Widersprüche  zwischen  Religion  und 
Recht  in  ihren  auf  das  richtige  menschliche  Leben  bezüglichen 
Weisungen  vollkommen  natürlich.  Wir  sind  an  diese  gewöhnt  und 
erklären  sie  damit ,  das  Religion  und  Staat  verschiedene  Zwecke 
und  verschiedene  Aufgaben  haben.  Wenn  aber  die  Vernunft  aus 
irgend  einem  Grunde  weder  der  durch  die  Religion,  noch  der 
durch  den  Staat  vorgenommenen  Klassificierung  der  menschlichen 
Handlungen  zustimmen  kann,  dann  entsteht  ein  drittes  beurteilen- 
des Forum  der  Handlungen ,  die  sogenannte  gesellschaftliche  Auf- 
fassung, welcher  der  Staat  sich  in  vielen  Fällen  beugt  und  der 
er  eventuell  auch  ein  praktisches  Wirkungsgebiet  zuweist,  wie  wir 
dies  z.  B.  bei  der  Institution  der  Geschworenengerichte  sehen. 

Der  Islam  befolgt  in  dieser  Hinsicht  ganz  andere  Wege.  Bei 
ihm  entspringen  Religion  und  Recht  einer  und  derselben  Quelle, 
und  diese  Quelle  ist  der  göttliche  Wille ,  oder  —  richtiger  gesagt 
—  das ,  was  der  Islam  als  göttlichen  Willen  erkennen  will.  Gott 
ist  es,  der  die  Verhältnisse  des  Menschen  zu  Gott,  zu  sich  selbst, 
zu  seinen  Mitmenschen,  zu  seinem  Fürsten,  zu  seinem  Feinde  vor- 
schreibt. Infolgedessen  ist  das  Recht  (fikh) ,  welches  göttlichen 
Offenbarungen    entspringt    und    aus    der    Kenntnis    der    auf    das 


72       Krcsmdrikf  Beitr.  s.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc. 

praktische  Leben  bezüglichen  heiligen  Bestimmungen  besteht1),  ein 
ergänzender  Teil  der  Religion  und  die  hervorragendste  Wissen- 
schaft, insbesondere  in  jenem  Teile  {ustd  fikh),  welcher  lehrt,  wie 
man  aus  den  göttlichen  Kundgebungen  auch  praktisch  bindende,  also 
auch  im  Zwangswege  vollstreckbare  Rechtsnormen  ableiten  kann'2). 
Denn  ohne  Rechtskenntnisse  kann  man  kein  dem  Willen  Gottes 
.■Mitsprechendes  Leben  führen  und  dennoch  ist  es  ja  das  Haupt- 
bestreben des  Muselmans,  dass  sein  Leben  ein  gottgefälliges  sei. 

Kraft  ihres  gemeinsamen  Ursprungs  giebt  es  in  der  Religion 
und  im  Recht  keinen  Widerspruch  und  kann  es  auch  einen  solchen 
nicht  geben.  Gutes  und  Böses  sind  bei  beiden  dasselbe  und  die 
Auffassung  des  Individuums  und  der  Gesellschaft  passen  sich  in- 
folge der  disciplinierten ,  einem  und  demselben  Ziele  zustrebenden 
religiösen  und  juridischen  Erziehung  leicht  einer  Theorie,  an,  in 
welcher  sie  Befriedigung  findet. 

Der  grossartige  Charakterzug  des  Islams,  dass  seine  leitenden 
Ideen  nicht  nur  im  religiösen ,  sondern  auch  im  rechtlichen  und 
gesellschaftlichen  Leben  seiner  Anhänger  zum  Ausdruck  gelangen, 
führt  zu  dem  Resultate,  dass  im  mohammedanischen  Orient  Religion, 
Rechtssystem  und  gesellschaftliche  Auffassung  in  einer,  anderswo 
nicht  gekannten,  Harmonie  miteinander  stehen. 

Das  kann  aber  auch  nicht  anders  sein,  denn  wie  es  wahr  ist, 
dass  der  Islam  das  ganze  innere  und  äussere  Leben  des  Menschen 
erfasst,  also  auch  seine  Denkweise  und  seine  Handlungen,  so 
trachtet  er  auch  ihn  davon  zu  überzeugen  und  darüber  zu  be- 
ruhigen ,  dass  die  das  menschliche  Leben  regelnden  Verfügungen 
auf  dem  Willen  Gottes  beruhen,  und  dass  derjenige,  welcher  diese 
Verfügungen  einhält,  nach  dem  Willen  Gottes  lebt,  ob  er  nun  als 


JLilXäj!    v^S-j-xj    ä.Lv.Jw's    KaIa^ÄÄ.)!  .      'Otmän    ef. ,    Ter£ümei    mirkät,  Kon- 
>    •        ••  "J  "J        "  " 

stantinopel   1288  AH.,    pag.   8,    und    §   1    des  türkischen  bürgerlichen    Gesetz- 


buches (megelle): 


Js.X4.L0        -JXaJUc     XficX^     A.jLaw^0     *Ä5     .Jlc  . 


XjuJJj    ^b&\)    **ipH    *j^    ^    (^%    rl*^f    ^I|    L^Lajl 

-.aä-S.    cL^Sfc^ltj ,      Manäfi'  nldakäik    t'i    sarhi    maiJrämri    'lhakäik    von  Abu 
Sa'id  alChädimi ,    Konstantinopel  1303  (AH.),    pag.  11   u.  folg.    —    Ibid.  p.  23: 

ä^Uo^l   &»lkii   v^^.    Q^JUS    aJUi    r1^5>l   MjX*i   xXjli.   u3) 
(^^tJJI    äu>L*Awj)    -^=rj*   j^^ic   J^JtStj    L-gÄ»yw   wsaa«.j    (^LuJ) 


Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  isla/mit.  Straf  rechts,  etc.        <3 

andächtiger  Muselman  betet  oder  fastet,  ob  er  als  Geschäftsmann 
einen  Kauf-  oder  Verkaufvertrag  schliesst,  ob  er  als  Soldat  die 
Waffe  führt,  oder  ob  er  als  Verbrecher  die  Strafe  erleidet. 

In  diesem  Princip ,  das  im  Islam  einen  Gemeinschatz  bildet, 
liegt  eine  riesige  moralische  Kraft.  Es  verkündet  die  Einheitlich- 
keit der  Hauptfaktoren  des  menschlichen  Zusammenlebens  und 
trachtet  dies  auch  praktisch  zu  verwirklichen  und  es  ist  durchaus 
nicht  unmöglich ,  dass  unter  der  Wirkung  dieses  Princips  eine 
mohammedanische  Nation  unter  günstigen  Umständen  sich  zu  einem 
mächtigen  Staate  emporzuringen  vermöge. 

Durch  all  dies  will  ich  nicht  beweisen,  dass  die  mohamme- 
danischen rechtlichen  und  religiösen  Institutionen  vollkommen  sind. 
Das  würde  ich  auch  vergebens  behaupten ,  denn  im  Laufe  dieser 
Studie  wird  an  vielen  Stellen  die  Mangelhaftigkeit  dieses  — 
übrigens  bewunderungswerten  —  Systems  auffallen.  Ich  will  nur 
betonen,  dass  wir,  indem  wir  uns  mit  den  mohammedanischen 
Staaten  befassen ,  nicht  einen  Moment  ausser  Acht  lassen  dürfen, 
dass  dort  die  Herrschaft  der  Religion  mehr  ausgedehnt  ist  als  bei 
uns ,  dass  ferner  Religion  und  Recht  derselben  Quelle  entspringen, 
und  dass  der  Muselman  die  bindende  Kraft  der  Rechtssätze  gerne 
und  mit  dem  ruhigen  Bewusstsein  anerkennt,  dass  dies  ein  Gebot 
Gottes  sei. 

In  der  praktischen  Justiz  verhält  es  sich  daher  so,  dass  es  in 
Europa  möglich  ist,  unter  dem  Einfluss  irgend  einer  neuen  Theorie 
bei  der  Schaffung  eines  auf  dem  Gebiet  des  öffentlichen  oder 
privaten  oder  Strafrechtes  notwendig  erscheinenden  neuen  Gesetzes 
von  ganz  neuen  Ausgangspunkten  auszugehen;  demnach  eventuell 
den  Kauf  und  Verkauf,  die  Haftung,  die  Eheschliessung,  die 
Trennung ,  die  Pflichten  des  Vaters  und  Gatten  gegenüber  seiner 
Familie ,  das  Recht  der  letztwilligen  Verfügung  anders  zu  regeln, 
die  Todesstrafe  einzuführen  oder  abzuschaffen,  für  jedes  Verbrechen 
nicht  die  bisherige,  sondern  eine  anders  geartete  Strafe  auszudenken 
und  anzuwenden.  Wir  sehen,  dass  einzelne  Staaten  von  dieser 
Möglichkeit  auch  ziemlich  häufigen  Gebrauch  machen ,  manchmal 
vielleicht  sogar  auch  ohne  zwingende  Notwendigkeit.  Das  grosse 
Publikum  nimmt  von  diesen  Änderungen  in  der  Regel  kaum  Kennt- 
nis und  erst  bei  der  Anwendung  der  Gesetze  ahnt  es ,  dass  hier 
irgend  eine  Neuerung  erfolgt  sein  müsse. 

In  mohammedanischen  Staaten  ist  derartiges  vollkommen  aus- 
geschlossen. Denn  dort  ist  es  a  priori  unmöglich ,  bei  der 
Schaffung  von  Gesetzen  von  einer  andern,  als  von  der  bestehenden 
Grundlage  auszugehen ,  und  wenn  es  dennoch  geschieht ,  so  würde 
die  Vollstreckung  der  in  das  System  nicht  passenden  Gesetze  durch 
das  Kardinalprincip  des  Islams  verhindert  werden,  dass  keine  Ver- 
fügung bindend  ist,  welche  gegen  das  göttliche  Rechtsprincip  Ver- 
stoss! Ob  dies  ein  Vorteil  des  muselmanischen  Staatslebens  ist 
oder  nicht,  das  muss  ich  unentschieden  lassen,     (i<>wiss   Lsi    jedoch, 


74       Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtting  d.  islamit.  Strafrechts,  etc. 

dass  es  nichts  giebt ,  woraus  man  folgern  könnte ,  dass  für  den 
Main  ans  dieser  Verschiedenheit  der  Auffassungen  ein  Nachteil 
oder  für  die  europäischen  christlichen  Staaten  ein  besonderer  Yor- 
teil  entstanden  wäre.  Es  ist  möglich,  dass  vom  Gesichtspunkt 
der  Wohlfahrt  der  Menschheit  der  Inhalt  des  Rechtes  auch  gar 
nicht  jene  Wichtigkeit  hat,  welche  ihm  viele  beimessen.  Es  kann 
zum  grössten  Teile  indifferent  sein,  an  welche  Bedingungen  gewisse 
rechtliche  Folgen  geknüpft  werden,  wenn  nur  die  einwandsfreie 
Provenienz  der  Rechtsvorschriften  gerechtfertigt  ist  und  wenn  sie 
mit  dem  menschlichen  Denken  auch  sonst  nicht  in  krassem  Wider- 
spruch stehen.  Dies  würde  bedeuten,  dass  die  richtige  Anwendung 
der  bestehenden  Rechtsvorschriften,  das,  wovon  wir  schlechtweg 
sagen,  dass  es  Rechtens  ist,  wichtiger  ist;  dass,  wenn  bei  Eintritt 
der  Bedingung  A  die  Folge  B  eintreten  muss,  dieses  B  nicht  weg- 
falle .  sobald  das  A  bewiesen  ist.  Kauft  also  jemand  einen  Gegen- 
stand von  einem  andern,  der  diesen  verkauft,  so  ist  es  unbedingt 
notwendig,  dass  die  Folge  hievon  sei,  dass  das  Geld  Eigentum  des 
Verkäufers .  der  Gegenstand  aber  Eigentum  des  Käufers  werde. 
Minder  wichtig  ist  es,  an  welche  Erfordernisse  die  einzelnen  Ge- 
setzgebungen das  Zustandekommen  des  Kaufes  und  Verkaufes 
knüpfen,  ob  an  eine  einfache  Erklärung  oder  an  eine  strikte  For- 
malität, eventuell  an  die  Anwendung  gewisser  Ausdrücke,  an  eine 
Urkunde,  an  ein  höheres  oder  niedrigeres  Alter  der  Vertrag- 
-eliliessenden  u.  s.  w.  Oder  wenn  jemand  einen  andern  absichtlich 
tötet  oder  in  seiner  körperlichen  Gesundheit  verletzt,  so  ist  es  un- 
bedingt notwendig ,  dass  der  Thäter  für  diese  Handlung  im  Sinne 
der  Verfügungen  des  Gesetzes  hafte.  Minder  wesentlich  ist  es 
jedoch,  worin  diese  Sühne  zu  bestehen  habe,  ob  in  der  Todesstrafe, 
in  Freiheitsverlust,  in  Schadenersatz  in  Geld,  in  der  Ahndung  der 
Verletzung  durch  eine  ähnliche  Verletzung  oder  aber  eventuell 
unter  gewissen  Umständen  in  gar  nichts. 

Xach  dem  Zeugnis  der  Geschichte  zeigt  das  Recht  je  nach 
der  Verschiedenheit  der  Zeiten  und  der  Völker  die  grösste  Mannig- 
faltigkeit. Und  zwar  nicht  nur  in  seinem  Inhalte,  sondern  auch  in 
der  Hinsicht,  worin  die  bindende  Kraft  des  Rechtes  zu  suchen  sei. 
Dies  ist  es ,  worauf  ich  soeben  abgezielt  habe ,  als  ich  sagte ,  dass 
die  Provenienz  der  Rechtsvorschriften  nachzuweisen  ist. 

Nach  der  europäischen  Auffassung  ist  ein  Rechtssatz  dann 
richtigen  Ursprungs  und  infolgedessen  von  bindender  Kraft,  wenn 
er  den  Willen  der  über  die  Gewalt  verfügenden  staatlichen  Fak- 
toren, des  Fürsten,  des  Volkes  oder  beider  zum  Ausdruck  bringt, 
in  welchem  Falle  er  die  Bedeutung  eines  Gesetzes  hat.  Die  euro- 
päische Theorie  findet  bekanntlich  zwischen  Recht  und  Gesetz 
wesentliche  Unterschiede,  da  als  Gesetz  in  den  europäischen  Staaten 
das  zu  betrachten  ist,    was   der  zur  Gesetzgebung  berufene  Faktor 

Staates  als  Gesetz  erklärt. 

Der  Islam    teilt    diese  Ansicht  nicht,    denn    nach    seiner  Auf- 


Krcsmärik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc.       75 

fassung  wäre  dazu  -wieder  ein  besonderes  Gesetz  notwendig ,  dass 
die  durch  die  Gesetzgebung  als  Gesetz  deklarierten  Vorschriften 
thatsächlich  als  Gesetz  betrachtet  werden.  Wem  steht  aber  das 
Recht  zu,  ein  solches  Grundgesetz  zu  schaffen?  Solange  aber  ein 
solches  nicht  besteht,  kann  das  Gesetz  nur  ein  Ausfluss  der  Ge- 
walt sein  und  als  solches  ist  es  nichts  anderes,  als  der  dem  Kräfte- 
gleichgewicht einzelner  oder  mehrerer  Machtfaktoren  entspringende 
menschliche  Wille.  Natürlich  hat  diese  Art  der  Ableitung  nicht 
unbedingt  auf  die  Güte  der  Gesetze  eine  destruktive  Wirkung. 

Die  Lehren  der  christlichen  Religion  selbst  nähern  sich  in 
dieser  Hinsicht  dem  Islam,  denn  nach  dem  Christentum  stammt 
die  Gewalt  von  Gott  und  so  ist  auch  die  dem  Christentum  ent- 
sprechende Ausübung  der  Gewalt  eine  göttliche  Sache.  Nur  dass 
dieses  Princip  keine  so  unbedingte  und  umfassende  Geltung  in  den 
europäischen  Staaten  sucht  und  findet,  wie  die  Theorie  des  Islams 
in  den  mohammedanischen  Staaten,  wenn  auch  in  den  letzterwähnten 
von  einer  geistigen  oder  vielmehr  politischen  Tendenz,  die  bei  uns 
als  klerikal  bezeichnet  zu  werden  pflegt,  nie  die  Rede  war  und 
auch  nie  sein  konnte. 

Der  Islam  lehrt,  dass  die  Rechte  und  Pflichten  des  Menschen 
von  Gott  festgestellt  werden  und  dass  jeder  Rechtssatz  dadurch 
und  nur  insoweit  bindende  Kraft  hat,  als  dessen  Zusammenhang 
mit  der  göttlichen  Offenbarung  nachgewiesen  ist.  Nach  der  mo- 
hammedanischen Rechtstheorie  hat  der  Fürst  oder  das  Volk  bei 
der  Bildung  des  Rechtes  nicht  jene  Rolle ,  welche  diesen  beiden 
bei  uns  zukommt.  Denn  wenn  das  Gesetz  den  Willen  Gottes,  das 
Recht  aber  die  Kenntnis  der  göttlichen  Gesetze  bedeutet,  so  ist  es 
klar,  dass  das  Zustandekommen  des  Recktssystenis  unabhängig  von 
den  Machtfaktoren  erfolgen  muss,  und  wenn'  auch  diese  bestrebt 
waren,  diese  Thätigkeit  der  Wissenschaft  zu  leiten,  so  konnten  sie 
es  nur  mit  Inanspruchnahme  derselben  Methode  thun  l). 

Da  Gott  seinen  Willen  dem  Propheten  geoffenbart,  so  führen 
zur  Erkenntnis  des  göttlichen  Willens  der  Koran  und  die  Tradi- 
tionen des  Propheten.  Im  Falle  diese  ungenügend  sind,  schliessen 
sich  ihnen  als  Hilfsmittel  die  übereinstimmende  Auffassung  (igmäe) 
der  berufenen  Nachfolger  und  die  Rechtsanalogie  (Jrijäs)  an.  Der 
mohammedanische  Jurist  muss  daher  in  allen  diesen  Wissenschaften 
bewandert  sein. 

Das  europäische  grosse  Publikum  befindet  sich  in  dem  Irrtume, 
dass    die    gesamte    Rechtswissenschaft    der    Mohammedaner    in    dem 


1)  Edouard  Lambert  bemerkt  richtig:  Ä  l'epoque,  oü  se  soiit  fixes 
les  traits  essentiels  de  la  loi  musulmane,  les  khalifes  ne  puisaient  point,  dans 
leur  qualite  de  souverains,  le  pouvoir  de  corriger  lo  droit  traditionnel.  Si  les 
Premiers  khalifes  ont  collabore  ;i  la  construction  du  Systeme  juridique  religieux, 
dn  jujli,  c'est  seulement  en  qualite  de  savants,  dcpositaires  de  la  pensee  du 
prophete.  La  fonctiou  du  droit  civil  comparc  I.  Paris  1903,  pag.  28:") 
Anm.   1. 


rti       Krcsm&rik,  Be/'tr.  ~.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc. 

Koran  und  in  den  Traditionen  erschöpft  sei,  während  doch  das 
mohammedanische  Becht  ein  durch  viele  Jahrhunderte  ausgearbeitetes 

tiges  Rechtssystem  ist,  welches  auch  als  Wissenschaft  zu  den 
merkwürdigsten  Produkten  des  menschlichen  Geistes  gehört.  Wer 
den  Koran  und  die  Traditionen  liest,  wird  in  diesen  eben  das,  was 
nach  unserer  Ansicht  präcisen  Gesetzen  ähnlich  ist,  selten  finden 
und  er  wird  oft  —  ohne  es  wahrzunehmen  —  an  einem  Ausdruck 
vorübergehen,  welcher  bei  der  systematischen  Ausarbeitung  der 
entsprechenden  Zweige  des  Rechtes  als  Grundlage  gedient  hat.  So 
z.  B.  hat  die  Enunciation  im  Koran :  „  Gott  gestattet  den  Kauf  und 
den  Verkauf,  verbietet  aber  den  Wucher"  die  auf  die  Regelung 
der  Darlehensgeschäfte  und  der  Überzahlung  bezüglichen  Theorien 
ins  Leben  gerufen.  Aus  dem  Satze  des  Propheten  aber:  „Wer 
gegen  den  Moslim  den  Säbel  zieht,  dessen  Blut  ist  frei",  entspringen 
die  Vorschriften  der  berechtigten  Eigenwehr. 

Diese  eigentümliche  Art  der  Rechtsentwicklung  macht  uns  auf 
zwei  Hauptzüge  des  mohammedanischen  Rechts  aufmerksam ,  von 
welchen  der  eine  mit  dem  andern  in  Widerspruch  zu  sein  scheint. 

Der  eine  Hauptcharakterzug  des  mohammedanischen  Rechtes 
ist  nach  dem  Gesagten  die  Stabilität  und  die  Unveränderlichkeit. 
Da  von  Geboten  und  Verboten  Gottes  die  Rede  ist,  versteht  es 
sich  von  selbst,  dass  die  Menschen  diese  nicht  ändern  können  und 
dass  die  Offenbarungen  ewige  Geltung  besitzen.  Von  diesem  Gesichts- 
punkte aus  ist  heute  das  mohammedanische  Recht  dasselbe,  welches 
es  zur  Zeit  der  arabischen  Chalifen  oder  in  Ungarn  zur  Zeit  der 
türkischen  Herrschaft  war. 

Da  jedoch  die  angenommenen  Rechtsquellen  nicht  ein  einheit- 
liches Rechtssystem  bilden ,  sondern  nur  stellenweise  irgend  einen 
allgemeinen  Rechtssatz  oder  eine  Entscheidung  in  konkreten  Fällen, 
Enunciationen,  Vorschriften  oder  Direktiven  ohne  wissenschaftlichen 
Zusammenhang  enthalten,  welche  wieder  sehr  oft  im  Ganzen  oder 
zum  Teil  einander  widersprechen,  oder  mindestens  mit  einander  in 
Widerspruch  zu  stehen  scheinen,  so  bedarf  es  der  Mitwirkung  des 
menschlichen  Verstandes ,  damit  die  Gesetze ,  welche  aus  diesen 
Rechtsquellen  gewonnen  werden  können  und  zu  gewinnen  sind, 
mit  einander  vereinbart  und  zu  Vorschriften  ausgearbeitet  werden 
können,  die  im  praktischen  Leben  verwertbar  sind.  Die  Mitwirkung 
des  menschlichen  Verstandes  ist  jedoch  gleichbedeutend  mit  der 
grössten  Verschiedenheit  sowohl  in  den  angewendeten  Methoden, 
wie  in  den  erzielten  Resultaten.  Hieraus  entspringt  jener  andere 
Hauptcharakterzug  des  mohammedanischen  Rechtes,  dass  die  aus 
den  Rechtsquellen  abgeleiteten  Vorschriften  nach  der  Verschieden- 
heit der  Rechtsschulen  von  einander  ausserordentlich  abweichen. 
Was  nach  der  einen  Schule  richtig  ist,  das  kann  nach  der  andern 
Schule  unrichtig  sein.  So  ist  z.  Z.  zum  Kauf  und  Verkauf  das 
Angebot  des  Verkäufers  und  die  Annahme  des  Angebotes  von 
Seiten  des  Käufers  notwendig.      Was   aber   als    bindendes  Angebot 


Krcsmärik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islajnit.  Strafrechts,  etc.        77 

oder  als  bindende  Annahme  anzusehen,  darüber  gehen  die  Ansichten 
auseinander. 

Aber  auch  innerhalb  der  einzelnen  Schulen  sind  die  Ab- 
weichungen zwischen  den  zur  Schule  gehörenden  leitenden  Männern 
sehr  gross.  Das  türkische  Reich  gehört  zum  überwiegenden  Teile 
zur  Schule  des  Abu  Hanifa.  Nur  dass  die  Schüler  dieses  Rechts  - 
gelehrten,  wie  Abu  Jüsuf,  Mohammed  u.  s.  w. ,  weder  mit  ihrem 
Meister  noch  mit  einander  in  allem  übereinstimmten  und  in  ihren 
Forschungen  und  Entscheidungen  oft  entgegengesetzten  Anschau- 
ungen huldigten. 

Vom  moralischen  Gesichtspunkt  fühlt  der  Rechtgläubige  die 
Wirkung  dieser  Rechtsunsicherheit  nicht,  denn  wenn  seine  Kennt- 
nisse nicht  genügen,  um  ihm  in  der  gegebenen  Lage  einen  sicheren 
Standpunkt  zu  gewähren,  kann  er  sich  an  eine  anerkannte  Autorität 
wenden ,  zu  der  er  als  zu  einem  gottesfürchtigen  und  gelehrten 
Juristen  Vertrauen  hat  und  in  dessen  Antwort  das  zweifelnde  Ge- 
wissen Beruhigung  findet.  Diesem  Vorgang  verdanken  zahlreiche 
Rechtsbücher  ihr  Entstehen ,  welche  im  Osten  unter  dem  Namen 
Fetwä-Sammlungen  bekannt  sind. 

Im  praktischen  Leben  ist  die  rechtliche  Ungewissheit  ent- 
schieden von  schädlicher  Wirkung,  wenn  auch  infolge  zahlreicher 
Korrektiven  die  Gerichtspraxis  viel  einheitlicher  ist ,  als  man  im 
ersten  Moment  denken  würde.  In  einzelnen  mohammedanischen 
Staaten  wurden  Versuche  gemacht,  aus  dem  vorhandenen  Material 
ein  einheitliches  Gesetzbuch  zu  schaffen,  welches  sämtliche  auf  der 
göttlichen  Offenbarung  beruhende  Vorschriften  enthalten  soll.  Der 
letzte  derartige  Versuch  erfolgte  im  ottomanischen  Reiche ,  wo 
während  der  Reformperiode  unter  'Abdul'aziz  eine  zu  diesem  Zwecke 
gebildete  Kommission  einen  Teil  des  Rechtsmaterials  in  moderner 
Form  codificierte.  Dieses  Gesetzbuch  (mei/elle),  dessen  Anwendung 
für  die  Gerichte  obligatorisch  ist x) ,  enthält  beiläufig  das ,  was  wir 
Privatrecht  nennen.  Das  Familien-  und  Erbrecht  ist  jedoch  darin 
nicht  enthalten,  wie  auch  die r  rituellen,  staatsrechtlichen  und  straf- 
rechtlichen Vorschriften  des  Sari'atrechtes  darin  fehlen. 

Es  ist  offenkundig,  dass  der  Islam  unter  der  Einwirkung  der 
europäischen  Ideen  auf  dem  Gebiete  des  öffentlichen  Lebens  in 
vielen  mohammedanischen  Staaten  weichen  musste.  Wenn  auch 
das  mohammedanische  Recht  am  wenigsten  geeignet  ist,  die  euro- 
päischen Ideen  aufzunehmen,  so  zeigen  sich  dennoch  auch  auf 
diesem  Gebiete  verschiedene  Spuren  europäischen  Einfiusses.  Am 
meisten  ist  dies  infolge  ihrer  exponierten  Lage  in  der  Türkei  be- 
merkbar. 

Der  Zweck  der  vorliegenden  Studie  ist  die  Schilderung  des 
türkischen  Rechtslebens  in   seinen  Hauptzügen    und    damit    im   Zu- 


1)    Die    Einleitung   und    das    erste    Buch    (Kitäb  ulbujä')    der  türkischen 
Mi      lle  ist  im  Jahre   1285   AH.   (1868  a.  1).)   erschienen. 


78        Krcsmdrik,  Beitr,  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc. 

sammenhang  die  Darstellung  der  riesigen  Schwierigkeiten,  mit 
denen  die  Staatsmänner  des  osmanischen  Reiches  kämpfen  müssen, 
indem  sie  einerseits  den  Anforderungen  des  Islams  entsprechen 
wollen,  anderseits  aber  es  versuchen,  die  durch  die  europäischen 
Mächte  irr/gierten  Reformen  zu  verwirklichen. 

Ich  werde,  mich  hier  speciell  mit  dem  Straf  recht  befassen, 
denn  da  ist  der  Unterschied  zwischen  der  europäischen  und  der 
n indianischen  Auffassung  viel  auffälliger. 

In  der  Türkei   kennt  man  derzeit  zweierlei  Strafrechte,    näm- 

das  auf  religiösen  Grundlagen  benihende  mohammedanische 
Sari'at- Strafrecht  und  das  weltliche  Civilstrafrecht.  Wenn  wir  in 
die  Ausübung  der  türkischen  Strafgewalt  einen  Einblick  thun 
wollen,  so  r  müssen  wir  beide  Strafrechte  ins  Auge  fassen. 

!>a^  Sarl'atstrafrecht  ist  ein  Teil  des  Sarl'atrechtssystems  — 
welches  ursprünglich  die  bei  uns  übliche  Einteilung  in  Privatrecht, 
Staatsrecht  und  Strafrecht  nicht  kennt l) ,  —  und  als  solches  ist 
es,  da  es  auf  der  göttlichen  Offenbarung  beruht,  unabänderlich. 
Abgesehen  von  seiner  natürlichen  Entwicklung  ist  das  Sari'atstraf- 
in  seinen  Grundprincipien  noch  heute  dasselbe,  wie  vor  Jahr- 
hunderten. Seine  Kenntnis  ist  nicht  nur  für  den  Juristen,  sondern 
auch  für  den  Geschichtsschreiber  und  den  Politiker  ausserordentlich 
wichtig,  denn  als  Wissenschaft  eröffnet  es  uns  ein  sehr  beachtens- 
wertes Resultat  des  menschlichen  Denkens,  und  als  Komplex  solcher 
einschneidender  Vorschriften ,  an  welchen  ein  grosser  Teil  der 
Menschheit  aus  Überzeugung  mit  Herz  und  Seele  Jahrhunderte  hin- 
durch festgehalten  hat  und  auch  heute  festhält,  wirft  es  auf  viele 
Dinge  ein  Licht,  welche  bei  oberflächlicher  Beobachtung  der  histo- 
rischen Ereignisse  sonst  unerklärbar  erscheinen  würden. 

Die  Civilstrafgesetze  enthalten  die  Strafbestimmungen  der  je- 
weiligen Staatsgewalt  und  können,  ebenso  wie  sie  erbracht  wurden, 
anch  wann  immer  abgeändert  werden. 


1)  Der  moderne  türkische  Rechtsgelehrte  "Ali  Hajder  bemerkt    in  seinem 
Kommentar  zum  türkischen  bürgerlichen  Gesetzbuche  (Megelle) 


Ali    Hajder:     Durar    ulhukkäm,    Sarhu     megelleti     'lahlcäm     (türkisch), 
Konstantinopel   1312   (AH.),  I.  Bd.  pag.  22.' 

Bezüglich    des  Ausdruckes   mu'ämelät   giebt  derselbe  Autor  folgende  Er- 
klärung:   (_£-ol   *Tij-^  iS*"*1?'  ^J^k'LxA)   ..$•}    »AajLj   ^JIcLä/i  O^el*.* 

b.f-jS  oojlcj  »jL>l  jtAJ._j.AJ»!     ;^.b!  ».JLxi  ,.pj$i  J-^Ls»  «Aä-Uj 

,Jj|    3"°-^    'sAÄÄ.o     .axä^v./:    a.  a.  O.  pag:   27. 


Krcsmärik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc.       79 

Das  gegenwärtig  geltende  türkische  Civilstrafgesetz  ist  neueren 
Datums;  vom  wissenschaftlichen  Gesichtspunkt  hat  es  jedoch  einen 
sehr  geringen  Wert  und  kann  höchstens  in  kulturhistorischer  Be- 
ziehung einiges  Interesse  bieten. 

Ich  bemerke ,  dass  mit  Rücksicht  auf  seinen  Ursprang  das 
Militärstrafgesetz  unter  denselben  Gesichtspunkt  fällt,  wie  das  Civil- 
strafgesetzbuch  und  so  stehen  denn  diese  zwei  Gesetzbücher  dem 
Sari'atstrafrechte ,  wenn  sie  auch  mit  diesem  nicht  in  unbedingtem 
Gegensatz  sind,  doch  jedenfalls  gegenüber. 

Das  Sari'atstrafrecht  wurde  in  der  Türkei  durch  das  Insleben- 
treten  des  bürgerlichen  Strafgesetzbuches  nicht  ausser  Kraft  gesetzt. 
Seine  Ausserkraftsetzung  ist  überhaupt  nicht  möglich1),  denn  dazu 
hat  niemand  das  Recht.  Aber  seine  Anwendung  bewegt  sich  inner- 
halb enger  Grenzen,  denn  die  Sari'atgerichte  sind  nur  in  gewissen 
bestimmten  Strafangelegenheiten  zu  urteilen  berufen  ,  während  die 
bürgerlichen  Gerichte  bei  der  Beurteilung  der  vor  sie  gewiesenen 
strafbaren  Handlungen  nach  den  Bestimmungen  des  civilen  Straf- 
gesetzes vorgehen  müssen2). 

Wir  nehmen  daher  in  der  Türkei  die  Anomalie  wahr,  dass  es 
zweierlei  Strafrechte  hat  und  dass  über  die  strafbaren  Handlungen 
verschiedene ,  einander  nebengeordnete,  Gerichte  vorgehen.  Wie 
diese  zweierlei  Rechtspraxis  bei  der  Judikatur  mit  einander  ver- 
einbart werden  kann,  darauf  werde  ich  später,  wenn  wir  die  zwei 
Strafgesetze  schon  besser  kennen  gelernt  haben,  zurückkommen. 

Für  jetzt  beschränke  ich  mich  nur  auf  die  Andeutung  dessen, 
dass  in  der  türkischen  Justizpolitik  derzeit  zwei  Richtungen  herr- 
schen und  noch  sehr  lange  herrschen  werden.  Die  eine  ist  die- 
jenige ,  welche  die  strengere  Anpassung  an  das  göttliche  Gesetz. 
das  ist  an  das  Sari'atrecht  verkündet,  die  zweite  aber  diejenige, 
welche  die  ausdrücklichere  Geltendmachung  der  modernen  euro- 
päischen Rechtsprincipien  in  der  Legislative  verlangt.  Im  türkischen 
Rechtssystem  finden  wir  Spuren  beider  Richtungen  und  zwar  — 
da  es  sich  in  der  Regel  um  die  Konkordanz  entgegengesetzter 
Principien  handelt  —  nicht  immer  zum  grossen  Vorteil  der  ein- 
heitlichen Rechtstheorie  und  Judikatur.  Das  Resultat  der  erst- 
erwähnten   Bestrebungen    ist    der    türkische    Privatcodex    (Megelle), 

1)  Vgl.  die  Bestimmungen  des  §   1801   der  türkischen  Meyelle. 

2)  Oyü=^-  r,^yuÄij_ii  r,j_j..*£  Ja=>  ^LäJ»!  ^^L'i  sJxii^b' 
^I^jia^  ^Uj  ^L>  o.jy-*5  bS  ^ilS  Olyo  C,^S»I  ij^>y^.^  sAsi.P.~ 
Lr,j_»!     v-Ä-Jj-w     fr*"     u*^tXJ^SI      fJ>>*©    (j"L"l    Jjyi     .(Xwjjolij     1jOj& 

.i^  *jj*  jJJ   i3_JiJ«    uJü   JoLs  «JU    xj.£j  oL.Uj     •  ,aJ.I    ,  -ä*.* 

i      ■  ••  .3       ~,  j  s    _j-  v  •  ••  y  .  ^yj     3       Ijr    • 

3.Ä5     ,0     \S    y^>    o.  s.  w.     Aus    der  Vorrede    zum    türkischen  Strafgesetz    von 
J67  AH.     Ahmed  Lurfi:    Mvrati  'adalet,  Konstantinopel   1306,    pag.   151. 


SO       Krcsmdrik,  Beitr,  :.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc. 

ein  vorzügliches  Werk,  während  das  Resultat  der  letzterwähnten 
Richtung  das  bürgerliche  Strafgesetzbuch  ist. 

In  türkischen  Juristenkreisen  macht  sich  eine  starke  Strömung 
wahrnehmbar,  deren  Zweck  die  Umarbeitung  des  Strafrechtes,  ebenso 
wie  das  beim  Privatrechte  der  Fall  war,  auf  Grund  des  Sarl'at- 
rechtes  ist,  was  jedoch  nicht  eine  vollkommene  Beseitigung  der 
Errungenschaft  der  europäischen  Wissenschaft  auf  diesem  Gebiete 
bedeuten   will. 

Ein  Mitglied  der  türkischen  Kodifikationskommission,  der  so- 
genannten  Megellekommission,  der  —  wie  man  berichtet  —  jedoch 
bereits  verstorbene  'Omer  Hilml  Efendi,  versuchte  es,  das  Material 
des  Sari'atstrafrechtes,  so  wie  dieses  im  ottomanischen  Reiche  Geltung 
hat,  wenn  ich  mich  so  ausdrücken  darf,  in  Form  eines  Gesetz- 
entwurfes zusammenzufassen.  Sein  Buch,  welches  nach  moslemitischer 
Zeitrechnung  im  Jahre  1301  (1883  a.  D.)  unter  dem  Titel  Mi'järi 
"adälet  in  Konstantinopel  erschien ,  ist  ein  sehr  interessantes  und 
lehrreiches  Werk  und  wird  als  ein  in  reformatorischem  Geiste  ge- 
schriebenes richtunggebendes  Werk  sehr  geschätzt. 

Im  Laufe  meiner  Studie  werde  ich  mich  wiederholt  auf  dieses 
vorzügliche  Buch  berufen,  das  man  in  der  Türkei  bei  der  Reform 
des  Strafrechtes  offenbar  zum  Ausgangspunkt  nehmen  wird.  Es  ist 
bedauerlich,  dass  das  Werk  nicht  vollständig  ist  und  nur  die  gegen 
das  menschliche  Leben  und  die  körperliche  Unversehrtheit  ge- 
richteten strafbaren  Handlungen  behandelt.  Aber  auch  so  bietet 
es  schätzbare  Aufklärungen  darüber,  wie  bisher  im  ottomanischen 
Reiche  das  Sarl'atstrafrecht  angewendet  wurde  und  wie  man  bei- 
läufig die  Anwendung  dieser  Vorschriften  in  der  Zukunft  ins 
Ausje  fasst. 


IL 

Bevor  ich  mich  auf  die  Behandlung  der  einzelnen  strafbaren 
Händlungen  einlasse,  erachte  ich  es  für  notwendig,  jene  allgemeinen 
Begriffe  kurz  zu  erörtern,  ohne  deren  vorherige  Kenntnis  die  de- 
taillierteren Verfügungen  des  Sari'atstrafrechtes  dunkel  bleiben 
könnten.  Einige  dieser  notwendigen  Vorkenntnisse ,  insbesondere 
aber  die,  streng  genommen,  theologischen,  sind  genügend  bekannt 
und  wurden  bereits  eingehend  genug  bearbeitet.  Doch  halte  ich 
es  für  zweckmässig,  sie  mindestens  summarisch  zu  erwähnen,  ins- 
besondere mit  Rücksicht  auf  jene  nichtorientalischen  Juristen, 
welche  ihr  Interesse  für  diesen  Zweig  des  türkischen  Rechtslebens 
vielleicht  zur  Lektüre   der  vorliegenden  Studie  veranlassen   könnte. 

Der  Islam  verlangt  von  seinen  Anhängern,  dass  sie  die  durch 
ihn  verkündeten  Lehren  glauben  und  nach  ihnen  handeln  sollen. 
Dementsprechend  sind  der  Glaube  {iHücdd)  und  die  Praxis  oder 
der  Ritus  (lamal)  zu  unterscheiden. 

Ihrem  Glauben  oder  ihrem  Ritus  nach  können  die  Mohammedaner 


Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc.       81 

verschiedenen  Konfessionen  oder  Schulen  angehören.  Die  Türken 
behaupten  von  sich,  dass  sie  —  hinsichtlich  ihres  Glaubens  — 
Anhänger  jener  Konfessionen  seien,  welche  den  Kamen  der  —  im 
weiteren  Sinne  genommenen  —  Tradition  und  der  Gesellschaft  des 
Propheten  trägt  (ehli  sunnet  welgemä'at),  d.  h.  sie  behaupten,  dass 
sie  jenem  Glauben  angehören,  in  welchem  die  Gefährten  und  die 
Angehörigen  des  Propheten  lebten 1).  Was  aber  den  Ritus  betrifft, 
so  gehören  sie  zu  der  nach  Abu  Hanifa  benannten  Schule.  Dies 
bedeutet,  dass  sie  in  ihrem  Gottesdienste  {'ibädet)  und  bei  ihren 
Handlungen  ihn  als  ihr  Oberhaupt  d.  i.  ihren  Imäm  betrachten, 
dass  sie  jene  Lehrsätze,  welche  er  nach  seiner  eigenen  Interpretation 
aus  dem  Koran  und  den  heiligen  Traditionen  (hadif)  abgeleitet  hat, 
als  richtig  annehmen  und  bei  ihren  Handlungen  seinem  Worte  ge- 
mäss vorgehen*2). 

Wir  wissen,  dass  nach  mohammedanischer  Auffassung  der  Be- 
griff  der  Religion  einen  viel  ausgedehnteren  Inhalt  hat,  als  bei 
dem  Christentum.  Die  Mohammedaner  lehren ,  dass  die  Religion 
oder,  besser  gesagt,  das  Glaubensbekenntnis  (tmäri),  welches  darin 
besteht,  dass  der  Mensch  durch  sein  Herz  bekräftige  und  durch 
seine  Zunge  äussere,  dass  all  das,  was  Gott  zu  dem  Propheten  ge- 
langen liess,  die  reine  Wahrheit  ist,  —  vollkommen  gleichbedeutend 
mit  dem  Islam  sei.  Glaubensbekenntnis  oder  Islam  ist  daher  genau 
dasselbe.  Hingegen  konkludieren  sie  dahin,  dass  die  Religion  (din) 
und  die  Nation  (millet)  im  Wesen  ein  und  denselben  Begriff  be- 
deuten3). Denn  die  Religion  ist  die  Verfügung  Gottes,  welche 
durch  den  Propheten  der  Menschheit  geoffenbart  wurde ,  und  an 
welche   der  Mensch  glauben   muss;    das  Gesetz  (sar/'at)  aber  ist 


<J-  •'      _J  ••         ^  Jy^  \ß  ■  3     {_$•  j     -J- 

,A£*j.J    »*.J8.:_j!    oläXci    i3j$    ,C.S=0.     Mahmud  Mes'üd:   ZJsuli  'akäidi 
islämijjeden  '/'Im/  häli  leb/r,  Konstantinopel   1312,  pag.  11. 

,Läa£>    V-J._j^b'     ...OJuJ»     >c>.Jl\S>     xLI     a.J.^3    ,.JÄi      i»^X.JAjI     »Ul 
,vAx^.j  J»  ;      Mahmud  Mes'üd   a.  a.  O. 


1*    üs 


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jJjjO   c>wLo»    >-*jO    näj.x!    vjXÄaJ.xj.     Mahmud  Mes'üd  a.  a.  0.  pag.  L2. 
Bd.  LVIII.  C 


32       Krcsmärik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc. 

ebenfalls  eine  Verfügung  Gottes,  welche  ebenso  durch  den  Pro- 
pheten der  Menschheit  mitgeteilt  wurde  und  nach  welcher  der 
Mensch  handeln  muss.  Das  göttliche  Gebot  erscheint  daher  dem 
Mn-lini  kraft  seiner  Gehorsam  fordernden  Kraft  als  Religion,  kraft 
der  in  ihm  liegenden  zusammenhaltenden  und  vereinigenden  Kraft 
als  ein  nationalisierender  Faktor,  daher  füglich  als  Nation. 

In  diesem  Grundprincip  des  Islams,  welches  für  den  ersten 
Moment  nur  einen  theoretischen  Wert  zu  haben  scheint,  muss  die 
Erklärung  für  die  eigentümliche  Art  und  Weise  gesucht  werden, 
nach  welcher  die  mohammedanischen  Staaten  die  staatsrechtliche 
Stellung  der  Nationalitäten  anderer  Religion  geregelt  haben  und 
deren  Ausfluss  für  die  nichtmohammedanischen  türkischen  Unter- 
thanen  und  für  die  Ausländer  die  auch  heute  bestehenden  und  mit 
einem  weiten  Wirkungskreise  —  unter  andern  mit  der  Jui'isdiktion 
in  verschiedenen  Civil-  und  Strafangelegenheiten  —  bekleideten 
kirchlichen  Gerichtshöfe  (patrikhäne)  und  die  Konsulargerichte 
bilden.  Diese  Sondergerichte  verdanken  daher  ihr  Bestehen  nicht 
so  sehr  den  regnicolaren  Vereinbarungen  und  den  internationalen 
Verträgen,  als  vielmehr  der  ihr  Zustandekommen  erleichternden 
Theorie .  dass  jede  Nation ,  welche  der  Wohlthat  der  göttlichen 
Offenbarung  teilhaftig  geworden,  von  Gott  abgeleitete  Gesetze  haben 
muss,  und  dass  die  Erkenntnis,  die  Entwicklung  und  Anwendung 
dieser  Gesetze  den  zuständigen  Behörden  der  einzelnen  Nationen 
anvertraut  werden  müsse. 

Aus  der  Geschichte  wissen  wir,  dass  die  Beobachtung  dieser 
Theorie  die  mohammedanischen  Nationen  daran  gehindert  hat,  einen 
im  europäischen  Sinne  einheitlichen  Staat  zu  bilden  und  zu  vielen 
Zusammenstössen  zwischen  der  muselmanischen  Staatsgewalt  einer- 
seits, den  einzelnen  Völkern  und  ausländischen  Staaten  aber  anderer- 
seits  Anlass  gegeben  hat,  was  um  so  weniger  zu  verwundern  ist. 
als  der  Islam  Lehrsätze  enthält,  die  von  allgemeiner  Geltung  sind, 
die  er  also  auch  für  die  Nichtmohammedaner  für  bindend  hält  und 
deren  Einhaltung  er  von  jedem ,  der  auf  muselmanischem  Gebiete 
lebt,  fordert,  ohne  Rücksicht  auf  die  besonderen  Vorschriften  der 
Religion  des  Betreffenden. 

Nach  der  Lehre  des  Islams  besteht  das  Leben  des  Menschen 
aus  einer  Reihe  von  Pflichten.  Das  Gute  thun  und  das  Böse 
meiden  muss  jedermann,  der  die  nötigen  physischen  und  geistigen 
Eigenschaften  besitzt,  d.  i.  volljährig  und  gesunden  Verstandes  ist 
{mukallaf).  Was  gut  und  was  böse  ist,  das  zu  beurteilen  ist  nicht 
der  menschliche  Verstand  berufen.  Gott  allein  kommt  das  Recht 
zu,  den  Menschen  darüber  zu  belehren,  was  gut  und  was  böse  ist. 
Demgemäss  ist  gut  das,  was  Gott  als  gut,  böse  aber,  was  Gott  als 
böse  bezeichnet  hat1).     Kraft    des   heiligen  Satzes:    „Was   die  All- 


1)    Über    die  Beziehungen    des  Guten    und  Bösen    zu    den    göttlichen   Ge- 
boten   und    zur    menschlichen  Vernunft    herrseht    unter  den  mohammedanischen 


Krcsmärik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc.       83 

gemeinheit  der  Moslims  als  gut  betrachtet,  das  ist  gut1,1)  kann 
auch  die  Gesellschaft  dafür  Stellung  nehmen,  dass  etwas  gut  oder 
böse  ist,  doch  kann  dieser  Standpunkt  natürlich  sich  nicht  zur 
göttlichen  Quelle  in   Gegensatz  stellen. 

Die  Religionsphilosophen  teilen  die  menschlichen  Handlungen 
nach  ihrem  Werte  vom  Gesichtspunkte  des  Guten  und  des  Bösen 
in  mehrere  Hauptgruppen-)  ein.  Als  allgemein  angenommen  kann 
folgende  Einteilung  bezeichnet  werden0): 

1.  Es  giebt  Handlungen ,  bezüglich  welcher  zweifellose  Be- 
weise (daltl)  bestehen,  dass  Gott  sie  angeordnet  hat  (fard).    Solche 


Theologen  bekanntlich  eine  grosse  Meinungsverschiedenheit,  welche  zu  erörtern 
(und  auf  die  verschiedenen  Einteilungen  des  Guten  und  Bösen  einzugehen) 
diesmal  überflüssig  wäre. 


UäS  J4  Ay»  ^\  (LÜÜM  a~^]j  gljj-31   ^i)   Li  Axt  (j'-ä^Ü.) 

*JUi  yS>    &jäS\s    q-^Lj    ^LÜ^    ^.Aj    ^    »\    ^^.=>    JJüJl    tä^Jo 

:»*L*°s  Jj  (jftw  <J  ^|s)  *j^  ****  ffe  d  oc  s;^  J^  ^^ 

./s^i!   &Jlc  A,Aj  ^SJuX.^  ■••a^Ü     .,  >£*h     ~xj\*    -*^lb  fc^sS,  *.ä^> 


Aic 


JLScj    s-cU^i    Jwic      -c-£    *3^5   ^y-JL    0Uä 


^ — ^    _ ,,    w ^ 


iöjtj      ^ää^!    J«^}-^ .     Manäti'  uldakäik,  pag.  159. 

i)  ^^.s>  aili  lXäc  j.^.s  li**j>  oJ^^'  8'j  l'*A  (had'i)- 

2)  Nach  Ansicht  mancher  Rechtsgelehrten  giebt  es  nur  vier  Haupt- 
Gruppen,  nämlich  fard,  wagib,  sunnet  und  nafl  (beiläufig  =  mustahabb). 
indem  das  Jiaräm  im  fard,  das  mahrüh  im  sunnet  und  das  mubäh  im  ?«?/£ 
enthalten  ist. 

«Sy  ^  &LwJi  c^^-'  Jwi>tv>i  ».^XU  Lojj  ,c*-^  J>*^  oo'li  *jTjJ 
JäÜI  j.  J.~>b  J-kI\3  iU~  »jjXXI.  Manäfl'  uldakäik,  pag.  259.  Vgl. 
I.  Goldziher,  Die  Zähiriten,  Leipzig   1884,  pag.  60. 

3)  Diese  Einteilung  ist  einseitig  und  bezieht  sich  nur  darauf,  ob  eine 
Handlung  gestattet  oder  verboten  ist ,  welche  Unterscheidung  eben  für  das 
.Strafrecht  notwendig  ist. 

Nach    der   von   der   göttlichen  Disposition   (aJikäm)    und    von    den  Hand- 


^4       Krcsmdrik,  Beitr,  -..  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc. 

sind  das  Gebot  zu  fasten,  für  den  vermögenden  Menschen  die 
Pilgerfahrl  und  die  Vermögenssteuer.  Wer  an  die  bindende  Kraft 
dieser  Handlungen  nicht  glaubt,  wird  zum  Gottesleugner,  und  wer 
sie  nicht   befolgt,  unterliegt  einer  Strafe  im  Jenseits. 

hingen  der  Menschen  {af'äl)  handelnden  mohammedanischen  Theorie  fügt  sich 
die  im   Texte  erwähnte  Einteilung  in  folgender  Weise  in  das  volle  System   ein: 

Bei  den  göttlichen  Dispositionen  können  wir  viererlei  Elemente  unter- 
scheiden: 1.  die  disponierende  Gewalt  (häkim);  2.  die  Disposition  selbst  (hukm); 
:\.  die  Handlung,  auf  welche  sieh  das  göttliche  Wort  bezieht  (muhküm  bih) 
und  4.  das  Subjekt  der  Kochte  und  Pflichten  (mukallaf),  an  welches  das  Wort 
Gottes  gerichtet  ist  (mahküm  'alejh). 

Unter  der  disponierenden   Gewalt  ist   Gott  selbst  zu  verstehen. 

q**J>  *&y$- j£  (C--*^  ^  ^"'^  rr-M  f*-^58"  *^)  HZjä  pL£=>l 

,jU^J>.      Ahmed    Hamdi:    Türkce   muhtesar   usüli  fikh,    Konstantinopel 

1302   (AH.),  pag.  112. 

Unter  der  Disposition  verstehen  die  mohammedanischen  Juristen  die  auf 
die  menschlichen  Handlungen  bezügliche  Wirkung  des  göttlichen  Wortes,  d.  h. 
das  hukm  ist  nicht  das  göttliche  Wort  selbst,  sondern  dessen  Folge,  die  in 
demselben  liegende  Kraft,  durch  welche  z.  B.  irgend  eine  Handlung  gestattet 
oder  verboten,  irgend  ein  Kechtsgeschäft  perfekt,  vollstreckbar  und  richtig 
wird   u.  s.  w. 

^äbCXi  ^Usb  (jJL*ÄÜ  ^JLü  all!  vjliai.J3I)  r^  ^1  (y>3) 

<.oJ!    J     -va^vÜ    .1  s-LaüäS^Lj.     Manäfi'  pag.  258. 


xU  ^U  vjlfc 


J_j!  /  öLiä*  »jLxc  JLäsI  jL*  &LI  *jC: 


c^.^3»  o^j  *.^L5^  &s>L!5  V^-b  Vt^i  \£iMi&js    ,dß\  ..»^.i 

-^    ^o.J    *Ae.    |»»iij    iSÜÜj    oLfijÜl^      ..bltajj    0L*O$,     'Otmän  ef., 
Tergümei  mirkät,  Konstantinopel   1288,  pag.  6. 

Die  mohammedanischen  Juristen  unterscheiden  zweierlei  „ Dispositionen". 
Die  eine  Art  (taklifi)  ist,  wenn  die  Wirkung  des  göttlichen  Wortes  darin 
liegt,  dass  die  Erfüllung  einer  Handlung  für  den  Menschen  obligatorisch  ge- 
macht (iktidä)  oder  demselben   überlassen   wird  (tachjir). 

Die  andere  kommt  dann  zustande,  wenn  der  ersterwähnten  noch  ein  Zu- 
satz hinzugefügt  wird  (wad't) ,  dass  eine  Sache  mit  einer  andern  in  irgend 
einem  Zusammenhange  steht.  In  die  jetzt  erwähnte  Gruppe  der  Dispositionen 
gehören  1.  das  konstitutive-  Element  (rukri);  2.  und  3.  die  Ursache  Rillet  und 
:    4.  die  Bedingung  (sart)  und  das  Kennzeichen  der  Disposition  ('aläme). 

Bei  dem  hukm  takliß  werden  zwei  Formen  unterschieden,  je  nachdem 
es  die  Folge  (atar)  oder  die  Eigenschaft  (sifat)  der  menschlichen  Hand- 
lungen  ist. 

In  die  erste  Gruppe  gehören  das  Eigentumsrecht  und  die  damit  zusammen- 
hängenden Rechtsverhältnisse.     So  z.  B.   besteht  das  hukm  des  Kaufes  und  des 


Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc.       85 

2.  Handlungen,  welche  Gott  wohl  angeordnet  hat,  bezüglich 
deren  jedoch  hinsichtlich  der  Beweise  bei  den  Gelehrten  Zweifel 
aufgetaucht  sind  (iväcjib),  z.  B.  das  Almosengeben  bei  dem  Ramadän- 
bajräm,  das  Opfern  bei  dem  Kurbänbajräm  genannten  Feste.  Wer 
von  diesen  Handlungen  absieht,  dessen  harrt  eine  Strafe  im  Jenseits. 
Wer  jedoch  nicht  glaubt,  dass  diese  bindend  sind,  wird  dadurch 
nicht  zum  Gottesleugner,  weil  die  bezüglichen  Beweise  zweifel- 
haft sind. 

3.  Handlungen,  welche  auch  der  Prophet  häufig  übte  (sicnnet), 
z.  B.  das  Beten  in  der  Versammlung,  die  Circumcision  der 
Knaben,  u.  s.  w.  Wer  diese  nicht  befolgt,  der  sühnt  wohl  nicht 
im  Jenseits ,  doch  verdient  er  einen  Tadel  und  kann  nicht  auf  das 
Wohlwollen  des  Propheten  rechnen. 

4.  Handlungen,  welche  der  Prophet  manchmal  geübt  hat  oder 
von  welchen  er  den  Leuten ,  die  sie  vollführt  hatten ,  sagte ,  dass 
diese  eine  Belohnung  verdienen  (mustahabb .  nafl ,  mandub) ,  z.  B. 
die  nicht  verbindlichen  Gebete  und  Almosen.  Wer  von  diesen  als 
gefällig  bezeichneten  Handlungen  absieht,  verdient  nach  Ansicht 
Mancher  einen  Tadel. 

5.  Gleichgültige  Handlungen  [mu/xlln.  das  sind  solche,  welche 
keine  Belohnung  verdienen  und  deren  Unterlassen  nicht  als  Sünde 
betrachtet  wird,  wie  z.  B.  das  Sitzen,  Stehen,  Schlafen,  Essen  u.  s.  w. 

6.  Verbotene ,  das  sind  Handlungen ,  welche  Gott  entschieden 
verbietet  (haräm),  wie  das  Weintrinken,  Widersetzlichkeit  der 
Kinder  gegen  die  Eltern ,  Totschlag.  Wer  eine  verbotene  Hand- 
lung begeht,  und  seine  Sünde  nicht  bereut,  unterliegt  einer  Strafe 
im  Jenseits,  und  wer  das  Verbotene  für  gestattet  erklärt,  ist  ein 
Gottesleugner. 

7.  Abstossende  (makrüh),  das  sind  Handlungen,  welch'1  wohl 
begangen  werden  können ,  doch  handelt  der ,  welcher  sie  begeht, 
schlecht,    und   infolgedessen  entgeht  ihm  die  sonst  für  gute  Hand- 


Verkaufes,  d.  h.  das  dadurch  hervorgerufene  Ergebnis  darin,  dass  der  Käufer 
Eigentümer  des  gekauften  Gegenstandes,  der  Verkäufer  aber  der  des  Verkaufs- 
preises wird.  Das  hukm  des  Pächters  ist,  dass  der  Pächter  für  die  Pacht- 
summe berechtigt  wird,  den  gepachteten  Gegentand  zu  benützen.  (Mahmud 
Es'ad:  Telchisi   usüli   tikli,  Smyrna  1302,  pag.  322  u.  f.) 

Untersuchen  wir  die  Handlungen  nach  ihrer  Eigenschaft,  so  tritt  der 
Unterschied  in  den  Vordergrund,  ob  sie  eine  irdische  oder  eine  überirdischo 
Beziehung  haben  (makäßid  dunjavdjje  und  uchrawijje). 

Mit  Eücksicht  auf  ihre  irdische  Beziehung  kann  die  Handlung  eine 
1.  richtige  (mhih);  2.  nichtige  (bätil);  3.  mangelhafte  (/W.svV/, ;  .1.  abgeschlossene 
(mun'akid);  5.  nichtabgeschlossene  ((jajr  mun'akid,  so  ist  ■/..  B.  v\n  mangel 
hafter  Kauf  ein  abgeschlossenes  Geschäft,  aber  kein  richtiges);  G.  vollstreckbare 
iini/iil I;  7.  unvollstreckbare  (<jajr  nüfid);  8.  unauflösbare  (läz/'m);  9.  auflös- 
bare ((jajr  läz/'m)  sein. 

Mit  Rücksicht  auf  ihre  überirdische  Beziehung  ist  die  Einteilung  der 
Handlungen,  wie  sie  im  Text  angeführt  wird:  far'd,   wägib  u.  s.  w. 

Die  bezüglich  des  mahhüm  l>ili  und  mahhüm  (alejh  noch  notwendigen 
Mitteilungen  werden  weiter  unten  folgen. 


gß       Krcsmärik,   Beitr.  .-.-.  Beleuchtung  d.  islamit.  Straf  rechts,  etc. 

Lungen    erwartete    Belohnung,    z.   B.    Beten    zu    ungeeigneter   Zeit, 
Almosengeben  in  der  Moschee,  das  Essen  von  Pferdefleisch  u.  s.  w. 

\\  ,  v  gegen   dicst'  Vorschriften   sich    vergeht,  verdient  einen  Tadel1). 

Das  Sari'atstrafrecht  hefasst  sich  mit  denjenigen  Handlungen, 
welche  zur  Gruppe  der  verbotenen  Handlungen  gehören.  Das  Be- 
gehen der  verbotenen  Handlungen  ist  nämlich  in  gewissen  Fällen 
nicht  nur  mit  einer  Strafe  im  Jenseits  verbunden2),  sondern  der 
Verfügung  Gottes  gemäss  ist  die  That  schon  in  dieser  Welt  mit 
einer  entsprechender  Strafe  zu  belegen,  damit  der  Mensch  von  dem 
Begehen  des  Bösen  abgehalten  werde3). 

Vom  Gesichtspunkte  des  Islams  ist  das  von  den  Menschen 
bewohnte  Gebiet  entweder  ein  Rechtsstaat  oder  ist  es  nicht.  Ein 
Rechtsstaat  (dar  xd'adl)  ist  dasjenige  Gebiet,  wo  das  Gesetz  des 
Ishuns  unbedingte  Geltung  hat.  Der  Gegensatz  hievon  ist  der 
feindliche  Staat  (dar  ulharb),  wo  das  Gesetz  des  Islams  ausser 
Acht  gelassen  wird. 


1)  Das  maJcrüh  ist  zweierlei  Art;  das  eine  (tanzihi)  steht  dem  Er- 
laubten, das  andere  (tahrimi)  dem  Verbotenen  näher. 

J|  v_^.j.s  j$>2    s+tj^:  ^  vV*  i?^'  *^)-*  V^  J^  ^°'  »lc\j> 

£*Js-,      Manäfi'  uldakäik,  pag.  263. 

2)  Es  giebt  eine  Reihe  von  verbotenen  Handlungen,  welche  keine  Strafe  in 
dieser  Welt  nach  sich  ziehen.  Dieselben  werden  in  dieser  Studie,  als  nicht 
zum  Strafrecht  gehörend ,  ausser  Acht  gelassen.  Manche  Juristen  reihen  diese 
Sorte  von  Handlungen  in  die  Gruppe  des  malcrüh  {tahrimi)]  andere  hingegen 
sind  der  Ansicht,  dass  diese  Handlungen  wohl  haräm  seien,  jedoch  mangels 
positiver  Bestimmungen  (kdti')  mit  dieser  Benennung  nicht  bezeichnet  werden 
können. 

Die  Rechtswissenschaft  fasst  diese  Handlungen  unter  dem  Titel  hazr 
(wohl  auch  karähije)  zusammen. 

J  .  ■         .       .  .  TT  Z»  ^    . 

^Xi\  JS  r)\  ^^  a*  issßs  hj&  uf**  &  )y*^3  i3t3»  pS 
^^c»  l»tj==»  ^^s-  /  *^3J  *J  LaLLs  LaJ  ^aS  iA->T.  -«.i  lo  &it  bii  ftp* 
V'j-5^     (*L  c^     ^     *— ^yA       c^it     ^»>.Äs>       _j|.       Gauharet  ulnajjire, 

Konstantinopei   1301  (AH.),  II,  pag.  382. 

^<AjI  £.lx  r,AJ'Jj_c  ^j.AÄi'  L>i  <_5vAJ>  JotäJl  JutJ.  .  Targumet  ul- 
Tahäwl,  Konstantinopel   1286  (All.;,  IV,  333. 


Krcsmärik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  /damit.  Strafrechts,  etc.       87 

Es  ist  sehr  zweifelhaft,  ob  die  unter  europäischen  Ober- 
häuptern stehenden  mohammedanischen  Staaten  als  Eechtsstaaten 
beteachtet  werden  können  oder  nicht.  Nicht  zwar  gerade  des- 
wegen ,  weil  sie  durch  Herrscher  anderer  Religion  regiert  werden, 
sondern  weil  bei  der  europäischen  Regierung  ein  grosser  Teil  der 
mohammedanischen  Gesetze  nicht  bestehen  kann.  Nach  den  Mahdis 
kann  auch  die  Türkei  nicht  als  Rechtsstaat  betrachtet  werden,  weil 
auch  dieses  Reich  nicht  vollkommen  den  Gesetzen  des  Islams  ent- 
sprechend eingerichtet  ist.  Wir  wissen,  dass  das  Bestreben  dieser 
kriegerischen  Männer  darin  besteht,  einen  Staat  zustande  zu  bringen, 
welcher  ausschliesslich  auf  den  Lehren  des  Islams  beruhen  soll. 

Vor  einigen  Jahren,  als  die  Auswanderung  der  Mohammedaner 
in  Bosnien  und  der  Herzegowina  beunruhigende  Proportionen  an- 
nahm,  erörterte  der  gegenwärtige  Ober-Ulema,  der  hochgelehrte 
Mehmed  Tevfik  Efendi  Azabagic,  in  einer  sehr  interessanten  Studie 
die  Frage,  ob  die  von  Österreich  und  Ungarn  occupierten  Provinzen 
als  ein  Rechtsstaat  betrachtet  werden  dürfen  oder  nicht1).  Das 
Resultat  seiner  gelehrten  Erörterungen  ist,  dass  Bosnien  und  die 
Herzegowina  auch  unter  der  Oberhoheit  der  österreichisch-ungari- 
schen Monarchie  selbst  vom  mohammedanischen  Standpunkt  aus 
als  Rechtsstaat  zu  betrachten  seien. 

Jedermann,  der  gesetzlichen  Anspruch  auf  den  Schutz  des 
Rechtsstaates  hat,  ist,  wenn  er  auch  die  mohammedanische  Religion 
nicht  anerkennt,  unverletzlich  (ma'süm).  Die  Unverletzlichkeit 
{'ismet)-)  besteht  darin,  dass  im  Rechtsstaat  die  Personal-  und  Ver- 
mögenssicherheit der  Bürger  gewahrt  und  durch  sämtliche  Ein- 
richtungen des  Islams  geschützt  werden  muss.  Die  Unverletzlich - 
keit  ist  entweder  ständiger  oder  provisorischer  Natur. 

Wenn  wir  daher  vom  Gesichtspunkte  des  Strafrechtes  die 
staatsrechtliche  Stellung  des  Menschen  betrachten ,  was  insofern 
wichtig  ist,  als  die  Strafe  nach  der  staatsrechtlichen  Stellung  des 
einzelnen  einer  verschiedenen  Beurteilung  unterliegt,  so  finden  wir, 
dass  jemand  moslemitischer  Religion  d.  i.  ein  Bürger  sein  kann, 
der  auf  die  Unverletzlichkeit  seiner  Person  und  seines  Vermögens 
infolge  seiner  Zugehörigkeit  zum  Islam  Anspruch  hat.  Der  mosle- 
mitische  Bürger  wird  sämtlicher  Wohlthaten  des  Islams  teilhaftig, 
zugleich  aber  empfindet  er  auch  die  ganze  Schwere  der  Gesetze 
des  Islams.  Oder  es  kann  irgend  ein ,  einer  anderen  anerkannten, 
z.  B.  der  christlichen,  jüdischen  Religion  angehörender,  Unterthan 
des  mohammedanischen  Staates  sein.  Die  wissenschaftliche  Be- 
nennung dieser  Gruppe  der  Bürger  ist  „dtmrma .     Die  Unverletzlich- 


1)  Die    Studie    führt    den    Titel:    Higret    hakkinda    risdle    und    ist   in 
Serajewo   1303  (AH.)   erschienen. 

2)  &./>  jJ!  lXÜc  .1    ptiL^5b   »Jl/Oj  X/O   n*aä£  JLIL  Jj.äH  X*Aa*Ji_5 
Badd  ulmuhtär.  III,  293. 


88       Krcsmdrikf  Beltr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit,  Strafrechts,  etc. 

keit  des  Vermögens  und  der  Person  des  einer  der  unerkannten 
Religionen  angehörenden  Staatsbürgers  sichert  jenes  Schutzverhält - 
nis  i  •<//•</  uldimme) ,  welches  zwischen  dem  betreffenden  moham- 
medanischen Staate  und  den  einzelnen  Nationen  bezw.  Individuen 
bestem* 

In  Ermangelung  einer^  besonderen  Vereinbarung  sind  die  all- 
gemeinen Vorschriften  des  Sari'atrechtes  massgebend.  Zwischen  der 
Unverletzlichkeit  des  unterworfenen  Bürgers  und  des  Moslim  giebt 
es  gar  keinen  Unterschied.  Beide  sind  ständiger  Natur,  doch  hat 
der  unterworfene  Bürger  für  den  genossenen  Schutz  eine  besondere 
Steuer  zu  entrichten.  Diese  Steuer  nennen  die  europäischen  Schrift- 
steller Kopfsteuer ,  weil  ihre  Bemessung  beiläufig  nach  den  Vor- 
schriften dieser  Steuergattung  erfolgt.  Die  mohammedanischen 
Juristen  nennen  diese  öffentliche  Last  „<jizjeu.  Die  Bedeutung 
dieses  Wortes  steht  ursprünglich  dem  Begriffe  der  Geldbusse 
nicht    fern. 

Die  hanefitischen  Rechtsgelehrten  halten  bei  der  Regelung  der 
Rechtsverhältnisse  des  nichtmohammedanischen  Bürgers  in  mög- 
lichst liberaler  Weise  an  dem  Ausspruche  des  Schwiegersohnes  des 
Propheten,  'All,  fest,  dass  „die  Dimmi  die  Kopfsteuer  dafür  be- 
zahlen, dass  ihr  Vermögen  derart  sei,  wie  unser  Vermögen  und  ihr 
Blut  wie  unser  Blut"1).  Wir  werden  sehen,  dass  diese  Bürger, 
wenn  auch  die  Unverletzlichkeit  ihrer  Person  und  ihres  Ver- 
mögens mit  der  des  Muselmans  vollkommen  identisch  ist,  die 
Schwere  des  Islams  vom  strafrechtlichen  Gesichtspunkte  weniger 
empfinden. 

Es  kann  ferner  jemand  der  Bewohner  eines  mohammedanischen 

es  mit  einer  zeitweiligen  Niederlassungsbewilligung  sein  (mustu- 
min).  Als  solcher  wird  betrachtet,  wer,  obwohl  er  fremder  Staats- 
bürger ist,  auf  Grund  einer  Erlaubnis  vorwiegend  internationaler 
Natur  (amäri)  sich  im  Lande  aufhält.  Das  zeitweilig  angesiedelte 
Individuum  kann  eventuell  auch  ein  Muselman  sein.  Einige  lehren, 
dass  der  zeitweilig  angesiedelte  fremde  Unterthan  in  dieser  Eigen- 
schaft sich  nicht  länger  als  ein  Jahr  in  einem  mohammedanischen 
Staate  aufhalten  kann ,  denn  wenn  er  länger  dort  bleibt ,  wird  er 
ein  Dimmi  und  hat  Kopfsteuer  zu  bezahlen.  Ein  solcher  Bürger 
wird  er  auch  dann,  wenn  er  Grund  und  Boden  ankauft  und  nach 
diesem  die   „chardg"   genannte  Grundsteuer  bezahlt.    Die  Unverletz- 


i)  Sy«j  (j^ä^'  *£  y>  jxi>  (.,Lüjf  <y-^ij  o^  ci?"?^'  fj* 

^j^—täJ  ä.j;11  \Jac\  Uil)  «£ix£>5  *)Ji  ^S  Jlc  \Z>yaS>  .^^ 
,\Aaäj.^  jyj  (woLeA^  aPJLoJj  ./.1\^aS  Ä-gJlysl.  Durer  tergiimesi, 
II.  Auflage,  Konstantinopel  1292  (AH.),  I,  392. 


Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc.       89 

lichkeit  der  Person  und  des  Vermögens  des  zeitweilig  angesiedelten 
fremden  Bürgers  ist  ebenfalls  eine  zeitweilige 1). 

Es  kann  ferner  jemand  ein  vollkommen  Fremder  (harM,  im 
wörtlichen  Sinne:  Feind)  sein.  Dem  gegenüber  hat  der  Islam  keinerlei 
Verbindlichkeiten. 

Alle  zu  diesen  Gruppen  gehörenden  Personen  können  entweder 
freie  Bürger  oder^  Sklaven  sein. 

Nach  dem  Sari'atrechte  können  sowohl  Menschen  als  Tiere 
strafbare  Handlungen  begehen2). 

Der  Mensch  ist,  wenn  wir  seine  körperliche  Entwicklung  be- 
trachten, entweder  gross-  oder  minderjährig.  Bei  Kindern  können 
die  Sari'atstrafen  {'uhube)  nicht  angewendet  werden0).  Darüber, 
wann  jemand  als  grossjährig  zu  betrachten  ist,  sind  die  Meinungen 
abweichend.  Heute  wird  dies  im  tirrkischen  Reiche  durch  das 
bürgerliche  Privatrecht  festgesetzt.  Darnach  ist  der  Mensch  dann 
volljährig,  wenn  sich  an  ihm  die  Zeichen  der  Reife  kundgeben. 
Die  Knaben  sind  vor  ihrem  12.,  die  Mädchen  vor  ihrem  9.  Lebens- 
jahre nicht  volljährig.  Im  Alter  von  15  Jahren  werden  jedoch 
auch  dann  beide  grossjährig,  wenn  sie  geschlechtlich  noch  unreif  sind. 

Mit  Rücksicht  auf  seinen  geistigen  Zustand  kann  der  Mensch 
beim  Begehen  der  strafbaren  Handlung  entweder  mangelhafter  Ver- 
nunft oder  trunken  gewesen  sein4). 


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-Jl .     Gauhare 

II,  381. 

2)  Die  strafbaren  Handlungen,  welche  durch  Tiere  oder  an  Tieren  be- 
gangen werden  (yinäjet  ulbahime,  walginäje  'alejhä),  werden  von  den  mo- 
hammedanischen Juristen  im  Zusammenhange  mit  den  übrigen  Delikten  er- 
örtert. Da  es  sich  jedoch  hierbei  zumeist  nur  um  einen  eventuellen  Schaden- 
ersatz handelt,  und  diese  Sorte  von  strafbaren  Handlungen  kein  kriminalistisches 
Interesse  bietet ,  werde  ich  sie  in  dieser  Studie  nur  gelegentlich  berühren.  Es 
sei  immerhin  bemerkt,  dass  laut  §  94  der  türkischen  Megelle  die  durch  Tiere 
hervorgebrachten  Delikte  und  Schäden ,  im  Fall  sie  wirklich  durch  die  Tiere 
selbst  d.  h.  ohne  Zuthun  und  Unterlassen  ihrer  Eigentümer  Zustandekommen, 
unbeachtet  bleiben  Qiadr). 

äj&ytp-    (.^t     ^jt^    <*$^T  ^     ^Xxj    (uS)  ^    (oli^=>) 

(y  jj&)    ^jU^lSlj    {^SyaAi    ^.l.X=>)    ^JL^sJuul.     'Ali  Hajder: 
Durer  ulhukkäm  I,   368. 

Jotäilj   8l\j>I£II  j.P3    iwV:>j!    ^iCs»    j.L\*i^.     Manäfi',  pag.  282. 

4)  Das  göttliche  Gebot  kann  nur  dann  ein  entsprechendes  Resultat  er- 
zielen,   wenn  der  Mensch,    an    den  das  Gebot    gerichtet  ist,    imstande    ist,    dio 


90       Krcsmär/k,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Straf  rechts,  etc. 

Die  Trunkenheit  hindert  nicht  die  Zurechnung  der  strafbaren 
Handlung  und  wenn  auch  das  im  trunkenen  Zustand  gemachte 
Geständnis  nicht  giltig  ist,  so  wird  dennoch  die  in  einem  solchen 
Zustande  begangene  Unzucht  oder  der  Diebstahl,  im  Falle  sie  be- 
wiesen werden,  ebenso  bestraft,  als  wären  sie  in  vollkommen  nüch- 
ternem Zustand  begangen  worden. 

Vom  Gesichtspunkte  der  Fähigkeit ,  sich  gegen  die  erhobene 
Anklage  zu  verteidigen,  ist  noch  die  Einteilung  der  Menschen  in 
zwei  Gruppen  zu  erwähnen,  nämlich  in  sprechende  und  in  stumme. 
Die  Stummen  können  in  keinem  Falle  mit  jenen  Strafen  belegt 
werden ,  welche  zu  den  göttlichen  Rechten  gehörende  bestimmte 
Strafen  genannt  werden  und  die  wir  bald  kennen  lernen  werden, 
denn  es  ist  möglich ,  dass  sie ,  wenn  sie  der  Sprache  fähig  wären, 
befreiende  Umstände  für  sich  anführen  könnten,  welche  ihre  Straf- 
losigkeit zur  Folge  hätten1). 

Jene  bösen  Handlungen .  welche  eine  Strafe  nach  sich  ziehen, 
können  sich  richten : 

gegen  die  eigene  Vernunftsfähigkeit  des  Menschen  ('akl),  wie 
z.  B.  das  Weintrinken  im  allgemeinen  und  die  Trunkenheit; 

gegen  die  Reinheit  der  Abstammung  (nasab),  wie  die  Unzucht: 


hieraus  für  ihn  entspringende  Pflicht  zu  erfüllen.  Zum  Verstehen  des  gött- 
lichen Gebotes  ist  geistige  Fähigkeit,  zum  Handeln  gemäss  dein  Gebote  körper- 
liche Eignung  notwendig. 

Es  können  Umstände  vorkommen ,  welche  diese  Fähigkeit  mehr  oder 
■weniger  nachteilig  beeinflussen  ^awärid).  (ik^jJ  w°  1-ÄS5  (jto.Lxjlj  Oi_Ü 
joo'ltÄJi     iÜUajl    (j-..      Manäfi',  pag.   284.)      Diese     Umstände    sind    entweder 

1.  solche,  deren  Zustandekommen  ausserhalb  des  Willens  des  Menschen  liegt 
(samäivijje) ,  oder  2.  solche,  auf  deren  Zustandekommen  oder  Belassung  der 
Mensch  einen  Einfluss  hat  (muktasabe).  In  die  erste  Gruppe  gehören:  a)  der 
Wahnsinn  (gunün) ,  b)  die  Minderjährigkeit  (siyar) ,  c)  der  Blödsinn  ('uth), 
d)  das  Vergessen  (nisjäri) ,  e)  der  Schlaf  (nau?n),  f)  die  Ohnmacht  (igmä), 
g)  die  Sklaverei  (rikk),  h)  bei  Frauen  Menstruation  und  Wochenbett  (hajd 
wa-nifäs) ,  da  in  diesem  Zustand  das  Gebet  und  das  Fasten  nicht  eingehalten 
werden  können ,  i)  die  Krankheit  (mar ad) ,  in  welchem  Zustande  der  Mensch 
unter  gewissen  Umständen  in  der  Verfügung  über  das  Vermögen  beschränkt 
ist,  k)  der  Tod  (maut). 

Die  zur  zweiten  Gruppe  gehörenden  Umstände  können  folgendermaassen 
aufgezählt  werden :  a)  Unwissenheit  (gahl) ,  b)  Trunkenheit  {sukr) ,  c)  Scherz 
(hazl) ,  d.  h.  die  Anwendung  eines  Ausdruckes  in  nicht  ernster  Bedeutung, 
d)  Verschwendung  (safah),  e)  Reise  (safar),  f)  Irrtum  {chatä),  g)  Gewalt  (iJcräh). 

Manäfi'  a,  a.  O.  und  folg. 

liadd  ulmuhtär  III,  224,  von  Ibn  'Abidin,  Konstantinopel   1299   (AH.). 


S.     W. 


Krcsmdrik,  Be/tr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechls,  etc.       91 

gegen  das  Vermögen  (mal)  eines  andern,  wie  Diebstahl  und 
Strassenraub ; 

gegen  die  Ehre  (cird)  eines  andern,  wie   die   Verleumdung; 

gegen  das  Leben  (nafs)  und  die  körperliche  Unversehrtheit 
(aträf)  eines  andeim ,  wie  Totschlag  und  körperliche  Verletzung 
und  schliesslich 

gegen  die  Ruhe  und  den  Frieden  der  Bürger  im  allgemeinen a). 

Das  Recht ,  die  Bestrafung  der  bösen  Menschen  zu  fordern, 
steht  entweder  Gott  oder  den  Menschen  zu.  Diese  Einteilung  gleicht 
der,  welche  wir  bei  uns  von  amts wegen  zu  verfolgende  oder  An- 
tragsdelikte nennen,  sie  ist  aber  dennoch  damit  nicht  gleichbedeutend. 
Im  allgemeinen  kann  man  sagen ,  dass  die  Anwendung  der  zu  den 
göttlichen  Rechten  gehörenden  Strafen  eine  Pflicht  des  Staatsober- 
hauptes aus  Achtung  vor  Gott  ist  (hakkan  h'lldh),  während  die  zu 
den  menschlichen  Rechten  gehörenden  Strafen  nur  auf  Wunsch  der 
verletzten  Partei,  beziehungsweise  ihrer  Rechtsnachfolger  bemessen 
und  angewendet  werden  können. 

Ein  Begnadigungsrecht  hat  das  Staatsoberhaupt  weder  in  dem 
einen  noch  in  dem  anderen  Falle ,  denn  die  Anwendung  der  aus 
dem  göttlichen  Rechte  fliessenden  Strafen  ist  ein  Gebot  Gottes,  bei 
den  zu  den  menschlichen  Rechten  gehörenden  Strafen  aber  handelt 
es  sich  um  die  eigentumsrechtlichen  Ansprüche  der  verletzten  Partei, 
beziehungsweise  ihrer  Rechtsnachfolger,  und  so  kann  das  Staats- 
oberhaupt über  diese  nicht  verfügen. 

Die  Bestrafung  der  Unzucht,  des  Weintrinkens,  der  Trunken- 
heit, des  Diebstahls  und  des  Strassenraubes  ist  ein  rein  göttliches 
Recht.  Bei  diesen  strafbaren  Handlungen  ist  zur  Einleitung  des 
Verfahrens  nicht  notwendig,  dass  die  verletzte  Partei  mit  einer 
Beschwerde  oder  Anzeige  auftrete,  denn  durch  das  Begehen  dieser 
strafbaren  Handlungen  ist  ja  Gott  selbst,  dessen  zur  Ermöglichung 
des  menschlichen  ^Zusammenlebens  geschaffene  Ordnung  der  Täter 
stört,  verletzt.  Von  dieser  Auffassung  ausgehend  stellt  das  moham- 
medanische Strafrecht  den  Satz  auf,  dass,  da  Gott  keine  Rechte 
suche,  ein  der  eben  angeführten  strafbaren  Handlungen  angeklagtes 
Individuum  sein  im  Laufe  des  Verfahrens  abgelegtes  Geständnis 
zurückziehen  kann  und  dass  die  Verjährung  des  Verbrechens  das 
Verfahren  hemmt. 

Wenn  auch  die  zu  den  göttlichen  Rechten  gehörenden  Strafen 
aus  öffentlichen  Rücksichten  anzuwenden  sind,  so  hat  dennoch  auch 
die  verletzte  Partei  insofern  ein  Recht,  in  das  Verfahren  sich  ein- 
zumengen, als  sie  dem  Angeklagten,  bevor  dem  Richter  die  Anzeige 
zugekommen  ist,  verzeihen  und  dadurch  den  Thäter  von  der  Strafe 
befreien  kann.     Einige  Juristen  behaupten,  die  verletzte  Partei   sei 


l)  (Joii  _»!  ^jjb  ^=>  jjJej  ^l^  l5^  ^  J&*  v^V  ^  jj*l) 

^JiJuJt    Vj-^    J-    lV°^  j3>    IÄP.      Kadd  ulmuhtär  III,  251. 


92       Rrcsmdrik,  Beitr.  e.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc. 

solange  berechtigt,  die  Klage  zurückzuziehen,  als  in  der  An- 
gelegenheit kein  richterliches  Erkenntnis  ergangen  ist,  denn  die 
Strafe  ist  nicht  so  sehr  die  Folge  des  begangenen  Verbrechens, 
als  vielmehr  des  richterlichen  Urteils,  und  solange  die  Strafe  nicht 
ausgesprochen  wurde,  giebt  es  auch  nichts,  was  dem  Angeklagten 
erlassen  werden  könnte1). 

Die  Strafe  der  Verleumdung  enthält  auch  ein  menschliches 
Recht,  wenn  sie  auch,  da  das  göttliche  Element  in  ihr  überwiegt, 
zu  den  göttlichen  Rechten  gehört.  Da  es  sich  hier  auch  um 
menschliche  Interessen  handelt,  kann  das  der  Verleumdung  an- 
geklagte Individuum  das  einmal  abgelegte  Geständnis  nicht  mehr 
zurückziehen ,  denn  durch  das  Geständnis  hat  die  verletzte  Partei 
schon  gewisse  Rechte  erworben,  welche  der  Angeklagte  nicht  mehr 
einseitig  vernichten  kann.  Auch  die  Einwendung  der  Verjährung 
kann  bei  der  Verleumdung  nicht  mehr  erhoben  werden.  Zur  Ein- 
leitung des  Verfahrens  ist,  wenn  auch  die  Bestrafung  der  Ver- 
leumdung ein  göttliches  Recht  ist,  die  Klage  der  Partei  notwendig. 

Der  Totschlag  und  die  körperliche  Verletzung  können  dem 
Princip  nach  nur  infolge   einer  Privatanklage  bestraft  werden. 

Die  übrigen  strafbaren  Handlungen,  welche  die  Ruhe  und 
den  Frieden  der  Bürger  im  allgemeinen  stören,  gehören  wohl  vom 
Gesichtspunkt  ihrer  Verfolgung  zu  den  menschlichen  Rechten,  ent- 
halten aber    zufolge  verschiedener  Ursachen  auch    göttliches  Recht. 

Es  wird  sonderbar  scheinen,  dass  aus  der  Reihe  der  strafbaren 
Handlungen ,  welche  durch  die  auf  theologischer  Grundlage  be- 
ruhende Strafrechtstheorie  zusammengestellt  wurde,  die  Glaubens- 
abtrünnigkeit  (irtidäd)  fehlt.  Die  Erklärung  dafür  ist  darin  zu 
linden ,  dass  die  Strafe  nicht  nur  einen  abschreckenden ,  sondern 
auch  einen  läuternden ,  das  ist  bessernden  Zweck  verfolgt 2).  Das 
letzterwähnte  hat  jedoch  bei  dem  Gottesleugner ,  der  aus  der 
Gesellschaft  ausgestossen 3)  ist,  dessen  Blut  jedermann  frei  ver- 
giessen  kann ,  schon  gar  keinen  Zweck.  Dem  abtrünnigen  Manne 
wird    der  Islam    angeboten;    hat    er  einen  Zweifel,    so  wird    dieser 


1)  Radd  ulmul.itär  III,   193. 

2)  Die  Strafe  für  die  Abtrünnigkeit  als  solche  wird  im  Jenseits  bemessen. 
„;Ol>J!  ^  »Läj  ^  jl£1\  O.^6  L>.  Sejchzäde,  Sarl.i  multakä,  Konstanti- 
nopel  1240   (AH.),  I,  324. 

3)  liJt  SiJ  »o^uj    bCülj  j^xJi  J.LUJ  LsLüt  ur  oy0  U 

liadd  ulmul.itär  III,  414. 

Der  Abtrünnige  ist  rechtlich  als  ein  Todkranker  anzusehen;  er  hat  keine 
Nation  und  keine  Schutzgenossen  (luküe). 

vS^d^    (_o.il    u*A«-    s,l».Äi>^   ofci!    (O»   LO./J   ssS  äjjl.5    *.i^S 
Jv.Xi    (tfÄff-    \X*J£  ^äXJi      Jlc  a.a.O.     «J    &JU    ^5    >XS.lW  a.a.O.  p.  4  IC. 


Krcsmdrik,  Bcitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc.       93 

zerstreut;  verlangt  er  Bedenkzeit,  so  wird  er  für  drei  Tage  ein- 
geschlossen. Bekehrt  er  sich,  dann  wird  ihm  nichts  zu  leide  ge- 
than;  beharrt  er  jedoch  bei  seiner  Abtrünnigkeit,  so  muss  er  ge- 
tötet werden  und,  falls  er  in  einen  fremden  Staat  flieht,  wird  er 
als  bürgerlich  Toter  betrachtet x).  Die  Frau  wird  wegen  Abtrünnig- 
keit nicht  getötet ,  doch  wird  sie  eingeschlossen  gehalten ,  bis  sie 
sich  bekehrt,     Ihre  bürgerlichen  Rechte  bleiben  in  Kraft, 


.Ai^-j    "3   Jö-li     ..^Ls  (hier   im    Sinne    der   Schutzgenossenschaft)    J»äju'    -<<:. 
».AaÄJLj    JJix^U     ,-^iäj    ^»    a.   a.   Ü.   p.   417. 

1)    /  ö.=>    J,    öiyai    p&z    V^.H    Ajs|     0a    J^s>      »LsaJUb     *S$ 

Ofcxi!    AL+JO^.      Radd    ulmuhtär    III,    415.      Vgl.    auch    Snouck    Hurgronje: 
v.  d.  Berg's  Beoefening  van  het  mohammedaansche  Recht,  p.  57. 

Es  giebt  wohl  einige  mohammedanische  Juristen ,  die  behaupten .  dass 
manche  Formen  der  Gottesleugnung,  wie  z.  B.  die  Schmähung  eines  Propheten 
[t.x>.ibS!  ,-yA  -xi  i^.*»j  jSLxJl],  die  zandaka  u.  s.  w.,  ohne  Rücksicht  auf 
die  eventuelle  Reue  des  Thäters  unbedingt  den  Tod  als  Haddstrafe  nach  sich 
ziehen.  Ibn  'Abidin  bekämpft  diese  Theorie  mit  gewichtigen  Argumenten; 
und  nach  den  von  ihm  angezogenen  kaiserl.  Ottomanischen  Verordnungen  vom 
J.  944  und  955  (AH.)  scheint  die  türkische  Gerichtspraxis  die  mildere  Auf- 
fassung befolgt  zu  haben : 

^»^i  £   v^äJUi»!    njLs»    0^*^    LsLäj!    &äj.j   J**äj  ^  »Ä:>!    *A*>i 

^.^sbS!   j»L«^i  ,Vüj  bi.^^  ^^.a=>»  8j;*L     (.sü.<:— -i.}}  Jv-Xäj  "^  x/t^Lv-U 
J,  *i  iUj^S!   ^j  ^Lc  J^ääj  pJPj*r>   f-£äj  lt'-5   Q^  CJ^-   (*'  C)^ 

y^l    1Ä2>  j^äj*    1-0    K.;.**  u.  s.  w.    Radd  ulmuhtär  III,  404. 

Nach  den  mir  vorliegenden  Fetwas  haben  die  Muftis  auf  diese  Ver- 
ordnungen keine  Rücksicht  genommen,  und  gefunden,  dass  derartige  Ketzer  ohne 
Verzug  zu  töten  seien,  wie  z.  B.: 

j»jj  &j  sAjj  x*«J.ji  i_^.**   gJu  Xi  -*as»  z»-**3   r»-^!   ^3^-^;    *.Jl.w./*    vAj; 

^j-Ü.I    ^  jJ^>Lj    ^L        -^UJ^jJ.        ^jj^t,     und: 

jyty  J*53  j*^'  ^~?    "^vb^-    Äj>y  r)^  "  öJ^j  fc**W  q*^5 

Fatäwii  'Ali  ef.,  Konstantinopel   1289  (AH.  .   I,  234. 


()_{.       Krcsm&rik,  Beitr.  ~.  Beleuchtung  d.  islamit.  Straf  rechts,  etc. 

\\  ;i>  für  den  Einzelnen  gilt,  dasselbe  gilt  auch  im  Falle  einer 
Empörung  gegen  den  Islam  für  eine  grössere  Menge.  Als  Empörer 
(bugät)  sind  solche  Anhänger  der  muslimischen  Religion  zu  be- 
trachten,  welche  dem  Staatsoberhaupte  (fmäm)  den  Gehorsam  ver- 
weigern. Auch  diese  sind  zuerst  aufzufordeim ,  sich  zu  bekehren, 
und  wenn  sie  Zweifel  haben ,  sind  diese  zu  zerstreuen.  Ihr  Ver- 
mögen wird  unter  Sperre  genommen ,  bis  sie  sich  bekehren ,  und 
wenn  sie  dies  nicht  thun.  dann  können  sie  getötet  werden. 

Die  Strafen  der  strafbaren  Handlungen  hat  entweder  Gott 
selbst  (durch  den  Koran ,  Sunne  oder  igmä')  festgestellt ,  oder  es 
kann  sie  den  Umständen  entsprechend  und  nach  seiner  besten  Ein- 
sicht das  Staatsoberhaupt,  beziehungsweise  der  durch  dieses  ein- 
gesetzte Richter  feststellen.  Dementsprechend  sind  zweierlei  Strafen 
zu  unterscheiden,  nämlich  bestimmte  (ukübe  muhaddare),  das  sind 
unabänderliche ,  und  nicht  bestimmte ,  d.  h.  von  der  Einsicht  des 
Richters  abhängende  Strafen1).  Die  bestimmten  Strafen  sind  die 
von  Gott  angeordneten  rechtlichen  Folgen  der  einzelnen  strafbaren 
Handlungen.  Diese  Strafen  können  daher  weder  kleiner  noch  grösser 
sein.  Was  wir  bei  der  Bemessung  der  Strafe  erschwerende  oder 
mildernde  Umstände  nennen,  ist  dort  ein  ganz  unbekannter,  weil 
unmöglicher  Begriff.  Es  ist  jedoch  zu  bemerken ,  dass  im  Falle 
eines  zu  berücksichtigenden  befreienden  Umstandes  der  Thäter  der 
Strafe  vollkommen  entgeht. 

Die  zu  den  göttlichen  Rechten  gehörenden  Strafen  haben  andere 
Normen,  als  die  zu  den  menschlichen  Rechten  gehörenden.  Mit 
Rücksicht  auf  den  kardinalen  Unterschied  zwischen  diesen  beiden 
teilen  die  mohammedanischen  Juristen ,  welche  die  Materie  nicht 
so,   wie  die  europäischen  Kriminalisten,  nach  den  Arten  der  straf  - 


J^vav^Ü    v^t   ,%-    n.  s.  w.     Radd  ulmuhtär  III,  193. 

Alfred  v.  Kremer  behauptet  in  seiner  „Culturgeschichte  des  Orients  unter 
den  Chalifen"  (Wien  1875,  I,  pag.  459),  dass  die  strafbaren  Handlungen,  „je 
nachdem  sie  gegen  das  religiöse  Gesetz  (Koran  und  Sonna)  oder  nur  gegen  die 
Vorschriften  der  Sittenpolizei  Verstössen,  entweder  durch  die  vom  religiösen 
Gesetze  bestimmten  Strafen  (hadd)  oder  durch  einfache  Polizeistrafen  (ta'zyr) 
geahndet"  werden.  Diese  Distinktion  ist  nicht  richtig,  denn  es  giebt  durch 
den  Koran  und  die  Sunne  verbotene  Handlungen,  welche  keine  Haddstrafe 
nach  sich  ziehen  wie  z.   B.  der  Wucher  (ribä) : 

soJ>3    iC^'   *^y&    <— >b:£Jt    Lei    XJLaJtj    u^büüb    f\j>-    LySf_5 

^jA   «A=>U    ^j°    J"^    A"*i    *-"^c    ^    i5^°    *^*'    *"*""*^    ^.5    ^ 

Jw>Ji    \^~f.i-.j    X..0;    ^^vJdlSj    c^JLS    ,-y*    >_\..wS    b,    Gauhare  I,  258 

und    andererseits   kennt   man  ta'zir- Strafen,    welche   in  Koran    und  Sunne  be- 
gründet sind  (Targumet  ulTal.iäwi   IV,  378). 


Krcsmärik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc.       95 

baren  Handlungen,  sondern  nach  den  Strafen  klassifizieren  und  be- 
handeln ,  die  bestimmten  Strafen  in  zwei  Teile.  Der  eine  Teil 
umfasst  die  zu  den  göttlichen  Kechten  gehörenden  bestimmten 
Strafen  (hadd).  Hierher  gehören  die  Strafen  der  Unzucht,  des 
Weintrinkens ,  der  Trunkenheit ,  der  Verleumdung ,  des  Diebstahls 
und  des  Strassenraubs x).  Der  andere  Teil  befasst  sich  mit  den  zu 
den  menschlichen  Rechten  gehörenden  bestimmten  Strafen  {kisäs). 
Hierbei-  gehören  die  Strafen  für  den  Totschlag  und  die  schwere 
körperliche  Verletzung. 

Bezüglich  der  unbestimmten  Strafen  (ta^zir)  bemerke  ich  vorerst 
nur,  dass  deren  Bemessung  mit  einigen  Beschränkungen  von  der 
Ansicht  des  Staatsoberhauptes  oder  des  durch  dieses  betrauten 
Richters  abhängt,  und  dass  dies  das  Gebiet  ist,  welches  für  die 
Reform  des  Strafrechtes  in  jenen  mohammedanischen  Staaten,  welche 
mit  der  Zeit  fortschreiten  wollen,  ohne  dass  die  Hauptprincipien 
des  Islams  verletzt  würden,  am  meisten  geeignet  erscheint. 

Die  Strafen  selbst  können  ohne  Rücksicht  darauf,  ob  es  sich 
um  eine  bestimmte  oder  unbestimmte  Strafe  handelt,  aus  folgen- 
den bestehen: 

Einfache  Erwähnung  der  Anklage ; 

Rüge    oder  ein  anderes  erniedrigendes  Verfahren ,    entweder 
selbständig    oder    im    Zusammenhang    mit    einer    anderen    Strafe, 
z.  B.    das  Ziehen    an    den  Ohren ,    die    öffentliche  Kundmachung, 
der  Pranger  u.  s.  w. ; 
Vermögensstrafe ; 
Verbannung ; 
Haft; 

körperliche  Züchtigung ; 

Verstümmelung  (Abschneiden    der    Hand    oder    des   Fusses); 
Hinrichtung  (durch  Schwert,    Steinigung  oder  Kreuzigung); 
die    Vergeltung    der    Verletzung    durch    eine    ähnliche    Ver- 
letzung,   beziehungsweise    die    für    die  Verletzung  zu  bezahlende 
Vermögensentschädigung ; 

der  Verlust   des  Ei'brechtes. 


1)  Die  Zahl  der  Haddstrafen  ist  fünf  bezw.  sechs,  jo  nachdem  man  die 
Strafe  für  das  Weintrinken  und  jene  für  die  Trunkenheit  als  eine  oder  als 
zwei  separate  Strafen  betrachtet.  Die  Autoren  bieten  für  beide  Auffassungen 
Beispiele.  Da  jedoch  die  Strafen  beider  Delikte  identisch  sind,  besitzt  die 
Abweichung  keine  Wichtigkeit. 

&.A«~*ii    O.Ar>-    J.4-^5    \_Jujuu!    j.Lä/3    *<o.fij    LyJ<^-    p^b    G^) 
i&w    Uii    J..Ö    La.     Sejchzüde :   Sarh    multakä   I,  282. 


96       Krcsmdrik,  licitr.  %.  Beleuchtung  cl.  islamit.  StrafrecJds,  etc. 

Jene  Strafen,  welche  vornehmlich  nur  einen  theoretischen  Wert 
haben,  wie  z.B.  die  des  Thäters  im  Jenseits  harrende  Strafe  {itm) 1), 
die  Bitte  um  Verzeihung  (istigfär) .  wohl  auch  in  mancher  Be- 
ziehung die  Sühne  (kaffäre),  erwähne  ich  hier  nur  der  Vollkommen- 
heit der  Aufzählung  halber. 

Ein  Hauptprincip  des  mohammedanischen  Strafrechtes  ist  es. 
dass  den  Strafen  jeder  zurechnungsfähige  Mensch  ohne  Ausnahme 
unterworfen  ist.  Von  dieser  Regel  ist  selbst  das  Staatsoberhaupt 
nicht  ausgenommen ,  das  sich  also  nicht  des  Privilegs  der  Straf- 
losigkeit rühmen  kann,  jedoch  mit  dem  Unterschiede,  dass  die  zu 
den  göttlichen  Rechten  gehörenden  Strafen  auf  ihn  nicht  angewendet 
werden  können.  Aber  auch  dies  nur  deshalb  nicht,  weil  der  Vollzug 
dieser  Strafen  an  dem  Verbrecher  Aufgabe  des  Staatsoberhauptes 
ist,  niemand  aber  an  sich  selbst  eine  Strafe  vollstrecken  kann.  Den 
zu  den  menschlichen  Rechten  gehörenden  Strafen  ist  jedoch  auch 
der  Fürst  unterworfen,  denn  es  steht  ihm  nicht  frei,  die  Menschen 
in  ihren  Rechten  zu  verkürzen'2). 

Es  ist  eine  eigentümliche  Erscheinung  und  ein  neuerlicher 
Beweis  dafür ,  wie  sehr  die  Extreme  sich  berühren ,  aber  eine 
Thatsache ,  dass  in  der  Türkei ,  wo  sonst  die  Censur  unerbittlich 
thätig  ist.  die  durch  die  Schüler  benützten  rechtswissenschaftlichen 
Handbücher  es  offen  lehren ,  dass  an  dem  Chalifen  die  durch  ihn 
einem  anderen  zugefügte  Verletzung  ebenso  vergolten  werden  kann, 
wie  an  anderen.    Also  auch  ihn  verpflichten  die  Gesetze  des  „Leben 


1)  Das  Wort  „itjn*  bedeutet  eigentlich  „ Sünde",  als  technischer  Terminus 
hingegen  bedeutet  es   „Strafwürdigkeit" : 

ioJJjJl      vlfl^U«!    &L*Ji    ^JS>\.      Radd   ulmuhtär  III,   64. 

Als  eine  specielle  rechtliche  Folge  der  strafbaren  Handlung  werden  wir 
das  ihn  beim  Delikt  des  Totschlages  {katl)  kennen  lernen.  Da  nun  wegen 
Totschlages  der  Sünder  (ätim)  eine  ewige  Höllenstrafe  zu  gewärtigen  hat  (Durer 
tergümesi  I,  390) ,  glaubte  ich,  um  die  Begriffe  des  europäischen  Lesers  nicht 
zu  verwirren,   das  Wort  mit   „Strafe  im  Jenseits"   übersetzen  zu  sollen. 

Das  itm  der  einzelnen  grossen  Sünden  (Icabäir)  ist  übrigens  verschieden. 

OjläXva  yL^Joi    *.$!     ..I    £p-*<*»,    a.  a.   O. 

^Ä^Ui     ^J^>.    jtXA*J     xJUt     /££>     w\>     \ßj      dj.\     u\>     lÄt     S^\ 

» .  \»\  -Aw.äi  *[XXi  ^\XiS  ^u\.*jS  .iAI^O  ^äj.x£  p^i\kAs> 
tJuls>^  (^Ub  J^jjjj  (j^Xäj^)  jO^iSö  {j£+*  t\s>  *xlSl  ^j-SpvXii 
kJimmJLi}  oi-*3  i_jöLaä  \jj\  jj-^»\  »Ä.P»L/a  aJL»j  jJ^Jji  (JoLaä 
.u\iJO»/.i      '♦   *.£:>.     Durer  tergümesi   I.   pag.  369. 


Krcsmärik,  Be/'tr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc.       97 

für  Leben,  Auge  für  Auge",  und  auch  er  hat  das  Blutgeld  für 
derartige  Verletzungen  ebenso  zu  bezahlen,  wie  die  übrigen  Muslims. 

Betrachten  wir  nun ,  in  welchem  Zusammenhang  der  Mensch 
mit  der  strafbaren  Handlung,  die  er  hervorruft,  stehen  kann,  so 
müssen  wir  die  beabsichtigten  vorsätzlichen  strafbaren  Handlungen 
und  jene,  welche  diesen  ähnlich  sind,  unterscheiden,  ferner  die- 
jenigen ,  welche  einem  Irrtum  entspringen  und  welche  als  Irrtum 
betrachtet  werden  können,  schliesslich  diejenigen,  welche  dadurch 
zustande  kamen,  dass  man  dazu  Ursache  bot.  All  dieser  Unter- 
schiede werde  ich  bei  Erörterung  der  strafbaren  Handlung  des 
Totschlages  eingehend  gedenken. 

Jenen  Handlungen ,  welche  dem  freien  Willen  des  Menschen 
entstammen,  stehen  diejenigen  Handlungen  entgegen,  welche  der 
Thäter  unter  der  Einwirkung  des  äusseren  Zwanges  begangen  hat 
(ikrdh). 

Die  strafrechtliche  Verantwortlichkeit  des  Thäters  kann  ent- 
weder durch  das  Geständnis  {ilarär)  des  Thäters,  oder  durch  Zeugen  - 
beweis  (bajjine)  festgestellt  werden.  Nach  Ansicht  einiger  Juristen 
ist  das  Geständnis  bei  gewissen  strafbaren  Handlungen  nur  dann 
wirksam,  wenn  es  so  oft  wiederholt  wird,  als  Zeugen  zum  Nach- 
weis der  betreffenden  strafbaren  Handlung  notwendig  sind. 

Bei  den  zu  den  göttlichen  Rechten  gehörenden  Strafen  kann 
die  Zeugenaussage  von  Frauen  nicht  berücksichtigt  werden ,  weil 
die  Frauen  zufolge  ihrer  gesellschaftlichen  Stellung  bezüglich  solcher 
strafbarer  Handlungen  keine  richtige  Kenntnis  erlangen  können. 

Die  Zeugen  können  nicht  gezwungen  werden  Zeugenschaft 
abzulegen  und  so  hängt  es  gänzlich  von  ihnen  ab,  das,  wovon  sie 
Kenntnis  haben,  zu  sagen  oder  zu  verschweigen. 

Mit  den  Zeugenaussagen  steht  die  Verjährung  (tdkädum)  der 
strafbaren  Handlungen  in  Zusammenhang.  Die  Verjährung  einer 
strafbaren  Handlung  hat  die  Wirkung,  dass  der  Richter,  wenn  das 
Strafverfahren  noch  nicht  eingeleitet  wurde,  die  Zeugen  nicht  ver- 
nehmen, und,  wenn  schon  ein  Urteil  erbracht  ist,  die  Strafe  an  dem 
Verurteilten  nicht  vollstrecken  kann.  Nach  der  Ansicht  der  mo- 
hammedanischen Juristen  kann  die  Verjährung,  welche  nichts  anderes 
bedeutet,  als  den  Ablauf  einer  bestimmten  Zeit  nach  dem  Begehen 
der  strafbaren  Handlung,  eigentlich  keinerlei  Recht  aufheben.  Das 
Recht  bleibt  auch  fernerhin  bestehen  und  kann,  wenn  die  angeklagte 
Partei  geständig  ist,  in  der  Re<?el  auch  zur  Geltung  gelangen.  Den 
Richter  hemmt  jedoch  das  Gesetz  mit  Rücksicht  auf  gewisse  Gründe, 
die  Klage,  beziehungsweise  die  Aussagen  der  Belastungszeugen  an- 
zuhören. Die  Zeugen  entschliessen  sich  nämlich  entweder  zu 
schweigen  oder  auszusagen.  Haben  sie  sieh  zum  Schweigen  ent- 
schlossen, dann  entspringt  die  Änderung  ihrer  Absicht  einer  feind- 
lichen oder  einer  anderen  tadelnswerten  Leidenschaft  und  so  wird 
ihr  Geständnis  verdächtig.  Wollten  sie  aber  zuerst  aussagen  und 
haben    die  Aussage    unterlassen  oder  diese  verzögert,    so  haben   sie 

Bd.  LVIII.  7 


98        Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc. 

eine  gottesfeindliche  Sache  gethan  und  ihr  Geständnis  kann  als 
solches  nicht  ganz  tadelsfreier  Menschen  nicht  angenommen  werden. 
Bei  dem  Delikt  der  Verleumdung  steht  die  Sache  anders.  Hier 
giebt  es  nämlich  keine  Verjährung  und  da  die  Verleumdung  nur 
auf  Klage  einer  verletzten  Partei  verfolgt  werden  kann,  darf  man 
den  Zeugen ,  wenn  sie  mit  den  Aussagen  gezögert  haben,  keinerlei 
Vorwurf  machen,  wenn  es  ihnen  möglich  ist,  zur  Begründung  der 
Verschiebung  ihrer  Aussage  vorzubringen,  dass  sie  die  Anklage  der 
verletzten  Partei  abgewartet  haben r). 

Darüber,  welche  Zeit  zur  Verjährung  erforderlich  ist,  weichen 
die  Ansichten  von  einander  ab.  Die  zu  den  göttlichen  Rechten 
gehörenden  Strafen  verjähren  nach  der  Ansicht  einiger  innerhalb 
eines  Monates ,  nach  der  anderen  Ansicht  binnen  sechs  Monaten. 
Die  strafbare  Handlung  des  Weintrinkens  verjährt,  wenn  der  Geruch 
des  Weines  an  dem  Angeklagten  verflüchtigt  ist.  Zu  bemerken  istT 
dass  wegen  Weintrinkens  nach  Verjährung  der  Handlung  der  Thäter 
auch  dann  nicht  mehr  gestraft  werden  kann ,  wenn  er  sein  Ver- 
brechen gestanden  hat. 

Die  Verjährungsfrist  der  zu  den  menschlichen  Rechten  gehören- 
den Strafen  richtet  sich ,  da  hier  vermögensrechtliche  Interessen 
berührt  werden,  nach  den  bezüglich  der  Vermögensrechte  bestehenden 
Verjährungsvorschriften.  Beim  Diebstahl  sind  demgemäss  zweierlei 
Verjährungsfristen  zu  berücksichtigen,  die  eine  bezüglich  der  Sti-afe, 
die  andere  bezüglich  der  Schadenersatzpflichtigkeit  des  Diebes.  Das 
Sari'atrecht  kennt  mehrere  Gründe,  welche  die  Verjährung  der 
Rechte  hemmen.  Die  Aufzählung  dieser  Gründe  liegt  jedoch  ausser- 
halb des  Rahmens  dieser  Studie. 

Die  strafrechtliche  Verantwortlichkeit  kann  sich  auch  auf  Andere 
erstrecken ,  nicht  nur  auf  den  Thäter  selbst.  Demnach  hat  für 
irgend  eine  strafbare  Handlung  in  gewissem  Maasse  auch  der  Herr 
des  Thäters  zu  haften  (wenn  die  Handlung  von  einem  Sklaven  oder 
einem  Tiere  begangen  wurde);  ferner  das  Aerar  oder  diejenigen 
Individuen,  welche  mit  dem  Orte,  wo  das  Verbrechen  begangen 
wurde,  in  territorialer  Verbindung  stehen  (kasäme),  oder  diejenigen, 
welche  mit  dem  Thäter  durch  Blut-  oder  moralische  Banden  ver- 
knüpft sind  CdJct'le). 

Niemand  darf  jemandem  ohne  besondere  gesetzliche  Ermächtigung 
etwas  Böses  zufügen.  Die  verschiedenen  Übel,  die  wir  als  die  recht- 
lichen Folgen  einer  strafbaren  Handlung  aufgezählt  haben ,  darf 
man  einem  anderen  nur  in  den  durch  das  Gesetz  vorgeschriebenen 
Fällen  zufüg-en.     Auf  den  blossen  Verdacht,  auf  mangelhafte  Beweise 


J.äj    aJUl    /  ip>    ^5    wJtiii     JS      ,L    ^i.      Jiadd    ulmuhtär  III,   218. 


Krcsmärik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc.        99 

hin   jemandem    ein  Leid    zuzufügen   oder-  durch  Peinigen  jemanden 
zum  Geständnis    zu    bringen ,    verstösst   gegen  das  göttliche  Gesetz. 

Der  Vollzug  der  Strafe  ist  in  der  Regel  Aufgabe  des  Staats- 
oberhauptes oder  des  durch  dieses  betrauten  Organs.  In  gewissen 
Fällen  können  aber  dem  Thäter  auch  andere  straflos  ein  Übel 
zufügen. 

Erstens  ist  es  die  Pflicht  eines  jeden  Muselmanns,  einen  Andern 
an  dem  Begehen  einer  strafbaren  Handlung  zu  hindern.  Wenn 
daher  der  Muslim  sieht,  dass  jemand  eine  verbotene  Handlung  voll- 
führen will ,  kann  er  diesen  an  der  Verwirklichung  dieser  Absicht 
auch  mit  Gewalt  verhindern,  ohne  dass  man  ihn  dafür  zur  Ver- 
antwortung ziehen  könnte.  Ebenso  verhält  es  sich,  wenn  jemand 
einen  gegen  ihn  gerichteten  Angriff  behufs  Selbstverteidigung  zurück- 
schlägt, denn  es  steht  geschrieben:  „wer  gegen  den  Muslim  das 
Schwert  zieht,  dessen  Blut  ist  frei".  Dem  Vater  kommt  gegenüber 
seinen  Kindern ,  dem  Gatten  gegenüber  seiner  Frau ,  dem  Herrn 
gegenüber  seinem  Sklaven,  dem  Lehrer  gegenüber  seinen  Schülern 
ebenfalls  in  einem  gewissen  Maasse  die  Strafgewalt  zu;  wenn  diese 
aber  in  Ausübung  dieser  Strafgewalt  die  entsprechenden  Grenzen 
überschreiten,  so  sind  sie  zur  Verantwortung  zu  ziehen.  Der  Gatte, 
der  seine  Frau  bei  einer  Unzucht  antrifft,  der  Eigentümer,  der  den 
Dieb  bei  einem  Diebstahl  überrascht,  können  von  ihrem  Strafrecht 
freien  Gebrauch  machen.  Schliesslich  steht  es  bei  Vergeltung  einer 
Verletzung  durch  eine  ähnliche  Verletzung  der  verletzten  Partei 
frei,  bei  entsprechenden  Cautelen  die  für  die  Verletzung  gebührende 
Strafe  an  dem  Schuldigen  persönlich  zu  vollstrecken. 

Ich  kann  diese  allgemeinen  Erörterungen  nicht  schliessen,  ohne 
noch  der  administrativen  Strafe  zu  erwähnen.  Das  Sari'atrecht 
stellt  es  wohl  als  Princip  auf,  dass  entgegen  den  göttlichen  Ge- 
setzen niemand  mit  einer  Strafe  belegt  werden  könne,  doch  scheint 
es,  dass  es  den  Freunden  der  freieren  Bewegung  zeitlich  gelungen 
isl  .  in  dieses  Princip  eine  Bresche  zu  schlagen,  indem  sie  lehrten, 
dass  es  dem  Fürsten  freistehe,  jemanden,  der  für  die  muslimische 
<  resellschaft  gefährlich  ist,  mit  Rücksicht  auf  die  Staatsraison  auch 
in  dem  Falle  unschädlich  zu  machen ,  wenn  das  Sari'atrecht  kein 
Mittel  dazu  bietet.  Die  derart  bemessenen  Strafen  werden  politische 
oder  administrative  genannt  {sijäse)^). 

Schon  von  dorn  Ohalifen  'Omar  wird  gesagt,  dass  er  jemanden, 
weil  er  auffallend  schön  war  und  seine  Schönheit  die  Frauen  ausser- 
ordentlich reizte,  verbannen  liess ,  obwohl,  wie  der  Erzähler  des 
Vorfalles  bemerkt,   die   Schönheit  selbst  keine  Sünde   ist2). 

1)  Kadd  ulmulitär  III,   204. 
Lit.    ^>J    v_^ii    ^S    ,V.ßi    [.jnJwbLII     .*a\    Li      ^i3    U     _uJ    ALä    wl     l>.« 


100     Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  ialamit.  Strafrechts,  etc. 

Ich  brauche  wohl  nicht  zu  sagen ,  dass  diese  in  so  gefällige 
Form  gekleidete  Willkür  die  Quelle  zahlreicher  Missbräuche  war 
und  wir  werden  uns  nicht  wundern,  wenn  wir  sehen,  dass  das 
Wort  „sijäsetu  (wörtlich  „Politik"),  das  ursprünglich  gar  keine  ab- 
schreckende  Bedeutung  hatte,  später  gleichbedeutend  mit  der  Arbeit 
des  Henkers  wurde. 

III. 

Somit  kann  ich  an  die  Erörterung  der  einzelnen  strafbaren 
Handlungen  schreiten ,  wobei  ich  nach  Thunlichkeit  jene  Methode 
befolgen  werde,  welche  bei  den  mohammedanischen  Juristen  ge- 
bräuchlich ist.    Ich  halte  mich  hiernach  an  nachstehende  Reihenfolge : 

A)  die  zu  den  göttlichen  Rechten  gehörenden  bestimmten 
Strafen  (hadd); 

B)  die  zu  den  menschlichen  Rechten  gehörenden  bestimmten 
Strafen  (kawad,  Jasäs); 

C)  die  unbestimmten  Strafen  (talzir) *). 


cläJi    ^JM    ^-y*      J?      ?äJ|    äy^fli  jte   S-      Radd  ulmuhtär  III,  204. 

1)  Die  mohammedanischen  Rechtsphilosophen  teilen  die  menschlichen 
Handlungen,  auf  welche  sich  das  Wort  Gottes  bezieht  (mahküni  bih),  vom  Ge- 
sichtspunkte, ob  sich  an  sie  nur  allgemeine  oder  persönliche  Interessen  knüpfen, 
in   drei  Gruppen  ein  und  zwar: 

A)  solche,  die  zu  den  rein  göttlichen  Hechten  gehören  (hukük  ullähi 
chälisa),  welche  die  Interessen  der  Gesamtheit  berühren; 

B)  solche,  die  zu  den  rein  menschlichen  Rechten  gehören  {hukük  ul'ibäd 
rhnlixa),  bei  welchen  es  sich  nur  um  die  Interessen  einzelner  handelt,  wie 
z.  B.  das  Recht  auf  Schadenersatz ,  das  Blutgeld ,  das  Recht  des  Käufers  auf 
den  gekauften  Gegenstand  und  des  Verkäufers  auf  den  Kaufschilling; 

C)  gemischte,  das  sind  solche  Handlungen,  in  welchen  göttliche  und 
menschliche  Rechte  enthalten  sind.    Hier  können  zwei  Fälle  vorkommen.    Entweder 

1.  sind  die  göttlichen  Rechte  überwiegend  (hakk  ullah  f/älib),  wie  z.  B. 
bei  der  Strafe  der  Verleumdung,  wo  es  sich  insofern  um  ein  menschliches  Recht 
handelt,  als  sie  geeignet  ist,  die  beschämende  Anklage  der  Unzucht  von  dem 
Kläger  abzuwälzen,  aber  dennoch  hauptsächlich  ein  göttliches  Recht  ist,  weil 
ihr  Zweck  die  Abschreckung  und   die  Enthaltung  von  einer  ähnlichen  Sünde  ist; 

oder  2.  die  menschlichen  Rechte  haben  das  Übergewicht  (hakk  ul'ibäd 
f/älib) ,  wie  dies  z.  B.  beim  kirn*  wahrzunehmen  ist,  welches  wohl  als  Strafe 
einen  göttlichen  Charakter  trägt,  bei  welchem  das  Recht  auf  Vergeltung  aber 
dennoch,  weil  die  menschlichen  Rechte  überwiegen,  ein  persönliches  Recht  ist, 
welches  auch   den  Gegenstand  der  Erbschaft  bilden  kann. 

Die  göttlichen  Rechte  selbst  zählen  die  mohammedanischen  Kechtsphilo- 
sopben  folgendermaassen  auf: 

1.  die  rein  göttlichen  Ehrungen  ('ibädät  chälisa),  wie  der  Glaube  und 
seine  Abzweigungen,  sowie  die  Gebete,  die  Vermögenssteuer  (zakät) ,  Fasten, 
Pilgerfahrt,   Religionskrieg ; 

2.  die  eine  öffentliche  Last  (kulfe)  enthaltenden  göttlichen  Ehrungen; 
solche  sind  die  sculakat  fitr  genannten  Almosen; 


Krcsmdrih,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  /damit.  Strafrechts,  etc.     101 

Schliesslich  werden  wir  dann  kurz  die  Versuche  kennen  lernen, 
mit  welchen  man  im  türkischen  Reiche  mit  Umgehung  des  Sari'at- 
rechtes  oder,  indem  man  dasselbe  als  Grundlage  nahm,  die  Schaffung 
eines  besonderen  bürgerlichen   Strafrechtes  bezweckt  hat. 


A)  Die  zu  den  göttlichen  Rechten  gehörenden 
bestimmten   Strafen. 

Die  Unzucht  (zt'nä).  Die  Unzucht  ist  nach  mohammeda- 
nischem Rechte  eine  der  schwersten  Imputation  unterliegende  straf- 
bare Handlung.  Die  für  diese  festgestellte  Strafe  gehört  zu  den 
göttlichen  Rechten  und  will  der  Gesetzgeber  durch  dieses  strenge 
Verbot  die  Lauterkeit  der  Familienabstammung  bewahren.  Dem 
entsprechend  kann  von  Unzucht  nur  dort  die  Rede  sein ,  wo  die 
Lauterkeit  der  Familienabstammung  in  der  That  durch  Handlungen 
der  Schuldigen  gefährdet  ist.  Einfaches  Küssen .  Kosen  oder  Per- 
versität stellen  die  strafbare  Handlung  der  Unzucht  noch  nicht 
fest.  Bei  Bemessung  der  Strafe  muss  untersucht  werden,  welches 
der  Familienstand  des  Schuldigen  zur  Zeit  der  Begehung  der  Un- 
zucht ist,  denn  die  Strafe  ist  dementsprechend  zweierlei  Art. 

In  die  erste  Gruppe  gehören  jene  Thäter,  die  in  einem  an- 
ständigen Familienstande  leben  (mühsam,)1).    Als  solcher  wird  jeder 


3.  eine  eine  göttliche  Ehrung  enthaltende  öffentliche  Last,  wie  z.  13.  die 
Zehentzahlung  ('usr); 

4.  eine  ein  Strafelement  ('ukube)  enthaltende  öffentliche  Last,  z.  B.  die 
char&g  genannte  Grundsteuer; 

ü.  Rechte,  welche  sich  zwischen  den  göttlichen  Ehrungen  und  Strafen 
bewegen,  wie  z.  B.   die  Sühne  (kaffa  r<>\: 

6.  reine  oder  volle  Strafen  ('ukäbe  hämile  oder  mahda),  wie  die  Strafen 
des  Diebstahls,  der  Wegelagerung,  der  Unzucht  u.  s.  w. ; 

7.  mangelhafte  Strafen  ('ukübe  käsire),  z.  B.  der  Verlust  des  Erbrechtes 
des  Mörders; 

8.  ein  selbständiges,  mit  menschlichen  Pflichten  nicht  verbundenes  Hecht 
(hahh  kühn  binafsihi),  wie  das  nach  den  Bergwerksprodukten  Gott  zu  leistende 
Eiinftel  (in  der  Türkei  verfügt  hinsichtlich  des  Eigentumsrechtes  der  im  Innern 
der  Erde  gefundenen  Metalle  u.  s.  w.  der  §  107  des  türkischen  Grundhesitz- 
gesetzes,  siehe  den  Kommentar  'Ali  Hajder,  Sarhi  £edid  li-känüui  lerädi  [türkisch], 
Konstantinopel  1311  [AH.],  paar.  368).  Aus  alledem  ist  zu  ersehen,  dass  die1 
liadd-  Strafen  nicht  nur  ein  göttliches  Recht  und  die  kisäs- artige  Vergeltung 
der  strafbaren  Handlungen  nicht  nur  ein  menschliches  Recht  enthalten.  Die 
Zusammenfassung  der  einzelnen  Strafgruppen  unter  der  im  Texte  vorkommenden 
Bezeichnung  hielt  ich  behufs  leichterer  Behandlung  der  Materie  für  notwendig. 

.2.&\    \j>\    ^säJL/ü    ».iJi    ^säjL    ^S.\\     %.      Radd  ulmuhtär  III,  200. 
Man  kann   das   Wort  jedoch   auch  muJtsin  aussprechen. 
Lfc^tSj  OLaJl  ^..wJCj  (^*a^wU   ^^*j),    Sejeh/.ade,    Sari,  nniltal.a  1,  283. 


102     Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc. 

grossjährige,  freie  Mann  und  jede  grossjährige,  freie  Frau,  die  ge- 
sunden  Verstand  haben,  muslimischer  Religion  sind,  und  in  einer 
konsumierten  rechtswirksamen  Ehe  leben,  betrachtet1). 

In  die  zweite  Gruppe  gehören  diejenigen,  welche  ausserhalb 
dieser  Bestimmung  fallen,  also  die  Ledigen,  Witwen,  die  nicht  zur 
muslimischen  Religion  gehörenden  oder  nicht  freien  Ehegatten. 

Der  anständige  Familienstand  (ihsdn)  kann  auch  dann  bestehen, 
wenn  die  Ehe  schon  aufgehört  hat.  z.  B.  wenn  jemand  eine  Frau 
zur  Gattin  genommen,  sich  von  dieser  geschieden  hat  und  dann 
allein  lebt. 

Die  Strafe  des  Mannes  oder  der  Frau,  die  in  einem  anständigen 
Familienstande  leben,  ist  im  Falle  der  Unzucht,  welches  Delikt 
hier  fast  mit  dem  identisch  ist,  das  die  europäische  Rechtswissen- 
schaft Ehebruch  nennt ,  die  Steinigung.  Jene  Personen ,  welche 
nach  der  obigen  Bestimmung  nicht  zu  den  im  anständigen  Familien- 
stand  lebenden  gezählt  werden  können,  werden  im  Falle  der  Unzucht 
mit  100  Peitschenhieben  bestraft2).  Die  Sklaven  erhalten  die  Hälfte 
dieser  Strafe.  Die  Unzucht  kann  nur  dann  bestraft  werden,  wenn 
der  Thäter  sie  ohne  Zwang,  aus  eigenem  Entschluss,  bewusst  be- 
gangen hat.  Unbewusst  ist  diese  strafbare  Handlung  dann,  wenn 
der  Thäter  darüber,  welcher  Imputation  seine  Handlung  unterliegt, 
im  Zweifel  war  (sublie). 

Der  Prophet  hat  nämlich  erklärt,  dass  die  Strafe  im  Falle 
eines  Zweifels  entfällt3).  Darüber,  was  die  richtige  Definition  des 
Begriffes  Zweifel  ist,  gehen  die  Ansichten  auseinander.  So  viel  ist 
jedoch  gewiss,  dass  dieser  Begriff  und  der  Begi-iff  des  Irrtums  {chatä) 
einander  nicht  decken.  Nach  der  einen  Definition  ist  nämlich  unter 
Zweifel  zu  verstehen ,  wenn  der  Mensch  nicht  recht  weiss,  ob  die 
fragliche   Handlung    erlaubt    oder    verboten  ist:    nach    der    anderen 


l)  pJbj  J.äe  (^ft^KxiU  &jp»)  Kxx<w  (*•>_;■!  i  r)L*ü>!)  Ja.jty*} 

u^y  (.)  ^>jj|  uvL>  u^p  jxo)  wy3  (t-bJij  ^l^sl) 

LuojS?   jS>^\    8^-aaoJ.       Radd  ulmuhtär  III,   205. 

Säfi'i    ist    der    Meinung,    dass    der   Islam    nicht    zu    den  Bedingungen    des 
ihsän  gehöre.     Manäfi'  243. 

Sejchzäde,   Sarh  inultakä  I,  284. 
Ij^Oi    (Hadit). 


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oL^üJLj 

j>dJL  1 

Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc.     103 

Definition ,  wenn  etwas  einer  feststehenden  Sache  ähnlich ,  aber 
dennoch  nicht  feststehend  (täbit)  ist1). 

Die  mohammedanischen  Juristen  unterscheiden  bei  dem  Delikt 
der  Unzucht  dreierlei  (manche  nur  zweierlei)  Formen  dieses  Zweifels  -). 

Die  eine  liegt  dann  vor,  wenn  eine  der  zur  Ableitung  der 
praktischen  Rechtsvorschriften  dienenden  Rechtsgrundlagen  (dalil) 
—  nämlich  der  Koran,  die  Traditionen,  die  übereinstimmenden  An- 
sichten der  zuständigen  Foren  und  die  Rechtsanalogie  —  miss- 
deutet   und    hieraus    gefolgert    werden    kann,    dass    die  im   Grunde 

*Ux\äl    (*£a£j    Jw^ti  J.)  ^4J==2^~  (i&b  ?\y\  »&&  J3>;)  yö\ 

Hierbei  fügt  noch  der  Kommentator  hinzu,  dass  unter  dem  Ausdruck  fCl- 
mahall  die  mautiCa  d.  h.  das  Weib,  mit  welchem  die  Unzucht  begangen  wurde, 
zu  verstehen  sei.     gi-^bjii    %$>    (jj£   J,    »JLS)   Eadd  ulmuhtär  III,   207. 

Nach  Anschauung  der  mohammedanischen  Eechtsphilosophen  gehört  der 
Zweifel  eigentlich  in  die  Kategorie  der  Unwissenheit.  Unter  Unwissenheit  (gaht) 
versteht  man  das  Nichtwissen  dessen,  der  wissen  sollte  (>j>.aXaJ  J._i-> 
.A.a-vw^>*.JLo    ^ix-v^^A^a    ,.^»i    ...<AüL&).       Die    Unwissenheit    wird   je 

nach  dem  Grade  der  etwa  bestehenden  Entschuldigungen  in  vier  Klassen  geteilt. 
In  eine  dieser  Klassen  gehört  auch  der  Zweifel. 

&^e    oUx>!     .  ,jJU>     .,^.i   ^JLa   &*L!   *.**£   eJL5  *.^'i 

,AJA1aaSjJ       c-^°    i'r1?"     i-Ä'     5-^^-^    *-^^s       ^     J*^?"    i^^5-^ 
ci>J>    (x£A-ä>    »AI*.:)    K«j    jlX^LaÄUÜ    (\i>.«    j^j     .J*j,J   (jr^    H-*"*" 

...lAxiLa-J     _j|j    xJLä^ä-»-;    ,W«Jj    ?A>     J..O      .-i»-^    \±^    v\\L^    S «j 

^LTj  *;bS  ca-?  ^ix^v.Av.i'  ^1  sAäää.^'  eNix^A^.  Mahmud  Es'ad, 
a.  a.  O.,   374. 

2)  As:  Lp!  c>-JLc  A.s  .,t.  i\i>  «.ä*j  La  ~a~  &&Li  K;*.^1. 
^i    J^'    Uii    e^ÄÄli    jLs    r^»    iXÜ    <Ä<J     ^S     La     LgJwa    jüJUdtj    *L5> 

»t^>      ic    Lül    o.Jlc.      Fatäwä    Kädichän,    Bfiläk   1282  (AH.),    III,    180. 


104     Kfcsmdrikf  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Straf  rechts,  etc. 

verbotene  Handlung  gestattet  wäre.  So  sagt  z.  B.  der  Prophet  an 
einer  Stelle:  „Du  und  dein  Vermögen ,  ihr  gehört  deinem  Vater". 
Aus  dieser  Kundgebung,  welche  es  eigentlich  ausschliesst,  dass  der 
Gebrauch  des  Vermögens  des  Sohnes  durch  den  Vater  als  verboten 
betrachtet  werde,  kann  der  Vater  folgern ,  dass  er  auf  den  Körper 
der  ein  Eigentum  seines  Sohnes  bildenden  Sklavin  ein  Recht  habe, 
während  dies  sich  nicht  so  verhält.  Eine  derart  begangene  Unzucht 
kann  mit  Rücksicht  auf  den  begründeten  Zweifel  des  Schuldigen 
auch  dann  nicht  bestraft  werden,  wenn  der  Vater  der  Ansicht  war, 
dass  das ,  was  er  gethan  hat ,  nicht  gestattet  war.  In  diesem 
Falle  ist  es  daher  vollkommen  indifterent,  ob  der  Unzucht  treibende 
Manu  im  guten  Glauben  vorgegangen  ist  oder  nicht.  Einer  ähn- 
lichen Beurteilung  unterliegt  die  Unzucht,  welche  der  Verkäufer 
einer  verkauften  Sklavin  vor  ihrer  faktischen  Übergabe,  oder  die- 
jenige Unzucht,  welche  der  Bräutigam  an  der  als  Brautgeld  an- 
gebotenen Sklavin  ebenfalls  vor  der  Übergabe  begeht;  denn  da  die 
vorherigen  Eigentümer  bis  zur  Übergabe  für  diese  Frauen  dem 
Vermögen  nach  verantwortlich  sind,  hat  ihr  Eigentumsrecht  noch 
nicht  aufgehört  und  so  konnten  sie  im  Zweifel  darüber  sein ,  ob 
ihnen  noch  das  Recht  des  Beischlafes  mit  ihnen  zukomme,  während 
dieses  Recht  infolge  des  Verkaufes  eigentlich  vernichtet  wurde. 
Der  Verkehr  des  Gatten  mit  seiner  Frau  bei  jener  Art  der  Scheidung, 
welche  die  mohammedanischen  Juristen  eine  Verstossung  durch 
zweideutige  Ausdrücke  nennen1),  während  der  bei  der  Frau  vor- 
geschriebenen Wartezeit  {'idde),  unterliegt  ebenfalls  einem  solchen 
lockeren  Verbot,  wenn  dies  auch  rechtlich  Unzucht  ist. 

Diese  Form  des  Zweifels  nennen  die  muselmanischen  Krimina- 
listen subhe  fölmahall,  einen  Zweifel  hinsichtlich  der  Zulässigkeit'-) ; 
man  könnte  sie  auch  Zweifel  hinsichtlich  des  Eigentumsrechtsver- 
hältnisses nennen3).    Aus  dem  Umstände,  dass  hier  die  Gutgläubig- 


*\.z>   ^.c    Liil   ^i>.♦JLc   i3Ls     ..lj   <Ar=-   *^A~>f.   "3   äAxil.     Kädichän,  a.a.O. 

2)  Der  Zweifel  erseheint  in  diesem  Falle  vorzüglich  deshalb  begründet, 
weil  die  Rechtsgrundlage  (dalil) ,  strikte  genommen,  eigentlich  die  Auffassung 
des  Schuldigen  unterstützt,  indem  der  oben  erwähnte  Ausspruch  des  Propheten 
„anta  wa-mälulea  li-abika"  als  eine  allgemeine  Ermächtigung  des  Vaters,  das 
Vermögen  des  Sohnes  in  beliebiger  Weise  zu  gebrauchen ,  gedeutet  werden 
kann,  welcher  Deutung  wohl  die  konträre  Bestimmung  des  zyma'  wider- 
spricht. Da  es  sich  nun  hier  um  den  Umfang  der  Rechtswirkung  (hukm)  des 
dalil  handelt,  wird  dieser  Zweifel  als  hukmijje  bezeichnet.  Der  Ausdruck 
fi'lmahall  wäre  daher  weniger  zutreffend  mit  „Zweifel  hinsichtlich  des  Ortes" 
wiedergegeben.     Radd  ulmuhtär  III,  207.   208. 

\l    iXIL*    m»X  ,  c\    üXLII       -ÄX4J     ,J^aä.Ü   »1   »J   bi^JU^o    a.   a.   O. 


Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc.     105 

keit  des  Thäters  nicht  gefordert  wird,  geht  offen  hervor,  dass  man 
diese  Art  der  Befreiung  von  der  Strafe  nicht  richtig  einen  Zweifel 
nennt.  Da  aber  in  der  mohammedanischen  juristischen  Terminologie 
dies  ihr  Name  ist,  konnte  ich  diesen  in  Ermangelung  eines  besseren 
Ausdruckes  nicht  mit  einem  anderen  vertauschen. 

Die  zweite  Form  des  Zweifels  kommt  dann  zustande,  wenn 
jemand  einen  Umstand,  welcher  keine  Rechtsgrundlage  (dalil)  bildet, 
für  eine  solche  nimmt  und,  von  einer  falschen  Voraussetzung  aus- 
gehend, des  Glaubens  ist,  dass  irgend  eine  Handlung  gestattet  sei. 
In  diesem  Falle  hat  der  Angeklagte  seine  Gutgläubigkeit  unbedingt 
zu  behaupten,  d.  h.  er  muss  behaupten,  dass  er  des  Glaubens  ist, 
die  durch  ihn  begangene  Handlung  sei  gestattet,  denn  ohne  dieses 
Vorgehen  wird  die  vorgeschriebene  Strafe  auf  ihn  angewendet.  Eine 
derartige  Behauptung  ist  ohne  jeden  Beweis  anzunehmen. 

Ein  Beispiel  für  diese  Form  des  Zweifels  ist,  wenn  der  Sohn, 
davon  ausgehend,  dass  die  Kinder  während  des  Lebens  der  Eltern 
deren  Vermögen  dem  Usus  nach  ungestört  benützen,  glaubt,  er  dürfe 
mit  der  Sklavin  seines  Vaters  oder  mit  der  seiner  Mutter  Inzucht 
treiben,  während  dafür,  dass  die  Kinder  das  Vermögen  ihrer  Eltern 
benützen ,  keinerlei  rechtliche  Grundlage  vorhanden  ist.  Für  den 
umgekehrten  Fall  besteht  die  Rechtsgrundlage  in  dem  erwähnten 
Ausspruche  des  Propheten:  „Du  und  dein  Vermögen,  ihr  gehört 
deinem  Vater".  Der  ähnliche  Glaube  des  Gatten  gegenüber  der 
Sklavin  seiner  Frau  und  der  des  Sklaven  gegenüber  der  Sklavin 
seines  Herrn  kann  auf  derselben  Grundlage  als  Entschuldigung 
dienen,  wie  die  Gutgläubigkeit  des  Sohnes,  wenn  er  mit  der  Sklavin 
seines  Vaters  Unzucht  treibt;  denn  der  Gatte  benützt  in  der  Regel 
mit  Recht  das  Vermögen  seiner  Frau  und  der  Sklave  das  seines 
Herrn.  Kraft  des  Princips  des  Zweifels  bleibt  auch  derjenige  Gatte 
straflos ,  der  sich  von  seiner  Frau  nach  jener  Art  der  Trennung 
getrennt  hat,  die  dreifache  Trennung  genannt  wird,  mit  seiner  Frau 
während  ihrer  Wartezeit  verkehrt  und  behauptet,  er  habe  dies  für 
zulässig  gehalten1).  Strafbar  ist  jedoch  die  Unzucht  dann,  wenn 
sie  jemand  z.  B.  mit  der  Sklavin  seines  Bruders  oder  seines  Onkels 
treibt;  selbst  wenn  er  behauptet,  er  habe  geglaubt,  dies  sei  gestattet, 
hat  der  Zweifel  crar  keine  Besn-ündim^. 


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I,  184. 

106     Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc. 

Dadurch,  dass  die  Gesetzgebung,  indem  sie  einen  begründeten 
Zweifel  honoriert,  die  Übernahme  der  rechtlichen  Folgen  der  straf- 
baren Handlung  dem  Gewissen  des  Angeklagten  überlässt  und  diesem 
damit  sozusagen  die  eigene  Beurteilung  anheimstellt,  macht  uns  das 
mohammedanische  Strafrecht  mit  einer  eigentümlichen  Art  der  Selbst- 
justiz bekannt,  deren  Variationen  wir  insbesondere  bei  dem  Delikt 
des  Diebstahls  wiederholt  begegnen  werden. 

Diese  zweite  Form  des  Zweifels  wird  Zweifel  in  der  Handlung 
genannt  (suhltet  ulfi'l,  auch  subhet  ulistibdh). 

Ich  bemerke,  dass  die  in  Unzucht  erzeugten  Kinder  nicht  un- 
bedingt illegitim  sind.  Wenn  nämlich  die  Parteien  die  Unzucht  mit 
der  ersterwähnten  Form  des  Zweifels  entschuldigen,  dann  kann  die 
Vaterschaft  durch  Klage  festgestellt  werden,  was  bei  dem  zweiten 
Zweifel  jedoch  nicht  der  Fall  ist.  Denn,  so  sagen  die  orientalischen 
Juristen ,  selbst  wenn  der  Thäter  durch  Berufung  auf  den  Zweifel 
der  Strafe  entgeht,  so  sind  dennoch  die  in  diese  Kategorie  gehören- 
den strafbaren  Handlungen  nichts  anderes  als  wirkliche  Unzucht. 

Die  dritte  Form  des  Zweifels  ist  diejenige ,  welche  man  den 
Zweifel  hinsichtlich  des  Verbindlichkeitsverhältnisses  nennt  (subhet 
ul'akd).  Dieser  Zweifel  kommt  am  häufigsten  als  Zweifel  hinsichtlich 
der  Eheverbindlichkeit  vor  und  besteht  darin,  dass  jemand  mit  einer 
Frau  im  ehelichen  Verhältnisse  lebt,  mit  welcher  er  infolge  des 
zwischen  ihnen  bestehenden  trennenden  Ehehindernisses  keine  Ehe 
hätte  schliessen  dürfen.  Behauptet  nun  der  Angeklagte ,  er  habe 
von  diesem  Verbot  keine  Kenntnis  gehabt,  so  wird  er  von  der  Strafe 
der  Unzucht  befreit.  Es  steht  jedoch  dem  Richter  das  Recht  zu. 
die  Betreffenden  nach  seiner  besten  Ansicht  mit  irgend  einer  Strafe 
(ta'zir)  deshalb  zu  belegen,  dass  sie  etwas  nicht  gewusst  haben, 
was  den   ordentlichen  Umständen  gemäss  allgemein  bekannt  ist. 

Die  Unzucht  kann  infolge  des  Princips  des  Zweifels  nicht  be- 
straft werden,  wenn  jemandem  eine  Frau  zugeführt  wird  und  man 
ihm  sagt,  sie  sei  seine  Braut.  Doch  muss  der  Mann  nach  dem 
Beischlaf  die  ihr  gesetzlich  zukommende  Brautgebühr  bezahlen. 
Der  Irrtum,  die  Irreführung  oder  der  Schein  derselben  sind  infolge 
der  Eigentümlichkeit  der  mohammedanischen  Eheschliessungen,  nach 
welchen  die  Verlobten  in  vielen  Fällen  einander  nicht  kennen,  leicht 
möglich.  Doch  wird  Unzucht  begangen  und  sie  ist  strafbar,  wenn 
der  Mann  in  einem  eigenen  Bette  eine  fremde  Frau  trifft  und  mit 
dieser  den  Beischlaf  ausführt,  und  zwar  auch  in  dem  Falle,  wenn 
der  Mann  eventuell  blind  ist,  denn  der  Thäter,  der  seine  Frau 
kennen  muss,  hat  die  erforderliche  Sorgfalt  ausser  Acht  gelassen1). 


l)  tZs-^j  l&Jäh  (x-^Li  ,J.z.  ^>A^>3  »|y*0  s-kjj  (.  .  .  .  ~\>») 
e>.^>.:  'Jl  üJjUj  *Xj.:>.5  l3>lcJ  \5\  "3\  $y~Xi  *J*£+zJ  (^•♦c!  j-2  j-|.) 
.\X>»:    *jw.Lj    X&li    LSI    ,\    u.  s.  w.     Kadd  ulmulitär  III,  213. 


Krcsmärik,  ßeitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Straf  rechts,  etc.     107 

Der  der  Unzucht  angeklagte  Mann  kann  nicht  bestraft  werden, 
wenn  er  behauptet,  dass  sein  Genosse  in  der  als  Delikt  qualificierten 
Handlung  seine  eigene  Frau  war,  selbst  wenn  diese  Behauptung 
nicht  wahr  ist ').  Derselben  Auffassung  werden  wir  auch  bei  dem 
Delikt  des  Diebstahls  begegnen,  nach  welcher  dieses  straflos  bleibt. 
wenn  der  Thäter  behauptet,  die  gestohlene  Sache  sei  sein  Eigentum. 

Behauptet  einer  der  Schuldigen  von  sich ,  dass  er  unter  dem 
Einfluss  eines  Zweifels  gehandelt  hat,  dann  geht  die  Bechtsfolge 
des  Zweifels,  welche  in  der  Straflosigkeit  bestellt,  notwendigerweise 
auch  auf  die  andere  schuldige  Partei  über  -). 

Die  infolge  eines  Zwanges  begangene  Unzucht  kann  ebenfalls 
nicht  bestraft  werden ,  mit  dem  Unterschied  jedoch ,  dass,  während 
der  Zweifel  als  eine  innere  Thatsache.  die  ohnedies  nicht  bewiesen 
werden  kann ,  nur  behauptet  werden  muss ,  der  Angeklagte  den 
Zwang  als  eine  Handlung  einer  dritten  Person  zu  beweisen  hat. 

Wenn  wir  uns  nun  die  bisher  geschilderten  Kriterien  des 
Begriffes  der  Unzucht  vor  Augen  halten,  wird  uns  die  Definition 
dieses  Deliktes  von  Seite  der  mohammedanischen  Juristen  ver- 
ständlich, dass  eine  strafbare  Unzucht  begangen  wird,  wenn  ein 
volljähriger  Mann,  der  gesunden  Verstandes  ist,  aus  freier  Ent- 
Schliessung mit  einer  Frau,  an  der  er  kein  Eigentumsrecht  hat 
und  bei  der  auch  darüber,  dass  er  kein  Eigentumsrecht  an  ihr 
hatte,  kein  Zweifel  vorlag,  mit  deren  Zustimmung  geschlechtlich 
verkehrt.  Oder  wenn  wir  jenen  Teil  der  Definition  weglassen,  der 
im  allgemeinen  zum  Begriff  jeder  strafbaren  Handlung  notwendig 
ist,  so  lautet  diese  Definition  dahin:  der  Beischlaf  mit  einer  Frau 
ohne  Eigentumsrecht  oder  ohne   Zweifel  bezüglich  dieses  Kechtes:;). 

Infolge  des  Princips,  dass  die  Strafe  nur  dort  bemessen  werden 
kann,  wo  der  Islam  die  Bechte  der  Souveränität  ausübt,  bleibt  die 
strafbare  Handlung  ohne  Strafe,  wenn  sie  in  einem  fremden  Staate 
oder  auf  dem  Schauplatz  einer  Empörung,  wenn  auch  durch  einen 
muselmanischen  Bürger,    begangen  wurde.     In    einem   mohammeda- 


1)  Eine  nachträgliche  Ehe  zwischen  den  wegen  Unzucht  verklagten  Personen 
befreit  jedoch  dieselben  von  der  Haddstrafe  nicht: 

X>.:     oJ'j"   lML     \Xc    lXä-     jiä*     ^x^-»:     Lp!        JL-'i        _cOi     «J.S 

AjüJl    ^iöj    *J    't^JÜ    ^    \j^S    äüLJi.      Sejchzade,  Sarh  multakä  I,  283. 

5  ,»,/£>    .j>^SI   wJ'Jl      Jt.     Radd  almubtar  III,  210. 

3)  iJCiA^j   *KLa   ^c  ^l~>  X^'i  J,   v-äiX«     Jk}    LiJL.    Sejchzäde, 
Sarli   rnultakä   I.   282. 


108     Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islarnit,  Strafrechts,  etc. 

nisclien  Staate  hingegen  wird  auch  der  Schutzbefohlene  (r/immi) 
wegen  Unzucht  der  strafrechtlichen  Verantwortlichkeit  unterzogen, 
denn  nach  der  mohammedanischen  Theorie  ist  die  Unzucht  nach 
der  Lehre  jeder  Religion  eine  verdammenswerte  Handlung.  Un- 
zucht ,  welche  in  einem  mohammedanischen  Staate  von  Personen 
begangen  wurde,  von  welchen  keine  der  mohammedanischen  Religion 
angehört  und  mohammedanischer  Untertan  ist  {mustämin) ,  unter- 
liegt keiner  Strafe ,  aber  nicht  deshalb ,  als  würde  ihre  Handlung 
nicht  als  Unzucht  betrachtet,  sondern  weil  auf  solche  Personen  das 
Strafrecht  des  Islams  sich  nicht  erstreckt x). 

Es  wird  nicht  als  Unzucht  betrachtet,  wenn  ein  nicht  voll- 
jähriger Mann  oder  ein  Mann  von  nicht  gesunder  Vernunft  mit 
einer  volljährigen  und  mit  gesunder  Vernunft  begabten  Frau  den 
Beischlaf  ausübt;  steht  die  Sache  aber  umgekehrt,  dann  gilt  das 
Delikt  der  Unzucht  als  festgestellt. 

Das  Delikt  der  Unzucht  ist  entweder  durch  Geständnis  oder 
durch  Zeugenaussagen  zu  beweisen.  Durch  Zeugenaussagen  kann 
dieses  Delikt  dann  bewiesen  werden,  wenn  vier  männliche  Zeugen 
zusammen  zur  selben  Zeit  Zeugenschaft  über  die  Unzucht  ablegen, 
und  zwar  mit  dem  klaren  Ausdruck ,  dass  die  Thäter  miteinander 
Unzucht  getrieben  haben2).  Zur  richterlichen  Konstatierung  des 
Deliktes  genügt  es  daher  nicht,  wenn  die  Zeugen  nur  aussagen, 
dass  die  Angeklagten  miteinander  geschlafen,  gekost  haben,  sondern 
sie    müssen    direkt    die  Unzucht    beweisen3).      Auch    der  Ausdruck 

l)  Abu  Jüsuf  behauptet  das  Gegenteil  und  meint,  dass  der  Mustämin, 
solang  er  sich  auf  muhammedanischem  Territorium  befindet,  die  Verfügungen  des 
Islams,  mit  Ausnahme  des  Verbotes  des  Weintrinkens,  zu  beobachten  ver- 
pflichtet sei : 

j*M    *— >jÄ    J,    ^Si    vA^S    li.5 J .     Sejchzl.de,  Sarh  multakä  I,  288. 

ulmuhtär  III,  19C. 

Das  Urteil  kann  damit,  dass  der  Kichter  persönlich  Kenntnis  von  dem 
Begehen  des  Deliktes  habe,  nicht  begründet  werden. 

^lil  ^J*  jjk+j  3'finJL  oW  l/üb   L3^3    LiJl    e>.^_5 

.  -xsL&Jlj  .0  .  gJ^  -5jlr>  SC^Ä  iv*-^  *-dle  .-3.  Sejchzädo,  Sarl.i 
multakä  I,  282. 

3)   j   J^'L-^    '-r^y  £    L-r^^   *\+i[)    [jJLSj   i*£i«3   IjJUj   |-3Ls) 


Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Straf  rechts,  etc.     109 

verbotenen  Beischlafs  genügt  nicht.  Es  ist  indifferent,  in  welcher 
Sprache  die  Zeugen  aussagen;  in  dem  von  ihnen  angewendeten 
Ausdruck  muss  jedoch  der  Begriff'  der  Unzucht  enthalten  sein. 

Der  Richter  hat  die  Zeugen  von  Amtswegen  zu  befragen ,  ob 
sie  es  wissen,  worin  die  Unzucht  bestanden,  in  welcher  Weise,  wo, 
wann  und  mit  wem  sie  begangen  wurde.  Ohne  Klärung  dieser 
Fragen  kann  das  Delikt  und  dessen  Rechtsfolgen  nicht  festgestellt 
werden.  Darüber,  in  welcher  Weise  die  Unzucht  begangen  wurde, 
müssen  die  Zeugen  deshalb  befragt  werden ,  weil  es  möglich  ist, 
dass  jene  Art  des  Kosens,  welche  der  Tbäter  angewendet  hat. 
rechtlich  keine  Unzucht  ist.  Wo  die  Handlung  geschehen,  ist  des- 
halb wichtig,  weil  eine  auf  dem  Gebiet  eines  fremden  Staates  oder 
auf  dem  Schauplatz  einer  Empörung,  d.  h.  einem  ausserhalb  des 
Gesetzes  stehenden  Orte,  begangene  Unzucht  nicht  bestraft  werden 
kann1).  Die  Zeit,  in  welcher  die  That  begangen  wurde,  muss  mit 
Rücksicht  auf  die  Verjährung  festgestellt,  während  die  Frage,  mit 
wem  die  Unzucht  getrieben  wurde ,  deshalb  gestellt  werden  muss, 
weil  es  möglich  ist,  dass  sich  jemand  mit  einer  solchen  Frau  ver- 
gangen bat,  von  der  er  im  irrigen  Glauben  war  oder  sein  konnte, 
dass  er  mit  ihr  geschlechtlich  verkehren  dürfe  (Zweifel). 

Die  kollektive  Aussage  der  vier  männlichen  Zeugen  ist  ein  so 
wesentliches  Erfordernis  der  Konstatierbarkeit  dieses  Delikts,  dass. 
wenn  nur  drei  Zeugen  erscheinen  und  dafür  Zeugenschaft  ablegen, 
dass  jemand  Unzucht  getrieben  habe,  der  Geklagte  nicht  nur  keiner 
strafbaren  Verantwortlichkeit  unterzogen  wird,  sondern  sogar  die 
Zeugen  wegen  Verleumdung  bestraft  werden. 

Im  allgemeinen  kann  auch  der  Gatte  als  Zeuge  gegen  seine 
Frau  angenommen  werden.  [Als  Ausnahme  von  dieser  Regel  kann 
der  Fall  gelten,  wenn  der  Mann  seine  Frau  mit  Ehebruch  ver- 
leumdete {hadf).  Wenn  daher  einer  der  vier  Zeugen  der  Gatte 
der  angeklagten  und  von  ihm  verleumdeten  Frau  ist ,  so  sind  die 
anderen  drei  Zeugen  wegen  Verleumdung  zu  bestrafen ,  und  bat 
sich  der  Gatte  an  Stelle  der  Haddstrafe  für  Verleumdung  der 
Ceremonie  des  li'dn  zu  unterwerfen'2).] 


fällbare  II,  237.  'Omar  I.  fand  das  Delikt  der  Unzucht  in  einem  ihm  zur 
Entscheidung  vorgelegten  Falle  nicht  bewiesen,  trotzdem  drei  Zeugen  regelrecht 
deponierten,  und  auch  aus  der  Aussage  des  vierten  Zeugen  auf  die  Schuldig- 
keit des  Angeklagten  gefolgert  werden  konnte,  weil  der  letztere  nur  soviel  sagte : 

Ul>.    0-.jl._3     \   ^—>  Ij    lyoU     LJ-e.     -v^SÜ.     iüJu     w/itA'si    vü«.jL 
ü5üJ»   s.\  ^    La    (CjJ»!    \     .Us>    ^SS    sJütc       ic.     a.  a.  O.  23G. 

1)  v )  ^=1-     ,lj     t    LiJÜ    Js-S>    ^    fci^L     Radd  ulmuhtär  III,   195. 

2)  cX-'i       .«jp      ...uXi-io     s^v«    KÜLaJ     pL>,     ~»Jl     _~iÄs     ...t» 
'  —  v  i^  _j  •  •  J     Q^J  -  \D-* 

~*;*\     -»c^Lj»      ,,»0^3£.      (jfauhare  II,  237.     Li'dn   ist    der    vom    Ehemanne 


HO     Kresmdrik,  Bcitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc. 

Ergiebt  es  sich  nach  der  Bestrafung  des  Angeklagten ,  dass 
die  Aussagen  eines  der  Zeugen  aus  irgend  einem  gesetzlichen  Grunde 
nicht  hätten  zugelassen  werden  dürfen,  dann  gebührt,  wenn  die 
Strafe  in  der  körperlichen  Züchtigung  des  Unzucht  treibenden 
Mannes  bestanden  hat,  dafür  kein  Ersatz.  Wurde  aber  der  An- 
geklagte gesteinigt,  dann  können  seine  Rechtsnachfolger  für  sein 
Leben  von  dem  Ärar  Blutgeld  verlangen.  Zieht  dagegen  nach  der 
Steinigung  des  Angeklagten  einer  der  vier  Zeugen  sein  Geständnis 
zurück,  dann  ist  dieser  eine  wegen  Verleumdung  zu  bestrafen  und 
hat  ein  Viertel  des  Blutgeldes  {dijet)  zu  bezahlen.  Zieht  aber  ein 
Zeuge  vor  der  Steinigung  des  Angeklagten  sein  Geständnis  zurück, 
so  harrt  aller  vier  Zeugen  die  Strafe  wegen  Verleumdung  und  die 
Steinigung  des  Angeklagten  unterbleibt.  Giebt  es  jedoch  fünf 
Zeugen ,  dann  ist  die  Zurückziehung  des  Geständnisses  eines  der 
Zeugen  mit  keinerlei  Folgen  vei'bunden. 

Sobald  der  Richter  die  strafbare  Handlung  durch  ein  Urteil 
festgestellt  hat,  hat  er  die  Strafe  zu  vollstrecken. 

Bei  der  Steinigung  wird  der  Verurteilte  auf  einen  freien  Platz 
geführt,  wo  das  Volk  in  Reihen  aufgestellt  ist,  ebenso  wie  beim 
Gebet  in  der  Moschee.  Ist  eine  Frau  verurteilt,  dann  ist  diese 
behufs  Wahrung  des  Schamgefühls  in  eine  Grube  zu  stellen ,  so 
dass  sie  bis  zur  Hälfte  in  dieser  steht,  und  dann  zu  steinigen. 
Schwangere  Frauen  dürfen  nur  nach  ihrer  Niederkunft  und  Ge- 
nesung vom  Wochenbette  gesteinigt  werden.  Wenn  zur  Erziehung 
des  Kindes  niemand  da  ist,  ist  die  Strafe  bis  zum  Zeitpunkte,  wo 
das  Kind  der  mütterlichen  Pflege    entbehren  kann,    zu  verschieben. 

Mit  den  Steinwürfen  haben  die  Zeugen  zu  beginnen ,  nach 
ihnen  folgen  der  urteilende  Richter  und  das  Volk1).  Wollen  die 
Zeugen  nicht  werfen  oder  sind  sie  bei  der  Vollstreckung  nicht  er- 
schienen oder  mittlerweile  gestorben,  so  unterbleibt  die  Strafe  und 


unter  Anrufung  Gottes  gegen  seine  Frau  ausgestossene  Fluch,  durch  welchen 
er  dieselbe  eines  lasterhaften  Wandels  oder  der  Geburt  eines  im  Ehebruch 
empfangenen  Kindes  beschuldigt.  Tornauw,  Das  moslemische  Recht,  Leipzig 
1855,  pag.  174. 

The  proper  form  of  lidn  is  for  the  judge  to  begin  with  the  husband, 
who  should  bear  witness  four  times,  saying  each  time,  ,1  attest,  by  God,  that 
I  was  a  Speaker  of  the  truth  when  I  cast  at  her  the  Charge  of  adultery"  and 
that  he  should  then  say,  the  fifth  time,  „The  curse  of  God  be  upon  him  if 
he  was  a  liar,  when  he  cast  at  her  the  Charge  of  adultery";  and  in  all  this 
he  should  distinctly  poiut  to  her.  .  .  .  When  both  parties  have  taken  the  lidn, 
the  judfcie  is  to  separate  them.  Neil  B.  E.  Baillie,  A  Digest  of  Moohum- 
mudan  Law,   I,  London   1875,  pag.  338. 

1)  Wenn  sich  das  Volk  weigert  den  Verurteilten  zu  bewerfen,  so  sind  zu 
diesem  Behufe  auf  Kosten  des  Arars  Leute  aufzunehmen. 

,  *-o»l  ..^VÄavI  _^*.^-l.  »  .\ÄJ^I  LLic!  MjJL*Ji  c>v;J.  Targumet 
ul'I'ahäwi  IV,  340. 


Krcsmärik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc.     \\\ 

zwar  deshalb,  weil  es  möglich  ist,  dass  die  Zeugen  oder  wenigstens 
einer  von  ihnen  das  Geständnis  zurückgezogen  hätten ,  in  welchem 
Falle  das  hierauf  basierende  Urteil  nicht  bestehen  würde. 

Der  gesteinigte  Schuldige  wird  gewaschen,  nach  den  Vor- 
schriften der  Eeligion  in  Leintücher  gehüllt  und  dann  betet  man 
über  ihm. 

Wurde  der  Beschuldigte  zur  körperlichen  Züchtigung  ver- 
urteilt, dann  werden  ihm,  wenn  es  sich  um  einen  Mann  handelt, 
die  Kleider  mit  Ausnahme  der  notwendigsten  unteren  ausgezogen 
und  er  muss  die  Peitschenschläge  stehend  ertragen ,  welche  nicht 
an  einer  Stelle,  sondern,  mit  Ausnahme  des  Schädels,  des  Ge- 
sichtes u.  s.  w.,  an  verschiedenen  Teilen  des  Körpers  zu  applicieren 
sind.  Die  Schläge  dürfen  weder  überaus  stark,  noch  sehr  schwach 
sein.  Die  Peitsche  darf  keinen  Knoten  haben ,  denn  'Ali  hat ,  als 
er  eine  solche  Strafe  anwandte,  den  Knoten  von  der  Peitsche  ent- . 
lernt.  Von  100  Schlägen  darf  man  dem  Angeklagten  an  einem 
Tage  nur  50  applicieren,  die  übrigen  müssen  auf  den  nächsten  Tag 
verschoben  werden.  Die  Frauen  legen  bei  der  Züchtigung  die 
Kleider  nicht  ab,  ausgenommen  die  pelzartigen,  welche  die  Schläge 
unwirksam  machen  würden,  auch  erleiden  sie  die   Strafe  sitzend. 

Die  Unzucht  kann  auch  durch  das  Geständnis  des  Tkäters  als 
bewiesen  betrachtet  werden 1).  Das  Geständnis  zieht  dieselben 
Folgen  nach  sich,  wie  die  Aussagen  der  Zeugen,  nur  müssen  beide 
Parteien  geständig  sein,  denn  wenn  die  eine  die  Handlung  leugnet, 
kann  das  Verbrechen  nicht  festgestellt  und  die  Strafe  der  Partei 
nicht  auferlegt  werden.  Nur  Grossjährige  und  solche,  die  bei  voller 
Vernunft  sind,  können  ein  rechtsgültiges  Geständnis  machen.  Das 
im  trunkenen  Zustand  gemachte  Geständnis  ist  nichtig. 

Nach  der  Analogie  der  gesetzlichen  Anordnung,  dass  zum  Be- 
weise der  Unzucht  vier  Zeugen  notwendig  sind,  wurde  die  Theorie 
-aufgestellt,  dass  der  Thäter  das  Geständnis  viermal  hintereinander 
zu  verschiedenen  Zeiten  vor  dem  Richter  wiederholen  muss,  da  der 
Richter  es  sonst  nicht  berücksichtigen  kann-).  Der  Richter  weisl 
den  geständigen  Thäter  zum  ersten,  zweiten  und  dritten  Mal  unter 
dem    Titel    zurück,    dass    zur   Gültigkeit    des   Geständnisses    dessen 


1)  Das  Geständnis  eines  Dimmi  wird  ebenso  berücksichtigt,  wie  das  eines 
Muslims.  Nur  dass  seine  Strafe,  wie  überhaupt,  nicht  die  Steinigung,  sondern 
die  Peitsche  ist: 

l&ü>  J^>   £aa3JI    iJoyA   ^JJ!  jSl  jis    ^l~^i    3ojJLi    SX 

^N-.l .      Sejchzäde,  Sarh  multakä  I,  283. 

2)  s/j    0.^>    &*JIjI     ,iJJl     »Xj    »-O    -.-AJui    Li:    »l\ä?   ^j; 
'     -TJ7      JT'  -      JJ  JTJi    >■•       V        "        J  -) 

är<M)t*i>       ö?    _^,«jü»I  oweLäi   Li:   <A=>    a»Äj,;»i    ^l\j;    \L\*Xj!    ,1'sI 


jUaJj!  .      Fetäwä  'AH  ef.,  I.  Bd.,  pag.  184. 


112     Krcsmdrik,  Bcitr.  z.  Beleuchtung  d.  tslamlt.  Strafrechts,  etc. 

viermalige  Wiederholung  notwendig  sei.  Beim  vierten  Male  kann 
der  Richter  den  betrettenden  Schuldigen  nicht  mehr  zurückweisen, 
sondern  er  verhört  ihn  bezüglich  all  der  erwähnten  Fragen,  nämlich 
in  welcher  AYeise,  wo  und  mit  wem  die  Unzucht  verübt  wurde. 

Wann  die  geständige  Person  die  Unzucht  begangen  hat,  braucht 
nicht  gefragt  zu  werden,  weil  diese  Frage  nur  vom  Gesichtspunkt 
der  Verjährung  des  Deliktes  notwendig  ist.  Die  Verjährung  kann 
nämlich  nur  das  Anhören  der  Aussagen  durch  den  Richter  hindern, 
hat  aber  darauf,  dass  das  auf  Grund  des  Geständnisses  des  An- 
geklagten eingeleitete  Verfahren  eingestellt  werde ,  gar  keine  Wir- 
kung1). Die  Kenntnis  des  Eichters  oder  die  Aussage  der  Zeugen 
darüber,  dass  der  Angeklagte  die  strafbare  Handlung  vor  ihnen 
bekannt  hat ,  bildet  selbst  dann  keinen  genügenden  Beweis  ,  wenn 
der  Angeklagte  vor  dem  Richter  die  ihm  zur  Last  gelegte  Handlung 
ein-,  zwei-   oder  auch  dreimal  gestanden  hat. 

Das  Geständnis  kann  wann  immer  zurückgezogen  werden  und 
die  Rechtsphilosophen  empfehlen  es  auch,  dass  der  Richter  dem 
seine  Sünde  Gestehenden  die  Zurückziehung  seines  Geständnisses 
dadurch  erleichtere,  dass  er  ihm  sage:  „Vielleicht  war  das  gar 
nicht  Unzucht,  was  du  getrieben  hast,  sondern  nur  einfaches  Kosen, 
Küssen  u.  s.  w.  und  vielleicht  warst  du  im  Zweifel  darüber,  ob  du 
an  die    betreffende  Frau    ein  Recht    hast"2).     Zieht  der  auf  Grund 


JS  13!  w^j-j  aüli  nä^Lbl  ^JLc  ,j^J  rölüxl\  liJi  C)L?  ^  AÜ 
.a£>LäJLj  ä.^äJ!  silj^y  f-*-*-i  L*if  *oLääJ!  mI  si\j.2~}  Jj'sbSlj  *Jj-*3 
n.s   ^J   poLäÄJi   ^  JjM\   v_j^.  jjuü  jAjs-txJi   0^.  ri   iü 

-/toläil    ic!.      -Jl    (jJ2»Äj    »«AÄc».      Sejcbzäde,  Sarh  multakü  I,  283. 

Manche  Juristen  sind  der  Ansicht,  dass  der  Richter  auch  die  geständige 
Person  zu  befragen  habe,  wann  die  Unzucht  begangen  wurde,  weil  es  immerhin 
möglich  ist,  dass  er  das  Delikt  in  seiner  Kindheit  oder  im  irrsinnigen  Zustande 
verübte,  in  welchen  Fällen  natürlich   die  Strafe  zu  entfallen  hätte. 

*Jb>-   ^    .!    8.cIa,o    ^      ^i:    aii    jU->-    xJU.~.j    aot    *,\;o^i    ^£i 

\L.av.j    ,..!       .ix-o    &,a.>I„«aJ|:      a.  a.   O. 

2)  Der  Prophet  verfuhr  nämlich  mit  ähnlichen  Sündern  auf  die  an- 
gedeutete Weise 

U.AjI      J-,      nL',^C      J      »Lj     8.*i/«      Lj».      8-a.avS     L      »»»lali     &xJt       Jwixv«     ^ 


Krcsmürik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  /'damit.  Strafrechts,  etc.     H3 

seines  Geständnisses  Verurteilte  vor  der  Strafe  oder  auch  während 
der  Anwendung  der  Strafe  sein  Geständnis  zurück,  so  lässt  man 
ihn  laufen.  Ja  selbst  wenn  er  vor  der  Strafe  einfach  entflieht, 
kann  er  nicht  verfolgt  werden,  denn  aus  der  Flucht  muss  gefolgert 
werden .  dass  er  sein  Geständnis  zurückzieht ,  wozu  er  berechtigt 
ist.  Die  Ableugnung  des  Geständnisses  gilt  ebenfalls  als  Zurück- 
ziehung1). 

Den  Steinwurf  beginnt  bei  dem  auf  Grund  seines  Geständ- 
nisses zum  Steinwurf  Verurteilten,  da  kein  Zeuge  vorhanden  ist. 
der  urteilende  Richter .  gleichsam  zur  Rechtfertigung  dessen ,  dass 
er  bei  seinem  Verfahren  entsprechende  Gewissenhaftigkeit  entfaltet 
hat;  dann  setzt  das  Volk  die  Steinwürfe  fort. 
[Fortsetzung  im  nächsten  Hefte.] 


<j5^4-j->    :^jl\äj!    _ai    Lj»    JCj  J  yAXCJLo .      Targumet  ulTahäw 

1)  Es  ist  zu  bemerken,  dass  das  Urteil  des  Richters  sich  auf  die  Aussagen 
der  Zeugen  nur  in  dem  Falle  stützen  kann,  wenn  der  Angeklagte  das  ihm 
imputierte  Verbrechen  leugnet.  Sobald  der  Angeklagte  seine  Schuld  bekennt, 
sind  die  Zeugenaussagen  als  null  und  nichtig  zu  kassieren,  und  wird  der  Thäter 
auf  Grund  seines  eigenen  Geständnisses  verurteilt.  Dieses  Geständnis  kann 
ohne  Rücksicht  auf  die  vorangegangene  Deposition  der  Zeugen  ebenfalls  giltig 
•niderrufen  oder  dadurch  -wirkungslos  gemacht  werden,  dass  sich  der  Thäter  der 
Strafe  z.  13.  durch  Flucht  entzieht.  Nach  einigen  Juristen  ist  auch  ein  solches 
Geständnis  viermal  zu  wiederholen. 

A^jOLgjw    ^yX^     -i\    ^s+i    t^Xj    «.^    ^LijJLd    ÄJtJ.I    B.^c    iVg*v    »J» 

^^  öss>Jjmi   UUs-l   o*JiaJ    l*?j5  jäl   53ls    sjU^Jl  JJxö  bS   o5y> 
_.s>o    *.:>.  jj   L?Ä5>    Ojä^i.      Gauhare  II,  238. 

Man  begründet  diese  merkwürdige  Auffassung,  durch  welche  die  Tendenz 
der  mohammedanischen  Straftheorie  —  die  göttlichen  Strafen  in  möglichst 
seltenen  Fällen  anwenden  zu  müssen  —  ganz  deutlich  hervortritt,  damit,  dass 
die  Beweisführung  durch  Zeugen  nur  in  Ermangelung  eines  Geständnisses  zu- 
lässig sei: 

Lgj  JhjJI  Jus  J^&Ji  oläs    .\js$\  j.Ac  »oL^äJ!  -bjÄ  ^.    Radd 

ulmuhtär  III,  199. 


Bd.   LVIII. 


114 


Zur  Quellenkunde  der  indischen  Medizin. 

Von 

Julius  Jolly. 

3.    Ein  alter  Kommentar  zu  Susruta. 

Die  Universitätsbibliothek  in  Cambridge  besitzt  eine  noch 
nicht  katalogisierte  Papierhandschrift  (Add.  2491),  die  auf  dem  Um- 
schlag als  sausrutasäriram  tru°  (trutitam)  bezeichnet  ist,  nach 
den  Unterschriften  aber  das  dritte  Buch,  den  anatomischen  Teil  der 
nyäyacandrikä  panjikä  zu  dem  sausrutam  äyurvcdasästram  ent- 
hält. Offenbar  hat  sich  in  dieser  leider  am  Anfang  und  Schluss 
unvollständigen  Hs.  ein  Stück  eines  alten  Kommentars  zu  Susruta, 
der  Panjikä  des  Gayadäsa,  erhalten,  die  früher  nur  aus  Anführungen, 
hauptsächlich  in  Dallanas  schon  öfter  gedrucktem  Nibandhasamgraha 
zu  Susruta,  bekannt  war.  So  citiert  Roth  in  seiner  Besprechung 
von  Jib.  Vidyasagaras  Ausgabe  dieses  Werkes,  einer  seiner  letzten 
Arbeiten  in  dieser  Zeitschrift  (48,  138  ff.),  die  Einleitung  Dallanas, 
wonach  derselbe  für  seinen  Nibandhasamgraha  die  Tlkä  des  Jaijjhata, 
die  Pafijikäs  von  Gayadäsa  und  Bhäskara  und  die  Tippanas  von 
Mädhava ,  Brahmadeva  u.  a.  benützt  hat ,  fügt  aber  hinzu ,  es  sei 
bisher  von  diesen  älteren  Auslegungen  zu  Susruta  nichts  aufgefunden 
und  nur  die  zwei  Kommentare  von  Daliana  und  Cakrapänidatta 
auf  uns  gekommen.  Auch  in  den  bisherigen  Handschriftenkatalogen 
kommt  Gayadäsa  nicht  vor,  doch  ist  Dr.  P.  Cordier  in  Indien  vor 
einigen  Jahren,  nach  brieflicher  Mitteilung  bei  seinen  Nachforschungen 
nach  Candranandanas  Padärthacandrikä  zu  Vägbkata,  in  den  Besitz 
eines  Stückes  der  Panjikä,  anscheinend  des  Nidänasthänam,1)  gelangt. 
Hiezu  kommt  nun  unsere  Hs.  des  Särlrasthänam.  Dass  dieses  Werk 
Gayadäsa  zum  Verfasser  hat,  seine  Panjikä  ist,  lässt  sich,  obwohl 
sein  Name  darin  nirgends  genannt  wird,  leicht  aus  den  Citaten  bei 
Daliana  darthun.  In  dem  Särirasth.  von  Dallanas  Nibandhas.  wird 
nach  meiner  Zählung  Gayadäsa  oder  Gayin  einundfünfzigmal  citiert, 
wobei  die  allgemeinen  Hinweise  auf  die  Meinungen  und  Lesarten 
früherer  Erklärer  nicht  gerechnet  sind.  So  heisst  es  in  adhy.  2 
des    Särirasth.    bei   Daliana    (p.  542    der  Ausgabe    von  Jib.  Vidy.): 


1)  Cordier  in  Journ.  as.   17,  182,  186  (1.901). 


Jolly,  Zur   Quellenkunde  der  maischen  Medizin.  H5 

gayi  tu  catasrsv  ity  atra  caturthim  sonitaprakrtibhütavisragandhi- 
sonitärtavärtim  manyate  tasyä  eva  sädhyatvät.  Diesem  Citat  ent- 
spricht in  unserer  Hs.  (f.  16a)  die  Stelle:  sonitaprakrtibhütavisra- 
gandkisonitärtavärtih  samuccitä  |  saiva  caturthi  sädhyatvät  tasyäh. 
Gleich  nachher  (p.  543)  folgt  das  Citat:  gayl  tv  atra  durgandhi- 
kunapagandhini  püyasamkäse  pütipüyopame  rnajjatulye  tridosamaline 
iti  vyäkhyäti.  In  der  Hs.  (f.  16a)  heisst  es  ähnlich:  durgandhe 
kunapagandkini  püyasamkäse  püritapüyäbhe  majjäbhe  iti  tridosaje. 
Ebenso  lässt  sich  die  kurz  nachher  erwähnte  Erklärung  Gayins  von 
Susrutas  bhadrasriyam  mit  svetacandanam  in  unserer  Hs.  nach- 
weisen, und  der  Schluss  dieses  Citats  wird  durch  die  Hs.  erst  ver- 
ständlich, indem  bei  Dallana  vor  gandhä0  die  in  der  Hs.  enthaltenen 
Worte:  na  tu  raktacandanakvätham  ausgefallen  zu  sein  scheinen. 
Das  Citat  über  die  Sündhaftigkeit  der  Geburt  von  Zwillingen  und 
die  Notwendigkeit  dieselbe  durch  eine  Busse  zu  sühnen  (p.  549) 
findet  sich  in  der  Hs.  f.  20  b ,  der  nach  Gayin  aus  Käsyapa  an- 
geführte Sloka  auf  f.  21  b.  Iu  adhy.  3  (p.  556)  wird  eine  Aus- 
legung Gayins  citiert,  die  auf  einem  sloka  des  Bhoja  basiert;  die 
Hs.  hat  den  sl.  auf  f.  30  a.  In  adhy.  4  (p.  562)  wird  aus  Gayin 
der  Satz  citiert:  vibhajate  tasmät  kosthät  prthakkaroti ;  die  Stelle 
findet  sich  in  der  Hs.  f.  37  a,  nur  mit  der  Variante  tat  f.  tasmät, 
ebenso  bald  nachher  die  Gayin  zugeschriebene  Lesart  hrdaye  pa- 
cyamänäm  auf  f.  38  a,  wie  auch  das  lange  Citat  aus  Gayin  p.  569 : 
tatra  svabhävatah  suddham  ff.  wenigstens  in  seinem  ersten  Teil 
(bis  darsanät)  in  der  Hs.  f.  42  a  wörtlich  wiederkehrt,  nicht  minder 
auf  f.  45  a  Gayadäsas  Lesart  ausadhikam  f.  audarikam  (p.  571). 
In  adhy.  5  (p.  575)  hat  die  Hs.  f.  47  b  wenigstens  dem  Sinne  nach 
genau  die  Lesart  Gayins:  mahatyo  etc.  In  adhy.  6  (p.  591)  ist 
Gayins  Variante :  stanamüle  dve  u.  s.  w.  und  seine  auf  Bhoja  be- 
gründete Erklärung  derselben  im  Wesentlichen  in  der  Hs.  f.  54  b 
nachweisbar.  In  adhy.  7  am  Ende  wird  Gayin  van  Dallana  (p.  595  f.) 
neunmal  citiert,  doch  lassen  sich  diese  Citate  in  der  Hs.  nur  teil- 
weise verificieren,  auch  liest  die  Hs.  f.  59  a  karnayoh  pafica  panca. 
wo  in  Dallanas  Citat  die  Zahl  16  erscheint:  gayi  tu  karnayoh 
sodasa.  In  adhy.  8  am  Anfang  ist  die  Stelle  f.  60  a,  auf  die  das 
Citat:  ksatena  etc.  (p.  596)  offenbar  geht,  verderbt,  dagegen  das 
Citat:  käsasväsayor  alpayor  märgavisuddhyartham  etc.  (p.  601)  auf 
f.  62  a  fast  vollständig  erhalten.  Das  Citat  in  adhy.  9  (p.  609) 
scheint  in  der  Hs.  zu  fehlen.  Im  letzten  adhy.  ist  das  Citat  : 
garbhanädim  etc.  (p.  613)  deutlich  ein  Auszug  aus  der  Glosse: 
vardhayitvä  etc.  f.  73b,  das  Citat:  desakälauka0  (p.  616)  mit  dem 
charakteristischen  Wort  oka  und  der  Glosse  dazu  erscheint  auf 
f.  74  a,  Gayins  sanmäsäd  statt  der  Vulgata  sanmäsam  und  seine 
Erklärung  des  Ablativs  mit  ürdhvam  (p.  619)  auf  f.  77  b,  kurz  vor 
dem  folgenden  Citat  bricht  die   Hs.  ab. 

Aus    den    häufigen  Anführungen    bei  Dallana    ergiebt  sich   das 
Ansehen,  das  Gayadäsa   als  Kommentator  Susrutas  genoss  und  durch 


\\Q  Jolhj,  Zur   Quellenkunde  der  indischen  Medizin. 

seine  vielen  eigenartigen  Lesarten  und  Erklärungen  und  seine  grosse 
Ausführlichkeit  wohl  auch  verdiente.  Auch  sonst  wird  Gayadäsa 
in  den  medizinischen  Kommentaren  gerne  citiert,  besonders  in  den 
Kommentaren  zum  Mädhavanidäna,  so  im  Madhukosa  (28,  79  ed. 
J.  Tricumaji,  Bomb.  1901),  Ätankadarpana  (Aufrecht,  Bodl.  314),  Ni- 
dänapradlpa  (Eggeling,  I.  0.  Cat.  936).  Auch  mit  dem  pafijikäkära, 
der  bei  Daliana  mehrfach  vorkommt,  ist  jedenfalls  Gayadäsa  gemeint. 
Zweifelhafter  ist,  ob  man  auch  den  öfter  genannten  candrikäkära 
mit  unserem  Autor  identificieren  darf,  da  sein  Kommentar  den 
Titel  °candrikä  mit  anderen  medizinischen  Kommentaren  teilt,  doch 
kann  die  Lesart  des  candrikäkära  im  Text  des  Susruta  im  Madhu- 
kosa 296  wohl  nur  auf  Gayadäsa  gehen.  Über  das  Zeitalter  Gaya- 
däsas  kann  ich  einstweilen  nur  so  viel  sicher  feststellen ,  dass  er 
älter  sein  muss  als  Dallana,  der  bekanntlich  von  Hemädri  (c.  1280) 1) 
citiert  wird  und  Cakradatta  (c.  1060)  citiert,  also  in  das  12. — 13. 
Jahrb.  fallen  muss.  In  Cakradattas  Kommentaren  zu  Susruta  und 
Caraka,  so  weit  sie  mir  zugänglich  sind,  wird  Gayadäsa  nicht  citiert, 
doch  möchte  ich  daraus  nicht  auf  seine  Posteriorität  schliessen,  da 
Cakradatta  überhaupt  keinen  älteren  Kommentator  des  Susruta  mit 
Namen  zu  nennen  scheint  und  da  auch  Gayadäsa  den  Cakradatta 
nicht  nennt,  seine  Citate  überhaupt  einen  altertümlichen  Ein- 
druck machen.  Arn  häufigsten  citiert  er  Caraka,  nach  ihm  Bhoja, 
ausserdem  :  Asvinau  ,  Asvavaidyakam  ,  Käsyapa ,  Jätükarna ,  Närada 
(die  Stelle  über  14  sanda,  12,  11  ff.),  Bharadväja,  Bhälukin,  Visvä- 
mitra,  Vyddhakäsyapa ,  Susruta,  Hiranyäksa  u.  a.  In  dem  auch 
citierten  Jadah  (dharmä0  iti  jadah  f.  20  b,  ähnlich  f.  26  b)  steckt 
vielleicht  der  oft  in  den  Hss.  verderbte  Name  des  ältesten  Kom- 
mentators des  Susruta.  Jejjhata.  Unter  obigem  Bhoja  braucht  nicht 
der  bekannte  König  des  11.  Jahrhunderts  verstanden  zu  werden, 
da  ein  berühmter  Mediziner  Bhoja  schon  in  der  buddhistischen 
Litteratur  auftritt.2)  In  negativer  Beziehung  fällt  das  Fehlen 
Vägbhatas  unter  den  in  unserer  Hs.  wie  auch  in  dem  in  Dr.  Cordiers 
Besitz  befindlichen  Teil  von  Gayadäsäs  Kommentar  citierten  Autori- 
täten auf,  um  so  mehr  als  Cakradatta  schon  häufig  auf  Vägbhatas 
AtStängahrdaya  hinweist,  so  z.  B.  in  seiner  Glosse  zu  Caraka  1,  1,  20 
auf  Ast.  1,1,. 3;  Leider  lässt  die  Hs.,  obwohl  dem  Charakter  ihres 
NägarT  nach  ziemlich  alt,  nicht  nur  an  Vollständigkeit,  sondern 
auch  an  Korrektheit  viel  zu  wünschen  übrig:  möchten  diese  Zeilen 
dazu  beitragen,  die  Aufmerksamkeit  der  Handschriftensammler  auf 
etwa  noch  weitere  in  Indien  vorhandene  Hss.  dieses  wohl  ältesten 
der  erhaltenen  Kommentare  zu  Susruta  zu  lenken. 


1)   Das  von  Cordier  aus   einem  mir  unzugänglichen  Druck  des  Ayurveda- 

Tasäyana  angeführte  Citat  findet  sich  auch    in    der  Londoner  I.  O.  Hs.  No.  927. 

2     Vgl.  Cordier    und  Rhys   Davids  bei  Hardy,    Lit.  Centralbl.   1902  ,  339. 


117 


Neues  von  Alehmed  Emin  Bej. 

Von 

Dr.  Friedrich  Giese  (Constantinopel). 

Mehmed  Ernin  Bej,  über  den  man  jetzt  auch  Horns  Geschichte 
der  türkischen  Moderne  S.  58  nachsehen  kann,  ist  dem  Abendlande 
bisher  nur  durch  den  kleinen  Band  „Türkge  si'iier"  bekannt  ge- 
worden. Ausserdem  sind  noch  einige  Gedichte  von  ihm  hier  und 
da  in  türkischen  Zeitschriften  veröffentlicht  worden,  aber  ein  grösseres 
Werk  ist  seitdem  nicht  erschienen.  Um  so  interessanter  dürften 
daher  die  folgenden  Texte  sein,  die  ich  der  Liebenswürdigkeit  des 
Dichters  verdanke. 

Durch  Gibb:  A  history  of  Ottoman  poetry,  S.  134  Anm.  1 
auf  ihn  aufmerksam  gemacht ,  wünschte  ich  seit  langem  seine 
Bekanntschaft  zu  machen.  Dieser  AVunsch  verwirklichte  sich  im 
vorigen  Winter.  Seitdem  bin  ich  öfter  mit  Mehmed  Emin  zu- 
sammen gewesen  und  habe  viel  mit  ihm  über  Litteratur  im  all- 
gemeinen und  türkische  Litteratur  im  besonderen  gesprochen.  Einen 
hohen  Genuss  bereitete  er  mir  jedesmal  dadurch,  dass  er  mir  einige 
seiner  Gedichte  mit  seinem  wundervollen,  äusserst  modulations- 
fähigen Organe  meisterhaft  vortrug.  Ich  gestehe .  dass  ich  erst 
durch  ihn  den  wunderbaren  Wohllaut  der  osmanischen  Sprache 
wirklich  kennen  gelernt  habe.  Auf  meine  Bitte  erlaubte  er  mir 
die  unten  folgenden  Gedichte  zu  veröffentlichen  und  war  so  freundlich 
mir  eine  Zusammenfassung  seiner  Ansichten  über  Poesie  und  seiner 
Bestrebungen  in  die  Feder  zu  diktieren  (s.  Nr.  I).    Von  den  Texten 

ist  bis  jetzt  nur  Nr.  II  £JS\     _*Jt\JLw.i    in  Nr.  525  des    ..  ..äs  o»-3. 

der  besten,  sich  leider  immer  mehr  verschlechternden  türkischen 
litterarischen  Zeitschrift,  gedruckt,  dürfte  aber  wohl  dem  Abendlande 
noch  nicht  bekannt  sein.  In  der  Orthographie,  die  ein  deutliches 
Beispiel  für  die  souveräne  Verachtung  ist,  mit  der  sie  von  modernen 
Türken  gehandhabt  wird,  bin  ich  in  diesem  Gedicht  der  genannten 
Zeitschrift  gefolgt,  in  den  anderen  Proben  dem  Original  des  Dichters. 
Bevor  ich  die  Texte  selber  gebe,  möchte  ich  jedoch,  obne 
eine  eingehende  Wertschätzung  des  Dichters  —  zu  der  es  jetzt 
noch    nicht    die    Zeit   ist   —    zu    beabsichtigen ,    einige    allgemeine 


HS  Giese,  Neues  von  Mehmed  Emin  Bej. 

Bemerkungen  über  ihn  und  seine  litteravische  Thätigkeit  voraus- 
schicken. 

Mehmed  Emin  ist  im  Jahre  1869  als  Sohn  eines  Fischers  ge- 
boren und  hat  heute  den  Posten  eines  Direktors  im  Archiv  der 
indirekten  Steuern  inne  (^  jO^a  oL,»!  -^aJLJb*  v^oUi  öL*jjw.). 
Er  ist  also  ein  Kind  des  Volkes,  worauf  er  besonders  stolz  ist 
(cf.  Nr.  I  S.  120).  Er  hat  die  ^aJCJU  ^äjC*  besucht,  eine  Schule, 
auf  der  die  türkischen  Civilbeamten  vorgebildet  werden ,  und  also 
eine  nationaltürkische ,  wenn  auch  den  Erfordernissen  der  Neuzeit 
angepasste,  Erziehung  genossen.1)  Das  ist  für  unseren  Dichter  ein 
Vorteil.  Da  er  weder  Französisch  noch  eine  andere  europäische 
Sprache  spricht,  so  ist  er  vor  der  heute  von  den  türkischen  Schrift- 
stellern so  beliebten  Nachahmung  der  Franzosen  bewahrt  geblieben. 
Seine  Dichtung  wurzelt  in  seinem  Volke. 

Er  ist  natürlich  ein  Kind  seiner  Zeit  und  wird  von  ihren 
litterarischen  Geschmacksrichtungen  beherrscht.  Auch  seine  Werke 
stehen,  wie  die  fast  aller  modernen  türkischen  Dichter  und  Schrift  - 
steller,  unter  dem  doppelten  Zeichen  des  Pessimismus  und  der 
Lehrhaftigkeit.  Aber  es  wäre  unnatürlich ,  wenn  die  moderne 
Litteratur  ein  anderes  Bild  zeigen  würde.  Auf  so  viel  altes  hat 
die  jetzige  junge  Generation  verzichten ,  so  unendlich  viel  neues 
lernen  müssen ;  das  Treiben  und  Drängen  des  Auslandes  nach  Ver- 
besserungen hat  doch  auch  in  vielen  Köpfen  —  und  nicht  den 
schlechtesten  - — ■  die  Sehnsucht  etwas  zu  arbeiten  und  zu  leisten 
geweckt;  die  Tastversuche  neuen  Kulturerfordernissen  gegenüber, 
dazu  die  wenig  heiter  blickende  Zukunft  vor  sich :  das  alles  und 
so  manches  andere  hat  den  Werken  der  letzten  Jahrzehnte  den 
Stempel  des  Unbefriedigtseins  aufgedrückt.  Wir  brauchen  daher 
gar  nicht  mit  Hörn  für  den  Weltschmerz  an  Anleihe  beim  Aus- 
lande zu  denken ,  er  ist  durchaus  in  den  heimischen  Verhältnissen 
begründet.  Ein  Dichter,  der  jetzt  einen  heiteren  Lebensgenuss 
und  Kultus  des  Schönen  predigen  wollte,  wäre  für  die  Türkei  ein 
Anachronismus. 

Auch  Mehmed  Emin  will  lehren.  Schon  in  der  Art  der  An- 
lage seiner  Gedichte  zeigt  sich  das.  Nachdem  er  uns  in  den  Ein- 
leitungsversen die  Situation  mit  wenig  Strichen  gezeichnet  hat, 
schliesst  sich  der  Hauptteil  —  gewöhnlich  eine  Lehre  enthaltend, 
die  der  Dichter  seinem  Volke  giebt  —  daran  an ,  so  z.  B.  in 
Nr.  III  und  IV.  Des  Dichters  Aufgabe  ist  es  seine  unwissenden 
Brüder  zu  belehren.  Nicht  an  wenig  hochgebildete  Männer  wendet 
er  sich  —  wie  die  Litteratur  bisher  that  — ,  nein  den  Männern 
und  Frauen  aus  dem  Volke  will  er  Belehrung  und  Trost  bei  ihrer 


1)  Diese  türkischen  Schulen,  die  fast  sämtlich  unter  dem  jetzigen  Sultan 
gegründet  sind ,  leisten  durchaus  gutes.  Sie  übermitteln  —  soweit  das  eben 
möglich   —  eine  Bildung,   die  gleichzeitig  modern  und  doch  national  ist. 


Giese,  Neues  von  Mehmed  Emin  Bej.  119 

Arbeit  bieten.  Darum  erteilt  er  ihnen  den  Rat,  Reichtum  nur  von 
barter  Arbeit  zu  erboffen  (Nr.  X),  mit  der  Zeit  fortzuschreiten,  auf 
Dampfschiffen  zu  arbeiten  und  die  kümmerlichen  eigenen  Fahrzeuge 
aufzugeben  (Nr.  VIII),  darum  tritt  er  der  Waldverwüstung  entgegen 
(Nr.  V)  u.  s.  w.  Für  uns  sind  das  alles  altbekannte  Dinge,  die  uns 
bei  einem  Dichter  lehrhaft  und  eventuell  langweilig  erscheinen,  das 
ist  hier  jedoch  nicht  der  Fall.  Für  einen  grossen  Teil  tüi'kischer 
Leser  wirken  sie  geradezu  wie  eine  Offenbarung  und  haben  den 
ganzen  Reiz  der  Neuheit  für  sich. 

Das  Hauptverdienst  Mehmed  Emins  besteht  jedoch  darin,  dass 
er  zum  ersten  Male  unter  Türken  als  Dichter  den  ernsten  Versuch 
gemacht  hat,  einen  Stil  zu  schaffen,  der  edel  und  einfach,  poetisch 
und  doch  dem  Volke  verständlich  ist.  Inwieweit  er  mit  seinen 
Bestrebungen  Erfolg  haben  wird,  muss  natürlich  die  Zukunft  lehren. 
Jedenfalls  verdienten  sie  in  der  Türkei  weiter  verfolgt  zu  werden. 
Auf  diesem  Boden  könnte  sich  eine  wirklich  türkische  Litteratur 
entwickeln.  Den  Grund  dazu  hat  Emin  Bej  gelegt.  Es  ist  sicher, 
dass  nach  unserem  Geschmack  auch  bei  ihm  noch  zuviel  Freude 
am  Wort,  noch  zuviel  Vorliebe  für  wohlklingende  Perioden  vor- 
herrscht ,  aber  daneben  finden  wir  doch  auch  Stellen,  in  denen  es 
ihm  in  geradezu  grossartiger  Weise  gelingt  mit  wenig  Worten  eine 
gewaltige  Wirkung  hervorzurufen.  So  sind  meiner  Meinung  nach 
die  Einleitungsverse  im  Rekruten  meisterhaft;  ich  wüste  in  keiner 
Litteratur  etwas,  das  sich  ihnen  an  die  Seite  stellen  liesse.  Dem- 
nach wäre  den  Bemühungen  unseres  Dichters  Erfolg  zu  wünschen  : 
aber  selbst  wenn  er  in  seinem  Vaterlande  kein  Verständnis  und 
keine  Förderung  finden  sollte ,  so  wird  er  für  uns  Abendländer 
immer  eine  interessante  Erscheinung  unter  den  türkischen  Litteraten 
bleiben  durch  die  Treue,  mit  der  er  uns  das  Leben  und  die  An- 
schauungen seines   Volkes  vorführt. 

I.  (cfr.  S.  1.) 

L^-c^y  ^y-  r^y  sAj^  ur=^  r^'-*^  j^a  ch 

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V.OaJ  0ci_j;'wj  Oj.i>-j  's-JvLJ  :  +.jx 'S^iS \  *.>J-j  ,1  ..j.a*J»j>  (C^H- 
y>    *.5^Aaäxä.o    ^_Ä.*.jdl_  I    ^.äjJxä^-j    ^c.lyit.j»J>>     JÄ^VÄjti    *.2--->    ji 


120  Giese,  Neues  von  Mehmed  Emin  Bej. 

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-Äj..L**n..w       CÄÄ^J        -XJv^du»«*«     (_)J_*»xJÜj     ,.~w.aXj!    xJj-Lül£>       _A.aw.jI 

OWjLj  c;Lj  J~oli  auüiji  -_SÜ_JU  .j  ^MLij.j  ^c.LyÜj.c»!  dL5x*Jk> 
•  vA-liaj  ,  c_x.aj^  JuJx-ss'vw^o  e^J-^i  !xL»l  xä\£jI  x,w.a^,1_ 
xäaÜ  s_x.Ä^»,i  LjLj  Li!  J^L-s-  »U,  ,-^j^.  8i-^-*-^55^  {5^**^  if^-V*^-?-^ 
vJLaLiJJjl      _äj;^j5   (M'jLo^.j  v-jLäj'  _j  jjkjluli     ,j_5?u|  owyjji  ^j^ 

*.**£»: Lj  (JTjLj  J»a_>Lj  *JLx)_^jt  ^ofj-fc  -i  ,.~jXa)s  ».j"  O.Jfcj  Oys  .i 
»JUavO&J-S»!      r  cJ.A.Ü        _____3.J_X.J.i»!      XAaw.J_X.AJ      ^VääLj»      'xJ_J»S      XA.Cv.j5 

»JÜbSLä   3_\.äJl_n  ,lä    ,_j»j_*ö_x.j!   s_\J[     J»5     _£L_>-     _5s_x,äJL  i^j'XI 

r,'.A^L__'  ,5-*J''-ä  jj^_X.a_^  J.a_>L_Ij  ,.3^5!  ->.j.j  £LIav.j_X.ä5"  i^y-fl.Äjwki' 
xXAwv».ij»_b    (jjiAÄJ»,       -avX-^j-wjl)    ^_X.äj      ..Lwt»JkÄ    xJIaLo     ^s_Xä5» 

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^5  As_X.ij.ijJ  ^Jj»f  3_X.JL_s-  _.!  .i-s-s.LüA^-  jj:,_iji_>  xj^._S*j  ^J_Jli.J»J- 
»5     lMbS»l    1   iÜ.A_»l_    1  iÄ-I;Li    ,_X._>    XJ(  c-lX^-aXO    La_^      '  ,_X,X:^    iJ_IjC*J_jI    8.J 

^-JjJ.Ajf.AV      _jlÄ_^   jJ      cM_J-^j!      -J--)->l  jJ       ^.^.LLÄj"      ^C.lylyb        J^iL-^VÄi" 

öl_j«-b     _^i     .XjLj     1  C-.J     lMO.A_.__     .  cüi       ,^l_ot    ?      _^5.a1aJ    x1.J.Ääv».5 

ja  >^  ^y.  'u^äjO  L5ü_>  -,55!^  J/i  ^jj  _üu^3J 
0>s^S  Uil_>  g^T^jUiä  aJjjj  '^-Oj^  r,j-^5  ^-ä^  ^! 

ol;»!     .>J.Jü«j  _a?    .IaJLÜ»;    (-r-iAj   f-f-iLu    '  x_i--ii_AJl/5   s_X.jj    ',  i_<;L» 

c_Ä*J;Lj    JL}_A__sp     ..«-^oj    oilii»    x_5».Jlij.AJl/a    ,\     n  <—■*.  *  il  ->    '  ._X/iÄ^.ii5 

JiJL_>  vJ     .jUjji   Jxi  &«,^l   k_Ä_>>ftJLijj-Xi_{.aJ    _Jil_>  _♦!  xi.A_".».A_> 

'  _KÄX.j_\i_S.jJ     _äJ\Lxä*äa3  '._X.Ä».j_\ibS.j.i  ^AA-fVÄA^.  \JiAßjS$.yj 


Giese,  Neues  ron  Mehmed  Emin  Bej.  121 

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S.ÄJ      icAjX*M.*ij        V_Ä^.^^Aj!       »J       XajJIÄaJ      viUiJli»      fcj  $  (CiXa+Ä^-^! 

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XÄÄiul    ^.m-olXjLj   20   sAäLjIaÄav..s>    _jfcj     .1  crtXJ-AA0»O    JIäaj  t    sO^.JIao 

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122  (Urse,  Neues  von  Mehemed  Em/n  Bej. 

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Giese,  Neues  von  Mehmed  Emin  Bej.  123 

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III. 

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Giese,  Neues  von  Meltmed  Eimm  Bej.  125 


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126  Giese,  Neues  von  Mehmed  Emin  Bej. 

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IV. 

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Giese,  Neues  von  Mehmed  Em  in  Bej.  127 

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V. 

jU.5^5    jl    J.^l    «JaJb    ^>Li-!    (jÜ-Lj   *<v*i    yöbo   ^_g-&_?   ^5$ 
;U.iyJ   (J*^    r*^  imI?^   *"*^    ^ä^   ;^*J.    *^^  J^jty     ^ 

,V-j  rYU   ...(AJU-Li  ^JLäLjL    .o^Aä^.>T  -  c.JLb"_j' 

^  ■•    LT         LJ  >         J     J*  "  J  "•        VJ7J        > 

(mOLj!    iMr*.!    ^-*y^£    x^    «rf^i    lS"*"^J**ä 


x.. 


128  Giese,  Neues  von  Mehmed  Emin  Bej. 


VI. 

,.^A*^    XjLaJL-«jAw|    1)(j«».Lj.Lj 

,  c*~ j.IsLju!    5iC  [  cix.x'j    ,Wa.w.j    .i-.jJ.S     ,i»\S    :  »_j        .[  cl>,«.aäjL>-    Jl^ls»- 

^läüdL  rfJy»^  ^Jjy  t^jjjjri  ^JliJL^  ujh'y*  ^/^  ^ 


1)  Gemeint   ist   der   bekannte    Seeheld    Heireddin    Barbarossa    unter    der 
Regierung  Solimans  des  Präclitigen. 


Giese,  Neues  von  Mehrned  Em  In  Bej,  129 

»tN-is-b  (jäLj  eU'wC..j0.i     -xjAä-Vj  >>AÄ:*=\.)i  ,  «.  ,b ,Lj    .AU  .UjübJJ 

^  ^ß  &bjti  ,>  ^ä^  o.lsy  L5^y  o^^y-J  ^AäaJ? 

^iAAv.x*i=5     -yj      ,-Äj!       cj.j.»J>    Ljs.lXÜ       ?XJ5.^i    Ia^       ,^cAj1.  ».Ai-J 

-X.jJ.jlX.j^.j    ,  öJLsLao    ,  c>.:>Lao    i.^.jAi  »J    JLwLj    ,  .,Jv.i  J;  O»       -X-O;  ..J 
L>    -  >■•      ^7-    U  U     ■  J  J-^       j         -    U       >>J^7   ^    (_h    ••  ^L7- 

y  J"     •■■         (_i>-L5  ••■     ^  -J-  l5         v     -3       J  ^  JZ 

&j      ,   C1A-I.I.J  »i      S:S»S.J      S.J     (C.JI,»J      t-1-^*         ?     ,-/*» -ji  i^S»        -XjO.j^X^v™.  „j 

^jr.LiÄjj     oL>'-jLj     '^-y^'iLj     im^^J     »JL».J     »1         .(j^l\jJLä£=>S     t^--^ 

j^JÜLojO    ;*.j.i.£    jji^jüu.Lä    öJLbjjjj    cJjL*äLj    ».Ju-JLSAjLj    JLiLLLj 
d^>*.l^=>    öx*«\jjAävL*3    »JLjJu^tjjyw    ^JaJixiL>    ^i^^-^O    ^cixj:»j 

rjp  «J;y.t  jl+zj)  ^ji  ^ß  *^*jü  ^by 

...U-»JLww  ...LbLw    i^LüjLs  »J.l   *ij    L.*/.iLs     JlJs   2uöLi  o»i 

L>    ^  *.  LT1'    ••       )y      k   )_7  v   ■■  j-  ••>•■  (Jr  J       ^~ 

1)  ==  Charles-Quint. 
Kd.  LVIII.  9 


130  G/'ese,  Neues  von  Mehmed  Eutin  Bej. 


VII. 


i-Jbb    .  ,lX.s^.*.-o    e^j  »-£==>      .iwlXjI    \*rifi\    «JJXj,    ,  -UaAj      JUS 
«.j     ,.rj        ,(  c^XjK  vaj.J     >>lXä>^-jS     JUÄiliilc?-     slXJ,-,»!    üXivJ       -Ä/O  J> 


*J      V^ 


«^i  xÄ-cio!  8l>I,wÄ   aJLXjJ   ij   S*\   ä.ä^v  _.i     .,lXj».j      !*o!  ,JJl.: 
eJ'b     JulXJ!   %oLifci   vj   ;,fcAj^b!  , -ÄAvLi^i  .„&**,..■*  tj)»jö  bu   ►! 

r  J  "    L?    "  J      -J-      JJ"  L5  ->      ->      -7        -7  •    -5 

*.bto,    xU5     ;s»|    ,  c_j     ..lXJO 


l5 ^ 


L-JkäiLä    o,s.AxxiLjLl>    ajJLs>      ^JLäa^-5     ».^    ^ii^.jj>'»5      _^w«.^=)j 

.j  w;    ....  (j.      ..  .        _j  j-.    ..  l5  •      > 

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»oLi^.i 

1^*^ 

XÄ-Cv-J) 

^XjuX.Äxi'  ^V.^Lw  ..»*J    ».j  oL^'l     .«yiXÄA^' v«jy5t_j  »ol.»j  v_^.P 

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C^jlj 

Giese,  Neues  von  Mehmed  Emin  Bej.  131 


VIII. 

^co.jj.ji»!  [jiwo-j^  ^J'-AA^  «.JuJLLä  (j-ir^r.JLj  ^iil>  LLs    ,-^^i 

^  '  >"  l_?    "  >^     -1     -^  U  >'       *— '    J-J-J"  ■■•{-,        ^         J  J"      ••      u  ••>  > 

*^        >     >••    v  > ••     •   ^-  o      j     ••  ■■    r-j  ■■  (  i  ••        •        ^  >■ 


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1)  =  ^aXjJ  bei  Samy:  cesser,  etre  ealme.  Unter  ^»Ly»  ist  hier  der 
Wind  verstanden.  Das  ist  die  gewöhnliche  Art,  wie  von  den  Naturerscheinungen 
gesprochen  wird. 

9* 


132  Giese,  Neues  von  Mehmed  Em  in  Bej, 


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Giese,  Neues  von  Mehrned  Ernhi  Bej.  133 


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134  Gicse,  Neues  von  Mchmed  Emin  Bej. 

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Giese,  Neues  rem  Mehmed  Emin  Bej.  135 

,.«.ji.wJU..w»A.;^:>-   x:___5  »*._'«_)»  ^    o.i»    _j   _naP      _j»_ii    j»! 

vtXäj!    J»£__3«_S      x-w.j--3.j_j     .As    iü    <-j->5   j^j— 


Übersetzung. 

I. 

Ich  bin  von  der  alten  Litteratur  in  zweierlei  Beziehung  ab- 
gewichen:  1.  im   Stil,   2.  im  Metrum. 

Im  Stile  konnte  ich  ihr  nicht  folgen ,  da  ich  nur ,  wenn  ich 
auf  diese  Art  (d.  h.  nach  meiner  Manier)  schreibe ,  eine  Arbeit 
werde  ausführen  können,  die  bis  jetzt  der  Gesamtheit  des  Türken- 
volkes gegenüber  vernachlässigt  worden  ist.  Auch  im  Metrum 
musste  ich  mich  von  ihr  trennen ,  da  die  Sprache  der  in  meiner 
Manier  geschriebenen  Gedichte  sich  nur  der  Silbenzählung  fügt. 
Ich  will  es  etwas  deutlicher  erklären.  Was  bedeutet  Stil  oder 
Schreibart?  Es  ist  die  Kunst,  eine  Reihe  von  Gedanken  und  Ge- 
fühlen, welche  die  Natur  und  Menschlichkeit  im  Geiste  oder  im 
Gehirn  und  Herzen  erweckt  hat,  anderen  kundzugeben,  und  diese 
(Kunst)  entwickelt  sich  gemäss  dem  angeborenen  (Talente)  eines 
jeden  Dichters  und  seiner  Art,  wie  er  die  Dinge,  welche  ihm  sein 
Milieu  zeigt,  auffasst.  Auf  welche  Art  musste  ich  also  schreiben? 
So  wie  es  sich  für  einen  Fischerssohn  passt,  dessen  Augen  beim 
ersten  Aufschlag  an  den  verräucherten  Dachbalken  einer  Fischer- 
hütte hafteten  und  bei  dem  das  Rauschen  der  Wellen  das  Schlaflied, 
das  die  Mutter  sang,  erstickte ;  so  wie  ein  Sohn  des  Volkes  schreiben 
muss,  der  die  Gedanken  des  Volkes  im  Geiste  und  dessen  Gefühle 
im  Herzen  trägt  und  bei  seinen  unwissenden  Eltern  kein  Buch 
finden  kann,  das  geschrieben  ist,  um  in  die  Hand  genommen  und 
gelesen  zu  werden,  und  keine  Hand  finden  kann,  die  ausgestreckt 
ist,  um  sein  Gesicht  zu  streicheln,  und  keine  Kraft  findet  (eig. 
Hilden  und  sehen  kann) ,  die  seinem  schwachen  Geiste  Stärkung 
geben  kann;  so  wie  ein  Türke  schreiben  muss,  dessen  Pflicht  es 
ist  das,  was  das  Vaterland  ihn  gelehrt  hat,  auch  die,  welche  nichts 
gelernt  haben,  zu  lehren  und  die  Leuchte,  die  in  seiner  Hand  ist, 
denen  zu  zeigen ,  die  in  Finsternis  geblieben  sind  und  sich  nicht 
in  deren  (der  Leuchte)  Besitz  haben  setzen  können,  kurz  der  die 
Absicht  hat  seinen  Landsleuten  gegenüber,  die  seines  Blutes  sind, 
in  seiner  Sprache  reden  und  mit  gleichen  Gedanken  und  Gefühlen 
leben,  eine  Arbeit  zu  verrichten.  Da  wir  ja  die  tiefer  stehenden 
emporziehen  wollen,  so  müssen  wir  zu  der  Stufe,  auf  der  sie  stehen, 
hinabsteigen.     Kann    wohl    unter    den    bis   jetzt  geschriebenen   and 


13(3  Giese,  Neues  von  Mehmed  Emin  Bej. 

gedruckte!]  Büchern,  mit  denen  die  Bibliotheken  angefüllt  sind,  ein 
Buch  für  diese  Leute  herausgesucht  und  gezeigt  werden?  —  Keines- 
wegs! Seit  sechs  Jahrhunderten  haben  alle  Denker  auf  diesem 
Boden  nur  für  eine  Handvoll  Leute  gedacht,  haben  alle  Herzen 
nur  für  eine  Handvoll  Leute  geschlagen,  haben  alle  Federn  nur 
für  eine  Handvoll  Leute  geschrieben,  und  auf  der  anderen  Seite 
sind  Millionen  Haufen  Unglücklicher  von  allen  diesen  Dingen  fern 
geblieben.  Und  doch  was  für  ein  Vorteil  würde  es  sein ,  wenn 
dadurch,  dass  Bücher  für  diese  Millionen  geschrieben  würden,  diese 
Leute  aufgeklärt  würden !  Diese  Leute  aufklären  bedeutet  die 
Landwirtschaft  aufklären ,  das  Handwerk  aufklären ,  den  Handel 
aufklären,  Armut  in  Reichtum  verwandeln,  schlechtes  gut  machen, 
kurz  lauter  gutes  zu  schaffen. 

Das  Zeitalter  der  Renaissance  war  für  mich  auf  dem  in  der 
Poesie  eingeschlagenen  Wege  ein  sehr  guter  Führer.  Hätte  Luther 
in  jener  Zeit  nicht  das  Evangelium  in  das  Deutsche ,  welches  die 
Volkssprache  war,  übersetzt,  hätte  sich  das  Volk  dann  wohl  an 
das  Nachdenken  gewöhnt?  Wenn  der  Geist  dieses  Volkes  sich 
hieran  nicht  gewöhnt  hätte,  hätten  dann  wohl  damals  in  jener 
Sprache  und  auf  eine  dem  Volke  verständliche  Weise  Bücher  für 
das  Volk  geschrieben  werden  können  ?  Wenn  die  nicht  geschrieben 
worden  wären,  hätte  dann  Europa  den  jetzigen  Zustand  erreichen 
können?  Die  Äcker  wurden  gepflügt,  der  Same  wurde  ausge- 
streut und  danach  auch  die  Ernte  eingeheimst.  Was  Luther  für 
das  Christentum  that ,  das  möchte  ich  für  die  Litteratur  meines 
Landes  thun. 

Um  nun  zum  Metrum  zu  kommen,  so  ist  kein  Zweifel,  dass 
das  Gedicht  die  Sprache  der  Natur  und  des  Lebens  ist.  Es  muss 
also  auch  sein  Metrum  ihnen  ähnlich  sein.  Eine  lachende  Natur 
muss  mit  dem  Geflüster  der  Blumen  und  ein  weinendes  Leben 
muss  mit  dem  schluchzenden  Gemurmel  der  Wellen  geschrieben 
werden.  Solche  Worte,  betonte  und  unbetonte  Worte,  müssen  ge- 
funden werden  und  derart  aneinander  gereiht  werden ,  dass  selbst 
ein  des  Türkischen  nicht  mächtiger  Fremder  wissen  muss,  wenn 
ein  Gedicht  vorgelesen  wird:  „ja,  das  ist  eine  Nacht  und  das  ein 
Sturm".  Für  das  Metrum  habe  ich  ausser  den  aus  dem  Volksmund 
gehörten  Liedern  nichts  gefunden ,  ebenso  wie  ich  auch  für  die 
Worte  ausser  den  vom  Volke  in  der  Unterhaltung  gebrauchten 
Worten  nichts  fand.  Darum  nahm  ich  sie  auf  und  dichtete  meine 
Lieder ,  indem  ich  ihnen  eine  gemeinsame  Harmonie  in  der  oben 
über  das  Metrum  gesagten  Weise  gab.  Im  Metrum  ist  mein  Lehrer 
nur  die  Natur,  die  Stimme  der  Natur,  das  Leben  und  die  Stimme 
des  Lebens. 

Ich  habe  weder  einen  Geist,  welcher  der  Fee  der  Schönheit 
nachgeht,  noch  habe  ich  einen  Stolz,  der  meine  Feder  von  der 
Alltagswelt  zurückhält,  ich  habe  eine  unfeine  Stimme,  die  die 
heimlichen    Schmerzen    der  Armen    auf   einer    mit    vier  Saiten    be- 


Giese,  Neues  von  Mehmed  Emin  Bej.  137 

spannten  Leier  in  meiner  Hand  singt,  ich  habe  ein  wundes  Herz, 
das  über  die  Schlechtigkeiten  in  Wallung  gerät,  ich  habe  ein  Paar 
weinende  Augen,  das  an  den  Thüren  der  Waisen  Thränen  vergiesst. 
Das  ist  alles. 


IL    Hast  Du  Dir  die  Hände  verletzt? 

, Mutter!    Mutter!    heb,  heb!"    — 

„Wer  ist  da?"   — 

„Ich  bin's,  steh  auf,  gieb  Geld!"   — 
„Ach  du  warst  es.     Ich  habe  mich  erschrocken!"   — 

„Auf,  zeig'  die  Stelle,  wo  es  liegt!"   — 
„Bist    du  nicht  recht  gescheit,    mein  Kind,    woher  sollte  ich  Geld 

bekommen  ? 
Von  wem  sollte  eine  Witwe,  wie  icb,  Geld  erhalten?"   — 
„So  hast  du  das  Erbe  aufgezehrt."   — 
„Das  hat  dein   Vater  durchgebracht,  als  er  noch  lebte ; 
Mit  Spiel  und  Trank,  in  Saus  und  Braus  hat  er  es  hier  und  dort 

verprasst. 
Wenn  ich  Geld  hätte,  würde  ich  dann  wohl  Handarbeiten  anfertigen 

Bei  trüber  Kerze "   — 

„Erzähl  das  Märchen  einem  andern, 
Auf.  gieb  Geld!"   — 
„Sei    nicht   so    ungestüm,    mein    Sohn!      Fürchtest    du    dich    nicht 

vor  Gott? 

Eine  Hand,  die   sich  gegen  die  Mutter  erhebt, "    — 

„Schweig,  lass  das  Geschwätz!"   — 

„Halt,  schlag  nicht! 
Höre  mich  an !    Welche  Mutter  giebt  ihrem  Sohne  wohl  nicht  Geld  ? 
Bei  Gott,    ich  habe  nichts.     Wenn  ich  etwas  hätte,    würde  ich  es 

für  dich  hingeben."   — 
„  Auf .    sage    ich ,    Geld ,    Geld !    .  .  .  .    Mit  diesem  Messer  ersteche 

ich  Dich."   — 
„Bei  Gott,  ich  habe  nichts." 

„Ach,  ich  bin  verletzt,  wehe,  wehe,  meine  Schulter! 
Sohn.  Sohn,  deine  Hand,  die  mich  schlug,  möge  den  Fussboden  be- 
decken !  (d.  h.  du  sollst  der  Länge  nach  tot  auf  der  Erde  liegen). 
Treuloses  Kind,  war  das  dein  Wunsch?     Sieb   deiner  Mutter  Lage! 
Ich  hatte  von  dir  des  Kindes  Sorge  in  meinem  Alter  erwartet, 
Doch  du  hast  mich  in  rotes  Blut  gebettet. 
Ich  war  für  dich  geboren,  für  dich  hatte  ich  gelebt. 
Du  warst  mein  ganzes  Denken,  du  warst  mein  ganzer  Schmerz. 
Wenn  du  nur  ein  wenig  bleicher  warst,  bei  dem  creringsten  Scbmerzens- 

ruf  ....... 

Ach,  welche  Todescpialen  stand  ich  an  solchem   Tage  aus. 
Jetzt   steh!    das  Herz  still,  das  nur  für  dich  schlug. 


238  Giese,  Neues  von  Mehmed  Em/n  Bej. 

Das  Auge  schliesst  sich,  das  (mit  dir)  weinte,  die  Lippe  wird  trocken, 

die  (mit  dir)  lachte, 
Die  Hand   wird  starr,  die  (für  dich)  arbeitete.    Magst  du  nun  Frieden 

haben  überall ! 
Wer  hätte  das  geahnt,  dass  du  mit  deinen  Händen,  die  an  meinem 

Busen  gross  geworden  sind, 
Dies   weisse,  mit   Henna  gefärbte  Haar  packen  und  mich  ohne 
Mitleid,  ohne  Zittern  mit  diesem  Dolch  erstechen  wüi'dest! 
Was    für    ein  Herz!     Um  Geldeswillen    leistet's  auf  Menschlichkeit 

Verzicht. 
Was   für  ein  gemeiner  Durst,  der  das  Blut  der  Mutter  trinkt! 
Wer  hat  dich  so  gemacht,  du  blutiger  Henker,   du  wildes  Tier  ? 
Nein,  nein  ....    Auch  die  baben  noch  mehr  Gefühl  als   du. 
Deine  Hand  ist  noch  gefühlloser  als  des  Henkers  Beil, 
Deine  Hand  ist  noch  gefühlloser  als  des  Tigers  Kralle, 
Deine    Hand    ist    noch    grausamer    als    alles    andere,    das    da    Blut 

vergiesst. 
Ach,  ein  Henker  erschlägt  nur  Blutbeladene  gleich  dir, 
Ein  Tiger  zerreisst  andere  als  seine  Mutter. 

Drum  seien  verflucht  die  Nächte,  in  denen  du  mich  schlaflos  Messest ! 
Das ,    was    ich    bis    zum    heutigen  Tage    für    dich  gethan ,    soll  auf 

deinen  Augen  ruhen  !  r) 
Statt  zu  Blut   soll    zu  Eiter    werden    (die  Milch),    die  du  von  mir 

gesogen !   .  .  . 
.   .   Was  ist  das  für  Blut? 

Wessen  Blut  ist  es,  das  dort  aus  deiner  Hand  hervorsickert? 
Hast  du  dir  etwa  die  Hände  verletzt,  als  du  mich  stachst, 
Den  Dolch  (ins  Fleisch)  mir  bohrend? 

Ach  meine  Schulter  schmerzt  —  die  "Wunde  ist  sehr  tief. 
Flieh  von  hier!     Man  wird  jetzt  kommen  und  dich  greifen. 
In  Ketten  schlagen  und  in  des  Kerkers  Dunkel  werfen. 
Drum  flieh  von  hier  mit  Vogels  Eile ! 
Ich  verzeih  dir  meinen  Mord,  verzeih's  auch  Du.  o  Gott ! 


III.    Der  Rekrut.-) 

de,  Schade,  vergebens  haben  wir  unser  Leben  zugebracht! 
Wie  werden  wir  mit  solchem  sündigen  Antlitz  auf  Gottes  Richter- 
platz erscheinen! 
Wer  so  (als  Soldat;  stirbt,   ist  ein  Märtyrer,  nicht  wahr?" 
.Das  ist  er." 


1)   (Gebräuchlicher  Fluch. 

2  ln>  genauere  Übersetzung  wäre:  der  Ausgehobene.  Während  der  Reise 
der  Ausgehobenen  in  ihre  Garnison  scharen  sich  die  Leute  aus  derselben  Gegend 
um  einen,  der  eine  Fahne  trägt.  Solch  ein  Fahnenträger  ist  in  diesem  Ge- 
dichte gemeint. 


Giese,  Neues  von  Mehmed  Em/n  Bej.  139 

„Demnach  wäre  mein  Stückchen  Erde  von  dieser  Stelle  genommen.1) 

Was    ist    zu    thun;    auf   mein    kummervolles    Haupt    war's    so    ge- 
schrieben. 

Zuerst  Gott,  dann  euch  empfehl  ich  meine  Mutter." 

„Sei  unbesorgt." 

„Pflanzt  meine  Fahne  auf  mein  Grab, 

und  nun  verzeiht  mir  alle." 

„Es  sei  dir  verziehen." 

„Ach,  mir  ist  schlecht.     Ach,  ach,  ach!" 

„Sag  einen  Vers,    bekenne  deine  Sünden,    so  wird  dir  leichter,    so 

wird   dir  besser  sein. 

Komm,  wollen  gemeinsam  die   Glaubensformel  sagen. 

vorwärts  Bruder. " 

„Ich   bekenne,    dass  kein  Gott  ist  ausser  Allah." 

Ja,  das  ist's,  ein  frisches,  einsames,  schattenloses  Grab ! 

Da,  ganz  klar,  ein  in  höchster  Eile  zugeschüttetes  (Stück)  Erde ! 

Er  ist  es,  der  am  Tj-phus  gestorbene  Fahnenträger! 

Dort,  sieh  am   Kopfende   die  von  ihm  getragene  Fahne ! 

Ach,    welches    Auge    wird    an    diesem    verwaisten    Grabe    Thränen 

vergiessen  ? 
Jeder  ist  nur  bereit  über  seine  Toten  zu  weinen. 
Ach,    wer    wird    seine  Hand  (zum  Gebet)  öffnen  für  diesen  in  der 

Fremde  gestorbenen  Helden ! 
Was  dieser  Arme  an   Verwandten  hat,  wohnt  hinter  hohen  Bergen. 
Heb,  Landsmann,  hör  einmal!  holiah!  —  Ach,  er  entflieht,  der  Arme! 
Entfliehe    nicht ,    mein    Lieber !      Jeder    Platz    auf   dieser    Erde    ist 

ein   Grab. 
Wohin  du  auch  trittst,  ruhen  tausend  Geschöpfe. 
Das  Land  ist  ein  Grab,    das  Meer  ist  ein  Grab.      Wohin  willst   du 

fliehen  ? 
Entfliehen?    vor    wem?    etwa    vor  diesem  Haufen  Knochen?     Ach, 

du  Feigling! 
Was    thut    euch    der  Tote,    von  dem  für  euch  nur  seine   Wünsche 

bleiben.-) 
Die  bösen  Thaten  leben  weit  entfernt  von  den   Gräbern. 
Wenn  schon   geflohen  werden  muss,  so  fliehe  weit  vor  den  Lebenden. 


1)  |W»4.ÄJi     .,jL  ».j    a.x.^.sLj  *._> .      Nach    türkischer    Volksanschauung 

bringt  ein  Engel  auf  Gottes  Befehl  ein  Krümchen  Erde,  aus  dem  der  Mensch 
gebildet  wird,  vor  der  Geburt  in  den  Mutterleib,  und  an  der  Stelle,  von  der 
diese  Erde  genommen  war,  stirbt  der  Mensch.  Daher  bedeutet  die  äusserst 
häufige  Redensart:  „mein  Stückchen  Erde  wurde  von  dieser  Stelle  genommen" 
soviel  wie   „hier  muss  ich   sterben". 

2)  D.  h.  die  Wünsche  der  Menschen  bleiben  für  die  Nachlebenden,  während 
der  Tote  davon  frei  wird.  Die  Individuen  gehen  dahin,  aber  die  Gesamtsumme 
der  Wünsche  und   Bestrebungen  bleibt  der  Menschheit  erhalten. 


140  diese,  Neues  von  JMehmed  Emin  Bej. 

Ach,  meine  Brüder!     Auch  dieser  Held  hat  den  Eifer  eines  Türken 

gezeigt.1) 
Sein  Gewehr  lachte  er  ebenso  an,  wie  seinen  geliebten  Pflug. 
Als  er  noch  lebte,  war  dieses  Stückchen  Erde  (in  dem  er  jetzt  ruht) 
das  geliebte  Land,  das  er  bearbeitete. 
Bei  seinem  Tode  war  das,  was  er  zurückliess:    eine  Fahne. 
Diese  sind  es,  die  mit  Leib  und  Seele  viel  arbeiten. 
Wenn  die  Grossen  des  Landes  sagen:   „stirb",  so  sterben  sie. 
Dafür  begehren  sie  weder  Gold  noch  Ruhm; 
eine  gute  Sache  thun  sie,  weil  sie  gut  ist,  und  gehen  dahin. 
Wollen  für  ihre  Seele  eine  Fätiha  beten, 
das  andere  wollen  wir  Gott  überlassen ! 

IV.    „Zehn  Para  gieb!" 

„Bej   Effendi,  beim  Haupte  deiner  Kinder  (bitte  ich 

dich)  gieb  zehn  Para  nur  als  Almosen,  erfreue  den  Alten!" 

„Ach,  ich  habe  die  Bettlerschar  den  ganzen  Tag  satt! 

Gott  mag  dir's  geben!" 

„Meine  Hand  kann  nichts  fassen,  mein  Auge  kann  nicht  sehen,  es 

ist  krank." 
„Gott  mag  dir's  geben!" 

Gott  mag  es  geben,  das  ist  keine  Lüge,  volle  Wahrheit, 

ja,  Gott  wird  jedem  auf  dieser  Welt,  Gross  und  Klein, 

alles  geben,  wenn  er  nur  arbeitet, 

doch   wenn   dieser  mit  seiner  Hand  nichts  halten,  mit  seinem  Auge 

nichts  sehen  kann 
und   wie   ein  Bündel  Knochen  sich  dahinschleppt, 
wenn    die    schmutzigen    Strassen ,    die    Mauern    mit    ihren    scharfen 

Steinen 
ihn  jeden  Tag  hinwerfen  und  ihm  Faustschläge  versetzen, 
so   frage  ich,    was  dieser  armselige  Krüppel  für  Arbeit  verrichten, 

was  er  thun  soll? 
Die  Erde  selbst  verweigert  ihm  alles,  was  sie  hat, 
und  sagt:    „Du  gehörst  nicht  zu  denen,  die  meinetwegen 
Schweiss  vergiessen.     Was  auch  aus  dir  werden  sollte,  selbst 
wenn  du  vor  Hunger  sterben  solltest; 
hier  ist   alles,  aber  dir  gebe  ich  nichts. u 
Die  Leute  stossen,  schlagen  und  schelten  ihn. 
Niemand  sagt:   „Auch  dies  Geschöpf  ist  ein  Mensch, 
auch  dieses  Herz  verletzen  bittre  Worte, 
auch  dieser  hat  eine  Seele  wie  jeder  andere." 
Zehn  Para  gieb  einem  Armen,  streck  die  Hand  aus, 
ein  Krüppel  sagt    „Hilfe"   zu  den  Gesunden, 


0  dWj».^     C >-tr-  gebräuchliche  Redensart,  fehlt  bei  Samy. 


Giese,  Neues  von  Melimed  Em  in  Bej.  141 

die  Armut  erfleht  ihr  Eecht  vom  Reichtum ! 
Zehn  Para  gieb !     Ach,  wer  weiss,  wie  viele  Kinder 
ihn  vor  der  Hütte  aus  Lehm  und  Gestrüpp  auch 
heute  wie  jeden  Tag  erwarten! 


V.    Hüte  dich,  schlage  nicht  ab! 

Heh,  Landsmann,    hüte  dich,  schlage  nicht  ab!     Die   Hand,  welche 

den  frischen  Baum  mit  dem  Beile  abschlägt,  gedeiht  nicht. 

Da !    diese  Baumstümpfe ,    zu    denen    seit  Jahren    niemand    kommt, 

auf  die  sich  kein  Vogel  setzt, 
die    schlage    ab.     Wie  jedes  Ding,    so  leben  und  sterben  auch  sie. 

Sieh,  wie  schön  euer  Dorf  im  Schatten  grüner  Bäume  ist ! 

Der  durch  die  Blätter  wehende  Wind  erfreut  das  Herz. 

Ist   es    nicht  Schade    und  Sünde ,    einen    so    lieblichen  Ort   in  eine 

Wüste  zu  verwandeln? 
Ist  es  nicht  für  jeden  Gläubigen   die  erste  Pflicht, 
Aus    einem  Samenkorn    ein  Reis    und    aus   einem  Reis  einen   Wald 

zu  machen  ? 
Wenn    es    nicht   so  wäre ,    was  für  einen  Sinn  hätte  für  den  Sohn 

des  Vaters 
Mahnung:    „Vermehre  mein  Erbe"? 

Hüte  dich,  schlage  nicht  ab !     Von  jedem  Zweige  möge  ein  schöner 

Vogel  seine  Stimme  ertönen  lassen : 
Hüte    dich ,    schlage  nicht  ab !     In   seinem  Schatten  möge  sich  der 

müde  Landmann  ausruhen! 
Hüte  dich ,  schlage  nicht  ab !     Über  dieses  liebliche  Dorf  möge  er 

sich  ausbreiten. 
Hüte  dich,   schlage  nicht  ab !     Das  liebe  Vaterland  möge  von  Tag 

zu  Ta^e   crlücklicher  werden ! 


VI.  Barbarossa  auf  der  Fahrt  nach  S p a n i e n. 

(Frühling  949.) 

Europas  verzweigte  südliche  Berge  erschienen  unter  grauen 
Wolken:  in  den  auf  diesen  Bergen  befindlichen  Kirchen  wurden 
laut  die  Glocken  geläutet.  Ungefähr  100  Kriegsschiffe  fahren  unter 
günstigem  Winde  dahin,  indem  ihre  grünen  und  roten  Kriegsflaggen 
flatterten.  Die  müden  Wellen  des  Mittelländischen  Meeres  beleckten 
den  Kiel  der  Schiffe,  gleich  als  ob  sie  schmeichelnd  ihr  Gesicht 
und  ihre  Augen  darüber  streifen   Hessen. 

In  den  Schiffen  berichteten  alte  weissbärtige  .lanitscharen.  die 
so  mancherlei  erlebt  hatten,  den  helmbedeckten  Jünglingen  von 
alten  Kriegen,  und  die  Schiftsleute ,  mit  offener  Brust  und  mit 
Knebelbärten    sangen  folgendes  Lied  mit  Musikbegleitung: 


L42  Giese,  Neues  von  Mehmed  Em/n  Bej. 

„Auf  dem  Meere  fahren  wir, 

Unsern  Feind  suchen  und  linden  wir, 

Immer  rächen  wir  uns, 

Man  nennt  uns  die   Leute  des  Heireddin." 

Da  der  Wind  umgeschlagen  war,  hatte  auch  die  Flotte  ihre 
Richtung  geändert  und  war  vom  Ufer  weit  ins  offene  Meer  ge- 
fahren. Unterdessen  stand  Barbarossa,  der  Kommandant  der  Flotte, 
mit  über  der  Brust  gekreuzten  Armen  am  Bug  des  Schiffes,  auf 
dem  er  sich  befand ,  und  sah  mit  seinen  Augen ,  die  unter  langen 
und  buschigen  Augenbi-auen  hervorleuchteten,  wie  ein  Adler  in  die 
Ferne.  Wohin  wohl?  Etwa  nach  Prevesa,  wo  er  den  Andrea 
Doria  mit  seinen  600  Schiffen  schlug  und  in  den  grössten  Kummer 
versetzte?  Oder  etwa  nach  Algier,  wo  er  70  000  Mauren  vom 
dornigen  Joch  und  von  blutigen  Martern  der  Spanier  errettete  und 
ansiedelte  ?  Nein,  jetzt  war  es  weder  Prevesa  noch  Algier.  Warum 
sollte  er  dorthin  blicken  ?  Leute,  die  vor  zu  verrichtenden  Thaten 
stehen,  blicken  nicht  auf  das,  was  sie  ausgerichtet  haben,  sie  suchen 
nicht  in  der  kalten  Asche,  deren  Funken  erloschen  sind  und  deren 
flamrnenloser  Rauch  sich  mit  den  Wolken  vereinigt  hat ;  sie  sagen : 
^Wenn  wir  unsere  Augen  an  den  Freuden  vergangener  Minuten 
blenden ,  werden  wir  blind  den  Sorgen  kommender  Tage  gegen- 
über werden". 

Deswegen  blickte  er  nicht  nach  diesen  Stätten,  die  hinter  ihm 
lagen ;  vor  seinen  Augen  schwebten  andere  Thaten ,  andere,  vulka- 
nische Flammen,  schwebte  Spaniens  Flotte  und  das  Land  Karls  V. 
Ja,  wieder  hatte  Frankreichs  König  Franz  bei  unserem  grossen 
Padischah  Sultan  Soliman  dem  Gesetzgeber  Zuflucht  gesucht,  und 
wieder  hatte  dieser  dem  Barbarossa  Befehl  zukommen  lassen ,  ihn 
aus  der  Hand  Karls  V.,  des  Kaisers  von  Deutschland  und  Königs 
von  Spanien ,  zu  befreien.  Um  des  mächtigen  Padischah  Befehl 
auszuführen,  ging  er  100  000  000  Leuten  entgegen.  Diesmal  ging 
er,  nicht  um  die  Krone  des  Königreichs  Frankreich  zu  retten,  sondern 
um  zu  verhindern,  dass  man  sie  raube,  nicht  um  Frankreichs 
König  aus  dem  Gefängnis  holen  zu  lassen ,  sondern  um  zu  ver- 
hindern, dass  man  ihn  den  Henkern  sebe. 


VII.    Der    alte    Müller. 
„Was   du  mit  deiner  Hand  thust,  wird  mit  dir  gehen." 

Der  Bach  floss,  grün  und  rot  gefärbt,  über  die  moosigen,  braunen 
Felsen  am  Rande  eines  schönen  Parkes.  Die  aus  Lehm  gebaute 
Mühle  des  Dorfes  drehte  sich  auf  demselben  mit  Klappern.  Ich 
ging  auf  die  Mühle  zu  und  fragte  einen  jungen  Menschen,  der 
die  Lasten  davontrug,  nachdem  er  sie  von  den  Pferden,  die  an 
ihren  Hälsen  Glocken  trugen ,  genommen  hatte ,  nach  dem  alten 
Müller.  Dieser  junge  Mann  gab  mir,  wie  wenn  ich  an  eine  alte 
Wunde    gerührt    hätte,    die  Antwort:    „Der  Alte  war  mein  Onkel, 


Giese,  Xeues  von  Mehmed  Emin  Bej.  143 

er  ist  im  vergangenen  Winter  gestorben.    Ihnen  wünsche  ich  langes 
Leben !" 

Der  arme  Mann !  Vor  drei  Jahren  habe  ich  mit  ihm  hier  im 
Schatten  dieser  Weiden  neben  ihm  wie  Vater  und  Sohn  so  manchen 
Morgen  gemeinsam  verlebt.  So  sassen  wir  wieder  einmal  eines 
Morgens  zusammen.  Er  berichtete  mir  von  dem  letzten  russischen 
Kriege  und  zeigte  mir  die  Stellen  der  in  diesem  Kriege  empfangenen 
Wunden.  Inzwischen  war  eine  in  ein  altes  Tuch  gehüllte,  barfüssige, 
bejahrte  Frau  an  uns  herangetreten  ,  warf  ihr  Ränzel ,  das  sie  auf 
dem  Rücken  hatte,  vor  uns  hin  und  fing  an,  den  Müller  mit  folgen- 
den Worten  anzuflehen:  „Meine  Kinder  und  ich  hungern  seit  zwei 
Tagen,  mahle  uns  um  Gottes  willen  dieses  bischen  Gerste".  Der 
Müller  konnte  ihre  Not  nicht  mit  ansehen,  stand  auf,  nahm  das 
Kanzel  in  die  Hand  und  sagte  tief  aufseufzend,  indem  er  mich  an- 
blickte:  „Die  Armut  ist  eine  Wunde,  die  tiefer  geht  als  die,  welche 
ich  in  dem  eben  genannten  Kriege  empfangen  habe".  —  Ja,  mein 
alter  Freund!  Da!  Deine  Mühle,  die  ihre  vier  Steine  treibt,  dreht 
sich  wieder !  Der  Kelekitbach  murmelt  wieder !  Du  hast  diese  und 
noch  manche  anderen  Dinge  hier  zurückgelassen  und  bist  dahin- 
gegangen. An  den  Ort,  wohin  du  heute  gegangen  bist  und  wohin 
wir  alle  morgen  gehen  werden ,  hast  du  nur  eins  mitgenommen : 
die  Gebete ,  welche  diese  arme  Frau  und  ihre  vaterlosen  Kinder 
für  dich  sprachen ,  als  der  Rauch  von  ihrem  warmen  Gerstenbrote 
emporstieg. 

VIII.    Was    kann    der    Mensch? 

Der  Schiffer  sass,  angelehnt  an  die  glatten  Felsen  des  schwarzen 
Meeres,  und  sah  mit  gerunzelten  Brauen  und  geschwellten  Nasen- 
löchern gerade  aufs  Meer.  Inzwischen  ballte  er  unter  Zähneknirschen 
die  Fäuste  und  seufzte  tief  athmend.  Plötzlich  sprang  er  von  dem 
Platze,  wo  er  sass,  auf,  rauchte  die  dunkelbraun  gewordene  halbe 
Cigarette,  die  er  in  seinen  schwieligen,  sehnigen  Fingern  hielt,  mit 
einem  Zuge  zu  Ende  und  warf  sie  auf  die  Erde.  Ärgerlich  spuckte 
er  auf  die  Kieselsteine  zu  seinen  Füssen  und  begann  wuchtig  auf 
dem  Strande ,  auf  den  die  Schiffe  gezogen  waren ,  hin  und  her  zu 
gehen.  Während  des  Gehens  machte  er  Halt,  wandte  sich  um. 
sah  noch  einmal  auf  das  Meer,  und  seinem  Munde  entfielen  folgende 
Worte:  „Noch  immer  weht  er,  noch  immer  heult  er,  er  hört  gar 
nicht  auf,  dieser  Wind." 

Ja,  die  Schiffer  lieben  die  Meere!  Wie  die  Landleute  ihre 
Acker  und  die  Vögel  die  Wälder  lieben,  so  lieben  sie  die  Meere. 
Die  Meere,  die  blauen  Meere,  auf  denen  sich  die  weissen  Schaum- 
kämme auftürmen,  sind  ihre  blumigen  Sommerweiden;  die  weiten 
Himmelsflächen  mit  den  Möven  darunter  sind  ihre  nachtigallen- 
reichen Pfade.  Mögen  ihre  Schiffe  auch  auf  den  tiefen  Meeren, 
die    sie    wie    die  Walfische    durchschneiden,    schaukeln,  mögen    die 


144  Giese,  Neues  von  Mehmed  Em  in  Bcj. 

Segel  ihrer  Schiffe  an  jeder  Rolle  einen  anderen  Laut  geben ,  — 
mögen  sie  selbst  auch  auf  den  Wellen  schaukeln  und  bis  auf  die 
Haut  durchnässt  sein ,  —  dennoch ,  dennoch  wollen  sie  nicht  auf 
dem  Lande  bleiben,  dennoch  wollen  sie  auf  dem  Meere  sein. 

Obgleich  heute  schon  der  Abend  des  dritten  Tages  ist,  weilt 
dieser  arme  Schiffer  noch  immer  auf  dem  Lande,  noch  immer  weht 
der  Südostwind  wie  rasend,  noch  immer  schlagen  die  wilden  Wogen 
ihre  Krallen  tief  ins  Mark  der  härtesten  Felsen,  noch  immer,  noch 
immer  Sturm ! 

Da  lässt  sich  nichts  machen,  mein  Lieber.  In  solchen  Dingen 
geschieht  nicht  des  Menschen,  sondern  Gottes  Wort.  Es  geschieht 
das,  was  Gott  sagt,  der  die  Winde  geschaffen  hat,  um  deine  Segel 
sehwellen  zu  lassen,  und  die  Wälder,  um  die  Schiffe  daraus  machen 
zu  lassen. 

Wenn  du  willst,  so  kannst  du  die  Thränen  der  Waisen  stillen, 
wenn  du  willst,  kannst  du  ihre  Schmerzen  und  Klagen  lindern,  wenn 
du  willst,  kannst  du  mit  deinem  Verstände,  Herzen  und  mit  deiner 
Kraft  deinem  Vaterlande  und  deinen  Landsleuten  viel  gutes  thun, 
aber  einen  Sturm  kannst  du  nicht  stillen ,  einen  Wind  nicht  be- 
sänftigen. Ja  du  kannst  sogar  nicht  einmal  die  Flügel  des  Kolibris, 
der  nur  eine  Handbreite  über  deinem  Kopfe  fliegt,  zum  Halten  bringen. 

Aber  du  wirst  mir  sagen,  wie  kann  ich  die  von  dir  genannten 
guten  Thaten  verrichten ,  wenn  ich  so  auf  dem  Lande  bleibe  ? 
Richtig!  Jedoch  insoweit,  als  du,  wenn  du  willst,  nicht  auf  dem 
Lande  zu  bleiben  brauchst,  sondern  dein  Schiff  auch  auf  den  tiefen 
Meeren  fahren  lassen  kannst;  das  liegt  auch  in  deiner  Hand.  Denn 
Gott,  der  den  Wind  für  dich  geschaffen,  hat  die  Kohle  für  niemand 
anders  geschaffen. 

IX.    Der    Hirte. 

„Das  Glück  bestellt  im   ruhigen  Gewissen." 

Der  Dorf  hirte  betrat  seine  kleine ,  fensterlose ,  finstere  Hütte. 
Er  zündete  seinen  irdenen  Leuchter,  der  in  dem  Rauchfange  hing, 
an  und  setzte  sich,  nachdem  er  sein  Gebet  verrichtet  hatte,  auf  das 
Fell  eines  Bären,  den  er  im  Winter  im  Walde  mit  dem  Beile  er- 
schlagen hatte.  Er  nahm  aus  seinem  mit  Troddeln  und  blauen 
Perlen  geschmückten  Rucksack  ein  Stück  schwarzes,  hartes  Brot 
heraus  und,  nachdem  er  es  mit  Wasser  angefeuchtet  hatte,  begann 
er  nach  Herzenslust  zu  essen. 

Damit  war  also  seine  ganze  Arbeit  zu  Ende.  Ja  !  wie  jeden 
Tag  hat  er  auch  heute  seine  Herden ,  nachdem  er  sie  mit  grünem 
Gras  gefüttert  und  in  den  Schatten  der  wilden  Pflaumenbäume 
geführt  und  an  der  Quelle  getränkt  hatte ,  wieder  an  ihre  Stellen 
zurückgebracht,  ohne  dass  auch  nur  ein  Lamm  sich  den  Fuss  ver- 
renkt hätte ;  er  hat  seinen  Gottesdienst  seinem  Gott  erwiesen ,  der 
die    Sommerweiden    mit    ihren    selben  Blumen    creschaffen    hat ,    wo 


Neues  von  Mehmed  Emin  Bej.  145 

überall  kalte  Quellen  hervorsprudeln  und  die  Herden  weiden;  er 
hat  sich  gesättigt  mit  dem  Brote  seiner  Brüder,  der  Bauern,  welche 
unter  der  glühenden  Sonne  schwitzten ,  während  er  im  Schatten 
der  Bäume  Flöte  spielte.  Was  bleibt  ihm  nun  noch?  Nur  noch 
eine  Sache:  sein  Schlaf. 

Nun  du  glücklicher  Knecht  Gottes !  Geh  schnell  schlafen,  ver- 
senke dich  sanft  in  deinen  Schlummer,  schlaf!  Da  du  deine  Tage 
verlebst,  ohne  jemanden  zu  ärgern  und  zu  betrügen,  deswegen  giebt 
es  für  dich  nichts,  was  dich  um  Mitternacht  nicht  schlafen  liesse, 
indem  es  schreckliche  Gestalten  annimmt.  Wenn  du  schläfst,  schläft 
dein  Gewissen  wie  klares  Wasser,  und  an  deinem  Bette  bewegt 
sich  keine  hässliche  Traumgestalt,  nicht  wahr?  Ach,  weisst  du, 
dass  es  auf  dieser  Welt  Leute  giebt .  die  für  dein  Sehnarchen  auf 
dem  Bärenfell  unter  den  verräucherten  Dachbalken  in  dieser  finsteren 
Hütte  wer  weiss  wie  viel,  wer  weiss  wie  viel  geben  würden  ? 

X.    Der    Sc h a t z. 

„Ohne  Arbeit  wird  dir  kein  Reichtum  zu  teil;  in  dem  Maasse,   wie  du  schwitzest, 
füllt  sich  dein  Beutel  mit  Geld/ 

Es  war  eine  Winternacht.  Die  Bauern  hatten  sich  wieder  in 
dem  Gastzimmer  des  Schulzen  versammelt.  Die  in  den  Herd  ge- 
steckten Fichtenstämme  brannten  lustig  prasselnd,  die  emporsteigen- 
den rauchigen  Flammen  gaben  dem  Zimmer  Helligkeit,  es  wurde 
Kaffee  getrunken  und  das  Gebet  verrichtet.  Ein  alter  Imam  hatte 
wieder  mit  seiner  Geschichte  angefangen.  Heute  waren  die  Schätze 
an  die  Reihe  gekommen.  Er  hatte  in  seiner  Jugend  gehört,  dass 
in  der  verfallenen  Burg  oberhalb  des  Dorfes  sieben  Küp  voll 
genuesischer  Goldstücke  vorhanden  seien,  war  in  der  Hidr  Eljäs- 
Nacht  an  den  Ort,  der  mit  diesen  Goldstücken  angefüllt  war,  ge- 
gangen, hatte  Asche  durchgesiebt  und  hatte  darauf  am  nächsten 
Morgen  eine  Klaue  gesehen ,  die  er  nicht  mit  der  irgend  eines 
anderen  Wesens  vergleichen  konnte.  Da  er  sie  nicht  finden  und 
dann  abschneiden  konnte,  so  war  der  Schatz  nicht  in  seinen  Besitz 
gekommen.1)     Das  erzählte  er. 

Die  andern  hörten  kopfschüttelnd  mit  gespannter  Aufmerksam- 
keit den  Worten  des  Alten  zu.  Unter  ihnen  war  mancher,  der 
sich  diesen  Schatz  mit  aller  seiner  Begier  wünschte,  sogar  so  sehr, 
dass  diese  Küp  mit  ihrem  gelben  Golde  ihm  vor  den  Augen 
schwebten;  er  liess  es  sich  durch  den  Kopf  gehen,  dass  er,  wenn 
er  den  Schatz  bekäme,  die  Quelle,  die  auf  der  Sommerweide  etwa 
30  stark  wie  die  Taille  eines  menschlichen  Körpers  entspringe,  sogar 

1)  Er  will  sich  in    den  Besitz    des  Talismans    setzen ,    deswegen    siebt    er 
Asche,  um  auf  diese  Art  aus  den  Fusstapfon  den  Geist,   der  don  Schatz,   bei 
zu  erkennen.      Leider    hat    er    kein   Wesen    gefunden,    dessen   Klauen    dem  Ab- 
drucke glichen,   und   deswegen   den   Schatz   nicht  bekommen   können.      Di'-    Hidr 
Eljäs-Nacht  ist  die  Nacht  des  Frühlingsäquinoctiums. 

Bd.   LVIII.  10 


146  Giese,  Neues  von  Mehmed  Emin  Juj. 

bis  ins  Dorf  leiten  würde,  und  sagte  mit  einem  tiefen  Seufzer:  „Ach, 
wenn  ich  den  finden  könnte,  der  den  Talisman  dieses  Schatzes  weiss, 
ich  würde  meinen  Acker  und  meine  Ochsen  verkaufen  und  ihm 
alles  Geld  geben." 

Glaub's  nicht!  Lüge,  Lüge!  Alle  solche  Dinge  wie  ein  Talisman 
für  einen  Schatz  sind  Lüge !  Die  Menschen  sagen,  dass  die  Sachen, 
die  sie  nicht  besitzen,  an  solchen  wüsten,  finsteren  und  unbesuchten 
( »rtern  sind ,  und  lassen  an  ihren  Thüren  Schreckgestalten  warten, 
die  den  Menschen  entstellen,1)  damit  niemand  dorthin  gehe.  Warum 
wohl?  Auf  dieser  Welt  giebt  es  viele  Thoren,  die  immer  jemand 
suchen ,  um  sich  betrügen  zu  lassen ;  sie  zeigen  nach  Lügen  einen 
Hunger  wie  nach  Brot.  Einige  arme  Kerle  denken  sich  dann,  so 
wie   diese  es  wünschen,  diese  Lügen  aus,  um  sie  ihnen  zu  verkaufen. 

Wenn  du  in  Wahrheit  einen  Schatz  finden  willst ,  wenn  du 
seinen  Talisman  finden  willst,  so  wisse,  dass  die  Schätze  für  Land- 
leute, die  ihr  seid,  nur  in  den  Äckern  bestehen,  und  dieser  Schätze 
Talismane  sind  Hacke  und  Pflug.  Wer  seinen  Acker  umgräbt, 
bringt  den  Schatz  heraus  und  schreit  auf  diesem  Boden  voller  Gold 
nicht  vor  Hunger  nach  Brot. 

Darum  gieb  acht!  Das  vergiss  niemals,  dass  ohne  Arbeit  dir 
kein  Reichtum  zufällt;  in  dem  Maasse,  wie  du  schwitzest,  füllt  sich 
dein  Beutel  mit  Geld ,  in  dem  Maasse ,  wie  dein  Körper  müde  ist, 
geniesst  dein  Herz  Ruhe. 


1)  Von  Krüppeln  und  besonders  von  solchen,  die  eine  Entstellung  oder 
Verzerrung  des  Gesichtes  haben,  sagt  man  ,  ci.^j.L^-  ^l»!  '■^■W  t^  >  weü  nach 
der  Volksanschauung  gute  und  böse  Geister  jede  Verunreinigung  ihres  Wohn- 
platzes ,  mag  sie  absichtlich  oder  unabsichtlich,  z.  B.  auch  durch  Ausspeien  ge- 
schehen sein,  dadurch  bestrafen,  dass  sie  den  Menschen  entstellen.  Daher  ist 
es  Sitte  beim  Ausspeien    .».X,wJ  zu  sagen. 


147 


Muncläs  and  Australians. 

By 
Sten  Konow. 

It  is  a  well-known  fact  that  the  population  of  Northern  India 
is  not  uniform.  According  to  Mr.  Risley,  The  Tribes  and  Castes 
of  Bengal,  Vol.  i,  Calcutta  1891,  pp.  xxxi  &  ff,  we  can  "distinguish 
two  extreme  types  of  feature  and  physique ,  which  may  be  pro- 
visionally  described  as  Aiyan  and  Dravidian". 

The  principal  home  of  the  so-called  Dravidian  type  is  Southern 
India.  The  word  Dravidian  is  commonly  used  to  denote  a  distinct 
linguistic  family,  and  I  do  not  think  that  Mr.  Risley  was  right  in 
applying  it  to  an  anthropological  type.  The  tribes  representing 
the  type  speak  languages  which  have  usually  been  considered  as 
belonging  to  two  different  families,  one  of  which  is  known  as  the 
Dravidian.  The  application  of  this  name  to  the  anthropological 
type  is  therefore  open  to  the  same  objection  as  the  use  of  the 
term  Aryan  to  denote  the  race  which  is  also  known  as  the  Indo- 
European.  It  is  used  in  a  much  wider  sense  by  anthropologists 
than  by  philologists. 

Most  "Dravidian"  tribes  speak  languages  which  belong  to  one 
and  the  same  philological  family — the  so-called  Dravidian.  About 
three  millions ,  however ,  use  several  closely  connected  forms  of 
speech  which  appear  to  be  quite  different.  They  have  been  known 
under  different  names.  Messrs.  Hodgson  and  Logan  described  them 
as  North  Dravidian  and  as  dialects  of  the  Kol  language.  The  name 
Kol ,  however ,  only  comprises  a  portion  of  the  dialects  concerned. 
It  is,  moreover,  an  ethnical  term,  and  is  also  applied  to  tribes  Wh.. 
speak  Dravidian  languages  proper. 

Max  Müller  was  the  first  who  clearly  distinguished  between 
the  Dravidian  languages  proper  and  the  dialects  in  question,  which 
he  i'i-oposed  to  call  the  Mundä  family.  I  have  retained  that 
denomination  (though  it  is  far  from  being  appropriate),  because  it 
will  be  adopted  in  the  Linguistic  Survey  of  India,  and  it  is  of 
no  interest  for  my  present  purpose  whether  the  denominatinn  i> 
strictly  correct  or  not.  The  common  name  Kolarian  was  coined  by 
Sir  George  Campbell,  but  it  has  no  foundation  whatever.    In  modern 

10* 


148  Konow,  Mundäs  und  Australians. 

times  a  fourth  name  was  proposed  by  the  Rev.  L.  Skrefsrud,  and 
has  been  adopted  by  Prof.  Thomsen  of  Copenhagen.  Santhal  tra- 
ditions  assert  that  the  Santhals,  MundärTs,  Birhor,  Bhumij  and  Ho 
once  formed  one  people,  and  that  they  were  then  called  Kherwärs. 
Messrs.  Skrefsrud  and  Thomsen  therefore  use  the  name  Kherwärian 
to  denote  the  whole  family.  I  have  not  adopted  this  name  because 
some  of  the  dialects  belonging  to  the  family  are  spoken  by  tribes 
which  do  not  appear  to  have  been  comprised  under  the  denomi- 
nation  Kherwär. 

The  Mundä  languages  are  principally  spoken  in  the  Chota 
Nagpur  plateau.  They  must,  however ,  have  once  extended  muck 
farther  to  the  west,  for  we  find  an  important  Mundä  dialect,  the 
so-called  Kürkü,  in  the  Mahadeo  Hills,  and  it  is  probable  that  the 
Bhils  are  descended  from  tribes  which  once  used  a  Mundä  form 
of  speech. 

The  principal  Mundä  languages  are,  1.  SantälT;  2.  Mundäri, 
with  Bhumij  and  Birhor;  3.  Ho;  4.  Türl;  5.  AsurI;  6.  Korwä; 
7.  Ködä;  8.  Kürkü;  9.  Khariä;   10.  Juäng;   11.  Savara;   12.  Gadaba. 

SantälT,  Mundäri,  Ho,  Türl,  AsurI,  Korwä,  and  Ködä  are  all 
closely  connected.  They  represent  the  various  forms  of  speech 
now  used  by  the  descendants  of  that  tribe  which  the  Santhal 
traditions  call  Kherwär. 

The  Mundä  languages  have  no  connexion  whatever  with  the 
Dravidian  forms  of  speech.  On  the  other  band,  there  are  many 
important  points  in  which  they  agree  with  the  Mon-Khmer  langu- 
ages of  Further  India,  the  dialects  of  the  Sakeis  and  Semangs  in 
the  Malay  Peninsula,  and  Nancowry. 

About  ten  years  ago,  Professor  Thomsen  of  Copenhagen  tried 
to  show  that  connected  forms  of  speech  can  be  traced  much  farther 
to  the  south  and  east.  In  a  paper  entitled  Bemcerkninger  om  de 
kkervariske  (kolariske)  Sprogs  Stälinq,  in  the  Oversigt  over  det 
Kgl.  Danske  Videnskabs  Selskabs  Forhandlinger,  1892,  pp.  231 
and  ff.,  he  says, — 

"Points  of  connexion  with  the  Kherwärian  languages  can  be 
traced  much  farther  towards  the  south-east,  and,  more  especially, 
I  wish  to  draw  attention  to  a  series  of  very  remarkable  coin- 
cidences  between  them  and  several  of  the  ....  aboriginal  langu- 
ages of  the  southern  part  of  the  Australian  Continent ,  such  as 
Dippil  and  Turrubul  in  Southern  Queensland;  Kamilaroy,  Wira- 
durei ,  Lake  Maccpuarie ,  Wodi  -Wodi ,  and  others  in  New  South 
Wales ;  the  languages  spoken  in  the  neighbourhood  of  the  Encounter 
Bay  and  about  Adelaide ,  and  also  Parnkalla ,  spoken  to  the  west 
of  Spencer's  Gulf  in  South  Australia;  and,  lastly,  several  languages 
of  West  Australia.  These  (South)  Australian  languages  cannot, 
though  they  greatly  differ  from  each  other ,  be  separated  from 
each  other,  but  they  must  be  supposed  to  have  some  common  origin. 
The    correspondence    which    has    been    supposed    to    exist   between 


Konon-,  Mundäs  und  Australians.  149 

thern  and  the  Dravidian  languages ,  rnust  certainly  be  disniissed 
(compare  Fr.  Müller ,  Grundriss  der  Sprachwissenschaft ,  II ,  i, 
pp.  95  and  ff.).  On  the  other  band,  I  think  there  is  unquestio- 
nably  a  certain  connexion  between  tbe  Australian  and  Kberwarian 
languages. 

It  is  not  only  possible  to  sbow  that  there  are  correspondences 
in  vocabulary,  but  especial  stress  rnust  be  laid  on  the  fact  that 
the  analogy  extends  to  the  whole  principle  of  the  structure  of 
the  language  and  to  the  relations  and  ideas  which  haye  found  their 
expression  in  gramnaatical  forms.  There  seems  also  to  be  an  un- 
mistakable  similarity  in  some  details  of  these  forms,  if  it  be  allowed 
to  draw  any  conclusions  in  this  respect  so  long  as  we  are  quite 
ignorant  of  the  phonetical  development  of  the  languages  in  question. 
We  cannot,  however,  expect  to  find  any  obvious  analogy  in  gram- 
matical  details  throughout,  the  less  so  when  we  rernember  how 
much  the  Australian  languages  themselves  differ  froni  each  other 
in  this   respect". 

Professor  Thomsen  thinks  that  such  points  of  analogy  rnust 
be  explained  by  the  supposition  that  Indian  Mundäs ,  or  some 
closely  connected  tribe,  have  formerly  emigrated  to  the  Australian 
Continent. 

G.  v.  d.  Gabelentz  in  bis  book  Die  bprachivissenschaft,  Leipzig 
1891,  pp.  274  k  f.,  also  states  that  there  is  a  connexion  between 
the  Mundä  family  and  the  Australian  languages.  He  even  thinks 
that  we  are  justified  in  speaking  of  a  "Kolarian-Australian  family 
of  languages".  He  does  not,  however,  adduce  any  facts  in  support 
of  his  view. 

In  preparing  the  Mundä  portion  of  the  Linguistic  Survey  of 
India,  I  have  had  to  occupy  myself  with  the  supposed  connexion 
between  Mundäs  and  Australians.  I  have  examined  Prof.  Thomsen's 
arguments,  and  I  have  been  unable  to  adopt  his  view  of  the  matter. 
The  points  of  analog}7-  which  he  has  found  are ,  so  far  as  I  can 
see,  uncertain,  and,  at  all  events,  too  few  and  unimportant  to  prove 
anvthing.  Moreover,  they  are  of  such  a  kind  that  similar  coin- 
cidences  can  be  shown  to  exist  between  languages  which  are  in 
no  way  connected  with  each  other.  I  have  had  the  same  materials 
at  niv  disposal  as  Prof.  Thomsen,  and  I  am  quite  aware  iliai  thej 
are  not  sufficient  for  arriving  at  a  final  decision.  So  far  as  I  can 
see,  however,  nothiug  is  as  yet  knovvn  which  contradicts  my  con- 
clusions. 

Vocabulary.  Prof.  Thomsen's  first  argumerrt  is  based  on 
the  supposition  of  a  certain  correspondence  in  vocabulary. 

In  the  first  place  he  compares  the  first  two  numerals  in  Mundä 
with  some  forms  in  Australian  languages,  viz.  Santäli  -mit',  one, 
with  Wodi-AVodi  rnituh,  Kamilaroy  mal;  Santäli  bar,  two,  with 
Lake  Macquarie  buloära,  Kamilaroy,  Dippil,  Wodi-Wodi  bulär  \r. 


150  Konov,  Mundas  and  Australian*. 

The  con-espondence  is  far  from  being  evident,  and  it  is  further 
weakened  by  a  consideration  of  the  corresponding  fonns  in  other 
Australian  languages.  The  most  common  word  for  "one"  in  New 
South  Wales  is  wäkul.  Other  forms  are  marai,  marawa  (Tas- 
mania) ,  bur  (Victoria);  mo ,  mata,  mada,  metata  (on  the  Murray 
River  near  Wentworth  and  Euston) ;  ivaichola  (middle  course  of 
the  Darling);  mala  (Upper  Murray);  yalla  (Monero  Plains);  meden- 
dal  (Moruya);  mi'tong  (Murrumbidgee);  metann  (Jervis  Bay);  metong 
(C4oulbourn  Plains);  mitung  (Ulawarra  district);  mal  (Liverpool 
Plains);  malanda  (Wellington);  byäda,  muray,  baja,  byäya  (Southern 
Queensland);  motu,  warat,  icadat  (Northern  territory  of  South 
Australia) ;  numbai  (Wiradurei) ;  pieya  (Kingki) ;  Jeunar  (Turrubul) ; 
kalim  (Dippil) ;  huma  (Adelaide) ;  kain,  gain  (West  Australia),  and 
so  forth. 

It  is  difficult  to  find  any  form  from  which  all  these  numerals 
can  be  derived.  The  base  in  many  of  them  seems  to  be  ma,  which 
bears  some  resemblance  to   Santäll  mit\ 

Most  Australian  languages  have  forms  such  as  bula  or  bulo 
for  "two".  According  to  Mr.  John  Fräser  in  his  curious  introduc- 
tion  to  An  Australian  Language  ...  by  L.  E.  Threlkeld,  Sydney 
1892  ,  "the  word  bula  is  universal;  with  various  changes  of  ter- 
mination ,  it  exists  from  Tasmania  in  the  extreme  south ,  right  on 
to  the  Gulf  of  Carpentaria".  Compare  Lake  Macquarie  bidoära; 
Wiradurei  bula;  Kamilaroy,  Dippil,  and  Wodi-Wodi  bülär;  Wail- 
wun  bulugur;  Kingki  büdela;  Turrubul  büdelä;  Lake  Tyers  bülä- 
man:  Lake  Hindmarsh  pullet;  River  Yarra  bolowln;  Jajowerong 
bülaitsh;  Witouro  bullait;  Toungurong  bullarbil.  Now  I  do  not 
think  that  the  similarity  with  Santäll  bar  is  unquestionable.  It 
may  reasonably  be  doubted  whether  the  b  of  bar  is  a  prefix  or 
belongs  to  the  root.  Compare  Lernet  or,  Khassi  ör,  two,  and  the 
ar  which  is  used  in  the  dual  Suffixes  in  Khariä. 

There  is,  however,  some  similarity  in  the  sound  of  the  two 
fii'st  numerals  in  Mundä  and  Australian.  The  significance  of  that 
fact,  however,  considerably  loses  in  importance  when  we  remember 
that  forms  which  bear  the  same,  or  even  a  stronger,  similarity  to 
the  Mundä  numerals  occur  in  the  heart  of  Africa.  Compare 
Herero  mue ,  one ;  vari,  two ;  Maba  bar,  two.  How  cautious  we 
must  be  in  such  comparisons  is  vividly  brought  home  to  us  when 
we  remember  that  ek  is  "one"  in  the  language  of  the  Mixteques 
in  America,  just  as  in  HindustänI. 

Moreover,  every  trace  of  analogy  disappears  when  we  go  beyond 
the  numeral  "two".  Most  Australian  languages  only  possess  nume- 
rals so  far  as  "three".  In  the  Mundä  family,  on  the  other  hand, 
we  find  separate  forms  so  far  as  "ten",  and  higher  numbers  are 
counted  in  twenties.  The  antiquity  of  the  first  ten  numerals  is 
warranted  by  the  close  correspondence  with  the  forms  in  use  in 
the  Mon-Khmer  lancmages. 


Konow,  Mundo*  and  Au&tralians.  151 

I  therefore  think  that  we  are  on  the  safe  side  when  we  con- 
sider  the  similarity  in  sound  between  the  two  first  numerals  in 
Mundä  and  Dravidian  as  merely  aceidental,  at  least  so  long  as  no 
new  facts  force  us  to  assurne  a  connexion  between  both  groups. 

With  regard  to  pronouns  Prof.  Thomsen  compares  SantälT  in, 
MundärT  in,  ai/i.  I,  with  forms  containing  an  ü  in  many  Australian 
languages,  such  as  neu  in  Dippil,  Turrubul ,  Kamilaroy,  Adelaide, 
and  Parnkalla. 

Now  I  do  not  attaeh  any  importance  to  the  fact  that  the 
characteristic  element  of  the  Mundä  pronoun  probably  is  a  palatal 
n ,  but  a  velar  n  in  the  Australian  forms.  But  I  think  a  com- 
parison  of  the  Mundä  forms  improbable  for  other  reasons.  Forms 
of  the  personal  pronoun  of  the  first  person  containing  a  velar  n 
are  found  in  many  languages  which  cannot  be  considered  as  related, 
and,  on  the  other  hand,  the  n  of  the  Australian  forms  does  not 
appear  to  be  a  necessary  part  of  the  pronoun. 

I  do  not  propose  to  give  a  list  of  all  such  languages  as  have 
forms  for  "I"  containing  a  velar  it.  It  is  quite  sufficient  to  mention 
Tibeto-Burman  na;  Melanesian  hu,  n;  Mande  (Africa)  n;  Bullom 
(Africa)  yan. 

Moreover,  the  element  n  can  apparently  be  dropped  in  Austra- 
lian. Compare  Lake  Macquarie  ita-toa ,  I;  tia ,  me ;  emmo-un  to 
me.  The  final  un  of  emmo-un,  to  me,  is  a  suffix;  compare  niro-un, 
to  thee ,  Biraban-nun ,  to  Biraban.  Similarly  we  sometimes  also 
find  pronominal  Suffixes  of  the  first  person  singular  without  the  n ; 
Uios,  Wiradurei  na-du,  I,  to  which  correspond  the  Suffixes  du  and 
tu;  Encounter  Bay  nä-pe ,  nä-te ,  I,  and  the  suffixed  forms  ape, 
(iji.  ii u,  ate. 

If  we  compare  Lake  Macquarie  na-toa ,  I ;  nin-toa ,  thou ; 
Wiradurei  na-du,  I;  nin-du,  thou,  and  so  forth ,  we  shall  find 
that  the  n  is  also  used  in  the  pronoun  of  the  second  person. 
Bishop  Caldwell  has  long  ago  compared  the  Australian  forms  na, 
I;  iii,  thou,  with  the  Dravidian  na-,  I;  ni-,  thou.  I  do  not  think 
that  the  comparison  proves  anything.  The  bases  of  the  Dravidian 
pronouns  are  probably  e  or  yä,  I,  and  /,  thou.  The  fact,  however, 
that  the  n  is  used  in  the  pronoun  of  the  second  person  as  well 
as  in  that  of  the  first,  shows  that  it  is  not  the  characteristic  ele- 
ment of  the  pronoun  "1".  It  is  probably  a  prefix  of  uncertain 
meaning,  and  it  also  oecurs  in  forms  such  as  Lake  Macquarie  im-//. 
thi<  very;  na-la,  this;  iia-loa,  that.  In  the  Mundä  languages,  on 
the  other  hand,  n  is  the  real  pronoun  and  cannot  be  dropped. 

Professor  Thomsen  further  compares  Santäli  qlvh,  he  and  1. 
with  Dippil  nu-lin,  a-Jen,  Kamilaroy  nu-le,  Wiradurei  im-//.  Lake 
Macquarie  (oblique)  na-lin ,  Adelaide  and  Parnkalla  ha-dli,  West 
Australian   na-li,  we  two,  and  so  forth. 

Now  alih  means  "I  and  he",  and  Lake  Macquarie  na-lin,  "I 
and  thou".     I  do  not,  however,  think   lhal  that  difl'erence  is  of  miu-h 


152  KorioWf  Mundäs  und  Australians. 

weight.  Il  is  of  greater  importance  that,  while  the  SantälT  lin  is 
the  essentia]  part  of  the  pronoun.  the  Australian  U  seems  to  be 
;hi  ordinary  dual  suffix  whieh  can  be  used  after  other  pronouns  as 
well.  Compare  Lake  Macquarie  bn-l! ,  we  two;  bu-la,  you  two; 
Encountci-    Bay   iic-lc  we  two;  nxvr-le,  you  two. 

A  similar  remark  can  be  made  regarding  Prof.  Thomsen's 
comparison  of  SantälT  alä,  we,  i.  e.  I  and  they,  and  Turrubul 
iiu-le,  Adelaide  na-dlu,  we.  According  to  Mr.  Fräser  iia-dlu  is 
an  indefinite  form  which  can  be  used  both  as  a  singular  and 
as  a  plural. 

The  apparent  similarity  between  the  forms  for  "we  two"  and 
"we"  is.  I  think,  outweighed  by  the  fact  that  the  Australian  lan- 
guages  have  nothing  to  correspond  to  the  double  set  of  dual  and 
plural  forms  of  the  personal  pronoun  of  the  first  pei'son,  one  in- 
cluding  and  the  other  excluding  the  party  addressed.  Compare 
Santäli  qlin,  I  and  he;  alah,  I  and  thou ;  alä,  I  and  they;  abon, 
I  and  you.  If  the  person  addressed  is  to  be  excluded,  the  Austra- 
lian languages  suffix  a  pronoun  of  the  third  person  to  the  ordinary 
dual.  Thus  Lake  Macquarie  halt,  we  two,  i.  e.  I  and  thou;  ba-li- 
nua,  I  and  he;  ba-li-boun-toa,  I  and  she. 

Moreover,  the  parallelism  between  Mundä  and  Australian  does 
not  extend  to  the  personal  pronoun  of  the  second  person.  Forms 
corresponding  to  Mundä  am,  thou,  are,  on  the  other  band,  found 
in  many  languages.  Compare  Melanesian  mu,  m;  Bullom  miia, 
moa,  thou. 

Prof.  Thomsen  also  compares  SantälT  im«,  nui,  he,  this  (ani- 
mate  beings),  noa,  this:  ona,  that  (inanimate)  with  Lake  Macquarie 
noa,  he,  that;  um,  unoa,  that;  Dippil  unda,  Turrubul  wunäl,  he, 
and  so  forth.  I  am  afraid  that  even  this  point  does  not  prove 
much,  because  the  demonstrative  pronouns  are  formed  according 
to  quite  different  principles  in  the  two  families.  In  Mundä  there  are 
two  different  sets,  one  denoting  animate  beings  and  another  refer- 
ring  to  inanimate  objects.  On  the  other  hand,  there  are  no  different 
forms  for  the  masculine  and  the  feminine.  The  Australians  di- 
stinguish  masculine  and  feminine  pronouns,  but  use  the  same  form 
to  denote  animate  beings  and  inanimate  objects. 

Moreover.  a  comparison  of  the  HindT  bases  in  and  un  shows 
how  cautious  we  must  be  in  such  matters.  Compare  SantälT  in-Jan, 
these  two;  un-kin ,  those  two;  HindT  in-me,  among  these;  un-me, 
among  those. 

In  the  face  of  such  facts  I  do  not  think  that  we  can  attach 
much  importance  to  Prof.  Thomsen's  remaining  comparisons.  They 
are  as  follows. 

SantälT  vnM \  Kamilaroy,  Wiradurei  mä,  Wodi-Wodi  mer,  eye. 

Santäli  mit.  Kamilaroy,  Dippil  mürü,  Tun-ubul  müro,  nose. 

SantälT  janga ,  A\'iradurei  dinan ,  Kamilaroy  dina,  Dippil 
jinuh.  foot. 


Koiiow,  Mundas  and  Australians.  153 

Santäli  har ,  Kürkü  koro ,  Lake  Macquarie  köre,  Encounter 
Bay  körn,  man. 

Santäli  bah,  Dippil  ba,  not. 

The  nurnber  of  similar  words  in  both  families  is  apparently 
veiy  small,  and  I  do  not  tbink  that  tbey  prove  more  tban  does  tbe 
curious  list  of  phonetic  coincidences  in  Mandshu  and  Greek  and 
Latin  whicb  bas  been  printed  by  Prof.  Max  Müller  in  bis  Letter 
to  Chevalier  Bunsen  on  the  Classification  of  tke  Turanian  Lan- 
guages,  p.  95. 

Moreover,  I  tbink  tbat  some  of  Prof.  Thomsen's  comparisons 
are  far  from  being  striking. 

Tbe  siuiilarity  between  Santäli  mät',  eye,  and  Australian  forms 
such  as  mil,  mer,  is  far  less  tban  tbat  between  tbe  Santäli  word 
and  mat ,  mata ,  meta ,  eine ,  and  so  fortb ,  in  numerous  Oceanic 
languages.  Compare  also  tbe  word  for  "eye"  in  Tibeto-Burman 
languages,  wbere  we  find  forms  sucb  as  mik,  mit,  mi,  myak,  and 
so  fortb. 

The  Mundä  word  for  nose  is  mu.  The  Australian  words 
compared  by  Prof.  Tbomsen  are  probably  Compounds.  Compare 
Lake  Macquarie  nu-koro,  nose,  but  koro,  windpipe. 

The  similarity  between  the  words  for  "foot"  in  the  two  families 
seems  to  me  to  be  slight.  Compare  also  Laka  Macquarie  tina.  the 
toes,  the  foot. 

Lake  Macquarie  köre,  Encounter  Bay  körn,  are  strikingly  like 
Kürkü  koro ,  man.  The  o  of  the  Mundä  words  is  however  open, 
tbat  of  the  Australian  ones  seems  to  be  pronounced  almost  as  a 
u,  for  we  also  find  kuri  in  the  Lake  Macquarie  dialect.  And  forms 
such  as  Kamilaroy  giwir ,  Wiradurei  gibir ,  Victoria  kid-int,  man, 
make  the  probability  of  a  connexion  with  the  Mundä  word  rather 
small.  The  Lake  Macquarie  nominative  kuri-ko  might  just  as  well 
be  compared  with  Fulbe   (Africa)  gor-ko,  man. 

Dippil  ba,  not,  no  doubt  resembles  Santäli  bau.  Ba,  not,  is 
however,  also  found  in  Hausa;  and  other  Australian  negatives  such 
as  Lake  Macquarie  kora,  Wiradurei  karia.  Kamilaroy  kümil,  Adelaide 
yako,  West  Australian  bart,  not,  remind  us  that  it  is  necessary  to 
be  cautious. 

I  bave  now  examined  all  those  points  in  whicb  Prof.  Thomsen 
states  that  the  Australian  languages  agree  with  the  Mundä  family. 
I  do  not  tbink  that  they  are  numerous  or  important  enough  to 
make  a  connexion  between  the  two  families  probable. 

It  remains  to  see  whether  Prof.  Thomsen  is  right  in  stating 
tliat  the  strukture  of  each  set  of  languages  follows  the  same  prin- 
ciples,  and  tbat  the  grammatical  forms  give  expression  to  the  same 
ideas  in  the  two  families.  I  regret  that  my  knowledge  of  the 
Australian  dialects  is  very  limited,  and  it  is  possible  that  l  have 
overlooked  many  important  pöints.  It  is  however  necessary  to 
ptate   \wy  case  as  best  I  can. 


154  Konoic,  Mundas  and  Australiern«. 

Phonology.  —  The  phonetical  System  of  the  Australian  lan- 
guages is  extremely  simple.  There  are  no  aspirates,  no  sibilants, 
ao  h.  and  probably  originally  no  soft  mutes  such  as  b,  d,  g.  All 
1liat  is  quite  different  in  the  Mundä  languages.  Those  latter  forms 
of  speech  possess  all  the  various  consonants  of  the  Indo  -  Aryan 
vernaculars,  and  also  a  peculiar  set  of  semi-consonants,  checked  con- 
sonants without  the  off-glide. 

Formation  of  words. —  The  Australian  languages  make  use 
of  Suffixes  in  Order  to  form  new  words  from  already  existing  bases. 
Thus  Lake  Macquarie  bun-ki-ye,  a  fighting  man;  bun-to-ara,  a 
wounded  man ;  bun-killi-kan,  a  striker;  bun-killi-kan-ne,  a  cudgel; 
bun-kilU-to,  the  stroke;  bun-killi-ta,  the  striking;  bun-Jcilh'-nel,  a 
pugilistic  ring.  The  use  of  Suffixes  is  also  a  well-known  feature 
of  the  Mundä  languages.  Their  number  is,  however,  limited,  and 
most  of  them  are  apparently  pronominal.  On  the  other  hand,  the 
Mundä  languages  to  a  great  extent  use  infixes  in  order  to  form 
new  words.  The  same  is  the  case  in  the  Mon-Khmer  languages 
and  others ,  but  nothing  of  the  kind  has  been  shown  to  exist  in 
Australian.  Compare  SantälT  dal,  to  strike ;  da-pa-l,  to  strike  each 
other :  but  Lake  Macquarie  bun ,  to  strike ;  bun-hilän ,  to  strike 
each  other. 

I  cannot  therefore  find  that  the  strueture  is  the  same  in 
Mundä  and  Australian. 

Inflexional  System.  —  Mundä  nouns  are  of  two  kinds,  such 
as  denote  animate  beings  and  inanimate  objeets  respectively.  The 
distinetion  of  the  two  natural  genders,  on  the  other  hand,  is  not 
reflected  in  grammatical  forms.  Pairs  such  as  kora,  boy;  kuri, 
girl,  are.  of  course,  due  to  Aryan  influence  and  are  not  a  regulär 
feature  of  the  Mundä  languages. 

The  state  of  affairs  is  apparently  different  in  Australian.  There 
is  a  difference  between  masculine  and  feminine  forms.  Compare 
Lake  Macquarie  niu-woa,  he;  boun-toa,  she;  makoro-ban,  afisher; 
makoro-bin,  a  fisher-woman ;  yinäl,  son;  yinäl-kun,  daughter.  It 
seems,  however,  as  if  this  difference  does  not  really  affect  the 
grammar.  On  the  other  hand,  there  is  apparently  no  difference 
between  such  nouns  as  denote  animate  beings  and  inanimate  objeets, 
respectively.  In  the  Minyung  dialect,  the  form  of  the  adjeetive  is 
sometimes  changed  so  as  to  agree  with  the  qualified  noun.  Thus 
l:u/iiai.  big,  large,  can  be  used  in  connexion  with  all  sorts  of  nouns. 
If  the  qualified  noun  denotes  a  man,  it  is  however  more  common 
to  use  the  form  kumai-bm.  The  corresponding  feminine  form  is 
kumai-na-gun,  while  leumai-nyon  is  used  if  the  qualified  noun 
denotes  an  inanimate  objeet.  So  far  as  I  can  see,  there  is  no 
parallelism  between  the  Minyung  principle  and  that  prevailing  in 
Mundä. 

Both  the  Mundä  languages  and  the  Australian  ones  distinguish 
between  three  numbers,  the  singular,  the  dual,  and  the  plural.    The 


Konov:,  Mundete  and  Australiaus.  155 

Mundä  languages  usually  denote  the  number  by  nieans  of  Suffixes, 
at  least  in  the  case  of  animate  beings.  The  rule  in  Australian, 
on  the  other  hand,  is  to  leave  the  dual  and  the  plural  of  nouns 
umnarked.  Thus  kuri  in  the  Lake  Macquarie  dialect  means  both 
'"man"  and  "men".  In  Adelaide  and  Encounter  Bay,  however,  dual 
and  plural  suffixes  are  used  as  in  Mundä.  Thus  Encounter  Bay 
Jcorn,  man,  dual  korn-erik,  plural  korn-ar;  Adelaide  nanki,  woman, 
dual  nanki-dla,  plural  nanki-na. 

There  is  a  great  difference  between  Mundä  and  Australian 
languages  in  the  formation  of  cases.  The  Mundä  languages  use 
the  same  form  to  denote  the  subjeet  of  transitive  and  intransitive 
verbs.  The  Australian  forms  of  speech,  on  the  other  hand,  distin- 
guish  the  active  subjeet  of  transitive  verbs  from  the  subjeet  of 
intransitives  by  adding  a  separate  suffix.  Thus  Lake  Macquarie 
uni  ta  tibbin,  this  is  a  bird ;  but  tibbin-to  ta-tän,  the  bird  (agent) 
eats;  natun  noa  bon  yinal-lo  ivit/ä,  and  he  him  son-by  said,  and 
the  son  said  to  him;  uni  emmoumba  yinal  tetti  kakuüa,  this  my 
son  had  died. 

The  Mundä  languages  have  no  cases  to  denote  the  direct  and 
indirect  objeet  but  incorporate  them  in  the  verb  by  means  of 
pronominal  infixes.  Even  the  genitive  case  is  often  expressed  in 
the  verb  in  the  same  way.  Compare  Santäll  apat-täi '-da  ac-rän 
golam-ko-e  met-at'-ko-a,  the-father  his  servants-he  said-to-them,  the 
father  said  to  his  servants;  apum-da  uni  posao  damkäm-ä  gur- 
ked-e-a ,  thy-father  the  fatted  calf-he  killed-it ,  thy  father  has 
killed  the  fatted  calf;  mit'  har-rän  barea  kora  häpan-kin  talui - 
kan-tae-a,  one  man-of  two  boy  child-they-two  were-his ,  a  man 
had  two  sons. 

The  Australian  languages,  on  the  other  hand,  have  a  dative- 
aecusative  like  the  Indo-Aryan  vernaculars.  Thus  Lake  Macquarie 
makoro  bi  nuwa,  fish  thou  give ;  piriwal-ko,  to  the  chief?  iiän-to 
bön  bün-kulla  tetti  kidwun?  nän-nun?  Biraban-nun,  whom-by 
him  smote  dead  stiff?  Whom?  Biraban.  Who  smote  him  dead  ? — 
Whom  ? — Biraban. 

The  West  Australian  genitive  suffixes  ak  and  an  resemble 
the  Mundä  suffix  ak\  I  do  not,  however,  think  that  the  corre- 
spondence  can  be  anything  but  accidental. 

The  Australian  languages  possess  a  richly  varied  System  of 
verbal  forms.  In  this  respect  they  agree  with  the  Mundä  dialects, 
but  also  with  languages  belonging  to  quite  different  linguistic 
families,  such  as  Turkish.  It  is  also  possible  to  point  to  some 
suffixes  which  resemble  each  other  in  sound  in  both  families. 
Thus  the  present  suffix  an  in  Lake  Macquarie,  in,  un.  <~n  in  En- 
counter Bay,  can  be  compared  with  Santäll  en  and  an.  The  suffix 
e  or  i  of  the  past  tense  ia  Wiradurei  might  correspond  to  Santäll 
et\     The    pluperfect   suffixes  äkean  in   Lake   Macquarie,    and  lain, 


256  Konoic,  Mkndäs  and  Austral/ans. 

len  in  Kamilaroy,  might  be  compared  with  Santäll  aJean,  len, 
respectively.  I  do  not,  however,  think  that  such  coincidences  are 
inore  than  accidental.  Santäll  an,  en,  are  passive  Suffixes,  while 
tili'  Australian  an,  in,  en,  is  used  in  an  active  as  well  as  in  a 
passive  sense. 

On  the  whole,  the  conjugational  principles  are,  so  far  as  I 
can   sei',  (juite   ditferent  in  the  two  families. 

The  Mundä  languages  have  separate  forms  to  denote  the  passive 
and  the  rniddle  voices.  Compare  Santäll  dal-ket'-q-n,  I  Struck;  dal-en- 
q-n,  I  was  Struck;  dal-an-q-n,  I  Struck  for  myself.  The  Australian 
languages  distinguish  the  active  from  the  passive  by  using  various 
pronouns  as  subject  or  object.  Thus  Lake  Macquarie  iian-to  bin 
bün-hulla,  whom-by  thee  Struck?  who  Struck  thee?  nan-nun 
bün-hulla,  whom  Struck?    who  was  Struck? 

The  Mundä  tense  bases  can  be  used  as  nouns,  adjectives,  and 
verbs.  No  Suffixes  are  added  in  Order  to  change  them  into  relative 
participles.  In  the  Australian  languages,  on  the  other  hand,  verbal 
nouns  and  participles  are  formed  by  means  of  special  Suffixes. 

Both  families  agree  in  using  pronominal  Suffixes  in  order  to 
indicate  the  person  of  the  verb,  and  those  Suffixes  are  sometimes 
added  to  a  word  preceding  the  verb  in  the  Australian  languages, 
as  is  the  common  rule  in  Mundä.  Compare  yäp-ap  el-in,  fuel-I 
go ,  I  go  to  fetch  fuel ,  in  the  dialect  spoken  on  the  Encounter 
Bay.  The  parallelism  is,  however,  of  too  general  a  description 
to  prove  anything  whatever.  Exactly  similar  constructions  are 
e.  g.  also  used  in  the  language  of  the  Hottentots;  thus,  tsl-b  ma, 
and -he  gives.  The  Australian  languages  have  a  double  set  of  such 
Suffixes,  one  denoting  the  agent  and  another  denoting  the  subject 
of  intransitive  verbs.  It  has  already  been  remarked  that  the  Mundä 
languages  do  not  make  any  such  distinction. 

The  ideas  expressed  by  the  various  forms  corresponding  to 
our  tenses  are,  moreover,  quite  different  in  both  families. 

The  Mundä  languages  have  no  separate  form  to  denote  future 
time.  There  is  an  indefinite  tense  which  is  used  as  a  habitual 
present,  a  future,  and  so  on.  The  Australian  languages  possess 
an  indefinite  future ,  a  definite  future ,  and  sometimes  even  more 
future  forms.  Thus  Lake  Macquarie  bün-nun  ban,  striking-for  I, 
I  shall  strike,  at  some  indefinite  future  time ;  bün-hln  ban,  I  shall 
strike  at  such  and  such  time. 

The  Mundä  languages  have  one  perfect;  thus  Santäll  dal- 
akad-e-a-e,  he  has  Struck  him.  There  are,  on  the  other  hand, 
several  perfects  in  the  Australian  languages.  Compare  Wiradurei 
buin-al-yuain,  have  Struck:  büm-al-äwan,  have  just  Struck;  büni- 
al-uärin,  have  Struck  to-day;  büm-al-guräni,  have  Struck  yester- 
day;  büm-al-gunan,  have  Struck  a  long  time  ago.  It  will  be  seen 
that   such    tenses    are    in   reality  Compounds.     They  are ,    however, 


Konoic,  Mundas  and  Äustralians.  157 

formed    according    to    principles  which  are  apparently  unknown  in 
the  Mundä  forms  of  speech. 

I  do  not  pretend  to  say  that  the  preceding  remarks  are  con- 
clusive.  I  hope,  however,  to  have  shown  that  Prof.  Thomsen's 
reasons  for  assuming  a  connexion  between  the  Mundä  family  and 
the  aboriginal  languages  of  Australia  are  insufficient.  I  am  well 
aware  of  the  fact  that  it  would  be  necessary  to  go  much  deeper 
into  the  matter  than  my  limited  time  has  allowed  me  to  do.  I 
hope  some  day  to  find  the  necessary  leisure  for  undertaking  a 
thorough  analysis  of  the  materials  available  about  the  Australian 
languages.  I  have,  however,  thought  it  better  to  invite  discussion 
of  the  matter  at  onee.  I  should  be  happy  if  some  more  com- 
petent  scholar  would  take  up  the  question  so  that  I  could  be 
able  to  utilise  the  results  for  the  Mundä  section  in  the  Linguistic 
Survey  of  India. 


Errat  um. 


Vol.  LVI  (1902),  p.  651  1.  4  and  1.  4  froin  bottom  in  note  read 
"Telugu"  for  "Tamil".  Vincent  A.  S  m  i th. 


158 


Resen  in  Genesis  10. 

Von 

Eberhard  Nestle. 

Was  unsere  Wörterbücher,  Kommentare  und  Encj^klopädien 
über  die  von  Nirarod  gegründete  Stadt  Resen  zu  sagen  wissen,  geht 
nahe  zusammen.  Ich  nehme  die  neusten  Äusserungen ;  von  Kittel 
im  Artikel  Nimrod  PRE.3  14,  S.  103: 

„  Wenig  gesichert    ist   jedoch    die  Lage   von  Resen.     Mehr  als 

unser  Text  selbst  uns  sagt,    nämlich    dass  es  zwischen  Ninive 

und  Kelach  gelegen  sei,    wissen    wir  auch  heute  noch  nicht". 

In  demselben  Werk  schreibt  Alfred  Jeremias  im  Artikel  Niniveh 

S.  115: 

„Resen  ist  ebenfalls  ein  selbständiger  Ort,  der  unter  einem 
der  kleinem  Trümmerhügel  zwischen  Niniveh  und  Nimrud  zu 
suchen  sein  wird ;  es  wird  identisch  sein  mit  dem  von  Xenopbon 
erwähnten  Larissa". 
Letztere  Gleichsetzung  hat  Bochart  aufgebracht,  während  nach 
Pinches,  Dictionary  of  the  Bible  IV,  229  Byzantiner  und  Ptolemäus 
die  sprachlich  näherliegende,  aber  geographisch  unmögliche  Gleich- 
stellung mit  Rhesina  oder  Rhesaina  am  Chaboras  (arab.  Ras-el-lain) 
vertraten.  Seltsamerweise  führt  nun  aber  auch  Pinches  nicht  an, 
dass  es  ausser  diesem  Rhesaina  am  Chaboras  ein  zweites,  nur  eine 
Parasange  oberhalb  Ninive  gelegenes  Rhesaina  gegeben  hat,  wo 
noch  heute  Kieperts  Karte  ein  Räs-al-'Ain  verzeichnet.  Und  frag- 
los ist  dies  identisch  mit  dem  Reseni,  das  zuerst  Sayce  in  der 
Academy  vom  1.  Mai  1880  in  der  Bavian-Inschrift  Sanheribs  nach- 
gewiesen hat.  Es  sind  über  20  Jahre  her,  dass  dies  alles  von 
Georg  Hoff  mann  in  den  Syrischen  Akten  persischer  Märtyrer 
(Abhandlungen  unserer  Gesellschaft  VII,  3,  S.  183  f.)  bekannt  ge- 
macht wurde.  Ausser  Lagard e  (Mitteilungen  3,  71)  hat  aber  kein 
einziger  Forscher,  soweit  ich  sehe,  diesen  Aufschluss  beachtet. 
Hoffmann  schreibt  a.  a.  0.: 

„Ich  kann  .  .  .  nachweisen,  dass  die  Syrer  ...  in  den  Ruinen 
von  Horsäbäd  die  Lage  von  Resen  gesucht  haben,  durch 
folgende  Stelle  aus  Barbahlül,  Hs.  Socin  II: 


Nestle,  Resen  in  Genesis  10.  159 

öjJioj}  wöj  o;qd  ;z>  \j^*l\  jj*^  süjl\/i  \u±  *±j  ^ooi 

^■\.*-fi   (j*L    JL;_U  }   ~Oj  Kasan;  Res'ainä,  die  Stadt  Ras  al-'ain. 

Bar-Srö.  Die ,  welche  sich  eine  Farsah  oberhalb  Ninwe  [d.  i. 
Kujundschik]  befindet.  Über  diese  spricht  die  Schrift,  nicht 
über  Ras  al-'ain  in  Mesopotamien". 

Zur  Parasange  verweist  Hoffmann  auf  Ritter,  Erdkunde  9,  733. 
Layard,  Nineveh  und  seine  Überreste  Kap.  6,  S.  83  (deutsch);  zu 
Kujundschik  auf  Tuch,  De  Nino  urbe  S.  49,  al-Mas'üdi  2,  93;  zu 
Mesopotamien  auf  Dävidh  von  Beth  Rabban  bei  de  Lagarde, 
Praetermissorurn  libri  duo  1879,  S.  246,  69,  wo  Nir:  statt  Nim 
zu  lesen  sei.     Dann  fährt  er  fort: 

„Die  Hurustäbädruinen  liegen  wirklich  an  einem  östlichen 
Quellarm  des  Hösar,  an  welchem  Kieperts  Karte  ein  Ras 
al-'Ain  verzeichnet.  Es  ist  dieselbe  Quelle,  die  nach  Jäqüt 
von  dem  stattlichen  Dorfe  al-Zarrä'a  oder  Ras  al-Na'ür  nahe 
bei  Bä'aslqä  .  .  .  kommt  und  auch  Hurustäbäd  bewässert. 
Dasselbe  bezeugt  folgende  Glosse  aus  einer  syrischen  4°. 
Miscellenhs.  des  India  Office  fol.  326  vers0: 

vjiau    AI    ^Qoi    fc^Do/      .J^jL    ~Ot    w.oi    ^Sö    Kalah    = 
Hatara  oder  vielmehr  Rasan,  Res  nä'örä". 
Nach  einer  Richtigstellung  dessen,  was  Jäqüt  über  Ras  al-Nä'ür  er- 
zählt und  was  daraus  gemacht  worden  ist,  fährt  Hoffmann  fort : 
„Nun  vergleiche  man  mit  der  obigen  Glosse  Fletcher  [Narra- 
tive   1,  284]:    ,Haterah,    chiefly  inhabited    by  Yezidees   north 
of  Teil    Eskof.      The    Syrian   Geographers    consider    it    to    be 
identical  with  the  Calah  of  Genesis.     Eastward  of  Teil  Eskof 
is    another  village    called    Kas-el-ain   [so]    or    the    head  of  the 
spring  from  a  small  rivulet,  which  takes  its  rise  near  it,  and 
empties    itself  into   the    Tigris    [via  Hösar!]    to    the  north  of 
the  mound  of  Kuyundjik'.     Fletcher  kann   seine  Ansicht  über 
Hatar  eh -Kalah,    welches   nach   ihm  [2,  76]  Apräm's  Hatra  ist, 
so   wie   die,    dass  jenes  Rasalain    eine   Corruption 
von    Resen    in    der  Genesis    sei    [2,77],    wohl  nur  aus 
dem  Munde  christlicher  Qäsä's  an  Ort  und  Stelle  haben". 
So  Hoffmann  1883.     Seither  ist  die  Stelle  aus  Barbahlul  von 
Duval  veröffentlicht  worden  (1896,   im  fünften  Faszikel  Sp.  1907) 
ohne    wesentliche    Variante;    nur    fehlt    bei    ihm    der    Hinweis    auf 
Bar   Srö;    ebenso    von    P.   Smith    im    Thesaurus    Syriacus    (1897. 
Sp.  3940),   wieder    ohne   „Bar  Srö",    ebenda  auch  schon  aus  B[ar| 
A[li],    wodurch  diese  Gleichsetzung   noch  ein  höheres  Alter  erhält. 
In  The  Book  of  the  Bee    findet   sie    sich   gleichfalls  (p.  37).    nur, 
dass  dort   nicht  gesagt  ist,    welches  Res-'ainä  gemeint   sei.     Merk- 


100  Nestle,  Resen  in  Genesis  10. 

würdig    ist,    dass   Hieronymus    in    den  Quaestiones  in  Genesin   den 
Namen  ganz  übergeht.     Er  sagt  dort  nur: 

regnavit  autem  [Nimrod]    et  in  Arach,   hoc  est  in  Edessa,  et 

in    Achad,    quae    nunc    dicitur  Nisibis,    et   in  Chalanne ,    quae 

postea   verso   nomine   a  Seleuco    rege    est    dicto  Seleucia,    vel 

certe,  quae  nunc  Kxi]6i(p(bv  appellatur. 

In    den  Onomastica  folgt   er    der    Lesung    der    Septuaginta  Dasem, 

übersetzt  aber  hebräisches  resen  mit  frenum.    Dieselben  drei  Städte, 

Edessa,  Nisibis  und  Seleucia,    auch    bei  Barhebraeus ,    Book  of  the 

Bee  37  und  sonst;    Maribas  (ed.  Macler,  Journal  Asiatique,  mai — 

juin  1903,  S.  515)  nennt  Edessa,  Ras  el-'Ain  und  Nisibis. 

Als  Ergebnis  ist  demnach  zu  sagen,  dass  wir  die  Lokalisierung 
und  Identificierung  von  Resen  den  syrischen  Lexikographen  (Bar 
'Ali  [?]  und  Barbahlul) ,  Eletcher ,  Sayce  und  Hoffmann  zu  ver- 
danken haben.  Auch  auf  der  Karte,  welche  der  obengenannten 
deutschen  Bearbeitung  von  Layarcl  beigegeben  ist,  findet  sich  Ras 
ul  Ain  eingetragen.  Dass  die  Umschreibung  -jD"i  sprachlich  höchst 
lehrreich  ist  (o  =  s ;  Verlust  des  3>) ,  braucht  kaum  betont  zu 
werden. 


161 


Die  Steleninschrift  Rusas'  II  Argistihinis  von 
Etschmiadzin. 

Von 

Waldemar  Belck. 

Herr  C.  F.  Lehmann  hat  über  dieselbe  eine  längere  Abhandlung 
in  dieser  Zeitschrift,  Bd.  56  (19G2),  S.  101—115  veröffentlicht, 
welcher  eine  nicht  gerade  besonders  deutliche  autotypische  Wieder- 
gabe einer  Photographie  der  Steleninschrift  beigefügt  ist.  Aber 
schon  fast  ein  Jahr  vorher  hat  W.  Golenischeff  in  den  Berichten 
der  Kaiserl.  Euss.  Archäologischen  Gesellschaft  Bd.  13  (1901)  eine 
treffliche  Abhandlung  über  denselben  Gegenstand  publiciert.  Über 
letztere  und  den  Inhalt  der  Inschrift  selbst  habe  ich  dann  gleich 
darauf  in  den  Verhandlungen  der  Berliner  Anthropol.  Gesellschaft 
(Sitzung  vom  20.  April  1901)  referiert  (ib.  S.  223),  eine  Abhandlung, 
die  seit  vielen  Monaten  gedruckt  in  Herrn  Lehmanns  Händen  l) 
sich  befand,  als  seine  diesbezügliche  Abhandlung  zum  Druck  ge- 
langte. Somit  kannte  Herr  Lehmann  damals  nicht  nur  den  Inhalt 
meines  Berichtes  ganz  genau ,  sondern  war  durch  denselben  auch 
auf  Golenischeffs  Publikation  aufmerksam  gemacht  worden,  die  ihm 
in  den  grossen  Berliner  Bibliotheken  ohne  Schwierigkeit  zugänglich 
war.  Diesen  Thatsachen  gegenüber  ist  es  einigermaassen  über- 
raschend zu  sehen,  dass  Herr  Lehmann  unsere  beiden  Veröffent- 
lichungen erst  ganz  am  Schlüsse  in  einem  kurzen  Nachtrage  be- 
spricht, gleichsam  als  ob  ihm  dieselben  erst  beim  Lesen  der  Kor- 
rekturen bekannt  geworden  seien  und  nicht  schon  ca.  6  Monate 
vorher.  Ein  Hinweis  im  Text,  gleich  vorne  an  der  Spitze,  auf 
diese  Abhandlungen  wäre  unter  diesen  Umständen  wohl  am  Platze 
und  leicht  einzufügen  gewesen;  das  gegenteilige  Verfahren  und  die 
offenbare  Nichtbenutzung  und  -beachtung  von  Golenischeffs  Publi- 
kation entspricht  wohl  kaum  den  litterarischen  Gewohnheiten,  lässt 
auch  die  Sorgfalt  vermissen,  die  bei  einer  solchen  Abhandlung,  wie 
sie  Herr  Lehmann  darbietet,  zu  beachten  gewesen  wäre.  Und  das 
ist  um   so  bedauerlicher,    als   bei  Beachtung    der  Golenischeffschen 


1)  Herr  Lehmann  ist  Mitglied  der  Berl.  Anthropol.  Gesellschaft. 
Bd.  LVIII.  11 


162  Beide,  Die  Steleninschrift  Rusas'  II  etc. 

Abhandlung  Herrn  Lehmann  mehrere  recht  grobe  Irrtümer  in  seiner 
Abhandlung  erspart  geblieben  wären. 

Wenn  ich  jetzt  zu  der  genannten  Inschrift  nochmals  das  Wort 
ergreife,  so  geschieht  es,  weil  durch  Herrn  Lehmanns  Abhandlung 
in  vielen  Fällen  eine  arge  Verwirrung  angerichtet  wird,  deren 
Xichtbeseitigung  die  Forschung  auf  recht  bedenkliche  Irrwege  leiten 
könnte. 

Ich  will  hier  nicht  auf  Kleinigkeiten  eingehen,  aber  doch  hätte 
Herr  Lehmann  z.B.  seine  Angabe  (S.  112),  die  Ausgrabungen  in 
den  Ruinen  der  Kirche  Surp  Grigor  seien  von  einem  x-beliebigen 
Pater  des  Klosters  Etschmiadzin  ausgeführt  worden,  auf  Grund  der 
nichtbeachteten  Publikationen  dahin  korrigieren  sollen,  dass  dieselben 
im  Auftrage  des  armenischen  Katholikos  (Papstes)  ausgeführt 
worden  sind  (cf.  Verb.  d.  Berl.  Anthropol.  Ges.  1901,  S.  224). 

Wichtiger  ist  zunächst,  dass  die  von  Herrn  Lehmann  gebotene 
Transskription  des  Textes  mehrere  recht  bedenkliche  Fehler  enthält, 
auf  die  ich  noch  zu  sprechen  kommen  werde.  Dass  Herr  Lehmann 
vielfach  Ermittelungen ,  die  vor  ihm  von  anderen  Forschern  ge- 
macht worden  sind ,  übersieht ,  ist  allgemach  ebenso  bekannt  ge- 
worden, wie  die  Thatsache,  dass  er  das  Inschriftenmaterial  nur 
ungenügend  beherrscht;  beide  Thatsachen  dürften  lediglich  in  einem 
Gedächtnisfehler  ihre  Ursache  haben. 

Nur  so  ist  es  z.  B.  zu  erklären,  dass  er  S.  107  sagt:  „Das 
landläufige  assyrische  Zeichen  a"M|  $  kommt  hier  (d.  h.  in 
Z.  14  W.  B.)  und  in  Z.  46  zum  ersten  Male1)  in  der  chaldischen 
Epigraphik  vor,  sonst  findet  sich  nur  |:^|||  el  Solches  nach- 
trägliches l)  Auftauchen  assyrischer  Schriftzeichen  und  Eigenheiten 
erklärt  sich  am  besten  aus  fortlaufenden ,  auch  schriftlich  bethä- 
tigten  Beziehungen ,  über  deren  Bestehen  ohnehin  kein  Zweifel 
ist,  u.  s.  w." 

Herr  Lehmann  irrt  mit  dieser  ganzen  Angabe  und  Ansicht. 
Das  angeblich  neue  Zeichen  il  tritt  hier  durchaus  nicht  zum 
ersten  Male  in  der  chaldischen  Epigraphik  auf;  es  kommt  z.B. 
in  einem  Text  vor ,  dessen  (im  übrigen  recht  unzuverlässig  aus- 
ausgeführte) Transskription  und  Inhaltsbestimmung  Herr  Lehmann 
auf  S.  111  ausdrücklich  für  sich  in  Ansprach  nimmt,  nämlich  auf 
dem  Thontafelbrief  des  Sagastara,  Königs  von  Iskigulus  (=  Gebiet 
von  Alexandropol) ,  an  Rusas  II  Argistihinis,  den  Urheber  unserer 
Steleninschrift.  Dort  findet  sich  dieses  Zeichen  in  dem  Landes- 
resp.  Gaunamen  Kilbanis,  in  dem  Worte  Ki-el-ba-ni-ta,  wie  Herr 
Lehmann  irrig  liest,  da  das  von  ihm  ta  gelesene  Zeichen  etwas 
ganz  anderes  bedeutet,  und  auch  nicht  das  Zeichen  el  (siehe  oben), 
sondern    il    mit    aller    wünschenswerten    Deutlichkeit    dasteht.      Im 


1     \  un   mir  hervorgehoben. 


Belch,  Die  Steleninschrift  Rusas1  11  etc.  163 

Vertrauen  auf  die  Richtigkeit  dieser  Lesung  Lehmanns ,  der  mit 
Vorliebe  in  seinen  Publikationen  mir  gegenüber  immer  betont,  dass 
er  von  uns  beiden  der  einzige  des  Assyrischen  Kundige  sei,  habe 
ich  dann  in  meinem  Bericht  über  die  vorliegende  Steleninschrift 
dieses  Silbenzeichen  ebenfalls  el  statt  il  gelesen.  Das  war  sicherlich 
ein  Fehler  von  mir,  der  mir,  seitdem  ich  in  Jensens  Kritik  des 
Lehmannschen  Buches:  „Zwei  Hauptprobleme  der  altorientalischen 
Chronologie"  gelesen  habe,  dass  Lehmann  keinen  Anspruch 
darauf  macht  Philologe  zu  sein,  so  leicht  nicht  wieder  passieren 
kann ,  da  ich  aus  diesem  Grunde  eben  alle  seine  philologischen 
Angaben  durch  gewiegtere  Philologen  nachprüfen  lassen  werde,  ehe 
ich  sie  als  Grundlage  für  meine  Studien  benutze.  Aber  trotz  alle- 
dem ist  es  nicht  berechtigt,  wenn  Lehmann  auf  S.  115  bemerkt: 
„Z.  14  und  46  verwechselt  Belck  (indem  er  an  ersterer  Stelle  mit 
Recht  Golenischeffs  Lesung  sar  verwirft)  das  Zeichen  il,  das  hier 
zum  ersten  Male  im  Chaldischen  auftritt1),  mit  eZ", 
denn  meine  Lesung  el  statt  il  beruhte  eben  auf  Lehmanns  Autorität 
als  Philologen  resp.  Assyriologen. 

Ebenso  irrig  ist  Lehmanns  Anschauung,  dass  es  sich  bei  diesem 
Silbenzeichen  um  „ein  nachträgliches  Auftauchen  assy- 
rischer Schriftzeichen  und  Eigenheiten  (S.  107)" 
handelt.  Denn  dieses  Zeichen  il  findet  sich  in  genau  der- 
selben Form  schon  in  einer  Inschrift  vor,  die  ca.  150  Jahre 
vor  der  Stele  Rusas'  II  zur  Aufstellung  gelangte ,  nämlich  in  der 
von  Ispuinis  gegen  820  v.  Chr.  errichteten  Kelischin-Stele,  in  Z.  41 
des  chaldischen  Textes,  und  zufällig  auch  in  derselben  Wort- 
komposition, nämlich  zi-il-bi.  Da  in  dieser  bilinguen  Inschrift  eine 
Menge  neuer  Schriftzeichen  vorkommen,  so  wird  es  sich  empfehlen, 
künftighin  etwas  vorsichtiger  mit  der  Behauptung,  es  handle  sich 
um  „nachträglich  eingeführte  assyrische  Schrift- 
zeichen    und    Eigenheiten",  zu  operieren. 

Auf  weitere  derartige  Irrtümer  Lehmanns  werde  ich  noch 
mehrfach  zurückzukommen  haben. 

Ich  werde  jetzt  die  Inschrift  nach  ihren  einzelnen  Abschnitten 
und  Zeilen  kurzA  durchgehen. 

Z.  6 :  JMATU)  Ku-arlini  huhu".  Lehmann  übersetzt:  „das 
Land  Kuarlini  habe  ich  erobert". 

Ich  wäre  Herrn  Lehmann  sehr  dankbar,  wenn  er  mir  irgend 
eine  chaldische  Inschriftstelle  nachweisen  wollte,  in  welcher  das 
Worl  „hubi"  unzweifelhaft  „ich  er  ober  te "  bedeutet.  Ich  kenn»' 
diesen  Ausdruck  in  erster  Linie  von  Kanalbauten  her  und  halte 
ihn  für  einen  bautechnischen.  Lehmann  freilich  lässl  un- 
gerechtfertigter Weise  die  Chalderkönige  wie  früher  (vgl.  Verb.  d. 
Berl.  Anthrop.  Ges.  1900,  S.  620  und  dazu  nieine  Erwiderung 
ib.  1901.  S.  302)    so    auch   jetzt    ihre   Kanalbauten,    Anlagen    von 


])  Von  mir  gesperrt. 


1(34  Belck,  Die  Steleninschrift  Rosas1  II  etc. 

Wein-  und  Obstgärten  u.  s.  w.  in  „erobertem  Terrain"  (vgl. 
S.  106,  Z.  6;  108,  Z.  16)  ausführen.  Dass  schon  Menuas  das  ganze 
Land  am  Nordabhange  der  Araratkette  erobert  und  den  Araxes 
zur  Nordgrenze  seines  Reiches  gemacht  hatte ,  und  dass  dann 
Argistis  I  alles  Land  nördlich  vom  Araxes  bis  zum  Antikaukasus 
hin  eroberte,  die  Argistihina  - Armavir  gründete,  Tempel  und  Paläste 
dort  anlegte ,  übersieht  Lehmann.  Und  wenn  Argistis  I  dort, 
reichlich  100  Jahre  vor  Rusas  II,  grosse  Kanalbauten  im  Gefilde 
von  Argistihina  -Armavir  ausführt ,  wenn  sein  Sohn  Sardur  III  in 
Armavir  grosse  Tempel  errichtet,  und  spätere  Herrscher  dort  eben- 
falls Heiligtümer  erbauen ,  so  dürfte  es  doch  wohl  kaum  angängig 
sein,  dieses  Gebiet,  nachdem  es  ca.  100  Jahre  im  Besitze  und  in 
der  Verwaltung  der  Chalderkönige  gewesen  war ,  als  von  Rusas  II 
„erobertes  Gebiet"  zu  bezeichnen.  Selbst  wenn  zu  des  letzteren 
Zeiten  die  einheimischen  Fürsten  einen  neuen  Aufstand  insceniert 
haben  sollten ,  so  würde  der  Chalderkönig  darüber  in  seinen  In- 
schriften doch  höchstens  berichten :  „Ich  schlug  die  Empörer  nieder", 
nie  aber:   „Ich  eroberte  das  (mir  seit   100  Jahren  gehörige)  Land". 

Unklarheit  in  an  und  für  sich  ganz  klaren  geographisch- 
historischen Verhältnissen  trifft  man  leider  häufig  bei  Herrn  Leh- 
mann an. 

Wenn    Lehmann    auf   S.  105    bemerkt:    „Es  heisst    aber  stets 

ini  (ABNU)  pulusi  kugüni  (kmtü[ni?])  und  ini  ^m^VM 
zadüni  (vgl.  Z.  38  unserer  Lischrift)  oder  terüni,  nie  ini  pulusi 
zaddni  oder  terüni",  so  zeugt  dies  nur  abermals  von  seiner  un- 
genügenden Vertrautheit  mit  dem  Inschriftenmatei'ial.  Die  Verbal- 
formen auf  tu  kommen  ausserordentlich  häufig  in  den  Inschriften 
vor  und  entsprechen,  wie  Parallel-Inschriften  aufs  deutlichste  be- 
weisen, den  sonst  gewöhnlich  auftretenden  Formen  der  Vergangen- 
heit, z.  B.  leirtu  =  teruni  (oder  teirtuni),  hutaitu  =  hutaadi  u.  s.  w. 
So  heisst  es  denn  auch  in  der  Inschrift  von  Charagonis  einfach 
Tcuitü  (nicht  etwa  huitu-ni)  statt  des  sonst  üblichen  kuguni. 

Des  weiteren  findet  sich  in  keiner  einzigen  Inschrift  die  von 
Lehmann  angeführte  Phrase:  „ini  DÜP.TE.  zaduni",  vielmehr 
heisst  es  stets  und  immer:  ini  DUP.1E.  teruni".  Wenn  Leh- 
mann sich  hierbei  auf  Z.  38  unserer  Inschrift  bezieht,  so  übersieht 
er  dabei,  dass  in  der  Phrase: 

37:     aluse  ulise  tiulie 

Wer,     ein  anderer  (?),     behauptet 

38 :     iese  zadübi 

ich  habe  (dies)  gethan 
das  Verbum  zadü  (=  machen,  vollenden)  sich  doch  nicht  blos  auf 
die  ziemlich  nebensächliche  Errichtung  der  Inschriftstele,  sondern 
vor  allen  Dingen  und  hauptsächlich  auf  die  Anlage  des  Kanals, 
der  Obst-  und  Weingärten ,  des  Tempels  (=  gi)  u.  s.  w.  bezieht. 
M.  E.  ist   bei    dem  Ausdruck    zadu    der  Gedanke   an   die  Er- 


Belch,  Die  Steleninschrift  Rvsas1  II  etc.  165 

richtung  des  Schriftsteins  selbst  geradezu  aus zu - 
schliessen,  denn  wie  könnte  wohl  jemand  fälschlich  von  sich 
behaupten,  die  Stele  mit  ihrem  Inhalt  beziehe  sich  auf  ihn,  während 
in  der  Inschrift  fünfmal  der  Königsname  Rusas  erscheint,  und  zwar 
viermal  gefolgt  von  den  Namen  seines  Vaters  Argistis  (II)  ? 

Es  bleibt  also  dabei,  dass  die  Phrase  „ini  DUP.TE.  zaduni* 
in  den   chaldischen  Inschriften  überhaupt  nicht  vorkommt. 

„Im  Namen  des  von  Rusas  eroberten  Landes  Ku-ar-li-ni  ist 
das  zweite  Zeichen  ^^  !  für  das  Chaldische  bekannt  aus  der 
Inschrift  von  Novo  Bajazet.  Dass  es  dort  den  Lautwert  ar  hat, 
habe  ich,  Z.  f.  Assyr.  IX,  S.  348  erwiesen,  es  bildet  dort  die  erste 
Silbe  des  Patronymikons  m- Ar-gis-te-M-ni-se  —  Sardur  III  (II) 
wird  so  bezeichnet  als  Argistis'  I  Sohn",  sagt  Lehmann  auf  S.  106. 
Das  ist  alles  ganz  richtig  bis  auf  den  einen  Punkt,  dass  nicht 
Lehmann,  sondern  ich,  und  zwar  schon  lange  vorher,  behauptet 
habe,  dass  diese  Inschrift  von  Sardur  III  Argistihinis  herrührt.  So 
schon  in  meinem  Vortrage  „Archäologische  Forschungen  in  Arme- 
nien", den  ich  am  21.  Januar  1892  in  der  Berliner  Anthropolo- 
gischen Gesellschaft  gehalten  habe  (vgl.  deren  Berichte  1892,  S.  76 
und  ib.  217),  und  Lehmann  selbst  betont  an  der  von  ihm  citierten 
Stelle,  dass  ich  schon  wiederholt  kurz  auf  diese  Thatsache  hin- 
gewiesen hätte.  Da  nun  auf  Grund  der  vorhandenen  vorzüglichen 
Photographie  und  meiner  Kopie  der  Inschrift  die  Lesung  des 
Patronymikums  als  .  gis-te-ln-ni-se  unbedingt  feststand ,  so  war 
durch  meine  Behauptung  implicite  auch  ohne  weiteres  ausgedrückt, 
dass  das  erste  Zeichen  als  ar  zu  lesen  sei.  Dass  Lehmann  an  der 
citierten  Stelle  diese  Behauptung  in  eine  besondere  Satzform  ge- 
kleidet hat,  ist  richtig,  aber  ob  er  nun  derjenige  gewesen  ist, 
welcher  herausgefunden  hat,  dass  es  sich  in  dieser  Inschrift  weder 
um  einen  Sardur,  Sohn  des  Rapis  (so  früher  Sayce),  noch  um  einen 
Sohn  des  Ipitus  (so  Nikolsky)  handelt,  sondern  vielmehr  um  einen 
Sohn  des  Argistis,  kann  ich  damit  wohl  dem  Urteil  der  Fach- 
gelehrten überlassen.  Nicht  verfehlen  aber  will  ich  darauf  hin- 
zuweisen, dass  meine  Behauptung,  es  handle  sich  in  dieser  Inschrift 
um  Sardur  III  Argistihinis,  vollinhaltlich  bestätigt  wird  durch  den 
Text  der  von  mir  in  der  Kirche  Surp  Pogos  in  Van  freigelegten 
grossen  Sardur-Stele,  in  welcher  dieser  Feldzug  fast  mit  denselben 
Worten  erzählt  wird  (vgl.  Verh.  d.  Berl.  Anthrop.  Ges.  1901,  S.  3.01). 

Ganz  unverzeihlich  aber  ist  es ,  dass  Lehmann  bei  dieser  Ge- 
legenheit eine  irrige  alte  geographische  Angabe,  die  von  mir  in 
unseren  früheren  gemeinsamen  Publikationen  schon  längst  berich- 
tigt ist,  aufs  neue  ausgräbt  und  in  die  Wissenschaft  einzuführen 
versucht.  Er  spricht  nämlich  mit  Bezug  auf  diese-  Dokumenl  ah 
von  einer  Inschrift  von  „Novo  Bajazet";  eine  solche  giebl  es 
überhaupt  nicht,  und  die  Ihschrifl  vmi  Atamchan  (am  Süd- 
ufer    des    Goektschai -  Sees    belegen)    als    eine    Inschrift    von    No    o 


166  Beide,  Die  Steleninschrift  Rusas1  II  etc. 

Bajazet  bezeichnen  zu  wollen,  bedeutet  etwa  dasselbe,  als  wenn 
mau  z.  B.  eine  westlich  und  in  der  Nähe  von  Potsdam  ge- 
fundene F  e  1  s  -  Inschrift  als  eine  Inschrift  von  Berlin  bezeichnen 
winde.  Derartige  unzutreffende  Angaben  sind  natürlich  nur  ge- 
eignet, die  leider  schon  so  vielfach  vorhandene  Unklarheit  auf  dem 
der  alten  Geographie  noch  zu  vergrössern. 

/.  8:  Lehmann  liest  am  Ende  ma-nu-di;  in  der  Inschrift  ist 
das  letzte  Zeichen  lädiert,  man  sieht  nur  noch  —  ||§5:;  was  keinen- 
falls  zu  di,  wohl  aber  zu  ri  ergänzt  werden  kann.  Das  Wort 
heisst  also  manuvi. 

Z.  9 :  su-Ja  am  Anfange  dieser  Zeile  ist  sicher ;  das  Wort  ist 
auch  sonst  schon  in  den  chaldischen  Inschriften  belegt,  so  z.  B.  in 
der  Inschrift   von  Hagi  und  Tscheiabi  Baghi. 

Ebendort  findet  sich  auch  die  Verbalform  u-bar-du-ni,  welche 
augenscheinlich  Beziehungen  zeigt  zu  der  hier  vorkommenden  Verbal- 
form u-bar-du-du-ni. 

Z.  10:  i-ese  ini  (GLS)  xddie  ist  von  ganz  besonderem  Interesse, 
da  hier  zum  ersten  Male  das  Wort  iese  in  einer  nicht  zur 
Fluch  formel  gehörenden  Phrase  vorkommt,  und  zwar  in  einem 
solchen  Zusammenhange,  dass  jede  andere  Deutung  als  „ich"  aus- 
geschlossen erscheint.  Wohl  ist  schon  immer  in  der  Fluchformel 
die  Phrase  „iese  zadubi"  mit  „ich  habe  vollendet  (gemacht)"  über- 
setzt worden,  aber  an  und  für  sich  hätte  man  doch  auch  z.  B.  die 
oben  angeführten  Z.  37  und  38  unserer  Inschrift  deuten  können: 
„Wer,  ein  anderer  (also  Unberechtigter,  demnach  „fälschlich") 
behauptet,  er  habe  (dies  alles)  gemacht".  Dabei  bildet  die  auf  bi 
endigende  Verbalform  (=  zadu-bi)  keinerlei  Schwierigkeit,  denn, 
was  ich  seit  Jahren  Lehmann  gegenüber  stets ,  wenn  auch  trotz 
aller  augeführten  Beweismittel  erfolglos ,  behauptet  habe ,  dass 
nämlich  bi  lediglich  das  für  alle  Personen  geltende  Suffix 
einer  Zeitform  sei ,  ist  durch  die  Bilingue  der  Kelischin-Stele  in- 
zwischen zur  Gewissheit  erhoben  worden1).  Wenn  dadurch  auch 
einer  der  scheinbar  sichersten  bisherigen  Deutungen  der  chaldischen 
Schriftsprache  der  Boden  entzogen  wird,  so  gewinnen  wir  anderer- 
seits doch  wieder  dadurch  Anschluss  an  eine  der  grösseren  kauka- 
sischen Völkergruppen,  und  mein  Freund,  der  Archimandrit  Galust 
Ter  Mkrtchian  in  Etschmiadzin  dürfte  schliesslich  mit  seiner  Gleich- 
setzung des  chaldischen  Suffixes  bi  mit  dem  Aorist-Suffix  bi  der 
I  rden  doch  wohl  Becht  behalten  (vgl.  Verh.  d.  Berl.  Anthrop.  Ges.). 

Z.  10/11:   „(GIS)  uldie  terubi  KAR(GIS)  use  (G1S)  zari\ 

Lehmann   bezieht    sich    bei  der  Erörterung  dieser  und  anderer 


1)  Hierzu  wolle  man  meine  Ausführungen  in  der  Zeitschrift  „Anatole", 
Organ  der  Deutschen  Gesellschaft  für  die  wissenschaftliche  Er- 
forschung Anatoliens,  Heft  I,  Sp.  59   und  60,  vergleichen. 


Belck,  Die  Steleninschrift  Rusas'  II  etc.  167 

Fragen  vornehmlich  und  in  erster  Linie  auf  den  von  ihm  er- 
statteten Bericht  über  die  Ergebnisse  der  von  Dr.  W.  Belck  und 
Dr.  C.  F.  Lehmann  1898/99  ausgeführten  Forschungsreise  in  Arme- 
nien (Sitzungsber.  d.  Berl.  Akad.  d.  Wiss.  1900,  Nr.  XXIX  [Bericht J 
S.  619 — 633;  ergänzt  und  zum  Teil  berichtigt  durch  Literarisches 
Centralblatt  1900,  Nr.  42—43,  Sp.  1744  f.  und  1794—96  und  durch 
Anthrop.  Verh.  1900,  S.  141,  Anm.  1  und  S.  612  ff.). 

Dieser  Bericht  nun  wimmelt  derartig  von  Irrtümern  und  Text- 
fehlern (ganz  abgesehen  von  den  zahllosen  Druckfehlern) ,  dass  ich 
schon  wiederholt  Veranlassung  genommen  habe,  darauf  hinzuweisen 
und  meinerseits  jede  Veranlassung  abzulehnen  für  den  Inhalt  des 
dort  Gebotenen,  der  in  den  meisten  Fällen  schwer  irreführend  ist. 
Wer  meine  Ausführungen  in  den  Verh.  d.  Berl.  Anthrop.  Ges.  1900. 
S.  443  ff.  und  ib.  1901,  S.  284—328  gelesen  hat,  wird  begreifen, 
dass  ich  es  ablehnen  muss,  einen  derartigen  Schriftsatz  bei  meinen 
Ausführungen  überhaupt  zu  citieren.  In  meinem  Protest  habe  ich 
bei  weitem  nicht  alle  falschen  Angaben  Lehmanns  korrigiert,  son- 
dern mich  nur  auf  die  Hauptpunkte  beschränkt,  und  ich  hebe  des- 
halb nochmals  hervor,  dass  der  Fachgelehrte,  welcher  seine  Studien 
auf  den  Inhalt  dieses  Berichtes  basiert,  sehr  in  die  Irre  gehen 
kann,  zumal  mit  der  Topzauä-Bilingue,  deren  Text  vielfach  das 
Gegenteil  von  dem  zu  besagen  scheint,  was  Lehmann  in  dem 
erwähnten  Bericht  geboten  hat. 

Lehmanns  Stärke  liegt  in  der  richtigen  Auffassung  ver- 
wickelter historischer  Verhältnisse;  darin  kann  er  Hervor- 
ragendes leisten,  und  hat  er  auch  schon  geleistet;  als  Philologe 
wird  er  von  der  Mehrzahl  seiner  Fachgenossen  nicht  ernst  ge- 
nommen, und  dass  es  ihm  an  geographischem  Verständnis 
mangelt,  weiss  er  so  gut  wie  ich.  „In  der  Beschränkung  zeigt 
sich  der  Meister!"  Und  geradeso  wie  es  nur  nützlich  ist,  wenn 
Lehmann  mir  bei  einem  unbedachten  philologischen  Exkurs  einen 
Hieb  erteilt,  geradeso  ist  es  gut  für  ihn,  wenn  man  ihn  ständig 
auf  seine  schwachen  Seiten  hhrv 
er  lieber  nicht  beai'beiten  solle. 

Man  verzeihe,  wenn  ich  hier  einen  Moment  ziemlich  persönlich 
geworden  bin,  indessen  ich  glaube,  dass  so  sehr  auch  vielleicht  die 
mittlerweile  zwischen  Lehmann  und  mir  platzgegriffene  Dissonanz 
im  Interesse  der  schnellen  Publikation  der  Ergebnisse  unserer 
Forschungsreise  nach  Armenien  bedauerlich  sein  mag,  die  Wissen- 
schaft als  solche  nur  einen  absoluten  Vorteil  davon  haben  wird. 
Denn  es  ist  sicher  ein  grosser  Unterschied,  ob  zwei  auf  demselben 
Gebiete  arbeitende  Forscher  gemeinschaftlich  etwas  veröffentlichen, 
oder  ob  sie  als  Gegner,  stets  unter  der  Lupe  fachmännischer  Kritik 
der  anderen  Gelehrten,  selbständig  vorgehen. 

Hier  will  ich  zunächst  nur  hervorheben,  dass  Lehmanns  Lesung 
von  Z.  19  der  Rusas-Stele  vom  Keschisch-Göll  (am  Ende):  (GIS) 
za[ri-e],    die    er   auf   S.  107   und  besonders  in  der  auf  mich  ge- 


168  Beide,  Die  Steleninschrift  Ruscus   II  etc. 

münzten  Anmerkung  vertritt,  eine  absolute  Unmöglichkeit 
ist.     Nach  Lehmann  ist  dort  zu  lesen: 

„(GIS)  KARÄNU  (G1S)  KISTU  KAR  u-äe  (GlS)  za-[ri-e\\ 
Ich  sehe  ganz  davon  ab,  dass  der  Raum  hinter  Lehmanns  za  nicht 
ausreicht  für  die  Ergänzung  der  Zeichen  ri-e,  ja  selbst  nicht  ein- 
mal für  das  vi  —  übrigens  ein  weiterer  Beweis,  dass  Lehmann 
die  Methode  der  Ausmessung  gar  nicht  praktisch  anzuwenden  ver- 
steht, was  sich  ja  auch  schon  bei  der  Topzauä-Bilingue  ergeben 
hat,  —  wohl  aber  muss  mit  Nachdruck  hervorgehoben  werden,  dass 
dort  nicht 

£:|     !!     sondern     ^lll  •  •  ♦  •   steht, 

GLS  za  DAN 

und  zwar  als  ein  gar  nicht  misszuverstehendes  einheit- 
liches Zeichen,  so  aufgefasst  von  hervorragenden  Assyriologen  und 
sogar  —  von  den  im  Berliner  Museum  beschäftigten  Laien.  Die 
Zeile  lautet  eben  am  Schluss:  (GIS)  DAN. (NU.). 

Ich  kann  mich  deshalb  hier  auch  nicht  auf  eine  Diskussion 
der  diesbezüglichen  Lehmannschen  Ansichten  einlassen,  umsoweniger, 
als  ich  alles  darauf  Bezügliche  mit  Angabe  aller  Inschriftstellen 
schon  reichlich  1\2  Jahr  früher  (teilweise  schon  2J/4  Jahr  früher) 
publiciert  habe ,  worauf  Lehmann  wieder  unterlassen  hat  hinzu- 
weisen (vgl.  Verh.  d.  Berl.  Anthrop.  Ges.  1901,  p.  308—311). 

Gänzlich  falsch  und  irreführend  aber  ist  es,  wenn  Lehmann 
(vgl.  S.  106,  Z.  2  von  unten)  immer  wieder  von  den  grossen  „Stau- 
seen" spricht,  welche  in  den  betreffenden  Inschriften  erwähnt  sein 
sollen.  Allerdings  lag  es  nahe ,  und  ich  selbst  habe  auch  diese 
Schlussfolgerung  gezogen,  dass  z.  B.  Rusai-sue  (cf.  Keschisch- 
Göll-Stele)  Rusas-See  bedeutet;  aber  inzwischen  habe  ich  mich 
längst  davon  überzeugt  und  es  auch  (Verh.  d.  Berl.  Anthrop.  Ges. 
1901,  S.  308)  öffentlich  ausgesprochen,  dass  sue  nicht  „See",  son- 
dern ganz  allgemein  „Wasser,  Gewässer"  bedeutet,  also  dem  Sinne 
nach  identisch  ist  mit  dem  gleichlautenden  turanisch  -  türkischen 
Wort.  Warum  Lehmann  nun  immer  wieder  mit  dem  „Stausee" 
kommt,  ist  mir  um  so  unverständlicher,  als  in  dem  gesamten  Ge- 
biete von  Hagi  und  Tscheiabi  Baghi,  und  zwar  auf  30 — 50  Kilo- 
meter im  Umkreise ,  d.  h.  soweit  wie  überhaupt  Flüsse  und  aus 
ihnen  abgeleitete  Kanäle  in  Betracht  kommen  können,  irgendwelche 
Stauanlagen  absolut  nicht  existieren ,  wohl  aber  umfangreiche  Be- 
wässerungsanlagen. Sonach  ist  also  das  scheinbar  so  feststehende 
Rusai-sue  =  Rusas-See  zu  streichen  und  dafür  zu  setzen  „Rusas- 
Gewässer",  wobei  darunter  zugleich  der  aus  dem  See  abgeleitete 
Bach  verstanden  werden  kann,  der  heute  noch  wie  vor  2600  Jahren 
die  Gärten  von  Van  bewässert  und  schon  durch  seinen  blossen 
Namen  anzeigt,  dass  er  nicht  der  Natur  oder  dem  Unternehmungs- 
geist   irgend    eines    Privaten ,    sondern    vielmehr    der    staatlichen 


Beide,  Die  Steleninschrift  Riesas'  II  etc.  169 

Autorität  seine  Entstehung  verdankt,  denn  dieser  Bach  heisst 
heute  noch:    „das  R  egierun  gs  wasser". 

Wie  unzuverlässig  Lehmanns  orographische  Angaben  sind,  be- 
weist dann  wieder  einmal  seine  auf  den  von  Menuas  für  seine  Frau 
Taririas  angelegten  Weingarten  bezügliche  Bemerkung  S.  107,  Z.  4 
von  oben:  „Noch  heute  ist  deutlich  zu  erkennen,  wie  das  Terrain 
dort  künstlich  bearbeitet  und  planiert  worden  ist,  nördlich  bis 
dahin,  wo  der  Steilabfall  nach  dem  Ufer  des  Van- 
Sees  beginnt"1). 

Es  giebt  an  jener  Stelle  des  Van-Seeufers  nämlich  gar  keinen 
Steilabfall ,  vielmehr  treten  die  Berghänge ,  welche  am  westlichen 
Ende  des  Fleckens  Artamid  bis  unmittelbar  an  das  Gestade  des 
herrlichen  Alpensees  heranreichen ,  plötzlich  zurück ,  eine  reichlich 
1  —  l1  2  Kilometer  breite  und  1  Kilometer  tiefe,  fast  halbkreis- 
förmige Schlucht  bildend,  deren  Boden  vom  Seeufer  her  langsam 
ansteigt.  Der  Schamiramsu-Menuas-Kanal  umgeht  diese  wie  alle 
anderen  Schluchten ,  indem  er  an  den  Berghängen  entlang  läuft, 
mit  ihnen  einen  grossen  nach  Norden  geöffneten  Halbkreis  be- 
schreibend, an  dessen  innerstem  Punkt,  also  gut  einen  Kilometer  vom 
Seeufer  entfernt,  der  betreffende  Weingarten  von  Menuas  angelegt 
worden  ist.  Und  zwar  liegen  die  Verhältnisse  dort  so :  Der  Menuas- 
Kanal  läuft  an  jener  Stelle  an  einem  nur  massig  steilen  Teile  des 
Berghanges  hin,  sodass  demgemäss  auch  die  Stützmauer  des  Kanals 
nur  geringe  Dimensionen  aufweist.  Die  Höhe  der  Kanalsohle  über 
dem  Weingarten  beträgt  ca.  5  Meter,  und  letzterer  selbst  reicht 
bis  an  den  Fuss  der  Stützmauer  des  Kanals  heran,  unmittelbar  an 
dem  sich  auch  der  grosse  rötlich  ausschauende  Felsblock  befindet, 
auf  dem  die  auf  die  Anlage  des  Weingartens  bezügliche  Keilinschrift 
des  Menuas  eingegraben  ist.  Der  Weingarten  selbst  zieht  sich  in 
einer  Länge  von  100  Metern  am  Fusse  des  Menuas-Kanals  hin  und 
ist  70  Meter  breit;  die  Bewässerung  desselben  aus  dem  Menuas- 
Kanal  war  unter  diesen  Umständen  sehr  leicht  zu  bewerkstelligen, 
z.  B.  durch  eine  kleine  Rinne  und  Schöpfeimer,  eine  dafür  be- 
stimmte Extra- Ableitung  aus  dem  Kanal  existiert  heute  nicht  mehr, 
könnte  aber  wohl  früher  dort  vorhanden  gewesen  sein.  Im  übrigen 
liegt  dieses  Terrain  heute  völlig  brach.  „Schliesslich  möchte  ich 
noch  auf  das  interessante  Faktum  hinweisen,  dass  der  Inschriftfels 
(eben  der  auf  diesen  Weingarten  bezügliche)  in  der  Breitseite  eines 
nicht  unbeträchtlichen  Stück  Landes  liegt,  das  noch  heute  deut- 
lich erkennen  lässt,  dass  es  künstlich  erhöht  und  für  diesen  Zweck 
hergerichtet  worden  ist.  Von  diesem  Weingarten  der  Taririas  aus 
hat  man  übrigens  einen  wundervollen  Blick  auf  den  Yan-See  und 
den  etwa  in  Nordrichtung  liegenden  Sipan  Dagh";  so  schrieb  ich 
1901  in  den  Verh.  d.  Berl.  Anthrop.  Gesell,  p.  311.  Auch  Lehmann 
sagt  1/2  Jahr  später  (p.  107):   „Noch  heute  ist  deutlich  zu  erkennen, 


1)  Von  mir  gesperrt. 


170  Belck,  Die  Steleninschrifl  Bwas1  II  etc. 

wie  das  Terrain  dort  künstlich  bearbeitet  und  planiert  worden  ist." 
Und:  „Von  dieser  Terrasse  aus  geniesst  man  einen  herrlichen  Aus  - 
und  Niederblick  auf  den  Van-See."  Dass  die  nahezu  völlig  über- 
einstimmende Ausdrucksweise  Zufall  sei ,  wird  niemand  glauben ; 
mir  ist  sie  jedenfalls  ein  Beweis  dafür,  dass  Herr  Lehmann  meine 
oben  citierte  umfangreiche  Abhandlung  nicht  nur  gekannt,  sondern 
auch  stellenweise,  wo  es  ihm  passte,  für  seine  Abhandlung  benutzt  hat. 

Was  demnach  Lehmann  zu  Zeile  10  und  11  bemerkt,  findet 
man  ausführlicher  und  mit  vielen  Belegstellen  versehen  in  meiner 
oben  citierten  Abhandlung. 

Z.  12:  Das  hier  und  in  Z.  13  auftretende  Wort  suhi(e)  fasst 
Lehmann  im  Nachtrag  (S.  115)  auf  als  den  chaldischen  Ausdruck 
für  „Stadt".  Einen  Beweis  für  diese  von  ihm  vermutete  Bedeutung 
führt  Lehmann  nicht,  denn  was  er  dort  zur  Unterstützung  dieser 
Idee  sagt:  „Vgl.  „Aschrut  Darga"  Z.  4  su-lu-na-si-e  (Suffix  na\)a, 
ist  eher  geeignet  stutzig  zu  machen  und  Bedenken  zu  erregen, 
denn  na  (ina)  heisst  im  Chaldischen  ja  ebenfalls  „Stadt",  sodass 
suhi-nasie  ein  Pleonasmus  sein  würde.  Freilich  sind  wir  noch 
lange  nicht  genügend  in  die  Kegeln  und  Gebräuche  der  chaldischen 
Sprache  eingedrungen ,  um  über  eine  derartige ,  anscheinend  un- 
logische Wortbildung  ein  endgültiges  Urteil  abgeben  zu  können. 
Dagegen  gewinnt  Lehmanns  Vermutung  durch  eine  andere  That- 
sache  sehr  an  Wahrscheinlichkeit;  im  Georgischen  nämlich  ist  sihe 
ein  häufiger  Ausdruck  für  Stadt  (vgl.  JJplis-sihe,  War-sthe,  Achal- 
sihe  u.  s.  w.),  für  den  wir  im  Chaldischen  bei  der  nahen  Verwandt- 
schaft beider  Sprachen  einen  ähnlich  klingenden  Ausdruck 
zu  finden  erwarten  dürfen.  Zu  sihe  würde  nun  su-he  (das  Wort 
kommt  in  dieser  Form  wohl  noch  häufiger  vor,  als  wie  in  der- 
jenigen von  su-hi  oder  su-hi-e,  so  z.  B.  in  der  Meher  Kapussi-In- 
schrift)  recht  gut  stimmen;  denn  die  Differenz  von  s  und  s  kann 
kaum  wesentlich  ins  Gewicht  fallen ,  ist  doch  auch  das  lazische 
Wort  sili  =  Frau  augenscheinlich  identisch  mit  dem  chaldischen 
silaie  (vgl.  Verb.  d.  Berl.  Anthrop.  Ges.  1901,  S.  311). 

Z.  14  und  15:  pili  (NABU)  Il-da-ru  ABNU-ni  agübi 
vmesini  tini  ist  besonders  interessant  und  wichtig.  Lehmann  über- 
setzt hier  (S.  107):  „Einen  Kanaldamm  vom  (zum)  Flusse  Ildaru 
habe  ich  angelegt  aus  Steinen,  deren  Namen  umes  (int)  ist",  und 
bemerkt  dazu:  „Der  Fluss  heisst  Ildaru.  Wenn  Basmadjian 
das  Ende  der  Zeile  14  ni-a-ni  liest  und  diese  dann 
konsequenter  Weise  zu  demFlussnamen  zieht:  Il-da- 
r  u  -ni-a-ni,  so  wird  dadurch  eine  der  wichtigsten  An- 
gaben der  ganzen  Inschrift  ausser  Geltung  gesetzt. 
Es  ist  absolut  sieher,  dass  dem  ni  des  Zeilenendes  das 
Ideogramm  AB  NU  „Stein"  vorausgeht.  Die  Photo- 
graphie zeigt  es  deutlich,  und  wer  noch  Zweifel  hegt, 
überzeuge  sich  durch  den  Augenschein  und  durch 
Messung  davon,  dass  überall  in  unserer  Inschrift  das 


Belck,  Die  Steleninschrift  Kusus'  II  etc.  171 

Zeichen  n  «  +  Zwischenr  au  m  -f  folgendem  schmälsten 
Zeichen  weit  mehr  Raum  beansprucht,  als  hier  zur 
A'erfügung  steht,  dass  also  auch  deshalb  das  eine 
Zeichen  nicht  in  zwei  ,    ni-a,    zerlegt  werden  k  a  n  n  a  *). 

Und  in  dem  Nachtrage  bemerkt  er  auf  S.  115  in  Bezug  auf 
meine  Behandlung  unserer  Inschrift:  „Dass  er  (Belck)  Z.  14  Il-da- 
ru-ni-a-ni  statt  Ildaru  ABNU-ni  liest,  wird  dieselben  Ursachen 
haben,  wie  bei  Basmadjian  (Unvollkommenheit  der  Vorlage).  Umesini 
ist  konsequenter  Weise  für  Belck  der  Name  des  Kanals.  Wäre  dies 
richtig  gewesen,  so  hätte  darin  eine  Abweichung  von  dem  ständigen 
Brauche  der  Chalder  gelegen,  wasserbautechnische  Anlagen  (Kanäle, 
Stauseen)  mit  Namen  ihrer  königlichen  Schöpfer  zu  bezeichnen". 

Hier  hat  sich  nun  Lehmann  wieder  einmal  ordentlich  fest- 
gerannt, und  das  Gegenteil  von  dem,  was  er  behauptet  und  schreibt, 
ist  so  ziemlich  überall  das  Richtige  und  Zutreffende.  Zunächst  sei 
bemerkt,  dass  mein  Bericht  über  diese  Inschrift  in  der  That  auf 
Golenischeffs  ganz  vorzüglicher  Publikation  beruht,  dem  augenschein- 
lich ein  Abklatsch  der  Inschrift  zu  Gebote  gestanden  hat,  kaum 
aber  auch  eine  Photographie  der  Stele,  die  er  sonst  wohl  unbedingt 
seiner  Abhandlung  beigegeben  hätte.  Golenischeff  nun  liest,  wie 
Basmadjian,  an  der  betreffenden  Stelle  nicht  ABNU-ni,  sondern 
ni-a-ni.  Da  aber  irren  menschlich  ist,  so  habe  ich  auch  Einsicht 
genommen  in  eine  ausgezeichnete  Photographie  der  Stele,  —  und 
zwar  ist  es  augenscheinlich  dieselbe  Aufnahme,  welche  auch 
Lehmann  seiner  Arbeit  zu  Grunde  legt,  —  welche  mir  Herr  Dr. 
Messerschmidt  in  bekannter  Liebenswürdigkeit  zugänglich  machte. 
Wir  haben  dann  gemeinsam  festgestellt,  dass  Lehmann  mit  seiner 
Behauptung  gründlich  irrt,  denn  die  Photographie  bestätigt  die 
Abklatschlesung  Golenischeffs  (und  damit  auch  meine  Auffassung 
der  ganzen  Stelle)  ebenso  wie  die  Basmadjians  durchaus ;  es  ist 
auch  nicht  der  geringste  Zweifel  möglich,  dass  dort  ganz  klar  und 
deutlich  ni-a-ni  geschrieben  und  eine  Zusammenfassung  von  ni-a 
zu  AD  NU  ganz  ausser  Frage  steht. 

Demgemäss  heisst  also  der  Fluss  Hdaruniani,  Lehmanns  Lesung 
ABNU-ni  ist  falsch,  und  damit  werden  alle  Folgerungen,  welche 
er  auf  sie  und  seine  Übersetzung  derselben  aufbaut,  hinfällig.  Damit 
ist  auch  zugleich  evident,  dass  umesini  der  Name  dieses  Kanals  ist. 
Wenn  Lehmann  von  einem  ständigen  Brauche  der  Chaldei 
spricht,  wasserbautechnische  Anlagen  (Kanäle,  Stauseen)  mit  Namen 
ihrer  königlichen  Schöpfer  zu  bezeichnen,  so  muss  das  als  irre- 
führend zurückgewiesen  werden.  Nur  wirklich  hervorragende  der- 
artige Anlagen  belegte  der  erbauende  König  mit  seinem  Namen, 
während  unbedeutende  oder  leicht  auszuführende  Anlagen  namenlos 
blieben.  So  benennt  Menuas  nach  sich  den  grandiosen  Schamiramsu 
bei   Van,    den    interessanten   Kanal    von  Bersrri  und  die    Kanäle  bei 


1)  Von  mir  gesperrt. 


172  Belch,  Die  Steleninschrift  Rusas'  II  etc. 

Marmos,  Mfelasgert  (Ada)  und  Chotanlu,  während  Rusas  dem  von  ihm 
angelegten  Keschisch  Göll  seinen  Namen  (Riisaisue)  verleiht.  Ohne 
Namen  dagegen  lässt  Menuas  den  in  der  Inschrift  von  Agthamar 
erwähnten  Kanal  und  ebenso  den  Kanal  von  Arzwapert,  Argistis  I 
legt  dem  grossen  Kanal,  welchen  er  für  Argistihina-Armavir  aus 
dem  Araxes  ableitete,  nicht  seinen  Namen  bei,  und  Argistis  II  ver- 
fährt in  gleicher  Weise  mit  dem  sue  und  sonstigen  hydraulischen 
Anlagen  bei  Ardjisch.  Auch  sein  Sohn,  unser  Rusas  II,  hält  seine 
Kanalanlage  nicht  für  grossartig  genug,  um  ihr  seinen  eigenen 
Namen  zu  verleihen,  er  nennt  sie  einfach  umesini  (vielleicht  =  Be- 
fruchter, Bringer  der  Fruchtbarkeit,  nach  dem  Muster  assyrischer 
Inschriften '?) ,  ein  Wort ,  von  dem  ich  nicht  begreife ,  weshalb  es 
Lehmann  wenig  chaldisch  anmutet  (vgl.  S.  108),  sodass  er  es  als 
ein  assyrisches  Lehnwort  (von  umäsu)  betrachtet. 

Wenn  ich  hier  eingehender,  als  es  manchem  nötig  erscheinen 
möchte ,  Lehmanns  falsche  Lesung  ABNU-ni  zurückgewiesen  und 
berichtigt  habe,  so  geschieht  es ,  weil  Lehmann  dieselbe  als  Stütze 
und  Beweis  für  eine  weitere  irrige  Ansicht  benutzt,  nämlich  für 
seine  Übersetzung  von  pili  mit  „Damm,  Kanaldamm".  Er  sagt 
nämlich  auf  S.  108 :  „Da  nun  hier  in  Verbindung  mit  der  Kanal- 
anlage ,  auf  die  das  Wort  pili  zweifellos  Bezug  hat  (s.  Zeitschrift 
f.  Ethnol.  1892,  S.  136,  Verh.  Anthrop.  Ges.  1895,  S.  595),  Steine 
genannt  werden,  über  die  wir  sodann  noch  Näheres  erfahren,  so 
wird  meine  Vermutung  (WZKM.  XIV,  1900,  S.  4 f.) ,  dass 
pili  nicht  sowohl  den  Wass erlauf,  als  vielmehr  den 
Damm,  die  Stützmauer  des  Kanals  bezeichne,  zur  Ge- 
wissheit erhoben.  Sie  gründet  sich  zunächst  darauf,  dass  die 
Armenier  selbst  beim  Menuaskanal  {Schamiram-suy)  den  „Damm 
des  Flusses"  ambartak  getoyn  (Thomas  Arzruni  III  §  36  und  dazu 
WKZM.  a.  a.  0.  S.  5  Anm.  1)  bewundernd  nennen.  Dass  die  riesige 
Stützmauer  die  Hauptsache  ist,  kann  jetzt  auch  ich  aus  eigener 
Anschauung  bestätigen". 

Ich  füge  hier  noch  gleich  mit  an ,  was  Lehmann  in  WZKM. 
a.  a.  0.  S.  5  Anm.  1  zu  ambartak  getoyn  bemerkt:  „S.  Thomas 
Arzruni,  Buch  III,  §  36.  Dass  hier  eben  der  bei  Moses  von  Chorene  I 
beschriebene  Semiramis- Kanal  gemeint  sei,  war  bisher  nicht  erkannt 
worden,  wie  bei  Brosset,  Collection  d'Historiens  Armeniens  I,  p.  237 
n.  2  ersichtlich". 

Herr  Lehmann  hat  ganz  recht,  diese  Thatsachte  war  bisher 
nicht  erkannt  worden  von  den  anderen  Forschern,  aber  auch  von 
Herrn  Lehmann  nicht,  dessen  obige  Bemerkung  wohl  kaum 
so  abgefasst  ist,  dass  jedermann  sofort  aus  ihr  ersehen  muss,  dass 
ich  es  war,  der  diese  Feststellung  schon  vor  Jahren  gemacht  hat 
und  dieselbe  nebst  einigen  anderen  interessanten  Daten  in  einer 
Abhandlung  über  „Die  Erwähnung  chaldischer  Bauten,  insbesondere 
des  Schamiramsu-Menuaskanals  bei  den  späteren  armenischen  Schrift- 
stellern"   fein    säuberlich   zu  Papier   gebracht  und  Herrn  Lehmann 


Beide,  Die  Steleninschrift  Riesas'  II  etc.  173 

im  Jahre  1896  oder  1897  zugeschickt  habe,  damit  er  sie  der  An- 
thropologischen Gesellschaft  zum  Abdruck  einreiche.  Diese  Ab- 
handlung ist  dann  wie  noch  mehrere  andere  vorläufig  liegen  ge- 
blieben und  befindet  sich  mit  einigen  Randbemerkungen  Lehmanns 
versehen  bei  meinen  Akten !    So  viel  zur  Feststellung  der  Wahrheit. 

Zur  Sache  selbst  ist  zu  bemerken ,  dass  Lehmanns  Ansicht, 
pili  bezeichne  nicht  den  Kanal  als  solchen  (also  den  Wasserlauf 
und  was  drum  und  dran  hängt),  sondern  den  Kanaldamm,  die  Stütz- 
mauer ,  ganz  unhaltbar  ist.  Lehmann  verfügt  ja  über  keinerlei 
Ingenieur-Kenntnisse,  aber  so  viel  müsste  er  doch  wissen,  dass  bei 
einem  Kanal  eine  Stützmauer  oder  ein  Kanaldamm  durchaus  nicht 
etwas  Principielles ,  sondern  etwas  sehr  Accidentelles  ist ,  das  man 
in  den  meisten  Fällen  vergeblich  bei  einem  Kanal  suchen  wird. 
Lehmann  braucht  sich  doch  nur  den  Zweck  einer  solchen  Stütz- 
mauer klar  zu  machen ,  um  sofort  einzusehen ,  dass  er  sich  auf 
falscher  Fährte  befindet;  eine  „Stützmauer"  soll  etwas  stützen,  also 
z.  B.  den  an  einem  abschüssigen  Hange  hinlaufenden  Kanal ,  der 
ohne  eine  solche  infolge  von  Erdrutschen  und  Terrainunterspülungen 
durch  das  eigene  Wasser  sehr  bald  schon  bis  zum  Fusse  des  Hanges 
sich  hinabsenken  würde.  Wo  aber  nichts  zu  „stützen"  ist,  wird 
es  doch  auch  kaum  einem  vernünftigen  Menschen  einfallen ,  eine 
„Stützmauer"  anzubringen,  und  deshalb  fehlt  eine  solche  auch  bei 
den  in  ebenem  Terrain  verlaufenden  Kanälen.  Der  weit  über 
20  Kilometer  lange  Menuaskanal  von  Bergri  hat  z.  B.  nur  auf 
einer  Länge  von  wenigen  hundert  Metern  eine  solche  Stützmauer, 
dasselbe  gilt  von  den  Kanälen  von  Ada  und  Chotanlu;  gänzlich 
fehlen  die  Stützmauern  bei  den  Kanälen  in  der  Ebene  von  Ardjisch 
und  bei  dem  von  Argistis  I  angelegten  grossen  Araxeskanal.  Auch 
beim  Schamiramsu  hören  die  Stützmauern  auf,  sobald  sie  über- 
flüssig sind,  nämlich  gleich  hinter  Artamid. 

Da  also  der  Ausdruck  pili  auch  von  Kanälen  gebraucht  wird, 
die  weder  Stützmauer  noch  Kanaldamm  besitzen ,  so  bezeichnet  er 
auch  nicht,  wie  das  von  vorn  herein  vorausgesetzt  werden  konnte, 
nur  diesen  oder  irgend  einen  andern  Teil  des  Kanalwerkes,  sondern 
vielmehr  die  gesamte  Anlage,  also  den  „Kanal".  Lehmanns  Ansicht 
würde  ungefähr  auf  dasselbe  hinauslaufen ,  als  wenn  in  späteren 
Zeiten  irgend  ein  Fremder  an  der  Holtenauer  Schleuse  des  Kaiser 
Wilhelm-Kanals  eine  Inschrift  entdecken  würde:  „Ich,  Wilhelm, 
Deutscher  Kaiser  und  König  von  Preussen,  habe  diesen  „Kanal" 
gebaut,  Kaiser  Wilhelm- „Kanal"  heisst  er",  in  der  er  dann  das  ihm 
unbekannte  Wort  „Kanal"  mit  „Schleuse"  übersetzen  wollte,  da 
die  Schleusen  thatsächlich  das  grossartigste  an  dem  Nord-Ostsee- 
kanal sind.  Dann  hätte  also  Kaiser  Wilhelm  diese  „Schleuse" 
gebaut,  Kaiser  Wilhelm- „Schleuse"  heisst  sie.  Dass  dabei  der  Bau 
des  Kanals  selbst  einem  ganz  anderen  zugeschrieben  werden  könnte 
und  werden  würde,  sei  nebenbei- bemerkt ;  dasselbe  gilt  natürlich 
auch    vom  Menuaskanal,    von    dem  nach  Lehmann   Menuas  nur  die 


174  Belch,  Die  Steleninschrift  Rusas'  II  etc. 

Stützmauern  erbaut  haben  würde.  Die  Anlage  des  Kanals  selbst, 
für  die  erhebliche  und  schwierige  Nivellierungsarbeiten  vor- 
zvmelimen  waren ,  da  es  sich  ja  zumeist  um  unübersichtliches  ge- 
birgiges Terrain  handelt,  die  Fassung  der  Quelle,  die  Überführung 
des  Kanals  über  den  Choschab  u.  s.  w.  kämen  danach  dann  anderen 
Herrschern  als  Menuas  zu. 

Das  dürfte  genügen ,  um  das  Unhaltbare  von  Lehmanns  An- 
sicht, pili  bedeute  weniger  den  Kanallauf,  als  vielmehr  den  Darum 
des  Kanals,  klar  zu  legen. 

Z.  20 :  Das  erste  Zeichen  in  dieser  Zeile  ist  von  Lehmann 
falsch  wiedergegeben,  es  ist  nicht  IZ'^l,  sondern  vielmehr  dasselbe 
Zeichen  wie  in  Z.  24  das  vierte,  nämlich  ^^r,  welches  hier  etwas 
von  der  sonst  in  den  chaldischen  Texten  üblichen  Form  ^>-v  ab- 
weicht. Es  ist  das  Ideogramm  für  „opfern",  das  wir  hier  vor  uns 
haben,  dessen  phonetischen  Gegenwert  im  Chaldischen  die  Ableitungen 
der  Wortwurzel  urpu  darstellen,  wie  ich  das  schon  Verh.  Anthrop. 
Ges.  1900,  S.  444  nachgewiesen  habe.  Es  bedeutet  also  z.  B.  urpue 
=  Opfer,  urpuasi  =  der  Opfernde  (ob  auch  „Priester"  oder  nur 
den  opfernden  „Laien"  muss  ich  einstweilen  noch  dahingestellt  sein 
lassen),  urpuali  =  hat  (haben)  geopfert  u.  s.  w. 

In  Zeile  22  liest  Lehmann  am  Anfange  [a  ?]-,*?;  ich  bemerke 
dazu,  dass  der  vorhandene  Raum  nur  zur  Ergänzung  von  a  oder 
eines  ebenso  kleinen  Zeichens  ausreicht.  Gesichert  wird  die  Er- 
gänzung zu  a  durch  die  Satzkonstruktion  Z.  13  bis  25,  die  Lehmann 
nicht  richtig  erkannt  hat;  m.  E.  ist  so  zu  konstruieren: 

Z.  13:  Nachdem  die  dafür  bestimmte  (=  istini)  {ALU)  suM 
satüli  (=  eingerichtet?)  war, 

Z.  14/15:  erbaute  ich  einen  Kanal  vom  Flusse  Ildaru  her, 
Umesirii  genannt. 

Z.  16:  Die  inukahinie  m  Rusäinie  legte  ich  an(?)  (=  Imbi). 
Nunmehr  Absatz  und  neue  Periode: 

Z.  17:  Wenn  die  Kapelle  (=  gi) ,  der  Tempel  (=  ase)  und 
die  Kanäle  (Plural !)  kiduli  (gereinigt,  ausgeräumt,  geöffnet  ?)  werden, 

Z.  18 — 21:  so  sollen  den  Göttern  die  und  die  Opfer  dar- 
gebracht werden. 

Z.  21/22:  (Und)  wenn  die  Kapelle,  der  Tempel  und  die  Ge- 
wässer (e)siasiuli  (geschlossen?)1)  werden,  so  sollen  dieselben  Opfer 
den  Göttern  abermals  dargebracht  werden. 

Dass  hier  so  zu  konstruieren  ist,  beweist  deutlich  die  Meher 
Kapussi-Inschrift  Z.  29 ff.,  in  der  dreimal  wiederholt  wird:  Wenn  das 
and  das  mit  dem  uldie,  dem  zarie  und  dem  ase  geschieht,  so  sind 
dem  Chaldis  und  der  Gesamtheit  der  anderen  Götter  die  und  die 
Opfer  darzubringen. 

1)  Da  es  in  jeuer  Gegend  im  Winter  recht  kalt  ist,  so  erscheint  es  nicht 
ausgeschlossen ,  dass  die  praktischen  Chalder  die  Kanäle  anfangs  November 
schlössen  und  Anfang  März  oder  April  wieder  öffneten. 


Belck,  Die  Steleninschrift  Rusas'  II  etc.  175 

Zu  Z.  20  und  25  ist  zu  bemerken,  class  die  Lesung  „Ardinis" 
als  Name  des  Sonnengottes  bei  den  C  haldern  einstweilen  noch 
nicht  unbestritten  sicher  ist.  Aller  Wahrscheinlichkeit  nach  führte 
der  Sonnengott  diesen  Namen  bei  dem  Volke  von  Musasir, 
dessen  Hauptstadt  ja  ebenfalls  so  hiess  und  in  der  Meher  Kapussi- 
Inschrift  direkt  als  dem  Sonnengotte  geheiligt  bezeichnet  wird.  Das 
legt  übrigens  die  Vermutung  nahe,  dass  die  ursprüngliche 
Bevölkerung  Musasir's  den  Sonnengott  als  oberste  Gottheit  ver- 
ehrte, und  dass  der  dortige  berühmte  Tempel  des  Chaldis  erst 
erbaut  wurde,  als  die  Chalderkönige  sich  jenes  Gebietes  bemächtigt 
hatten  und  die  Stadt  Ardinis-Musasir  vorübergehend  zum  religiösen 
Mittelpunkt  ihres  Reiches  machten. 

Lehmanns  Lesung  (ILU)  Aniku  in  Z.  21  und  Z.  25  ist  als 
richtig  anzuerkennen,  Golenischeff  und  Basmadjian  irrten,  indem  sie 
das  in  Z.  21  dem  Namen  folgende  gie  hinzuzogen  und  so  einen 
Gottesnamen  Anikugie  lasen. 

Dagegen  trifft  Lehmanns  Vermutung  (S.  108),  dass  wir  es  hier 
mit  einer  Lokalgottheit  zu  thun  hätten ,  nicht  zu ,  denn  wie  ich 
schon  Verh.  Anthrop.  Ges.  1901,  S.  291  ausgeführt  habe,  wird  der- 
selbe Gott  auch  in  dem  150  Kilometer  südlicher,  am  Nordufer  des 
Van-See  belegenen  Gebiete  von  Ardjisch  und  Tscheiabi  Baghi  verehrt. 

Z.  26 — 30  enthalten  die  Titulatur  des  Königs. 

Z.  28:  Sowohl  in  (MATU)  Su1)-ra-v-e.  wie  auch  in  Bi-a-i- 
na-a-u-e  ist  das  u  durch  den  Winelhaken  wiedergegeben ,  den 
Lehmann  nach  dem  Vorgange  von  Sayce  künftighin  mit  o  trans- 
skribieren  wollte  (vgl.Verh.  Anthrop.   Ges.   1900,  S.  572,  Anm.  3). 

Lehmann  fasst  Suvas  als  einen  Landesnamen  auf;  das  ist 
die  frühere  übliche,  aber  auch  irrige  Auffassung, 
denn  erilas  Suraue  entspricht  in  Parallelinschriften  dem  Ausdruck 
„ König  der  Länder",  wie  ich  das  schon  Verh.  Anthrop.  Ges.  1901T 
S.  312  nachgewiesen  habe.  Und  in  der  Bilingue  der  Keiischin-Stele 
entspricht  dem  Chaldischen  ^erilas  Suraue*  das  Assyrische:  „sar 
kissati* ,  wodurch  auch  die  vielumstrittene  Bedeutung  dieser  assj 
rischen  Phrase  endlich  festgelegt  ist  (alles  Nähere  darüber  in  Heft  I 
der  Anatole,  Organ  der  Deutschen  Gesellschaft  für  die  Wissenschaft - 

l'rforschung  Anatoliens).  Ebendort  findet  sich  auch  der  Nach- 
weis, dass  alusi  (Z.  39)  assyrischem  Saknu  =  Statthalter  entspricht. 

Hervorzuheben  ist,  dass  in  Z.  27  hinter  erilas  alsuini  einmal 
das  Ideogramm  —  —  =  erilas  ausgelassen  worden  ist  vom  Stein- 
metzen. 

Z.  30:  Zu  der  Gleichung  patari  —  ALU  vergleiche  man 
meine  Nachweise  in  Verh.  Anthrop.  Ges.  1901,  S.  225  und   294. 

Zu  der  Fluchformel  (Z.  31 — 47)  ist  folgendes  zu  bemerken  : 
Meine  Auffassung  von  Z.  35  und  36:  „Wer  [sie  (die  Stele)]  mil 
Erde  bedeckt  (bezw.  sie  unter  der  Erde  versteckt),  wer  sie  ins 

1)  Bei  Lehmann  zweimal  irrtümlich   Sit   statt  Su. 


176  Beleb,  Die  Steleninschrift  Rusas'  II  etc. 

Wasser  wirft"  (so  Verh.  Anthrop.  Ges.  1901,  S.  225),  teilt  auch 
Lehmann.  Bei  Z.  35 :  aluse  ERSITIM  nie  pulie  will  Lehmann 
das  nie  als  phonetisches  Komplement  des  Ideogramms  ersitim  == 
„Erde"  betrachten,  das  dann  auf  ein  im  Stamme  aufm  auslautendes 
Wort  für  „Erde"  im  Chalclischen  schliessen  lasse.  Demgegenüber 
gebe  ich  anheim,  ob  nie  hier  nicht  ebensogut  eine  Form  des  Pro- 
nomens nxe{s)  darstellen  und  auf  die  Stele  zu  beziehen  sein  könnte, 
also:  „Wer  sie  (die  DUBTE  resp.  ihn  =  den  Stein)  mit  Erde 
bedeckt".  Es  erscheint  das  um  so  wahrscheinlicher,  als  das  Objekt 
des  Satzes  wechselt  und  andernfalls  ausgelassen  sein  würde : 

Z.  32 :  Wer  diese  Inschrifttafel 

Z.  33:  fortnimmt,  wer  (sie)  versteckt  (?) ; 

Z.  34:  wer  die  Inschrift  zerstört, 

Z.  35 :  wer  in  der  Erde  sie  (die  Tafel)  vergräbt. 

Z.  36 :  wer  (sie)  ins  Wasser  wirft  u.  s.  w. 

Das  führt  uns  nun  sogleich  zu  einer  anderen  Streitfrage.  Leh- 
mann sagt  (S.  109):  „Vor  dem,  der  das  Dokument  mit  Erde  be- 
deckt oder  ins  Wasser  wirft,  wird  in  den  assyrischen  Flucbformeln 
entsprechenden  Tenors  derjenige  bedroht,  welcher  die  Inschrift  zer- 
stört, beschädigt  oder  ihren  Standort  ändert.  Diese  Dreiheit 
geht  auch  im  Chaldischen  voraus:  Z.  32:  cause  ini  DUPPU.  TE-e, 
Z.  33:  tulie  cause  intulie,  Z.  34:  cause  esüni  (suil  von  Lehmann 
ausgelassen)  duli.  Dadurch  wird  meine  Übersetzung  (Bericht  S.  622, 
sub  57)  der  letzteren  Wendung  „wer  ihren  Standort  verändert" 
(ass.  lü  asarsu  unakkaru)  aufs  schlagendste  bestätigt". 
Lehmann  polemisiert  dann  noch  gegen  meine  „ganz  unzutreffen- 
den, den  Kern  der  Sache  gar  nicht  berührenden"  Ver- 
suche ,  die  alte  Übersetzung  von  est  „Inschrift"  zu  vertreten ,  und 
bezieht  sich  dabei,  wie  schon  früher,  so  auch  jetzt  auf  die  Bilingue 
von  Topzauä. 

Zunächst  muss  ich  gegen  irgend  eine  Heranziehung  der  letzteren 
Inschrift  in  der  von  Lehmann  gebotenen  Lesung  ein  für  allemal 
Protest  erheben,  denn  diese  Lesung  ist,  wie  an  so  vielen  anderen 
Stellen,  so  auch  hier  eine  „Verlesung"   Lehmanns. 

Im  übrigen  liegt  hier  das  interessante  Faktum  vor,  dass  ich 
selbst  früher  die  Phrase:  aluse  inipulusiesinisuiduliew.it:  „Wer 
diesen  Schriftstein  von  seinem  Standort  entfernt",  übersetzt  habe 
(vgl.  u.  a.  Verh.  Anthrop.  Ges.  1900,  S.  446),  diese  Auffassung  aber 
späterhin  als  nicht  zutreffend  erkannt  und  demgemäss  fallen  gelassen 
habe ,  während  Lehmann  dieselbe  jetzt  zur  seinigen  gemacht  hat 
und  sie  gegen  mich  verteidigt. 

Lehmann  übersetzt  nun  so  zu  sagen  mechanisch  die  chaldische 
Fluchformel  nach  der  assyrischen  und  teilt  demgemäss  in  der  von 
ihm  angegebenen  Reihenfolge  den  drei  verschiedenen  Verben  die 
Bedeutung  von  zerstöi-en  (=  tu-lie),  beschädigen  (=  pitu-lie)  und 
„entfernen"  (=  suidu-lie)  zu.  Dabei  ist  ihm  aber  entgangen,  dass 
die  Reihenfolge  dieser  Verben  in  den  chaldischen  Fluchformeln  durch- 


Beide,  Die  Steleninschrift  Elisas'  II  etc.  177 

aus  nicht  immer  die  gleiche  ist,  dass  vor  allen  Dingen  in  sehr 
vielen  Fällen  die  Reihenfolge  ist:  pitulie,  tulie  u.  s.  w.  Wäre 
nun  Lehmann  mit  dieser  Untersuchung  zufällig  an  eine  Inschrift 
geraten  mit  der  letzteren  Reihenfolge  der  Verben,  so  würde  er 
vermutlich  pitu-lie  als  „zerstören",  tu-lie  als  „beschädigen"  und 
suidu-lie  als  „entfernen"  gedeutet  und  damit  wenigstens  die  Be- 
deutung des  ersten  Verbums  getroffen  haben. 

Die  Bedeutimg  von  tu-lie  lässt  sich  in  einwandfreier  "Weise  aus 
den  Inschriften  erschliessen.  Eine  der  häufigsten  Phrasen  in  den 
chaldischen  Inschriften  nach  der  Aufzählung  der  Kriegsbeute  lautet 
nämlich:  {MATU)  Biainaidi parubi,  die  unmöglich  anders  übersetzt 
werden  kann,  als  wie:  „(Diese  Beute)  führte  ich  weg  nach  dem  Lande 
Biaina".  In  dieser  Phrase  wird  das  Verbum  paru-bi  auch  sehr 
häufig  ersetzt  durch  agu-bi,  mitunter  aber  auch  durch  siu-bi  oder 
tu-bi.  Eine  andere  häufige  Phrase  lautet:  '-se  (>SAL)  lu-tu  tubixx.  s.  w.", 
die  allgemein  und  wohl  auch  richtig  übersetzt  wird  mit:  „Die  Männer 
und  Frauen  führte  ich  weg".  Im  übrigen  ist  die  Bedeutung  des 
Verbums  tu  kaum  verschieden  von  derjenigen  des  Verbums  du, 
die  in  Paralleltexten  und  -phrasen  alternativ  für  einander  gebraucht 
werden,  und  Lehmann  selbst  übersetzt  du  mit  „wegnehmen",  so 
z.  B.  Verh.  Anthrop.  Ges.  1895,  S.  597  :  alus  a'ine'i  inili  duli  mit 
„Wer  den  Stein  zum  Palastbau  wegnimmt".  Nach  alledem  kann 
die  Bedeutung  von  tu  als  „einnehmen,  wegnehmen,  wegführen,  ent- 
fernen u.  s.  w."  als  feststehend  betrachtet  werden,  während  Lehmanns 
Ansatz  „zerstören"  sich  aus  den  Inschriften  in  keiner  Weise  ab- 
leiten lässt. 

Auch  für  die  Bedeutung  von  pitu-lie  ergeben  sich  aus  den 
Inschriften  Anhaltspunkte  genug.  Wie  ich  in  Verh.  Anthrop.  Ges. 
1895,  S.  598,  LT.  Absatz  bis  S.  600,  I.  Absatz  eingehend  nachgewiesen 
zu  haben  glaube  (jener  gesamte  Abschnitt  unserer  gemeinsamen 
Arbeit  einschliesslich  der  Anmerkungen  rührt  von  mir,  nicht  etwa 
von  Lehmann  her ,  worauf  ich  noch  zurückkommen  werde) ,  be- 
deutet pi  =  „Verderben,  Vernichtung".  Demgemäss  würde  für 
pitu  -lie  eine  Bedeutung  wie  „beschädigen,  zertrümmern,  zer- 
schlagen u.  s.  w."   sehr  gut  passen. 

Und  nun  kommen  wir  zu  dem  von  Lehmann  so  viel  umstrittenen 
dritten  Ausdruck  (Z.  34) :  „aluse  esiini  suidulie* .  „Entfernen  (vom 
Standort)"  kann  es  nicht  heissen,  da  diese  Bedeutung  schon  durch 
tu-lie  gegeben  ist,  ebensowenig  „beschädigen,  zertrümmern",  denn 
das  liegt  in  pitu-lie,  also  bleibt  nur  „zerstören"  übrig.  Und  so 
arg  es  auch  Lehmann  betrüben  mag,  ich  muss  auf  meinem  Stand- 
punkt beharren,  dass  esini  hier  =  „Inschrift,  Schrift"  ist,  und 
suidu  „zerstören"  bedeutet.  Diese  Bedeutungen  ergeben  sich  in 
nicht  weiter  anfechtbarer  Weise  aus  der  KeHschin-Bilingue  (vgl. 
Anatole  Heft  I,  Sp.  65  und  66),  wo  suidulie  dem  assyrischen 
ida'ip  (=  vernichten)  entspricht.  Alles  weitere  über  diesen  Punkt 
möge  man  in  dieser  meiner  Abhandlung  nachlesen;  hier  genügl 
Bd.  LVIII.  12 


178  Beide,  Die  Steleninschrift  Itusas1  II  etc. 

es  mir  zu  konstatieren ,  dass  abermals  eine  der  mit  der  grössten 
Bestimmtheit  vorgetragenen  philologischen  Behauptungen  Leh- 
manns als  mit  den  Thatsachen  unvereinbar  festgenagelt  worden  ist. 
Vielleicht  veranlasst  das  den  Historiker  Lehmann  sich  künftig- 
hin in  Bezug  auf  philologische  Dinge  etwas  vorsichtiger  aus- 
zudrücken. 

In  Zeile  38/39  würde  demgemäss  die  Phrase:  „aluse  tinini 
tulieu,  zu  übersetzen  sein:  „Wer  die  Namen  (Plural!)  entfernt". 
Weshalb  Lehmann  hier  tinini  als  Acc.  Sing,  von  tini  =  „der 
Name"  auffasst,  das  in  Z.  40  auftretende  tini  aber  als  denselben 
Kasus  (noch  deutlicher  in  Z.  44  mei  tiini  =  seinen  Namen),  wird 
wohl,  wie  mir,  so  auch  allen  anderen  Forschern  unklar  bleiben. 
Wie  von  dem  Worte  pili  (se?)  z.  B.  der  Acc.  Sing,  pili,  der  Acc. 
Plur.  aber  pili-ni  lautet,  so  von  tini  (He?)  tini  und  tini-ni1).  Der 
Plural  erklärt  sich  hier  doch  sehr  einfach  durch  die  Mehrzahl  der 
vorkommenden  Eigennamen  überhaupt  und  der  Personennamen : 
Rusas  und  Argistis. 

Z.  39/40:  „masie  tini  teli-i".  Basmadjian,  dem  sich  Lehmann 
anschliesst,  wird  mit  seiner  Übersetzung  „(wer)  seinen  eigenen 
Namen  einsetzt"  wohl  das  Richtige  getroffen  haben.  Die  Wortform 
masie  kommt  auch  sonst  in  den  chaldischen  Inschriften  vor,  das 
Verbum  tc  bisher  aber  nur  als  Kompositum. 

Z.  40 :  e-a-i  und  ebenso  in  Z.  41.  Lehmann  lässt  es  (S.  110) 
unentschieden ,  ob  das  e  nicht  event.  noch  zu  dem  vorhergehenden 
Worte  gehöre,  so  dass  also  event.  nur  a-i  zu  lesen  sei.  Hier  will 
ich  nur  daran  erinnern,  dass,  wie  ich  schon  Verh.  Anthrop.  Ges. 
1901,  S.  308  ausgeführt  habe,  die  Existenz  einer  Wurzel  e  durch 
die  Inschriften  von  Hagi  und  Tscheiabi  Baghi  gesichert  ist,  von 
der  e-a-i  als  Ableitung  wohl  denkbar  ist.  Da  e'  —  e'  wohl  zweifels- 
ohne mit  „sowohl  —  als  auch"  richtig  gedeutet  worden  ist  (schon 
von  Sayce),  so  würde  dazu  ne-a-i  —  e-a-i  =  sei  es,  sei  es",  recht 
gut  stimmen. 

Z.  41:  (MATU)  Bi-a-i-ni-se.  Basmadjian,  dem  sich  Lehmann 
auch  hier  anschliesst,  übersetzt  das  mit  „Biainäer"  d.  h.  Einwohner 
(Angehöriger)  des  Landes  Biaina,  und  Lehmann  (S.  110)  folgert 
aus  dieser  Wortform  noch  weiter,  dass  das  na  in  Biaina  das  be- 
kannte chaldische  Lokativ- Suffix  na  sei,  somit  nicht  zu  dem  eigent- 
lichen Namen  gehöre  und  deshalb  abgetrennt  werden  könne. 

Nun  wird  im  Gegensatz  zu  (MÄTU)  Biainise  in  Z.  42  ein 
{MATU)  Lulu-inise  =  „ein  Luluäer"  genannt;  ist  nun  Biainise 
richtig  mit  „Biainäer"  übersetzt,  so  kann  sich  für  Lulu-inise  nur 
fragen:  war  Lulu  zu  jener  Zeit  ein  Teil  des  Reiches  Biaina,  oder 
war  es  das  nicht? 


1)  Dass  manini  unmöglich   „ihn"   bedeuten  kann,  wie  Lehmann  stets  mit 
Nachdruck   behauptet  (1.  c ),  sei  hier  nebenbei  erwähnt. 


Belcl-,  Die  Steleninschrift  Rustos1  II  etc.  179 

Hierbei  muss  vor  allen  Dingen  hervorgehoben  werden,  dass 
das  Land  Lulu  gemäss  der  Inschrift  von  Topzauä  und  in  Über- 
einstimmung mit  den  Berichten  Asurnasirapal's  noch  südlich  resp. 
südöstlich  und  südwestlich  von  Rowanduz  gelegen  war.  und  dass 
ein  Reisender  bei  normalem  Marschtempo  mindestens  21 — 25  Tage 
gebraucht .  um  von  Lulu  in  die  Gegend  von  Etschmiadzin  zu  ge- 
langen. Wenn  nun  Lulu ,  ein  zur  Zeit  der  Abfassung  unserer  In- 
schrift (ca.  680  v.  Chr.)  in  den  assyrischen  und  anderen  Berichten 
kaum  noch  genanntes,  anderen  Völkern  (den  Assyrern ,  Chaldern, 
Manniiern  u.  s.  w.)  unterworfenes  Gebiet,  damals  nicht  zu  Chaldia  - 
Biaina  als  Teil  des  Reiches  gehörte ,  weshalb  wird  dann  hier  als 
ein  möglicher  Zerstörer  der  Inschrift  gerade  dieser  unbedeutende, 
in  so  weiter  Ferne  wohnende  Grenznachbar  genannt,  während  doch 
andere,  mächtigere  und  mehr  zu  fürchtende  Feinde  (wie  die  Etiuni- 
Utier,  die  Diauhini-Taocher,  die  Mannäer  u.  s.  w.)  in  viel  grösserer 
Nähe  sassen  ?  Und  wäre  in  solchem  Falle  eine  Zerstörung  der 
Inschrift  nicht  viel  eher  durch  die  Assyrer  z.  B.  zu  befürchten 
gewesen? 

M.  E.  kommt  die  an  und  für  sich  ja  denkbare  Möglichkeit, 
dass  Lulu  zu  jener  Zeit  nicht  zu  Chaldia  gehört  habe,  kaum  ernst- 
lich in  Betracht,  vielmehr  werden  wir  es  als  einen  Teil  des  Chaldia  - 
Biaina-Reiches  aufzufassen  haben. 

Wenn  aber  Lulu  damals  zu  Biaina  gehörte,  warum  sollte  es 
dann  in  der  Fluchformel  so  besonders  hervorgehoben,  ja  geradezu 
in  einen  Gegensatz  zu  Biaina  gestellt  sein?  Waren  die  Bewohner 
von  Lulu  etwa  so  berüchtigt  als  Inschriften-Zerstörer,  dass  sie 
selbst  eine  Monats  reise  nicht  scheuten,  nur  um  an  eine  zu  zer- 
störende Inschrift  zu  gelangen  und  ihrem  Sport  zu  huldigen? 

Aber  heisst  denn  Biainiie  auch  wirklich  Biainäer?  Wenn  wir 
von  Lulu-inise  das  Suffix  inise  abstreichen,  bleibt  Lulu  übrig,  und 
wenn  wir  von  Bia-inise  dieses  Suffix  abstreichen,  erhalten  wir  Bia 
als  Landesnamen.  Und  ein  solches  Land  existiert,  wird 
sogar  in  den  chaldischen  Inschriften  als  ein  erobertes  Land  genannt, 
und  zwar  von  Argistis  I  in  seinem  gegen  Diauhi(-Taocher)  gerichteten 
Kriegszuge !  Danach  lag  also  dieses  Land  im  Nordwesten  des  Chaldi- 
schen Reichsgebietes.  Und  nun  liegt  es  nahe  bei  unserer  Inschrift 
an  eine  rein  geographische  Anordnung  zu  denken,  anzunehmen, 
dass  das  wichtigste  südöstlichste  und  nordwestlichste  chal- 
dische  Gebiet  darin  genannt  worden  sei,  eben  Lulu  und  Bia.  Aber 
auch  eine  andere  Möglichkeit  ist  in  Betracht  zu  ziehen.  Vielleicht 
waren  die  Fürsten  von  Lulu,  —  von  dem  wir  aus  den  assyrischen 
Inschriften  zur  Genüge  wissen,  dass  es  in  früheren  Zeiten  ein  mächtiges, 
weitausgedehntes  Reich  gewesen  sein  muss,  —  damals  arge  Nebenbuhler 
und  gefährliche  Konkurrenten  der  Chalderkönige  in  dem  Kampfe 
um  die  Suprematie  über  die  Alarodier.  Vielleicht  galt  dasselbe 
von  den  Fürsten  des  Reiches  Bia;  und  wenn  Rusas  II  befürchtete, 
dass   vielleicht    späterhin    einer   derselben    den  Thron    von    Chaldia 

12* 


182  Belch,  Die  Steleninschrift  Rusas1  II  etc. 

trä glichen  Auftreten  von  Schriftzeichen  (z.  B.  il)  von 
ihm  gezogenen  Schlüsse.  Denn,  wie  schon  mehrfach  von  mir  betont, 
lehnt  sich  diese  Fluchformel  eng  an  diejenige  der  Inschrift  Sayce  31 
(Stele  des  Ispuinis  und  Menuas)  an,  die  ca.  150  Jahre  alter  ist  als 
unsere  vorliegende  Inschrift,  und  sogar  noch  weit  ausführlicher  ge- 
halten ist  als  letztere.  Die  ausführlichste  Fluchformel  finden  wir 
in  der  Kelischin- Stele ,  welche  einen  fast  dreimal  so.  langen  Text 
liefert. 

Bei  der  Erörterung  der  aus  der  Inschrift  zu  erzielenden 
historischen  Ergebnisse  bemerkt  Lehmann  S.  112:  „Über  die  ander- 
weitig durch  Tiglatpileser  III  bekannte  chaldische  Südwestgrenze 
(Euphrat  und  Euphratbrücke  in  der  Gegend  von  Izoly)  hinaus 
nach  Patin  werden  wir  geführt  durch  die  Inschrift  von  Kal'ah  bei 
Mazgert  (s.  zuletzt  Verh.  Anthrop.  Ges.  1900,  S.  615,  Anm.  1),  im 
Westen  und  Nordwesten  zu  den  Moschern  und  Hethitern,  seien  sie 
nun  alle  als  Feinde  oder  mehr  oder  weniger  gezwungene  Bundes- 
genossen genannt  (Bericht,  S.  630  f.)." 

Lehmann  trägt  hier  abermals  Ansichten  vor,  die  unhaltbar  sind, 
wie  ich  das  in  Verh.  Anthrop.  Ges.  1901,  S.  304  und  S.  312—320 
nachgewiesen  habe.  Allerdings  glaubte  ich  früher  auf  Grund  meiner 
Studien  annehmen  zu  müssen ,  dass  die  von  Tiglatpileser  III  er- 
wähnte Euphratbrücke,  bis  zu  der  er  Sardur  III  verfolgt,  und  die 
er  als  dessen  Reichsgrenze  bezeichnet,  sich  bei  Izoly  befunden  habe. 
Ich  teilte  diese  Anschauung  Lehmann  mit  und  ersuchte  ihn  an  Ort 
und  Stelle  Nachforschungen  nach  dem  Standort  und  den  etwaigen 
Resten  dieser  Brücke  anzustellen;  aber  Lehmann  hat  doch,  wenn 
nicht  früher,  so  doch  mindestens  aus  meiner  oben  citierten  Ab- 
handlung erfahren,  dass  ich  diese  meine  frühere  Ansicht  als 
unhaltbar,  als  mit  den  thatsächlichen  Verhältnissen  unvereinbar 
aufgegeben ,  mich  vielmehr  davon  überzeugt  habe ,  dass  die  von 
Tiglatpileser  III  erwähnte  Brücke  in  der  Gegend  von  Samosata 
zu  suchen  ist.  Warum  publiciert  er  nun  die  falscbe  Ansicht  ruhig 
weiter?  Will  er  etwa  auch  hier  Belcks  Ansicht  gegen  Belck  ver- 
teidigen? Eine  Diskussion  über  diesen  Punkt  ist  unnötig,  es 
genügt  wohl ,  wenn  ich  sage ,  dass  ich  das  Schlachtfeld  genau, 
ganz  genau  aufgefunden  und  festgestellt  habe ,  auf  welchem  im 
Jahre  743  v.  Chr.  der  Kampf  zwischen  Assur  und  Chaldia  zum 
ersten  Male  zur  Entscheidung  gelangte.  Tiglatpileser  III  berichtet 
uns ,  dass  er  die  Truppen  Sardurs  III  auf  den  (an  anderer  Stelle : 
„mitten  zwischen  den")  Gefilden  von  Kistan  und  Halpi,  Gebieten 
des  Landes  Kuramuh  (=  Commagene)  bis  zur  Vernichtung  schlug 
und  den  zur  Nachtzeit  auf  einer  „Stute"  fliehenden  Sardur  bis  zur 
Brücke  des  Euphrat ,  der  Grenze  seines  Landes ,  verfolgte.  Nun, 
diese  beiden  Lokalnamen  existieren  im  Gebiete  des  alten  Kummuh- 
Commagene  noch  heute  fast  unverändert  fort  als  „Küschtam" 
und  „Chalfat",  beide  nur  wenige  Kilometer  von  einander  entfernt, 
ersteres    etwas    westlich    vom    Euphrat,    letzteres    unmittelbar    am 


BelcJc,  Die  Steleninschrift  Rusas'  II  etc.  183 

Euphrat  selbst  und  etwa  20 — 30  Kilometer  abwärts  von  Samosata 
gelegen.1) 

Mit  der  "Wiederauffindung  dieses  Schlachtfeldes  ist  aber  auch 
die  Lage  der  Brücke  als  s  ü  d  1  i  c  h  vom  Taurus  gegeben ,  denn 
daran,  dass  Tiglatpileser  den  sich  zurückziehenden  Sardur  etwa  über 
den  wilden,  hier  besonders  schwer  zu  überschreitenden  und  von  un- 
botmässigen  Völkerschaften  bewohnten  Taurus  bis  nach  Malatia  und 
Izoly  hin,  d.  h.  mehrere  Tagereisen  weit,  verfolgt  haben  sollte,  ist 
gar  nicht  zu  denken.  Dazu  wäre  auch  die  Situation  in  Nordsyrien 
viel  zu  gefährlich  für  den  Assyrerkönig  gewesen,  ganz  abgesehen 
davon ,  dass  es  Sardur  III  sehr  leicht  gewesen  wäre ,  sich  in  den 
Engpässen  des  Gebirges  gegen  den  nachsetzenden  Feind  zu  ver- 
teidigen. Es  kann  sich  demnach  nur  um  eine  Brücke  südlich 
vom  Taurus  und  nördlich  vonHalfat-Halpi  handeln,  d i e 
also  in  der  Nähe,  resp.  dicht  bei  S am osata  gelegen  haben 
muss.  Und  mit  dieser  Feststellung  kommt  eine  bisher  vielfach 
angezweifelte  Angabe  Strabos  zur  Geltung,  der  uns  direkt  sagt,  dass 
bei  Samosata  ein  Zeugma  über  den  Euphrat  sei.  Das  haben 
Ritter  und  andere  niemals  als  genaue  Angabe  ansehen  wollen ,  das 
„bei  Samosata"  immer  als  eine  grössere  Entfernung  betrachtet  und 
detngeinäss  dieses  Zeugma  beiRumkaleh  oder  gar  bei  Biredjik 
gesucht.  Auch  die  gleichlautende  Angabe  Ammians,  dass  die  römi- 
schen Truppen  „bei  Samosata"  über  die  Euphratbrücke  gegangen 
seien,  wurde  stets  in  derselben  Weise  interpretiert  und  dabei  immer 
an  die  genannten  beiden  Orte  Rumkaleh  resp.  Biredjik  gedacht, 
höchstens  wurde  noch  die  Möglichkeit  in  Betracht  gezogen ,  dass 
damals  vielleicht  in  der  Nähe  von  Samosata  eine  von  den  Römern 
geschlagene  Schiffsbrücke  existiert  haben  könnte. 

So  liefert  uns  denn  Tiglatpileser  III  den  Beweis, 
dass  schon  im  hohen  Altertum  eine  feste  Brücke  über 
den  Euphrat  bei  Samosata  existiert  hat,  und  hilft 
uns  dadurch  das  eine  Zeugma  der  Römer  und  Griechen 
definitiv  festzulegen.  Damit  dürfte  nun  wohl  die  alte 
Belcksche  Hypothese  der  Euphratbrücke  bei  Izoly  als  „Süd- 
Avestgrenze  des  Chal  der -Reiches"  auch  für  Lehmann 
definitiv  begraben  sein.  Das  Chalderreich  erstreckte  sich  eben  viel 
weiter  südlich ,  als  bisher  allgemein  angenommen  wurde.  Schon 
Menuas  erobert  nicht  nur  Ulliba  und  Sophene ,  sondern  auch  das 
Land  Asurini,    d.  i.    das  Til  Asuri  der  Assyrer,    das    spätere  Tela 


1)  Demnach  ist  Tiglatpilesers  III  Ausdruck  „ mitten  zwischen  den  Gefilden 
vdii  Kistan  und  Halpi"  liier  wörtlich,  also  dahin  zu  verstehen,  dass  jene 
grosse  und  blutige  Schlacht  zwischen  den  Orten  Kiischtam  und  Chalfat  statt- 
gefunden hat.  Eine  derartig  genaue  Lokalisierung  eines  wichtigen  antiken,  ausser- 
europäischen  Schlachtfeldes,  wie  sie  hier  gelungen  ist,  ist  zum  mindesten  etwas 
ganz  aussergewöhnliches;  zukünftige  Reisende  und  Forscher  werden  gut  thim, 
die  Ebene  zwischen  den  genannten  Orten  daraufhin  genauer  zu  untersuchen, 
wobei  Nachgrabungen  wohl  sicher  auch  manches  Kriegsgerät  aus  jener  Zeit 
zu  Tage  fördern   dürften. 


184  Bdck,  Die  Steleninschrift  Jiusas1  II  etc. 

Antoninopolis  am  Südfusse  des  Karatscha  Dagh,  und  der  viel- 
genannte Staat  Supria,.in  dem  noch  Asarhaddon  und  unser  Rusas  II 
Argistihinis  kollidieren ,  der  von  ersterem  im  Zusammenhange  mit 
den  Kimmeriern  des  öfteren  erwähnt  wird,  lag  gleich  westlich  von 
TilAsuri;  sein  Name  hat  sich  in  demjenigen  der  Stadt 
Suwerek  bis  heute  erhalten. 

Dass  wir  mit  der  Festlegung  dieses  Zeugma  zugleich  auch 
höchst  wahrscheinlich  die  spätere  Einbruchslinie  der  armenisch- 
kimmerischen  Horden  nach  dem  nördlichen  Mesopotamien  ermittelt 
haben,  sei  hier  nur  angedeutet;  Ausführlicheres  darüber  demnächst. 

Damit  soll  nun  aber  bei  Leibe  nicht  gesagt  werden,  dass  etwa 
bei  Izoly  früher  keine  Brücke  existiert  habe ;  im  Gegenteil,  ich  bin 
von  deren  Existenz  fest  überzeugt,  und  die  Tradition  der  dortigen 
Uferbewohner,  von  der  uns  Huntington  in  seiner  vortrefflichen  Ab- 
handlung (Zeitschrift  für  Ethnologie  1901,  S.  195)  berichtet,  beruht 
sicher  auf  guter  Grundlage.  Nur  ist  es  nicht  diese  Brücke,  von 
der  uns  Tiglatpileser  erzählt  und  auch  wohl  nicht  gut  erzählen 
konnte,  weil  sie  m.  E.  zu  seiner  Zeit  noch  nicht  existierte,  sondern 
erst  ca.  750  Jahre  später  erbaut  worden  ist.  Letzteres  lässt  sich 
aus  den  Berichten  über  den  Feldzug  des  Lucullus  gegen  Tigranes 
von  Armenien  und  dessen  Hauptstadt  Tigranocerta  folgern.  Denn 
es  steht  absolut  fest,  dass  Lucullus  den  Euphrat  in  der  Nähe  von 
Izoly,  wohl  etwas  oberhalb,  überschritt,  und  zwar  an  einer  Furt- 
s teile,  ein  keineswegs  leichtes  Beginnen,  da  der  Fluss  stark  an- 
geschwollen war.  Sicherlich  aber  würde  Lucullus  zu  diesem 
Übergange  eine  Brücke  benutzt  haben,  wenn  eine  solche  sich  damals 
in  der  Nähe  befunden  hätte.  In  späterer  Zeit  aber  ist  dann  hier 
eine  Brücke  erbaut  worden,  nicht  unwahrscheinlich  von  den  Hörnern 
selbst  (die  ja  auch  den  Goeksu  in  der  Nähe  durch  eine  prächtige, 
von  Moltke  wiederaufgefundene  Bogenbrücke  überspannten) ,  und 
schon  Plinius  erwähnt  V  20,  2  diese  Brücke  an  der  Enge  des  Euphrat, 
dort,  wo  er  in  den  Taurus  hineinstürzt. 

Über  die  Inschrift  von  Kal'ah  bei  Mazgert  habe  ich  eingehend 
in  den  Verh.  Anthrop.  Ges.  1901,  S.  312—320  gehandelt  und  dort 
nachgewiesen,  dass  das  Land  Patin  in  keinerlei  Beziehung  zu  der- 
selben steht.  Wenn  Lehmann  der  Ansicht  ist,  dass  eine  unhaltbare, 
irrige  Ansicht  dadurch  annehmbarer  wird,  dass  man  sie  ohne  Bei- 
bringung neuer  Beweismittel  und  Widerlegung  der  gegnerischen 
Nachweise  einfach  wiederholt ,  so  ist  das  seine  Sache ;  ich  meiner- 
seits halte  es  für  überflüssig,  meine  zu  diesem  Punkte  1.  c.  gemachten 
ausführlichen  Darlegungen  hier  nochmals  zu  wiederholen,  verweise 
für  alles  Nähere  vielmehr  auf  die  genannte  Abhandlung. 

Für  ebenso  zwecklos  halte  ich  es,  der  Vorliebe  Lehmanns  für 
den  Namen  des  Königs  von  Iskigulus,  den  er  (S.  112)  durchaus 
Sa-ga-as-tar  lesen  möchte ,  hier  nochmals  entgegen  zu  treten ;  ich 
habe  1.  c.  S.  320/321  eingehend  bewiesen,  dass  der  Name  Sagastara 
lautet. 


Belcfr,  Die  Steleninschrift  Rusas'  II  etc.  1^5 

Auf  die  topographischen  Ausführungen  Lehmanns  (S.  113  u. 
114)  will  ich  ebenfalls  nicht  weiter  eingehen;  Lehmann  kennt  das 
in  Frage  stehende  Gebiet  gar  nicht,  und  da  ist  es  ja  sehr  erklär- 
lich ,  dass  Fehler ,  Ungenauigkeiten  und  direkte  Unmöglichkeiten 
mit  unterlaufen.  Was  in  dieser  Beziehung  alles  geleistet  werden 
kann  durch  untersuchende  Laien,  beweist  am  besten  die  auf  S.  113 
konstatierte  Existenz  eines  , Kanaldammes  (=  Stützmauer)"  in  der 
Nähe  der  Kirche.  Da  wir  es  bei  Etschmiadzin  mit  einer  grossen 
Ebene  zu  thun  haben ,  so  hat  dort  weder  eine  Stützmauer ,  noch 
auch  ein  Damm  irgend  einen  Zweck ,  kann  nur  in  der  Phantasie 
der  Laien -Berichterstatter  existieren.  Das  Gleiche  gilt  von  den  dort 
angeführten  „ Felsenburgen "  auf  den  „nächstliegenden"  Hügeln : 
man  muss  schon  recht  lange  reiten,  bis  man  an  einen  Burghügel 
kommt,  und  gar  chaldische  Burgbügel  kenne  ich  in  jener  Gegend 
nördlich  vom  Araxes  nur  bei  dem  ca.  30  Kilometer  westlicher 
gelegenen  Armavir. 

Und  was  der  Leiter  der  Ausgrabungen  über  den  Kanal  und 
dessen  Lauf  berichtet,  ist  derart,  dass  auch  Lehmann  und  Thopjian 
es  z.  T.  für  unwahrscheinlich  halten.  Dass  der  Kanal  nach  Nordosten 
in  den  Hrastan  (=  Sanga  auf  den  modernen  Landkarten ,  die  die 
armenischen  Namen  nicht  kennen)  hineingeht,  ist  sicherlich 
nicht  richtig,  zum  mindesten  falsch  ausgedrückt.  Vielleicht  will 
der  Berichterstatter  sagen,  dass  der  Kanal  von  der  Sanga  abgezweigt 
sei  und  nach  Südwesten  verlaufe?  In  der  That  zweigt  sich  ein 
ausgedehntes  Kanalsystem  von  der  Sanga  halbwegs  zwischen  den 
Dörfern  Sarwanlar  und  Djafar  abad  ab,  dessen  Hauptarm  nur 
ca.  3 — 4  Kilometer  östlich  von  der  Kirche  Surp  Gregor  vorbei- 
läuft, so  dass  also  ein  Nebenarm  sehr  wohl  bis  in  die  Nähe  der 
Kirche  und  um  dieselbe  herumgeführt  worden  sein  kann.  Anderer- 
seits aber  nehmen  ausgedehnte  und  sehr  verzweigte,  nach  Südosten 
laufende  Kanalnetze  auch  ihren  Anfang  an  dem  Flusse  Kasach  ober- 
halb Etschmiadzin,  namentlich  beim  Dorfe  Tochs  und  Ailanly,  deren 
Verästelungen  sich  ebenfalls  bis  zu  unserer  Kirchenruine  erstrecken. 
Und  wenn  der  Historiker  des  9 — 10.  Jahrhunderts  ausdrücklich 
erwähnt  (Thopjian  bei  Lehmann  S.  113),  dass  Katholikos  Nerses 
den  Kanal  vom  Kasach  abgeleitet  habe,  so  ist  nach  dem  lokalen 
Befunde  an  der  Richtigkeit  dieser  Meldung  nicht  zu  zweifeln. 
Leider  aber  wird  dadurch,  selbst  wenn  wir  mit  Lehmann  annehmen, 
dass  die  Stele  ursprünglich  schon  auf  oder  nahe  bei  der  Stätte  der 
Kirche  Surp  Gregor  von  Rusas  II  aufgestellt  worden  sei,  nichts 
zur  Lösung  der  Frage  beigetragen ,  welchem  der  beiden  Flüsse 
Kasach  oder  Sanga-Hrastan  nun  der  alte  chaldische  Name  Ildaru 
zukomme.  Denn  dass  der  Katholikos  Nerses  III  bei  seiner  Kanal- 
anlage ein  altes  chaldisches  Kanalbett  benutzt  haben  werde,  ist 
eine  durch  nichts  bewiesene  Hypothese  Lehmanns ,  die  in  einem 
Gebiet,  das  der  Anlage  von  Kanälen  so  gar  keine  Sehwi< 
keit  darbietet,    gar  nichts  Wahrscheinliches  für  sich  hat.     Zudem 


186  Beide,  Die  Steleninschrift  Rusas'  II  etc. 

wird  die  Eriwansche  Ebene  schon  zur  Chalderzeit  ein  sehr  aus- 
gedehntes Kanalnetz  (eher  grösser  als  kleiner  wie  heute)  besessen 
haben ,  und  selbst  wenn  nun  Nerses  III  unwahrscheinlicherweise 
ein  altes  chaldisches  Kanalbett  für  seine  Anlage  benutzt  hätte ,  so 
brauchte  das  noch  lange  nicht  gerade  der  Kanal,  resp.  einer  der 
Kanäle  Rusas'  II  zu  sein.  Hierbei  wird  es  gut  sein  daran  zu 
erinnern,  dass  Rusas  in  seiner  Inschrift  in  Z.  17  von  pili-ni,  also 
von  einer  Mehrheit  von  Kanälen ,  d.  h.  also  von  einem  Kanalnetz, 
wie  es  deren  viele  in  der  Eriwanschen  Ebene  giebt,  spricht. 

Nun  hatte  ich  in  meiner  Besprechung  unserer  Inschrift  (Verh. 
Anthrop.  Ges.  1901,  S.  224)  die  Vermutung  geäussert,  dass  Ildaru 
auch  vielleicht  der  alte  Name  des  Araxes  sein  könnte.  Das  schien 
um  so  erwägenswerter,  als  nur  etwa  neun  Kilometer  südlich  von 
der  Kirchenruine  ein  langer  und  sehr  grosser ,  vom.  Araxes  aus- 
gehender Kanal  mit  zahlreichen  Verzweigungen  sich  hinzieht,  frei- 
lich nur  bis  zum  Kasach,  an  dem  er  endigt,  sodass  also  in  diesem 
Falle  die  Inschrift  an  jenem  alten  Kanäle  gestanden  hätte  und 
späterhin  bei  der  Erbauung  der  Kirche  herbeitransportiert  und 
mithineingemauert  worden  wäre.  Dass  die  Stele  sich  heute  nicht 
mehr  an  oder  nahe  ihrem  ursprünglichen  Aufstellungsorte  befindet, 
ist  auch  jetzt  noch  meine  Ansicht;  dagegen  bin  ich  inzwischen 
zu  der  Überzeugung  gekommen,  dass  der  alte  Name  des  Araxes 
nimmermehr  Ildaru  geheissen  haben  kann,  dass  uns  vielmehr  in 
dem  uns  durch  die  altarmenische  Tradition  überlieferten  Namen 
„Aras"  der  uralte  vorarmenische,  bei  den  Chaldern  und  vor  ihnen 
wiederum  bei  den  Etiuni-Uden  gebräuchliche  Name  dieses  grossen 
Flusses  vorliegt.  Sicherlich  hängt  derselbe  mit  dem  gutbeglaubigten 
turanischen  Gottesnamen  Aras  zusammen ,  der  auch  im  chaldischen 
Pantheon  vorkommt. 

Somit  ist  für  Ildar  nur  ein  nördlicher  oder  südlicher  Neben - 
fluss  des  Araxes  in  Betracht  zu  ziehen.  Auf  dem  südlichen  Ufer 
strömt  dem  Araxes  in  jener  Gegend  heute  überhaupt  kaum  noch 
Wasser  zu ,  denn  der  Fluss  von  Igdir ,  mit  welchem  Lokalnamen 
ich  Ildar  in  Beziehung  zu  setzen  geneigt  war,  ist  vollständig  in 
die  Kanäle  abgeleitet,  so  dass  seine  Wasser  nur  bei  heftigen  Regen- 
güssen-Wolkenbrüchen  oder  zur  Zeit  der  Frühjahrsschneeschmelze 
den  Araxes  erreichen.  Von  letzterem  zweigen  dort  vielmehr  auf 
einer  Strecke  von  ca.  10  Kilometern  nicht  weniger  als  neun  mäch- 
tige Kanalsysteme  auf  der  Südseite  ab. 

Als  nördliche  Nebenflüsse  des  Araxes  können  hier  wiederum 
nur  der  Kasach  (resp.  Karasu  oder  einer  seiner  Quellbäche)  oder 
die  Sanga  (Hrastan)  in  Betracht  kommen.  Die  Entscheidung  zwi- 
schen diesen  beiden  wird  erleichert  durch  die  Thatsache,  dass  sich 
an  der  Sanga  uralte  Kanalanlagen  nachweisen  lassen. 

Die  Sanga  und  ihre  Quellflüsse  entspringen  auf  den  Abhängen 
der  Randgebirge  des  Goektschai  Alpensees ;  ein  Quellbach  entspringt 
ganz  in  der  Nähe  des  Westufers  dieses  mächtigen  Sees,  dessen  Ab- 


Beide,  Die  Steleninschrift  Rusas'  II  etc.  187 

fluss  nach  den  modernen  Karten,  namentlich  auch  nach  der  russi- 
schen Generalstabskarte ,  in  diesen  Quellfluss  der  Sanga  einmündet. 
Es  handelt  sich  indessen  hier  keineswegs  um  einen  natürlichen 
Abfluss  des  Sees,  vielmehr  um  einen  gegrabenen  Kanal, 
dessen  Anlage  und  Beschaffenheit  am  besten  aus  meinen  dies- 
bezüglichen Bemerkungen  in  einer  Abhandlung  über  ,Die  Niveau - 
Schwankungen  des  Goektschai  -  Sees" ,  Globus  1894  (Bd.  LXV), 
S.  301  ff.  hervorgeht,  die  ich  zunächst  im  Wortlaut  hierhersetze: 
„Ich  komme  nunmehr  zu  dem  so  vielfach  behaupteten  und 
ebenso  oft  bestrittenen  Abflüsse  des  Sees  an  seinem  westlichen  Ufer, 
wenige  Minuten  nördlich  von  dem  heutigen  Molokaner  Dorfe  Ele- 
nowka,  welcher  unter  dem  Namen  Sanga  auf  manchen  Karten  ein- 
gezeichnet ist  und  einen  der  Quellflüsse  des  bei  Eriwan  vorbei- 
fliessenden  und  bald  darauf  in  den  Araxes  mündenden  Sangaflusses 
darstellen  soll.  Ich  bemerke  hierzu,  dass  das  Ufer  des  Goektschai 
an  der  betreffenden,  von  mir  genau  untersuchten  Stelle  nur  wenige 
Meter  hoch  ist,  und  dass  sich  das  daran  anschliessende  Land  anfangs 
sehr  allmählich ,  dann  aber  ziemlich  rasch  westlich  herabsenkt, 
schlieslich  begrenzt  durch  einen  etwa  21  2  bis  3  km  vom  See  ent- 
fernten ,  bewaldeten ,  in  nordsüdlicher  Richtung  streichenden  Berg- 
zug, der  etwa  18  km  weiter  südlich  sich  mehr  und  mehr  ver- 
flachend an  der  in  der  Nähe  von  Nowo  Achti  vorbeifliessenden 
Sanga  endigt. 

Die  lokale  Untersuchung  ergab  nun  zur  Evidenz ,  dass  wir  es 
hier  mit  keinem  natürlichen  Abflüsse,  sondern  mit  einem  künstlich 
angelegten  Kanäle  zu  thun  haben,  welcher  bei  hohem  Niveaustande 
des  Goektschai  einen  verhältnismässig  geringen  Teil  des  Seewassers 
vermittelst  der  sich  aus  der  natürlichen  Bodenbeschaffenheit  er- 
gebenden Abflussrinne  der  Sanga  zuführt.  Als  ich  am  16.  August 
1891,  und  zwar  bei  beginnender  Dunkelheit  (es  war  8  Uhr  abends) 
diesen  Kanal  passierte,  führte  er  noch  ein  wenig  Wasser,  so  dass 
ich  ihn  als  „Rinnsal"  in  mein  Tagebuch  eintrug.  Bei  meinem 
zweiten  Besuche  aber,  am  1.  September  desselben  Jahres,  lag  der 
Kanal  schon  fast  ganz  trocken,  so  zwar,  dass  das  Niveau  des  Sees 
an  und  für  sich  schon  einige  Centimeter  tiefer  lag,  als  die  Kanal- 
sohle ,  und  demgemäss  bei  Windstille  kein  Wasser  aus  dem 
See  mehr  abfloss,  wohl  aber  warfen  damals  bei  etwas  starkem, 
östlichem  Winde  die  Wellen  des  Sees  noch  etwas  Wasser  in  den 
Kanal  hinein.  Im  Frühjahre  aber,  wenn  der  AVasserspiegel  des 
Sees  um  etwa  1  m  höher  liegt  wie  die  Kanalsohle,  findet  man  hier 
einen  ganz  stattlichen  Bach  vor.  Je  nach  der  Jahreszeit  also ,  in 
welcher  die  Reisenden  diese  Stelle  passieren,  werden  sie  die  Existenz 
eines  Abflusses  konstatieren,  resp.  leugnen  können.  Die  Veranlas 
zur  Anlegung  dieses  Kanales  liegt  ziemlich  klar  auf  der  Hand; 
man  wollte  mit  Hilfe  des  Sees  den  Wasserreichtum  der  Sanga, 
welcher  gerade  während  der  kritischen  Monate  Juni  und  Juli  bei 
weitem    nicht    für    die  Bewässerung    der  Getreidefelder  und  Wein- 


188  Beide,  Die  Steleninschrift  Rusas'  II  etc. 

gärten  in  der  Eriwanschen  Ebene  genügt,  vermehren.  Vielleicht 
hat  hierbei  aber  auch  noch  ein  anderer,  weniger  national-ökono- 
mischer Grund  mitgespielt,  der  späterhin  erwähnt  werden  soll. 

Wenn  nun  auch  dieser  Kanal  selbst  zur  Zeit  des  höchsten 
Niveaustandes  im  See  kaum  die  Hälfte  desjenigen  Wasserquantums 
wegführt ,  welches  allein  schon  durch  den  Abfiuss  des  Gillysees  in 
den  Goektschaisee  hinein  gelangt,  so  ist  dessen  Einfluss  doch  nicht 
ganz  zu  vernachlässigen  hinsichtlich  des  Betrages  der  periodischen 
Niveauschwankungen  dieses  Alpensees,  welcher  nach  allen  mir  darüber 
gewordenen  Nachrichten  im  allgemeinen  bei  weitem  nicht  so  be- 
deutend ist,  wie  beim  Vansee". 

Und  weiterhin  füge  ich  noch  hinzu : 

„Ich  möchte  hierbei  erwähnen,  dass  vielleicht  auch  die  Furcht 
der  dicht  am  See  wohnenden  Dörfler  vor  den  drohenden  Über- 
schwemmungen dieselben  zur  Anlegung  des  Abflusskanales  bei  Ele- 
nowka  (der  sogenannten  Sanga)  veranlasst  hat;  jedenfalls  giebt  es 
nur  einen  solchen  Kanal  und  nicht,  wie  es  nach  Siegers  Notiz 
(Globus,  Bd.  65,  S.  74,  Anmerkung  4)  scheinen  könnte,  zwei  Kanäle; 
General  Koljubakin  hat  wahrscheinlich  nur  den  angeblich  von  Schach 
Abbas  dem  Grossen  angelegten,  späterhin  zugeschwemmten  Kanal 
wieder  in  stand  setzen  lassen.  Dieser  Kanal  befindet  sich,  wie 
schon  gesagt,  kaum  1  km  nördlich  von  Elenowka,  welches  seiner- 
seits etwa  7x/2  km  südlich  von  dem  Inselkloster  dicht  am  See- 
ufer liegt." 

Wenn  ich  1894,  mich  vorsichtig  ausdrückend,  sagte  „angeb- 
lich von  Schah  Abbas  dem  Grossen  angelegt",  so  hat  sich  dieser 
Zweifel  mir  inzwischen  bestätigt,  denn  dieser  künstlich  geschaffene 
Abfiuss  des  Goektschai-Sees ,  der  einen  natürlichen  Abfiuss 
überhaupt  nicht  besitzt,  sondern  nur  24  perennierende  Zuflüsse, 
existierte  schon  zur  Zeit  des  Ptolemaeos,  der  uns  be- 
richtet, dass  der  Lacus  Lychnitis,  d.  i.  der  Goektschai  -  See, 
mit  dem  Araxes  in  Verbindung  steht.  Für  eine  solche 
Verbindung  bietet  sich  aber  dem  sonst  überall  von  3000  Meter 
hohen  und  noch  höheren  Gebirgen  eingeschlossenen  Alpensee  die 
einzige  Möglichkeit  durch  den  zur  Sanga  führenden  Kanal,  der 
demgemäss  schon  in  sehr  alter  Zeit  angelegt  worden  sein  muss. 
Glücklicherweise  sind  wTir  in  der  Lage  diese  Zeit  etwas  zu 
umgrenzen ,  insbesondere  nach  oben  hin ;  denn  es  erscheint  aus- 
geschlossen, dass  dieser  Abfiusskanal  vor  800  v.  Chr.  angelegt 
worden  ist.  Dafür  sind  folgende  Gründe  maassgebend:  Die  Zweck- 
bestimmung des  Kanals  war  augenscheinlich  die  Zuführung  grösserer 
Wassermassen  zur  Sanga,  um  mit  deren  Hülfe  die  Eriwansche  Ebene 
ordentlich  bewässern  zu  können.  So  lange  nun  das  Ufergebiet  am 
Goektschai -See  bei  Elenowka-Ordaklu  und  die  von  der  Sanga  durch- 
strömten Gefilde  sich  in  den  Händen  ganz  verschiedener  Herr  scher 
und  vielleicht  auch  Völkerschaften  befanden,  war  doch  gar  nicht 
an   die  Anlage  eines  solchen  Kanals  zu    denken,    dazu  hätte  es  die 


Beleh,  Die  Steleninschrift  Ixusas'  II  etc.  189 

Eifersucht  der  Fürsten  auf-  und  untereinander  schwerlich  kommen 
lassen.  So  aber  lagen  thatsächlich  dort  die  Verhältnisse  bis  zum 
Jahre  800  v.  Chr.;  eine  grosse  Zahl  kleiner  Teilfürsten  herrschte 
in  der  Eriwanschen  Ebene,  auf  den  Abhängen  des  Ararat,  zwischen 
Eriwan  und  dem  Goektschai  und  an  den  Ufergebieten  des  letzteren 
selbst,  von  denen  uns  Menuas,  Argistis  I,  Sardur  III  und  Rusas  I 
eine  ganze  Reihe  in  ihren  diesbezüglichen  Inschriften  nennen. 

Erst  als  unter  Argistis  I  (nach  800  v.  Chr.)  die  Chalder  be- 
gannen ,  den  Araxes  zu  überschreiten  und  die  nördlich  davon  ge- 
legenen Gebiete  zu  erobern  und  ihrem  Reiche  einzuverleiben ,  da 
war  mit  der  dadurch  geschaffenen  Beherrschung  des  ganzen  Ge- 
bietes durch  eine  Hand  auch  die  Möglichkeit  für  die  Anlage  des 
Goektschai-Sanga-Kanals  gegeben.  Demgemäss  bin  ich  der  Ansicht, 
dass  letzterer  frühestens  unter  Argistis  I  (ca.  780  v.  Chr.)  entstanden 
sein  kann.  Die  untere  Grenze  bildet  die  Zeit  des  Ptolemaeos,  also 
etwa  der  Anfang  des  IL  Jahrhunderts  n.  Chr. ,  aus  dem  spätestens 
die  uns  von  Ptolemaeos  übermittelten  Nachrichten  stammen  werden. 
Während  dieses  ca.  900  Jahre  betragenden  Zeitraums  ist  also  m.  E. 
der  genannte  Kanal  erbaut  worden ,  und  zwar  entweder  von  den 
C haldern  oder  aber  von  den  Armeniern.  Letztere  hatten 
zufolge  Xenophons  uns  in  der  Anabasis  überlieferten  Nachrichten  ums 
400  v.  Chr.  den  Araxes  noch  nicht  erreicht,  siedelten  damals  vielmehr 
noch  südlich  von  dem  heutigen  russisch  -  türkischen  Grenzgebirge. 
Um  spätestens  200  v.  Chr.  dagegen  war  die  Eriwansche  Ebene  be- 
reits im  Besitze  der  Armenier,  denn  damals  erbaute  Artaxias  nach 
den  Plänen  und  Angaben  des  zu  ihm  geflohenen  Hannibal  am 
linken  Ufer  des  Araxes  seine  neue  Hauptstadt  Artaxata,  die,  weil 
in  der  Ebene  gelegen,  sicherlich  nicht  von  der  alarodischen 
Urbevölkerung,  sondern  von  den  Armeniern  angelegt  worden  ist. 
Wir  werden  also  kaum  wesentlich  fehlgehen,  wenn  wir  die  Er- 
oberung der  Gebiete  nördlich  vom  Araxes  durch  die  Armenier  auf 
ca.  300  v.  Chr.  ansetzen. 

Entweder  also  ist  der  Sanga-Kanal  zwischen  800  und  300  v.  Chr. 
von  den  Chaldern,  oder  aber  zwischen  300  v.  Chr.  und  100  n.  Chr. 
von  den  Armeniern  angelegt  worden. 

Nun  scheinen  aber  weiter  die  Armenier  keineswegs  grosse 
Meister  auf  dem  Gebiete  der  Bewässerungsanlagen  gewesen  zu  sein; 
denn  wäre  das  der  Fall  gewesen,  so  würde  die  Volkstradition  sicher 
nicht  gezögert  haben,  alle  die  grossen,  von  den  Chaldern  angelegten 
Kanüle  (Schamiramsu,  Bergri,  Ada- Kanal  u.  s.  w.)  einem  der  grossen 
armenischen  Könige  zuzuschreiben,  statt  der  Semiramis,  die  man 
zu  diesem  Zwecke  extra  aus  Assyrien  herbeieilen  lässt,  oder  gar 
einem   ganz   unbekannten  Könige  Djino  w;i(i)s').     Ich   selbst   habe 


1)  Über  letzteren  vergleiche  meine  Abhandlung  „Die  Herrschaft  der 
Genuosen"  Z.  f.  Ethnologie  1899,  S.  23G  ff.  Dazu  Lehmanns  Bemerkungen 
Verb.  Anthrop.  Ges.   1900,  S.  40  ff.,  meine  ausführliche  Entgegnung  ib.  S.  288 


190  Beide,  Die  Steleninschrift  Rosas'  II  etc. 

auf  meinen  zahlreichen  und  ausgedehnten  Touren  in  Armenien,  bei 
denen  ich  den  grössten  Teil  dieses  umfangreichen  Gebietes  aus 
eigener  Anschauung  kennen  lernte  und  die  wichtigsten  Landesteile 
zwei-,  drei-  und  viermal  durchstreift  habe,  niemals  irgend  eine 
grössere  Bewässerungsanlage  unzweifelhaft  armenischen  Ursprungs 
gesehen.  Im  Gegenteil,  alle  grossen  und  wichtigen  Kanäle  doku- 
mentierten sich  durch  Inschriften  und  Bauart  als  chaldischen 
Ursprungs.  Unter  diesen  Umständen  halte  ich  es  für  wenig  wahr- 
scheinlich, dass  die  Armenier  den  Sanga- Kanal  angelegt  haben, 
während  ein  solches  Werk  von  den  Chaldern  geradezu  als  selbst- 
verständlich erwartet  werden  kann  und  werden  muss.  Wenn  wir 
z.  B.  sehen,  dass  Ai'gistis  I,  kaum  dass  er  Argistihina-Armavir  ge- 
gründet hat,  dort  auch  schon  einen  grossen  Araxes-Kanal  für  die 
Bewässerung  der  Felder  anlegt,  so  dürfen  wir  erwarten,  dass  unter 
ihm  und  seinen  Nachfolgern  auch  die  rationelle  Bewässerung  des 
übrigen  Teiles  der  Eriwanschen  Ebene  entsprechende  Fortschritte 
gemacht  haben  wird,  und  dazu  bot  sich  die  Benutzung  der  riesigen 
Wassermassen  des  hochgelegenen  (ca.  1000  Meter  höher  als  die 
Eriwansche  Ebene)  Goektschai-Sees  ganz  von  selbst  dem  aufmerk- 
samen Beobachter  dar.  Und  als  solche,  als  vortreffliche  Ausnutzer 
aller  Terrainvorteile  haben  wir  die  Chalder  unbedingt  anzusehen, 
deren  Könige  ja  auf  ihren  nach  Norden  gerichteten  Feldzügen  die 
üfergebiete  des  Goektschai  aus  eigener  Anschauung  kennen  lernten. 
Ich  nehme  deshalb  höchste  Wahrscheinlichkeit  dafür  in  An- 
spruch, dass  der  Sanga -Kanal  von  den  Chalderkönigen  angelegt 
worden  ist.  Dabei  ist  dann  noch  folgender  Punkt  von  Interesse. 
Der  Kanal  in  seinem  heutigen  Zustande  repräsentiert  eine  ganz 
offene ,  nicht  weiter  verschliessbare  Binne ,  durch  die  das  Wasser 
bei  höherem  Niveaustande  des  Sees  ununterbrochen  ausströmt.  Nun 
bedürfen  aber  die  Felder  gar  keiner  Bewässerung  während  der 
Wintermonate  und  ebensowenig  während  des  regenreichen  Früh- 
jahrs, also  etwa  während  der  Monate  November  bis  April  d.  h. 
5 — 6  Monate  lang  nicht,  und  es  ist  als  eine  arge  Wasservergeudung 
zu  betrachten,  wenn  während  dieser  Zeit  das  Wasser  des  Sees  un- 
ausgenutzt  wegläuft.  Freilich  zur  Zeit  der  periodischen  Anschwel- 
lung des  Alpensees  (Näheres  darüber  in  meiner  oben  citierten  Globus- 
Abhandlung),  in  der  das  Niveau  des  Sees  um  mehrere  Meter  steigt, 
hat  das  wenig  zu  bedeuten,  umsomehr  aber  während  der  Periode 
des  Sinkens  des  Niveaus,  in  der  es  vorkommen  kann  und  auch 
regelmässig  vorkommt,  dass  zur  heissesten  Jahreszeit,  in  der  die 
Felder  dringend  Bewässerung  nötig  haben ,  und  die  ohnehin  nicht 
sehr  bedeutende  Sanga  zu  einem  kleinen ,  den  Wasserbedürfnissen 
bei  weitem  nicht  genügenden  Bache  einschrumpft,  aus  dem  grossen 
See  fast  gar  kein  Wasser  mehr  in  die  Sanga  abfliesst. 


bis  299  und  meine  Schlussbemerkungen  1.  c.  1901,  S.  488 — 489,  welche  diesen 
interessanten  Punkt  wohl  zur  Genüge  aufgeklärt  haben. 


Beide,  Die  Steleninschrift  Rusas'  II  etc.  191 

Einer  derartigen  Wasservergeudung  unthätig  zuzusehen  war 
nicht  Sache  der  Chalder;  dafür  haben  wir  noch  heute  vorhandene, 
sprechende  Beweise  an  dem  Staudamm  des  von  Rusas  I,  dem  Gross- 
vater unseres  Rusas  II,  um  720  v.  Chr.  angelegten  mächtigen 
Rusas-See  =  Keschisch  Göll.  Jener  Staudamm  nämlich,  der  bei- 
läufig gesagt  20  Meter  dick,  50  Meter  lang,  6  Meter  hoch  und 
aus  cyklopischen  Felsblöcken  errichtet  ist,  so  dass  er  infolge  seiner 
äusserst  soliden  Konstruktion  den  Jahrtausenden  getrotzt  hat,  be- 
sitzt eine  aus  schönbehauenen  Quadern  hergestellte  reckteckige 
Ausflussöffnung  von  1,50  Meter  Höhe  und  1  Meter  Breite,  an  deren 
Innenseite  sich  eine  Schleuse  in  Form  einer  Steinplatte  befand, 
durch  deren  Heben  oder  Senken  der  Wasserausfluss  vermehrt  oder 
vermindert,  resp.  auch  ganz  abgestellt  werden  konnte.  Durch  eine 
solche  Schleuse  konnten  also,  wenn  ganz  geöffnet,  bei  einer  Minimal - 
gesch windigkeit  des  ausströmenden,  freiherabfallenden  Wassers 
von  4 — 5  Metern  in  der  Sekunde  nicht  weniger  als  6 — 7l\.>  Sekunden- 
kubikmeter abfliessen.  Und  solcher  Schleusendämme  giebt  es  am 
Rusas-See  zwei,  durch  die  also  insgesamt  12 — 15  Kubikmeter  pro 
Sekunde  abfliessen  konnten.  Eine  derartige  kolossale  Wassermasse 
war  natürlich  für  die  Bewässerung  der  Ebene  von  Van  nicht  nötig, 
hätte  auch  das  riesige,  ganz  gefüllte  Bassin  von  minimal  60  Millionen 
Kubikmeter  Inhalt  in  knapp  zwei  Monaten  zum  Leerlaufen  gebracht. 
Vielmehr  dienten  diese  für  den  normalen  Bedarf  viel  zu  grossen 
Schleusen  gleichzeitig  als  Sicherheitsventil,  wenn  infolge  eines 
schneereichen  Winters  und  regenreichen  Frühlings  der  Stausee  über- 
zulaufen drohte.  Natürlich  werden  die  Chalder  mit  dem  gänzlichen 
Aufziehen  der  Schleusen  nicht  so  lange  gewartet  haben,  bis  der 
See  gestrichen  voll  war,  sondern  da  sich  der  Eintritt  dieses  Er- 
eignisses ja  an  dem  ständigen  Steigen  des  Niveaus  leicht  voraus- 
sehen Hess,  schon  bei  Zeiten  die  Schleusen  so  weit  geöffnet 
haben ,  dass  ein  Überlaufen  des  Sees  unmöglich  gemacht  wurde. 
Dabei  sei  hier  nur  ganz  kurz  auf  die  bekannte  Thatsache  hin- 
gewiesen ,  dass  alle  Staudämme  durchbrochen  und  weggerissen  zu 
werden  pflegen,   sobald  das  Wasser  über    sie    hinwegfluthet. 

Diese  weitergehende  Bestimmung  jener  Schleusenthüren  als 
Sicherheitsventile  muss  nun  wohl  in  den  Kreisen  der  häufigem 
Wechsel  unterliegenden  türkischen  Beamtenhierarchie  in  Vergessen- 
heit geraten  sein,  denn  sonst  Hesse  es  sich  nicht  erklären,  dass  die 
eine  grosse  Schleussenthür  eines  Tages  durch  Bestampfung  mit 
lehmiger  Erde  gänzlich  geschlossen,  auch  die  Aufziehvorrichtung 
derselben  entfernt  wurde.  Hier  muss  ich  zur  Erläuterung  bemerken, 
dass  das  Bassin  des  Keschisch  Göll  durch  zwei  gewaltige  Staudämme 
gebildet  wird,  von  denen  der  eine  und  zwar  der  grössere  100  Mete 
lang  ist  und  sich  mit  seiner  Schleusenanlage  an  der  Nordwestecke  des 
Sees  befindet,  während  der  andere,  oben  erwähnte,  nur  50  Meter  lange 
sich  an  der  Westseite,  :}/4  Kilometer  nördlich  von  der  Südwesteckt' 
des  Sees  befindet.    Das  durch  die  Nordschleuse  abfliessende  Wasser 


192  Belch,  Die  Steleninschriß  Ilusas''  II  etc. 

läuft  nördlich  um  den  Warrak  Dagh  herum,  wobei  es  die  Gärten 
und  Felder  vieler  Dörfer  bewässert  und  zahlreiche  Mühlen  treibt: 
so  gelangt  es  schliesslich  zur  Gartenstadt  Van  und  auch  nach  To- 
prakkaleh  und  bewässert  den  nördlichen  und  mittleren  Teil  der 
Ebene  von  Van.  Dies  war  der  einzige,  mir  auf  meinem  kurzen 
Besuche  1891  bekannt  gewordene  Abfluss  des  Rusas-Sees.  Im 
Winter  1898  und  im  Sommer  1899  habe  ich  dann  Gelegenheit 
gehabt,  die  Verhältnisse  dieser  grossartigen  Stauanlage  eingehender 
zu  studieren,  und  dabei  entdeckte  ich  dann  den  Staudamm  und  die 
Schleuse  nahe  der  Südwestecke  des  Sees,  deren  Abflusswasser  ehe- 
mals um  den  S  ü  d  f  u  s  s  des  Warrak  Dagh  herumlief  und  den  süd- 
lichen Teil  der  Ebene  von  Van  bewässerte.  Ich  sage  „ehemals", 
denn  thatsächlich  funktioniert  diese  Schleuse  nicht  mehr,  die  tür- 
kische Regierung  hat  sie  vor  einigen  Jahrzehnten  in  der  oben  ge- 
schilderten Weise  ausser  Betrieb  setzen  lassen,  um  das  Wasser  des 
Keschisch  Göll  ausschliesslich  für  die  Gartenstadt  und  den  nörd- 
lichen Teil  der  Van-Ebene  verwenden  zu  können.  Dann  gab  es 
1891  einen  sehr  schneereichen  Winter,  dem  ein  regenreiches  Früh- 
jahr folgte,  und  die  Folge  war  das  Überlaufen  des  Sees  und  der 
Durchbruch  des  gewaltigen  Sperrdammes  an  der  Nordwestecke.  Die 
aufgestauten  enormen  Wassermassen  ergossen  sich  in  den  am  Fusse 
von  Toprakkaleh  vorbeifliessenden  Angusneertschai ,  in  gewaltiger 
Welle  dessen  Brücke  und  viele  an  ihm  stehende  Häuser  fortreissend 
und  grossen  Schaden,  namentlich  auch  in  den  benachbarten  Obst- 
und  Weingärten,  anrichtend.  Die  furchtbare  Gewalt  dieser  Welle 
wird  verständlich,  wenn  man  berücksichtigt,  dass  der  Rusas-See 
ca.  2500  Meter  hoch  gelegen  ist,  der  kaum  30  Kilometer  entfernte 
Van-See  aber  1625  Meter,  sodass  das  Wasser  mit  dem  enormen 
Gefälle  von  ca.   3°  0  herabstürzt1). 

Später  hat  dann  im  Jahre  1894/95  die  türkische  Regierung 
diesen  Sperrdamm  neu  aufführen  lassen,  aber  natürlich  bei  weitem 
nicht  in  der  soliden  Bauart  der  Chalder.  Die  auf  den  alten  Fun- 
damenten aufgeführte  Mauer  ist  bis  zu  3  Meter  hoch,  unten  nur 
ca.  4  Meter,  oben  gar  nur  l1/.,  Meter  dick  und  so  schwach,  dass 
sie  dem  Druck  des  ganz  gefüllten  Bassins  schwerlich  zu  widerstehen 
vermag.  In  diesem  Damm  sind  2  Schleusen  von  65  X  65  Centim. 
Grösse  angebracht,  die  zusammen  noch  nicht  einmal  die  Hälfte  des 
Wasserquantums  der  chaldischen  Schleuse  durchlassen.  Und  um 
nun  die  Füllung  des  Staubeckens  und  die  dadurch  gegebene  Gefahr 
eines  erneuten  Dammbruchs  zu  vermeiden ,  hat  die  Regierung  zu 
einem  ebenso  einfachen  wie  thörichten  Mittel  gegriffen:  sie  lässt 
die  Schleusen    ständig  —  auch  im  Winter  —  offen !     So  fand  ich 


1)  Die  Inschrift  von  Kaissaran  liegt  noch  erheblich  höher,  nämlich  in 
2780  Meter  Höhe  und  gehört  mit  der  Kelischin- Stele  und  der  Bingöl  Dagh- 
Inschrift  zu  den  höchsten,  in  Armenien  vorkommenden  Inschriften.  Die 
Keschisch-Göll-Stele  befindet  sich  in  einer  Höhe  von  ca.  2380  Meter  (resp.  be- 
fand sich  dort,   denn  jetzt  ist  sie  im  Berliner  Museum  aufgestellt). 


Selch,  Die  Steleninschrift  Rusas'  II  etc.  193 

die  Verhältnisse  und  den  fast  gänzlich  trocken  gelegten  See  am 
20.  Dezember  1898  (natürlich  bei  vollgeöffneten  Schleusen):  und 
als  ich  am  12.  Mai  1899  wieder  hinaufritt,  enthielt  das  Bassin 
abermals  nur  sehr  wenig  Wasser,  und  das  zu  Beginn  der  heissenZeit! 

Hoffentlich  besinnt  sich  die  türkische  Regierung,  welche  aus 
dem  Berieselungswasser  des  Rusas-Sees  grosse  Einnahmen  bezieht, 
endlich  wieder  auf  ihre  Pflicht,  lässt  die  andere,  die  alte  chaldische 
Schleuse  als  Sicherheitsventil  wieder  in  Betrieb  setzen,  den  miserablen 
neuen  Damm  in  einer  den  Druckverhältnissen  entsprechenden  Weise 
verstärken  und  stellt  so  den  alten  Zustand  wieder  her,  bei  dem  die 
Bewohner  der  Van-Ebene  keinerlei  Mangel  an  Berieselungswasser 
hatten. 

Ganz  ähnliche  Verhältnisse  nun  haben  wir  für  den  chaidischen 
Sanga-Kanal  anzunehmen.  Sicherlich  befand  sich  dort  eine  Stau- 
anlage, wie  sie  für  die  Zeiten  niedrigen  Wasserstandes  im  See  un- 
bedingt erforderlich  war,  um  einer  nutzlosen  Vergeudung  des  kost- 
baren Wassers  während  der  Winter-  und  Frühjahrsmonate  vorzu- 
beugen. Und  ich  bin  überzeugt,  dass  man  beim  Nachgraben  an 
jenem  uralten  Kanal  auch  sicherlich  noch  Überreste  der  alten 
chaidischen  Schleusenanlage  entdecken  wird,  wenn  anders  dieselben 
nicht  schon  bei  der  Anlage  der  grossen,  von  Dilijan  nach  Eriwan 
führenden,  dicht  am  Seeufer  entlang  laufenden  Chaussee  aufgedeckt 
und  beseitigt  worden  sind,  worüber  ja  die  bei  dem  Bau  dieser 
Chaussee  beschäftigt  gewesenen  Ingenieure  und  Arbeiter,  sowie  die 
Bauern  der  benachbarten  Dörfer,  namentlich  Elenowkas,  wohl  noch 
Auskunft  geben  könnten.  Die  Festlegung  dieses  Punktes  würde 
den  russischen  Kollegen  kaum  grosse  Schwierigkeiten  bereiten  und 
von  der  Wissenschaft  sehr  dankbar  begrüsst  werden.  Auch  die 
gelehrten  Herren  in  Etschmiadzin ,  z.  B.  Erzbischof  Mesrop  Sem- 
batian,  Archimandrit  Galust  Ter  Mkertchian ,  Mesrop  Ter  Mowsar- 
sian  u.  v.  a.,  könnten  sich  bequem  dieser  Aufgabe  widmen ,  zumal 
sie  unter  den  alten  Mönchen  des  nahe  gelegenen  Sewan-Klosters 
sicherlich  noch  einige  Augenzeugen  und  Zeitgenossen  des  Chaussee- 
baues finden  werden. 

Die  Frage,  welcher  Chalderkönig  jenen  Sanga-Kanal  angelegt 
hat,  lässt  sich  z.  Z.  bei  dem  gänzlichen  Mangel  an  Inschriften - 
Material  natürlich  nicht  mit  Bestimmtheit  entscheiden.  So  viel  aber 
ist  doch  ohne  weiteres  klar,  dass  eine  Notwendigkeit  für  die  An- 
lage desselben  nicht  vorlag,  so  lange  man  in  der  Ebene  nicht  daran 
gegangen  war,  grosse  Kanalsysteme  aus  der  Sanga  abzuleiten.  Ent- 
weder also  existierte  der  Goektschai-Sanga-Kanal  schon  zur  Zeit 
Rusas'  II.  war  also  von  einem  seiner  Vorgänger  angelegt,  -  und 
in  diesem  Falle  dürfen  wir  auf  die  Auffindung  weitei-er  Kanal- 
inschriften  früherer  chaldischer  Könige  in  jenem  Gebiete  hoffen. 
oder  aber  Rusas  II  machte  selbst  jenen  Durchstich  des  westlichen 
Goektschai- Seeufers,  weil  er  schon  bald  nach  der  Anlage  seines  in 
unserer  Inschrift  erwähnten  Bewässerungskanals  bemerkt  hatte,  dass 
Bd.  LVIII.  13 


194  Belck,  Die  Steleninschrift  Rums1  II  etc. 

es  dem  Sangafluss  im  Hochsommer  an  Wasser  fehlte.  Damit  wird 
die  Zeit  der  Anlage  des  Goektschai-Kanals  eingeengt  auf  die  Zeit 
von  ca.  780  —  680  v.  Chr.,  und  zu  gleicher  Zeit  ist  dadurch  klar- 
gestellt ,  dass  in  der  That  nicht  die  Armenier ,  sondern  vielmehr 
die  Chalder  die  Urheber  desselben  sind. 

Und  wenn  man  nun  weiter  berücksichtigt,  dass  noch  Argistis  II 
emsig  damit  beschäftigt  war,  grosse  Bewässerungsanlagen  für  die 
am  Nordufer  des  Van-Sees,  im  Herzen  Chaldias  gelegene  Ebene  von 
Ardjisch  zu  schaffen,  so  ist  es  kaum  denkbar,  dass  dessen  Vorgänger 
sich  mit  Kanalanlagen  im  weit  entfernten  Norden  des  Eeiches  be- 
fasst  haben  sollten,  so  lange  ihre  eigentliche  Hauptdomäne,  das 
Ufergebiet  des  Van-Sees,  noch  dringend  neuer  oder  erweiterter 
Kanalanlagen  bedurfte.  Der  von  Argistis  I  für  Argistihina-Armavir 
angelegte  Kanal  kann  für  diese  Argumentation  nicht  als  Gegen- 
beweis herangezogen  werden,  denn  hierbei  handelt  es  sich  um  eine 
Ausnahme.  Armavir  war  von  Argistis  I  als  Haupt-  und  Stützpunkt 
der  chaldischen  Macht  in  einem  neueroberten  Lande,  in  gänz- 
lich wasserloser  Gebend  gegründet  worden.  Weder  die  Burgbesatzung 
noch  auch  die  unter  deren  Schutze  entstehende  chaldische  Stadt- 
ansiedlung  konnte  ohne  ausreichendes  Trink-  und  Berieselungswasser 
existieren ;  es  war  also  die  Kanalanlage  für  Argistis  I  eine  durch 
die  politischen  Verhältnisse  erforderte  Notwendigkeit. 

Demgemäss  wird  also  wohl  der  Goektschai  -  Kanal  zwischen 
714  v.  Chr.  (=  Datum  der  Thronbesteigung  Argistis'  II)  und 
ca.  680  v.  Chr.  entstanden  sein ,  genauer  noch :  nach  dem  Ausbau 
des  für  die  Bewässerung  der  Ebene  von  Ardjisch  bestimmten  Kanal  - 
netzes,  den  wir  auf  ca.  700  v.  Chr.  ansetzen  können.  Wir  hätten 
also  nur  noch  die  Wahl  zwischen  dem  Ende  der  Regierung  Ar- 
gistis' II  und  Rusas  II  selbst.  Und  da  spricht  nun  die  Wahr- 
scheinlichkeit doch  augenscheinlich  mehr  für  letzteren;  wer  das  für 
die  Ebene  zwischen  Eriwan  und  Etschmiadzin  bestimmte  Sanga- 
Kanalnetz  angelegt  hat,  der  dürfte  wohl  auch  den  Abfluss  des 
Goektschai-Sees  zur  Vermehrung  des  Berieselungswassers  konstruiert 
und  gegraben  haben.  M.  E.  haben  wir  also  in  Rusas  II  (ca.  680) 
auch  den  Urheber  des  Goektschai-Sanga-Kanals  zu  erblicken ,  und 
es  steht  zu  hoffen ,  dass  sich  noch  dereinst  eine  darauf  bezügliche 
Inschrift  Rusas  II  in  der  Nähe  des  Goektschai-Sees  finden  wird. 

Alle  diese  Ausführungen  aber  haben  zur  Voraussetzung,  dass 
Rusas  II  sein  Kanalnetz ,  wie  es  nach  den  lokalen  Verhältnissen 
allerdings  am  wahrscheinlichsten,  aus  der  Sanga  ableitete ;  letztere 
hätte  dann  auch  in  diesem  Falle  bei  der  Urbevölkerung  den  Namen 
Ildar  oder  Ildaru  geführt.  Es  wäre  eine  weitere  dankbare  Aufgabe 
für  die  russischen  Forscher,  festzustellen,  ob  und  in  welcher  Form 
sich  dieser  alte  Name  dort  vielleicht  noch  erhalten  hat.  Hierbei  ist 
zu  beachten,  dass  die  Flüsse  Transkaukasiens  und  Armeniens,  wie 
übei-haupt  Vorderasiens,  im  allgemeinen  nach  den  Ortschaften  — 
insbesondere  den  grösseren  —  benannt  sind ,    an  denen  sie  vorbei- 


Belck,  Die  Steleninschrift  Rusas'1  II  etc.  195 

fliessen.  So  dürfte  auch  wohl  der  Flussname  Ildar  auf  eine  Ort- 
schaft oder  Landschaft  zurückzuführen  sein,  welche  von  diesem  Ge- 
wässer auf  seinem  Laufe  berührt  oder  durchströmt  wird.  Vielleicht 
kann  in  dieser  Beziehung  die  Thatsache,  dass  der  in  der  Nähe  der 
Sanga  und  etwa  14  Kilometer  nordöstlich  von  Eriwan  belegene  be- 
deutende Ort  Elar  —  bekannt  durch  die  dort  vorhandene  Fels- 
inschrift Argistis'  I  ■ — ■  auch  Illar  gesprochen  und  geschrieben  wird 
(laut  Ausweis  der  officiellen  russischen  Statistik  des  Kaukasus  vom 
Jahre  1893),  als  Fingerzeig  dienen.  Ein  Zusammenbang  zwischen 
den  beiden  Namen  Ildar  und  Illar  scheint  mir  jedenfalls  nicht  un- 
möglich. Vielleicht  aber  hat  sich  auch  der  von  Rusas  II  dem  neuen 
Kanalsystem  gegebene  Name  Umes(ini)  bis  heute  in  dieser  oder 
ähnlicher  Form  in  der  Eriwanschen  Ebene  zwischen  Eriwan  und 
Etschmiadzin  erhalten ,  ein  Punkt ,  der  von  letzterem  Kloster  aus 
ja  sehr  leicht  festzustellen  wäre. 

Und  nun  noch  einmal  zur  Frage  nach  dem  ursprünglichen 
Aufstellungsort  der  Stele. 

Von  der  Sanga  ist  überhaupt  nur  ein  einziger  grosser  Kanal 
abgeleitet,  eben  der  auf  S.  185  erwähnte,  und  nur  dieser  kann  für 
den  von  Rusas  II  angelegten  Kanal  in  Betracht  kommen.  Kaum 
21/2  Kilometer  hinter  der  Ableitungsstelle  beginnt  dann  dieser  grosse 
Kanal  sich  in  eine  grössere  Zahl  von  kleinen  Seitenkanälen  zu  spalten, 
und  ein  derartiger,  gänzlich  unb  e  d  eutend  er  Wasserlauf  kann 
auch  nahe  bei  der  Kirche  Surp  Gregor  vorüberführen.  Bei  solchen 
Lokalverhältnissen  erscheint  es  mir  aber  doch  sehr  unwahrschein- 
lich ,  dass  Rusas  seine  Stele  an  einem  unbedeutenden  Seitengraben 
aufgestellt  haben  sollte ,  vielmehr  würde  hierfür  die  unmittelbare 
Nachbarschaft  der  Ableitungsstelle  des  Hauptkanals  aus  der  Sanga 
der  geeignetste  Platz  gewesen  sein.  M.  E.  hat  dann  also  die  Stele 
dort  ursprünglich  gestanden  und  ist  späterhin ,  als  Surp  Gregor 
erbaut  wurde,  die  wenigen  Kilometer  bis  zur  Baustelle  transportiert 
worden,  um  als  Schriftdenkmal  der  „Semiramis"  oder  der 
„  ältesten  armenischen  Könige"  beim  Kirchenbau  mit  ver- 
wendet zu  werden. 

Zu  patari(s),  dem  chaldisch-alarodischen  Ausdruck  für  „ Stadt" 
möchte  ich  noch  bemerken,  dass  Herr  Pfarrer  Ernst  Loh  mann  schon 
vor  drei  Jahren  mir  gegenüber  brieflich  darauf  hingewiesen  hat, 
dass  dieses  Wort  nicht  nur  in  den  verschiedenen  antiken  Städte- 
namen Vorderasiens  „Patara"  (so  in  Lycien  und  Cappadocien)  ent- 
halten ist,  sondern  dass  es  auch  augenscheinlich  identisch  ist  mit 
dem  Puteria,  wie  man  früher  gelesen  hat,  resp.  Sebiteria,  wie  Leh- 
mann jetzt  liest,  der  Inschrift  von  Palu,  das  Lehmann  für  den  alten 
Namen  von  Palu  hält.  Lohmanns  Ansicht  ist  m.  E.  auch  durchaus  zu- 
treffend, namentlich  wenn  wir  die  Grundform  des  Wortes  als  Pteria 
oder  Ptera  annehmen,  denn  auch  der  von  Herodot  angegebene  Na  lin- 
der grossen  cappadocischen  Stadt,  welche  Crösus  zu  Beginn  des  l'-M- 
zuges  gegen  Cyrus  erobert  und  plündert  und  die  dann  sonderbarer 


194  Belck,  Die  Steleninschrift  Rusas'  II  etc. 

es  dem  SangaÜuss  im  Hochsommer  an  Wasser  fehlte.  Damit  wird 
die  Zeit  der  Anlage  des  Goektsehai-Kanals  eingeengt  auf  die  Zeit 
von  ca.  780 — 680  v.  Chr.,  und  zu  gleicher  Zeit  ist  dadurch  klar- 
gestellt ,  dass  in  der  That  nicht  die  Armenier ,  sondern  vielmehr 
die  Ohalder  die  Urheber  desselben  sind. 

Und  wenn  man  nun  weiter  berücksichtigt,  dass  noch  Argistis  II 
emsig  damit  beschäftigt  war,  grosse  Bewässerungsanlagen  für  die 
am  Nordufer  des  Van-Sees,  im  Herzen  Chaldias  gelegene  Ebene  von 
Ardjisch  zu  schaffen,  so  ist  es  kaum  denkbar,  dass  dessen  Vorgänger 
sich  mit  Kanalanlagen  im  weit  entfernten  Norden  des  Reiches  be- 
fasst  haben  sollten ,  so  lange  ihre  eigentliche  Hauptdomäne ,  das 
Ufergebiet  des  Van  -  Sees ,  noch  dringend  neuer  oder  erweiterter 
Kanalanlagen  bedurfte.  Der  von  Argistis  I  für  Argistihina-Armavir 
angelegte  Kanal  kann  für  diese  Argumentation  nicht  als  Gegen- 
beweis herangezogen  werden,  denn  hierbei  handelt  es  sich  um  eine 
Ausnahme.  Armavir  war  von  Argistis  I  als  Haupt-  und  Stützpunkt 
der  chaldischen  Macht  in  einem  neueroberten  Lande,  in  gänz- 
lich wasserloser  Gegend  gegründet  worden.  Weder  die  Burgbesatzung 
noch  auch  die  unter  deren  Schutze  entstehende  chaldische  Stadt- 
ansiedlung  konnte  ohne  ausreichendes  Trink-  und  Berieselungswasser 
existieren ;  es  war  also  die  Kanalanlage  für  Argistis  I  eine  durch 
die  politischen  Verhältnisse  erforderte  Notwendigkeit. 

Demgemäss  wird  also  wohl  der  Goektschai  -  Kanal  zwischen 
714  v.  Chr.  (==  Datum  der  Thronbesteigung  Argistis'  II)  und 
ca.  680  v.  Chr.  entstanden  sein ,  genauer  noch :  nach  dem  Ausbau 
des  für  die  Bewässerung  der  Ebene  von  Ardjisch  bestimmten  Kanal - 
netzes,  den  wir  auf  ca.  700  v.  Chr.  ansetzen  können.  Wir  hätten 
also  nur  noch  die  Wahl  zwischen  dem  Ende  der  Regierung  Ar- 
gistis' II  und  Rusas  II  selbst.  Und  da  spricht  nun  die  Wahr- 
scheinlichkeit doch  augenscheinlich  mehr  für  letzteren;  wer  das  für 
die  Ebene  zwischen  Eriwan  und  Etschmiadzin  bestimmte  Sanga- 
Kanalnetz  angelegt  hat,  der  dürfte  wohl  auch  den  Abfluss  des 
Goektschai-Sees  zur  Vermehrung  des  Berieselungswassers  konstruiert 
und  gegraben  haben.  M.  E.  haben  wir  also  in  Rusas  II  (ca.  680) 
auch  den  Urheber  des  Goektschai-Sanga-Kanals  zu  erblicken ,  und 
es  steht  zu  hoffen ,  dass  sich  noch  dereinst  eine  darauf  bezügliche 
Inschrift  Rusas  II  in  der  Nähe  des  Goektschai-Sees  finden  wird. 

Alle  diese  Ausführungen  aber  haben  zur  Voraussetzung,  dass 
Rusas  II  sein  Kanalnetz ,  wie  es  nach  den  lokalen  Verhältnissen 
allerdings  am  wahrscheinlichsten,  aus  der  Sanga  ableitete;  letztere 
hätte  dann  auch  in  diesem  Falle  bei  der  Urbevölkerung  den  Namen 
Ildar  oder  Ildaru  geführt.  Es  wäre  eine  weitere  dankbare  Aufgabe 
für  die  russischen  Forscher,  festzustellen,  ob  und  in  welcher  Form 
sich  dieser  alte  Name  dort  vielleicht  noch  erhalten  hat.  Hierbei  ist 
zu  beachten ,  dass  die  Flüsse  Transkaukasiens  und  Armeniens ,  wie 
überhaupt  Vorderasiens,  im  allgemeinen  nach  den  Ortschaften  ■ — 
insbesondere  den   grösseren  —  benannt  sind ,    an  denen  sie  vorbei- 


Belck,  Die  Steleninschrift  Rusas'  II  etc.  195 

fliessen.  So  dürfte  auch  wohl  der  Flussname  Ildar  auf  eine  Ort- 
schaft oder  Landschaft  zurückzuführen  sein,  welche  von  diesem  Ge- 
wässer auf  seinem  Laufe  berührt  oder  durchströmt  wird.  Vielleicht 
kann  in  dieser  Beziehung  die  Thatsache,  dass  der  in  der  Nähe  der 
Sanga  und  etwa  14  Kilometer  nordöstlich  von  Eriwan  belegene  be- 
deutende Ort  Elar  —  bekannt  durch  die  dort  vorhandene  Pels- 
inschrift  Argistis'  1  —  auch  Illar  gesprochen  und  geschrieben  wird 
(laut  Ausweis  der  officiellen  russischen  Statistik  des  Kaukasus  vom 
Jahre  1893),  als  Fingerzeig  dienen.  Ein  Zusammenbang  zwischen 
den  beiden  Namen  Ildar  und  Illar  scheint  mir  jedenfalls  nicht  un- 
möglich. Vielleicht  aber  hat  sich  auch  der  von  Rusas  II  dem  neuen 
Kanalsystem  gegebene  Name  Umes(ini)  bis  heute  in  dieser  oder 
ähnlicher  Form  in  der  Eriwanschen  Ebene  zwischen  Eriwan  und 
Etschmiadzin  erhalten ,  ein  Punkt ,  der  von  letzterem  Kloster  aus 
ja  sehr  leicht  festzustellen  wäre. 

Und  nun  noch  einmal  zur  Frage  nach  dem  ursprünglichen 
Aufstellungsort  der  Stele. 

Von  der  Sanga  ist  überhaupt  nur  ein  einziger  grosser  Kanal 
abgeleitet,  eben  der  auf  S.  185  erwähnte,  und  nur  dieser  kann  für 
den  von  Rusas  II  angelegten  Kanal  in  Betracht  kommen.  Kaum 
21/2  Kilometer  hinter  der  Ableitungsstelle  beginnt  dann  dieser  grosse 
Kanal  sich  in  eine  grössere  Zahl  von  kleinen  Seitenkanälen  zu  spalten, 
und  ein  derartiger,  gänzlich  unb  ed  eut  ende  r  Wasserlauf  kann 
auch  nahe  bei  der  Kirche  Surp  Gregor  vorüberführen.  Bei  solchen 
Lokalverhältnissen  erscheint  es  mir  aber  doch  sehr  unwahrschein- 
lich ,  dass  Rusas  seine  Stele  an  einem  unbedeutenden  Seitengraben 
aufgestellt  haben  sollte,  vielmehr  würde  hierfür  die  unmittelbare 
Nachbarschaft  der  Ableitungsstelle  des  Hauptkanals  aus  der  Sanga 
der  geeignetste  Platz  gewesen  sein.  M.  E.  hat  dann  also  die  Stele 
dort  ursprünglich  gestanden  und  ist  späterhin,  als  Surp  Gregor 
erbaut  wurde,  die  wenigen  Kilometer  bis  zur  Baustelle  transportiert 
worden,  um  als  Schriftdenkmal  der  „Semiramis"  oder  der 
„ältesten  armenischen  Könige"  beim  Kirchenbau  mit  ver- 
wendet zu  werden. 

Zu  patari(s),  dem  chaldisch-alarodischen  Ausdruck  für  „Stadt" 
möchte  ich  noch  bemerken,  dass  Herr  Pfarrer  Ernst  Loh  mann  schon 
vor  drei  Jahren  mir  gegenüber  brieflich  darauf  hingewiesen  hat, 
dass  dieses  Wort  nicht  nur  in  den  verschiedenen  antiken  Städte- 
namen Vorderasiens  „Patara"  (so  in  Lycien  und  Cappadocien)  ent- 
halten ist,  sondern  dass  es  auch  augenscheinlich  identisch  ist  mit 
dem  Puteria,  wie  man  früher  gelesen  hat,  resp.  Sebiteria,  wie  Leh- 
mann jetzt  liest,  der  Inschrift  von  Palu.  das  Lehmann  für  den  alten 
Namen  von  Palu  hält.  Lohmanns  Ansicht  ist  m.  E.  auch  durchaus  zu- 
treffend, namentlich  wenn  wir  die  Grundform  des  Wortes  als  Pteria 
oder  Ptera  annehmen,  denn  auch  der  von  Herodot  angegebene  Name 
der  grossen  cappadocischen  Stadt,  welche  Crösus  zu  Beginn  des  Feld- 
zuges gegen  Cyrus  erobert  und  plündert  und  die  dann  sonderbarer- 

13* 


196  Belck,  Die  Steleninschrift  Rusas^  II  etc. 

weise  von  keinem  der  späteren  Schriftsteller  wieder  genannt  wird, 
ist  augenscheinlich  nichts  anderes  als  das  patari  der  chaldischen 
Inschriften,  demnach  überhaupt  kein  Eigenname,  sondern  ein  Appel- 
lativum.  Keilschriftlich  kann  nun  Pteria  kaum  anders  denn  Pu, 
{PI,  Pe)-teria  wiedergegeben  werden,  wovon  Biteria  eine  leichte 
Nuance  ist.  Fügt  man  letzterem  Wort  das  turanische  Locativ- 
Präfix  Sa  (Se)  an,  so  erhält  man  Sebiteria,  also  den  in  der  Inschrift 
von  Palu  vorkommenden  angeblichen  Eigennamen.  Dass  der  alte 
Name  von  Palu  nicht  wesentlich  anders  gelautet  haben  kann  als 
eben  Palu ,  ist  aus  dem  altarmenischen  Namen  des  umliegenden 
Gaues  zu  folgern,  der  Balahowith  lautet. 

Auch  darin  dürfte  E.  Lohmann  recht  behalten ,  dass  der  an- 
gebliche Name  der  am  rechten  Euphratufer,  an  der  Mündung  der 
Sagura  gelegenen  Stadt  Pitru,  die  nach  der  herrschenden  Annahme 
identisch  ist  mit  dem  Pethor  der  Bibel,  ebenfalls  nur  eine  Nuance 
von  Pteria-Patari  darstellt. 

Dasselbe  hat  dann  aber  auch  m.  E.  von  den  verschiedenen  Städten 
namens  Petra  (z.  B.  in  Nordarabien,  am  Pontus  u.  s.  w.)  zu  gelten. 

Sehr  annehmbar  erscheint  mir  ferner  E.  Lohmanns  Ansicht, 
dass  auch  in  Eupatoria  dieses  turanische  "Wort  Pteria-Patari  ent- 
halten sei. 

Die  Ermittelung  der  Wurzel  Ptr ,  welche  uns  in  den  Wort- 
formen Pff£V*,  Patar\  Pt*ria,  P*tt*,  PHru ,  Pet°r,  Pafpria  u.  s.w. 
entgegentritt,  als  turanischer  Ausdruck  für  „Stadt",  hat  noch  einen 
ganz  besonderen  Wert  für  die  vorderasiatische  Altertumsforschung, 
weil  uns  damit  zugleich  eine  sichere  hethitische  Wortwurzel  ge- 
geben wird.  Denn  Pitru  war  bezeugtermaassen  eine  echt  hethitische 
Stadt,  welche  die  Assyrer  nie  anders  als  Ana-Asur-utir-asbat  nennen 
mit  dem  jedesmaligen  Beifügen ,  dass  die  Hethiter  diese  Stadt 
„Pitru"  nennen.  Natürlich  wurden  nur  grosse  und  wichtige  Städte 
als  Ptr  bezeichnet.  Und  da  wir  gerade  bei  den  hethitischen  In- 
schriften angelangt  sind ,  so  will  ich  hier  gleich  eine  Beobachtung 
mitteilen,  die  ich  soeben,  während  ich  dieses  schreibe,  gemacht  habe. 
Sie  betrifft  das  Zeichen  I  C ,  welches  Peiser  als  „Sinntrenner«, 
Jensen  und  alle  späteren  als  „Worttrenner  "  aufgefasst  haben. 
Freilich  ergeben  sich  dabei  gewisse  Schwierigkeiten;  denn  als  Wort  - 
trenn  er  gehört  dieses  Zeichen  naturgemäss  immer  zwischen  zwei 
Worte,  am  Ende  einer  Inschrift  ist  es  zum  mindesten  über- 
flüssig,  am  Anfange  einer  solchen  aber  geradezu  unerklärlich 
und  widersinnig.  Nun  finden  wir  es  aber  sowohl  am  Anfange  der 
Hadad  -  Steleninschrift  von  Babylon ,  wie  auch  der  Königsstelen- 
inschrift von  Tyana,  die  in  den  Publikationen,  weil  nach  dem  be- 
nachbarten Städtchen  Bor  transportiert  und  dort  von  Bamsay  ent- 
deckt,  jetzt  leider  fälschlich  als  „Inschrift  von  Bor"  figuriert. 
Demgemäss  würde  dieses  Zeichen  richtiger  als  „Wortbeginner"  denn 
als  „Worttrenn er"   zu  deuten  sein. 

Eine  andere  Schwierigkeit  liegt  darin,  dass  dieses  Zeichen  mit- 


Belck,  Die  Steleninschrift  Rusas'  II  etc.  197 

unter  verdoppelt  auftritt,  so  z.  B.  in  der  Schaleninschrift,  eine  That- 
sache ,  die  bei  der  bisherigen  Auffassung  gar  nicht  oder  doch  nur 
sehr  unbefriedigend  zu  erklären  versucht  worden  ist.  Wer  aber 
IC  als  „Worttrenner"  auffasst ,  muss  doch  auch  wohl  erwarten, 
dass  dasselbe  in  Inschriften ,  in  denen  es  überhaupt  auftritt .  nun 
auch  regelmässig  zur  Anwendung  gelangt,  also  allemal  zwi- 
schen je  zwei  Worten  erscheint.  Das  ist  aber  durchaus  nicht  der 
Fall ,  vielmehr  würde  die  Anwendung  dieses  Zeichens ,  wenn  es 
wirklich  einen  Worttrenner  darstellte ,  eine  rein  willkürliche 
sein.  Das  geht  zur  Evidenz  aus  den  Inschriften  ohne  weiteres 
hervor,  denn  in  denselben  wären  dann  Worte  von  17 — 20  Zeichen 
etwas  ganz  gewöhnliches,  es  kämen  aber  auch  solche  von  25,  28, 
30,  ja  selbst  47  Zeichen  vor,  was  doch  als  höchst  unwahrscheinlich, 
ja  geradezu  unmöglich  bezeichnet  werden  muss.  So  befinden  sich 
in  der  Schaleninschrift  zwischen  zwei  „Worttrennern"  42  Zeichen. 
in  der  Hadad-Insclrrift  Z.  4 :  25  Zeichen,  in  der  Inschrift  von 
Kirtsch  oghlu :  30  Zeichen,  in  derjenigen  von  Iskenderum:  31  resp. 
33  Zeichen,  in  der  grossen  Djerabolus  -  Inschrift  mindestens 
(d.  h.  soweit  die  Zeilen  erhalten  sind ,  es  können  also  auch  noch 
erheblich  mehr  gewesen  sein)   28,  resp.  28,  resp.  47  Zeichen  u.  s.  w. 

Diesen  Thatsachen  gegenüber  scheint  mir  die  bisher  dem  Zeichen 
I  C  beigelegte  Bedeutung  nicht  länger  aufrecht  zu  erhalten  zu  sein. 
Allen  Schwierigkeiten  der  Deutung  aber  entgeht  man,  wenn  man 
annimmt,  dass  durch  das  vor-  resp.  übergesetzte  I  C  angezeigt  werden 
soll,  dass  das  nachfolgende  Zeichen  (mit  den  eventuell  angefügten 
phonetischen  Komplementen)  nicht  als  Lautwert,  sondern 
als  Ideogramm  zu  lesen  ist,  dass  also  IC  ein  „Ideogramm- 
Anzeiger"  ist.  Kommt  dann  dieses  Zeichen  z.  B.  verdoppelt  vor, 
so  heisst  das,  dass  die  zugehörigen  zwei  Hieroglyphen  je  als  Ideo- 
gramm zu  lesen  sind.  Und  haben  wir,  wie  es  in  der  Löweninschrift 
von  Mar'asch  mindestens  viermal  vorkommt ,  die  senkrechte 
Zeichenfolge:  IC.  Hieroglyphe  x  I  C,  Hieroglyphe  ?/  u.  s.  w. ,  so 
bedeutet  das  ebenfalls,  dass  sowohl  die  Hieroglyphe  x  wie  auch  y 
als  Ideogramm  zu  lesen  sind.  Bei  Hieroglyphen,  welche  lediglich 
und  ausschliesslich  als  Ideogramme  gebraucht  werden,  ist  die  Vor- 
setzung des  Zeichens  I  C  ein  überflüssiger  Luxus  und  deshalb  auch 
fast  nie  zu  beobachten.  Zu  solchen  Zeichen  scheint  die  Hieroglyphe 
für  „Ich  (resp.  „ich  bin")"  zu  gehören,  ebenso  das  Zeichen  für 
„Vater,  erzeugen"   =  der  Phallus  u.  s.  w. 

Bestätigt  sich  meine  Anschauung  von  der  Bedeutung  des 
Zeichens  IC  als  richtig,  so  entfällt  damit  auch  die  Möglichkeit, 
den  Anfang  der  Inschrift  von  Tyana  (Bor)  als  „Syennesis"  zu  lesen, 
da  diese  Inschrift  ebenfalls  mit  dem  „Ideogramm-Anzeiger"  beginnt, 
das  erste  Zeichen  sonach  nicht  als  Laut,  sondern  als  Ideogramm 
aufzufassen  ist. 


198 


Zur  Esmun'azHr- Inschrift. 

Von 

Franz  Praetorius. 

Die  in  der  Esinün'äzär-Inschrift  ZI.  4  und  20  stehende  Buch- 
stabengruppe i»3p  wird,  soviel  ich  sehe,  allgemein  aufgefasst  als 
.meine  Beschwörung".  Gleichwohl  fühlt  man,  dass  diese  Erklärung 
etwas  fern  hergeholt  ist.  Ob  weiter  die  unmittelbar  folgende  Prä- 
position PN  in  dem  durch  diese  Auffassung  geforderten  Zusammen- 
hange besonders  gut  passen  würde,  erscheint  zweifelhaft.  Noch 
stärkere  Bedenken  erregt  das  an  paralleler  Stelle  der  Tabnit-In- 
schrift  stehende  rN  "'73.  Man  ist  diesen  Bedenken  dadurch  aus  dem 
Wege  gegangen,  dass  man  entweder  (trotz  der  äusseren  Ähnlichkeit) 
zwei  ganz  verschiedene  Wendungen  angenommen  hat  (T8  ^'??k  und 
TN  "*»),  oder  dass  man  in  nN  -*:  eine  Nachlässigkeit  des  Steinmetzen 
für  PN   ""ttzp   gesehen  hat. 

Ich  lese  ?1N  -72  yp  „wer  immer  du  Besitzer  sein  mögest:  kein 
Fürst  noch  irgend  ein  Mensch  soll  öffnen  u.  s.  w."  Das  kurzgefasste 
_",p  entspricht  seinem  Sinne  nach  ungefähr  dem  ausführlicheren 
1  "|~Nn  mN  pcn  tt)N  der  Tabnit-Inschrift  „der  du  diesen  Sarg  zu 
Besitz  erhältst".  Vgl.  ferner  in  griechischer  Grabschrift  oßrig  el  6 
l'ycov  tö  ywQov ,  ^rjTtore  ^eray.eiv/]6i]g  rovtcov  xi  (Dittenberger, 
Sylloge  2  II."  Nr.  888). 


199 


S  a  b  b  a  t  h. 

Von 

II.  Zimmern. 

Im  letzten  Hefte  der  Proc.  of  the  Soc.  of  Bibl.  Arch.  (Vol.  XXVI. 
Febr.  1904,  Tafel  hinter  p.  56)  hat  Pinches  einen  bisher  nur 
sehr  fragmentarisch  bekannten  Keilschrifttext  in  bedeutend  vervoll- 
ständigter Gestalt  zugänglich  gemacht,  der,  wie  natürlich  Pinches 
selbst  gesehen  hat,  in  seinem  jetzigen  Wortlaut  von  grosser  Wichtig- 
keit für  die  gerade  neuerdings  wieder  vielumstrittene  Sabbath-Frage 
ist.  Da  aber  die  Lesung  und  Übersetzung  des  Textes  bei  Pinches 
an  einigen  Stellen  falsch  ist,  so  haben  sich  auch  in  seine  auf  p.  51- — 56 
vorausgehenden  Ausführungen  über  „Sapattu,  the  Babylonian  Sab bat h" 
mehrere  falsche  Aufstellungen  eingeschlichen ,  die ,  wenn  sie  nicht 
alsbald  richtig  gestellt  werden,  leicht  weiteres  Unheil  anrichten 
könnten. 

Der  betreffende  Text  (K.  6012  -4-  K.  10684  aus  der  Bibliothek 
Assurbanipals ,  vervollständigt  durch  eine  Anzahl  von  neubabylo- 
nischen Duplikaten)  behandelt,  nach  Art  babylonischer  Vokabulare. 
das  Wort  ümu  „Tag"  in  allerlei  Verbindungen:  „halber  Tag"; 
„ganzer  Tag"  (üma-käl)1)  bezw.  „erster  (Monats-)Tag"  ;  „zwei2) 
Tage"  bezw.  „zweiter  (Monats-)Tag"3);  „drei  Tage"  bezw.  „dritter 
(Monats -)Tagtt  ;  „vier  Tage4"  bezw.  „vierter  (Monats- )Tagu  ;  „fünf 
Tage"  bezw.  „fünfter  (Monats-)Tag" ;  „sechs4)  Tage"  bezw.  „sechster 


1)  Vgl.  dazu  meine  Beitr.  z.  bab.  Rel.  164 f.  Anm.  8  zu  Nr.  52  und  jetzt 
auch  Schreibungen  wie  ü-mu  ak-lcal  (für  ana  käl)  CT  XVI  35,  29;  XVII  26,  73. 

2)  Das  von  Ililprecht,  Assyriaea  CT  ff.  mitgeteilte  neubabylonische  Zahlen- 
fragment aus  Nippur  (Ni.  1893)  bietet  Si-nu-u  statt  si-na.  Durch  dieses  Frag- 
ment, das  sich  nunmehr  als  direktes  Duplikat  zu  unserem  Texte  herausstellt, 
ist  auch  die  Ergänzung  zu  Ü-mu  hinter  den  Zahlen  2  — 10  gesichert.  Pinches 
ist  die  Zugehörigkeit  des  Nippur-Fragments  zum  vorliegenden  Texte  ganz  ent- 
gangen. 

3)  Unser  Text  lehrt,  durch  den  ganzen  Zusammenhang  wie  durch  die 
Ideogramme,  dass  man  auch  im  Assyrischen,  ähnlich  wie  im  Hebräischen  und 
teilweise  im  Aramäischen,  bei  Angabe  der  Monatstage  die  Kardinalzahl,  nicht 
die  Ordinalzahl,  gebrauchte,  und  zwar,  gleichfalls  wie  im  Hebräischen  und 
Aramäischen,  bei  den  Zahlen  3 — 10  mit  dor  Femininform  der  Kardinalzahl 
neben  dem  maskulinen  ümu. 

4)  Ni.   1893:  siü-sit-ti. 


200  Zimmern,  Sabbath. 

(Monats -)Tag" ;  „sieben1)  Tage"  bezw.  „siebenter  (Monats-)Tag"  ; 
„acht2)  Tage"  bezw.  „achter  (Monats-)Tag"  ;  „neun3)  Tage"  bezw. 
„neunter  (Monats -)Tag" ;  „zehn4)  Tage"  bezw.  „zehnter  (Monats-) 
Tag".  Es  folgt  nun  unmittelbar:  15.  Tag  =  sa-pat-tih), 
19.  Tag  =  ibbü6),  20.  Tag  =  esrü,  25.  Tag  =  arhu  qa\tü¥\ 
30.  Tag  =  selasä.  Darauf  dann  endlich  eine  weitere  Anzahl  von 
Bezeichnungen  für  bestimmte  Monatstage  und  Festtage ,  nämlich 
bubbulam,  uhulgaüum,  ümu  lem[nit],  ümu  k[i-is-pu]  8),  ümu  rimku, 
ümu  teliltum,  ümu  isinnu,  ümu  esiesu,  ümu  arhu,  ümu  akltum, 
die  an  und  für  sich  sehr  viel  Interessantes  bieten ,  deren  nähere 
Besprechung  ich  mir  aber  hier  versagen  muss. 

Die  neue  inschriftliche  Angabe  über  den  babylonischen  sapattu 
(sabattu)ü)-T&g  bringt  uns  in  einer  Hinsicht  willkommenen  neuen 
Aufschluss ,  in  anderer  Hinsicht  lehrt  sie  uns ,  dass  das  Sabbath- 
Problem  in  Wirklichkeit  vielleicht  noch  verwickelter  liegt,  als  wir 
es  uns  bisher  vorgestellt  hatten.  Zunächst  erfahren  wir  jetzt  mit 
Sicherheit,  dass  speziell  gerade  der  15.  Tag  des  (30-tägigen)  baby- 
lonischen Monats  den  Name)i  sapattu  führte.  Nach  der  ganzen 
Anordnung  des  Vokabulars  ist  es  somit,  auf  den  ersten  Blick 
wenigstens,  nicht  gerade  wahrscheinlich,  dass  etwa  auch  der  7., 
14.,  21.,  28.  Tag  von  den  Babyloniern  als  «opaWw-Tage  bezeichnet 
worden  wären,  wie  man  bisher  auf  Grund  der  babylonischen  Heme- 


1)  Ni.  1893:  sib-ti,  also  nicht  sib['it]  zu  ergänzen. 

2)  Ni.   1893:  sa-man-ti,  also  nicht  saman(n)a[tu]  zu  ergänzen. 

3)  Natürlich  til-ii,  während  Pinches  unbegreiflicherweise  bat-ti  liest,  was 
ihn  dann  zu  allerlei  seltsamen  Spekulationen  über  einen  Zusammenhang  mit 
sabattu  und  nubattu  und  deren  angeblich  sumerische  Etymologie  verführt  hat. 
Schon  Hilprecht  hatte  in  seinem  Fragment  ganz  richtig  [ti]l-ti  gelesen  und  diese 
Form  richtig  erklärt  (=  Cdti  =  tiSti  =  tisati  =  tissati  =  tÜ'ati).  Auch 
in  Maqlü  V  83  bedeutet  tilti  mite  gewiss,  wie  auch  schon  Meissner,  Suppl.  102 
zu  vermuten  scheint,   „neun    Tage". 

4)  Hier  muss  natürlich  statt  des  ganz  sinnlosen  e-lci-is-ti ,  das  Pinches 
bietet,  e-Ser-ti  auf  dem  Originale  stehen.  Die  bei  einigem  Nachdenken  freilich 
leicht  vermeidliche  Verlesung  erklärt  sich  dadurch ,  dass  in  neubabylonischer 
Schrift  das  Zeichen  ser  eine  ziemlich  ähnliche  Form  hat,  wie  die  Zeichen- 
gruppe Tci-is. 

5)  Somit  hatte  ich  KAT3  593  Anm.  3,  als  der  Text  noch  ganz  fragmen- 
tarisch vorlag  und  diese  Zeile  bereits  hinter  sa-  abbrach ,  mit  liecht  schon  zu 
sa[battu]  ergänzt. 

6)  D.  i.  (göttlicher)  Zornestag  (Jensen,  ZA  IV  274). 

7)  So,  ar]iu  TIL,  .[LA]  im  Sinne  von  Monatsende,  möchte  ich  am  ehesten 
ergänzen.  Beachte  dazu,  dass  bei  der  Sechsteilung  des  Monats  (s.  im  Folgenden) 
der  Beginn  des  letzten  Sechstels  durch   den   25.  Monatstag  markiert  wird. 

8)  So  ist  natürlich,  statt  ümu  k[iaikki?]  (Pinches),  zu  ergänzen.  S.  zu 
KI.  SB.  GA  =  kasäpu,  kispu  CT  XVI  10,  9/10;  XVII  37,  K.   3372  Obv.  7/9. 

9)  Im  vorliegenden  Text  ebenfalls  Sajiattu  geschrieben,  wie  in  der  seit 
langem  bekannten  Vokabularaugabe  HR  32,  16 ab  Um  nu[i  libbi  =  SCt-pat- 
tum  und  wie  wahrscheinlich  auch  in  Schöpf.  Taf.  V  18  (s.  dazu  folgende  Seite 
Anm.  6);  anderwärts  sabat-tu  mit  b  (so  CT  XII  6,  24;  10,  25;  11,  8;  vgl. 
auch  22  in  38180  Rev.  9).  Ob  b  oder  p  das  Ursprüngliche,  lässt  sich  a  priori 
nicht  entscheiden. 


Zimmern,  Sabbath.  201 

rologien  mit  der  eigenartigen  Hervorhebung  der  Siebener-Tage  viel- 
fach als  nahezu  sicher  angenommen  hatte1).  Der  15.  Monatstag 
als  scqxittu-T&g  muss  nun,  nach  allem  was  wir  über  die  Astronomie, 
Astrologie  und  den  Kalender  der  Babylonier  wissen ,  diesen  seinen 
Charakter  notwendig  als  der  V  o  1 1  m  o  n  ds  tag  tragen.  So  erreicht 
ja  z.  B.  nach  der  von  der  Sechsteilung  des  Monats  ausgehenden 
schematischen  Ansetzung  des  Mondlaufs  bei  den  Babyloniern  der 
Mond  in  seiner  täglichen  Bewegung  am  15.  Tage  gerade  180°  -). 
So  wird  z.  B.  auf  K.  170  (bei  Delitzsch,  Ass.  Lesest.1  39)  der  15.  Tag 
ausdrücklich  als  der  Vollmondstag  aufgeführt.  So  begegnen  wir 
auch  in  der  altbabylonischen  Zeit  dem  15.  Tage  als  dem  Vollmonds- 
tage im  Gegensatz  zum  Neumondstage3).  Daneben  gab  es  nun 
allerdings  auch  eine  auf  einer  Vierteilung  des  Monats  beruhende 
Einteilung,  bei  der  nicht  der  5.,  10.,  15.,  20.,  25.,  30.,  sondern 
der  7.,  14.,  21.,  28.  Tag  die  charakteristischen  Monatstage  bildeten4). 
Bei  dieser  letzteren  Einteilung  wird  man  natürlich,  in  der  Theorie5) 
wenigstens,  den  14.  als  den  Vollmondstag  angesehen  und  demnach 
wahrscheinlich  auch  als  sapattu  benannt  und  behandelt  haben0). 
Von  hier  aus  wäre  es  nun  allerdings  doch  recht  wohl  denkbar,  dass 
in  der  Tat  bei  Vierteilung  (statt  Sechsteilung)  des  babylonischen 
Monats ,  wie  sie  z.  B.  in  den  Hemerologien  und  an  Stellen  wie 
III  R  64,  18  =  Craig,  Astr.  3,  19  vorliegt,  zunächst  der  14.  Monats- 
tag als  sapattu  gegolten  hätte  und  dass  von  ihm  ausgehend  auch 
der  7.,  21.,  28.,  (und  19.  als  der  7  X  7.  des  vorhergehenden  Monats) 
als  sapattu-Ta,ge  bezeichnet  und  gefeiert  worden  wären,  so  dass 
wir  also  in  den  vielbesprochenen  Siebener-Tagen  der  babylonischen 
Hemerologien  doch  babylonische  sapattu-T&ge  zu  erblicken  hätten. 
Aber  urkundlich  sichergestellt    ist  das  letztere ,    wie    nochmals  aus- 


1)  So  noch  neuerdings  Delitzsch,  Bab.  n.  Bib.  I  62,  Rückbl.  u.  Ausbl.  27  f. 
Ich  selbst  drückte  mich  KAT3  593  (vgl.  Keilinschr.  u.  Bib.  31)  etwas  zurück- 
haltender aus. 

2)  S.  für  die  Mondlängentafel  mit  Zugrundelegung  des  Zirkels  von  360° 
wie  auch  für  das  Folgende  das  Nähere  in  meinem  Artikel  über  das  Prinzip 
unserer  Zeit-  und  Raumteilung  in  den  Ber.  d.  phil.-hist.  Cl.  der  Ges.  d.  Wiss. 
zu  Leipzig  LIII  (1901),  53  f.  Vgl.  auch  Jensen  in  Zeitschr.  f.  deutsche  Wort- 
forsch.  1   (1900),   150  f. 

3)  S.  z.  B.  bei  Radau,  Early  Bab.  Hist.   315. 

4)  Mehrfach  liegen  beide  Keinen  auch  mit  einander  kombiniert  vor,  so 
dass  z.  B.  der  7.,  15.,  19.,  20.,  25.,  30.  als  die  charakteristischen  Monatstage 
genannt  werden. 

5)  In  der  Praxis  gestaltete  sich  die  Sache  so,  dass,  wie  die  astronomischen 
Tafeln  lehren,  der  Vollmond  entweder  auf  den  14.  oder  15.  eines  babylonischen 
Monats  fiel,  eventuell  jedoch  auch  auf  den    13   und  gar  auf  den   12. 

6)  So  wird,  wie  ich  schon  vor  Jahren  vermutet  habe  (vgl.  dazu  KAT3  593 
Anm.  3)  und  wie  jetzt  auch  Pinches  annimmt,  gerade  auf  Grund  der  neuen 
Vokabularangabe  über  .sapattu  auch  Schöpf.  Tal'  V  18  gewiss  [i]a-pat-tu,  nicht 
[ümu]  XIVtu  zu  lesen  sein  und  wird  damit  der  14.  Tag  (nicht  der  7.,  wie  ich 
früher  annahm)  als  Vollmondstag  gemeint  sein,  da  vorher  der  7.  Tag  als  (lei- 
des ersten  Mondviertels  genannt  ist.  Doch  könnte  nach  dem  Obigen  auch  der 
15.  zum   7.  treten,  unter  sabattu  also  auch   hier  der   15.  zu   verstehen   sein. 


202  Zimmern,  Sahbat h. 

drücklich  betont  sei,  bis  jetzt  also  noch  nicht;  vielmehr  ist  nach 
wie  vor  auch  mit  der  Möglichkeit  zu  rechnen ,  dass  die  Israeliten 
von  den  Babyloniern  —  wann  und  auf  welchem  Wege  ist  eine 
Frage  für  sich  —  einerseits  den  Namen  sabattu  für  einen  bestimmten 
charakteristischen  Tag  des  Monats  (vielleicht  ursprünglich  nur  im 
Sinne  des  Vollmondstags1)),  andererseits  die  Institution  der  eigen- 
artigen Aussonderung  der  Siebenertage  (Mondvierteltage)  im  baby- 
lonischen Kalender  übernommen  und  dann  erst  ihrerseits  dies  beides 
mit  einander  kombiniert  und  zu  ihrer  spezifischen  Sabbathfeier  um- 
gebildet hätten. 

Unter  den  obwaltenden  Umständen  erscheint  es  mir  daher 
auch  geratener  denn  je ,  auf  eine  sichere  Etymologie  des  Wortes 
sapattu,  sabattu  und  damit  auch  des  daraus  aller  Wahrscheinlich- 
keit nach  doch  erst  entlehnten  nap  einstweilen  noch  zu  verzichten. 
Es  hat  daher  auch  wenig  Wert,  hier  allerlei  unsichere  Vermutungen 
zu  erörtern,  wie  etwa  die,  ob  sapattu  eigentlich  „Gerichts "tag"2) 
heisst,  oder  ob  es,  wie  dies  Delitzsch  a.  a.  0.  (s.  vorherg.  Seite, 
Anm.  1)  mit  besonderer  Energie  vertritt,  und  wie  ja  auch  die  her- 
kömmliche Etymologie  von  hebr.  nsä  die  Sache  auffasst,  „Be- 
endigung (der  Arbeit),  Aufhören,  Feiern  (der  Arbeit)"3)  bedeutet. 
Als  das  Wichtigste  erscheint  mir  vielmehr  in  sachlicher  Hinsicht, 
dass  wir  durch  die  neu  bekannt  gewordene  Vokabularangabe  jetzt 
sicher  wissen ,  dass  der  babylonische  sapattu  {sabattu) ,  und  damit 
im  letzten  Grunde  auch  der  israelitische  Sabbath ,  mit  dem  Voll- 
mondstag verknüpft  ist. 


1)  Es  drängt  sich  hierbei  unwillkürlich  die  Frage  auf,  ob  nicht  in  der 
Gegenüberstellung  von  Neumond  und  Sabbath  gerade  an  älteren  Stellen  wie 
Hos.  2,  13;  Am.  8,  5;  Jes.  1,  13;  2Kön.  4,  23  noch  ein  Hinweis  darauf  enthalten 
ist,  dass  auch  in  Israel  ursprünglich  der  Sabbath  ausschliesslich  oder  in  erster 
Linie  der  Vollmondstag  gewesen  wäre. 

2)  Sonst  ist  allerdings  gerade  vielmehr  der  Neumondstag  der  Gerichts- 
tag des  Mondgottes.  Vgl.  Schöpf.  V  24  und  beachte  dazu  die  Ausführungen 
von  Mabler  ZDMG  52,  236  über  den  Neumondstag  bezw.  dessen  Vorabend 
als  kleinen  Versöhnungstag  bei  den  Juden,  an  dem  Gott  Gericht  hält.  S.  auch 
King,  Magic  Nr.  1 ,  14  ff.  zu  Sin  als  Richter  am  Monatsende.  Dagegen  scheint 
allerdings  Sp.  I  131,  13  f.  (ZA  VI  242)  die  ganze  Zeit  des  abnehmenden 
Mondes,  vom  15.  bis  zum  30.  Tage,  als  Zeit  der  „ Entscheidung"  (purussii) 
aufzufassen.  Freilich  handelt  es  sich  an  dieser  Stelle  zugleich  auch  um  einen 
schlimmen   Kalauer  bei  der  Erklärung  des  Ideogramms   ES.  BAR  für  purussül 

3)  S.  zu  einem  assyr.  sapcltu  im  Sinne  von  „ablassen,  aufhören"  und 
seinem  eventuellen  Zusammenhang  mit  Sapattu  auch  Küchler,  Beitr.  z.  ass.-bab. 
Medizin  90  f.  Statt  an  „Ablassen,  Aufhören  des  göttlichen  Zorns"  könnte  man 
nunmehr  bei  Sapattu  etwa  auch  an    „Abnehmen  des  Mondes"    denken. 


203 


Bemerkungen  zu  Harihara' s  Ratirahasya. 

Von 

Ernst  l.ciiiiiiiiin. 

Dr.  Richard  Schmidt  hat  seine  Ausgabe  des  Textes  (im 
vorigen  Bande  dieser  Zeitschrift  p.  709 — 739)  mit  einer  sehr  nütz- 
lichen Orientierung  (p.  705 — 708)  eingeleitet.  Wir  unternehmen 
es  hier,  nachtragsweise  ein  paar  Einzelheiten  zu  erörtern. 

Was  zunächst  den  Titel  betrifft,  so  sprechen  wir  besser  von 
Ratirahasya  als  von  Sriigäradipikä ;  denn  einstweilen  ist  eben 
nur  die  Ratirahasya- Partie  der  Srngäradlpikä  —  und  selbsl  sie 
vielleicht  nicht  vollständig   —  zur  Hand. 

Die  vom  Autor  sprechende  Unterschrift,  die  jedes  der  drei 
vorhandenen  Kapitel  beschliesst,  harrt  noch  der  Übersetzung.  So 
viel  ist  sicher,  dass  des  Herausgebers  Auffassung  der  Stelle  sieh 
nicht  halten  lässt.  Genau  wie  sarvavidyanavadya  „in  jeder  Wissen- 
schaft untadelig"  ist  das  darauffolgende  Compositum  sahajasurn- 
svatänavach/a  „in  angeborener  Beredsamkeit  untadelig"  gebildet. 
Beides  sind  anscheinend  ehrende  Beinamen ,  die  der  Autor  sich 
selber  beilegt.  Auch  die  sonst  noch  vorhandenen  Namen  werden 
sich  auf  ihn  beziehen;  dass  etwa  von  Mitarbeitern  die  Rede  sein 
sollte,  ist  kaum  anzunehmen.  Allenfalls  bietet  die  Tanjore- 
Handschrift  —  die  Ausgabe  beruht  bloss  auf  einer  nach  M  a  d  r  a  s  - 
Handschriften  hergestellten  Kopie  —  eine  verständlichere  Fassung 
des  ganzen  Zusammenhanges.  Anderswoher  scheint  man  keine  Auf- 
klärung erwarten  zu  dürfen.  Zwar  nennen  die  drei  Bände  des 
Aufrecht'schen  Catalogus  Catalogorum  noch  eine  ganze  Anzahl  von 
Werken,  deren  Verfasser  ebenfalls  Harihara  heissen;  allein  die 
Wahrscheinlichkeit  ist  sehr  gering,  dass  unter  diesen  Werken  eines 
durch  seine  Unterschriften  sich  als  unserem  Harihara  angehörend 
zu  erkennen  gebe.  Nicht  einmal  der  auch  bloss  in  Südindien  vor- 
handene Kommentar  zum  Anargharäghava  ')  dürfte  in  Betracht 
kommen. 

Ähnlieh,  wie  mit  jener  Unterschrift,  steht  es  nun  übrigens 
mit    dem    ganzen   Textchen.      Man    kann    kaum    einen    mehrzelligen 

1     BurneU's  Classiried  Index  p.  171b. 


•_»()4  Leumann,  Bemerkungen  zu  Hariharä's  Ratirahasya. 

Zusammenhang  lesen,  ohne  über  mindestens  eine  unsichere  oder 
falsche  oder  leer  gelassene  Stelle  zu  stolpern.  Jedenfalls  gilt  dies 
für  das  erste  Kapitel  (das  wir  allein  geprüft  haben)  und  wohl 
auch  für  das  dritte;  im  zweiten  Kapitel  überwiegt  das  Sloka- 
Metrum,  und  da  wird  denn  wohl  dementsprechend  das  Gebotene 
sich  etwas  glatter  lesen  lassen.  Angesichts  dieses  Sachverhaltes 
wundern  wir  uns  natürlich  ein  wenig  über  die  Keckheit  des  Heraus- 
gebers, der  es  über  sich  bringt,  den  Lesern  unserer  Zeitschrift  eine 
in  der  Hauptsache  so  unbequeme  Lektüre  vorzusetzen.  Hätte  er 
die  Veröffentlichung  nicht  wenigstens  noch  ein  paar  Monate  hinaus- 
schieben können,  um  in  der  Zwischenzeit  auch  von  der  Tanjore- 
Handschrift  sich  durch  Prof.  Hultzsch  eine  Kopie  besorgen  zu 
lassen  ?  Mit  dieser  wäre  dann  zweifellos  vieles  in  Ordnung  zu 
bringen  gewesen. 

Wie  es  sich  nun  ferner  mit  den  am  Fuss  der  Seiten  an- 
gebrachten Lesarten  verhält ,  wird  niemandem  recht  klar.  Ge- 
wöhnlich steht  eine  Variante,  wobei  öfter  das  Wörtchen  „auch" 
vorhergeht.  Stehen  zwei  Varianten ,  so  sind  sie  entweder  durch 
einen  Vertikalstrich  oder  durch  „und"  oder  durch  „neben"  ge- 
trennt. Da  der  Herausgeber  offenbar  beabsichtigt,  hiermit  eine 
neue  Art  der  Varianten  -  Bezeichnung  aufzubringen ,  durften  die 
einstweilen  noch  an  die  altmodische  Bezeichnungsweise  gewöhnten 
Leser    erwarten ,    mit  den  nötigen  Belehrungen  bedacht  zu  werden. 

In  den  Handschriften  werden  die  Verse  nicht  numeriert  sein. 
Dann  hätte  also  der  Herausgeber  die  auf  Seite  711  obenan  stehende 
Sloka-Zeile   mitzuzählen  vergessen. 

Wo  die  handschriftlichen  Materialien  tüchtig  ausgebeutet  und 
dem  Leser  in  Text  und  Varianten  durchsichtig  vorgelegt  sind,  macht 
es  Spass,  sich  an  den  übrig  bleibenden  Schwierigkeiten  zu  ver- 
suchen. Nicht  so  in  unserem  Falle.  Bloss  um  an  zwei  Beispielen 
zu  zeigen ,  wie  die  Ausgabe  auch  da ,  wo  Richard  Schmidt  nicht 
durch  Fragezeichen  und  Lücken  auf  Mängel  hinweist,  aussieht,  er- 
wähnen wir,  dass  gleich  die  erste  Strophe  zwei  Berichtigungen 
erfordert1)  und  dass  auch  die  Schlussstrophe  des  ersten  Kapitels 
an  zwei  Stellen  zu  verbessern  ist2).  Ein  kleiner  Teil  der  vorhandenen 
Fehler  geht,  wie  der  Herausgeber  am  Schluss  der  Vorbemerkungen 
richtig  nahelegt,  auf  den  Verfasser  zurück.  Solche  Fehler,  die 
im  allgemeinen  nicht  mit  den  Kopisten-Fehlern  verwechselt  werden 
können") ,  müssen  natürlich  stehen  bleiben ;  sie  verdienen  die  Be- 
achtung des  historischen  Grammatikers,  der  sie  zusammen  mit  den 


1)  Man  lese  in  c  mvrtayas  (hier  gebraucht  wie  dehinas)  und  in  d  matsya- 
dhvajäyänvaham. 

2)  Es  ist  zu  lesen  striyo  'vasäh  und  strlsv  avasatüm. 

3)  In  I57b  könnte  man  allenfalls  sa-tamasa  als  Licenz  für  sa-tamaska 
annehmen;  da  aber  auch  so  die  Stelle  nicht  in  Ordnung  kommt,  so  wird  ein 
Kopistenfehlor  vorliegen.  In  der  That  hat  man  na  ramase  statt  satamase 
zu  lesen. 


Leumann,  Bemerkungen  zu  Harihara's  Ratirahasya.  205 

epischen,  buddhistischen  und  sonstigen  Licenzen  einreiht  unter  die 
Erscheinungen  derjenigen  Sprache ,  die  man  im  Gegensatz  zu  dem 
unveränderlichen  Muster-  Sanskrit  der  Grammatiker  und  Klassiker 
das  nach  Zeiten  und  Einflüssen  veränderliche  Durchschnitts- 
oder Vulgär  -  Sanskrit  heissen  mag. 

Wir  schliessen  mit  dem  Wunsche,  dass  in  Zukunft  nach  dem 
Vorbilde  der  Bibliotheken  von  Poona,  Bombay,  Calcutta  u.  s.  w. 
auch  diejenigen  von  Madras  und  Tanjore  ihre  Handschriften, 
wenn  der  Bedarf  vorliegt,  leihweise  europäischen  Bibliotheken  an- 
vertrauen. Gewiss  hätte  Richard  Schmidt  mit  den  Original- 
Handschriften  aus  Madras  eine  lesbarere  Ausgabe  geboten  als 
mit  der  von  da  erhaltenen  Abschrift.  Bekanntlich  giebt  es  eine 
Menge  von  wichtigen  Werken,  die  nur  oder  fast  nur  in  Südindien 
vertreten  sind:  abgesehen  von  den  vedischen  Schriften,  die  hier  in 
Betracht  kommen ,  sei  bloss  auf  das  südindische  Mahäbhärata  und 
auf  das  südindische  Paöcatantra  hingewiesen.  Die  meisten  dieser 
Werke  lassen  sich  nicht  endgültig  herausgeben  und  gebührend  für 
die  Forschung  verwerten ,  so  lange  man  aus  Madras  und  Tanjore 
nur  Kopien  und  keine  Originale  erhalten  kann. 


206 


Basar- Vesali. 

Von 
Dr,  Th.  Bloch  (in  Calcutta). 

(Aus  einem  Briefe  von  ihm  an  E.  Windisch.) 

Basar,  Distriet  Muzatfarpur, 
21.  12.  03. 

„  .  .  .  Ich  bin  augenblicklich  hier  in  Basar ,  im  Distriet 
Muzaffarpur,  mit  Ausgrabungen  beschäftigt.  Vincent  Smith  hat 
ja  neuerdings  wieder  gewichtige  Gründe  ins  Feld  geführt  dafür, 
dass  die  Lage  des  alten  Vaisali  hier  zu  suchen  ist.  In  dem  alten 
Furt .  nördlich  vom  Dorfe  Basar ,  das  die  Leute  jetzt  Räjä  Bisäl 
kä  garh  nennen,  und  in  dem  man,  falls  die  Identification  von  Basar 
mit  Vaisali  richtig  ist,  die  alte  Königsburg  der  Licchavis  vermuten 
darf,  fand  ich  an  einer  Stelle,  wo  nach  dem  Glauben  der  Ein- 
geborenen der  Palast  Räjä  Bisäl's  gestanden  hat,  eine  grosse  Anzahl 
von  Thonsiegeln  mit  Inschriften,  etwa  500  im  Ganzen.  Sie  lagen 
etwa  9  bis  10  Fuss  tief  in  einem  kleinen  Zimmer,  13  Fuss  6  Zoll 
im  Quadrat,  das  mit  Topfscherben,  Knochen,  verkohltem  Holz  und 
Reiskörnern  und  sonstigen  Abfällen  angefüllt  war.  Ein  Siegel  hat, 
wie  mir  scheint,  allgemeineres  Interesse.  Es  ist  ein  Oval,  21/4  Zoll 
lang  und  l3/4  Zoll  breit.  Oben  findet  sich  die  Figur  eines  sitzenden 
Löwen,  das  Gesicht  nach  links  gerichtet,  darunter  eine  horizontale 
Linie,  und  alsdann  folgende  Inschrift  in   4  Zeilen : 

(1)  Maliäräjädhiräja-sri-Candragupta- 

(2)  patnl  mahäräja-sri-Govindagupta- 

(3)  mätä  mahädevt  sri-Dhru- 

(4)  vasväminl. 

Die  Schriftzüge  lassen  keinen  Zweifel  daran ,  dass  einer  der 
beiden  Candraguptas  aus  der  sogenannten  Imperial  Gupta  Dynasty 
gemeint  ist.  Für  die  Frage,  welcher  von  beiden,  dürfte  ins  Gewicht 
fallen ,  dass  auf  einem  anderen  ebenda  gefundenen  Siegel  folgende 
Inschrift  steht: 

Sri  -  Ghatotkacaguptasya. 

Dies  ist  sicher  der  Vater  des  ersten  Candragupta,  der  uns  aus 
den  Inschriften  als  Mahäräja-sri-Ghatotkaca  bekannt  ist.  Ein 
zweites ,  jedoch  stark  beschädigtes  Exemplar  des  Siegels  mit  dem 
Namen  Candragupta  hat  sich  auch  gefunden.  Es  ist  klar,  dass 
das  Fort  zu  verschiedenen  Malen  bebaut  war,  da  sich  bis  zu  einer 
Tiefe  von  12  Fuss  überall  verschiedene  Überreste  von  Backstein- 
mauern  finden,  ohne  jeden  Zusammenhang  unter  einander." 


207 


Anfrage. 

Der  Redaktion    geht    durch  Vermittlung    des   Herrn  Dr.  Johs. 
Baensch-Ürugulin,  hier,  das  nachstehende  Schreiben  zu: 

Sir, 

Will  you  be  so  kind  as  to  belp  on  the  search  for  a  missing 
MS.  by  allowing  me  to  make  its  loss  known    in  your  columns? 

It  is  that  copy  of  the  Tm-ki  text  of  the  Emperor  Babar's 
Meinoirs  which  the  Hon.  Mountstuart  Elphinstone  lent  to  Dr.  Leyden 
and  to  Mr.  W.  Erskine  for  their  translations. 

There  can  be  no  doubt  that  it  was  in  the  Advocates'  Library 
of  Edinburgh  in  1848.    No  trace  of  it  can  now  be  found  there. 

If  any  of  your  readers  has  knowledge  of  the  existence  of 
a  copy  of  the  Babar-nama  (which  is  variously  entitled  also  the 
Tuzuk-i-babari  and  the  Waqiat-i-babari),  he  would  confer  a  real 
Service  by  giving  news  of  it  to  the  writer  of  tbis  letter. 

Annette    S.    Beveridge, 

Member  of  the  Royal  Asiatic  Society. 

Pitfold 

Shotterraill 
Haslemere  R.  S.  0. 


208 


Anzeigen. 

'Oumära  du  Y einen,  sa  vie et  son  ceuvrre  par  Hartwig 
Derenbourg.  Tome  pr  emier  1897,  tome  second  1902. 
Publications  de  TEcole  des  Jangues  orientales  Vivantes. 
Paris.     Leroux. 

DjanadT  sagt  ('Oumära  ©öpf.),  dass  'Omära  nach  Ibn  Khallikän 
aus  Marfan,  einer  Stadt  im  Wädi  Wasä'  gebürtig  war,  dass  er  aber 
selbst  az-Zarä'ib  im  Mikbläf  Solaymänl  als  seinen  Geburtsort  nennt. 
Letztere  Angabe  findet  sich  in  'Omäras  Geschichte  von  Temen,  ed. 
Kay  S.  H  ,  mit  dem  Zusatz ,  dass  diese  Örtlichkeit  zum  Gebiet  des 
Ibn  Tarf  gehört,  d.  h.  nach  Ibn  Hauqal  f.,  10  'Aththar.  Yäqüt 
sagt  (III,  v.v,  3 — 6),  dass  sie  amFusse  der'Ukkäd  oder  al-'Okwatän  ge- 
nannten zwei  Berge  lag.  Erstere  Angabe  rührt  aber  auch  von  'Omära 
selbst  her  und  zwar  liest  man  sie  in  seinen  Nukat,  Derenbourg  v,  wo 
Mortän.  Nach  dieser  Stelle  liegt  Martän  11  Tage  südlich  von 
Mekka,  nach  |f,  7  nur  9.  Ersteres  scheint  genauer  zu  sein.  Yäqüt 
rechnet  das  Wädi  Wasä'  zu  'Aththar,  das  10  Tage  von  Mekka 
entfernt  ist  und  nördlich  vom  Mikhläf  der  Hakam ,  des  Stammes 
'Omäras,  liegt.  Hamdäni  erwähnt  in  seiner  Geographie  der  Arabischen 
Halbinsel  keine  dieser  Örtlichkeiten.  Wir  dürfen  aber  schliessen, 
dass  die  Gegend  von  Martän  az-Zarä'ib  hiess,  und  dass  der  Mikhläf 
Solaymäni  (vgl.  öfi)  zum  Mikhläf  Hakam  gehörte.  Die  daselbst 
wohnenden  Araber  hatten  nach  'Omäras  Zeugnis  ihre  Sprache  in  der 
ganzen  Reinheit  und  Vollkommenheit  der  Heidenzeit  erhalten,  da 
sie  von  altersher  allen  Umgang  mit  den  Stadtbewohnern  vermieden 
hatten.  Graf  Landberg  hat  in  seinen  Arabica  V,  113  f.  schon 
auf  diesen  Bericht  aufmerksam  gemacht.  Sie  waren  ruhige  Leute, 
die  aber  die  Wissenschaft  eifrig  pflegten,  so  dass  'Omära  erklären 
konnte,  dass  seine  Väter  bis  zum  elften  aufwärts  alle  verdienstliche 
Schriftsteller  gewesen.  Diesen  verdankte  'Omära  seine  grosse  litte- 
rarische Begabung. 

Er  war  ungefähr  515  geboren,  ging  531  nach  der  Hochschule 
in  Zabid,  und  wurde  daselbst  allmählich  ein  reicher  und  angesehener 
Mann.  Das  dauerte  bis  549,  in  welchem  Jahre  er,  für  sein  Leben 
besorgt,    nach    Mekka    ging.      Der   Emir    Qäsim    ibn    Häshim    ibn 


de  Goeje,   Derenbourgs  'Oumära  du  Yemen.  209 

Folayta  schickte  ihn  dann  als  Gesandten  nach  Ägypten,  wo  er  550 
ankam ,  als  der  Fatimide  al-Fäiz  Khalif  war  und  Ibn  RozzTk  sein 
allmächtiger  Minister.  Hier  wusste  er  gleich  durch  den  Zauber 
seines  Wortes  (das  Gedicht  findet  sich  rf  ff.) ,  im  Grunde  eine  un- 
geheuere Schmeichelei,  die  Gunst  des  Khalifen  und  des  Ministers 
zu  gewinnen.  551  schickte  ihn  der  Emir  von  Mekka  abermals 
als  Gesandten  nach  Ägypten.  Er  wurde  anfänglich  nicht  zugelassen, 
da  man  ihn  beschuldigt  hatte,  die  Lehre  der  Fatimiden  angegriffen 
zu  haben  (vgl.  I^r)-  Er  wusste  jedoch  allen  Verdacht  von  sich 
abzuwenden  und  wurde  so  gefeiert,  dass  er  beschloss  in  Ägypten 
zu  bleiben.  Anfangs  weigerte  er  sich ,  der  Fatimidischen  Lehre 
beizustimmen  (ff  f.,  IH  f.) ,  und  sagte  dass,  auch  wenn  er  nicht 
überzeugter  Sunnite  wäre,  der  Stolz  ihn  von  einem  Übertritte  ab- 
halten würde.  Als  aber  Ibn  RozzTk  ihn  mit  einem  schmeichelhaften 
Gedichte  und  3000  Goldstücken  dazu  einlud ,  gab  er  nach  (f  1 ,  2). 
Ibn  Khallikän  meint,  er  wäre  stets  ein  eifriger  Sunnite  geblieben, 
und  so  urteilt  auch  Kay  (Introduction  VI),  allein  wenn  man  seine 
an  die  Khalifen  gerichteten  Gedichte  liest,  ist  kein  Zweifel  möglich 
(vgl.  öfv,  1),  und  seine  Teilnahme  an  der  Verschwörung  569  würde 
sonst  unerklärbar  sein. 

Er  wurde  jetzt  Hofpoet  und  erhielt  dafür  ein  Gehalt,  das  ihm 
aber  nicht  genügte ,  so  zu  leben ,  wie  er  es  wünschte.  Für  das 
Mehr  war  er  auf  die  Geschenke  seiner  Gönner  angewiesen.  Dafür 
musste  er  sich  freilich  ziemlich  viel  gefallen  lassen.  Der  eine  oder 
andere  grosse  Herr  schickte  dem  Dichter,  obgleich  er  ihn  nicht 
persönlich  kannte ,  einfach  ein  Geschenk  mit  der  Bitte ,  dieses  mit 
einem  Lobgedicht  zu  beantworten  (irf).  Ein  Herr  fragte  ihn,  warum 
er  in  seinen  Versen  wohl  seinen  Vetter,  nicht  aber  ihn  selbst 
genannt  hätte ,  und  befahl  ihm  auf  ihn  ein  Gedicht  zu  machen. 
'Omära  antwortete:  „Wenn  du  etwas  gemacht  hast".  Da  lachte  er 
und  Hess  ihm  zehn  Goldstücke  geben.  Der  Dichter  schickte  sie  zui-ück 
und  verneinte,  dass  ihm  damit  etwas  geschenkt  sei.     Als  der  Herr 


ihm  dann  so  viel  gegeben ,  als  'Omara  anständig  fand  (a.J 
Jsilj  La),  machte  er  das  verlangte  Lobgedicht  (iro).  Er  wurde  so 
ein  Meister  in  der  Bettelkunst  (xajLwLJI  £  cLJi  Joji>  f öi)  und 
fühlte  selbst,  dass  man  ihn  deswegen  kaum  als  einen  ehrenhaften 
Menschen  betrachtete  (iüüUobK  ^  KajL-LJI  ^X> -f>\  J^äs  f  Ar 
1.  Z.).  Als  Hofpoet  musste  er  bei  jeder  Gelegenheit  ein  Gedicht 
vortragen ;  einmal  wurde  ihm  sogar  befohlen  eins  zu  improvisieren 
(1a).  Er  büsste  dabei  aber  nicht  ganz  seine  bessere  Natur  ein. 
Als  die  Familie  RozzTk  gefallen  war,  konnte  'Omära  nicht  ein- 
stimmen in  den  Chor  derjenigen,  die  ihre  früheren  Wohltäter 
verleumdeten ,  und  sprach  das  öffentlich  aus  gegen  Säwar .  ihren 
Bd.  LVIII.  14 


210  Anzeigen. 

Nachfolger,  der  es  recht  von  ihm  fand  (v.)  und  vielleicht  dadurch 
bewogen  wurde  der  Bitte  'Omäras  zu  willfahren,  dass  er  künftighin 
sein  Gehalt  nicht  länger  als  Hofpoet  erhalten  sollte ,  sondera  als 
freie  Gabe  (Av,  3 ;  vgl.  aP1,  1  ff.,  a1,  4).  Leider  geschah  die  Zahlung 
des  Gehaltes  unregelmässig ,  so  dass  der  Dichter  genötigt  war,  die 
Bettelei  fortzusetzen.  Bei  Saladdin  vermochte  er  sich  nicht  ein- 
zuschmeicheln. Besser  erging  es  ihm  mit  dessen  Ratgeber ,  dem 
Qädl  al-Fädil,  der  seine  Bedeutung  als  Dichter  und  Schriftsteller 
zu  würdigen  wusste. 

Anfang  467  machte  Saladdin  dem  Khalifate  der  Fatimiden  ein 
Ende.  'Omära  sprach  seinen  Schmerz  über  dieses  Ereignis  in 
mehreren  Trauergedichten  aus,  so  dass  er  nach  Ibn  Doqmäq  (Deren - 
bourg  öo.)  mehr  als  einmal  mit  dem  Tod  bedroht  wurde  und  nur 
durch  al-Fädils  Fürbitte  entkam.  Einige  der  feurigsten  Anhänger 
der  Fatimiden  beschlossen  einen  ernsten  Versuch  zu  machen ,  die 
gefallene  Dynastie  wieder  herzustellen  und  'Omära  wurde  mit  hinein- 
gezogen. Sein  Anteil  an  der  Verschwörung  bestand  darin,  die  Trauer 
um  die  Fatimiden  lebendig  zu  halten  und  Saladdin  von  einem  grossen 
Teile  seiner  Truppen  zu  entblössen.  Das  geschah  auf  folgende  Weise. 
Saladdin  war  zwar  Herr  von  Ägypten,  aber  nur  als  Statthalter  von 
Nureddin ,  der  von  seinem  Untergebenen  unbedingten  Gehorsam 
forderte  und  schon  durchschimmern  liess,  dass  die  zu  selbständige 
Haltung  Saladdins  ihm  nicht  gefiel.  Saladdin  wusste  ihn  mit 
demütigen  Bezeugungen  zeitlich  zu  beschwichtigen ,  dachte  aber 
daran ,  für  sich  und  sein  Haus  eine  Zuflucht  zu  stiften ,  für  den 
Fall,  dass  Nureddin  nach  Ägypten  kommen  sollte.  Er  hatte  erst 
das  Auge  auf  Nubien  gerichtet,  wohin  er  seinen  Bruder  Türänshäh 
schickte.  Diesem  aber  gefiel  das  Land  nicht.  Dann  dachte  er  an 
Südarabien.  Vielleicht  hatte  'Omära  ihm  dies  suggeriert.  Jeden- 
falls spannte  dieser  alle  seine  Energie  an,  Türänshäh  dazu  anzufeuern 
(HC  f.,  IIa)  und  zwar  absichtlich  (IH ,  8  f.).  Derenbourg  schreibt 
Avant-propos  XXVI,  dass  Saladdin  'Omära  gebrauchte,  um  Türänshäh 
für  den  Zug  nach  Yemen  zu  begeistern  „pour  le  debarrasser  d'un 
rival  en  Egypte".  Ich  bezweifle  die  Richtigkeit  dieses  Motivs. 
Die  Verschworenen  waren  sowohl  mit  den  Franken  als  mit  den 
Assassinen  in  Korrespondenz  getreten  und  hofften  schon  ihr  Ziel 
zu  erreichen ,  als  durch  Verrat  eines  der  ihren  das  Komplott  ent- 
deckt wurde  (Weil  III,  349).  Man  erzählt,  dass  al-Fädil  nochmals 
versuchte  'Omära  zu  retten ,  dieser  aber ,  dem  Qädl  nicht  trauend, 
den  Fürsten  bat,  nicht  nach  al-Fädils  Rat  zu  handeln.  Da  sagte 
dieser:  „Bei  Gott,  er  legte  Fürbitte  für  dich  ein"  (HT).  Dies  ist 
aber  unwahrscheinlich  nach  al-Fädils  eigenem  Bericht  (f1f"ff.)  und 
nach  den  Stellen  f1A  ofv,  öö.-  Wohl  aber  scheint  historisch,  dass, 
als  man  'Omära  zur  Hinrichtung  abführte ,  dieser  bat  ihn  an 
al-Fädils  Wohnunsr    vorbeizuführen,    und    als    er    dessen  Haus   ver- 


de  Goeje,  Derenbourgs  'Oumära  du  Temen.  211 

schlössen  sah,  auslief:  „Al-Fädil  hat  seine  Tür  verschlossen,  jetzt 
kann  nur  ein  Wunder  noch  Rettung  bringen".  Er  wurde  gehängt 
im  Ramadan  569. 

Wir  besitzen  von  'Omära  eine  Geschichte  von  Yemen,  deren 
Ausgabe  wir  Kay  verdanken.  Ausserdem  sind  von  seinen  Arbeiten 
übrig:  Berichte  über  die  Ägyptischen  Vezire  und  andere  grosse 
Herren,  die  er  selbst  gekannt  hatte,  Berichte,  die  sich  grösstenteils 
auf  sein  Verhältnis  zu  diesen  beschränken ;  dann  verschiedene  Briefe 
in  gereimter  Prosa  und  eine  Sammlung  Gedichte.  Derenbourg 
hat  sich  sehr  verdient  gemacht ,  dies  alles  herauszugeben  und 
dazu  alle  noch  nicht  veröffentlichten  Berichte  über  den  Dichter 
mitzuteilen.  Ich  habe  alles  mit  grossem  Interesse  gelesen,  mit  Aus- 
nahme einer  Anzahl  Lobgedichte.  Denn  ob  man  gleich  die  Kunst- 
fertigkeit des  Dichters  bewundern  muss,  der  immer  neue  Variationen 
zu  dem  Thema  hervorbringt,  so  fühlt  man  doch,  dass  das  Lob  nicht 
von  Herzen  kommt  und  dass  das  einzige  Ziel  ist,  die  Schnüre  des 
Beutels  zu  öffnen.  Man  kann  es  darum  nicht  besonders  bedauern, 
dass  ein  grosser  Teil  dieser  Verse  bei  der  Feuersbrunst  in  'Omäras 
Haus  umgekommen  ist.  Einige  Gedichte  sind  schön.  Rührend  ist 
das  Trauerlied  über  seine  Gattin  pvl  ff.  Seine  erotischen  Gedichte 
sind  bisweilen  lasciv,  haben  aber  grössere  Originalität  als  die  Bettel- 
gedichte. Scbmähverse  sind  nur  wenig  da.  'Omära  erzählt  ff",  dass 
er  seinem  Vater  geschworen  habe  gegen  keinen  Muslim  einen 
solchen  zu  machen  und  dass  er  diesen  Eid  gehalten  habe,  mit  einer 
Ausnahme ,  als  Ron  Rozzlk  ihm  befahl  einem  andern  Dichter  zu 
antworten.     Die  übrigen  sind  gegen   Christen  gedichtet. 

Die  Bearbeitung  Derenbourgs  verdient  alles  Lob.  Ich  habe 
nur  die  folgenden  kleinen  Verbesserungen  vorzuschlagen : 

P,  10  iüj  kann   kaum    richtig    sein.     Man    denkt    zunächst    an 

ÄJ-,  das  aber  n.  vicis  ist.    Vermutlich  ist  »S   „Lässigkeit"  zu  lesen. 


I.,  10  lies  LotX'ä  (wie  richtig  z.  B.  |f\  1.  Z.J. 
II,  -r>  (jyi.^  lies  yyL>. 
If",  5  *.L>  lies  beidemal  xls*. 

Ia,  7  <u5\\i>   jUjuj-     Vermutlich   ist  y^iXs»  zu  lesen. 
rT1,    2.      Mit    Vergleichung    von    Anm.    1     ist     wahrscheinlich 
I^vsuäÜ  statt  (j-^xä^l  zu  lesen. 

Pv,  13     A^=»-J|   a,o   yU^U*,Ls.     Vermutlich   ist  Jo-Ji   ^  zu 
lesen:   „und  nehmt  auf  euch  die  Beschenkung  des  Mannes". 

14* 


212  Anzeigen. 

f.,  16  ^JLw  lies  jJLl. 

ft,  1    lies  xjj-sw:    „er  begnügte  sich   nicht    damit    mir  Wohl- 
taten zu  erweisen,  sondern  verlieh  mir  auch  Würde". 
fr,  6  lies  L«  ^15  J^.ä.. 

fo,  10  lies  ^SSi\  Jsj^vjuj:  „und  die  dreitausend,  die  ich  neben- 
bei schicke,  sind  nur  als  ein  Geschenk  zu  betrachten". 

ot,  1.  Ich  halte  die  Lesarten  ,-wwLs?  und  ^-J^c  (Anm.  3  und  4) 
für  richtig. 

öf ,  10  äA*J  lies  s^Xxj  :  „Er  galoppierte  mit  einer  Anzahl  Lanzen". 


1v  1.  Z.  lies   JaJL«\. 
vt»,  7  lies  uüLfÜJi   j. 

vf",  3  lies  (jvj'LaJ;  6:  vor  *.x*  fehlt  etwa  iAj-j;  vorletzte  Zeile 
lies  iL*«   „just  neun  Monate"   und    .^L^. 

vö,  3  ist  wohl  ^Ls?' b  zu  lesen :  „durch  Männer  zu  improvisieren" 
d.  h.  gleich  kampfgerüstete  Männer  fertig  zu  haben.  Das  Wort- 
spiel   geht    bei    der  Übersetzung  verloren. 

aI  vorl.  Z.  statt    .yj,j>  lies  ,-tj<->. 

aP,  1   lies  ^>l^!    l\=>?  ^a.      Vgl.  Gl.  Tab.  unter  ö<sA. 


aö,   6    LjJlT  ist  entweder  üy'  oder  mit  AB  \JiS 


zu  lesen. 


aa,  10  lies  mit  BC  ^  statt    .yi, 

1.,  5    U  lies  U. 

ir,  1  lies  mit  C  jj  c^üoicli;  3  lies  aj£jjt. 

1i^,   7     Jjtää  lies  Jjcäs:   „der  dann  einen  tötet,    der  besser  ist 
als  sein  Vater". 

t.l,  3  lies  )La\S  als  Subjekt  von  8Uxi   ^  ^.v^s-S. 
Ut*  2   lies  är^jJ. 

1.1,  4   lies  IäjLw  wie  richtig  f(v   vorletzte  Zeile. 

II!,  4     U3t\s>    lies    Lü    Äi>    wie    C:    „lass     uns     über    etwas 
anderes  reden". 


de  Goeje,  Derenbourgs  'Oumära  du  Yrmen.  213 

||v  1.  Z.  Wenn  o.&J|  richtig  ist,  muss  zwischen  ^li'  und  J 
etwas  ausgefallen  sein,  z.  B.  JJj. 

IH",  5.  Aus  dem  Kontext  ei-hellt,  dass  J^>  statt  ^^»,  zu 
schreiben  ist. 

IH,  1  i^i^-wj  weiss  ich  nicht  zu  erklären.  Vielleicht  ist  (vgl. 
If.  vorl.  Z.)  (jOlJL.»  oder  JiXii.,  vom  Singular  ä.üCw,  zu  lesen,  äas 
auch  tff,  10  für  bonbonniere  (vgl.  Ihn  Batüta.  II,  352)  gebraucht  wird. 

({".,  7   lies  yio. 

tt**1 ,  1 — 2.  Zwischen  diesen  beiden  Versen  muss  ein  Vers 
(oder  mehr)  ausgefallen  sein,  in  welchem  der  Dichter  die  Bestrafung 
des  Türwächters  fordert. 

it^A,  2  lies  <t.X^>\ i:  „nichts  hilft  so  wie  eine  xx.;Juo  u;  7 :  Derenbourg 
schlägt  öl.  vor,  mit  Vergleichung  von  111  1.  Z.  ^üu^s^  zu  lesen. 
Ich  halte  die  Lesart  des  Textes  oLäJLo  für  richtig  in  der  Be- 
deutung „feine  (auserlesene)  Stoffe  aus  Alexandrien  oder  Damiette". 
S.  Ifl,  1  hat  man  dasselbe  Wort.  Eher  ist  III  o'Jj-U^w«  in  oLiäjLfl 
zu  verbessern. 

(f.,  7  lies  »  Lsr  ohne  teshdld. 

Ift,  1   lies  &.J...V*   »eine  Koncubine"  ;   7   ^..c.  lies  *_^-£. 

Iff,  9  lies  LüLj_e,  und  11  <joLc,  wie  Derenbourg  M  Anm.  2 
vorschlägt. 

Ift",  2   lies  mit  D   ^P:    „Er  ist  das  Subjekt,  sie  das  Prädikat". 

Ifö,  11  LjJut  muss  getilgt  werden,  da  10  und  12  zusammen- 
gehören: 1.  Z.  lies  Kai.. 

IfA,  8  tjj:  lies  iJJ;  (Verbum):  9  lies  A*^.. 

\f  1,  8.  Ich  halte  js.^o  für  die  richtige  Lesart ;  vorl.  Z.  ist 
wahrscheinlich  zu  lesen  ä.xj<\>^JS    ^Jj   o^i-i.      Ich    habe    auch    an 

Jus  gedacht  im  Sinne  von    .,Lo,    aber   jenes    gefällt    mir   besser. 
Iö.,  1   lies  vi^xJ-. 

Iöv,  9  lies  \J>S. 

-    ,£  -      l 

löl,  5  js.il.  ist  vermutlich  lXxiU  zu  lesen. 
II.,  3  lies  La^Lj  ohne  hamza;  4  lies     cs. 


214  Anzeigen. 


Hl,  1   lies   aJOtoy 


Hl1,  2  lies  ^^as.    „ich  habe  mein  Wort  gehalten". 

Ho,  3  lies  ocA*j. 

Ha,  3  lies   JOLJ   oder  ju*o!. 

tvf,  5  lies  SütAöJ. 

öS 

Ivl,  6  lies  Jilb) ;  10  ^5-ÄJ!  J^b  ist  unmöglich ,  sehr 
wahrscheinlich  ist  mit  B-  zu  lesen  ^.ÜJl   O-J    Ij. 

|Af,  10   ^wj.äj   lies  (j*^ftj. 

U1  1.  Z.  lieber  vJLs*jt. 

l*.v,  9  *3S  kann  schwerlich  richtig  sein.  Man  erwartet  L-J.J»! 
oder  etwas  derartiges. 

rr.  vorl.  Z.  lies  u$LoLj. 

fAf  1.  Z.  schlage  ich  vor  zu  lesen  u^yi  £  üc^L-cJ!   o.Li^*  J,. 

tiv,  3  lies  UiL^,  wie  richtig  l^v,  4. 

|*T1  1.  Z.  SicLaS:  B2  hat  iC&Ltzä,  was  mit  Vergleichung  von 
Paö,  1   die  richtige  Lesart  scheint. 

M*1.,  3  vi>JL>  muss  wohl  nach  B-  o»«Jb>.  sein. 

fTö,  11   \J*&f?.  ües  u*^-*^1. . 

rfi,  3  lies  *#». 

PVI   vorl.  Z.    Vor  y<UuS   ;_&£**  ist  vermutlich  o^j  ausgefallen. 

I^va,  5  ist  cL-ü  mir  unverständlich.  Man  erwartet  ein  Wort, 
das   Schmerz  oder  Beraubung  bedeutet :  vielleicht     A£i  ? 

H1   vorl.   Z.    lies     Jäi 

1^0,2     ^jjj  des  Textes  ist    richtig,    nicht    „^L's  oder    ,aaJs,  wie 

Derenbourg  &H  vorschlägt.  Es  ist  das  Subjekt  von  .!$>:  „Sage 
zu  'Ali  ibn  ab!  Tälib :  Qanbar  wird ,  nachdem  du  ihn  verlassen 
hast,  geringschätzt".     (Vgl.  Tab.  I,  j*Töv,  9.) 

ft*"i,  11   c\Xftc  lies  ^jJLc:    „so    möge    ich    in    der   Wüste    von 


de  Goeje,  Derenbourgs  'Oumära  du  Yemen.  21ö 

'Aydhäb  durch  Verschmachten  am  Weitergehen  verhindert  werden". 
Nur  der  JwaLc  spricht  beim  Schwören  von  sich  selbst  in  der  1.  Person; 

12  ist    gewiss,    wie    Derenbourg    vorschlägt,     sLjSUo     zu    lesen; 

13  oL**jL*J^  ist  wohl  Schi-eibfehler  für   .L*Ju*J\j. 

fft",  6  lies  ^L*   ^clXj. 

ff%  8   Li»   lies  Läj-, 

ffA,  11.  Ist  ..Lmj>_j  dialektische  Form  für  ..Laj»'j  oder 
Schreibfehler?  Letzteres  ist  mir  wahrscheinlicher,  da  sonst  bei 
'Omära  überall  ^>-i>)  geschrieben  ist ;  1.  Z.  ist  gewiss ,  wie  der 
Herausgeber  meint,     JLiJl  zu  lesen. 

fö.,  3  lies  *y-^5  (nicht  * 3?j, wie öt^l  und  löf  vorgeschlagen  wird). 

f  öP,  4   lies  M.t. ;   6  ^k^i  lies  JL**s ;   8    -s>   j,   lies   _c>   J, . 

fb\M,  4  p^Lj  lies  *"^L ;  1 1  lies  xLtol» ,  wie  der  Herausgeber  vor- 
schlägt;   12  ä.^.Ä^/9  lies  ä_4.Ä>^x. 

föf,  10  ^i'i.JjJ   ^5  lies  ^_j  ^tXjjJ   ^3. 

flf,  2  JLs  ist  wahrscheinlich  J  J,ä  zu  lesen;  vorl.  Z.  lies 
e$Jy^&3,  vgl.  fAö,  4. 

fV,  5  lies  ^|.  Die  Konstruktion  ist  -*i  —    ,.j     ^^|  oü>5    ..t». 

fv.  vorl.  Z.   ,*£**«   r,j  lies  ^^j    ,Jt. 

M,  7  jsis  lies  jjö. 

fvf  1.  Z.  ^  £+.b?  vielleicht  ^CjK+*o  ? 

fvö,  5  lies  v^oiL*!;  vgl.  fA1,  5  ^LJlXj. 

fAA,  4  ^+J.\    Jbäljj   lies  ^I^|    u^^. 

o.l,  1  lies  J.fcn ,  denn  die  Dauha  ist  ein  hoher  Baum;  5  ^.i 
lies  ^J;   10  lies  mit  G   ._£>. , 

olv  1.  Z.  jo  lies  .-w^-  In  (len  Handschriften  werden  beide 
sehr  oft  verwechselt. 

ovl,  5  JU?  lies  JL>\ 
övf,  8    «.äJLi*  lies    eÄJLi. 


216  Anzeigen. 

ovl,  6  ist  La5.  zu  behalten,  vgl.  die  Ausgabe  von  Rhodoka- 
nakis  S.  150. 

o1. ,  7.     Ich   halte    die  Lesart  der  Hs.   ,^A\  für  richtig.    Diese 

wäre  dann  auch  oll,  6  herzustellen.  —  12.  Ich  kann  aus  jüsLä»  nichts 
machen  und  verstehe  darum  den   Satz  nicht. 

elf  1.  Z.  und  IPö,  6  lies  *.ääÄj.  (Das  Verbum  jJjäj  wird  mit 
^  oder       Lc  der  Person  und  mit    .  *  des  Buches  konstruiert.) 

ir,  5   ^yuLc   j^  lies  ^yjLc    U. 

I.ö,  7  ic,^"  ist  mir  unverständlich.  Vielleicht  ist  (55-P 
,  Verschwörer"  zu  lesen,  nach  As  äs:  ic*-^'  ^S5»  d.  h.  15  w^'  A^>l 
und  Fäiq  I,  436,  wo  es  erklärt  wird  durch  J^    „ajl\äjI   £   <2U=4jLj. 

II.,  2  KjO. .     Ich  ziehe  das  einfache  K.jl>.   , schlecht"   vor. 

IIP,  2.     Die  Lesart       **wJ|   ol-ic  ist   besser,    da    der    J>j>  die 

angesprochene  Person  ist;  3   ^a|  vielleicht  _3|? 

Ein  Teil  dieser  Verbesserungsvorschläge  betrifft  nur  Druck- 
oder Schreibfehler.  Einige  kann  der  Herausgeber  vielleicht  noch 
verwerten  für  die  Biographie  des  Dichters,  welche  diese  stattliche 
Ausgabe  beschliessen  und  krönen  soll. 


Zugleich  mit  dem  zweiten  Bande  'Oumäras  erhielt  ich  die  erste 
Lieferung  des  zweiten  Bandes  vom  Katalog  der  Arabischen  Hand- 
schriften im  Escorial.  Diese  Lieferung  enthält  die  Bücher  über 
Moral  und  Politik.  Wir  sind  Prof.  Derenbourg  sehr  dankbar  auch 
für  diese  Gabe  und  sprechen  die  Hoffnung  aus,  dass  er  seine  zweite 
wissenschaftliche  Reise  nach  Spanien  bald  unternehmen  und  so  den 
Katalog  zur  gehofften  Vollendung  bringen  könne.  Die  Einleitung 
zu  dieser  Lieferung  enthält  eine  Liste  von  Addenda  und  Emendanda 
zum  ersten  Band.  M    j    de  Goeje. 


Barth,  Völlers1  Gedichte  des  Mutalammis.  217 

Die  Gedichte  des  Mutalammis,  arabisch  und  deutsch. 
Bearbeitet  von  K.  Völlers.  Leipzig  1903.  J.  C.  Hinrichs'sche 
Buchhandlung.  83  S.  8°.  (S.-A.  aus  „Beiträge  zur  Assyrio- 
logie  und  semit.  Sprachwissenschaft"  ,  herausg.  von  Friedr. 
Delitzsch  und  P.  Haupt,  Band  V.) 

Mutalammis ,  dessen  Gedichte  Völlers  mit  einer  Einleitung, 
Übersetzung  und  sehr  umsichtig  aus  der  arabischen  Litteratur  ge- 
sammeltem Anmerkungsmaterial  herausgegeben  hat,  ist  durch  die 
blutige  That  des  'Amr  b.  Hind  (nach  Nöldeke  554—68  oder  69) 
gegen  Tarafa,  dessen  Genosse  unser  Dichter  gewesen  und  gegen  den 
sich  ebenfalls  die  Verfolgung  des  Königs  richtete ,  zeitlich  fixiert. 
Väterlicherseits  gehörte  er  zu  demjenigen  Teil  der  B.  Dubei'a  aus 
den  Rebl'a-  Stämmen,   welche  den  Beinamen  Adgam  trugen  und  unter 

diesen  wieder  zu  den  KiiJ  ^\  (Dfw.  I,  4;  VII,  71)),  deren  Stamm- 
baum auf  Wahb  b.  Gulajj  b.  'Ahmas  zurückgeführt  wird.'2)  Als 
Clan  des  Dichters  nennt  der  Recensent  des  Diwans  die  B.  Kiläba;3) 
aus  der  betreffenden  Stelle  (VI,  17  b)  geht  nur  hervor,  dass  es  der 
seines  Neffen  (durch  seine  Schwester)  Tarafa  war.  Er  hält  sich 
aber  nicht  unter  seinem  väterlichen  Stamm  auf,4)  von  dem  er  immer 
mit  hoher  Achtung  spricht,  weilt  vielmehr  unter  den  Bekr  b.  Wä'il 
(Gedicht  I.  IV.  XII,  gewiss  auch  VII),  nach  'Atram  speciell  unter 
den  B.  Jaskur,  die  er  als  seine  AL:>I  bezeichnet.6)  Der  Über- 
lieferer des  Diwans  nimmt  daher  an,  dass  seine  Mutter,  die  nach 
den  Gedichten  einem  anderen  Stamm  als  den  Dubei'a  zugehörte 
(I,  4;  VII,  8),  eine  Jaskuritin  war;  Völlers  schliesst  sich  ihm  an. 
Aber  der  Inhalt  von  Gedicht  I  scheint  mir  mit  dieser  Annahme 
nicht  vereinbar  (s.  unten  zu  Gedicht  I),  die  wohl  erst  aus  der  Be- 
zeichnung ,M»„>.|  erschlossen  ist.     Richtig  scheint  vielmehr  die  An- 

gäbe  Ibn  al-Sikklt's,11)  dass  seine  Mutter  zu  den  B.  Därim,  speciell 
dem  Clan  Salmä,  gehörte  (Nr.  XXXIX).  Aber  der  Dichter  hielt 
sich  auch  bei  ihnen  nicht  auf,  sondern  bei  Bekriten ,  den  Jaskur, 
die  er  als  angenommene  Oheime  AL;>t  nennt.7)  Diese  verhöhnten 
ihn  wegen  seiner  Mutter  und  ihres  Stammes8)  (I,  1;  XXXIX  I;    er 


2)  Agh.   21,   187,   5f. 

3)  Einleitung  zu  Gedicht  VI. 

4)  Auch  nicht  dann,  als  er  sie  in  Gedicht  XIII  zum  Widerstand  gegen  einen 
Feind  auffordert;  s.  Vs.    1  a. 

5)  Siehe  I.  9;  VII,  8,  wo  freilich  die  Jaskur  nicht  genannt  sind. 

6)  Von    Völlers    zu     Fragment    XXXIX     beigebracht    und    treffend     mit 
Fragment  XXXIII  verglichen. 

7)  Für  den  Sprachgebrauch  siehe  zu  Gedicht  I. 

8)  Mit  seiner  Nichtzugehörigkeit  zu  den  Bekr  fiele  auch  die  von  Nöldeke 


218  Anzeigen. 

aber  rühmt  sich  ihrer  mit  edelra  Stolze  (I,  2).  Er  klagt  wiederholt 
über  ungastliche,  höhnende  Behandlung  bei  ihnen  (I.  IV,  18),  und 
nur  einmal,  wo  er  endlich  sich  von  ihnen  trennen  will,  lobt  er  un- 
gastliches Benehmen  (VII,  8).  Auch  mit  ihrem  Verhalten  Feinden 
gegenüber  ist  er  unzufrieden ;  wiederholt  fordert  er  sie  auf,  mehr 
kriegerische  Energie  zu  beweisen  und  sich  an  Beispielen  der  Ver- 
gangenheit ein  Muster  zu  nehmen  (IV.  XII).  Die  Ermahnung  zu 
kriegerischem  Widerstand  gegen  Feinde  widmet  er  einmal  auch 
den  väterlichen  Verwandten,  den  B.  Dubei'a,  die  ihre  den  HanTfa 
gegebene  Bürgschaft  einlösen  sollen  (XIII).  Leider  gestattet  der  ver- 
bliebene Teil  der  Gedichte  keinen  klareren  Einblick  in  die  Motive 
und  das  genauere  Verhältnis  dieser  Stammeskämpfe. 

Bekannt  geworden  ist  unser  Dichter  besonders  auch  durch  den 
Vorgang  mit  dem  heimtückischen  Brief  des  'Amr  b.  Hind ,  dem 
Tarafa,  des  Mutalammis  Genosse  und  Neffe,  zum  Opfer  fiel.  Be- 
stätigt wird  diese  KäA^-Geschichte  durch  II,  2b;  die  genauere  Art 
der  Tötung  Tarafa's  erfahren  wir  aber  nicht.  Der  Angabe  in  der 
prosaischen  Erzählung  von  Cod.  BM  (S.  45),  dass  ihm  die  Pulsadern 
aufgeschnitten  seien  ,  widerspricht  X ,  2 ,  wonach  seine  Rippen  mit 
dem  Wurfspiess    durchbohrt    wurden.      Nach    dieser    blutigen  That 

gegen  Tarafa  (xslj'id  VI.  10)  zieht  Mutalammis,  um  sich  vor  'Amr's 

Drohungen  zu  retten,  der  ihm  den  Eingang  in  den  'Iräq  verschworen 
hat ,  nach  Syrien ,  schleudert  zornige  Gedichte  gegen  'Amr  und 
reizt  die  B.  Kiläba  zur  Blutrache  für  ihren  hingemordeten  Stammes- 
bruder auf  (VI,  12 — 18).  —  Sonst  ist  nur  noch  ein  Lobgedicht  auf 
den  Jemeniten  Keis  b.  Ma'dlkarib  hervorzuheben  (XIV). 

Die  Ausgabe  Völlers'  beruht  auf  der  Handschrift  von  Kairo, 
die  sich  (in  der  Überschrift)  als  Recension  des  'Atram  und  'Abu 
'Obeida  im  Namen  'Asma'i's  bezeichnet1),  und  einer  Kollation  des 
Cod.  des  Brit.  Mus/s  (BM),  die  Völlers  der  Liebenswürdigkeit  Bevan's 
verdankte;  einiges,  wie  Gedicht  XV.  XVII,  fehlt  in  BM.  Neben 
Citaten  aus  Thorbecke's  Nachlass  kamen  noch  solche  aus  den  un- 
erschöpflichen Schätzen  Geyer's  hinzu.  Sehr  fleissige  Umschau  nach 
Citaten  und  Parallelen  hat  Völlers  selbst  jahrelang  gehalten. 

Die  Gedichte  sind  zumeist  in  recht  unvollständigem  Zustande 
überliefert  und  das  Verständnis  des  Zusammenhangs  oft  sehr  schwierig. 
Es  ist  mit  besonderem  Dank  anzuerkennen ,  dass  Völlers  trotzdem 
eine  Übersetzung  beigegeben  und  oft  in  schwierigen  Fällen  treffende 
Auskunft  gegeben  hat.  Unter  dankbarer  Anerkennung  des  von 
ihm    Gebotenen    möchte    ich    im    folgenden    nach    der    Reihenfolge 


ZA.   XVII,  404  mit  anderer  Folgerung  hervorgehobene   Schwierigkeit  weg,  dass 
das   j£-*^     ^y^r     ^^'  ^   n'cht  passe,  wenn  er  selbst  Bekrit  wäre. 

1)  Der  Scholiast  verweist  einmal  auf  sein   -,S>LäjJ    *»»jLXj     (zu  XIII,  6). 


Barth,  Völlers'1  Gedichte  des  Mutalammis.  219 

der  Gedichte  einiges  zum  Text  und  zum  Verständnis  der  Gedichte 
anfügen. 

Das  Gedicht  I  hat  die  Verwandtschaftverhältnisse  des  Dichters 
zum  Gegenstand.  Sein  Inhalt  ist  mit  den  genealogischen  Angaben 
der  prosaischen  Einleitung  dazu  (S.  18  =  166)  schwerlich  in  Ein- 
klang zu  bringen.  Nach  diesen  wäre  er  väterlicherseits  von  den 
B.  Dubei'a,  mütterlicherseits  von  den  B.  Jaskur,  bei  denen  er 
sich  auch  aufhielt,  abgestammt.  Aber  in  dem  Gedicht  klagt  er, 
dass  man  ihn  wegen  seiner  Mutter  schmäht  (Vs.  1)  und  nennt  als 
Schmähenden  den  Härit  (nach  der  prosaischen  Einleitung  Härit  b. 
al-Tau'am  dl- Jaskur  i),  der  doch  zu  dem  Stamm  seiner  Mutter  ge- 
hören würde.  Auch  in  Vs.  9  heisst  es,  dass  seine  mütterlichen 
Oheime  (3l«3»h  ihn  heruntersetzen  wollen,  er  aber  seine  Mutter 
nicht  verlassen  (10)  und  kein  Anhängsel  des  Stammes  der  Spotten- 
den werden  wolle  (15).  Es  ist  nicht  glaubhaft,  dass  die  B.  Jaskur, 
wenn  seine  Mutter  wirklich  zu  ihnen  gehört  hätte,  ihn  gerade 
wegen  dieser  Mutter  geschmäht  hätten,  und  Vs.  15  bliebe  zudem 
ohne  Sinn.  Diese  Momente  bekräftigen  vielmehr  die  andere  Über- 
lieferung,1) nach  welcher  der  Dichter  mütterlicherseits  zu  den  1>. 
Salmä  von  den  B.  Dar  im  gehörte  und  sich  nur  freiwillig  und 
fälschlich    an    die  B.  Jaskur    angeschlossen    hatte,"2)    die    dann    ihm 

gegenüber  seine  därimitische  Mutter  schmähten ;   vgl.  das  x*\   s.ac. 

(so  lies  für  »,ac»)  in  der  Prosa  zu  Fragment  XXXIX,  welches  genau 

dem    ALs>,      -xi     _5-aäj    in    Gedicht   I,  Vs.  1    entspricht.      Die    B. 

u     J    (-5,     i_5V;    • 

Jaskur  nennt  er  dann,  weil  er  sich  an  sie  angeschlossen  hat, 
\\*s>\  ;3)    nachdem    sie    ihn    aber    wegen    seiner    Mutter    verspottet 

haben    (1,   9)    und    ihn    nur    als  Anhängsel    (ajÜ;   Vs.  15   =   £>yjt 

a.  a.  0.)  betrachten ,  erklärt  er ,  von  seiner  Mutter  sich  nicht  los- 
zusagen und  beruft  sich  daneben  auf  seine  väterliche  Abstammung  von 
den  B.  Buhta  (von  Dubei'a),  bei  denen  er  verharre,4)    „wo  immer  er 


1)  Fragment  XXXIX   aus  Islal.iu-1-Mantiq.     Vgl.  Völlers  in  der   Einleitung 
S   :;,   Anna.  ***,  der  noch  auf  Fragment  XXXIII  verweist. 

2)  Vgl.   die  prosaische  Erklärung  aus  Islähu-1-Mantiq.  zu  Gedicht  XXXIX, 

>  - 
in  welcher  der  Jaskurite  al-Härit   vom  Dichter  sagt:   LLaS  (so  lies)   Sd^Xa    *$> . 

Das  _bfcix  wird  mit  J»xr>J,        £j  erklärt. 

3)  So  wird  Agh.  XIV,  94,  28  =  XVI,  22,  30  der  A  dop  ti  v  erzieher  der 
Mutter  Lebld's  der  ^L>  LebTd's  genannt. 

4)  Vs.  4  übersetze:    „Glaubst  Du,  dass  ich  mich  von  den  B.  Buhta  trenne." 


220  Anzeigen. 

auch  sei"  (4  b,  d.  h.  wie  jetzt  unter  den  B.  Jaskur) ;  vgl.  VII,  7.  — 
Vs.  18  ist  zu  fassen:  „Wenn  der  Strick  .  .  .  fortwährend  gedreht 
wird,  so  reisst  er  notwendig". 

Gedicht  II,  Vs.  3b  meint:  „Derer,  die  man  kennt  und  die 
man  nicht  kennt".  —  Vs.  4b:    „'Urqüb  ist  ein  Beispiel  für  ihn".  — 

S.  25.  In  dem  Vs.  2b  des  Tarafa  übersetze:  „nicht  Hess  ich  die 
Sonne  und  den  Mond  sie  hüten",  d.  h.  sie  ohne  Hirten  sein.  — 
S.  26,  Z.  13.     Ob   cUxb  durch  )LxJu^iA  erklärt  sein   könnte,    ist    zu 

bezweifeln;  es  wird  cLLo,  als  dialektisches  Wort  für   „Teich",  ein- 
zusetzen   sein.1)  —  S.  27,  Z.  15.      Lies  ^^   L«    „was    uns    lieb 
ist".  —  S.  28,  2.     Lies  JJU  als  Prädikat  von  U,  das  =  ^^J  ist. 
In  Gedicht  III,  1  entspricht  dem  Zusammenhang       äs!    »^jütM 

wie  IQut.  und  Jäqüt  haben ,  oder  ein  Synonym  davon.  Nöldeke 
hält  freilich  für  möglich,  dass  es  eine  erleichternde  Verbesserung  für 
das  dunkle   »,Xi\  sei. 

Gedicht  IV  hat  zu  seinem  Kerne  (Vs.  6 — 12.  15 — 17)  des 
Dichters  Vertreibung  aus  'Iräq  durch  'Amr  und  auf  Veranlassung 
von  Qäbüs  (12).  —  Vor  Vs.  6  würde  Vs.  20—22  gut  als  Naslb 
passen,  weil  das  isolierte  Uj  von  Vs.  6  durch  ä^Ls  ^  Vs.  20  seine 

Beziehung  fände;  siehe  die  Nachträge  S.  83.  —  Wie  weit  der 
andere  Teil  des  Gedichtes  mit  diesem  zusammenhängt,  ist  nicht 
mehr  sicher  zu  ersehen.  Jener  wendet  sich  gegen  die  B.  Bekr, 
d.  h.  die  Jaskur,  denen  der  Dichter  vorwirft,  Unrecht  feige  zu 
dulden  (1 — 5)'2),  gegen  ihn  selbst  als  Gast  unfreundlich  zu  sein 
(18 — 19).3)  „Wären  die  Unterstämme  der  Dubei'a4)  zur  Stelle,  so 
würden  sie  sich  mutiger  benehmen"  (13 — 14).  Die  beiden  Teile  des 
Gedichtes  können  zusammengehören,  falls  die  B.  Jaskur  dem  Dichter 
gerade  bei  Gelegenheit  des  Konfliktes  mit  'Amr  b.  Hind  den  Beistand 
verweigert   haben    (vgl.    die    letzten  Worte    der  Erzählung   in  Cod. 

BM  hinter  Gedicht  IX ,  S.  45).  —  Vs.  5.     Lies  \^,  wie  XII.  5, 

wegen    der   gleichen  Richtung   beider   Gedichtsteile.  —  Vs.  8.     Da 

man  |  Li  ,v*-ö,  nicht  LJa5>  \j*-*ä  konstruiert,  so  ist  (gegen  Hibatulläh) 

gemeint:    „als  wäre  er  ein  Feuer,  das  mit  der  Hand  (vom  Brand) 


1)  Völlers  stimmt  mir  brieflich  bei  mit  dem  treffenden  Hinweis  auf  cxÄ*o- 
.Holz  zum  Stauen  des  Wassers"   [vgl.  Tab.   II,   1521,   15]. 

2)  Wie  in  Gedicht  XII,  das  wohl  derselben  Lage  angehört. 

3)  Vgl.  Gedicht  I,  1  ff.  0  s  _  _, 

4)  Die  Wahb  Vs.  13   sind   die  (j*-*-5>i    qJ    ^i>    qJ    w*>V  . 


Barth,  Völlers'1   Gedichte  des  Mutalammis.  221 

entnommen  ist".  —  Vs.  9  Druckfehler  für  .«jSÜj  —  Vs.  12  b: 
.und  so   lange  Du  am  Leben  bleibst11.  —    18  b.      Für  ,  w».,*o^  lies 

,  >*..>*3?    „ein  elender  (ärmlicher)  Teil"  ;  vgl.  Tab.  II,  606,  16.  — 

Vs.  19  meint:  „Wenn  ich  für  meinen  Stamm  Eure  'Adl  [einen 
Unterstamm  der  Jaskur,  Wüstenfeld,  Tab.  C  16]  eintauschen  würde, 
so  wäre  ich  schwachsinnig". 

Gedicht  V  soll  sich  nach  Agh.  21,  187,  23  auf  einen  feind- 
seligen Angriff  der  B.  Duhl  b.  Ta'laba  b.  'Uqäba  auf  die  Dubei'a, 
mit  denen  sie  früher  verbündet  gewesen  seien,  beziehen.  Aus  dem 
Gedicht  selbst  ist  jetzt  nur  zu  entnehmen ,  dass  es  sich  um  einen 
Angriff  eines  Feindes  handelt,  gegen  den-  der  Dichter  seinen  Stamm 
zur  Gegenwehr  anfeuert  (1 — 5).  Die  Lage  ist  ähnlich  oder  gleich 
der  in  Gedicht  IV:  Wenn  auch  die  Hubeib,  d.  h.  Jaskur  (V.  13) 
nachlässig  sind ,  so  werden  die  B.  Dubei'a  (Gulajj ,  'Ahmas ,  Nadir 
[b.  Buhta,  s.  Agh.  21,188,  15]  nicht  schwächlich  zurückstehen. 
Vgl.  V,  13.  12  mit  IV,  13.  14.  Einiges  fehlt  jetzt.  Der  Gedanken- 
gang von  Vs.  9  ab  ist  etwa  dieser :  (9)  Im  Thale  von  al-'Ird  summen 
die  vielen  Fliegen  (sind  viele  Feinde  geschaart).  Der  Dichter 
erwartet  zunächst  von  den  Hubeib  (Jaskur)  Hilfe  (13);  ob  die  B. 
Qurrän  (V.  11)  ein  Zweig  von  ihnen  sind,  ist  unklar,  wie  auch 
Vs.  IIb  des  Nachsatzes  entbehrt.1)  Wenn  aber  die  Hubeib  nicht 
helfen,  so  sind  die  Stämme  der  Dubei'a,  die  Nadir,  Gulajj,  'Ahmas, 
dem  Dichter  ein  Schild  gegen  die  Feinde  (11).  Der  Vs.  12 
dürfte  hinter  13  gehören,-)  so  dass  „die  Schaar,  die  nicht 
sitzen  bleibt"   (13  b),  eben  die  Nadir  u.  s.  w.  (12),    die  väterlichen 

Verwandtenstämme  des  Dichters,  sind.  —  Vs.  1  lies  ^ilc\  wegen 
der  Maskuline  in  Vs.  2.  —  Vs.  3  giebt  y^lü!  keinen  passenden 
Gegensatz  zu  -,=^Ji  ;  es  wird  mit  Harn.  323 ,  der  auch  Bückert 
(Völlers'  Anm.  3)  gefolgt  ist,  (j*lJi   zu  lesen  sein ;  der  Vers  in  der 

Überlieferung  des  Diwans  bedeutet  dann:  „Tapferkeit  ist  nur 
das,  was  die  Leute  sehen  und  (als  Heldenthaten)  weiter  erzählen, 
Schwäche  aber  ist  .  .  .".  —  Vs.  7 :  „indem  es  mit  Steinplatten 
verblendet  und  mit  Gyps  beworfen  wurde". 

Gedicht  VI  ist  geschichtlich  ganz  deutlich.  Mutalammis  schmäht 
den  Amr  b.  Hind  wegen  seiner  That  an  Tarafa  (10  — 15)  und  reizt 


1)  Falls  nicht,  was  sehr  möglich,  mit  Harn.   324  Vs.  10  hinter   11   gehört 
und  mit  seinem    .^Ls  nochmals  dasselbe  Wort  von    IIb  aufnimmt. 

2)  Ham.  324    folgt    er    wirklich    hinter   13,    aber  Vs.  11.  1(»    stehen  noch 
dazwischen. 


222  Anzeigen. 

die  B.  Kiläba  zur  Blutrache  dafür  auf  (16 — 18),  indem  er,  vom 
'Iräq  ausgeschlossen ,  sich  nach  Syrien  wendet  (1 — 9).  Gegen  den 
Naslb  ist  m.  E.  nichts  einzuwenden.  —  Vs.  2b:  „wenn  nur  die 
lange  Liebe  (Dir)  etwas  nützen  könnte"  ;  vgl.  das  bekannte  JJ^  La 
IlX£  y5sJLc.  —  3b:  „wenn  aber  ihre  Liebe  mich  fernhält"  (imperfek- 
tisch wegen  \j\).  —  7.  Lies  |ÖL,  weil  es  ein  wiederholter,  gewohn- 

heitsmässiger  Zustand  ist.  —  IIb.  „Und  ich  glaube,  dass  Du  es 
zum  dritten  Male  mit  'Aswad  thust",  d.  h.  auch  diesen  aufgreifst. 
-  18.  Lies  l^Jlxa!  ^JOLc  jJjtJli  (vgl.  das  ^Xs^O  des  BM  und 
Agh.)  „und  den  Knecht  bei  Euch  tötet  für  Euren  Bruder".  Es 
ist  Der,  welcher  den  Tarafa  getötet  hat.  —  17  scheint  die  von 
Völlers  S.  69  *  übersetzte  Lesart  des  BM,  Agh.  die  bessere  zu  sein. 
In  Gedicht  VIT  will  der  Dichter  von  den  $ys>\,  d.  h.  den 
B.  Jaskur,  hinweg,  deren  Gastlichkeit  er  hier  einmal  anerkennt  (8  a), 
zu  den  B.  Dubei'a,  seinen  eigentlichen  Verwandten  (  xjJs  _.*JJi 
7.  8  b),  heimkehren ;  denn  man  hört  bei  den  Jaskur  nicht  auf  seine 
Aufforderungen  (5.  6).  Hierzu  vgl.  oben  zu  Gedicht  IV.  V.  —  Vs.  1. 
Lies  ]j>\  jc5  „welchen  von  meinen  beiden  Verwandten  (in  1  a) 
soll  ich  folgen"?  —  In  4b  ist  wegen  des  femininen  c^ob^  ein 
Plural  nötig;  entweder  (Cj3-  «die  öden  Stätten  der  'Auf"  oder 
^c^>  „die  Thäler",  was  Nöldeke  (brieflich)  bevorzugt.  Die  Ent- 
scheidung zwischen  beiden  liegt  in  dem  dunklen  «.JLLj.  Auch  dessen 
etwaige  Fassung  nach  IoUj  *JLb  =  Jo^ä  (Lane  nach  al-Sagänl): 
„ehemals  zog  man  vielfach  GcILi')  zu  den  öden  Stätten  (Thälern) 
der  'Auf"  genügte  nicht  recht.  —  10  b.  Für  das  unbefriedigende 
y*j_b  |j£.-c>  ^  vermute  ich  (j*»J=-  „m  einem  Heer  tapferer, 
hineinstürmender  (Krieger)";  der  Dichter  gebraucht  auch  in 
Fragment  XXX  ^«..^Ui  L^j!  u5ü  JJ  Jö  ^  das  Verb  in  der  Be- 
deutung, die  Gauh.  dafür  anführt:  g^Ci  *L_«j  ^S  ^5  jd!  i^_cr  .11  (wy>bH ; 
Asma'i   daselbst:  JydJb   v )"^Lb  ^\   i_^\ys-  u*U^   *Jf-       Dies    passt 


Barth,  Völlers'  Gedichte  cles  Mutalammis.  223 

auch  hier  vortrefflich,  und  graphisch  ist  es  leicht  verständlich,  dass 
eine  senkrechte  Falte  im  Papier  für  den  senkrechten  Strich  des  _b 
gehalten  worden  ist. 

Gedicht  VIII  ist  ein  Fragment,  das  den  ursprünglichen  Zweck 
nicht  mehr  erkennen  lässt.  —  Vs.  2  b.  ^gj  v3*>»  »und  sie  zur 
Eile  antreibt"  ;  \^j  steht  ungewöhnlich  für  den  Accusativ.  —  Vs.  5 
ist  der  Nominativ  (_>£_£.  des  ISikkit  (Völlers,  Anm.)  als  Prädikat 
und  Gegensatz  zu  jL&L&j  richtiger. 

Gedicht  XI,  2.      Lies  ^aasäs.  —  In  Vs.  4    ist    der  Umschlag 

in  die  dritte  Person  und  die  freundliche  Stimmung  gegen  den  Sohn 
im  Gegensatz  zu  3b  zu  unvermittelt;  es  fehlt  wohl  etwas  vorher. 
In  Gedicht  XII  sucht  der  Dichter,  wie  in  IV,  die  Bekr  (Jaskur) 
aus  feiger  Zurückhaltung  aufzurütteln.  Die  Vergleichung  von  XII,  1 
mit  IV,  1 ,  der  Hinweis  auf  das  gleiche  Ereignis  in  XTT ,  6.  7  wie 
IV,  4.  5  in  der  nämlichen  Tendenz  berechtigt  dazu .  die  gleiche 
Lage  wie  bei  IV  zu  vermuten ;  siehe  zu  Gedicht  IV.  —  Im  Schob 

o    - 

zu  XII,  1  lies  s^aaij:  er  erkennt  die  Erniedrigung,  d.  h.  „er  erträgt" 

sie.  —  Vs.  8:  „In  den  Ländern  draussen  ist,  wenn  man  (hier) 
Feindseligkeit  fürchtet,  ein  Ort,  wo  man  von  Denen  fern  ist,  die 
Böses  besorgen". 

Gedicht  XIII  fordert  er  einmal  die  B.  Dubei'a  aus  der  Ferne 

(1  a)  zur  Gegenwehr  gegen  Feinde  und  Einhalten  der  Bürgschaften 

,    s 
für  die  B.  Hanifa  (5)  auf.  —  Vs.  3    lies    ^?^ys|:    „besser    als    die 

Leute ,  die  sich  ihrem  Führer  widersetzen  —  schämt  Euch ,  mein 
Stamm!  —  sind  herumsitzende  "Weiber".  —  Vs.  5  würde  ich  ^fcäj! 
lesen  (vgl.  Afcäj  in  BM) :  „Soll  er  (der  Verleumder,  4  b)  sagen,  sie 
haben  den  Hanifa  ihr  Recht  nach  der  Verbürgung  verwehrt ,  oder 
(soller  sagen,)1)  sie  haben  (diese)  vergessen?"  —  Vs.  6a  ist,  wenn 
nichts  ausgefallen  ist,  LJljtS*  *J  zu  lesen;  vgl.  Vs.  2.  3.  „Wissl 
ihr  nicht,  dass  Baihas  .  .  ?" 

Gedicht   XIV,  Vs.  1.      Statt    jjjj*)    (oLuLiJi    ^Lo)    hätte 


1)  Hinter  *!  ist  J«Äj  aus  a  zu  subintelligieren,  weil  +\   .   .   .   \  —  hieran 
erinnerte  mich  Prof.  Nöldeke  —  sich  entsprechen  muss. 

2)  Es  ist  jj^xX-j  zu  vokalisieren:    „wenn   die  Bande  angeknüpft   (eig.  ver- 
mocht i  werden"    und  zu   vergl.   mit  Ibn   Qeis  al-Ruqejj.   LVIII,  '-> :   (Ich  empfehle 


224  Anzeigen. 

man  ein  Wort  wie  „schwach  werden"  erwartet;  vgl.  Zuh.  9 ,  3 : 
Uli-  lltfj  L^x  jL.il  gi3*>i  sowie  den  ^ers  Tab.  II,  1781,  3.  - 

of  G     - 

Vs.  2  lies  sLob  mit  BM.  —  Vs.  7  ist  das  überlieferte  _  i  Us 
gewiss  unrichtig;  denn  wie  sollte  es  ein  Lob  des  ^J^a  sein,  dass 
er  beim  Kommen  eines  Gastes  (davon  ist  in  a  die  Rede)  nicht 
„übermütig"  (Völlers,  Anm.  z.  St.)  sei?  Man  lese  daher  j  ^Ls 
(den  Gegensatz  zu  s;  vgl.  auch  Beid.  II.  ,\1,  1):  „Keis  ist  nicht 
betrübt,  ärgerlich,  und  nicht  mürrisch  (über  meinen  Besuch)". 
Als  Gegensatz    dazu   vgl.  z.  B.  den  Vers  Tahdlb  aö,  5 :    „Wenn  er 

mich  (als  Gast)  kommen  sieht,  wird  er  ärgerlich  (Li^S),  geht  unter 
seinen  Tieren  herum  und  ruft  sie  zu  sich  heran".  —  Vs.  8.  Lies 
ctjö  ^s.=>-j:  er  nahm  mich  „mit  Weite  des  Arms",  d.  h.  mit  weitem 
Arm    auf;    vgl.    s-aoJLj  LÜjLij  Tab.  I,  951,  1.    Das  xjU*^  x/to,!  ^ 

ist  wohl  von  diesem  ^j^j  abhängig,  obgleich  .y*  etwas  hart  ist: 
„mit  einer  Weite  des  Arms  (so  gross),  wie  sein  Land  und  sein 
Himmel".  —   10b.     Besser  y^x^r.  mit  BM. 

Gedicht  XV.  Das  Drohgedicht  gegen  'Amr,  im  Namen  eines 
Stammes  gesprochen ,  wird ,  wie  Völlers  nachweist ,  in  einzelnen 
seiner  Teile  auch  auf  andere  Dichter  zurückgeführt,    fehlt    in  BM, 

ist  also  zweifelhaften  Ursprungs.  —  Vs.  3.    o^jju  cLo  sind  wohl 

Orte  (vgl.  Völlers,  Anm.) ;  zu  der  Übersetzung  „  an  Spielplätzen"  u.  s.  w. 

würde    das     ys    kaum    passen.  —  Vs.   7    lies  oL>JdS».   —     ^ilxJU, 

i^ÄPJi  „und  der  eingeholte  Gefangene"  (kollektiv);  s.  Schol.,  d.  h. 
obgleich  wir  solche  verloren  haben,  besitzen  wir  doch  noch  (8) 
Rosse  u.  s.  w.  — ■  Vs.  12  übersetze:  „und  eine  ausgedehnte  Lager- 
stätte, an  deren  Seiten  die  Fahnen  wehen". 

Gedicht  XVI,  2  (Fragment)  lies  mit  der  Hs.  jj  :    „Es  schützen 

meinen  2  Söhnen)  l+^L^1,   xJLa5=»  ,^111     Li*.    .yC  L-*3j  (J^H  (J1-^  iM  9*-« 

Nur  erwartete  man  vor  unserem  Vs.  2  eher  „wenn  die  Bande  schwach", 
als   „wenn  sie  angeknüpft  werden". 


Barth,  Völlers   Gedichte  des  Mutalammis.  225 

sie  (die  Schaar  1  b) ,  dass  sie  nicht  zurückgetrieben  werde .  aus 
Stammeseifer  die  Reiter  u.  s.  w." 

Gedicht  XVII.  An  den  Hauptteil  1 — 8  schliessen  sich  fragmen- 
tarische unerklärliche  Elemente  an  (9  — 12).  Vs.  12  wird  bedeuten: 
„Da  fürchtete  er  sich;  sie  hatte  aber  in  seinem  Herzen  die  Stelle  eines 
Gewaltigen  eingenommen,  den  die  Lage  an  die  Spitze  gestellt  hat*. 

Gedicht  XX  b  vokalisiere   <*jjj. 

Gedicht  XXXI  übersetze:  „0  Tadler  der  Armut,  wirst  Du 
nicht  einhalten  ?  Der  Fehler  des  Reichtums  ist  grösser,  wenn  Du  es 
bedenkst.  Die  Erhabenheit  und  der  Vorzug  der  Armut  vor  dem 
Reichtum  ist  —  wenn  Du  richtig  schaust  —  dass  man  sich  Gott 
widersetzt,  um  Reichtum  zu  erlangen,  aber  nicht,  um  arm  zu  werden'". 

Gedicht  XXXIV.  Ein  kurzer,  sehr  scharfer  Riga  gegen  'Amr  b. 
Hind.  der  zu  des  Dichters  Lage  gut  passt.  In  Vs.  1 ;  jj^  ,vj  .  .+*..  "iJi 
v^aä/i  ,ac  passen  die  zwei  letzten  Worte  weder  als  £a>o  („der  nie 
errötet",    Völlers),    weil    i^JwOa    -ÄiJi    oder    'xi\    .±.b.    nötig    wäre. 

noch  als  V.>  zu  dem  Dual  "$3.  Es  ist  Vokativ:  „(Sprecht 
zu  'Amr:)  Du  Schamloser!"  Dass  das  Li  davor  fehlt,  aber  im 
nächsten  Glied  steht,  darf  man  der  •  ,J|  ä,»_/to  zu  Gute  halten.  — 
3a:   „so  wärest  Du  ein  solcher  mit  Streifen". 

Gedicht  XXXVI a.  „Wer  einen  Arm  hat,  erlangt  das  ihm  ge- 
waltsam Entrissene  wieder". 

Gedicht  XXXIX.  Vgl.  über  diese  gute  Überlieferung  oben 
zu  Gedicht  I. 

Es  ist  im  Obigen  zumeist  nur  das  Abweichende  in  Bezug  auf 
die  handschriftliche  Überlieferung  oder  die  Auffassung  der  dichte- 
rischen Stellen  zur  Sprache  gekommen.  Das  viele  Treffliche .  das 
Völlers  in  der  Übersetzung  für  das  Verständnis  der  oft  recht  dunkeln, 
unvollkommen  überlieferten  Gedichte,  wie  durch  seine  reiche  Um- 
schau nach  Parallelen  und  Citaten  in  der  arabischen  Litteratur.  von 
der  die  Anmerkungen  beredtes  Zeugnis  ablegen,  geboten  hat,  konnte 
hierbei  nicht  erwähnt  werden.  Dies  sei  zum  Schluss  ausdrücklich 
mit  gebührendem  Danke  für  die  wertvolle  Gabe  hervorgehoben. 

J.   Barth. 


LVIII. 


226  Anzeigen. 

Die  Lieder  eines  ägyptischen  Bauern.  Gesammelt 
und  übersetzt  von  Heinrieh  Schäfer.  Leipzig,  J.  C.  Hinrichs, 
1903,  8°,  XV,  149  S. 

Die  134  Lieder  dieser  Sammlung  wurden  vom  Herausgeber 
im  Winter  1900/1  während  der  Ausgrabungen  bei  Abu  Sir1)  nieder- 
geschrieben. Seine  Gewährsmänner  sind  ein  schwarzer  Bursche, 
dessen  Familie  aber  schon  lange  in  Ägypten  ansässig  war,  und  der 
Wächter  bei  den  Ausgrabungen,  Mahmud  el-'Itr  ('Etr),  nach  dessen 
Diktat  alle  Lieder,  auch  die  des  Südäni,  aufgezeichnet  wurden. 
Beide  stammten  aus  dem  benachbarten  Saqqära  (Saqqära)2).  Der 
Herausgeber  gesteht ,  ohne  arabistische  Vorbildung  zu  sein ,  er  hat 
daher  sein  Buch  auch  nicht  für  gelehrte  Zwecke  bestimmt,  sondern 
für  gebildete  Nilfahrer,  die  mit  Hilfe  dieser  Lieder  in  die  neu- 
ägyptische Volksseele  eindringen  wollen.  Indessen  bat  Prof.  Dr. 
A.  Fischer  die  Übersetzung  (und  damit  natürlich  zugleich  auch 
die  Texte)  von  Schäfer  durchgesehen,  und  wer  die  zahlreichen 
Klippen,  die  bei  einer  solchen  Arbeit  aufzutauchen  pflegen,  kennt, 
wird  mit  mir  vermuten,  dass  wir  es  hauptsächlich  dieser  Mitarbeit 
zu  danken  haben,  wenn  das  Buch  in  einer  auch  die  Arabisten  be- 
friedigenden Form  der  Öffentlichkeit  übergeben  werden  konnte.  In 
jedem  Falle  aber  gebührt  Schäfer  unsere  Anerkennung  für  den 
Fleiss,  mit  dem  er,  der  Ägyptologe ,  sich  in  das  Vulgärarabische 
Ägyptens  eingearbeitet  und  die  Sammlung  der  vorliegenden  Lieder 
sich  hat  angelegen  sein  lassen. 

Inhaltlich  zerfallen  diese  Lieder  in  mehrere  Gruppen.  1 — 13 
gehören  der  sogenannten  Ma<^"Ä-Litteratur  an,  d.  h.  das  Lob  Gottes, 
des  Propheten  und  der  lieben  Heiligen  wird  hier  gesungen.  14 — 23 
beziehen  sich  meist  auf  das  Familienleben  und  verschiedene  kleine 
Anlässe.  Hierbei  kann  man  16 — 19  als  Regenlieder  ausscheiden. 
Die  Stücke  28 — 38    beziehen    sich    auf  Freud   und  Leid    der  zwar 

schweren ,  aber  im  Vergleich  mit  der  alten  Frone  (s j<uJ|)  doch 
so  vorteilhaften  Ausgrabungsarbeiten.  39 — 62  enthalten  Varia,  der 
Schluss  63 — 134  behandelt  die  Erotik  in  mannigfacher  Färbung. 
Von  den  Stoffen ,  die  wir  in  Bauernliedern  erwarten  dürfen ,  fehlt 
also  nur  das  paränetisch  -  asketische  Element  (j^pJ!  Joe  Ji)  >  das 
man  in  den  Städten  vorzugsweise  aus  dem  Munde  blinder  Bettler 
vernimmt;  andererseits  sind  von  den  Lascivitäten  der  populären 
Erotik,  die  hier  nach  dem  Satze  „Naturalia  non  sunt  turpia"  be- 
urteilt werden  müssen ,  einige  Auswüchse  als  für  die  Sammlung 
nicht  geeignet  ausgeschieden  worden. 


1)  BusTr  gegenüber  dem  altberiihmten  Heluän ,  nicht  aus  dem  südlicher 
gelegenen  Büslr,  nach  dem  der  Dichter  der  Burda  und  der  Hamzlja  seine  Suhra 
erhalten  hat. 

2)  Zur  Namensform  vgl.  diese  Zeitschr.  41,  381  (unten). 


Völlers,  Schäfers  Lieder  eines  ägyptischen  Bauern.  227 

Auf  die  musikalische  Seite  der  Sache  ist  der  Herausgeber 
nicht  eingegangen  und  ich  bedauere ,  diese  Lücke  nicht  ergänzen 
zu  können.  Aber  auch  die  andere  Frage ,  ob  und  wie  weit  hier 
eine  gebundene  Sprachform  vorliegt,  ist  von  ihm  nicht  be- 
rührt worden.  Hier  möchte  ich  einige  meiner  Beobachtungen  mit- 
teilen; auch  für  den  Text  der  Lieder  ist  diese  Frage  keineswegs 
nebensächlich.  Da  es  sich  hier  um  echt  volkstümliche  Erzeug- 
nisse handelt ,  verlasse  ich  mich  vor  allem  auf  mein  durch  lange 
Übung  erworbenes  Sprachgefühl.  Beziehungen  auf  die  Formen, 
Regeln  und  Licenzen  der  Metrik  der  alten  Kunstpoesie  und  ihrer 
Ausläufer  vermeide  ich ,  selbst  da ,  wo  Berührungen  nahezuliegen 
scheinen.  Wer  imstande  ist  Erzeugnisse  dieser  Art  unbefangen  zu 
prüfen,  wird  bald  erkennen,  dass  diese  Poesie  so  gut  wie  die  echte 
Volkssprache  ihre  eigenen  Wege  geht.  Sehr  häufig  ist  die  einfache 
Form  der  Wiederholung  eines  Fusses.  So  finde  ich  in  Lied  1 
Frrilatun  Fä'ilätun,  ebenso  in  4.  13.  57;  ferner  Mustaf'ilun 
Mustaf'ilun  in  2.  6.  25.  33,  seltener  drei  Mustaf'ilun ,  das  Ilegez, 
in  83;  weiterhin  Mustaf'ilätun  Mustaf'ilätun  in  3.  16.  26.  29. 
31.  54.  Diesen  Formen  stelle  ich  die  rhythmisch  gemischten  Reihen 
gegenüber.  So  glaube  ich  Mustaf'ilun  Fa'ülun  (Maf'ülun,  Fä'ilun) 
in  9.  12.  15.  17.  18.  53.  58.  80.  81.  111  zu  finden;  oder  Fä'ilätun 
Mustaf'ilätun  in  30.  73.  111;  oder  Mustaf'ilätun  Fä'ilätun  in 
28;  oder  Mustaf'ilun  Mustaf'ilun  Fa'ülun  in  47.  72.  120;  oder 
Mustaf'ilun  Mustaf'ilätun  in  79,  vgl.  111.  112;  oder  Mustaf'ilun 
Fa'ü  in  21.  80;  oder  Mustaf'ilätun  Mutafä'ilätun  in  10.  Die 
aus  der  metrischen  Lesung  sich  ergebenden  Abweichungen  von 
Schäfers  Text  werde  ich  unten  bei  der  Besprechung  des  Textes 
und  der  Übersetzung  namhaft  machen. 

Mit  Recht  hat  Schäfer  darauf  hingewiesen  (S.  XII) ,  dass  wir 
bei  einigen  Liedern  eine  weitere  Verbreitung  annehmen  dürfen. 
Kehren  doch  sogar  gewisse  Stücke  in  verwandter  Form  in  Dalmans 
Palästinischem  Diwan  wieder  (Nr.  9.  10.  17.  76,  vgl.  Nr.  120  mit 
Dalman  S.  216  f.).  Anders  wird  es  mit  der  Gruppe  der  Aus- 
grabungslieder  stehen;  sie  dürften  alle  oder  zum  grössten  Teil 
lokale  Improvisationen  sein.  Auf  andere  Stücke  wird  durch  Parallel- 
texte einiges  Licht  geworfen.  So  ist  eins  der  Regenlieder,  Nr.  18, 
trotz  aller  Verschiedenheit  im  ganzen  dasselbe  Lied,  welches  Gold- 
ziher  um  1873  in  Kairo  hörte  (Zeitschr.  33 ,  612).  In  derselben 
Sammlung  von  Goldziher  finden  wir  (S.  627  f.)  ein  Stück,  in  dem 
zwei  bei  Schäfer  getrennte  Lieder  (Nr.  62  Totenklage,  und  Nr.  21 
Schlechte  Andacht)  durch  ein  drittes  bei  Schäfer  fehlendes  Stink 
verbunden  werden.  Hier  wie  in  dem  obigen  Fall  wird  teils  durch 
<li<  Varianten,  teils  durch  die  neue  Anordnung  die  Frage  nach 
dem  Znsammenhange  und  der  Tendenz  der  Lieder  eher  erschwert 
als  der  Lösung  näher  gebracht.  Wir  können  nur  hoffen,  von  neuen 
Aufzeichnungen  oder  von  weiterer  Erschliessung  der  Volkslitteratur 
befriedigende  Auskunft  zu  erhalten.      Die    zwei   Zeilen    von   Nr.  73 


228  Anzeigen. 

sind  nur  der  Anfang  eines  Liedes,  das  ich  mir  im  Jahre  1890  in 
l'suan  aus  dem  Munde  eines  blinden  Matrosen  in  folgender  Form 
aufzeichnete : 

[habbetak  hälis)1) 

iom   mä  suftaJc  habbttalc  hdlis 

wesä'et  Iah  biluidd  el-hdlis 

1:1  Jn  (kachi)2)  el-'azül  [wafa]3)  lansi  mar  am 

welä  habibi  mä  jinsäni. 

*  * 

güd  bilwisdl  iabn  el-haldl 

•uh'ni  habibi  asl  el-gardm 

habb-el-gamil  wü-ward  wdhid 

itnen  biliv:>)  suhbä  savöd. 

„Am  Tage,  als  ich  dich  erblickte,  habe  ich  dich  aufrichtig 
lieb  gewonnen  und  habe  mich  um  dich  mit  lauterer  Zuneigung 
bemüht.  Den  Tadler  haben  wir  überlistet,  (aber)  das  Verlangen 
will  ich  nicht  neu  aufkommen  lassen  und  auch  mein  Geliebter  wird 

mich  nicht  vergessen Gewähre  doch  die  Vereinigung,    du 

Trefflicher,  denn  die  Augen  meines  Geliebten  sind  die  wahre  Quelle 
meines  Liebeskummers.  Habb-el-gamTl  und  die  Rose  sind  eins  in 
ihm,  und  bilden  zusammen  eine  enge  Vereinigung". 

Der  Ausdruck  habb-el-gamil  scheint  hier,  wie  der  synonyme 
Ausdruck  habb-el-'aziz,  cyperus  esculentus,  eine  Blume  oder  Pflanze 
zu  bedeuten ,  die  in  ihrer  Art  typisch  wie  die  Rose  ist.  Nehmen 
wir  an,  dass  es,  wie  habb-el-'aziz.  eine  wohlschmeckende  Frucht 
war,  so  sagt  der  Schluss  des  Liedes,  dass  alle  Vorzüge,  der  edelste 
Wohlgeschmack  und  der  feinste  Duft,  in  diesem  Geliebten  vereinigt 
sind.  In  einem  andern  von  mir  aufgezeichneten  Liede  ist  habb-el- 
gamil  geradezu  der  Name  oder  doch  die  symbolische  Bezeichnung 
der  geliebten  Person. 

Getäuschte  Hoffnung. 

Habb-el-gamil  fir-Regpb        we-tül  es-Halabdn 
falabte  ininnu_wisdl,  [galli]:  fi  dhlr  er-Ramddn! 

1)  Ich  betrachte  diese  Worte  nur  als  einen  Versuch  des  Rhapsoden,  einen 
*.i.-2/«   zu   gewinnen. 

2)  Doppelformen  dieser  Art  sind  nicht  selten.  Zum  Ausdrucke  vergleiche 
Schäfer  80,  2. 

3)  Metrisch  entbehrliche  Worte  bezeichne  ich  mit  eckigen  Klammern; 
metrisch   erforderliche  Zusätze  mit   •(     } . 

4)  Ich  bediene  mich  der  Sterne,  um  den  in  den  Volksliedern  so  häufigen 
schroffen  Übergang,  hier  von  der  ruhigen  Ergebenheit  in  die  nouaufflammende 
Leidenschaft,  anzudeuten. 

5)  Kompromiss  zwischen  hihi  und  hu   (Luh). 


Völlers,  Schäfers  Lieder  eines  ägyptischen  Bauern.  229 

subhit1)  el-'id:  kulljä-'dm  bil-heirl 

sabb  lo'jun  ed-dawäbil  we-'amal  ez-za'länl 

, Schon  im  Monat  Eegeb  und  den  ganzen  Sa'bän  hindurch  bat 
ich  Habb-el-gamTl  um  eine  Vereinigung.  Sie  sagte  mir:  Ja,  wenn 
der  Ramadan  zu  Ende  ist!  Am  Morgen  des  ersten  "Festtages 
wünschte  sie  mir  ein  gesegnetes  Neujahr,  vergoss  Thränen  aus 
den  matten  Augen  und  spielte  die  Traurige  (oder:  die  Ver- 
stimmte)!" 

Bisweilen  legen  rhythmische  Gründe  uns  nahe,  an  der  Voll- 
ständigkeit des  Stückes  zu  zweifeln.  So  möchte  ich  glauben,  dass 
der  Anfang  von  20  fehlt,  ferner  dass  in  -s7  zwischen  Z.  2  und  3 
eine  Lücke  ist.  Aber  man  vergesse  nicht,  dass  wir  mit  der  philo- 
logischen und  poetischen  Bearbeitung  dieser  Litteratur  noch  in 
den  Anfängen  stehen  und  daher  allen  Grund  haben .  vorsichtig  zu 
urteilen. 

Die  Sprache  ist  fast  durchweg  vulgär.  Dass  einige  Aus- 
drücke im  gewöhnlichen  Leben  anders  lauten  würden  als  hier  im 
Liede,  ändert  an  dem  Grundcharakter  der  Sprache  nichts.  Die 
seltenen  Fälle,  wo  die  Schriftsprache  vorzuliegen  scheint,  haben 
alle  wie  das  oben  angeführte  biliu  etwas  Fetzenhaftes ,  wie  69,  s 
häza-l-Me  oder  17,  l,  wo  'Abdulle  nur  dem  folgenden  ulle  zu 
Liebe  gewählt  ist.  Der  Vokalismus  weist  Erscheinungen  auf,  die 
ich  nicht  philologisch  verwerten  würde ,  ohne  die  Formen  an  Ort 
und  Stelle  gehört  zu  haben,  z.  B.  3,  2  guhannim  (vielleicht  nubisch- 
dongolanische  Aussprache);  4,  o  gcibäli;  41,2  labbdsü;  9b,t;Jehau- 
wan;  33,2  und  35,  i  mi'äd;  93,6  alagga/m.  In  25,2  ist  die  Um- 
schrift von  reiskum  schwerlich  treue  AYiedergabe  der  Aussprache. 
Das  a  in  10,  i.  3  scdab ,  Stricke,  und  15,  3  bala  ist  gewiss  mit 
mehr  oder  weniger  Imtda  zu  denken ;  ebenso  das  e  vieler  Formen, 
wie  28,2  lemütu;  43,  1  ben;  61,  1  (tefe;  61,  2  ßfe;  85.2  rehe; 
105,3  heb,  nicht  als  unser  geschlossenes  e,  sondern  mehr  nach  ai 
hingeneigt.  Da  Schäfer  in  mi'en  2,i,  d.h.  mu'in,  den  Einfluss 
des  p  auf  die  umgebenden  Vokale  so  energisch  zum  Ausdruck 
bringt,  hätte  ich  93,  5.  97,  6  auch  'ejün,  'ejüni  erwartet.  Andere? 
Differenzen  können  auf  lokalen  Abweichungen  beruhen,  z.  B.  wenn 
70,4  fi-'urdak,  aber  84,  e  fi-'ardik  steht,  oder  69.5.  112,2.  122,2 
smlr,  aber  gewöhnlich  sadr  und  in  dem  von  mir  angeführten  Liede 
sidr.  Das  min  106,  u  ist  nicht  mit  dem  in  106,  10  auf  eine  Linie 
zu  stellen.   Während  die  fragende  Form  vulgär  gedehnl  i-t.  kenne  ich 

die  substantivische  Form  von  ..yQ  nur  kurz,  also  min.  ha-  m  von 
ma'güm  22,3  für  ma'gün  i>t  wohl  aus  dem  folgenden  b  zu  er- 
klären.  Das  n  von  Fatne,  20,:;.  kann  auf  Volksetymologie  be- 
ruhen.     Auffällig    ist    die    Form    melän,    voll.    25,  1:    bekanntlich 


1)  Sehriftmässig:  SubJüjat. 


230  Anzeigen. 

isi  die  jetzt  herrschende  Form  median  (meliän).  Da  man  malet, 
difit,  hirlt  sprach,  so  bildete  man  auch  meliän;  defiän,  warm; 
huricrn,  cacans;  Feigling.  Eine  seltene  direkte  Weiterbildung  von 
maVän  ist  mallän,  das  ich  in  Ägypten  gehört  habe.  Lesen  wir 
in  dem  angegebenen  Verse  Mxistafilun  Mustaf'ilun,  so  mag  melän 
als  eine  durch  Verszwang  motivierte  Nebenform  von  meliän  gelten. 
Ist  aber  die  Form  melän  auch  im  gewöhnlichen  Leben  üblich,  so 
hat  sie  aus  der  älteren  Sprache  Pai-allelen  an  qurän  für  qurän ') 
und  sanän  für  sarCän  in  einem  oft  angeführten  Verse  des  Erotikers 
al-Ahwas,  nämlich2): 

$Aii.     ^LjLCiJl    ,3    xaJ    ^      Ml»  zÄ-CCÖ.    JJ.J    La    bif   fj^xj\    La^ 

„Das  Leben  ist  nichts  anderes  als  Geniessen  und  Begehren,  mag 
auch  der  missgünstige  Hasser  [mich]  darum  tadeln  und  schelten!" 

und  in  einem  Verse  des  Nagä&I3). 

Wie  in  anderen  Erzeugnissen  dieser  und  verwandter  Litteraturen 
finden  wir   auch   hier  häufig  Wortspiele.     So  in  43  haije,    als 

Deminutiv  von  &.*:>!,  Band,  Schlinge,  neben  hai/e,  Schwesterchen; 
in  55  ruzz,  Reis,  neben  guzz,  Türken;  in  81  hawa,  Wind,  neben 
hawa,  Liebe;  in  69  Lele  als  Eigenname  neben  lele,  Nacht.  Dies 
Spiel  mit  dem  Namen  der  Sängerin  erinnert  mich  an  ein  Liedchen, 
welches  ich  mir  in  Söhäg  (Söhäg)  aus  dem  Munde  einer  iüiLe  auf- 
zeichnete, die  ich  weiss  nicht  mehr  ob  Latifa  oder  Zarifa  hiess: 

'ismi  lafif  ü-zeirif  wcä-hasr^rahif! 

"elbi  zarif  ü-latif  atdraggäki! 

„Mein  Name  ist  nett  und  reizend,  und  die  Taille  schlank; 
mein  Herz  ist  lieblich  und  reizend:  darum  bitte  ich  dich!" 

Die  Anrede  ist  zunächst  an  eine  ihrer  Kameradinnen  gerichtet. 

Bilder  wie  die  Bezeichnung  der  Aufseher  bei  den  Aus- 
grabungen als  zulläm,  Unterdrücker  (25,  3) ,  oder  der  Arbeiter  als 
katäkit,  Küchlein  (28,  1 ,  vgl.  38,  2),  sind  geeignet,  uns  gewisse 
Bilder  der  Psalmen  verständlicher  zu  machen.  Andererseits  ver- 
gleiche man  diese  Auffassung  mit  unsern  sozialen  Verhältnissen : 
welch  ein  Abstand!  Ein  noch  lebender,  aber  politisch  abgethaner 
ägyptischer  Staatsmann  hatte  guten  Grund,  den  Diplomaten,  die 
als  übertriebene  oder  unverständige  Lobredner  europäischer  Ver- 
hältnisse auftraten ,  entgegenzuhalten ,  dass  der  grosse  Vorteil  des 
Orients  der  sei,  keine  soziale  Frage  zu  besitzen.  Er  hätte  noch 
auf  andere   Gebiete  hinweisen  können. 


1)  Nöldeke,  Geschichte  des  Qoräns  (1860)  S.  25. 

2)  Agänl   11,   23,22;    13 ,  158  ,  3   und   159  ,  21 ;    LA   1,95,21;    Bistänl 

3)  Zeitschr.  54,  445,  4. 


Völlers,  Schäfers  Lieder  eines  ägyptischen  Bauern.  231 

Ich  gehe  nunmehr  zu  den  einzelnen  Liedern  über.  Um 
in  1  die  metrischen  Anstösse  zu  beseitigen ,  lese  ich  Z.  3  'dl-bäb 
und  Z.  4  lä-haul  wälä  "  üwalläbak  !  Desgleichen  in  2  Z.  2  wirgäl, 
Z.  3  wirmet;   in  3  Z.  2  man'it.     In  4,  n    ist  dire-l-fid   nicht    mit 

„Bohnenkraut"  wiederzugeben.  Denn  dire,  schriftmässig  ic.ö,  ist 
auf  dem  Lande  eine  primitive  Einfriedigung  der  Felder:  man 
könnte  also  „Bohnenfeld"  oder  „Gehege  des  Bohnenfeldes"  sagen. 
Das  „silberne  Schloss"  in  8,  4  ist  für  den  dieser  Sprache  Unkundigen 
irreführend.  Denn  es  ist  hier  nicht  eine  Burg,  sondern  ein  Thür- 
schloss  gemeint.  Bei  mezauwa"  8,5  ist  nicht  an  künstlerischen 
Schmuck ,  sondern  an  elende  grellfarbige  Malerei  zu  denken.  Ich 
glaube  nicht ,  dass  man  in  das  von  frommer  Phantasie  erfüllte 
Lied  10  den  logischen  Gegensatz  von  „starken  Ketten"  und  „zarter 
Seide"  hineintragen  darf.  Vielmehr  dürften  seläsü  und  harlr  zu 
verbinden  sein ,  da  ein  solches  Bild  an  gewissen  Beschreibungen 
der  Bäume  des  Paradieses  im  Hadit  deutliche  Analogien  hat.  Die 
Umschrift  des  grossen  Heiligen  von  Büläq  mit  abu-l-'ele  (13)  ist 
ungenau;  es  ist  abu-l-'elä  d.h.  s-^kx.]\  »jj  gemeint1).  In  14  ist 
durch  lehne  ein  Missverständnis  hervorgebracht.  Wie  dehne  Z.  5 
aus  da  ebne,  so  ist  Z.  3 — 4  lehne  aus  lä  ebne,  nicht  wir,  entstanden, 
so  dass  sich  der  Sinn  ergiebt:  „Wir  beide  sind  ja  nicht  wie  Glas 
und  nicht  wie  zerbrechliche  Eier,  sondern  wie  solide  goldene  Ringe". 
Ein  ähnliches  Versehen  liegt  in  96,  9  vor.  Metrisch  ist  die  Caesur 
hinter  das  zweite  lehne  zu  setzen  und  vor  beda  ein  zei  oder  ha 
einzuschieben.  In  16.  3  ist  ßrhas  und  aus  metrischen  Gründen 
'amhe  zu  lesen.  In  18,5  ist  tir'a  besser  mit  „Kanal"  als  mit 
„Graben"  wiederzugeben.  In  dem  ganzen  Adersystem  der  ägypti- 
schen Berieselung  bezeichnet  tir'a  die  grössten  Kanäle.  Li  20 
würde  ich  V.  1  ein  ja  semise,  V.  7  we:  V.  8  liha,  V.  9  ein  kahk 
el-'ld  streichen.  Auch  so  sind  V.  2 — 3  noch  nicht  glatt  zu  lesen; 
aber  ich  wage  sie  nicht  mit  Sicherheit  zu  berichtigen.  Der  Ge- 
brauch von  helu  in  dem  24,  2  (vgl.  122,  1)  angegebenen  Sinne  ist 
nicht  nur  bäuerlich ,  sondern  auch  städtisch.  Besser  sagt  man : 
„mit  dem  zarten  (weissen)  Kacken";  man  vergleiche  damit  den 
sonnengebräunten  und  gehärteten  Nacken  eines  echten  Fellahen. 
Die  zu  25,  1  gemachte  Bemerkung,  dass  ahdar  nicht  nur  „grün", 
sondern  auch  „feucht"  bedeute,  bedarf,  um  Miss  Verständnisse  zu 
vermeiden,  einiger  Ausführung.  Die  hier  vorliegende  Übertragung 
ist  nicht  Sondergut  der  ägyptischen  Bauern,  sondern  gehört  schon 
der  alten  Schriftsprache  an.  Der  Ausgangspunkt  liegt  in  der 
Qualität  des  grünen  essbaren  Gemüses  oder  Krautes:  „weich,  zart, 
frisch,  saftig",  wie  bei  Schäfer  48, 1.  49, 1  Rettiche;  14,  2  Saubohne. 

So  ist  ein   _*2~>\  v_jLi  ein   junger  Mann    in  den  ersten  Jahren  der 


1)  es-Sa'räni's  TabaqSt  (1299)  2,  119  f.;  'All  Mubarak'*  Tlitat  4,  151  f. 


232  Anzeigen. 

Reife,  eine  s\^as>  äo»»  neue,  zarte  Freundschaft,  die  noch  der 
Pflege  bedarf.  Der  ägyptische  Landmann  nennt  eine  junge  Gans 
wizze  hadra  (schon  im  ^yc£\'sl\   i>),    und  feuchte  Erde,   die  noch 

die  Spuren  des  >c.  trägt,  turäb  akdar  (Gegensatz:  näsif).  So 
wird  bei  Schäfer  Nr.  25  auch  der  volle  Krug  oder  die  aufgehängte 
Wäsche  und  114,  4  die  noch  frische  Tätowierung  ahdar  genannt. 
Ein  anderes  aus  dieser  Gedankenreihe  abgeleitetes  Bild  ist  das  der 
Fülle,  des  Reichtums,  der  Freigebigkeit,  z.  B.  bei  Schäfer  8,  3  die 
dem  Seijid  el-Bedewi  zukommende  'ataba  hadra,  ganz  wie  in  dem 
Namen  des  Kairener  Palastes.    Eine  jüngere  Auffassung  deutet  auch 

die  ursprünglich  die  Farbe  anzeigende  Verbindung  äjOlil  -*2aj>S 
auf  Adel  und  Freigebigkeit1).  Auch  an  die  erweiterte  Form 
,^2~>  darf  hier  erinnert  werden.     Eine  o-anz  andere  Seite  der  Ent- 

wickelung  des  Begriffes  ^as>\  bezieht  sich  auf  das  „Dunkel"  der 
Farbe:  21,2  werden  Tauben  so  genannt,  anderswo  Pferd  und  Esel; 

al-Huärazmi  übersetzt  i]  sqv&qu  &aXa66a  mit  >Aöi>^!  ^J*\.  Alle 
diese  Nuancen  des  Begriffes  gehen  gewiss  auf  die  im  Süden  so 
häufige  dunkelgrüne  Färbung  gewisser  Blätter  zurück.  Übrigens 
kann  man  die  Frage  aufwerfen,  ob  die  Bedeutung  „grün"  nicht 
erst  sekundär  und  aus  den  Qualitäten  der  jungon,  frischen  Kräuter 
abzuleiten  ist.  In  26,  1  möchte  ich  higgi  für  higgi  lesen.  Denn 
das  aus    ^P  entstandene  -),  jetzt  in  Ägypten,  Syrien  und  Arabien 3) 

gebräuchliche  ^J>  bezeichnet  ein  ängstliches  Davonlaufen  und  kann 
hier  kaum  passend  genannt  werden.  Aber  ich  gebe  gern  zu,  dass 
mein  Vorschlag  hypothetisch  ist  und  sich  auf  kein  Zeugnis,  sei  es 
aus  der  Litteratur,  sei  es  aus  den  Mundarten,  stützen  kann.  In 
26,  2  b  würde  ich  aus  metrischen  Gründen  lesen  lä  fik  vafä'a, 
ohne  wa.  Das  in  der  Anmerkung  erwähnte  nslje  habe  ich  Zeit- 
schrift 50,  636  zu  den  unklaren  und  verdächtigen  Wörtern  des 
ägyptischen  Sprachschatzes  gestellt.  Hinzufügen  möchte  ich  hier, 
dass  der  Ausdruck  schon  in  dem  Jacut  1,  404,  19;  497,  17  er- 
wähnten Ortsnamen  des  Delta  vorzuliegen  scheint  und  noch  jetzt 
als  Ortsname  in  Nubien  vorkommt.  In  29,  2  muss  we-savcäb  [meist 
sawäb]  'and  Alla  als  überschüssig  gestrichen  werden.  Es  steht 
inhaltlich  auf  einer  Stufe  mit  den  zahlreichen  Erweiterungen,  die 
man  bei  einer  metrischen  Bearbeitung  der  Psalmen  und  ähnlicher 
Erzeugnisse    ausscheiden    muss.     In  30,  2    ist   genauer  tnasdrln  zu 


1)  In  dem  Verse  des  Fartl  b.   al-'Abbäs:    Agänl   14,  178,  20  vgl.  179,  10 
und  vgl.  al-Hafägl's   JjJLiJl   .tlä-ä  25,  17  S. 

2)  Vgl.   die  Zeitschr.  49,  493  genannten  analogen  Formen. 

3)  In  Arabien  nach  Socin   und  J.  J.  Hess. 


Völlers,  Schäfers  Lieder  eines  ägyptischen  Bauern.  233 

lesen.  Das  hier  vorliegende  Bild  von  der  Unruhe  der  Eingeweide 
beim  Hunger  erinnert  mich  an  ein  anderes,  mit  dem  das  Gegen- 
teil ausgedrückt  werden  sollte.  Als  ich  einmal  mit  einem  Halb- 
Beduinen,  der  schon  Ackerbau  trieb,  über  das  Verhältnis  von 
Beduinen  zu  Bauern  sprach,  drückte  er  das  Gefühl  der  Sättigung 
und  allgemeinen  physischen  Behaglichkeit  nach  dem  Übergänge 
zum     ^LäÄ^i  mit  den  derben  Worten  aus:  darat  fi  bapü  el-hamira, 

„die  Hefe  (der  bessern  Ernährung)  hat  in  meinem  Leibe  das  Ge- 
räusch des  Windes  (crepitus)  hervorgebracht".  Eine  Analogie  zu 
'afdlla,  Feierabend  (31, 1.  32, 1.  33,  2.  34,  i.  35,  i),  bietet  faragdlla 

d.h.  jjjj  _J,  die  aus  nachgeahmten  Münzen  oder  Glasperlen  be- 
stehende Kette ,  die  jeder  gute  Eseltreiber  seinem  geliebten  Grau- 
tier um  den  Hals  hängt.  In  32,  i  wird  min  rädi  mit  „dort" 
wiedergegeben;  genauer  wäre  „von  drüben",  „von  jenseits",  d.  h. 
hier  „vom  Westen".  Über  den  räumlichen  Gebrauch  von  I^Xc 
vgl.  Zeitschr.  50,  333  f.  In  41,  i  ist  loaldumo  ohne  an(e) ,  ferner 
bihuäje ,  41,2  lehdäje  und  41,3  wohl  so  zu  lesen:  wa'düwit 
ummu   raidä    liatdje.      Der    ägyptische   Bauer    sagt    (so    schon    im 

:^y&M  J<?)  ladam  für  ^i  (Zeitschr.  41,  376,  20;  33,  622,  9).  Die 
dritte  Zeile  deute  ich  so:  „Während  die  Feindin  seiner  (des  Kindes) 
Mutter  meine  Verfehlung  wünschte".  Trifft  diese  Deutung  das 
Rechte ,  so  drückt  das  Liedchen  die  unaussprechliche  Freude  einer 
einfachen  Frau  über  die  Geburt  eines  legitimen  Jungen  aus.  Der 
in  42  als  Erfinder  des  Sadüf  gefeierte  Sälth  Zabädi  ist  nicht  als 
S. ,  Sohn  des  Z. ,  zu  erklären ,  sondern  nach  den  bekannten  Ver- 
bindungen:  Sa'idu  kurzin,  der  Ranzen-  oder  Hirtentaschen  -  S. ; 
Qaisu  quffata,  der  Korb-Q. ;  Zaidu  baftata,  der  Flaschen  -  Z. r). 
Denn  zabädi,  pl.  von  zibd'y'e,  bezeichnet  die  für  Milch,  Eier 
u.  s.  w.  erforderlichen  Schalen  und  Näpfe ;  so  ist  Sälih  zabädi, 
der  Näpfe  -  S. ,  hier  die  Verkörperung  des  fleissigen ,  wohlhaben- 
den Bauern,  dessen  Gedeihen  auf  der  Berieselung  des  Bodens  be- 
ruht; der  arme  unwissende  Bauer  als  Pechvogel  im  Verkehr  mit 
Städtern  wird  in  dem  bekannten  Abu  Sädüf  des  Serbini  symboli- 
siert. In  44,  1  ist  rakb  für  ragb  zu  lesen.  Das  Stück  47  bietet 
einige  Schwierigkeiten.  In  V.  1  möchte  ich  'al-el-fas'tja ,  in  2 
wvrmaä,  in  5  'al-el-rarib  lesen.  Das  "ullij'e  in  V.  3  ist  mir  un- 
klar; vermutlich  ist  es  ein  Gehörfehler  für  'ellije ,  Obergemach", 
dessen  Plural  76,  1  genannt  wird.  Die  Anmerkung  zu  48,  0  Lässi 
das  Verständnis  für  solche  Wendungen  vermissen.  Ich  sehe  darin 
nur  einen  der  Erotik  eigenen  Übergang  von  den  Rettichen  des 
Ausrufers  zu  dem,  was  sein  Herz  bewegt.  In  49,  2  halte  ich  die 
Beziehung  von  mkassar  auf  die  Rettiche  für.  ausgeschlossen.    Viel-; 


1)  Hinzufügen   könnte  man  Baihasun  Na'ämatu,  der  Straussen-15.,   Muta- 
lammis  V,  4.  5. 


234  Anzeigen. 

mehr  ist  mkassar  auf  den  feddän  zu  bezieben ;  nach  ägyptischem 
Sprachgebrauch  will  dieser  Vers  besagen :  der  Ausrufer  hat  zwar 
einen  Morgen  Landes  mit  Rettichen  bebaut,  aber  die  Hälfte  vom 
Wert  des  Grundstücks  ist  belastet,  sei  es,  dass  er  den  ursprüng- 
lichen Kaufpreis  erst  zur  Hälfte  abgetragen  hat,  oder  dass  er  das 
Grundstück  schon  wieder  zur  Hälfte  verpfändet  hat.  Zu  49,  5.  74,  3 
ist  Cant.  5.  <;  zu  vergleichen.  In  53,  2  ist  kohle,  in  53,  1  besser 
we-hosne-Jusif  zu  lesen.  Die  in  der  Anmerkung  zu  54  genannte 
Form  Damjät  (Damjät)  für  Damiette  hat  Schäfer  schwerlich  aus 
dem  Munde  eines  Eingeborenen  gehört;  die  herrschende  Form  ist 
Dumjät.  Der  spöttische  Ton,  mit  dem  in  55  vom  Soldaten  der 
alten  Zeit  geredet  wird ,  erinnert  mich  an  das  von  A.  v.  Kremer a) 
mitgeteilte  Liedchen ,  das .  wie  ich  glaube ,  in  folgender  Form  ge- 
lesen werden  muss: 

La'säkir  el-masrije  voiddnulimn  marhije, 

min  "älet  es-sarfije  tallcCum  en-niswdn. 

„Die  ägyptischen  Soldaten  lassen  die  Ohren2)  (wir  würden 
sagen :  die  Köpfe)  hängen ;  weil  sie  zu  wenig  Löhnung  ausgezahlt 
erhalten,  haben   sie  ihre  Frauen  entlassen  müssen". 

Das  Lied  muss  in  der  Zeit  des  'Abbäs  oder  des  Sa'Id  ent- 
standen sein ,  als  mehrere  Umstände ,  nicht  zuletzt  die  Verworfen- 
heit der  Herrscher ,  die  öffentlichen  Zustände  stark  geschädigt 
hatten.  In  57,  4  ist  ag'ibo  ungenau  und  darum  die  Übersetzung 
falsch  verstanden;  es  ist  agib  bu  zu  lesen  und  zu  übersetzen: 
„und  für  den  Rest  kaufe  ich  [mir]  eine  Schweisskappe".  Die  Zeile 
62,  «  ist  mir  trotz  der  oben  angeführten  Parallele  Zeitschr.  33, 
627  f.  nicht  ganz  klar.  Denn  hüsa  bezeichnet  nicht  nur  das  an 
den  Seiten  und  an  der  Spitze  scharfe  Ende  des  Palmblattes,  sondern 
auch  eine  Art  Messer ,  das  wenigstens  im  Sinai ,  insbesondere  bei 
der  Arbeit  des  ^ajüj',  der  künstlichen  Befruchtung  der  Datteln, 
gebraucht  wird.  Leider  war  es  mir  bei  meiner  Reise  im  Sinai 
im  Jahre  1889  nicht  möglich,  das  Messer  abzuzeichnen3).  Soll 
nun  bei  Schäfer  62,  «5  gesagt  werden,  dass  das  Messer  des  Kriegers 
so  scharf  wie  ein  Blatt  ist  oder  dass  es  dem  hüsa  genannten 
Messer    gleicht?4)      Eine    andere    Schwierigkeit    liegt   in    marsüsa 

(62,t).  Denn  ^o.  bedeutet  weder  „vergraben"  (Schäfer)  noch 
„plätten"  (Goldziher),  sondern  „aufschichten,  anordnen",  wobei  ent- 
weder der  Begriff  der  Ordnung,  oder  als  Resultat  der  der  Menge 
zum  Ausdruck  kommt.     Zeitschr.  33,  619,  wo  rass  mit  „auslegen" 


1)  Ägypten   1,  81. 

2)  Das  Bild    ist   vom    ägyptischen  Esel    entlehnt ,    ganz  wie  i^lüpFl ,  der 
Ausdruck  der  prophetischen  und  didaktischen  Litteratur  des  Alten  Testamentes. 

3)  Ch.    Doughty    und    J.    J.    Hess    hörten     den    Ausdruck    in     Arabien: 
WZKM.   16,  59. 

4)  Zu  vergleichen  ist  noch  68,  7  sikk'inetah  fadda. 


Völlers,  Schüfers  Lieder  eines  ägyptischen  Bauern.  235 

wiedergegeben  ist,  liegt  eine  Verwechselung  mit  rassa1  vor,  dessen 
Infinitiv  durch  Vermittelung  der  Italiener  sich  in  der  Sprache 
unseres  Kunstgewerbes  (tarsia,  Intarsia)  erhalten  hat.  In  64,  3 
und  97,  4  deute  ich  ka'b  auf  die  weibliche  Brust.  Das  Stück  66 
ist  offenbar  ein  Lokallied  zum  Lob  der  dortigen  Schönen.  Dass 
der  Gewährsmann  keine  klare  Voi-stellung  von  den  kufür  hatte, 
wundert  mich  nicht,  da  es  meines  Wissens  keine  Dörfergruppe 
giebt,  die  diesen  Namen  star'  l^oy^v  führt.  So  wie  kufür  hier 
gebraucht  wird ,  gehört  es  der  oberägyptischen  Volkssprache  an, 
die  in  diesem  Falle  kefr,  Dorf,  mit  kufr,  Unglaube,  begrifflich 
vermengt  und  die  Bezeichnung  allen  ganz  oder  halb  verfallenen 
Stätten  beilegt,  die  der  Volksglaube  eben  auf  Grund  jener  logischen 
Unklarheit  in  die  vorislamische  Zeit  verlegt.  Alles  was  auf  oder 
neben  solchen  Stätten  sich  befindet,  erhält  das  Beiwort  kufri  oder 
kafari.  bisweilen  auch  guhli;  so  die  kleinen  Siedelungen,  ins- 
besondere die  sehr  salpeterhaltige,  jenen  Stellen  entnommene  Dung- 
erde. Eine  alte  verfallene  &a3L«,  deren  Erbauer  man  an  Ort  und 
Stelle  nicht  mehr  kennt,  hörte  ich  als  kufri  bezeichnen.  Ich  zweifle 
daher  nicht,  dass  die  kufür  hier  entlegene,  verfallene  Ruinenstätten 
im  Gegensatz  zu  den  blühenden  Dörfern  et-Tarfäje  und  el-Meimün  ') 
bezeichnen  und  dass  radi  hier  mehr  ethischen  als  ästhetischen  Wert 
hat.  Über  das  Wortspiel  mit  Lele  in  69  wurde  schon  oben  ge- 
sprochen. Die  Ähnlichkeit  der  Zeilen  5 — 6  mit  der  Sprache  des 
Canticum  giebt  mir  Anlass,  hier  ein  von  mir  aufgezeichnetes  Lied- 
chen mitzuteilen,  in  dem  auch  der  aus  dem  Canticum  (2,  10.  5,  1. 
6,  11.  7,  13.  8,  11)  so  wohlbekannte  wo  genannt  wird,  der  mir  hier 

geradezu  mit  .jmJCJI,  pudendum  muliebre,  erklärt  wurde. 

Treue  junge  Liebe. 

x  -  2)  di  hubbe  minsän  sabbün[i\  la'wäzü  fili, 

we-kattarum  bilfitan  lagl  aghuru  xcanfih, 

saija'te-lu  a'ullu  kalam  ennäs  mahnäs  fih, 

we-saya'-li  tve-"alli  'abdak  wessiä  gerdk  '. 

rummdn  sidristawä  mä  "aliibos  gerak! 

'atabak  <iekünyz)  'alelkarm  iza  hatr4)  la'wäzü  fih! 

„ .  .  .  das  ist  eine  wohlbewahrte  Liebe,  deretwegen  die  Tadler 
mich  gescholten  haben,  und  sie  haben  es  an  keiner  Verhetzung 
fehlen  lassen,  damit  ich  ihn  (die  Geliebte)  aufgebe  und  verleugne. 
Ich  schickte  zu  ihr,  um  ihr  zu  sagen :  mit  dem  Gerede  der  Leute 


1)  Beide    Dörfer    werden     schon    im    Mittelalter    erwähnt:    Publ.    de    la 
Biblioth.  Khediviale   10,  140,  18;  141,  18. 

2)  Hier  fehlen  zwei  Silben. 

3)  Von  mir  ergänzt. 

4)  Schriftmüssijj 


236  Anzeigen. 

haben  wir  nichts  zu  schaffen !  Da  schickte  sie  zu  mir  und  Hess 
mir  sagen:  ich  bin  dein  Knecht;  ist  der  Herr  ein  anderer  als  du? 
Die  Granatäpfel  meiner  Brust  sind  zur  Reife  gediehen  und  niemand 
ausser  dir  hat  sie  geprüft  (gekostet)1);  dein  Vorwurf  wird  ,den 
Garten'  (die  Pflanzung,  den  Weinberg)  treffen,  wenn  der  Wunsch 
der  Tadler  sich  darauf  gerichtet  hat!" 

Man  mag  diese  Sprache  derbe  nennen,  aber  es  wäre  verkehrt,, 
sie  als  roh  zu  bezeichnen.  Denn  die  ihr  zu  Grunde  liegende  Auf- 
fassung ist  nicht  vereinzelt,  sondern  allgemein;  daher  fehlt  auch 
das  Bewusstsein  des  Unpassenden ;  ebensowenig  kann  man  hier  von 
einer  Tendenz  aufs  Lüsterne  sprechen.  Demselben  bäuerlichen  An- 
schauungskreise gehört  es  an ,  wenn  das  sitzengebliebene  Mädchen 
in  Ägypten  wie  in  andern  Provinzen   als  „Brachland"  betitelt  wird 

oder  wenn    man    die   „Entjungferung"    (o^juJI  x>j  l\:M)   als    eine 

Art   „Abrahmen"   (..yJLJt  *:>•.,  lX:>Q  bezeichnet.    In  71,  5  wird  eine 

überjährige  Tochter  mit  einer  brünstigen  jungen  Stute  verglichen. 
Der  dabei  gebrauchte  Ausdruck  tsl'  ist  mir  unklar.  Ich  vermute 
tsih,  alt  werden,  oder  tsll,  nämlich  ed-del.  In  72,  1  würde  ich 
lesen:  lähi"kalli,  in  72,3  lele  und  fegre ,  in  74,4  iccujü.  Das 
Lied  73  habe  ich  oben  bereits  ergänzt.  Mit  74,  3,  wo  windet  zu 
lesen  ist,  vergleiche  man  49,  5.  Das  75,  1  erwähnte  Gericht  beide 
hat  seinen  Namen  daher,  dass  man  ungemahlene  Cerealien  in  Wasser 
legt  und  kochen  lässt.  Vermutlich  war  auch  das  b^bs  der  Hebräer 
ursprünglich  nichts  anderes.  Die  Tradition  über  das  Wort  lässt 
zu  wünschen  übrig.  In  79,  1  ist  'al-el-bedaioije,  in  79,  4  we-hallet 
zu  lesen.  In  82,  2  muss  mälja  dreisilbig  (mälüa)  gelesen  werden, 
in  83,2  hull-el-lubibin  viersilbig,  also  hullabibln.  In  84,4  ist 
lamma  überflüssig.  Das  86,  4  vorkommende  didlele  kenne  ich  nur 
als  delele,  was  hier  auch  metrisch  vorzuziehen  ist.  In  88,  6  stimmt 
nihdir  nicht  mit  der  Übersetzung  überein.  Man  lese  nekdar;  oder 
nekaddar,  wir  wollen  klar  machen,  und  dann  wingurr.  In  91,  1 
ist  tuhgurü  zu  lesen.  Das  92,  3  gebrauchte  Bild,  sinn  il-lawähiz, 
ist  nicht  vom  „Zahn",  sondern  von  der  Lanzenspitze  oder  einem 
ähnlichen  Gegenstande  entlehnt.  Die  Form  dabäli  94,  3  ist  mir 
unbekannt.  Ich  betrachte  sie  als  Spielform  von  dem  Zeitschr.  50, 
620,  is  genannten  dabülän,  Madapolam.  In  94,  .;  ist  aus  sprach- 
lichen und  metrischen  Gründen  wasattah  zu  lesen.  Denn  nur 
sattak,  nicht  satah,  bedeutet  „sich  schlafen  legen".  Daher  testlka, 
ein  Schläfchen.  In  95,  2.  4.  6  würde  ich  'aleh  vorziehen.  Das  in 
96,  9  liegende  Versehen  wurde  schon  oben  zu  14 ,  3  angedeutet. 
Man  übersetze:  „so  würdest  du  nicht  am  Tragkorb  (mit  Erde) 
schleppen".     Mit   97,4    ist    64,3    zu    vergleichen.      In    102,4   ist 


1)  Das  Bild  ist  von  der  Thätigkeit  des  Geldwechslers  entlehnt. 


Völlers,  Schufers  Lieder  eines  ägyptischen    Bauern.  237 

irüHlü  genauer  mit  „tragt,  transportiert"  wiederzugeben,  denn  als 
„Kranker"  kann  er  nicht  gehen.  In  107.  c  ist  banäni  für  bannüni 
zu  lesen;  der  Singular  ist  mir  unbekannt;  er  würde  wohl  binnije 
oder  bunnye  lauten.  In  108,  io  wird  die  berberische  Sprache  oder 
die  arabische  Mundart  der  Mararba  als  rutän  bezeichnet.  Von  den 
Ausdrücken,  die  unser  „Kauderwelsch"  bezeichnen,  ist  dies  wohl 
der  jetzt  in  den  Mundarten  am  weitesten  verbreitete.  Bei  den  seit 
alter  Zeit  gebräuchlichen  Synonymen  kann  man  solche  unterscheiden, 
die  ganz  allgemein  die  Haltung  des  Mundes  oder  die  Bewegungen 
der  Zunge  im  Auge  haben,  wie  ^  und  mehrere  Derivate  von 
oiJLi,  und  andere,  die  ausser  menschlichen  Lauten  auch  tierische 
Töne  bezeichnen,  wie  jj,  von  Ziegen  und  Löwen;  +z+§>  vom  Bind 
und  Elefanten;  auch  J<z+L>,  das  ausser  der  himjarischen  Sprache 
auch  einen  gewissen  Schlag  südarabischer  Schafe  bezeichnet.  Bei 
.jj  kann  der  Ursprung  von  den  Barabra  nicht  zweifelhaft  sein; 
darf  man  bei  rrb  an  die  Retennu  der  alten  Ägypter  denken  ? 
Unzweifelhaft  vom  Tier  entlehnt  ist  der  neuere  Ausdruck  bartam, 
nämlich  entweder  vom  Rüssel  des  Elefanten  oder  des  Schweines. 
Als  die  Araber  in  Ägypten  eindrangen ,  nannten  sie  die  fremde 
Sprache  der  Kopten  oder  Griechen  _^>"  „schnarchen,  näseln"1),  was 
auch  von  den  Lauten  mehrerer  Tiere  gebraucht  wird.  Andere  Aus- 
drücke bezeichnen  die  den  Nicht -Arabern  auffälligen  und  schweren 

Laute  des  Arabischen ,  so  .«.'s  die  laryngale .  vjs  A^S  die  laterale 
Artikulation. 

In  lll.i  ist  Ja  asmar  getrennt  zu  lesen;  in  111.  i  und 
112,  4  signän  zweisilbig  zu  fassen.  „Wie  die  Tollen"  ist  eine  un- 
genaue Wiedergabe ;  man  sage  „etwas  Tolles,  eine  tolle  Geschichte" ; 
Verbindungen  dieser  Art  mit  p  ^  sind  in  Ägypten  sehr  beliebt -). 
Das  "asr  'all  in  113,  5  bezeichnet  ganz  wie  Zeitschr.  33,  G23,  r> 
nicht  einen  hohen  Söller,  auch  keinen  bestimmten  Palast3),  sondern 
ein  solid  gebautes  Gebäude  mit  Obergeschoss.  Neben  den  elenden 
Bauernhütten  wird  auf  dem  Lande  ein  Haus,  wie  es  in  den  Städten 
die  bürgerlichen  Klassen  besitzen,  schon  als  gasr  bezeichnet.  Es 
entspricht  im  übrigen  ungefähr  dem  qönäq  der  türkischen  Provinzen, 
bis  zu  einem  gewissen  Grade  auch  dem  mittelalterlichen  Gebrauch 
unseres  „Hauses".  Ma  "ulte  Iah  116,  3  ist  nicht  „was  habe  ich  dir 
gesagt",  sondern  „habe  ich  es  dir  nicht  gesagt?";  dementsprechend 
auch  in  131,  i.  60,  i.  Das  Lied  120  ist  zu  lesen,  wie  folgt:  1.  jan- 
güm  el-Jile  u.  s.  w.,  2.  mmnäm  el-lcl  üläbü  u.  s.  w.,  •">.  ja  rnd  beutet 
'Aljä  'alba  Zed  il  Hildll  oder  mahlcet  u.  s.  w.,  ohne  Ja.  In  123.  i 
ist  iddäni  nicht  „geschenkt",  sondern  „gegeben,  leihweise  über! 


1 1  Aimalos  At-Tabari  I  5,  2583,  5. 

■-'    Mein   „Lehrbuch"  §  12,  3. 

3)  Die  dabei  genannten  negef  sind   die  Kronleuchter. 


238  Anzeigen. 

Dill  in  130.3  ist  besser  mit  „ Schutz,  Hut"  wiederzugeben.  Bei 
jesabsabni  133,  3  ist  an  abergläubische  Gebräuche  zu  denken,  die 
dem  Alten  die  Liebe  der  jungen  Frau  zuwenden  sollen. 

K.  Völlers.1) 


Bacher,  W.,  Die  Agada  der  Tannaiten.  Erster  Band.  Von 
Hillel  bis  Äkiba.  Von  30  vor  bis  135  nach  der  gew. 
Zeitrechnung.  Zweite  verbesserte  und  vermehrte  Auflage. 
Strassburg  1903.     Karl  J.  Trübner.     Preis  10  Mark. 

Der  Talmud  und  der  Midrasch,  die  zwei  grossen  Sammlungen. 
die  die  Geisteserzeugnisse  der  jüdischen  Schriftgelehrsamkeit  des 
ersten  halben  Jahrtausends  unserer  Zeitrechnung  in  sich  vereinigen, 
sind  wohl  seit  etwa  13  Jahrhunderten  schriftlich  fixiert,  aber  trotz 
dieser  Form  keine  Litteratur werke.  Sie  wurden  Jahrhunderte  hin- 
durch von  Mund  zu  Mund  überliefert  und  auf  menschliche  Hirne 
eingezeichnet.  Bücher  waren  indes  diese  Gehirnsammlungen  nicht, 
denn  es  fehlten  ihnen  nicht  nur  die  äusseren  Merkmale,  sondern 
auch  die  inneren  Eigenschaften  eines  Buches.  Diese  Auszüge  aus 
Schuldiskussionen  und  Synagogenvorträgen ,  aus  Gesprächen  und 
Erzählungen ,  die  sich  Jahrhunderte  hindurch  von  Geschlecht  zu 
Geschlecht  fortpflanzten  und  wie  ein  Baum  in  seinem  Wachstum 
immer  neue  Ringe  und  Zweige  ansetzten,  sind  aneinander  gereihte 
Bruchstücke ,  die  auch  in  ihrer  ursprünglichen  Gestalt  keine  litte- 
rarische Form  besassen.  Die  Urheber  der  einzelnen  Sätze  und  die 
Redaktoren  der  zusammenhängenden  grösseren  Stücke  dachten  nie 
an  Leser,  sondern  ausschliesslich  an  Hörer  und  formten  ihre  Sprüche 
und  ihre  Sammlungen  nach  den  Bedürfnissen  von  Zuhörern  und 
memorierenden  Schülern.  Bestimmend  ist  das  Bedürfnis  des  Augen- 
blicks, und  die  Sprache  desselben  ist  eine  frische  und  lebendige. 

Bei  den  einzelnen  Autoritäten  Systeme  zu  suchen ,  wäre  ver- 
gebliche Mühe,  denn  kein  einziger  hat  ein  solches  geschaffen.  Die 
Schriftgelehrten  sind  Arbeiter,  die  vereint  an  einem  Riesenbau 
thätig  sind  und  deren  Material  vorzüglich  Geistesblitze  sind.  In 
dem  ersten  vor-  und  nachchristlichen  Jahrhundert,  in  denen  die 
hervorragendsten  Lehrer  der  jüdischen  Tradition  lebten  und  wirkten, 
deren  Werk  der  Grundstock  derselben  ist,  gab  es  noch  in  Palästina 
ein  frisch  pulsierendes  litterarisches  Leben,  das  freilich  ausschliess- 
lich Schriften  religiösen  Inhalts  oder  wenigstens  mit  religiöser  Ten- 
denz hervorbrachte,  aber  diese  Schriften  haben  nicht  die  Autoritäten 
der  Tradition,  die  führenden  Geister  des  jüdischen  Volkes,  zu  Ver- 
fassern.    Es  ist  überhaupt  nicht  wahrscheinlich,  dass  irgendwelches 

[1)  Einige  Stellen  in  dieser  sehr  gediegenen  Rezension  Völlers'  haben  mich 
nicht  überzeugt.    Ich  werde   mich  im  nächsten  Hefte  der  Zeitschrift  dazu  äussern. 

Der  Redakteur.] 


Blau,  Bachers  Agada  der  Tannaiten,  I'2.  239 

Apokryphon  oder  Pseudepigraphon  von  einem  Tanna ,  einem  an- 
erkannten Lehrer  des  offiziellen  Judentums ,  verfasst  worden  ist. 
Die  anonymen  Autoi'en  mögen  dem  Kreise  der  Schriftgelehrten 
angehört  haben ,  wie  denn  die  erwähnten  litterarischen  Produkte 
zum  weitaus  grössten  Teile  echt  pharisäischen  Geist  atmen ,  aber 
kein  einziger  Schriftgelehrter,  der  in  Talmud  und  Midrasch  als 
Schulhaupt  oder  als  sonstige  anerkannte  Autorität  genannt  wird, 
dürfte  seine  Hoffnungen  und  Meinungen ,  seine  Ideen  und  Schrift- 
auslegungen zu  einem  Buche  geformt  und  niedergeschrieben  haben. 
Sie  waren  Männer  des  Lebens  und  der  That ,  der  Lehre  und  des 
Lehrhauses,  aber  keine  Schriftsteller.  Die  religiöse  Schriftstellerei 
—  und  eine  andere  gab  es  nicht,  denn  auch  die  nationale 
Geschichte  gehörte  in  diesen  Kreis  —  galt  zumindest  seit  der 
Redaktion  des  Predigers,  wo  12,  12  vor  dem  vielen  Büchermachen 
gewarnt  wird,  im  offiziellen  Judentum  nicht  als  eine  fromme, 
sondern  als  eine  verbotene  Handlung.  Es  muss  daher  jeder  Ver- 
such, irgendwelches  Werk  einem  anerkannten  Lehrer  der  jüdischen 
Tradition  zu  vindizieren,  von  voi'nherein  mit  Misstrauen  aufgenommen 
werden.  Die  Mündlichkeit  dieser  Tradition  kann  ja  ebenfalls  nur 
aus  der  Scheu  vor  jedem  Schriftlichen ,  das  sich  wenigstens  der 
äusseren  Form  nach  den  biblischen  Schriften  an  die  Seite  stellt, 
erklärt  werden.  Thatsächlich  trägt  die  jüdische  Tradition  ihrem 
Ursprünge  entsprechend  sowohl  in  ihrer  Form  als  in  ihrem  Inhalt 
den  Charakter  des  Unlitterarischen ,  um  nicht  zu  sagen  des  Anti- 
litterarischen   an  sich. 

Was  zunächst  die  Form  betrifft,  so  herrscht  schon  in  den  älte- 
sten auf  uns  gekommenen  Bestandteilen  die  mündliche  Diskussion,  die 
in  der  Regel  im  Lehrhause  öffentlich  geführt  wurde.  Der  Charakter 
des  Gespräches  drückt  sich  sogar  dem  Geiste  jedes  einzelnen  auf, 
sodass  er  seine  eigene  Schriftauslegung  oder  Beweisführung  in 
diese  Form  kleidet.  Vollends  unlitterarisch  ist  die  Ungebunden  - 
heit,  mit  der  die  verschiedensten  Themata  in  einem  Atem  behandelt 
werden.  Eine  derartige  Schrankenlosigkeit  der  Ideenassoziation  ist 
in  einem  Litteraturwerk ,  das  nach  irgendwelchem  Vorwurf  aus- 
gearbeitet wird,  nicht  denkbar. 

Nach  den  hier  kurz  skizzierten  Gesichtspunkten  ist  die  „münd- 
liche Lehre"  des  Judentums  im  allgemeinen,  somit  auch  Bachers 
grosses  Agadawerk,  das  einen  bedeutenden  und  für  die  Wissenschaft 
interessanten  Bestandteil  derselben  zur  Darstellung  bringt,  zu  be- 
urteilen. In  dem  in  zweiter  Auflage  vorliegenden  ersten  Bande 
der  „Agada  der  Tannaiten"  sind  in  12  Kapiteln  insgesamt  47  Lehrer 
behandelt,  deren  über  ein  weites  Gebiet  zerstreute  Aussprüche  ge- 
sammelt sind.  Wo  die  Reichhaltigkeit  des  Stoffes  es  einforderte 
und  gestattete,  sind  die  losen  Sprüche  unter  eigenen  Überschriften 
aneinandergereiht  worden.  Diese  mosaikartige  Arbeit  hat  indes, 
wie  man  sich  leicht  überzeugt,  nur  die  Übersicht  erleichtert,  aber 
keine  festgefügten  Systeme    und  keine  abgerundeten  Anschauungen 


240  Anzeigen. 

hervorgezaubert.  Es  sind  nur  versprengte  Reste  sichtbar  und  aus 
den  wenigen  übriggebliebenen  Bausteinen  ist  gewöhnlich  nicht  ein- 
mal ein  Schluss  auf  die  Beschaffenheit  des  ehemaligen  Baues  möglich. 
Nach  unseren  Ausführungen  über  den  Ursprung  aller  dieser  Bruch- 
stücke, die  als  solche  zur  Welt  gekommen  sind,  ist  es  nur  natürlich, 
dass  fast  bei  allen  Lehrern  dieselben  Rubriken  zur  Gruppierung 
des  Stoffes  in  Anwendung  gebracht  werden  konnten.  Die  Rubriken 
sind  z.  B.  bei  Akiba :  Sentenzen ,  Israel ,  Polemisches ,  Studium  des 
Gesetzes,  Exegetisches,  zu  den  biblischen  Erzählungen,  Homiletisches, 
Gott  und  Welt ,  Eschatalogie ,  Pseudepigraphisches.  Diese  Auf- 
schriften geben  jedoch  keine  richtige  Vorstellung  von  der  Mannig- 
faltigkeit des  Stoffes,  der  hier  zur  Sprache  kommt.  Auch  das 
reiche  Sachregister,  das  dem  zweiten  Bande  beigegeben  ist,  er- 
schöpft nicht  vollständig  den  verschiedenartigen  Inhalt.  Einheitlich 
ist  hier  nur  die  Form,  nämlich  die  Schriftauslegung,  in  die  alles 
gekleidet  ist  oder  wenigstens  einmündet,  die  Materie  wechselt  un- 
aufhörlich. Die  Geschichte  des  religiösen  Denkens  und  die  all- 
gemeine Kulturgeschichte  findet  hier  überreichen  Stoff,  weil  alles 
aus  dem  Leben  geschöpft  ist.  Besonders  für  die  Kenntnis  des 
Treibens  der  orientalischen  Welt  im  Altertum  ist  Talmud  und 
Midrasch ,  mithin  auch  Bachers  Werk,  eine  unerschöpfliche  Fund- 
grube. Soviele  Inschriften ,  wie  hier  in  Menschenhirn  eingegraben 
waren ,  können  gar  nicht  gesammelt  werden.  Das  Register  wäre 
nach  dieser  Seite  hin  zu  erweitern. 

Die  in  dem  vorliegenden  Bande  behandelten  hervorragenden 
Tannaiten  sind:  Hillel  (30  v.  Chr.),  Jochanan  ben  Zakkai 
(blühte  70  n.  Chr.),  Gamliel  IL,  Eliezer  ben  Hyrkanos, 
Josua  ben  Chananja,  Eleazar  aus  Modiim,  Eleazar 
ben  Aza r ja,  Ismael  ben  Elischa,  Akiba  ben  Joseph. 
Diesen  Lehrern  werden  eigene  Kapitel  gewidmet,  das  grösste  Akiba, 
der  der  fruchtbarste  Gesetzeslehrer  war,  die  meisten  Schüler  hatte, 
die  Seele  des  Bar-Kochba'schen  Aufstandes  war  und  um  135  den 
Märtyrertod  starb.  Durch  ihre  Agada  werden  die  Gesetzeslehrer 
als  Persönlichkeiten  charakterisiert.  „Die  Weltansicht,  die  Lebens- 
anschauung der  alten  jüdischen  Lehrer  lehrt  uns  ihre  Agada  kennen" 
(Bacher,  Agada  der  palästinensischen  Amoräer,  I.  Band,  Seite  XII). 
An  derselben  Stelle  (S.  IX)  äusserte  sich  der  Autor  selbst  über 
das  Ziel  seiner  Arbeit  folgendermaassen :  „Mir  galt  und  gilt  es 
zunächst,  die  Geistesarbeit  der  Agadisten,  soweit  wir  ihre  Namen 
erwähnt  und  soweit  wir  ihre  Aussprüche  an  ihre  Namen  geknüpft 
finden ,  in  einzelnen  Abschnitten  darzulegen  und  was  von  jedem 
bisher  über  ein  weites  Litteraturgebiet  zerstreut  war,  zu  einem 
nach  Möglichkeit  abgerundeten  Ganzen  zu  vereinigen.  Durch  diese 
erstmalige  Feststellung sollte  ein  gleichsam  intimerer  Ein- 
blick in  die  Gedankenwelt  dieser  Männer,  der  führenden  Geister 
des  Judentums  durch  eine  Reihe  von  Jahrhunderten,  gewährt,  ihre 
Individualität  genauer  umgrenzt,  ihr  Anteil  an  dem  Wachstum  der 


Blau,  Bachers  Agada  der  Tunnaiten,  I'2.  241 

agadischen  Litteratur  nachgewiesen  werden".  In  diesem  Betracht 
hat  der  Autor  sein  Werk  mit  Recht  als  einen  Beitrag  zur  Ge- 
schichte des  heiligen  Landes  bezeichnen  dürfen. 

Was  das  Verhältnis  dieser  zweiten  Ausgabe  zur  ersten,  die 
im  Jahre  1884  als  Sonderabdruck  aus  der  „Monatsschrift  für  Ge- 
schichte und  Wissenschaft  des  Judentums"  erschienen  ist.  betrifft, 
springt  in  erster  Reihe  die  gefälligere  äussere  Ausstattung  in  die 
Augen.  Der  Umfang  ist  trotz  vieler  Zusätze  und  Bereicherungen  der 
gleiche  geblieben.  Da  grössere  Streichungen  selten  vorgenommen 
wurden  (z.  B.  S.  139  und  394,  Anm.  4  der  1.  Ausgabe  =  133 
und  391,  Anm.  1  der  2.  Ausgabe),  ist  dies,  wie  der  Autor  selbst 
bemerkt,  nur  durch  korapresseren  Satz  erreicht  worden.  Die 
bessernde  Hand  bemerkt  man  fast  auf  jeder  Seite ,  in  der  Regel 
in  kleinen  Berichtigungen  und  Zuthaten ,  oft  aber  auch  in  aus- 
führlicheren Zusätzen,  namentlich  in  den  Anmerkungen,  viel  seltener 
im  Texte.  Eine  Zusammenstellung  der  wichtigeren  oder  längeren 
Zusätze  dürfte  den  Benutzern  des  Werkes  nicht  unwillkommen 
sein.  Der  Kürze  halber  gebe  ich  nur  die  Seitenzahlen  der  neuen 
Ausgabe,  wo  übrigens  am  inneren  Rande  die  Seitenzahlen  der  ersten 
Ausgabe  angegeben  sind.  Die  zweite  Ziffer  bezieht  sich  auf  die 
Anmerkungen. 

4;  6.  2:  17.  4:  23,  2;  24.  4:  27,  1  (ganz  neu);  77,  1;  7'.».  I 
(Text  und  Anm.):  82.  6;  92  (Text  und  Anm.  2);  94  (T.  u.  A.); 
150  (1.  Aufl.  156.  T.  u.  A.):  152,  3;  190,  1  (Literaturnachweis 
über  die  Polemik  Eliezers  aus  Modiim  gegen  die  Gnostiker) ; 
190.  7  (grosser  Zusatz);  193,  2  (längere  Anmerkung  gegen  Schwarz 
über  die  Aussprache  des  *n»m  bp ,  Schluss  a  minori  ad  maius  et 
a  maiori  ad  minus) :  247  unten  (T.  u.  A.) :  249 ,  4  (auch  T.) : 
251,  3  (auch  T.);  252,  2  (auch  T.);  253,  3  (auch  T.);  258,  4; 
262,  1  ;  265,  4:  272  (Anmerkungen):  273  (T.  u.  A.) :  274:  277,  3; 
288,  2:  312  (T.  u.  A.);  331  (T.  u.  A.);  336  (Anmerkungen):  339, 
3.  4:  341,  3  (ganz  neu):  342,  2  (ganz  neu);  352,  2  (g.  n.);  352,  4: 
355,4  (T.  u.  A.):  364  unt.;  365,1;  366  (Anm.);  370,8:  378; 
379  (auch  A.  2):  384.1:  386  (A.);  389  (T.  u.  A.  3):  390  (T.  u. 
A.);  391,1;  392  (T.  u.  A.  2) :  409,4;  412,  1  u.  4;  414  (Anmer- 
kungen); 422,  1;  427  (T.  u.  A.);  430  (T.  u.  A.);  432,  1;  4:'.:»  (An- 
merkungen); 436,4;  438  (T.);  442—449  (stark  umgearbeitet). 

Diese  Zusätze,  Erweiterungen  und  Berichtungen  gehen  zurück 
zum  Teil  auf  des  Autors  eigene  Werke  (Agada  der  palästinensischen 
Amoräer,  3  Bände,  und  Älteste  Terminologie  der  jüdischen  Schrift- 
auslegung),  zum  Teil  auf  die  seit  1884  neuentdeckten  Midrasch- 
werke  (Midrasch  Hagadol  etc.),  die  Isr.  Lewy,  Hoffmann,  Schechter 
und  Buber  ans  Licht  gezogen  haben.  Verarbeitet  sind  ferner  Eoff- 
manns  Forschungen  (Zur  Einleitung  in  die  halaehischen  Midraschim), 
Rosenthals  Vier  apokrypkische  Bücher,  Lazarus'  Ethik  des  Juden- 
tums  u.  a.  Soweit  ich  sehe,  ist  nichts  Bedeutenderes  überga 
worden.  Der  Druck  ist  korrekt.  An  Druckfehlern  sind  mir  auf- 
Bd.  LVIII.  16 


242  Anzeigen. 

gefallen  S.  19,  N.  2  (statt  1);  362  N.  4  (st,  1);  289  am  Rande 
207  (st.  297);  365,  N.  5  Ende  ist  statt  „Quellen  der  Mischna"  zu 
lesen   „Quellen  der  Halacha". 

Nun  möchte  ich  in  möglichster  Kürze  auf  einige  Details  ein- 
gehen. S.  37  f.  erwähnt  Bacher,  Jochanan  hen  Zakkai  habe  einem 
Heiden  das  Gesetz  über  die  Asche  der  roten  Kuh  „durch  eine 
Analogie  aus  seinem  (des  Heiden)  Anschauungskreise  verständlich" 
gemacht.  Es  wäre  daran  zu  erinnern  gewesen,  das  derselbe  Exor- 
cismus  sich  bei  Josephus  (Antiq.  VIII  ,2,5)  als  von  Juden  geübt 
erzählt  findet  (siehe  Jewish  Encyclopaadia  V,  306  a). 

S.  57,  Anm.  2  bemerkt  Verf.  richtig,  dass  die  Zahl  22  eine 
runde  Zahl  sei,  die  vom  Alphabet  hergenommen  ist.  Ich  verweise 
auf  meine  Schrift  „Zur  Einleitung  in  die  heilige  Schrift"  (Strass- 
burg  1894)  S.  8  und  Jewish  Encycloptedia  III,  142  b.  —  Zu  S.  198, 
Anm.  5  vergleiche  meine  Bemerkungen  in  „Steinschneider-Festschrift" 
32  f.  —  Zu  S.  258,  N.  4  siehe  mein  „Althebräisches  Buchwesen" 
92,  N.  5  und  48  f:;  Jew.  Encyclopsedia  V,  668  f.  An  letzterer  Stelle 
ist  nachgewiesen,  dass  der  Talmud  in  der  ersten  Hälfte  des  zweiten 
•lahrhunderts  nach  der  richtigen  Lesart  nur  ein  Evangelium  kennt. 
—  Zu  S.  266,  wo  von  der  Thätigkeit  Akiba's  als  Ordners  des 
Traditionsstoffes  die  Rede  ist,  verweise  ich  auf  die  ungarische  Zeit- 
schrift „Magyar  Zsidö  Szemle"  X  (1893),  365—368.  —  Seite  333 
trägt  Bacher  die  Meinung  vor,  dass  das  „Eingehen  ins  Paradies" 
(Chagiga  15  b  und  Parallelstellen)  eine  bildliche  Bezeichnung  des 
Studiums  der  Geheimlehre  sei.  Schon  in  meinem  „Altjüdischen 
Zauberwesen"  114  f.  habe  ich  diese  von  Grätz  ausgehende  Ansicht 
bestritten.  Die  Äusserungen  der  Kirchenväter,  der  Zauberpapyri  und 
des  Neuen  Testaments  lassen  keinen  Zweifel  darüber  zu,  dass  das 
„Eingehen  ins  Paradies"  wörtlich  zu  nehmen  ist.  Die  Termino- 
logie dieser  Gnosis  findet  sich  schon  bei  Philo  und  der  talmudische 
Bericht  lässt  ebenfalls  keine  andere  Erklärung  zu,  was  B.  auch 
nicht  entgangen  ist.  Der  Kommentar  Raschi's  bemerkt  in  der 
That  ausdrücklich ,  die  vier  Gelehrten  hätten  sich  durch  einen 
Gottesnamen  in  den  Himmel  versetzt  (siehe  die  Beweise  im  Artikel 
Gnosticism  in  Jew.  Encyclopsedia  V,  683  b).  Vgl.  noch  bei 
Bacher  S.  424,  Anm.  1.  —  Zu  S.  338,  Anm.  2  (über  die  ausser - 
kanonischen  Schriften)  vgl.  Jew.  Encycl.  III,  148a.  —  Die  fünf 
Endbuchstaben  des  hebräischen  Alphabets  werden  im  Talmud  gegen 
die  Reihenfolge  der  Buchstaben  als  ^säWO  geordnet  und  erklärt: 
~£jt  *,":.  Ich  halte  meine  Vermutung,  in  dieser  Anordnung  sei 
ursprünglich  eine  Anspielung  auf  ihre  Verwendung  als  Endbuch- 
staben enthalten  gewesen:  Tjcc  "12  (it  wurde  wie  o  ausgesprochen) 
trotz  der  Einwendung  des  Verfassers  (381,  N.  4),  das  Suffix  der 
-.  Person  sei  unverständlich,  auch  jetzt  aufrecht.  Ein  in  der  Volks- 
schule entstandenes  und  als  Mnemonikon  dienendes  Wortspiel  ist 
ja  keine  Schriftstelle  und  auch  kein  juridischer  Lehrsatz.  Die  Er- 
klärung   tjEk   "j/2    von    deinen   Propheten    kann    deshalb   nicht 


Pischel,  Aufrechts   Catalogus  Catalogorum,  III.  243 

richtig  sein,  weil  nach  ihr  die  Entstehung  dieser  Anordnung  nicht 
aufgehellt  wird.  Man  wird  doch  nicht  auf  Grund  eines  solchen 
Einfalles  statuiert  haben:  die  Propheten  haben  die  zweierlei  Schrei- 
bung eingeführt.  Erst  die  Amoräer  haben ,  nachdem  sie  die  An- 
spielung auf  rpo  (Endbuchstaben)  nicht  herausgefühlt  baben ,  den 
prophetischen  Ursprung  statuiert.  Ausführlich  in  „Zur  Einleitung 
in  die  heil.  Schrift"   100  ff. 

Als  Anhang  ist  dem  Bande  beigegeben  eine  Abhandlung  über 
den  Ursprung  des  Wortes  Agada,  die  1891  in  der  Jewish 
Quarterly  Review,  und  eine  andere  über  die  drei  Zweige  der 
jüdischen  Traditionswissenschaft,  die  1899  in  der  Revue  des 
Etudes  Juives  erschienen  ist.  Seite  477,  Zeile  5  von  unten 
wird  statt  irt:t3733  zu  lesen  sein  tt3.TT723.  Da  in  späterer  Zeit  7i2'Ci2 
die  Mischna  in  unserem  Sinne  bezeichnete,  fand  man  es  unverständ- 
lich, dass  die  hliöM  ■•b^a  sich  mit  mir.Ni  msbn  ibttü  und  nicht 
mit  rr.W3  beschäftigen.  Man  emendierte  also  m~n"J  in  jidiöW  oder 
man  setzte  tniiöTa  ein.  Die  Einführung  des  Wortes  Nip?:  scheint 
demnach  überflüssig  zu  sein  (vgl.  478,  Z.  14  und  28;  ferner  479, 
Z.  5  v.  u.,  wo  ebenfalls  n:ca  in  che  zu  emendieren  ist). 

Ein  Register  der  erwähnten  Tannaiten  und  Amoräer  erhöht 
die  Brauchbarkeit  des  Werkes.  Ludwig   Blau. 


Aufrecht,  Theodor,  Catalogus  Catalogorum.  An  Alpha- 
betical  Register  of  Sanskrit  Works  and  Authors.  Part  III. 
Printed  with  the  Support  of  tbe  Academies  of  Göttingen, 
Leipzig ,  Munich  and  Vienna.  Leipzig ,  Otto  Harrassowitz, 
1903.     pp.  IV,  161.     4°. 

Mit  dem  vorliegenden  dritten  Bande  des  Catalogus  Catalogorum, 
dessen  erster  Band  1891,  der  zweite  1896  erschienen  ist,  schliesst 
das  grosse  Sammelwerk  ab.  Der  dritte  Band  verzeichnet  die  Hand- 
schriften aus  Listen  und  Katalogen,  die  seit  1896  erschienen  sind, 
oder  deren  Kenntnis  Aufrecht  privaten  Mitteilungen  verdankt. 
Im  ganzen  sind  es  22  Nummern.  Von  grösseren  Arbeiten  konnte 
nicht  mehr  benutzt  werden  Bendall's  Catalogue  of  the  Sanskrit 
Manuscripts  in  the  British  Museum,  London  1902.  Sonst  wird 
man  nichts  vermissen.  Ein  grosser  Teil  der  von  Aufrecht  be- 
nutzten Verzeichnisse  ist  den  meisten  Sanskritisten  überhaupt  nicht 
zugänglich,  so  dass  für  sie  der  Catalogus  Catalogorum  die  einzige 
Quelle  bildet.  Wie  wertvolle  Dienste  er  auch  den  Indern  bei  der 
Nachforschung  nach  Handschriften  geleistet  hat,  davon  legen  die 
neueren  indischen  Kataloge  beredtes  Zeugnis  ab.  Was  ich  bei  der 
Besprechung  des  ersten  Bandes  bemerkt  habe,  dass  das  Werk  zu- 
gleich ein  unentbehrliches  Hilfsmittel  für  das  Studium  der  Sanskrit  - 

16* 


244  •  Anzeigen. 

Litteratur  sei  (Centralblatt  für  Bibliothekswesen  IX,  137),  hat  sich 
im  Laufe  der  Jahre  durchaus  bestätigt.  Besonders  verdienstlich 
und  bei  der  Art  der  Quellen  auch  besonders  schwierig  ist  der  Ver- 
such ,  unter  dem  Namen  des  Verfassers  alle  Werke  desselben  zu- 
sammenzustellen. Hierbei  waren  Irrtümer  ganz  unvermeidlich,  die 
bereits  zum  grössten  Teil  im  zweiten  Bande  verbessert  worden 
sind.  Es  wäre  zweckmässig  gewesen,  diese  noch  einmal  am  Schlüsse 
des  ganzen  Werkes  zusammenzustellen,  ebenso  Verbesserungen,  wie 
die  unter  AppayyadTksita,  wo  die  Zeit  des  Autors  in  Frage  kommt. 
Der  Verfasser  des  Mallikämäruta  heisst  nicht  Uddandaranganätha, 
wie  I.  66.  434  angegeben  und  nicht  verbessert  ist,  sondern  Uddandin, 
Sohn  des  Ranganätha,  wie  ich  gezeigt  habe  (Rudrata's  Snigäratilaka 
p.  15).  Upendraharipäla,  der  mit  einem  ?  bezeichnet  und  als  Ver- 
fasser des  Gaudavadhasära  angegeben  wird  (I,  69),  ist  der  Kom- 
mentator des  Gaüdavaha  und  liegt  gedruckt  vor  in  der  Ausgabe 
von  Shankar  Pändurang  Pandit  (Bombay  1887).  Die  Angabe  unter 
Ksemisvara  (I,  135),  dass  dieser  Verfasser  eines  Naisadhänandakävya 
sei,  ist  irrtümlich.  Richtig  steht  I,  306  Naisadhänandanätaka,  und 
zu  streichen  ist  Bühler  554.  Ganavyäkhyäna  (I,  142)  ist  nicht 
Name  eines  Werkes ,  sondern  bezeichnet  Vardhamänas  Kommentar 
zu  seinem  Ganaratnamahodadhi.  Das  Citat  Mallinäthas  zu  Kumära- 
sainbhava  1,  26  z.  B.  steht  1,  8  p.  23  in  der  Ausgabe  von  Eggeling. 
Der  Verweis  „Preface  to  Patanjalicarita  p.  21"  unter  Nllakantha- 
diksita  (II,  65)  stimmt  nicht.  Eine  Zusammenstellung  der  Werke 
des  Nllakanthadlksita  findet  sich  Kävyamälä  XI,  77  Anm.,  wonach 
der  Artikel  bei  Aufrecht  zu  revidieren  sein  dürfte.  So  Hesse 
sich  noch  manches  anführen ,  was  unverbessert  geblieben  ist.  Der 
dritte  Band  bringt,  wie  die  beiden  ersten,  neben  dem  blossen  Ver- 
zeichnis der  Titel  wieder  eine  Reihe  Angaben,  die  für  die  Litteratur- 
geschichte  von  Wert  sind.  Unter  Kesavamisra  (III,  28)  wird  er- 
währit,  Kesavamisra  habe  auch  ein  Väkyaratna  verfasst,  und  III,  118 
wird  dieses  Werk  aufgeführt.  In  der  That  liest  die  Ausgabe 
Benares  samvat  1923  fol.  6b,  5  und  fol.  30 b,  2  Väkyaratna,  die 
Ausgabe  in  der  Kävyamälä  Nr.  50  (Bombay  1895)  aber  liest  zwar 
12,  3  Väkyaratna,  aber  72,  12  Kävyaratna,  und  so  lesen  auch  an 
der  ersten  Stelle  die  vorzüglichen  MSS.  in  Pünä,  die  ich  kollatio- 
niert habe.  Das  wird  also  der  richtige  Titel  sein.  Hier  hätte 
auch  erwähnt  werden  können ,  dass  Kesavamisra  auch  ein  Alam- 
kärasarvasva  geschrieben  hat  (III,  7),  worauf  ich  bereits  1885  in 
den  GGA.  p.  767  aufmerksam  gemacht  habe.  Dass  der  Nalodaya 
wieder  einem  Kälidäsa  zugeteilt  wird  (III ,  60)  ist  doch  zu  vor- 
sichtig. Es  kann  als  sicher  gelten ,  dass  sein  Verfasser  Ravideva 
ist  (Bhändarkar,  Report  for  1883/84,  Bombay  1887,  p.  16; 
Peterson,  Third  Report  p.  394.  395  No.  310.  311;  vgl.  Cat.  Cat 
TL  60) ,  derselbe  Mann ,  der  das  Kävyaräksasa  oder  Räksasakävya 
verfasst  hat,  das  von  Hoefer,  Sanskrit-Lesebuch  p.  86  ff.  heraus- 
gegeben worden  ist.    Dass  zum  Nalodaya  auch  ein  Kommentar  des 


Meissner,  Leipziger  sernitisttsche  Studien,  I,  1.  2.  245 

Ravideva  erwähnt  wird  (Cat.  Cat.  1 .  280 ,  wo  Kh.  84  zu  streichen 
ist;  11,60),  spricht  nicht  dagegen,  da  Ravideva  ja  auch  einen 
Kommentar  zu  seinem  Kävyaräksasa  geschrieben  hat,  das,  wie  der 
Nalodaya ,  zuweilen  auch  dem  Kälidäsa  zugeschrieben  wird.  Die 
ganz  gleiche  geschmacklose  Art  der  Dichtung  lässt  keinen  Zweifel, 
dass  beide  Werke  denselben  Verfasser  haben,  der  nur  Ravideva  ge- 
wesen sein  kann.  Darauf  sei  hier  nochmals  hingewiesen ,  wie  es 
bereits  ZDMG.  56,  626  geschehen  ist,  was  offenbar  Aufrecht  nicht 
überzeugt  hat.  Die  Neuaufführung  von  Werken  zeitgenössischer 
Autoren  wie  Rämasubrahmanyasästrin  (III.  111;  vgl.  161)  wäre 
besser  unterblieben.  Schlägt  man  nicht  immer  gleich  unter  dem 
Verfasser  nach ,  so  kann  man  leicht  zu  ärgerlichen  Irrtümern  ver- 
führt werden.  Den  Schluss  des  Bandes  bilden  einige  kurze  Extracts, 
die  Nachrichten  über  die  Verfasser  oder  Anfang  und  Ende  des 
Werkes  geben  und  Additions  and  Corrections  zu  allen  drei  Bänden. 
In  dem  Extract  aus  dem  Anargharäghava  ist  zu  lesen  '^•T^'^T^T- 
^T*5T^J,  wie  bei  Hultzsch  richtig  steht.  Ob  in  dem  Extract 
aus  der  GopälatapanTyopanisad  mit  Recht  U^t^«^  bei  Kathavate 
schweigend  in  TT^cfSI«^  geändert  worden  ist.  ist  sehr  zweifelhaft. 
Eine  Reihe  wichtiger  Kataloge  von  Bhändarkar .  Bühler ,  Peterson 
macht  der  Catalogus  Catalogorum  natürlich  nicht  überflüssig,  aber 
viel  leichter  benutzbar.  Die  D.  M.  G. ,  wrelche  die  Mittel  zu  den 
beiden  ersten  Bänden  gewährt  hatte,  konnte  leider  aus  finanziellen 
Gründen  den  Schlussband  nicht  unterstützen.  Um  so  mehr  ver- 
dienen die  Akademien  von  Göttingen,  Leipzig.  München  und  Wien 
den  Dank  aller  Sanskritisten ,  dass  sie  durch  einen  Zuschuss  es 
dem  Verleger  Herrn  Harrassowitz  ermöglichten ,  das  Werk  ohne 
Verzug  zu  veröffentlichen.  Der  indischen  Philologie  hat  Aufrecht 
einen  unschätzbaren  Dienst  geleistet.  -p    p  ■  „  _  ^  p  i 


Leipziger  semit  istische  Studien.  Herausgegeben  reu 
A.  Fischer  und  H.  Zimmern.  I,  1.  2.  1.  Becherwahr- 
sagung bei  den  Babyloniern  nach  zicei  Keilschrifttexti  n 
aus  der  Hammurabi-Zeit  von  Johannes  Hunger,  cand. 
theol.  und  Dr.  phil.  80  S.  2,80  M.  2.  Alibabylonische 
Rechtsurhunden  aus  der  Zeit  der  Harnmurabi- Dynastie  von 
Samuel  Daiches,  Dr.  phü.  100  sT  3/20  M.  Leipzig.  J.  C. 
Hinrichs'sche  Buchhandlung   1903. 

Die    beiden    ordentlichen  Professoren    für    semitische   Sprachen 
und  Direktoren  des  semitistischen  Institutes  der  Universitäl  L< 
Fischer  und  Zimmern,   haben  sich  entschlossen,  eine  neue,  fort- 
laufende   Publikation    unter    dem    Namen    ,  Leipziger    semitistische 


246  Anzeigen. 

Studien"  herauszugeben.  Sie  „sollen  in  erster  Linie  ein  Sammel- 
organ für  Arbeiten  sein .  die  von  Mitgliedern  des  semitistischen 
Instituts  der  Universität  Leipzig  geliefert  werden."  Daneben  werden 
aber  auch  die  Direktoren  des  Institutes  und  andere  Gelehrte,  „ins- 
besondere solche,  die  der  Universität  Leipzig  angehören  oder  von 
ihr  ausgegangen  sind",  mit  Beiträgen  vertreten  sein.  „Der  Name 
semitistisch  soll  dabei  nur  a  potiori  gelten ,  sodass  also  auch 
Arbeiten  der  Nachbargebiete ,  wie  des  Sumerischen ,  Elamitischen, 
Persischen.  Türkischen,  Hamitischen  etc.  Aufnahme  rinden  können." 
Mehrere  Hefte,  die  im  übrigen  völlig  selbständig  und  auch  einzeln 
im  Buchhandel  zu  haben  sind ,  sollen  zu  einem  Bande  vereinigt 
werden. 

Dieses  neue  Unternehmen  ist  gewiss  mit  Freuden  zu  begrüssen; 
denn  auf  diese  Weise  wird  nicht  nur  eine  Anzahl  gediegener  Pro- 
motionsschriften  nicht  so  verschwinden,  wie  es  bisher  der  Fall  war, 
sondern  es  werden  auch  von  älteren  Gelehrten  Aufsätze ,  die  als 
Zeitschriftenartikel  zu  umfangreich  waren,  hier  eine  würdige  Stätte 
rinden.  Die  Namen  der  beiden  Herausgeber  bürgen  dafür,  dass  die 
Studien  nur  Gutes  bringen  werden. 

Die  erweiterten  Dissertationen  der  beiden  Schüler  Zimmer ns, 
welche  ich  hier  zu  besprechen  habe,  sind  in  jeder  Beziehung  lobens- 
wert und  machen  Schülern  und  Lehrer  alle  Ehre.  Herr  Hunger 
hat  zum  Gegenstande  seiner  Untersuchung  zwei  altbabylonische 
Thontafeln  gemacht ,  die  von  Ölorakeln  handeln.  Es  sind  Omen- 
texte,  die  die  Zukunft  erschliessen  wollen  aus  den  Formen  und 
Gestalten ,  die  in  Öl  gegossenes  Wasser  oder  in  Wasser  gegossenes 
Öl  annimmt.  Wenn  jemand  krank  war  oder  eine  geschäftliche 
Aktion  unternehmen  wollte  etc.,  so  Hess  er  von  einem  Seher  (bdru) 
das  Orakel  befragen.  Beide  Tafeln  müssen  ungefähr  gleich  alt  sein 
(sie  stammen  etwa  aus  der  Zeit  der  ersten  babylonischen  Dynastie), 
rühren  aber  dennoch  gewiss  nicht  von  demselben  Schreiber  her. 
Denn  es  ergeben  sich  bei  näherem  Zusehen  allerlei  thatsächliche 
Differenzen,  derart,  dass  der  Vordersatz  in  beiden  Texten  überein- 
stimmt, die  Bedeutung  des  Omens  jedoch  verschieden  ist;  dann  aber 
wirft  der  Verfasser  von  A  häufig  die  Personen  (1.  und  3.  Person) 
durcheinander  und  beachtet  auch  die  Regeln  der  Grammatik  nicht 
so  genau  wie  der  Schreiber  von  B.  Die  grammatische  Seite  hätte 
überhaupt  von  H.  noch  etwas  mehr  berücksichtigt  werden  können ; 
z.  B.  sind  die  Texte  für  die  Konstruktion  der  Bedingungssätze  sehr 
wichtig.  Speciell  in  letzter  Zeit  ist  so  viel  neues  Material  aus  altbaby- 
lonischer Zeit  veröffentlicht  worden,  dass  es  gewiss  zur  Bearbeitung 
einer  altbabylonischen  Grammatik  ausreicht.  Wie  man  immer  deut- 
licher sieht,  fällt  in  diese  Zeit  Cd.  h.  etwa  2000  v.  Chr.)  die  Blüte 
der  babylonischen  Litteratur ;  denn  die  Texte ,  auf  die  wir  bisher 
unsere  Grammatik  aufgebaut  haben ,  schrieben  schon  ganz  anders, 
als  man  damals  sprach.  Gewiss  wurden  nicht  erst  zur  Seleuciden- 
zeit,   wie  es  jetzt  durch  die  äusserst  wertvollen  Publikationen  von 


Meissner,  Leipziger  semit ist  /'.sehe  Studien,  I,  1.2.  24  ( 

Pincbes  erhärtet  wird,  die  Endungen  der  Nomina  abgeworfen, 
sondern  waren  es  schon  viel  früher. 

Unsere  Becherweissagungen  sind  recht  schwierig  zu  verstehen. 
Besonders  eine  Anzahl  technischer  Ausdrücke  sind  noch  dunkel. 
Hungers  treffliche  Übersetzung  hat  schon  viele  Schwierigkeiten 
weggeräumt,  manche  bleiben  aber  noch  bestehen.  Vielerlei  ist  auch 
noch  unsicher  und  mit  den  vorhandenen  Hilfsmitteln  nicht  zu  ent- 
scheiden. So  kommt  es,  dass  man  mehrfach  eine  andere  Auffassung 
haben  kann,  ohne  sie  beweisen  zu  können.  Ich  begnüge  mich  daher 
mit  einigen  Kleinigkeiten. 

S.  3.  Zu  den  Zeugnissen  über  Lekanomantie  bei  den  Griechen 
füge  noch  hinzu  Pseudo-Kallisthenes  I,  1,  wo  König  Nekta- 
nebos  kleine  Schiffchen  in  einem  Gefäss  schwimmen  lässt  und  durch 
deren  Behexung  die  feindlichen  Flotten  verhindert,  in  Ägypten  zu 
landen.  Für  talmudische  Lekanomantie  vgl.  Blau.  Das  altjüdische 
Zauberwesen  S.  42. 

S.  10,  8.  Der  Lautwert  BIR(?)  ist  meines  Wissens  durch 
nichts  gerechtfertigt;  dagegen  hatte  das  Zeichen  sicher  den  Laut- 
wert MA$;  vgl.  Scheil  in  Masperos  Rec.  XIX,  56;  MVAG.  1903,95. 

A,  6  vielleicht :  wird  Samas  die  Sonne  (jenem)  Manne  zu  seiner 
Belebung  schenken.     Zu  erösu  vgl.  auch  B.  47,  65. 

A,  7  vielleicht  zu  lesen:  sarap  (ü)  Samswn  la-bi-ru  eil  awtlim 
ibdii  =  lasten  alte  Schulden  (?)  des  Sonnengottes  auf  diesem  Manne. 
Vgl.  aes  alienum. 

A,  19  ist  vielleicht  is-ta-la-la  =  sich  wegzieht  zu  lesen. 

A,  39  wohl  ga-ri-a-at  =  wird  die  Unternehmung,  zu  der  der 
Mann  auszieht,  unglücklich  ausfallen. 

A,  40:  pitrustu  ist  eventuell  von  paräsu,  paräsu  abzuleiten, 
das  dann  die  Bedeutung   „Entscheidung,  Prozess"   hätte. 

In  der  Unterschrift  bedeutet  MU-BI- IM  wohl  nicht  „Spruch", 
sondern  wie  MU-AS-AS  „Zeile". 

B,  2.  marälam  steht  wohl  einfach  für  toaräkim;  denn  auch 
in  dieser  Zeit  werden  die  Trc-Zeichen  neben  v  !»-  zum  Ausdrucke 
von  i   angewandl. 

B,  8.  takaltu  bedeutet  gewiss  „Eingeweide"  resp.  einen  Teil 
der  Eingeweide;  s.  MVAG.  1904,  138. 

B,  14    ist   doch  wohl  zu  verbinden    a-hi  ta-na-an-di-i-ma 
wenn  du  einen  als  männlichen,    einen  als  weiblichen  Teil  hin 

B,  21  wohl:  Sturz  des  Widersachers  d.  h.  des  Prozessgegners. 

B,  23  ist  eventuell  aufzufassen:  wenn  der  Rand  des  Öles  etwas 
grünlich  ist  (wenig  in  Bezug  auf  Grünlichkeit). 

B,  47  ist  wohl  zu  übersetzen:  dem  Menschen  wird  sein  Gotl 
das,  um  was  er  bittet,  gewähren.    Vgl.  A,  6. 

B,  60.  Zu  burbuhutu  ist  vielleicht  K.  ;».  Recto  29  (ZA.  W  II 
268)  bur-bu- '-a-tum  zu  stellen. 


248  Anzeigen. 

B.  61  ist  jedenfalls  zu  lesen  assat  awelim  wa-zu(l)-u-tam 
illah  =  die  Frau  des  Mannes  wird  (das  Haus)  verlassen.    Vgl.  A,  16. 

Auch  die  zweite  Abhandlung  bietet  viel  des  Interessanten. 
Daiches  giebt  uns  eine  grosse  Anzahl  Kaufverträge  (a.  Grund- 
stücke, b.  Sklaven)  aus  der  Zeit  der  ersten  babylonischen  Dynastie 
in  Umschrift  und  Übersetzung  nebst  ausführlichem  philologischen 
Kommentar.  Diese  Verträge  sind  nicht  nur  für  den  Assyriologen 
und  Rechtsvergleicher  wichtig,  sondern  sind  auch  eine  wahre  Fund- 
grube für  den  Historiker  und  Religionsforscher.  So  zeigt  Daiches, 
dass  der  bekannte  Immeru  zur  Zeit  des  Sumula-ila  regierte  und 
zwar  als  Unterkönig  oder  Usurpator  in  Sippar.  Auch  Namen  anderer 
Usurpatoren  aus  dieser  Zeit  werden  bekannt  gemacht:  Bunguni-ila 
und  Anmanila.  Seit  der  Zeit  Zabus  erscheint  dann  Sippar  pacifi- 
ciert  und  endgültig  Babylon  unterworfen. 

Die  Eigennamen  dieser  Zeit,  deren  Studium  Ranke  so  schön 
in  Angriff  genommen,  sind  wiederum  für  den  Religionsforscher  von 
grosser  Wichtigkeit.  Aber  auch  dem  Philologen  bringen  sie  zu- 
weilen eine  unverhoffte  Freude,  z.  B.  dadurch,  dass  sich  Worte  als 
Eigennamen  erhalten  haben ,  die  als  Gattungsnamen  verloren  ge- 
gangen oder  uns  noch  nicht  bekannt  geworden  sind.  Der  häufige 
Eigenname  Samarah  (Bu.  88-5-12,  222,  14  in  MAP.  37)  und  Su- 
muräh  (B.  T.  IT,  39,  1;  50,  7)  wird  von  Pick,  Assyrisches  und 
Talmudisches  S.  15  sicherlich  mit  Recht  zu  dem  nabatäischen  Eigen- 
namen mwia  gestellt.  Es  ist  gewiss  nichts  anderes  als  das  bisher 
unbekannte  babylonische  Äquivalent  von  arab.  jj^-^-Ä,  jj.L+*o.  Noch 
heute  nennt  man  im  Iraq  die  männliche  Blütenrispe  sarmüh.  Gewiss 
ein  bezeichnender  Name  für  einen  jungen  Sohn ! 

Ich  lasse  einige  Bemerkungen  folgen: 

S.  13.  Reisner  hat  die  altbabylonischen  Flächenmaasse 
(SBAW.  1896,  417  ff.)  nach  Telloh-Tafeln  bestimmt.  Dass  seine  An- 
gaben auch  für  unsere  Zeit  zutreffen,  beweist  z.  B.  Bu.  88-5-12,  186 

(B.  T.  II,  8),  wo  ^^  GAN  (d.  i.  400  SAR)  +  ■. GAN  (d.  i.  200  SAR) 

=  »— <  GAN  (d.  i.  600  SAR)  gesetzt  werden.  So  ist  diese  Rechnung 
natürlich  aufzufassen.  Von  beiden  Stücken  Landes  wird  ein  be- 
sonderer Zins  verlangt;  daher  ist  Z.  21  auch  —  — ,  nicht  *— «  zu  lesen. 

S.  13  unten.  Daiches'  Ausführungen  über  den  Namen  Ja- 
jri-um  sind  wichtig;  denn  sie  zeigen  gegenüber  Delitzsch,  dass 
dieser  Name  jedenfalls  nicbts  mit  mr^  zu  thun   hat. 

S.  20,  6.  Das  Zeichen  ist  weder  SAL  noch  IJI,  sondern,  wie 
man  jetzt  aus  dem  Hammurabi-Codex  weiss  (s.  a.  S.  43) ,  ein  aus 
SAL  -f-  VIS  gebildetes  Zeichen  mit  der  wahrscheinlichen  Aus- 
sprache as.satu. 

S.  31,  1.  tap{w)irtu  =  Umgebung,  Flur,  wofür  in  späterer 
Zeit  tamertu  geschrieben  wird,  ist  jedenfalls  von  einem  Stamme 
-r  abzuleiten;  vgl.  ZA.  XVII,  247. 


Meissner.  Leipziger  semitistische  Studien,  I,  1.  '2.  9-W 

S.  42,  1  scheint  mir  die  Lesung  lu-ga-nim  empfehlenswerter, 
weil  daneben  auch  ha-ga-nim   (MAP.  49,  6)  vorkommt. 

S.  45,  8  ist  vielleicht  U(\)-bar-La-ma-zt  zu  lesen;  vgl.  S.  42,  30. 

S.  47  zu  Z.  24.  Die  Verwandlung  von  k  in  g  hei  einer  Li- 
quida findet  sich  also  schon  in  so  früher  Zeit.  Ein  zweites  sicheres 
Beispiel  ist  Bu.  88-5-12,  184,  12  (B.  T.  IV.  12):  swmka  u  zi-gi-ir-ka 
für  zikirka.  Aus  späterer  Zeit  erwähne  ich  nur  isankanga  = 
iSakanka,  guhlu  =  Kbiro,  Tukulti-apal-Esarra  =  ^iDNbEnban  etc. 

S.  60.  Bei  dem  Gottesnamen  Pir  ist  vielleicht  an  den,  be- 
sonders aus  assyrischen  Freibriefen  bekannten  Gott  Bir  zu  erinnern. 

S.  95.  Nr.  26  ist  ein  interessanter  Vertrag.  Ein  Ehepaar  kauft 
einem  Vater  seine  Tochter  ab ,  mit  der  Bestimmung ,  dass  das 
Mädchen  dem  Manne  als  Nebenfrau,  der  Gattin  als  Magd  dienen 
soll.  Gewöhnlich  brachte  die  Ehefrau  schon  eine  Dienerin  als  Neben- 
frau ihres  Mannes  in  die  Ehe  mit.  Auf  Bu.  91,  5 — 9,  2176  A 
(B.  T.  II,  44),  einem  Texte,  den  schon  Pinches,  JRAS.  1897,  607  als 
Bu.  88-5-12,  21  (MAP.  70)  entsprechend  erkannt  hat,  wird  auch 
bestimmt,  dass  die  Magd  und  Nebenfrau  Iltani  ihrer  Herrin  Taräni- 
Sagila  dienen  soll:  (17)  u  Il-la-ni  si-bl  sa  Ta-ra-am-Sag-ila 
i-mi-zi-i1)  (is)kiissa-sa  a-na  bit  i-li-sa  i-na-si  zi-nl  sa  Ta-ra- 
am-Sag-ila    {m)Il-ta-ni   i-zi-ni    sa-la-mi-sa    i-sa-lim    lcu-nu-ki-sa 

u-ul   i-bi-te 2)  =    und    Iltani    soll    die    Füsse    der    Taram- 

Sagila  waschen,  ihren  Stuhl  in  das  Haus  ihres  Gottes  tragen,  die 
Taram-Sagila  (Acc.)  soll  Iltani  (Nom.)  schmücken  (frisieren)8),  sich 
um  ihr  Wohl  kümmern,  was  sie   versiegelt,  nicht  öffnen  .... 

Als  weitere  Hefte  der  Studien  sind  in  Aussicht  genommen : 
Pröbster,  Ibn  Ginni's  Kitäb  al-Mugtasab  herausgegeben;  Stumme, 
Maltesische  Studien ;  ders. ,  Maltesische  Märchen ,  Gedichte  und 
Rätsel  in  deutscher  Übersetzung4);  Böllenrücher,  Gebete  und 
Hymnen  an  Nergal;  Fischer,  Symmicta  arabica  I;  Zimmern, 
Die  babylonischen  Lehnwörter,  insbesondere  im  Hebräischen  und 
Aramäischen.  Wünschen  wir  dem  neuen  Unternehmen  schönen 
Erfolg  und  guten  Fortgang !  Bruno  Meissner. 


1)  Vgl.  dazu  K.    1G4,  Vs.  2,  19   (BA.  II,  635  f.);  IV  K.   44,  22b. 

2)  Die  letzte  Zeile  ist  mir  unverständlich.  Die  Bestimmung  übrigens  für 
den  Fall,  dass  Taram-Sagila  und  Iltani  zu  ihrem  Manne  sagen:  Du  bist  nicht 
mein  Mann,    lautet:    is-tu  AN(?)-ZAG(?)-GAR-KI  i-na-du-ni-ili-na-t', 

soll  man  sie  von  dem  .  .  .  herabwerfen.  Ich  vermutete  gleich,  dass  AN-ZAG- 
GAR  hier  =  [AN]-ZA-KAR  =  dimtum  11  R.  7,  30)  wän-.  wie  Jensen. 
KB.  II,  212  scharfsinnig  ergänzt.  Dass  meine  Vermutung  richtig  war,  bestätigt 
Bu.  91,5 — 9,  407,  ll  (B.  T.  VI,  25) :  AJi-hu-a-ia-bi  i-zi-ir-Su-ma  ii-tu  di-im- 
tim  i-na-du-ni-ii-ii  =  wenn  Ahhuaiabi  ihn  feindselig  bebandelt ,  soll  man  sie 
vom  Pfeiler  (etwa:  Thurm  auf  der  Stadtmauer?    berabwerfen. 

3)  Vgl.  arab.  ^. 

4)  Inzwischen   als   Beft    I.   5   erschienen. 


250  Anzeigen. 

Pancaiati-p>rabodha-sambandhah  o  le  Cinquecento 
novelle  antiche  di  Subkasila-gani.  edite  e  tradotte  per  cura 
di  Ambrogio  Ballini.     Firenze   1904. 

Es  liegt  von  der  Schrift  —  was  das  Titelblatt  in  keiner  Weise 
andeutet!  —  einstweilen  nur  ein  erstes  Heft  vor  (mit  IV -f- 
83  Seiten).  Darin  sind  Text  und  Übersetzung  der  ersten  50  Er- 
zählungen enthalten.  Das  Heft  bildet  einen  Separatabdruck  aus 
Pulle's  Studi  Italiani  di  fdologia  indo-iranica.  Wenn  der  italie- 
nische Titel  die  Erzählungen  als  „alt"  (antiche)  bezeichnet,  so 
darf  man  das  nicht  ernst  nehmen.  Von  den  50  vorgelegten  Stücken 
sind  fast  alle  nichts  weiter  als  neuere  (meist  ganz  einfältige) 
Anekdoten  aus  dem  13.  bis  15.  Jahrhundert  (die  Sammlung 
selber  ist  abgeschlossen  worden  im  Jahre  1464  A.  D.).  Alt  sind 
sicher  die  Nummern  1  und  44  (beide  stammen  aus  den  Ävasyaka- 
Erzählungen a) ,  vermutlich  auch  noch  ein  paar  andere  Nummern. 
Man  beachte  die  Torengeschichten  24,  25  und  48;  vielleicht  finden 
sich  da  Berührungen  mit  den  Torengeschichten  des  Kathäsaritsä- 
gara  oder  anderer  älterer  Texte.  Von  Nägärjuna  handelt  26,  von 
Krsna-Dvaipäyana  46.  In  28  erweckt  der  Refrain  tasmäj  jätir 
akäranam  den  Eindruck  alter  Herkunft. 

Ballini  hätte  die  Arbeit  noch  zurückhalten  können,  bis  er  im 
Sanskrit  und  Präkrit  etwas  sicherer  geworden  wäre.  Man  findet 
ausser  den  Druckfehlern  öfter  Anfänger- Verstösse ;  z.  B.  ersetzt  er 
p.  5  die  handschriftliche  Lesart  visismiye  durch  visismiye;  statt 
ajänan  (Nom.  Sing.)  druckt  er  p.  2  ajnänan  und  p.  5  ajanan, 
statt  paräbhava  p.  22  und  p.  23  paräbhäva.  Am  schlimmsten 
kommen  natürlich  die  Präki-it- Stellen  weg.  Ganze  Fehler-Nester 
sind  z.  B.  der  Text  und  die  Sanskrit-Paraphrase  sowie  die  Über- 
setzung der  in  der  Nägärjuna  -  Geschichte  vorkommenden  Gäthä 
(p.  23  Mitte  und  Note  1,  sowie  p.  63). 

Da  wir  nach  vieljährigen  Bemühungen  nunmehr  seit  dem  Genfer 
<  »rientalisten-Kongress  eine  einheitliche  Transkription  des 
Sanskrit  (und  Präkrit)  besitzen,  die  unter  anderm  bereits  von 
Anfang  an  in  Bühler's  Grundriss  zur  Anwendung  gekommen  ist, 
so  wäre  zu  wünschen,  dass  sie  auch  von  möglichst  Vielen  befolgt 
würde.  Zumal  jüngere  Gelehrte,  die  nicht  durch  ältere  Gewohn- 
heiten beeinflusst  sein  können,  haben  keinen  Grund,  sich  dem  Con- 
sensus  zu  entziehen.  Ballini  mag  in  späteren  Heften  seine  Tran- 
skription umso  eher  preisgeben ,  als  er  dann  ja  wohl  auch  über 
sein  gegenwärtiges  Anfänger- Sanskrit  hinauszukommen  wünscht. 

Ernst  Leumann. 

1)  Nr.  44  findet  man  in  den  Abbandl.  für  die  Kunde  des  Morgenl. 
X.  Band,  Nr.  2,  p.  14—19. 


251 


Wissenschaftlicher  Jahresbericht 

über  die   morgenländischen   Studien   im   Jahre   1903. 
Das   Semitische 

mit  Ausschluss  des  Sabaeo-Minäischen  und  der  abessinischen  Dialekte, 
sowie  der  alttestamentlichen   Studien. 

Von 

C.  lirockeliiiann. 

Die  vergleichende  Grammatik  der  semitischen 
Sprachen  muss  leider  noch  immer  als  ein  Stiefkind  unserer 
Wissenschaft  bezeichnet  werden.  Während  auf  dem  Nachbargebiet 
der  idg.  Sprachwissenschaft  die  Forschung  alljährlich  reiche  Früchte 
zeitigt,  harrt  hier  noch  ein  fast  jungfräulicher  Boden  der  Arbeiter. 
Die  in  früheren  Jahrzehnten  wohlberechtigte  Klage  über  Mangel  an 
Stoff  zu  vergleichender  Betrachtung  ist  heute  längst  hinfällig  ge- 
worden, wenn  auch  das  Material  der  einzelnen  Sprachen  bei  weitem 
noch  nicht  so  gründlich  verarbeitet  und  so  bequem  zugänglich  ist 
wie  auf  idg.  Gebiet.  Das  ist  vielleicht  eher  ein  Vorzug  für  den 
Semitisten ,  dass  er  sich  den  linguistischen  Stoff  fast  überall  erst 
durch  philologische  Arbeit  selbst  erwerben  oder  doch  zurüsten  muss; 
das  wird  ihn  vor  manchen  Gefahren  einseitiger  Arbeitsrichtung  be- 
hüten. Ein  Mangel  aber,  der  sich  immer  wieder  fühlbar  macht 
und  z.  Z.  noch  jeden  wirklichen  Fortschritt  zurückhält,  ist  der  einer 
allseitig  anerkannten,  auf  den  Erfahrungen  der  allgemeinen  Sprach- 
wissenschaft basierten  Methode  der  Forschung.  Während  auf  idg. 
Gebiet  jeder  Arbeiter,  der  ernst  genommen  werden  will,  von  den 
feststehenden  Ergebnissen  der  sprachgeschichtlichen  Prineipienwissen- 
schaft  d.  h.  der  Sprachpsychologie  sich  leiten  zu  lassen  hat  (Brug- 
mann,  KVG.  p.  30).  glaubt  man  in  der  Semitistik  das  klippenreiche 
Meer  der  Sprachvergleichung  noch  ohne  diesen  Kompass  befahren 
zu  können.  Nur  wer  sich  darauf  beschränkt,  das  bekannte  Material 
hübsch  säuberlich  zu  gruppieren  wie  J.  Lajciak  (Die  Plural-  und 
Dualendungen   am  semitischen  Nomen.      Diss.      Leipzig    L902),   mag 


252  Wis&enschaftliohetr  Jahresbericht. 

nicht  so  scheitern  wie  Ungnad  mit  seiner  Erklärung  der  hebr. 
Segolate  (ZA.  17,  333 ff.).  Völlers  (ZA.  17,  305  ff.)  sucht  das 
Verhältnis  von  il  und  iläh ,  das  er  als  Vokativ  nimmt,  das  Qätil- 
Particip,  das  er  zum  III.  Stamm  des  Arab.  stellt,  und  die  arab. 
IWunderungsformeln  neu  zu  erklären;  aber  so  lange  die  Er- 
forschung des  semitischen  Vokalismus  noch  zu  keinen  festen  Resul- 
taten geführt  hat,  fehlt  jeder  Formerklärung  der  sichere  Untergi-und. 
Der  Versuch  des  Ref.,  wenigstens  an  einem  Punkte  Einblick  in  die 
Gesetze  des  Vokalismus  zu  gewinnen,  musste  natürlich  den  energischen 
Widerspruch  des  Hauptvertreters  der  Formerklärung  ohne  phone- 
tischen Unterbau  (s.  Barth,  diese  Zeitschr.   57,  628  ff.)  erregen. 

Auf  babylonisch-assyrischem  Gebiete  steht  mit  Recht 
die  von  der  französischen  Expedition  in  Susa  gefundene  Gesetzes- 
sammlung des  Hammurabi  im  Vordergrunde  des  Interesses.  Der 
Ausgabe  und  französischen  Übersetzung  von  S  c  h  e  i  1  (Delegation  en 
Perse.  Memoires  t.  IV)  ist  alsbald  die  Verdeutschung  von  Win  ekler 
(Der  alte  Orient,  4.  Jahrg.  Heft  4)  gefolgt.  Auf  die  schon  recht 
zahlreichen  an  diese  beiden  Übersetzungen  sich  anschliessenden  mehr 
oder  weniger  populären  Darstellungen  (z.  B.  von  C.  H.  W.  Johns, 
Lagrange,  G.  Cohn,  S.  Öttli,  J.  Jeremias)  kann  hier  nicht  näher 
eingegangen  werden.  Recht  verdienstlich  ist  der  Versuch  von 
Ungnad  (ZA.  17,  333  ff.  w.  f.),  die  Syntax  dieses  längsten  altbaby- 
lonischen Textes  darzustellen.  Eine  neue  deutsche  und  hebr.  Über- 
setzung mit  einer  rechtsvergleichenden  Einleitung  hat  D.  H.  Müller 
soeben  geliefert.  Eine  Neuausgabe  des  Textes  mit  englischer  Über- 
setzung stellt  R.  F.  Harper  in  nahe  Aussicht;  von  Peisers  deutscher 
Übersetzung  mit  juristischen  Erläuterungen  von  Kohler  ist  eben  der 
1.  Band  erschienen.  Einen  Teil  des  für  die  Würdigung  dieser  Gesetze 
unentbehrlichen  gleichzeitigen  Urkundenmaterials  hat  S.  Daiches 
(Leipziger  semit.  Stud.  I,  2)  höchst  sorgfältig  bearbeitet.  In  eine 
z.  T.  noch  ältere  Zeit  führt  uns  Thureau  Dangins  aus  den  Funden 
von  Telloh  stammender  Recueil  de  tablettes  chaldeennes  (Paris  1903). 
Demselben  Gelehrten  verdanken  wir  den  Anfang  einer  höchst  sorg- 
fältigen Umschrift  und  Übersetzung  des  Cylindei'S  A  von  Gudea, 
eines  der  wertvollsten  Denkmäler  des  Sumerischen  (ZA.  16,  344 
— 62).  Äusserst  lehrreich  ist  ein  Vergleich  mit  der  Bearbeitung 
dieses  Textes  von  Oppert  (Compt.  rend.  1901,  112—128,  1902, 
360 — 412).  Aus  den  Funden  von  Telloh  stammen  auch  die  von 
Ch.  Virolleaud  (Comptabilite  chaldeenne.  2  voll.  Poitiers  1903) 
mitgeteilten  Texte. 

Die  Leiter  des  British  Museum  haben  ihren  unsterblichen  Ver- 
diensten um  die  Assyriologie  ein  neues  hinzugefügt,  indem  sie  durch 
Budge  und  King  eine  Neuausgabe  der  bisher  hauptsächlich  in  den 
z.  T.  veralteten  Bänden  der  WAL  vorliegenden  Annalen  der  assy- 
rischen Könige  mit  Umschrift  und  engl.  Übersetzung  veranstalten; 
der  erste  glänzend  ausgestattete  Band  der  Annais  of  the  Kings  of 
Assyria  (Lond.   1902)  reicht  bis  zu  Assurnäsirpal  einschliessli.ii. 


Brockelmann,  Das  Semitische.  253 

Während  dieses  Werk  gewisserinaassen  als  krönender  Schluss- 
stein  eine  erste  Periode  assyriologischer  Forschung  zu  einem  glück- 
lichen Ende  führt,  regen  sich  in  freudigem  internationalen  Wett- 
bewerb zahlreiche  Kräfte ,  die  noch  unermesslichen  Schätze  der 
religiösen  und  gelehrten  Litteratur  des  Zweistromlandes  zu  er- 
schliessen.  Einen  Teil  der  von  Craig  kopierten  religiösen  Texte 
hat  F.  Martin  (Bibl.  de  l'ecole  des  hautes  etudes  fs.  130)  um- 
schrieben, übersetzt  und  z.  T.  auch  erläutert.  Sein  Lehrer  Ch.  Vir  ol- 
le au  d  (L'astrologie  chaldeenne  fs.  5 — 8)  setzt  das  von  Epping  einst 
so  glücklich  inaugurierte  Studium  der  „chaldäischen"  Weisheit  fort. 
In  die  Sphären  des  niederen  Heidentums  führen  uns  die  von  R.  Camp- 
bell Thompson  (The  Devils  and  Evil  Spirits  of  Babylonia,  vol.  I. 
Lond.  1903)  mitgeteilten  Texte.  Dem  Scharfsinn  Fr.  Hroznys  ist 
es  geglückt,  in  einem  schon  längst  als  „Hymnus  an  Ninib"  (Winckler- 
Abel  p.  60)  bekannten  Texte  ein  episches  Fragment  zu  erkennen 
und  dies  mit  verwandten  Stücken  aus  den  Sammlungen  des  Brit. 
Mus.  zu  kombinieren  (Sumerisch -babyl.  Mythen  von  dem  Gotte 
Ninrag  [so  ist  nach  H.  für  NIN-IB  zu  lesen]  MVAG.  1903  Nr.  5): 
aus  dem  mythologischen  Exkurs  sei  nur  erwähnt,  dass  er  die  schon 
zu  Gudeas  Zeit  hochverehrte  Göttin  Bau,  die  Tochter  des  Himmels- 
gottes Anu.  auf  den  Regenbogen  bezieht.  In  das  Reich  der  Mantik 
führt  uns  die  fleissige  Arbeit  von  J.  Hunger  (Becherweissagung  bei 
den  Babyloniem  nach  zwei  Keilschrifttexten  aus  der  Hammurabi- 
zeit.  Leipz.  sein.  Stud.  I,  1).  Wie  gefährlich  es  ist.  babyl.  und 
hebr.  Religionswesen  allzu  vorschnell  zu  vergleichen,  zeigt  recht 
deutlich  eine  zwischen  J.  D.  Prince  und  Fossey  (s.  zuletzt  JA. 
s.  10  t.  II  p.  133  ff.)  geführte  Polemik  über  den  angeblichen  Sünden- 
bock der  Babylonier,  in  der  Fosseys  vorsichtige  Zurückhaltung  nur 
zu  billigen  ist.  Von  rein  sprachlichen  Untersuchungen  ist  nur  noch 
die  von  P.  Leander  (Die  sumerischen  Lehnwörter  im  Assyr.  Upsala 
1903)  zu  nennen.  . 

Von  M.  Jastrows  Darstellung  der  Religion  Babyloniens  und 
Assyriens,  die  als  erste  Zusammenfassung  eines  sehr  weitschichtigen 
Materials  dankenswert  ist,  aber  nicht  ohne  Vorsicht  benutzt  werden 
darf,  erscheint  jetzt  eine  vielfach  umgearbeitete  deutsche  Über- 
setzung (Lief.  1 — 4.  Giessen  1902/3).  Wertvoller  und  verlässiger 
ist  die  leider  durch  die  stete  Rücksicht  auf  das  zu  vergleichende 
biblische  Material  beschränkte  Schilderung  des  bab.-ass.  Religions- 
wesens von  H.  Zimmern  in  der  3.  Aufl.  von  E.  Schraders  „Die 
Keilinschriften  und  das  A.  T."  Einen  für  weitere  Kreise  berechneten 
Auszug  aus  diesem  Werke  giebt  Zimmern  in  „Keilinschriften  und 
Bibel  nach  ihrem  reUgionsgeschichtlichen  Zusammenhang"  (Berlin 
1903),  einer  der  wenigen  erfreulichen  Früchte  der  Babel- Bibel- 
Affaire:  29  weitere  aus  demselben  Anlasse  entstandene  Broschüren 
bespricht  Jensen,  LCbl.  1903  v.  12.  Dez.,  Sp.  1699 ff.  Gleichfalls 
für  weitere  Ki-eise  berechnet  ist  die  namentlich  auch  der  treffli 
Illustrationen    wegen    höchst    empfehlenswerte   Monographie    von   ('. 


254  Wissenschaftlicher  Jahresbericht. 

Bezold  „Ninive  und  Babylon"  (Bielefeld  u.  Leipzig  1903).  Das 
unternehmen  der  renommierten  Harlemer  Kunstfirma  Kleinmann 
k  Co.,  die  assyrischen  Skulpturen  der  Museen  zu  London  und  Paris 
in  sehr  gelungenen  und  wohlfeilen  Lichtdrucken  zu  reproducieren, 
ist  leider  noch  nicht  über  die  4.  Lieferung  hinausgekommen. 

Durch  die  Jahrhundertwende  ist  Hilp rechts  „Explorations  in 
Bible  Lands  during  the  19th  Century"  (Edinburgh  1903)  veranlasst. 
Den  grössten  Raum  nehmen  natürlich  die  assyr.-bab.  Ausgrabungen 
ein  und  unter  diesen  wieder  der  Bericht  über  die,  trotz  mancherlei 
vielleicht  nicht  wieder  gut  zu  machender  Fehler  ausserordentlich 
ergebnisreichen,  Arbeiten  der  amerikanischen  Expedition  zu  Nuffar. 
In  vier  Anhängen  schildern  Benzinger  die  Palästinaforschung, 
H  o  m  m  e  1  die  archäologische  Erschliessung  Arabiens,  Steindorff 
die  Ägyptologie,  Jensen  die  Erforschung  der  hittitischen  Denkmäler. 

Für  das  Gebiet  der  semitischen  Epigraphik  können  wir 
auf  die  erschöpfende  und  zuverlässige  Berichterstattung  in  M.  L  i  d  z  - 
barskis  „Ephemeris"  (II,  1,  Giessen  1903)  verweisen  und  uns  mit 
der  Erwähnung  einiger  besonders  wichtiger  Arbeiten  und  Funde  be- 
gnügen. Ein  seines  billigen  Preises  (16  s.)  wegen  namentlich  auch 
für  Vorlesungszwecke  sehr  geeignetes  „Textbook  of  North-Semitic 
Inscriptions"   hat  G.  A.  Cooke  (Oxford,  Clarendon  Press)  geliefert. 

In  Phönicien  sind  am  Esmüntempel  bei  Sidon  vier  gleich- 
lautende Bauinschriften  des  Königs  Bod-Astart,  Enkels  Esmünazars  L, 
gefunden.  Beiträge  zur  Erklärung  dieses  z.  T.  noch  recht  dunkeln 
Textes  sowie  eine  neue  ebenda  gefundene  Inschrift  desselben  Königs 
giebt  C.  C.  Torrey  im  Journ.  of  the  Americ.  Or.  Soc.  24,  211  ff.  Über 
eine  gleichfalls  in  Sidon  von  H.  Winckler  entdeckte  altaramäische 
Bauinschrift  liegen  noch  keine  näheren  Berichte  vor. 

Unsere  Kenntnis  des  älteren  Aramäisch  fördern  einige  von 
A.  Cowley  (Proc.SBA.  25,  Nr.  8 ff.,  259 ff.)  publicierte  Papyrus- 
urkunden aus  Ägypten.  Historisches  Interesse  bietet  auch  das  von 
J.  Euting  (Notice  sur  un  papyrus  egypto-arameen  de  la  Biblio- 
theque  Imperiale  de  Strassbourg,  Mem.  pres.  par  div.  sav.  ä  TAcad. 
des  Inscr.  et  Belles-Lettres ,  Paris  1903,  vgl.  Halevy,  Rev.  Sem. 
XII,  67  ff.,  Clermont-Ganneau,  CR.  1903,  p.  364,  Spiegelberg,  OLZ. 
1904  Sp.  10)  publicierte  Fragment,  das  von  einem  um  d.  J.  14 
des  Darius  411/10  ausgebrochenen  Aufstande  meldet. 

Für  das  Studium  des  J  ü  d  i  s  c  h  -  A  r  a  m  ä  i  s  c  h  e  n  hat  Gins- 
bürg  er  mit  seiner  Ausgabe  des  PseudoJonathan  zum  Pentateuch 
nach  der  Londoner  Hds.  Br.  Mus.  add.  27  031  eine  wichtige  Quelle 
erschlossen.  Nach  dem  Vorgang  von  Praetorius  haben  L.  Wolf  söhn 
(Das  Targum  zum  Propheten  Jeremias,  Diss. ,  Halle  1902)  und 
S.  Silbermann  (Das  Targum  zu  Ezechiel,  Diss.,  Strassburg  1902) 
weitere  Stücke  aus  der  durch  ihre  supralineare  Punktation  wert 
vollen  Berliner  Hds.  aus  Südarabien  vorgelegt.  Kleine  Beiträge 
zum  targumischen  Wörterbuch  bietet  S.  Fraenkel  in  der  Festschrift 
zum  70.  Geburtstage  A.  Berliners. 


Brockelmann,  Das  Semitische.  255 

Für  das  seit  Kohn's  Untersuchungen  leider  allzusehr  vernach- 
lässigte s am a ritanische  Pentateuchtargum  teilt  P.  Kahle  (ZA. 
17,  1  ff.)  neue  Fragmente  mit.  Die  spätere  Geschichte  der  Sama- 
ritaner  war  uns  bisher  hauptsächlich  aus  drei  arabischen  Chroniken 
bekannt;  einen  neuen  Text  der  Art  haben  E.  Adler  und  M.  Selig- 
mann (Rev.  et.  juiv.  t.  45  p.  253  ff.,  t.  46  p.  123  ff.)  veröffentlicht. 

Die  Erforschung  des  christlich-palästinischen  Dialekts 
hat  Fr.  Schulthess,  „Lexicon  Syropalaestinum"  (Berolini  MCMIII) 
zu  einem  vorläufigen  Abschluss  gebracht;  er  verzeichnet  vollständig 
das  Sprachgut  nicht  nur  der  bisher  gedruckten  Texte,  sondern  auch 
das  der  von  Br.  Vi  ölet  in  der  Umaijadenmoschee  zu  Damaskus  ge- 
fundenen Hdss.,  deren  Veröffentlichung  durch  den  glücklichen  Ent- 
decker noch  zu  erwarten  ist. 

Die  syrische  Philologie  kann  auch  auf  das  abgelaufene  Jahr 
als  ein  ertragreiches  mit  Befriedigung  zurückblicken.  Die  Lösung 
einer  ihrer  wichtigsten  Aufgaben ,  eine  kritische  Bearbeitung  der 
Pesitä  zum  A.  T. ,  gehört  freilich  immer  noch  zu  den  frommen 
Wünschen,  deren  Erfüllung  aus  hier  nicht  zu  erörternden  äusseren 
Gründen  leider  noch  immer  in  weitem  Felde  zu  stehen  scheint.  So 
können  denn  auch  Untersuchungen  zu  einzelnen  Büchern,  vor  denen 
als  z.  Z.  keinen  Erfolg  versprechenden  Themen  zu  Erstlingsschriften 
schon  vor  Jahren  Schulthess  mit  Recht,  aber  leider  vergeblich,  ge- 
warnt hat,  wie  sie  J.  Holtzmann  zur  „Weisheit"  (Freiburg  1903) 
geliefert  hat,  nur  relative  und  ephemere  Werte  schaffen.  Als  Vor- 
arbeit für  eine  solche  Ausgabe  dankenswert,  aber  auch  für  Gram- 
matik und  Lexikographie  sehr  lehrreich  sind  die  Mitteilungen  aus 
der  jakob.  und  nestor.  Masora,  die  G.  Die t trieb  1899  zu  Jesaias 
und  jetzt  zu  Ruth  (ZATW.  22 ,  193  ff.)  gemacht  hat.  Grösseren 
Erfolg  verspricht  z.  Z.  das  Studium  der  neutestamentlichen  Schriften, 
für  die  schon  ein  reiches  Material  vorliegt.  In  die  Anfänge  der 
syr.  Litteratur  führt  uns  A.  Hjelt  („Die  altsyrische  Evangelienüber- 
setzung und  Tatians  Diatesseron",  Forsch,  z.  Gesch.  d.  neutestam. 
Kanons  und  d.  altchristl.  Lit.  v.  Th.  Zahn  VII,  1),  während  W.  Bauer 
(„Der  Apostolos  der  Syrer  in  der  Zeit  von  der  Mitte  des  4.  Jahrb. 
bis  zur  Spaltung  der  syr.  Kirche",  Giessen  1903)  die  allmähliche 
Vollendung  des  neutestamentlichen  Kanons  schildert.  G.  Hoff- 
mann  hat  die  beiden  berühmten  Hymnen  aus  den  Thoroasakten 
(ZNTW.  4,  p.  273—309)  neu  herausgegeben,  übersetzt  und  in 
einem  feinsinnigen  Kommentar  erläutert.  Aus  der  altchristlichen 
Übersetzungslitteratur  lieferte  Mrs.  G  i  b  s  o  n  eine  neue  Ausgabe 
der  Didascalia  Apostolorum  mit  Übersetzung  (Horae  semiticae  1  1. 
London  1903).  Eine  sorgfältige,  auf  erneuter  Kollation  der  ein- 
zigen Londoner  Hds.  beruhende  Untersuchung  über  den  Text  von 
Eusebius'  Theophanie  mit  einem  dankenswerten  syr.-griech.  <ilos>ar 
gab  H.  Gr essmann  (Gebhardt  u.  Harnack,  Texte  u.  Unters.,  N.  F. 
VIII,  3).  Eine  Ausgabe  der  Briefe  des  Patriarchen  Severus  von 
Antiochia  in  der  syr.  Übers,  des  Atbanasius  von  Nisibis  bat    E.  W. 


256  Wissenschaftlicher  Jahresbericht. 

Brooks  (I.  1.  Lond.  1902)  begonnen.  Die  profane  Übersetzungs- 
litteratur  ist  durch  P  o  g  n  o  n  s  Ausgabe  der  Aphorismen  des  Hippo- 
crates  vertreten  (Leipzig  1903).  Die  syr.  Serie  des  Corpus  scrip- 
torum  christianorum  orientalium  wird  würdig  eröffnet  mit  Guidis 
Ausgabe  und  Übers,  der  Chronica  minora,  der  edessenischen  und 
der  von  ihm  selbst  1891  zuerst  herausgegebenen  anonymen  nesto- 
rianischen  Chronik  a.  d.  J.  670 — 80.  Die  im  J.  1895  mit  Parisots 
Aphraatesausgabe  eröffnete  Patrologia  syr.  ist  glücklich  zu  einem 
2.  Bande  gediehen,  in  dem  Kugener  (Vie  de  Severe  par  Zacharie 
le  Scholastiopie,  Paris  1903)  die  von  Spanuth  im  Kieler  Gymnasial- 
programm für  1893  veröffentlichte  Biographie  in  Text  und  Über- 
setzung von  neuem  vorlegt.  Dem  unermüdlichen  P.  Bedjan 
verdanken  wir  eine  vollständige  Ausgabe  der  Homilien  des  Isaak 
von  Antiochia  (t.  I.  Leipzig  1903),  deren  Veröffentlichung  Bickell 
vor  26  Jahren  mit  dem  2.  Bande  hatte  liegen  lassen  müssen.  Aus 
der  so  unendlich  reichen  hagiographischen  Litteratur  hat  F.  Macler 
die  Histoire  de  St.  Azaza'il  publiciert,  über  die  in  dieser  Zeitschr. 
demnächst  genauer  zu  berichten  sein  wird.  Eine  reiche  Quelle  zur 
Geschichte  der  ostsyrischen  Kirchenlehre  und  -Verfassung  eröffnet 
J.  B.  C  h  a  b  o  t  s  Synodicon  Orientale  (Not.  et  Extr.  d.  mss.  d.  1.  Bibl. 
Nationale,  t.  37.  Paris  1903).  G.  Diettrich  („Die  nestorianische 
Tauf  liturgie,  ins  Deutsche  übers,  und  unter  Verwertung  der  neuesten 
handschr.  Funde  hist.-krit.  erforscht",  Giessen  1903)  hat  einen  wich- 
tigen bisher  nur  aus  unvollkommenen  Drucken  bekannten  liturgischen 
Text  mit  Hilfe  von  fünf  Berliner  und  einer  Londoner  Hds.  mannig- 
fach gebessert;  seine  Untersuchung  aber  über  die  Geschichte  dieses 
Textes ,  den  er  für  viel  zu  jung  hält  und  in  den  er  ganz  haltlose 
dogmengeschichtliche  Voraussetzungen  hineinträgt,  muss  mit  Baum- 
stark,   Or.  Christ.  II,  219  ff,  als  verfehlt  bezeichnet  werden. 

Die  Arabistik  hat  noch  aus  dem  Vorjahre  einen  wichtigen 
archäologischen  Fund  zu  verzeichnen.  K.  Dussaud  (vgl.  Rev.  arch. 
1902,  II,  p.  409  ff.)  entdeckte  in  en-Nemära,  südöstl.  von  Damaskus, 
eine  Grabinschrift  eines  in  griechischer  und  arabischer  Überliefe- 
rung sonst  ganz  unbekannten  Königs  Mar'alqais  ibn  'Amt  (den 
P eiser,  OLZ.  Juli  1903,  gegen  die  einfachsten  Regeln  historischer 
Methode  mit  dem  gleichnamigen  Fürsten  von  Hira  identiticieren 
will)  aus  d.  J.  328  n.  Chr.  Der  Verstorbene  wird  als  König  aller 
Araber,  der  die  Krone  getragen  und  beherrscht  hat  die  beiden  Asad 
und  Nizär  und  die  Könige,  bezeichnet;  dann  meldet  der  noch  nicht 
in  allen  Einzelheiten  verständliche  Text  von  seinen  militärischen 
Erfolgen  und  seinen  Beziehungen  zu  Rom.  Die  Schrift  zeigt  den 
späteren  nabatäisch-sinaitischen  Typus  und  steht  dem  älteren  Arabisch 
sehr  nahe  (M.  Lidzbarski,  Eph.  II,  34).  Die  Sprache  zeigt  schon 
durchaus  schriftarabisches  Gepräge  mit  nur  leichtem  dialektischen 
Einschlag.  Eine  ausgezeichnete  Übersicht  über  den  jetzigen  Stand 
unserer  Kenntnis  der  Zustände  im  alten  Arabien  nach  den  litte- 
rarischen Quellen  und  den  Denkmälern  giebt  F.  Buhl  in  der  sehr 


Brockelmann,  Das  Semitische.  257 

ausführlichen  Einleitung  seines  Muhammeds  Liv  (Köbenhavn  1903); 
die  Biographie  selbst,  die  mit  gründlicher  Quellenkritik  liebevolles 
Verständnis  für  die  religiöse  Entwicklung  des  Propheten  verbindet, 
wird  man  als  die  z.  Z.  beste  Darstellung  des  Themas  bezeichnen 
dürfen.  Als  Vorfrucht  der  akademischen  Ibn  Sa'd- Ausgabe  beschenkt 
uns  Sachau  (SBBerl.Ak.  1902  Nr.  15  S.  292 ff.,  1903  Nr.  3  S.  16 ff.) 
mit  einer  Charakteristik  der  beiden  ältesten  Chalifen ,  wie  sie  in 
der  frommen  Erinnerung  des  2.  Jahrh.  d.  H.  lebten.  Wellhausen 
(„Das  arabische  Reich  und  sein  Sturz",  Berlin  1902)  verdanken  wir 
die  erste  wahrhaft  kritische  Geschichte  der  Umaijaden  mit  einer 
grosszügigen  Einleitung  über  die  Urgeschichte  des  Islams.  C.  H. 
Becker  behandelt  im  2.  Heft  seiner  „Beiträge  zur  Geschichte  Ägypten s 
unter  dem  Islam"  (Strassburg  1903)  die  Anfänge  der  arabischen 
Herrschaft,  namentlich  in  gründlicher  und  förderlicher  Untersuchung 
die  Steuerverhältnisse,  sodann  die  Geschichte  der  ersten  selbständigen 
Dynastie  Ägyptens,  der  Tülüniden,  auch  hier  mit  verständnisvoller 
Berücksichtigung  clerWirtschaftsgeschiehte.  Für  die  spätere  Geschichte 
des  Islams  sind  namentlich  noch  Amedroz'  dankenswei'te  Studien 
über  die  Geschichte  der  Stadt  MaijäfäricjTn  zu  nennen  (JRAS.  1902, 
785  ff,  1903,  123  ff).  Um  die  Popularisierung  unsrer  Studien  hat 
sich  I.  P  i  z  z  i  durch  seinen  geschickten,  wenn  auch  nur  auf  sekun- 
dären Quellen  fussenden,  Überblick  über  die  Staaten-  und  Kultur- 
geschichte des  Islams  (L'islamismo ,  Manuali  Hoepli  333/4,  Milano 
1903)   verdient  gemacht. 

DesRef.  Stoffsammlungen  zur  arabischenLitteraturgeschichte 
haben  auch  bei  unsern  romanischen  Nachbarn  den  Anstoss  zu  zu- 
sammenfassenden Darstellungen  gegeben.  Auf  Cl.  Huarts  „Litterature 
arabe"  (Paris  1902)  ist  nun  Pizzis  „Letteratura  araba"  (Man.  Hoepli 
335/6)  gefolgt, 

Die  Erschliessung  der  altarabischen  Poesie  hat  auch  in  diesem 
Jahre  erfreuliche  Fortschritte  gemacht.  Die  Gedichte  des  Muta- 
lammis,  des  Oheims  von  Tarafa,  hat  K.  Völlers  arab.  und  deutsch 
bearbeitet  (SA.  aus  BAss.  V,  2).  P.  Schwarz  hat  seine  Ausgabe  des 
'Omar  b.  ab!  Rabl'a  im  Text  vollendet  und  ausserdem  noch  die 
Gedichte  des  Ma'n  b.  Aus  vorgelegt;  Nachträge  und  Verbesserungen 
dazu  bietet  mit  bekanntem  Sammelfleiss  R.  Geyer  (WZKM.  1 7.  246 ff.  i. 
Das  wichtigste  und  erfreulichste  Ereignis  endlich  ist  die  Vollendung 
von  W.  Ahlwardts  „Sammlungen  altarabischer  Dichter"  (s.  Nöldeke 
diese  Zeitschr.  57,  203  ff.) ;  in  rascher  Folge  sind  auf  den  1.  Band 
zwei  weitere  gefolgt  mit  den  Diwanen  der  Regezdiehter  al-'Aggäg 
und  az-Zafajän  sowie  Ru'ba,  Alle  Freunde  arabischer  Poesie  werden 
zum  Abschluss  der  musterhaften  Ausgabe  dieser  ebenso  schwierigen 
wie  wichtigen  Texte  dem  hochverdienten  Bearbeiter  wie  sich  selbst 
freudig  Glück  wünschen. 

Auf  dem  Gebiete  des  Ad  ab,  der  philologischen  Belletristik, 
ist  G.  van  Vlotens  Ausgabe  dreier  Werke  des  Gähiz,  über  die  tür- 
kischen Prätorianer  der  'Abbäsiden,  über  den  Vorzug  der  Schwarzen 

Bd.  LVIII.  17 


258  J '  'issenschaftlicher  Jahresbericht. 

vor  den  Weissen  und  eines  seltsamen  Pamphlets  gegen  einen  sonst 
unbekannten  Litteraten  Ahmad  ibn  'Abdalwahhäb ,  zu  verzeichnen. 
Leider,  ist  es  dem  Herausgeber,  den  der  Tod  in  der  Blüte  der  Jahre 
dahingeraffi  hat,  nicht  vergönnt  gewesen,  diese  Arbeit  noch  voll- 
u  sehn.  Hoffentlich  gelingt  es  seinem  Lehrer  M.  J.  de  Goeje, 
der  auch  die  letzten  Bogen  dieses  Buches  durch  die  Presse  geführt 
hat.  van  Motens  grossartigen  Plan  einer  Gesamtausgabe  der  Werke 
des  (>ähiz  doch  noch  zu  Ende  zu  führen.  Von  des  Ref.  Ausgabe 
der  'Ujün  al-ahbär  Ibn  Qotaibas  ist  Teil  II  als  Beiheft  zum  17.  Bde. 
der  ZA.  erschienen.  R.  Basset  giebt  (JA.  s.  10  t.  II  p.  43 ff.) 
mit  bekannter  Gelehrsamkeit  eine  ausführliche  Inhaltsangabe  zweier 
Pariser  Hdss.  des  Erzählungswerks  von  den   7  Veziren. 

Für  das  Studium  der  Theologie  und  Jurisprudenz  haben 
uns  die  Kairiner  Pressen  einige  hochwichtige  Quellen  erschlossen. 
Mit  dem  30.  Bde.  (Kairo  1321,  Maimanija)  liegt  nun  der  freilich 
nicht  gerade  musterhafte  Druck  von  TabarXs  grundlegendem  Qor'än- 
kommentar  nach  der  Hds.  der  vicekgl.  Bibliothek  vollständig  vor. 
1  )as  in  der  gleichen  Bibliothek  aufbewahrte  einzige  Fragment  des 
K.  Ihtiläf  al-fuqahä'  desselben  Autors  hat  Fr.  Kern  (Kairo  1320) 
sachkundig  ediert.  Von  dem  Buche  des  spanischen  Zähiriten  Ibn 
Hazm  über  die  Sekten  des  Islams  (Al-faisal  fi  1-milal  wa'1-ahwa  wa'n- 
nihal)    sind    die   beiden  ersten  Bände  (Kairo   1317 — 20)  erschienen. 

Für  die  Geschichte  der  exakten  Wissenschaf ten  ist  Ibn 
al-Qiftls  Ta'rTh  al-hukamä',  auf  Grund  der  Vorarbeiten  A.  Müllers 
hrsg.  von  J.  Lippert  (Leipzig  1903),  zu  nennen.  Da  uns  dies  Werk 
leider  nicht  im  Original,  sondern  nur  in  dem  nicht  ganz  einwand- 
freien Auszug  des  Zauzani  erhalten  ist,  so  wäre  es  vielleicht  zweck- 
mässiger gewesen ,  nur  die  Abschnitte ,  die  noch  nicht  aus  seiner 
Hauptquelle,  dem  Filmst,  und  seinem  Ausschreiber  Ibn  abl  Usaibi'a 
bekannt  waren,  drucken  zu  lassen.  Von  C.  Nallinos  Opus  astrono- 
micum  des  al-Battäni  ist  der  1.  Teil  der  Übersetzung  (Pubbl.  del 
R.  Osservatorio  di  Brera  in  Milano  XL,  p.  1)  mit  einer  sehr  lehr- 
reichen Einleitung  erschienen.  Reiches  Material  zur  Geschichte  der 
Medicin  legt  P.  de  K  o  n  i  n  g  in  den  „Trois  traites  d'anatomie  arabes 
par  Muhammed  ibn  Zakariyyä  al-RäzT,  'Ali  ibn  al-'Abbäs  et  'Ali 
ibn  Sinä"  (Leide  1903)  in  Text  und  Übersetzung  vor;  ein  Glossar 
der  termini  technici  erhöht  die  Brauchbarkeit  des  Buchs  für  den 
philologischen  Leser.  Über  das  älteste  arabische  Lehrbuch  der 
Augenheilkunde ,  das  nicht  erhalten  und  nur  noch  durch  Auszüge 
des  Hunain  b.  Ishäq  bekannt  ist,  handelt  J.  Hirschberg,  SBBerl.Ak. 
1903,  XLIX.  Carra  de  Vaux  hat  eine  vollständige  arabische  Über- 
setzung der  Pneumatik  und  Hydraulik  des  Philo  von  Byzanz,  die, 
im  griechischen  Original  verloren ,  bisher  nur  in  einem  stark  ver- 
kürzten lat.  Auszug  aus  dem  Arab.  bekannt  war,  herausgegeben 
und  übersetzt  (Not.  et  Extr.  d.  mss.  de  la  Bibl.  Nat.  t.  XXXVIII). 

Für  die  arabischen  Geographen ,  die  uns  namentlich  durch 
M.  J.  de  Goejes  Verdienst    fast  vollständig  vorliegen,    ist  nunmehr 


Brockelmann,  Das  Semitische.  259 

die  Zeit  der  Verarbeitung  gekommen.  Wie  viel  neues  hier,  freilieb 
nicht  für  jedermann,  noch  zu  holen  ist,  zeigen  wieder  die  hier  nicht 
im  entferntesten  zu  würdigenden  „Osteuropäischen  und  ostasiatischen 
Streifzüge.  Ethnologische  und  historisch-topographische  Studien  zur 
Geschichte  des  9.  u.  10.  Jahrh."  von  J.  Marquart,  ein  neues  Denk- 
mal der  bewundernswürdigen  Gelehrsamkeit  und  der  glänzenden 
Combinationsgabe  ihres  Verfassers.  Ganz  dankenswert  ist  Else 
Reitern  eye  rs  „Beschreibung  Ägyptens  im  Mittelalter,  aus  den 
geogr.  Werken  der  Araber"  (Leipzig  1903);  hauptsächlich  auf  MaqrTzT 
fusst  R.  Guest  und  E.  T.  Riehmond 's  „Misr  in  the  15*  Cen- 
tury" (JRAS.  1903,  791  ff.). 

Für  die  christlich-arabische  Litteratur  ist  in  diesem  Jahre 
nichts  geschehen,  was  besondere  Erwähnung  verdiente;  wir  ver- 
weisen dafür  auf  die  Berichte   des  Oriens  Christianus. 

Die  arabische  Litteratur  der  Juden  hat  M.  Steinschneider 
(Frankfurt  a.  M.  1902)  in  einem  erschöpfenden  bio-bibliographischen 
Grundriss  dargestellt.  Aus  dem  Wörterbuch  Tanchum  Jerusehalmis 
hat  W.  Bacher  (Strassburg  1903)  auch  für  die  arabische  Lexi- 
kographie dankenswerte  Mitteilungen  gemacht.  Die  eschatologischen 
Kapitel  des  Maimonides  hat  M.  Wolff  zum  2.  Male  arab. -deutsch 
(Leiden  1903)  vorgelegt. 

Auch  auf  dem  bisher  ziemlich  vernachlässigten  Gebiet  der 
islamischen  Kunst  beginnt  es  sich  mehr  zu  regen.  Der  bisher 
hauptsächlich  der  Erforschung  römischer  Reste  zu  gute  gekommene 
Service  des  monuments  historiques  de  l'Algerie  wendet  jetzt  auch 
den  arabischen  Denkmälern  seine  Aufmerksamkeit  zu.  W.  und 
<r.  Marcais  liefern  in  „Les  monuments  arabes  de  Tlemcen"  (Paris 
1903)  eine  meisterhafte,  auf  gründlichen  Quellenstudien  beruhende 
und  vortrefflich  illustrierte  Baugeschichte ;  besondere  Erwähnung 
verdient  noch  die  Einleitung,  die  für  die  Geschichte  der  islamischen 
Architektur  neue  und  fruchtbare  Gesichtspunkte  eröffnet.  Über 
die  spanisch-maurischen  Lüsterfayencen  des  M.  A.  und  ihre  Her- 
stellung in  Malaga  handelt  F.  Sarre,  unter  Mitwirkung  von  E.  Mitt- 
woch für  die  arabischen  Quellen,  im  Jahrb.  der  Kgl.  Preuss.  Kunst- 
sammlungen  1903.  IL 

Das  fast  für  alle  Zweige  der  Seniitistik  gleich  wichtige  Studium 
der  arabischen  Dialekte,  als  der  wichtigsten  lebenden  Be- 
tätigung semitischen  Sprachgeistes,  kann  auch  in  diesem  Jahre 
wieder  eine  erfreulich  reiche  Ernte  halten.  Xeuarabische  Geschichten 
aus  dem  'Iräq  mit  einem  erweiterten  Glossar  teilt  Br.  Meissner 
(BAss.  V,  2)  mit.  Nach  dem  Diktat  einer  in  New  York  leb 
Beiruterin  publiciert  E.  Littmann  „Le  chant  de  la  belle  niere"  (JA. 
s.  10  t.  2  p.  97  ff.).  „Lieder  eines  ägyptischen  Bauern"  hat 
H.  Schäfer  gesammelt  und  übersetzt  (Leipzig  1903).     Aus  Nord- 

iiika  verdanken  wir  E.  Doutte  „Un  texte  arabe  en  dialecte 
oranais"  (Mem.  d.  1.  soc.  ling.  de  Paris  I,  12  p.  335  if.).  W.  Marcais' 
„Le  dialecte  arabe  parle  ä  Tlemcen,  grammaire,  textes  et  glossaire* 


260  Wissenschaftlicher  Jahresbericht. 

(Paris  1902)  beruht  auf  langjähriger  praktischer  Kenntnis.  Über  die 
Säuia  in  Marokko  handelt  mit  gewohnter  Gründlichkeit  G.  Kampi'f- 
meyers  4.  Beitrag  zur  Dialektologie  des  Arab.  (M.  Sem.  or.  Spr. 
VI,  II,  1—51). 


Die  abessiniseken  Dialekte  (und  das  Sabaeo-Minäische). 

Von 

Franz  Praetorius. 

Zur  äthiopischen  Sprachkunde,  Litteratur,  Geschichte  sind 
in  den  letzten  anderthalb  Jahren  grössere  und  kleinere  Ai-beiten 
in  ziemlich  erheblicher  Menge  erschienen.  Seitdem  Italien  nahe 
Beziehungen  namentlich  zum  Norden  Abessiniens  unterhält,  kommt 
aus  dem  bis  dahin  ziemlich  abgeschlossenen,  unbekannten  Lande 
reichere  Kunde;  wissenschaftliche  Arbeiten  auf  dem  Gebiete  des 
Äthiopischen,  vor  15  Jahren  und  früher  nur  vereinzelt,  erscheinen 
in  wachsender  Anzahl.  Unter  allen  Arbeiten  des  Berichtszeitraumes 
ist  mir  indes  keine  bekannt  geworden,  die  nach  irgend  einer  Richtung 
hin  zusammenfassend  oder  abschliessend  wäre,  so  dass  eine  kurze 
Verweisung  auf  sie  allein  genügen  könnte. 

Das  Gebiet  ist  nach  verschiedenen  Richtungen  hin  gepflegt 
worden.  In  dem  immer  weiteren  Hervortreten  aller  neuäthiopischen 
Sprachen,  namentlich  des  Tigrina  (tigrai)  und  Tigre  ist  eine  recht 
unmittelbare  praktische  Folge  der  italienischen  Besitzergreifung  zu 
erkennen.  Aber  auch  darüber  hinaus  ist  das  Interesse  am  Neu- 
äthiopischen gewachsen  und  hat  Material  erschlossen ,  das  auch 
früher  erschliessbar  gewesen  wäre.  Bald  wird  das  rein  gelehrte 
Interesse  zu  zusammenfassenden  Darstellungen  schreiten  können,  wo 
bisher  keine  vorhanden  waren ;  früher  gegebene  Darstellungen  werden 
erweitert  und  vertieft  werden  können.  Es  seien  genannt  Litt- 
manns  Aasgabe  der  amharischen  Chronik  des  Debtera  Zaneb,1) 
L'ambasciata  francese  a  Neguse;-)  Littmanns  Tigrina-Texte  im 
Dialekte  von  Tanben  (WZKM.,  Bd.  16),  die  Apologhi  ed  aneddoti 
volti  in  lingua  tigrinna  des  Abessiniers  Ghebre-Medhin  Dighnei 
(Roma  1902),  die  von  Conti  Rossini  gesammelten  Canti  popolari 
tigrai  (ZAss.,  Bd.  17),  desselben  Leggi  tigrai  (Ricordi  u.  s.  w.  S.  59 
— 66);    desselben  Tradizione  Beni  Amer,  Algheden    e    Sabderat    in 


1)  The  Chronicle  of  King  Theodore  of  Abyssinia  .  .  by  Enno  Littmann. 
Part   1,  Amharic  Text.     (Princeton,  New  York,  Leipzig   1902.) 

2)  In  Carlo  Conti  Rossini,   Ricordi  di  un  soggiorno  in  Eritrea  (Asmara 
1903)   S.  43—57. 


Praetorius,  Die  abessinischen  Dialekte  (u.  d.  Sabaeo-Minüische ) .     261 

Tigrespracke  (Ricordi  u.  s.  w.  S.  67  —  78).  Bald  werden  wir  auch 
eine  umfangreiche  Sammlung  von  Tigreliedern  besitzen.3) 

Die  äthiopische  Litteratur  wimmelt  von  Lebensbeschreibungen 
frommer  Männer  und  Frauen,  Märtyrer  und  Märtyrerinnen.  Zunächst 
auf  fremdem  Boden,  meist  in  Ägypten,  entstanden,  wurden  sie  durch 
Übersetzungen  den  Abessiniern  übermittelt.  Solcher  Übersetzungen 
bringt  Esteves  Pereira  wiederum  etliche:  Martyrio  de  santa 
Emerayes  (Lissab.  1902),  Yida  de  Santa  Maria  Egypcia  (Lissab. 
1903),  Yida  de  S.  Paulo  de  Thebas  (Lissab.  1903),"  Martyrio  de 
Abba  Isaac  de  Tiphre  (Lissab.  1903:  Coimbra  1903).  S.  auch 
G o o ds p e e d  in  Amer.  Journ.  Sem.  L.,  vol.  XIX.  Aber  in  Abessinien 
gelangte  dieser  Litteraturzweig  auch  zu  eigener '  Entfaltung ;  indem 
er  sich  an  einheimische  Klöster,  einheimische  Priester  und  Missionare 
anlehnte,  werfen  diese  Lebensbeschreibungen  hin  und  wieder  einiges 
trübes  Licht  auf  die  Religions-  und  die  weltliche  Geschichte  des 
Landes.  Vgl.  Conti  Rossini.  II  Gadla  Sädqän  (Ricordi  u.  s.  w. 
S.  7  ff.),  II  Gadla  Libänos  (ibid.  S.  23  ff.),  Besu'a  Ainläk  (Rendiconti 
Lincei  1902),  Gli  atti  di  Abbä  Yonäs  (ibid.  1903). 

Unsere  Kenntnis  der  äthiopischen  Geschichte  beginnt  bekannt- 
lich erst  mit  Yeküno  Amläk  gegen  Ende  des  13.  Jahrb.  n.  Chr. 
Sein  Aufkommen,  der  Ursprung  und  Untergang  der  ihm  voran- 
gehenden Dynastie  der  Zagäer  ist  noch  von  der  Sage  verhüllt. 
Begreiflicherweise  richtet  sich  das  Interesse  mit  Yorliebe  auf  diesen 
zweiten  Anfangspunkt  der  äthiopischen  Geschichte ,  um  das  über 
ihn  ausgebreitete  Dunkel  zu  erhellen.  Conti  Rossini  hat  hierzu 
einige  neue  äthiopische  Dokumente  veröffentlicht  (Ricordi  u.  s.  w. 
S.  5 f.,  Rev.  Semit.  X,  S.  373  ff.),  deren  geschichtlicher  Wert  indes 
auch  nicht  erheblich  sein  dürfte.  Und  seine  Auseinandersetzungen 
Rev.  Semit.  XI.  S.  325 ff. ,  lassen  deutlich  erkennen,  wieviel  hier 
noch  zweifelhaft,  wiewenig  sicher  ist.  —  In  spätere,  hellere  Zeiten 
führt  Guidi's  Ausgabe  und  Übersetzung  der  Annalen  des  Kaisers 
Johannes  I,  A'läf  Sagad  (Corpus  Scriptoruni  Chfistianorum  Orien- 
talium,  I,  1,  1903). 

Das  bibel-  und  religionsgeschichtliche  Interesse  (fast  das 
einzige  Interesse ,  das  frühere  Jahrhunderte  an  der  äthiopischen 
Litteratur  nahmen)  regt  sich  auch  jetzt  noch  lebhaft.  Durch  die 
sehr  wenig  treue  Bewahrung  und  Überlieferung  der  ursprünglichen 
alten  Bibelübersetzung  sind  schwierige  textkritische  Fragen  auf- 
geworfen  worden,  die  Aug.  Heider  (Leipzig  1902)  und  X.  Roupp 
(ZAss.,  16.  Bd.)  erörtern.  —  Fast  so  lange  wir  die  äthiopische 
Sprache  überhaupt  kennen,  ist  auch  die  grosse  Vorliebe  der  äthio- 
i  Kirche  für  apokalyptische,  angelo- ,  dämonologische  und 
ähnliche  Schriften  bekannt.  Mit  der  Übersetzung  der  hl.  christ- 
lichen Bücher  lernten  die  Äthiopen  derartige  Schriften  früh  kennen, 


1)  Vgl.   Specimens    of   the    Populär  Literature    of  Modern  Abyssinia.     By 
Dr.   Enno  Littmann.     (J.  Am.   Orient.  Soc,  Vol.   XXIII.) 


262  Wissenschaftlicher  Jahresbericht. 

schätzen  und  bewahren.  Ein  den  Athiopen  überkommenes  Werk 
dieser  Art  liegt  vor  in  dem  Buche  der  Jubileen ,  das  Charles 
nach  seiner  Ausgabe  des  äthiopischen  Textes  nunmehr  ins  Englische 
übersetzt  hat  (London  1902).  Die  Athiopen  haben  dann  aber  nach  dem 
übernommenen  Muster  auch  selbständig  ähnliche  Bücher  fabriciert. 
Das  tritt  eigentlich  jetzt  erst  in  helles  Licht  durch  die  späten  und 
ganz  späten  Machwerke,  die  Perruchon  (Le  livre  des  mysteres 
du  ciel  et  de  la  terre.  Paris  [1903])  und  Li ttmann  (Am.  Journ. 
of  Semit.  Lang.,  vol.  XIX  „Abyssinian  Apocalypses")  veröffentlicht 
haben.  Freilich  haben  diese  jüngeren  Schriften  nicht  entfernt  den 
Erfolg  gehabt,  wie  jene  altererbten.  Ähnliche  Geschmacksrichtung 
zeigen  die  von  Halevy  herausgegebenen  und  übersetzten  Bücher 
der  abessinischen  Juden:  Te'ezäza  Sanbat  u.  s.  w.  (Paris  1902). 

Grammatik  und  Lexikographie  des  Äthiopischen  sind  nur  ver- 
treten durch  einen  Aufsatz  von  Praetorius  in  dieser  Zeitschrift, 
Bd.  57,  S.  271  ff. ,  der  einige  neue  Zusammenhänge  zwischen  dem 
äthiopischen  und  dem  sabäischen  Wortschatz  nachweist. 

Auf  dem  Gebiete  des  Sabäischen  selbst  ist  im  Berichts- 
zeitraum sehr  wenig  erschienen.  Nur  vereinzelte  kleinere  Arbeiten 
und  wenige  neue  Funde ,  von  deren  Aufzählung  hier  abgesehen 
werden  muss. 


Alttest  amen  tliche  Studien. 

Von 

(4.  Beer. 

Dass  man  theologischerseits  die  Notwendigkeit  eines,  durch 
die  zunehmende  Verästelung  der  semitischen  Wissenszweige  jedoch 
immer  schwieriger  werdenden,  im  Zusammenhang  Bleibens  der  alt- 
testamentlichen  ja  der  theologischen  Studien  überhaupt  mit  den 
semitisch  -  orientalischen  fühlt ,  kommt  in  dem  Theologischen 
Jahresbericht,  in  dem  dem  Vorderen  Orient  seit  kurzem  ein 
besonderer  Abschnitt  gewidmet  ist,  zum  charakteristischen  Ausdruck. 
Um  so  erfreulicher  ist  nun  auch  umgekehrt  die  Absicht,  die  alt- 
testamentlichen  Studien  in  die  in  dieser  Zeitschrift  erscheinende 
Übersicht  über  die  Fortschritte  der  semitisch- orientalischen  Wissen- 
schaften zu  ziehen,  in  der  freilich  auch  das  Neue  Testament  nicht 
fehlen  sollte,  um  dessentwillen ,  als  des  Hauptträgers  der  Kultur 
der  occidentalischen  Völker,  unser  Interesse  letztiglich  bewusst  oder 
unbewusst  am  Orient  haftet. 

Die  alttestamentliche  Wissenschaft  hat  den  Zenith  des  ihr  in 
den  letzten  Jahren  das  eigenartige  Gepräge  gebenden    encyklopädi- 


Beer,  Alttestamentliche  Studien.  263 

sehen,  lexikalischen,  koinnientatorischen,  hancl-  und  lehrbuchartigen 
Auf-  und  Zusammenarbeitens  der  Erträgnisse  der  jüngsten  Ver- 
gangenheit überschritten:  in  diesem  Jahre  ist  die  von  Cheyne 
und  Black  herausgegebene  Encyclopsedia  Biblica  beendet  worden, 
hat  Guthe's  Bibelwörterbuch  das  Licht  der  Welt  erblickt,  naht 
das  von  Brown,  Driver  und  Briggs  bearbeitete  hebräische 
Lexikon  dem  Ausgang  und  hat  der  von  Nowack  geleitete,  durch 
das  Erscheinen  von  Baentsch'  Numeri  vollständig  gewordene 
Sammelkommentar  den  konkurrierenden  Marti'schen,  von  dem 
nur  noch  das  Doclekapropheton  fehlt,  um  Nasenlänge  geschlagen, 
während  in  dem  Erscheinen  der  alttestamentlichen  Hand-  und  Lehr- 
bücher und  der  Hefte  der  Haupt 'sehen  Regenbogenbibel  eine  Art 
Erholungspause  eingetreten  zu  sein  scheint.  So  sind  viele  Kräfte 
für  die  neuen  Aufgaben  der  alttestamentlichen  Wissenschaft  frei 
geworden,  die  ihr  zum  Teil  durch  Anregung  von  aussen  inzwischen 
gestellt  worden  sind  und  an  deren  Lösung  sich  einzelne  Kräfte 
schon  in  der  jüngsten  Zeit  mit  Erfolg  versucht  haben.  Das  in 
der  Gegenwart  überwiegende  religionsgeschichtliche  Interesse  am 
Alten  Testament  und  die  zu  Tage  getretene  Uneinigkeit  der  Semi- 
tisten  über  gewisse  Grundlagen  der  vergleichenden  semitischen 
Grammatik  dürften  mitverschulden ,  dass  auf  dem  Gebiet  der 
hebräischen  Grammatik  von  alttestamentlicher  Seite  im  ganzen 
kein  erheblicher  Fortschritt  zu  verzeichnen  ist.  Die  für  Strack 
eingesprungene  Steuernagel'sche  hebräische  Grammatik  (1903) 
ist  wohl  ein  recht  brauchbares  Studentenbuch ,  dürfte  aber  die 
Diskussion  über  schwebende  Fragen  der  hebräischen  Grammatik 
kaum  wesentlich  fördern  und  das  Bedürfnis  nach  einer  historischen 
hebräischen  Grammatik  und  einer  historischen  hebräischen  Syntax 
nicht  befriedigen ,  für  welche  letztere  freilieh  so  gut  wie  jede 
Vorarbeit  von  theologischer  wie  philologischer  Seite  fehlt.  In  das 
Wesen  der  babylonischen  Masora  und  in  die  Geheimnisse  des  Päseq 
verdanken  wir  Kahle  (1902),  bzw.  Kennedy  (1903)  fördernde 
Einsicht.  Die  alljährlich  sich  mehrenden  Hand-  und  Inschriften- 
publikationen haben  ein  umfängliches  Material  für  das  semitische 
Lexikon  zu  Tage  gefördert,  das  zur  Fruchtbarmachung  für  die 
einzelnen  semitischen  Sprachen  in  einem  Thesaurus  linguarum  semi- 
ticarum  kritisch  aufgestapelt  werden  müsste.  Solange  die  alt- 
testamentliche  Wortforschung  nicht  durch  energischer  be- 
triebene Text-  und  Versionenkritik,  die  freilich  durch  das  fehlende 
LXX -Lexikon  in  der  Luft  schwebt,  eine  fester«'  l!asi>  als  bisher 
erhalten  hat,  so  werden  besonders  die  anu'E,  yoerpöueve;  des  A.  T. 
ein  Spielplatz  bleiben,  auf  dein  Assyriologen,  Arabisten  und  Agypto- 
logen  ihre  kleinen  Lieblinge  —  nur  zu  häufig  die  Kinder  -eb 
Augenblicke  —  sich  tummeln  lassen,  für  die  sie  dir  Adoption  durch 
die  alttestamentliche  Wissenschaft  verlangen.  Die  von  Kautzsch 
in  lexikalischer  Hinsicht  bearbeiteten  Aramaismen  im  A.  T.  (1902) 
bedeuten    den    glücklichen    Anfane    zu    einem    historischen    hebrä- 


264  Wissenschaftlicher  Jahresbericht. 

ischen  Lexikon.  Mit  einem  Erfolg  versprechenden  Programm  für  die 
Eerstellung  der  ca.  300  v.  Chr.  gelesenen  hebräischen  Bibel  ist 
Kittel  (1902)  hervorgetreten.  Die  Zeit  zur  Inangriffnahme  einer 
historischen  hebräischen  Textbibel,  die  uns  die  Entwicklung  des 
hebräischen  Textes  der  einzelnen  Schriften  von  seinen  erkennbaren 
ersten  Anfängen  bis  zur  Erstarrung  in  der  Masora  veranschaulicht, 
scheint  noch  nicht  gekommen.  Unter  der  fruchtbaren  Anregung, 
die  Sievers'  Metrische  Studien  (1901)  auf  die  alttestament- 
Liche  Wissenschaft  geübt  haben,  haben  zuletzt  Erbt  den  Jeremia 
(1902)  und  gesetzliche  Partien  des  A.  T.  (1903),  Baumann  den 
Arnos  (1903),  Löhr  Deut.  32  (1903),  und  am  gründlichsten  Roth- 
stein Ei.  5  (1902/3)  behandelt.  Mögen  dabei  auch  noch  nicht 
allgemein  befriedigende  Resultate  gezeitigt  worden  sein ,  so  wird 
bei  dem  von  Sievers  selbst  empfohlenen  fröhlichen  Probieren  an 
den  verschiedensten  .Stellen  des  A.  T.  etwas  Erspriessliches  schon 
herauskommen,  sei's  auch  nur  die  befreiende  Erkenntnis  eines 
„Ignoramus"  !  Unter  den  vielen  vortrefflichen,  obwohl  nicht  an 
die  Gründlichkeit  der  International  Critical  Commentaries  reichen- 
den Kommentaren  der  jetzt  vollendeten  oder  fast  vollendeten 
X  o  w  a  c  k '  chen  und  Marti'  sehen  Sammlung  ,  aus  der  insgesamt 
der  Philologe  freilich  nicht  allzuviel  Nutzen  für  Grammatik  und 
Lexikon  ziehen  und  an  deren  Durcheinander  von  formaler  und 
sachlicher  Kritik  er  oft  Anstoss  nehmen  dürfte,  seien  hier  besonders 
hervorgehoben  die  trotz  ihres  starken  Subjektivismus  in  das  psycho- 
logische Verständnis  tief  einführenden  D  u  h  m  '  sehen  Erklärungen 
des  Jesaja  (bei  Nowack)  und  des  Jeremia  (bei  Marti),  sowie  der 
Gunkel'sche  Genesiskommentar  wegen  der  geschickten  religions- 
geschichtlichen, oft  auf  Z  i  m  m  e  r  n  als  Paten  zurückgehenden  Ver- 
wertung assyriologischer  Erkenntnisse  für  die  biblische  Urgeschichte. 
Nachdem  durch  Kautzsch'  alttestamentliche  Apokryphen  und 
Pseudepigraphen  (1900),  denen  sich  jetzt  die  neutestamentlichen 
Apokryphen  von  Henn  ecke  (1904)  anschliessen ,  eine  bequeme 
Grundlage  für  die  Erforschung  dieser  Litteratur  geschaffen  und 
Schür  er  in  seiner  Geschichte  des  jüdischen  Volkes  (1898 — 1901) 
die  kritischen  Leistungen  auf  diesem  Gebiet  sorgfältigst  gesammelt 
und  verarbeitet  hat,  hat  besonders  Charles  das  Studium  der  alt- 
testamentlichen  Pseudepigraphen  gefördert,  indem  er  durch  seine 
Ascensio  Jesajae  (1900)  und  seine  Jubiläen  (1902)  teils  einen  besseren 
Text  dieser  Bücher,  teils,  namentlich  für  die  Jubiläen,  im  Sinne 
B  o  h  n  s  ein  richtigeres  historisches  Verständnis  angebahnt  hat. 
Ähnlich  hat  sich  Flemming  um  den  Text  des  äthiopischen 
Henoch  (1901/2)  sehr  verdient  gemacht.  Endlich  ist  auch  von 
dir  syrischen  Baruchapokalypse  ein  griechisches  Stück  (12,  i — 13,2. 
13,n — 14,3)  entdeckt  worden  (cf.  De  issmann,  Theol.  Lit.-Zeit. 
1903,  Sp.  594).  Der  von  Strack  peinlich  genau  herausgegebene 
und  für  Studenten  berechnete  hebräische  Text  der  Sprüche  Jesu 
b.  Sira  (1903)  möge  Smend  an  den  von  ihm  versprochenen  Kom- 


Beer,  Alttestarnentliche  Studien.  265 

mentar  erinnern.  Seit  dem  Erscheinen  von  Hatch-Redpath' 
LXX-Konkordanz  (1897)  und  der  seinen  LXX-Abdruck  abschliessen- 
den Introduction  von  Swete  (1900)  scheint  im  Betrieb  der  LXX- 
Forschung  eine  Ermüdung  eingetreten.  Eine  Ausbeutung  der 
Papyrusfunde  für  das  LXX- Lexikon  ist  inzwischen  noch  nicht  er- 
folgt. An  die  in  vieler  Hinsicht  wünschenswerten  LXX-Kommen- 
tare  der  einzelnen  Bücher  der  griechischen  Bibel  will  sich  vorab 
niemand  wagen.  Über  die  religionsgeschichtliche  Bedeutung  der 
LXX  belebrt  ansprechend,  wenn  auch  gegen  das  Judengriechisch 
allzu  skeptisch,  der  Deiss  mann 'sehe  Vortrag  „Hellenisierung  des 
semitischen  Monotheismus"  (1903).  Seitdem  Graf  Baudissins 
Einleitung  ins  Alte  Testament  (1901)  der  gegenwärtigen  Einseitig- 
keit, die  alttestarnentliche  Literaturgeschichte  als  ein  Reper- 
toire kritischer  Einzel beobachtungen  anzusehen,  mit  Recht  die  Auf- 
gabe gegenübergestellt  hat,  die  Komposition  der  einzelnen  Bücher 
zusammenhängend  zu  erfassen,  und  die  Eigenart  der  einzelnen  Schrift- 
steller und  Litteraturgattungen  zu  beschreiben,  ist  eine  nennens- 
werte alttestarnentliche  Literaturgeschichte  diesem  Ideal ,  hinter 
dem  Baudissins  eigenes  dickes  Buch  selbst  zurückbleibt ,  nicht  ge- 
recht geworden.  Treffliche  Winke  zum  Verständnis  der  jetzigen  Ge- 
stalt der  alttestamentlichen  Prophetenschriften  giebt  Stade  (ZA  TW. 
1903,  153  ff.).  Eine  israelitisch -jüdische  Geschichte,  durch 
die  die  bekannten  Werke  von  Wellhausen,  Stade  und  Guthe  rück- 
ständig gemacht  würden,  ist  auch  in  der  Gegenwart  nicht  ge- 
liefert worden.  Wincklers  Ausführungen  über  diesen  Gegenstand 
in  „Keilinschriften  und  Altes  Testament"  mögen  zwar  die  gangbare 
wissenschaftliche  Auffassung  hie  und  da  durchlöchern,  sie  als  Ganzes 
aber  nicht  entwerten,  man  müsste  denn  ein  Freund  seines  Dogmas 
sein,  dass  jede  orientalische  Erzählung  sich  des  mythologisch-astralen 
Stoffes  zur  Einkleidung  bediene.  Soll  doch  gar  alle  Metrik  aus 
den  Verhältnissen  der  Planetenbewegung  zu  erklären  sein  (Arabisch 
—  Semitisch  —  Orientalisch  180).  Wie  wäre  es  also,  wenn  man  die 
hebräische  Metrik  aus  dem  Hinktanz  des  Astralgottes  Jakob  ab- 
leitete, Gen.  32,  23  ff.  1  Kön.  18,  26??  Wincklers  Versuch,  in 
seinem  soeben  citierten  anregenden  Buch  „Arabisch  etc."  (1901) 
die  vorislamischen  Araber  aus  Nomaden  zu  babylonischen  Kultur- 
menschen umzustempeln,  sollte  den  Alttestamentier  veranlassen,  die 
Nachrichten  der  hebräischen  und  griechischen  Bibel  über  die  Araber 
zu  sammeln  und  zu  prüfen.  Für  die  älteste  Geschichte  Israels 
schafft  Steuer  nageis  „Einwanderung  der  israelitischen  Stämme" 
(1901)  beachtenswertes  Material  herbei.  In  der  Erkenntnis  der 
Genesis  des  Judentums  sind  in  dem  Pele-Mele  der  Meinungen 
noch  keine  klaren  Einsichten  gewonnen.  Für  die  biblische  Geo- 
graphie bleiben  die  neuen  Auflagen  von  Baedekers  Palästina 
(1900)  und  Ägypten  (1902)  tonangebend.  Auch  in  Wincklers 
Darstellung  der  Geographie  Palästinas  und  seiner  Nachbarländer 
(in    KAT.:i)    wird     neue    Weisheit    zu     linden     sein.      Auf    archäo- 


266  Wissenschaftlicher  Jahresbericht. 

logischem  Gebiet  haben  besonders  die  Nachrichten  über  die 
Ausgrabungen  Sellins  in  Ta'annek  die  Geister  gespannt  gemacht. 
Was  bisher  der  Öffentlichkeit  bekannt  geworden  ist,  bestätigt,  was 
wir  schon  früher  wussten :  vor  der  Einwanderung  Israels  war 
Palästina  das  Kreuzungsterrain  ägyptischer  und  babylonischer  Kultur. 
Eine  recht  anschauliche,  viel  Gutes  und  Neues  enthaltende,  obwohl 
zu  sehr  nur  auf  eigene  Beobachtung  sich  stützende,  zwischen  Dorf 
und  Stadt  nicht  genügend  scheidende  und  die  Äusserungen  der 
primitiven  Religion  etwas  stiefmütterlich  behandelnde  Schilderung 
des  Volkslebens  im  Lande  der  Bibel  hat  jüngst  Bauer  (1903) 
gegeben.  Sein  Werk  ist  neben  Dalmans  „Palästinischem  Diwan" 
(1901)  und  Littmanns  „Neuarabischer  Volkspoesie"  (1902)  eine 
neugeöffnete  reiche  Fundgrube  für  biblische  Altertümer  und  Kom- 
mentare. Der  an  die  bekannten  zwei  Vorträge  Delitzsch'  ge- 
knüpfte und  einschliesslich  der  Hammurabi-Moses-Episode  schon  bis 
zur  Langeweile  geführte  Babel  -  Bibelstreit,  bei  dem  von  Seiten  der 
Assyriologen  die  babylonische  Religion  zu  sehr  durch  die  biblische 
erhellt,  und  die  biblische  Religion  zu  sehr  durch  die  babylonische 
verdunkelt  worden  ist,  während  von  Seiten  der  Theologen  zu  häufig 
das  Gegenteil  geschah,  bedeutet  eigentlich  mehr  einen  buchhändle- 
rischen als  einen  wissenschaftlichen  Erfolg,  hat  aber  für  die  alt- 
testamentliche  Religionsgeschichte  wenigstens  den  positiven 
Gewinn  abgeworfen,  dass  sich  die  Vertreter  dieses  Fachs  mehr 
auf  das  Eigenartige  der  israelitisch  -  jüdischen  Religion  besinnen 
mussten,  indem  jetzt  für  die  ruhige  Abwägung  des  Babel  und 
Bibel  Gemeinsamen  und  Trennenden  namentlich  durch  den  von 
Zimmern  bearbeiteten  religionsgeschichtlichen  Teil  von  Schraders 
KAT.3  gute  Vorspanndienste  geleistet  sind.  Nur  rächt  sich  bei 
Zimmern  wie  bei  Gunkel  die  Vornehmthuerei  gegen  die  historische 
biblische  Kritik  und  verführt  ihn  zuweilen  zu  Konstraktionen  und 
Kombinationen  gewagter  Art.  Wie  verwickelt  die  sachlichen  und 
historischen  Probleme  liegen ,  belehrt  für  den  Fall  der  biblischen 
Paradiesesgeschichte  der  Aufsatz  von  Stade  (in  ZATW.  1903, 
172  ff.).  Solange  es  den  Assyriologen  u.  a.  nicht  gelingt,  die  An- 
fänge des  Jahwismus  aufzuklären,  oder  für  die  Bedeutung  des 
hebräischen  Opfers  als  Gemeinschaftsmahles  zwischen  Gottheit  und 
Verehrer,  oder  für  die  Erscheinung  der  pi-ophetischen  Religion  die 
babylonische  Parallele  und  ältere  Vorlage  aufzuweisen ,  oder  das 
Hauptkennzeichen  des  Juden,  die  Beschneidung,  oder  die  Entwick- 
lung des  Judentums  zur  Kirche  aus  Babylonien  abzuleiten ,  ist  die 
Auffassung  der  Bibel  als  einer  dekadenten  Provinz  Babels  ein  Zerr- 
bild von  Babel  und  Bibel.  Wenn  von  modernen  babylonischen 
Sybillen  die  Ansicht  geäussert  wird,  dass  die  Theologen  erst  Assyrio- 
logen werden  müssten,  um  das  A.  T.  richtig  zu  verstehen,  so  zeigen 
die  Blossen,  die  sich  fortwährend  Assyriologen  im  alttestamentlichen 
Fach  geben,  die  Notwendigkeit  einer  selbständigen  alttestament- 
lichen Wissenschaft.     Und    sollte    nicht    ähnlich    auch    der  Arabist, 


Beer,  Alttestamentliche  Studien.  267 

für  den  das  babylonische  Fangnetz  auch  schon  bereit  ist,  neben 
dem  Assyriologen  noch  sehr  „existenznötig"  sein  ?  Vielleicht  finden 
sich  Ägyptologen,  die,  durch  das  Beispiel  von  Babel -Bibel  auf- 
merksam gemacht,  demnächst  das  dankbare  Thema  „Ägypten  und 
das  Alte  Testament"  in  Erwägung  ziehen.  —  Kompromissarbeit  kann 
hier  allein  fördern !  Den  Zettel  der  alttestamentlichen  Religions- 
geschichte hat  der  Jahwismus  gegeben,  den  Einschlag  dazu  lieferten 
ägyptische,  babylonische,  persische,  griechische  und  römische  Kultur, 
allgemeines,  semitisches  und  besonders  arabisches  Heidentum.  Vieles 
ist  davon  ausgeschieden ,  der  Jahwismus  selbst  veredelt  worden. 
Nur  inuss  man  sich  Einwirkungen  und  Ausscheidungen  nicht  äusser- 
lich ,  sondern  innerlich  vollzogen  denken  (cf.  T  i  e  1  e ,  Einl.  in  die 
Religionswissenschaft  1899—1901).  Aus  dem  Ganzen  sind  Talmud 
und  Evangelium  heiworgegangen.  Haben  Schwallys  „Semitische 
Kriegsaltertümer"  (1901)  von  neuem  gezeigt,  wie  viel  aus  dem  all- 
gemeinen, semitischen  und  arabischen  Heidentum  für  das  Verständ- 
nis der  israelitischen  Religion  auf  einem  bestimmten  Gebiet  ab- 
fallen kann,  so  lehrt  Curtiss'  Primitive  Semitic  Religion  to-day 
(1902,  jetzt  auch  deutsch  1903),  wie  wichtig  das  moderne  religiöse 
Volksleben  Palästinas  für  das  Studium  der  primitiven  und  höheren 
Elemente  der  biblischen  Religion  ist  und  ergänzt  recht  glücklich 
R.  Smith'  „Religion  of  the  Semites"  und  Wellhausens  „Reste 
arabischen  Heidentums".  Marti  hält  in  der  neuen  Auflage  seiner 
„Geschichte  der  israelitischen  Religion"  (1903)  den  früheren  Stand- 
punkt fest,  die  Entwicklung  der  alttestamentlichen  Religion  von 
innen  aus  zu  beschreiben.  Darin  verfährt  er  der  Hauptsache  nach 
recht,  nur  unterschätzt  er  dabei  den  für  das  innere  Wachstum 
der  Religion  von  aussen  stammenden  Regen  und  Sonnenschein.  An 
der  Auffassung  der  prophetischen  Zukunftshoffnungen  als  Postulaten 
der  nachexilischen  Gemeinde  und  in  der  Betonung,  dass  die  Pro- 
phetenschriften  stark  im  erbaulichen  Interesse  überarbeitet  seien, 
wird  ihm  im  Prinzip  zuzustimmen  sein.  Mit  einer  Leistung  ersten 
Ranges  ist  Bousset  in  die  Lücke  zwischen  alt-  und  neutesta- 
mentlicher  Theologie  durch  seine  „Religion  des  Judentums"  (1903) 
getreten ,  an  die  sich  eine  an  den  Streit  zwischen  Holtzmann  und 
Geiger  erinnernde  Debatte  mit  den  auf  ihr  talmudisches  Besser- 
wissen pochenden  jüdischen  Bearbeitern  dieses  Stoffes  geschlossen 
hat.  Ahnliche  Tendenzen  wie  Bousset ,  wenn  auch  im  engeren 
Rahmen,  verfolgen  Baldensp  erger  s  „Messianisch-apokalypti-'l^ 
Hoffnungen  des  Judentums"  (1903,  I.  T.),  während  Friedländers 
„Geschichte  der  jüdischen  Apologetik"  (1903)  sich  unbewusst  zu  einer 
tendenziösen  Apologie  des  Judentums  ausgewachsen  hat.  Der  gegen- 
wärtige Betrieb  der  alttestamentlichen  Religionsgeschichte  drängt 
immer  mehr  von  selbst  dahin,  Altes  und  Neues  Testament  orga 
zu    verbinden    und    die    Scheidung    in    alt-    und    neutestamentliche 

Theologie    nur  von    praktischen  Gesichtspunkten    und   im   Inter 

der  Arbeitsteilung  zu  billicren:   damit  wird  zu  dem    [deale   and   der 


268  Wissenschaftlicher  Jahresbericht. 

Praxis  der  Ewald,  Beuss,  Wellhausen  und  Stade  ein- 
gelenkt. In  den  Dienst  dieser  nützlichen  Bestrebungen  stellen  sich 
die  von  Bousset  und  Gunkel  (seit  Herbst  1908)  redigierten 
„  Forschungen  zur  Beligion  und  Literatur  des  Alten  und  Neuen 
Testaments".  Nur  sollte  Gunkel  seinen  babylonischen  Chaosdrachen 
Dicht  allzu  kräftig  mehr  füttern,  um  ihn  unter  der  Bewunderung 
kritikloser  Anhänger  das  biblische  Gebiet  weiter  unsicher  machen 
zu  lassen. 


Ä  g  y  p  t  o  1  o  g  i  e. 

Von 

Heinrich  Schäfer. 

Der  hier  vorgelegte  Bericht  umfasst  die  drei  letzten  Jahre 
ägyptologischer  Arbeit,  etwa  vom  Herbst  1900  bis  zum  Herbst  des 
Jahres  1903.  Bei  wichtigeren  Fragen  ist  aber,  wo  es  zum  Ver- 
ständnis und  zur  Abrundung  nötig  erschien ,  noch  weiter  zurück- 
gegriffen worden. 

Es  wird  der  Versuch  gemacht,  nur  d  i  e  Entdeckungen  heraus- 
zuheben, die  die  Entwicklung  unserer  Wissenschaft  wirklich  um 
ein  wesentliches  Stück  gefördert  haben.  Die  grosse  Masse  der 
Arbeiten  musste  unerwähnt  bleiben1),  obgleich  sie  ja,  jede  in  ihrer 
Art,  meist  auch  Fortsehritte  in  unserer  Erkenntnis  darstellen.  Man 
findet  sie  vollständig  aufgeführt  in  den  vortrefflichen  Berichten, 
die  der  Egypt  Exploration  Fund  in  besonderen  Heften  jährlich 
herausgiebt 2) ,  und  die  begründet  sind  und  geleitet  werden  von 
F.  LI.  Griff ith.  Jeder,  der  auf  unserem  Felde  arbeitet,  wird 
dem  trefflichen  Manne  dankbar  sein  für  die  Sorgfalt,  die  ruhige 
selbstlose  Sachlichkeit  und  den  weiten  Blick ,  mit  dem  er  diese 
mühsame  Arbeit  des  Registrierens  nun  schon  seit  zehn  Jahren 
neben  seinen  zahlreichen  anderen  Arbeiten  durchführt.  Dass  seine 
Nachweise  auch  für  diesen  Bericht  benutzt  sind,  brauche  ich  kaum 
zu  sagen.  Im  Hinblick  auf  Griffith'  Berichte  enthalten  die  im  folgen- 
den gegebenen  litterarischen  Nachweise  meist  nur  das  Allernötigste. 

I.    Sammelwerke. 

Der  Begründung  neuer  Zeitschriften  sehen  wir  im  allgemeinen 
nicht    mit    besonderer  Lust  zu,    aber  von   allen  Kennern    der  Ver- 


1)  Es  mag  sein ,    dass    auch  manche  erwähnenswerte  Arbeit  weggeblieben 
ist,  weil"  ich  sie  nicht  kennen   gelernt  habe. 

2)  Egypt  Exploration  Fund.     Arch.tological  Reports.     Begonnen  mit  dem 
Bericht  über   1892—1893. 


Schüfer,  Ägyptologie.  269 

hältnisse  ist  die  neue  Zeitschrift  des  Service  des  antiquites1)  mit 
Freude  begrüsst  worden.  Sie  war  das  einzige  Mittel  zu  verhindern, 
dass  die  Ergebnisse  der  zahllosen  kleinen  Ausgrabungsarbeiten,  die 
der  Service  durch  seine  Beamten  jährlich  unternehmen  lässt,  ein- 
fach zu  Grunde  gehen.  Geplant  ist  die  Zeitschrift  durch  L  o  r  e  t , 
aber  von  llasperos  organisatorischem  Talent  erst  in  die  richtigen 
Bahnen  geleitet  worden. 

Unter  den  neuentstandenen  Sammelpublikationen  ist  vor  allem 
das  gewaltige  Unternehmen  des  wissenschaftlichen  Katalogs  des  Mu- 
seums von  Kairo"2)  zu  nennen,  das  nach  einem  Plane  L.  Borchardts 
von  de  Morgan  eingeleitet  und  unter  Maspero  1901  in  die 
Öffentlichkeit  getreten  ist.  Das  Werk  soll  archäologisch  und 
philologisch  genügende  Publikationen  des  gesamten  Bestandes  des 
Museums  geben.  Bei  dem  Entwerfen  des  Planes  hat  man  sich 
zwar  etwas  stark  übernommen,  wenn  auch  nicht  in  dem  Masse 
wie  bei  seinem  Gegenstück ,  dem  de  Morgan' sehen  Katalog 
sämtlicher  in  Ägypten  vorhandener  Denkmäler;  aber  selbst  wenn 
auch  das  neue  Werk  ein  Torso  bleiben  sollte,  so  werden  doch 
seine  luxuriös  ausgestatteten  Bände  immer  eins  der  wichtigsten 
Werkzeuge  für  den  Ägyptologen  bilden.  Das  Berliner  Museum  hat 
sich  vorläufig  bescheidenere  Ziele  gesteckt.  Es  veröffentlicht  durch 
Schäfer  in  schlichter  Form  vorerst  nur  die  Inschriften  seiner 
sämtlichen  Schätze 3).  Auch  die  kleineren  deutschen  Sammlungen 
treten  allmählich  hervor.  Unter  Spiegelbergs  Leitung  sind 
bisher  Grab-  und  Denksteine  veröffentlicht4).  Die  Blüten  aus  den 
öffentlichen  und  privaten  Sammlungen  aller  Länder  sollen  in  zwang- 
loser Folge  in  Caparts  Tafelwerk5)  gesammelt  werden.  Die 
Herausgabe  des  Textes  zum  Lepsius'schen  Denkmälerwerk  nach 
Lepsius'  Tagebüchern6)  schreitet  langsam  aber  ständig  fort,  ein 
Inventar  alles  dessen,  was  der  preussischen  Expedition  der  vierziger 
Jahre  auf  dem  ägyptischen  Boden  für  unsere  Wissenschaft  wichtig 
erschienen  ist,  und  ein  würdiges  Denkmal  für  ihren  grossen  Leiter. 
Die  sehr  mühevolle  und  gewissenhaft  von  Sethe  geleistete  Arbeit 


1)  Annales  du  service  des  antiquites  de  l'Egypte.     Erscheint  seit  1900. 

2)  Catalogue  general  des  Antiquites  Egyptiennes  du  Musee  du  Caire.  Bis 
jetzt  sind  erschienen:  Ostraca  (Daressy)  —  Metallgefässe  (v.  Bissing)  —  Fayence- 
gefässe  (v.  Bissing)  —  Tombes  de  Maherpra,  Amenophis  II  (Daressy)  —  Tombes 
d'Amenophis  II  et  de  Thoutmosis  III  (Daressy)  —  Coptic  Monuments  (Crum) 
—  Grab-  und  Denksteine  des  mittleren  Reichs  (Lange  und  Schäfer)  —  Greek 
moulds  (Edgar)  —  Textes  et  dessins  magiques  (Daressy)  —  Sarcophages  ante- 
rieurs  au  nouvel  empire  (Lacau)  —  Greek  Papyri  (Grenfell  und  Hunt). 

3)  Ägyptische  Inschriften  aus  den  Kgl.  Museen  zu  Berlin.  Erschienen 
sind  zwei  Hefte  seit   1901. 

4)  Ägyptische  Grabsteine  und  Denksteine  aus  süddeutschen  Sammlangen. 
Erschienen  sind  seit  1902  zwei  Bünde,  die  umfassen:  Karlsruhe,  Mülhausen, 
Strassburg,  Stuttgart,  München   Glyptothek  und  Antiquarium. 

5)  Kecueil  de  Monuments  Egyptiens  I.   1902. 

6)  Denkmäler  aus  Ägypten  und  Äthiopien.  Text.  Herausgegeben  von 
E.  Naville,  bearbeitet  von  K.  Sethe.     Erschienen  sind  seit   1897   Bd.  I,  III,   IV. 


270  Wissenschaftlicher  Jahresbericht. 

hätte  vielleicht  noch  nützlicher  gemacht  werden  können,  wenn  sie, 
noch  mehr  als  es  geschehen  ist,  zu  einer  Konkordanz  der  grossen 
Publikationen  ausgestattet  worden  wäre.  Ragt  hier  noch  eins  der 
Riesenwerke  aus  der  Zeit  der  Anfänge  der  Ägyptologie  in  die 
unsere  hinein ,  so  sind  die  Denkmälerpublikationen  der  englischen 
Gesellschaften  x)  durchaus  modern.  Nach  einigen  weniger  gelungenen 
bastenden  Versuchen  haben  sich  ihre  jährlich  erscheinenden  Bände 
unter  der  Leitung  von  Petrie  und  Griff ith  zu  Mustern  — 
wenn  auch  natürlich  noch  immer  nicht  Idealen  —  von  Publikationen 
herausgebildet,  was  Anlage  und  Solidität  der  Ausführung  anbetrifft. 
Ein  gutes  Hilfsmittel,  vor  allem  für  den  Historiker,  verspricht  die 
von  Steindorff  ins  Leben  gerufene  Sammlung  kritisch  be- 
arbeiteter Texte  der  wichtigeren  Inschriften-)  zu  werden.  Werke 
wie  Piehls  Inschriftensammlung3),  von  der  der  Schlussband  er- 
schienen ist,  und  die  mit  zu  den  zuverlässigsten  Textpublikationen 
gehört,  die  wir  haben,  möchte  man  sich  mehr  wünschen.  Am 
Schluss  dieses  Abschnittes  muss  nun  aber  noch  eines  Werkes  ge- 
dacht werden,  das ,  so  unscheinbar  es  ist ,  doch  unter  den  Händen 
seines  Herausgebers  Steindorff  mit  jeder  Auflage  mehr  zum 
unentbehrlichen  Handbuch  und  Führer  für  den  Ägyptologen  ge- 
worden ist,  des  Baedekers4)  von  Ägypten.  Benedites  Reisehand- 
buch5) hat  im  einzelnen  manche  Vorzüge,  doch  wird  es  noch  einige 
Auflagen  brauchen ,  ehe  es  an  Handlichkeit  und  praktischer  Ein- 
richtung dem  Baedeker  gleichkommt. 

IL    Grammatik    und    Lexikographie. 

Es  ist  beschämend  zu  sehen,  dass  noch  immer,  75  Jahre  nach 
der  Geburt  unserer  Wissenschaft,  die  Mehrzahl  der  lebenden  Ägypto- 
logen sich  damit  begnügt,  den  Bau  der  Sprache,  deren  Denkmäler 
sie  behandeln,  nur  in  den  allergröbsten  Zügen  zu  kennen,  und  sonst 
sich  auf  eine  durch  vieles  Lesen  von  Texten  erworbene  Routine 
zu  stützen.  Gewiss  macht  Kenntnis  der  Grammatik  allein  noch 
keine  brauchbaren  Interpreten  und  andrerseits  kann  man  auch  ohne 
sie    meist    den    historischen    und    kulturcreschichtlichen    Inhalt    der 


1)  Memoirs  of  the  Egypt  Exploration  Fund.  Seit  1883/84.  Zuletzt  er- 
schienen: Royal  tombs  of  the  lirst  dynasty  at  Abydos ,  2  Bde.  (Petrie)  —  Der 
el-bahri  (Naville)  —  Diospolis  parva  (Petrie)  —  Abydos,  2  Bde.  (Petrie)  — 
El  Amrah  and  Abydos  (Mac  Iver-Mace).  —  —  Publications  of  the  Egyptian 
Research  Account.  Seit  1895.  Zuletzt  erschienen:  El  Arabah  (Garstang)  — 
Maliasna  and  Ket  Khallaf  (Garstang)  — ■  Temple  of  the  kings  (Caulfield).  —  — 
Archaeological  Survey  of  Egypt  edited  by  F.  LI.  Griffith.  Seit  1890/91.  Zu- 
letzt erschienen:   The  rock  tombs  of  Deir  el  Gebrawi,   2  Bde.  (Davies). 

2)  Urkunden  des  ägyptischen  Altertums  herausgegeben  von  G.  Steindorff. 
Erschienen  sind   seit   1903  zwei  Hefte,  bearbeitet  von  Sethe. 

3)  Inscriptions  hieroglyphiques.     Erschienen  in  drei  Serien  seit  1886. 

4)  Die  neuste  Ausgabe  ist  die  französische  von   1903. 

5)  Collection  des  Guides- Joanne.     Egypte.      1900. 


Schäfer,  Ägyptologie.  271 

Texte  in  grossen  Umrissen  erfassen,  auch  manche  lexikographische 
Beobachtung  sammeln.  Aber  man  müsste  sich  doch  wenigstens 
bewusst  werden ,  dass  dieses  Vorgehen  ein  Wandeln  auf  einem 
Sumpfe  ist,  der  viele  tückische  Stellen  birgt,  vor  allem  aber,  dass 
es  eigentlich  alles  andere  ist  als  Wissenschaft.  Es  herrschen  hier 
zum  Teil  Zustände,  die  man  auf  jedem  anderen  Gebiete  unbegreif- 
lich finden  würde. 

Man  hat  die  Arbeit  in  der  ägyptischen  Grammatik  so  gut  wie 
ganz  Adolf  Er  man  und  denen  die  ihm  folgen  überlassen.  Nach- 
dem Erma  n  in  seiner  neuägyptischen  Grammatik *)  die  Syntax  der 
Sprache  des  neuen  Reiches  behandelt  hatte,  legten  seine  Epoche 
machenden  Aufsätze  in  der  Zeitschrift  für  ägyptische  Sprache  -)  den 
Grund  zur  Erkenntnis  der  Formenlehre  des  Ägyptischen,  und  1889 
fasste  er  die  bisherigen  Ergebnisse  zum  ersten  Male  in  seiner 
Grammatik  zum  Papyrus  Westcar3)  zusammen.  1894  -veröffentlichte 
er  in  der  Porta  linguarum  die  erste  Auflage  seiner  ägyptischen 
Grammatik4).  Jetzt  ist  der  Schlussband  von  Sethes  Verbum5) 
erschienen  und  damit  ist  ein  Werk  erstaunlicher  Arbeitskraft  und 
durchdringenden  Scharfsinns  beendigt,  das  weit  mehr  bietet,  als 
sein  Titel  andeutet.  Es  giebt  kaum  eine  Frage  der  ägyptischen 
Lautlehre,  Formenlehre  und  Syntax,  die  darin  nicht  berührt  würde. 
Auf  lange  Jahre  hinaus  wird  es  die  Basis  für  die  Weiterarbeit  ab- 
geben, wenn  auch  gewiss  mancher  Teil  des  Baues  wird  umgebaut 
oder  gar  abgerissen  und  von  neuem  aufgeführt  werden  müssen. 
Ermans  Besprechung  von  Sethes  AVerk(;)  und  sein  schöner  Auf- 
satz ')  über  die  Entstehung  der  jüngeren  Flexion  des  Verbums  wiesen 
neue  Wege  zum  Vorwärtskommen  und  1902  hat  Er  man  in  der 
zweiten  Auflage  seiner  ägyptischen  Grammatik^)  selbst  wieder  ein- 
mal den  derzeitigen  Stand  der  Arbeiten  klar  und  bestimmt  um- 
rissen, zu  deren  Unterstützung  übrigens  Stein  dorffs  Thätig- 
keit  auf  dem  Gebiete  der  koptischen  Grammatik9)  wesentlich  bei- 
getragen hat.  Die  Basis  der  ganzen  grammatischen  Arbeiten  bildet 
und    muss    bilden    die    Erkenntnis    der    konsonantischen    Natur    der 


1)  Neuägyptischo  Grammatik.     Leipzig   1880. 

2)  Die  tonlosen  Formen  (1883)  —  Spuren  eines  alten  Subjunktivs  (1884) 
—  'h'n  und  die  ihm  analogen  Formen  (1889)  —  Eine  neue  Art  der  ägyptischen 
Konjugation  (1889)  u.  s.  w. 

3)  Die  Sprache  des  Papyrus  Westcar.  Eine  Vorarbeit  zur  Grammatik 
der  älteren  ägyptischen  Sprache.      1889. 

4)  Ägyptische  Grammatik.      1884. 

5)  Das  ägyptische  Verbum  im  Altägyptischen,  Neuägyptischen  und  Kop- 
tischen.    3   Bde.      1899   und   1902. 

6)  Die  Flexion  des  ägyptischen  Verbums.  Sitzungsberichte  der  B.erl.  Akad. 
1900,  S.  317. 

7)  Zur  Entstehung  der  jüngeren  Flexion  des  Verbums.  Zeitschr.  für 
äg.  Spr.  1901,  S.  123. 

8)  Ägyptische  Grammatik.      1902. 

9)  Zuerst  gesammelt  in  der  Koptischen  Grammatik  (Porta  linguarum 
1894.     Neue  Auflage  im  Erscheinen). 


2  72  Wissenschaftlicher  Jahresbericht. 

Zeichen  *\    ft^  Jf  ,  die  schon  vor  rund  50  Jahren  von  Genies 

wie  Brugsc-h    und  Hincks  gewonnen,    aber    seitdem    unbenutzt 
geblieben  war '). 

Es  ist  nur  zu  begreiflich,  dass  die  strengere  Zucht,  die  ein- 
geführt wird,  nicht  überall  mit  Freude  begrüsst  worden  ist.  Aber 
es  verdient  doch,  schon  um  der  Männer  selbst  willen,  hervorgehoben 
zu  werden ,  dass  die  letzten  der  Patriarchen  der  Ägyptologie, 
Heinrich  B  rüg  seh  und  Georg  Ebers,  die  Arbeiten  der 
„ Grammatiker",  deren  Anfänge  sie  noch  erlebt  haben,  als  eine  ge- 
sunde Weiterentwicklung  freudig  begrüsst  haben.  Dagegen  scheint 
leider,  mit  wenigen  Ausnahmen,  eine  Verständigung  über  gramma- 
tische Fragen  mit  den  jetzigen  Vertretern  der  älteren  Richtung  so 
gut  wie  ausgeschlossen.  Das  zeigt  unter  an  denn  recht  deutlich 
eine  Reihe  von  Artikeln  in  den  Proceedings  -) ,  in  denen  sie  aus- 
geschüttet haben,  was  sie  gegen  die  „Grammatiker"  auf  dem  Herzen 
haben.  Bei  aller  Achtung  vor  den  sonstigen  Arbeiten  der  Schreiber 
muss  man  doch  sagen,  dass  da  zum  Teil  recht  wunderliche  Dinge 
zu  Tage  gekommen  sind.  Dass  aber  jemand,  natürlich  gerade  der, 
der  sich  am  wildesten  gebärdet3),  unter  anderem  wieder  die  hiero- 
glyphischen Schreibungen  der  römischen  Kaisernamen  paradieren 
lassen  würde  zum  Beweise  dafür,  dass  ägyptische  Buchstaben  nicht 
w  (u)  und  j  (/),  sondern  schon  im  Altägyptischen  immer  Vokale 
bezeichnen ,  das  war  doch  mehr  als  man  erwarten  konnte.  Aber 
was  P  i  e  h  1  in  seiner  Erregung  offen  ausspricht ,  liegt  im  Grunde 
mehr  oder  weniger  deutlich  auch  allen  anderen  im  Sinn.  Unglück- 
licherweise ist  ja  die  Entzifferung  der  Hieroglyphen  rein  zufällig 
von  diesen  Ptolemäer-    und  Kaisernamen    ausgegangen.     Hätte    der 


Zufall  anders    gespielt   und   hätten  Worte 


clb'  =   3?3S«, 


und  andere  mehr, 
niemand,  der  die  orthographische  Entwicklung  der  semitischen  Spra- 
chen kennt,  ein  Zweifel  daran  gekommen,  dass  die  nun  so  vielgequälten 


1,  k.  -1.  * 


ägyptischen   Buchstaben    ^ ,    J^. ,  ,    jf    ursprünglich   Konso- 

1)  Darum  werden  auch  Masneros  Arbeiten  in  seiner  Artikelreihe  „ä 
travers  la  vocalisation"  ,  die  er  seit  1893  im  Rec.  de  trav.  veröffentlicht,  als 
verfehlt  bezeichnet  werden  müssen ,  wenn  sie  auch  gewiss  im  einzelnen  viele 
richtige  Beobachtungen  enthalten  mögen. 

2)  Proceedings  of  the  society  of  biblical  arehreology.  Bd.  XXIV  und 
XXV.     In   den  Indices  unter  Transliteration. 

3j  Piehl  in  seiner  Zeitschrift  Sphinx  VII,   121. 


Schäfer,  Ägyptologie.  273 

nanten  sind ,  die  erst  in  spätesten  Stadien  der  Schriftentwicklung 
in  weiterem  Umfang  zur  Andeutung  von  Vokalen  benutzt  werden. 
Der  Neid  der  Götter  hat  Champollion  statt  dessen  eine  Bilinguis 
mit  Ptolemäernamen  in  die  Hände  gespielt  und  darum  beharrt  man 
noch  heute  dabei,  statt  i,  N,  y ,  l  überall  a,  ä,  ü,  e,  i,  u  zu 
lesen.  Wie  würden  die  Arabisten  wohl  jemand  ansehen,  der  etwa 
aus  der  Art,  wie  arabische  Zeitungen  europäische  Namen  umschrei- 
ben ,  ihnen  immer  wieder  beweisen  wollte ,  dass  \  und  _.  und  ^ 
keine  Konsonanten  sind?  Würden  sie  sich  wohl  die  Mühe  geben, 
da  mit  Gründen  widerlegen  zu  wollen '?  So  werden  auch  die 
„Grammatiker"  unter  den  Ägyptologen  ohne  zu  polemisieren,  un- 
beirrt, aber  unter  steter  Selbstprüfung,  auf  dem  bisher  als  gangbar 
erprobten  Wege   weiterarbeiten. 

Und  es  regen  sich  schon  auch  im  Auslande  immer  mehr 
thätige  Hände  zur  Hilfe  an  dem  Bau.  Griffith,  Cr  um. 
Gardiner  und  Thompson  in  England,  Lange  in  Dänemark. 
Breasted  und  Reisner  in  Amerika,  Lac  au  in  Frankreich, 
v.  C  a  1  i  c  e  in  Österreich  erweisen  sich  wenigstens  durch  ihre 
Arbeiten  als  vorsichtig  prüfende  und  positiv  helfende  Mitarbeiter 
am  Werk,  ganz  abgesehen  von  einem  Manne  wie  Graf  H.  Schack 
und  der  gesamten  jüngeren  Generation  in  Deutschland. 

III.    Geschichte. 

Obgleich  sie  eigentlich  nicht  mehr  in  die  Zeit  gehört,  die 
unser  Bericht  umfasst,  muss  doch  die  neue  Bearbeitung  von 
Masperos  Geschichte1)  hier  an  den  Anfang  gestellt  werden.  Sie 
ist  zu  drei  mächtigen  Bänden  angewachsen.  In  majestätischem 
Flusse  zieht  die  Geschichte  des  Nilthals  und  der  Euphratländer  an 
uns  vorüber.  Farbenprächtige  Kulturschilderungen  sind  in  Fülle 
eingestreut  und  ein  reicher  Schmuck  von  Abbildungen  dient  der 
Veranschaulichung.  So  mancher  mag  beim  Lesen  des  Textes  mit 
leiser  Sehnsucht  an  die  schlichtere  und  präcisere  erste  Auflage 
denken;  ein  wirklich  ernster  Mangel  aber  ist  es,  dass  durch  die 
Unübersichtlichkeit  des  Werkes  und  das  völlige  Fehlen  von  Indices 
die  Ausnutzung  der  hier  überall  aufgehäuften  Schätze  fast  unmög- 
lich gemacht  ist. 

Leider  konnte  Maspero  nicht  mehr  die  grossen  Entdeckungen 
in  seiner  Geschichte  verarbeiten,  durch  die  in  den  letzten  Jahren 
unsere  durch  gleichzeitige  Denkmäler  urkundlich  gesicherte  Kennt- 
nis der  ägyptischen  Geschichte  um  fast  1000  Jahre  weiter  hinauf- 
gerückt worden  ist.  Petries  Auffindung  der  Statuen  des  Gottes 
Min   in  Koptos2)  Hess  schon  ahnen,  was  wir  noch  vom  ägyptischen 


1)  Histoire    ancienne    des    peuples    de    l'Orient    classique.       3    Bde.    von 
1895—1899. 

2)  Koptos  by  W.  M.  Flinders  Petrie.     London   189G. 

Bd.  LVIII.  18 


274  Wissenschaftlicher  Jahresbericht. 

Boden  erwarten  konnten.  Aber  als  in  Oberägypten  bei  Balläs  und 
Negade ')  die  ersten  grossen  Nekropolen  mit  ihren  Massen  von 
technisch  vollendeten  Stein-  und  Thongefässen ,  Feuersteinmessern 
und  rätselhaften  Schieferplatten,  aufgedeckt  wurden,  stand  man  doch 
anfangs  diesen  Funden  ratlos  gegenüber.  Allmählich  kam  Licht  in 
die  Sache.  De  Morgan2)  erklärte  zuerst  die  Funde  für  ur- 
ägyptisch  und  Steindorff  wagte  es3),  gewisse  Schieferplatten 
mit  Reliefs  aus  stilistischen  Gründen  mit  Bestimmtheit  als  Vor- 
läufer der  Kunst  des  alten  Reichs  anzusprechen.  De  Morgan 
fand-1)  bei  Negade  ein  grosses  Fürstengrab  mit  vielen  Beigaben 
und  bald  darauf  Quib  eil 5)  in  der  uralten  Stadt  Hierakonpolis 
ein  wahres  Nest  der  kostbarsten  Kunstwerke ,  deren  Stil  keinen 
Zweifel  daran  liess ,  dass  sie  den  frühesten  Zeiten  der  ägyptischen 
Geschichte  angehörten.  Inzwischen  war  näheres  bekannt  geworden 
über  die  von  Amelineau0)  seit  einigen  Jahren  bei  Ab}Tdos  be- 
triebenen Ausgrabungen,  und  die  Überzeugung  verdichtete  sich,  dass 
man  hier  am  Kernpunkt  der  Frage  stände.  Amelineau  hatte  gross 
angelegte,  offenbar  Königen  gehörige  Grabbauten  mit  den  Grabsteinen 
der  Könige  und  reichen  Beigaben,  gefunden.  Sicherheit  kam  in  das 
Gewirr  von  Vermutungen  aber  erst,  als  Sethe7)  und  im  Anschluss 
an  ihn  Erman  Königsnamen,  die  sich  auf  den  von  Amelineau 
entdeckten  Denkmälern  fanden,  mit  Namen  der  ersten  manethoni- 
schen  Dynastien  identifizierte  und  als  Maspero -)  und  Borchardt1') 
gleichzeitig  den  Namen  des  Menes  in  dem  von  de  Morgan  ge- 
fundenen Fürstengrab  von  Negade  nachwiesen.  Es  ist  als  ein 
grosses  Glück  zu  betrachten,  dass  Petrie  sich  die  Mühe  nicht 
verdriessen  liess,  die  von  Amelineau  nur  ungenügend  ausgeführte 
Arbeit  noch  einmal  zu  machen.  Seiner  Energie ,  seiner  Sorgfalt 
und  seinem  Scharfsinn  haben  wir  es  zu  danken ,  dass  diese  un- 
schätzbar wichtige  Königsnekropole  der  Wissenschaft  gerettet  wor- 
den ist.  Petrie1")  hat  die  zeitliche  Ordnung  der  Gräber  im  ganzen 
richtig   bestimmt    und    ihre  Inhaber    in   den  Namen    der  bekannten 


1)  Naqada  and  Ballas  1895  by  W.  M.  Flinders  Petrie  and  J.  E.  Quibell. 
London   1896. 

2)  de  Morgan,  Recherches  sur  les  Origines  de  l'Egypte,  2  Bde.  Paris 
1896  und   1897. 

3)  Aegyptiaca,  Festschrift  für  G.  Ebers.      1897,  S.  122  ff. 

4)  de  Morgan  im  zweiten  Bande  seiner  Recherches. 

5  Quibell,  Hierakonpolis,  2  Bde.  Egyptian  research  account  1898 
and  1899. 

6)  E.  Amelineau,  Les  nouvelles  fouilles  d'Abydos.  Erschienen  sind  1899 
und  1902  zwei  Bände  über  die  Arbeiten  von  1895/96  und  1896/97.  — 
Amelineau,  Le  tombeau  d'Osiris  1899. 

7)  Sethe,  Die  ältesten  geschichtlichen  Denkmäler  u.  s.  w.  Zeitschr.  f.  äg. 
Spr.  XXXV,  S.  1  ff.     Darin  Ermans  Identifizierung  des  Semempses. 

8)  Revue  critique  vom   15./ 12.   97. 

9)  Sitzungsber.   d.  Berl.  Akad.   1897.    XLVIII. 

10)  Eg.  Explor.  Fund.     Petrie,  Royal  tombs  und  Abydos. 


Schäfer,  Ägyptologie.  275 

Königslisten  nachgewiesen.  Sethes1)  peinlich  genaue  Nachprüfung 
hat  nur  verhältnismässig  wenig  richtig  zu  stellen  gefunden. 

Immer  mehr  uralter  Nekropolen  kommen  seitdem  ans  Licht  2) 
und,  wie  sich  auf  der  einen  Seite  die  Verbindung  mit  der  bisher 
als  ältesten  wirklich  bekannten  Dynastie,  der  dritten,  herstellt"). 
so  wird  immer  klarer,  dass  ein  grosser  Teil  dieser  Nekropolen  noch 
weit  in  die  Zeit  zurückgeht,  die  vor  Menes  liegt,  für  uns  also  durch 
Zahlen  noch  nicht  zu  fassen  ist.  Auch  hier  hat  der  unermüd- 
liche P  e  t  r  i  e  4)  durch  die  Aufstellung  einer  wenigstens  relativen 
Chronologie  (seiner  „secpience  dates")  Ordnung  zu  schaffen  gesucht. 

Dass  durch  diese  Funde  allen  Seiten  der  Ägyptologie,  der 
eigentlichen  Geschichte  wie  der  Kultur- ,  Kunst- ,  Religions-  und 
Schriftgeschichte,  bisher  ungeahnte  neue  Wege  geöffnet  sind,  leuchtet 
ein.  Natürlich  leben  auch  die  nie  ganz  eingeschlafenen  Fragen 
nach  der  verwandtschaftlichen  Stellung  der  Ägypter  zu  ihren  Nach- 
barn5) wieder  frisch  auf,  sind  aber  von  einer  Klärung  noch  weit 
entfernt. 

Auch  die  Überlieferung  der  späteren  Ägypter  über  ihre  Ur- 
zeit muss  nun  wieder  geprüft  werden.  So  hat  Sethe0)  die  Nach- 
richten über  die  „Horusverehrer",  d.  h.  die  Könige  der  noch  ge- 
trennten Reiche,  vor  der  Vereinigung  durch  Menes,  zusammen- 
gestellt und  gedeutet.  Die  gemeinsame  Arbeit  von  Borchardt, 
Schäfer  und  Sethe7)  bat  die  längst  bekannte,  aber  unverstan- 
dene, Inschrift  des  „Steines  von  Palermo"  als  das  Bruchstück  von 
Annalen  erwiesen ,  die  in  der  5.  Dynastie  geschrieben  sind,  und 
die  bei  der  Urzeit  nur  die  Namen  der  Könige ,  von  Menes  an 
aber  jedes  einzelne  Jahr  verzeichneten.  Masperos)  und  Sethe1') 
zeigten  aus  dieser  Inschrift  und  andern  Denkmälern,  dass  die  älte- 
sten Ägypter  die  Jahre  noch  nicht  wie  später  mit  Zahlen,  sondern 
wie  man  es  in  den  Euphratländern  that,  nach  Ereignissen  benannten. 

Unsere  Kenntnis  des  eigentlichen  Alten  Reichs ,  der  Zeit  der 
4.  bis  6.  Dynastie,  ist  durch  die  Publikationen  der  englischen  Ge- 
sellschaften auch  diesmal  nach  vielen  Richtungen  gefördert  worden, 


1)  Sethe,  Untersuchungen  III,  Beiträge  zur  ältesten  Geschichte  Ägyptens, 
S.  22  ff. 

2)  Unter  anderen  sind  auch  bei  Sakkara  an  der  Pyramide  des  Unas  Denk- 
mäler der  ersten  Dynastie  gefunden.  Maspero  -  Barsanti ,  Annales  du  service 
III,  S.  182—190. 

3)  Egypt.  res.  Account   1901.     Garstang,  Mahasna  and  Bet-khalläf. 

4)  Eg.  Explor.  Fund.     Petrie,  Diospolis  Parva. 

5)  Unter  anderm  vor  allen  die  Texte  zu  Petries  Publikationen.  —  Naville, 
Kecueil  de  trav.  XXII,  G5.  —  Luschan,  Globus  1901  vom  4.  April.  —  Erman 
in  der  „Flexion  des  ägyptischen  Verbums"  s.  o.  —  Mac  Iver,  The  earliest 
inhabitants  of  Abydos,  u.  a.  m. 

6)  Sethe,  Untersuchungen  III,  Beiträge  zur  ältesten   Geschichte   S.  ?,  ff, 

7)  Ein  Bruchstück  altägyptischer  Annalen.  Anhang  zu  den  Abhdlgn.  d. 
Berl.  Akad.  1902. 

8)  Revue  critique,  Nouv.  ser.  51,   1901,  S.  381. 

9)  Im  Bruchstück  altägyptischer  Annalen  (s.  o.). 

18* 


276  Wissenschaftlicher  Jahresbericht. 

vor  allem  auch  durch  die  Bände  des  Archgeological  Survey,  die 
aus  den  Händen  von  N.  de  Cr.  Davies  hervorgegangen  sind,  und 
sorgfältige ,  stilgetreue  Reproduktionen  mehrerer  Privatgräber  ge- 
bracht  haben.  Aber  auch  sonst  sind  einzelne  wichtige  Denkmäler 
bekannt  gemacht  worden ,  wie  z.  B.  die  Gräber  von  Tehne  durch 
Fräser  und  Maspero1).  Im  Mittelpunkt  stehen  aber  hier 
natürlich  die  umfassenden  Ausgrabungen  an  den  Pyramiden  und 
Tempeln  der  memphitischen  Nekropole.  Dem  Berliner  Museum  hat 
v.  Bissing2)  die  für  die  Religionsgeschichte  wichtige  Freilegung 
des  Sonnentempels  des  Königs  Ne-user-re'  bei  Abusir  ermöglicht, 
die  in  drei  Arbeitsjahren  von  Borchardt  und  Schäfer  durch- 
geführt worden  ist.  Die  Deutsche  Orientgesellschaft3)  wird  in 
diesem  Winter  mit  der  dritten  Campagne  die  Aufdeckung  des 
Totentempels  desselben  Königs  beenden,  die  wieder  von  Borchardt 
geleitet  wird.  Der  Service  des  antiquites  hat  durch  Barsanti 
den  Totentempel  des  Königs  Unas  bei  Sakkara  ausgraben4),  sowie 
Untersuchungen  an  der  Pyramide  von  Sauijet  el-'Arjän5)  anstellen 
lassen  und  Chassinat0)  hat  für  das  französische  archäologische 
Institut  in  Kairo  zwei  Jahre  an  der  Pyramide  des  Königs  Dedefre' 
bei  Abu-Roäsch  gearbeitet.  Alle  diese  Arbeiten  haben  unsere  An- 
schauungen von  dem  Alter  der  ägyptischen  Architektur-  und  Kunst- 
formen ,  von  der  Entwicklung  des  Tempelbaus  ganz  gewaltig  ge- 
fördert. Eine  rechte  Würdigung  ihres  Wertes  wird  aber  erst 
möglich  sein,  wenn  der  überwältigende  Eindruck  der  Entdeckungen 
aus  den  ersten  Dynastien ,  der  verläufig  noch  fast  alles  andere  er- 
drückt, etwas  gemildert  ist. 

In  der  Geschichte  des  mittleren  Reichs  schlägt  die  Erörterung 
über  das  von  Borchardt7)  in  einem  Berliner  Papyrus  entdeckte 
Sothisdatum ,  das  eine  chronologische  Fixierung  der  Regierung 
Senwosrets  III  ermöglicht,  noch  immer  ihre  Wellen.*)  Doch  scheint 
Borchardts  Berechnung  bisher  durch  die  Anzweifelungen  nicht 
gefährdet  zu  sein.  Dass  wir  altgewohnte  Namensformen  wie  Weser- 
tesen  o.  ä.  aufzugeben  haben  und  dafür  Senwosre(t)  lesen  müssen, 
hat  S  e  t  h  e  !l)  bewiesen  ,  und  wahrscheinlich  gemacht ,  dass  dieser 
Name  die  Grundform  von  Sesostris  ist,  dem  Namen,  der  zum  Mittel- 
punkt   des   glänzendsten  Gebildes    der    ägyptischen  Sage,    zur  Ver- 


1)  Annales  du  serv.  IN,   G7  — 7G.   121—138. 

2)  Vorläufige  Berichte  in    der  Zeitschr.  f.  äg.   Sprache   1899,   1900,   1901. 

3)  Mitteilungen  d.  Deutsch.   Orient- Gesellschaft  Nr.   14    und  Nr.   18    ent- 
halten vorläufige  Berichte. 

4)  Vorläufige  Berichte  in  den  Annales  du  Service  unter  dem  Titel  Fouilles 
autour  de   la  Pyramide  d'Ounas. 

5)  Vorläufiger  Bericht  Annales  du  service  III,  S.  92. 

6)  Vorläufiger  Bericht  in  Griffith'  Keport  von   1900/01,  S.  15  IT. 

7)  Zeitschr.  f.  äg.   Spr.,    1890,  S.  89  ff. 

8)  Wiedemann,    Or.    Litt.    Ztg.,    III,  322.  —  Lieb  lein,    Proc.    soc. 
bibl.   arch.,  XXII,  352. 

9)  Set  he,  Untersuchungen,  II,  S.  lff. 


Schäfer,  Ägyptologie.  277 

körperung  aller  Grösse  des  Reichs  geworden  ist.  Aber  S  e  t  h  e  s 
Versuch  nun  alle  Züge  der  Sesostrissage  in  dem  wenigen,  was  wir 
vun  den  Senwosrets  zufällig  wissen,  nachzuweisen,  wäre  besser  unter- 
blieben.    Er  war  nicht    ohne  Zwang    möglich    und    beweist    nichts. 

Eine  von  Garstang  in  Abydos1)  gefundene  Inschrift  erzählt 
ganz  unerwartet  einen  Feldzug  nach  Palästina  in  der  12.  Dynastie. 
Der  Zeit  des  mittleren  Reichs  scheint  die  Abfassung  einer  Schrift 
anzugehören,  die  Lange  in  einem  in  Leyden  befindlichen  Papyrus 
entdeckt  hat,*2)  Ägypten  befindet  sich  in  einem  Zustand  völliger 
Verwirrung ,  an  der  der  König  selbst  nicht  ohne  Schuld  ist.  Es 
tritt  ein  Prophet  auf,  der  den  König  warnt  und  das  Erscheinen 
eines  Retters  aus  dem  Wirrsal  weissagt. 

Die  alte  crux  des  Historikers,  die  Hyksosfrage,  hat  in  letzter 
Zeit  einiges  neue  Material,  aber  kaum  wesentliche  Klarheit  gewonnen. 
M.  Müller  hat  kurz  vor  unserer  Berichtszeit  das  bisher  bekannte 
kritisch  zusammengestellt,3)  Beachtenswert  erscheint  sein  Hinweis 
darauf,  dass  die  Eroberung  Ägyptens  wohl  ein  Palästina  oder  gar 
Syrien  umfassendes  Reich  als  Basis  voraussetze. 

Eine  archäologische  Beobachtung  Borchardts  hat  die  Ein- 
ordnung des  vielbesprochenen  Königs  Chijan  o.  ä.  unter  die  Hyksos 
neu  gestützt.4)  Es  ist  derselbe  König,  dessen  Name  vor  langen 
Jahren  auf  einer  aus  Bagdad  stammenden  Löwenfigur  und  nun  auch 
zn  allseitiger  Überraschung  in  einem  der  alten  Paläste  auf  Kreta 
gefunden  worden  ist.5)  Die  Grösse  des  Einflusses,  den  Ägypten  auf 
die  „Inseln  im  Meere"  schon  um  diese  Zeit  ausübte,  hat  die  Dar- 
stellung eines  ebenfalls  in  Kreta  gefundenen  und  gearbeiteten  Gefässes 
beleuchtet,  in  der  ein  geborener  Ägypter  mit  einem  Sistrum  den  Chor- 
führer bildet  bei  einem  religiösen  Feste  der  kretischen  Jugend.1) 

Die  Abtragung  einer  alten  Schuld  des  Museums  von  Kairo 
hat  v.  B  i  s  s  i  n  g  7)  auf  sich  genommen  dadurch ,  dass  er  die  viel- 
besprochenen aber  nie  genügend  abgebildeten  Waffen  und  Schmuck- 
sachen der  Königin  Aah-hotep  in  würdiger  Form  und  Genauigkeit 
veröffentlicht  hat. 

Im  Kampf  der  Meinungen  über  die  Wirrungen  in  der  Familie 
Thutmosis  I  ist  ein  Stillstand  eingetreten.  Es  ist  zwar  wieder 
einiges  neue  Material  hinzugekommen,0)    aber  es  scheint  doch,    als 


1)  Garstang, -El  Arabali  S.  32   (Eg.  res.  acc.) 

2)  Sitzungsber.   d.   Berl.  Akad.,    1903,  S.  601. 

3)  Mitteil.  d.  Orient.  Gesellsch. ,    1898,    Heft  3.      Aus    der    Inschrift    von 
Stabl  Antar  liest  er  gewiss  zu  viel  heraus. 

4)  Zeitsehr.  f.  äg.  Sprache,   1895,  S.  142;    1902,  S.  95. 

5)  Notiz  in  Griffith'  Report.    1900/01,  S.  37. 

6)  Monuinenti  anticlii,  XIII,  Tai.  1   u.  3.     Text  S.  86  u.   120.    Das  Gefäss 
ist  bei  den  italienischen  Grabungen  in  Haghia  Triada  gefunden. 

7)  v.  Bissing,  Ein  thebanischer   Grabfund    aus   dem   Anfange   des   neuen 
Reichs.     Berlin   1900.   1901. 

8)  Breasted    in    Sethos    Untersuchungen   II,  27 ff.   —  Legraiu    in    den 
Annales   du  serv.  II,  S.  272  lf. 


278  Wissenschaftlicher  Jahresbericht. 

ob  mit  den  jetzt  bekannten  Mitteln  nicht  zu  einer  endgültigen 
Entscheidung  zu  gelangen  wäre.  Dass  in  dem  Grabe  der  Hatschep- 
sowet,  dessen  Lage  festgestellt  ist,  und  dessen  Eröffnung  bevor- 
steht ,  sich  grade  für  diese  Frage  neue  Thatsachen  finden  werden,, 
ist  kaum  zu  hoffen.  Navilles1)  stattliche  Publikation  des  Tempels 
von  Der-el-bahri  ist  bis  zum  4.  Bande  gediehen.  Das  neu  auf- 
gefundene Grab  Thutmosis  IV  hat  eine  Reihe  schöner  und  wichtiger 
kunstgewerblicher  Gegenstände  geliefert,  vor  allem  einen  mit  präch- 
tigen Darstellungen  verzierten  Streitwagenkasten.  Und  zwar  zeigen 
die  Bilder  schon  ganz  den  Typus  des  grossen  Schlachtbildes,-)  dessen 
Entstehung  man  bisher  frühestens  in  die  Zeit  des  Haremhab  glaubte 
setzen  zu  können.  In  der  Entdeckung  neuer  Königsgräber  und 
Königsmumien  sind  nach  langer  Pause  die  letzten  Jahre  wieder 
recht  glücklich  gewesen.  So  hat  Loret  1898  die  Gräber  Thut- 
mosis' III  und  Amenophis'  II  gefunden.3)  In  dem  letzteren  waren 
die  Mumien  Thutmosis'  IV,  Amenophis'  III,  Merenptahs,  Sethos'  II, 
Siptahs,  Setnachts  und  des  IV.  bis  VI.  Ramses  im  Altertum  vor 
Grabräubern  geborgen  worden,  ähnlich  wie  die  bei  dem  bekannten 
grossen  Funde  in  einem  Felsspalt  bei  Der-el-bahri  entdeckten 
Königsmumien. 

Sonst  ist  für  die  Zeit  der  19.  und  20.  Dynastie  verhältnis- 
mässig wenig  neues  zu  berichten.  Breasted4)  hat  das  Empor- 
kommen des  Gründers  der  19.  Dynastie,  des  Haremhab,  behandelt 
und  in  einer  sorgfältigen  Monographie  die  berühmte  Schlacht  bei 
Kadesch  am  Orontes  untersucht.  Als  ein  wichtiger  Zeuge  der  Aus- 
dehnung des  Reichs  in  Palästina  hat  sich  neben  dem  heute  Hiob- 
stein  genannten  Denkmal  Ramses'  II  ein  Denkstein  mit  einer  In- 
schrift Sethos'  I  gefunden,5)  und  Calice  hat  nachgewiesen,  dass  noch 
im  alten  Testament  sich  ein  Ortsname  „Brunnen  des  Menephthah" 
erhalten  hat.'1) 

Die  Aufregung  über  die  Auffindung  der  thebanischen  Sieges- 
inschrift des  Menephthah  mit  der  Erwähnung  der  Israeliten  in 
Palästina  macht  sich  ein  wenig  noch  am  Anfang  unserer  Berichts- 
zeit bemerkbar.7)  Ermanss)  Beschäftigung  mit  dem  als  Papyrus 
Harris  bekannten  Regierungsbericht  Ramses'  DJ  hat  zu  neuen,  für 
die  Beurteilung  des  Dokuments  wichtigen  Anschauungen  über  seine 
Entstehung  geführt.  Vor  allem  wird  aber  auch  von  Er  man  der 
früher  weit  überschätzte  Besitz  der  thebanischen  Amonspriester  auf 


1)  Publ.  d.  Eg.  Explor.  Fd. 

2)  Xach  mündlichen  Mitteilungen  v.  Bissings  und  Breasteds. 

3)  Bulletin  de  l'Institut  Egyptien   1899,  S.  91. 

4)  Zeitschr.  f.  äg.  Spr.,   1900,  S.  47.  —  The  Decennial  Publ.  of  the  Univ. 
of  Chicago  Bd.  V. 

5)  Athenäum   C.  Juli   1901.     Acad.  des  Inscr.    18.  Okt.  1901. 

6)  Orientalist.  Litterat.-Zeit.   1903,   224. 

7)  z.  B.  Piehl,  Sphinx,  IV,  125.     Virey,  Rev.  Bibl.,   1900,   Okt. 

8)  Sitzungsberichte  der  Berl.  Akad.,   1903,  456. 


Schafer,  Ägyptologie.  279 

das  richtige  Maass  zurückgebracht.  L  o  r  e  t  und  M  o  r  e  t  haben  die 
merkwürdigen  Inschriften  eines  Privatgrabes  veröffentlicht  und  be- 
handelt,1) das  Loret  im  Jahre  1898  in  Sakkara  gefunden  hat. 
Die  langen  Inschriften  beziehen  sich  auf  einen  unter  Ramses  II 
geführten  Prozess  zwischen  Mitgliedern  einer  Familie  um  Grund- 
besitz und  sind  für  die  Geschichte  der  Besitzverhältnisse  und  der 
Verwaltung  des  neuen  Reichs  von  grosser  Wichtigkeit.  Die  That- 
sachen,  die  zur  Sprache  kommen,  gehen  bis  in  die  Zeit  des  Ahmosis 
zurück. 

Das  unschätzbare  Denkmal  aus  der  Zeit  des  Ausgangs  des 
neuen  Reichs,  das  Golenischeff  entdeckt  und  zuerst  vortrefflich 
übersetzt  hat ,  ist  von  E  r  m  a  n  -)  und  M.  Müller  3)  noch  einmal 
behandelt  worden.  Es  ist  der  Bericht  eines  gewissen  Wen-amön 
über  seine  Reise  nach  Phönizien,  die  er  im  Auftrage  des  Smendes 
unternommen  hat ,  um  Holz  zum  Schiffbau  zu  holen.  Ob  das 
interessante  Schriftstück  wirklich  der  Bericht  des  Wen-amön  ist, 
ob  es  ein  litterarisches  Produkt  ist,  jedenfalls  stellt  es  uns  mit 
packender  Lebendigkeit  und  gewiss  auch  mit  grosser  Treue  jene 
für  Ägypten  so  traurige  Zeit  vor  Augen. 

Die  Spätzeit  des  Reichs,  die  Zeit  von  der  25.  Dynastie  an, 
ist  noch  immer  recht  stiefmütterlich  mit  neuen  Funden  bedacht. 
Zwar  haben  besonders  die  Arbeiten  des  eifrigen  L  e  g  r  a  i  n  in 
Karnak4)  manches  neue  gebracht,  und  haben  die  Grabungen  B  a  r  - 
santis  5)  in  Sakkara  uns  neue  Riesengräber  der  Zeit  kennen  gelehrt, 
aber  doch  bleibt  eigentlich  noch  immer  die  „Naukratisstele"  das 
einzige  nennenswerte  neue  Denkmal.0)  Es  ist  der  schöne,  in  Naukratis 
gefundene  Denkstein,  auf  dem  Nektanebos  II  dem  Neittempel  in 
Sa'is  einen  Anteil  an  den  Eingangszöllen  und  an  den  Abgaben  der 
Fabriken  in  Naukratis  schenkt. 

Die  Schicksale  der  ägyptischen  Kultur  in  dem  politisch  seit 
der  Mitte  des  7.  Jahrhunderts  von  Ägypten  völlig  losgelösten  oberen 
Nilthal,  dem  Reiche  von  Napata  und  Meroö,  hat  Schäfer")  in 
seiner  Bearbeitung  des  grossen  Berliner  Denksteins  des  Königs 
Nastesen  verfolgt.  Er  findet  unter  anderm  in  der  Inschrift  eine 
Erwähnung  des  bekannten  unglücklichen  Zuges  des  Kambyses. 

Die  westlichen  Vorposten  Ägyptens,  die  abgelegeneren  Oasen 
der  libyschen  Wüste,  haben  in  Steindorff  zum  ersten  Male  einen 
ägyptologisch    gebildeten    Besucher    gefunden.      Was    er    über    den 


1)  Zeitschr.  f.  üs.  Spr.    1901,  S.  1  ff. 

2)  Zeitschr.  f.  äg.  Sin-.,  1900,  S.  1  ff.  Golenischeffs  Publication  im 
Rec.  de  trav.  21,  S.  74  ff. 

3)  Mitteil,  der  vorderas.  Ges.,   1900,  I. 

4)  Berichte  in  den  Annales  du  Service  und   dem   Kec.   de   trav. 

5)  Berichte  in  den  Annales  du   Service. 

6)  Maspero,  Une  stüle  de  Nectanebo  II  (Comptes  rendus  de  l'Academie 
des  inscr.,  1899,  S.  79311'.).  —  Erman-  Wilckon,  Zeitschr.  f.  äg.  Spr..  L900, 
S.  127. 

7)  Die  äthiopische  Königsinschrift  des  Berliner  Museums,    1901. 


•J^Q  Wissenschaftlicher  Jahresbericht. 

Zustand  der,  übrigens  sümmtlich  der  Spätzeit  angehörigen,  Denk- 
mäler von  Siwa  berichtet,1)  ist  betrübend.  Es  scheint  viel  seit  den 
Reisen  Minutolis  u.  s.  w.  zerstört  zu  sein.  In  der  kleinen  Oase 
Bahrlje  war  Steindorf f  so  glücklich  das  Grab  eines  Fürsten  der 
I  läse  aus  der  19.  Dynastie  mit  interessanten  Darstellungen  zu  finden. 

IV.    Religion    und    Mythologie. 

Die  Forschungen  über  die  ägyptische  Religion  liegen  noch  sehr 
im  argen.  Es  ist  auch  hier,  trotz  der  Arbeiten  Brugsch',  Lefe- 
bures,  Lepage  Renoufs,  Masperos,  Morets,  Wiedemanns  u.a. 
doch  eigentlich  noch  so  gut  wie  alles  zu  thun.  Es  giebt  noch 
keine  wirklich  befriedigende  Darstellung,  und  so  wie  die  Dinge 
liegen  wird  eine  solche  auch  noch  auf  lange  Jahre  hinaus  unmög- 
lich sein.  Vorläufig  giebt  es  ja  nicht  einmal  Monographien,  die 
kleinere  Teile  dieses  ungeheueren  Gebietes  einigermassen  erschöpfend 
behandeln.  Es  liegt  in  der  Natur  unserer  ägyptischen  Denkmäler, 
dass  fast  jede  neue  Publikation  neues  Material  zur  Geschichte  der 
Religion  und  des  Kultus  beibringt,  und  fast  jede  Bearbeitung  eines 
Textes  eine  oder  die  andere  Beobachtung  enthält.  Ich  möchte  daher 
hier  nur  einiges  wenige  hervorheben. 

Amelineaus  Grabungen  haben  in  Abydos  das  schon  von 
Mari  et  te,  aber  vergeblich,  gesuchte  berühmte  Osirisgrab  auf- 
gedeckt. An  der  Thatsache  kann,  wie  die  hier  in  späteren  Zeiten 
niedergelegten  Weihgeschenke  zeigen ,  kein  Zweifel  sein.  Über- 
raschend war  aber  die  Entdeckung,  dass  die  Ägypter,  als  der  Osiris- 
kult  in  Abydos  eingeführt  wurde ,  eines  der  Gräber  ihrer  alten 
Könige  für  das  des  Gottes  erklärt  haben.*2)  Wiedemann3)  scheint 
endlich  die  richtige  Antwort  auf  die  oft  gestellte  Frage  gefunden 
zu  haben ,  welches  lebende  Tier  dem  mythologischen  Tiere  des 
Gottes  Set  entspricht.  Er  findet  es  in  dem  Okapi,  das  man  vor 
kurzem  im  Innern  Afrikas  entdeckt  hat. 

P  e  tr  i  e  s  4)  Arbeiten  im  Osiristempel  haben  die  Existenz  dieses 
Tempels  schon  zur  Zeit  der  ersten  Dynastie  erwiesen.  Auch  Petrie 
kommt  jedoch,  ähnlich  wie  es  schon  Maspero  früher  vermutet  hatte, 
zu  dem  Schlüsse,  dass  die  Stätte  nicht  von  Anfang  an  dem  Osiris 
geweiht  gewesen  ist.  Sethes  gute  Monographie  über  Imhotep 
behandelt  das  Thema  von  den  vergötterten  Menschen.5)  Sie  zeigt, 
dass  Imhotep  unter  dem  Könige  Zoser  der  3.  Dynastie  gelebt  hat. 

Die  oben  erwähnten  Ausgrabungen  im  Sonnenheiligtum  des 
Königs  Ne-user-re'  bei  Abusir  haben  es  uns  endlich  ermöglicht,  uns 


1)  Berichte  der  Kgl.  sächs.  Gesellsch.  der  Wissensch.,   1900,  209. 
_'  i  A  melineau  ,  ie  tombeau  d'Osiris,  1899.    Petrie,  Koyal  tombs  Grab  O. 
(Eg.  expl.  Fd.) 

3)  Die  Umschau,  VI.  Jahrg.,  Nr.   51,  S.   1002. 

4)  Petrie.  Abydos  (Eg.   expl.  Fd.). 

5)  Untersuchungen,  11,   95  ff. 


Schäfer,  Ägyptologie.  281 

eine  klare  Vorstellung  von  diesen  ungewöhnlichen  Heiligtümern 
zu  machen,  die  grade  für  die  Zeit  der  5.  Dynastie  charakteristisch 
sind.  Die  Heiligtümer  liegen  auf  dem  Rande  des  westlichen  Wüsten- 
plateaus. Der  Kultus  geht  nicht  in  einem  Tempel,  sondern  im 
Freien,  am  Fusse  eines  gewaltigen  Obelisken,  vor  sich. 

Graf  S  c  h  a  c  k  x)  veröffentlicht  und  behandelt  ein  neues  reli- 
giöses Buch,  das  in  Niederschriften  aus  dem  mittleren  Reich  erhalten 
ist,  und  wieder  einmal  die  Hadeslitteratur  um  ein  Werk  voller 
Rätsel  vermehrt. 

Spiegelberg'2)  behandelt  ein  sehr  interessantes  Bruchstück 
aus  dem  Astartemythus ,  nach  einer  Handschrift  des  neuen  Reichs. 
Einen  wichtigen  Beitrag  zur  Zauberlitteratur .  die  ja  grade  beim 
Studium  der  ägyptischen  Religion  eine  so  bedeutende  Rolle  spielt, 
hat  Erman  durch  die  Veröffentlichung  und  Bearbeitung  der  Zauber- 
sprüche für  Mutter  und  Kind  geliefert.3) 

Zum  Schluss  dieses  Abschnitts  sei  endlich  bemerkt .  dass  die 
von  Lepage  Renouf  begonnene  Übersetzung  des  sogenannten 
Totenbuchs  durch  Naville  beendet  worden  ist.4)  Damit  ist  eine 
achtungswerte,  übrigens  beinahe  tollkühne,  Arbeit  abgeschlossen,  die 
gewiss  als  Vorarbeit  ihren  Nutzen  hat,  von  der  man  aber  nur 
wünschen  kann,  dass  sie  nicht  von  Nichtägyptologen  als  Quelle  be- 
nutzt wird.  Denn  bei  einem  Gegenstand,  wie  dieser  ist,  treffen  ja  all 
die  allgemeinen  Bedenken  in  erhöhtem  Grade  zu,  die  wir  bei  den 
beiden  Kapiteln  Grammatik  und  Religion  haben  äussern  müssen. 

Demotisch. 

Heinrich  Brugsch  würde  seine  helle  Freude  daran  haben, 
wenn  er  sehen  könnte,  wie  sein  Kind,  das  immer  sein  Lieblingskind 
gewesen  ist,  das  Demotische,  jetzt  anfängt  aufzublühen.  Wie  besorgt 
ist  er  doch  in  den  letzten  Jahren  seines  Lebens  um  dessen  Schicksal 
gewesen!  Jetzt  folgen  sorgfältige  und  gut  durchgearbeitete  Publi- 
kationen von  litterarischen  Handschriften  und  Urkunden  einander 
Schlag  auf  Schlag. 5)  Neben  Revillout  stehen  G  r  i  f  f  i  t  h ,  Hess, 
Krall,  M.  Müller,  Spiegelberg,  Thompson  u.  s.  w.,  und 
durch  ihre  Arbeiten  wird  der  Weg  denen  gebahnt,  die  bis  jetzt 
sich  noch  scheu  von  diesem  dornigen  Gebiet  zurückgehalten  haben, 
das   aber    doch    schliesslich    von    jedem    Ägyptologen    durchmessen 


1)  Das  Buch  von  den  zwei  Wegen  des  seligen  Toten  (Zweiwegebuch),  1903. 

2)  Proc.   Soc.   Bibl.  Arch.  XXIV,   41. 

3)  Abh.  der  Berl.  Akad.,   1901. 

4)  Proc.  Bibl.  arch.,    1902   (Bd.   XIV 

b>  In  den  Berichtsjahren  sind  erschienen:  Spiegelberg,  Ag.  und  griech. 
Eigennamen.  —  Dcrs.,  Die  demotischen  Papyrus  der  Strassburger  Bibliothek.  — 
Demotische  Papyrus  aus  den  Kgl.  Museen  zu  Berlin,  herausgegeben  von  der 
Generalverwaltung,  bearbeitet  von  W.  Spiegelberg,  1902.  —  He.->>.  Der 
demotische  Teil  der  dreisprachigen  Inschrift  von  Rosette.  —  Revillout,  Corpus 
papyrorum  Aegypti,  IV. 


282  Wissenschaftlicher  Jahresbericht. 

werden    muss ,    wenn    ihm    nicht    das    wichtigste    Verbindungsglied 
zwischen    dem    alten  Ägypten   und   der  koptischen  Zeit  fehlen  soll. 

Kunstgeschichte. 

Auch  hier  gilt  das,  was  eigentlich  bei  jedem  Abschnitt  zu  be- 
merken ist,  dass  nämlich  fast  jede  Publikation  im  Text  ihrer  Ein- 
leitung oder  des  Kommentars  Beobachtungen  enthält,  die  hierher 
gehören.  Doch  ist  in  den  letzten  Jahren  nur  eine  selbständige 
Arbeit  erschienen,  die  sich  zum  Ziel  setzt,  ein  grösseres  Gebiet  der 
Kunstgeschichte  erschöpfend  darzustellen,  das  ist  Borchardts 
„Ägyptische  Pflanzensäule  B1).  Er  hat  in  der  Sonderung  der  Typen 
und  ihrer  Benennung  endlich  einmal  Ordnung  geschaffen,  die  Ent- 
wicklung der  einzelnen  Formen  gezeigt  und  auch  seine  paradoxe 
Schlussthese  zum  mindesten  sehr  wahrscheinlich  gemacht,  dass  der 
Ägypter  sich  seine  Pflanzensäulen  als  freie  Endigungen  dachte.  In 
einem  zweiten  Aufsatz'2)  hat  er  dieser  anfangs  gefährlich  zugespitzten 
These  das  beängstigende  genommen  durch  die  Erklärung,  dass  da- 
mit nichts  über  die  Entstehung  der  Säulenformen  gesagt  sein  solle, 
d.  h.  also,  dass  die  „freien  Endigungen"  doch  erst  sekundäre  Auf- 
fassung sein  könnten. 


Doch  wir  sind  am  Ende  dieser  schon  fast  allzulangen  Musterung. 
Blicken  wir  aber  zurück  auf  das  Aufgezählte,  so  werden  wir  uns 
doch  darüber  freuen ,  dass  wir  so  viel  zu  berichten  gehabt  haben, 
trotzdem  noch  viel  tüchtige  Arbeit  hat  ungenannt  bleiben  müssen. 
Hapert  es  auch,  wie  wir  manchmal  haben  konstatieren  müssen,  hier 
und  da,  so  ist  das  ja  kaum  anders  denkbar  bei  einer  Wissenschaft, 
die  noch  immer  im  Zeitalter  der  Entdeckungen  steht.  Da  er- 
scheint dem  Einzelnen  oder  ganzen  Gruppen  nicht  zu  allen  Zeiten 
die  Arbeit  auf  allen  Gebieten  gleich  wichtig.  Verderblich  bleibt 
ja  solche  Anschauung  immer,  wenn  sie  auch  erklärlich  ist.  Im 
Ganzen  aber  können  wir  uns  freuen,  dass  die  Neigungen,  und  viel- 
leicht auch  Begabungen,  der  verschiedenen  Gruppen  von  Mitarbeitern 
am  "Werk  einander  so  ergänzen,  dass  wir,  alles  in  allem  genommen 
• —  und  so  müssen  wir  es  doch  auch  nehmen  - —  ein  frisches  Vor- 
wärtsschreiten in  unserer  Wissenschaft  konstatieren  können.  Wir 
wollen  hoffen,  dass  wir  das  nächste  Mal  wieder  über  eine  so  reiche 
Ernte  berichten  können  wie  diesmal.  Darin  liegt  auch  der  Wunsch, 
dass  uns  der  Boden  Ägyptens,  oder  das  Glück,  ebenso  reich  wie 
in  den  letzten  Jahren  mit  neuen  Funden  beschenken  möge ,  wenn 
auch  der  Einzelne  oft  sich  seufzend  gestehen  muss,  dass  der  Atem 
kaum  ausreicht,  um  dem   eiligen  Laufe  dieses  Glücks  zu  folgen. 


1)  Borchardt,  Die  ägyptische  Prlanzensiiule.     Berlin   1897. 

2)  Zeitschr.  f.  äg.  Spr.,  XXX,   S.  36»'. 


Klemm,  Indologie.  283 

Indologie. 

Von 
K.  Klemm. 

Nicht  ohne  inneres  Widerstreben  unterzog  sich  Referent  der 
Aufgabe  das  neue  Buch  von  Tilak1)  zu  lesen,  welches  als  Fort- 
setzung seines  „Orion"  anzusehen  ist.  Nachdem  aber  die  ersten 
Kapitel  überwunden  waren,  in  denen  der  Verfasser  aus  den  Lehren 
der  Geologie  und  der  Astronomie  die  einstige  Existenz  eines  cir- 
cumpolaren  Kontinents  mit  mildem  Klima  als  wahrscheinlich  hin- 
stellt, gewann  bald  das  Interesse  an  den  weiteren  Ausführungen 
Tilaks  die  Oberhand.  Anzuerkennen  ist,  dass  gerade  die  ältesten 
Überlieferungen  der  Indo-Arier  vom  Standpunkt  einer  arktischen 
Heimat  aus  in  ganz  anderer  Beleuchtung  erscheinen  als  unter  dem 
bisher  üblichen  Gesichtspunkt.  Man  denke  nur  an  die  horizontale 
Bewegung  der  Himmelskörper  innerhalb  24  Stunden,  den  beständigen 
Mondschein  14  Tage  hindurch,  den  Aufgang  der  Sonne  im  Süden 
(Sürya,  Daksinäs  Sohn),  den  langen  Tag  und  die  Polarnacht,  endlich 
an  die  Dämmerungserscheinungen  der  höchsten  Breiten,  welche  sich 
bis  zu  60  Tagen  ausdehnen  können ,  die  sich  aber  keineswegs  auf 
einen  Teil  des  Horizontes  beschränken,  sondern  innerhalb  24  Stunden 
den  ganzen  Gesichtskreis  umwandeln.  Solche  Erscheinungen  machen 
die  genauen  Beobachtungen  begreiflich ,  die  rege  Anteilnahme  an 
den  Himmelserscheinungen,  den  Einfluss,  den  von  den  ältesten  Zeiten 
ab  das  vedische  Volk  den  Gestirnen  auf  seine  Geschicke  zusprach. 
Unter  indischen  oder  centralasiatischen  Verhältnissen  ist  namentlich 
die  hohe  Schätzung  der  kurzen  Morgenröte ,  wie  sie  sich  in  den 
altertümlichen  Liedern  an  die  Usas  ausspricht,  schwer  verständlich, 
sie  wird  erst  begreiflich,  wenn  man  an  die  Dämmerung  einer  langen 
Polarnacht  denkt.  In  diesem  Rahmen  versteht  man ,  wie  sie  in 
drei  oder  fünf  verschiedene  Abschnitte  zerlegt  werden  konnte,  wie 
Rv.  7,  76,  3  sogar  von  Tagen  die  Rede  sein  kann,  welche  zwischen 
dem  ersten  Aufleuchten  der  Lsas  und  dem  Aufgang  der  Sonne 
verfliessen.  In  Indien  vergehen  zwischen  der  Morgenröte  und  dem 
Erscheinen  der  Sonne  nur  wenige  Augenblicke,  und  doch  ordnet 
das  Ritaal  für  diesen  Zeitraum  die  Recitation  von  1000  Versen, 
ja  unter  Umständen  des  ganzen  Rgveda  an;  solche  Bestimm \ 
können  daher  nur  zu  einer  Zeit  getroll'en  sein,  in  der  die  Morgen- 
dämmerung als  Erlöserin  nach  langer  banger  Nacht  begrüsst  wurde. 
Eine  Nacht  von  wenig  mehr  als  zwölf  Stunden  aber  konnte  un- 
möglich die  Angst  einflössen,  welche  sich  in  der  vedischen  Litteratur 
zu    erkennen    <nebt.     In    langen   Nächten    wurden    die    rätrisattras 


1)  Bai  Gaugädbar  Tilak:  The  Arctic  Home  in  the  Vedas,  being  als.) 
a  new  Key  to  the  Interpretation  of  inany  Vedic  Tests  and  Eegonds.  Bombay, 
Kamchandra  Goviud  &   Sons,    1903.     XXIV,    500  S.     Mit   Holzschn.    u. 


284  Wissenschaftlicher  Jahresbericht. 

gefeiert,  um  Indra  in  seinem  Kampfe  gegen  Vrtra  beizustehen. 
Während  die  am  Tage  gehaltenen  sattras  für  die  Zeit  der  Brähmanas 
ein  Jahr  von  zwölf  Monaten  voraussetzen,  lassen  die  Angaben  über 
die  nur  auf  zehn  Monate  beschränkten  Sattras  ein  älteres  Jahr  von 
zehn  Monaten  vermuten.  Auf  den  Nordpol  weist  auch  Tai.  Br. 
3,  9,  22,  1,  wo  das  Jahr  ein  Tag  der  Götter  (also  sechs  Monate 
Tag,  sechs  Monate  Nacht)  genannt  wird.  Dazu  vergleiche  man 
ferner,  was  Tilak  über  den  Berg  Meru,  den  er  mit  dem  Nordpol 
identifiziert,  über  die  Ädityas,  Devayäna  und  Pitryäna,  catvürimsyäm 
saradi,  sagt,  und  man  wird  eine  Fülle  von  Anregung  empfangen. 
Mag  man  auch  im  Einzelnen  noch  so  weit  von  Tilak  abweichen, 
so  wird  man  doch  mancherlei  Berührungspunkte  mit  anderen  Forschern 
finden  und  nicht  umhin  können,  seine  Argumente  genauer  Prüfung 
zu  unterziehen.  Hatte  er  schon  vorher  die  älteste  vedische  Periode 
um  4500  v.  Chr.  angesetzt,  so  würde  die  urarische  Zeit  noch  um 
nahezu  4000  Jahre  weiter  zurückreichen.  Bei  aller  Bescheidenheit, 
welche  den  Arier  zieret ,  wird  es  sich  empfehlen ,  auch  diesen 
Schätzungen  Tilaks  näher  zu  treten.  Mit  Rücksicht  auf  die  weite  Aus- 
breitung der  Arier  und  ihre  weitgehende  Differenzierung  muss  eine 
lange  Zeit  der  Entwickelung  angenommen  werden  und  die  Völker 
Europas  wie  ihre  Stammesgenossen  in  Asien  dürfen  wohl  erwarten, 
dass  man  ihrer  Vorgeschichte  mindestens  die  gleiche  Aufmerksamkeit 
zuwendet,  wie  sie  so  manchem  verschwundenen  oder  verkommenen 
Volke  einer  fabelhaften  Vergangenheit  entgegengebracht  wird. 

Mit  dem  JRgveda  und  seiner  Exegese  beschäftigt  sich  Arnold1), 
der  nochmals  das  2.  Mandala  und  7,  18  behandelt.  Auf  einzelne 
Stellen  lenken  Windisch2)  und  Henry3)  die  Aufmerksamkeit, 
Wortdeutungen  liefern  Oldenberg4)  und  Meillet5).  Beiträge 
zum  Atharvaveda  sind  von  Pischel0)  und  L  a  n  m  a  n  ')  zu  ver- 
zeichnen. Über  Prakritismen  im  Altindischen  handelt  Wacker- 
nagel*).  Garbe9)  giebt  eine  Reihe,  z.T.  schon  veröffentlichter, 
Aufsätze    heraus,    welche   sich  mit  den  interessantesten  Fragen  der 


1)  E.V.Arnold:  Tho  second  Mandala  of  the  Rigveda.  Kuhns  Zeitschr. 
38,  293 — 294.    —    Rigveda  VII,  18.     Ebda.   491—496. 

2)  Ernst  Windisch:  Die  Gespanne  der  Götter.  Album  Kern.  S.  139 — 140. 
3;  V.  Henry:  Dadhikrä-Dadhikrävan  et  l'evhemerisme  en  exegese  vedique. 

Ebd.  S.  5—12. 

4)  H.   Oldenberg:  Kränä,  kräna  im  Rgveda.     Ebd.  S.  33—36. 

5)  A.  Meillet:  Sur  l'etymologie  de  l'adjective  vedique  ninyäh.  Ebd. 
S.  121  —  122. 

6     R.   Pischel:  Atharvaveda  7,  106.     Ebd.   S.   115—117. 

7)  Charles  R.  Lanman:  Atharva-veda:  critical  notes;  with  some 
account  of  Whitney's  commentary.     Ebd.   S.  301 — 307. 

8)  Jakob  Wackernagel:  Prakritismen  im  Altindischen.  Ebenda 
S.  149—152. 

9)  Richard  Garbe:  Beiträge  zur  indischen  Kulturgeschichte.  Berlin, 
Gebr.  Paetel,  1903.  268  S.  M.  6.—.  (4.  auch  in  D.  Rundschau,  Bd.  114, 
S.  417 — -436.  Dazu  Marie  v.  Bansen:  Zur  indischen  Witwenverbrennung. 
Ebd.   115,   S.  458—461.) 


Klemm,  Indologie.  285 

indischen  Kultur  beschäftigen.  Ihre  Titel  sind:  1.  Die  Weisheit 
des  Brahmanen  oder  des  Kriegers  ?  2.  Die  sechs  Systeme  indischer 
Philosophie.  3.  Der  Milindapanha,  ein  kulturhistorischer  Roman 
aus  Altindien.  4.  Die  Witwenverbrennung.  5.  Über  die  Thugs. 
6.  Über  den  willkürlichen  Scheintod  der  indischen  Fakirs.  7.  Leben 
der  Hindus ,  eine  Skizze.  In  dem  an  die  Spitze  gestellten ,  zuerst 
1893  erschienenen  Aufsatze  hatte  Garbe  darauf  hingewiesen,  wie 
im  Satapathabrähmana  und  in  den  älteren  Upanisaden  die  Könige 
sich  den  Brahmanen  an  Tiefe  der  Erkenntnis  so  weit  überlegen 
zeigen,  dass  sie  in  aller  Form  von  den  Brahmanen  als  Lehrer  an- 
genommen werden.  Er  schloss  daraus,  dass  aus  der  Kriegerkaste 
die  belebende  Kraft  auf  spekulativem  und  religiösem  Gebiet  hervor- 
gegangen sei,  welche  schliesslich  auch  die  Brahmanen  in  ihren  Bann 
zwang.  An  dieser  Anschauung  hält  Verf.,  trotz  erfahrenen  Wider- 
spruchs, fest,  da  der  grosse  Umschwung  in  dem  Geistesleben  Alt- 
indiens doch  nicht  durch  Brahmanen,  sondern  durch  Ksatriyas  be- 
wirkt worden  ist.  Als  klassische  Beispiele  dafür  kann  er  die  Stifter 
dreier  Religionen  anführen ,  der  Jainas ,  der  Buddhisten  und  der 
Bhägavatas,  alle  drei  Ksatriyas.  Den  ersten  Versuch,  diesen  Ge- 
danken praktisch  zu  verwerten,  unternimmt  R  h  y  s  Davids1),  indem 
er  die  Reiche  und  Republiken ,  welche  von  Buddhas  Zeit  bis  auf 
Kaniska  bestanden,  ihre  sozialen  Verhältnisse,  religiösen  Anschauungen, 
Sprache  und  Litteratur  schildert ,  von  denen  die  brahmanischen 
Schriften  so  wenig  wissen,  wie  unsere  scholastische  Litteratur  von 
der  Geschichte  ihrer  Zeit.  Das  Buch  ist  ausgestattet  mit  guten 
Abbildungen  von  Denkmälern  jener  Zeit. 

Der  Einführung  in  das  Mahäbhärata  wollen  zwei  Schriften 
dienen.  Fausboll'2)  beabsichtigte  seine  Mythologie  des  Mahäbhä- 
rata vom  Standpunkt  des  Historikers  zu  schreiben,  er  hielt  es  daher 
für  geboten  an  dem  Klassifikationssystem  des  vorliegenden  Textes 
festzuhalten.  Daraus  erklärt  sich  seine  Einteilung  in  die  Klassen 
Asuras,  Suras  und  Yaksas  und  die  Zuweisung  der  Apsaren ,  Gan- 
dharven,  Pitrs ,  Rsis,  Siddhas ,  Välakhilyas  u.  a.  zu  den  Suras. 
Rücksicht  auf  die  erstrebte  Objektivität  gab  vermutlich  Anlass  zu 
der  alphabetischen  Anordnung  der  den  beiden  ersten  Klassen  zu- 
gewiesenen Wesen.  Eine  grosse  Hilfe  für  das  Studium  des  Mahä- 
bhärata hat  J  a  c  o  b  i  3)  durch  seine  praktisch  angelegte  Inhaltsangabe 
des  grossen  Epos  geschaffen.  Aus  der  typographischen  Gestalt  der 
Kapitelzahlen  erkennt  man  sofort,  ob  der  betreuende  Abschnitt  zur 
eigentlichen   Mahäbhärata- Sage    gehört,    ob    er    didaktische    Partien 


1)  T.  W.  Rhys  Davids:  Buddhist  India.  London,  T.  FLsher  ünwin, 
1903.     XV,  332   S.     5  sli.     Mit  Karte  und   56  Abbldgn. 

2)  V.  Faus  1)011:  Indian  Mythology  according  to  the  Mahäbhärata ,  in 
outline.     London,  Luzac  &  Co.,  1903.     XXXII,  206  S.     9  sh. 

3)  Hermann  Jacobi:  Mahäbhärata.  Inhaltsangabe,  Index  und  Con- 
cordanz  der  Calcuttaer  und  Bengaler  Ausgaben.  Bonn,  F.  Cohen,  1903. 
IV,  257   S.     M.   14.—. 


286  Wissenschaftlicher  Jahresbericht. 

oder  erzählende  Episoden  enthält.  In  ähnlicher  Weise  ist  angedeutet, 
in  welchem  Versmaass  der  betrettende  Adhyäya  abgefasst  ist  oder 
wo  Prosa  vorkommt.  Der  beigefügte  Index  giebt  jede  gewünschte 
Auskunft  über  alle  Personen  des  Riesenwerkes,  ihre  Genealogien 
und  die  Stellen  an  denen  die  einzelnen  Namen  erscheinen. 

Vincent  Smith1)  unterzieht  die  geographischen  Angaben 
Mc  Crindles  über  die  Sitze  der  Völker,  welche  sich  Alexander  dem 
Grossen  entgegenstellten,  einer  Nachprüfung.  Nach  der  Besiegung 
des  Porös  stellten  sich  ihm  die  Malloi  entgegen,  die  Cunningham 
und  Mc  Crindle ,  lediglich  auf  Grund  einer  falschen  Etymologie, 
in  der  Gegend  von  Multän  suchen.  Der  Name  Malloi  entspricht 
Skr.  Mälava  oder  einer  Präkritform  davon  und  bezieht  sich  jeden- 
falls auf  das  von  der  Brkatsamhitä  in  den  Norden  gesetzte  Volk 
dieses  Namens.  Nach  Arrians  Angaben  müssen  die  Malloi  an  beiden 
Ufern  des  Hydraotes  (Rävl)  von  Shorkot  im  SW.  bis  Lahore  im 
NO.  gesessen  haben.  Ihr  Gebiet  schloss  den  grösseren  Teil  des 
Distrikts  von  Jhang  und  den  Nordwesten  des  Montgomerydistrikts 
ein.  Der  alte  Lauf  des  Hyphasis  dürfte  die  südöstliche  Grenze 
der  Malloi  gebildet  haben.  Nördlich  von  ihnen,  am  linken  Ufer  des 
Hydraotes,  wohnten  die  Kathaioi.  Im  Osten  der  Kathaioi,  am  Hyphasis 
(Biäs),  befanden  sich  die  Sitze  der  Oxydrakoi,  in  den  heutigen  Be- 
zirken von  Amritsar,  Gaurdäspur,  Kängra  und  Hosbiärpur.  Hier  an 
dem  ältesten  Bett  der  Biäs,  nicht  weit  von  Gaurdäspur,  sind  auch  die 
zwölf  Altäre  zu  suchen,  welche  Alexander  errichtete.  Der  Name  Oxy- 
drakoi, Sydraci  bei  Plinius,  entspricht  Skr.  Ksudrakä  im  Mahäbhärata 
und  ist  wohl  identisch  mit  dem  der  Ksudraminas  bei  Varähamihira. 

Für  die  Kunde  von  dem  Verkehr  nach  dem  Osten,  insbesondere 
über  die  Ausbreitung  indischer  Religionen  nach  Hochasien  und 
China,  sind  von  hohem  Werte  die  Ergebnisse  der  Ausgrabungen 
Steins  und  die  Quellenforschungen  von  Pelliot.  Pelliot2) 
widmet  eine  ausführliche  Abhandlung  dem  Königreich  Punan,  einem 
hinduisierten  Staat  im  Mündungsgebiet  des  Mekong.  Mit  bewunderns- 
würdiger Kenntnis  der  chinesischen  Geschichtsschreiber  schildert  er 
die  Verhältnisse  jenes  Staates,  welcher  seit  dem  3.  Jahrhundert 
n.  Chr.  ein  Bindeglied  zwischen  Occident  und  Orient,  zwischen 
Indien  und  China  gebildet  hat,  seitdem  Funan  im  Jahre  243  den 
ersten  Tribut  an  den  chinesischen  Hof  sandte.  Da  Funan  vom 
3. — 7.  Jahrhundert  in  lebhaftem  Verkehr  mit  dem  Reich  der  Mitte 
stand ,  drei  ausführliche  Berichte  über  Funan  aus  jener  Zeit  vor- 
liegen, so  war  es  möglich,  ein  anschauliches  Bild  über  die  Kultur- 
zustände jenes  vorgeschobenen  Postens  des  Hindutums  zu  entwerfen 


1)  Vincent  A.  Smith:  The  Position  of  the  Autonomous  Tribes  of  the 
Panjäb  conquered  by  Alexander  the  Great.  With  a  map.  J.  Royal  Asiatic  S. 
1903,  S.  685—702. 

3)  P.  Pelliot:  Le  Fqu-nan.  Bulletin  de  l'Ecole  Franc.  d'Extreme-Orient. 
3,  248 — 303.  (Vgl.  dazu:  E.  Aymonier  in  Journal  asiatique.  10.  serie.  t.  1, 
109—150  u.  2,  333—341.) 


Klemm,  Indologie.  287 

und  uns  über  die  Bedeutung  des  kleinen  Staates  zu  unterrichten. 
Um  die  Mitte  des  3.  Jahrhunderts  ordnete  der  König  von  Funan 
eine  Gesandtschaft  nach  Indien  ab,  welche  den  Ganges  hinauf  fuhr 
und  von  dem  indischen  Herrscher  wohl  aufgenommen  wurde.  Er- 
staunt rief  dieser  aus :  „  Also  auch  an  den  äussersten  Ufern  des 
Oceans  giebt  es  Menschen!"  Dann  Hess  er  den  Fremdlingen  sein 
Reich  zeigen  und  entliess  sie  mit  Geschenken  für  ihren  Herrn, 
darunter  auch  vier  Rosse  aus  dem  Lande  der  Yue-tche.  In  Be- 
gleitung zweier  indischen  Gesandten  traf  die  Botschaft  aus  Punan 
nach  vier  Jahren  wieder  in  der  Heimat  ein.  Dort  war  inzwischen 
ein  Thronwechsel  eingetreten.  Die  Hindus  aber  lernten  bei  dieser 
Gelegenheit  nicht  nur  Funan  kennen,  sondern  traten  auch  in  direkten 
Verkehr  mit  Chinesen.  Denn  soeben  waren  zwei  Würdenträger  aus 
China  K'ang  Tai  und  Tchou  Ying  eingetroffen,  von  denen  der  erste 
Specialbericht  über  Funan  und  seine  mythische  Vorgeschichte  her- 
rührt, 245 — 50.  In  der  Folge  gestaltete  sich  der  Verkehr  zwischen 
Funan  und  China  immer  lebhafter.  Die  Übersendung  von  Tribut 
an  den  Kaiserhof  erwies  sich  als  gewinnbringendes  Geschäft,  wieder- 
holte sich  daher  in  immer  kürzeren  Zeiträumen ,  denn  die  Gegen- 
gaben fielen  stets  kostbarer  aus  und  obendrein  wurden  wertvolle 
Geschenke,  wie  z.  B.  Elefanten,  als  unnütz  und  lästig  zurückgegeben. 
Sehr  ausführlich  sind  namentlich  die  Nachrichten  aus  dem  Ende 
des  5.  Jahrhunderts,  welche  über  die  Regierungszeit  des  Königs 
Jayavarman  von  Funan  berichten.  Dieser  entstammte  dem  Ge- 
schlecht der  Kaundinya  und  wurde  503  vom  Kaiser  mit  dem  Titel : 
„General  des  beruhigten  Südens,  König  von  Funan"  begnadet.  Als 
Apostel  zeichnete  sich  der  Säkya  Nägasena,  eine  in  Indochina  sehr 
populäre  Persönlichkeit  aus,  von  dem  eine  Predigt  über  den  Ma- 
hesvara  erhalten  ist ,  die  er  im  Jahre  484  vor  dem  Kaiser  von 
China  hielt.  Aus  Funan  stammten  auch  die  beiden  Mönche  San- 
ghapäla  und  Mandrasena,  welche  um  die  Wende  des  5.  und  6.  Jahr- 
hunderts in  China  an  der  Übersetzung  des  Tripitaka  arbeiteten. 
Jayavarman  starb  514,  ihm  folgte  ein  illegitimer  Sohn  Rudravarman, 
nachdem  dieser  den  rechtmässigen  Thronerben  ermordet  hatte.  Später 
wurde  Funan  von  einem  Nachbarreiche  überwältigt  und  ging  in 
dem  Königreich  Camboja  auf. 

Obwohl  nicht  auf  Funan  selbst,  sondern  nur  auf  einen  seiner 
Vasallenstaaten  bezüglich,  sei  noch  eine  Stelle  bei  Pelliot  hervor- 
gehoben. Es  heisst  da  in  einem  chinesischen  Bericht:  „In  diesem 
Lande  giebt  es  500  Hou-Familien  aus  Indien ,  zwei  Fo-t'ou  und 
mehr  als  tausend  Brahmanen  aus  Indien  ....  Wenn  sie  krank 
sind,  geloben  sie  „in  Vögeln  bestattet  zu  werden".  Mit  <■ 
und  Tanz  geleitet  man  sie  aus  der  Stadt  und  dort  werden  sie  von 
Vögeln  verschlungen.  Die  übrig  gebliebenen  Gebeine  verbrennt 
man ,  schliesst  sie  in  eine  Urne  und  wirft  diese  ins  Meer  .... 
Die  Feuerbestattung  besteht  darin,  dass  man  sich  ins  Feuer  stürzt .... 
Es  giebt  dort   einen  Weinbaum,  welcher  der  Granate  ähnelt;    seine 


288  Wissenschaftlicher  Jahresbericht. 

Blüten  sammelt  man  und  thut  den  Saft  in  einen  Krug.  Nach  Ver- 
lauf einiger  Tage  verwandelt  er  sich  in  einen  angenehm  schmecken- 
den,  berauschenden  Wein."  Wem  kämen  da  nicht  die  Parsen  in 
den  Sinn ,  ihr  dakhma  und  der,  allerdings  sonst  nicht  als  lieblich 
geschilderte,  Haoma?  Pelliot  freilich  denkt  offenbar  an  solche 
Beziehung  nicht ,  wiewohl  er  weiss ,  dass  unter  Hou  im  engeren 
Sinne  die  Völker  Mittelasiens,  mit  Ausschluss  der  Hindus,  zu  ver- 
stehen sind.  Und  in  der  That  muss  man  anerkennen,  dass  im 
5.  Jahrhundert ,  dem  Pelliots  Quelle  Fu  nan  ki  angehört ,  von 
Parsen  aus  Indien  kaum  gesprochen  werden  kann ,  so  weit  unsere 
Kenntnis  ihrer  Geschichte  reicht. 

Der  Zeit,  welcher  sich  die  eben  besprochenen  Untersuchungen 
zuwenden,  parallel  geht  das  neueste  Werk  von  Stein1)  über  die 
im  Sande  vergrabenen  Ruinen  von  Khotan.  Auch  Khotan  vermittelte 
den  Buddhismus  zwischen  Indien  und  China.  Aus  dem  reichen 
Inhalt  an  neuen  Ergebnissen  seien  nur  die  Nachrichten  über  die 
Ausbeute  an  Handschriften  hervorgehoben.  In  die  ersten  Jahr- 
hunderte unserer  Zeitrechnung  reichen  die  Holztafeln  und  Rollen 
von  Schafleder  zurück,  wie  Schrift,  Sprache,  die  an  den  Fundorten 
zerstreuten  Münzen  und  andere  Zeugnisse  beweisen.  Sie  bestätigen 
die  einheimische  Überlieferung,  wonach  Khotan  ungefähr  zwei  Jahr- 
hunderte v.  Chr.  von  Taxila  aus  durch  indische  Einwanderer  be- 
siedelt worden  ist.  Denn  Taxila  ist  der  Mittelpunkt  der  Kharosthl- 
Schrift ,  in  welcher  die  meisten  Urkunden  geschrieben  sind.  Ihre 
Sprache  ist  altes  Prakrit  mit  starker  Beimischung  von  Sanskrit- 
Ausdrucken.  Diese  wiegen  besonders  in  den  einleitenden  und  förm- 
lichen Ausdrücken  der  Briefe  und  Aktenstücke  vor,  also  genau  da, 
wo  auch  der  moderne  Inder  Anlehnung  an  das  klassische  Vorbild 
liebt.  Dem  Inhalt  nach  handelt  es  sich  in  der  Hauptsache  um 
amtliche  Akten :  Briefe,  Berichte,  Steuersachen,  Rechnungen  u.  dgl. 
Die  Titel,  wie  maliürüja,  devaputra  u.  a.,  stimmen  auffallend  zu 
denen  der  Kusanas,  der  indo-skythischen  Fürsten,  welche  während 
der  ersten  Jahrhunderte  unserer  Zeitrechnung  den  Nordwesten  Indiens 
und  Afghanistan  beherrschten.  Auch  die  Namen  der  genannten 
Personen  sind  meist  rein  indisch,  ja  es  kommt  sogar  ein  Kusanasena 
unter  ihnen  vor.  Einzelne  Beamte  führen  jedoch  auch  nichtindische 
Titel.  Für  die  Zeit  der  Kusana  sprechen  die  kursive  KharosthT- 
Schrift,  welche  der  der  Kusana-Inschriften  entspricht,  ein  Täfelcben 
mit  Brähml  -  Charakteren  derselben  Periode  und  eine  chinesische 
Inschrift  aus  demselben  Fundorte,  deren  Datum  auf  das  Jahr  269 
n.  Chr.  hinweist.  Auch  die  Funde  chinesischer  Kupfermünzen  weisen 
in  jene  Zeit .  denn  keine  von  ihnen  reicht  über  die  Periode  der 
späteren  Han-Dynastie,  welche  mit  220  abschliesst.  Endlich  werden 
einzelne    Personen    in    den    ausgestellten    Pässen    als    „Ta-Yue-chi", 


1)  M.  Aurel  Stein:    Sand-buried  Ruins    of  Khotan.     With    a   map  anc 
numerous  illustr.    London,  T.  Fisher  Unwin,   1903.     XLIII,  524  S.     sh.  21.— 


Klemm,  Indologie.  289 

d.  i.  Indo  -  Skythen  bezeichnet.  Paarweise  ineinandergeschobene 
Holztäfelchen  wurden  zur  Korrespondenz  verwendet;  wo  die  Briefe 
geschlossen  sind,  erscheint  die  Tinte  so  frisch  wie  von  gestern. 
Die  Briefe  wurden  mit  Bindfaden  umwickelt  und  mit  einem  Ton- 
siegel geschlossen.  Diese  Siegel  zeigen  häufig  klassisch  schöne 
Darstellungen  der  Pallas  Athene,  des  Eros  und  Herakles,  aber  auch 
Porträts  von  Männern  und  Frauen  in  klassischem  Stil,  jedoch  mit 
barbarischen  Gesichtszügen.  Am  gleichen  Orte  fanden  sich  Hand- 
schriften auf  Schaf leder,  die  ersten  Dokumente  dieser  Art.  In 
sauberer  Schreiberhand  geschrieben,  noch  ganz  frisch,  beginnen  sie 
nicht  selten  mit  der  Formel:  „Mahanuava  mahäroya  lihati*, 
Se.  Hoheit,  der  Mahäräja,  schreibt. 

Während  sich  an  den  Fundorten  dieser  ältesten  Periode  kein 
Blatt  Papier  findet,  ergaben  andere  Ausgrabungen  zahlreiche  Hand- 
schriften auf  Papier  mit  Wasserlinien.  Solche  waren  besonders 
zahlreich  in  dem  Hu-Ko-Kloster  vertreten,  das  sich  in  Li-sih  befand. 
Li-sih  lag,  nach  den  Urkunden,  in  dem  „Bezirk  der  Sechsstädte ", 
eine  alte  chinesische  Bezeichnung  für  Khotan ,  welche  noch  heute 
bekannt  ist.  Ausser  zahlreichen  Privatverträgen ,  Schuldverschrei- 
bungen und  öffentlichen  Akten  in  der  Landessprache  fanden  sich 
viele  Handschriften  buddhistischer  Werke,  darunter  ein  vollständiges 
Manuskript  der  Vajracchedikä ,  jenes  Sütras  der  Mahäyäna-Schule, 
welches  bisher  nur  teilweise  bekannt  war.  Diese  Handschriften 
sind  in  schöner  Brähml- Schrift  vom  Gupta-Typus  des  7.  Jahrhunderts 
geschrieben  und  spätestens  im  8.  Jahrhundert  abgefasst.  Die  chi- 
nesischen Urkunden  vom  gleichen  Ort  fallen  in  die  Jahre  781 — 787. 
Auch  für  die  Beurteilung  der  vorliegenden  Redaktion  des  Kanjur 
ergab  sich  wertvolles  Material  durch  die  Entdeckung  einer  tibetischen 
Version  des  Sälistambasütra.  Dieses  Manuskript,  älter  und  besser 
als  alle  bisher  bekannten  Quellen,  bildet  einen  unschätzbaren  Prüf- 
stein für  die  Kritik,  wie  für  die  Geschichte  der  Sprache.  Die 
daran  sich  knüpfenden  Fragen  sind  von  Barnett1)  behandelt.  — 
Auf  eine  chinesische  Übersetzung  des  Sälistambasütra  beziehen  sich 
die  Bemerkungen  von  Takakusu-).  Nachrichten  über  einen  von 
der  Universitätsbibliothek  in  Leiden  erworbenen  Abdruck  des  chi- 
nesischen Tripitaka  und  seine  Geschichte  giebt  de  V i s s  e r  8).  Die 
Holzblöcke  aus  dem  Jahre  1681,  von  denen  diese  Ausgabe  ab- 
gezogen ist,  werden  in  einem  buddhistischen  Kloster  bei  Kyoto 
bewahrt.  Die  Sammlung  enthält  nicht  weniger  als  1662  Werke 
in  mehr  als  2100  Bänden,  der  Katalog  von  Bunyiu  Nanjio  (1883) 


1)  L.  D.  Barnett:  Preliminary  Notico  of  the  Tibetan  Manuscripts  in 
the  Stein  Collection.  J.  Iioyal  Asiatic  S.  1903,  109 — 114.  (Vgl.  dazu: 
W.  W.  Kockhill.     Ebda.  S.  572— 575    und    Barnett   S.  821— 823.) 

2)  J.  Takakusu:  Notes  on  Chinese  Buddhist  Books.  J.  Royal  Asiatic  S. 
1903,   181—183. 

3)  M.  W.  de  V isser:  The  Canon  of  Chinese  Buddhism.  Museum, 
Maandblad  voor  Philologie.     Jaarg.    11.     No.  1   (Okt.   1903,).   Sp.   1 

Bd.  LVIII.  19 


2i)0  Wissenschaftlicher  Jahresbericht. 

bezeichnet  davon  nur  198  als  noch  im  Sanskrit- Original  vorhanden. 
—  Eine  buddhistische  Bibliographie  auf  Grundlage  der  Bibliotheken 
von  Philadelphia  hat  Edmunds1)  zusammengestellt. 

Für  die  Geschichte  des  indischen  Dramas  ist  eine  Feststellung 
von  Wert,  welche  wir  Winter nitz  -)  verdanken.  Nachdem  schon 
Levi  die  einzige  Stelle  im  Mahäbhärata,  welche  das  Schauspiel 
erwähnt,  als  interpoliert  erkannt  hat,  weist  Winternitz  nach,  dass 
an  der  entsprechenden  Stelle  der  Malayälam-Handschrift  das  nätakam 
(Schauspiel)  ganz  ausfällt.  Auf  die  schon  längst  von  Windisch 
behaupteten  griechischen  Einflüsse  weisen  auch  die  Untersuchungen 
von  Sylvain  Levi3)  hin.  Dieser  sucht  nämlich  den  Ursprung 
der  indischen  Schauspielkunst  am  Hofe  der  Ksatrapas ,  die  in  den 
ersten  Jahrhunderten  unserer  Zeitrechnung  im  nordwestlichen  Indien 
herrschten.  Als  Beweis  für  seine  Behauptung  dienen  ihm  die  im 
indischen  Drama  üblichen  Formen  der  Anrede  des  Kronprinzen, 
der  königlichen  Prinzen  und  des  Königsschwagers ,  wie  auch  die 
Einführung  der  königlichen  Ahnen  mit  „sugrhita-nüman" ,  wie  sie 
ausschliesslich  bei  den  Ksatrapas  in  Gebrauch  waren.  Als  weiteres 
Argument  verwendet  Levi  die  Thatsache,  dass  das  Sanskrit  zuerst 
in  der  Kanzlei  jenes  Königshauses  angewendet  worden  ist. 

Ist  zwar  ein  abschliessendes  Urteil  nicht  möglich,  so  rückt 
doch  die  Kälidäsa-  Frage  ihrer  Lösung  erheblich  näher.  Alle 
Umstände  sprechen  für  die  von  Kielhorn  wiederholt  verfochtene 
Ansicht ,  Kälidäsa  sei  früher  anzusetzen ,  als  man  gemeinhin  an- 
nimmt. Nachdem  Kielhorn  schon  1890  auf  einen  Vers  in  der 
Mandasor-Inschrift  vom  Jahre  472  n.  Chr.  hingewiesen,  welchem  ein 
solcher  im  Rtusamhära  des  Kälidäsa  zum  Vorbild  gedient  hat,  zeigt 
Chakravarti4)  am  Raghuvam&a ,  dass  die  darin  angegebenen 
Grenzen  des  Reiches  der  Raghu  mit  denen  des  Guptareiches  zu- 
sammenfallen. Aus  anderen  Werken  Kälidäsas  ergiebt  sich  ihm  als 
die  Periode  Kälidäsas  die  Regierungszeit  des  Guptakaisers  Skanda- 
gupta ,  452 — 480 ,  der  ja  auch  den  Namen  Vikramäditya  führte. 
Zu  jener  Zeit  sassen  am  Oberlaufe  des  Indus  die '  Hunnen ,  mit 
deren  Erwähnung  in  Candragomins  Grammatik  sich  Kielhorn5) 
und  L  i  e  b  i  c  h  ,J)  beschäftigen. 


1)  Albert  J.  Edmunds:  A  Buddhist  Bibliograph)',  based  lipon  the 
Libraries  of  Philadelphia.     Journal  Päli  Text  S.    1902 — 3,   1 — 60. 

2)  M.  Winternitz:  The  Mahäbhärata  and  the  Drama.  J.  Royal  Asiatic 
S.    1903,   571—572. 

3)  Sylvain  Levi:  Sur  quelques  termes  employes  dans  les  inscriptions 
des  Ksatrapas.      J.  asiatique.      9.  serie.     t.    19,   95 — 125. 

4)  Monmohan  Chakravarti:  The  Date  of  Kälidäsa.  J.  Royal  Asiatic  S. 
1903,  183—186. 

5)  F.  Kielhorn:  The  Jarta  conquered  the  Hünas.  (Epigraphic  Notes  10.) 
Göttinger  Nachr.   1903,   305  —  307. 

6)  Bruno  Liebich:  Das  Datum  Candragomins  und  Kälidäsas.  Breslau, 
<•.  P.  Aderholz'  Buchh.  HS.  60  Pfg.  (Aus:  Jahresber.  der  Schlesischen 
fies,   für  vaterländische  Kultur.) 


Klemm,  Indologie.  291 

W.  Jones  hatte  in  den  Kompositionen  des  Somanätha  die 
Originalmelodien  zu  dem  Gltagovinda  des  Jayadeva  vermutet.  Davon 
kann  nach  Simons1)  Untersuchungen  nicht  mehr  die  Rede  sein, 
die  Praxis  der  indischen  Musik  schliesst  vielmehr  den  Begriff  von 
Originalmelodien  zu  den  für  den  Gesang  bestimmten  Liedern  des 
Jayadeva  aus.  Der  Rägavibodha  des  Somanätha,  welcher  jene 
Kompositionen  enthält ,  ist  zudem  nach  der  eigenen  Angabe  seines 
Verfassers  erst  im  Jahre  1609  abgefasst.  Damit  fällt  das  hohe 
Alter ,  welches  Jones  und  nach  ihm  zahlreiche  Musikgeschichten 
dem  Werke  zugesprochen,  dahin.  Die  50  darin  enthaltenen  Kom- 
positionen sind  für  die  vinä ,  die  indische  Laute ,  bestimmt.  Die' 
einzigartige  Bedeutung  des  5.  viveka ,  in  dem  sie  enthalten  sind, 
besteht  darin ,  dass  hier  der  individuelle  Vortrag  eines  kenntnis- 
reichen Künstlers  festgehalten  ist.  Denn  vor  Somanätha  begnügte 
man  sich  damit,  nur  die  allgemeinen  charakteristischen  Umrisse 
eines  Musikstückes  in  Tradition  und  Lehre  zu  übernehmen ,  die 
feineren  Einzelzüge  und  Schattierungen  aber  dem  individuellen 
Takt  und  der  musikalischen  Produktivität  des  Vortragenden  zu 
überlassen. 

Mit  Hilfe  von  Liebichs  Ausgabe  des  Cändra-Vyäkarana  er- 
weist Franke2)  seine  Behauptung,  dass  Candragomin  die  Haupt- 
quelle für  die  Päli  -  Grammatik  des  ceylonesischen  Thera  Moggal- 
läna  geworden  ist.  Doch  dürften  sich  aus  dem  Studium  Moggallänas 
nicht  nur  Korrekturen  für  Candra,  sondern  auch  Berichtigungen 
für  die  Pänini-Exegese  Böhtlingks  ergeben. 

J  o  1 1  y  3)  liefert  eine  wörtliche  Übersetzung  der  Mitäksarä, 
soweit  sich  diese  auf  das  Strafrecht  bezieht.  Die  Mitäksarä,  welche 
sich  hohen  Ansehens  in  einem  grossen  Teile  Indiens  erfreut ,  ist 
ein  auf  umfangreichen  Quellenstudien  fussender  Kommentar  der 
alten  Lehren  des  Yäjnavalkya.  Der  Verfasser,  ein  Bettelmönch 
Vijfiänesvara,  lebte  im  11.  Jahrhundert  zu  Kalyänapura  unter  der 
Herrschaft  des  Königs  Vikrarnänka.  Die  Übersetzung  beruht  auf 
der  guten  Bombay  er  Ausgabe  von  1882,  die  zahlreichen  Citate  aus 
alten  Gesetzbüchern  u.  s.  w.  sind  nach  Möglichkeit  verificiert. 

Die  Zahl  der  modernen  Sprachen  Indiens  nach  dem  Census 
von  1901  veranschlagt  Grierson4)  auf  147.  Derselbe4)  be- 
handelt  gewisse    Suffixe    der   neueren    indo-arischen  Volkssprachen. 


1)  R.  Simon:  Die  Notationen  des  Somanätha.  Mit  2  Tafeln.  Sitzungsber. 
d.  Ak.  München.     S.   447  —  469. 

2)  Otto  Franke:  Moggalläna's  Saddalakkhana  und  das  CSndra-Vyäka- 
rana.     J.  Päli  Text  S.   1902 — 3,  S.  70—95. 

3)  Julius  Jolly:  Das  altindische  Strafrecht  nach  der  Mitäksarä.  Zschr. 
vergl.  Rechtswissenschaft,  16,  S.  108— 178.  Dazu  J.  Kohler:  Das  altindische 
Strafrecht.     Ebda.   S.    179-202. 

4)  George  A.  Grierson:  Languages  of  India.  J.  Royal  Asiatic  S. 
S.  425 — 427.  —  On  certain  Suffixes  in  the  Modern  Indo-Arian  Vernaculars. 
Kuhns  Zschr.   38,  S.  491  —  496. 

19* 


292  Wissenschaftlicher  Jahresbericht. 

Dem  Magill-  Dialekt  in  Chittagong  widmet  Konow1)  eine  Ab- 
handlung, die  Geheimsprache  einer  Diebeskaste  im  Panjäb  bebandelt 
Bailey2).  O'Brien3)  hat  einen  Abriss  der  Grammatik  und  ein 
Wörterverzeichnis  der  Sprache  des  Kängra-Distrikts  zusammengestellt. 
Von  Davidson4)  erhalten  wir  die  erste  eingehende  Nachricht  über 
die  Katir-Sprache.  Die  Verwandtschaftsveilnältnisse  der  Hindukush- 
Dialekte  bespricht  Kuhn5). 

C  o  w  e  1 1 6)  bringt  einige  Auszüge  seiner  Übersetzung  der  Candl 
eines  bengalischen  Dichters  Mukunda  Rani  CakravartI,  der  zur  Zeit 
des  Kaisers  Akbar  lebte.  Die  Dichtung  verschafft  uns  einen  Ein- 
blick in  das  unverfälschte  bengalische  Landleben  des  16.  Jahr- 
hunderts, das  noch  von  jedem  fremden  Einfluss  unberührt  war. 

Für  ein  vollständiges  Verzeichnis  der  Litteratur  des  Jahres 
1902  sei  auf  Schermans  Orientalische  Bibliographie  7)  verwiesen, 
einen  Bericht  über  die  Erscheinungen  aus  dem  Gebiete  der  Ge- 
schichte und  ihrer  Hilfswissenschaften  liefert  Klemm  s). 


Nachwort. 


Mit  dem  vorliegenden  Wissenschaftlichen  Jahresberichte  wird 
einem  1902  zu  Hamburg  von  der  Allgemeinen  Versammlung  unserer 
Gesellschaft  ausgesprochenen  Wunsche  zum  ersten  Mal  Folge  ge- 
geben (s.  die  protokollarische  Notiz  Bd.  LVI  der  Zeitschrift,  S.  XL VIII, 
Mitte).  Die  Zukunft  wird  lehren,  ob  sich  der  Jahresbericht  in  dieser 
neuesten  Gestalt  eines  längeren  Daseins  erfreuen,  oder  ob  er  das 
Geschick  seiner  verschiedenen  Vorgänger  teilen,  d.  h.  sich  wie  diese 
als  ein  Fehlschlag  erweisen  wird  (zur  Tragödie  oder,  wenn  man 
so    will ,    Tragikomödie    unsrer    Jahresberichte    vgl.    namentlich    das 


1)  Sten  Konow:  Notes  on  the  Maghi  Dialect  of  the  Chittagong  Hill 
Tracts.     ZDMG.  57,  S.  1—12. 

2)  T.  Grahame  Bailey:  The  Secret  Words  of  the  Cühräs.  J.  Asiatic 
S.   Bengal.      Vol.  71,   Part  1,  S.  14—20. 

3)  Edward  O'Brien:  Notes  on  the  Dialect  of  the  Kangra  Valley,  with 
Glossary  of  words  peculiar  to  the  Kängra  District.     Ebda.  S.  71 — 98. 

4)  J.  Davidson:  Notes  on  the  Bashgali  (Käfir)  Lauguage.  Ebda. 
Extra  No.  1.     XIII,  195  S. 

5)  E.  Kuhn:  Die  Verwandtschaftsverhältnisse  der  Hindukush-  Dialekte. 
Album  Kern.     S.   221—223. 

6)  Three  Episodes  from  the  old  Bengali  Poem  „Candl",  translated  by 
E.  B.  Co  well.  J.  Asiatic  S.  Bengal.  Vol.  1,  Part  1.  Extra  No.  2.  (1902) 
VIII,  46   S. 

7)  Orientalische  Bibliographie.  Hrsg.  und  bearb.  von  Lucian  Scher- 
in an.  Bd.  16  (für  1902).  VIII,  324  S.  Berlin,  Keuther  &  Reichard,  1903. 
M.   10.—. 

8)  K.  Klemm,  Inder  (bis  zur  Gegenwart).  Jahresberichte  d.  Geschichts- 
wissenschaft.    Jahrg.   25,  I,  S.  23—43. 


Nachwort.  293 

Referat  Gildemeisters  in  Bd.  XXXVIII  der  Zeitschrift,  S.  XXI  ff.). 
Da  der  neue  Bericht  die  wissenschaftliche  Bewegung  der  einzelnen 
Jahre  nur  in  großen  Zügen,  gewissermaßen  nur  aus  der  Vogel- 
perspektive, zeichnen  soll  (vgl.  die  Anm.  zuZDMG.Bd.LVI,  S.XLVIII), 
so  empfiehlt  es  sich  vielleicht,  ihn  durch  bibliographische  Über- 
sichten zu  ergänzen ,  die  am  zweckmäßigsten  mit  den  einzelnen 
Heften  der  Zeitschrift  zu  verbinden  sein  würden,  Übersichten,  die 
natürlich  nicht  bezwecken  könnten,  die  „Orientalische  Bibliographie" 
oder  ähnliche  Unternehmungen  zu  ersetzen,  die  vielmehr  an  Art 
und  Umfang  etwa  den  bibliographischen  Listen  in  C.  Bezold's  „Zeit- 
schrift für  Assyriologie"  zu  entsprechen  haben  würden.  Ich  gedenke 
diese  eventuelle  Neuerung,  die  allerlei  mir  in  letzter  Zeit  seitens 
einiger  Mitglieder  der  Gesellschaft  ausgesprochenen  Wünschen  ent- 
gegenkommen soll ,  unsrer  nächsten  Allgemeinen  Versammlung  zur 
Begutachtung  zu  unterbreiten  —  zugleich  mit  einer  weiteren  Neue- 
rung, die  darauf  abzielen  wird,  die  Leser  der  ZDMG.  in  Zukunft 
möglichst  regelmässig  und  rasch  über  neue  Funde  und  Entdeckungen 
auf  orientalischem  Boden  zu  unterrichten. 

Gegen  den  vorliegenden  Jahresbericht  läßt  sich  —  abgesehen 
davon,  daß  Schäfer  in  der  Zeit  weiter  zurückgegriffen  hat  als  seine 
Mitarbeiter ,  wodurch  natürlich  auch  ein  grösserer  Umfang  seines 
Teilberichts  bedingt  worden  ist  —  der  Vorwurf  erheben,  daß  seine 
einzelnen  Teile ,  namentlich  hinsichtlich  der  Art  wie  sie  die  Titel 
der  besprochenen  Werke  wiedergeben,  die  nötige  Einheitlichkeit  der 
Form  vermissen  lassen.  Dieser  Mangel ,  der  übrigens  nicht  allzu 
schwer  wiegen  dürfte ,  wird  im  nächsten  Jahr  verschwunden  sein. 
Ihn  in  diesem  Jahr  noch  zu  beseitigen  ging  nicht  an,  weil  ein  Teil 
der  betreffenden  Manuskripte  —  allerdings  aus  verzeihlichen  Gründen 
—  sehr  spät  bei  mir  einging,  so  spät,  daß  das  Erscheinen  dieses 
Heftes  dadurch  so  wie  so  schon  arg  verzögert  worden  ist. 

Von  einem  unsrer  verdientesten  Iranisten  war  mir  auch  ein 
Bericht  über  die  iranischen  Studien  zugesagt  worden;  leider 
aber  sah  sich  der  betreffende  Kollege  durch  eine  anhaltende  Er- 
krankung an  der  Einlösung  seiner  Zusage  gehindert.  Auf  diese 
Weise  mußte  das  Iranische  diesmal  ausfallen.  Eine  Ausdehnung 
des  Jahresberichts  auf  sonstige  Gebiete  war  zunächst  nicht  in  Aus- 
sieht  genommen  worden.  Der  Eedakteu r. 


294 


Mitteilung  und  Bitte  „Tiele's  Kamer"  betreifend. 


In  der  ersten  Plenarsitzung  des  Orientalisten -Kongresses  zu 
Hamburg  habe  ich  die  untenstehende  Mitteilung  gemacht  und  dem 
Schriftführer  schriftlich  überreicht.  In  die  Verhandlungen  ist  sie 
jedoch  zu  meiner  Verwunderung  nicht  aufgenommen  worden.  Da 
mir  viel  daran  liegt,  dass  die  am  Ende  an  die  Fachgenossen  ge- 
richtete Bitte  zu  deren  Kenntnis  kommt,  bin  ich  dem  Herrn 
Redakteur  der  Zeitschrift  sehr  dankbar  dafür,  dass  er  sie  hier  ab- 
drucken lässt. 

„Unser  tief  betrauerter  Freund  und  Kollege  Tiele  besass  eine 
reiche  und  wohlunterhaltene  Bibliothek,  deren  Kern  die  religions- 
wissenschaftlichen Werke  bildeten.  Seine  Witwe  hat  dem  Wunsche 
ihres  Gatten  gemäss  diesen  Kern  der  Universitätsbibliothek  zu 
Leiden  geschenkt,  unter  der  Bedingung,  dass  er  vereinigt  bleibe 
und  auf  der  Höhe  der  Wissenschaft  erhalten  werde.  Zu  diesem 
Zwecke  ist  in  einem  Nebengebäude  der  Bibliothek  ein  Zimmer  für 
diese  Sammlung  angewiesen  worden ,  und  dieses  Zimmer  ist  auf 
Kosten  der  Frau  Tiele  so  eingerichtet,  dass  es  dem  Studierzimmer 
ihres  Gatten  ganz  ähnlich  ist.  Sein  Schreibtisch  steht  da  mit 
seinem  Sessel,  als  ob  er  ihn  gleich  einnehmen  werde.  Nur  unter- 
scheidet sich  das  neue  Zimmer  durch  ein  wohlgelungenes  Bild 
Tieles  in  Öl. 

Das  Zimmer  hat  den  Namen  „Tiele's  Kamer"  erhalten.  Hinten 
und  rechts  stossen  daran  andere  Zimmer,  die  Raum  lassen  für  Zu- 
wachs. Denn  Frau  Professor  Tiele  hat  sich  nicht  damit  begnügt, 
diese  kostbare  Schenkung  zu  machen,  sondern  auch  eine  bedeutende 
Summe  angewiesen,  um  aus  deren  Zinsen  die  Sammlung  zu  unter- 
halten und  zu  vermehren,  so  dass  Tieles  Bibliothek  für  Religions- 
wissenschaft, und  speziell  auch  für  Assyrisch,  Alt-Persisch  und  alles 
was  die  alte  Geschichte  Vorderasiens  und  Ägyptens  betrifft,  eine 
der  bedeutendsten  Sammlungen  werden  wird.  Als  erste  Verwalter 
sind  der  Direktor  der  Universitätsbibliothek,  Di\  J.  G.  de  Vries,  und 
ich  selbst  angewiesen.  Ich  habe  jetzt  die  Ehre  im  Namen  der 
Witwe,  Frau  Professor  Tiele,  ein  Verzeichnis  der  Bibliothek  dem 
Kongresse  zu  überreichen.    Es  enthält  eine  Abbildung  von   „Tiele's 


de  Goeje,  Mitteilung  und  Bitte  TTiele's  Körner"-  betreffend.      295 

Kamer"  und  einen  von  Dr.  Ritter,  einem  ehemaligen  Schüler  Tieles, 
dazu  geschriebenen  Aufsatz.  Die  Mitglieder,  die  es  zu  besitzen 
wünschen,  werden  gebeten  sich  zu  diesem  Zweck  an  den  hier  an- 
wesenden Direktor  des  Hauses  Brill,  Herrn  de  Stoppelaar,  zu  wenden. 
Ich  bitte  um  die  Erlaubnis,  noch  eine  dringende  Bitte  an  die 
Mitglieder  des  Kongresses  und  alle  Fachgenossen  richten  zu  dürfen. 
Bücher  werden  wir  kaufen  können ,  allein  die  Auszüge  aus  Zeit- 
schriften, von  welchen  Tiele  eine  reiche  und  schöne  Sammlung  be- 
sass,  können  wir  nur  durch  Ihre  freundliche  Mitwirkung  erhalten. 
Wenn  Sie  uns  die  künftighin  schenken  wollten,  werden  wir  dafür 
höchst  dankbar  sein,  und  schliesslich  wird  das  Ihnen  allen  auch 
wieder  zugute  kommen ,  da  so  die  zerstreuten  Schätze  hier  wohl- 
geordnet   zusammengestellt   und   jedem    Gelehrten    zugänglich    sein 

werden-"  M.  J.  de  Goeje. 


296 


Verzeichnis  der  in  den  letzten  Monaten  bei  der 
Redaktion  eingegangenen  Druckschriften. 

(Mit  Ausschluss  der  bereits  in  diesem  Hefte  angezeigten  Werke.  Die  Redaktion 
behält  sich  die  Besprechung  der  eingegangenen  Schriften  vor.  Anerbieten  der 
Herren  Kollegen,  das  eine  oder  andre  wichtigere  Werk  eingehend  besprechen 
zu  wollen ,  werden  mit  Dank  akzeptiert.  Die  mit  *  bezeichneten  Werke  sind 
bereits  vergeben.) 

Jellineh,  Artur  L.  (Wien)  -  Bibliographie  der  vergleichenden  Literaturgeschichte. 
1.  Bd.     Berlin,  Alex.  Duncker,  1903. 

Archiv  für  Religionswissenschaft.  Unter  Mitredaktion  von  H.  Usener, 
H.  Oldenberg,  C.  Bezold,  K.  Tb.  Preusz  hrsg.  von  Albrecht  Dieterich  und 
Thomas  Achelis.     7.  Bd.     Prospektheft.     Leipzig,  B.   G.  Teubner,   1904. 


*Curtiss,  Samuel  Ives  -  Ursemitische  Religion  im  Volksleben  des  heutigen 
Orients.  Forschungen  und  Funde  aus  Syrien  und  Palästina.  Deutsche 
Ausgabe.  Nebst  einem  Vorwort  von  Wolf  Wilhelm  Grafen  Baudissin. 
Leipzig,  J.  C.  Hinrichs,  1903.     Mk.  .9,  geb.  10. 

Bezold,  C.  -  Die  babylonisch-assyrischen  Keilinschriften  und  ihre  Bedeutung 
für  das  Alte  Testament.  Ein  assyriologischer  Beitrag  zur  Babel-Bibel-Frage. 
Tübingen  und  Leipzig,  J.   C.  B.  Mohr  (Paul  Siebeck),   1904.     Mk.   1,50. 

*l\Iüller,  Dav.  Heinr.  -  Die  Gesetze  Hammurabis  und  ihr  Verhältnis  zur  mosa- 
ischen Gesetzgebung  sowie  zu  den  XII  Tafeln.  Text  in  Umschrift,  deutsche 
u.  hebr.  Cbersetzg.,  Erläuterg.  u.  vergl.  Analyse.  Wien,  A.  Holder,  1903. 
Mk.  10. 

*Mcvrtin ,  Fr.  -  Textes  religieux  assyriens  et  babyloniens.  Transcription ,  tra- 
duction  et  commentaire.      Ire  serie.     Paris,  Letouzey  et  Ane,   1903. 

*Kiichler,  Frdr.  —  Beiträge  zur  Kenntnis  der  assyrisch-babylonischen  Medizin. 
Texte  mit  Umschrift,  Übersetzg.  u.  Kommentar.  (Assyriol.  Bibliothek,  hrsg. 
v.  Fr.  Delitzsch  u.  P.  Haupt,  Bd.  XVIII.)  Leipzig,  J.  C.  Hinrichs,  1904. 
Mk.  28,50. 

Nielsen ,  Ditlef  -  Die  altarabische  Mondreligion  und  die  mosaische  Ueberliefe- 
rung.     Strassburg,  Karl  J.  Trübner,  1904.     Mk.  5. 

Oppert,  Gustav  -  Tharshish  und   Ophir.    Berlin,  Julius  Springer,   1903.    Mk.  2. 

Relief telowitz,  J.  -  Arisches  im  Alten  Testament.  Teil  II.  Sonderabdruck  aus 
der  , Monatschrift  für  Geschichte  und  Wissenschaft  des  Judenthums".  Berlin, 
S.  Calvary  &  Co.,  1903.     Mk.  2. 


Verzeichnis  der  bei  der  Redaktion  eingegangenen  Druckschriften.     297 

Thirtle,  James  William  -  The  Titles  of  the  Psalms,  their  natiire  and  meaning 
explained.     Henry  Frowde,  London  etc  ,   1904.     6   s.  net. 

Didaskalia,  Die  Syrische,  übersetzt  und  erklärt  von  Hans  Achelis  und  Johs. 
Flemming.     Leipzig,  J.  C.  Hinrichs,   1904.     Mk.  12.50. 

Dussaud,  Rene   -   Notes   de  mythologie  syrienne.     Paris,  Kniest  Leroux ,   1903. 

*  Macler,  Frederic  -  Histoire  de  Saint  Azazail,    texte    syr.    inedit  avec  introd. 

et  trad.  franc.  Precedee  des  actes  grecs  de  Saint  Pancrace ,  publies  pour 
Ia  premiere  fois.     Paris,  Bouillon,   1902. 

Ausgewählte  Gesänge  des  Giwargis  Warda  von  Arbel.  Herausgegeben  mit 
Übersetzung,  Einleitung  und  Erklärung  von  Heinrich  Hilgenfeld.  Leipzig, 
Otto  Harrassowitz,   1904.      Mk.  7. 

*Dussaud,  Rene,  avec  la  collaboration  de  Frederic  Macler  -  Mission  dans  les 
regions  desertiques  de  la  Syrie  Moyenne.  (Extrait  des  Nouvelles  Archives 
des  Missions  scientifiques,  t.   X.       Paris,  Ernest  Leroux,   1903. 

*ul-Djahiz,  Abu  Othman  Amr  ibn  Bahr  -  Tria  opuscula  auctore  Basrensi 

quae  edidit  G.  van   Vloten  (opus  posthumum).    Lugd.  Bat.,  E.  J.  Brill,  1903. 

lMohammed  ihn   Toumert  -  Le  livre  de mahdi  des  Almohades.     Texte 

arabe  [publik  par  Mohammed  ben  Mustapha  Kamat],  accompagne  de 
notices  biographiques  et  dune  introduction  par  I.  Goldziher.  (Gouvernement 
gcneral  de  l'Algerie.)  Alger,  Pierre  Fontana,  1903.  [Bei  Otto  Harrassowitz, 
Leipzig  zum  Originalpreis  von  fr.   6   erhältlich.] 

*  Neu  arabische    Geschichten    aus    dem    Iraq.      Gesammelt,    übersetzt, 

herausgegeben  und  mit  einem  erweiterten  Glossar  versehen  von  Bruno 
Meissner.  (Beiträge  z.  Assyr.  u.  semit.  Sprachw.  V,  1.)  Leipzig.  J.  C.  Hin- 
richs,  1903.'    Mk.  10. 

Maltesische  Märchen,  Gedichte  und  Rätsel.  In  deutscher  Übersetzung 
von  Hans  Stumme.  (Leipziger  semitistische  Studien,  hrsg.  v.  A.  Fischer 
u.   H.  Zimmern,  I,  5  )     Leipzig,  J.  C.   Hinrichs,    1904.     Mk.  3,50. 


Muhammad  'Awfi       Part  II    of   the  Lubäbu'l-Albäb    of  -  Edited   .   .   .   by 

Edward  G.  Browne.    (Persian  Historical  Texts,  vol.  II.)    London  and  Leide. 
Luzac  &  Co.   and  E.  J.  Brill,   1903. 

Omar  Khaijijam  bish  ta  dui  gilia  chide  are  volshitika  romani  ehib  -John 
SamjJsonestar  dikimangriasa  Augustus  Johnestar.  Lundrati,  David  Nutt. 
1902 


Negelein,  Julius  von  -  Das  Pferd  im  arischen  Altertum.  (Teutonia,  Arbeiten 
zur  germanischen  Philologie,  hrsg.  von  Wilhelm  Uhl,  2.  Heft.)  Königs- 
berg i.  Pr.,  Gräfe  &  Unzer,    1903.     Mk.    7,50. 

Deussen,  Paul  -  Erinnerungen  an  Indien.  Kiol  und  Leipzig,  Lipsius  &  Fischer, 
1904.     Mk.  5,  eleg.  geb.   Mk.  (I. 

Ketth,  A  Berriedale  -  A  Catalogue  of  the  Sanskrit  and  Präkrit  MSS.  in  the 
Indian  Institute  Library  Oxford.  Oxford,  Clarendon  Press,  1903.  4  s. 
6  d.   net. 

Oldenberg,  Hermann  Die  Literatur  des  alten  Indien.  Stuttgart  und  Berlin, 
J.  G.  Cotta'sche  Buchhandlung  Nachf.,   1903.     M.  5. 

Jacobi,  Hermann  Mahäbhärata.  Inhaltsangabe,  Index  und  Concordanz  der 
Calcuttaer    und     Bombayer     Ausgaben.       Bonn,     Friedrich    Cohen,     1903. 

Mk.    14. 


298      Verzeichnis  der  hei  der  Redaktion  eingegangenen  Druckschriften. 

Goeje,  M.  J.  de  Meinoires  d'histoire  et  de  geographie  orientales.  No.  3. 
Memoire  sur  los  migrations  des  Tsiganes  ä  travers  l'Asie.  Leide,  E.  J.  Brill, 
L903. 

fflnck,  Franz  Nikolaus  -  Lehrbuch  des  Dialekts  der  deutschen  Zigeuner.  Mar- 
burg, N.  G.  Elwert,  1903.     Mk.  2,85. 


Bezemer,  T.  J.  -  Volksdichtung  aus  Indonesien,  Sagen,  Tierfabeln  und  Märchen. 
Haag,  Martinus  Nijhoff,  1904. 

Leist,  Arthur  -   Das  georgische  Volk.     Dresden,  E.   Pierson,    1903.     Mk.   i>. 


Abgeschlossen   am   30.  3.  1904. 


299 


Zur  alchimistischen  Literatur  der  Araber. 

Von 

Moritz  Steinschneider. 

Mit  dem  großartigen  Werke  von  Berthelot:  La  Chimie  du 
nioyen-äge  (1893),  dessen  3.  Band  die  arabische  Chemie,  bez.  Al- 
chimie, behandelt  und  einige  der  ältesten  arabischen  Schriften  mit 
französischer  Übersetzung  von  0.  Houdas  enthält,  mögen  Physiker, 
die  sich  für  Geschichte  ihrer  Wissenschaft  interessieren,  den  Gegen- 
stand für  erschöpft  halten;  ja  auch  diejenigen,  welche  die  Kultur- 
geschichte der  Araber  und  deren  Bedeutung  für  die  Geschichte  des 
Mittelalters  nicht  unterschätzen ,  dürften  die  Resultate  Berthelots 
als  für  ihren  Zweck  ausreichend  ansehen  und  ohne  weitere  For- 
schungen verwerten.  Für  den  Orientalisten  und  Forscher  auf  dem 
Gebiete  der  mittelalterlichen  Literatur,  insbesondere  der  Bibliographie, 
ist  aber  noch  eine  eigentümliche  Seite  des  massenhaften ,  durch 
Übersetzungen,  Entstellungen  und  Unterschiebungen  verwandelten 
Stoffes  weiter  zu  verfolgen,  als  es  Berthelot  ohne  eigene  Studien 
auf  dem  weiten  Gebiete  der  arabischen  Literatur,  und  der  von  un- 
abhängigen lateinischen  tun  mochte  oder  konnte. 

Im  28.  Bande  der  ZDMG.  (S.  453—59)  habe  ich  unter  der 
Überschrift:  „Orientalische  Übersetzungen  aus  dem  Arabischen  im 
Mittelalter"  auf  ein  Desideratum  hingewiesen,  nämlich  eine  Biblio- 
graphie der  Übersetzungsliteratur  aus  jener  Sprache,  ohne  Unter- 
schied des  Stoffes ,  deren  Bedeutung  ich  dort  auseinandergesetzt 
habe  und  hier  nicht  wiederhole.  Seit  den  seitdem  verflossenen 
30  Jahren  ist  manches  Einzelne  dafür  zusammengetragen  worden, 
wovon  ich  Leclercs  unvollständige  und  wenig  kritische  kurze  Auf- 
zählung im  2.  Bande  seiner  Hist.  de  la  medecine  arabe  (1876) 
erwähne.  Wüstenfelds  Abhandlung:  Die  Übersetzungen  arabischer 
Werke  in  das  Lateinische,  Göttingen  1877,  hieße  genauer:  die 
Übersetzer,  nach  welchen  der  Stoff  chronologisch  geordnet  ist; 
die  ungenannten  Übersetzer ,  etwa  2/3  der  ersteren ,  die  direkten 
Übersetzungen  in  andere  Sprachen,  z.  B.  ins  Spanische,  sind  aus- 
geschlossen, auch  manche  Übersetzer  übergangen.  Seit  einem  Jahre 
bin  ich  damit  beschäftigt,  sämtliche  europäische  Übersetzungen, 
mit  Ausnahme  der  hebräischen,  welche  ich  in  dem  allgemeineren 
Bd.  LVIII.  20 


300        Steinschneider,  Zur  alchimistischen  Literatur  der  Araber. 

"Werke  (Die  hebr.  Übersetzungen  des  Mittelalters)  möglichst  erschöpft 
habe ,  zusammenzuordnen ,  und  zwar  unter  zeitlicher  Ausdehnung 
bis  Mitte  des  XVII.  Jahrhunderts.  Unter  den  aus  dem  Arabischen 
stammenden  Schriften  nehmen  die  alchimistischen  einen  ver- 
hältnismäßig beträchtlichen  Raum  ein;  allein  die  Autorität  oder 
Autorschaft,  resp.  der  Ursprung  vieler  dahin  gehöriger  Schriften, 
insbesondere  viele  angebliche  Autornamen,  sind  sehr  zweifelhaft,  so 
daß  Berthelot  sich  mit  der  nötigen  Vorsicht  von  ihrer  Deutung 
zurückhielt.  In  meiner  Preisschrift  habe  ich  den  Versuch  der 
AViederherstellung  griechischer  Namen  von  Alchimisten  einem 
Anhang  überwiesen  (ZDMG.  50,  356  ff.).  Es  sind  aber  auch  die 
Namen  arabischer  Autoren  noch  nicht  genügend  erkannt,  viel 
weniger  die  Schriften  in  bezug  auf  ihren  Ursprung  sichergestellt. 
Auch  meine  nach  Vollständigkeit  trachtende  Übersicht  der  euro- 
päischen Übersetzungen  wird  manches  unerledigt  lassen  müssen, 
namentlich  ungenügend  beschriebene  Handschriften;  andererseits 
müssen  verwickelte  Fragen  daselbst  auf  die  vorläufigen  Resultate 
in  der  Hauptsache  beschränkt  und  die  eingehenden  Erörterungen 
besonderen  Artikeln  überlassen  bleiben. 

Als  Specimina  der  letzteren  Art  wollen  die  hier  folgenden 
Notizen  gelten,  welche  in  einer  skizzenhafteii  Fassung  des  Materials 
zeigen,   wie  verschiedenartige  Forschungen  damit  zusammenhängen. 

I.    Maria,  die  Alchimistin. 

1.  Quellen  bei  Wolf,  Bibl.  Hebr.  I,  799  n.  1504;  Fabricius 
Cod.  pseudepigr.  Vet.  Test.  p.  869;  neuere  in  meinem:  Zur  pseud- 
epigr.  Lit.  S.  59  A.  9,  S.  63/64;  in  Kobaks  Jeschurun  (deutsch) 
11,84;  Hebr.  Bibliogr.  XIX,  13  (zu  Kayserling,  Frauen);  Rohlfs, 
Archiv  f.  Gesch.  d.  Medicin  I,  442;  ZDMG.  50,  358.  —  Ich  weiß 
nicht,  ob  ein  Zusammenhang  besteht  zwischen  meinem  Thema  und 
dem  ,,  Colloquium  Sanctae  Mariae  virginis",  erwähnt  „in  catalogo 
membranarum  et  laminarum  quae  ex  Arabico  versae  latine  traduntur 
repertae  anno  1595  in  cavernis  Granatensibus"  (nach  Jo.  Chr.  Wolf, 
Mulierum  graecarum  etc.  fragmenta  etc.  p.  391  unter  Maria  ohne 
Spezialquelle). 

2.  Wer  soll  diese  Maria  sein '?  Sie  wird  als  Prophetin,  Schwester 
Mosis,  im  Gespräch  mit  „Aron"  aber  auch  als  „Koptin"  bezeichnet. 
Mosis  Schwester  heißt  aber  arabisch  ^Zif,  d.  h.  die  robuste  (Weil, 
Bibl.  Legenden,  S.  182  vgl.  141;  meinen  Artikel  über  bibl.  Legenden 
im  Magazin  f.  d.  Lit.  d.  Auslands,  1845,  S.  188,  in  Frankeis 
Zeitschr.  für  die  Inter.  d.  Jud.,  1845,  S.  273,  zur  deutschen  Über- 
setzung   eines  Kapitels    aus    der  Chronik    des  Hamza   al-Isfahani) !). 


1)  Diese  Übersetzung  mit  den  Anmerkungen  blieb  unbeachtet  in  Gottwaldts 
lateinischer,  welche  Bacher  benutzt  in  seiner  Abhandlung:  Bibel  und  bibl.  Ge- 
schichte in  d.  muhammed.  Lit.  (Kobaks  Jesch.  VIII,  1  ff.   38  ff.).  —  Ich  bemerkte 


Steinschneider,  Zur  alchimistischen  Literatur  der  Araber.        301 

Der  Namen  Maria  für  die  Schwester  Mosis  beruht  offenbar  auf  Identi- 
fizierung der  letzteren  mit  der  Mutter  Christi ,  welche  fast  überall 
auf  Muhammed  selbst  zurückgeführt  wird;  auch  Grimme  (Tduhammed, 
Münster  1892,  I,  99)  nimmt  den  „krassen  Anachronismus"  an, 
welchen,  wenn  ich  mich  recht  erinnere,  Pautz  dem  Propheten  nicht 
zutraut  und  mit  künstlicher  Auslegung  abzuweisen  versucht.  Die 
„Prophetin  Maria"  soll  ohne  Zweifel  Mirjam  sein,  wenn  auch  in 
ihrem  Gespräch  mit  „Aron"  dieser  Namen  erst  in  den  Übersetzungen 
aus  Aros  geworden  scheint  (s.  unten  5.).  Moses  befiehlt  der  Maria. 
das  „philosophische"  Feuer  anzuzünden  (Allegoria  Sapientum,  Dist.  III, 
p.  74) ;  hängt  diese  Allegorie  mit  dem  brennenden  Dornbusch  zu- 
sammen ?  Nach  muhammedanischen  Legenden  heiratet  Mirjam  den 
Kor  ah,  dessen  Reichtum  in  alten  jüdischen  Quellen  sprichwörtlich 
geworden,  also  durch  die  Alchimie  seiner  Gattin. 

Maria  die  Koptin  (*aI2aäj()  oder  Ägyptei-in  (Fihrist ,  p.  353, 
354.  360.  französisch  bei  Berthelot  III,  29,  30,  40.  H.  Kh.  V,  276, 
ZDMG.  20,  487,  Catal.  Er.  Mus.  p.  465)  ist  schwerlich  ohne 
weiteres  von  Mirjam  abzuleiten.  Sollte  hier  die  „heilige  Maria 
aegyptiaea"  gemeint  sein,  welche  mit  dem  Presbyter  und  Mönche 
Zosimas  in  den  Versen  des  Erzbischofs  Hildebertus  Cenomanensis 
(gest.  1139,  Fabricius,  Bibl.  Lat.  inf.  III,  239)  gefeiert  wird,  und 
über  deren  vermutliche  Zeit  man  nicht  sicher  ist  ?  Ich  konnte  mich 
nicht  entschließen,  die  weitläufigen  Erörterungen  in  den  Acta  Sancto- 
rum  zum  1.  April  (ed.  Antwerpen  1675  p.  67  f.)  de  S.  Maria  et 
Zosimas,  durchzugehen,  wo  p.  83  das  Gedicht  Hildeberts  und  zu 
Anfang  über  Maria  neptis  Abrahae  auf  den  16.  März  verwiesen 
wird.  Über  den  Alchimisten  Zosimus  (s.  auch  Rosinus,  Rosmus  u.  s.  w. 
ZDMG.  1 ,  365)  spreche  ich  mehr  in  der  erwähnten  Abhandlung. 
Die  Koptin  Maria  heißt  auch  die  Frau  Muhammeds ,  Mutter  Ibra- 
hims (Grimme  I,  141).  Die  Koptin  in  der  Alexandersage  (bei 
Spiegel  S.  49)  ist  vielleicht  von  der  Alchimistin  abzuleiten  ?  Als 
Tochter  des  Königs  von  Saba  erscheint  die  Alchimistin  in  einer 
jüngeren  arabischen  Quelle  (französisch  bei  Berthelot  III,  125.  ein 
Fragin.  bei  Rosen,  Catal.  etc.  de  lTnstitut  des  langues  or.  p.  150,  15) 
vielleicht  unter  Einfluß  der  Legende  von  der  Königin  von  Saba, 
die  allerdings  arabisch  Balkisa  heißt1).  Maria  „Sicula"  (woher?) 
in  Catal.  Lugd.  III,  196  bei  'Habib  erledigt  sich  von  selbst. 

3.  Über  Maria  als  Alchimist  in  s.  Schmieder,  Geschichte 
der  Alchimie  S.  48— 50,  Hoefer,  Hist.  de   h   Chimie  1,271;  Kopp, 

1.  c. ,  dass  +Jsl£  eine  Ableitung  von  D^IH  aus  *-"-  beweise;  dasselbe  meint 
auch  Fraenkel,  s.  Jew.  Quart.  IX,  607,  XIII,  640. 

1)  Diesen  Namen  möchte  ich  (in  Frankeis  Zeitschr. ,  1S45  ,  S.  273) 
aus  Malika  Saba  erklären;  vgl.  Nicoll,  Catal.  Add.  zu  p.  154,  Anm.  6,  auch 
über  LxSjij,  das  ich  1.  c.  S.  327  irrtümlich  in  D^bS  verändern  wollte;  s.  das. 
S.  448  u.  and. 

•J.i* 


o02        Steinschneider,  Zar  alchimistischen  Literatur  der  Araber. 

Beiträge  zur  Gesch.  der  Chemie  II,  1869,  S.  406,  411;  Borellius, 
Bibl.  Chim.,  Heidelberg  1656,  p.  146  und  232,  scheint  wenigstens 
zwei  dieses  Namens  zu  unterscheiden,  s.  unten  4.;  Carini,  Rivista 
Sicula  t.  VII  (1872),  der  von  einer  alchimistischen  Literatur  der 
Kabbinen  und  Kabbalisten  träumt,  die  er  studieren  müsse,  fand 
die  Erwähnung  von  Maria  und  Aron  (für  Aros,  p.  161,  179)  und 
erlaubt  sich  (p.  44)  die  unerkennbare  Einschiebung  „a  suo  fratello" 
und  die  Auslegung  Aronne !  Er  hat  zwar  Höfer  gelesen l) ,  aber 
nicht  von  demselben  gelernt  oder  angenommen ,  daß  der  Verfasser 
ein  polemisierender  Christ  war,  und  Maria  vielleicht  für  Isis  sub- 
stituierte. Allerdings  schließt  Höfer  mit  den  Worten:  nLe  champ 
est  ouvert  aux  cory'ecturesu .  —  Bei  Berthelot  erscheint  Maria  oft 
genug,  d.  h.  in  seinen  syrischen  (Bd.  II,  243,  281  Zosimus  und 
Demokrit),  arabischen  und  lateinischen  Quellen,  die  Indices  zu  Bd.  I 
und  III  geben  14  und  80  Stellen  an  —  so  daß  man  sich  wundert, 
bei  Höfer  I,  242  zu  lesen:  „aucun  des  philosophes  de  l'art  sacre 
ne  fait  mention  des  ecrits  de  Marie  sur  la  pierre  philosophale"  ; 
ich  hebe  das  Wort  ecrits  hervor;  es  gilt  hier  im  beschränkten 
Sinne  von  Titeln  bestimmter  Schriften.  Die  Frage  ist  aber 
schärfer  zu  fassen:  Ist  Maria  als  angebliche  Verfasserin  von 
Schriften  überhaupt  anzusehen  ? 

4.  Ich  habe  nicht  alle  Stellen  bei  Berthelot  nachgeschlagen 2), 
aber  so  viel  ich  gesehen  habe ,  geht  alles  auf  ein  Gespräch 
zwischen  ihr  und  einem  Alchimisten  Aros  zurück,  über  welchen 
ich  unten  (5.)  das  Nötige  heranbringe.  Die  ältesten  Quellen  darüber 
sind  wohl  griechisch  -  christliche  (Zosimus,  Syncellus) ,  die  wahr- 
scheinlich aus  syrischen  Quellen  (Berthelot  II,  243,  281)  in  arabische 
übergingen3).  Wie  sich  dazu  das  Fragment  des  Gespräches  verhalte, 
welches  lateinisch  erhalten  ist,  könnte  nicht  ohne  genaue  Vergleichung 
des  gesamten  Stoffes,  vielleicht  auch  nach  einer  solchen  nicht  mit 
aller  Sicherheit  ermittelt  werden;  sind  doch  die  Nachrichten  Höfers 
und  selbst  Berthelots  nicht  einmal  über  die  lateinischen  Drucke 
hinreichend.  Ich  beschränke  mich  also  auf  eine  Notiz  über  die 
mir  zugänglichen  zwei  Drucke  und  einige  Mss. 

1)  Nach  p.  161  Anm.  hätte  Höfer  die  Turha  philosophorum  ediert,  welche 
im  Ms.  Speciale  (p.  177)  sub  Stefrino  [lies  Stefano?  s.  ZDMG.  50,  365]  zu- 
sammen kommt;  Anf. :  dixit  Theotorus  (so)  rex  etc.  —  wann  und  wo?  Im 
Art.  Höfer  der  Biogr.  univers.  steht  nichts  darüber.  In  der  Hist ,  I,  291,  fertigt 
er  dies  gedruckte  Buch  so  ab,   daß  eine  Ausgabe  kaum  denkbar  erscheint. 

2)  In  der  Übersetzung  aus  dem  Fihrist  (S.  353  Z.  27  zwischen  Stephanos 
und  Djabir,  s.  II,  190,  S.  357  Z.  5)  setzt  Berthelot  III,  35  (vgl.  S.  29)  hinter 
'Harabi  in  Parenthese  Maria  mit  Fragezeichen.  Dieser  Namen  dürfte  vielleicht 
J.L^>  zu  lesen,  und  Salim  al-'Harrani  gemeint  sein,  der  bei  Nicoll,  Catalog  p.  206 
vorkommt;  vgl.  Salim  (fJL*)  b.  Faradj,  Fihrist  S.  353  Z.  28,  bei  Berth.  III,  28. 

3)  Berthelot  III,  180  bezeichnet  Maria  als  „personnage  gnostique",  wundert 
sich  aber  über  die  Worte:  „notre  seigneur  le  Messie"  in  dem  arabischen  Texte; 
er  verweist  auf  seine  Collection  des  alchim.  grecs,  französische  Übersetzung 
p.  90,  235,   385. 


Steinschneider,  Zur  alchimistischen  Literatur  der  Araber.        303 

Ein  alchimistischer  Dialog  zwischen  Maria  der  Alexanch-inerin 
und  Aros  soll  aus  einem  arabischen  Ms.  in  Paris  übersetzt  sein 
in  dem  anonymen ,  aber  von  Jos.  Taylor  verfaßten  Buche :  Lives 
of  Alchymistical  philosophers,  London  1815,  p.  362,  nach  Nicoll 
(Catal.  p.  206  —  nach  Catal.  impr.  libr.  in  Bibl.  Bodl.  I,  37  ist 
das  Buch  1805  gedruckt;  die  hiesige  K.  Bibliothek  besitzt  es  nicht). 
Ist  jenes  Ms.  etwas  anderes  als  die  von  Berthelot  benutzten,  worin 
Stellen  aus  jenem  Dialog  zitiert  werden  ?  so  namentlich  III,  83  ff. 
aus  'Habib  (ebenso  Ms.  Leiden),  der  wohl  aus  Zosimus  schöpft.  — 
Lateinisch  besitzen  wir  eigentlich  nur  eine  kleine  Abhandlung, 
zuerst,  so  viel  ich  weiß,  in  der  Sammlung :  Artis  auriferae  cpiam 
Chemiam  vocant  vol.  I,  Basil.  (1572)  1593,  p.  319 — 24,  anfangend: 
„Convenit  Aros  philosophus  cum  Maria  prophetissa  sorore  Moysi  (so); 
dem  Ende  (propter  vasis  Hermetis  ignorantiam)  folgen  6  lateinische 
Verse  (secprantur  versus),  anfangend:  „Maria  mira  sonat  breviter", 
wahrscheinlich  von  einem  Kopisten  herrührend,  darauf:  „Explicit 
über  Mariae  sororis  Moysi  (so).  In  dieser  Schlußformel  kann  man 
nicht  mit  Sicherheit  die  Annahme  finden,  daß  Maria  Verfasserin 
des  Buches  sei.  P.  320  Z.  4  und  322  1.  Z.  wird  „Hermes  in 
(omnibus)  libris  suis"  angeführt.  Bis  p.  320  Mitte  handelt  es  sich 
um  Alchimie  überhaupt.     P.  323  werden  die  Stoici  erwähnt. 

Zu  meiner  nicht  geringen  Überraschung  fand  ich  einen  wört- 
lichen Abdruck  dieses  Dialogs  mit  unbedeutenden  Varianten,  z.  B. 
am  Ende :  propter  eorum  ignorantiam,  die  Verse  ohne  Überschrift, 
das  Explicit  und  der  Titel  fehlend,  da  dieser  Dialog  als  „Distinctio 
(für  Kapitel,  arabisch  Jo^ai  ?)  vigesima  septima"  eingerückt  ist  in 
die  „Allegoriae  sapientum",  welche  im  Theatrum  Chem.  V  und  in 
Mangets  Bibl.  Chem.  I,  p.  94—96  (Ed.  I,  n.  27)  abgedruckt  sind.  Erheb- 
lich ist  allerdings  die  Variante  Aron  für  Aros  (s.  unten  5.),  die  nicht 
etwa  ein  einmaliges  Versehen,  sondern  in  den  einführenden,  hier 
durch  Kursivtypen  hervorgehobenen  Worten :  Dixit  A.  durchaus 
wiederkehrt.  —  Der  VI.  Band  des  Theatr.  Chem.  (Argentor.  1661, 
p.  479)  enthält  Excerpta  ex  interlocutione  Mariae  prophetissae, 
sororis  Moysis  et  Aaronis  habita  cum  aliquo  philosopho  dicto 
Aros  de  excellentissimo  opere  trium  horarum.  Dieses  Exzerpt 
beginnt:  Accipe  gummi  album  et  rubrum  quod  est  Kibric  (vgl. 
Ed.  1593,  p.  320:  Recipe  alumen  de  Hispania  gummi  album  et 
rubrum)  und  endet  p.  480 :  „non  est  vas  ignorantium  sed  est 
mensura  ignis  tui".  Darauf  folgt  Othelii  explicatio  verboruni  Mariae 
bis  p.  487  Z.  2.     Der  Abdruck    dieses  Torso    in  anderer  Rezension 


1)  Berthelot  I,  255  schreibt  die  Allegorien  (sans  doute)  einem  Juden 
zu,  ohne  Grund,  wie  ich  anderswo  erörtere.  Was  er  als  eine  kürzere  und  ältere 
Rezension  derselben  bezeichnet,  sind  die  XV  Exercitationes  in  turbain ,  in 
Bibl.  Chem.  I,  494,  schon  in  Artis  aurif.  I,  154,  anscheinend  verschiedene 
Schriften;  die  Allegoriae  super  librum  Turbae,  daselbst  p.  139 — 45  sind  von 
beiden  verschieden.  —  Nachträglich  fand  ich  bei  Borellius  p.  1:  „Aar* 
in  Allegoriis  sapientum  laudatur"   ohne   Hinweis  auf  Aros. 


304        Steinschneider,  Zur  alchimistischen  Literatur  der  Araber. 

geschah  vielleicht  wegen  Othels  Kommentar  (Othelius  fehlt  bei 
Borellius).  Höfer  p.  272  zitiert  zuerst  die  Ausgabe  des  Fragments 
(ohne  Jahreszahl)  und  fügt  hinzu:  „Ce  dialogue  est  reproduit"  dans 
Artis  aurif.  etc.  1610;  das  erklärt  vielleicht,  warum  Berthelot  III,  12 
nur  die  Excerpta  zitiert,  übrigens  ohne  darauf  näher  einzugehen. 
Handschriften  werden  schwerlich  wesentlich  anderes  enthalten, 
wie  z.  B.  die  Epistola  Marie  profetisse  (so)  ad  aron  de  toto  ma- 
gisterio,  Ms.  Speciale  bei  Carini,  Riv.  Sic.  VII,  179  n.  47,  wovon 
oben  (3.)  die  Rede  war;  Conversio  Aros  cum  Maria  profetissa. 
Ms.  Bodl.  Ashmol.  1416 -9  (Black,  Catal.  p.  1132),  1448 4,  1472 
p.  906—909,  englisch  daselbst  n.  1487 5  und  1492 8  (Black, 
p.  1375);  in  Ms.  Wien  IV,  p.  141  n.  5309  f.  252/3  und  nochmals 
f.  336/7 :  Liber  interrogationum  et  responsionum  Aaron  (so)  et 
Mariae;  anfangend  „Convenit",  Ende  „ignorantia  vasis".  Auch  Bo- 
rellius p.  146  hat  Maria  prophetissa,  Epistola  Chimica  ad  Aaronem 
(so)  ex  Ripleo  (dessen  Schriften  p.  189  aufgezählt  sind);  Epistola 
ling.  Catalaunica  etc.  (so)  valde  anticpia  aliudcpie  ejus  opus 
chimicum  prolixius,  leider  ohne  Quellenangabe.  Von  einem  aus- 
führlichen Werke  der  Maria  ist  mir  sonst  nichts  bekannt.  Un- 
mittelbar darauf  folgt :  Mariae ,  Moisis  sororis  dicta  Chimica  in 
allegoriis  sapientum  et  in  arte  (lies  Artis)  Auriferae  extant.  Dann : 
In  Mariae  proph.  opusculum ,  Commentaria  Anonimi  (so) ,  cum 
Comment.  ejusdem  in  Sendivogium,  in  8°.  Germanice.  Dieser 
deutsche  Kommentar  findet  sich  nicht  unter  Sendivogius  (Michael) 
p.  199;  unter  (dem  identischen)  Cosmopolite  p.  64:  Anonimi  Comm. 
Germanica  in  ejus  12  capitula  et  Epilogum.  Vide  Sendivogium. 
Diese  vagen  Notizen  kann  ich  jetzt  nicht  weiter  verfolgen;  sie  ge- 
nügen als  Beweis,  daß  Maria  auch  nach  Deutschland  gedrungen 
ist.  Bei  Borellius  folgt  noch  p.  146:  La  Pandecte  de  Marie  selon 
le  Trevisien;  ein  so  betiteltes  der  Maria  beigelegtes  Buch  hat  schwer- 
lich existiert.  Pandecte  ist  wohl  Lesefehler  für  Practica.  Im 
Nachtrag  p.  232  hat  Borellius  noch  Mariae  Judeae  Epistola  vel 
Dialogus  et(!)  Practica  ex  Nasari;  dieser  so  oft  zitierte  Autor, 
auch  Giov.  Bapt.  Nazari,  verfaßte  verschiedene  Schriften  (p.  157); 
bei  Borellius  ist  wohl  die  Concordanza  di  (so)  Philosophi,  Brescia 
1599,  4°,  gemeint,  die  mir  nicht  zugänglich  ist.  Epistola,  Dialogus 
und  Practica  haben  sich  als  Titel  desselben  kleinen  Schriftchens 
erwiesen. 

5.    Der  Namen    des    Philosophen ,    d.  h.  Alchimisten ,    der   das 
Geheimnis    der  Kunst    von  Maria    lernen    will ,    lautet  in  allen  mir 

bisher  bekannten  Quellen  LwJ  und  ist  meines  Wissens  in  denselben 

nicht  Aveiter  identifiziert.  Wenn  'Habib  (bei  Berth.  III,  89)  ihn 
auch  als  König  bezeichnet,  so  hat  das  keine  Bedeutung  für  die 
Enträtselung  dieses  fremdartigen  Namens,  da  auch  andere  Alchi- 
misten, wie  Khalid  b.  Jazid,  zu  Königen  erhoben  wurden  (s.  unten  IL). 
In    einem    verdächtigen  Prolog    zum    arabischen  Osthanes   erscheint 


Steinschneider,  Zur  alchimistischen  Literatur  der  Araber.         305 

der  Namen  abu  Schaddad  Khalid  ibn  al-Jazid  ,  *,t.  Der  Leidener 
Katalog  (III ,  392)  erörtert  die  Frage ,  ob  dieser  Xanien  den  be- 
kannten Alchimisten  bezeichne1);  Berthelot  (III.  13)  berührt  diese 
Frage  nicht:  die  Zusammenstellung  ist  nur  als  Zeugnis  für  die 
Gedankenlosigkeit  des  Erfinders  zu  verwerten.  Abu  Schaddad  ist 
so  selten,  daß  diese  Kunja  im  Fihrist  und  ibn  al-Kifti  gar  nicht, 
in  Hadji  Khalfa    einmal   für  ibn  Schaddad  vorkommt;    Khalid  war 

kein  Übersetzer,  also  ist  ,w.|  ohne  Zweifel  vom  angeblichen  Ge- 
nossen Marias  genommen  und  hier  beigefügt,  um  die  Autorität  des 
Buches  zu  erhöhen,  wofür  Analogien  auf  diesen  Gebieten  nicht  fehlen. 

In    der  That    findet    sich  ^\  ^J  im    Fihrist  S.  353  Z.  28    vor 

Khalid  und  erledigt  sich  hiermit  die  Konjektur  Ahron  bei  Flügel 
II.  190  und  meine^Bemerkung  ZDMG.  50.  363  Z.  9  v.  u.;  vielmehr 
ist  ^w^äJI  eine  falsche  Konjektur  im  Fihrist ,  die  zu  begründen  ist. 
Berthelot,  im  Index  zu  Bd.  III.  p.  244,  trennt  „Ares  ou  Aros" 
von  „Ares  Elqiss",  der  nur  p.  29  vorkommt.  Im  Index  Bd.  II, 
p.  375  kommt  nur  Ares  für  Mars  oder  ein  dem  Planeten  ent- 
sprechendes Metall  vor.  In  ZDMG.  50,  364  unter  Osthanes  hätte 
ich  auf  „Die  hebr.  Übersetzungen "  S.  653  und  die  dortigen  Zitate 
verweisen  sollen  (vgl.  auch  S.  236),  und  will  hier  noch  berichtigen, 
daß  im  Index  S.  1050  an  der  angegebenen  S.  604  Anm.  von  Ares 
[Variante:  Haly]  bei  Albertus  Magnus  die  Rede  ist,  der  ein  astro- 
logisches Introductorium  verfaßt  haben  soll,  anfangend:  Signorum 
alia  sunt  masculini  generis ;  hinzufügend :  excepto  (?)  cpiod  in  secundo 
tractatu  agitur  de  interrogationibus 2).  Ich  habe  in  der  Zeitschr. 
für  Mathem.  gemeint,  Ares  könne  da  Alzarkali  bedeuten,  später 
dachte  ich  an  Aristoteles.  Ich  verzichte  auf  jede  weitere  Konjektur, 
sehe  aber  keinen  Zusammenhang  mit  dem  Aros  der  Maria,  welcher 
mit  Khalid  zusammengebracht  ist.  Solche  eklatante  E  r  f  i  n  d  u  n  g  e  n 
sind  für  die  Kritik  der  Überschriften  von  großem  Werte.  Die 
Variante  Aron  braucht  nicht  gerade  die  Konjektur  des  lateinischen 
Übersetzers  oder  eines  Kopisten  zu  sein ;  ein  arabisches  ,j*  am  Ende 
des  Wortes  kann  auch  wie  ..  ausgesehen  haben.  Ein  Araber  kann 
aber  nicht  an  Ahron  gedacht  haben ,  welcher  bekanntlich  durch 
Harun  wiedergegeben  wird.  —  Kopp,  Beiträge  II,  411  hat  für 
Aros  Arsas;  im  lateinischen  Morienus  (ed.  Basil.,  p.  26)  liest  man: 


1)  Einen  späteren  spanischen  Christen  Khalid  b.  Jazid  b.  Ruma  erwähnt 
O'seibia  II,  41.   —  Der  Alchimist  wird  auch   „der  Inder"    genannt. 

2)  Diese  Bemerkung  (Zeitschr.  für  Mathem.  XVI.  388)  hinter  Zahel,  habe 
ich  (Arab.  Lit.  d.  Juden,  1902,  S.  26)  wohl  irrtümlich  auf  Zahel  bezogen. 
Wie  oben  beginnt  ein  Anonymus,  de  Signis  zodiaci  tractatus,  Ms.  Bodl. 
Digby  38b,  auch  Ms.  Amplon.  Qu.  37413  (p.  G26  Schum):  Liber  Aristotelis 
de  Signis  et  planetis;  anfangend:  „Signa  etc.  masculnia"  etc.;  Ende:  Praecipue 
causaut  ventos. 


306        Steinschneider,  Zur  alchimistischen  Literatur  der  Araber. 

Arsicanus  ad  Mariam ;  dieses  Zitat,  ohne  Angabe  der  Stelle,  ver- 
anlaßt Borellius  p.  31  (mit  Einschiebung  von  forsan  affricanus)  zu 
einer  konjizierten  Identifikation  von  Arsicanus  mit  ähnlichen  Namen 
in  der  Turba  philosophorum.  Ich  habe  (ZDMG.  50,  360)  diesen 
Namen    auf    Archigenes    zurückgeführt;    die    obigen    Erörterungen 

führen    zur  Überzeugung ,    daß  Arsicanus   in  diesem  Falle  aus  ,w.f 

direkt  oder  durch  eine  arabische  oder  lateinische  Mittelquelle  ent- 
standen sei,  die  Existenz  eines  Africanus  in  arabischen  Quellen 
ist  mir  dabei  sehr  fraglich  geworden.  Borellius  p.  4  nennt  Africanus 
aus  der  Turba;  ich  finde  aber  in  meinem  alphabetischen  Register 
aus  allen  drei  gedruckten  Rezensionen  dieser  Kompilation  mit  allen 
Varianten  Africanus  nicht,  sondern  nur  aus  Borellius.  Berthelot 
I,  243  zählt  die  von  Morienus  genannten  Alchimisten  auf,  darunter: 
„Marie,  Africanus  (Arsicanus)";  woher  diese  Erklärung  gekommen, 
ist  nicht  gesagt;  sie  ist  unbegründet  und  offenbar  falsch.  Eben- 
sowenig finde  ich  Africanus  in  zwei  Namen  im  Fihrist  S.  353  Z.  24. 
i  w^le-.sl  soll  nach  Berthelot  III,  28  vorl.  Z.  (oder  dem  französischen 
Übersetzer  Houdas?)  Africanus  sein,  wo  dem  Araber  Jüi^f  so 
nahe  gelegen  hätte.  Wer  soll  überhaupt  der  von  Stephanus  ge- 
nannte Afrikaner  sein?    Unter  10  Traktaten  (o^Uw)  Djabirs,  welche 

sich  auf  ältere  Autoren  beziehen  und  als  oL^L^Um  (Emendationen, 
emendierte  Rezensionen?)  bezeichnet  werden  (in  der  französischen 
Übersetzung  bei  Berth.  III,  35  ist  das  Wort  nicht  wiedergegeben), 
nennt  Fihrist  357  Z.  4  (j*Jli5'.t  oL^L^Uo«.  In  Berthelots  Über- 
setzung III,  35  Z.  5  wird  zu  Arkaghanis  Africanus  als  Konjektur 
mit  Fragezeichen  hinzugefügt ;  hier  liegt  Archigenes  gewiß  näher.  — 
Auch  ein  Bruder  des  Aros  hat  sich  gefunden,  d.  h.  ist  erfunden; 
bei  Borellius  p.  158  liest  man:  „Nephandin  frere  d'Aros,  autheur 
(so)  chimique",  ohne  Angabe  der  (französischen)  Quelle. 

Wer  ist  Aros?  Zunächst  ist  zu  erinnern,  daß  nicht  einmal 
die  Aussprache  des  Namens  durch  Vokale  gesichert  ist 1).  D'Herbelot, 
Art.  Orous  (Orus  in  der  deutschen  Übersetzung,  Ausg.  Halle  1789, 
III,  717),  behauptet,  die  Araber  gebrauchen  diesen  „griechischen" 
Namen  für  Hermes!  Ein  Beleg  dafür  fehlt  und  existiert  schwer- 
lich. Chwolsohn  (Ssabier  II,  801,  auch  angeführt  in  Catal.  Mss. 
Lugd.  Bat.  III,  801)  erklärt  ihn  als  Orpheus;  für  Berthelot  ist 
die  Identität  mit  dem  ägyptischen  Horus  eine  so  abgemachte 
Sache ,  daß  er  dem  Namen  Aros  stets  den  letzteren  in  Parenthese 
beifügt,  ohne  Höfers  Maria  für  Isis  heranzuziehen.    Ich  habe  (ZDMG. 


1)  Der  Leidener  Katalog  III,  192  setzt  den  Vokal  ';  die  Zusammenstellung 
mit  Theodorus  (s.  unten)  ist  für  den  ursprünglichen  Vokal  nicht  beweisend; 
s.  Rosen,  Catal.  de  l'Instit.  etc.  p.  131. 


Steinschneider,  Zur  alchimistischen  Literatur  der  Araber.        307 

50,  -'163,  wo  noch  Orfoleus  bei  Borellius  und  Morfoleus  in  der 
Turba  auzufübren  war)  bemerkt,  daß  beide  Erklärungen  eine  un- 
gewöhnliche Namensverwandlung  voraussetzen,  und  obwohl  weitere 
Forschungen  sehr  gewaltige  Umgestaltungen  ergeben,  sind  doch  bei 
solchen,  wenn  sie  überzeugend  sind,  auch  vermittelnde  Übergänge 
vorhanden ,  welche  zugleich  erklären  und  beweisen ;  ich  darf  wohl 
auf  Maserdjaweih  hinweisen,  dessen  Entstellungstabelle  in  der 
ZDMG.  53 ,  430  gegeben  ist.  Nach  diesem  Unglaubensbekenntnis 
sollte  ich  eigentlich  mit  einer  zuverlässigeren  Erklärung  schließen, 
allein  ich  lasse  lieber  ein  —  Unwissenheitsbekenntnis  folgen. 

Um  das  Material  über  Aros  zu  vervollständigen,  mag  hier  noch 
ein  Zitat  folgen,  welches  ich  bei  Berthelot  vermisse.  In  der  Be- 
schreibung des  von  Berthelot  edierten  Ms.  (von  al-'Habib)  wird  auf 
p.  80    ein   »LaÜ   i^ä^u^s    zitiert,    worüber  (?)  König   Theodorus 

(iw.iLü)  den  Weisen  ^  |  fragte  (^Lw  unklar).     Der  Katalog  fügt 

hinzu,  daß  dasselbe  Zitat  sich  in  Ms.  1272  finde;  letzteres  enthält 
den  Kommentar  des  Djildaki  zu  einem  Werke  von  zweifelhaftem 
Autor ;  es  wäre  daher  noch  zu  untersuchen ,  ob  das  Zitat  dem 
Kommentator  oder  dem  kommentierten  Buche  angehöre.  Der  edierte 
Text  und  die  französische  Übersetzung  (Berth.  III,  76  ff.)  geben  die 
Seitenzahlen  des  Ms.  nicht  an;  man  kann  also  nicht  kontrollieren, 
wo  jene  Stelle  zu  suchen  wäre ;  die  Lücken  und  unleserlichen 
Stellen,  von  denen  Houdas  in  seiner  Notice  spricht,  sind  im  edierten 
Text  durch  Punkte  bezeichnet.  Auch  abu  '1-Hasan  al-'Halabi,  über 
welchen  ich  nichts  Näheres  finden  kann,  in  seinem  alchimistischen 
ö^>\y^\  (Ms.  Bodl.    bei   Nicoll  p.  206  n.  250)    tadelt   insbesondere 

^w.i,  Verfasser  des  »LaÜ  i~>lzf,  welcher  dem  König  Theodorus 
(arabisch  wie  oben)  allerlei  vorgefaselt  habe  (alucinatur).  Wir  haben 
hier  die  in  morgenländischen  Sagen  (Prinz  und  Derwisch,  aus  dem 
Leben  Buddha's,  Anuschirwan  u.  s.  w.)  x)  typische  Zusammenstellung 
eines  Weisen  und  eines  Königs,  wie  Morienus  und  Khalid  b.  Jazid; 
und  wie  Aros  auch  als  König  bezeichnet  wird,  so  erscheint  Theodoi-us 
auch  als  Autorität;  zu  den  Zitaten  in  ZDMG.  50,  365  (Carini  auch 
p.  177  und  unter  Markos  S.  363)  kommen  noch  bei  Berthelot  I,  89, 
II  p.  II,  III  und  32;  Zosimus  schreibt  an  Theodorus  grie- 
chisch, III,  Noten  zu  p.  69,  71  (70  im  Index  p.  254  ist  Druck- 
fehler), 109.  Muhammed  b.  Umeil  (oder  Amjal)  al-Tamimi,  in 
seiner  gereimten  und  von  ihm  selbst  kommentierten  Epistel  (xJL*.) 
der  Sonne  an  den  Mond  (d.  h.  des  Goldes  an  das  Silber)-),  zitiert 


1)  Mehrfache  Beispiele  habe  ich  anderswo  gegeben;  Safandja  König  von 
Said  und  Markusch,  König  von  Ägypten,  nach  Berthelot  III,  124  Markus 
graecus,  vgl.  ZDMG.  50,  363  und  weiter  unten  Muhammed  b.  Umeil  (bei 
Kosen  1.  cit,  p.  132   Saafadja). 

2)  Epistola  chimica  Solis  et  Lunae,  ohno  weitere  Angabo  bei  Borellius  p.  83. 


308        Steinschneider,  Zur  alchimistischen  Literatur  der  Araber. 

Stellen  aus  dem  Gespräche  des  Weisen  Aros  mit  König  Theodorus 
((j^.ö^aj).  Ms.  li»8  des  Petersburger  Institut  des  langues  Orient.; 
in  einer  solchen  (in  Rosens  Katalog  p.  135)  wird  als  Quelle  aus- 
drücklich *-w_5; ,  d.  i.  Zosimus,  genannt  und  ist  von  den  sieben 
Bildern  (..LLol) a)  und  Osiris  (,  w  a^!)  die  Rede.  In  einem  anonymen 
(.^\  lXjA^'  ^Jl   aU^JÜi  ^u  (daselbst  n.  201  '2  Rosen  p.  139)2) 

wird  ij«  \  im  oLxü  ^JL^aj^*  zitiert,  höchstwahrscheinlich  aus  dem 
soeben  erwähnten  Buche  des  Muhammed  b.  Umail,  dessen  Namen 
Rosen  selbst  unter  den  zitierten  angibt. 

6.  Zur  Ergänzung  und  Begründung  des  oben  angedeuteten 
Zusammenhanges  zwischen  Kor  ah  und  der  Schwester  Mosis,  der 
erst  später  durch  islamitischen  Eklektizismus  der  biblischen  Legen- 
den zu  erklären  ist,  gebe  ich  nach  den  jüdischen  Quellen  die  hier 
in  Betracht  kommenden  Charakterzüge  in  Küi'ze;  auf  eine  Unter- 
scheidung der  Quellen  kommt  es  dabei  nicht  an ;  sie  sind :  Talmud 
Jerus.,  Traktat  Synhedrin  Kap.  11,  §  5  in  dem  Komm,  des  Samuel 
Jafe,  wo  Korah  der  Schatzmeister  (■p-)DD"in)  des  Pharao  genannt 
wird;  Talmud  Babli  Synh.  K.  11,  f.  109b,  110,  Tr.  Pesachim  119; 
Midrasch  Rabbot  zu  4.  B.  M.  K.  18  gegen  Anf. ,  f.  202  d,  203 
Ed.  1732. 

Nach  diesen  Quellen  war  Korah  gescheit  (nps),  ja  weise  (DDn); 
sein  Reichtum  war  so  groß ,  daß  die  Schlüssel  zu  seinen  Schatz- 
kammern 300  Maultierlasten  (!)  wogen;  er  war  Pharaos  Schatz- 
meister; er  fand  einen  der  Schätze,  die  Joseph  verborgen  hatte  — 
ob  hier  altägyptische,  mit  den  Pyramiden  zusammenhängende 
Legenden  einwirkten?  vgl.  L'Abrege  des  Merveilles  ed.  Carra  de 
Vaux  (ZDMG.  57,  504),  wo  öfter  von  geheimgehaltenen  Schätzen 
ägyptischer  Könige  erzählt  wird.  —  Korah  tat  bei  dem  drohenden 
Ende  Buße ;  man  streitet  darüber ,  ob  er  zu  den  Versenkten  oder 
Verbrannten  gehöre.  Korah  holte  sich  Rat  bei  seiner  Frau,  auf 
welche  die  Torheit  in  Spr.  Sah  14,  1  angewendet  wird,  vielleicht 
vermöge  einer  Analogie  von  Seresch  (Hamans  Frau,  bei  den  Juden 
noch  heute  Bezeichnung  einer  niederträchtigen  Frau,  ohne  andre 
Begründung  als  ihre  Gattenschaft).  Die  jüdische  Legende  weiß 
auch  nichts  von  einer  Verbindung  Mirjams  mit  Korah  oder  dem 
Stein  der  Weisen,  für  welchen  ich  überhaupt  keine  hebräische 
Bezeichnung  oder  Erwähnung  vor  der  neuern  Zeit  kenne. 


1)  Vgl.  das  alchimistische  und  astrologische  Buch  de  Imaginibus  oder 
de  Luna,  worüber  s.  Zeitschr.  f.  Mathematik  XVI,  171  ;  ZDMG.  50,  192  n.  8. 

2)  über  die  Wage  bei  den  Alchimisten  (vgl.  Jeschurun,  her.  von  J.  Kobak, 
IX,  85)  s.  Berth.  I,  337,  338;  III,  19,  131,  139  Übersetzung  einer  arab.  Schrift 
von  Djabir.  —  Die  Fragen  (Probleme)  bei  Aristoteles,  Djabir  und  Alfarabi 
(III,  151)  dürften  parodiert  sein  von  Abraham  ibn  Esra,  Ed.  Dav.  Kahana, 
A.  b.  E  ,  Warschau   1898,  Bd.  II. 


Steinschneider,  Zur  alchimistischen  Literatur  der  Araber.        309 

Die  Legenden  der  Muhammedaner  über  Korah  sammelte  schon 
d'Herbelot  (Artikel  Caroun,  II,  123/24  der  deutschen  Ausgabe 
1785),  s.  auch  G.  Weil,  Bibl.  Legenden  u.  s.  w.  S.  181/82;  Uli- 
mann, Koran  28,  76,  S.  335.  Korah  heißt  in  der  Bibel  b.  "ina^ 
b.  nnp;  Weil  gibt  arab.  Jassllar  b.  Fahit,  offenbar  ein  Lesefehler 
für  Kahit ;  d'Herbelot  gibt :  Masaab  b.  Jasib  (wiederum  für  Kahit), 
Gemahl  der  Kolthum ;  dieses  Masaab  für  Ja'shar  hat  nichts  zu  tun 
mit  dem  Namen  des  zweiten  Pharao,  bei  d'Herbelot  H,  204;  vgl. 
Walid  b.  Muss'ab  bei  Dieterici ,  Der  Streit  S.  270.  —  Korah  als 
unglücklichen  Alchimisten  erwähnt  schon  Bazi  in  seinem  \M\ 
bei  Fleischer,  Catal.  Lips.  p.  509  b ,  wo  die  Alchimie  auf  Adam, 
Seth,  Idris  [=  Henoch],  Abraham,  Moses.  David,  Alexander,  Mu- 
hammed,  Ali  zurückgeführt  wird. 

IL    A  v  i  c  e  n  n  a. 

Avicenna  bildet  ein  diametrales  Gegenstück  zu  Maria  der 
Prophetin.  Wir  befinden  uns  hier  betreffs  der  Person  auf  histo- 
rischem Boden ,  während  die  beigelegten  Schriften  der  kritischen 
Untersuchung  bedürfen.  Die  Quellen  über  Avicenna  beginnen 
mit  einer  kurzen  Biographie ,  redigiert  und  fortgesetzt  von  einem 
Schüler  desselben ,  die  wir  im  arabischen  Original  und  in  einer 
lateinischen  Übersetzung  aus  dem  XVI.  Jahrhundert  besitzen1). 
Die  jüngsten  Quellen  sind:  Brockelmann,  Gesch.  d.  arab.  Lit.  I,  452 
und  Carra  de  Vaux,  Avicenne,  Paris  1900  (in  der  Sammlung:  Les 
grands  philosophes) ;  beide  kennen  nicht  meine,  an  Hanebergs  Ab- 
handlung ,Zur  Erkenntnißlehre  von  Ibn  Sina  und  Albertus  Magnus1" 
(aus  den  Abhandl.  der  k.  Bayr.  Akademie  I.  Gl.  Bd.  XI,  1.  Abt. 
S.  191 — 269)  geknüpften  Auseinandersetzungen  in  der  Hebr.  Biblio- 
graphie X  (1870)  S.  16—23,  53—59,  72—78,  wo  ich  unter  anderem 
{S.  54)  bemerke,  daß  man  das  Werk  „al- Nadja"  nicht  einfach  als 
ein  Kompendium  von  „al-Schifä"  bezeichnen  sollte;  —  Carra  de 
Vaux  schreibt  noch  immer:  II  en  fit  un  abrege.  —  Die  gegen- 
wärtige Notiz  hat  es  mit  Avicenna  nur  als  Alchimisten  zu 
tun ;  es  wird  sich  allerdings  dabei  ergeben ,  daß  diejenige  Schrift, 
an  deren  Echtheit  am  wenigsten  zu  zweifeln  ist ,  auch  für  den 
Philosophen  und  Arzt  zu  verwerten  wäre. 

Man  ist  aber  in  bezug  auf  die  Quellen  nicht  am  besten  daran. 
Selbst  von  arabischen  Titeln  ist  nur  ein  einziger  bekannt,  von  ara- 
bischen Mss. ,    wie    es    scheint ,    kein   einziges ;    bei  den  lateinischen 


1)  Die  lateinische  Übersetzung  (s.  Hebr.  Bibliogr.  X,  78)  ist  nicht  von 
Massa  selbst,  sondern  von  Marcus  Fadella  (Wüstenfeld,  Die  Latein,  i  t* 
S.  125);  in  welchen  Ausgaben  des  lateinischen  Kanon  sie  aufgenommen  sei,  be- 
darf noch  der  Erörterung.  Alb.  Haller,  Bibl.  med.  pract.  I,  384,  bezeichnet 
eine  Ed.  1535  mit  einem  Asteriskus,  also  nach  Autopsie:  bei  dem  so  ge- 
nauen Choulant  (Gesch.  u.  Lit.  der  älteren  Med.  1841,  S.  365)  rindet  sich  diese 
Ed.  nicht,  die  Vita  erst  in  Ed.  1582. 


310        Steinschneider ,  Zur  alchimistischen  Literatur  der  Araber. 

gedruckten  Schriften,  welche  den  Namen  Avicenna  führen,  hat  man 
eine  zweifache  Möglichkeit  der  Unterschiebung  zu  erwägen, 
die  auf  diesem  Gebiete  nicht  selten  ist,  nämlich  eines  arabischen 
Originals  einer  lateinischen  Übersetzung  oder  einer  lateinischen 
Schrift  eines  Anonymus.  Eine  ausreichende  Zusammenstellung  der 
betreffenden  Drucke  und  Mss.  ist  mir  nicht  bekannt;  für  die  hier 
folgende  kurze  Aufzählung  benutze  ich  hauptsächlich  den  Oatal. 
impr.  libror.  in  Bibl.  Bodl.  I  p.  148;  Borellius,  Bibl.  Chim.  p.  34; 
AVüstenfeld ,  Gesch.  d.  arab.  Aerzte  S.  73  und  einige  Kataloge  von 
lateinischen  Mss. ,  die  ich  hier  nicht  näher  angebe ,  weil  diese  Auf- 
zählung nur  dazu  dienen  soll,  etwaige  Ergänzungen  von  Seiten  der 
(wahrscheinlich  wenigen)  Leser  hervorzurufen. 

1.  Lib.  Animae;  2.  Portae  elementorum ,  vor  n.  1  gedruckt;. 
3.  Epistola  ad  regem  Hasen  (ob  die  Risala  an  den  Rai's  Abu'l- 
Hasan  Sahl  b.  Muhammed  etc.  bei  Wüstenfeld  1.  c.  S.  72  n.  39  ?)r 
im  Theatrum  chemicum  IV,  Argentor.  1613  —  dieser  Band  fehlt 
leider  in  der  hiesigen  Kgl.  Bibliothek ;  4.  Lapidis  philosophici 
declaratio  filio  suo  (!)  Alboali,  im  Theatr.  ehem.  IV;  5.  Tractatus 
de  tinetura  metallorum  in  Opuscula  de  alchemia  veterum  philo- 
sophorum,  Francof.  1550,  4°,  in  der  Kgl.  Bibliothek  nicht  vorhanden; 
6.  Tractatulus  (de  Alchimia)  in  Artis  auriferae  etc.  I,  405;  7.  Aquae 
rubeae  ad  tingendum  4  spiritus  sublimatos,  in  Verae  alchemiae  etc. 
Basil  1561  fol. ,  auch  eingeschaltet  in  Aristoteles,  De  perfecto 
magisterio;  8.  Lumen  novum  ab  Avicenna  extractum,  Borel.  p.  232 
ohne  nähere  Angabe;  9.  De  Congelatione  etc.,  worüber  s.  CentralhL 
für  Bibliothekswesen,  12.  Beiheft,  Leipz.  1893  S.  84  (§  66  der 
arab.  Übers,  aus  d.  Griech.). 

Carra  de  Vaux  hat  es  zunächst  mit  dem  Philosophen  zu  tun; 
man  begreift,  daß  der  Alchimist  ihm  außer  dem  Wege  lag  und 
daher  mit  einer  Note  (p.  154)  abgefertigt  wird,  wonach  ein  Buch 
„Turba  philosophorum  *  oder  Auriferae  artis  etc.  Basel  1572  (C. 
scheint  Turba  mit  der  ganzen  Sammlung  zu  identifizieren) J),  einen 
tractatulus  und  de  Congelatione  von  Avicenna  enthalte.  Daß  aber 
diesem  Gelehrten  das  bedeutende  Werk  seines  Mitbürgers  Berthelot, 
worin  syrische  und  arabische  Texte  abgedruckt  sind,  ganz  unbekannt 
geblieben  sei,  ist  kaum  denkbar,  und  doch  bietet  Berthelot  (I,  293 
— 305)  über  Avicenna  ein  besonderes  Kapitel  (VI.  L'alchimie 
d'Avicenne),  und  zwar  hauptsächlich  nach  dem  interessanten  Buch 
de  Ani'ma,  zu  dessen  Druck  Bas.  1572  das  alte  Pariser  Ms.  6514 
f.  144  ff.  (worüber  Leclerc,  Hist.  II,  500  nicht  recht  Bescheid  weiß) 
benutzt  wurde.  Es  kann  nicht  meine  Absicht  sein,  hier  einen  Aus- 
zug  jenes  Kapitels    zu  geben,   um  so  weniger,    als  Berthelot  nach 


1)  Der  Titel  lautet  ungenau:  Auriferae  artis  quam  Chimiam  vocant  etc. 
sire  Turba  philosophorum;  in  der  Ausgabe  Basel  1593  riebtiger:  Artis  auri- 
ferae, quam  Chemiam  vocant  volumen  primum  quod  continet  Turbam  pbil. 
aliosque  antiquissimos  autores  (so). 


Steinschneider,  Zur  alchimistischen  Literatur  der  Araber.        311 

der  Beschaffenheit  seines  Werkes  den  chemischen  Stoff  im  Auge 
behalten  muß,  allerdings  ohne  die  literarhistorischen  Mitteilungen 
desselben  außer  acht  zu  lassen,  welche  ich  hier  hervorheben  werde, 
nachdem  ich  einige  kurze  Bemerkungen  über  Einteilung  und  Form 
des  Buches  vorausgeschickt  habe. 

Dasselbe  besteht  aus  10  ,,dictionesu  (Makalät)  von  sehr  ver- 
schiedenem Umfange,  und  es  scheint  fast,  als  ob  die  vorangehende 
Porta  Elementorum  eine  Einleitung  dazu  verträte.  Die  Behandlung 
des  Stoffes  geschieht  teilweise  in  Form  von  Belehrung  eines  Sohnes 
(Berth.  meint,  es  bedeute  soviel  als  Schüler,  gegen  den  Wortlaut 
z.  B.  p.  45,  59,  160,  358),  teils  in  Form  eines  Dialogs  zwischen 
„Abnaly  Abincine4-  und  dem  Sohne  „Abuzalem",  oder  ,Abinzalemifc  ] ), 
nicht  ohne  Humor  und  Ironie.  Einige  Kapitel  sind  speziell  der 
Charakteristik  und  Widerlegung  von  Vorgängern  gewidmet,  nament- 
lich Jahie  Abindinon  (?),  Geber,  Abumazar  (abu  Na'sr  =  al-Farabi, 
die  Stelle  gebe  ich  anderweitig) ,  Maurienus  (vulgo  Morienus). 
Abubecher  .  .  .  Arazi  (für  al-Razi);  ob  das  Zitat  „Senior  dixit" 
(VI  C.  17  p.  317)  aus  „Zadith"  genommen  und  für  die  unsichere 
Zeit  dieses  alchimistischen  Autors  zu  verwerten  ist?  Die  Bezeich- 
nung Senior  (;?^u*JQ    läßt   vermuten,    daß    hier    eine  Interpolation, 

etwa  des  unbekannten  lateinischen  Übersetzers,  vorliege,  wie  wir 
dergleichen  bald  sehen  werden ,  nämlich  aus  der  in  I  C.  6  p.  68 
eingeschobenen  Liste  von  Alchimisten,  die  ich  unten  mit  Benutzung 
der  wenigen  Varianten,  welche  Berth.  I  p.  301  ff.  aus  Ms.  Paris 
6514  darbietet,  aus  dem  wohl  schon  selten  gewordenen  Drucke 
mitteile. 

Philosophisches  und  Physikalisches  hervorzuheben,  ist  meine 
Absicht  nicht,  aber  eine  vermeintliche  persönliche  Bemerkung  (bei 
Berth.  p.  295)  ist  für  die  Geschichte  von  Sentenzen  interessant. 
Avicenna,  wegen  seines  Wissens  befragt,  antwortet:  Ich  habe 
mehr  an  Öl  gebraucht,  als  andere  an  Wein  genossen 
(VI  C.  17  p.  310);  das  wird  schon  von  Plato  erzählt  und  steht 
in  der  Perlenauswahi ,  welche  von  dem  spanischen  Zeitgenossen 
Avicennas  Salomon  ibn  Gabirol  herrühren  soll '-). 

Anhang. 

Nomina  magistrorum  istius  artis  (De  anima  I,  17  p.  66). 

Modo  dicä  tibi  tili  Abuzalemi ,  qui  fuerüt  magistri,  quos  ego 
audiui ,  aut  vidi ,    et  sunt  vsq.  in  hodiernum  diem  ä  quibus  multa 


1)  Vgl.  Abuhali  seu  Hasen  fil.  Hali,  bei  Borellius  p.  2  ;  Alboali  als  Sohn 
Avicennas  s.  oben  S.  308  n.  4.  —  Ein  Sohn  abu  Salim  ist  nicht  bekannt. 

2)  S.  mein  „Manna"  Berlin  1847,  S.  88  u.  107;  vgl.  Collectio  Salemitana 
III,  100;  Geiger,  Gabirol  S.  136;  Choice  of  Pearls  p.  137;  De  Gubernatis, 
Zoological  Mythology  II,  261;  Eppenstein  in  Monatsschr.  f.  Gesch.  u.  Wiss.  d. 
Jud.   1896/97,  S.  119. 


312        Steinschneider,  Zur  alchimütischen  Literatur  der  Araber. 

poteris  addiscere.  Et  elige  ex  eis  bonos  siue  malos,  Adam,  Noe, 
Iariz1),  Ar  am  us,  S  q  uili-arupiz  2)  leuf.  nulluni  prophetam 
dicam  tibi.  Rex  :!)  G a  1  u d  de  Babilonia ,  R  e  b  i  1  o  g  a  r  beba- 
z u r i a ,  I s a a c  Iudeus  de  moiros ,  ümbre  a b e  1  b a t a 4) ,  alias 
abnabitalui.  Et  ante  istos  alij  gentiles.  Aramus  medianus 
et  alius  vltimus  Zucrat5).  Bucras6)  flatö:  Clarö7),  Plinus0), 
Zaib,  Zu  baibar,  Aristo  tel. ,  Alexander,  Casta  fi  lde- 
luc  a  9) ,  Batlanunz10),  Geber  Abenhae11),  Abimezer1-) 
Alfarabi,  Iabie  Abendenon:  Mahomet  de  (!)  Razi. 
Pizagros18),  Nitafors14),  Abul,  Caradisse15),  Maurien16), 
Jacob  Almonü.,  Abumazar,  Albateli,  Alaua,  Rezini17), 
Cotahiua,  Higer  Gebe,  et  multi  alij ,  qd  tibi  dicere  non 
potui:  de  Christiailis18)  Johan.  Euangelista,  Prior  alexandrie, 
Garsia  cardinalis,  Gilebert  Cardinalis  Hug.  apostolicus 10)  vel 
vniuersalis  arcbiep. ,  Penus  monachus,  Dur  and  us  monacbus, 
V  i  r  g  i  1.  almortid  ,  Dominicus,  Egidius,  magister  bospitalis 
Ierosolomitani ,  qui  traxit*20)  librü  de  125.  Lapidibus,  Epis- 
copus,  Antroicus,  Dominus-1)  de  ponderibus.  Et  iste  episcopus 
docuit  me  magnum  magisterium  in  Africa:  et  dixit  quod  acciperem 
aurum  viu  [lies  vivum].  (Hier  folgt  Sachliches,  das  ich  weglasse.) 
(Pag.  68)  Et  Iacob  alhartarne '--)  Iudaeus  docuit  me 
multas  res,  qui  erat  acuti  ingenij :  et  adhuc  dicam  tibi,  quod  me 
docuit,  Deo  volente,  corrigo  te.  Si  tu  vis  naturaliter  esse  philo- 
sophus ,  dico  tibi  per  sensum ,  et ,  ex  parte  legis  vbicunque  sis : 
quod  audias  hominem  sapientem ,  ut  eas  et  discas  ab  eo  cuius- 
cunque  legis  sit.  quia  lex  et  propbetae  dicunt:  Non  interficias,  nee 
furtum  facias:  non  facias  fornicationem :  quod  tibi  vis  alij  velis 
et  ne  sis  maledicus.  Modo  finiemus  capitulum  istucl.  et  finitum 
est,  Deo  gratias. 

Bemerkungen  zu  dieser  Liste. 

Im  allgemeinen  ist  zu  bedauern,  daß  Berthelot  nur  eine  Reihe 
von  Namen  meist  in  französischer  Form  aus  dem  Ms.  mitteilt, 
ohne  Rücksicht  auf  die  lateinische  Ausgabe  und  auf  das  Zitat  bei 
Vincenz  von  Beauvais,  unter  welchem  er  kurz  vorher  (p.  280)  in  der 
Aufzählung  von  zitierten  Arabern  auch  Avicenna,  de  Anima  erwähnt, 
allerdings  ohne  Angabe  der  Stelle,  welche  näher  oben  angegeben 
ist ;  J.  Guttmann  hat  in  seinem  Artikel :  Die  Beziehungen  des 
Yincenz  von  Beauvais  zum  Judenthum  (Monatsschr.  f.  Gesch.  u.  Wiss. 
d.  Jud.  1894/95,  S.  214,  auch  aufgenommen  in  desselben:  Die 
Scholastik  des  13.  Jahrhunderts  in  ihrer  Beziehung  zum  Juden- 
thum u.  s.  w.,  Breslau  1902,  S.  229)  dieselbe  besprochen,  allerdings 
ohne  auch  nur  von  dem  gedruckten  Buche  Notiz  zu  nehmen  oder 
Berthelots  Besprechung  zu  kennen.  Die  Vergleichung  dieser  drei 
Quellen  führt  zu  vorläufigen  Resultaten. 

Befremdend  ist  die  fast  gänzliche  Verschiedenheit  dieser  Liste 
von    der    Aufzählung     alchimistischer    Autoren     im    Fihrist    p.  351 


Steinschneider,  Zur  alchimistischen  Literatur  der  Araber.       313 

(französisch  bei  Berth.  III,  28/29),  die  auch  Flügel  zum  großen  Teil 
unerklärt  lassen  mußte  (Fihrist  II,  186).  In  den  folgenden  An- 
merkungen sind  die  Bemerkungen  oder  abweichenden  Lesarten  mit 
B.,  die  des  Vincenz  mit  Vz.1)  bezeichnet.  Ich  habe  auch  nur  einige 
Namen  zu  enträtseln  gewagt ,  worunter  zwei  jüdische ,  die  mich 
nicht  wenig  überrascht  haben ,  aber  unzweifelhaft  sind ;  vielleicht 
stammen  sie  von  dem  Juden  Jakob,  der  Avicenna  allerlei  gelehrt 
hat.  Ich  habe  die  Form  von  Noten  zu  einem  Texte  für  die  be- 
quemste gehalten. 

1)  Idris,  Moyses  (B.  p.  301),  letzterer  Namen  vielleicht  für 
Ar  am  us,  was  jedoch  aus  Abrahamus  geworden  sein  könnte. 
der  bei  Razi  (oben  Ende  I)  auf  Idris  folgt. 

2)  Ob  Aeskulapius'?'?  B.  u.  Vz. :  Sqlia,  dann  Cora, 
M  o  y  s  e  s. 

3)  B.  identifiziert  ohne  Bedenken  den  vermeintlichen  König 
von  Babylon  mit  „Kaled"  (Khalid,  s..  oben  I)  des  Morienus,  der 
aber  König  von  Ägypten  sein  soll.  Ich  lese  ohne  Bedenken :  Res 
(für  Resch)  und  übersetze  „Haupt  des  Exils  von  Babylon",  c- 
Nmbj ,  arabisch  äUillL  (j*f . ,  eine  bekannte  Würde ,  worüber  hier 
eine  Verweisung  auf  eine  Monographie  genügt  (Die  Häupter  der 
Vertriebenen,  von  Felix  Lazarus,  in  N.  Brülls  Jahrbücher  für  jüd. 
Gesch.  u.  Litt.  X,  Frankf.  a.  IL  1890).  Ich  lese  den  darauffolgen- 
den Namen:  Rabbi  Elazar  ben  Azarja,  ein  Lehrer  in  der  Mischna, 
mit  welchem  der  Reichtum  ausgestorben  sein  soll  (W.  Bacher,  Die 
Agada  der  Tannaiten,  Straßburg  1884,  I,  220);  danach  gehen  dem 
Juden  Isaak,  über  welchen  ich  mich  jeder  Vermutung  enthalte, 
zwei  andere  voraus.  „Bubachar"  (d.  i.  der  berühmte  Arzt  al-Razi, 
s.  oben)  bei  B.  scheint  eine  Variante  (vielleicht  vermeintliche  Be- 
richtigung) des  befremdlichen  „bebazaria".  —  Für  de  moiros,  wohl 
Ortsnamen,  scheint  B.  demones  („les  demons")  im  Ms.  gefunden 
zu  haben ,  wohl  wiederum  eine  vermeintliche  Berichtigung ,  über 
deren  einfache  Wiedergabe  ohne  Rücksicht  auf  den  Druck  man 
sich  wundern  darf. 

4)  Ohne  Zweifel  Omar  ben  (?)  al-Khattab,  der  2.  Kalif; 
„alias"  1.  Ali  ibn  abi  Talib  (vielleicht  aus  Abnabitalill  für  A-iv?), 
vgl.  abu  Zeid,  ed.  Huart,  frz.  I,  163. 

5)  Dafür  scheint  B.  „Ostanes  (?),  Zoroaster"  (?)  zu  setzen;  ein- 
facher ist  Sokrates,  der  mehrfach  belegt  ist,  auch  in  der  Turba  vor- 
kommt; s.  ZDMG.  50,  305,  wo  Z.  1  aus  Bor.  lies:  Acsubofes,  Suboserus. 

6)  Ohne  Zweifel  für  Bucrat  (wie  spätlatein.  Hippocras),  das 
Fragezeichen  B.'s  ist  überflüssig-,  „Sukrat  und  Bukrat"  stehen  schon 


1)  Guttmann  zitiert  Speculum  naturale,  VII  C.  87,  wovon  ich  die  Ed. 
Colon.  Agripp.  1494  vergleichen  konnte;  hingegen  ist  eine  undatierte  Inkunabel 
in  Kiesenformat  anders  eingeteilt  und  das  Aufsuchen  sehr  schwer.  Guttmann 
zitiert  auch  das  Speculum  doctrinale  XI,  C.  107;  in  der  Ed.  Nürnberg  1486 
konnte  ich  an   diesem   Orte   das  Zitat  aus  Avicenna  nicht  linden. 


314        Steinschneider,  Zur  alchimistischen  Literatur  der  Araber. 

wegen  der  Paranomasie  zusammen,  als  imponierende  Namen  bei 
Gazzali,  Tabafut  al-Pilasifa,  Einleitung:  Sukrat  und  Bukrat,  Plato 
(hier  Flato ,  d.  i.  Flaton  für  Inatun)  und  Aristoteles ;  s.  Die  hebr. 
Übersetz.  S.  329;  vgl.  P.  Cassel,  Miscble  Sindabar  S.  19;  Hebr. 
Übersetz.  S.  888  und  abu  Sa'd.  in  Catal.  mss.  Orient.  Lugd.  Bat.  III, 
274  n.  1386. 

7)  Dafür  wohl  C  a  t  o  n  (?)  bei  Vz.  und  B.,  sehr  unwahrschein- 
lich; es  muß  ein  griechischer  Name  sein. 

8)  Offenbar  Baiinas  (d.  i.  Apollonius)  mehr  als  aus- 
reichend bezeugt;  s.  ZDMG.  50,  359  (Hebr.  Übersetz.  S.  845),  wozu 
ich  weitere  Belege  aus  alchimistischen  Schriften  geben  werde. 
Apollonius  wird,  wahrscheinlich  zur  Unterscheidung  von  dem  Mathe- 
matiker (Perg.),  als  ^^ILJ!  v_/.:>Lo  bezeichnet;  es  liegt  also  nahe, 
in  dem  hier  folgenden  Zaib  v_^.s>Lo  zu  suchen ;  aber  mit  Zubaibar  ist 
ohne  Variante  wohl  nichts  anzufangen,  auch  wenn  es  ein  selbständiger 
(griechischer)  Namen  sein  sollte.  Vz.  und  B.  scheinen  dafür  Virgil 
zu  setzen,  den  Avicenna  selbst  wohl  nicht  gekannt  hat. 

9)  Costa  ben  Luca ,  welchem  das  Buch  de  Physicis  ligaturis 
beigelegt  wird,  identisch  mit  de  Incantatione,  angeblich  von  Galen 
oder  Honein,  gedruckt  unter  dem  Namen  des  Constantinus  Africanus 
als  Epistola  ad  filium  (s.  Centralbl.  für  Bibliotheksw.  1893,  S.  65). 

10)  Ptolemäus. 

11)  Ibn  'Haj  jan. 

12)  Abu  Na'sr. 

13)  Pythagoras,  ZDMG.  50,  364. 

14)  Dafür  wohl  bei  B.  „Theophraste''  (?);  wahrscheinlicher  ist 
Stephanus  (Istafanus),  der  schwerlich  gänzlich  fehlte  (vgl.  ZDMG. 
50,  365). 

15)  Nach  Abul  fehlt  wohl  ein  Eigenname,  oder  Abul  ist  mit 
Kardissa    zu  verbinden.     Ich    kenne    nur  ein   ähnliches  Gentilicium 

-.äs^jL^  im  Fihrist.     B.  bietet  hier  nichts  mehr,  Vz.  springt  von 
Abimazar  zu  Joh.  Evangel. 

16)  Morienus,  s.  oben. 

1 7)  Wenn  man  in  dieser  ungeordneten  Liste  zwischen 
Arabern  an  einen  Griechen  denken  dürfte,  so  wäre  hier  Zosimus, 
auch  i»^«,  latein.  Rosinus,  zu  vermuten  (vgl.  ZDMG.  50,  365), 
der  schwerlich  fehlte. 

18)  Diese  Liste  (mit  Ausnahme  von  Joh.  Evang.  —  für  Garsia 
hat  Vz.  Garsius,  B.  Guarcia)  ist  nach  B.  entschieden  eine  Inter- 
polation, wahrscheinlich  des  Übersetzers  —  der  also  kein  Jude 
war;  ich  kann  hier  auf  B.  verweisen,  der  erst  hier  (p.  302)  zwei 
Namen  bei  Vincenz  herbeizieht. 

19)  apostolicus  zitiert  auch  Guttmann  aus  Vz.,  die  Ed.  1494 
liest  Huck  appellatus,  wonach  Huck  ein  Beinamen  oder  vulgärer 
Namen  des  hier  eingeschobenen  Guilelmus  wäre,  daher 
auch  die  nachfolgenden  Worte  :  „vel  universalis  archepiscop.",  fehlen, 


Steinschneider,  Zur  alchimistischen  Literatur  der  Araber.        315 

aber  Penus  monaclius,  der  offenbar  Petrus  heißen  muß  und  mit 
Durandus  (Duranaus  bei  Guttmann  Druckfehler)  bei  Vz.  erst  hinter 
Jacobus  nachgebolt  wird;  beide  Mönche  nennt  Borellius  p.  80  in 
umgekehrter  Reihenfolge  aus  Quei-cetanus.  Virgil  almortid  (wofür 
Punkte  bei  B.)  fehlt  bei  Vz.,  s.  folg.  Anm. 

20)  extraxit  Vz.,  wohl  richtig,  auch  wenn  Dominicus  voran- 
geht, „ont  traduit"  bei  B.  schwerlich  richtig,  das  Buch  über 
125  Steine,  wenn  übersetzt  aus  dem  Arabischen,  wäre  in  meiner 
Abhandlung:  Arabische  Lapidarien  (ZDMG.  49)  nachzutragen. 

21)  Dafür  bei  Vz.:  Dominicus  et  Iacob  Aranicus  ludaeus,  qui 
me  in  ista  arte  non  pauca  docuerunt. 

22)  B.  übersetzt  (p.  302) :  la  loi  du  philosophe  dit ;  soll  das 
im  Pariser  Ms.  für  „et  prophetas"  stehen,  oder  ist  es  ein  Versehen? 

Der  Jude  Jacob  heißt  in  unserem  Texte  alhartame,  was  B. 
einfach  ignoriert,  anstatt  die  Lesart  des  Ms.  anzugeben ;  er  heißt  bei 
Vincenz:  Aranicus,  und  so  bei  Borellius  aus  dem  Rosarium  cum 
figuris.  Guttmann  meint,  das  Zitat  aus  Avicenna  könne  sich  nicht 
auf  die  Stelle  erstrecken,  wo  Jacob  zwischen  Christen  genannt  sei, 
folglich  ist  Jacob  ein  Zeitgenosse  des  Vincenz.  Wir  finden  ihn  in 
unserem  Texte  am  Schluß  des  Kapitels.  Berthelot  nimmt  auch 
keinen  Anstand,  diesen  Jacob  als  achte  Anführung  Avicennas  an- 
zusehen. Wer  Dominicus  sei,  das  ist  eine  Frage,  deren  Beantwortung 
ich  andern  überlassen  muß. 

Nachträglich.     (April  1904.) 

S.  300.  (Mirjam  und  Maria)  Rob.  Falke,  Buddha,  Muhammed, 
Christus,  2.  Aufl.,  Gütersloh  1898,  I,  13,  glaubt  nicht  bloß  an  eine 
Konfusion,  sondern  geht  so  weit,  zu  behaupten  (S.  14):  „Muhammed 
besaß  gar  keinen  Wahrheitssinn !" 

S.  310.  Die  Practica  der  Maria  erschien  in  deutscher  Über- 
setzung durch  Philipp  Morgenstern  „Islebensem"  (aus  Eisleben) 
in  seiner  alchimist.  Sammlung  in  2  Bdn. ,  Basel  1613,  I,  269 — 73, 
beginnend  mit  der  Turba.  Im  Vorwort  heißt  es:  „Durch  die  Mühe 
und  Fleiss  Gulielmi  Grattaroli  Medici"  seien  die  latein.  Originale 
gesammelt.  In  der  Tat  entspricht  dies  Buch  der  Auriferae  artis  etc. 
Bd.  I  (Basel  1572,  1593,  1610).  —  Die  Practica  beginnt:  „Aros 
der  Philosophus  stimmt  überein  mit..."   (für:  convenit    cum!). 

S.  310.  Kopp,  Beitr.  III,  56—58  behauptet,  das  Buch  de 
Anima,  wovon  die  Porta  Elementorum  ein  Teil  sei,  habe  Avicenna 
gar  nicht  verfaßt;  für  Zitate  bei  Vincenz  und  Roger  Baco  gibt  er 
nicht  die  Stellen  an. 

Ich  benutze  diese  Stelle  zur  Berichtigung  von  Zeitschr.  57,  S.  507,  wo 
für  Sah  Buber  lies  Kubin,  dessen  ntTSOM  TlO  aus  inülri  Band  V,  Wien 
5634  aber  noch  1873  erschien;  vgl.  auch  die  Abhandl.  desselben  über  Setirot 
in  ha-Eschkol,  her.  v.  Asriel  (Dr.  J.)  Günzig,  Bd.  IV,  Krakau  1902,  S.  29. 


Bd.  LVIII. 


316 


Beiträge    zur    Beleuchtung    des    islamitischen    Straf- 
rechts,   mit    Rücksicht    auf    Theorie    und    Praxis    in 
der  Türkei. 


Von 

•Johann  Krcsniärik. 

IV. 


Die  Verleumdung  (karff)1).  Wer  einen  anständigen  (mnhsari) 
Mann  oder  eine  anständige  Frau  mit  deutlichen 2)  Ausdrücken  oder 
im  Zorne  mit  solchen  Ausdrücken,  welche,  obwohl  ursprünglich 
zweideutig    oder   unklar,    dennoch    den    Sinn    einer   derartigen  Be- 


pU>^b  *-liJb  ^oJi  LfV"^  ^yb  *^      ^  *5lX^ä   üäJjLj    IjjLj 

0^J1   ^   ^1*11  yL^  ^ij   ^j-^äil   Q/o  ».axj   ^J!   ^ö 

.LiJb     0vaÄ^°    ^.iö_5    O^üJ!     ^    ZxiJ    J^Ä^i    ^.Pj     xJi     S^Ütf 

Gauhare  II,  248.  Dem  Wortlaute  nach  bezieht  sich  der  eben  erwähnte  göttliche 
Ausspruch  nur  auf  die  verleumdeten  Frauen-,  doch  meinen  die  Schriftgelehrten, 
daß  diese  Sentenz,  kraft  des  in  ihr  enthaltenen  Hinweises  {dalälet  ulnass) 
auf    ihre    Rechtswirkung    (huhm)    sich    auch    auf   die   Männer    erstreckt.        .^Ls 

v_»l\äj!  r,^S  q£*">  Uijj  £*■*■£■  (»*ri  j^j  jL*Jt  V^  S-yr-J-^  (J^ 
,.~.J  ,*_cblt  ,3,  a.  a.  O.  Die  Subsummierung  der  Männer  unter  diese  göttliche 
Verfügung  geschieht  somit  nicht  auf  Grund  einer  Analogie  (kijäs) ,  was  die 
Juristen  vorzüglich  deshalb  betonen,  weil  ja  die  Analogie  zur  Begründung  einer 
Haddstrafe  ungenügend  wäre.     Siehe  Manäfi'    127. 

2)  Deutlich  (sarih)  ist  ein  Ausdruck,  wenn  sein  bezweckter  Sinn  vom  Ge- 
sichtspunkte des  Sprachgebrauches  vollkommen  offenkundig  ist.  (*^o.;cJ)  Lfi)*, 
(^U*X^)    LcLj    UuO    \jygb    ^\    (LUj    *j    oUt)    ^Xxi\     (j$    Ui 


Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Straf  rechts,  etc.     317 

leidigung  wirklich  enthalten ').  der  Unzucht  zeiht,  begeht  eine  Ver- 
leumdung. Der  zornige  Zustand  des  Täters  unterstützt  nämlich 
die  Annahme ,  daß  er  diesen  Ausdruck  in  verletzendem  Sinne  an- 
wenden wollte. 

Die  mohammedanischen  Juristen  unterscheiden ,  ob  von  der 
Anständigkeit  bei  der  strafbaren  Handlung  der  Unzucht  oder  bei 
der  der  Verleumdung  die  Rede  ist,  denn  die  Bestimmung  der  An- 
ständigkeit ist  entsprechend  verschieden.  Bei  der  Verleumdung 
ist  nämlich  jemand  als  anständig  zu  betrachten,  wenn  er  volljährig, 
gesunden  Verstandes  und  moslemischer  Religion  ist  und  von  der 
Anklage  der  Unzucht  frei  ist.  Es  wird  nicht  gefordert,  daß  er  im 
Ehestand  lebe. 

Das  Delikt  der  Verleumdung  ist  entweder  durch  Geständnis 
des  Angeklagten  oder  durch  das  Zeugnis  von  z.wei  männlichen  Zeugen 


^a5  xxls-*  JL+xaavJ  'ijS  £•«>-  rj*  5 ;  »-^  .-i^  l5^-  Solche  Ausdrücke, 
deren  beabsichtigter  Sinn ,  mit  Rücksieht  auf  den  Sprachgebrauch ,  verborgen 
bleibt,  nennt  man  hinäje.  Manäfi'  pag.  122  u.  f.  Beleidigungen  durch  eine 
einfache  hinäje  bieten  keinen  genügenden  Grund  zur  Bemessung  der  Haddstrafe 
für  Verleumdung.     Lf-^*    XjLaXJIj    u. a-^1.    bS    »S$    ^Liiil   ^;o_xiJ    ,\[ii    L*jL 

i^lXäj!    ^    ^\j.a2.j    i/Hr    *J^    o>SlX/0.      Gauhare  II,  248. 

1)  Solche  Ausdrücke  sind  z.  B.  J.a.6-  ^  o'J: ;  kann  bedeuten  ebenso 
„du  bist  auf  den  Berg  gestiegen",  als  auch  „du  hast  am  Berge  Unzucht  ge- 
trieben". Ferner  die  Ausdrücke:  ^>*aJj)  <^>«amJ  „du  bist  nicht  deines  Vaters" 
und  ..i^Lä  i-y^J  vü^jwJ  „du  bist  nicht  der  Sohn  des  N.  N.  (Vaters  des  Ver- 
leumdeten)". Die  Undeutlichkeit  dieser  beiden  Ausdrücke  besteht  darin,  daß 
sie  neben  einer  Anspielung  auf  den  unzüchtigen  Lebenswandel  der  Mutter  des 
Angesprochenen  auch  bedeuten  können,  daß  der  Sohn  hinsichtlich  seiner  Talente, 
moralischen  Eigenschaften   u.  s.  w.   dem  Vater  nicht  gleichkommt,      v.^üi    ,j,» 

-Xj^      ^SjmlXaA      0».Xa3      Li:      SiXiWjl      X*y«t\ji      (JL&J      »«.ÄJ      üAi..> 


-a:>Lo  sJv.a^5*  ,'»^L>i  ca5"  i^ULj  .O  ^s.~.b  J>  »l£»l  oN-i  -r-r 
jj-^'  ^Ü-ajO  (j>XmJJ  J.  Tergumet  ulTahäwi  IV,  360.  Nach  Abu  Jüsuf 
enthält  der  Ausdruck  (^Saj^  ^>..wJ  unbedingt  eine  Verleumdung.  jLä  J^% 
yÄit  ,3,  üN-« >  ,.%U  ^i«Äs  aüi  ua*iJ  -j!  ,-»ü  ^iN^A'  ^>-»**J  S-r~-J 
^lto>  ^f.     Fatäwä  Kädichän  III,  491. 

21* 


318     Krcsmärik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc. 

zu  beweisen ,  und  seine  Strafe  besteht ,  wenn  der  Täter  ein  freier 
Mann   ist .  aus  S<>.  wenn  er  ein  Sklave  ist,  aus  40  Peitschenhieben. 

Aus  der  erwähnten  Definition  der  Verleumdung  könnte  ge- 
folgert werden,  daß  jemand,  der  kein  Muslim  ist,  überhaupt  nicht, 
oder  daß  ein  Moslem  nur  mit  Unzucht  verleumdet  werden  kann. 
Die  Sache  verhält  sich  jedoch  nicht  so,  denn  auch  solche  Ver- 
letzungen gelten  als  Verleumdung,  nur  daß  bei  einer  Verleumdung, 
bei  welcher  nicht  ein  Muslim  die  verletzte  Partei  ist,  oder  wenn 
die  Verleumdung,  auch  wenn  der  Verletzte  ein  Muselman  ist,  nicht 
in  der  Anklage  der  Unzucht  besteht,  nicht  die  bestimmte  Strafe 
der  Verleumdung,  sondern  eine  dem  Ermessen  des  Richters  über- 
lassene  Züchtigung  (ta'zir)  angewendet  wird  und  daß  nach  der 
mohammedanischen  Methode  auch  ihre  wissenschaftliche  Behandlung 
zu  jenen  strafbaren  Handlungen  gestellt  wird,  mit  welchen  eine  un- 
bestimmte Strafe  verbunden   ist. 

Verleumden  kann  man  nur-,  indem  man  der  verletzten  Partei 
die  beleidigenden  Ausdrücke  ins  Gesicht  sagt x) ;  demzufolge  kann  die 
Verleumdung  nur  dann  bestraft  werden,  wenn  sie  in  Form  einer 
Ansprache  begangen  wird.  Sagt  jemand  Dinge ,  die  sonst  die 
Kriterien  der  Verleumdung  an  sich  tragen,  hinter  dem  Kücken 
eines  andern,  so  kann  dies  eine  böswillige  Erfindung,  eine  Klatscherei, 
aber  keine  Verleumdung  sein.-)  So  ist  der  ein  Verleumder,  der 
einem  andern  ins  Gesicht  sagt:  Du  Bastard;  doch  begeht  derjenige 
keine  Verleumdung,  wer  in  Abwesenheit  der  verletzten  Partei  von 
einem  andern  sagt,  daß  dieser  oder  jener  im  Ehebruch  oder  von 
einem  Mädchen  geboren  wurde.  Die  Verleumdung  kann  nur  dann 
bestraft  werden,  wenn  jemand  einen  andern  einer  solchen  Unzucht 
zeiht ,  die  selbst  eine  strafbare  Handlung  bildet ,  denn  wenn  sich 
die  Verleumdung  auf  eine  Unzucht  bezieht,  für  welche  infolge  eines 
eventuell  vorliegenden  Zweifels  (subhe)  eine  Strafe  nicht  bemessen 
werden  konnte,  so  wird  auch  der  Verleumder  straflos. 

Die  Strafe  gehört  wohl  zu  den  göttlichen  Rechten ,  doch  ist 
sie  kein  rein  göttliches  Recht,  weil  zum  Teil  auch  menschliche 
Rechte   in  ihr  enthalten  sind.     Der  cremischten  Natur  der  strafbaren 


1)  Ich  halte  mich  hierbei  an  die  mildere  türkische  Praxis;  denn  es  gibt 
sehr  ansehnliche  Quellen,  nach  welchen  eine  Verleumdung  auch  in  Abwesenheit 
des  Verleumdeten  stattfinden  kann.     Vgl.  Eadd  ulmuhtär  III,  234. 

^/0     JCxAt     AL^-     .~>b5     ^+*;*-K     *.*■*.** 

(^SlXäII    j,    )LfjJ.\    ^f»->)    &.J^i    oLuwai»    ^J-*tH    Q-J^'b    (C^J'    *-V* 
Fetäwä  'Ali   ef.  I,  p.  189  und   195. 


Krcsmärik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc.     319 

Handlung  entspringen  jene  wesentlichen  Abweichungen,  welche  hei 
den  hinsichtlich  der  Verfolgung  der  Delikte  der  Unzucht  und  der 
Verleumdung  bestehenden  Vorschriften  wahrnehmbar  sind. 

Zur  Einleitung  des  Verfahrens  ist  die  Klage  der  verleumdeten 
Partei  notwendig.  Von  Amts  wegen  kann  niemand  wegen  Ver- 
leumdung unter  Kriminalklage  gestellt  werden.  Der  Sohn  kann 
seinen  Vater  nicht  anklagen  wegen  einer  Verleumdung  von  Seite 
der  Mutter.  Hat  aber  die  Mutter  auch  von  ihrem  früheren  Gatten 
einen  Sohn,  so  steht  diesem  das  Recht  zu,  gegen  den  Stiefvater 
die  Anklage  zu  erheben. 

Nach  Säfi'i  geht  das  Recht  auf  die  auf  Verleumdung  gesetzte 
Strafe  im  Falle  des  Ablebens  der  verletzten  Partei  auf  deren  Rechts- 
nachfolger über.  Nach  der  Schule  Abu  Hanlfas  erstreckt  sich  das 
in  der  Strafe  dieses  Delikts  liegende  menschliche  Recht  nicht  so 
weit  und  es  kann  auch  infolgedessen  nicht  vererbt  werden.  Ja, 
diese  Schule  huldigt  sogar  der  Theorie ,  daß  der  Kläger  zur  Zeit 
des  Vollzuges  der  Strafe  am  Leben  sein  muß,  denn  wenn  er  früher 
oder  während  des  Vollzuges  der  Strafe  stirbt ,  ist  diese  zu  unter- 
lassen und  seine  Erben  haben  nicht  das  Recht,  die  Fortsetzung  der 
Strafe  zu  verlangen.  "Werden  Tote  verleumdet,  so  sind  die  Rechts- 
nachfolger (Eltern,  Großeltern,  Kinder,  Kindeskinder  u.  s.  w.)  wohl 
berechtigt,  gegen  den  Schuldigen  die  Klage  zu  erheben,  doch  kommt 
ihnen  das  Klagerecht  nicht  durch  Erbschaft,  sondern  durch  un- 
mittelbare Interessiertheit  zu.1) 

Verleumden  einander  zwei  Personen  gegenseitig,  so  sind  beide 
zu  bestrafen.'2) 

Es  ist  verboten .  hinsichtlich  der  Strafe  einen  Ausgleich  zu 
schließen,  beziehungsweise  für  die  Verletzung  einen  Ersatz  in  <ieM 
oder  andrer  Art  zu  bedingen,  und  Vereinbarungen  ähnlichen  Inhalts 
sind  unwirksam.  Eigentlich  kann  die  verletzte  Partei  dem  An- 
geklagten auch  unentgeltlich  nicht  verzeihen. ;;j     Die  Freisprechung 


1)  Dementsprechend  wird  das  Klagerecht  wegen  Verleumdung  eines  Toten 
dem  Nachfolger  auch  in  dem  Falle  zuerkannt,  wenn  er  vom  Erbrecht  aus- 
geschlossen ist.  »*.s^.+l.  O-xi^  '\\~.»  jl*Ji  XJ  ä^Ij  ,-»«  O-^J 
U-P.xi»      •  .it.    .äX.'.j    Ö^i     -Yi.     Sejchzäde:   Sarh  multakä  I,  293. 

(J  •   J  "  o  ■>    L>    J       "  J  w    -J  KJ-* 

Sejchzäde  a.   a.  O. 

3)  Die  Strafe  ist  selbst  in  dem  Falle  zu  verhängen,  wenn  der  Verleumder 
das  Delikt    infolge  Aufforderung    des  Verleumdeten    verübt    hatte.      (.-»tj    •^'•-^ 


320     Krcsmdrik,   Beitr.  ».  Beleuchtung  d.  islamit,  Strafrechts,  etc. 

des  Angeklagten  bedeutet  nur,  daß  —  so  behaupten  die  moham- 
medanischen Kriminalisten  —  der  Angeklagte  nicht  deshalb  straflos 
bleibt,  weil  der  Kläger  ihm  verziehen  hat,  sondern  weil  dieser  die 
Klan'.'  fallen  ließ,  während  der  Richter  bei  der  Verleumdung  ohne 
die  Klage  der  verletzten  Partei  nicht  vorgehen  kann.  In  dieser 
Hinsicht    sind  jedoch    die  Ansichten  der  Juristen  sehr  verschieden. 

Auch  dem  zeitweilig  angesiedelten  fremden  Untertan  ist  die 
bestimmte  Strafe  für  jene  Verleumdung  aufzuerlegen ,  welche  er 
auf  moslemischem  Gebiete  begangen  hat.  Denn  er  hat  durch  diese 
Handlung  menschliche  Rechte  verletzt  und  der  Fremde  verpflichtet 
sich,  indem  er  zur  Niederlassung  im  mohammedanischen  Staate  die 
Bewilligung  erhält ,  die  menschlichen  Rechte  zu  achten.  Anfangs 
bekannte  sich  wohl  Abu  Hanifa  zu  der  Ansicht,  ein  fremder  Untertan 
könne  mit  einer  bestimmten  Strafe  nicht  bestraft  werden,  doch  hat 
er  diese  Meinung  später  geändert  und  gelehrt,  daß  für  eine  Ver- 
leumdung dem  fremden  Untertan  dieselbe  Strafe  gebühre,  wie  dem 
muselmanischen  Bürger.1) 

Der  Angeklagte  kann  sich  mit  der  Unkenntnis  des  Gesetzes 
nicht  verteidigen,  denn  die  Unzucht  unterliegt  bei  jedem  Volke 
gleichermaßen  einem  Verbot  und  infolgedessen  ist  es  natürlich  und 
jedermann  offenkundig,  daß  man  einen  andern  nicht  ohne  Grund 
einer  solchen  Handlung  anklagen  darf.  Hat  der  Angeklagte  seine 
Tat  gestanden,  so  kann  er  sein  Geständnis  nicht  mehr  zurückziehen, 
denn  durch  das  Geständnis  hat  die  verletzte  Partei  schon  gewisse 
Rechte  erworben,  welche  der  Angeklagte  nicht  mehr  einseitig  auf- 
heben kann.-)  Wir  haben  gesehen,  daß  bei  den  reinen  göttlichen 
Rechten  dies  sich  nicht  so  verhält,  und  daß  dort  der  Zurückziehung 
des  Geständnisses  keinerlei  Hindernis  im  Wege  steht. 

Der  Richter  fordert  den  Angeklagten  auf,  jene  Beweise  vor- 
zubringen, durch  welche  er  seine  verleumdenden  Behauptungen  unter- 
stützen kann.  Beweist  nun  der  Angeklagte  entweder  durch  Aussage 
von  vier  männlichen  Zeugen  oder  durch  das  Geständnis  des  Klägers, 
daß  seine  Behauptungen  wahr  sind,  so  wird  er  von  der  Anklage 
der  Verleumdung  freigesprochen  und  der  Kläger  wird  wegen  Un- 
zucht zur  Verantwortung  gezogen.  Die  Beweise  dürfen  sich  nicht 
in  Allgemeinheiten  bewegen,  sondern  müssen  sich  auf  konkrete  Tat- 
sachen beziehen.     Die  ersterwähnten  Beweise  heißen  in  der  wissen- 


lue    3 ».äs    ^^_»     *&>■     ^J^    (joUaäil     .J3.Ä.W.J    i£*a>    «OÄÄ5.      Radd 
ulmuhtär  III,   234. 

1)  a.  a.  O.  III,  231. 

2)  *.Ai    Läo    ^jjjJüJJ    r,b)    J^aäj    fj    *.>.    ,».$   ^jÄäj  ji\   q* 
c  «->Ji    <3    W AXaJ  .      Sejchzäde:  Sarh  multakä  I,  293. 


Krcsmärik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  isla  mit.  Strafrechts,  etc.     321 

schaftlichen  Sprache  mugarrad,  das  heißt  abstrakt,  die  letzterwähnten 
zusammengesetzte  Beweise,  vnurakkab.1)  Die  Zeugenschaft  also, 
daß  X.  Y.  nach  Kenntnis  dieser  und  jener  Leute  faktisch  ein  un- 
züchtiges Leben  führte ,  hat  keinerlei  Wert  und  nur  die  Aussage 
solcher  Zeugen  kann  berücksichtigt  werden,  die  dafür  Zeugenschaft 
ablegen,  daß  der  Kläger  in  einer  gewissen  bestimmten  Zeit  mit 
einer  gewissen  bekannten  Person  Unzucht  getiieben  hat. 

Der  Angeklagte  muß  die  Beweise  zur  Hand  haben ,  denn  der 
Richter  kann  ihm  zur  Stelligmachung  der  Zeugen  nur  bis  zum 
Schluß  der  Sitzung  Aufschub  gewähren.  Stehen  ihm  die  Zeugen 
bis  zu  diesem  Zeitpunkt  nicht  zur  Verfügung,  dann  ist  die  für  die 
Verleumdung  zu  bemessende  Strafe  dem  Angeklagten  aufzuerlegen. 
Der  Antrag  des  Angeklagten,  für  sich  einen  Bürgen  zu  stellen,  bis  er 
die  Zeugen  bringen  kann,  darf  vom  Richter  nicht  angenommen 
werden,  sondern  er  sperrt  den  Angeklagten  ein  und  betraut  einen 
andern  damit,  die  Zeugen  aufzusuchen  und  stellig  zu  machen. 

Bei  der  Anwendung  der  Strafe  werden  dem  Delincpaenten  nur 
die  Oberkleider  ausgezogen ,  die  andern  aber  werden  ihm  belassen. 
Sind  jemandem  aus  verschiedenen  Gründen  bestimmte  Strafen  auf- 
zuerlegen ,  dann  muß  in  erster  Reihe  die  Strafe  der  Verleumdung 
vollstreckt  werden,  denn  hier  handelt  es  sich  um  menschliche  Rechte 
und  diese  haben  den  Vorzug.  Die  Reihenfolge  der  übrigen  Strafen 
hängt  von  dem  Belieben  des  Richters  ab.  Gelangt  jemand  wegen 
mehrfacher  Verleumdungen  unter  Anklage,  dann  kann  die  Strafe 
nur  einmal  bemessen  werden,  denn  die  Vorschrift  ist,  daß  für 
gleichartige  Delikte  nur  eine  bestimmte  Strafe  ausgesprochen 
werden  kann.2) 

Auf  die  praktische  Verwertung  der  eben  erörterten  Prinzipien 
wirft  folgende  Anekdote  ein  interessantes  Licht.  Der  Richter  der 
Stadt  Kufa,  Abu  Leilä,  hörte  eines  Tages  beim  Tore  der  Moschee, 
wie  ein  Mann  dem  andern  sagte :  Du ,  Kind  zweier  Ehebrecher ! 
Da  der  Kadi  davon  ausging,  daß  es  sich  hier  um  die  Verletzung 
zweier  Menschen  handelte,  ließ  er  den  Verleumder  sofort  verhaften, 
ihn  in  die  Moschee  führen  und  ihm  dort  zweimal  80,  also  160 
Peitschenhiebe  für  die  Verleumdung  der  Eltern  des  Angesprochenen 
versetzen.  Als  Abu  Hanifa  von  diesem  Vorfall  Kenntnis  erhielt, 
wunderte  er  sich  außerordentlich  über  das  Vorgehen  des  Kadi  und 
sagte ,    es    sei   ganz    merkwürdig ,    daß    der  Richter  seiner  Stadt  in 


i)  ua*  e,Ljo   ^L   (b.js^)  Käaxj'-j  (xj'Lol)  oöLäii   (j>\J  ^Ls) 

(x*a*J    b$).     Radd  ulmuhtär  III,  252. 

^.ic   sö$£i    J^.s>\,    }S  ^JX6    ,\   HA>U    £jl>^    &cl*>   ^JXi    s-\y« 
Js.^1»    ,^=>   ,t    L*x*>    Ur*!a5>   A»^    äA>.     FatawS  Kädichän  III.  493. 


322     Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc. 

einer  Angelegenheit  fünf  Fehler  begangen  habe.  Denn  erstens  hat 
er  die  für  die  Verleumdung  entfallende  bestimmte  Strafe  ohne  Klage 
der  verletzten  Partei  bemessen;  zweitens  hat  er  die  beleidigende 
Person  zu  einer  zweifachen  Strafe  verurteilt,  während,  wenn  jemand 
auch  tausenderlei  Verleumdungen  ausspricht,  dennoch  nur  eine  einzige 
Strafe  bemessen  werden  kann;  drittens  hat  er  die  Strafe  auf  ein- 
mal vollstreckt,  während  eine  solche  köi-perliche  Züchtigung  auf 
mehrere  Tage  verteilt  werden  muß ;  viertens  ließ  er  die  Strafe  in 
der  Moschee  vollstrecken ,  wo  doch  der  Prophet  gesagt  hat ,  daß 
man  sich  vor  der  Vollstreckung  in  Gotteshäusern  zu  hüten  habe, 
und  fünftens  endlich  habe  er  nicht  eruiert,  ob  die  zwei  verleumdeten 
Personen  am  Leben  sind  oder  nicht,  während  doch  davon  die  Fest- 
stellung dessen  abhängig  gewesen  wäre,  ob  ihnen  oder  ihren  Kindern 
das  Klagerecht  zukommt. 

Wer  einmal  wegen  Verleumdung  bestraft  war,  kann  nie  mehr 
vor  Gericht  als  Zeuge  vernommen  werden ,  selbst  wenn  er  seine 
Tat  bereut  hat.1) 

Wegen  Wiedei-holung  derselben  Verleumdung  kann  man  grund- 
sätzlich ein  zweites  Mal  nicht  bestraft  werden ,  weil  durch  den 
einmaligen  Vollzug  der  Strafe  ihr  Zweck,  nämlich  die  Zurück- 
weisung der  der  beschimpften  Person  zugefügten  Schande ,  bereits 
erreicht  wurde.2) 

V. 

Die  Verletzung  des  Trinkverbotes  (surb).  Unter  dem 
Trinkverbot  ist  zu  verstehen,  daß  man  Wein  überhaupt  nicht  trinken 
darf,  von  andern  geistigen  Getränken  aber  nicht  so  viel,  daß  man 
davon  betrunken  wird. 


1)  Der    wegen  Verleumdung    bestrafte  Käfir    hingegen,    der    sich  nachher 
zum  Islam  bekehrte,  ist  als  Zeuge  sowohl  gegen  Käfir's  als  auch  gegen  Muslime 

anzunehmen.  l_. >li"  ..|j  »J\>Lg«Sl  kl>.^.2.»*  L-JlXäÜ  £  ^.L^il  iAi>  löj», 
aüolg.Ü  (^JUä  fJLvf  j*3  v_»lXäJ|  J,  jLXJI  l\s>  .f»,  ....  Säfi'i  ist 
der  Meinung,  daß  die  Zeugenschaft  dessen,  der  seine  Tat  bereut,  anzunehmen 
sei.  r-j^XÜ  ^  JLstJ  üJjüi  V-jIj  |v3I  aj(->Lg»Ä  J-aäJ  -*sLäJf  tXJLfij 
Lu,  Oauhare  II,  254 — 255.  Die  Hanafiten  berufen  sich  zur  Begründung 
ihrer  Lehre  auf  den  Koranspruch  IlXjI  b'OLgjw  *.^,j  IJLaäj  ^5.  Vgl.  Durer 
tergümesi  I,  374. 

2)  LiJL     8-AäXI     ,  JIä     iXzXi     U    8-jO     Lj!     ,J     ,  C»,     U     */.S     \*3$L 

JsiL^  J,  i^Jo  Axj  ^äj  ^JS  vJijfc&Jtli  tWxJl  jj-^äJ  j+z.  8t\L>3 
LcUj>I    &JtLw*II    O.Lwj    Ä.-'».i   jJI .      Eadd  ulmuhtär  III,  244. 


Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit,  Strafrechts,  etc.     323 

Wer  also  Wein  trinkt,  wenn  auch  nur  einen  Tropfen,  der 
begeht  eine  strafbare  Handlung.  Doch  kann  die  Strafe  dem  An- 
geklagten nur  in  dem  Falle  auferlegt  werden,  wenn  zur  Zeit  seiner 
Detinierung  der  Weingeruch  an  ihm  noch  wahrzunehmen  war  und 
seine  Tat  entweder  von  zwei  männlichen  Zeugen  bewiesen  wird  oder 
er  selbst  sie  im  nüchternen  Zustande  gesteht.1)  Wenn  der  Wein- 
geruch sich  verflüchtigt  hat,  kann  der  Täter  weder  auf  Grund 
von  Zeugenaussagen,  noch  auf  sein  eigenes  Geständnis  hin  bestraft 
werden.  Denn  nach  der  übereinstimmenden  Ansicht  der  Genossen 
des  Propheten  verjährt  mit  dem  Sichverflüchtigen  des  Weingeruchs 
die  Strafbarkeit  der  Handlung. 

Ebenso  begeht  eine  strafbare  Handlung,  wer  an  einem  andern 
geistigen  Getränk  sich  betrinkt,  so  daß  infolgedessen  seine  Vernunft- 
tätigkeit aufhört.  Zur  Strafbai'keit  einer  von  andern  Getränken 
als  von  Wein  stammenden  Trunkenheit  wird  nicht  gefordert,  daß 
der  Geruch  des  Getränkes  an  dem  Geklagten  wahrnehmbar  sei. 

Der  Richter  hat  im  Laufe  des  Verfahrens  folgende  Umstände 
von  Amts  wegen  zu  eruieren. 

Wie  hat  der  Angeklagte  getrunken,  freiwillig  oder  infolge  eines 
Zwanges?  Denn  nur  die  beabsichtigte  Handlung  kann  bestraft 
werden.  Derart  kann  die  Tatsache  an  sich,  daß  an  jemandem  ein 
Weingeruch  zu  spüren  ist,  nicht  die  Grundlage  des  Verfahrens 
bilden  ohne  entsprechende  Zeugenaussagen,  oder  Geständnis,  denn 
man  kann  nicht  wissen ,  ob  die  Handlung  eine  absichtliche  war. 
Wann  hat  er  getrunken  ?  Es  ist  möglich ,  daß  die  Strafbarkeit 
der  Handlung  verjährt  ist.  Zu  bemerken  ist,  daß  bei  Feststellung 
davon ,  ob  der  Geruch  des  Weins  wahrnehmbar  ist ,  nicht  jener 
Zeitpunkt  maßgebend  ist,  wo  der  Angeklagte  vor  den  Richter  ge- 
langt, denn  der  Sitz  des  Richters  kann  ja  von  dem  Schauplatz  des 
Trinkens  so  weit  entfernt  sein,  daß  der  Weingeruch  sich  vollkommen 
verflüchtigen  konnte,  sondern  jener  Zeitpunkt,  wo  die  Zeugen  den 
Täter  beim  Trinken  ertappt  haben.  Wo  hat  er  getrunken?  Denn 
wenn  der  Angeklagte  nicht  auf  moslemischem  Gebiete  getrunken 
hat,  ist  seine  Handlung  nicht  strafbar. 

Kann  jemandem  nicht  in  einer  jeden  Zweifel  ausschließenden 
Weise  das  Trinken  bewiesen  werden,  dann  kann  auch  die  bestimmte 
Strafe  auf  ihn  nicht  angewendet  werden ;  doch  steht  es  dem  Richter 
frei ,  den  Betreffenden  nach  seiner  besten  Einsicht  mit  einer  un- 
bestimmten Strafe  zu  belegen. 

Die  für  die  Verletzung  des  Trinkverbots  entfallende  bestimmte 


1)    Nach    Abu    Jüsuf    und    Zufar    ist    das    Geständnis   zweimal    abzulegen. 
SjAi    xaJLc.      Sejchzäde:  Sarh  multaka  I,  291. 


324     Krcsmärik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc. 

Strafe  ist  bei  einem  freien  Mann  80,  bei  einem  Sklaven  40  Stock- 
hiebe. Diese  Strafe  kann  an  dem  Schuldigen  nur  in  nüchternem 
Zustande  vollstreckt  werden.  Das  Schlagen  erfolgt  in  derselben 
Weise  wie  bei  der  Unzucht.  Es  werden  also  dem  Schuldigen  die 
Kleider  ausgezogen  und  die  Schläge  an  verschiedenen  Teilen  des 
Eörpers  appliziert. 

Der  Angeklagte  kann  in  manchen  Fällen  der  Strafe  entgehen, 
wenn  er  behauptet,  daß  er  von  dem  Verbote  keine  Kenntnis  hatte. 
Personen,  welche  aus  einem  fremden  Staate  sich  erst  neuerlich  nieder- 
gelassen haben  oder  erst  vor  kurzem  zum  mohammedanischen  Grlauben 
übergetreten  sind,  können  diese  Einwendung  mit  Erfolg  erheben.1) 
Ähnliche  Entschuldigungen  eines  in  einem  muslimischen  Staate  Ge- 
borenen jedoch  werden  nicht  in  Betracht  gezogen. 

Personen,  welche  nicht  der  moslemischen  Religion  angehören, 
können  wegen  Verletzung  des  Trinkverbots  nicht  zur  Verantwortung 
gezogen  werden. 

VI. 

Der  Diebstahl  (sarika).  Es  werden  zwei  Formen  des  Dieb- 
stahls unterschieden  und  zwar  eine,  die  einer  minderen  Einschätzung 
iinterliegt  und  einfach  Diebstahl ,  und  eine  andere ,  schwerer  im- 
putierte, welche  Wegelagerung  (Jcat'  ultarih)  genannt  wird.2)  — 
Die  Definition  des  Diebstahls  ist  folgende:  Diebstahl  begeht,  wer 
einem  andern  einen  unter  Verwahrung  gehaltenen  und  einen  Wert 
von  10  geschlagenen  Dirhem  repräsentierenden  Gegenstand  im  Ge- 
heimen wegnimmt.") 


&Lc    AS  .%    w.>    LiJl    lJ^L^.      Eadd  ulmuhtär  III,   225. 

^^  ^mi  fijb  hs&  r)Ai\  rw$  ^  a^  ^^jüi  &, 

Radd  ulmuhtär  III,  2G5. 

3)  Im  Kanz  uldakäik  (Kitäb  ulsarika)  finden  wir  folgende  Definition    des 

Diebstahls:    äjr^>     Kj.-a^s    ^l»0    ä.^c    .As    &£&£»    LJt-JXa    js.~>!      -P 

JäsL>    »i      .rX+J.      Zur  Begründung  der  Wertgrenze  (ni-säb)  beim  Diebstahl 

beruft  man  sich  auf  eine  Aussage  des  Propheten.     .»^L-wJ!»   äJL*aji   ^.Ic  ^Y*") 


Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc.     325 

Der  Diebstahl  darf  nicht  mit  jener  Art  der  Entfremdung  ver- 
wechselt werden,  welchen  die  mohammedanische  Theorie  Usurpation 
{(jcisb)  nennt.  Ein  Usurpator  ist  nämlich  derjenige  der  eine  Sache, 
welche  einen  Verkehrswert  hat,  ohne  Erlaubnis  des  Eigentümers, 
aber  nicht  im  Geheimen ,  wegnimmt.  Der  Gegenstand  der  Usur- 
pation kann  sowohl  eine  physische  Sache,  wie  auch  ein  Recht  sein. 
Ein  Recht  usurpiert  derjenige,  der  den  Diener  oder  das  Gut  eines 
andern  ohne  Zustimmung  des  Eigentümers  zu  seinem  Vorteil  ver- 
mietet. Nach  §  881  des  türkischen  Privatrechtes  heißt  usurpieren, 
das  Vermögen  eines  andern  ohne  dessen  Erlaubnis  wegnehmen  und 
behalten 1).  Die  Usurpation  ist  wohl  eine  Erwerbungsart ,  deren 
Rechtstitel  zu  verwerfen  ist,  die  aber  doch  nur  mit  einer  Ver- 
antwortung im  Jenseits  verbunden  ist.  Eine  weltliche  Strafe  be- 
stimmt das  Gesetz  dafür  nicht.  Der  Usurpator  hat  jedoch  den 
entfremdeten  Gegenstand,  wenn  er  noch  vorhanden  ist,  seinem  Eigen- 
tümer zurückzugeben,  wenn  er  aber  nicht  mehr  vorhanden  ist,  Ent- 
schädigung zu  bezahlen.  Der  Usurpator  hat  als  faktischer  Besitzer 
dritten  Personen  gegenüber  auf  den  Schutz  des  Gesetzes  keinen 
Anspruch. 

Es  ist  ferner  ein  Unterschied  zu  machen  zwischen  Diebstahl 
und  einer  solchen  Entfremdung,  die  durch  List  erfolgt.  Eine  solche 
Entfremdung  kann  ein  Betrug  sein ,  wird  aber  nie  als  Diebstahl 
betrachtet.     Für  Betrug  gibt  es  keine  bestimmte  Strafe. 

Nach  mohammedanischer  Auffassung  ist  es  ein  wesentliches 
Kriterium  des  Diebstahls,  daß  die  Wegnahme  des  fremden  Wert- 
gegenstandes im  Geheimen,  das  heißt  mit  Umgehung  der  Kenntnis 
des  Eigentümers,  beziehungsweise  dessen  Stellvertreters,  erfolgt.  Als 
Stellvertreter  des  Eigentümers  gilt  der  Wächter,  der  Pfandeigen- 
tümer, Depositär  etc. 

Es  wird  ferner  dazu,  daß  die  Entfremdung  als  Diebstahl  quali- 
fiziert werde,  gefordert,  daß  der  Dieb  einen  Gegenstand  wegnehme, 
welcher  unter  Verwahrung  (hirz)  steht.  Das  mohammedanische 
Recht    betrachtet    den  Menschen ,    so    wie    er    sich    nach  Erfahrung 


^lXJu).     Durer  tergümesi  I,  379. 

1)    §    881     der    türkischen    Megelle    lautot    im    Original    folgendermaßen: 


326     Krcsmärik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc. 

zeigt.  Der  Durchschnittsmensch  ist  der  Sklave  seiner  Sinne,  der 
seinen  Begierden,  insbesondere  wenn  die  Umstände  für  deren  Be- 
friedigung günstig  sind,  schwer  widerstehen  kann.  Die  empirische 
Tatsache,  daß  die  Gelegenheit  den  Dieb  macht,  berücksichtigt  die 
Gesetzgebung  auch  praktisch  und  indem  sie  den  Diebstahl  als  eine 
streng  zu  bestrafende  Handlung  qualifiziert,  fordert  sie  im  Interesse 
der  Aufrechterhaltung  der  Rechtsordnung  zugleich  auch  von  den 
Bürgern ,  daß  sie  auf  ihr  Vermögen  entsprechend  achtgeben  und 
ihre  Mitmenschen  nicht  in  Versuchung  führen.  Deshalb  wird  die 
Entfremdung  solcher  Gegenstände ,  welche  nicht  entsprechend  be- 
hütet sind,  nicht  als  Diebstahl  betrachtet.1) 

Wann  man  sagen  kann,  daß  ein  Gegenstand  entsprechend  be- 
wacht wird,  das  unterliegt  je  nach  den  Umständen  einer  verschie- 
denen Beurteilung.  Die  Bewachung  besteht  in  der  Regel  darin, 
daß  entweder  der  Herr  ständig  sein  Vermögen  hütet,  beziehungs- 
weise dieses  behüten  läßt,  oder  daß  er  es  an  einem  entsprechenden 
Orte  verwahrt.  Infolgedessen  kennen  die  mohammedanischen  Juristen 
zwei  Arten  der  Bewachung:  Bewachung  durch  den  Wächter  und 
durch  den  Ort.  Die  Bewachung  des  Vermögens  durch  gute  Pla- 
zierung wird  für  eine  stärkere  Bewachung  gehalten,  als  die  Be- 
Avachung  durch  einen  Wächter.  Befindet  sich  der  wertvolle  Gegen- 
stand in  einer  Wüste  oder  in  einem  solchen  Gebäude,  welches 
nicht  den  Zweck  hat,  daß  Menschen  dort  ihr  Vermögen  unter- 
bringen ,  wie  z.  B.  die  Moschee ,  dann  muß  man  den  Gegenstand 
ständig  vor  Augen  halten.  Hält  aber  jemand  sein  Vermögen  an 
einem  geschlossenen  Orte,  dann  genügt  dazu,  daß  dieses  Vermögen 
als  gut  behütet  betrachtet  werde,  die  gewöhnlich  übliche  Aufsicht. 
Schläft  jemand  in  der  Wüste  oder  in  der  Moschee  auf  seinen 
Kleidern,  oder  legt  er  seine  Wertsachen  unter  seinen  Kopf,  dann 
befinden  sich  diese  Gegenstände  unter  Obhut.  Diese  aber  hört  auf, 
sobald  der  betreffende  im  Schlafe  von  ihnen  herabgleitet. 

Der  Stall  ist  ein  guter  Platz  zur  Behütung  des  Viehs;  er  ist 
aber  kein  guter  Platz  für  die  häuslichen  Einrichtungsgegenstände 
und  für  Kleider.  Hinwieder  ist  der  Hof  ein  guter  Platz  für  die 
Hausgegenstände  und  für  die  täglichen  Kleider,  aber  nicht  für 
Feiertagskleider,  Juwelen  oder  Geld. 

Das  Vermögen  befindet  sich  nur  dann  unter  entsprechender 
Obhut,  wenn  dessen  Herr,  beziehungsweise  Wächter  die  Fähigkeit 
hat.  die  Tätigkeit  des  Diebes  entweder  durch  Gewalt  oder  durch 
Hilferufe  abzuwehren.  Das  von  der  Gemeinde  abgesondert  erbaute 
Haus    kann    nur    dann    und    insolange    als    entsprechender    Ort    be- 


1)  Es  ist  gleichgültig,    ob    die    gestohlene  Sache  Eigentum    einer  einzigen 
oder   mehrerer  Personen  ist,    nur   muß   das  Gut  zusammen  aufbewahrt  gewesen 

sein.      t->    J,    u>Jl^    \0\    SUL^    *\    lX^.    ä$UU   --iJ^xl]    v^oU'    s-\y* 
Jw>U  .      Gauhare  II,  256. 


Krcsmärik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  idam.it.  Strafrechts,  etc.     327 

trachtet  werden ,  wenn  es  einen  starken  Wächter  hat  und  dieser 
nicht  schläft.  In  diesem  Falle  bleibt  es  sich  dann  gleich,  ob  das 
Haus  geschlossen  ist  oder  nicht. 

Ein  in  einer  Häusergruppe  befindliches  Haus  gilt  als  bewachter 
Ort,  wenn  es  geschlossen  ist  und  einen  Wächter  hat.  Es  bleibt 
sich  gleich,  ob  dieser  wacht  oder  nicht.  Ist  aber  das  Haus  offen 
und  schläft  auch  der  Wächter,  dann  ermangelt  das  Haus  der  Auf- 
sicht. Zu  dem  in  der  Wüste  befindlichen  Vieh  ist  ein  Wächter 
notwendig,  was  aber  bezüglich  jenes  Viehs  nicht  der  Fall  ist,  das 
sich  in  einem  versperrten  Gebäude  befindet,  wenn  dieses  Gebäude 
zu  einer  Häusergruppe  gehört. 

Das  muselmanische  Strafrecht  verfügt,  daß  der  Diebstahl  durch 
Verstümmelung  bestraft  wird.  Die  Verstümmelung  besteht  darin, 
daß  dem  Diebe  im  ersten  Falle  die  rechte  Hand,  im  Falle  wieder- 
holten Diebstahls  aber  der  linke  Fuß  abgehackt  wird.  Sollte  der 
betreffende  noch  zum  dritten  Male  stehlen,  dann  ist  er  einzusperren 
und  wird  solange  gefangen  gehalten ,  bis  er  sich  bessert.  Es  gibt 
Gelehrte ,  die  behaupten ,  daß  dem  Diebe  beim  dritten  Diebstahl 
die  linke  Hand  und  beim  vierten  der  rechte  Fuß  abzuhacken  sei. 
Die  Schule  Abu  Hanlfas  ist  nicht  dieser  Ansicht,  denn  schon  der 
Schwiegersohn  des  Propheten,  'Ali,  sagte,  er  würde  sich  vor  Gott 
schämen,  daß  ein  Mensch  nach  gar  nichts  mehr  greifen  könne,  weil 
ihm  keine  Hand  geblieben  sei,  und  daß  er  nicht  gehen  könne,  weil 
er  keinen  Fuß  habe.1)  Die  Hand  des  Diebes  wird  beim  Unterarm 
abgehackt.  Die  Verstümmelung  unterbleibt  jedoch ,  wenn  dem 
Diebe  schon  vorher  die  andere  Hand  abgenommen  wurde  oder  diese 
verkrüppelt  ist  oder  wenn  der  Daumen  oder  zwei  Finger  der  andern 
Hand  oder  der  rechte  Fuss  verkrüppelt  sind  oder  ihm  abgenommen 
wurden.  Bei  großer  Hitze  oder  großer  Kälte  darf  die  Verstümmelung 
nicht  vollzogen  werden. 

Zum  Beweise  des  Diebstahls  ist  entweder  die  Aussage  von 
zwei  männlichen  Zeugen  oder  das  Geständnis  des  Angeklagten  not- 
wendig.-)    Das  Geständnis  kann  zurückgezogen  werden  und  Flucht 


1)  Es  scheint,  daß  der  Kalif  Abu  Bakr  auch  die  linke  Hand  der  Diebe 
abhauen  ließ ;  wenigstens  wird  ihm  seitens  der  Parteigänger  des  'Ali  so  etwas 
vorgeworfen.  Die  Verteidiger  des  Kalifats  des  Abu  Bakr  finden  es  notwendig, 
diese  Anklage  entsprechend  abzuschwächen.  ,y  üüjtA.5  .Lwoüi  «jaS  W») 
( J^i   ^  y>3)    Säj-Jl    a*  (XäM)    Bit    (J,   «T,  .\   o^l    iaJLc 

s-UJjdi    o>5.     Sarh  ulmawäkif,  Kairo    1266,  pag.  610. 

2)  Abu  Jüsuf  verlangt,  daß  das  Geständnis,  nach  Analogie  des  ikrdr  bei 
der    Unzucht,    auch    beim    Diebstahl    wiederholt    werde.      'wi^J      ?J)    iAÄc» 

Js^Li    XjÜUj    ,Lät   ,\S   ...15    Liii!      Jlc  U.as  i^>V    -üj  ...1    Jo   bJ 


328     Krcsmärik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc. 

vor  der  Strafe  gilt  als  Zurückziehung  des  Geständnisses.  Der 
Richter  hat  durch  an  die  Zeugen  gerichtete  Fragen  aufzuklären, 
was  der  Dieb  gestohlen  hat,  wo  und  wann  der  Diebstahl  geschah, 
welchen  Wert  der  gestohlene  Gegenstand  besitzt  und  wen  der  Dieb 
bestohlen  hat.  Auch  bei  dem  Geständnis  ist  die  Untersuchung  auf 
dieselben  Fragen  auszudehnen,  nur  daß  die  Feststellung  des  Zeit- 
punktes des  Diebstahls  hier  nicht  notwendig  ist,  weil  die  Ver- 
jährung beim  Diebstahl  nicht  in  Betracht  kommt,  wenn  der  Täter 
geständig  ist. 

Nur  wenn  die  derart  klargestellte  Handlung  der  Definition 
des  Diebstahls  klar  entspricht,  kann  der  Richter  die  Verstümmelung 
des  Diebes  aussprechen. 

Dem  Dieb  wird  die  Hand  nicht  wegen  eines  Diebstahls  solcher 
Gegenstände  abgeschnitten ,  welche  man  nicht  behüten  kann  oder 
welche  nicht  wert  sind,  behütet  zu  werden,  weil  sie  im  Lande  in 
großer  Menge  vorkommen.  Diese  Gegenstände  werden  in  der  wissen- 
schaftlichen Sprache  indifferente  Geringfügigkeiten  (täfih)  genannt. 
Solche  sind  dürres  Holz,  Gras,  Heu,  Schilf,  Wild,  Fische,  Kalk  u.  s.  w. 
Ferner  wegen  solcher  Gegenstände ,  welche  rasch  zugrunde  gehen, 
wie  Milch,  Fleisch,  frisches  Obst.1)  Die  mohammedanische  straf- 
rechtliche Theorie  hat  daher  schon  vor  Jahrhunderten  jenen  Stand- 
punkt eingenommen,  nach  welchem  die  unter  den  Begriff  der  feld- 
polizeilichen Übertretungen  fallenden  Entfremdungen  nicht  als  Dieb- 
stahl zu  betrachten  sind.  Hingegen  wird  dem  Diebe  für  das  Stehlen 
wertvoller  Pflanzen  und  Mineralien  oder  solcher  Industrieartikel, 
welche  wohl  aus  gewöhnlichem  Holz  oder  Lehm  hergestellt  sind, 
bei  denen  aber  nicht  das  Material ,  sondern  die  Arbeit  die  Haupt- 
sache ist,  die  Hand  abgeschnitten,  wenn  der  Wert  des  Gegenstandes 
die  gesetzliche  Summe  erreicht. 

Der  Diebstahl  ist  nicht  strafbar,  wenn  die  Gattin  von  ihrem  Manne 
oder  der  Mann  von  seiner  Gattin  stiehlt,  selbst  wenn  der  Gatte  sein 
Vermögen  unter  besonderer  Obhut  hält,  denn  die  strenge  Absonde- 
rung des  Vermögens  der  Ehegatten  ist  undurchführbar.     Der  Dieb- 


l\>!»  .       Sadr    ulsari'a,    Commentar    zur    Wikäje     (nach    einer    in    meinem 
Besitze  befindlichen  Handschrift),  fol.  100. 

1)    Nach    Säfi'i    wird    die    Hand    des   Diebes    auch  wegen   solcher   Gegen- 
stände abgeschnitten.      £■  -j&J|       ,«.^3     «.LiäjI     *-*+J     ^       -xiUiJ!     lXäc», 

j,lL*Ji»  äJLaJI    x-JLc   aJyij    .*£->-    ^\  xsLxil   s~    £+j\  J,   sSl\   dy*j 
,i  ^  .+3  ,%  «Jaäj  "$  -^LvJU  äJLaJf  *J.c  aJö.   taIxII  A  jtLüj  "$ 

Sadr  ulsari'a  a.  a.  O.,  fol.  101. 


Krcsmärih,  Bextr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc.     329 

stahl  ist  ferner  nicht  strafbar,  wenn  der  Sklave  seinen  Hen-n  oder 
die  Gattin  seines  Herrn  oder  der  Gast  seinen  Gastgeber  bestiehlt. 
Straflos  bleibt  der  Dieb,  wenn  er  einen  seiner  nahen  Verwandten 
(du  rahim  mahram)  bestohlen  hat,  selbst  wenn  der  gestohlene  Gegen- 
stand eventuell  das  Vermögen  eines  Fremden  bildete;  doch  wird 
dem  Diebe  für  einen  solchen  Diebstahl  die  Hand  abgeschnitten, 
welchen  er  wohl  zum  Schaden  seiner  Verwandten ,  aber  in  dem 
Hause  eines  Fremden  begangen  hat. 

Für  den  Diebstahl  von  Gegenständen,  welche  keinen  Verkehrs  - 
wert  haben ,  wird  dem  Diebe  die  Hand  nicht  abgeschnitten ,  selbst 
wenn  der  gestohlene  Gegenstand  sonst  einen  großen  Wert  besitzt. 
Als  solche  gelten  vom  moslemischen  Gesichtspunkte  die  geistigen 
Getränke ,  aber  nur ,  wenn  der  Diebstahl  zum  Schaden  eines  Mo- 
hammedaners erfolgt  ist,  denn  wenn  z.  B.  der  Mohammedaner  von 
einem  Christen  Wein  stiehlt,  so  ist  dem  Diebe  die  Hand  abzu- 
schneiden; ferner  Spielzeuge,  Kreuze,  auch  wenn  sie  von  Gold  sind, 
Koranexemplare ,  freie  Kinder.  Selbst  das  ändert  an  der  Sache 
nichts,  wenn  das  gestohlene  Kind  eventuell  wertvolle  Schmuck- 
sachen an  sich  hatte,  denn  diese  kommen  als  Zubehör  des  Kindes 
nicht  in  Betracht.  Wird  ein  majorenner  Sklave  gestohlen,  dann 
wird  dies  ebenfalls  nicht  als  Diebstahl  betrachtet,  sondern  entweder 
als  Usurpation  oder  als  Betrug. 

Wegen  Veruntreuung  kann  die  Hand  des  Täters  nicht  ab- 
geschnitten werden ,  weil  bei  der  Veruntreuung  die  zum  Begriffe 
des  Diebstahls  notwendigen  konstitutiven  Elemente  fehlen.  Auch 
kann  sie  wegen  Ausraubung  von  Toten  nicht  abgeschnitten  werden, 
weil  die  in  den  Gräbern  untergebrachten  Gegenstände  nicht  unter 
Obhut  sind.1) 

Da  es  notwendig  ist,  daß  die  gestohlenen  Gegenstände  aus 
dem  Eigentum  eines  andern  weggenommen  werden,  wird  die  Weg- 
nahme eines  solchen  Gegenstandes  nicht  als  Diebstahl  betrachtet, 
an  welchem  der  Dieb  auch  selbst  einen  Anteil  hat.  Er  konnte  in 
der  Hinsicht  einen  Zweifel  hegen,  welche  Bechte  ihm  an  dem,  zum 
Teil  auch  sein  Eigentum  bildenden,  Gegenstande  zukommen.  Des- 
halb kann  der  Diebstahl  an  gemeinsamer  Beute,  an  dem  Ärar,2) 
oder  ein  zum  Nachteil  einer  solchen  Person  begangener  Diebstahl, 
gegen  die  der  Dieb  eine  Forderung  hat,  nicht  durch  Verstümmelung 
bestraft  werden.  Es  bleibt  sich  gleich,  ob  diese  Forderung  fällig 
ist  oder  nicht ,    ferner  ob  das ,    was  der  Dieb  gestohlen  hat ,    einen 


1)  Über  den  Unterschied  zwischen  der  strafrechtlichen  Verantwortlichkeit 
des  gewöhnlichen  und  des  Gräberdiebes  (nabbäs)  siehe  die  feine  Distinktion 
in  Manäfi'  p.  75. 

2)  {$g4L*l\  $La  jüli  M  ^,aj  i3Loy>3  (K^U  ,}La,  .w) 

*.Ä.>L>    Aäj    *as    /  äü    jj    o„o    _Lä;>'    löjj    *»gjLd    fcP.  .      Radd    ul- 
muhtär  III,  276. 


330     Krcsmärilc,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  tslamit.  Strafrechts,  etc. 

solchen  Wert  repräsentiert,  wie  seine  Forderung  ausgemacht  hat, 
oder  mehr. 

Da  nur  dann  von  einem  Diebstahl  die  Rede  sein  kann,  wenn 
die  Wegnahme  im  Geheimen  geschieht,  so  kann  derjenige  nicht 
durch  Verstümmelung  bestraft  werden ,  der  einem  andern  plötzlich 
etwas  aus  der  Hand  reißt.  Der  Diebstahl  wird  nur  dann  beendet, 
wenn  der  Dieb  den  gestohlenen  Gegenstand  wegträgt.  Infolgedessen 
wird  die  Hand  des  Diebes  nicht  abgeschnitten,  wenn  er  wohl  etwas 
gestohlen  hat,  den  gestohlenen  Gegenstand  aber  nicht  aus  dem 
Hause  hinaustrug,  oder,  wenn  er  wohl  in  das  Haus  hineinging,  den 
gestohlenen  Gegenstand  aber  sein  außerhalb  des  Hauses  wartender 
Komplice  weggetragen  hat.  Hat  aber  der  Dieb  den  Gegenstand 
aus  dem  Hause  hinausgeworfen  und  dann  fortgetragen  oder  mit 
Hilfe  eines  Lasttieres  wegtragen  lassen,  so  hat  er  einen  durch  Ver- 
stümmelung sü'afbaren  Diebstahl  begangen. 

Der  Dieb  kann  nur  auf  Wunsch  der  geschädigten  Partei  be- 
straft werden.  Hat  aber  der  Richter  das  Urteil  bereits  ausgesprochen, 
so  kann  der  Kläger  nicht  mehr  von  dem  Vollzug  des  Urteils  mit 
der  einfachen  Erklärung  abstehen ,  daß  er  dem  Verurteilten  ver- 
ziehen hat  und  daher  seine  Bestrafung  nicht  wünscht.1)  Denn  die 
in  der  Verstümmelung  des  Diebes  bestehende  Strafe  ist  ausschließ- 
lich göttliches  Recht  und  seine  Umgehung  in  solchen  Fällen ,  wo 
Kläger  und  Beweis  vorhanden  sind,  ist  verboten.  Dennoch  gibt  es 
mehrere  Wege  dafür,  daß  der  Dieb  auch  nach  Fällung  des  Urteils 
der  Strafe  entgehen  könne.  Ein  solcher  ist,  wenn  die  geschädigte 
Partei  vor  dem  Richter  erklärt,  daß  der  durch  den  Dieb  weg- 
getragene Gegenstand  nicht  ihm  gehöre,  sondern  dem  Diebe  selbst, 
insofern  er  ■ —  der  Kläger  —  diesen  Gegenstand  nur  unter  Obhut 
hielt,  oder  wenn  er  behauptet,  daß  seine  Zeugen  nur  infolge  Zwanges 
zu  Lasten  des  Diebes  ausgesagt  haben. 

Der  Dieb  kann  nicht  bestraft  werden,  wenn  er  den  gestohlenen 
Gegenstand  vor  Einlangen  der  Klage  zurückgibt  oder  dieser  unter 
einem  Rechtstitel,  z.  B.  durch  Schenkung,  sein  Eigentum  wird.  Er 
kann  ferner  auch  nicht  bestraft  werden ,  wenn  er  hinsichtlich  des 
Eigentums  an  der  gestohlenen  Sache  in  Zweifel  war  oder  sein 
konnte,  und  diese  Entschuldigung  vor  dem  Richter  geltend  macht. 
Über  den  Zweifel  habe  ich  bereits  gesprochen  und  dort  erwähnte 
ich,  daß,  wenn  die  Frau  ihrem  Gatten,  der  Gatte  seiner  Frau,  der 
Sklave  seinem  Herrn  etwas  stehlen,  dies  nicht  mit  der  Strafe  der 
Verstümmelung  verbunden  ist.  Die  muselmanische  strafrechtliche 
Theorie  geht  jedoch  noch  weiter  und  gelangt  in  ihren  Folgerungen 
dahin,  daß  der  Richter  den  Dieb  nicht  zu  einer  Verstümmelung 
verurteilen  kann,  wenn  dieser  einen  eigentumsrechtlichen  Anspruch 


1)   ^c^1    5J2ÄJI    ^1  .  .  .  fiJaä}\  JJao   ,J  &Äc  Ojää  ^Lij.i  Ut 


JLäj    XÄ>.      Badd  ulinuhtiir  III,  2G9. 


Krcsmärik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc.     331 

auf  die  gestohlene  Sache  erhebt,  indem  er  sagt,  die  Sache  gehöre 
ihm.  selbst  wenn  er  diese  Behauptung  nicht  zu  beweisen  vermag.1) 
Es  ist  klar,  daß  diese  Verfügung  des  Gesetzes  jedermann,  der  diese 
Art  der  Verteidigung  anwenden  will ,  Gelegenheit  bietet ,  dieser 
schweren  Strafe  zu  entgehen.  Es  ist  dies  ein  beachtenswertes  Bei- 
spiel der  bei  dem  Delikt  der  Unzucht  bereits  erwähnten  Selbst- 
justiz. Überhaupt  werden  wir  wahrnehmen,  daß  die  mohammeda- 
nische Strafe  dadurch,  daß  es  oft  von  dem  Belieben  des  Angeklagten 
abhängt,  ob  er  die  Rechtsfolgen  seiner  Handlungen  auf  sich  nimmt. 
in  vieler  Hinsicht  den  Charakter  einer  Poenitenz  hat. 

Diejenigen,  die  zusammen  gestohlen  haben,  büßen  auch  ent- 
weder alle  zusammen  für  die  begangene  strafbare  Handlung  oder 
sie  werden  zusammen  freigesprochen.  Es  ist  nicht  möglich,  daß 
von  den  gleichmäßig  schuldigen  Angeklagten  einer,  der  sich  in 
dieser  Weise  verteidigt  hat ,  wie  sich  der  andre  nicht  verteidigen 
wollte  oder  konnte ,  der  Strafe  entgehe ,  der  andre  aber  die  Strafe 
zu  erleiden  habe.  Haben  also  zwei  Personen  zusammen  einen  Dieb- 
stahl begangen  und  beide  ihre  Tat  gestanden ,  doch  behauptet  der 
eine  der  Diebe ,  daß  der  gestohlene  Gegenstand  ihm  gehöre ,  dann 
kann  auch  der  andre  Dieb  nicht  bestraft  werden.  Wenn  hinwiederum 
mehrere  Diebe  waren,  so  wird  jedem  die  Hand  abgeschnitten,  voraus- 
gesetzt, daß  der  Wert  der  gestohlenen  Sachen  insgesamt  sovielmal 
10  Dirhem  ausmacht,  als  Diebe  waren,  selbst  in  dem  Falle,  wenn 
nur  einige  der  Diebe  die  gestohlenen  Gegenstände  weggetragen  haben. 

Was  die  dem  Diebstahl  entspringende  Schadenersatzpflicht  des 
Diebes  anbelangt,  so  ist  der  Ausspruch  des  Propheten  maßgebend, 
daß  den  Dieb,  wenn  ihm  die  Hand  abgeschnitten  worden,  keinerlei 
weitere  Verbindlichkeit  belastet.  Aus  dieser  Enunziation  folgert 
das  mohammedanische  Recht  den  Satz,  daß  die  auf  die  Verstümme- 
lung des  Diebes  und  auf  Schadenersatz  eingereichten  Klagen  in- 
kompatibel sind.  Ist  also  der  gestohlene  Gegenstand,  nachdem  dem 
Diebe  die  Hand  abgeschnitten  worden,  in  natura  noch  vorhanden, 
so  ist  er  dem  Beschädigten  zurückzustellen:  ist  er  aber  nicht 
mehr  vorhanden,  dann  hört  die  weitere  Haftung  des  Diebes  auf 
und  es  kann  gegen  ihn  keine  Schadenersatzklage  angestrengt  wer- 
den.2)    Aus  dieser  Enunziation  wird  ferner  gefolgert,  daß   der  Dieb 


xi.^vJj     x.Jl£.     \JS.^    w^Axj     »Low    (ä-äaj    ^j    *J    CJ+    xXs.     ^.liÄ-"' 


iXÜ  v-r  ^~  Ji  ,-- 


Uauhnre  III,  265. 


Bd.  LVIII. 


332     Krcsmärik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc. 

für  das  neuerliche  Stehlen  desjenigen  Gegenstandes,  für  welchen 
ihm  schon  die  Hand  abgeschnitten  wurde,  wenn  der  Gegenstand 
mittlerweile  keine  Veränderung  erfahren  hat,  nicht  nochmals  be- 
straft werden  kann.  Die  Schadenersatzklage  ist  übrigens  nach  den 
allgemeinen  Vorschriften  zu  beurteilen ,  nach  welchen  auch  die 
Zeugenaussage  von  Frauen  angenommen  werden  kann. 

Bei  der  Feststellung  des  Wertes  des  gestohlenen  Gegenstandes 
ist  jener  Wert  zu  bestimmen ,  den  dieser  zur  Zeit  des  Diebstahls, 
wie  auch  zur  Zeit  der  Verstümmelung  des  Diebes  repräsentiert  hat. 
AVar  die  gestohlene  Sache  am  Tage  des  Diebstahls  keine  10  Dirhem 
wert,  so  konnte  das  Verfahren  gar  nicht  eingeleitet  werden;  ist 
aber  der  Wert  des  Gegenstandes,  welcher  ursprünglich  mehr  wert 
war,  zur  Zeit  wo  die  Verstümmelung  vollstreckt  werden  sollte, 
unter  10  Dirhem  zurückgegangen,  so  unterbleibt  die  Strafe. 

VII. 

Der  Straßenraub  (hat'  ultarik).  Der  Straßenraub  ist  eine 
einer  schwereren  Einrechnung  unterliegende  Form  des  Diebstahls. 
Die  Wertgrenze  {nisäb)  ist  auch  hier,  wie  beim  Diebstahl,  10  Dirhem. 

Nach  der  mohammedanischen  strafrechtlichen  Theorie  wirkt 
der  Straßenräuber,  ebenso  wie  der  Dieb,  im  Geheimen  und  kann  er 
nur  dann  für  die  Wegnahme  eines  Gegenstandes  besü-aft  werden, 
wenn  dieser  unter  Obhut  war.  Diese  Bedingungen  können  jedoch 
bei  dem  Delikt  des  Straßenraubes  nur  durch  Fiktion  gefunden 
werden ,  denn  der  Straßenraub ,  der  darin  besteht ,  daß  der  Täter 
einen  Beisenden  angreift  und  ihm  einen  Wertgegenstand  wegnimmt, 
schließt  ja  eigentlich  den  Begriff  des  Handelns  im  Geheimen  aus. 
Es  wird  nun  folgender  Schluß  aufgestellt.  Es  ist  die  Pflicht  des 
Fürsten  und  seiner  Organe ,  über  die  Sicherheit  der  Person  und 
des  Vermögens  im  Lande  zu  wachen,  insbesondere  auf  den  öffent- 
lichen Straßen  und  in  den  Gemeinden.  Da  jedoch  der  Straßen- 
räuber sozusagen  hinter  dem  Bücken  des  Fürsten,  beziehungsweise 
der  berufsmäßigen  Polizeiorgane  desselben  seine  Umtriebe  ausübt, 
kann  die  Tätigkeit  des  Straßenräubers   als    eine  geheime  angesehen 


LjUv    ,.y*Ai;j    ^S.    Kauz  uldakäik   (im  Kapitel  fi  kejfijjeti  "lkat'i  wa-itbätihi), 
und    £   c£    }»\    .3  I      ..»jwJji    i\*c-     *£  S*     ...»»maJj 

xJ>x»».j\    fj^^zJi    o^-J't    ^*^     *^"t^    r^    Cf^**°     x<Ws^    d^^    je 
.jjsul      J^.r*»    }ii   (&Äa*.j.      Durer  terg.  1,384. 


Kcrsmärik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc.     333 

werden.  Hieraus  folgt,  daß  wenn  jemand  mit  offenem  Trotz  und 
Widerstand  gegenüber  der  Staatsgewalt  raubt  und  mordet,  dieser 
nicht  mehr  ein  Straßenräuber,  sondern  ein  Empörer  {bägi)  ist. 
Es  folgt  ferner,  daß  ein  Straßenraub  nur  auf  einem  solchen  Ge- 
biete und  an  solchen  Personen  begangen  werden  kann ,  welche 
unter  der  Souveränität  des  Staates  stehen.  Es  kann  daher  nicht 
von  dieser  strafbaren  Handlung  die  Rede  sein,  wenn  der  Straßen- 
raub nicht  auf  moslemischem  Gebiete  erfolgt,  ferner  wenn  der 
Täter  oder  sein  Opfer  nicht  Bürger  sind  und  der  Staat  sie  daher 
weder  in  ihren  Handlungen  zu  kontrollieren  hat,  noch  gegen  An- 
griffe schützen  muß ;  kurz ,  das  Delikt  des  Straßenraubes  kann  nur 
eine  unverletzliche  Person  an  einer  andern  unverletzlichen  Person 
begehen.1) 

Die  Strafe  des  Straßenraubes  ist  je  nachdem,  ob  nur  geraubt, 
oder  mit  dem  Raube  zusammen  auch  gemordet  wurde,  verschieden. 
Hat  der  Straßenräuber  ohne  zu  morden  einen  Gegenstand  weg- 
getragen, dessen  Wert  mindestens  10  Dirhem  ist,  oder,  wenn  mehrere 
tätig  waren,  ebensovielmal  10  Dirhem  als  Täter  waren,  dann  ist 
die  Strafe  des  Schuldigen  das  Abschneiden  der  einen  Hand  und 
des  auf  der  entgegengesetzten  Seite  befindlichen  Fußes.  Hat  er 
aber  gemordet,  ohne  daß  er  auch  geraubt  hätte,  dann  ist  der  Täter 
hinzurichten.  In  diesem  Falle  wird  die  Todesstrafe  als  bestimmte 
und  unabänderliche  Strafe  (kadd)  des  Straßenraubes  bemessen  und 
es  steht  dem  Rechtsnachfolger  der  durch  den  Straßenräuber  er- 
mordeten Person  nicht  das  Recht  zu,  dem  Verurteilten  die  Strafe 
zu  erlassen  oder  sich  mit  ihm  in  einem  Blutgeld  auszugleichen. 
Anders  steht  die  Sache,  wie  wir  dies  bald  sehen  werden,  wenn  es 
sich    nicht    um    einen  mit  Straßenraub  verbundenen  Mord    handelt. 

Straßenräuber,  die  zusammen  gehandelt  haben,  sind  auch  zu- 
sammen zur  Verantwortung  zu  ziehen,  selbst  in  dem  Falle,  wenn 
die  strafbare  Handlung  nicht  von  allen ,  sondern  nur  von  einem 
von  ihnen  begangen  wurde.  Denn  sie  halfen  einander,  als  Störer 
der  durch  Gott  festgestellten  Rechtsordnung,  durch  gemeinsame 
Kraftentfaltung  und  deshalb  sind  sie  alle  verantwortlich.  Hat  da- 
her auch  nur  ein  Mitglied  der  Straßenräuberbande  jemanden  er- 
mordet, so  muß  dafür  die  ganze  Bande  zum  Tode  verurteilt  werden.'-) 
Hat  der  Straßenräuber  gemordet  und  geraubt,  dann  besteht  die 
Strafe  aus  der  erwähnten  Verstümmelung  und  zugleich  aus  der 
Hinrichtung  des  Schuldigen.  Die  Reihenfolge,  ob  erst  die  Ver- 
stümmelung   und    dann    die  Todesstrafe    anzuwenden    sei    oder  iini- 


Ckz>   "Üs    (J^JLaÜü^XI  .      Radd  ulmuhtär  III,  293. 

2)   *Lv*.äj!    \Xi   (-yJ-3     .,O.JLit\jl    ,»./a      ,*oj    ...LXÄJ-IaJi     *.!?.*.. 
■•     ^         LJ7^-    t  <  >         ••     j^j      <_*     ••>•    LI)        v  \Z 

jj~*Jjl  owü»!  l\.5>  ».:  J     -**dS,     Durer  terg.  I,  38G. 

22* 


334     Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  Islamit.  Strafrechts,  etc. 

gekehrt,  stellt  der  Richter  nach  eigenem  Ermessen  fest,  ja,  da 
nach  der  Hinrichtung  des  Schuldigen  das  Abschneiden  der  Glieder 
nicht  mehr  viel  Sinn  hat,  steht  dem  Richter  das  Recht  zu,  von 
der  Verstümmelung  gänzlich  abzusehen. 

Die  Hinrichtung  des  Raubmörders  kann  auch  durch  Kreuzigung 
erfolgen.  Der  Prophet  sagt  nämlich:  „Wer  raubt,  der  ist  zu  töten, 
wer  mordet  und  raubt,  der  ist  ans  Kreuz  zu  schlagen."  Die  Kreu- 
zigung wird  an  dem  Schuldigen  entweder  nach  seiner  Hinrichtung 
oder  bei  lebendigem  Leibe  vollstreckt.  Im  letzterwähnten  Falle 
wird  der  Bauch  des  Verurteilten  mit  einer  Lanze  aufgeschlitzt. 
Den  Gekreuzigten  läßt  man  drei  Tage  lang  an  dem  Kreuz,  dann 
wird  sein  Leichnam  behufs  Bestattung  ausgefolgt.  Aus  öffentlichen 
Rücksichten  darf  der  Verurteilte  nicht  länger  als  drei  Tage  an 
dem  Kreuze  belassen  werden. 

Über  dem  zum  Tode  verurteilten  und  hingerichteten  Straßen- 
räuber wird  nicht  gebetet. 

Aus  dem  Gesagten  geht  hervor,  daß  für  den  Straßenraub  nur 
dann  eine  bestimmte  Strafe  bemessen  werden  kann,  wenn  der 
Straßenräuber  dem  Angegriffenen  etwas  wegnimmt  oder  ihn  er- 
mordet hat.  Deshalb  bleibt  jedoch  auch  die  einfache  Wegelagerung 
nicht  straflos.  Das  mohammedanische  Strafrecht  lehrt  nämlich, 
daß ,  wer  mit  Absicht  der  Wegelagerung  (ohne  Rücksicht  darauf, 
ob  mehrere  beisammen  waren  oder  der  Wegelagerer  allein  war, 
wenn  er  nur  stark  genug  war,  diese  Absicht  auszuführen)  einen 
andern  angreift ,  wenn  er  gefangen  wird ,  bevor  er  etwas  weg- 
genommen oder  jemanden  getötet  hat,  einzusperren  oder  solange 
gefangen  zu  halten  ist,  bis  er  sich  bessert.  Eine  solche  Wege- 
lagerung wird  nicht  als  ein  Versuch  des  Straßenraubes  betrachtet, 
denn  nach  der  mohammedanischen  Auffassung  ist  mit  dem  Ver- 
suche keine  Strafe  verbunden,  sondern  als  eine  besondere  strafbare 
Handlung,  die  deshalb  zu  verfolgen  ist,  weil  sie  den  Verkehr  un- 
sicher macht  und  die   Öffentlichkeit  schädlich  beeinflußt. 

Es  kann  geschehen,  daß  der  Straßenräuber  jemanden  aus- 
geraubt und  ihm  auch  eine  körperliche  Verletzung  zugefügt  hat. 
In  diesem  Falle  handelt  es  sich  um  eine  strafbare  Handlung  doppelter 
Natur,  um  den  Straßenraub,  dessen  Strafe  zu  den  göttlichen  Rechten 
gehört,  und  um  die  körperliche  Verletzung,  deren  Ahndung  ein 
menschliches  Recht  bildet.  Wenn  auch  in  der  Regel  jede  beson- 
dere strafbare  Handlung  eine  besondere  Strafe  nach  sich  zieht,  so 
wird  dennoch  in  diesem  Falle  der  Schuldige  nur  wegen  Raubes 
verurteilt,  während  die  körperliche  Verletzung  ungeahndet  bleibt. 
Denn  nach  der  mohammedanischen  Strafrechtstheorie  hören  die 
menschlichen  Rechte  dort  auf,  wo  das  göttliche  Recht  geltend  ge- 
macht wird.1)     Andererseits    leben    die    menschlichen    Rechte    dann 


Jw>   «J'USj    l\=-    Ljj    .Cu<X$>    (c*J-^"'»;'-j    y&üJaJl     %h\j% 


Krcsmärik,  Beitr.  z.  BeleucJdung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc.     335 

wieder  auf,  wenn  die  für  die  Delikte  entfallende  bestimmte  Strafe 
aus  irgend  einem  Grunde  nicht  angewendet  werden  kann. 

Die  bestimmte  Strafe  des  Straßenraubes  kann  in  folgenden 
Fällen  nicht  angewendet  werden :  wenn  der  Straßenräuber,  ohne  daß 
er  etwas  weggetragen  hätte,  jemandem  eine  körperliche  Verletzung 
zugefügt  hat;  wenn  er  gemordet  hat,  geraubt,  seine  Tat  aber  be- 
reut und  sich  gebessert  hat,  denn  es  steht  im  Koran,  daß  die,  die 
sich  bekehren ,  bevor  sie  gefangen  werden ,  von  der  bestimmten 
Strafe  zu  befreien  sind ; 1)  ferner  wenn  in  der  Straßenräuberbande 
eine  minderjährige  oder  wahnsinnige  Person  sich  befindet,  denn 
kraft  des  Prinzips  der  kollektiven  Verantwortlichkeit  müßte  die 
bestimmte  Strafe  auch  an  dieser  vollzogen  werden ,  während  Kinder 
und  Wahnsinnige  nicht  zu  bestimmten  Strafen  verurteilt  werden 
können ; 

ferner:  wenn  einer  der  Straßenräuber  ein  naher  Verwandter 
einer  der  angegriffenen  Personen  ist  (du  rahim  mahram) ;  es  wurde 
nämlich  schon  beim  Diebstahl  erwähnt,  daß  die  Wegnahme  eines 
Gegenstandes  nicht  als  Diebstahl  zu  betrachten  ist,  wenn  der  Dieb 
und  die  geschädigte  Partei  mit  einander  in  verwandtschaftlicher 
Verbindung  in  einem  gewissen  Grade  stehen ,  denn  der  Dieb 
konnte  der  Meinung  sein ,  daß  ihm  infolge  des  Verhältnisses ,  in 
welchem  er  zu  dem  Eigentümer  des  weggenommenen  Gegenstandes 
steht ,  das  Recht  zusteht ,  über  das  Vermögen  des  Verwandten  zu 
verfügen ; 

wenn  die  strafbare  Handlung  darin  besteht,  daß  einige  der 
"Reisenden  selbst  mit  der  Absicht  des  Straßenraubes  die  übrigen 
.Mitreisenden  angreifen,  denn  bei  dieser  strafbaren  Handlung  fehlen 
die  Kriterien  des  Straßenraubes; 

wenn  die  Täter  das  Delikt  des  Straßenraubes  bei  Nacht 
ausgeführt  haben ,  denn  die  Behörden  sind  nicht  imstande ,  bei 
Nacht  genügend  über  die  Sicherheit  der  öffentlichen  Straßen  zu 
wachen ; 

wenn  der  Straßenraub  bei  Tage,  aber  in  einer  Gemeinde  er- 
folgt, denn  hier  ist  die  Hilfe  zur  Hand ;  waren  jedoch  die  Straßen- 
räuber bewaffnet,  dann  ist  ihnen  die  Strafe  des  Straßenraubes  auf- 

^.w.äi  m\«.:>  -ij^XJ.i  J&>-  tDiAxc  *.^v.j!  ,  cAJ»l  ^.>l.  ...*j  sXi 
(g-*jT   ^äjlXJj!   JasLw  ^Lfl  ^>.*-o£  ^.^aio    (j:i_X.i»S    JaäL«       z+^z. 

Jd»\    *.*Ä^    «..li's    xLu    xJliU^    Lj:.     Durer  ten>.  I,  38G. 

1)  xaJLc  ,^Xäj  |JLs  »Lo^i  xxi.!_ri  J.*!  Js.z>'»  »Jjtai!  *--ii  ry*_5 
I^j'wJ    qjÄ.'I    b5i       ör  JL*j    »JjiJ    w\^-    xäc    Jaü«    LajLj    j-L>      ~*=^ 


<->*■-=*-    xÄ£   Jaä^j   +j,     Öauhare  II,  267. 


o36     Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechis,  etc. 

zuerlegen ;  wobei  zu  bemerken  ist ,  daß  es  als  Waffe  betrachtet 
wird,  wenn  die  Straßenräuber  einen  Stein  oder  einen  Stock  in  der 
Hand  haben;  schließlich 

wenn  der  Straßenraub  zwischen  zwei  solchen  Gemeinden  er- 
folgt, die  nicht  weit  von  einander  entfernt  sind,  und  zwar  schon 
aus  dem  erwähnten  Grunde,  daß  die  Angegriffenen  leicht  um  Hilfe 
rufen  können. 

Obwohl  in  dem  Falle,  wenn  die  angeführten  Entschuldigungs- 
gründe vorliegen,  die  Schuldigen  von  der  Anklage  des  Delikts  des 
Straßenraubes  und  deren  Folgen  freigesprochen  werden,  'so  folgt 
hieraus  dennoch  nicht,  daß  sie  nicht  unter  einem  andern  Titel  zur 
Verantwortung  gezogen  werden  können.  Denn  es  ist  für  die  be- 
gangene körperliche  Verletzung  ein  Blutgeld,1)  für  den  absicht- 
lichen Totschlag  die  Todesstrafe  oder  ebenfalls  ein  Blutgeld  aus^- 
zusprechen ,  nur  daß  diese  Strafen  ausschließlich  auf  eine  private 
Anklage  hin  festgestellt  werden  sollen  und  der  verletzten  Partei 
oder  ihrem  Rechtsnachfolger  das  Recht  zusteht,  die  Klage  zurück- 
zuziehen, sich  mit  dem  Täter  auszugleichen  oder  die  Strafe  zu  er- 
lassen ,  in  welchem  Falle  der  Straßenraub  tatsächlich  ungeahndet 
bleiben  muß. 

Der  Straßenräuber  hat  den  geraubten  Gegenstand,  wenn  dieser 
noch  vorhanden  ist,  ebenso  wie  der  Dieb  zurückzugeben.  Ist  aber 
dieser  Gegenstand  nicht  mehr  vorhanden,  so  ist  der  Straßenräuber 
nicht  schadenersatzpflichtig.  Es  bleibt  sich  gleich,  ob  der  be- 
treffende Gegenstand  von  selbst  zugrunde  gegangen  ist,  oder  ob 
ihn  der  Täter  absichtlich  vernichtet  hat.2)  Wird  die  für  den 
Straßenraub  bemessene  bestimmte  Strafe  auf  den  Schuldigen  nicht 
angewendet,  dann  steht  der  verletzten  Partei,  ebenso  wie  beim 
Diebstahl,  das  Recht  zu,  für  den  weggenommenen  Gegenstand  von 
dem  Schuldigen  Schadenersatz  zu  fordern. 


Öauhare  II,  267. 

0VjCi     ty./^     5-^^    c)^-^    Kj*^-    j^     Ü^*"*0     (JTlXa^äj^     O^J'i 
:JS   *\$     .,U/to.      Durer  terg.  1,386. 


Krcsmarik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  cl.  islamit.  Straf  rechts,  etc.     337 


B)    Die  zu  den  menschlichen  Rechten  gehörenden 
bestimmten  Strafen. 

Die  rein  menschliche  Rechte  verletzenden  strafbaren  Hand- 
lungen werden  nach  der  mohammedanischen  Strafrechtsterminologie 
mit  dem  Kollektivnamen  cjinäjet  bezeichnet.  Dieser  Ausdruck  be- 
deutete ursprünglich  allerlei  durch  das  Gesetz  verbotene  Handlungen, 
ob  diese  nun  sich  gegen  das  Leben ,  gegen  die  körperliche  Un- 
versehrtheit,  gegen  das  Vermögen  oder  die  Ehre  des  Menschen 
richteten.1)  Derzeit  versteht  das  Sari'atstrafrecht  unter  yinrfjet  nur 
diejenigen  strafbaren  Handlungen ,  welche  sich  gegen  das  Leben 
oder   gegen    die   körperliche  Unversehrtheit   eines  andeni  richten.-) 

Die  die  menschlichen  Rechte  verletzenden  strafbaren  Hand- 
lungen können  nämlich  in  zwei  Hauptgruppen  geteilt  werden.  In 
die  erste  Gruppe  zählt  man  den  Totschlag,  in  die  zweite  die  körper- 
lichen Verletzungen.  Die  letzteren  werden  nach  der  juridischen 
Terminologie  strafbare  Handlungen  „außer  Bereich  des  Lebens"  ge- 
nannt (mä  dun  alnafs). 

Die  Strafen  sind  zweierlei  Isatur.  Entweder  wird  die  der 
verletzten  Partei    zugefügte  Verletzung    nach    dem   Prinzip   „Leben 


!)     ij^*5     l3j5     **£=>     ,A^^i     ^Sm    ji     c^S»i     j.i-5*    IcjZ 

Lj   sJuJ-kzsA    IäJUi*    Li    au.-~.ai    läi.^    Lj   sJutajC    b    sJuLa   Lj   y5oL*J| 

aJj.J»    (^^ii)    *-*£ji    >^^    l*^2"^    (C^;!    x**j)    j^XjJ     /  *L*j" 
a^sL&ib  ie=>^  i3»>i  *-*>j5  j^}  f^*J'  s-^'Z-  d^>  i3j'  j^   ^j*>  («-J^J'O 

(0im)    bl    a.^1    *;p\    <->ÖS   J\  J.+J    (^-^)    LT!   x^}  jyi.\ 

Krimizäde  magmü'asi,  Konstantinopel   1288,  pag.  2. 

2)  gäjj  0Us  Q^  b^Lxc  ^äJ|  Jj  ^lXxäJI  iUJÜI  J  iuLil 
oLbbJlj  (j^.äxil  J,  Gauhare  II,  204.  Die  gegen  die  Regeln  der  Pilger- 
fahrt verstoßenden  Handlungen,  welche  unter  dem  Namen  ginäjät  ulharjg  be- 
kannt sind,  gehören  nicht  in  diese  Kategorie.  /  idxÄJ  *J  ,««Jl  öbLus! 
xjU.11  UaLc  pUäsJ!  itlbi  «.x  fci_b  ^.  ->o5i!  ,  ~jLo  Kadd  ul- 
muhtär  V,  466. 


338     Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  /'damit.  Straf  rechts,  etc. 

für  Leben,  Auge  für  Auge,  Zahn  für  Zahn"  mit  einer  ähnlichen 
Verletzung  geahndet,  oder  der  Schuldige  wird  angehalten,  der  ver- 
letzten Partei  nach  einer  gewissen  Skala  eine  Entschädigung  zu 
leisten.  Bei  der  Behandlung  der  die  menschlichen  Kechte  ver- 
letzenden Delikte  werden  wir  dieser  Einteilung  entsprechend  den 
Totschlag  und  die  körperliche  Verletzung,  dann  die  Vorschriften 
der  Vergeltung  der  Verletzung  durch  eine  gleiche  Verletzung  und 
die  Modalitäten  der  Entschädigung  für  die  Verletzung  besonders 
besprechen.  Schließlich  werden  wir  die  eigentümliche  Einrichtung 
des  mohammedanischen  Strafrechts  kennen  lernen,  nach  welcher  für 
eine  begangene  strafbare  Handlung  diejenigen  zur  Verantwortung 
gezogen  werden  können ,  die  mit  dem  Schauplatze ,  auf  welchem 
die  strafbare  Handlung  begangen  wurde,  in  territorialer  Verbindung 
stehen  (hasdme) ,  oder  diejenigen ,  welche  mit  dem  Täter  durch 
Blut-  oder  durch  andere  Bande  verknüpft  sind  ('äkile). 


VIII. 

Der  Totschlag  (Jcall).  Die  mohammedanischen  Juristen 
unterschieden  anfangs  dreierlei  Arten  des  Totschlags,  nämlich  die 
absichtliche  Tötung  ('amd  oder  Jcasd) ;  einen  aus  Irrtum  begangenen 
Totschlag  (chatä);  und  einen  dem  absichtlichen  ähnlichen  Tot- 
schlag (sibh  'amd).  Später  teilte  Abu  Bakr  Räzl  (f  370  AH.) 
diese  strafbare  Handlung  in  fünf  Klassen  ein  und  nach  seiner  Ein- 
teilung kann  der  Totschlag  sein : 

ein  absichtlicher  ('amd); 

ein  dem  absichtlichen  ähnlicher  (sibh  'amd) ; 

ein  aus  Irrtum  erfolgter  (chatä) ; 

ein  dem  irrtümlichen  ähnlicher  (mä  garä  magrä  'Ichatä) 

und  der  verursachte  Totschlag  (bisabab).1) 
Die  neueren  Juristen  halten  sich  an  die  letzterwähnte  Klassi- 
fikation.    Ebenso  hat  auch  'Omer  Hilmi  in  seinem  erwähnten  Werke 
Mi'järi  'adälel  diese  Klassifikation  als  Grundlage  angenommen. 

Die  am  meisten  gebräuchlichen  Definitionen  des  absichtlichen 
Totschlags  sind  die  folgenden.  Absichtlicher  Totschlag  ist,  wenn 
jemand  einen  andern  vorsätzlich  mit  einem  Instrument  tötet,  welches 
vom  Gesichtspunkt  der  Zerstückelung  der  Körperteile  als  Waffe 
gilt.      Oder    nach   'Omer   Hilmi   ist   absichtlicher   Totschlag,    wenn 


M_».i>Ux.    JjCä   xJLa**»    jgJwr»   \X*»\.^    s\Has>2    ^^2^>*    A^s    ».^^ 
-LlXL!     ,Lyü>!     ^yt     Durer  terg.  I,  389. 


Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  [damit.  Strafrechts,  etc.     339 

jemand  mit  einem  verletzenden  Instrument  eine  Person ,  deren 
Tötung  nach  dem  Gesetze  verboten  ist,  mit  Willen  tötet.1) 

Nach  der  mohammedanischen  Auffassung  kann  von  einem  ab- 
sichtlichen Totschlag  nur  dann  die  Rede  sein,  wenn  es  zweifellos 
offenkundig  ist,  daß  der  Täter  sein  Opfer  töten  wollte  und  diesen 
Zweck  auch  erreicht  hat.  Diese  Idee  soll  durch  jene  in  der  De- 
finition des  Begriffes  des  Totschlags  vorkommenden  Worte  zum 
Ausdruck  gebracht  werden,  daß  der  Täter  „vorsätzlich",  „mit 
Willen"  tötet,  welche  Worte  gemischt  und  abwechselnd  mit  dem 
Ausdruck    „absichtlich  tötet"    angewendet  werden. 

Da  jedoch  die  Absicht  oder  die  Intention  zu  den  inneren 
Handlungen  des  Menschen  gehört,  deren  Beweis,  wenn  keine  äußeren 
Umstände  vorhanden  sind ,  nicht  möglich  ist ,  so  nimmt  bei  der 
Beurteilung  der  strafbaren  Handlungen  die  Stelle  der  Absicht  in 
der  Regel  die  Anwendung  von  totbringenden  Instrumenten  den 
Platz  ein ,  wobei  vorausgesetzt  wird ,  daß  jemand ,  der  das  Leben 
eines  andern  mit  mörderischen  Instrumenten  vernichtet  hat,  diesen 
töten  wollte.'2)     Andererseits  folgt  aus  alldem,    daß  derjenige,    der 


1)  Es  wird  nicht  uninteressant  sein ,  einige  der  geläufigeren  hanefitischen 
Definitionen  des  Totschlags  zu  reproduzieren.     Der  vorsätzliche  Totschlag  (katl 


id\:   OtX^uJL/  sL^-^SI   /  äjJu  ,t  ?>4.->V    _^LwU    X.1..0    iA*ä.j    -x    ..P» 

dJU,   r^=*j  u^CiJL    ^        Kanz    uldakäik     (im    Kitäb     ulginäjät). 

tAc=- >    tii^-bfl    ,  4-1 -äj    (i    -Um    »j^Ü    !iAxaä      ,yOi      \jä     ..P. 

Durer  terg.  I,  389.       lXaoäj     ,\    kP» 

■  _»^     Sejchzäde,  Sarh  multakä  II,  296. 

^y:    iXX.SsUU'    Ls*bfi     Gauhare  II,  204.       (-X+c) 

,A,C*.äj$    Jjö     Ii>j«i5     'Omer  Hilini  a.  a.  O.  5. 

XAjyiJl  Ä.AlIiJl  öpbtXi  J,  rJlyAx  »Uw  Radd  ulmuhtär  V,  466. 
Demgemäß  behaupten  einige  Juristen,  daß  die  wirkliche  Absicht  des  Täters 
eigentlich  nebensächlich  sei  und  seine  Entschuldigung,  daß  er  sein  Opfer  nicht 
töten  wollte,  nicht  berücksichtigt  werden  kann.        .\      caä;^0    £    }ji    jjjj 


340     Krcsmärik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc. 

dem  Leben  eines  Menschen  nicht  durch  verletzende  Instrumente, 
sondern  in  anderer  Weise,  z.  B.  durch  Erwürgen,  Vergiftung  ein 
Ende  macht,  nicht  die  strafbare  Handlung  des  absichtlichen  Tot- 
schlages  begeht,  oder,  richtiger  gesagt,  nicht  wegen  voi-sätzlichen 
Totschlages  bestraft  werden  kann. 

Unter  verletzenden  Instrumenten  (älät  yäriha)  werden  Gegen- 
stände verstanden,  welche  imstande  sind,  die  Teile  des  Körpers  von 
einander  zu  trennen,  wie  z.  B.  das  Schwert,  ein  Messer,  ein  Pfeil, 
ein  scharfer  Stein,  Feuer  u.  s.  w.,  also  solche  Instrumente,  welche 
Waffen  sind  oder  als  solche  betrachtet  werden  können. 

Wegen  absichtlichen  Totschlags  kann  der  Mörder  nur  dann 
zur  Verantwortung  gezogen  werden,  wenn  er  zur  Zeit,  wo  er  die 
strafbare  Handlung  beging,  volljährig  und  bei  voller  Vernunft  war, 
ferner  wenn  die  Person  des  Opfers  den  Charakter  der  Unverletzlich- 
keit hatte.  Die  Unverletzlichkeit  muß  ständiger  Natur  sein,  wie 
die  des  Muselmans  oder  eines  einer  andern  Religion  angehörenden 
tributpflichtigen  Bürgers.  Die  Unverletzlichkeit  eines  provisorisch 
angesiedelten  Ausländers  ist  ebenfalls  nur  eine  zeitweilige. 

Die  Unverletzlichkeit  kann  auch  relativ  sein.  Dies  bedeutet, 
daß  der  sonst  unverletzliche  Mensch  seine  Unverletzlichkeit  unter 
gewissen  Umständen  verliert.  Ein  solcher  Pall  tritt  ein,  wenn 
jemand  einen  andern  mit  einer  Waffe  angreift,  denn  dann  kann 
der  Angegriffene  den  Angreifer,  der  infolge  seines  Attentates  seine 
Unverletzbarkeit  verloren  hat,  töten,  ohne  strafbar  zu  sein,  denn 
es  steht  geschrieben,  daß  „wer  gegen  den  Moslem  das  Schwert 
zieht,  dessen  Blut  frei  sei".  Wurde  aber  der  Angriff  zurück- 
geschlagen, ohne  daß  der  Attentäter  getötet  worden  wäre,  dann 
lebt  die  Unverletzbarkeit  des  Angreifers  neuerlich  auf  und  niemand 
hat  das  Recht,  ihn  nach  dem  Geschehenen  zu  töten.  Ein  Wahn- 
sinniger und  ein  Kind  können  ihre  Unverletzbarkeit  unter  keinen 
Umständen  verlieren,  selbst  dann  nicht,  wenn  sie  jemanden  mit 
einer  Waffe  angreifen,  denn  ihre  Handlung  kann  in  Ermangelung 
der  nötigen  Vernunft  nicht  als  Widersetzlichkeit  gegen  das  Gesetz 
qualifiziert  werden.  Tötet  der  durch  solche  Personen  Angegriffene 
den  betreffenden  Wahnsinnigen  oder  das  Kind,  so  hat  er  das  für 
das  Leben  desselben  entfallende  Blutgeld  zu  bezahlen.  Auch  ein 
nützliches  Haustier  ist  unverletzbar,  und  wenn  jemand  ein  ihn  an- 
greifendes Tier,  z.  B.  ein  Kamel  tötet,  so  ist  er  dessen  Eigentümer 
gegenüber  schadenersatzpflichtig. 

Bei  der  Feststellung  des  Deliktes  des  absichtlichen  Totschlages 


i^.a-5?.     m\     J.     tfJJO   j£>»     #J|     \j*+£.     iÜjjC     -b-&J     J*"Ä^     J»*Ä^      tX*3J> 

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Krcsmärik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Straf  rechts,  etc.     341 

muß  untersucht  werden,  ob  die  Unverletzbarkeit  des  Opfers  gegen- 
über dem  Mörder  bestanden  bat.1)  Wenn  z.  B.  A  den  B  absichtlich 
getötet  hat,  so  kommt  dem  Rechtsnachfolger  des  B  dem  A  gegen- 
über das  Recht  auf  Vergeltung  der  Verletzung  zu.  Wird  nun  der 
A  durch  eine  dritte  Person  getötet,  dann  liegt  der  Fall  der  relativen 
Unverletzbarkeit  vor.  Die  Person  des  A  ist  gegenüber  den  Rechts- 
nachfolgern des  durch  ibn  getöteten  B  nicht  unverletzbar,  denn  diese 
haben  ein  Recht,  ihn  zu  töten.  Gegenüber  X,  als  einer  unbeteiligten 
Person  aber ,  hat  A  das  vollkommene  Recht ,  als  unverletzbar  zu 
gelten.  Eine  weitere  Bedingung  des  absichtlichen  Totschlages  ist, 
daß  zwischen  dem  Mörder  und  seinem  Opfer  nicht  ein  Band  der 
Geburt  oder  des  Besitzes  oder  ein  Schein  dieses  Bandes  bestehe, 
d.  h.  daß  der  Täter  weder  der  Vater  noch  der  Herr  des  Getöteten 
sei.  Dies  ist  vom  Gesichtspunkte  der  Ausübung  des  Vergeltungs- 
rechtes  wichtig.  Denn  der  Prophet  hat  erklärt,  der  Sohn  habe 
kein  Vergeltungsrecht  gegenüber  dem  Vater.  Wenn  also  der  Vater 
seinen  Sohn  oder  der  Herr  seinen  Sklaven  tötet ,  so  können  diese 
wegen  dieser  Handlung  nicht  aus  dem  Titel  des  absichtlichen  Tot- 
schlages zur  Verantwortung  gezogen  werden. 

Die  Folgen  des  absichtlichen  Totschlages  sind: 
die  Strafe  im  Jenseits  (Um) ; 

die  Vergeltung  der  Verletzung  (kawad  'ajnan)  durch  eine 
ähnliche  Verletzung,  d.  h.  der  Tod  des  Mörders,  wenn  nur  der- 
jenige ,  der  auf  das  Vergeltungsrecht  Anspruch  hat ,  ihn  nicht 
erlassen  oder  sich  mit  dem  Täter  in  einer  gewissen  Ablösungs- 
summe verglichen  hat,  und 

der  Verlust  des  Erbrechtes  (Irirmän  ulirt),  denn  der  Prophet 
sagte,  der  Mörder  hat  kein  Erbteil.-) 

Der    Fall    des    dem    absichtlichen    ähnlichen   Totschlages    liegt 


1)  Radd  ulmuhtär  V,  470. 

2)  Zur  Begründung    der    Strafe    im    Jenseits   und    des    Taliorecbtes    beruft 
man  sich  vorzüglich  auf  Stellen  im  Koran,  wogegen  der  Verlust  des  Erbrechtes 

aus    einem    Spruche    des    Propheten    deduziert    wird:       -.*.£>•    \<£jS.S     )_\.*.c» 

-siL.=5?      \<X+3LK*      IjLcL*     JwXfiJ     ry**)     Ü^A-LjtJ»      XJw^Uv     i    '^      x'AäI»{      A.SS 


342     Krcsmär/l,  Beilr.  z,  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc. 

vor,  wenn  jemand  einen  andern,  wohl  absichtlich,  aber  mit  einem 
Werkzeuge  tötet,  welches  nicht  zu  den  erwähnten  Waffen  oder 
wallen  artigen  Instrumenten  gezählt  werden  kann ,  wie  z.  B.  mit 
einem  Stock,  mit  einer  Peitsche,  mit  einem  kleinen  Stein.1) 

Die  Definition  'Omer  Hilmi's  ist  die  folgende :  wenn  jemand 
einen  Menschen,  dessen  Tötung  nach  dem  Gesetze  verboten  ist,  nicht 
mit  einem  verletzenden,  sondern  mit  einem  andern  Instrument  tötet, 
begeht  er  einen  dem  absichtlichen  ähnlichen  Totschlag. 

Die  mohammedanischen  Juristen  haben  diese  strafbare  Handlung, 
welche  wir  auch  kurz  als  Halbabsicht  bezeichnen  können,  deshalb 
der  Absichtlichkeit  ähnlich  genannt,  weil  die  Absichtlichkeit  der 
Handlung,  insoweit  der  Täter  mit  den  von  ihm  angewendeten  In- 
strumenten sein  Opfer  schlagen  oder  beschädigen  wollte,  offenkundig 
ist.  Die  Handlung  enthält  aber  auch  einen  Irrtum,  weil  der  Täter  nicht 
morden  wollte.  Die  von  ihm  benützten  Instrumente  sind  keine 
todbringenden,  der  kluge  Mensch  aber  kann,  wenn  er  etwas  tut, 
nicht  alles  wollen,  sondern  nur  das,  was  mit  dem  bei  der  Tat  in 
Anspruch  genommenen  Werkzeug  vollbracht  werden  kann.  Der 
Umstand,  daß  jemand  nicht  jene  Werkzeuge  benützt  hat,  die  zur 
Ausführung  der  Tat  notwendig  sind ,  also  anstatt  eines  Schwertes 
einen  Stock,  dient  zum  Beweis,  daß  er  nicht  töten  wollte  und  daß 
seine  Tat  das  Ergebnis  eines  der  Absichtlichkeit  ähnlichen  Irrtums  ist. 


u.  s.  w.     _j    y£Jbö    iA*£  ifjS  ,*■£>    jjLii^l  j^^3    (c^i   v-v"0-5*^) 
y^^UJij    S^LaJi    j^JLc    &y»j  ^tXüXjt    s>}^   k'^}    l5^°    kJ*^" 

..  «.äjI      JliJ»  A»JJ    CJoUJ    oLax    b!)     Durer  terg.  I,  390. 

1)    |  »^    L«j    iO./£>    <A*ääj     ..!    K.ÄAÄ=-      cj!    \\Xz.    lX^xj!    xxUi», 

..\    L^JLe    lX**Ü    ^ Jl«Jl    «5-^   ,  o!    La    ^,    _^L^> 

LdLc.     J^Äflj     bS     L*J     W^3    uX^xäj      Gauhare  II,  205.         ,.|     *$>}     *-§+*"5 

.i  _>    La    .axj    ^.J^ir    ^Wxäj     Kanz  uldakäik  a.  a.  O.       iA**j|    ».-^    La!» 
y  J"    •       -j  ■     •  -* 

j5J    La    .a*J    iJ^AflJS    aJLö    kP.      Durer  terg.  I,  390.       .  JbCä    (lX+c   M-~) 
•JOC+äj!    S^-S   IuXa^JJ    'Omer  Hilmi  a.  a.  0.  pag.  6.      A*.c    x^  3!    xÄ-io! 

.jJUä  LX*aä  aJU   ^5-ac  ^J.^  y.^>,\   ^jLä  ».Ju«Uw  »^vLwjj  xj^Lwi 
.Ljicl   Jow  (j^äi    .AJij  Aaü   ^JLäs   x^i>»_j  ;<->.|»   l\a2.s   xixs   »lXJjJ 

.  jdu«»>     xäXjA^äj^      Krimizäde  a.  a.  O.  pag.  3. 


Krcsmärik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc.     343 

Die  rechtlichen  Folgen  dieser  strafbaren  Handlungen  sind: 

die  Strafe  im  Jenseits; 

die  Sühne  (kaffäre) ,  welche  in  der  Befreiung  eines  mosle- 
mischen Sklaven  besteht,  wenn  der  betreffende  Täter  hierzu  fähig 
ist;  wenn  er  aber  keinen  Sklaven  hat,  in  ununtei'brochenen  zwei- 
tägigen Fasten;  —  das  Erb  verbot,1)  und  schließlich 

das  verschärfte  (miujallaza)  Blutgeld  zu  Lasten  des  Täters 
und  seiner  Angebörigen  {'äküe). 

Eine  Vergeltung  der  Verletzung  hat  hier  nicht  statt.  Für 
einen  solchen  Totschlag  kann  daher  in  der  Regel  die  Todesstrafe 
nicht  ausgesprochen  werden.  Eine  Ausnahme  bildet  jener  Fall, 
wenn  jemand  wiederholt  in  einer  der  Absichtlichkeit  ähnlichen  Weise 
das  Delikt  des  Totschlages  begeht,  denn  dann  kann  der  Täter  als 
ein  für  die  Öffentlichkeit  gefährlicher  Mensch  administrativ  hin- 
gerichtet werden. 

Zu  bemerken  ist,  daß  ein  mit  nicht  verletzenden  Werkzeugen 
erfolgender  Totschlag  nur  dann  als  ein  dem  absichtlichen  ähnlicher 
Totschlag  anzusehen  ist,  und  nur  dann  durch  Bezahlung  des  Blut- 
geldes gutgemacht  werden  kann,  wenn  der  Täter  dem  Opfer  keine 
Wunde  beigebracht  hat.  Denn  hat  der  Täter  den  erschlagenen 
Menschen  verwundet ,  dann  ist  der  Totschlag  als  absichtlicher  zu 
betrachten  und  kann  die  Verletzung  mit  einer  ähnlichen  Verletzung 
vergolten  werden.  Schlägt  daher  jemand  einen  andern  so  lange 
mit  einem  Stocke ,  bis  er  stirbt ,  hat  er  ihm  aber  keine  Wunde 
beigebracht,  dann  zahlt  er  Blutgeld.  Wird  jedoch  an  irgend  einem 
Gliede  des  Opfers  eine  Wunde  vorgefunden,  dann  ist  die  Folge  der 
Tat  die  Todesstrafe.-) 

Die  Halbabsicht  wird  nur  bei  den  gegen  das  Leben  gerichteten 
strafbaren  Handlungen  berücksichtigt.  Bei  körperlichen  Verletzungen 
gilt  die  Halbabsicht  für  volle  Absicht. 

Ein  Irrtum  liegt  dann  vor,  wenn  jemand  einen  andern  nicht 
absichtlich,  sondern  infolge  eines  Fehlers  tötet.3)  Es  werden  zweierlei 
Formen  des  Irrtums  unterschieden. 

Der  eine  ist  der  in  der  Absicht  (kasd)  oder  besser  gesagt  in 
der  Meinung  (zanri)  des  Täters  vorkommende  Irrtum.  Ein  solcher 
Fall  liegt  vor,  wenn  jemand  einen  Moslem  niederschießt,  indem  er 
glaubt,  dieser  sei  ein  wildes  Tier  oder  ein  Feind. 


1)  Die  Gründe,  warum  eine  Sühne  beim  vorsätzlichen  Totschlag  nicht  ge- 
fordert wird,  siehe  Radd  ulmuhtür  V,   4G7. 

2)  'Omer  Hilmi  a.  a.  O.  p.  9. 

3)  Der  Irrtum  gehört  nach  der  Lehre  der  mohammedanischen  Rechts- 
philosophen  zu  den  erworbenen  Akzidenzien  des  Menschen  {'aicärid  mulctasaba, 
siehe  Anmerkung  auf  Seite  22  Heft  I)  und  wird  als  eine  ohne  Absicht  vollzogene 
Handlung,  bezw.  eine  Handlung  deren  Gegenteil  beabsichtigt  wurde,    definiert: 

Aj  .1    Lfl    K^&&£>      ^Is.     £■  -.ÄJi     ej.Äj      Manäfi'  pag.  297. 


;>44     Krcsmäi-ik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc. 

Die  zweite  Form  ist  der  in  der  Handlung  (fi'l)  des  Täters 
vorkommende  Irrtum,  z.  B.  wenn  jemand  ins  Ziel  schießt  und  einen 
Menschen  trifft,  oder  wenn  jemannd  seine-  Schießwaffe  reinigt,  die 
Waffe  plötzlich  losgeht  und  dadurch  der  Tod  eines  andern  Menschen 
verursacht  wird.1) 

Wollte  jedoch  der  Täter  einen  Körperteil  seines  Opfers  durch 
einen  Schuß  oder  ein  Messer  verwunden,  hat  er  aber  nicht  diesen 
Teil,  sondern  einen  andern  getroffen  und  dadurch  den  Tod  des  be- 
treffenden Menschen  verursacht,  so  wird  dieser  Fall  nicht  als  Irrtum 
betrachtet,  da  der  menschliche  Körper  eine  einheitliche  Schöpfung 
ist,  sondern  ein  absichtlicher  Totschlag,  wofür  dem  Rechtsnachfolger 
des  Opfers  das  Recht  der  Vergeltung  zukommt. 

Irrtum  und  Absicht  können  auch  zusammenfallen,  z.  B.  wenn 
jemand  absichtlich  eine  Person  erschießt,  die  Kugel  aber  zufällig 
jemand  anders  tödlich  trifft,  dann  ist  für  die  erste  Handlung  die 
Todesstrafe,  für  die  andere  aber  Blutgeld  auszusprechen. 

Die  absichtlichen  Handlungen  von  Wahnsinnigen  und  Kindern 
werden  als  Irrtum  betrachtet  und  das  für  das  Leben  und  für  die 
körperliche  Verletzung  des  Opfers  entfallende  Blutgeld  haben  die 
Angehörigen  des  Täters  zu  bezahlen.  Solche  Täter  verlieren  ihr 
Erbrecht  nicht,  denn  dies  wäre  eine  Strafe,  während  weder  Wahn- 
sinnige noch  Kinder  einer  Strafe  unterzogen  werden  können.  Später 
werden  wir  sehen ,  daß  gegenüber  Kindern  unbestimmte  Strafen, 
das  sind  sogenannte  Züchtigungen  angewendet  werden  können. 

Der  Totschlag  gleicht  dem  irrtümlichen  oder  wird  als  dem 
Irrtum  entsprungen  betrachtet,  wenn  er  durch  eine  nicht  vom  Willen 
des  Menschen  abhängige  Handlung  zustande  kommt  -),  z.  B.  wenn 
ein  schlafender  Mensch  auf  einen  andern  niederfällt  oder  im  Schlafe 


1)  ryA,C*.;<jf  Jjci  ^oi  -J  s-Uas>  •j.kaIjI  rV»~ä/>  si^lS  (IL?») 
^Lxcyjj  »JuJLj  (jjXJlcLs  -.w.a£J.I  .<X+m^6  -Jol  Lai>  yi  .iXj.Lac 
\_ä.lj'     ü>-Oi    S£    8i_\.jJLö!    ,-\j-^;  J^    XAj>^     r?    *^**k    L^A*3    *<->Lkw> 

auo^Lii  .j  j2vP  ,.)«-£,jj  ,.^i  (Jä^JjI   xLiAaäS   ^^.lXJjJ     -iL*.i5 

-*»*-*Ju|    JjCi      -.xa^Ui  _»!    bl\j»lX.jI  viioLol  u.  s.  w.     'Omer  Hilmi  a.  a.  O. 

pag.  6.     La^Uä  ^Aß  (.s\  jS>3    L\aoäJ!  J,    s\5a£>   ^-^>-»    ^1*   pUaii-j 

^jAji    ^j!  j^j    JotftJi    £    sXOas*}   ....    ^Oi  j.P    löli    !A>yo    aJLlaj 

LwOl    w^jucaS    L/to -i     Gauhare  II,  206. 
.....  ^ 

2)  Jas    y    ^Ulji    ^Läs>I    JJÖ    ^1    j^La-    «JLwL^    \lu> 


Krcsmärik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc.     345 

vom  Hausdache  herunterstürzt  und  einen  Vorübergehenden  tötet, 
oder  wenn  jemandem  eine  auf  seinem  Rücken  getragene  Last  ohne 
seinen  Willen  herunterfällt  und  dadurch  den  Tod  eines  andern  ver- 
ursacht. Diese  Tat  des  Schuldigen  kann  eigentlich  nicht  als  Irrtum 
betrachtet  werden  —  sagen  die  Kommentatoren1)  —  denn  der 
Schlafende  hat  ja  überhaupt  keine  Absicht,  es  kann  daher  auch  in 
seiner  Absicht  kein  Irrtum  vorkommen.  Da  aber  tatsächlich  ein 
Totschlag  erfolgt  ist,  so  haftet  der,  der  die  Tat  begangen  hat,  für 
den  entstandenen  Schaden  ebenso,  wie  auch  ein  minderjähriger  Täter 
für  eine  Handlung  Schadenersatz  schuldig  ist,  für  welche  er  sonst 
nicht  zur  Verantwortung  gezogen  werden  kann.  Dennoch  werden 
derartige  Totschläge  zu  den  Irrtümern  gerechnet,  weil  der  Irrtum 
ihnen  strafrechtliche  Schuldlosigkeit  sichert. 

Die  rechtlichen  Folgen  des  Totschlages,  der  aus  Irrtum  oder 
einer  dem  Irrtum  ähnlichen  Absicht  begangen  wurde,  sind  dieselben 
und  zwar  vor  allem  eine  Strafe  im  Jenseits,  die  ohne  Zweifel  milder 
ist,2)  als  beim  beabsichtigten  Totschlag.  Die  Strafe  im  Jenseits 
wird  von  den  Rechtsphilosophen  auch  hier  damit  begründet,  daß 
der  Täter  bei  seiner  Handlung  nicht  die  erforderliche  Vorsicht  ent- 
faltet hat.  Jene  Handlungen  nämlich ,  welche  kraft  ihrer  Natur 
indifferent  sind ,  d.  h.  keinem  strafrechtlichen  Verbot  unterliegen, 
sind  wohl  gestattet,  jedoch  unter  der  Bedingung,  daß  aus  ihnen 
keine  Verletzung  für  einen  andern  entspringe.  Entspringt  daher 
für  jemanden  infolge  einer  solchen  indifferenten  Handlung  ein  Schaden, 
dann  hat  der  Täter  offenbar  nicht  die  notwendige  Vorsicht  vor 
Augen  gehalten  und  dafür  ist  er  Gott  verantwortlich. 

Fernere  juridische  Folgen  des  Irrtums  und  der  Irrtumsähn- 
lichkeit sind  die  Sühne ,  das  zu  Lasten  der  Angehörigen  zu  be- 
messende  Blutgeld  und  das  Erbverbot;  das  letzterwähnte  deshalb, 
weil  der  Täter  möglicherweise  die  Absicht  hatte,  die  Erbschaft  zu 
beschleunigen. 

Der  Fall  verursachten  Totschlages  liegt  vor,  wenn  jemand  zur 


-^^♦.äj!  v_ sX'S  -aj^ww  »\  sl\j».a.ä«sj  xÄJ.t^i  (jd-^Uv  u.  s.  w.  'Omer 
Hilmi  a.  a-.  O.  J^>-,  J*c-  ^JIäaJ  ^jLäJI  JJO«  tLLil  ^.^  ^5->!  ^3 
^Iääas    Gauhare  II,  207. 

,J>.»<Äx/3        jS     Durer  terg.  1,391. 

2)    JjÜÜI    ^\    c,.0    f£$\ .     Radd  ulmuhtär  V,  4G9. 


346     Krcsm&rik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc. 

Tötung  eines  andern  dadurch  Ursache  gibt,  daß  er  eine  Sache  her- 
vorbringt, welche  erfahrungsgemäß  die  Vernichtung  der  Menschen 
hervorruft.1)  Wenn  jemand  z.  B.  auf  der  Landstraße  oder  auf  dem 
Grundstücke  eines  andern  ohne  Erlaubnis  eine  tiefe  Grube  gräbt 
und  jemand  in  diese  hineinfällt  und  infolgedessen  stirbt,  oder  wenn 
er  einen  großen  Stein  in  den  Weg  legt  und  jemand  über  den  Stein 
fällt  und  stirbt. 

Die  rechtliche  Folge  des  verursachten  Totschlages  ist  das  den 
Angehörigen  des  Täters  aufzuerlegende  Blutgeld.-)  Sühne  und  Erb- 
verbot sind  mit  dieser  Handlung  nicht  verbunden. 

Auch  das  Blutgeld  kann  in  einem  solchen  Falle  nur  unter 
zwei   Bedingungen  von  dem  Täter  gefordert  werden. 

Die  erste  Bedingung  ist,  daß  der  Täter  die  den  Tod  eines 
andern  verursachende  Handlung  widerrechtlich  ausgeführt  habe, 
denn  wenn  der  Täter  zu  der  betreffenden  Operation  das  Recht  hatte, 
dann  kann  er  für  den  hieraus  entspringenden  Unfall  nicht  zur 
Verantwortung  gezogen  werden.  Gräbt  daher  jemand  auf  dem 
Grundstücke  eines  andern  ohne  Bewilligung  des  Eigentümers  einen 
Brunnen  und  fällt  jemand  in  diesen  hinein  und  ertrinkt,  so  hat 
der  Brunnengräber  das  Blutgeld  des  Opfers  zu  bezahlen.  Hat  aber 
der  Täter  den  Brunnen  auf  seinem  eigenen  Grundstück  gegraben 
und  ist  so  jemand  hineingefallen,  dann  kann  er  für  den  aus  seiner 
berechtigten  Handlung  entspringenden  Todesfall  nicht  zur  Verant- 
wortung gezogen  werden.  Auf  solche  und  ähnliche  Fälle  bezieht 
sich  jene  durch  die  mohammedanische  Rechtstheorie  aufgestellte 
kardinale  Vorschrift,     welche    in    nicht    leicht  verständlicher  Weise 


1)   slXaä«  _j  m    &Ju»-Ä   .cX-äI»,!  »_>./.*«  a»il.X2  iJ>-*u>i   -j  JsÄä  Laajmo* 
(Joti  jj  cy^**1    c^**  vv-}J*  ^jl^I»!  ^__äJLj  solxJ!  ^_5 -•>    c-J^  ^/of  _j 


^  ts-*» 

v__äJL 

J     l,6j»J»y* 

c> 

-wöt   . 

'Omer   Hilmi  a. 

a.  0. 

p.  7.      «jto 

*  * 

y+i\ 

*iCJU    .At   J,  j&^>- 

Gauhare  II 

20 

7. 

2)    Man  lehrt,    daß    das  Sühngeld    nicht   als  Strafe    für  die  den  Tod  ver- 
ursachende Handlung    (z.  B.   das  Graben    einer  Grube)    sondern    als    Äquivalent 

für  die  zerstörte  Existenz  zu  zahlen  sei:    JlXj   v^-JÖ     ..b)    iüiAi!    u-*-^?.  r»AJ 

Lc  f\£  J^j  ^u  L<0.^\  y\  (y^> 0UäÜ    \y>  y  udztt 

.yLÜ  3  ^JiUi     U  c,U^it  ^yCj  *läfcl|  y£  ÄftJi  ,jCll  XäLtoi  cy<*j 

Somit  wenn  jemand  einen  andern  in  eine  Grube  hineinwirft,  so  ist  zur  Ent- 
richtung des  Schadenersatzes  für  das  Leben  des  Betreffenden  nicht  jene  Person 
verpflichtet,  welche  die  Grube  aushob,  sondern  diejenige,  welche  ihn  hinein- 
geworfen hat.     Manäfl'   270.     Siehe    auch  'Ali  Hajder,  Durer  ulhukkäm  I,  357. 


Krcsrnarik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islarnit.  Straf  rechts,  etc.     347 

der  folgende  Satz  ausdrücken  will:  „Die  gesetzliche  Freiheit  ist 
mit  der  Schadenersatzpflicht  nicht  vereinbar".  Diese  Vorschrift 
ist  übrigens  auch  in  den  §  91  des  türkischen  Privatrechtes  auf- 
genommen.1) 

Die  andere  Bedingung  ist,  daß  zwischen  die  Handlung  des 
die  Ursache  des  Todes  hervorrufenden  Individuums  und  die  Tat- 
sache des  Todes  keine  andere  freiwillige  Handlung  dazwischenfalle, 
denn  wenn  dies  geschieht ,  kann  der  Täter  nicht  zur  Bezahlung 
des  Blutgeldes  verpflichtet  werden.  Gräbt  daher  jemand  auf  dem 
Grundstücke  eines  andern  ohne  Einwilligung  des  Eigentümers  eine 
Grube  und  springt  jemand  absichtlich  in  diese  hinein  und  stirbt. 
oder  geht  jemand,  der  die  Gefahr  kennt,  dort  vorüber,  oder  wirft 
jemand  einen  andern  hinein ,  dann  kann  derjenige ,  der  die  Grube 
gegraben  hat ,  nicht  zur  Verantwortung  gezogen  werden ,  denn  es 
kam  eine  freiwillige  Handlung  dazwischen,  welche  den  unmittelbaren 
Zusammenhang  zwischen  der  Grube  und  dem  Tode  gestört  hat. 

Schließlich  halte  ich  es  für  notwendig,  auch  noch  derjenigen 
Totschläge  zu  gedenken,  welche  überhaupt  nicht  als  verbotene 
Handlungen  gelten. 

Für  einen  in  berechtigter  Notwehr  begangenen  Totschlag  oder 
für  eine  derart  begangene  körperliche  Verletzung  kann  niemand 
bestraft  werden.  Die  berechtigte  Notwehr  nennt  das  Strafrecht 
des  Islams  Abwendung  des  Schadens  (daf  uldarar).  Darüber,  wie 
weit  die  sich  verteidigende  Person  bei  der  Abwehr  des  gegen  sie 
sich  richtenden  Schadens  gehen  kann ,  geben  die  folgenden  Vor- 
schriften Aufklärung. 

Man  muß  unterscheiden,  ob  der  Angriff  bei  Tag  oder  bei  Nacht, 
in  einer  Gemeinde  oder  außerhalb  einer  solchen  erfolgt.  Zieht 
jemand  gegen  einen  andern  das  Schwert,  so  kann  der  Verteidiger 
den  Angreifer  frei  töten,  ohne  Bücksicht  darauf,  ob  der  Angriff 
bei  Tag  oder  bei  Nacht ,  in  einer  Gemeinde  oder  auf  einem  öden 
Platze  erfolgt,  denn  dieses  Recht  des  Verteidigers  beruht  auf  dem 
Ausspruche  des  Propheten.  Auch  derjenige  kann  nicht  zur  Ver- 
antwortung gezogen  werden,  der  jemanden  tötet,  der  in  einer  Ge- 
meinde zur  Nachtzeit  oder  außerhalb  einer  solchen  bei  Tag  mit 
dem  Stock  ihn  angreift.  Greift  aber  jemand  einen  andern  in  einer 
Gemeinde  mit  dem  Stock  an ,  so  darf  deshalb  der  Angreifer  nicht 
getötet  werden,  denn  der  Angriff  ist  nicht  mit  einem  todbringenden 
Werkzeuge  erfolgt  und  in  einer  Gemeinde  kann  man  das  Übel  leichi 
auch  anderweitig  abwenden,  indem  man  um  Hilfe  ruft. 

Als  berechtigte  Notwehr  qilt.  wenn   der  Eigentümer  des  Ver- 


l)  »Aä£JU  fjzJjS  \S>-*j>\  .j  ^lioa  »jJLI  J.-^  xi~«.o  ,  c^-y**  ;^~?" 
.  ..L«./to  x.wJ»S  v_ÄJlj  Uv^i  ♦->  ,_il  •-*.;>  e5^ÄJ.J  x-!fc>.'.i  _xjAJ»I  vv^-i 
j-*SS    *:bi.      §   91   der  türkischen   Megelle. 

Bd.  LVIII.  23 


348     Krcsmdrih,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc. 

mögens  den  Dieb,  welcher  den  gestohlenen  Gegenstand  nachts  aus 
dem  Hause  trägt,  während  der  Verfolgung  tötet,  wenn  festgestellt 
wird ,  daß  die  Tötung  des  Diebes  behufs  Rettung  des  gestohlenen 
Gegenstandes  erfolgt  ist.  Der  Prophet  sagte  nämlich:  „Töte  den- 
jenigen, den  du  bei  deinem  Vermögen  triffst".  Der  Eigentümer 
des  Vermögens  kann  den  Dieb  auch  dann  töten,  wenn  er  ihn  an 
der  Ausführung  seiner  Absicht  zu  stehlen  nicht  anders  als  durch 
Tötung  hindern  kann. 

Der  Hausherr  kann  jede  Person  töten ,  die  bewaffnet  in  das 
Haus  tritt,  wenn  der  Hausherr  überzeugt  ist,  daß  sie  ihn  töten  will. 

Beim  Schutze  der  Ehre  des  Mannes  und  der  Frau  verkündet 
das  moslemische  Strafrecht  möglichst  liberale  Lehren.  Die  Frau 
kann  straflos  jeden  Mann  töten,  der  ihr  Gewalt  antun  will,  wenn 
sie  sich  von  dieser  Gewalt  nicht  anders  befreien  kann.  In  diesem 
Falle  ist  die  Straflosigkeit  der  Frau  an  gewisse  Bedingungen  ge- 
knüpft. Wenn  aber  ein  Mann  in  seiner  eigenen  Wohnung  sieht, 
daß  jemand  mit  seiner  Gattin  oder  mit  einer  ihm  nah  verwandten 
Frau  (mahdrira)  mit  Zustimmung  der  Frau  Unzucht  treibt,  dann 
kann  der  in  seiner  Ehre  verletzte  Mann  den  Mann  und  die  Frau 
unbedingt  töten.  Ein  derart  im  Zustande  der  Entrüstung  tötender 
Mann  braucht  zur  Rechtfertigung  seines  Vorgehens  keinerlei  Beweis 
vorzubringen,  sondern  ist,  wenn  er  seine  Behauptung,  die  aber  mit 
den  Umständen  des  Falles  übereinstimmen  muß,  durch  Eid  erhärtet, 
von  jeder  weitern  Verantwortlichkeit  frei.1) 

IX. 

Die  körperliche  Verletzung  (mä  dun  alnafs).  Körper- 
liche Verletzung  oder,  wie  das  mohammedanische  Strafrecht  sagt, 
die  Strafhandlung  außer  Bereich  des  Lebens  kann  ebenso  wie  der 
Totschlag  absichtlich,  aus  Irrtum,  irrtumsähnlicher  Weise  oder  durch 


1)  Die  Tradition  beruft  sich  hinsichtlich  der  berechtigten  Notwehr  auf 
folgende  Sprüche  des  Propheten :  Wer  sein  Schwert  gegen  Mosleme  zieht,  dessen 
Blut  ist  frei  (x/O  J*5»f  <Xsb  y\-dLw.ii  cJLc  U^y*  _£.&  ,^ye)  und:  Töte 
den,  den  du  bei  deinem  Vermögen  findest  (\j5^Ls  (-)3^  J^-3^)-  Dieser  letztere 
Satz     wird     in     nachstehender    Weise     erklärt:      *a\        ,iAäju     xicLäxi     Aj'lS 

.l\X*ji>     xLI     J~Xs       tfi^ji     siAJlX^c     Durer  terg.  I,  394.        &**+fif    ji 
-jx-Lw/..*.^     »!     sA^lXäj!     J»äs        CJ».J.M*.+^     „'-—t±C>     si_\.xJji^     |^i_X.-ü 


j>\  8jüJL>  ^^t.  r^y  V^y  o*j°^  4;  *kji  rA+^^° 


Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  hiermit.  Strafrechts,  etc.     349 

Veranlassung  einer  Ursache  begangen  werden.  Eine  Halbabsicht 
gibt  es  jedoch  bei  der  körperlichen  Verletzung  nicht.1) 

Eine  absichtliche  körperliche  Verletzung  begeht,  der  mit  Willen 
jemanden,  den  er  nicht  verletzen  darf,  entweder  mit  einem  ver- 
wundenden Werkzeug  oder  in  anderer  Weise  verwundet. 

Man  muß  zwischen  solchen  Verletzungen  unterscheiden ,  bei 
welchen  die  Verletzung  darin  besteht,  daß  der  Täter  ein  Körper- 
glied eines  andern  abschneidet  oder  ganz  unbrauchbar  macht,  und 
zwischen  solchen,  bei  welchen  die  einzelnen  Körperteile  infolge  der 
Verletzung  wohl  nicht  ganz  unbrauchbar  wurden,  aber  bei  dem 
Verletzten  nach  der  Heilung  der  Wunde  irgend  ein  Mangel,  wie 
z.  B.  Schwäche  oder  irgend  ein  Schönheitsfehler,  zurückgeblieben  ist. 

Die  Strafe  der  absichtlichen  Körperverletzung  besteht  darin, 
daß  die  verletzte  Partei  die  Verletzung  durch  eine  ähnliche  Ver- 
letzung vergelten  kann.  Von  den  nicht  absichtlich  verursachten 
körperlichen  Verletzungen  sind  diejenigen,  welche  die  vollkommene 
Unbrauchbarkeit  eines  Körperteils  ergeben,  mit  einem  für  jeden 
Körperteil  besonders  mit  einer  bestimmten  Summe  festgestellten 
Schadenersatz  an  Vermögen  zu  bestrafen,  während  für  solche  körper- 
liche Verletzungen,  bei  denen  die  Brauchbarkeit  der  Körperteile 
nur  vermindert,  oder  nur  ein  Schönheitsfehler  verursacht  wurde, 
eine  schätzungsgemäße  Entschädigung  zu  bezahlen  ist. 

Die  Kopf-  und  Gesichtsverletzungen2)  werden  in  dem  Sari'at- 


0U=>5     S-y#     8lXjj.J      *\      Si_X.ÄjLa5»      Oj-ÄÄ/S       X*+.jJ>      ^Ol\Äj$       JjCS        .,   J-^u! 

,L\£j..L*./i    {jicsd    Li  i     'Omer  Hilmi  a.  a.  0.  57. 

1)  Ua:>  *\  1lX*ä  jS>  Uj!  i\«.c  \^i  \j*JdH\  (.S*J>  Las  jwuJj 
Gauhare  II,  211.  ..tXsJji?!  (j*JLul  ..**£  ^-H&)  ^+&  M-^  (  *%) 
.OlX^-c     (l\*£-)     8lXÜ»0    I/o     ^Ä^äj      Durer  terg.  I,  391. 

2)  Die  Verletzungen  am  Kopf  und  Gesicht  heißen  arabisch  sagge  pl.  sigdg. 
Die  muhammedanischen  Kriminalisten  unterscheiden  zehnerlei  solcher  Ver- 
letzungen,   wie:      1.    XJ^^OyA      2.     ».+£}*&      3.    jJUu/s     4.    &a\     5.    Xao.I»- 

6.  xx*\j>    7.  \^\j>    8.  xX/toL    9.  x*5»^lXa    10.     »L^W*«   'Omer   Hilmi  C7. 

U 

Radd  ulmuhtär  V,  510.       ä^jJLj    (joÄ^1'         äJ5     ^-ÄJtJ    (.-^£    _L?UiJjj) 
&.>!_>    *J    ^Iäj  ,LiU      Gauhare  11,218. 


350     Krcsmdrik,   Beitr.   '-'.  Beleuchtung  d.  /'damit.  Strafrechts,  etc. 

strafrecht  besonders  behandelt  und  wird  hier  für  einen  Teil  dieser 
Verletzungen  Schadenersatz  in  einem  fixen  Betrage  festgestellt, 
während  die  Feststellung  des  Schadenersatzes  für  andere  Teile  der 
richterlichen  Schätzung  (hukümet  'adl)  anheim  gestellt  wird.  Da- 
für, welche  Wunden  in  die  eine  oder  andere  Gruppe  gehören,  gibt 
es  genaue  Instruktionen. 

Die  wegen  körperlicher  Verletzung  zu  verhängenden  Strafen 
kann  der  Richter  solange  nicht  bemessen,  als  die  Wunde  nicht 
geheilt  ist,  denn  die  Strafe  kann  je  nach  dem  Ergebnis  der  Heilung 
eine  verschiedene  sein.  Ist  die  Wunde  vollkommen  geheilt  und  an 
dem  Körper  keinerlei  Spur  der  Verletzung  zu  sehen,  dann  hat  kein 
Schadenersatz  in  einem  fixen  Betrage,  sondern  nach  der  Schätzung 
platzzugreifen.  Dies  gilt  so  sehr,  daß  wenn  der  Täter  und  die 
verletzte  Partei  sich  hinsichtlich  der  Verletzung  geeinigt  haben, 
der  Vergleich  nichtig  wird,  wenn  keine  Spur  der  Verletzung  sicht- 
bar ist.  Es  steht  jedoch  der  verletzten  Partei  das  Recht  zu,  die 
Heilungskosten,  wie  auch  unter  dem  Titel  von  Zeit-  und  Erwerb- 
verlust während  der  Dauer  der  Krankheit  einen  gewissen  ent- 
sprechenden Betrag  zu  Lasten  des  Täters  aufzurechnen. 

Mit  Rücksicht  auf  andere  namentlich  privatrechtliche  Fragen, 
welche  aus  der  Verletzung  entstehen  können,  auf  die  ich  mich  hier 
aber  nicht  einlassen  kann,  werden  noch  Verletzungen  unterschieden, 
bei  denen  nicht  zu  hoffen  ist,  daß  der  Verwundete  auch  nur  noch 
einen  oder  zwei  Tage  am  Leben  bleibe  (mutchin),  und  solche, 
welche  den  Tod  verursachen  {muhlik).1) 

X. 

Die  Vergeltung  der  Verletzung  (kawad,  kisäs).  Die 
Bestrafung  des  Schuldigen  auf  Grund  des  Vergeltungsrechtes  be- 
deutet, daß  derjenige ,  der  gemordet  hat ,  getötet  werde ,  und  daß 
derjenige ,  der  einen  Körperteil  des  andern  zugrunde  gerichtet  hat, 
einen  ähnlichen  Körperteil  verliere. 

Der  Islam  findet,  daß  das  Vergeltungsrecht  der  rationelle 
Gegenwert  der  strafbaren  Handlung  sei,  weil  es  auf  den  psycho- 
logischen Gesetzen  beruht,  daß  Böses  mit  Bösem  vergolten  werde. 
Bekanntlich  nannte  man  in  Europa  dieses  strafrechtliche  Prinzip 
Blutrache,  wenn  auch,  wie  wir  sehen  werden,  diese  Benennung  in 
der  Anwendung  auf  das  moslemische  Vergeltungsrecht  nicht  ganz 
richtig  ist. 

Hingegen  nennen  die  Gelehrten  des  Islam  die  aus  der  straf- 
baren Handlung   fließende  Entschädigung    der   verletzten  Partei   an 


•  Ass-jS*    r)^M    t5^P"    "***  ^    ^J=>*>y^    i^Ux    'Omer  Hilmi  a.  a.  O.  4. 


Krcsmärik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Straf  rechts,  etc.     351 

Vermögen,  d.  b.  das  Blutgeld,  keinen  rationellen  Gegenwert  der 
strafbaren  Handlung,1)  indem  sie  der  Ansicht  sind,  es  sei  den 
Regeln  der  Vernunft  gemäß  durchaus  nicht  begründet,  daß  der- 
jenige, der  einen  andern  tötet  und  verstümmelt,  anstatt  der  natür- 
lichen Sühne  seine  Tat  durch  eine  Entscbädigung  an  Vermögen 
gutmache.  Daß  diese  Strafe  dennoch  angewendet  werden  muß, 
kommt  daher,  weil  sie  auf  einer  Verfügung  Gottes  beruht. 

Um  die  Vorschriften  des  Vergeltungsrechtes  verstehen  zu 
können,  müssen  wir  stets  die  Lehre  des  mohammedanischen  Rechtes 
vor  Augen  halten,  daß  das  Recht  des  Menschen  auf  sein  eigenes 
Leben  und  auf  seine  eigene  körperliche  Unversehrtheit  ein  persön- 
liches Recht  sei  und  daß  infolgedessen  für  die  gegen  das  Leben  und 
die  körperliche  Unversehrtheit  des  Menschen  sich  richtenden  straf- 
baren Handlungen  kein  anderer  als  die  verletzte  Partei  oder  ihre 
Rechtsnachfolger  zur  Verantwortung  ziehen  können  und  daß  das 
Recht,  zur  Verantwortung  zu  ziehen,  ebenso  vererbt  wird,  wie  eine 
andere  Berechtigung  privatrechtlicher  Natur. 

Der  Mörder  kann  auf  Grund  des  Rechtes  der  Vergeltung  nur 
in  dem  Falle  getötet  werden,  wenn  er  beim  Begehen  der  Tat  voll- 
jährig und  gesunden  Verstandes  war;  wenn  er  ferner  einen  Menschen 
absichtlich  erschlagen  hat,  der  den  Charakter  der  Unverletzlichkeit 
hatte.  Wir  wissen,  daß  der  Totschlag  nur  dann  ein  vorsätzlicher 
ist,  wenn  er  mit  Werkzeugen  ausgeführt  wurde,  die  zum  Morde 
geeignet  sind,  wie  ein  Messer,  ein  Schwert,  ein  eiserner  Hammer, 
d.  h.  also  mit  verwundenden  Werkzeugen ,  denn  —  so  lehrt  die 
mohammedanische  strafrechtliche  Theorie  —  die  verwundenden 
Werkzeuge  vernichten  den  Menschen  außen  und  innen ,  die  nicht 
verwundenden  aber  nur  den  inneren  Teil  desselben,  den  äußeren 
nicht,  während  zum  Bestand  des  Körpers  sowohl  dessen  innere  als 
äussere  Unversehrtheit  notwendig  ist.2)  Infolgedessen  ist  mit  Tötung, 
die  durch  Erwürgen ,  Vergiftung ,  Ertränken  hervorgerufen  wurde, 
die  Todesstrafe  nicht  verbunden.  Wirft  jemand  einen  andern  von 
einer  Erhöhung  hinab  und  stirbt  der  Hinabgeworfene,  dann  kann 
der  Täter  nur  in  dem  Falle  mit  dem  Tode  bestraft  werden,  wenn 
dieser    Sturz    aus    der    Höhe    unter    sfewöhnlichen    Umständen    tot- 


1)  Jjüui    ^,lVj    "3    r,L.J    (3jä*/s    ;ac    JJUj    \J&3?    *Lxaä    IvoU, 
Lä£    ]3\    Las)     (jöLoäJU    tLaä   y     (}dl     -yaJÜ    SÜlXöJLj  )     sdäHi 

Jjö  .\  yd\  ^Jlc  ]y^Lo  *\  3U!  ^äUi  j^Mj  SjXäI\  slJj!  J^>i 

»jj-o    bS    L-£aaj    älSL*^    ^    (joLaäJI    ^c    "$\\l    ^U!    l\S>I    c  -~    ^\2_5 
cÄjw    ^!»     Manäfi'  pag.  157. 

2)  Durer  terg.   I,  394. 


352     Krcsm&rik,  Beitr.  s.  Beleuchtung  <I.  (damit.  Straf  rechts,  etc. 

bringend  war.     Denn  ist  dies  nicht  der  Fall,    dann    hat  der  Täter 
nur  Blutgeld  zu  bezahlen. 

Die  Absicht  muß  in  einer  jeden  Zweifel  ausschließenden  Weise 
bewiesen  sein,  sonst  kann  die  strafbare  Handlung  nicht  als  vor- 
sätzlich betrachtet  werden.  Das  Geständnis  ist  ein  mangelhafter 
Beweis  und  hat  nur  für  den  Geständigen  eine  rechtliche  Wirkung. 
Sagt  der  Angeklagte  aus ,  er  habe  mit  einem  andern  Komplicen 
zusammen  einen  Mord  begangen,  und  leugnet  dieser  Komplice,  dann 
muß  in  Ermangelung  anderer  Beweise  auch  der  Angeklagte,  der 
sich  auf  einen  Komplicen  beruft,  von  der  Anklage  enthoben  werden. 

Die  Zeugen  müssen  bezüglich  der  Zeit  und  des  Ortes  des 
Mordes  und  der  angewendeten  Werkzeuge  gleichförmig  aussagen, 
denn  sonst  kann  ihre  Aussage  nicht  als  Beweis  angenommen  werden. 
Nur  die  Aussage  eines  solchen  Zeugen  hat  beweisende  Kraft,  der 
von  der  strafbaren  Handlung  durch  Augenschein  unmittelbare 
Kenntnis  hat.  Die  Vorschrift  des  mohammedanischen  Rechtes,  man 
könne  auch  über  eine  Sache  Zeugenschaft  abgeben,  von  der  jemand 
nur  durch  Hörensagen  Kenntnis  hat,  erstreckt  sich  auf  das  Delikt 
des  Totschlages  nicht.  Auch  die  Aussage  von  Frauen  kann  nur 
bei  solchen  Handlungen  als  Beweis  angenommen  werden,  von 
welchen  ein  Mann  keine  Kenntnis  haben  kann  und  für  welche  nicht 
der  Tod,  sondern  nur  ein  Blutgeld  als  Strafe  angesetzt  ist. 

Das  mohammedanische  Strafrecht  hält  bis  aufs  äußerste  kon- 
sequent an  dem  Prinzip  fest,  daß  der  Mensch  selbst  über  seinen 
Körper  verfüge.  Verwundet  daher  jemand  einen  andern  tödlich 
und  stellt  der  Verwundete  in  Abrede ,  daß  dieser  ihn  verwundet 
habe,  so  ist  jener  auch  dann  freizusprechen,  wenn  Zeugen  dafür 
vorhanden  sind,  daß  diese  Person  tatsächlich  die  strafbare  Handlung 
begangen  hat.1) 

Die  Absichtlichkeit  des  Totschlages  kann  sehr  schwer  bewiesen 
werden,  wenn  zwei  oder  mehrere  einen  Mord  begehen.  Haben  zwei 
Mörder  die  den  Tod  hervorrufenden  Verletzungen  auf  einmal  in 
einer  und  derselben  Zeit  verursacht,  dann  sind  beide  zum  Tode  zu 
verurteilen.  Kann  jedoch  nicht  festgestellt  werden,  wer  dem  Opfer 
den  Todesstoß  zugefügt  hat,  dann  hat  jeder  von  den  Tätern  nur 
je  die  Hälfte  des  Blutgeldes  zu  bezahlen.  Es  kann  auch  geschehen, 
daß  zwei  nach  einander  dem  Opfer  Stiche  beigebracht  haben  und 
daß  beide  Stiche  tödlich  waren.  In  einem  solchen  Falle  ist  der- 
jenige Mörder,  der  zuerst  gestochen  hat,  zum  Tode  zu  verurteilen, 
während  des  andern  Täters  eine  unbestimmte  Strafe  harrt. 

Die  auf  dem  Rechte  der  Vergeltung  beruhende  Todesstrafe 
muß  von  den  Rechtsnachfolgern  des  Opfers  verlangt  werden.  Ohne 
dies  kann  die  Todesstrafe  nicht  vollstreckt  werden.2) 

1)  Radd  ulmuhtär  V,  478. 

2)  .XId.JJ*  (cJuäj!  \jo\-jai  _U-3  e^Äwo,^  e^^j-Äiw  'Omer 
Hilmi   21. 


Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  idarnit.  Strafrechts,  etc.     353 

Bei  der  Vollstreckung  der  Todesstrafe  müssen  die  Rechts- 
nachfolger des  Ermordeten,  beziehungsweise  diejenigen,  denen  das 
Vergeltungsrecht  zukommt,  anwesend  sein.  Ist  nur  einer  der  Be- 
rechtigten ferne,  so  kann  die  Strafe  nicht  vollstreckt  werden,  denn 
es  ist  möglich,  daß  der  Betreffende  deshalb  ferngeblieben  ist,  weil 
er  dem  Schuldigen  verziehen  hat.1)  Die  Strafe  selbst  muß  nicht 
von  dem  Berechtigten  selbst  vollzogen  werden,  er  kann  auch  einen 
andern  damit  betrauen,  doch  muß  er  beim  Akte  anwesend  sein. 

Hat  die  ermordete  Person  nur  einen  Rechtsnachfolger,  so  kann 
dieser  den  Mörder  auch  vor  dem  richterlichen  Urteil  hinrichten, 
ohne  daß  er  dafür  den  Rechtsnachfolgern  des  Mörders  verantwortlich 
wäre.  Bei  den  zu  den  göttlichen  Rechten  gehörenden  Strafen  ver- 
hält sich  die  Sache  anders.  Dort  bildet  die  Strafe  ausschließlich 
die  Aufgabe  des  Fürsten,  und  wer  eine  Person,  die  auf  Grund  des 
göttlichen  Rechtes  zum  Tode  verurteilt  wurde,  tötet,  zahlt  den 
Erben  der  ermordeten  Person  ein  Blutgeld.  Gibt  es  mehrere  Rechts- 
nachfolger, die  alle  eines  Sinnes  sind,  dann  werden  sie  als  eine 
Person  betrachtet.  Ist  jedoch  ihre  Wille  verschieden  und  verlangt 
ein  Teil  den  Tod  des  Mörders,  während  der  andere  geneigt  ist, 
sich  mit  dem  Blutgeld  zufrieden  zu  geben ,  dann  unterbleibt  die 
Todesstrafe  endgültig  und  alle  können  nur  auf  eine  Entschädigung 
an  Vermögen  Anspruch  erheben. 

Das  Vergeltungsrecht  ist  ein  unteilbares,  einheitliches  Ganzes. 
Man  kann  daher  nicht  nur  einen  Teil  desselben  nachsehen ,  denn 
wer  einen  Teil  nachsieht,  der  sieht  das  Ganze  nach.2)  Auf  der- 
artige Fälle  bezieht  sich  der  §  63  des  türkischen  Privatrechts,  in 
welchem  es  heißt:  einen  Teil  einer  unteilbaren  Sache  zu  erwähnen, 
heißt  soviel,  als  die  ganze  Sache  erwähnen.  Hat  jemand  mehrere 
Personen  ermordet,  so  können  die  Rechtsnachfolger  des  einen  Opfers 

1)         -M++ijyi      y/öLs"  _^X'J'.»      llX+>-      \^JyXÄA      öiXaoLaOÄ      (JV-S» 


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^r.J      ..i\j.Lfci       ^i^     ij>Oj.ääx 


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-JLt.ÄS»)    /  ö*aAJ  ,jÜ«»*JCj)    ».äc    sA/J.-cJ   (J,.t->   yNxjl£    &.\i*.z>-    lä&JUjI 


jJ>.\*     'Omer  Hilmi   25. 


2)    S5     ^xlS"    «^.4.äjJ    S5   ^axi    üNa^    -j    ^jLaI»! 


ju\jkA^>    &A+AJ]     Jj-J-S    ^-:-- 


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jliji    *_aAääx    xäjJ>       _jwiiXeLa    'Ali  Hajder  I,  248. 


354     Krcsmärik,  Bcitv.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc. 

ebenfalls  den  Tod  des  Mörders  nicht  verlangen,  wenn  die  übrigen 
das  Blutgeld  wollen. 

Das  Vergeltungsrecht  geht  wohl  auf  die  Rechtsnachfolger  des 
Ermordeten  nach  den  Vorschriften  der  Erbfolge  über,  doch  bildet 
dieses  Recht  dennoch  ein  Urrecht  und  kommt  den  Rechtsnachfolgern 
nicht  als  Erbe  zu.1)  Stirbt  nun  der  Berechtigte  vor  dem  Vollzug 
der  Strafe,  dann  geht  das  Recht  auf  dessen  Erben  über.  Es  kann 
sich  auch  ereignen,  daß  der  Mörder  selbst  zum  Teil  ein  gegen  ihn 
gerichtetes  Vergeltungsrecht  erbt.  In  diesem  Falle  kann  natürlich 
von  der  Todesstrafe  keine  Rede  sein  und  greift  die  Ausgleichung 
der  strafbaren  Handlung  durch  Bezahlung  Platz. 

Die  Rechtsnachfolger  des  Ermordeten  haben  in  der  Regel  das 
Recht  der  Vergeltung  in  natura  zu  üben,  d.  h.  den  Mörder  hinzu- 
richten oder  hinrichten  zu  lassen.  Es  wird  daher  nicht  ihrem 
freien  Willen  anheimgestellt,  das  Vergeltungsrecht  oder  Blutgeld  zu 
fordern.  Dazu,  daß  die  Todesstrafe  in  Blutgeld  verwandelt  werden 
könne,  ist  die  Einwilligung  des  Mörders  notwendig. 

Stirbt  der  zum  Tode  verurteilte  Mörder  vor  dem  Vollzug  der 
Todesstrafe  oder  wird  er  durch  eine  dritte  Person  ermordet,  so 
geht  das  Vergeltungsrecht  verloren  und  man  kann  auch  das  Blut- 
geld aus  der  Hinterlassenschaft  des  Betreffenden  nicht  fordern. 

Bei  den  zu  den  göttlichen  Rechten  gehörenden  bestimmten 
Strafen  findet  ein  Beweis  durch  Eid  nicht  statt.  Die  Vorschriften 
des  Vergeltungsrechts  räumen  auch  dem  Eid  einen  Platz  ein.  Kann 
der  Ankläger  seine  Anklage  nicht  anders  beweisen,  so  kann  er  dem 
Angeklagten  den  Eid  antragen.  Legt  dieser  den  Eid  ab,  dann  wird 
er  von  der  Anklage  freigesprochen ,  legt  er  ihn  aber  nicht  ab ,  so 
wird  er  wohl  nicht  hingerichtet,  aber  so  lange  gefangen  gehalten, 
bis  er  entweder  schwört  oder  ein  Geständnis  ablegt.  Bei  jenen 
strafbaren  Handlungen,  welche  ein  Blutgeld  nach  sich  ziehen,  wird, 
falls  der  Eid  nicht  abgelegt  wird,  zu  Lasten  des  Angeklagten  das 
Blut^eld  zu^eurteilt. 


1)    Die    mohammedanischen    Juristen    stellen    hierbei    feine    Distinktionen 
zwischen  der  Erbschaft  (irt,  wiräta)  und  Nachfolge  (chüäfe)  auf.    L^äaj     »  .äj'3 

\y&l\    Jlc  JöläJi  ^lXäc!  löi  Jj&Si    cäs  sA*s  x*L3i  j  »^  pLä* 

,.>X:     j>Lc     XÄ.C     **).£:     (j^AXci     U     JJU.J     &yJ&l\     (JTlXÄXJ     (.J     /a^ols 

x'S.  »j\      JS    Sadr  alsari'a  a.  a.  0.  fol.  222.    Einer  andern  Meinung  hinsichtlich 
der  „chilafe"  ist  Mahmud  Es'ad,  Telchisi  usüli  fikh  pag.  371. 


Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  idamit.  Strafrechts,  etc.     355 

Das  Vergeltungsrecht  erleidet  durch  den  Umstand  keine  Ände- 
rung, ob  im  Falle  eines  absichtlichen  Totschlags  der  Tod  des  Ver- 
wundeten sofort  oder  infolge  der  Wunde  später  eingetreten  ist. 
Denn  wenn  die  Wunde  sichtbar  ist  oder  wenn  Zeugen  beweisen, 
daß  der  Beklagte  das  Opfer  verwundet  hat  und  daß  dieses  infolge- 
dessen bis  zu  seinem  Tode  krank  darniederlag,  so  verdient  der 
Täter  die  Todesstrafe. 

Der  Mörder  ist  hinzurichten ,  wenn  er  eventuell  etwa  auch 
individuell  oder  infolge  seiner  gesellschaftlichen  Stellung  mehr  wert 
ist,  als  der  Getötete.  Angesehene  mohammedanische  Juristen  sind 
anderer  Ansicht. 

Das  hanefitische  Strafrecht  forscht  nicht  nach  dem  Werte  des 
Opfers  und  seines  Mörders.  Nach  diesem  Strafrecht  sühnt  der 
mohammedanische  Mörder  durch  den  Tod  für  die  Tötung  eines 
Schutzbefohlenen  Bürgers  anderer  Keligion  und  vice  versa.  Die 
Gelehrten  dieser  Schule  berufen  sich  in  dieser  Beziehung  darauf, 
daß  es  im  Koran  heiße :  , Leben  für  Leben1",  welcher  Ausdruck,  da 
er  eine  absolute  Bedeutung  hat,  keine  Einschränkung  duldet.  Sie 
berufen  sich  ferner  auf  die  von  dem  Propheten  befolgte  Praxis 
und  auf  den  Ausspruch  'Alis,  daß  der  Schutzbefohlene  Bürger  durch 
Bezahlung  der  Kopfsteuer  hinsichtlich  seines  Vermögens  und  seines 
Lebens  dem  Moslem  gleich  wird. 

Diejenigen,  die  anderer  Ansicht  sind,  wie  Säfi'i,  basieren  ihre 
Theorie  auf  den  Ausspruch  des  Korans,  daß  „der  Freie  für  den 
Freien,  der  Sklave  für  den  Sklaven  gerichtet  wird1",  welcher  Aus- 
spruch es  nach  ihrer  Ansicht  ausschließt,  daß  ein  freier  Bürger  für 
einen  Sklaven  das  Leben  verliei-en  könne.  Sie  berufen  sich  ferner 
auf  die  Tradition,  nach  welcher  der  Prophet  sagte:  „Der  Gläubige 
wird  wegen  eines  Ungläubigen  nicht  gerichtet". 

Für  die  Tötung  einer  zeitweilig  angesiedelten  Person  kann 
selbst  nach  der  hanefitischen  Theorie  die  Todesstrafe  weder  gegen- 
über einem  Moslem,  noch  einem  Schutzbefohlenen  Bürger  be- 
messen werden,  aber  der  freie  Mann  wird  getötet  wegen  Er- 
mordung eines  Sklaven,  der  Vollsinnige  wegen  der  eines  Wahn- 
sinnigen, der  Großjährige  wegen  der  eines  Kindes  und  der  Gesunde 
wegen  der  Tötung  eines  Blinden ,  eines  Krüppels ,  eines  Lahmen, 
weil  Leben  für  Leben  geht.  Die  Deszendenten  werden  wegen 
der  Ermordung  ihrer  Aszendenten  (Vater,  Mutter,  Großeltern)  hin- 
gerichtet, aber  nicht  umgekehrt,  wie  auch  der  Herr  wegen  der 
Tötung  seines  Sklaven  oder  des  Sklaven  seines  Sohnes  nicht  hin- 
gerichtet werden  kann,  weil  der  Vater  und  der  Herr  der  Meinung 
sein  konnten,  sie  hätten  auf  das  Leben  ihres  Sohnes,  bez.  ihres 
Sklaven,  kraft  ihrer  väterlichen,  resp.  ihrer  Herrengewalt  ein  RecW 
(Zweifel). 

Die  auf  Grund  des  Vergeltungsrechts  erfolgende  Hinrichtung 
des  Mörders  kann  nur  durch  das  Schwert  vollzogen  werden ,  ohne 
Rücksicht    darauf,    wie    dieser    das  Leben    seines  Opfers  vernichtet 


356     Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc. 

hat.  Denn  der  Prophet  hat  gesagt,  daß  das  Vergeltungsrecht  nur 
mit   dem   Schwerte  geübt  werden  könne. 

Der  hinzurichtende  Schuldige  darf  selbst  dann  nicht  gepeinigt 
werden,  wenn  er  sein  Opfer  eventuell  gepeinigt  hat.  Peinigt  jemand 
eine  zur  Todesstrafe  verurteilte  Person  bei  der  Hinrichtung,  so  ist 
er  hierfür  mit  einer  unbestimmten  Strafe  zu  belegen. 

Das  mit  dem  vorsätzlichen  Totschlag  verbundene  Vergeltungs- 
recht hört  auf,  wenn  jemand  dieses  gegenüber  seinem  Vater  erbt, 
denn  dann  hätte  er  das  Recht ,  seinen  Vater  zu  töten ,  was  ein 
naturwidriger  Gedanke  ist.  Es  hört  ferner  auf,  wenn  der  Mörder 
stirbt  oder  wenn  einer  der  Rechtsnachfolger  des  Opfers  dem 
Schuldigen  verzeiht  oder  sich  mit  ihm  vergleicht.  Hat  einer  dem 
Mörder  verziehen ,  oder  hat  er  sich  mit  ihm  verglichen ,  oder  ihm 
überhaupt  die  rechtlichen  Folgen  der  Strafe  nachgesehen,  so  hat 
er  gegenüber  dem  Mörder  keinerlei .  weitere  Rechte.  Sind  aber 
mehrere  Erben  vorhanden ,  dann  ist  denjenigen ,  welche  dem  Ver- 
geltungsrechte nicht  entsagt  haben ,  die  entsprechende  Quote  des 
Blutgeldes  auszufolgen. 

Derjenige,  der  einem  andern  die  rechtlichen  Folgen  der  straf- 
baren Handlung  nachsehen  will,  muß  die  Verfügungsfähigkeit  be- 
sitzen. Die  Rechte  der  minderjährigen  Kinder  oder  der  Personen 
mit  verminderter  Vernunft  üben  der  Vater,  der  Vormund  oder  der 
Richter  aus.  Diese  können  sich  wohl  im  Interesse  ihres  Mündels 
oder  ihres  Curanden  vergleichen,  doch  haben  sie  nicht  das 
Recht ,  dem  Täter  einfach  zu  verzeihen ,  denn  dadurch  würden  sie 
die  durch  sie  vertretenen  Personen  in  ihren  Vermögensinteressen 
kürzen.  Es  ist  zu  bemerken,  daß  wenn  es  unter  den  Erben  Groß- 
jährige und  Minderjährige  gibt,  die  Ersterwähnten  den  Mörder, 
auch  bevor  die  Minderjährigen  großjährig  werden,  hinrichten  lassen 
können. 

Das  Vergeltungsrecht  solcher  Personen,  die  keine  Erben  hinter- 
lassen haben ,  übt  der  Fürst  aus.  Auch  diesem  steht  nicht  das 
Recht  zu,  die  Strafe  zu  erlassen,  denn  dies  würde  nach  dem  Islam 
gegen  das  öffentliche  Interesse  verstoßen,  aber  auch  der  Fürst  darf 
sich  mit  dem  Mörder  vergleichen.1) 

Die  oberste  Pflicht  des  Moslems  ist  es,  sich  die  Kenntnis  der 
göttlichen  Gesetze  zu  verschaffen.  Diese  Gesetze  werden  denn  auch 
in  möglichst  ausgedehnter  Weise  unterrichtet.  Fromme  Gläubige 
machen  zu  dem  Zwecke  Stiftungen ,  daß  die  göttlichen  Gesetze 
durch  berufene  Personen  erörtert  und  unentgeltlich  unterrichtet 
werden.     Trotzdem    bleibt    der    Mensch    nur    ein   schwaches  Wesen 


zäde  43. 


Krcsmärik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc.     357 

und  niemand  vermag  das  ganze  Material  zu  wissen.  Von  dieser 
Auffassung  ausgehend  findet  in  mohammedanischen  Staaten  das 
europäische  Rechtsprinzip ,  daß  die  Unkenntnis  des  Gesetzes  nicht 
als  Entschuldigungsgrund  dienen  könne ,  nicht  so  unbedingte  An- 
wendung, wie  in  Europa,  obwohl  dort  der  Rechtsuntericht  in  un- 
vergleichlich höherem  Maße  erfolgt  als  bei  uns.  Daß  Unwissen- 
heit in  gewissen  Fällen  Straflosigkeit  sichert,  haben  wir  schon  bei 
dem  Delikt  der  Unzucht  gesehen. 

Nach  all  dem  Gesagten  wird  uns  der  Ideengang  des  moham- 
medanischen Strafrechts  in  folgendem  Beispiel  verständlicher.  Ge- 
langen zwei  Personen  A  und  B  durch  Erbschaft  zu  dem  Rechte 
einen  Mörder  hinzurichten,  und  hat  A  dem  Mörder  verziehen,  dann 
hat  auch  das  Vergeltungsrecht  des  andern  Kointeressenten  B  auf- 
gehört und  er  hat  nicht  mehr  das  Recht,  den  betreffenden  Mörder 
zu  töten.  Hatte  B  Kenntnis  davon,  daß  das  Verzeihen  des  A  sein 
Vergeltungsrecht  aufhebt,  dann  verdient  er,  falls  er  den  Mörder 
getötet  hat,  die  gesetzliche  Strafe.  Hatte  er  aber  davon  keine 
Kenntnis,  so  kann  ihn  dafür  keine  Strafe  treffen.1) 

Das  Vergeltungsrecht  kann  sich  auch  auf  etwas  anderes,  nicht 
bloß  darauf  beziehen,  daß  der  Schuldige  durch  den  Tod  sühne.  Für 
den  Fall,  daß  das  Vergeltungsrecht  nicht  darin  besteht,  daß  der 
Täter  hingerichtet  werde ,  sondern  darin ,  daß  die  verletzte  Partei 
die  erlittene  körperliche  Verletzung  durch  eine  andere  vergelten 
könne,  schreibt  das  Gesetz  bezüglich  der  Auslegung  dieses  Rechtes 
andere  Regeln  vor. 

Das  auf  die  körperlichen  Verletzungen  bezügliche  Vergeltungs- 
recht kann  nur  innerhalb  der  Grenzen  der  Gleichheit  (musäwät) 
geübt  werden.2)  Hier  gilt  also  nicht  die  Vorschrift,  welche  bei 
dem  unter  der  Bezeichnung  „Leben  für  Leben"  bekannten  Ver- 
geltungsrechte maßgebend  ist,  daß  nämlich  der  Mörder  auch  für 
die  Ermordung  einer  solchen  Person  hingerichtet  werden  kann, 
welche  in  staatsrechtlicher,  gesellschaftlicher  oder  individueller  Be- 
ziehung   einen    minderen  Wert   hat    als  er.     Haben  die  Schuldieren 


-lc    .£>$\   (j^oÄäi    j*3    ^ajjJ!    \Xs>\    Lac    131    ^\    (aX?j<&  j&c    t\*j) 

lJLc    uöLoä   ^Ls    "&AS    UgJL«    lX=>U    JXS   tzs>  (j^LaäSl   ^1   ^.1- 

JÜOJ!    *jJLc     Ui|j    &Jj>bS!     aJCftiL^    *i\*j    Manäfi'   293. 

;Li»!    j^.L>    (joLaJJ     8l\>..:>-    »tX-ÜAJ     öLil     &,JIjI     ««iO     'Omor  Hilmi 
a.   a.  O.   62. 


358     Krcsmdrik,  Beitv.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc. 

und  die  verletzte  Partei  nicht  den  gleichen  Wert,  dann  kann  der 
Täter  für  die  von  ihm  verursachte  körperliche  Verletzung  nicht 
damit  bestraft  werden ,  daß  an  seinem  Körper  die  durch  die  ver- 
letzte   Partei  erlittene  Verletzung  vergolten  wird. 

Von  diesem  Gesichtspunkt  aus  betrachtet  das  Strafrecht  des 
Islams  den  Mann  mit  der  Frau,  den  Minderjährigen  mit  dem  Groß- 
jährigen, den  freien  Bürger  mit  dem  Sklaven  nicht  als  gleichwertig. 
Hat  daher  die  Frau  die  Hand  eines  Mannes  abgeschnitten,  so  kanu 
der  Mann  für  diese  körperliche  Verletzung  nicht  wieder  der  Frau 
die  Hand  abschneiden,  denn  das  würde  gegen  das  Prinzip  der  Gleich- 
heit verstoßen. 

Der  Bürger  moslemischer  Religion  ist  mit  dem  Schutzbefohlenen 
Bürger  nichtmoslemischer  Religion  gleichwertig.  Die  Sklaven  können 
einander  gegenüber  das  Vergeltungsrecht  wegen  körperlicher  Ver- 
letzungen nicht  üben,  weil  der  Wert  der  Sklaven  bekanntlich  sehr 
verschieden  ist. 

Für  die  unter  ungleichwertigen  Personen  vorkommenden  Ver- 
letzungen ist  der  verletzten  Partei  das  Blutgeld  zuzuurteilen. 

Haben  zwei  Personen  eine  körperliche  Verletzung  begangen, 
so  kann  diese  der  Täter  nicht  an  beiden  Tätern  vergelten,  denn 
es  wäre  ungerecht,  für  eine  Verletzung  zwei  zu  bestrafen.  In 
einem  solchen  Falle  haben  die  beiden  Täter  je  eine  Hälfte  des 
Blutgeldes  zu  bezahlen. 

Bei  der  Vergeltung  der  körperlichen  Verletzung  ist  es  eine 
weitere  wichtige  Regel,  daß  die  Verletzung  nur  dann  an  dem  Täter 
vergolten  werden  kann,  wenn  dies  in  der  Weise,  wie  es  der  Täter- 
getan hat,  möglich  ist.  Dies  ist  das  Prinzip  der  Ähnlichkeit  (rnu- 
mätcde).1)  Die  Hand  und  der  Fuß  können  nur  beim  Gelenk  ab- 
geschnitten werden,  wenn  auch  der  Angeklagte  so  gehandelt  hat. 
Hat  aber  der  Angeklagte  die  Hand  und  den  Fuß  des  andern  nicht 
beim  Gelenk,  sondern  z.  B.  zwischen  Faust  und  Ellbogen  entzwei- 
geschnitten oder  ihm  das  Auge  ausgeschlagen ,  dann  kann  die 
Verletzung  nicht  vergolten  werden,  weil  es  unmöglich  ist,  die 
Ähnlichkeit  einzuhalten.  Es  könnte  nämlich  leicht  geschehen, 
daß  die  verletzte  Partei  dem  Schuldigen  bei  der  Vergeltung  der 
Verletzung  ein  größeres  Übel  zufügte ,  als  dieser  ihm  zugefügt 
hatte. 

Deshalb  gibt  es  kein  Vergeltungsrecht  hinsichtlich  des  Knochens. 
Der  Prophet  hat  übrigens  deutlich  gesagt,  daß  es  hinsichtlich  des 
Knochens  keins  gebe.  'Omar  und  Ibn  Mas'üd  aber  haben  hinzu- 
gefügt, es  gebe  kein  Vergeltungsrecht  hinsichtlich  der  Knochen,  aus- 


i)  ,  j+.xi,\  c^jIc.  2üd5l*A  X«U=3j   L»L*j  »AÄ>oL=.ä  ^jIaücS 
►  I  qJ==.*x  *^>.jLe^  xxLiL^vs  t'j^ 

wVi«J    jo-^ji    8lX^j->     'Omer  Hilmi   64. 


,..La-U,!    ,-« '—^■»x    o^'»^;    *.^}L*/*    —^J^a    *.>j     j    *^c    ttxJ    .\S.h)J^ 


Krcsmürik,  Beitv.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc.     359 

genommen  die  Zähne.  Bei  den  Zähnen  kann  nämlich  das  Vergeltungs- 
recht frei  geübt  werden. 

Man  darf  nicht  für  die  rechte  Hand  die  linke  und  für  die 
linke  die  rechte  Hand  abschneiden,  oder  für  einen  Zahn  des  Ober- 
kiefers einen  Zahn  des  Unterkiefers  ausschlagen.  Zieht  der  Zahnarzt 
irrtümlicherweise  statt  eines  schmerzhaften  Zahnes  einen  gesunden, 
so  kann  er  deswegen  nicht  zum  Verlust  des  betreffenden  Zahnes 
verurteilt  werden,  weil  bei  seinem  Vorgehen  die  Kriterien  der  straf- 
baren Handlung  nicht  vorhanden  sind,  aber  er  hat  ein  Blutgeld  zu 
bezahlen. 

Die  Strafe  ist  sofort  anzuwenden,  sobald  die  strafbare  Hand- 
lung erwiesen  ist.  Oft  scheint  die  Strafe  eine  doppelte  zu  sein, 
während  das  Verfahren  nach  der  Vorschrift  des  mohammedanischen 
Strafrechts,  daß  für  jede  strafbare  Handlung  die  gesetzliche  Strafe 
unverzüglich  anzuwenden  sei,  nur  konsequent  ist.  So  z.  B.  wenn  A 
die  Hand  des  B  abschneidet,  B  dies  beim  Bichter  beweist,  und  in- 
folgedessen auf  Grund  des  von  dem  Richter  zugeurteilten  Ver- 
geltungsrechts auch  A  die  Hand  abgeschnitten  wird.  Stirbt  nun 
B  infolge  der  Wunde,  dann  wird  A  wegen  Totschlags  hingerichtet, 
obwohl   er   schon   einmal   für   das  Abhauen    der  Hand    gesühnt   hat. 

Für  solche  Fälle ,  wo  das  Verbrechen  einer  Person  darin  be- 
steht, daß  sie  zwei  Menschen  die  Hände  abgeschnitten  hat,  und  zwar 
einem  die  rechte,  dem  andern  die  linke  Hand,  verfügt  das  Gesetz, 
daß  dem  Täter  beide  Hände  abzuhauen  sind.  Hat  aber  der  An- 
geklagte beiden  Personen  nur  die  rechte  Hand  abgehauen,  so  kann 
er  nur  zu  dem  Verlust  der  rechten  Hand  verurteilt  werden,  während 
er  für  die  andere  Verletzung  Blutgeld  zahlt.  Dafür,  welcher  von 
von  den  zwei  verletzten  Parteien  das  Vergeltungsrecht  zukomme 
und  welcher  das  Blutgeld ,  besteht  die  Vorschrift ,  daß ,  wenn  die 
Verletzten  zu  gleicher  Zeit  Klage  erheben,  dem  Angeklagten  die 
rechte  Hand  abgehauen  wird  und  die  verletzten  Parteien  sich  in 
das  Blutgeld  teilen.  Reicht  aber  einer  unabhängig  von  dem  andern 
die  Klage  ein,  dann  ist  auf  Wunsch  der  Pai-tei,  welche  die  Klage 
früher  eingei'eicht  hat,  die  Hand  des  Täters  abzuhauen,  und  muß 
sich  der  später  Meldende  mit  dem  Blutgeld  zufrieden  geben.  Denn 
die  Rechte  des  sich  früher  Meldenden  müssen  befriedigt  werden 
und  die  Rechtshilfe  kann  nicht  auf  die  Zeit  verschoben  werden, 
bis  sich  auch  die  übrigen  verletzten  Parteien  melden.  Die  Rechte 
desjenigen,  der  sich  früher  meldet,  stellt  nämlich  das  Gesetz  deutlich 
fest.  Es  liegt  daher  kein  Grund  für  den  Aufschub  vor.  Überdies 
ist  es  auch  möglich ,  daß  die  andere  verletzte  Partei  keine  Klage 
erheben  will  oder  sich  mit  dem  Täter  verglichen  hat. 

Nach  Abu  Hanifa  darf  der  Verletzte  dem  Täter  kein  größeres 
Übel  zufügen,  als  welches  dieser  jenem  zugefügt  hat.  Wird  daher 
auf  Grund  des  Vergeltungsrechts  die  Hand  des  Schuldigen  ab- 
gehauen und  dadurch  dessen  Tod  verursacht,  so  hat  der  Verletzte 
für    den    verursachten    Tod    Blutgeld    zu    bezahlen.      Die    Schüler 


360     Krcsmärik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc. 

Abu  Hanifas  und  Säti'is  sind  anderer  Ansicht.  Vorkommenden  Falls 
entscheidet  daher  über  Fragen  ähnlicher  Natur  der  Richter,  wobei 
er  natürlich  sein  Urteil  in  der  Regel  durch  die  Ansichten  der 
Autoritäten  seiner  eigenen  Schule  unterstützt. 

Der  verletzten  Partei  steht  das  Recht  zu,  der  Strafe,  welche 
mit  der  von  ihm  erlittenen  Verletzung  verbunden  ist,  zu  entsagen 
{'afw) ,  sich  mit  dem  Täter  zu  vergleichen  (sulh)  oder  diesem  die 
für  die  Verletzung  zugeurteilte  Entschädigungssumme  zu  erlassen 
(ibra),  ebenso  wie  auch  die  Rechtsnachfolger  des  Ermordeten  dieses 
Recht  haben. 

Gegenüber  einem  Aszendenten  kann'  der  Deszendent  das  Ver- 
geltungsrecht wohl  nicht  üben,  doch  hat  er  einen  berechtigten  An- 
spruch auf  Blutgeld. 

(Schluß   im  nächsten  Hefte.) 


361 


Entgegnung    auf  Leumanns    ..Bemerkungen   zu   Hari- 
hara's  Ratirahasya"  (oben  S.  203  ff.). 

Von 

Richard  Schmidt. 

Herr  Professor  Leumann  wundert  sich  ein  wenig  über  meine 
Keckheit ,  weil  ich  einen  so  fragmentarischen  Text  wie  den  des 
Harihara  herausgegeben  habe.  Er  gestatte  mir,  ein  paar  Worte 
darüber  zu  sagen.  Zunächst  freue  ich  mich ,  daß  er  in  meinem 
Unterfangen  einen  Beweis  von  Wagemut  sieht:  es  ist  so  hübsch, 
von  sachlicher  Seite  bestätigt  zu  sehen,  daß  man  noch  nicht  zu  alt 
ist,  um  keck  zu  sein!  Dieser  mein  Mut  war  hier  freilich  sehr 
nötig,  und  noch  mehr  Geduld.  Denn  drei  Jahre  hat  es  ge- 
dauert, ehe  ich  die  gewünschten  Handschriften  be- 
kam —  trotz  der  guten  Worte  von  Hultzsch  und  der  sehr  reich- 
lich gespendeten  Eupien  des  Herausgebers.  Daß  die  Originalhand- 
schriften aus  Madras  nicht  ausgeliehen  werden ,  ist  eine  für  mich 
sehr  bittere  Wahrheit,  die  ich  schwarz  auf  weiß  besitze.  Man 
schrieb  mir  s.  Z. ,  daß  nur  mit  Bühler  einmal  eine  Ausnahme  ge- 
macht worden  sei. 

Zu  den  Ausstellungen ,  die  Leumann  nun  noch  macht ,  habe 
ich  folgendes  zu  bemerken.  Die  Deutung  des  Kolophons ,  wie  ich 
sie  versucht  habe,  mag  falsch  sein;  über  ein  non  liquet  kommen 
wir  vorläufig  hier  nicht  weg.  Aber  das  zweimalige  nämähka  wie 
das  ganze  Gefüge  des  Kompositums  läßt  mich  einstweilen  bei  meiner 
Auffassung  stehen  bleiben. 

Die  Zusätze  bei  den  Varianten  „auch",  „und"  oder  „neben" 
sollen  nach  Leumann  unklar  sein,  resp.  ich  soll  beabsichtigen, 
„hiermit  eine  neue  Art  der  Varianten -Bezeichnung  aufzubringen". 
Daran  habe  ich  nun  ganz  und  gar  nicht  gedacht.  Da  nur  eine 
Handschrift  vorliegt,  die  von  einem  Schreiber  stammt,  sind  obige 
Zusätze  meiner  Meinung  nach  ganz  klar.  Jedenfalls  bleibt  es  völlig 
gleichgiltig,  ob  der  Schreiber  des  Ms.  eine  Variante  über  oder  unter 
oder  neben  die  Zeile  gesetzt  hat. 

Leumann  macht  auch  Verbesserungsvorschläge  zu  verschiedenen 
Strophen:    sie    sind    ansprechend   bis   auf   die  zu  I,  70.     Hier  will 


;ili'J        Schmidt,  Entgegnung  auf  Leumanns  „Bemerkungen  etc.1' 

Leumann  striyo  'vaääh  und  strlsv  avasatäm  lesen.  Meine  Fassung 
ist  aber  die  allein  richtige.  Wir  müssen  dabei  nach  I,  69  zurück- 
gehen. Die  hastini  etc.,  heißt  es  da,  gerät  ins  Wanken  infolge 
der  Kenntnis  der  kalä  seitens  des  Mannes;  aus  dem  Wankend- 
werden ergibt  sich  der  moha.  „Ist  aber  die  Geliebte  erst  betört, 
dann  erfolgt  sicher  liämasiddhi;  weiter  aber:  ist  die  Liebe  erst 
perfekt  geworden,  so  sind  die  Frauen  ohne  weiteres  gewonnen; 
sind  aber  die  Frauen  erst  botmäßig  geworden ,  so  ist  das  Glück, 
welches  das  kämasästram  verleiht,  erlangt."  Nur  so  bekommen 
wir  einen  befriedigenden  Sinn. 

Ich  kann  nur  meiner  Freude  darüber  Ausdruck  geben,  daß 
mein  Entschluß ,  Harihara's  Text  zu  veröffentlichen ,  für  Herrn 
Prof.  Leumann  Veranlassung  zu  seinen  anregenden  Bemerkungen 
gewesen  ist.  Besonders  belehrend  wäre  es  aber  gewiß ,  wenn  er 
sich  einmal  der  verschiedenen  im  IL  sarga  gebrauchten  Kunst- 
ausdrücke annehmen  wollte,  die  ich  in  den  mir  zu  Gebote  stehen- 
den Wörterbüchern  vergeblich  gesucht  habe. 


308 


Gutmann  und  Gutweib  in  Indien. 

Von 

R.  Pischel. 

Mironow  teilt  in  seiner  Dissertation:  „Die  Dharmaparlksä 
des  Amitagati",  Leipzig  1903,  S.  20  ff.  vier  Erzählungen  von  vier 
Narren  mit,  die  bisher  in  der  Sanskritliteratur  nicht  gefunden 
sind.  Vier  Narren  begegnen  einem  Asketen  aus  der  Sekte  der 
Jaina,  der  ihnen  seinen  Segen  erteilt.  Uneinig  darüber,  wem  der 
Segen  gegolten  habe,  beschließen  sie,  den  Heiligen  selbst  zu  fragen, 
der  erklärt,  der  Segen  gelte  dem  dümmsten  unter  ihnen.  Jeder 
will  nun  der  dümmste  sein.  Auf  Veranlassung  des  Asketen  gehen 
sie  nach  der  Stadt  und  legen  den  Bürgern  ihren  Streit  zur  Ent- 
scheidung vor.  Die  Bürger  fordern  sie  auf,  ihren  Anspruch  darauf, 
der  dümmste  zu  sein,  zu  begründen.  Jeder  der  vier  Narren  erzählt 
nun  eine  Geschichte.  Über  die  des  dritten  Narren  hat  M  i  r  o  n  o  w 
das  Folgende:  „Der  dritte  Narr  lag  einmal  mit  seiner  Frau  im 
Bette.  Da  beschlossen  sie  nach  seinem  Vorschlag,  daß  derjenige, 
der  zuerst  spräche,  zehn  süße  Kuchen  dem  andern  geben  müsse. 
Als  sie  so  still  lagen,  kam  ein  Dieb  in  das  Haus  und  nahm  alles, 
was  zu  stehlen  war.  Als  der  Dieb  schon  auf  das  Untergewand 
der  Frau  seine  Hand  legte,  sprach  die  Frau  den  Mann  an:  „„Was? 
Wirst  du  auch  jetzt  ruhig  zuschauen  ?uu  Da  verlangte  der  Mann 
die  versprochenen  zehn  Kuchen,  weil  sie  zuerst  das  Schweigen  ge- 
brochen hatte.  Darauf  bekam  er  den  Spitznamen  vJjofa*L  (der  Lahme 
oder  Sklave?)." 

Die  Erzählung  hat  besonderes  Interesse  dadurch,  daß  sie  die 
bis  jetzt  nachweisbar  älteste  Fassung  einer  weitverbreiteten  volks- 
tümlichen Geschichte  ist,  die  durch  Goethe  bei  uns  sehr  bekannt 
geworden  ist.  Goethes  Gedicht  führt  in  den  gebräuchlichsten 
Ausgaben  den  Titel  „Gutmann  und  Gutweib" ,  z.  B.  Sämmtliche 
Werke,  Stuttgart  1874,  I,  115  f.  Goethe  selbst  aber  hatte  es 
seiner   Quelle    entsprechend1)    „Altschottisch"    betitelt,    und    unter 


1)  Die  Angaben    über  Goethes  Quelle,    die  auch    den  Nachweis    weiterer 

orientalischen   Fassungen  enthalten,    verdanke  ich  den  Herren  Erich  Schmidt 
und  Burdach. 

Bd.  LVIII.  24 


3(54  Fischet,  Gutmann  und  Gutweih  in  Indien. 

diesem  Namen  steht  es  auch  in  der  Weimarer  Ausgabe  4,  336  ff. 
Der  Sanskrittext  der  Dharmaparlksä  wird  von  Herrn  Mironow 
in  der  Bibliotheca  Indica  in  Calcutta  veröffentlicht  werden,  worüber 
noch  eine  lange  Zeit  vergehen  wird.  Da  eine  Übersetzung  nicht 
beigegeben  werden  wird,  würde  die  Sanskritfassung  weiteren  Kreisen 
nur  schwer  bekannt  werden.  Deswegen  wandte  ich  mich  an  Herrn 
Mironow  in  St.  Petersburg,  der  die  Berliner  Handschriften  der 
Dharmaparlksä  zur  Zeit  zur  Benutzung  geliehen  hat,  mit  der  Bitte, 
mir  den  Originaltext  mitzuteilen.  Herr  Mironow  hat  diese  Bitte 
bereitwilligst  erfüllt.  Der  Text  beruht  auf  vier  Handschriften,  von 
denen  zwei  aus  der  Königlichen  Bibliothek  in  Berlin,  zwei  aus  der 
Bibliothek  des  Deccan  College  in  Poona  sind.  Amitagati,  der  Ver- 
fasser der  Dharmaparlksä,  war  ein  Jaina  aus  der  Sekte  der  Dig- 
ambara.  Er  stammte  aus  Mathurä ,  wo ,  wie  uns  die  Inschriften 
zeigen,  eine  blühende  Jainagemeinde  sich  befand,  und  schrieb  sein 
Werk  im  Jahre  1014  n.  Chr.  Wir  kennen  von  ihm  noch  ein 
zweites,  im  Jahre  994  n.  Chr.  verfaßtes  Werk,  den  Subhäsitasamdoha, 
ein  didaktisch-polemisches  Kompendium  der  Ethik  der  Digambaras, 
über  das  zuerst  Hertel  Mitteilungen  gemacht  hat.1)  Es  wird  jetzt 
in  der  Kävyamälä  gedruckt. 

Unsere  Erzählung  steht  Dharmaparlksä  IX,  4o  —  45   und  lautet 
in  Text  und  Übersetzung  folgendermaßen: 

f*T*T^f7T   f%^t  TTtTT   f^fft^   f^T^   *fa    I 

<?fft*fr  srrf*rcfr  f^n  *uf*rä  rrt  n^sm  11  8?  11 
*mreT*t  w.  u^rr  wrfaTwrärrr**:  n  88  h 

T^T   ^"PTT-)    T^T   *T*JT   ^ftcTT   *R:fWT    I 
WP3F<ft   faftl   TftWT   ^*fte*j^ift    II    8M    II 

WT^f<  ^UTW:  ^fq^f^^rrf^cTT:  11   8$  H 

^j^Tf^f^   **$$   ÜTfa    JTfrTf^TT    II    8  0    II 

iTf^^i  *ra?t  ^  ^iXmvfX  vf^XK  ii  8C  ii 


1     Wiener  Zeitschrift  für  die  Kunde  des  Morgenlandes  XVII,  105  ff. 

2  v.  *.  wjt,  *rr*;t. 


Pischel,  Gutmann  und  Gutweib  in  Indien.  365 

i  ^f  fi  ^  -mw  ^rn  jT^f4  *j%  i 

f^i;  ff  ^TT^KWT  ^T^ffi   TWfäWfH    II    8Q    II 
*tf%rä   T   ITT^TT  ^  f^iTT^Ttarq^^    ||    MO    || 

^nirt  *  s^rft^  tfv  «*  *ft^f%  ^  uz  i 

Wtfärfcg   ^taTTT   HTOfafTWRfa    II    M=l    II 
cT^H   ^*T   ^^T  fäf ^  *rfWft   *TCT    I 
ITfTft   ITf^ft   ^>T^   3T^*t   ^flJTrT   ^^T    II    HR   II 

^t^t  ^rfq^T  f*rar:  nfrr^Trrr:  ^*i  ?TCT  I 
Tjiprrf^  ^n^n  i^^^j  **t  ^rrera*;  11  M3  ii 

T$   *n?ffi  wi?*  *T^fa  $^  f TfTfll  I 
^   ^Tf^rT   ^3*   ^"R   \ltf*I*^  II    M8    II 
Tieft1)   TtZ   T^   ^IT(lW--i   *TT*T   *T*f:   IrtT^   I 
fcTgJcRT   T   ^T^f^T   rrcft   fTOTfWTT*ra:    II    MM    II 

„Als  der  zweite  so  seine  Geschichte  erzählt  hatte  und  schwieg, 
fing  —  Glück  auf!  —  der  dritte  Narr  an,  sie  (d.  h.  seine  Ge- 
schichte) mitzuteilen.  „,0  Bürger,  jetzt  will  ich  euch  von  meiner 
Dummheit  erzählen ;  höret  mit  aufmerksamem  Geiste  zu !  Einst 
sprach  ich  zu  meiner  Herzensgeliebten ,  die  ich  geheiratet  hatte, 
nachdem  ich  in  das  Haus  der  Schwiegereltern  gegangen  war,  als 
sie  in  der  Nacht  schweigend  auf  dem  Lager  lag:  „Wer  von  uns 
zuerst  spricht,  der  verliert,  o  Schlanke,  bestimmt  zehn  mit  Butter 
und  Zucker  eingerührte  Kuchen."  Darauf  sprach  meine  Geliebte: 
„So  sei  es  ganz  sicher!"  Edle  Frauen  widersprechen  nie  den 
Worten  ihres  Gatten.  Als  wir  so  gewettet  hatten  und  uns  (ruhig) 
verhielten ,  kam  ein  Dieb  ins  Haus  und  nahm  unsere  ganze  Habe 
weg.  Der  Dieb  ließ  nicht  ein  einziges  Stück  im  Hause  zurück. 
Wo  eine  Öffnung  ist,    werden   ja  Buhlen    und  Diebe   stark.'-)     Als 


1)  Mironow  schreibt  mit  der  Mehrzahl  seiner  Handschriften  7T<?T. 

2)  Mironow  schreibt  mit  den  Handschriften  TgJTrj  ^PR,  woraus  ich  keinen 
Sinn  gewinnen  kann. 

3)  D.h.  Buhlen    und  Diebe    erreichen  schnell  ihre   Absicht,    wenn    ihnen 
erst    die    Möglichkeit    gegeben    ist,    ihr   Vorhaben    auszuführen.      f^jf   „Loch", 

24* 


366  Pischel,  Giltmann  und  Gutweib  in  Indien. 

der  Dieb  sich  anschickte ,  meiner  Geliebten  das  Unterkleid  weg- 
zunehmen, sprach  sie  (zu  mir):  „He,  du  schlechter  Mensch,  siehst 
du  auch  jetzt  noch  ruhig  zu?  Wie  lebst  du,  Falscher,  (noch),  ob- 
wohl mir  das  Unterkleid  weggenommen  wird?  Für  edle  Männer 
hört  die  Möglichkeit  zu  leben  auf  mit  einer  Beleidigung  (die)  ihrer 
Gattin  (angetan  wird)."  Als  ich  ihre  Worte  gehört  hatte,  sprach 
ich  lachend:  „Verloren,  verloren,  o  Geliebte!  Du  hast  zuerst  ge- 
sprochen. Gib  mir  jetzt,  o  Lotosäugige,  die  zehn  mit  Zucker  und 
Butter  vermischten  Kuchen,  die  du  versprochen  hast!"  Sehet  diese 
Dummheit,  durch  die  ich  um  all  mein  Gut  gekommen  bin,  das  ich 
mir  früher  erworben  habe ,  das  schwer  zu  erlangen  ist  und  das 
Glück  guter  Werke  gewährt.1)""  Darauf  wurde  ihm  von  den  Leuten 
der  seiner  Erzählung  entsprechende  Name  bota  („Dummkopf;  s.  u.) 
gegeben.  Welchem  Spott  setzt  sich  ein  Mensch  nicht  aus,  wenn 
er  von  falschen  Voraussetzungen  ausgeht?" 

In  Indien  war  uns  die  Geschichte  bisher  nur  aus  volkstümlicher 
Überlieferung  in  Übersetzungen  bekannt.  Zuerst  hat  sie  aus  dem 
Süden  von  Indien  mitgeteilt  der  Abbe  J.  A.  D  u  b  o  i  s  in  seinem 
wertvollen  Werke :  Moeurs ,  institutions  et  ceremonies  des  peuples 
de  l'Inde  (Paris  1825)  II,  165  ff.2)  Sie  bildet  dort,  wie  bei  Ami- 
tagati ,    die    dritte  von  vier  Erzählungen ,    die  vier  Brahmanen  vor 

„Öffnung"  ist  sprichwörtlich,  wie  in  T9?5»  te(»T^JT  «|3;<q|+|qf«t|  „wo  (erst) 
eine  Öffnung  ist,  da  mehrt  sich  das  Unglück"  (Indische  Sprüche2  1383,  wozu 
Böhtlingk  zu  vergleichen  ist)  und  im  Kathäsaritsägara  28,  181  JH7Q\  JT^T<?Y 
*lf^äM«T^rf  ^TOtT  ^f^fTT^  „Wahr  ist  das  Sprichwort,  daß,  wo  erst 
eine  Öffnung  ist,  das  Unglück  sich  mehrt."  Eine  Ausnahme  von  der  Richtig- 
keit läßt  ein  Anonymus  in  der  Subhäsitävali  2351   zu:   T9?5»  ^•TETT    «I|.Jj<?U~ 

*re^  ff  ^  js*wv  II 

2)  Vgl.  dazu  z.  B.  Ksemendra,  Caturvargasamgraha  1,  3  "Vfä\  SF*J  HT^ 
%f  ^  ^WIK  mit  2>  2  ^TTTf^R:  f?ff?l7i  >**R  I  Eämäyana  6,  83,  39 
ed.  Bomb.    =  Mahäbbärata   12,  8,  21   (mit  kleinen  v.  1.)    ^:    SRTTI^    <%fe& 

\*r:  srt^:  *i*fr  ^w.  i  ^rof^mfT  *Trfrr  ir<I#t  ^TTftro  11 

Mahäbharata  5,72,23  ^HTI^  ^t  ^  ^  *T$  Wfäföd^  1  Milhs- 
bhärata  12,8,12.13  ^  f^fff  yZ^fÜtEnW^l^  U«^  II  V*t  *T- 
fT^f  cT^I  >äR  fTfH  *J^I  W*  I  Hitopadesa,  Prast.  5  ed.  Peterson 
tTR?WT*rofrf>T   ^1T^^   I   n.  s.  w. 

2)  Darauf  hat  bereits  Clouston  hingewiesen:  Populär  Tales  and  Fictions, 
tbeir  Migrations    and  Transformations    (Edinburgh  and  London   1887)    II,   23  ff. 


Pischel,  Gutmann  und  Gutweib  in  Indien.  367 

den  Häuptern  der  Stadt  Darmapoury  d.  h.  Dharmapuri  vortragen, 
um  ein  jeder  für  den  Dümmsten  erklärt  zu  werden.  Bei  D  u  b  o  i  s 
führen  die  Erzählungen  die  Überschrift:  Les  quatre  Brahmes  fous. 
Sie  sind  wieder  abgedruckt  worden  in  seinem  Pantcha-Tantra  ou 
les  cinq  ruses  (Paris  1826)  p.  351  ff.  Auch  die  Einleitung  bei 
D  u  b  o  i  s  gleicht  der  bei  Amitagati.  Vier  Brahmanen,  die  sich  zu 
einem  Feste  begeben,  treffen  unterwegs  einen  Soldaten,  der  sie 
höflich  grüßt.  Sie  können  sich  nicht  darüber  einigen ,  wem  der 
Gruß  gegolten  habe.  Der  Soldat  erklärt  auf  Befragen,  er  habe 
beabsichtigt,  den  zu  grüßen,  der  der  größte  Narr  unter  ihnen  sei. 
Um  diese  Frage  zu  entscheiden,  begeben  sich  die  Brahmanen  nach 
Dharmapuri.  Die  drei  andern  Erzählungen  sind  bei  Dubois  von 
denen  Amitagatis  ganz  abweichend.  Auch  die  Erzählung  des  dritten 
Narren  stimmt  zu  der  bei  Amitagati  nur  ganz  allgemein  in  den 
Grundzügen.  Der  Brahmane  Anantaya  sagte  zu  seiner  jungen  Frau 
einst  beim  Schlafengehen ,  die  Frauen  seien  Schwätzerinnen.  Sie 
antwortete  ihm ,  sie  kenne  auch  Männer ,  die  ebenso  geschwätzig 
seien,  wie  die  Frauen.  Der  Brahmane  fühlte  sich  dadurch  getroffen. 
Sie  wetteten,  wer  zuerst  sprechen  werde,  und  bestimmten  als  Ge- 
winn der  Wette  ein  Betelblatt 1).  Darauf  schliefen  sie  ein ,  ohne 
ein  Wort  zu  sprechen.  Als  sie  am  nächsten  Tage  sich  nicht  außer 
dem  Hause  zeigten  und  auf  Rufen  und  Pochen  die  Tür  nicht  öffneten 
und  keine  Antwort  gaben ,  ließen  die  Leute  die  Tür  durch  einen 
Zimmermann  erbrechen,  weil  sie  glaubten,  das  Ehepaar  sei  während 
der  Nacht  plötzlich  gestorben.  Nach  Öffnung  der  Tür  fand  man 
Mann  und  Frau  mit  gekreuzten  Beinen  vollkommen  gesund  dasitzen. 
aber  der  Sprache  beraubt.  Alle  Mittel,  sie  zum  Sprechen  zu  bringen, 
blieben  vergeblich ,  so  daß  man  an  eine  Yerhexung  glaubte.  Die 
Eltern  des  Mannes  ließen  einen  berühmten  Zauberer  kommen,  der 
das  Ehepaar  für  einen  hohen  Preis  zu  entzaubern  versprach.  Als 
er  sich  dazu  anschickte ,  erklärte  ein  befreundeter  Brahmane ,  es 
handle  sich  nur  um  eine  natürliche  Krankheit,  die  er  ohne  Kosten 
heilen  wolle.  Er  machte  ein  Goldstäbchen  an  einem  Kohlenfeuer 
heiß  und  stieß  es  dem  Manne  in  die  Fußsohlen,  unter  die  Ellbogen, 
in  die  Herzgrube  und  schließlich  in  den  Scheitel  des  Kopfes.  Der 
Mann  ertrug  die  Schmerzen ,  ohne  einen  Laut  von  sich  zu  geben. 
Als  aber  der  Brahmane  das  glühende  Goldstäbchen  an  die  Fuß- 
sohlen der  Frau  brachte,  zog  sie  schnell  das  Bein  zurück  und  rief: 
„Genug,  genug!"  Sie  erklärte  sich  für  besiegt  und  reichte  dem 
Manne  das  Betelblatt,  der  nun  seine  Behauptung  bestätigt  fand. 
daß  die  Frauen  Schwätzerinnen  seien. 

Auf    zwei    andere    indische    Fassungen    hat    Clouston    hin- 


1)  l'ber  die  Wertschätzung  des  Betels  vergleiche  man  J.  J.  Meyer 
in  seiner  Übersetzung  der  Samayamätrkä,  S.  80,  Anm.  1  und  dos  KutfanTmata 
S.  149.  Bhoja  gibt  seinen  Hofdichtorn  Betel  (Bhojaprabandha  od.  Parab  [Bombay 
1896]  p.  44,29),  Mülaräja  seinem  Diener  (Prabandhacintamani  48,7).  Botel- 
biichsenträger  folgten  den  Königen   (/..  B.   Prabanähac.  82,  7.  13;    95,  1). 


368  Pischel,  Gutmann  und  Gutxoeib  in  Indien. 

gewiesen  im  Afchenaeum  1893,  I,  346  f.  Die  eine  stammt,  wie  die 
bei  Dubois,  aus  dem  Dekhan  und  steht  bei  NatesaSästri, 
Folklore  in  Southern  India,  III,  277  ff.  (Bombay  1888)  und  bei 
Mrs.  Howard  Kingscote  and  Natesa  8  äs  tri,  Tales  of  the 
Sun:  or,  Folk-lore  in  Southern  India  (London  1890)  p.  280  ff.  Der 
Preis  der  Wette  sind  hier,  wie  bei  Amitagati,  Kuchen.  Die  Frau 
eines  Bettlers  hat  fünf  Stück  einer  bestimmten  Sorte  von  Reis- 
kuchen (muffins)  gebacken.  Da  ihnen  der  Gedanke,  daß  die  Hälfte 
von  fünf  zweieinhalb  ist,  nicht  kommt,  geraten  sie  bei  der  Teilung 
in  Streit.  Sie  einigen  sich  schließlich  dahin,  daß  sie  sich  schlafend 
stellen  wollen,  und  daß  der,  der  zuerst  ein  Auge  öffnet  oder  spricht, 
zwei  Kuchen,  der  andere  drei  Kuchen  bekommen  soll.  Als  sie 
drei  Tage  lang  nicht  im  Dorfe  erschienen  waren  und  die  Haustür 
sich  als  von  innen  verriegelt  erwies,  stiegen  zwei  Dorfpolizisten 
durch  das  Dach  ins  Haus  und  fanden  Mann  und  Frau  scheinbar 
tot  daliegen.  Auf  Kosten  der  Gemeinde  wurden  sie  nach  dem 
Verbrennungsplatz  geschafft  und  auf  zwei  Scheiterhaufen  gelegt, 
die  man  in  Brand  steckte.  Als  das  Feuer  seine  Beine  erreichte, 
hielt  der  Bettler  es  doch  für  ratsam,  die  Wette  aufzugeben.  Während 
die  Dorfbewohner  fortfuhren  die  Totengebräuche  zu  vollziehen,  rief 
er  plötzlich :  „Ich  bin  mit  zwei  Kuchen  zufrieden",  und  vom  andern 
Scheiterhaufen  antwortete  sofort  die  Frau:  „Ich  habe  die  Wette 
gewonnen;  gib  mir  die  drei!"  Entsetzt  liefen  die  Bauern  davon, 
weil  sie  glaubten,  die  Toten  kämen  als  böse  Geister  wieder.  Nur 
ein  beherzter  Mann  hielt  stand  und  erfuhr  schließlich  von  den 
Bettlern  die  Geschichte.  Da  man  Leute,  die  auf  der  Totenbahre 
und  dem  Scheiterhaufen  gelegen  hatten,  nicht  mehr  ins  Dorf  hinein- 
lassen wollte ,  weil  das  den  Untergang  des  ganzen  Dorfes  bedeutet 
hätte,  so  baute  man  für  die  Bettler  eine  Hütte  außerhalb  des 
Dorfes  auf  einer  einsamen  Wiese,  und  alte  Frauen  und  Kinder 
pflegten  ihnen  die  Kuchen  zu  bringen,  die  sie  so  sehr  liebten.  Das 
Ehepaar  wurde  seitdem  der  Kuchenbettler  und  die  Kuchenbettel- 
frau  genannt. 

Die  zweite  der  von  Clouston  a.  a.  0.  erwähnten  indischen 
Fassungen  steht  bei  Charles  Swj^nnerton,  Indian  Nights' Enter- 
tainment; or,  Folk-tales  from  the  Upper  Indus  (London  1892) 
p.  14  f.  unter  dem  Titel:  The  farmer,  bis  wife,  and  the  open  door 
Sie  stammt  aus  dem  Panjäb  und  ist  aus  dem  Panjäbl  übersetzt. 
Zwischen  einem  armen  Bauern  und  seiner  Frau  entstand ,  als  sie 
nach  getaner  Arbeit  beim  Abendbrot  saßen ,  ein  Streit ,  wer  von 
ihnen  die  Tür  schließen  solle,  die  ein  Windstoß  geöffnet  hatte.  Auf 
Vorschlag  des  Mannes  einigten  sie  sich  dahin,  daß  der  es  tun  solle, 
der  zuerst  ein  Wort  spräche.  Mitten  in  der  Nacht  erwachten  sie 
von  einem  Geräusch  und  bemerkten,  daß  ein  wilder  Hund  ins  Zimmer 
gekommen  war  und  eifrig  daran  ging,  ihren  geringen  Vorrat  an 
Nahrungsmitteln  zu  verzehren.  Trotzdem  sprachen  sie  kein  Wort, 
und  der  Hund  lief  wieder  fort,  nachdem  er  alles  beschnuppert  und 


Fischel,  Gutmann  und  Gut/reib  in  Indien.  369 

sich  satt  gefressen  hatte.  Am  nächsten  Morgen  ging  die  Frau  aus, 
um  etwas  Getreide  zum  Mahlen  zu  bringen.  In  ihrer  Abwesenheit 
kam  der  Barbier  und  fragte  den  Mann,  warum  er  so  allein  dasäße. 
Der  Mann  gab  keine  Antwort.  Der  Barbier  schor  ihm  den  Kopf, 
den  halben  Backen-  und  Schnurrbart  und  bewarf  ihn  schließlich 
über  und  über  mit  Lampenruß.  Trotzdem  blieb  der  Mann  stumm 
wie  ein  Fisch.  Der  Barbier  hielt  ihn  für  verhext  und  machte  sich 
schleunigst  davon.  Kaum  war  er  fort,  als  die  Frau  heimkehrte. 
Beim  Anblick  ihres  Mannes  rief  sie  entsetzt  aus:  „Unglücklicher, 
was  hast  du  getan?"  Darauf  erwiderte  der  Mann:  „Du  hast  das 
erste  Wort  gesprochen.     Gehe  und  schließe  die   Tür!" 

An  Stelle  des  Diebes  bei  Amitagati  ist  hier  ein  Hund  getreten. 
Auch  in  der  türkischen  Version ,  die  sich  in  den  Vierzig  Vezieren 
findet  (Clouston,  Populär  Tales  and  Fictions  II,  22  f.) ,  sind  es 
Hunde,  die  in  das  unverschlossene  Haus  dringen.  Die  handelnden 
Personen  sind  hier  Bang-Esser.  Die  PanjäbT-Fassung  ist  unter  den 
bis  jetzt  bekannten  indischen  Erzählungen  die  einzige,  in  der  vom 
Schließen  der  Tür  die  Rede  ist,  wie  in  den  meisten  andern  zahl- 
reichen orientalischen  und  europäischen  Fassungen.  Bei  Amitagati, 
Dubois  und  Swynnerton  verliert  die  Frau,  bei  Natesa  Sästri  der 
Mann,  wie  in  den  meisten  andern  Versionen.  Eine  reiche  Literatur 
hat  zuerst  1871  Beinhold  Köhler  beigebracht  (Jahrbuch  für 
romanische  und  englische  Literatur  12,  348  ff.),  der  auf  Sercambi, 
Straparola,  d'Ouville,  die  Farce  d'un  chauldronnier,  das  zweite  Pickel- 
heringsspiel im  ersten  Teil  der  Englischen  Comedien  und  Tragedien, 
das  Zwischenspiel  in  Ayrers  Schauspiel  „Vom  König  in  Cypern" 
und  die  schottische  Ballade  verweist,  die  jetzt  am  zugängli' 
ist  bei  Child,  The  English  and  Scottish  Populär  Ballads  (Boston 
and  New  York  1894.  1898)  V,  96  ff.  Dazu  hat  dann  Clous  ton 
a.a.O.  a.a.O.  neues  Material  hinzugefügt,  außer  den  erwähnten 
indischen  noch  zwei  arabische ,  eine  türkische  und  eine  englische. 
Ferner  hat  Child  V,  304  außer  auf  Köhler  und  Clouston 
noch  auf  Rene  Basset,  Revue  des  traditions  populaires  VII,  189, 
Anm.  3,  wo  unter  anderem  auf  mehrere  arabische  Versionen  auf- 
merksam gemacht  wird,  und  die  BalüSlerzählung  bei  Longworth 
Dames,  Folk-Lore  IV,  195  ff.  hingewiesen,  deren  Anfang  zu 
Amitagati  und  Dubois  stimmt.  Goethe  lernte,  wie  man 
annimmt,  die  schottische  Ballade  aus  Herd,  Ancient  and  Modern 
Scottish  Songs,  Heroic  Ballads,  etc.  In  two  volumes.  Edinburgh 
1776,  2,  159  f.  kennen,  eine  Ausgabe,  die  sich  seit  langer  Zeit 
auf  der  Großherzoglichen  Bibliothek  in  Weimar  befindet.  Über 
die  Veränderungen,  die  er  vorgenommen,  hat  Düntzer,  Goethe's 
Lyrische  Gedichte  II :J,  307  gehandelt.  Sie  betreffen  vornehmlich 
den  Schluß.  In  der  schottischen  Ballade  begnügen  sich  die  „two 
gentlemen"  nicht  damit,  die  weißen  und  schwarzen  Puddii 
essen,  sondern  der  eine  will  noch  dem  „goodman"  den  Hart  ab- 
scheren (vgl.  die  Panjäbi-Fassung),  der  andere  das  „goodwife"  küssen. 


370  Pischel,  Gutmann  und  Guticelb  in  Indien. 

Bei  Goethe  trinken  die  Wanderer  zuletzt  den  Schnaps  Gutinanns, 
was  zu  den  Fassungen  B  und  C  bei  Child  stimmt.  In  B  heißt 
es,  daß  sie  die  Puddings  aßen  und  „drank  o  the  liquor  sae  strong, 
and  syne  they  drank  o  the  vill",  in  C:  »Ye  've  eaten  my  bread, 
ye  hae  druken  my  ale",  aber  auch  „and  ye  '11  mak  my  auld  wife 
a  whore".  Ob  Goethe  wirklich  ganz  selbständig  geändert  hat, 
ist  mir  zweifelhaft.  Die  Fassung  C  erschien  nach  Child  1792  in 
Johnson's  The  Scots  Museum  IV,  376,  No.  365,  mitgeteilt  von 
Robert  Bums.  Johnson  befindet  sich  zwar  weder  auf  der  Groß- 
herzoglichen Bibliothek,  noch  in  Goethes  Privatbibliothek,  wie 
ich  den  gütigen  Mitteilungen  der  Herren  Geheimräte  v.  Bojanowsky 
und  Kuland  in  Weimar  entnehme,  aber  Goethe  könnte  immerhin 
auch  die  Fassung  C  kennen  gelernt  und  sie  mit  der  bei  Herd 
verschmolzen  haben.  In  den  Scotish  Songs,  die  Jos.  Ritson 
London  1794  herausgegeben  hat,  ist  I,  226  ff.  die  Fassung  von 
Herd  abgedruckt.  In  den  Fassungen  B  und  C  führt  der  Mann 
den  Namen  Johnie  oder  John  Blunt,  und  eine  gleiche  Bedeutung 
werden  wir  auch  in  dem  Beinamen  bota  vermuten  dürfen,  die 
bei  Amitagati  die  Leute  dem  Manne  geben. 

Mironow  nimmt  für  bota  zweifelnd  die  Bedeutungen  „der 
Lahme  oder  Sklave"  an.  Für  „lahm"  dachte  er  wohl  an  kJwta, 
für  -Sklave"  an  potä,  votä  „Dienerin",  „Sklavin".  Diese  Bedeu- 
tungen passen  jedoch  nicht.  Bühler  hat  zuerst  hervorgehoben, 
daß  die  Kenntnis  des  Sanskrit  bei  den  Jainas  nicht  weit  her  war, 
und  daß  selbst  die  größten  Jainagelehrten  wie  Abhayadeva,  Herna- 
candra  und  Malayagiri  nicht  imstande  waren,  ein  vollständig  rich- 
tiges und  idiomatisches  Sanskrit  zu  schreiben.  Auch  bei  ihnen 
kämen  hie  und  da  wirkliche  grammatische  Fehler  vor,  und  vom 
Präkrit  beeinflußte  Redeweisen  sowie  vom  Präkrit  ins  Sanskrit 
zurückübersetzte  Wörter  seien  häufig  (Bühler  bei  Weber,  Panca- 
dandachattraprabandha  p.  102;  vgl.  Epigraphia  Indica  1,  373  ff.). 
Für  die  Sprache  Amitagatis  bezeugt  die  Präkritismen  die  Zusammen- 
stellung bei  Mironow  p.  8.  Es  ist  daher  wahrscheinlich,  daß 
auch  bota  ein  aus  dem  Präkrit  zurückübersetztes  Wort  ist.  Hema- 
candra,  Deslnämamälä  6,  96  führt  ein  boda  an,  das  nach  ihm  „ge- 
recht", „tugendhaft",  nach  andern  „jung",  „zart"  bedeutet.  In  der 
Päiyalacchi  258  wird  bodatkera  (so  wohl  zu  lesen;  s.  Bühler  s.  v.) 
als  Name  der  Pflanze  alambusa  angegeben.  Weiter  führt  uns 
Häla  550  ed.  Weber  =  6,  49  ed.  Durgäprasäd  and  Parab: 
bodasunaho,  wie  mit  der  v.  1.  zu  lesen  ist.  Die  Scholiasten  er- 
klären boda  mit  dustas  chinnakarno  vä,  oder  dusfatvät  kartita- 
harnapucchah  und  bezeichnen  boda,  als  Provinzialismus  (desi). 
Bhuvanapäla  zu  Häla  562  (Indische  Studien  16,  190)  gibt  boda 
direkt  als  Name  einer  bestimmten  Hundegattung  an :  bodäbhidhä- 
nam  svänam.  bodasunaha  ist  ein  Hund,  dem  man  Ohren  und 
Schwanz  gestutzt  hat,  also  der  curtal  (curtail)  dog  Shakespeare's. 
In    boda    liegt    mithin    der    Begriff  „abgeschnitten",   „beschnitten", 


Plschel,  Gutmann  und  Gutweih  in  Indien.  ',\i\ 

„verschnitten".  Dasselbe  ergibt  sich  aus  Avasyaka  II,  60,  2  ed. 
Leumann.  Dort  wird  gesagt ,  es  gäbe  vier  Arten  von  Krügen 
(kudä):  chiddakude  bodakude  khandakude  und  sampunne.  chidda 
sei  ein  Krug,  der  ein  Loch  {chidda  =  chidra)  im  Boden  habe, 
boda  einer,  der  keine  Lippen  habe  (bodo  jassa  ötthä  nattlü):  dem 
khanda  fehle  ein  Lippenrand,  der  sampunna  sei  ganz  vollständig. 
Was  in  den  chidda  gegossen  wird,  läuft  heraus;  im  boda  bleibt 
nicht  so  viel  (als  man  Irineingießt'?  oder:  als  der  Krug  an  und  für  sich 
fassen  kann  ?)  (bode  täva'iyam  na  tthäi) ;  beim  khanda  läuft  es 
auf  einer  Seite  heraus,  und,  wenn  man  ihn  braucht,  nimmt  der 
khanda  nur  wenig  in  sich  auf.1)  Das  ist  der  Unterschied  zwischen 
boda  und  khanda  (esa  viseso  bodakhandänam).  Der  sampunna 
faßt  alles.  Sehr  klar  ist  die  Beschreibung  nicht,  und  sie  wird 
noch  unsicherer  dadurch,  daß  in  den  bei  Leumann  S.  40,  33  ff. 
gegebenen  Auszügen  offenbar  die  Reihenfolge  gestört  ist,  und  der 
boda  und  khanda  ihren  Platz  getauscht  haben.  Es  ist  dort  wohl 
sicher  zu  lesen :  bodakudo  näma  jassa  kannä  boijiyä.  so  Pnayarn 
päniyam  genhai;  khandakudo  näma  jassa  päse  kavälabheo.  tattha 
vi  thovain  thäi.  Die  v.  1.  bhinno  beruht  wohl  auf  einer  Glosse  zu 
boda  oder  bodiyä.  Vgl.  die  Anmerkung  40,  43  ff.  Was  an  der 
zweiten  Stelle  vom  bhinna  gesagt  wird,  wird  an  der  ersten  dem 
khanda  zugeschrieben.  Vom  bhinna  heißt  es:  bhinno  näma  jassa 
päse  kavälabheo;  tattha  vi  thovam  thäi  „bhinna  (ist  ein  Krug) 
an  dessen  Seite  (päse)  ein  Scherbenbruch  ist;  auch  in  ihm  bleibt 
wenig  (thovain)" ;  und  in  der  Beschreibung  des  khanda  an  der 
ersten  Stelle,  deren  Übersetzung  ich  vorher  versuchsweise  gegeben 
habe,  kommen  ebenfalls  die  Worte  päsena  und  thovena  vor.  Andrer- 
seits entsprechen  offenbar  den  Worten  jassa  ötthä  nattlü  an  zweiter 
Stelle  jassa  kannä  bodiyä.  Auf  jeden  Fall  ist  an  der  ersten 
Stelle  der  boda  ein  Krug,  der  keine  Lippen  hat,  d.  h.  dessen 
Schnauzenränder  abgeschlagen  sind.  Und  an  der  zweiten  Stelle 
können  die  Worte  jassa  kannä  bodiyä  nur  bedeuten:  „dessen 
Henkel  abgeschlagen  sind".  Die  letzte  Beschreibung  passt  ent- 
schieden noch  besser,  da  die  Henkel  doch  niedriger  liegen  werden 
als  die  Schnauze,  also  der  Krug  noch  weniger  fassen  kann.     Selbst- 


1)  Am  nächsten  liegt  ohne  Zweifel  die  Übersetzung:  „Wenn  man  will;  so 
kann  man  schon  mit  wenig  verstopfen,  beim  khanda.*  Aber  offenbar  entspricht 
doch  dem  thovena  vi  rubbha'i  das  tattha  vi  thovam  thäi  auf  S.  40,  Anm. 
Der  khanda  soll  nicht  mit  dem  sampunna  verglichen  werden,  sondern  dem 
boda,  wie  ja  ausdrücklich  der  Unterschied  dieser  beiden  festgestellt  wird.  Des- 
wegen fasse  ich  khande  als  Nominativ,  nehme  also  die  Form  der  AMg.  an, 
wie  dies  ja  sicher  auch  40,  4.  5  der  Fall  ist,  wenn  man  nicht  khande  mit 
Haribhadra  überhaupt  weglassen  will.  Wie  ich  schon  Grammatik  dor  PrSkrit- 
Sprachen  §  20  bemerkt  habe,  erschwert  der  Mangel  eines  Kommentars  das 
Verständnis  des  Avasyaka  ungemein,  so  daß  vieles  leider  dunkel  bleibt.  Übrigens 
ist  der  Vergleich  zwischen  Töpfen  und  Schülern ,  der  hier  vorliegt ,  auch 
buddhistisch,  aber  anders  gewendet  als  bei  den  Jaina;  z.  B.  AnguttaranikSya 
I,  3,  30  (S.  130  f.);  II,  103   (S.  104);  Puggalapannatti  IV,  11    (S.  45). 


372  Pischel,  Gutmann  und  Gutweib  in  Indien. 

verständlich  wird  angenommen,  daß  bei  dem  Abschlagen  der 
Schnauze  oder  der  Henkel  Löcher  im  Kruge  entstanden  sind.  Die 
Worte  jassa  kannü  bodiyä  entsprechen  der  Beschreibung  des 
Hundes  oben:  chinnaJcarnah  oder  kartttakarnapucchah.  Das  Wort 
boda  bedeutet  also  „abgeschnitten",  „abgeschlagen",  „abgebrochen", 
„abgerissen".  Das  ist  auch  die  Ansicht  von  Leu  mann,  da  er  zu 
dem  Eigennamen  Bütahnrna  bei  R.  Schmidt,  Das  Pancatantrarn 
(Textus  ornatior)  .  .  .  übersetzt  S.  151  ,  auf  unser  boda  verweist 
und  es  =  bhinna  setzt  (Verhandlungen  des  XIII.  Internationalen 
Orientalisten-Kongresses.    Hamburg  September  1902.    Leiden  lUO-i, 

5.  28 ,  Anmerkung  *)).  boda  und  khanda  sind  fast  Synonyma. 
Und  wie  khanda  „angebrochen",  bhinna  „zerbrochen*  substantivisch 
„ Stück",  „Teil"  bedeuten,  so  dürfen  wir  das  auch  für  boda  an- 
nehmen. Eine  engere  Bedeutung  hat  botä  in  der  Sprache  der 
Bauern  von  Azamgarh.  Hier  bedeutet  es  „logs  oder  pieces  of 
wood"1),  also  „Holzscheit",  „Holzblock",  „Stumpf".  Wie  nun  eng- 
lisches „block"  auch  im  Sinne  von  „blockhead",  französisches  buche, 
russisches  noJI'hHOBKa  von  no.liHO  „Holzscheit"  für  „Dummkopf" 
gebraucht  wird,  so  wird  in  der  Rede  des  Volkes  auch  bota  „Block". 
„Klotz"  =  „Dummkopf"  gewesen  sein.  So  gebrauchen  ja  auch 
wir  „Klotz",  der  Däne  „Klods",  der  Russe  qypöan.'B  für  einen  un- 
beholfenen Menschen ,  einen  Tölpel ,  und  Sanskrit  sthida  ist  = 
„klotzig"  und  „dumm".  Die  Leute  gaben  also  dem  Narren  den 
Namen  „Dummkopf"  ,  der  ja  in  der  Tat  seiner  Erzählung  ent- 
spricht und  sich  genau  in  zwei  Fassungen  der  oben  erwähnten 
schottischen  Volksballade  als  John  Blunt  oder  Johnie  Blunt  und  bei 
Sercambi  als  Stoltarella  wiederfindet.  Von  den  Bedeutungen ,  die 
Hemacandra  in  der  Deslnämamälä  für  das  Wort  boda  anführt,  ist 
die  Bedeutung  „jung",  „zart"  (taruna)  leicht  verständlich.  So  be- 
deuten auch  bäla,  bälisa,  mugdha  „jung"  und  „dumm",  arbhaka 
„Knabe",  „Junges  eines  Tieres"  und  „Dummkopf",  „Einfaltspinsel". 
Auch  die  Bedeutung  „sehr  tugendhaft"  (dharmistha) ,  „tugendhaft" 
(dhärmika)  ist  nicht  ganz  unvereinbar,  wenn  man  erwägt,  daß 
mugdha  nicht  bloß  „dumm"  bedeutet,  sondern  auch  „naiv",  „un- 
schuldig". Wahrscheinlich  ist  sie  aber  nicht;  eher  erwartet  man 
das  Gegenteil,  wenn  die  Grundbedeutung  von  boda  „abgerissen"  u.dgl. 
ist.  So  ist  bhinna  auch  =  „vom  Normalen  abweichend* ;  chidura 
„leicht  reißend"  ist  auch  =  „betrügerisch",  chidra  „Loch"  auch 
„Gebrechen",  „Blöße",  chinnä  auch  „Hure".  Im  Präkrit  ist  chinno, 
chinnälo  =   „Buhle",    chinnä,    chinnall   „Hure"    (Pischel,  BB. 

6,  97  f.).  Ebenso  bedeutet  im  Präkrit  muriam  „zerbrochen",  „zer- 
rissen" (trutitam)  und  mural  „die  unkeusche  Frau"  (asati)  (Desi- 
nämamälä  6,  135).     Zu  muriam  und  mural  gehören  auch  Vedisch 


1)  J.  R.  Reid,  Reports  on  the  Settlement  Operations  in  the  District  of 
Azamgarh  and  also  in  Parganas  Sikandarpur  and  Bhadaon  (Allahabad  1881), 
Appendix  Xo.  III,  p.  72. 


Pischel,  Gutmann  und  Gutweib  in  Indien.  373 

müra  =  [.icÖQog,  morus  und  Sanskrit  märJcha,  dessen  Gleicksetzung 
mit  gotisch  -malsks  nicht  befriedigt.  Wahrscheinlich  haben  wir 
auch  im  Sanskrit  das  Suffix  -kha  anzunehmen,  das  ich  im  Präkrit 
reichlich  belegt  habe  (Grammatik  der  Präkrit -Sprachen  §  206).  Es 
liegt  auch  wohl  vor  in  sukha,  duhkha,  mayükha,  deren  Herleitung 
bisher  nicht  genügend  ist.  Zu  derselben  Sippe  wird  Vedisch  mür, 
d/iuir  gehören  (Geldner,  Vedische  Studien  2,  16  ff.).  Ich  ziehe 
alle  zu  mr  himsäyäm,  wovon  Vedisch  mürnd  „zerbrochen",  wie 
muriam  =  trutitam.  Die  Bedeutungsentwicklung  ist  dann  ganz 
dieselbe  wie  bei  bodo  „abgebrochen",  „Stumpf,  „Dummkopf.  Mit 
dem  Begriff  des  „Brechens",  „Zerbrechens"  verbanden  die  Inder 
aber  auch  den  der  „Falschheit",  „Schlechtigkeit",  wie  die  angeführten 
Beispiele  bhinna,  chidura,  chldra,  chinnü,  Präkrit  chinno,  chznnälo, 
chinnäli,  mural  zeigen.  So  ist  auch  bhanga  „Zerbrechen"  = 
„Falschheit",  „Hinterlist",  bhahgura  ist  „zerbrechlich",  bliahgurävat 
„tückisch".  Auch  für  boda  werden  wir  daher  eher  die  Bedeutung 
„schlecht",  „betrügerisch"  erwarten,  als  die  Bedeutung  „fromm", 
„tugendhaft".  Und  in  der  Tat  geben  ja,  wie  vorher  angeführt, 
die  Scholiasten  zu  Häla  550  dem  Worte  boda  die  Bedeutung 
„schlecht",  „böse"  {dusta).  Wahrscheinlich  liegt  also  bei  Hema- 
candra  wieder  eines  seiner  zahlreichen  Versehen  vor,  auf  die  Sieg- 
fried Goldschmidt,  Deutsche  Literaturzeitung  2,  1109,  und  ich, 
Grammatik  der  Präkrit-Sprachen  §  36  aufmerksam  gemacht  haben. 
Er  fand  vermutlich  in  seinen  Quellen  bodo  dhärmike ,  was  als 
bodo  'dhärmike  zu  fassen  war. 

Inschriftlich  findet  sich  bota  im  Personennamen  Botaka,  im 
Territorialnamen  Vota  und  am  Ende  des  Klosternamens  Rankabota 
(Fleet,  Corpus  Inscriptionum  Indicarum  3,  31,  Anmerkung  1). 
Auch  der  Personenname  Bhotavarmadeva  (Kielhorn,  A  List  of 
the  Inscriptions  of  Northern  India  No.  594)  gehört  vielleicht  hier- 
her. In  Territorialnamen  kann  bota  =  „Abschnitt"  =  „abgegrenztes 
Gebiet"  sein.  Als  Eigenname  ist  Botaka  wohl  dem  Sinne  nach 
=  Brutus. 

bota  bedeutet  also  1)  abgeschnitten ,  abgebrochen ,  abgerissen 
2)  gerissen,  durchtrieben,  schlecht  3)  rissig,  brüchig,  schwach,  zart, 
jung  4)  m.  a)  das  abgebrochene  Stück,  Scheit,  Stumpf,  Klotz 
b)  Dummkopf,  Tölpel. 


374 


Neue  Fragmente  des  Thargum  jeruschalmi. 


Dr.  M.  Ginsburger. 

Im  Gedenkbuch  zur  Erinnerung  an  David  Kaufmann  bat 
M.  Gaster  unter  mehreren  Geniza-Fragmenten  auch  ein  Bruchstück 
eines  Thargum  jeruschalmi  veröffentlicht  (Nr.  V).  Dasselbe  wird 
auf  Seite  226  folgendermaßen  beschrieben:  „Papier  ein  Blatt,  17  cm 
lang  und  ursprünglich  mindestens  12 — 13  cm  breit,  die  rechte  Hälfte 
ist  aber  fast  ganz  weggerissen  und  nur  einige  Zeilen  haben  sich 
ganz  erhalten.  Die  Schrift  ist  ebenfalls  kursiv."  Es  ist  ganz  un- 
zweifelhaft, daß  wir  es  hier,  wie  Gaster  richtig  hervorhebt,  mit 
einem  Stücke  des  sogenannten  Fragmententhargum  zu  tun  haben, 
da  öfters  Textstellen  aus  der  Mitte  oder  dem  Ende  eines  Verses 
angeführt  werden.  Bei  einem  vollständigen  Thargum  hingegen 
würden  höchstens  die  Anfangsworte  eines  Verses  zitiert  werden. 

Es  dürfte  nun  nicht  überflüssig  sein,  diese  Fragmente  auf  ihr 
Verhältnis  zu  den  uns  bekannten  Versionen  hin  zu  prüfen  und  die 
hieraus  sich  ergebenden  Schlußfolgerungen  bezüglich  der  Thargum 
jeruschalmi-Frage  überhaupt  zu  ziehen.  Da  jedoch  Gaster  nur  eine 
Abschrift  des  ihm  zu  Gebote  stehenden  Textes  gibt,  müssen  wir 
denselben  zunächst ,  soweit  als  möglich ,  zu  ergänzen  und  zu  ver- 
bessern suchen.  Ich  lasse  daher  denselben  nochmals  hier  folgen, 
nachdem  ich  ihn  nach  denselben  Prinzipien  behandelt  habe,  die  auch 
in  meinem  Fragmententhargum  (Berlin  1899)  zur  Anwendung  ge- 
langten. Die  in  eckige  Klammern  eingeschlossenen  Satz-  und  Wort- 
teile sind  Ergänzungen  aus  den  uns  erhaltenen  Versionen  des  pal. 
Tharcrum ,    statt  der  Zitate  des  Textes  sind  die  Verszahlen  gesetzt. 


Deuteronomium. 
Kap.  I. 
-y]  -psim  rtaiNi  btf^ii^  ba  as>  [nizw  b^ba-n  fifwams  'pb^N  (1 
[wN-n--:a]  nbn  ■pnb  ^:to  mon  •>&  [wmi   na*]a  pa^m   [iirm 
3NK1   R"h»ö[3i]  bfina*  "»aa  »n^iw  "pab  narrn«  -ooi   tmiaa 
->■=>  ['m  ana^na  "prp]  ba>  -rzyra  ■piaai  yc:  rttss  yob  rrcnc"^ 


Ginsburger,  Neue  Fragmente  des  Thargum  jeruschalmi.         375 

n-:-  ':[;•  iwip]  -pnra-iR  ta^ao  brb  [-in]  -j-jrx  p  püiacrR 
snmw  [-1:]  inbniDR  -h  R-'b-bn  p*D3>  '"■■  rpci  r»i  by  yrz—z- 
■jinlER  vj  p">oa>  ban  bR'niB-n  R3^Rb  -pb^-n  Rbn  -pa^a»  irr,]  pRsn 
n-nxnai  [ynn  -paa  ^at]  b-bp  mba^:[-i]  -pin  j-rtsnba  Rpa'ü  -jcc: 
f-p-Va^a  172N  pmaan  Rba->3>]  p'Di'  b^T  mra-a  v  ba>  -—--;.•:  bsa 
pannaR  er  [2"p]  ii  [etta^p  -pab  isnen  ibib-«  pam]  i-Parnmab 
TT-iNT  ntnwb  [pirnam  n:-:t  pcm  apy]  :;'i  pnaf  aa*  wns«  n* 
br  -£'n  n:[^:o  »ama  rrm  pn^cm]  ri"[iaa]  -prpba»  --  «ja^p 
....  (7   ....  pnaaaTiR  ^aip  yinpjnKi  "pmam  ....  (2    i-pa-oin 

pnO-imi]  ....  (41     .  . .  .  aba  pb«  (36     (28    misis  babi 

....  Rn^s-na»  ....  (44     (43     :RTiüb  p:c-:b 

Kap.  IL 

(13    i-.'-ma (11    (10    jnbaairi (8 

....  «ipiiop  ]»  ips:  -n  ■«pmBp  (23   (20   ....  Rma  'mn:  m 

m  ...  (34     .  .  .  .  p  rraib  rp   tppm  rrm-i  m   'n   rypR  ....  (30 

....  ■»T'^np  ba 

Kap.  III. 

'jct  Rma  ...  (9     ...  «iita  ....  (5     ....  n:-2— j  ....  (4 
hwsn  ...  (16    ....  [oJnp-'DRi  «ii'iip  mnri  13>  .  .  .  .  (14     ni-pca 

ynawi  v-"""" (18    :  Rna-HM  p  snn'nEB] (17    Rbna 

■n  br  p^Rün  br  p*rnrtan  p-ain  ba»  p^aa  [Rn]->bna  pnoi  (29 

:--;■•:  Rrm'ü  [">nböb  ppans] 

Kap.  IV. 

■jiobm  (9   . . .  rra-ra  [-p-snln  Rbi  ...  (2   ....  [bR^ur  pnai  (1 
**ra  yr,[am  nain]  ...  (26     ?R-<niz}a  oiir  -h  ...  (17     ...  yinm 

.  .  .  ["prR]l    BUH«   p 
Kap.  V. 

[BTBca]  n-wi  imbDi  sman  D-»bst (8    ....  iirn  Rb  (7 

.  .  .  .  K3H»b  mnn   p   Rina   [rvfim   3Hbn   Ry-iR]a   rvR"n   b^bn 
,-,:p   fib^R  panbR  '-  Rin  R3R  DTW T:cr   Rb  (9 


376  Ginsburger,  Neue  Fragmente  des  Thargum  jeruschalmi. 


Bemerkungen. 

Zu  1,  1:  Statt  i:y  lese  ich  mit  Fragm.  (edd.)  ■>:? ;  cod.  Vat. 
T,:y .  Statt  nbrt  würde  man  mit  den  anderen  Versionen  Nbn  er- 
warten ,  doch  wird  in  diesem  Stücke  auch  sonst  noch  oft  ti  statt 
n  gebraucht;  vgl.  nut-iba,  mura,  nb^n,  inDiD^ü,  ":n.  Die 
Worte  bNlü)"1  "^n  fehlen  in  den  übrigen  Versionen  und  sind  ver- 
mutlich auch  liier  nur  auf  Rechnung  des  Abschreibers  zu  setzen. 
mffi'nSN  gibt  hier  keinen  Sinn ;  cod.  Vat.  und  cod.  Par.  lesen 
nU5"isrPN,  edd.  und  Ps.  Jon.  mü^Enfct;  der  Abschreiber  hatte  wohl 
die  spätere  Form  nunEPN  vor  sich.  p2n  ist  offenbar  verschrieben 
aus  fiEö.  Auch  die  Form  !"HiU3>  Ti-in  läßt  die  verhältnismäßig 
späte  Abfassungszeit  bezw.  die  Unkenntnis  des  Abschreibers  ersehen ; 
cod.  Vat.  hat  ->-i02>  "rnn,  cod.  Par.  u.  edd.  ~\py  iin.  Nach  "^-iüdn, 
wofür  die  anderen  Versionen  ttlttON  haben,  muß  unbedingt  in  resp. 
N--  hinzugefügt  werden.  Hierauf  folgt  in  cod.  Vat.  tt^UJ  bwb 
ü^C'.  Nach  dem  zweiten  p"<D3>  ist  vielleicht  ND73  zu  ergänzen. 
■jmb^'  ist  nach  cod.  Par.  in  'prpby  zu  emendieren.  Übrigens  scheint 
dieser  Fehler  schon  sehr  alt  zu  sein,  so  liest  cod.  Nor.  "pDnb^  "H, 
woraus  die  Ausgaben  *p^nbi»  ^1  und  cod.  Vat.  -pom-nN  "H  ge- 
macht haben.  Die  Schlußworte  '"pr^mn  b»  ncoi  sind  durch  die 
im  Sifre  z.  St.  sich  findende  haggadische  Auslegung  veranlaßt,  nach 
welcher  2!~;t  "H  auf  das  goldene  Kalb  zu  beziehen  ist.  Diese  Aus- 
legung gibt  auch  Ps.  Jon.  in  den  Worten  biP3>  nmn  br  ■i"b  "IED1 
Nnrn.  Da  jedoch  in  unserem  Bruchstück  gerade  der  entscheidene 
Ausdruck  weggelassen  ist,  so  ist  auch  dieser  Umstand  wieder  ein 
Beweis  dafür,  daß  der  Abschreiber  eine  ältere  Vorlage  benutzt  aber 
nicht  verstanden  hat. 

Zu  1,  44:  Statt  NrP"»3>T)3  liest  Ps.  Jon.  wohl  richtiger  Nni^^lN. 

2,  13.  Ps.  Jon.  liest  N^Tnü  statt  Nvna. 

2,  23.  N-'pmsp  ist  verschrieben  aus  ■'Npmsp  „die  Kappadokier". 

2,  30.  "üJpi  und  rppm  ist  in  ■'TüpN  und  Eppm  zu  verbessern, 
und  "p  gehört  noch  zu  diesem  Verse. 

2,  34.  Bei  v^"p  fehlt  ein  Jod  am  Schlüsse. 

3,  4.  n  ist  wohl  in  b  umzuändern  und  dieses  zu  Nb  zu  ergänzen. 
3,  14.  Das  73  in  -ip^oi  ist  verschrieben  aus  N. 

3,  lti.  Auch  die  ganz  unmögliche  Forcn  niriiro  zeigt  wiederum 
die  Unwissenheit  des  Schreibers;   es  muß  natürlich  myxn  heißen. 

4,  26.  TD  ist  zu  emendieren  in  ]"]"  .  .  .  und  zu  ergänzen  in 
"jTOin,  während  "p-ns  verschrieben  ist  aus  yv-\z ;  Onkelos  hat  ^i^sa. 

5,  9.  In  laon  fehlt  natürlich  das  n. 

Wenn  wir  nun  dieses  Bruchstück  mit  dem  entsprechenden  Ab- 
schnitte in  den  uns  bekannten  Versionen  vergleichen,  so  gelangen 
wir  zu  folgendem  Ergebnisse :  Es  enthält,  rein  äußerlich  betrachtet, 
manche  Übersetzungen,  die  in  unseren  Fragmententhargumen  fehlen, 
während  andere  in  unseren  Versionen  sich  findende  dort  vermißt 
werden.    Der  zweite  Vers  des  ersten  Kapitels  war  vermutlich  auch 


Ginsburger,  Neue  Fragmente  des  Thargum  jeruschalmi.         377 

in  dem  Bruchstücke  ursprünglich  vollständig  übersetzt.  Dagegen 
fehlt  hier  das  Thargum  zu  1,  24;  3,  2.  23;" 4.  7.  24.  44.  48,  das 
sich  in  cod.  Vat.  und  den  edd.  vollständig  findet,  vollständig  ist 
in  diesen  Versionen  ferner  übersetzt  2,  8 ;  3,  17;  in  unserem  Bruch- 
stücke dagegen  nur  fragmentarisch.  Fragmentarisch  übersetzen  unsere 
Versionen  1,  3;  3,  11.  24:  4,  18.  20.  33.  34.  42:  wo  unser  Bruch- 
stück kein  Thargum  hat,  Dagegen  hat  resp.  hatte  unser  Bruchstück 
eine  (fragmentarische)  Übersetzung  zu  1,7.  28  36.  41.  43:  2,  10. 
11.  13.  20.  23.  30.  34;  3,  4.  16.  18;  4,  1.  2.  9.  17.  26;  5,  7 
wo  in  unseren  Versionen  keine  Übersetzung  mehr  sich  findet. 

Cod.  Par.  übersetzt  bei  dem  betreffenden  Abschnitte  überhaupt 
nur  1.  1.  2  und  3,  29  vollständig  und  3,  11  fragmentarisch.  Unser 
Bruchstück  stimmt  also  quantitativ  mit  keiner  der  uns  erhaltenen 
Rezensionen  überein. 

Auch  bezüglich  des  qualitativen  Verhältnisses  haben  wir  schon 
oben  einige  Verschiedenheiten  hervorgehoben.  Hier  ist  noch  Folgen- 
des hinzuzufügen :  Zu  2 ,  8  hat  unser  Bruchstück  nur  das  Wort 
nb:.:ir,  das  vermutlich  ursprünglich  einem  Tharg.  jer. ,  welches 
"lia  TPSS3>  beibehielt,  als  Variante  hinzugefügt  war,  spätere  Alt- 
schreiber hingegen  nahmen  diesen  Vers  vollständig  in  ihr  Fragmenten  - 
thargum  auf.  Ebenso  verhält  es  sich  mit  3,  17,  wo  8H3172  ~"  Nr-:-  '  " 
in  N-r-n:  yz  Nnra-ua  N7:;rp  rTO-'BUJ  mn  zu  ergänzen  sein  wird. 
Auch  diese  Variante  wurde  von  einem  späteren  Abschreiber  aus 
Onkelos  vervollständigt,  da  Ps.  Jon.  ganz  verschieden  übersetzt. 
(Vgl.  Einleitung  zu  meiner  Ausgabe  des  Ps.  Jon.  pag.  XIV.) 

Der  Umstand,  daß  an  acht  Stellen  unser  Bruchstück  kein 
Thargum  hat,  während  sich  ein  solches  in  einigen  unserer  Versionen 
findet,  bildet  wiederum  einen  Beweis  dafür,  daß  es  verschiedene 
Rezensionen  des  Thargum  jeruschalmi  gegeben  hat.  An  sieben 
Stellen  fehlt  auch  das  Thargum  in  cod.  Par. ,  und  was  die  achte 
betrifft  (3,  11),  wo  dieser  Kodex  die  Var.  "p  Di  es  3  hat,  so  ersehen 
wir  aus  Ps.  Jon.,  daß  das  in  Frage  kommende  Textwort  n3"i  auch 
in  manchen  Handschriften  des  Tharg.  jer.  wie  bei  Onkelos  nicht 
übersetzt  wurde.  Ganz  ebenso  wird  es  sich  wohl  auch  mit  den 
übrigen  Stellen  verhalten.  Hier  zeigt  sich  übrigens  auch  deutlich, 
daß  die  Annahme,  als  hätten  wir  in  den  Fragmententhargumim  nur 
Variantensammlungen  aus  dem  Thargum  jeruschalmi  zu  Onkelos  zu 
sehen ,  nicht  stichhaltig  ist ,  da  das  Fehlen  so  vieler  Varianten  in 
zwei  so  verschiedenen  Texten  wie  unseres  Bruchstückes  und  des 
cod.  Par.  gar  nicht  zu  erklären  wäre.  Ein  solches  Faktum  kann 
unmöglich  bloß  auf  der  Nachlässigkeit  der  Abschreiber  beruhen. 
Hingegen  erklärt  es  sich  uns  ganz  leicht,  wenn  wir  annehmen,  daß 
diese  fragmentarischen  Übersetzungen  die  Varianten  ("psibTl)  ver- 
schiedener Rezensionen  des  Thargum  jeruschalmi  darstellen.  Da 
nämlich  die  von  den  beiden  Abschreibern  benutzt <'ii  Rezensionen 
mit  einander  übereinstimmten  an  den  in  Rede  stehenden  Stellen, 
lag  für  die   Anführung  einer  Variante   ein    Anlaß   nicht    vor. 


378  Ginsburger,  Neue  Fragmente  des  Thargum  jeruschalmi. 

Umgekehrt  muß  der  Schreiber  unseres  Bruchstückes  an  allen 
den  Stellen ,  wo  er  eine  (fragmentarische)  Übersetzung  hat  resp. 
hatte,  auch  in  den  ihm  bekannten  Kezensionen  des  Thargum  jeru- 
schalmi verschiedene  Lesarten  vorgefunden  haben,  die  er  sich  dann 
notierte.  Es  wird  sich  der  Mühe  verlohnen  auf  diese  Fälle  etwas 
näher  einzugehen.  Sie  lassen  sich  unter  folgende  Kategorien  zu- 
sammenfassen: 

1.  Verschieden  sowohl  von  Ps.  Jon.  wie  von  Onk.  sind: 

1,  7   (■'TlB'O  Ps.  Jon.   ifcVHJ   Onk.  ■'iTpa'ö). 

2,  11   ([?"p^]  -pnnxi  Ps.  Jon.  =  Onk.  »■»"Ina). 
2,  34  (iTmp  Ps.  Jon.  =  Onk.  ^Smp  C,"n1"ip))- 

4,  9  (-prrm  -psbrn  Ps.  Jon.  ■pansibm  Onk.  yirsminm). 

4,  17  (öiü"1  Ps.  Jon.  «ms  Onk.  ms). 

5,  8  (rnnn  Ps.  Jon.  =  Onk.  snb?:). 
5,  9  (iirp  Ps.  Jon.  -jN:p  Onk.  N3p). 

2.  Gleichlautend  sowohl  mit  Ps.  Jon.  wie  mit  Onk.  sind: 

1,  36  Ojnbfc);  1,  41  (pio^b  yirmffli);  5,  7  (^irr  ab). 

3.  Gleichlautend  mit  Onk.  und  verschieden  von  Ps.  Jon.  sind : 

2,  30  (rrrrn  Ps.  Jon.  rrrrm  R-iSf). 

3,  4  (nriina  Ps,  Jon.  fiWiinB). 

4,  26  (y^B  oder  snnsü  Ps.  Jon.  N^-imöä). 

5,  9  (naon  (vgl.  a.  cod.  Par.  zu  Ex.  20,  1)  Ps.  Jon.  -p-iaor.). 

4.  Gleichlautend  mit  Ps.  Jon.  und  verschieden  von  Onk.  sind : 

2,  13  ((«irnö)  smü  Onk.  -iit). 

2,  23  (S^p-nBp  Onk.  N^püisp). 

3,  16  (nvatn  Onk.  na). 

3,  18  (-pma  Onk.  i?nTtt). 

4,  1  (ins  Onk.  -i-D). 

4,  2  (-p^ssn  Onk.  -pr;7:r). 

Daß  die  unter  2  und  3  zusammengestellten  Fälle  keine  Vari- 
anten zu  Onkelos  darstellen  können,  liegt  klar  auf  der  Hand. 
Dagegen  ist  es  sehr  wohl  denkbar,  daß  manche  Rezensionen  des 
Thargum  jeruschalmi  in  allen  diesen  Fällen  verschiedene  Lesarten 
hatten.  Die  unter  1  und  4  erwähnten  Übersetzungen  finden  sich 
zum  überwiegenden  Teile  auch  sonst  in  den  Fragmententhargumim. 
Jedenfalls  dürften  diese  kurzen  Bemerkungen  einen  genügenden 
Beweis  dafür  bilden ,  daß  es  im  höchsten  Grade  wünschenswert 
wäre,  wenn  auch  die  übrigen  aus  der  Geniza  stammenden  Thargum  - 
fragmente  möglichst  bald  einem  weiteren  Publikum  zugänglich  ge- 
macht würden. 


379 


Über  Bhagavadgita,  II,  4G. 


Dr.  Ferdinando  Belloni-Filippi. 

yävän  artha  udapäne  sarvatah  samplutodalce  | 
tävän  sarvesu  vedesu  brähmanasya  mjänatah  \ 

In  den  „Melanges  Kern.  Leide  1903,  S.  141 — 143u  lesen  wir 
eine  neue,  von  Prof.  Pavolini  vorgeschlagene  Interpretation  dieser 
Stelle.  So  scharf  und  geistreich  ist  sie,  daß  es  fast  unmöglich  ist, 
auf  den  ersten  Blick  nicht  davon  überzeugt  zu  sein.  Unterzieht 
man  sie  aber  einer  eingehenden  Prüfung,  so  wird  dem  Philologen 
nicht  entgehen,  daß  dieselbe  eine  Künstelei  verrät,  die  sich  mit  der 
klassischen  Einfachheit  des  epischen   Stils  kaum  verträgt. 

Wir  wollen  unsere  Auffassung  der  in  Frage  stehenden  Stelle 
derjenigen  Pavolini's  entgegenstellen.  Sie  stützt  sich  ebenso  auf 
philosophische  und  grundsätzliche,  wie  auch  auf  philologische  und 
grammatikalische  Kriterien :    wir    werden    mit  den  ersten  anfangen. 

Es  ist  eine  stete  und  hervorragende  Eigentümlichkeit  der  phi- 
losophischen Systeme  Indiens ,  in  ihrer  historischen  Entwicklung. 
den  neuen  Wein  in  alte  Schläuche  zu  füllen,  so  daß  wir  eine  un- 
unterbrochene Folge  von  Systemen  vor  uns  haben,  die  alle,  selbst 
das  atheistische  Sämkhyam ,  als  orthodox  gelten  wollen.  Sri  es, 
daß  die  Anhänger  der  neuen  Systeme  sich  unter  den  Schutz  der 
vedischen  Flügel  flüchteten,  sei  es,  daß  die  Priesterschaft  die  neuen 
Lehren  an  den  schweren  Wagen  des  Wissens  anzuspannen  suchte, 
soviel  bleibt  doch  gewiß,  daß  Altes  und  Neues  zu  einem  homogenen 
Ganzen  zusammengefügt  wurde. 

In  solchem  Verhältnis  steht  nun  die  Bhagavadgita,  ein  höchst 
orthodoxes  Werk,  zur  früheren  Vedenlitteratur.  Wie  „der  G 
des  Erhabenen"  die  wesentlich  verschiedene  Lehren  des  Sämkhyaii 
und  des  Yoga  zu  vereinen  sucht,  so  verknüpft  er  sich  selbst  mit 
dem  früheren  vedischen  Wissen,  dessen  Autorität  er  nicht  bestreitet, 
obschon  er  keinen  Nutzen  darin  sieht,  wenn  es  nicht  richtig  erklärt 
und  verstanden  wird.  Demgemäß,  obgleich  er  das  Wori  des  Veda 
„puspitäm  väcam  (II.  12a)"  nennt,  bezeichnet  er  doch  als  navi- 
paäcitas11  nur  diejenigen,  die  „Nichts  anderes  (außer  dem- 
Bd.  LVIII. 


380  Belloni-Fttippi,   Über  Bhagavadgltä  11,46. 

selben)  ist"  sagen,  womit  keineswegs  behauptet  wird,  daß  auch 
diejenigen  navipascitasu  seien,  die  das  Wort  des  Veda  nach  den 
Absichten  des  Yoga  verstehen  und  ergänzen.  Ist  nicht  im  XV.  adh. 
(22 — 23)  gesagt,  daß,  wer  die  Anweisungen  der  Sästra's,  der  kano- 
nischen Werke,  verwirft,  nicht  die  Vollkommenheit  und  demnach 
nicht   das   höchste  Ziel  erlangt? 

In  gleicher  Weise  beachte  man,  mit  wievielem  Takt  der  Verfasser 
sich  benimmt,  wenn  er  von  den  Kasten  spricht,  einem  schwierigen 
Gegenstand,  weil  sie  zu  stürzen  Ketzerei,  sie  unbedingt  beizubehalten 
Verleugnung  der  eigenen  Grundsätze  gewesen  wäre.  „Auch  die- 
jenigen", heißt  es  (IX,  32),  „deren  Geburt  die  Folge  in  früherem 
Dasein  begangene]-  Sünden  ist,  d.  h.  Weiber,  Vaisya,  Südra,  erlangen 
das  höchste  Ziel,  wenn  sie  sich  auf  mich  stützen."  Die  Worte: 
„Auch  diejenigen  (t/e  'pi)*  zeigen,  daß  es  sich  nicht  um  ein  plötz- 
liches Umstoßen  der  vorigen  Anordnungen,  sondern  um  ein  Ausdehnen 
der  Vorrechte  der  oberen  auf  die  niederen  Kasten  handelt. 

Aus  diesem  Grunde  meinen  wir,  daß  Prof.  Pavolini  mit  seiner 
Interpretation:  „Conie  quando  si  puo  disporre  di  una  massa  sovra- 
bbondante  d'acqua ,  nessuna  utilita  viene  da  una  piccola  cisterna, 
cosi  a  chi  e  immerso  nella  contemplazione  del  Brahman ,  gioia 
suprema  e  infinita.  nessuna  utilita  viene  dai  Veda,  piccolo  ricetta- 
colo  di  gioie  limitate  e  radicate  nel  karman*  nicht  das  Richtige 
getroffen  habe,  wenn  er  seine  Auslegung  auf  die  enge  Verknüpfung 
des  46.  sl.  mit  dem  45.  gründet,  und  diesen  letzteren  im  Sinne 
einer  Verwerfung  der  vedischen  Lehre  auffaßt ,  welche  ihres  trai- 
gunyavisayatvam  wegen  nur  zur  Erlangung  des  karmaphalam 
dienen  kann.  Das  beabsichtigt,  wie  uns  scheint,  der  Verfasser  nicht. 
Von  dem  40.  sl.  an  hat  Krsna,  wie  er  selbst  im  39.  sl.  angekündigt, 
über  den  Grundcharakter  des  Yoga  zu  sprechen  angefangen,  dessen 
Praxis  nach  Aufhebung  des  Bewußtseins  der  Vielheit 
strebt.  Durch  den  samädhi,  Absorption,  worin  Subjekt  und 
Objekt,  Seele  und  Gott,  so  völlig  ineinander  fließen,  daß  das  Be- 
wußtsein des  eigenen  Subjektes  ganz  erlischt,  erlangt  man  dieses 
Ziel.  Um  sich  eben  in  samädhi  zu  versenken,  soll  Arjuna  nistrai- 
gunya  werden,  d.  h.  sich  dem  objektiven  Dasein  der  Tätigkeit  und 
den  Geschäften  desselben  entziehen.  Deßhalb  meinen  wir,  daß  dieser 
4-").  sl.  vielmehr  mit  dem  44.  logisch  verbunden  werden  soll,  weil 
in  diesem  letzteren  die  noch  mit  Genuß-  und  Herrschbegierde 
(d.  h.  mit  den  Antrieben  der  guna,  der  eigenen  angeborenen  Kräfte) 
behafteten  Menschen,  für  des  samädhi  unfähig  erklärt  werden.  Dem- 
zufolge setzt  der  45.  sl.  die  Kennzeichnung  des  Yoga  fort  und  läuft 
nicht  etwa  auf  die  Geringschätzung  der  Vedalehre  hinaus,  sondern 
betont  die  Tatsache,  daß  der  yogin,  nicht  der  Vedaanbänger  nistrai- 
gunya  sei:  Also  ist  der  46.  sl.  selbständig  und  verleiht  dem  ganzen 
Inhalt  der  sll.  41 — 45  einen  sehr  wirksamen  Abschluß,  indem  er 
sie  in  einem  Bilde  zusammenfaßt. 

Ist  es  uns,  wie  wir  hotten,  gelungen,  den  Charakter  der  Bhag. 


Belloni-Filippi,    tjber  Bhagavadglta  II,  46.  381 

im  Verhältnis  zur  früheren  Yeclenlitteratur  darzustellen,  so  springt 
der  Sinn  der  in  Frage  stehenden  Stelle  von  selbst  in  die  Augen. 
Eben  weil  aus  einer  entgegengestellten  Voraussetzung  ausgegangen, 
hat  Prof.  Pavolini,  wie  wir  meinen,  nicht  das  Richtige  getroffen. 
Verleitet  von  dem  Gedanken,  daß  für  denjenigen,  welcher  zur  Atma- 
lehre  gelangt  ist,  die  Vedalehre  absolut  nicht  nützlich  sei,  ist  er 
gezwungen  worden ,  udapüne  in  dem  Sinne  von  alpodapäne  auf- 
zufassen, während  udapäna  ein  „großer  Brunnen"  ist,  wie  es  sich 
auch  aus  MBh.  V,  46,  26: 

yathodapäne  mahati  sarvatah  samplutodake  \ 
evam  sarvesu  vedesu  ätmänam  anujänatah  \\ 

nachweisen  läßt,  worin  offenbar  udapäne  und  mahati  untrennbar  sind. 
Allerdings  umgeht  Prof.  Pavolini  in  dieser  letzten  Stelle  die 
Schwierigkeit,  indem  er  nach  yathodapjäne  ein  Komma  setzt  {ya- 
thodapäne ,  mahati  sarvatah  samplutodake) ;  aber  niemand  wird 
diese  willkürliche  Interpunktion  gutheißen,  da  die  Pause,  von  Natur 
aus,  am  Ende  des  ersten  päda  mit  der  Cäsur  zusammenfällt  und 
den  Halbsl.  in  seine  natürliche  Hälfte  zerteilt : 

yathodapäne  mahati  \\  sarvatah  samplutodake  \ 

Außerdem  bezeichnet  das  Adj.  maliant  keine  Quantität,  sondern 
Dimension,  und  seine  Bedeutung  ist  „groß",  nicht  „viel".  In 
diesem  letzten  Sinne  würde  der  indische  Verfasser  vielmehr  das 
Adj.  bahu  oder  bhüri  angewandt  haben. 

Übersetzen  wir  aber  udapäna  mit  »großer  Brunnen",  so  paßt 
das  Bild  eines  großen  Brunnen  durchaus  zum  Veda,  dem  unendlichen 
Ozean  der  aus  den  verschiedensten  Quellen  zusammengeflossenen 
Lehren.  Wie  hätte  der  Dichter  diese  ungeheuere  Masse  mit  einem 
kleinen  Brunnen  vergleichen  können  ? 

Wir  meinen  dagegen,  daß  das  Bahuvrihi-Kompositum  saijijiln- 
todake  sich  ganz  natürlich  als  abhängig  von  udapcme  ergebe,  weil  hier, 
abgesehen  von  den  oben  angeführten  Gründen,  der  absolute  Lokativ 
überaus  hart  klingt,  wie  denn  auch  den  indischen  Kommentatoren, 
Samkara,  Bämänuja,  Nllakantha,  nie  eingefallen  ist,  samplutodake 
vom  udapäne  abzutrennen.  Nach  unserer  Meinung  ist  der  Sinn 
des  in  Frage  stehenden  Verses:  „Wie  viel  Nutzen  (d.  h.  wenigen 
Nutzen)  man  aus  einem  (großen)  Brunnen,  worin  Wasser  von  allen 
Seiten  zusammenfließt,  ziehen  darf,  ebensoviel  ist  aus  allen  Veden 
vnin  Kenner  des  Brahman's  zu  ziehen".  Das  will  sagen,  daß.  wer 
zur  Brahmanerkenntnis  gelangt  ist,  nur  einen  kleinen  Teil  des  un- 
geheueren Vedeninhalts  benutzen  kann,  d.  i.  jenen  Teil,  der  der 
eigenen  Weltanschauung  entspricht,  gerade  wie  man  auch  alles 
Wasser  eines  großen  Brunnen  nicht  benutzen  kann ,  sondern  nur 
soviel   davon  nimmt,  als  dem  eigenen  Bedarf  entspricht. 

Damit     wird    die    Annahme   bestätigt,    dal.i    die    Vedas    vifl    In 


;;<-_>  Belloni-l'iUppi,    über  BhagavadgUa   II,  46. 

nutzes  enthalten ,  woraus  aber  der  Weise  den  sära  auszuziehen 
weiß,  dem  Spruche1)  entsprechend: 

anubhyaJ  ca  mahadbhyas  ca  sästrebli ydh  kudalo  narah  \ 
sarvatah  säram  ädadyät  puspebhya  iva  satpadah  \\ 

Ond  daß  diese  Interpretation  mit  den  indischen  Ansichten  im  Ein- 
klang steht,  beweist  auch  der  Spruch2): 

upakartum  yathä  svatyah  samartho  na  tathä  mahän  \ 
prayah  küpas  trsäm  hanti  satatam  na  tu  väridhih  \\ 

Übrigens  steht  unsere  Interpretation  mit  denjenigen  von  Eämänuja 
und  Nllakantha  in  Einklang,  wenn  sie  auch  von  allen  europäischen 
und  von  manchen  indischen  Erklärungen  abweicht. 

So  am  Ende  unserer  Argumentation  angelangt,  wollen  wir  die 
angeführten   Gründe  der  Reihe  nach  kurz  zusammenfassen : 

I)  Die  Bhag.  ist  ein  orthodoxes  Werk,  das  die  vedische  Lehre 
nicht  geringschätzt;  sie  knüpft  dagegen  an  früheres  Wissen  an  und 
sucht  Neues  auf  Altes  zu  pfropfen. 

II)  Der  46.  sl.  ist  nicht  mit  dem  45.  verknüpft,  vielmehr  bildet 
er,  sozusagen,  den  Schlußsatz  der  in  den  sll.  41 — 4-5  enthaltenen 
Bestimmung  des  Yoga. 

III)  In  dem  in  Frage  stehenden  sl.  ist  udapäna  nicht  als  ein 
„ kleiner  Brunnen"  aufzufassen;  die  Parallelstelle  MBh.  V,  46,  26 
beweist  dagegen  durch  ihren  „udapäne  maltaü* ,  daß  es  sich  hier 
um  einen    „ großen  Brünnen"   handelt. 

IV)  Endlich  ist  samplutodahe  als  der  natürliche  bahuvrihi  des 
vorangehenden  udapäne  und  nicht  mit  Prof.  Pavolini  als  absoluter 
Lokativ  aufzufassen. 


1)  Böhtlingk,  Ind.  Spr.2   121. 

2)  ib.   1271. 


383 


Bemerkungen  zu  vorstehendem  Aufsatz. 

Von 

Hermann  Jacobi. 

Zu  vorstehendem  Artikel  Herrn  Dr.  Belloni's,  der  mir  in  der 
Hauptsache  das  Richtige  getroffen  zu  haben  scheint,  sei  es  mir  ge- 
stattet einige  Bemerkungen  hinzuzufügen. 

Der  erste  Päda  des  in  Rede  stehenden  Verses  geht  auf  einen 
Jonicus  a  minori  aus :  udapäne.  Dieser  Ausgang  ist  verhältnismäßig 
selten,  cf.  Gurupüjäkaumudl  p.  51,  und  verlangt  nach  dem  für  alle 
selteneren  Vipulä- Arten  geltenden  Gesetze  vor  sich  Cäsur  und  schwere 
Silbe.  Letzteres  Erfordernis  ist  vernachlässigt;  der  Vers  ist  also 
metrisch  anstößig.  Wir  dürfen  ihn  darum  nicht  verwerfen,  noch 
„verbessern",  aber  wir  dürfen  fragen,  warum  der  Autor  dem  Vers- 
maße Gewalt  auzutun  sich  nicht  gescheut  habe.  Betrachten  wir 
nun  den  von  Pavolini  zum  Vergleich  herangezogenen  Vers  Sanatsu- 
yätiya  VI,  26  (yatho  \lapäne  mahali  sarvatah  sainplutodake  \  evam 
sarvesu  vedesu  ätmänam  anujanatah),  so  fällt  die  gleiche  elliptische 
Sprache  bei  Verwendung  gleicher  Ausdrücke  auf.  Diese  Umstände 
legen  die  Annahme  nahe,  daß  der  Autor  auf  ein  damals  bekanntes 
Sprichwort  Bezug  genommen  und  einige  Stichwörter  desselben  in 
seinen  Vers  hineingezwängt  habe,  unbesorgt,  ob  Metrum  und  Kon- 
struktion litten.  Denn  der  dem  Leser  bekannte  Sinn  des  Sprich- 
wortes ließ  ihn  das  nur  andeutungsweise  Gesagte  leicht  verstehen 
und  aus  sich  ergänzen.  Dieser  Sinn  aber  dürfte  wohl  derselbe  ge- 
wesen sein ,  der  in  der  von  Belloni  angeführten  Strophe  enthalten 
ist,  und  daraus  ergibt  sich  dann  als  Sinn  unserer  Stelle :  wie  jemand 
aus  ''inem  Gewässer  nur  soviel  entnimmt  wie  er  gebraucht,  so  auch 
der  erleuchtete  Brahmane  aus  allen  Veden. 

Damit  ist  nun  nicht  gesagt,  daß  die  Veden  viel  Unnützes  ent- 
hielten, sondern  nur,  daß  der  erleuchtete  Brahmane  nichl  alles 
gebraucht .  was  der  Veda  lehrt ;  ebensowenig  wie  jemand  a  lies 
Wasser  eines  Sees  gebraucht,  das  darum  doch  nicht  unnütz  ist, 
weil  er  es  nicht  gebrauchen  kann.  Es  fragt  sich  also:  was  soll 
der  erleuchtete  Brahmane  aus  dem  Veda  nehinin  ? 

In  der  Beantwortung  dieser  Frage  dürfen  uns  die  einheimischen 
Kommentatoren    nicht    ohne    weiteres    als    Gewährsmänner    dienen. 


;',S4  Jacobi,  Bemerkungen  zu  vorstehendem  Aufsatz. 

Denn  die  Stifter  der  großen  Sekten,  wie  Samkara,  Rämänuja,  Madkva, 
hatten  oder  setzten  sich  die  Aufgabe,  die  Upanisaden,  Brahma-Sütra, 
Bhagavadgitä  und  andere  Werke  so  zu  erklären,  daß  sie  mit  ihren 
eigenen  Lehren  zusammenstimmten ;  namentlich  mußte  die  Bhaga- 
vadgltä  zu  dergleichen  Bestrebungen  herausfordern,  weil  sie  ja  das 
Textbuch  einer  Sekte  war,  aus  der  diejenigen  des  Rämänuja  etc. 
hervorgegangen  sind;  daher  denn  auch  die  übrigen  Erklärer  sektarisch 
befangen  der  Bhagavadgitä  gegenüberstehen  und  folglich  ihren  An- 
sichten, wo  es  sich  um  prinzipielle  Punkte  handelt,  wenig  objektiver 
Wert  beizumessen  ist.  Wir  müssen  also  versuchen  den  Zusammen- 
hang der  Stelle,  in  welcher  der  fragliche  Vers  vorkommt,  aus  sich 
selbst  zu  verstehen,  nicht  aber  ganz  „ voraussetzungslos ",  sondern 
auf  Grund  der  in  der  Bhagavadgitä  vorausgesetzten  philosophischen 
Ideen.  Diese  waren  die  in  philosophischen  Sütra's  niedergelegten. 
Denn  13,  4  beruft  sich  der  Srlbhagavän  auf  die  Brahmasütrapada's ; 
das  Uttara-Mlmämsä  Sütra  bestand  also,  und  a  fortiori  auch  die 
Pürva-mimämsä.  Daß  auch  die  Lehren  des  Sämkhya-Yoga  (des 
philosophischen,  nicht  des  epischen)  im  MBh.  vorausgesetzt  werden, 
habe  ich  GGA.  1897  S.  268 ff.  gezeigt1);  doch  kann  hier  davon  ab- 
gesehen werden.  In  unserer  Stelle  handelt  es  sich  um  eine  Frage, 
in  welcher  Pürvä  und  Uttarä  Mimämsä  weit  auseinandergehen. 
Die  Pürva -Mimämsä  stellt  bekanntlich  den  Grundsatz  auf,  daß  der 
einzige  Zweck  des  Veda  sei,  die  „ Werke"  zu  lehren:  ämnäyasya 
kriyärthatväd  änarthakyam  atadarthänäm  I,  2,  1  (cf.  Samkara  zu 
V.  S.  1,1,  3);  für  sie  sind  also  die  Werke  das  Höchste,  was  der 
Veda  lehrt,  und  der  Lohn  der  Werke  das  Höchste,  was  man  durch 
ihn  erreicht.  Hiergegen  behauptet  die  Uttara -Mimämsä,  daß  die 
Brahmaerkenntnis  das  Höchste  sei,  was  der  Veda  lehre,  und  daß 
für  den,  der  sie  erreicht  hat,  die  Verpflichtung  der  Werke  aufhöre. 
Die  neue  Lehre,  die  in  der  Bhagavadgitä  vorgetragen  wird,  suchte 
zwischen  diesen  einander  widersprechenden  Ansichten,  die  beide  eine 
gewisse  Autorität  besaßen,  zu  vermitteln,  soweit  dies  bei  absolutem 
Widerspruch  möglich  ist.  Sie  erkannte  also  den  Grundsatz  der 
Mlmämsaka's  nach  seiner  praktischen  Seite  an  11,47,  karmäny 
evä  ,dhikäras  te,  „du  hast  die  Verpflichtung  zu  Werken";  aber 
der  Lohn  der  Werke  ist  darum  nicht  das  Höchste,  denn  du  sollst 
nicht  nach  diesem  streben :  mä  phalesu  kadäcana  -) ;  auch  soll  der 
versprochene  Lohn  nicht  die  Veranlassung  zu  den  nötigen  Werken 
sein  mä  karmaphalahetur  bhüh.  In  diesen  drei  Pädas  des  47.  Vei>es 
ist  die  Polemik  gegen  die  Mlmämsaka's  resümiert,  die  mit  Vers  42 
beginnt:    yäm    imäm  puspitäm    väcam  pravadanty  avipascitah 

1)  Auf  die  grundlegende  Wichtigkeit  dieses  Beweises  muß  immer  wieder 
hingewiesen  werden;  denn  wenn  der  epische  Sämkhya  selbst  den  philosophischen 
als  ursprünglich  anerkennt,  so  wird  keine  Überredungskunst  uns  veranlassen, 
diesen  aus  jenem  abzuleiten. 

2)  Man  konnte  sagen:  es  heißt  zwar  ^jyotistomeua  svargakämo  jajeta11 , 
nicht  aber  „svargalömo  bhavet*  etc.  doch  zeigt  das  mä,  daß  ein  Verbot  gemeint. 


Jacobi,  Bemerkungen  zu  vorstehendem  Aufsatz.  385 

vedavädaratäh  Partita  nänyad  astltl  vädlnah  ||  Aber  trotz  dieser 
teilweisen  Ablehnung  der  Mlmärpsä-Lehre  pflichtet  die  BhagavadgTtä 
doch  nicht  dem  Vedänta  bei,  bezüglich  des  naiskarmanya-,  denn 
jener  Vers  47  schließt  mit  den  Worten:  mä  te  saiigo  'stv  akar- 
mani1).  Zwischen  der  Polemik  gegen  die  Mimämsä-Lehre  42 — 45 
und  dem  Verse  47  steht  nun  unser  Vers  yävän  artha  udapäne  etc. 
Er  muß  also,  wenn  er  nicht  den  Zusammenhang  der  ganzen  Stelle 
sinnlos  zerreißen  soll,  etwa  folgenden  Sinn  haben :  ein  erleuchteter 
Brahmane  nimmt  aus  den  Veden  das  Nötige,  (abgesehen  von  der 
Offenbarung  des  Brahma)  die  Verpflichtung  zu  Werken ;  aber  er 
kümmert  sich  nicht  um  die  Verheißung  des  Lohnes,  der  ihm  gleich- 
gültig ist.  Er  handelt,  weil  der  Veda  (bez.  die  Pflicht)  es  so  will, 
nicht  aus  einem  eigennützigen  Motiv.  Dies  „handle,  weil  es  Pflicht 
ist,  nicht  um  des  Erfolges  willen"  ist  ja  der  Gedanke,  der  den 
Ausgangspunkt  für  die  ganze  BhagavadgTtä  bildet. 

Bei  der  vorgetragenen  Erklärung  fällt  der  Verdacht  weg,  daß 
die  BhagavadgTtä  den  ganzen  Veda  mit  Ausschluß  des  jnänakhända 
verwerfe;  sie  tritt  auch  nicht  geradezu  feindlich  gegen  den  karma- 
märga  und  den  jrtänamärga  auf,  sondern  nimmt  von  beiden  soviel 
als  nötig  ist,  ohne  ihnen  bis  zu  abstrusen  Konsecpienzen  zu  folgen. 
Um  zu  diesen  nicht  gezwungen  zu  werden,  weist  sie  einen  neuen 
Weg,  den  bhaktimärga,  der  der  einzig  gangbare  für  das  praktische 
Leben  ist ;  und  es  ist  natürlich ,  daß  die  Darstellung  der  neuen 
Heilslehre  zunächst  sich  mit  den  beiden  bestehenden  Heilsmethoden, 
dem  karmamärga  und  jnänamärga,  auseinandersetzte,  wie  es  auch 
im  Anfang  der  BhagavadgTtä  geschieht. 

1)  Dieser  Gedanke  wird  im   3.   Adhyäya   weiter  ausgeführt. 


386 


Ein  astronomischer  Beitrag 
zur  Exegese  des  Alten  Testaments. 


C.  V.  L.  Ckarlier, 

Professor  der  Astronomie   zu  Lund.M 

Einleitungsweise  möchte  ich  über  die  Orientierung  der  Kirchen 
und  Tempel  einige  Tatsachen  erwähnen,  die  vielleicht  nicht  all- 
gemein bekannt  sind. 

Die  christlichen  Kirchen  des  Mittelalters  sind ,  wenigstens  in 
vielen  Fällen,  nach  der  Sonne  orientiert,  und  zwar  so,  daß  die  Achse 
der  Kirche  (Richtung  vom  Altar  zum  Eingang)  gegen  denjenigen 
Punkt  am  Horizont  gerichtet  ist,  wo  die  Sonne  am  Gedenktag  des 
Schutzheiligen  der  Kirche  untergeht.  Diese  Orientierung  ist,  wie 
Verf.  gezeigt  hat2),  bisweilen  so  genau,  daß  man  mit  ihrer  Hülfe 
astronomisch  das  Alter  der  Kirchen  bestimmen  kann. 

Diese  Orientierungsweise ,  die  beim  ersten  Anblick  künstlich 
und  eigentümlich  vorkommen  könnte,  findet  ihre  einfache,  und  höchst 
interessante,  Erklärung,  wenn  man  die  Orientierung  der  vorchrist- 
lichen Tempel  näher  untersucht.  Eine  solche  Untersuchung  ist  von 
Nissen  und  Lockyer  in  bezug  auf  verschiedene  solche  Tempel 
vorgenommen  worden,  und  besonders  hat  Lockyer  hinsichtlich 
der  altägyptischen  Tempel  umfangreiche  Untersuchungen  angestellt. 
Es  hat  sich  dabei  ergeben ,  daß  die  altägyptischen  Tempel  (und 
Pyramiden)  in  bestimmter  Weise  zum  Aufgangspunkte  (oder  Unter- 
gangspunkte) der  Sonne  oder  der  Sterne  orientiert  sind.  So  war 
z.  B.  ein  Isistempel  gegen  den  Aufgangspunkt  des  Siriussterns  ge- 
richtet, ein  Tempel,  der  dem  Sonnengott  Amon-Re  gewidmet  war, 
war  mit  seiner  Achse  gegen  den  Aufgangspunkt  der  Sonne  bei  der 
Sonnenwende  gerichtet  u.  s.  w.  Es  hat  sich  außerdem  bei  diesen 
Untersuchungen  herausgestellt,  daß  die  Erklärung  dieser  Orien- 
tierungsweise  im  Bedürfnis  einer  genauen   Kenntnis  der  Länge  des 


[1)  Ich  bin  weit  davon  entfernt,  jede  Annahme  zu  unterschreiben,  die 
dieser  Aufsatz  enthält,  hielt  aber  seine  Ausführungen  über  die  Beziehungen  des 
israelitischen  Hauptheiligtums  und  seines  Kults  zur  Sonne  für  beachtenswert 
genug,   um  ihm  hier  Aufnahme  zu  gewähren.  Der  Redakteur.] 

_' i    Vierteljahrschrift  der  astronomischen  Gesellschaft   1902. 


Charlier,  Ein  astron.  Beitr.  z.  Exegese  d.  Alten  Testaments.    387 

bürgerlichen  Jahres  —  des  Jahreszeitjahres  —  zu  suchen  ist.  Im 
besonderen  lag  es  den  Ägyptern  am  Herzen,  den  Zeitpunkt  der 
Überschwemmungen  des  Nüs  (welche  bei  der  Sonnenwende  statt- 
fanden) kennen  zu  lernen.  Die  alten  Tempel  sind  deswegen  als 
die  ältesten  Sternwarten  zu  betrachten,  und  die  Tempelpriester  in 
Ägypten  und  Babylon  sind  die  ältesten  Astronomen,  welche  den 
Grund  zu  unserer  jetzigen  Kenntnis  des  Weltgebäudes  gelegt  haben. 

Die  astronomischen  Entdeckungen,  welche  die  Priester  gemacht 
hatten,  waren  indessen  zu  kompliziert,  um  in  ihrer  wahren  Form 
dem  Volk  mitgeteilt  zu  werden.  Andererseits  lag  es  im  Interesse 
der  Priester ,  um  ihre  Macht  zu  bewahren ,  die  Methoden  zu  ver- 
heimlichen, welche  ihnen  gestatteten,  das  Eintreffen  gewisser  Natur- 
ereignisse —  wie  das  Steigen  des  Nils  —  vorauszuberechnen.  So 
kam  es.  daß  die  astronomischen  Wahrheiten  in  mythologischer  Form 
mitgeteilt  wurden .  und  es  gehört  viel  Geschicklichkeit  und  viel 
Geduld  dazu,  um  aus  den  mythologisch-religiösen  Verkleidungen 
die  zu  Grund  liegenden  astronomischen  Begriffe  herauszufinden. 

Besondere  Aufmerksamkeit  verdienen  die  Zeremonien ,  welche 
mit  der  Verkündigung  des  Steigens  des  heiligen  Flusses  verbunden 
waren.  An  einem  bestimmten  Tage  wurden  der  König  und  das 
Volk  vor  den  Tempel  des  Sonnengottes  gerufen.  Sowie  die  Sonne 
aufging,  zeigte  sich  dabei  tief  im  Inneren  des  Tempels  —  im  Naos, 
im  Allerheiligsten  —  der  Sonnengott  selbst,  und  verkündete  damit, 
daß  das  Steigen  des  Nils  bevorstand  1).  Es  unterliegt  keinem  Zweifel, 
daß  diese  Manifestation  des  Gottes  durch  die  Sonnenstrahlen,  welche 
längs  der  Achse  des  Tempels  fielen ,  hervorgerufen  wurde.  Die 
große  Länge  der  Tempel  (der  große  Tempel  des  Amon  -  Re  in 
Karnak  hat  eine  Länge  von  400 — 500  Meter)  -)  machte  die  ägyp- 
tischen Tempel  zu  ganz  vorzüglichen  Fernrohren  und  erlaubte  den 
Zeitpunkt  für  den  Aufgang  der  Sonne  in  der  Richtung  des  Tempels 
mit  großer  Schärfe  zu  bestimmen.  Die  Klappen  und  übrigen  An- 
ordnungen längs  der  Tempelachse  ermöglichten  die  Erscheinung  des 
„ Gottes"  im  Naos  in  prachtvollster  Weise  zur  Ausführung  zu  bringen. 

Nach  dieser  Einleitung  gehe  ich  zum  eigentlichen  Zweck  dieses 
Aufsatzes  über.  Es  liegt,  nach  den  eben  gemachten  Erörterungen, 
der  Gedanke  sehr  nahe,  für  die  Orientierung  des  Tempels  der 
Hebräer  eine  Erklärung  in  der  ägyptischen  Orientierun -weise  zu 
suchen,  und  in  der  Tat  hat  Lockyer3)  auf  diese  Schlußfolgerung 
schon  aufmerksam  gemacht.  Ich  habe  den  Gedanken  Lockyers 
weiter  verfolgt,  und  zwar  indem  ich  die  Stellen  des  Alten  Testa- 
ments, welche  mit  dieser  Frage  in  Zusammenhang  stehen,  unter- 
sucht habe. 

Bekanntlich  war  der  Tempel  der  Hebräer  —  sei  es.  dal.)  es 
sich    um    die   Stiftshütte    in   der   Wüste  oder  um  die   verschiedenen 


1)  Lockyer  1.  c.  Kap.   X.  2)   Ebd.  1.  c.  S.   100. 

:;.  Ebd.  1.  c  s.   92. 


388     Charlier,  Ein  astron.   Beitr.  z.  Exegese  d.  Alten  Testaments. 

Tempel  in  Jerusalem  handelt  —  mehr  oder  weniger  genau  von 
Ost  nach  West  orientiert.  Da,  wie  es  scheint,  die  Kommentatoren 
hierüber  einig  sind,  so  mag  es  hier  genügen,  auf  die  Beschreibung 
der  Stiftshütte  Exod.  26  und  des  Salomonischen  Tempels  in  2  Chron.  4 
hinzuweisen.  Wenn  der  Tempel  in  Ost-West  steht,  mit  dem  Eingang 
gegen  Ost,  so  können  die  Strahlen  der  aufgehenden  Sonne  an  zwei 
Tagen  des  Jahres  längs  der  Tempelachse  fallen,  nämlich  am  Früh- 
lingsäquinoktium und  am  Herbstäquinoktium. 

Gibt  es  nun  in  den  Schriften  der  Hebräer  einige  Andeutungen 
oder  Beweise  dafür,  daß  man  im  religiösen  Kultus  sich  dieser  Orien- 
tierung des  Tempels  in  bezug  auf  die  Sonne  bedient  hat? 

Um  diese  Frage  zu  beantworten ,  müssen  wir  die  Lage  der 
Äquinoktialtage  im  hebräischen  Kalender  bestimmen.  Meine  Ver- 
suche, diese  Bestimmung  auszuführen  ,  waren  indessen  anfangs  fast 
vergebens ,  da  die  Kalenderangaben  in  der  Bibel  sehr  auseinander- 
gehen. Erst  als  ich  die  Ergebnisse  der  Bibelkritik  zu  Hülfe  nahm, 
und  somit  die  verschiedenen  Verfasser  im  Pentateuch  auseinander- 
halten konnte,  war  es  mir  möglich,  die  Widersprüche  zu  erklären. 

Die  Priester schrift  bildet  eine  Hauptquelle  der  Kenntnis 
des  hebräischen  Kultus ,  und  es  war  mir  deswegen  vor  allem  von 
Gewicht,  diese  Quellenschrift  aus  der  Bibel  auszuscheiden.  Infolge 
meiner  mangelhaften  Kenntnisse  der  Resultate  der  modernen  Bibel - 
kritik  habe  ich  mich  einer  solchen  Bibelausgabe  bedienen  müssen, 
wo  die  genannte  Quelle  besonders  bezeichnet  ist,  und  zwar  habe 
ich  zu  diesem  Zweck  den  von  Strack  und  Zö  ekler  heraus- 
gegebenen „  Kurzgefaßten  Kommentar  zu  den  heiligen  Schriften 
Alten  und  Neuen  Testaments"  benutzt.  Der  Inhalt  der  Priester- 
schrift ist  daselbst  mit  Schwabacher-Schrift  besonders  hervorgehoben. 
Es  ist  mir  nicht  bekannt,  inwiefern  diese  Bibelausgabe  dem  Stand- 
punkt der  modernen  Pentateuchkritik  entspricht.  Indessen  zeigt  die 
innere  Übereinstimmung  der  Angaben  über  das  Kalenderwesen,  daß 
die  Ausgabe  wenigstens  in  dieser  Beziehung  völlig  befriedigend  ist. 

Für  die  Beurteilung  der  Kalenderangaben  der  Priesterschrift 
ist  die  Festlegung  des  ungefähren  Zeitpunktes  des  Niederschreibens 
dieser  Schrift  von  Bedeutung.  Es  scheint ,  daß  man  in  bezug  auf 
diesen  Zeitpunkt  insofern  einig  ist,  als  man  ihn  wenigstens  nicht 
v  o  r  das  Exil  verlegt.  Soweit  ich  gesehen  habe ,  nimmt  man  im 
allgemeinen  an,  daß  der  Hauptteil  der  Priesterschrift  ungefähr  um 
500  v.  Chr.,  also  in  nachexilischer  Zeit  verfaßt  ist.  Hieraus  kann 
man  den  für  die  hier  vorliegende  Untersuchung  wichtigen  Schluss 
ziehen,  daß  der  Verfasser  der  Priesterschrift  mit  dem  Kalender  der 
Babylonier  vertraut  war,  und  man  könnte  sogar  a  priori  erwarten, 
daß  er  sich  bei  den  Zeitangaben  dieses  Kalenders  bedienen  wird. 
In  der  Tat  ist  dies  auch  der  Fall.  Die  Babylonier  haben  ein  sog. 
gebundenes    M  o  n  d  j  a  h  r    benutzt 1).      Das    gewöhnliche    Baby  - 


1)  Vergleiche  B.  M.   Lersch,   Einleitung  in   die  Chronologie,  S.  187 


Gharlie/r,  Ein  astron.  Beitr.  z.  Exegese  d.  Alten  Testaments.     389 

Ionische  Jahr  war  ein  Mondjahr  mit  354  Tagen,  aus  zwölf  Monaten 
bestehend,  die  abwechselnd  aus  29  und  30  Tagen  bestanden.  Um 
die  Übereinstimmung  mit  dem  Sonnenjahr  zu  erhalten  und  um  den 
Äquinoktialtagen  eine  annähernd  feste  Stellung  im  Kalender  zu 
geben ,  hat  man  zu  geeigneten  Epochen  einen  Schaltmonat  ein- 
geschaltet. 

Ähnlich  ist  der  Kalender  der  Priesterschrift.  Unter  einem 
Jahre  versteht  sie  einen  Zeitraum  von  354  Tagen.  Über  die  Methode, 
einen  Schaltmonat  einzuschieben ,  scheint  sie  zwar  nicht  im  klaren 
zu  sein ,  jedoch  war  eine  solche  Einschaltung  notwendig ,  da  man 
bestrebt  war ,  die  religiösen  Feste  zu  bestimmten  Jahreszeiten  zu 
feiern. 

"Wenn  die  Priesterschrift  über  die  Begebenheiten  alter  Zeiten 
berichtet ,  so  bedient  sie  sich  dieser  Chronologie ,  genau  wie  man 
heutigen  Tages  beispielsweise  die  Daten  der  römischen  Geschichte 
nicht  nach  dem  römischen  Kalender,  sondern  nach  dem  christlichen 
angibt.  Ein  bekanntes  Beispiel  dieser  Art1)  ist  der  Bericht  der 
Priesterschrift  über  die  Sintflut,  die  nach  dieser  Quelle  vom  17.  Tage 
des  zweiten  Monats  bis  zum  27.  Tage  des  zweiten  Monats  im  fol- 
genden Jahre  dauerte  (Gen.  7,  11  und  8,  14).  Das  macht  ein  Jahr 
(Mondjahr  =  354  Tage)  und  11  Tage  (also  zusammen  365  Tage) 
für  die  Dauer  der  Flut,  und  diese  Zeitbestimmung  findet  ihre 
natürliche  Erklärung  in  der  Annahme,  daß  eine  alte  Tradition  be- 
standen hat,  nach  welcher  die  Sintflut  ein  Jahr  (Jahreszeitjahr  = 
Sonnenjahr)  gedauert  haben  sollte-).  (In  der  unten  zitierten  Archäo- 
logie von  Benzinger  wird  auf  die  chronologische  Bedeutung  des 
Sintflutberichtes  aufmerksam  gemacht.  Indessen  zieht  er  merk- 
würdigerweise daraus  den  Schluß ,  daß  das  älteste  hebräische  Jahr 
nach  der  Anschauung  der  Priesterschrift  ein  reines  Mondjahr 
gewesen  sei ,  eine  Erklärung ,  die  offenbar  die  Sachlage  auf  den 
Kopf  stellt.) 

Was  die  Lage  der  Äquinoktialtage  im  Kalender  von  P3)  be- 
trifft, so  war  man  offenbar  bestrebt,  den  Anfang  des  Jahres  un- 
gefähr auf  das  Frühlingsäquinoktium  zu  verlegen.  Es  war  offen- 
bar nicht  möglich,  eine  solche  Übereinstimmung  genau  zu  erhalten, 
wenn  man  ein  (gebundenes)  Mondjahr  anwandte.  Die  Monate  wurden 
in  P  nur  mit  Zahlen  bezeichnet ,  und  wir  können  also  davon  aus- 
gehen, daß  das  Frühlingsäquinoktium  ungefähr  auf  den  ersten  Tag 
des  ersten  Monats  fiel4).  Dies  angenommen,  ist  es  leicht,  den  Platz 
des  Herbstäquinoktiums  im  Kalender  von  P  zu  bestimmen.  Der 
Zeitraum    zwischen    Frühlingsäquinoktium    und    Herbstiiquinoktium 


1)  Vergleiche  Benzinger,  Hebräische  Archäologie,  S.  198. 

2)  Dieser  Bericht  ist  auch  eine  Stütze  für  die  Annahme ,  die  ich  sehr 
plausibel  finde,  daß  der  vor  exilische  Kalender  (wenigstens  der  Mosaische  Kalen- 
der) auf  dem  Sonnen  jähre  beruhte. 

3)  Ich  bezeichne  im  folgenden  nach  üblicher  Sitte  die  Priesterschrit't  mit  P. 

4)  Vergleiche  Exod.   12,  2. 


390     Charlier,  Ein  astron.  Beitr.  z.  Excr/ese  cl.  Alten  Testaments. 

—  den    man    gewöhnlich    als    das  Sommerhalbjahr  bezeichnet 

-  wechselt  etwas  infolge  gewisser  astronomischer  Verhältnisse. 
Jetzt  beträgt  das  Sonnenhalbjahr  186,5  Tage  und  zur  Zeit  der 
Niederschrift  von  P  (also  um  500  v.  Chr.)  hatte  es  eine  Länge  von 
186,i  Tagen1).  Da  ein  halbes  Mondjahr  177  Tage  beträgt,  so 
mußte  also,  nach  der  gemachten  Voraussetzung  über  das  Frühlings- 
äquinoktium,  das  Herbstäquinoktium  auf  den  10.  Tag 
des  siebenten  Monats  fallen. 

Nach  diesen  einleitenden  astronomisch -kalendarischen  Unter- 
suchungen kehren  wir  zur  Frage  der  Orientierung  des  hebräischen 
Heiligtums  zurück.  Der  Tempel  war  in  Ost- West  orientiert,  und 
die  Strahlen  der  aufgehenden  Sonne  konnten  am  Frühlingsäqui- 
noktium oder  am  Herbstäquinoktium  längs  der  Tempelachse  fallen. 
"Wenn  die  Orientierung  religiöser  Bedeutung  war,  so  ist  wahrschein- 
lich,  daß  man  bei  einer  dieser  Gelegenheiten,  oder  bei  beiden,  ein 
größeres  religiöses  Fest  gefeiert  haben  muß.  Dies  ist  auch  tat- 
sächlich der  Fall.  Der  große  Versöhnungstag  der  Hebräer  wurde 
nämlich  —  und  wird  noch  in  unseren  Tagen  —  am  10.  Tag  des 
siebenten  Monats  gefeiert  (Lev.  16,  29;  23,  27;  23,  32  u.  a,).  Es 
ist  also  aus  kalendarischen  Gründen  wahrscheinlich ,  daß  das  Ver- 
söhnungsfest zur  Feier  des  Herbstäquinoktiums  eingerichtet  war. 

Ich  werde  im  folgenden  versuchen,  diese  Behauptung  durch 
andere  Gründe  zu  erhärten,  und  zwar  indem  ich  den  Beweis  führen 
will,  daß  am  Versöhnungstage  die  Strahlen  der  Sonne 
längs  der  Tempelachse  in  das  Aller  heiligste  gefallen 
sind  und  daß  eine  Offenbarung  Jahwes  (ein  „ Leuchten 
des  Angesichts  Jahwes")  damit  in  Verbindung  gestanden  hat. 

Erstens  war  es  nur  an  einem  Tage,  und  zwar  am  Versöhnungs- 
tage, dem  Hohenpriester  erlaubt,  in  das  Allerheiligste  einzutreten 
(Exod.  30,  10,  Lev.  16,  s.  auch  Josephus  „De  Bello  Judaico1"  Lib.  VI, 
Cap.  VI).  Dies  Gebot  ist  sehr  natürlich,  wenn  das  Versöhnungs- 
fest mit  dem  Aufgangspunkt  der  Sonne  am  Horizont  in  Verbindung 
stand.  Tatsächlich  hätte  man  zweimal  im  Jahre  ein  solches  Fest 
feiern  können.  Daß  es  nur  einmal  im  Jahre  gefeiert  wurde ,  ist 
aus  der  Schwierigkeit,  zu  dieser  Zeit  den  Zeitpunkt  der  Äquinoktien 
genau  zu  bestimmen ,  leicht  erklärlich.  Vielleicht  wurde  von  den 
Priestern  der  Zeitpunkt,  wann  die  Strahlen  der  Sonne  im  Frühling 
längs  der  Tempelachse  fielen,  durch  direktes  Beobachten  fixiert, 
und  aus  früherer  Erfahrung  wußte  man  dann ,  daß  das  Herbst- 
äquinoktium —  und  somit  das  Versöhnungsfest  —  186  Tage  später 
gefeiert  werden  konnte.  Es  war  offenbar  von  einer  natürlichen 
Vorsicht  geboten,  sich  auf  ein  solches  Fest  im  Jahre  zu  beschränken. 
Im  Zusammenhang  hiermit  steht  das  Gebot:  „Wer  der  Wohnung 
Jahwes  sieh  nähert,  stirbt"  (Num.  17,28).    Von  den  Söhnen  Aarons, 


1)   Vergleiche    die  Schrift    des  Verfassers:    „Contributions    to  the   Astrono- 
mical  Theorv  of  an  Ice-aee".     Plansch  III. 


Charlier,  Ein  astron.   Beitr.  ~.  Exegese  d.  Alten  Testaments.  ■  391 

Nadab  und  Abihu.  wird  erzählt,  daß  sie  ihm  „fremdes  Feuer"  dar- 
gebracht hätten.  „Da  ging-  Feuer  von  Jahwe  aus  und  verzehrte 
sie"  (Lev.  10.3).  In  Num.  4  wird  sehr  ausdrücklich  vor  dem 
Hineingehen  in  das  Allerheiligste.  sogar  davor,  ihm  zu  nahen,  ge- 
warnt. „Aaron  und  seine  Söhne  sollen  das  Heiligtum  und  alle 
Geräte  des  Heiligtums  beim  Aufbrechen  des  Lagers  vollständig  be- 
decken", damit  die  Träger  „nicht  an  das  Heiligtum  rühren  und 
infolgedessen  sterben".  Die  Schätze  des  Heiligtums  müssen  ein 
Geheimnis  der  Priester  bleiben.  „Nicht  aber  sollen  sie  (die  Träger) 
hineingehen,  um  auch  nur  einen  Augenblick  das  Heilige  zu  sehn, 
und  infolgedessen  sterben". 

Zweitens:  Wenn  in  der  Bibel  von  einer  Offen- 
barung der  „Herrlichkeit  Jahwes"  vor  dem  Volke  die 
Rede  ist,  so  ist  es  immer,  soweit  ich  habe  konstatieren  können, 
am  V  e  r  s  ö  h  n  u  n  g  s  t  a  g  e ,  vorausgesetzt  nämlich  .  daß  man  den 
Zeitpunkt  überhaupt  näher  bestimmen  kann.  Bei  der  Einführung 
Aarons  in  sein  Priesteramt,  die  am  Versöhnungstage  stattfand,  heißt 
es,  nachdem  die  verschiedenen  Opfer  dargebracht  waren,  daß  Mose 
und  Aaron  in  das  Offenbarungszelt  hineingingen.  „Als  sie  heraus- 
traten, segneten  sie  das  Volk.  Da  erschien  die  Herrlichkeit  Jahwes 
dem  ganzen  Volke ,  und  Feuer  ging  von  Jahwe  aus  und  verzehrte 
auf  dem  Altar  das  Brandopfer  und  die  Fettstücke.  Und  das  ganze 
Volk  sah  es;  da  jauchzten  sie  und  fielen  auf  ihre  Angesichter" 
(Lev.  9,  23.  24). 

Im  Bericht  über  die  Empörung  Qorachs  (Num.  16)  wird  er- 
zählt, daß  „die  Herrlichkeit  Jahwes  der  ganzen  Gemeinde  erschien" 
und  daß  „Feuer  von  Jahwe  ausging  und  250  Männer  verzehrte". 
Aus  den  Versen  Num.  17,  11.  12  (Aaron  nahm  das  Räucherwerk 
und  schaffte  Sühnung  für  das  Volk)  kann  man  schließen,  daß  diese 
Erzählung  auf  einen  Versöhnungstag  verlegt  ist.  Die  Einweihung  des 
Salomonischen  Tempels  geschah  am  Versöhnungstag  (IlChron.  7,  7  ff.). 
Auch  bei  dieser  Gelegenheit  zeigte  sich  die  Herrlichkeit  Jahwes. 

Von  dieser  Regel,  daß  Jahwe  nur  am  Versöhnungstage  sich 
dem  Volk  offenbart  hat,  gibt  es  in  Exod.  40,  34  eine  scheinbare 
Ausnahme.  Bei  der  Aufrichtung  und  Einweihung  des  Heiligtums 
in  der  Wüste  wird  erzählt,  daß  die  Herrlichkeit  Jahwes  die  Wohnung 
erfüllte,  so  daß  Mose  nicht  in  das  Offenbarungszelt  zu  kommen  ver- 
mochte. Diese  Einweihung  geschah  indessen  (Exod.  40,17)  „im 
ersten  Monat  im  zweiten  Jahre,  am  ersten  des  Monats",  also  beim 
Frühlingsäquinoktium  und  nicht  am  Versöhnungstag  (Herbstäqui 
noktium).  Da  aber  auch  beim  Frühlingsäquinoktium  die  Sonne  im 
Osten  aufgegangen  ist,  so  war  es,  wie  schon  hervorgehoben  wurde. 
kein  Hindernis,  auch  dann  mit  Hülfe  der  Sonne  eine  Offen- 
barung Jahwes  zu  erhalten.  Diese  Ausnahme  ist  also  nur  eine 
Bestätigung  der  Regel. 

Die  Worte    der   priesterlichen  Segensformel    „Jahwe   lasse  sein 


'.\\)'2     Chariter,   Ein  astron.  Beitv.  z.  Exegese  d.  Alten  Testaments. 

Angesicht   zu  dir  hin  leuchten"   (Num.  6,  25)    bilden  einen  Wider- 
klang der  Offenbarungen  Jahwes  am  Versöhnungstage. 

Drittens  weiß  man.  daß  beim  Versöhnungsfest  wirklich  etwas 
geleuchtet  hat,  offenbar  durch  die  Bestrahlung  der  Sonne.  Man 
findet  dies  in  einer  beachtenswerten  Stelle  bei  J  o  s  e  p  h  u  s  aus- 
drücklich gesagt.  Er  schreibt1):  „Ex  lapillis  enim  quos  Pontifex 
in  humeris  gestabat  (sardonyches  erant  quorum  naturam  nulli  non 
notam  narrare  supervacnum  puto)  micabat  alter  quoties 
litatum  esset,  is  qui  dextrum  humerum  occupabat,  tantum- 
que  fulgorem  e  mittebat,  ut  proculetiam  intuentibus 
conspiceretur,  idque  praeter  naturam  suam  et  consuetudinem. 
Quod  certe  admirationem  meretur  apud  omnes,  nisi  si  qui  ex  con- 
temptu  religionis  sapientiae  opinionem  aucupantur.  Sed  mirabilius 
est  quod  nunc  dicturus  sum.  Per  duodecim  gemmas,  quas  in  pec- 
tore  pontifex  insutas  esseni  gestat,  in  bello  victoriam  prse- 
nunciare  Deus  solebat.  Nam  priusquam  exercitus  se 
moveret  tantus  fulgor  ex  eis  e micabat,  ut  toti  popolo 
facile  innotesceret,  adesse  Deum,  opemque  et  auxilium 
suum  invocantibus  allaturum,  qua  propter  Grseci  qui  a  nostra  reli- 
gione  non  abhorrent  cum  hoc  miraculum  pro  compertissimo  habeant, 
ita  ut  negari  non  possit,  essena  vocant  logion,  hoc  est,  oraculum". 

Nicht  weniger  interessant  sind  die  folgenden  Zeilen  desselben 
Kapitels:  „Desiit  tarn  essen  quam  sardonyx  fulgorem 
emittere  annis  ducentis  ante  quam  haec  commentare- 
m  u  r  ,  i  r  a  t  o  D  e  o  propter  1  e  g  u  m  suarura  prgevarica- 
tionem". 

Es  kann  kaum  als  zu  kühn  oder  als  unberechtigt  betrachtet 
werden,  wenn  man  mit  Lockyer,  der  auf  diese  Stelle  bei  Jo- 
se p  h  u  s  aufmerksam  gemacht  hat ,  annimmt ,  daß  dies  sonderbare 
Leuchten  der  Steine  auf  der  Brust  des  Oberstpriesters  durch  die 
Bestrahlung  der  Sonne  hervorgebracht  wurde.  Lockyer  gibt  auch 
(1.  c.  S.  93)  eine  einfache  Erklärung  der  von  Josephus  im  letzten 
Stück  behaupteten  eigentümlichen  Tatsache ,  daß  die  Steine  die 
letzten  zweihundert  Jahre  vor  Josephus  nicht  geleuchtet  hatten. 
Ich  komme  unten  auf  diese  Frage  zurück. 

Viertens  gibt  Ezechiel  (43,1  ff.)  eine  Schilderung  der 
Offenbarung  Jahwes,  die  an  Deutlichkeit  nichts  zu  wünschen  übrig- 
läßt: „Da  hieß  er  mich  nach  dem  Tore  gehen,  dem  Tore,  das  in 
der  Richtung  nach  Osten  schaut,  Und  siehe,  die  Herrlichkeit 
des  Gottes  Israels  kam  des  Weges  von  Osten  daher !  Und 
ihr  Schall  war  gleich  dem  Schall  mächtiger  Wasser,  und  die  Erde 
leuchtete  von  seiner  Herrlichkeit  ....  Da  fiel  ich  auf  mein  An- 
gesicht. Und  die  Herrlichkeit  Jahwes  zog  in  das  Haus  ein  auf 
dem  Wege    des  Tores,    das    in    der  Richtung   nach  Morgen   schaut. 


1)  Antiquit.  Judaic.   Lib.  III,  Cap.  IX.      Es  steht  mir  nur  eine  alte  Aus- 
gabe der  Werke  von  Josephus  vom  Jahre   1617   zur   Verfügung. 


Charlier,  Ein  astron.  Beitr.  z.  Exegese  d.  Alten  Testaments.     393 

Da  hob  mich  der  Geist  empor  und  brachte  mich  nach  dem  inneren 
Vorhofe,  und  siehe,  es  erfüllte  die  Herrlichkeit  Jahwes  das  Haus". 

Wer  kann  bezweifeln ,  daß  man  hier  vor  einer  Schilderung 
eines  äquinoktialen  Sonnenaufgangs  steht,  der  in  direkten  Zu 
sammenhang  mit  der  Offenbarung  Jahwes  im  Tempel  gesetzt  wird ! 

Das  Buch  vonEzechiel  enthält  eine  Fülle  von  interessanten 
Einzelheiten,  die  mit  der  hier  behandelten  Frage  im  Zusammen- 
hang stehen.  Meine  mangelhaften  Kenntnisse  der  Bibelkritik  und 
auch  Mangel  an  Zeit  haben  mir  indessen  nicht  erlaubt,  auf  diesen 
Punkt  näher  einzugehen,  obgleich  die  Arbeit  ohne  Zweifel  eine  sehr 
lohnende  wäre.  Ich  kann  indessen  diejenige  Ansicht  sehr  wohl 
verstehen,  die  aussagt,  daß  der  unbekannte  Vei'fasser  der  Priester- 
schrift und  der  Verfasser  des  Buches  Exechiel  einander  nicht  allzu 
fremd  sein  können. 

In  welcher  Weise  hat  man  das  Leuchten  des  Angesichts 
Jahwes  zustande  gebracht?  Die  Frage  ist  nicht  leicht  zu  be- 
antworten, indessen  scheint  es  nicht  unwahrscheinlich,  daß  man  sich 
zu  diesem  Zweck  eines  Hohlspiegels  bedient  hat.  Dafür  sprechen 
die  Erzählungen  (Lev.  9,  24,  Num.  16,  35,  II  Chron.  7,  1),  wie  am 
Versöhnungstage  Feuer  von  Jahwe  ausgegangen  ist  und  das  Brand- 
opfer auf  dem  Altar  verzehrt  hat.  Das  Kunststück  des  Propheten 
Elia  (I  Kön.  18,  38)  in  seinem  Wettkampf  mit  den  Baalspriestern 
vor  dem  König  A  h  a  b ,  wo  er  das  Brandopfer  mit  Hülfe  des  Feuers 
Jahwes  verzehren  läßt,  ist  leicht  zu  erklären,  wenn  er  die  Wir- 
kungen eines  konkaven  Spiegels  gekannt  hat  oder  wenn  sogar  zu 
dieser  Zeit  der  (hypothetische)  Hohlspiegel  des  Salomonischen  Tempel 
in  seinem  Besitze  war.  Die  vom  Propheten  Samuel  (I  Sam.  10) 
veranstaltete  Losung,  durch  welche  Saul  von  Jahwe  als  König  aus- 
erlesen wurde ,  kann  mit  einem  Spiegel  ausgeführt  worden  sein. 
(Das  Volk  war  „vor  Jahwe"  gerufen  und  stand  wahrscheinlich, 
wie  gewöhnlich,  im  Vorhofe  oder  vor  dem  Eingange  des  Tempels.) 

Die  U  r  i  m  und  die  Tummim,  von  denen  in  Exod.  28,  30 
berichtet  wird :  „Und  in  den  Brustschmuck  der  Entscheidung  lege 
die  Urim  und  die  Tummim ;  und  sie  sollen  auf  dem  Herzen  Aarons 
sein,  wann  er  hineintritt  vor  Jahwe"  (vergl.  Lev.  8,  8,  Deut.  33,  8), 
und  der  verwandte  (oder  identische)  Ephod  (I  Sam.  23,9  und 
30,  7  u.  a.)  sind  für  die  Aufklärung  der  vorliegenden  Frage  von 
der  größten  Bedeutung.  Sowohl  Urim  und  Tummim  wie  der  Ephod 
hatten  die  Aufgabe,  die  Antworten  Jahwes  auf  gewisse  Fragen  zu 
geben ,  und  zwar  wurden  diese  Fragen  am  Versöhnungstage 
gestellt,  was  ich  daraus  schließe,  daß  im  (babylonischen)  Talmud 
die  Vorschriften  über  Urim  und  Tummim  im  Traktat  Joma,  der 
vom  Versöhnungstage  handelt,  mitgeteilt  werden1).  Schon  der 
Name   Urim    deutet  auf  etwas  leuchtendes  hin.      Die   ("iottossprücht' 


1)  Der  babylonische  Talmud   in  seinen  ha»gadischen  Bestandteilen,  heraus- 
geg.  von   Wünsche,   1886,  I.,  S.   :^T'.>   u.  a. 


394     Clutrlicr,  Ein  astron.  Beitr.  z,  Exegese  d.  Alten  Testaments. 

durch  Urim  und  Tummim  wurden  also  wahrscheinlich  beim  Herbst- 
äquinoktium mit  Hülfe  der  Strahlen  der  aufgehenden  Sonne  und 
einem  Spiegel  oder  einem  Edelstein  erhalten.  Man  könnte  geneigt 
sein ,  die  Hypothese  aufzustellen ,  daß  im  Salomonischen  Tempel 
(und  vielleicht  auch  in  der  Stiftshütte)  im  Allerheiligsten  ein  ver- 
hältnismäßig großer  konkaver  Spiegel  aufgestellt  war,  mit  Hülfe 
dessen  die  Offenbarungen  Jahwes  am  Versöhnungstag  und  die  be- 
gleitenden AVunder  (Verzehrung  des  Brandopfers  u.  a.)  zustande 
kamen,  und  daß  dieser  Spiegel  bei  der  Eroberung  Jerusalems  (oder 
in  anderer  Weise)  zerstört  wurde  und  ■ —  nach  dem  Exil  —  durch 
einen  Sardonyxstein  (oder  einen  Brustschild),  wie  es  Joseph us 
erzählt,  ersetzt  wurde. 

Daß ,  wie  Josephus  1.  c.  erzählt ,  der  Brustschild  und  der 
Sardonyxstein  die  letzten  200  Jahre  vor  Josephus  nicht  ge- 
leuchtet haben,  ist  sehr  natürlich,  wenn  man  die  für  diesen  Zweck 
sehr  ungeeignete  Zeitrechnung  der  Hebräer  nach  dem  Exil  in 
Betracht  zieht.  In  einem  gebundenen  Mondjahr  wechseln  die  Data 
für  die  Äquinoktien  um  einen  ganzen  Monat,  und  es  konnte  als 
ein  wahrer  Zufall  betrachtet  werden,  ob  am  zehnten  Tag  im  siebenten 
Monat  die  Strahlen  der  aufgehenden  Sonne  in  das  Allerheiligste 
fallen  würden  oder  nicht.  Ein  verhältnismäßig  kleiner  Fehler  im 
Kalender  mußte  genügen,  damit  die  Lichteffekte  am  Versöhnungs- 
tage ganz  ausblieben. 

Die  Art  und  Weise,  in  welcher  die  Offenbarungen  Jahwes  am 
Versöhnungstag  in  vorexilischer  Zeit  zustande  gebracht  wurden,  muß 
wohl  vorläufig  als  eine  offene  Frage  betrachtet  werden.  Ich  erachte 
es  indessen  durch  die  obigen  Auseinandersetzungen  als  bewiesen, 
daß  der  Versöhnungstag  zur  Feier  des  Herbstäquinoktiums  eingesetzt 
war ,  daß  die  Orientierung  des  hebräischen  Tempels  in  Ost  -West 
mit  diesem  Fest  im  Zusammenhang  stand,  und  daß  die  Offenbarung 
Jahwes  (am  Versöhnungstage)  durch  die  Strahlen  der  zur  Zeit  des 
Herbstäquinoktiums  aufgehenden   Sonne  erzeugt  wurde. 

Auf  eine  Schwierigkeit  hat  mich  Dr.  S.  A.  Fries  in  Stock- 
holm aufmerksam  gemacht,  daß  nämlich  der  Versöhnungstag  nur 
in  der  Priesterschrift  und  nicht  in  den  älteren  Quellen  erwähnt  wird, 
was  auf  ein  relativ  junges  Alter  dieses  Festes  zu  deuten  scheine. 
Ich  habe  zwar  meine  eigene  Hypothese,  um  diese  Anomalie  zu  er- 
klären, glaube  aber  klüger  zu  tun,  wenn  ich  die  Erklärung  der 
letzteren  den  Fachgelehrten  überlasse. 


395 


Die  alttestameutliche  Bezeichnung  der  Götzen  mit 

Von 

Wolf  Wilhelm  Grafen  Baudissin. 

Zu  der  Erklärung  des  Wortes  D^blbä  einen  neuen  Beitrag  zu 
liefern,  gibt  mir  Veranlassung,  daß  das  aus  einer  griechisch-palniy- 
renischen  Bilinguis  schon  seit  lange  bekannte  palmyrenische  Nbba 
bisher  noch  nicht  dafür  verwertet  woi'den  ist.  Dies  Wort  ist  aller- 
dings identisch  mit  dem  schon  von  Gesenius  für  die  Deutung  von 
Ö^biba  herangezogenen  biblisch-aramäischen  bba  Esi\  5,  8;  6,  4.  Aber 
der  Umstand,  daß  in  der  Bilinguis  Nbbü  und  bx^h]  \i&Lv})  einander 
entsprechen,  nötigt  zu  weitern  Erwägungen.  Indem  ich  ihnen  nach- 
ging, sah  ich,  daß  auch  die  Übertragungen  des  Wortes  D">blbjl  in  den 
alten  Übersetzungen  einer  Untersuchung  bedürftig  sind.  Die  Prüfung 
der  griechischen  Übersetzungen  ergibt  jedenfalls  negativer  Weise, 
vielleicht  auch  positiv,  ein  Resultat,  das  nicht  ohne  Belang  ist  für 
die  Annahme  einer  alten  Tradition  über  die  Bedeutung  des  Wortes. 

Das  an  und  für  sich  nicht  eben  besonders  wichtige  Verständnis 
der  Bezeichnung  der  Götzen  mit  D">bnba  dient,  wenn  ich  richtig 
sehe,  zur  Bereicherung  unserer  Kenntnis  von  einer  bestimmten  Vor- 
stellung derjenigen  Religionen ,  mit  welchen  die  alttestamentliche 
gekämpft  hat,  um  ihre  Eigenart  zu  entwickeln,  obgleich  sie  —  und 
zwar  auch  mit  Bezug  auf  diese  einzelne  Vorstellung  —  aus  dem 
selben  Boden  heraus  erwachsen  war  wie  jene  Dienste  der  „Götzen". 

1. 

Das  Wort  D^blba  läßt  sich  in  sicher  vorexilischen  Stellen  des 
Alten  Testamentes  nicht  nachweisen.  Von  den  48  Belegen  fallen 
39  auf  Ezechiel  (c.  6,  4.  5.  6.  9.  13  [zweimal];  8,  10;  14,  3.  4  [zwei- 
mal]. 5.  6.  7;  16,  36;  18,  6.  12.  15;  20,  7.  8.  16.  18.  24.  31.  39 
[zweimal];  22,  3.  4;  23,  7.  30.  37.  39.  49;  30,  13;  33,  25;  36,  18. 
25;  37,  23;  44,  10.  12),  6  auf  das  Königsbuch  und  zwar  auf  Stellen, 
welche  der  Redaktion  angehören  (1  Kön.  15,12;  21,26;  2  Kön. 
17,  12;  21,  11.  21;  23,  24);  einmal  kommt  das  Wort  im  Deutero- 
nomiuru  vor,  in  der  deuteronomistischen  Stelle  c.  29,  16,  einmal  in 
Bd.  LVIII.  26 


396     Baudissin,  Die  alttestam.  Bezeichn.  der  Götzen  mit  gilluhm. 

dem  Schlußabschnitt  des  Heiligkeitsgesetzes  Lev.  26,  30  und  einmal 
im  Buche  Jeremia  in  einem  nachexilischen  Abschnitt  c.  50,  2. 

Bei  diesem  Sachverhalt  ist  es  an  und  für  sich  nicht  unmög- 
lich, daß  das  Wort  ö^b-iba  von  Ezechiel,  der  es  so  oft  gebraucht, 
geprägt  worden  ist;  denn  die  Stellen  im  Königsbuch  könnten  etwa 
einer  nachezechielischen  Redaktion  angehören ;  auch  für  Lev.  26,  30 
ist  nachezechielische  Abfassungszeit  möglich  und  für  Deut.  29,  16 
nicht  ausgeschlossen.  Es  ist  aber  doch  kaum  anzunehmen,  daß  das 
Wort  so  spät  gebildet  wurde,  da  Ezechiel  es  als  ein  allgemein  ver- 
ständliches verwertet.  Eine  verächtliche  Bedeutung,  die  ihm  in 
der  Zusammenstellung  mit  den  Götzenbezeichnungen  O^l^a  „Scheu- 
säler"  (Deut.  29,  16;  Ez.  20,  7.  8;  37,  23)  und  niarin' „Greuel" 
(2Kön.  21,  11;  Ez.  6,  9;  14,  6)1)  offenbar  beigelegt  wird,  konnte 
aus  der  alttestamentlichen  Anwendung  des  Stammes  bba  und  seiner 
andern  Derivata  für  ein  neugebildetes  Wort  kaum  von  vornherein 
deutlich  erkennbar  sein. 

Von  der  vorliegenden  Punktation  D^blbä  und  D^bba  (letzteres 
nach  der  Masora  Deut.  29,  16  und  überall  im  Königsbuch-))  ist 
für  die  ursprüngliche  Wortform  abzusehen.  Die  Punktation  ent- 
spricht derjenigen  der  andern  Götzenbezeichnung  D^SFljvTZp  und  beruht 
wahrscheinlich  auf  erst  später  entstandener  Aussprache.  Auch  mit 
einem  dritten  Nomen  derselben  Form,  d-'S'Öj? ,  das  nur  einmal  vor- 
kommt (Jes.  57,  13),  scheinen  die  Götzen  gemeint  zu  sein.  Die 
ursprüngliche  Aussprache  des  jedenfalls  zunächst  nbbs  geschriebenen 
Wortes  läßt  sich  nicht  mehr  ermitteln.  Eine  Vermutung  darüber 
wird  erst  am  Schlüsse  dieser  Untersuchung  am  Platze  sein. 


2. 

Die  LXX  hat  nicht  mehr  ein  sicheres  Bewußtsein  der  ur- 
sprünglichen Bedeutung  des  Woi'tes  gehabt.  Da  ihre  Übertragungen 
unter  einander  sehr  erheblich  differieren ,  kann  höchstens  in  einer 
derselben  oder  in  einer  bestimmten  Reihe  eine  auf  die  alttestament- 
lichen Schriftsteller  zurückgehende  Tradition  vorliegen. 

In  den  beiden  Pentateuchstellen  (Lev.  26 ,  30 ;  Deut.  29,16) 
wird  das  Wort  mit  ei'öcola  wiedergegeben,  ebenso  10  bis  13 mal 
in  Ezechiel  (Ez.  6,5  bei  Ar,  c.  33,  25  bei  A,  c.  36,  18  bei  A, 
fehlt  in  andern  Handschriften),  daneben  in  Ezechiel  15mal  iv&v- 
[iifjliccTa,  7 mal  i7tirr}ÖEVfiara ,  2  mal  öiavorj^ara ,  lmal  öiuvoiu  und 
in  A  lmal  ßöelvyfiara  (c.  30,  13).  Unter  den  6  Stellen  des  Königs- 
buches haben  4  Stellen  ei'öcokcc  (2  Kön.  17,  12;  21,  11.  21;  23,  24)r 


1)  Der  Parallelismus  Ez.  30,  13  mit  der  Götzenbezeiclmung  ö-OVN,  die 
jedenfalls,  welchen  Ursprung  sie  immer  gehabt  haben  mag,  im  Alten  Testament 
in  verächtlichem  Sinne  gebraucht  wird,  kommt  nicht  in  Betracht,  da  der  Text 
allem  Anschein  nach  verderbt  ist. 

2)  S.  Baer  zu  1  Kön.  21,  2G. 


Baudissin,  Die  alttestam.  Bezeichu.  der  Götzen  mit  gillüUm.     397 

eine  iTtixrjöiv^iccxa  (1  Kön.  15,  12)  und  eine  ßöeXvyfxaxci  (1  Kön. 
21,  26).     Jer.  50,  2  fehlt  das  Wort  in  LXX. 

Älteste  Übertragung  ist  zweifellos  die  der  Pentateuchstellen 
ei'ScoXa.  Neben  dieser  hat  die  Übersetzung  des  Ezechiel,  die  sie 
teilweise  beibehielt,  selbständig  die  andern  iv&vfxrj^ara ,  iuix^- 
Ö£V[icaa,  öucvorjfxaxa,  öidvota;  das  einmalige  iTtirrjdev^caa  für  D^biba 
im  Königsbuch  1  Kön.  15,  12  ist  wohl  von  der  Ezechielübersetzung 
abhängig.1)  Es  ist  nicht  etwa  an  verschiedene  Hände  in  der  Ezechiel- 
übersetzung zu  denken,  von  denen  eine  mit  el'dcoXa,  andere  mit  den 
andern  Ausdrücken  übersetzt  hätten;  denn  el'öcoXcc  und  die  andern 
Übersetzungen  gehen  in  denselben  Abschnitten  bunt  durcheinander : 
c.  6,  4.  6  el'öcoXa;  6,  9  S7Tizr]Ö£V(icaa;  6,  13  ei'öcoXa;  —  c.  18 ,  6 
iv&V(nq(iara',  18,12  ei'öcoXa;  18,15  iv&V(iiq narcc *) ;  —  c.  23,  7.  30. 
37  iv&vntfuccTa;  23,  39  ei'ScoXa;  23,  49  ivd-vfirjuurcc;  —  c.  44,  10 
iv&v[iijn<xT(z;  44,12  ei'öcoXa.  Die  Einheitlichkeit  der  Übersetzung 
wird  dadurch  noch  wahrscheinlicher,  daß,  wie  weiter  unten  gezeigt 
werden  soll,  mit  gutem  Bedacht  zwischen  den  Übertragungen  ev- 
&v(ii^(icaa,  inirif}dev[iata,  öiavorjfxara,  öiavoia  einerseits  und  ei'öcoXa 
andererseits  gewählt  worden  ist. 

Bei  der  Übersetzung  mit  iv&v(iri[iaza  u.  s.  w.  hat  der  Ezechiel- 
übersetzer  schwerlich  willkürlich  gewählte  Bezeichnungen  der  Götzen 
gegeben,  mit  denen  er,  wie  Gesenius  meinte3),  die  „vanitas"  der 
Götzen  zum  Ausdruck  bringen  wollte.  Man  könnte  sie  damit  etwa  als 
ein  „Erdachtes"  bezeichnet  finden  wollen.  In  diesem  Sinne  vielleicht 
gibt  Hieronymus  in  seiner  „Explanatio  in  Ezechielem  prophetam"4) 


1)  Die  äthiopische  Übersetzung  hat  1  Kön.  15,12  §7tirri&8V[l{XTa  nicht 
wiedergegeben,  sondern  dafür  /i^^A^"^  „Götter",  was  sie  sonst  im  Königs- 
buch und  Pentateuch  für  D^blb}  bietet,  wo  die  LXX  si'dcoXa  hat;  nur  2  Kön. 
21,  11  hat  Äth.  sidmXoig  avx&v  als  dovXoig  avx&v,    /\°2*fK.*rt"{J,0^' 

verlesen  (Dillmann  z.  d.  St.).  Daraus  ist  vielleicht,  indessen  bei  der  Besehaffen- 
heit  der  äthiopischen  Übersetzung  mit  keinerlei  Sicherheit,  zu  schliessen,  daß 
dem  Ath.  ein  LXX-Text   vorlag,    der   1  Kön.  15,  12    ebenfalls    ei'öcoXa    bot.      In 

1  Kön.  21,  26    entspricht  dem  xcbv  ßdeXvyuäxav  der  LXX   /~jf 'fY^Fl    i>'lm~ 

puritas".  Statt  i%ixr\öev \iax a  hat  1  Kön.  15,  12  nur  Complut.  xa  ßötXvyuaxa, 
und  Slav.  gibt  anscheinend  yeyXv[i^,eva  oder  „sculpta"  wieder  (bei  Parsons), 
vielleicht  aber  in  freier  Übersetzung  ei'öcoXa  oder   „simulacra". 

2)  Der  Wechsel  der  Übersetzung  in  c.  18,  6.  12.  15  ist  durch  die  Vetus 
Latina  bezeugt:  c.  18,0  „desideria",  18,12  „siniulacra",  18,15  „desideria'1 
(vgl.  unten  S.  398);  dagegen  hat  der  altlateinische  Text  in  „ Augustini  Speculum" 
(ed.  Weihrich,  Corp.  Script.  Eccles.  Lat.  XII,  S.  105  f.)  an  allen  drei  Stellen 
„idola".  Der  Wechsel  des  Ausdruckes  in  LXX  ist  hier  um  so  auffallender  als 
es  sich  in  den  drei  Versen  um  dieselbe  Phrase  mit  geringer  Variation  handelt; 
die  verschiedene  Übersetzung  hängt  damit  zusammen,  daß  v.  G  und  15  von  ta 
iv^v[ir][Luxu  oi'xov  'IoqcciJX  die  Rede  ist,  v.  12  von  xä  ei'öcoXa  ohne  den  Zusatz 
dieses  Genetivs  (vgl.   zur  Erklärung  der  Übersetzung  unten  S.  401  f.). 

3)  Thesaurus  s.   v.   D-'blb.'. 

4)  Opp.  ed.  Vallarsi   Bd.  V. 

2G* 


39  8     Baudissin,  Die  alttestam.  Bezeichn.  der   Götzen  mit  gillvMm. 

das  iv&vii}j(iarci  und  im,tvj6ev(iatcc  der  LXX  für  D^blbs  mit  der 
Übersetzung  „adinventiones"  (zu  Ez.  20,  7.  8.  39;  23,  7.  37)  oder 
„cogitationes"  (zu  Ez.  18,  6;  20,  18.  24)  wieder.  Einmal  (zu  Ez. 
20,  39)  hat  er  für  htwr\§ev{ittTU  „studia".  In  der  Erklärung  von 
Ez.  14,3  übersetzt  Hieronymus  D^blba  schwankend  mit  „immun- 
ditiae"1)  und,  entsprechend  dem  Siavoiq^axa  der  LXX,  mit  „cogita- 
tiones" ;  er  scheint  hier  an  die  Götzen  überhaupt  nicht  gedacht  zu 
haben,  da  er  zu:  „posuerunt  immunditias  suas  in  cordibus  suis,  sive 
cogitationes"  wie  etwas  davon  sachlich  Verschiedenes  hinzufügt: 
„et  juxta  Symmachum  et  Theodotionem  idola".2) 

Jedenfalls  ist  „adinventiones"  keine  korrekte  Wiedergabe  von 
i%i,vridsv(iava.  In  LXX  werden  £7ti,xi]ösv^axci  und  sv^vfi^ficcta,  wo 
sie  nicht  für  D^blba  stehen,  in  der  Bedeutung  „Anschlag"  oder 
„Tat"  gebraucht,  als  Übersetzung  von  n5£3>i?3,  fib^b?  u.  dgl.,  beide 
Wörter  speziell  auch  von  der  schlechten  Gesinnungs-  oder  Handlungs- 
weise als  Übersetzung  von  niT^lö .  Die  Vetus  Latina  hat  ivd-vfirj- 
fiata  der  LXX  Ez.  18,  6 3)  und  c.  18,  15 4)  mit  „desideria"  und 
Ez.  20,  18 5)  iTCLtTjdevfKxra  mit   „[stujdia"   wiedergegeben.1') 

In  dem  einen  Falle,  wo  in  Ezechiel  für  O^bibs  steht  öiuvoux 
(c.  14,  4),  zeigt  der  Zusammenhang,  daß  der  Übersetzer  überhaupt 
nicht  an  die  Götzen  dachte :  a,TtOKQL&7]60(iai  avxco  iv  olg  ive%Etcu  i) 
diuvoiu  uvxov.  Ebenso  macht  Ez.  20,  16:  otxlöcü  xav  ivd-v^^iäxov 
KUQÖiag  avx&v  inoQ£vovxo  der  Genetiv  Kugöiag  (gegen  den  hebräischen 
Text)  deutlich,  daß  die  Götzen  nicht  gemeint  sind.  Demnach  nimmt 
der  Übersetzer  zweifellos  an,  daß  D^biba  die  Bedeutung  ölccvoicc  u.  s.  w. 
wirklich  habe.  Der  Übersetzer  von  1  Kön.  15,  12  hat  bei  seinem 
ETttxr]öcV^axa  wahrscheinlich  ebenfalls  nicht  an  die  Götzen  gedacht, 
sondern  an  „Handlungen",  nämlich  schlechte,  welche  die  Väter 
Asas  ausgeführt  hatten. 

Vielleicht  hat  der  Ezechielübersetzer  geradezu  überall ,  wo  er 
mit  iv&vfitffxccxcc ,  e7tirrjdsv(icixa ,  ömvorj^iaxa  übersetzt,  das  D^blba 
nicht  als  Bezeichnung  der  Götzen  verstanden,  sondern  im  eigentlichen 
Sinne  von  Bestrebungen  u.  s.  w. ,  nach  dem  Zusammenhang  aller- 
dings öfters  von  solchen  Bestrebungen ,  die  sich  im  Götzendienst 
kund  tun.  Diese  Beurteilung  ist  nicht  ausgeschlossen  für  zwei 
Stellen,    wo    es   zunächst  anders  zu  liegen  scheint.     Ez.  16,36   elg 


1)  Über  die  Entstehung  dieser  Übersetzung  s.   unten  S.  404. 

2)  Vgl.  zu  c.  23,  7  für  iv&vu7]U(X6i.v   „immunditiis  (sive  adinventionibus)". 

3)  Fragm.  Weingart,  bei  E.  Ranke,  Fragmenta  versionis  S.  S.  latinae 
antehieronymianae,  Marburg   1860. 

4)  Fragm.  Weingart,  bei  E.  Ranke,  Antiquissimae  V.  T.  versionis  Latinae 
fnigmenta  Stutgardiana,  Marburger  Universitätsprogramm   1888. 

5)  Fragm.   Weingart,  bei  Ranke,  Fragm.   Stutgardiana. 

6)  Vgl.  „studia"  bei  Hieronymus  in  der  „Explanatio"  als  Übersetzung  des 
zweiten  lmxrfihv\iv.xu.  der  LXX  Ez.  20,  39.  —  Ez.  18,  12  gibt  die  Vetus  Latina 
ci'doAu  wieder  mit  „simulacra"  (fragm.  Weingart,  bei  Ranke,  Fragm.  Stutg.), 
ebenso  Ez.  37,  23  (fragm.  Wirceburg  bei  E.  Ranke,  Par  Palimpsestorum  Wirce- 
burgensium,  Wien   1871). 


Baudissin,  Die  alttestam.  Bezeichn.  der   Götzen  mit  gillulim.     399 

nuvxu  xu  eu9-vj.uji.iata  xcov  avo(ii&v  Gov  nal  iv  xoiq  ul'fiuGiv  xiov 
xexvcov  Gov  äv  edcoy.ag  uvxoig  scheint  das  uvxoig  zu  zeigen,  daß  mit 
xu  iv&V(ii]fi(xrcc  die  Götzen  gemeint  sind;  aber  avxoiq  kann  sich 
ebensogut  auf  das  vorhergehende  iquGxug  Gov  „deine  Liebhaber", 
d.  i.  deine  Götzen,  beziehen.  Ez.  20,  7  f.  scheinen  xu  inirrjöeviiara 
Aiyvnxov,  welche  die  Israeliten  „nicht  gelassen  haben",  in  Parallele 
mit  xu.  ßöslvynuxu  xav  6cp9cd[i(xiv  uvxäv  die  Götter  Ägyptens  zu 
sein.  Es  ist  aber  doch  sehr  wohl  möglich,  daß  die  „Handlungs- 
weise" Ägyptens  und  die  Greuel,  d.  i.  die  Abgötter,  hier  neben 
einander  gestellt  werden.  Auch  der  Wechsel  zwischen  iv&v(it'}fiaxu 
und  ei'daku  in  ein  und  derselben  Phrase  Ez.  18,  6.  12.  15  !)  zeigt, 
wie  weiterhin  erörtert  werden  soll,  nicht,  daß  iv&v(iij[iuTa  als  Be- 
zeichnung der  Götzen  gedacht  ist.  Dagegen  stände  Ez.  23,  37  iv- 
-frufU/'fiaT«  von  den  Götzen  nach  der  Lesart:  ra  ii'Q-vutjuuxu  avxwv 
ifioi/ävxo,  y.ui  xu  xiv.vu  uvxeäv  .  .  .  önjyuyov  uvxoig  dt  hmvocov  — 
es  wird  aber  nach  der  Übersetzungsart  in  Ezechiel ,  die  weiterhin 
erörtert  werden  soll,  mit  A  zu  lesen  sein  uvxu  statt  uvxoig;  letzteres 
ist  eine  Korrektur  nach  dem  freilich  zweifellos  bessern  masoretischen 
Texte. 

Wahrscheinlich  kam  man  zu  der  Auffassung,  daß  D-'biba  iv- 
&V(i^fi<xtcc  oder  i7rix^öevj.iuxu  bedeute ,  durch  Identifizierung  der 
Stämme  bba  und  bb»  auf  Grund  der  Aussprache  des  y  als  y,  sodaß 
Ö^blbü  als  eine  andere  Form  für  nib^b^  „Handlungen"  angesehen 
wurde.'2)  Symmachus  und  Theodotion  haben  nach  Syro-Hexaplaris 
1  Kön.  14,  10  bb.'rt  übersetzt  mit  6  xalafMOfisvog3)  (^XTÜDJ  OO) 
J.tqX).  als  ob  sie  gelesen  hätten  bbi'n  in  dem  Sinne  von  b'-"""- 
„der  Nachlese  Haltende"  ;  auch  sie  haben  offenbar  das  3>  von  bb" 
wie  ein  y  ausgesprochen  und  daraufhin  den  Stamm  bb;.  mit  5br 
verwechselt.  In  der  Umschreibung  der  Eigennamen  in  LXX  steht 
allerdings ,  so  weit  sich  urteilen  läßt ,  y  für  y  in  den  Fällen .  wo 
dieses  dem  arabischen  t  entspricht,4)  für  y  in  dem  Werte  von  c 
dagegen  der  Spiritus  lenis  oder  asper.  Das  hebräische  bb"  in  der 
Bedeutung  „sich  mit  etwas  beschäftigen",  wozu  nb">by  gehört,  ent- 
spricht arabischem  J^c;  man  sollte  also  hier  eine  Verwechselung 
des  y  mit  a  nicht  erwarten.  Die  von  der  LXX  gegebene  griechische 
Aussprache  der  Eigennamen,  besonders  der  Ortsnamen,  stammt  aber 
zweifellos  zum  Teil  aus  älterer  Zeit;  den  LXX-Übersetzern  selbst, 
wenigstens  dem  Ezechielübersetzer ,    wird  die  Unterscheidung   eines 


1)  S.  oben  S.  397  Anm.  2. 

2)  Klostermann,  der  zu  dem  C'bbs  1  Kön.  15,  12  bemerkt:  .  S  j'rrir/, 
dtvaura  d.  i.  D^bb^E) ",    scheint    an   eine  andere  Lesart  der  LXX  zu  denken. 

3)  S.  Field  zu  d.  St. 

4)  S.  de  Lagarde,  Orientalia  II,  1880  S.  37;  Mittbeilungen  I,  1884  S.  19G; 
II,  1887  S.  76  f.;  Uebersicht  über  die  .  .  .  Bildung  der  Nomina,  Abhandl.  Gott. 
Ges.  d.  Wiss.  1888  S.  76  f.;  Driver,  Text  oi   the  Books  of  Samuel,    1890   S.  105  f. 


400     Baudissia,   Die  alttestam.  Bezeichn.  der  Götzen  mit  gillällm. 

zweifachen  y,  die  das  Aramäische  nicht  kennt,  nicht  mehr  deutlich 
bewußt  gewesen  sein.  Die  Verwechselung  von  bby  und  bbs  zeigt 
aber,  daß  der  Übersetzer  von  einem  härtern  y  =  e  noch  wusste. 
Dazu  kommt,  daß  das  Hebräische  neben  jenem  bby  einen  im  Ara- 
mäischen   häufigem    zweiten  Stamm  bbr    kennt,    „hineintun"    oder 

„hineingehen"  (wovon  Vy  „Joch"),  der  arabischem  J.£  entspricht; 
beide  Stämme  können  in  der  Aussprache  verwechselt   worden  sein. 

Der  Übersetzer  des  Ezechiel  jedenfalls  hat  D^biba  als  gleich- 
bedeutend mit  mb-'b?  angesehen,  da  er,  wie  an  vielen  Stellen  ü^bibs, 
so  auch  mb">b3>  c.  14,  22  f.  und  c.  24,  14  mit  iv&vfiijfiaza  über- 
setzt. Anderwärts  hat  er  mbiby  mit  E7tixt]dEV(icacc  wiedergegeben : 
c.  20,  43  f.;  21,  29;  36,  31  (c.  24,  14  in  Hexapla  unter  0'  die 
Lesart  iTtLZ)jdsv^icaa  für  mb-'br).  Außerhalb  des  Buches  Ezechiel 
kommt  in  LXX  ETttxijÖEVfKx  häufig  als  Übersetzung  von  rtb^br 
oder  bb^73  vor,  Evd-vfxr]^c{  aber  in  der  gleichen  Verwendung  (für 
rtbib")  nur  in  den  angeführten  Ezechielstellen. 

Der  Ezechielübersetzer  hat  offenbar  mit  Bewußtsein  zwischen 
der  Übersetzung  d'dcoka  einerseits  und  Öiavoicc,  Öiavorj^iaxcc,  ev&vjxt]- 
ficcta .  ejz u)jd ev [icau  andererseits  unterschieden.  Wo  zu  D^biba  ein 
Suffix  oder  ein  Genetiv  hinzutritt  mit  Beziehung  auf  Personen, 
hat  er  meist  mit  Ev&vjx/jnaxa,  ETtixrjdsvnaxa,  diccvoijficcxa  oder  öiccvoia 
übersetzt  (c.  6,  9;  14,  3.  4.  5.  6.  7;  16,  36;  18,  6.  15;  20,  7.  8.  16. 
18.  24.  31.  39;  22,4;  23,  7.  30.  37.  49;  44,  10).  Es  geschieht  dies 
offenbar  deshalb ,  weil  das  Suffix  oder  der  Genetiv  eine  subjektive 
Beziehung  der  damit  bezeichneten  Personen  zu  den  a^bibä  nahelegt. 

In  den  nicht  zahlreichen  Fällen,  wo  in  Ezechiel  D"«blba  durch 
eYÖoAu  verbunden  mit  einem  Genetiv  wiedergegeben  wird,  nötigt 
der  Zusammenhang  unbedingt  dazu ,  unter  den  D^bnbü  etwas  dem 
Menschen  objektiv  Gegenüberstehendes,  Götterbilder  oder  Abgötter, 
zu  verstehen.  C.  6,  4  xal  yMxaßaloo  xquv^axiaq  v[i(av  EvcoTtiov  xäv 
cido'ilcöv  vi.i(ov  läßt  ivcörtiov  nur  zu,  an  etwas  äußerlich  Gegenüber- 
stehendes zu  denken.  C.  6,6  wird  von  xa  si'doila  v[iö)v  gesagt : 
övvxQißrjaovxai.  C.  6,13  findet  sich:  ev  fte'ffw  xcov  eiÖcoXcov  vjxcov 
und  wird  gesagt,  man  hätte  Räucherungen  dargebracht  tcccöc  roiq 
EidoAoig  avxiov.  C.  8,  10  ist  von  xa  eI'öcoXu  ol'xov  ^IöQtxijl  als  dict- 
yEyncc^ivu  die  Rede.  C.  23,  39:  sie  haben  ihre  Kinder  geopfert 
xoig  EiSdAoig  avxüv.  C.  44,12  in  7tQo  TtQoOomov  x&v  Eiöoiliov 
ccvxcbv  läßt  das  ngb  TtQOöcoTtov  nicht  zu,  an  eine  Gesinnung  oder 
Handlungsweise  zu  denken  (während  dies  eben  vorher  v.  10  in 
dem  7tXavü6&ai  .  .  .  v.uxöitiG&Ev  rrov  ivd-v^i^camv  avxtbv  möglich 
war;  vgl.  c.  6,  9 ;  20,  16).  Ebenso  wrird  zu  beurteilen  sein  c.  36,  25, 
wo  von  einer  Reinigung  u.no  7tdvx(ov  x&v  siöcoloov  vpcov  die  Rede 
ist,  die  voraussetzt,  daß  es  sich  um  etwas  von  außen  Heran- 
gekommenes handelt,  und  c.  37,  23,  wo  umgekehrt  von  einer  Ver- 
unreinigung des  Hauses  Israel  Iv  xolq  sldcakoig  avxwv,  d.  h.  durch 
ihre  eigenen  Ei'öcoka,  die  Rede  ist,  während  c.  20,  18  gesagt  werden 


Baudissia,  Die  alttestam.  Bezeichn.  der   Götzen  mit  gilbdim.     401 

kann:  xoig  lTtixr}öev^aßLv  avxüv  .  .  .  fi?j  {ludi'sa&e,  weil  die  initrj- 
Sev(iara  hier  nicht  die  eigenen  sondern  die  der  Väter  sind,  auf 
welche  das  avxcov  sich  bezieht  (vgl.  c.  20 ,  7 ;  23 ,  7.  30 ;  anders 
c.  22,4  iv  xoig  evd-v^i]^a6iv  öov  oig  tnoüig  ifiiaivov,  wo  das 
inouig  den  Gebrauch  von  iv&vfirjficact  ermöglicht :  die  Verunreinigung 
wird  bewirkt  durch  die  aus  den  Gelüsten ,  den  iv&vfirjfiuxct ,  ent- 
standenen Taten). 

Ohne  eine  genetivische  Beziehung  auf  bestimmte  Personen 
steht  c.  18,  12  ü'öcolu  in  dem  Satze:  ug  xa  ei'öaka  k'&ero  rovg 
öcp&cd(iovg  avrov,  dagegen  mit  einer  solchen  Beziehung  iv-d-vfi^^iaxa 
c.  18,  6.  15  in  derselben  nur  verneinten  Aussage:  rovg  oy&akfxovg 
avrov  ov  (irj  indoy  Koog  (ovx  e&sro  eig)  rd  iv&v^7\^iaxa  olkov  'iaqur'jk 
—  zu  den  iv&v^.y]^axa  des  Volkes  kann  jemand  als  zu  einer  ihm 
gegenüberstehenden  Macht  die  Augen  erheben  (vgl.  c.  20,  24),  aber 
nicht  zu  den  ev&vnjjfiaxa  in  abstracto;  v.  12  mußte  also  D^bibr. 
etwas  Objektives  wie  ei'dcoka  bezeichnen.  Dagegen  c.  22,  3  nocovaa 
ivd'Vf.uj^iaxa  xa&  txvxfjg  denkt  der  Übersetzer  offenbar  nicht,  wie 
der  hebräische  Text,  an  die  Verfertigung  von  Götzenbildern,  sondern 
an  die  Ausübung  von  Gelüsten.  Ebensowenig  hat  wahrscheinlich 
die  einzige  Stelle  außerhalb  des  Buches  Ezechiel,  welche  nicht  mit 
ii'öcoka  oder  ßdslvyfiava  übersetzt,  1  Kön.  15,  12,  mit  to:  i7tix)jdev- 
{iccxu,  cl  iiiohjGav    an  die  Verfertigung    von   Götzenbildern    gedacht. 

In  Ezechiel  kommen  drei  Stellen  mit  teilweise  bezeugtem  ei'öcoka 
wahrscheinlich  für  LXX  nicht  in  Betracht ,  c.  6 ,  5 ,  wo  AI-1  das 
eiöoikcov  avxav  vermutlich  aus  Theodotion ,  c.  33,25,  wo  A  das 
l'dcoka  vjx&v  wahrscheinlich  ebenfalls  aus  Theodotion,  und  c.  36,  18, 
wo  A  das  iöcokocg  uvxcov  vermutlich  aus  Aquila  und  Theodotion 
herübergenommen  hat.  An  der  dritten  Stelle  würde  der  LXX- 
Übersetzer  nach  seinen  Prinzipien  £TCixr}dEVfiaxa  statt  eidcaka  an- 
gewendet haben.  Er  hat  ausnahmelos  das  hebräische  D^bibü  mit 
iv&vj.i}]{iaxa ,  iTttxrjdsvjxaxu ,  öicci'oijficcrcc  oder  öidvoia  übersetzt,  wo 
das  überhaupt  möglich  war,  und  nur  da,  wo  es  sich  notwendig  um 
einen  Gegenstand   der  abgöttischen  Verehrung  handelt,   mit  el'öcoku. 

Hätte  man  diese  verschiedenen  Übei-setzungen  alle  als  Bezeich- 
nungen der  Götzen  selbst,  nicht  des  götzendienerischen  Verhaltens 
aufzufassen,  so  würden  die  Götzen  vom  Übersetzer  mit  n-'bib}  be- 
zeichnet gedacht  werden  etwa  in  dem  Sinne  „das  Beliebte"  oder 
„das  Betriebene".  Diese  Auffassung  muß  doch  wohl  dem  Über- 
setzer für  o^biba  in  der  Tat  da  im  Sinne  gelegen  haben,  wo  er  es 
mit  ei'dcoka  übersetzt,  es  also  als  direkte  Bezeichnung  der  Götzen 
ansieht;  denn  es  ist  nicht  wahrscheinlich,  daß  er  zwei  Wörter  D^blb." 
statuierte,  die  verschiedene  Bedeutung  gehabt  und  sich  doch  über- 
einstimmend auf  den  Götzendienst  bezogen  hätten,  nämlich  das  eine 
auf  die  Götzen  als  den  Gegenstand  der  Verehrung  und  das  andere 
auf  Bestrebungen  und  Handlungen,  die  sich  im  Götzendienst  geltend 
machen.  Das  ist  namentlich  wenig  wahrscheinlich  mit  Rücksicht 
auf  die  dreimal ,  mit  einmaliger  geringer  Modifikation ,  wiederholte 


402     Baudissin,  Die  alttestam.  Bezeichn.  der  Götzen  mit  gillTdlm. 

Phrase  Ez.  18,  6.  12.  15,  wo  der  Übersetzer  doch  wohl  die  Identität 
des  Wortes  D^bibs  erkennen  mußte  und  trotzdem  mit  ev&vfitjficacc 
iind  si'öcoXa  wechselte.  Er  hat  also  gewiß  in  D-'biba,  wo  er  es  als 
si'dooku  verstand,  die  Anwendung  einer  Bezeichnung  des  Verhaltens, 
das  sich  im  Götzendienst  geltend  macht,  auf  die  Götzen  selbst  ge- 
sehen, in  seiner  Übersetzung  aber  nach  Möglichkeit  diese  Fälle  von 
den  andern  unterschieden,  wo  er  jene  Anwendung  nicht  fand. 

Zu  einzelnen  Stellen  wird  sich  die  Berechtigung  der  soeben 
gegebenen  Auffassung  der  Übersetzung  und  ihrer  Veranlassung  be- 
zweifeln lassen;  sicher  ist  aber  das  Allgemeine,  daß  dem  Ezechiel- 
übersetzer  bestimmte  Prinzipien  in  der  Übertragung  dieses  einzelnen 
Wortes  vorgeschwebt  haben  und  daß  er  in  ihrer  Anwendung  eine 
Konsequenz  gezeigt  hat,  die  über  unsern  sehr  speziellen  Gegenstand 
hinaus  bekundet,  daß  der  Übersetzer  mit  großer  Gewissenhaftigkeit 
gearbeitet  hat.1)  Er  hat  sie  freilich  geltend  gemacht  zu  Gunsten 
einer  sehr  abstrusen  Vorstellung  von  Sprachgebrauch  und  Be- 
deutungswandlung. 

Die  nur  vereinzelt  vorkommende  Übersetzung  der  LXX  von 
Ö^blba  mit  ßöelvy^azu  beruht  auf  einer  Verwechselung  oder  Identi- 
fizierung mit  der  Vorstellung ,  die  in  ni^"in  ausgedrückt  wird ; 
ßdek vyficaa  ist  gewöhnlich  Wiedergabe  für  dies  Wort.  Das  einzige 
Mal,  wo  in  Ezechiel  eine  Lesart  ßöekvyfxcaa  für  D^blba  bietet, 
Ez.  30,  13  A,  ist  diese  Lesart  zweifellos  eine  Verschlechterung  des 
richtigen  Textes  von  B,  der  DTSiba  überhaupt  nicht  ausgedrückt  hat. 

Zum  Verständnis  des  hebräischen  O^blbi  können  die  Über- 
tragungen der  LXX  direkt  kaum  verhelfen,  da  das  hebräische  Wort 
die  ihm  von  LXX  beigelegten  Bedeutungen  bei  einer  Herkunft 
vom  Stamme  bbi  „wälzen"  von  Hause  aus  nicht  besitzen  kann. 
Die  offenbar  älteste  Übersetzung  si'öala  scheint  mit  D'Oib} 
irgendwelche  Darstellungen  der  Abgötter  bezeichnet  zu  denken. 
Darin  könnte  etwa  eine  Erinnerung  an  eine  wirkliche,  wenn  auch 
jedenfalls  nur  sekundäre,  Bedeutung  des  Wortes  vorliegen.  Sicher 
ist  das  freilich  nicht ;  denn  diese  Übersetzung  kann ,  ohne  eine 
Kenntnis  der  Wortbedeutung,  lediglich  auf  dem  Urteil  beruhen,  daß 
die  Abgötterei  überhaupt  in  Bilderdienst  bestehe,  wie  denn  auch 
"*"'£  von  LXX  vereinzelt  mit  si'öcoXov  übersetzt  wird  (1  Kön.  11,  7[5]) 
und  D^biJ  fast  immer  mit  %siQonoir\ra  (z.  B.  Jes.  2,  18),  obgleich 
doch  davon  keine  Rede  sein  kann,  daß  die  hebräischen  Wörter  diese 
Bedeutung  wirklich  gehabt  hätten,  auch  die  LXX-Übersetzer  dies 
nicht  angenommen  haben  werden. 

Die  andern  Übersetzungen  von  ü^blba  in  LXX  sind  nach  unserer 
Erklärung  nicht  zu  Gunsten  einer  Tradition  zu  verwerten ,    welche 


1)  Schon  nach  diesem  einzelnen  Falle  darf  man  vermuten,  daß  der  Über- 
setzer den  hebräischen  Text,  der  ihm  vorlag,  überhaupt  nicht  inkorrekt  wieder- 
gegeben hat,  wenigstens  nicht  aus  Nachlässigkeit.  Daraus  ist  freilich  nicht  zu 
entnehmen,  daß  oder  inwieweit  sein  Text  besser  ist  als  der  masoretische. 


Baudissin,  Die  alttestam.  Bezeich n.  der   Götzen  mit  gilluUm.     403 

damit  die  Götzen  als  minderwertig ,  nichtig  oder  verächtlich  be- 
zeichnet gefunden  hätte.  Irgendwelche  auf  das  hebräische  Altertum 
zurückgehende  Tradition  kann  hier  schon  deshalb  nicht  gesucht 
werden,  weil  diese  Übersetzungen  teils  —  ßöelvypuxa  —  auf  einer 
Verwechselung,  teils  auf  einer  Identifizierung  von  bba  und  bby 
beruhen,  die  nur  für  das  hellenistische  Judentum  möglich  war. 


Eine  von  den  Rabbinen,  so  von  Aben  Esra1),  vertretene  Deutung 
des  Wortes  Ö^blbü  leitet  es  ab  als  eine  den  Götzendienst  schmähende 
Bezeichnung  von  b?*,  plur.  constr.  ^bb."  -)  „Kot"  oder  von  dem 
verwandten  bbs  „Kot"  oder  „Kehricht".'  Auch  der  Graecus  Venetus 
übersetzt  mit  cpoqvxwixcau  (Lev.  26,  30)  und  cpoQvraöig  (Deut.  29,  16) 
„Kehricht".  Ebenso  haben  unter  den  Neueren  das  Wort  verstanden 
Hitzig ,  Hengstenberg , 3)  Thenius  4) ,  Smend  5) ,  Siegfried- Stade  6), 
Bertholet,  Kraetzschmar,7)  Baentsch8). 

Diese  Auffassung  des  Wortes  läßt  sich  bis  auf  Aquila  zurück- 
verfolgen in  seiner  Wiedergabe  von  cbib^  durch  yM&ccQfxcaa  „Kehricht" 
statt  des  ei'öcofoc  der  LXX.  Sie  ist  bei  Aquila  zu  belegen  in  den 
Stellen  Deut.  29, 16  ;  2  Kön.  23,  24  9);  Ez.  6,  4.10)  Nach  Field  findet 
sich  zu  Lev.  26,  30  „in  marg.  Codd.  X,  Lips."  neben  dem  rwv 
siöoilcov  der  LXX:  "AkXog"  ^vösqiov  („der  Kotigen"). 

Aquila  mag  bei  seinem  Ka&aQ(iara  speziell  an  das  Wort  bba 
gedacht  haben.  An  den  beiden  Stellen ,  wo  es  vorkommt ,  1  Kön. 
14,  10;  Zeph.  1,  17,  würde  die  Bedeutung  „Kehricht"  passen,  be- 
sonders bei  Zephanja,  wo  D^bba  etwas  bezeichnet,  das  ausgeschüttet 
oder  weggeschüttet  wird  wie  der  Staub  ("i£"')-  Allerdings  hat  Aquila 
bbs  1  Kön.  14,  10  mit  KonQog  übersetzt;  für  Zeph.  1,  17  fehlt  ein 
Beleg  seiner  Übersetzung  (vgl.  aber  Symmachus  Ez.  4,  15  für  'bb-.: 
rav  Cxvßülm>). 

Wie  dem  sei,  jedenfalls  scheint  Aquila  sich  in  der  Auslegung 
des  Wortes  □"»b'iba  nicht  sicher  gefühlt  zu  haben ,  da  Hieronymus 
(zu  Ez.  20,  7)  angibt,  in  Aquilas  „prima  editio"  sei  übersetzt  „in- 
quinamenta"  (ohne  Frage  =  Kad-uQpcacc),  in  der  „secunda"  dagegen 
wie  bei  Symmachus  und  Theodotion  „idola".  Die  Wiedergabe  mit 
el'daka  findet  sich  bezeugt  für  Aquila  Ez.  14,  3;  für  Aquila,  Sym- 
machus, Theodotion  Ez.  20,16;  23,37;  für  Aquila  und  Sym- 
machus Ez.  20,  39;  für  Aquila  und  Theodotion  Ez.  36,  18;  für  Sym- 
machus und  Theodotion  Ez.  30,  13  (nach  Q  Theodot.  ßöelvyficcta) ; 
für  Symmachus  1  Kön.  15,  12  (ei'öcolu  xal  ßdskvyfiara);  Ez.  14,  4; 
20,  24;  23,  39;  44,  10;  für  Theodotion  Ez.  6,  5;  33,  25.    Dagegen 


1)  Zu  Lev.  26,  30.  2)  So,  nicht  ""bbä,  nach  Baer  zu  Hiob  20,  7. 

3)  Zu  Ez.   6,  5.  4)  Zu   1  Kön.   15,  12.  5)  Zu  Ez.   6,  5. 

6)  Wb.  s.   v.  7)  Zu  Ez.   G,  5.  8)  Zu  Lev.  26,  30. 

9)  In  den  Fragments  of  the  Books  of  Kings  ed.  Burkitt. 
10)  Auch  Ez.  C,  13  Cod.  86,  s.  Field  zu  Ez.  6,  4. 


404     Baitdissin,  Die  alttestam.  Bezcichn.  der   Götzen  mit  gilhd/m. 

gab  Theodotion  nach  Qmg  Jer.  50,  2  D^biba  durch  ßdsXvy^iixxtx  wieder, 
nachdem  ebenda  unmittelbar  vorher  ei'öfola  als  Übersetzung  für 
D^niry  verwendet  worden  war.  Ferner  haben  „  Ol  I7' "  der  Hexapla, 
d.  i.  doch  wohl  Aquila ,  Symmachus  und  Theodotion ,  D^biba  mit 
Eiöiola  übersetzt  Ez.  14,  3.  4  (Qms) ;  18,  6;  20,  7  ;  23,  30. 

Die  uns  erhaltenen  Belege  für  Aquilas  Übersetzung  des  Wortes 
scheinen  nach  jener  Angabe  des  Hieronymus  auf  seine  beiden  Aus- 
gaben verteilt  werden  zu  müssen ,  wenn  wirklich  zwei  eigentliche 
Ausgaben  anzunehmen  sind.1)  Aber  auch  wenn  etwa  die  von 
Hieronymus  so  benannte  „zweite  Ausgabe"  nur  in  einzelnen  Rand- 
Korrekturen  bestand ,  müßte  man  doch  nach  dem  ausdrücklichen 
Zeugnis  des  Hieronymus  annehmen ,  daß  Aquila  die  Übersetzung 
xa&ccQfiara  später  wieder  fallen  ließ. 

Für  Symmachus  und  Theodotion  ist  mit  der  einen  für  Theo- 
dotion angegebenen  Ausnahme  (Jer.  50,  2),  die  eine  wirkliche  Aus- 
nahme nicht  ist,  nur  die  Übersetzung  mit  ei'öcolcc  bezeugt.  Sie 
haben  also  mit  Aquilas  „zweiter  Ausgabe"  die  älteste  Septuaginta- 
Übersetzung  wieder  zur  Geltung  gebracht ,  worin ,  wie  es  scheint, 
die  D^bibs  aufgefaßt  werden  als  Darstellungen  der  Götter.  Jeden- 
falls ist  das  spätere  Aufgeben  der  Übersetzung  xa&KQ(iara  bei 
Aquila,  der  nach  einer  möglichst  wörtlichen  Übersetzung  strebte, 
ein  Zeichen  dafür,  daß  die  Kombination  mit  b;;*  „Kot"  oder  bba 
„Kehricht"  zu  seiner  Zeit  noch  nicht  als  feststehend  angesehen 
wurde.  Sie  scheint  also  erst  um  die  Zeit  Aquilas  aufgekommen 
zu  sein  und  ist  vielleicht  von  ihm  selbst  aufgebracht  worden.  In 
LXX  findet  sich  keine  Spur  dieser  Auffassung,  obgleich  die  alexan- 
drinischen  Übersetzer  sich  doch  zum  Teil  bemüht  haben,  die  Götzen - 
bezeichnung  yi~C  wörtlich  wiederzugeben,  nämlich  mit  izqo6Öyj&Lß^u 
(z.  B.  2Kön.  23,' 13). 

In  einigen  Stellen  der  Vulgata  findet  sich  die  Übersetzung 
„immunditiae"  (2  Kön.  17,  12;  21,11.21;  23,24;  Ez.  14,3.  4; 
23,7;  33,  25)  und  einmal  (Deut.  29 ,  16)  dafür  das  erklärende 
„sordes,  id  est,  idola".  Auch  in  der  „Explicatio  in  Ezechielem" 
gibt  Hieronymus  wiederholt  für  D^blbs  „immunditiae"  (c.  14,  3.  4; 
23,  7;  33,  25)  und  einmal  (c.  36,  25)  „inquinamentis  sive  immun- 
ditiis".  Hieronymus  wird  sich  hier  wie  auch  sonst'2)  an  Aquila 
angeschlossen  haben,  und  zwar  in  diesem  Fall  an  dessen  „erste 
Ausgabe".  Meist  übersetzt  die  Vulgata  mit  „idola"  (wie  auch  die 
„Explicatio  in  Ezechielem")  und  zweimal  (Ez.  6 ,  5 ;  30,13)  mit 
„simulacra"    (ebenso    dreimal   die   „Explicatio"   c.  6,4.5;  30,13). 

Die  Targume  haben  für  ü'bibs  mit  einer  Ausnahme  ständig 
»m^Ü  „Irrtümer",  die  gewöhnliche  Bezeichnung  der  Götzen,  woraus 

1)  S.  über  diese  beiden  „editiones",  die  nur  bei  Hieronymus  genannt 
werden,  Field  in  den  Prolegomena  zu  „Origenis  Hexaplorum  quae  supersunt" 
S.  XXIV  ff. 

2)  Vgl.  für  die  Vulgata:  Swete ,  Introduction  to  the  Old  Test,  in  Greek 
S.  476. 


Baudissin,  Die  alttestam.  Bezeichn.  der  Götzen  mit  gülülim.     405 

sich  für  die  Etymologie  nichts  ergibt.    Nur  einmal,  2  Eon.  17,  12, 

steht  dafür  NÄb"'3  „die  Baale".  Eine  bestimmte  Etymologie  liegt 
auch  den  Übersetzungen  der  Peschitto  nicht  zu  Grunde.  Sie  bietet 
meist  J^ok2>,  eine  ebenfalls  allgemeine  Bezeichnung  für  die  Götzen, 

die,  von  dem  persischen  jLo  herstammend,  ursprünglich  „Bilder" 
bedeutet.  Daneben  kommt  in  der  Peschitto  einige  Male  als  Über- 
tragung von  D^blba   vor  Jl&llj    „Gegenstände  der  Verehrung",   ein- 

0  0 

mal  (Ez.  18,  6)  beide  Wörter  neben  einander  und  einmal  (Jer.  50,  2) 
^öi-V  „ Schnitzbilder ",  nachdem  J-^blsO)  unmittelbar  vorher  für 
Bi33p>  gebraucht  war. 

Unter  den  alten  Übersetzungen  steht  also  Aquilas  „erste"  Aus- 
gabe und  ihre  teilweise  Nachahmung  in  der  Vulgata  isoliert  mit 
ihrer  Auffassung.  Aus  keiner  der  andern  Übertragungen  ist  eine 
bestimmte  Etymologie  zu  ersehen ,  und  nur  das  verschiedentlieh 
nachgeahmte  sl'öcoXa  der  LXX  könnte  etwa  auf  einer  überkommenen 
Tradition  beruhen. 

Für  die  masoretische  Punktation  Ü^blb?  läßt  sich ,  wenn  man 
in  Betracht  zieht,  daß  sie  der  Form  yipiB  „Scheusal"  und  nament- 
lich, daß  sie  dem  analogen  bl^T,  biaf  „Mist",  einer  Bezeichnung 
des  Götzenopfers  im  talmudischen  Hebräisch,  entspricht,  mit  einiger 
Wahi-scheinlichkeit  annehmen,  daß  sie  die  Auffassung  „Kotige" 
voraussetzt.  Hieronymus  (zu  Ez.  20,  7)  umschreibt  "^"iV-j  mit  „gelule". 
Bas  sieht  aus,  als  hätte  er  ausgesprochen  "»blbs  von  einem  Singular 
blbä  oder  bibs ;  es  ist  aber  jedenfalls  inkorrekte  Wiedergabe  der 
von  der  Masora  vertretenen  Aussprache,  da  Hieronymus  unmittelbar 
daneben  "'Slp'ttJ  genau  entsprechend  mit  „secuse"  umschreibt  und 
wir  keine  Veranlassung  haben,  yiplü  für  die  Umwandlung  eines  ur- 
sprünglichen yiplU  oder  yipffl  anzusehen.  Danach  ist  also  die  Aus- 
sprache D"lblbs  immerhin  älter  als  die  schriftliche  Fixierung  der  Masora. 

Trotzdem  scheint  die  Erklärung  von  c-b-.b;.  mit  „die  Kotigen" 
nach  dem  vorliegenden  Sachverhalt  keine  alte,  bis  auf  die  biblischen 
Autoren  zurückreichende  Tradition  für  sich  zu  haben.  Das  Schwanken 
Aquilas  in  seiner  Übersetzung  spricht  dagegen. 


Daß  die  Bezeichnung  der  Götzen  mit  D'bibs  oder  D^bba  von 
bä*,  ibbä  „Kot"  oder  von  bba  abzuleiten  ist,  wird,  obgleich  die 
Masora  sie  so  verstanden  haben  mag,  durch  deren  Aussprache  nicht 
gerade  nahe  gelegt.  Die  Form  kittäl  kommt  vorzugsweise  vor  als 
Intensivform  für  Nomina,  die  vom  Pi'el  des  Verbums  gebildet 
sind  mit  der  Bedeutung  von  Begriffswörtern,  wie  D^ei^a  „Hohn- 
gerede", D-'blVn  „Festjubel",  p^n  „Händefalten",  D^EE  „Sühnung*, 


406     Baudissin,  Die  alttextam.  Bezeichn.  der   Götzen  mit  gillvl'tm. 

CS?"  .Füllung",  D^pn;  „Tröstung",  hins  „Gravierung",  D^tVibiÜ 
„Entlassung",  Dlblü  „Vergeltung",  'ppttj  „Gegenstand  des  Abscheus", 
eigentlich  gewiß  „Abscheu".1)  Daneben  kommt  die  Form  kittül 
vor  in  intransitiver  Bedeutung  für  Adjektiva  wie  n-T"  „stark", 
Trab  „lernend",  Ifnisa  „frühe  (Feige)".'2)  Unter  die  zuletzt  an- 
geführten Bildungen  kann  D^blba  als  dem  transitiven  Verbum  bbs 
„wälzen"  zugehörend  nicht  zu  stellen  sein.  Man  könnte  nur  etwa 
annehmen,  von  b.'*  sei  ein  denominatives  blbs*  „kotig"  nach  Analogie 
dieser  Formen  gebildet  worden.  Eine  entsprechende  Denominativ- 
bildung ist  aber  nicht  nachweisbar.  Die  Form  Q-iblVä  könnte  also 
wohl  nur,  abgeleitet  von  einem  nicht  vorkommenden  Pi'el  bba,  ur- 
sprünglich ein  Abstraktum  sein,  das  der  Bedeutung  des  Qal  ent- 
sprechend etwa  in  dem  Sinne  von  „Wälzung"  zu  verstehen  sein 
würde  und  dann  übergegangen  sein  könnte  in  die  konkr-ete  Be- 
deutung  „Gewalztes". 

Zu  Gunsten  einer  Ableitung  des  Wortes  blb.-*  von  b;*  läßt 
sich  nicht  etwa  talmudisches  bl^T,  biaf  geltend  machen;  denn 
dieses  wird  kaum  als  eine  direkt  aus  neuhebräischem  bnj  =^3J 

Ajt    entstandene  Bildung    anzusehen ,    sondern    abzuleiten    sein    von 

dem  denominativen  Pi'el  bsp*  „düngen"  in  der  Bedeutung  „Düngung", 
oder  wenn  doch  ersteres  anzunehmen  ist,  so  ist  diese  Form  künst- 
lich gebildet  nach  Analogie  von  yijrtä  neben  yj>XÖ,  indem  man  von 
Anfang  an  bl3T   „Mist"   metaphorisch  vom  Götzenopfer  verstand. 

An  eine  Ableitung  der  Form  d^blba  als  einer  in  dieser  Aus- 
sprache dem  althebräischen  Sprachgebrauch  angehörenden  von  bä* 
oder  auch  bbs  wird  demnach  nicht  zu  denken  und  die  masoretische 
Aussprache  wahrscheinlich  als  von  den  Schriftgelehrten  nach  Analogie 
von  Vlpttj  künstlich  gebildet3)  anzusehen  sein.  Wegen  der  Analo- 
gieen  yi/JTä  und  bl3T  (vgl.  noch  blitS  „unreines  Fleisch")  ist  kaum 
anzunehmen,  daß  blbä*  eine  direkt  vom  Stamme  gebildete  Neben- 
form von  bf*  ist  und  aus  der  Bedeutung  „Wälzung"  =  „Gewalztes" 
in  irgendwelcher  Weiterentwickelung  die  Bedeutung  „Kot"  erhielt. 
Eher  wäre  denkbar,  daß  die  Aussprache  D"bibs  an  die  Stelle  einer 
altern  getreten  ist,  welche  die  Bedeutung  „Kot"  oder  „die  Kotigen" 
zum  Ausdruck  gebracht  hatte. 

Von  den  drei  Stellen,  wo  b."*  vorkommt,  gehören  zwei  im 
Plur.  tbba  dem  Ezechiel  an  (c.   4,  12.  15),    die  dritte,    ibba,    dem 


1)  Vgl.  Olshausen,  Hebr.  Sprache  §  186b;  Ewald,  Hebr.  Sprache  §  156a; 
Stade,  Grammatik  §  228;  J.Barth,  Die  Nominalbildung  in  den  semit.  Sprachen 
S.    155  f.  2)  Barth  S.  53. 

3)  Wahrscheinlich  ist  auch  die  Punktation  der  wirklichen  oder  doch  ver- 
meintlichen Gottesnamen  DISO  und  "Jl"!?  Am.  5,  26  nach  derselben  Analogie 
gebildet,  so  Torrey,  On  the  text  of  Arnos  V,  26  etc.,  Journal  of  Biblical  Litera- 
ture,  Bd.  XIII,   1894  S.  61  f. 


Baudissin,  Die  alttestam.  Bezeichn.  der  Götzen  mit  güluUm.     407 

Buche  Hiob  (c.  20,  7).  Das  Wort  bbs  kommt  einmal  im  Singular 
vor,  1  Kön.  14,  10,  und  einmal  im  Plur.  D^bbs,  Zeph.  1,  17.  Die 
Bedeutung  ist  hier  nicht  ganz  so  zweifellos  wie  für  b."..  Es  könnte 
nach  dem  Zusammenhang  an  beiden  Stellen  „Kehricht"  bedeuten; 
aber  auch  die  Bedeutung  „Kot"  paßt  beide  Male.  Im  Königsbuch 
ist  vom  Wegwerfen  oder  auch  Verbrennen  (^rn3?S,  ")30?)  des  bb-1 
bis  zu  seiner  Beseitigung  die  Rede,  um  völlige  Vernichtung  bildlich 
zu  bezeichnen.  Das  „Verbrennen"  könnte  sich  beziehen  auf  die 
arabisch-palästinische  Sitte ,  die  Fladen  von  Rindermist  als  Brenn- 
material zu  benützen.1)  Das  arabische  gella  als  Bezeichnung  dieses 
Brennmaterials 2)  scheint  dem  hebräischen  bä*  zu  entsprechen ,  das 
demnach  wohl  als  ein  altes  Wort  anzusehen  sein  wird.3) 

Eine  Bezeichnung  der  Götzen  als  der  Kotigen  wäre  dem 
Geschmack  des  Alten  Testamentes,  namentlich  dem  Ezechiels,  wohl 
angemessen,  wobei  noch  ins  Gewicht  fällt,  daß  das  Wort  "»bbs 
gerade  von  Ezechiel  gebraucht  wird.  Man  vergleiche  das  schon 
erwähnte  talmudische  bist  „Mist"  und  by[  „misten"  als  Bezeich- 
nung für  das  Götzenopfer,  womit  vielleicht  die  Umwandlung  des 
Gottesnamens  nat  byn  in  biST  'a,  Bsel&ßovl  zusammenhängt. 

Für  diese  Bedeutung  von  D^blbs  läßt  sich  geltend  machen, 
daß  bei  Ezechiel  neunmal  von  der  Verunreinigung  (N73I2)  durch  die 
Gillulim  die  Rede  ist  (c.  20,  7.  18.  31;  22,  3 f.;  23,  7.  30;  36,  18; 
37,  23).  Aber  diese  Ausdrucksweise  ist  doch  keineswegs  ent- 
scheidend, da  der  Götzendienst  überhaupt,  auch  wo  nicht  die  Gillulim 
genannt  werden ,  als  verunreinigend  gilt.  Jer.  2,23  ist  von  Ver- 
unreinigung ("TiN73ü:)  durch  das  Wandeln  hinter  den  Baalen  her 
die  Rede,  und  Hos.  5,3;  6,  10  ist  „Verunreinigung"  parallel  mit 
„Hurerei",  ohne  Erwähnung  eines  Götzennamens,  Bezeichnung  für 
die  Abgötterei.     Der  Verunreinigung  durch  die  Gillulim  entspricht 


1)  So  Franz  Delitzsch  zu  Hiob   20,  7. 

2)  Wetzstein  in  Franz  Delitzschs  lob2,    1876   S.  261  f. 

3)  Wie  bil  zu  der  Bedeutung  „Kot"  gekommen  ist,  bleibt  bei  Ableitung 
vom  Stamme  323  „wälzen"  zweifelhaft.  Schwerlich  wird  damit  der  Mistfladen 
nach  seiner  runden  Form  bezeichnet,  weil  das  nur  auf  den  Mist  einzelner  Tiere 
passen  würde.  Eigentlich  wird  damit  wohl  der  „Klumpen"  der  Exkremente 
bezeichnet,  wie  sich  aus  Ez.  4,  12  zu  ergeben  scheint:  ETSri  nNl!  "Objja, 
LXX  iv  ßolßlroig  y.ÖTCQOV  ccv&Qomivr\g.  Die  Bedeutung  „Klumpen"  könnte 
sich  entwickelt  haben  aus  der  ursprünglichen  „Gewalztes,  Gerolltes";  vgl. 
E33  „zusammenrollen"  und  Ü?.ä*  Ps.  139,  16  „Foetus",  eigentlich  „Klumpen". 
Demnach  könnte  auch  blb.i  „Wälzung"  =  „Gewalztes"  etwa  eine  selbständige 
Bildung  vom  Stamm  in  dem  Sinne  „Kot"  sein.  Der  Anklang  an  "p"u  wäre 
dann  zufällig-,  das  ist  aber  doch  wenig  wahrscheinlich.  Überhaupt  hat  33 
und  das,  worauf  mich  Professor  A.  Fischer  aufmerksam  macht,  sehr  alte  arabische 

Ä.L>  vielleicht  mit  --3  ..wälzen"  nichts  zu  thun,  da  es  einen  Stamm  ^S»- 
dieser  Bedeutung  im  Arabischen  nicht  gibt.  Die  Nomina  können  sehr  wohl 
primär  sein 


408     Baudissin,  Die  alttestam.  Bezeichn.  der  Götzen  mit  gillidlm. 

die  Reinigung  (ihüN)  von  den  Gillulim  Ez.  36,  25;  aber  daß  dem 
Worte  arpbibs  vorangestellt  ist  DS/niKMü  zur  Bezeichnung  dessen, 
was  durch  Reinigung  beseitigt  werden  soll,  spricht  eher  dagegen 
als  dafür,  daß  Ezechiel  bei  D^blbii  an  „Kot"  dachte,  da  die  Götzen 
als  die  , Kotigen"  schon  in  DDTHSMSEa  einbegriffen  sind.  Ebenso 
ist  in  dem  Ausdruck  "-f-riinrin  ''blba  Ez.  16,  36:  „deine  greulichen 
Gillulim"  die  Ableitung  von  b**  nicht  gerade  wahrscheinlich,  da 
in  einem  darauf  zurückgehenden  Worte  die  Vorstellung  der  m^ir, 
des  „Greulichen",  schon  an  und  für  sich  liegen  würde.  Da  rnyin 
nicht  nur  vom  Götzendienst  vorkommt,  sondern  für  sich  allein  auch 
als  Bezeichnung  des  Götzen  (2  Kön.  23,  13),  bedeutet  der  Ausdruck 
Ez.  16,36  vielleicht:  „die  Gillulim  deiner  Greuel",  d.  h.  deiner 
Götzen,  und  kann  dann  so  verstanden  werden,  daß  mit  n^biba  hier 
Abzeichen  oder  Bilder  der  Götzen  gemeint  sind.  Cornill,  Toy, 
Kraetzschmar  sehen  die  Worte  als  eine  Glosse  an,  wie  mir  scheint, 
ohne  ausreichende  Begründung ;  ein  Glossator  würde  schwerlich  auf 
die  sonst  nicht  vorkommende  Verbindung  'n  -bnbs  verfallen  sein, 
sondern  eher  geschrieben  haben:  *prnnr"im  ^pblbä. —  Es  läßt  sich 
also  aus  dem  Sprachgebrauch  nicht  nachweisen,  daß  sich  mit  D^bib^ 
in  noch  anderer  Weise  als  auch  mit  allen  andern  Bezeichnungen 
der  Götzen  die  Vorstellung  der  Um-einheit  verbindet. 

Gegen  die  Kombination  von  blbs  oder  einer  dieser  Aussprache 
zu  Grunde  liegenden  altern  Form  mit  b.-*  als  eine  ursprüngliche, 
d.  h.  den  alttestamentlichen  Schriftstellern  bewußte ,  ist ,  wie  man 
sich  auch  die  Kombination  denken  möge,  eine  allgemeine  Einwendung 
zu  machen.  Als  ein  künstlich  von  bji*  gebildeter  Spottname  wäre 
cblb.*  nicht  deutlich  genug  für  die  Bedeutung  „die  Kotigen",  da 
von  dem  Stamme  bba  verschiedene  Wörter  sich  ableiten ,  die  der 
Bedeutung  nach  mit  ba*  nichts  zu  tun  haben.  Andererseits  würde 
blb**  oder  eine  ihm  zu  Grunde  liegende  ursprüngliche  Form,  wenn 
diesem  Worte  von  Hause  aus  die  Bedeutung  „Kot"  eignete,  die 
Beziehung  auf  die  Götzen  ebensowenig  wie  jener  vermutete  künst- 
liche Spottname  hervortreten  lassen.  Das  könnte  nur  dadui-ch  ge- 
schehen, daß  wie  der  Spottname  tnb^bN  an  bN,  ebenso  D^blbs  an 
einen  bekannten  Gottesnamen  erinnerte ,'  was  aber  nicht  der  Fall 
ist.  Die  Beziehung  auf  die  Götzen  wird  erst  deutlich  durch  die 
Analogie  von  yi~w.  Solche  lediglich  auf  der  Punktation  beruhende 
Analogie-Bildungen  aber  sind,  wie  die  Aussprache  von  Götzennamen 
nach  der  Vokalisation  von  ntps,  das  Werk  der  Schriftgelehrten, 
nicht  der  lebendigen  Sprache.  Anders  wird  bei  yipffl  die  Beziehung 
auf  die  Götzen  von  vornherein  dadurch  nahe  gelegt ,  daß  y~  c 
speziell  das  kultisch  Unreine  bezeichnet. 


Ebenso  wenig  oder  noch  weniger  als  die  Kombination  mit  bä* 
können  einige  andere  Erklärungen  von  D^biba  in  Betracht  kommen. 


Baudissin,  Die  alttestam.  Bezeichn.  der   Götzen  mit  gilluUm.     409 

Unmöglich  ist  Ewalds1)  Ableitung  von  bb.;*  in  einer  aus  dem 
Stamme  bl'S  erschlossenen  Bedeutung  „ verwerfen",  da  es  nicht  be- 
rechtigt ist,  bba  und  bsa  als  „ verwandt"  zusammenzustellen;  aller- 
dings ist  Lev.  26,  30  in  (""TöBS)  nbj'3  vielleicht  ein  Wortspiel  mit 
DS^blb^  beabsichtigt.  Später' hat  Ewald2)  ö^blba  erklärt:  „wahr- 
scheinlich puppen  (wickelkinder)"  als  ein  „wizwort",  was  nicht  minder 
unannehmbar  ist,  da  bbü  nicht  vom  Wickeln  der  Kinder  gebraucht 
wird  und  die  Gottesbilder  der  alttestamentlichen  Zeit  nach  dem, 
was  über  sie  bekannt  ist ,  kaum  mit  Wickelkindern  zu  vergleichen 
waren. 

Besser  dachte  Joh.  Jahn3)  an  eine  Ableitung  von  bb3  in  dem 
Sinne  „wälzen"  und  fand  mit  ü^biba  die  Götzen  verächtlich  be- 
zeichnet als  „Klötze,  die  man  wälzen  kann".4)  Daran  anknüpfend 
hat  wohl  noch  richtiger  Gesenius5)  D"bnb:i  zusammengestellt  mit 
einem  aramäischen  Derivat  des  Stammes,  mit  bbä  in  bbä  ",3N  „lapides 
magni".  Auch  er  dachte  dabei  an  eine  verächtliche  Bezeichnung 
der  Götzen,  nämlich  als  Steinblöcke,  „dei  lapidei".  Ähnlich  ver- 
glich später  Hitzig0)  ba  „Steinhaufen",  meinte  aber,  das  Wort 
„möchte  in  dem  gleich  formirten  D^Äiaj?  Jes.  57,  13  seine  Erklärung 
haben".  Letzteres  Wort  hat  Hitzig")  in  der  Bedeutung  „Haufen" 
verstanden,  also  —  wie  es  scheint  —  hier  und  dort  eine  verächt- 
liche Hinweisung  auf  die  Menge  der  Götzen  finden  wollen. s) 

Ich  habe  früher  meinerseits9)  Gesenius  und  Hitzig  beigestimmt 
mit  der  Modifikation,  daß  ich,  ohne  in  dem  Worte  die  Andeutung 
eines  bestimmten  Stoffes  zu  finden,  es  auffaßte  in  der  Bedeutung 
„Haufen,  Klotz"  (eigentlich  „Gewalztes"),  also  als  eine  Hinweisung 
auf  das  unbelebte  Götzenbild.10) 

Ich  habe  jetzt  gegen  die  zuletzt  genannten  Erklärungen  ebenso 
wie  gegen  die  alte  Deutung  „die  Kotigen"  einzuwenden,  daß  das 
Wort  als  ein  künstlich  gebildeter  Spottname  nicht  deutlich  genug 
den  beabsichtigten  Sinn  hervortreten  lassen  würde. 


1)  Geschichte3  I,  S.  170. 

2)  Lehre  der  Bihel  von  Gott  II,  S.  264. 

3)  Biblische  Archäologie,   Teil  III,    1805   S.  482. 

4)  Zugleich  dachte  Jahn  an  „eine  Anspielung  auf  b  .  *  die  runden  kugel- 
förmigen Excremente  einiger  Thiere". 

5)  Thesaurus  s.  v.  D^blb*  (1835). 

G)  Zu  Jer.   50,  2  (2.   Aufl.    186G).  7)  Zu  Jes.   57,  13   (1833). 

8)  Entweder  in  dem  Sinne  von  Gesenius  oder  in  dem  von  Hitzig  wird 
zu  verstehen  sein  die  Angabo  bei  Fürst-Ryssel ,  Hwb.  s.  v.  bl;3:  „eig.  Stein- 
haufe, -masso  (in  demselben  Sinne  D^SSIS];  Jes.  57,  13),  -mal  (vgl.  bbS  und 
bS;  talm.  bb3  Stein);  aber  dann  als  verächtlicher  Ausdruck  coner.  Götzenbilder, 
Abgötter". 

9)  Studien  I,  95. 

10)  Von  Dillmann  zu  Lev.  26,  30  akzeptiert;  vgl.  König,  Hebr.  Sprache  II, 
S.  151. 


410     Baudissin,  Die  alttestam.  Bezeichn.  der  Götzen  mit  gilluhm. 


Es  muß  doch  wohl  für  ü^blba  oder  ursprüngliches  ü^bbs  eine 
Bedeutung  angenommen  werden,  welche  die  Beziehung  des  Wortes 
auf  die  Götzen  zweifellos  machte. 

Das  der  Herkunft  nach  wahrscheinlich  verwandte  bs  bezeichnet 
den  Steinhaufen,  Gen.  31,  46 — 48  den  heiligen  Steinhaufen,  wofür 
der  Parallelbericht  v.  45  von  einer  HSSU,  einer  heiligen  Stele,  redet. 
Das  ebenfalls  der  Ableitung  nach  wohl  verwandte  bäba,  stets  mit 
dem  Artikel  gebraucht,  also  eigentlich  als  Appellativum  zu  ver- 
stehen ,  ist  Name  mehrerer  Ortschaften ,  von  denen  eine  bei  Betel 
als  Kultusort  bekannt  ist.  Zu  Gilgal  am  Jordan  standen  zwölf 
Steine ,  nach  der  in  zweifacher  Rezension  erhaltenen  Überlieferung 
von  Josua  errichtet  zur  Erinnerung  an  den  Durchzug  durch  den 
Jordan  (Jos.  4 ,  3  ff.  20  ff.).  Sie  waren  zweifellos  nach  ihrer  ur- 
sprünglichen Bedeutung  nicht  Denkmäler  sondern ,  wie  wohl  alle 
altpalästinischen  Menhir-  und  Kromlechsteine,  heilige  Steine,  Gottes - 
steine,  von  denen  eben  der  Ort  seinen  mit  bs  zusammenhängenden 
Namen  „der  Gilgal"  trug.  Demnach  werden  auch  an  dem  als 
Kultusort  bekannten  andern  Gilgal  heilige  Steine  gestanden  haben 
und  ebenso,  wenn  mehr  als  zwei  Orte  desselben  Namens  anzunehmen 
sein  sollten,  auch  an  den  übrigen. 

Ich  habe  erst  vor  kurzem  den  Namen  Gilgal  nach  dem  Vor- 
gang Guthe's  und  anderer  erklärt  in  dem  Sinne  von  „Kreis",  sodaß 
der  heilige  Steinkreis,  der  Kromlech,  damit  bezeichnet  wäre.1)  Es 
ist  mir  jetzt  wahrscheinlicher,  daß  damit  die  „Zusammenrollung", 
nämlich  kollektivisch  die  „zusammengerollten"  Steine,  sei  es  des 
Haufens,  sei  es  des  Kromlechs,  bezeichnet  wurden,  da  das  Pilpel 
des  Verbums  Jer.  51,25  „rollen"  oder  „wälzen"  bedeutet.-)  Das 
nahe  verwandte  Nomen  bsb>  bezeichnet  das  Rad  schwerlich  als  das 
runde,  sondern  eher  als  das 'rollende.3)  Eben  dies  b:\bJiwirdPs.  77,  19 
mit  Bezug  auf  den  Donner  gebraucht,  indem  es  hier  entweder  den 
wirbelnden  Wind  bezeichnet,  der  den  Donner  begleitet,  oder  das 
Rollen  des  Donners  selbst.  Daß  es  auch  hier  „Rad"  bedeute  und 
zu  verstehen  sei  von  dem  Rade  des  göttlichen  Kriegswagens ,  das 
den  Donner  verursacht,4)  halte  ich  bei  dem  Fehlen  einer  nähern 
Bestimmung  zu  diesem  bab|  für  unwahrscheinlich.  Dagegen  be- 
zeichnen b"*bs  und  rtb-oa  allerdings  den  Umkreis ,  Landstrich ,  also 


1)  Artikel  „Malsteine"  in  Herzog-Haucks  Real-Encyklopädie  3  XII,  S.  131, 
28ff.  Ich  finde  die  Erklärung  „Steinring?"  zuerst  bei  Reuß ,  Gesch.  d.  heil. 
Schriften  Alt.  Testaments2,   S.   117. 

2)  Jos.  5,9  wird  der  Name  b|b,3  abgeleitet  von  'Tfij.ä  „ich  habe  ge- 
wälzt" (nämlich  „abgewälzt  die  Schmach  Ägyptens"  durch  Vollziehung  der 
Beschneidung).  Das  ist  nicht  mehr  als  ein  Wortspiel,  zeigt  aber  doch,  daß 
man  bei  dem  Namen  an  das  Verbum  bbj  in  der  Bedeutung  „wälzen"  dachte 
und  nicht  an  eine  Bedeutung   „rund  sein". 

3)  Vgl.  Ewald,   Hehr.  Sprache  §   158b. 

4)  So  Baethgen  zu  Ps.   7  7,  19. 


Baudissin,  Die  alttestam.  Bezeichn.  der   Götzen  mit  gilluUm.     411 

eigentlich  das  Runde.  Die  Bedeutung  „rund  sein"  für  den  Stamm 
bba  in  diesen  und  vielleicht  noch  in  andern  Derivaten  desselben 
ist  wahrscheinlich  sekundär:  das  Gewälzte  wird  als  solches  zum 
Runden.1)  Daraus  daß  der  Plural  nib^Ä  Jos.  18,  17;  22,  10  an- 
scheinend die  selbe  Örtlichkeit  bezeichnet,  welche  sonst  bsbsij  ge- 
nannt wird,2)  ist  nicht  zu  schließen,  daß  bä'b-ü  ebenfalls  den  Kreis 
bezeichne ;  dann  wäre  der  Plural  mbiba  als  identisch  mit  diesem 
Singular  auffallend.  AVie  bä  den  Steinhaufen  und  babs  eine  Mehr- 
heit von  Steinen  bezeichnet,  so  ist  im  Biblisch- Aramäischen  bb;,  in 
der  Verbindung  bb$  "j^N  Esr.  5,  8 ;  6,  4  Bezeichnung  der  Bausteine, 
speziell  wie  es  scheint  der  Quadersteine.  Eigentlich  wohl  bedeutet 
bbs  „das  Gewalzte",  d.  h.  die  Last,  die  gewälzt  werden  muß,  und 
wird  deshalb,  wie  es  scheint,  zunächst  von  großen  Steinen  gebraucht;3) 
gewiß  nicht  wird  damit  der  Stein  als  der  „runde"  bezeichnet,4) 
was  eine  zu  enge ,  für  den  Gebrauch  in  Esra  und  ebenso  auch  im 
Talmudischen    nicht    passende  Bedeutung    wäre.     Das  Verbum   bba 


1)  Im  Neuhebräischen    ist    53,    im  Syrischen  JU^  Name    der  Schildkröte, 

und  schon  für  das  Althebräische  ist  diese  Bedeutung  anzunehmen ,  wie  Nestle, 
ZAW.  1903  S.  133  f.  gezeigt  hat.  Die  Schildkröte  heißt  so  schwerlich  als  die 
runde,  da  das  Rundsein  doch  nicht  recht  zutrifft ;  eher  vielleicht  bezeichnet  der 
Name  das  Gerollte ,  Gewälzte  im  Sinne  des  Ungeformten ,  Massigen,  Klumpigen 
(vgl.  oben  S.  407  Anm.  3).  Schwerlieh  darf  für  diese  Benennung  der  Schild- 
kröte an  das  arabische  J^>-  „Decke",  nämlich  an  das  Schild  der  Schildkröte 
als  ihre  Decke  gedacht  werden,  da  gull  im  Arabischen,  worauf  mich  Professor 
A.  Fischer  aufmerksam  macht,  ein  Fremdwort  zu  sein  scheint.  —  Die  Grund- 
bedeutung von  bb".  in  der  Verbindung  von  bba£  als  Präposition  „wegen" 
läßt  sich  auf  verschiedene  Weise  vermuten,  aber  ohne  daß  ein  sicherer  Anhalts- 
punkt zu  finden  wäre,  sodaß  für  die  Bedeutung  des  Stammes  nichts  daraus  zu 
erschließen  ist.  Überhaupt  ist  es  schwer  möglich,  die  verschiedenen  Anwendungen 
des  Stammes  bba  in  den  semitischen  Dialekten  auf  eine  gemeinsame  Grund- 
bedeutung zurückzuführen;  man  wird  besser  darauf  verzichten.  Wie  die  Be- 
deutung des  arabischen  J».>  „groß  sein"  mit  den  Bedeutungen  zusammenhängen 
könnte,  die  für  den  hebräischen  Stamm  nachweisbar  sind,  muß  dahingestellt 
bleiben.  Möglicherweise  ist  „groß  sein"  hier  entstanden  aus  „gewichtig  sein, 
schwer  sein"  und  dies  aus  „gewälzt  werden",  nämlich  als  eine  Last,  wie  bb."» 
„großer  Stein"  anscheinend  aus  „Wälzer,  Last".  Im  Assyrischen  entspricht  der 
arabischen  Bedeutung  gcdlu  „groß";  daneben  aber  ist  gallu  =  „wogend"  und 
gdlu  „Welle"  von  einer  Bedeutung  des  Stammes  „rollen".  —  Die  Bedeutungen 
„rollen,  wälzen"  und  „rund  sein"  gehen  auch  im  Indogermanischen  in  einander 
über.  Neben  Trota,  Rad"  steht  litauisch  rütas  =  „Rad"  von  ritu  =  „ich 
rolle,  wälze",  und  von  rota,  rotula  leitet  sich  ab  rotundus  (s.  Fick,  Vergl. 
Wörterbuch1  II,  231  f.).  Hier  ist  zweifellos  die  Bedeutung  „rollen,  wälzen"  die 
ursprüngliche. 

2)  S.  Dillmann  zu  Jos.  22,  10. 

3)  So  Gesenius  und  Buhl  s.  v.  bbs. 

4)  So  Reckendorf,  ZDMG.  42,  399.' 

Bd.  LVIII.  27 


412     Baudissin,  Die  alttestam.  Bezeichn.  der  Götzen  mit  gilluUm. 

wird  im  Alten  Testament  speziell  vom  Wälzen  großer  Steine  ge- 
braucht (Jos.  10,18;  1  Sam.  14,33).  Da  bbs  im  Talmudischen 
konkret  den  Stein  bezeichnet  und  ebenso  im  Palmyrenrechen  Nbba 
die  steinerne  Stele,  ist  in  bbs  ^N  wohl  nicht  ein  Genetivverhältnis 
zu  erkennen  „Stein  der  Wälzung  ",  sondern  bba  wird  als  Apposition 
zu  "2X  hinzutreten:  „Stein  Wälzer",  d.  i.  Wälzerstein.  Nach  allem 
vermute  ich,  daß  nb-'b.'.  in  Jos.  18,  17;  22,  10  den  einzelnen  großen 
Stein  bezeichnet  und  daß  der  Plural  dort  gebraucht  wird,  um  die 
Mehrheit  von  heiligen  Steinen  zu  bezeichnen,  die  sonst  kollektivisch 
bsb.*  genannt  wird. 

Wie  dann  nb^ba  eine  Bezeichnung  des  heiligen  Steines  ist, 
nämlich  als  des  gewälzten  oder  großen,  nicht  als  des  runden, 
so  scheint  mir  ebenfalls  in  D^blYs,  D^bbs  eine  Bezeichnung  der 
heiligen  Steine  zu  erkennen  zu  sein.  Es  wäre  dann  eine  andere 
Benennung  der  Kultus-Stelen  neben  der  gewöhnlichen  mit  FlüSta. 
Letzteres  Wort  bezeichnet,  so  wenigstens  in  späterer  Zeit  bei  den 
Hebräern  und  ebenso  rQSfctt  bei  den  Phöniziern,  den  künstlich  be- 
hauenen  Stein,  der  bei  den  Phöniziern  und  wohl  auch  bei  den 
Hebräern  in  eine  pyramidale  Spitze  auslief.1)  Es  läßt  sich  etwa 
annehmen,  daß  unter  den  heiligen  Steinen  speziell  Naturblöcke  die 
Bezeichnung  Stb^ba  oder  bbä*  trugen. 

Der  Gottesstein  durfte  in  der  ältesten  Zeit  von  Menschenhand 
in  seiner  ursprünglichen  Beschaffenheit  nicht  verändert  werden.  Auf 
dieser  Anschauung  beruht  das  Gebot ,  die  Altäre  Jahwes  aus  un- 
behauenen Steinen  zu  erbauen  (Ex.  20,  25;  vgl.  Deut.  27,  5  f. ; 
Jos.  8,  31),  das  hohem  israelitischen  Altertum  angehört. 

Eine  weitere  Verschiedenheit  im  Gebrauch  der  Bezeichnungen 
!*lb"<ba  oder  bbä*  (o^bbs)  einerseits  und  inaiM  andererseits  käme, 
wenn'  unsere  Voraussetzungen  richtig  sind ,  hinzu :  sie  würde  nicht 
außer  Zusammenhang  stehen  mit  der  soeben  vermuteten.  Mit  fiaSM 
bezeichnete  man,  wenigstens  in  späterer  Zeit,  die  eigentlichen  Gedenk- 
oder Votivsteine ;  dagegen  würden  die  Steine ,  welche  man  7ib">b.n 
oder  bbä*  nannte ,  ausschließlich  solche  gewesen  sein ,  welche  die 
Gottheit  selbst  repräsentierten ,  eigentliche  Bätyle  in  dem  alten 
Sinn  einer  Gottesbehausung.2)  Daraus  würde  sich  erklären,  daß  das 
Alte  Testament  D-'bbs  als  Bezeichnung  der  Götzen  gebraucht. 

Direkt  von  den  heiligen  Steinen  auf  die  Götzen  ist  übrigens 
das  Wort  schwerlich  übertragen  worden,  sondern  es  wird  noch  eine 
vermittelnde  Bedeutung  anzunehmen  sein ,  von  der  weiterhin  die 
Bede  sein  soll. 


1)  S.  Artikel  „Malsteine"  a.  a.   O.,  S.  133,  46  ff. 

2)  Zu  der  antiken  Vorstellung  vom  Wohnen  des  Numens  in  dem  Steine 
vgl.  den  interessanten  von  S.  I.  Curtiss  (Ursemitische  Religion  1903  S.  92  f.) 
berichteten  modernen  Volksglauben,  daß  die  Gefährten  des  Propheten  in  dem 
Felsen  von  Kursi  el-Aktäb   wohnen. 


Baudissin,  Die  alttestam.  Bezeichn.  der  Götzen  mit  gitlülvm.     413 

Der  bei  Ezechiel  und  sonst  im  Alten  Testament  höhnisch  ge- 
meinten Benennung  der  Abgötter  nach  ihren  Steinen  könnte  eine 
auch  von  den  Verehrern  der  heiligen  Steine  gebrauchte  Benennung 
der  Gottheit  nach  dem  Steine  zu  Grunde  liegen.  Es  wäre  das  ganz 
der  selbe  Vorgang  wie  die  Entstehung  des  keil  schriftlich  bezeugten 
„westländischen"  Gottes  Ba-ai-ti-ile,  des  Bcdxvlog  bei  Philo  Byblius 
(vielleicht  auch  identisch  mit  dem  Patriarchennamen  bNina),  aus 
dem  als  bisrra  „  Gotteshaus "  bezeichneten  heiligen  Steine.'  Eine 
Analogie  würde  der  Beiname  „Animudates"  für  den  Gott  Elagabal 
sein ,    wenn    er    wirklich ,    wie  J.  H.  Mordtmann    vermutete , l)    von 

Oj.*£,  TTH3>  „Säule"  abzuleiten  sein  sollte.2)  Analog  wäre  auch 
der  Name  des  Gottes  Terminus.  Wieder  auf  semitischem  Gebiet 
wäre  etwas  Ähnliches  der  Zsvg  Maößcqog  in  den  Inschriften  von 
Dschebel  Scheich-Berekät  bei  Aleppo.  Da  ihm  in  einer  Inschrift 
von  dem  in  der  Nähe  gelegenen  Dschebel  Bärlscha  ein  Zevg  Bcoiiög 
zu  entsprechen  scheint ,  ist  der  Name  wohl  verstanden  worden  als 
-z~".  d.  i.  hebr.  inatW  „Altar",  also  „Zeus  Altar", :J)  wenn  auch 
vielleicht  nur  eine  volkstümliche  Etymologie  hierin  zu  erkennen  ist.4) 
Nachträglich  sehe  ich,  daß  D^blV-lJ  mit  ba  und  bäba  als  synonymen 
Bezeichnungen  schon  früher  kombiniert  worden  ist*  doch  ohne  ein- 
gehendere Begründung.  Hävernick 5)  erklärte  D^blba  als  „Stein- 
denkmäler, Steinmassen,  Steinhügel"  und  verwies  dafür  auf  b|l 
„Steinhaufen".  Ebenso  denkt  an  einen  Zusammenhang  mit  b|  und 
auch  mit  bsb.*.  „heiliger  Steinkreis"  Kittel.0)  Nach  Wellhausen7) 
„scheint  Gill'ul  (Götze)    mit    Gelal    (Stein)    zusammenzuhängen". 


1)  ZDMG.   31,  97. 

2)  Die  Erklärung  empfiehlt  sich ,  da  Elagabal  in  einem  Steine  verehrt 
wurde ,  durch  ihre  Einfachheit  vor  der  um  ihrer  Kompliziertheit  willen  wenig 
wahrscheinlichen  von  G.  Hoffmann,  Zeitschr.  f.  Assyriol.  11,  245.  247.  Schwierig- 
keit macht  nur  die  vorausgesetzte  Form  f-ni}33>,  &>^+£,  die  m.  W.  nicht 
nachzuweisen  ist.  Auch  palmyrenisch  nur  N"!"",  "p"!"i?2".  —  Sollte  etwa  in 
dem  TI73S  der  Wolken-  und  Feuersäule  bei  J  und  E  Ex.  13,  21  f.;  33,  9  f.  eine 
alte  Bezeichnung  der  heiligen  Steinsäule  stecken,  in  der  die  Gottheit  wohnt? 
also  eine  Kombination  des  Steindienstes  mit  der  Verehrung    des  Gewitter 

der  in  Wolke  und  Feuer  gegenwärtig  ist.  Die  „Säule"  ist  nicht  eine  nahe- 
liegende Erscheinungsform  gerade  für  die  Wolke  oder  das  Feuer,  ist  also  doch 
wohl  aus  einem  von  diesen  Offenbarungsweisen  des  Gewittergottes  verschiedenen 
Gebiet  entlehnt  (Eicht.  20,  40;  Joe.  3,  3;  Hohesl.  3,  6  ist  die  Säule  andersartig). 
Auch  die  beiden  ehernen  Säulen  des  Salomonischen  Tempels,  Nachbildungen 
der  heiligen  Säulen  in  den  phönizischen  Tempeln,  werden  mit  TI733|  bezeichnet 
lKön.  7,  15  ff. 

3)  So  Clermont-Ganneau ,  Recueil  d'Archeologie  Orientale  Bd.  IV,  1901 
S.    164  f. 

4)  So  Lidzbarski,  Ephemeris  II,  81  nach  Isidore  Levy;  vgl.  G.  Hoff  mann 
a.  a.  O.,  246  f. 

5)  Zu  Ez.   6,  4  [1843].  6)  Zu   lKön.  15,  12   [1900]. 

7)  Israelitische  u.  jüdische  Geschichte2,  1895  S.  93  (in  Ausg.  1  nicht,  auch 
in  Ausg.  5,  1904,  so  viel  ich  sehe  —  S.  99  —  nicht). 


414     Baudissin,  Die  alttestam.  Bezeichn.  der  Götzen  mit  gillullm. 

Wie  er  das  meint,  zeigt  seine  Vergleichung  mit  der  mandäischen 
Benennung  der  Dämonen  als  Iggura  „der  heilige  Steinhaufe  ".  Daran 
anknüpfend  meint  Buhl,1)  daß  n^biba  „vielleicht  Weiterbildung  von 
bjj"  sei  —  letzteres  ist,  wie  mir  scheint,  kaum  anzunehmen;  eher 
ist  hti*  oder  ein  dieser  masoretischen  Form  zu  Grunde  liegendes 
anders  ausgesprochenes  Nomen ,  so  wie  bb.n ,  anzusehen  als  eine 
selbständige  Bildung  direkt  vom  Stamme.  —  Auf  dem  von  den 
eben  Genannten  eingeschlagenen  Wege  war  schon  Venema,2)  der 
blbs*  als  „lapis  voluminosus  seu  statua  ex  lapide  magnae  molis  in 
formam  humanam  effigiata"    auffaßte. 

Man  wende  nicht  gegen  die  Beziehung  des  Wortes  D-'bibü  auf 
die  heiligen  Steine  den  Umstand  ein ,  daß  sich  eine  direkte  An- 
wendung des  Wortes  auf  die  heiligen  Steine  nicht  vorfinde,  daß 
diese  immer  nur  mit  nSäE  bezeichnet  werden  und  das  Wort  D^biba 
oder  ü^bb^  überhaupt  erst  in  der  nachdeuteronomischen  Literatur 
auftaucht.  Dagegen  ist  einmal  zu  bemerken,  daß  für  das  mit 
D^bibn  gewiß  der  Ableitung  nach  verwandte  nib"*b.$  in  Jos.  18,  17; 
22,  10  allerdings  eine  Anwendung  auf  die  heiligen  Steine  vorzu- 
liegen scheint.  Ferner  ist  das  Fehlen  einer  direkten  Beziehung 
von  Q-iblb}  auf  die  heiligen  Steine  kaum  auffallend.  Die  altheiligen 
Steine  der  Hebräer  werden  in  der  Darstellung  der  alttestament- 
lichen  Erzähler  alle  umgedeutet  in  Denkmäler ,  die  von  Menschen 
errichtet  worden  seien  zur  Erinnerung  an  ein  bestimmtes  Ereignis.3) 
Für  solche  Denkmäler  brauchte  man  am  passendsten  den  Namen 
irn^'r,  wie  für  das  Aufrichten  dieser  Steine  ^^17  gebraucht  wird. 
Wo  in  andern  Stellen  des  Alten  Testamentes  ausdrücklich  von  Kultus- 
steinen die  Bede  ist,  kommen  ebenfalls  nur  solche  in  Betracht,  die 
von  Menschen  aufgestellt  waren ;  es  wird  dabei  durchweg  oder 
doch  zumeist  an  Stelen  zu  denken  sein,  die  eine  künstliche  Form 
erhalten  hatten.  Auch  für  diese  Stelen  war  die  Bezeichnung  !"5!3&tt 
die  geeignetere ;  sie  war  ebenso  in  verwandten  Dialekten  gebräuch- 
lich. Die  heiligen  Steine  kommen  im  Alten  Testament,  ausdrücklich 
als  solche ,  fast  ausschließlich  in  der  Polemik  der  spätem  Gesetz- 
geber (seit  dem  Deuteronomium)  und  Propheten  (vielleicht  schon 
seit  Micha,  wenn  nämlich  Mich.  5,  12  ihm  angehört)  und  der  von 
beiden  beeinflußten  Geschichtschreiber  vor.  Zerbrochen  oder  be- 
seitigt werden  konnten  nur  die  von  Menschenhand  aufgerichtete!* 
Masseben,  nicht  die  Felsblöcke.  Deshalb  kommen  diese  in  der 
Polemik  nicht  weiter  zur  Geltung  und  werden  lediglich  umgedeutet. 

An  mehreren  alttestamentlichen  Stellen  ist  die  Rede  von  einer 
ilbina  "JSN ,  wo  anscheinend  an  einen  heiligen  Naturblock  zu  denken 
ist    (1  Sam.  6,  14;    2  Sam.  20,  8;    vgl.    Deut.  27,  2;    Jos.  24,  26; 


1)  In   Gesenius"  Handwörterbuch13,  1899  s.  v.  D",b*lb.". ;  in  Aufl.    12:   „vie 
Weiterbildung   von  bf;". 

2)  Zu  Ez.  6,  5   [l790]. 

3)  S.  Artikel  „Malsteine"   a.   a.   O.,  S.  131  f. 


Baudissin,  Die  alttestam.  Bezeiehn.  der   Götzen  mit  gilbdha.     415 

1  Sam.  14,  83).  Die  Bezeichnung  TibTlä  ",2N  entspricht  dem  aramä- 
ischen und  neuhebräischen  bba  „Wälzer,  großer  Stein".  Es  ist  zu 
beachten ,  daß  1  Sam.  14 ,  33  Saul  von  der  Aufrichtung  einer  p« 
rtbrm  als  Opferstein  sagt  'a  ja«  .  .  .  ib«  iVä ;  dieser  heilige  Stein 
wird  also  „gewälzt",  ist  somit  das,  was  im  Aramäischen  bba  genannt 
wird.  Vielleicht  ist  durch  die  unverfängliche  Benennung'  mit  p« 
JnbTlji  eine  ursprüngliche  mit  bbä*  verdrängt  worden.  Dies  Wort 
wurde  etwa  im  illegalen  Kultus  als  Terminus  technicus  angewandt 
und  war  dadurch  anstößig  geworden.  An  ein  eigentliches  Kultus- 
objekt sollte  bei  dem  umschreibenden  Ausdruck  nbi~5  p«  nicht 
mehr  gedacht  werden. 

Im  Alten  Testament  ist  demnach,  nicht  ohne  Absicht  der 
Schriftsteller,  von  den  als  Gottessteine  angesehenen  Natursteinen, 
die  man  nach  unserer  Vermutung  D^bbü  nannte,  überhaupt  nicht 
oder  doch  nur  in  verhüllter  Weise  die  Rede,  abgesehen  von  dem 
als  Ortsname  verwendeten  nib"lb/..  Es  lag  also  keine  Gelegenheit 
vor,  das  Wort  D^bba  in  diesem  Sinn  anzuwenden. 

Wohl  aber  haben  wir  weiter  im  alttestamentlichen  Sprach- 
gebrauch eine  Anwendung  des  Wortes  D^blbs  zu  erkennen,  welche 
sich  am  einfachsten  aus  der  Bedeutung   „Gottesstein"  ableiten  läßt. 


In  Lev.  26,  30,  wo  die  Drohung  ausgesprochen  wird ,  daß  die 
Leichname  der  ungehorsamen  Israeliten  auf  die  Leichname  ihrer 
D^blbä  gelegt  werden  sollen,  scheint  noch  die  Anschauung  durch- 
sichtig zu  sein ,  daß  das  Wort  speziell  die  Bilder  oder  Zeichen 
der  Abgötter  benennt,  deren  Trümmer  sich  als  Leichen  vorstellen 
ließen.  An  die  heiligen  Steine  ist  hier  allerdings  kaum  gedacht : 
mit  den  Gillulim,  die  hier  als  drittes  neben  den  Bamot  und  Cham- 
manim  genannt  werden,  sind  anscheinend  die  Götzen  selbst,  nämlich 
in  ihren  Bildern,  gemeint  im  Unterschied  von  den  ihrer  Verehrung 
dienenden  Bamot  und  Chammanim.  Ebenso  liegt  es  in  der  Parallel- 
stelle Ez.  6,  4,  und  auch  Ez.  6,  6  scheinen  die  Gillulim  Götzenbilder 
zu  sein;  denn  nachdem  hier  zuerst  allgemein  von  den  Bamot  die 
Rede  war,  wird  dann  paarweise  gehandelt  als  von  ihrem  Zubehör 
von  den  Altären  und  den  Gillulim,  den  Chammanim  und  den  Bild- 
werken (D^iöSJW),  die  Gillulim  scheinen  also  etwas  den  Bildwerken 
Entsprechendes  zu  sein.  Die  Gillulim  selbst  werden  einmal  bei 
Ezechiel,  c.  22,  3 f.,  geradezu  dargestellt  als  etwas,  das  man  ge- 
macht habe  (rvc");  ebenso  sonst  nur  noch  1  Kön.  15,  12.  Um 
Steinblöcke  handelt  es  sich  also  hier  nicht.  Deut.  29,  16  ist  sogar 
von  den  Schikkusim  und  Gillulim  nicht  nur  aus  Stein  sondern 
auch  aus  Holz,  Silber  und  Gold  die  Rede. 

Immerhin  ist  es  für  die  ursprüngliche  Bedeutung  des  Wortes 
wichtig,  daß  es  an  diesen  Stellen  deutlich  die  konkreten  Abzeichen 
der  Götter    benennt.     Dies    waren    zweifellos    in    der    ältesten    Zeil 


416     Buudinsin,  Die  alttestam.  Bezeichn.  der  Götzen  mit  gillüllm. 

die  heiligen  Steine,  erst  später  die  Götterbilder,  wie  man  noch  in 
der  Hadad-Statue  von  Sendschirli  deutlich  die  Entwickelung  der 
Statue  aus  der  Stele  beobachten  kann.  In  den  Sendschirli- Inschriften 
wird  das  steinerne  Bild  des  Gottes  Hadad  und  das  des  Königs 
Panammu  geradezu  mit  ^i£2  bezeichnet,  dem  selben  Worte,  welches 
im  Phönizischen  von  der  Votiv-Stele  gebraucht  wird.  So  ist  es 
sehr  wahrscheinlich ,  daß  auch  sonst  noch  eine  Bezeichnung  des 
Gottessteines  in  späterer  Zeit  als  die  des  Gottesbildes  diente. 

Nach  jenen  Anwendungen  des  Wortes  D^blba  ist  es  naheliegend, 
die  älteste  Übersetzung  in  LXX  mit  ei'öcoXa  als  auf  alter  Tradition 
beruhend  anzusehen. 

Der  späte  Verfasser  von  Jer.  50,  2  allerdings  ist  sich  vielleicht 
der  Bedeutung  „Götterbilder"  für  ö^bibii  nicht  bewußt  gewesen,  da 
er  die  Gillulim  neben  den  D^StÄP  nennt,  worunter  stets  die  Bilder  zu 
verstehen  sind;  aber  die  Nebeneinanderstellung  läßt  sich  auch  als 
synonymer  Parallelismus  auffassen. 

Auch  die  Aussage ,  daß  die  Gillulim  zerbrochen  werden  — 
115X02  — ,  die  einmal  Ez.  6,  6  vorkommt,  bezieht  sich  auf  Götzen- 
bilder oder  -Säulen,  nicht  auf  eigentliche  Gottessteine,  Menhir- Steine, 
die  kaum  zerbrochen  werden  konnten.  Aber  die  Menhir- Steine  und 
die  heiligen  Stelen  scheinen  nicht  immer  unterschieden  und  auch 
jene  mit  InSSM  und  den  entsprechenden  Wörtern  der  verwandten 
Dialekte  bezeichnet  zu  werden  (Gen.  28,  18;  31 ,  45 ;  vgl.  ZDMG. 
57,  830).  Deshalb  mag  es  für  einen  Zusammenhang  der  Gillulim 
mit  den  Masseben  Beachtung  verdienen,  daß,  jenem  Vn:nö3  Ez.  6,  6 
entsprechend,  "isuö  der  stehende  Ausdruck  ist  für  das  Zertrümmern 
der  Masseben  (Ex.  23,  24;  34,  13;  Deut,  7,  5;  12,  3;  2  Kön.  18,  4; 
23,  14;  Jer.  43,  13;  2  Chron.  14,  2;  31,  1)  und  einmal  vorkommt 
für  das  Zertrümmern  der  als  d^färi  bezeichneten  Gottessäulen 
(Ez.  6 ,  4).  Daß  "lSiü  2  Chron.  34  ,  4  auch  von  der  Zerstörung  der 
Ascheren,  die  aus  Holz  waren,  der  ü^ÖS  und  der  Gußbilder  (niSDtt) 
gebraucht  wird,  will  nicht  viel  besagen,  da  der  Chronist  alle  diese 
Namen  der  Götzenbilder  durcheinander  wirft.  Aber  schon  in  der 
exilischen  Stelle  Jes.  21,  9  wird  i'z'ä  gesagt  von  den  D"|b"'??)  worunter 
ursprünglich  hölzerne ,  später  auch  gegossene  Bilder  verstanden 
wurden.  So  ist  allerdings  das  TirnzJj  bei  Ezechiel  in  seiner  ein- 
maligen Anwendung  auf  die  Gillulim  kein  sicherer  Hinweis  dafür, 
daß   dabei  gerade  an  steinerne  Gotteszeichen  zu  denken  sei. 

Wohl  aber  scheint  in  der  Aufzählung  2  Kön.  23,  24  noch  durch- 
sichtig zu  sein,  daß  wVjfÄ  nicht  von  Hause  aus  allgemeine  Be- 
zeichnung der  Götzen  war,'  wie  n-^ipu:,  sondern  eine  spezielle  Art 
der  Abgötter  bezeichnete:  es  werden  hier  aufgezählt  als  von  Josia 
entfernt  „  die  Obot,  die  Jideonim ,  die  Teraphim ,  die  Gillulim  und 
alle  Schikkusim";  D^bba  steht  hier  also  auf  einer  Linie  mit  den 
vorher  genannten  einzelnen  Formen  der  Abgötterei ,  und  diese 
werden  erst  durch  das  „und  alle  Schikkusim"  abgeschlossen  als 
durch  eine  Bezeichnung  der  Abgötter  überhaupt.    Am  natürlichsten 


Baudissin,  Die  alttestam.  Bezeichn.  der  Götzen  mit  güluUm.     417 

wird  man  auch  hier  neben  den  Teraphim,  den  Penatenbildern ,  für 
D^bbä  an  eine  Bezeichnung  eines  die  Gottheit  darstellenden  Gegen- 
standes zu  denken  haben. 

Das  Wort  D^bbü  scheint  also  zur  Bezeichnung  der  Götzen  ge- 
worden zu  sein  nicht  direkt  aus  seiner  von  uns  angenommenen 
Grundbedeutung  „großer  Stein"  für  den  Gottesstein,  sondern  durch 
Vermittelung  der  Bedeutung  „  Gottesbild  •" .  Wie  die  Verwendung 
der  Bezeichnung  des  heiligen  Steines  (bb:i*)  als  Götzenname  durch 
die  oben  besprochene  Identifizierung  des  heiligen  Steines  mit  der 
Gottheit,  die  in  außeralttestamentlichen  Vorstellungen  nachweisbar 
ist,  nahe  gelegt  werden  konnte,  so  ist  vielleicht  auch  der  mit  jener 
Verwendung  zusammenfallende  Gebrauch  einer  Bezeichnung  für  die 
Götzenbilder  (ü'bbs)  als  Götzenname  durch  die  Anschauung  der 
Bilderverehrer  selbst  veranlaßt  zu  denken.  In  den  Keilinschriften 
finden  sich  Stellen,  „an  denen  salmu  ,Bild'  auf  dem  Punkte  zu 
stehen  scheint,  direkt  als  Gottesname  gebraucht  zu  werden".1)  Hier- 
her oder  sonst  zu  dem  Gebrauch  der  Namen  für  die  heiligen  Steine 
als  Gottesnamen  würde  der  assyrische,  vielleicht  aber  aus  einem 
nichtsemitischen  Worte  gebildete ,  Gottesname  Üsu  oder  Usü  ge- 
hören, wenn  er  wirklich,  wie  P.  Jensen  vermutet-),  .Diorit"  bedeutet. 
Gemeint  kann  dann  damit  nur  sein  entweder  der  aus  Diorit  be- 
stehende heilige  Steinblock  oder,  da  bei  diesem  die  Bezeichnung 
der  Steinart  auffallend  wäre,  eher  die  aus  Diorit  hergestellte  Gottes- 
statue —  letzteres  um  so  wahrscheinlicher  deshalb,  weil  der  Stein 
usü  (worauf  mich  Jensen  weiter  aufmerksam  macht3))  in  den  In- 
schriften von  Telloh  vorkommt  als  das  Material  für  Statuen. 

Die  Verwendung  der  Bezeichnung  des  Gottesbildes  als  Gottes- 
name beruht  auf  der  Identifizierung  des  Bildes  mit  der  Gottheit. 
Nicht  erst  die  alttestamentlichen  Propheten  haben  im  Kampfe  mit 
dem  Heidentum  diese  Identifizierung  vollzogen,4)  sondern  sie  und, 
ihnen  nachfolgend,  andere  alttestamentliche  Schriftsteller  haben  sich 
in  dieser  Identifizierung  eine  Anschauung  angeeignet ,  welche  im 
Heidentum  vielfach  verbreitet  war  und  von  da  aus  noch  im  Bilder- 
dienst innerhalb  der  christlichen  Kirche  nachgewirkt  hat,  nur  daß 
die  volkstümliche  Anschauung  das  Bild  als  belebt,5)  die  Propheten 
die  Götter  als  leblose  Bilder  denken. 


1)  Zimmern  in  Schraders  Keilinsehr.  u.  d.  Alte  Test.3,  S.  476.  Ob  "-!£• 
das  in  den  Inschriften  von  Teima  im  wüsten  Arabien  als  Gottesname  vorkommt 
und  sich  anscheinend  auch  als  phönizischer  Gottesname  rekonstruieren  läßt 
(Baethgen,  Beiträge  zur  semit.  Religionsgesch.  S.  57,  80f. ;  G.  Hoffmann,  Zeitschr. 
f.  Assyriol.  11,  244 f.),  das  „Bild"  als  Gottheit  bezeichnet  oder  etwa  bedeutet 
„der  Dunkle"  (vielleicht  vom  Planeten  Saturn  gemeint,  s.  Zimmern  a.  a.  O., 
S.  475),  muß   zunächst  dahingestellt  bleiben. 

2)  In  meinem  Artikel  „Edom"  in  Herzog-Haucks  RE.3  V,  S.  1CG,  23ff. 

3)  Daneben  allerdings  auch  darauf,  daß  uiü  zugleich  Name  ist  für  einen 
Baum  mit  hartem  Holz.  4)   S.  meine  Studien  I,   79 f. 

5)  S.  viele  Beispiele  aus  ältester  und  neuerer  Zeit  für  den  Glauben  an 
ein  Belebtsein  von  Götter-  und  Heiligen-Statuen  bei  L.  Radermacher,  Aus  Lucians 


418     Baadissin,  Die  alttestam.  Bezeichn.  der  Götzen  mit  gillüllm. 

Nach  den  oben  angeführten  Stellen  ist  das  Eine  zweifellos,  daß 
mit  D^bib;  speziell  die  Bilder  der  „andern"  Götter  bezeichnet  wurden. 
Das  Wort  kann  aber  keinenfalls,  wie  es  bei  der  andern  Bezeichnung 
für  die  Götzenbilder  EP-S-jg?  der  Fall  ist,  von  Hause  aus  „Bild" 
bedeuten;  denn  von  der  Bedeutung  des  hebräischen  Stammes  bbs 
„wälzen,  rollen"  (oder  auch  von  der  Bedeutung  „rund  sein",  wenn 
man  sie  annehmen  wollte)  kommt  man  auf  keinem  direkten  Wege 
zu  der  Bedeutung  „Bild".  Es  muß  also  dieser  eine  andere  voran- 
gegangen sein,  aus  der  sie  entstehen  konnte.  Als  das  vorausgehende 
Moment  wäre  nach  unserer  Darstellung  die  Bezeichnung  des  heiligen 
Steines  zu  erkennen. 

Im  Arabischen  bezeichnen  die  Wörter  'Sv  und  ^o  (obat, 
eigentlich x)  das  Geschnitzte)  zunächst  das  Bild,  nämlich  das  Gottes- 
bild, und  dann  ganz  allgemein  den  Götzen.-)  Hier  findet  sich  also 
eine  genaue  Parallele  zu  der  für  das  alttestamentliche  D^bibs  an 
zweiter  Stelle  angenommenen  Bedeutungsentwickelung. 

8. 

Die  oben  erwähnte  palmyrenische  Bilinguis,  der  schon  oft  er- 
klärte vö^iog  reXavixog  vom  Jahre  448  der  Seleucidischen  Ära,  d.  i. 
137  n.  Chr.,3)  bietet  den  bis  jetzt  einzigen  Beleg  für  das  Wort 
Nbba  im  Palmyrenischen.  Im  griechischen  Texte  steht  dafür  crrjfo] 
h&ivtj.  Der  griechische  Text  der  Einleitung  der  Inschrift,  der 
dem  palmyrenischen  voransteht,  ist  als  das  Original,  der  palmyre- 
nische als  die  Übersetzung  anzusehen.  In  dem  griechischen  wird 
Z.  11  angegeben,  daß  das  durch  palmyrenischen  Senatskonsult  be- 
schlossene Steuergesetz  geschrieben  werden  soll  samt  dem  alten  Gesetz 
iv  Gr-tjkr)  kt&ivrj  rfj  ovGy  ävTiKQvg  [i]sq[ov]  Xeyofiivov  PABA2EIPH, 
und  entsprechend  bietet  der  palmyrenische  Text  Z.  9  f.  i*i  Nbbjte 
N-POiO"i  "H  NbD">n  bnpb.  Also  die  Inschrift  wurde  angebracht  auf 
einer  G%r\ht\  Xl&lvt]  oder  &*bb3. 

Über  die  Beschaffenheit  des  Steines  bin  ich  informiert  zunächst 
durch  freundliche  briefliche  Mitteilungen  von  Professor  Euting,  der 
im  August  1883  zusammen  mit  Huber  das  Denkmal  ausgraben  ließ, 
aber  nur  die  Erlaubnis  erhielt,  die  Vorderseite  mit  der  Inschrift 
soweit    bloßzulegen ,    bis    die  Schrift    sichtbar    wurde.     Er    schreibt 


Lügenfreund,  in  der  „Festschrift  Theodor  Gomperz  dargebracht"  1902  S.  197 
— 202;   vgl.  auch  Studien  I,  80. 

1)  S.  Nöldeke,  ZDMG.  40,  733  f. 

2)  S.   Wellhausen,  Keste  arabischen  Heidentums2,  S.  102.    Die  Frage  der 

Entlehnung,  die  für  +X*3  von  Fraeukel,  Die  aramäischen  Fremdwörter  im  Ara- 
bischen 1886  S.  273  und  Wellhausen  bejaht,  von  D.  H.  Müller,  Wien.  Zeitschr. 
f.  d.  Kunde  d.  Morgenl.  1887  S.  30  verneint  wird,  kommt  hier  nicht  in  Betracht. 

3)  S.   die    im  Jahr   1882    von    dem   Fürsten  Abamelek-Lazarew    entdeckte 
Inschrift  und  die  Literatur  darüber  bei  Lidzbarski,  Nordsemit.  Epigraphik  S.  463  ff. 


Baudissin,  Die  alttestam.  Bezeichn.  der   Götzen  mit  gillullm.     419 


mir  unter  dem  29.  Nov.  1903:  „Ich  hatte  den  Eindruck,  daß  der 
Stein  mit  Eücksicht  auf  seine  vollkommen  wagrechte  Lage  sich  in 
situ  befinde ,  und  kann  mir  auch  heute  nur  denken ,  daß  er  bei 
einer  Länge  von  etwa  5  Metern  und  einer  Höhe  von  2  Metern 
nicht  aus  einer  dünnen  Platte  bestehen  kann .  sondern  mindestens 
80  cm  dick  sein  müßte.  Bei  der  ständigen  Überwachung  war  eine 
spezielle  Untersuchung  nach  dieser  Richtung  ausgeschlossen.  .  .  . 
Die  viereckigen  Löcher,  welche  in  Feld  1  und  Feld  4  hineingeschlagen 
worden  sind,  betrachte  ich  als  Dübel-Löcher,  zum  Zweck,  über 
Feld  1  und  Feld  4  (oder  gar  über  Feld  1  bis  Feld  4)  eine  neue, 
mit  Zapfen  einzulassende  Holz-  oder  Bronzetafel  zu  befestigen,  die 
einen  jüngeren,  den  alten  Steuersatz  ungültig  machenden  Tarif  zu 
tragen  hatte." 

Diese  Angaben  werden,  was  die  Vermutung  über  die  Dicke 
des  Steines  betrifft,  etwas  modifiziert  durch  eine  genaue  Beschreibung, 
die  mir  Professor  Paul  von  Kokowzoff  in  St.  Petersburg  unter  dem 
1/14.  März  und  11  24.  März  1904  gütigst  zur  Verfügung  gestellt 
hat.  Er  hat  den  Stein,  der  sich  seit  kurzem  als  Geschenk  des 
Sultans  in  St.  Petersburg  befindet  und  in  der  kaiserlichen  Ermitage 
seinen  Platz  erhalten  soll,  auf  meine  Bitte  hin  sorgfältig  untersucht 
und  selbst  gemessen.  Ich  gebe  auch  seine  Beschreibung,  obgleich 
einzelne  ihi-er  Angaben  über  den  Rahmen  meiner  Untei'suchung 
hinausliegen,  vollständig  wieder,  weil  sie  neu  und  für  die  Beur- 
teilung des  wichtigen  Denkmals  überhaupt  von  Wert  ist:  „Die  In- 
schrift befindet  sich  auf  einem  großen  Monolith.  Seine  ganze  Höhe 
betrug  bei  der  Ausgrabung  2,40  Meter.  Diese  Angabe  ist  mit- 
geteilt von  Herrn  Th.  Usspenski  in  den  Nachrichten  des  Russischen 
Archäologischen  Instituts  in  Konstantinopel,  Bd.  VII,  1902  S.  122. 
Die  Maße  des  Steines  sind  im  Querschnitt  folgende1): 

1.  a  b  =  0,260—0,265  m 

2.  cd  =  0,475—0,480  m 

3.  a  c  (die  beschriebene  Fläche)  =  ursprünglich  2.40  m, 
jetzt  beinahe   2   m. 

„Die  ursprüngliche  Höhe  des  Steines  in  seinen  ver- 
schiedenen Teilen  ist  jetzt  leider  direkt  nicht  mehr 
zu  ermitteln ,  da  wegen  der  Ungeheuern  Schwere  des 
Steines  der  nicht  beschriebene  untere  Teil  mit  aller 
Vorsicht,  um  die  Inschrift  nicht  zu  beschädigen,  ab- 
gesägt worden  ist.  Dagegen  ist  der  hintere  Teil  des 
Steines,  wie  ich  mich  überzeugen  konnte,  unversehrt 
geblieben.  Wie  sich  bei  der  Ausgrabung  herausgestellt 
hat,  stand  das  Denkmal  ganz  frei,  ohne  Sockel,  auf  dem 
Lehmboden,  indem  eine  Anzahl  untergelegter  länglicher 
Steinstützen  es  verhinderte,  nach  vorne  zu  fallen,  während 


1)  In  der  Figur  ist  die  Dicke  des  Steines  zu  groß  im  Verhältnis  zur  Höhe. 


420     Baudiesin,  Die  alttestam.  Bezeichn.  der  Götzen  mit  gillülim. 

seine  größere  Dicke  am  untern  Rand  ein  Umfallen  nach  rück- 
wärts nicht  zuließ.  Da  der  Stein  also  ganz  frei  auf  der  Straße 
von  Palmyra  stand,  konnte  er  mit  vollem  Recht  in  der  griechischen 
Inschrift  als  öxrjlr]  Xi&ivri  bezeichnet  werden.  Wie  der  obere  Teil 
des  Denkmals  ursprünglich  aussah,  ist  jetzt  nicht  mehr  zu  ersehen. 
Bei  der  ungleichen  Höhe  der  obern  Ränder  der  verschiedenen  Teile 
des  Steines  ist  es  denkbar,  daß  er  einstmals  von  einem  künstlerisch 
verzierten  Karnies  bekrönt  war.  Es  sind  aber  in  dieser  Hinsicht 
nur  Vermutungen  möglich." 

Man  könnte,  von  dieser  Beschreibung  absehend,  zunächst  zweifel- 
haft sein,  ob  dieser  einzelne  Stein  mit  dem  6xi]ky  der  Inschrift  be- 
zeichnet werden  soll,  ob  er  nicht  etwa  zu  dem  Fundament  einer 
großen  darauf  aufgebauten  Säule  gehörte  und  dann  eben  diese,  nicht 
der  noch  jetzt  vorhandene  einzelne  Stein,  mit  Gxr\h]  und  Nbb^  be- 
zeichnet wäre.1)  Das  ist  aber  schon  ausgeschlossen ,  nicht  zwar 
durch  den  Wortlaut  des  palmyrenischen ,  wohl  aber  durch  den  des 
griechischen  Textes.  Wäre  von  der  Anbringung  der  Inschrift  auf 
einer  bestimmten  an  der  angegebenen  Stelle  vorhandenen  Säule  die 
Rede,  so  müßte  es,  wie  ich  mir  von  einem  Gräcisten  bestätigen 
lasse,  doch  wohl  lauten :  iv  xy  ßxyly  li&Cvy  xy  ovöy.  Was  wirk- 
lich dasteht:  iv  öxylij  ki&ivy  xy  ovüi]  ließe  sich  etwa  so  verstehen, 
daß  der  Tarif  geschrieben  werden  soll  auf  eine  6xyly  von  Stein, 
und  zwar  soll  als  Material  benützt  werden  diejenige  Cxrjky,  welche 
sich  gegenüber  dem  Tempel  Rabaseire  befindet.  Ein  dazu  geeigneter 
Stein  wäre  dann  schon  vor  dem  Beschluß  des  Senates  an  dem 
betreffenden  Platze  vorhanden  gewesen ,  wie  auch  der  palmyre- 
nische  Text  mit  seinem  bapb  ">1  voraussetzen  könnte :  „auf  dem 
(N)bba,  welcher  gegenüber  — ".  Unbedingt  schließt  die  von  Herrn 
v.  Kokowzoff  gegebene  Beschreibung  des  Steines  mit  dessen  ver- 
schiedenen Maßen  der  Dicke  und  der  Art  seiner  Aufstellung  aus, 
daß  er  eine  Platte  an  einer  Säulenbasis  gewesen  wäre.  Der  Stein 
hat  für  sich  allein  frei  dagestanden ,  und  es  kann  keinem  Zweifel 
unterliegen,  daß  eben  der  Stein  von  5  Metern  Länge  und  2  Metern 
Höhe  die  öxyky  oder  Nbbs  repräsentiert. 

Nach  den  Angaben  des  Herrn  v.  Kokowzoff  ist  dieser  Stein 
keinenfalls  ein  abgeschliffener  Felsblock,  der  an  dem  von  der  Natur 
gegebenen  Standort  sich  befand,  sondern  eine  von  Menschenhand 
aufgerichtete  Steinplatte.  Wenn  man  nicht  annehmen  will,  wozu 
keine  Veranlassung  vorliegt,  daß  der  Stein  vor  dem  Steuertarif  eine 
andere  Inschrift  trug,  die  abgeschliffen  worden  wäre,  um  dem  Tarif 
Platz  zu  machen,  so  bleibt,  wie  mir  scheint,  nichts  anderes  übrig, 
als  den  Ausdruck  xy  ovörj  avxr/.obg  (bnpb  *n)  trotz  des  Artikels  zu 


1)  Eine  Stele  mit  einer  Basis  von  den  Höhe-  und  Länge-Dimensionen  des 
palmyrenischen  Steines  könnte  wohl  angenommen  werden.  Die  Maße  der  Basen 
der  beiden  in  Petra  befindlichen  pyramidalen  Säulen  schwanken  zwischen  1,83 
und  3,65  Metern  (G.  L.  Kobinson,  Mittheil.  u.  Nachr.  d.  Deutschen  Pal.-Vereins 
1901   S.  24). 


Baudisain,  Die  alttestam.  Bezeiclin.  der  Götzen  mit  gillüUm.     421 

verstehen  in  dem  Sinne :  „  (eine  steinerne  Stele,)  welche  ihren  Platz 
haben  soll  gegenüber".  Der  Stein  scheint  also  erst  für  die  Ver- 
öffentlichung des  Steuertarifs  aufgestellt  worden  zu  sein,  nicht  etwa 
—  was  für  die  Auffassung  der  Bedeutung  des  Wortes  Nbbs  wichtig 
sein  könnte  —  schon  früher  zu  einem  andern  Zweck  an  der  Stelle 
dem  Tempel  gegenüber  gestanden  zu  haben. 

Der  Verfasser  des  palmyrenischen  Textes,  der  für  Gx)\h]  h&Cvr] 
setzte  Nbbs,  war  sich  bei  der  sonstigen  genauen  Übereinstimmung 
beider  Texte  gewiß  dessen  bewußt,  daß  man  nicht  jeden  großen 
Stein  Nbbü  nannte,  sondern  speziell  einen  Stein,  der  sich  als  ortfXi] 
bezeichnen  ließ.  Esr.  5,  8 ;  6,  4  werden  Bausteine  (im  Unterschied 
von  Bauholz)  nicht  schlechtweg  mit  bbs  bezeichnet,  sondern  mit 
bbj;  pN.  Das  Wort  bbs  drückt  also  jedenfalls  hier  im  Aramäischen 
und  wahrscheinlich  auch  dort  im  Palmyrenischen  eine  besondere 
Beschaffenheit  eines  Steines  aus.  Erst  im  talmudischen  Hebräisch 
und  ebenso  im  Mandäischen  bezeichnet  bb."  ganz  allgemein  einen 
Stein.1) 

Die  LXX  hat  für  bba  pN  Esr.  ß  5 ,  8  U&oig  iylcKxotg;  6,  4 
(66[ioi)  Xi&woi  (A  Xi&ivoi  KQcacuoL  L  [döfioug]  Xi&Cvovg  xQcacdovg) 
und  Esr.  a  6,  9  =  Hebr.  5,  8  Xi&ojv  '^vaxav  (xcä)  noXvxsXav ;  6.  25 
=  Hebr.  6 ,  4  (ödjtirov)  Xi&ivcov  £,v6xCov.  Die  Zusätze  ixXe'/.xoig, 
'/.Qaxcuoi,  tioXvxeX&v  beruhen  wohl  nicht  auf  irgendwelcher  Etymo- 
logie, sondern  nur  darauf,  daß  man  unter  bbs  pN  große  Steine 
verstand.  Auch  der  Zusatz  ijixfrwv  ist  schwerlich  mit  Gesenius'2) 
etymologisch  zu  rechtfertigen  und  auf  eine  Ableitung  von  !^L> 
„glätten"  zurückzuführen,  da  hebräisches  üba  und  aramäisches  isbs 
in  dieser  Bedeutung  nicht  vorkommen.  Sie  liegt  allei'dings  dem 
alttestamentlichen  "p^SA  „Tafel",  d.  i.  das  „Geglättete",  zu  Grunde; 
aber  es  ist  nicht  wahrscheinlich,  daß  der  griechische  Übersetzer  in 
Esr.  a  diese  Bedeutung  des  Nomens  erkannt  und  bba  damit  kom- 
biniert hat.  Eher  hielt  er  sich  lediglich  an  den  Sprachgebrauch, 
der  wohl  wirklich  mit  bbä  „polierte"  oder  überhaupt  bearbeitete 
Steine  bezeichnete.  In  dein  Zusammenhang  der  Esra-Stellen  wird 
an  Quadersteine  zu  denken  sein.  Ebenso  setzt  die  Identität  von 
«bbs  und  Gxr\Xr\  Xi&ivy\  in  der  Bilinguis  voraus,  daß  man  unter 
N^b3  einen  bearbeiteten  Stein  verstand.  Einen  etymologischen  An- 
haltspunkt hat  diese  Bedeutung  nicht.  Sie  wird  lediglich  aus  einer 
Wandlung  im  Sprachgebrauch  zu  erklären  sein. 

Im  Palmyrenischen  wurde  anscheinend  Nbbs  synonym  gebraucht 


1)  Reckendorf  und  Nöldeke,  ZDMG.  42,  399.  Mit  bbs  wird  im  Talmudischen 
auch  ein  „Körnchen"  Salz  bezeichnet  (Jac.  Levy,  Neubebr.  Wb.  s.  v.)  •  das  ist 
wohl  nicht  von  einer  Bedeutung  „Kugel"  abzuleiten  (also  „Kügelchon"),  sondern 

>       v 
aus    dem  „Stein"    wurde    ein  „Steinchen ,   Körnchen".     Ob    im    Syrischen  JJLS^^ 

„Welle"  auch  die  Bedeutung  „Stein"  hat,  ist  zweifelhaft,  s.  R.  Payne-Smith  s.  v. 

2)  Thesaurus  s.  v.  bbä. 


422     Baiudissva,  Die  alttestam.  Bezeichn.  der  Götzen  mit  gülülim. 

mit  fcöltn,  dem  palmyrenischen  Pendant  für  hebräisches  Sias», 
das  am  meisten  dem  griechischen  6ri]lr]  entsprechen  würde.  LXX 
gebraucht  arrjk)}  für  !"i:3£72,  und  in  der  phönizischen  Kranzinschrift 
vom  Piräus  steht  rniT73  genau  ebenso  wie  in  griechischen  Inschriften 
ar/jhj  oder  6Ttjfo)  li&ivi]  von  einem  ehrenden  Gedenkstein.  Der 
Verfasser  des  palmyrenischen  Textes  hat  das  Wort  Nni£72  wahr- 
scheinlich deshalb  vermieden,  weil  man  dai-unter  einen  Stein  von 
einer  besondern  Form  verstand,  die  der  Stein  mit  dem  Steuertarif 
nicht  hatte.1)  Zu  einem  Synonym  mit  Nasa  kann  das  Wort  Nbb5, 
das  seinem  Etymon  nach  sich  wesentlich  davon  unterscheidet,  wohl 
nur  dadurch  geworden  sein,  daß  man  mit  ihm  ebenso  wie  mit  N3X73 
heilige  Steine  bezeichnete.  Mit  bbs  wäre  nach  unsern  Vermutungen 
ursprünglich  der  in  einem  Naturblock  („Wälzer")  bestehende  Gottes- 
stein bezeichnet  worden;  aber  zwischen  den  Menhir-Steinen  oder 
den  Blöcken  eines  Kromlechs  und  den  künstlich  bearbeiteten  heiligen 
Steinen  unterschied  die  spätere  Zeit  nicht  mehr.  Zum  Synonym 
mit  frO£72  oder  Gvr\h]  geworden,  wurde  dann  bbs  in  weiterer  Ent- 
wickelung.  wie  die  Esra- Stellen  zu  zeigen  scheinen,  als  Benennung 
jedes  bearbeiteten  Steines,  auch  im  profanen  Gebrauch,  verwendet. 

Nach  unserm  Versuch,  die  Bedeutungsentwickelung  zu  rekon- 
struieren, wäre  in  den  ältesten  Zeiten  das  Nomen  bba  als  Bezeich- 
nung des  Gottessteines  auf  den  unbearbeiteten  Naturblock ,  zuletzt 
dagegen,  ohne  diese  kultische  Bedeutung,  auf  den  behauenen  Stein 
angewandt  worden.  Der  Gegensatz  der  Bedeutung  kann  unsern 
Versuch  nicht,  wje  es  zunächst  den  Anschein  hat,  widerlegen :  bbs  hat 
weder  die  Bedeutung  „unbehauener  Stein"  noch  die  andere  „be- 
hauener  Stein"  gehabt;  es  war  überall  zunächst  der  „große  Stein", 
und  nur  die  nähere  Bestimmung,  die  man  hinzudachte ,  wäre  nach 
unserer  Vermutung  eine  wechselnde  gewesen.  Als  Bezeichnung  für 
den  großen  Stein  scheint  bba  spezifisch  aramäisch -hebräisch  zu  sein; 
ein  entsprechendes  Wort  eben  dieser  Bedeutung  gibt  es  im  Arabischen 
nicht  und  ist  im  Phönizischen,  auch  —  soweit  mir  bekannt  —  im 
Assyrischen  nicht  nachzuweisen. 

Durch  unsere  Kombination  läßt  sich  in  dem  Nbbü  der  Bilinguis 
eine  Bestätigung  dafür  erkennen,  daß  bbs  ursprünglich  den  Gottes- 
stein bezeichnete.  Eben  dies  könnte  man  vielleicht  aus  einer  andern 
Angabe  in  der  Bilinguis  noch  bestimmter  entnehmen.  Der  darin, 
als  Nbba  bezeichnete  Stein  lag  einem  isqov  gegenüber.    Es  ist  doch 


1)  Mit  N2£"-  bezeichnete  man  wohl  zu  Palmyra  in  der  Regel, 
wie  mit  P22S72  und  !3l£3  im  Phönizischen,  einen  pyramidal  zugespitzten  Stein. 
So  geformte  Säulen  befinden  sich  auch  in  Petra;  diese  sind  neuerdings  von 
G.  L.  Robinson  (Mittheil.  u.  Nachr.  d.  D.  Pal.-Vereins  1901  S.  23  f.)  und  Curtiss 
(Ursem.  Religion  S.  274 f.)  in  Abbildungen  bekannt  gemacht  worden.  In  dem, 
so  viel  ich  weiß,  einzigen  Falle,  wo  palmyrenisches  N3l£73  vorkommt,  wird 
damit  eine  kleine  rechteckige  Stele  bezeichnet,  die  dem  „guten  Gott"  Schadrapa 
zu  Ehren  errichtet  ist  (s.  die  Abbildung  bei  D.  H.  Müller,  Wiener  Zeitschr.  f. 
d.  Kunde  des  Morgenlandes  VIII,  11  ff.). 


Baudissin,  Die  alttestam.  Bezeichi.  der  Götzen  mit  gillnUm.     423 

möglich ,  daß  der  Stein  in  irgendwelcher  Beziehung  zu  dem  uqöv 
stand.1)  Die  von  uns  vermutete  alte  Anwendung  von  bba  als  Be- 
nennung des  Gottessteines  würde  dann  hier  noch  durchschimmern. 
Obgleich  davon  schon  in  den  Esra-Stellen  nichts  mehr  zu  ei'kennen 
ist,  könnte  doch  auf  palmyrenischem  Boden  diese  Bedeutung  sich 
länger  erhalten  haben.  Der  Inhalt  der  Inschrift  hat  allerdings 
keinerlei  gottesdienstliche  Bedeutung ;  es  ist  aber  sehr  wohl  denkbar, 
daß  man  den  Steuertarif  auf  einem  Steine ,  der  vor  einem  Tempel 
aufgestellt  war,  deshalb  anbrachte,  damit  er  unter  den  Schutz  einer 
Gottheit  gestellt  werde.  Der  Stein  wurde  dann  angesehen  wie 
ein  Kultusstein  und  vielleicht  speziell  mit  Bezug  darauf  als  Nbba 
bezeichnet. 

Als  Endpunkte  einer  irgendwie  vorangegangenen  Bedeutungs- 
entwickelung sind  für  das  Wort  Nbb.*,  im  Neuhebräischen  die  Be- 
deutung „Stein",  für  Dibiba  oder  D^bbs  im  Alten  Testament  die 
Bedeutung  „Götzen"  zu  konstatieren.  'Beide  Wörter  können,  da 
das  zweite  ursprünglich  anders  ausgesprochen  worden  sein  mag,  in 
einem  noch  nähern  Verwandtschaftsverhältnis  stehen  als  dem  der 
Ableitung  von  demselben  Stamme.  Sie  scheinen  ursprünglich  iden- 
tisch zu  sein. 

Für  ein  Nomen  bb}  von  unbekannter  Aussprache ,  eigentlich 
„Wälzer",  d.  h.  „Last",  dann  „schwerer  Stein",  wäre  nach  der  oben 
gegebenen  Darstellung  aus  dem  verwandten  rnb">ba  als  ältester 
Gebrauch  anzunehmen  der  von  dem  heiligen  Steine ,'  dem  Gottes- 
stein. Wie  es  scheint,  wurden  speziell  die  einzelnen  Steine,  welche 
zusammen  einen  bltba,  d.  h.  heiligen  Steinkreis,  bildeten,  so  genannt, 
dann  aber  doch  auch  wohl  die  isoliert  liegenden  heiligen  Steine, 
die  Menhir- Steine.  Von  da  aus  hätte  sich  die  Bedeutung  nach 
zwei  Seiten  hin  entwickelt. 

Als  gottesdienstliche  Steine  verwendete  die  spätere  Zeit  solche 
Steine,  die  in  Stelenform  bearbeitet  waren.  So  wurde  bbs,  wie  es 
uns  in  dem  palmyrenischen  Nbb^  entgegentritt,  Bezeichnung  für 
eine  OTijkr)  lt,&ivr(  oder,  wie  wir  es  im  Aramäischen  des  Buches  Esra 
finden ,  in  der  Verbindung  bba  "ISN  für  einen  bearbeiteten  Stein 
überhaupt,  in  Esra  für  den  als  Baustein  verwendeten  Quaderstein. 
Das  Neuhebräische  gebraucht  dann  zuletzt  Nbb.|i  für  jeden  Stein. 

Aus  dem  Gottesstein  —  also  nach  unserer  Annahme  dem  bbs 
—  worin  man  die  Gottheit  als  in  ihrem  Hause  wohnend  dachte, 
sodaß  der  Stein  als  ihr  Repräsentant  galt,  entstand  durch  Ver- 
mittelung  der  bearbeiteten  Stele  in  späterer  Zeit  das  Gottesbild : 
aus  der  schmal  emporragenden  und  oben  zugespitzten  Stele  ging 
hervor  die  Darstellung  der  Gottheit  in  Menschengestalt,  worin   man 


1)  Über  den  noch  von  keiner  Seite  befriedigend  erklärten  Namen  dieses 
Uq6v  oder  Nb2T!  enthalte  ich  mich  der  Vermutung.  Ein  Gottesname  ist  darin 
schwerlich  zu  erkennen. 


424     Baudissin,  Die  alttestam.  Bezeichn.  der  Götzen  mit  gilluUm. 

ebenso  wie  im  heiligen  Steine  die  Gottheit  gegenwärtig  glaubte.  Auf 
diese  Bilder  übertrug  man  die  Bezeichnung  D-'bbs ;  aus  einer  Reihe 
alttestamentlicher  Stellen  läßt  sich  noch  erkennen,  daß  unter  D^blb? 
die  Bilder  der  Abgötter  verstanden  wurden,  und  die  älteste  Über- 
setzung der  LXX  ei'dcoXa  hat  mit  oder  ohne  Bewußtsein  die  richtige 
Tradition  bewahrt.  Ezechiel  und  andere  alttestamentliche  Schrift- 
steller wählten  dies  Wort,  um  damit  die  Götzen  selbst  zu  bezeichnen. 
Sie  verwandten  es  als  einen  Spottnamen,  der  zum  Ausdruck  bringen 
sollte,  daß  die  fremden  Götter  nichts  anderes  seien  als  Bilder  oder 
Steine,  unbelebt  und  ohnmächtig  wie  diese.  Wenn  die  Benennung 
der  Götzen  ursprünglich  ebenso  ausgesprochen  wurde  wie  die  Be- 
zeichnung der  heiligen  Steine,  so  mußte  der  von  den  alttestament- 
lichen  Schriftstellern  beabsichtigte  Spott  jedem  Zeitgenossen  unmittel- 
bar verständlich  sein. 

Die  Form  blbs*  könnte  nun  etwa  in  dieser  überlieferten  Aus- 
sprache und  mit  der  dafür  möglichen  Bedeutung  „Wälzung,  Ge- 
walztes" Bezeichnung  des  Menhir- Steines  gewesen  sein.  Ist  aber 
unsere  Annahme  richtig,  daß  das  aramäische  bbs  direkt  mit  einer 
althebräischen  Bezeichnung  der  Menhir- Steine  zusammenhängt ,  so 
ist  es  wahrscheinlicher,  daß  diese  entweder  ebenso  ausgesprochen 
wurde  (von  der  Grundform  kttäl1))  oder  auch  bbs  (wie  hebräisch 
■)32  neben  aramäischem  "p"*,  *y52>).  Dann  wäre  D^blbs,  zunächst 
geschrieben  D^bb?,,  die  nach  Analogie  von  y*]]?iü  gebildete  Umwand- 
lung von  ursprünglichem  t^bba.  Um  so  näher  lag  es  für  Aquila, 
wenn  er  diese  Aussprache  noch  kannte  ,2)  dabei  an  das  Wort  bbs 
mit  der  Bedeutung   „Kehricht,  Kot"   zu  denken. 

Gillül  wäre  also  entweder  die  ursprüngliche  oder  eher  die 
willkürlich  in  der  Vokalisation  geänderte  Form  einer  uralten  Be- 
nennung des  heiligen  Steinblockes  und  dann  des  steinernen  Gottes- 
bildes. Davon ,  daß  erst  Ezechiel  das  Wort  geprägt  hätte ,  kann 
bei  dieser  Auffassung  keine  Bede  sein.  Wohl  aber  bleibt  zweifel- 
haft, ob  zuerst  Ezechiel  oder  schon  ein  Früherer  diese  Bezeichnung 
für  heilige   Steine  und  Bilder  auf  die   Götzen  übertragen  hat. 

Ist  unsere  Entwickelung  der  Wortbedeutung  richtig,  so  bietet 
sie  einen  weitern  Beleg  für  die  Ausbreitung  des  Steindienstes  auf 
palästinischem  Boden.  Nur  wenn  der  Menhir  ein  allgemein  ver- 
breitetes Zeichen  der  Gottheit  war,  konnte  man  seinen  Namen  ver- 
wenden als  Allgemeinbezeichnung  zunächst  der  Gottesbilder  und 
dann  der  „andern"  Götter  neben  Jahwe.  Von  der  großen  Menge 
der  Masseben   auf  altisraelitischem  Boden    sieben    uns    die    neuesten 


1)  Vgl.   Kautzsch,  Grammatik  §   84a  10. 

2)  Aquila  hat  die  der  Punktation  DTpl;5  analoge  masoretische  Aussprache 
DISO  Am.  5,  26  noch  nicht  gekannt,  sondern  dies  Wort  anscheinend  gelesen 
nl3D,  da  er  mit  6VG7au6[iovg  übersetzt.  Noch  Hieronymus  (zu  Am.  5,26) 
las   „Sochoth". 


Baudissin,  Die  alttestam.  Bezeichn.  der   Götzen  mit  gillulim.     425 

Ausgrabungen  in  Palästina  mehr  und  mehr  eine  Vorstellung;1)  nicht 
minder  zahlreich  werden  im  höchsten  Altertum  der  in  Palästina 
ansässigen  semitischen  Völkerschaften  die  Menhir-  und  Kromlech- 
Steine  gewesen  sein,  die  als  Vorbilder  der  künstlichen  Masseben 
anzusehen  sind.-) 


1)  S.  unter  anderm  über  die  Ausgrabungen  Schumachers  auf  dem  Teil  el- 
Mutesellim:  Mitteilungen  d.  Deutsch.  Orient-Gesellschaft  n°  20  S.  6  (1903)  und 
ganz  besonders  über  die  höchst  merkwürdigen  Masseben  von  Tell-es-Säfi  F.  J. 
Bliss,  Palestine  Exploration  Fund,  Quarterly  statem.  1899  S.  318  ff.,  und  über 
die  von  Gezer  R.  A.  Stewart  Macalister,  ebend.  1902  S.  321  f.,  1903  S.  25  ff. 
Vgl.  auch  Curtiss,  Ursemitische  Religion  S.  90  ff.  über  heutige  Heilighaltung  von 
Steinen  in  Syrien,  besonders  S.  94  über  die  drei  abgebrochenen  Säulen  vor  dem 
Heiligtum  des  Nebi  Eijüb  in  Büsän  in  den  Drusenbergen,  deren  mutmaßliches 
Alter  leider  aus  dem  Mitgeteilten  nicht  zu  ersehen  ist. 

2)  S.  Material  für  die  besonders  auf  ostjordanischem  Boden  gefundenen 
Menhir-  und  Dolmen-Steine  Artikel  „Malsteine"  a.  a.  O.,  S.  133,  21  ff.;  135,  3G  ff., 
weiteres  in  Lidzbarski's  Ephemeris  I,   231 — 233. 


426 


The  Pahlavi  Texts  of  Yasna  XX,  XXI,  XXII, 

edited  with  all  the  MSS.  collated. 

By 

L.  H.  Mills. 

Yasna  XX. 

A  Commentary  upon  the  Asem.  Vöhü  formula.*) 

Früh  gövesnlh1  yehvünt  l-  Aüharmazd:  aharäylh  avädlh 
pährüm  alt' ;  baras3  {ahmäi  vöhü  vahistem)  av  valä  avädlh  l 
pährüm  cäst'  yehvünet'  [aeyas  nevaklh  patas  hart*  yehvünet] 
man  zag  l  xves  xves-rövesnlh  (sie)  [vebedünärid  aey  zag  %  aväyat' 
yehabünt'2  barä  yehabünef]  pavan  'vöhü3  vahistem  astl'3  [vohük* 
vahistem*  astlk*  (so)]  aetün  dätöbarlh**)  angartzgih5  (sie)  yehvünt' 
[aeyas  roesä  yehvünt]. 

nevak'  rövesnih1  (sie)  i2  harvispgün  aharüvän  [yal  aväyat' 
yehvüntan]  va3  harvispgün  l*  aharüvän  barä5  cäst'  yehvünet6; 
[aeyas6  nevaklh  patas  hart'  yehvünet']  man  gabrä  astesnih1 
[xveskärlh]  28  harvispgün  aharüvän  [yal  aväyat  kartan]  yaP 
harvispgün'  aharüvän'10  barä  cäst'  yehvünet'  [aeyas  nevaklh 
patas  hart'  yehvünet']. 

baras  (asäi  vahistäi  .  .)  cäst'  yehvünet'  harvisp  [kär  va  kir- 
fak'  i'1  pavan  rnänsar1  petäk2]  yal-  valä  harvisp  mänsar  [man 
avestäk'  va  zand  narm  aey  zag  l  harvisp  mänsar2  hamäk2  kär 
va  kirfak'  l  pavan  avestäk3  (so)  va  zand  petäk  vebedünänd], 

man    av'3  aharäylh  xvatäyih*  (so)2  [aey  pätaxsahlh3  pavan 

frärün'ih  vebedünyen  havaP  dätistänlh"  aes  aey9 pavan  frärün'ih10 

xvätäyih11]    cäset'12    [aey    pätaxsahih12    (so)   pavan    frärün'ih13 

yaxsenünet], 

i  man'id  av    valä  karltüntär1  aharüv    rästlh  cäset'  [aey  vijlr 

i-  rast'   vebedünyen], 
I  man'ic  av'*   leküm2  rästlh  cäset'  aey  sütemand3  [havet*  aey 


*)  The  words  within   Square  brackets  are  the  glosses;  those  within  paren- 
thetical  curves  are  my  additions.  **)  Is  it  clät'  bär'ih'i 


Mills,  The  Pahlavi  Texts  of  Tasna  XX,  XXI,  XXII  etc.      427 

dätöbarih  rast'5  vebedünyen]  [III-  dätöbarih  yehvünt ,  aeyas 
vijlr  IIIZ  bayen  yehvünt*]. 

7  harvisp  gövesn  fräz1  gövesnih  [yehvünt]  hamäk-  gövesn 
zag  l3  aüharmazd  [yehvünt*]. 

Catechetical  Addition  to  the  Commentaiy. 

8  Aüharmazd  fräz  guft'.  (Question)  mas  rat  fräz  güft'  ? 
(Ans.)  aharüv  l-  mlnavad  va  sti'h  [nevaMh  i"  minavad  va*  stlh 
rät]. 

9  (Question)  mä1  kämaklhas1*)  (sie)  rät  fräz  as2  güft'  [mä*3 
aväyast'  (sie)  räl*  fräz  as  güft]  ?  (Ans.)  aey  vad  zag  z5  vaxse- 
n'itär6  salitäih  (or  -yih  (so))  [yehvünät]  I7  valä  l  härndk*  (sie) 
xvätäl  (?.  oi"  -tiya). 

10  (Question)    cand**)    aharüvän    rät1    [yal2    aväyat    güftan']? 

(Ans.)  aey  vad  vaxsenxtär  yehvünet'  zagic  l  akämak'  xvatäl  (or 
-tiyä)  [ae1  man  ae  väj'  yal2 petäkenet3  aey  gada  i*  kayän  aetün"0 
cegön^  levatä  hüxvatayän  aetün'1  io  l1  levatä  düs-xvatayäri^. 
«e9  levatä  hüxvatayän '8  pavan  hanä9  kär  aey10  vad  nevaklh  ves 
vebedünänd11  va12  levatä  düsxvatayän  pavan  ae  kär13  aey10 
vad  anäklh  kam1*  vebedünänd]15. 


Yasna  XXI. 

Introduction   to  Y.  XXI  (from  Y.  IV). 

Commentaiy  upon  the  Yen'hya1  (so,  hardly  Yen'he '?)  Hätam. 

The  Yen'hya  Hätam  (here  inserted  from  Mss.  at  the  close  of  Y.  IV. 

Man  min  altün  aetün  pavan  yazesn  me'im  [av  valä- 
saplr2  aey  yazesn  zag  sapir  l-  aüharmazd  i  xvatäl  (-tiyä?) 
rät  vebedünyen]  aüharmazd  äkäs  min  aharäyih  aväkih  cigämcät 
[kär  va  kirfak'  t2  as*  kart'  yegavlmünet'  pavan  mihi'  va 
pätdahesn    äkäs  yehabünet]. 

hanjamanlgän'1  (sie)  zakarän'2  va  vagdän  yezbexünam 
[amesöspendän***)  nie1  im  zakar  valäsän  sapir  havan'd  va  vagd' 
valäsän]. 

Commentaiy. 

1  Yazesn   gövesn   yehvünt  (l)-\)   aharüv    zartüst' '.     man     min1 

altän    aetün  pavan'1  yazesn    me'im  latamä  zagas  V'  aüharmazd* 


*)  Here  we  have  alternative  treatment,    „c*   pointed  to   the  interrogative; 
and  the  rest  of  the  word  was  taken    as    väs  =  ind.  väne1  =   „to  desin 
also  Y.   XIX,  57. 

**)    No    trace    of  Icämalc   was  seen    in  evantem ,    doubtless    owing    to    the 
disappearance  of  the   „s"   which  appoared  in  öväs. 

***)  Is  ameSö-  ame* '-?  t)  See  also  Ner. 

Bd.  LVIII.  28 


428       Mills,   The  Palliar!  Text  of  Yasna  XX,  XXI,  XXII,  etc. 

yazesri  cäst  yehvünet',  [aey  zag  l1  volar  vebedünänd3]  man 
(Inf'  /  aüharmazd,  [aeyas4  dät  l  frärüri  marir°as  yazesri  all' 
as-  cäst'  yehvünet''   aey  zag  l1  valä'1  ves  vebedünyen]. 

2  man  bästäri3  (sie)  [ansütääri]  zäyesri4  xvahisnlh6*)  (so) 
[afsäri  zag  mindavam  yemalelünet  amat  särie  saplr  tüväri 
zwlstan1]. 

latamä  as  zag  ll  aharüväri 2  [zakarän  -  va3  vagdäri4]  pavan 
böndt ig  menesnlh  l  fratüm  yazesri  barä  cäst'  yehvünet'. 

3  man'  nlyäyesri  l  amesöspendäri1  [aey  aüstöfrit'  (so)  i-  amesö- 
spendän  vebedunyen3]  III  dätübarlh  yehvünt,  aeyas  vijlr  III 
\bayen  yehvünt]  harvispgün  gövesri  yazesri  [yehvünt]  nie'im  vah 
man   yazesri  \  yehvünt]5  (i6)  amesöspendäri1  pavan   zag  yazesri. 

The   „Ustä  Ahnaäi"   cited. 

4  Afas  güft'  aüharmazd  aey  rievalc  valä  man'  min  zag  i 
valä3  nevakih  hatärcäl  [nevakih6]. 

5  afas  pavan  hämalc1  pätaxsah'di-  yehabünet  aüharmazd 
[pavan  aväyast'  l3  valä]. 

Catechetical  Addition. 

6  (Question.)  mä  pavan  zag  saxüri  [gövesnih  pasuxv  güft  ] 
mä  zag  mindavam  mä-  güft]. 

7  (Auswer.)  nevak  rövesnih1  pasuxv  güft'  nevak  rövesnih  i- 
harvispgüri  aharüväri  mariic  liavand ,  mariic  yehvünt  havand3, 
va  mariic  yehvünd, 

8  i1  vaxsenltär  [zag  gabrä]  pavan  vaxsenitärlh  pasuxv  -  güft 
rnozd  pavan  vaxsenitärlh  i3  aüharmazd  pasuxv  güft'  zag  vaxse- 
nitärlh l4  aharüv'5  [yemalelünam]  mari  vaxsenitärlh6  av 
aharüväri . 


Yasna  XXII. 

Invocations  for  the  Sacrifice.1 

1  Pavan  barsöm  i  me'im  yedrünt-  [av  barsom-däri  bürt '■'• 
yegavtmünet]  levatä  zöharalc  i*  dätär  i  aüharmazd  i5  räye- 
äömand  i  gadä-äömand  lls  amesöspendän  räl1  [säxt  yega- 
vimünet], 

2  denä    hörn  pavan    aharäylh    lälä   yehabünt'    l  [aey1  pavan 
frärürilh-  säxt    yegavtmünet]  bavlhünam  av    denä  yazesri . 

3  denä  bisrayä1  l  jlvari-  i2  pavan  aharäylh  lälä  yehabünt' 
[aey  pavan  frärürilh6  säxt'  yegavtmünet]  bavlhünam  av  denä 
yazesri4. 


*)   Interesting  etymology. 


Mills,  The  Pahlavi  Texts  of  Yasna  XX,  XXI,  XXII,  etc.     429 

4  denä  aürvar  l  hadnapatäk1  l  pavan  ciliar üyih  lälä  yeha- 
bunt  [aey  pavan  frärünlh2  säxt'  yegavimünet']  bavlhünam  av 
denä  yazesn ' . 

5  ll  mayä  i  sapir  [aey  mayä  l  sapir  rät  säxt'  yegavimünet'] 
valäsän  zöhar-äömand  höm-äömand2  (i)  bisrayä-äömand  r5  had- 
napäk-*  (so  here;  read  hadnapatük-(so))5-äömand  V'  pavan  aha- 
räylh  läla1  yehabünt  [aey  pavan  frärünlh^  säxt'  yegavimünet] 
baviliunam  av    denä  yazesn . 

6  l1  mayä  l  saplr  [man'2  (so)  mayä  i  sapir  räi  säxt'  yegavi- 
münet'2] va  maya'c    ls   hömigän    bavlhünam    av    denä  yazesn'*. 

7  zagiä  l  asimin'1  hävan  bavlhünam  av  denä  yazesn  va2 
zagte  l  aslnln*  hävan'*  bavlhünam  av    denä  yazesn . 

8  zagte  l1  aürvarin-  barsöm  i2  mat'  yegavimünet'  pavan  rat' 
fravämesnih  va3  hösmüresnih  va*  varzesnih  l  den  1°  saplr  i 
mazdayastän 6  (read  -yasnän*)), 

9  zagic  l  gäsän  sräyesnlh1  dahesn  [i2  dehak]  l  mat'  yega- 
vlmünft'  pavan  rat'  fravämesnih  T'  aharüv    l  aharäyih*  rat', 

10  denä  hezom1  (better  aesm)  va-  böl  bavlhünam  av  denä 
yazesn  i-  lak  ätaxs  i  aüharmazd  berä  rät  [säxt'  yegavimünet']. 

11  harvispic1  avädlh  l  aüharmazd- dät'  man'1  min  aharäyih 
petäkih  bavlhünam  av    denä  yazesn , 

12  pavan  snäyenltärih1  i  aüharmazd  va  amesöspendän  [pavan 
snäyfnltärlh2]  r'  srösaharih  (sie  for  srösaharüv,  hardly  „sroSyä- 
r/h"  here)  va*  ätaxs  l  aüharmazd  [berä]  va  rat'  l'°  büland  man 
aharüv'. 

13  baviliunam  av  denä  yazesn  osni/i1  i2  aharäyih  rat'8  pavan 
hävan*  l  aharüv    l  aharäyih  rat' . 

[aetün  cegön  pavan  srösdrön  nipist'  vad  asahya5  (not  asahe) 
raß-  ö  berezat'  vad  ra&  ö2  (so)**).] 

24  pavan  snäyenltärlh^  l  aüharmazd  l2  räye-äümand:i  i*  gadä- 
äö?nand:1  l5  amesöspendän1''  l~  [hüxvatäyän    l  hüdehakän']9, 

25  (i)  mitr1  l  frehgäöyot'2  (so  here,  better  frehgaoyöt')  va'' 
rämesnic*  xvaharüm5  (so ?), 

26  i/)  xvarxset'1  i  amarg  l  rüye-äömand  l  arvand-äsp  [aeyas 
äsp'1  i3  nevak*  ait'  man'5  aetün  yemalelünet '6  havat  äsp'~  P 
nevak  barä  yehabünet  \. 

27  va  {t)  väe1  l  avarkär  va2  turvenitärtüm  min  zag-hans  (so) 
dämän  aetün  lak  väe  l  man*  lak  alt'  [aey5  nafsä5  havih5] 
(f)6  spünäk  nünavad  [nafsä1  havih], 


*)  So  the  Munich  Parsi-pers.  MS.  for  the    most   part   translates   -yasnän. 
**)  From  Yasna  XXII,   14  to   23   inclusive  are  repeated  from    Xasna   XXII, 
to   10  inclusive. 


480      Mals,  The  Pahlavi  Texte  of  Yasna  XX,  XXI,  XXII,  etc. 

28  (i)  rajistak'ic1  i  farzänalc  i  aüharmazd-dät'  va-  dm  l 
veh3  i  mazdayastän    (read  -yasnän'4), 

29  (i)  mänsarspend  i1  aharüv  i*  kämaJc -aocüs-(sic)-dät'  t  yuit-* 
sedäb-dät'  l  zartüst  va1  (i)  der-avar-rövesnlh  [i 2  minavad*  i* 
spend5]  i(j  den  i  saplr  l  mazdayastän  (-yasnän)"'  [**]  va  (l) 
äkäsih)  l1  mänsarspend*  va  asn'-xrat'  i  aüharmazd-dät'  va9 
gös'-srüt'10  xrat  ~i  aüharmazd-dät' , 

30  (i)  ätaxs  i  aüharmazd  berä  va1  (l)  Iah  ätaxs2  i  aüharmazd 
berä  man  :i  pavan  denä  yazesn  havih*  levatä  harvispgün5  ätaxsän, 

31  (l)  g/'r  l  hüsdätär  i  aüharmazd-dät'1   l-  aharäyth-xvärih, 

32  (i)   harvtsp'1   yazadän    (so  here)    %   aharüvän2  l  minavadän 
va  stihän  '. 

83  (l)  aharüvän    fravähar1  (i)  cirän  l  avarvljan  l  pöryötkesäri 

fravähar  i2  nabänazdistän  fravähar  i2  güftsem  l3  yazatk  (so  here). 


431 


Beiträge  zur  Pluralbildung  des  Semitischen.1) 

Vor. 

J.  Barth. 

I.    Das    ai  des    Status    constructus. 

Der  Status  constructus  zum  maskulinen  Plural  Im  des  Hebrä- 
ischen, In  des  Aramäischen  und  der  Me&a-Inschriffc  endigt  überein- 
stimmend auf  hebr.  i—  =  aram.  ■'— ,  syr.  w— ,  und  die  moabitische 
Endung  in  ■"73'',  ^NDS  (Mesa  8.  23)  hat  man  ebenso  anzusetzen.  Seine 
Bildung  gehört  der  Zeit  der  nordsemitischen  Sprachgemeinschaft  an. 
Es  herrscht  Übereinstimmung  darüber,  daß  diese  Endung  nicht  der 
lautgesetzlich  zu  erwartenden  entspricht,  welche  vielmehr  l  (aus 
l-ma  mit  Abwurf  der  letzten  Flexionssilbe  im  Stat.  constr.  wie  im 
Arabischen)  hätte  lauten  müssen.  Von  andern,  nicht  ernstlich  in  Be- 
tracht kommenden  Versuchen  abgesehen,  hat  man  dies  ai  mehrfach 
als  Übertragung  des  Constructus  des  Duals  auf  den  des  Plurals  er- 
klärt.-) während  Praetorius3)  in  ihr  die  selbständige  Feminin-Abstrakt  - 

endung  d  (^5—)  sieht  und  diese  als  Stat.  constr.  zum  emphat.  J  -  , 
der  in  Wirklichkeit  ein  Stat.  absolutus  sei,  betrachten  will.  Es 
wäre  jedoch  —  was  letztere  Ansicht  betrifft  —  nicht  abzusehen, 
wieso  sich  im  Syrischen  dieselbe  Endung  ic—  beim  Stat.  constr. 
als  Diphthong  ai,  beim  Emphaticus  als  Monophthong  e  darstellen 
sollte.  Im  Hebräischen  gar  existiert  bekanntlich  eine  Pluralendung 
e  überhaupt  nicht,  und  es  würde  gegen  alle  sonstige  Analogie  ver- 
stoßen, daß  für  den  Stat.  constr.,  der  sonst  die  ursprünglichen 

1)  Es  sei  mir  gestattet,  zu  bemerken,  daß  die  nachfolgenden  Unter- 
suchungen vor  10  Jahren  niedergeschrieben  worden  sind.  Über  die  Emphaticus- 
Endung  e,  ajjä  (S.  436  und  Nr.  II  des  folgenden)  hat  inzwischen  Praetorius 
in  dieser  Zeitschrift  Bd.  56,  687  f.   dieselben  Ergebnisse  vertreten,  zu  denen  ich 

gelangt  war,  j»i_X.ÄÄ^.U  A^jaÄJlj.  Wegen  der  Momente,  die  von  Praetorius 
noch  nicht  berührt  .sind,  zu  denen  auch  die  Beziehung  zum  Assyrischen  gehört, 
habe  ich  auch   diesen  Teil  beibehalten. 

2)  So  Olshausen,  Hebr.  Gramm.  §  16  b  Anm.;  Wright,  Lectures  S.  151; 
König,  Lehrgeh.  §  124;  Lindberg,  Vergl.  Gramm.  I,  95  [,  Nöldeke  in  rV< 

zur  sem.  Sprachwissenschaft"  1904,  die  mir  erst  während  der  Korrektur  zugehen]. 

3)  Amhar.  Gramm.   §   133a;   ZDMG.  56,  686. 


432  Barth,  Beitrage  zur  Pluralbildung  des  Semitischen. 

Formen,  nur  in  eigenartiger  Betonung  und  ev.  Verkürzung,  erhalten 
hat,  hier  allein  eine  fremde  Abstraktendung  verwendet  worden  wäre. 
Dieser  fremdartigen  Annahmen  bedarf  es  nicht,  cd  ist  von 
vornherein  Endung  des  masc.  Stat.  constr.  Plur.  gewesen,  nur  nicht 
bei  den  starken ,  sondern  bei  den  Nomina  u  1 1.  / ,  die  im 
Singular  auf  e,  bezw.  ai,  endigten,  und  ist  von  ihnen 
aus  auf  die  starken  Nomina  übertragen  worden.  Der 
mask.  Plural  jener  Nomina  auf  e,  cd  ist  in  dem  Casus  obliquus,  der 
im  Hebräischen  und  Aramäischen  allein  vorliegt,  aus  ai-lna  schon 
in  ursemitischer  Zeit  zu  ai-na  verkürzt  worden,  wozu  dann  der 
Stat.  constr.  ai  lautete.      Vgl.    im  Arabischen    von    den    Participia 

pass.  {J^ ,  [S^  den  Stat.  absol.  Plur.  (JÜl-s?,  yvl^°,   und  hieraus 

Constructus    Jbir ,     J^r  •    Ebenso  erhielten  im  Aramäischen  passive 

und  reflexive  Partizipien  wie  J^y  7y>  bezw.  tnruöTa  im  Plural  statt 

ai  -f-  in,  e  -j-  in  die  Endung  ain,  daher  J^^sa,  "p'n1^7?  (Dan.  5,  6). 

Über  ihren  Stat.  constr.  vergleiche  weiter  unten.  —  Dasselbe  gilt 
von  den  hebräischen  Substantiven  mit  gleicher  Singularendung: 
n^WlZJ  und  dem  Biliterale  D1^1),  die  von  einem  Singular  sairiaß,  mäj 
ausgehen;  die  Pluralendung  ai  +  im  ist  auch  hier  zu  aim  ver- 
kürzt.    Ihr  Stat.  constr.  hat    von  Anfang  an,    wie   jetzt  noch,    auf 

ai  geendigt:   ^%,  ">73,  wie  syr.  «.sdjl,     «.33. 

Die  gleiche  maskuline  Pluralendung  aim  mußten  die  Substan- 
tive mit  dem  Wortausgang  n— ,  der  urspünglich  ^5—  war,  bilden. 
Wie  zu  dem  poetischen  ">~b  ein  Plural  *□*"■£  gehört  haben  muß, 
so  entsprach  auch  der  Parallelform  !"HtB2)  lautgesetzlich  ein  gleicher 

Plural.  —  Im  Arabischen  würde  der  äußere  Pural  von  LÜ  lauten 
(Nom.  .,yLs),  Gen.  ^JLä,  der  von  **  würde  Cm***)  ^väx  sein. 
Ebenso  mußte  im  Hebräischen  und  Aramäischen  der  herrschende  Casus 
obliquus  Plur.  von  !npj? ,  }lo  lautgesetzlich  S^p ,  aram.  qenain,  der 
zu  aram.  J^\>o  und  dem  verlorenen  Singular  des  hebr.  ^V12  im  Hin- 
blick auf  arab.      x*  aram.  me'ain,  hebr.  ü^V'2   lauten,  und   wirklich 


1)  Der  Vokal  i  nachj  ist  selbstverständlich  nur  Hilfsvokal,  wie  in   y"?J?    = 

C-o,  5o. 

J2£i  •     "f.?     =     {^fc£-    1.    S.    W. 

2)  Daß  dies  ~—  lautgesetzlich  dieselbe  Flexion  wie  der  Diphthong  hat, 
zeigen  die  Singulare  mit  Suffix  ^j?»  Jes.  30,  23,  DtTFUÖW  Jes.  5,  12,  VTv 
1  K.  2,  26  u.  a.  m.  —  G.-K.  S  93,  ss. 


Barth,  Beiträge  zur  Pluralbildung  des  Semitischen.  433 

hat  die  Miscbnasprache  auch  noch  den  Plur.  S^Vll  bezw.  yVTß  er- 
halten (z.  B.  Erub.  41  b,  Chull.  50  a,  56  b,  Levy,  Nhbr.WB.  III,  185). 
Ebenso  mußte   SITU,  J^,    „Brust",    sofern  es  als  *^i\>  anzusetzen 

ist,  mSW  =  «xc,  —  *"!?'-)  ji^O  im  Hinblick  auf  U»*  und  alle 
Bildungen  dieser  Art  urspr.  Plurale  auf  üm— ,  aram.  --—  bilden. 
Im  Stat.  absol.  Plur.  sind  freilich  diese  Formen  auf  aim, 
mit  Ausnahme  von  S^ttü?,  D?M,  dem  Partizip  D?  ritt  72  (Jes.  25,  6), 
im  Hebräischen  verdrängt  worden,  ebenso  im  Aramäischen  bei  den 
betreffenden  Substantiven,  aus  dem  leicht  ersichtlichen  Grund, 
weil  sie  rein  äußerlich  mit  dem  gleichen  Kasus  des 
Duals  zusammengefallen  waren.  Einesteils  wurden  sie 
öfter  durch  die  Femininendungen  ersetzt;  vgl.  tiTri:  rnin,  —  "T*-1 

nrrä,  —  irti  (^5>ö:  n'"r  lind  nix:  (Stat,  constr.),  —  j-tij?:  tri:* 
(neben  aram.  Pluralen)1).  Wurde  aber  der  maskuline  Plural  ge- 
bildet, so  wurde  er  eben  darum  im  Stat,  absolutus  nach  Analogie 
des  starken  Nomens  behandelt,  z.B.  Q">5^  und  ^j.&:   —  B^Tp   und 

io,    ^2k20,   w*20J    „Wert"    von    einem    Sing.  *j^j  u.  a. ,    was 

das  Hebräische  sogar  beim  Adjektiv  und  Partizip  durchgreifen  ließ, 
vgl.  fnäp:  Drip,  —  n:v  B^t"1,  ' —  ")??'? :  B"1?:**:.  Es  braucht 
nicht  erst  ausgeführt  zu  werden,  daß  dieses  im,  aram.  in  nicht  die 
primären  Endungen  der  Plurale  von  Nomina  mit  der  Endung  e 
(«/)  -f  *wi)  bezw.  in  gewesen  sein  können.  Das  Zeugnis  von  D^TC, 
D"?72,  deren  Endung  mit  dem  «.— ,  y—  der  Partizipien  und  Ad- 
jektive des  Aramäischen,  wie  mit  dem  .^a —  des  Arabischen  völlig 
übereinstimmt,  erweist,  daß  ihr  ursprünglicher  lautgesetzlicher  Plural 
auf  n;— ,  aram.  ■p—  endigte.  Ihre  Verdrängung  bei  den  Sub- 
stantiven durch  die  Endung  im,  in  der  starken  Nomina  gehörl 
in  der  Hauptsache  schon  der  Zeit  der  hebräisch-aramäischen  Sprach- 
gemeinschaft an,  wie  die  oben  Zeile  16  stehenden  Beispiele  erweisen. 
Sie  ist  im  Hebräischen  ganz  durchgedrungen,  im  Aramäischen  da- 
gegen auf  die  Substantive  beschränkt,  weil  bei  ihnen  allein 
eine  Konkurrenz  des  Duals  vorkam  und  zur  Formdiffe- 
renzierung drängte.  Bei  den  Adjektiven  und  Partizipien,  wo  ein 
Dual  nicht  existierte,  sind  im  Aramäischen  die  alten  Pluralendungen 
auf  "p— ,  en  erhalten  geblieben.  —  Im  Stat.  constr.  ist  aber 
sowohl  im  Hebräischen  wie  im  Aramäischen  die  ursprüngliche  laut- 
gesetzliche   Endung    ai    auch    beim    Substantiv    erhalten    geblieben 

"lP.j5   =  «Iß,  —  *"OM   =  wJi2D  u.  S.  w. 


1)   Hierüber  vergleiche  unten  S.   441. 


434  Barth,  Beiträge  zur  Pluralbildung  des  Semitischen. 

Nachdem  so  bei  den  Substantiven  auf  In—,  ).—  im  Plural 
der  jüngere  Stat.  absol.  auf  Im,  in  neben  dem  alten  Stat.  constr. 
auf  ai  sieb  regelmäßig  etabliert  hatte  und  hierdurch  das  ursemi- 
tische Verhältnis  von  Constructus  ai  zu  Absolutus  ai?n(a) ,  ain(a) 
im  Nordsemitischen  zerstört  worden  war,  brachte  das  nunmehrige 
Verhältnis  bei  den  ">"h -Nomina  von  Absol.  im,  in  zu  Constr.  ai  eine 
umfassende  Analogiebildung  schon  in  der  nordsemitischen  Sprach- 
periode hervor.  Es  trat  nunmehr  zu  allen  Pluralibus  absolutis 
auf  im,  in,  auch  zu  denen  der  Nomina  und  Adjektive  der  starken 
Stämme,  der  Stat.  constr.  ai  regelmäßig  hinzu.  Wie  beim  Stat. 
absol.  die  Form  im .  in  der  starken  Nomina  die  der  i"b-Wurzeln 
verdrängt  hatte,  so  beseitigte  im  Stat.  constr.  die  Form  ai  der 
">"b-Nornina  auf  n—  =  ^$-~  die  der  starken  Wurzeln.  Es  fand 
somit  bei  den  Substantiven  eine  durchgreifende  Ausgleichung  der 
Formen  der  starken  und  schwachen  Wurzeln  in  den  beiden  Status 
des  Plurals  statt. 

Ein  klarer  Beweis  für  diesen  Ursprung  der  Endung  ai  ist 
das  Verhältnis  des  Stat.  emphat.  ajjä  im  Aramäischen,  über  den 
schon  Praetorius  ZDMG.  56 ,  685  zutreffend  geurteilt  hat ,  daß  er 
ursprünglich  nur  zu  den  Nomina  ult.  w  et  j  auf  e  gehört,  wie  es 
noch  immer  im  Syrischen  der  Fall  ist,  und  erst  sekundär  im 
Westaramäischen  sich  auch  über  die  festen  Nomina  ausgebreitet  hat. 

Nach  den  Bildungsgesetzen  für  den  Stat.  emphat.  tritt  ä  hinten 
an  die  ursprüngliche  Form  des  Nomens  im  Singular  wie  im  Plural. 
Also  weist  der  Stat.  emphat.  Plur.  aiiä  auf  einen  pluralen  Stat. 
constr.  ai  als  seinen  Ausgangspunkt.1)  Das  sind  aber  eben  die 
obigen  Pluralformen  der  i"b-Stämme  wie 

Absol.  Constr. 

samai-m  samai 

(ebenso)  mai-tn  tnai 

und  die  vorauszusetzenden  ursprünglichen  Plurale  *0?ij?,  *On272, 
das  mischn.  ü"3>73  „Eingeweide"  u.  s.  w.  Da  nun  das  Syrische  diese 
Stat.  emphat.  aiiä  nur  von  den  Nomina  ult.  w  et  /  aus  bildet  und 
der  Constructus  auf  ai  die  notwendige  Voraussetzung  zum  Em- 
phaticus  auf  aiiä  ist  (wie  im  Feminin  Pluralis  äth  zu  äth-ä), 
so    liegt   hier    ein    deutliches  Zeugnis    der  Sprache  dafür  vor,    daß 

der  Ursprung  der  ai-  Endung  bei  den  Nomina  auf  j. —  =  !"j— 
liegt.  Wie  sodann  dieses  aiiä  des  Emphaticus  im  Westaramäischen 
sich  über  alle  Masculina  Plur.  ausgebreitet  hat,  so  hat  sich  schon 
in  der  hebräisch-aramäischen  Sprachperiode  das  ai  des  Stat.  constr. 
über  alle,  auch  die  festen  Nomina,  ausgedehnt. 


1)  Die  Schürfung  des  i  war  nach  aramäischen  Lautgesetzen  notwendig, 
weil  sonst  ejä  entstanden  und  die  Formen  mit  dem  Emphaticus  des  Singulars 
zusammengefallen  wären. 


Barth,  Beiträge  zur  Pluralbildung  des  Semitischen.  435 

Das  so  entstandene  Verhältnis  von  In  zu  ai  im  Plural  masc. 
hat  nun  im  Aramäischen  bei  den  Adjektiven  und  Partizipien  Anlaß 
zu  einer  Neubildung  gegeben.     Vergleicht  man  die   Pluralformen 

Absol.  Constr.  Etnphat. 

x^s^o  ~A^N>o  J-A^K» 

untereinander,  so  zeigt  sich,  daß  die  Endungen  des  Absol.  en  (=  ai-n) 
und  des  Emphat.  aii-ä  einander  entsprechen,  daß  dagegen  zu  ihnen 
ein  andei'er  Constructus :  methgall-ai,  nicht  methgalli-ai,  ursprüng- 
lich gehört  haben  muß.1)  Diese  letztere  Neubildung  ist  leicht  zu 
verstehen.  Nachdem  bei  den  Substantiven  der  Constructus  auf  ai 
nicht  mehr,  wie  ursprünglich,  nur  zum  Absolutus  der  ->"5 -Nomina 
ai-n,  en,  sondern  zu  dem  für  sie  neuentwickelten  In  gehörte,  also 
in  dem  ai  nunmehr  nichts  mehr  von  dem  ">"b-  Ursprung  dieser 
Endung  empfunden  wurde,  hatte  die  Sprache  das  Bedürfnis,  bei 
den  Pluralen  der  Adjektive  auf  en,  deren  i"b-Ursprung  noch  offen- 
sichtlich war,  das  radikale  i  auch  im  Constructus  hervortreten  zu 
lassen.  Wenn  zu  in  ein  Constructus  ai  gehörte ,  so  bildete  sich 
folgerichtig  zu  en,  das  noch  als  ai-ln  gefühlt  wurde,  ein  Constructus 
i-ai  (=  urspr.  ai-ai)  nach  Analogie  der  Formen  des  starken  Nomens, 
wo  der  dritte  Wurzellaut  vor  der  Endung  ai  immer  zum  Aus- 
druck kam. 

Jener  Ursprung  der  Constructusendung  ai  lehrt  nun  weiter 
die  rätselhafte  Form  des  maskulinen  pluralen  Nomens  mit  Suffix  der 
3.  P.  sing,    verstehen,'2)     die     allen    sonstigen    Erklärungsversuchen 

trotzt:  die  gemeinaramäische  Form  anki,  wie  . .t»Q^Vr> .  bibl.  "fliir:, 
"-1";:,  die  sogar  vereinzelt  als  Aramäismus  in  das  jüngere  Hebräisch 
in  "flibwari  Ps.  116,12  Eingang  gefunden  hat.  Das  Aramäisch*' 
kennt  für  die  3.  P.  sing.  masc.  nur  ein  Suffix  hl,  nirgends  ein  hü  ; 
es  ist  also  ausgeschlossen,  daß  hier  in  der  Endung  au  irgendwie 
das  Suffix  der  3.  P.  sing,  nochmals  als  hü  versteckt  sei,  wie  es  auch 
lautlich  und  graphisch  ausgeschlossen  ist ,  daß  malkau  etwa  aus 
malkai  +  hü  komponiert  wäre.  Die  Endung  von  malkau  ist 
vielmehr  die  Endung  des  Nominativus  Pluralis  derselben 
Nomina,  von  denen  ai  der  Casus  obliquus  ist,   wie  der 

arabische    Stat.  constr.   ^äo^a    zu     .,y£>.x    verglichen    mit       >£../*  zu 

\$J&**  u.  s.  w.    Die  Verwendung  des  Nominativs  au  statt  des  sonst 

herrschenden  Casus  obliquus  ai  war  hier  bewirkt  durch  Dissimi- 
lationstrieb wegen  des  folgenden  hi,  um  das  harte  aihi  zu  vermeiden. 
Daß   der  Nominativ  Plur.  der  i"b-  Nomina  sich  hier  noch   behauptet 


lj   Wie  beim  Substantiv  <fnai  zu   (fnaii-ä  u.  s.  \v. 

2)  Mit  dem  folgenden  komme  ich  auf  meine  ZDMG.  56,  240,  Z.  7    v.  unt. 
gegebene  Verweisung  zurück. 


436  Barth,  Beiträge  zur  Pluralbildung  des  Semitischen. 

hat,  kann  nicht  befremden,  da  ja  auch  im  Stat.  constr.  Sing,  der  Ver- 
wandtschaftswörter das  Aramäische  die  Nominative  'abü,  ,ahü  u.  s.  w. 
gegenüber  dem  im  Hebräischen  alleinherrschenden  Casus  obliquus 
'abi,  'ahi  erhalten  hat.1)  Auch  dieser  Stat.  constr.  des  Nominativus 
Plur.  der  *"b  -  Nomina  vor  dem  Suffix  lu  hat  sich  dann  im  Ara- 
mäischen über  die  gesamten  Nomina  Plur.  vor  demselben  Suffix 
ausgebreitet, 

II.    Das    e    des    E  m  p  h  a  t  i  c  u  s    Plur. 

Zum  mask.  Plur.  gehört  im  Syrischen  der  Stat.  emphat.  auf  e. 
Ebendahin  ist  die  Pluralendung  i  auf  der  Hadad-Stele  in  ">?2tfj  p"!N, 
■■j-  p-iN,  ■ns'io  pi»,  (Z.  5.  6)  -nit  -ibsn  csa  (30)  ^nsa  (31)  u.  s.  w. 
zu  rechnen,  die  nicht  als  Verkürzung  von  In  angesehen  werden 
kann,  weil  der  Stat,  absol.  auf  in  in  pnm  "pVö  (Bau-Inschr.  9.  12) 
daneben  steht.  Auch  im  babylonischen  Talmud  und  im  Mandäischen 
ist  e  die  Endung  des  Stat.  emphat.  Pluralis ;  da  aber  hier  der 
Stat.  absol.  Plur.  in  sein  n  verloren  hat,  so  fallen  in  der  Schritt 
der  Stat.  absol.  und  emphat.  zusammen ,  und  es  ist  nur  aus  den 
syntaktischen  Verhältnissen  der  jeweilige  Status  erschließbar.  — 
Im  Westaramäischen  erscheint  das  e  regelmäßig  nur  bei  den  Genti- 
lizien  auf  ö/,  sonst  nur  in  sporadischen  Fällen  im  Targum,  wohl 
infolge  der  babylonischen  Endredaktion. 

Daß  dieses  e  aus  ajjä  verkürzt  sein  sollte ,  halte  ich ,  wie 
Praetorius  ZDMG.  56,  658,  für  nicht  annehmbar.  Eine  Kontraktion 
dieser  Art  wäre  im  Altaramäischen  ohne  Analogie.  Positiv  wird 
es  dadurch  widerlegt,  daß  bei  den  ">"b- Nomina  und  Biliteralen  im 
Syrischen  das  ajjä  allein  den  Emphaticus  bildet  und  es  unerfindlich 
wäre,  warum  die  Kontraktion  zu  e  gerade  bei  diesen  unterblieben, 
bei  den  übrigen  Nomina  aber  vollzogen  sein  sollte. 

Ein  anderes  muß  dagegen  erwogen  werden.  Da  im  Syrischen 
ajjä  an  die  i"b-Nomina  gebunden,  e  dagegen  den  starken  Nomina 
eigen  ist,  so  scheint  es  nahezuliegen,  daß  dieses  e  aus  dem  Stat. 
constr.  der  starken  Nomina  masc.  nebst  der  Emphaticusendung, 
also  aus  i  -J-  ä,  kontrahiert  sein  könnte.  Im  Äthiopischen  ist 
bekanntlich  ein  aus  i  -j-  a  entstandenes  Schluss-p,  wie  z.  B.  gabäre 
als  Akkusativ  von  gabäri  -f-  Akkusativendung  a,  ganz  gewöhnlich. 
Auch  im  Neusyrischen  wird  wurzelhaftes  j  im  Sing.  +  Emphat. - 

Endung  ä  zu  e  verbunden,  z.  B.  Jio/  «die  Krippe",  j*,i/  ^die  Mühle", 
I^DQ.00  -das  Pferd"  u.  s.  w.-)  —  Aber  im  Altsyrischen  tritt  diese 


1)  Auch  das  partikelhafte  )f>Q>\  verglichen  mit  hebr.  "'Sb  geht  vom 
Nominativ  fü  „Mund"  aus;  das  Wort  wurde  dann  im  Stat.  constr.  nach  der 
Analogie  von  demü-th,  sebü-th  behandelt. 

2     Nöldeke,    Neusyr.  Gramm.  S.  123  und  S.  55. 


Barth,  Beiträge  zur  Pluralbüdung  des  Semitischen.  487 

Art  von  Vokalverschmelzung  nirgends  auf;  darum  ist  sie  auch  hier 
m.  E.  nicht  annehmbar. 

Es  bestand  also  keine  Möglickeit ,  aus  der  Endung  des  Stat. 
constr.  Plur.  i  +  ä  eine  Endung  für  den  Emphaticus  herzustellen.1) 
Während  nun  das  Westaramäische  die  Schwierigkeit  durch  die  Über- 
tragung des  i"b  -  Emphaticus  ajjä  auf  alle  Nomina  beseitigte,  ver- 
wandte das  Ostaramäische  die  Abstraktendung  e  (=  ,g — )  an 
Stelle  der  fehlenden  emphatischen  Pluralendung.  Dieses  Afformativ 
e  (/c—  )  dient  im  Südsemitischen  nicht  nur  zur  Abstrakt-,  sondern 
auch    im  Arabischen    in    größerem    Umfang    zur    Pluralbildung    bei 

den    gebrochenen   Pluralen        JLsti ,      Jlxs.     Im  Aramäischen    wurde 

es  zur  Funktion  des  Emphaticus  differenziert,  die  es  im  We>t- 
aramäischen  bei  den  Gentilizien  in  den  Fällen  der  syntaktischen 
Anwendung  des   determinierten   Status  auch  tatsächlich  aufweist. 

Mit  dieser  Endung  ist  die  assyrische  maskuline  Plural- 
en d  u  n  g  e  als  identisch  zusammenzuhalten.  Die  Lesung  e  hat 
Delitzsch'2)  durch  die  vielfachen  Schreibungen  i..e  (sa-di-e .  ni~ 
qi-e ,  qu-ra-di-e  und  die  häufige  Hinzufügung  des  phonetischen 
Komplements  e  zu  ideographischen  Pluralen  äußerst  wahrscheinlich 
gemacht,  so  daß  auch  für  die  Fälle  der  Schreibung  des  Plurals 
mit  i  (mal-ki,  ar-hi  u.  s.  w.)  jenes  e  als  die  ursprüngliche  Lesung 
anzusehen  ist.  Der  Hinblick  auf  sonstige  assyrische  Pluralendungen, 
wie  an,  üt{i),  welche  ursprüngliche  Abstraktendungen  sind,  bestärkt, 
wenn  es  dessen  bedürfte,  auch  für  das  aramäische  und  assyrische  e 
diese  Annahme.  Übrigens  mag  das  Aufkommen  des  emphat. -pluralen  e, 
im  Aramäischen  nach  anderer  als  der  sonstigen  Bildungsart  des 
Emphaticus  mit  ä  einer  Einwirkung  des  Babylonisch-Assyrisrhrii 
auf  das  Aramäische  seine  Enstehung  verdanken.  —  Der  Abstraktums- 
ursprung dieses  e  erklärt  es  weiter  auch,  daß  im  Neusyrischen 
dieses  e  bei  den  Adjektiven  unterschiedlos  für  den  maskulinen  und 
femininen  Plural  gebraucht  wird,3)  wie  im  Babylonisch-Assyri^  h. m 
die  Adjektive  und  Partizipien  beider  Geschlechter  ihren  Plural  mit 
der  Abstraktendung  ütu,  üti  bilden. 

III.    Ära  m.  ä  w  wäth  <l  z  u  m   m  a  s  k.   Sin  g.  ja. 

Es  dürfte  zweckmäßig  sein,  einen  Umblick  über  die  Verbreitung 
des  pluralen  ät  der  Untersuchung  des  maskulinen  äwwäthä  im  Aramä- 
ischen vorauszuschicken,  für  den  jene  zum  Teil  in  Betracht    kommt. 


1)  Eine  einfache  Verbindung  beider  würde  mit  dem  singularischen 
|_»  zusammengefallen  sein. 

2)  Assyr.  Gr.  S.  75;  s.  auch  S.  181.  Auch  Zimmern,  Vgl.  Gr.  S.  17  1 
nimmt  dio  Lesung  e  an;  er  fügt  hinzu,  die  Länge  des  <'  sei  nicht  gesichert. 
Aber  einen  kurzen  Vokal  als  Pluralendung  hat  das  Semitische  nirgends. 

3)  Nöldeke,  Neusyr.  Gramm.  §  67. 


438  Barth,  Beiträge  zur  Pluralbildung  des  Semitischen. 

Die  plurale  Femininendung  ät  hat  sich  im  geschlechtlichen 
Gegensatz  zu  dem  maskulinen  üna,  Ina,  bezw.  in,  im,  beim  Adjektiv 
und  Partizip  mit  der  Singularendung  at,  t  im  Arabischen,  Ara- 
mäischen, Hebräischen  fest  behauptet.1)  Beim  Substantiv  trat  sie 
schon  in  ursemitischer  Zeit  naturgemäß  auch  an  begriffliche 
Feminine,    die    keine  formale  Femininendung  des  Singulars  hatten, 

an,2)  wofür  ein  ursemitisches  Beispiel  das  arab.  oLtoJ,  hebr.  nis'iN, 
aram.  jfc^V  zum  Singular  'ard,  'ars  ist.  Vgl.  weiter  als  heraus- 
gegriffene uralte,  durch  mehrere  Sprachen3)  verbreitete  Fälle  z.  B. 
rriiüSS,  jkji2)j,  ass.  napsati  zu  naf.s.  —  rny*5  „Quellen",  JfcaxjL, 
ass.  matt,4)  —  nin^N,  Jfcwio/  „Wege"  zu  'urh,  —  nisrp,  j^SJ^o 

zu  katif  u.  v.  A.  —  Vielleicht  sind  solche  Fälle ,  wo  das  plurale 
ät  formell  nicht  zu  einem  singularen  at  gehörte,  der  Anlaß  gewesen, 
daß  es  auch  —  in  den  einzelnen  Sprachen  in  verschiedenem  Um- 
fang —  an  Sachwörter  maskulinen  Geschlechts  angefügt  wurde, 
wie    z.  B.    bei    nibip  =  äth.   und   amh.  qälät,    —    ni^SS  =  ass. 

epräti,  —  rrnn;  =  ass.  näräli  —  jLoio^J5);  —  ™12*  (Stat.  constr.) 

=  jfcODCU  ~  ass.  ümät,  —  ninb  =  J)  c>y  und  zahlreiche  andere. 
Zum  Teil  haben  hier  gewiß  auch  begriffliche  Kategorien  ohne  Rück- 
sicht auf  grammatisches  Geschlecht  die  Pluralbildung  uniformiert.0) 
In  weit  bedeutenderem  Umfange  hat  sich  in  den  a  b  e  s  s  i  - 
nischen  Sprachen  dieses  ät ,  welches  im  Äthiopischen  noch 
beim  Adjektiv  an  das  Feminin  gebunden  ist,  beim  Substantiv  über 
beide  Geschlechter  verbreitet.  Im  Äthiopischen  tritt  ät  der 
Regel  nach  bei  allen  Substantiven,  gleichviel  welchen  Geschlechts, 
an ,  sofern  sie  einen  äußeren  Plural  bilden.  Das  ät  ist  hier  die 
alleinige  substantivische  äußere  Pluralendung  geworden,  während 
beim  Adjektiv  der  ursemitische  geschlechtliche  Gegensatz  durch 
ein  neuentwickeltes  mask.  an  gegenüber  fem.  ät  sich  behauptet 
hat.     Im  T  i  g  r  i  n  a  hat  der  Nivellierungsprozeß  auch  die  Adjektive 


1)  Im  Äthiopischen  im  Gegensatz  zum  maskulinen  an  beim  Adjektiv 
und  Partizip. 

2)  Es  ist  für  das  Folgende  gleichgültig,  ob  noch  daneben  die  maskuline 
Pluralendung  im  einzelnen  Falle  vorkommt  oder  nicht. 

3)  Das  Arabische  hat  bekanntlich  die  äußere  Pluralbildung  bei  den  Sub- 
stantiven ohne  singulare  Femininendung  fast  durchweg  durch  die  gebrochenen 
Plurale  verdrängt  und  kann  darum  nicht  verglichen  werden. 

4)  Vgl.  Delitzsch,  Ass.   Gr.  S.  188—89. 

5)  Die  besondere  Ausgestaltung  der  Endung  im  Aramäischen  (vgl.  unten) 
ist  hier  für  unsere  Frage  belanglos. 

G)  Bekanntlich  kommen  auch  eine  Reihe  von  maskulinen  Pluralendungen 
zu  femininen  Singularen  vor,  wozu  wir  bei  einem  Teil  noch  die  Ursache  er- 
mitteln können.     Doch  gehört  dies  nicht  in  diesen  Zusammenhang. 


Barth,  Beiträge  zur  Pluralbildung  des  Semitischen.  43') 

erfaßt:  Cd  ist  hier  nicht  nur  bei  den  Substantiven  die  herrschende 
Pluralendung ,  auch  bei  Adjektiven  und  Partizipien  wird  an  nur 
noch  im  kirchlichen  Gebrauch  verwandt,  sonst  ist  ät  das  gewöhn- 
lichste Pluralafformativ  für  beide  Geschlechter;  neu  tritt  hier  da- 
neben für  bestimmte  Bildungen,  wie  gabüri,  das  Nom.  instrum.  mit 
m-Präfix  u.  a. ,  die  Endung  ö,  öl  unterschiedslos  für  beide  Ge- 
schlechter auf.1) 

Die  plurale  Femininendung  ät  hat  also,  nachdem  sie  schon  in 
ursemitischer  Zeit  beim  Substantiv  auch  für  grammatisch-geschlecht- 
liche Feminine  ohne  Singularendung  at,  sodann,  vielleicht  in  weiterer 
Fortentwickelung  hieraus,  z.  T.  auch  durch  Kategorienbildung,  im 
Nordsemitischen  für  Sachwörter  männlichen  Geschlechts  Verwendung 
gefunden,  in  den  abessmischen  Sprachen  beim  Substantiv  die  Maskulin  - 


Eine  Reihe  von  maskulinen  Substantiven  mit  der  Endung  e. 
Emphat.  ja  bilden  im  Syrischen  abnorme  Plurale  auf  ^q — -);  auch 
das  Mandäische 3),  das  Westaramäische  der  Bibel4)  und  der  Targumlm5) 
bieten  eine  Reihe  gleicher  Formen;  ebenso  liegen  sie  im  Neu- 
syrischen  vor 6) ;  die  Bildung  ist  also  gemeinaramäisch.  Da  der 
Plural  meist  an  die  Singulare  auf  e,  ja  gebunden  ist,  so  muß  eine 
umfassende  formale  Analogiebildung  nach  irgendwelchen  Vorbildern 
mit  der  Singularendung  e  vorliegen ,  und  da  er  weiter  auf  Sub- 
stantive beschränkt  ist,  so  ist  es  von  vornherein  nicht  wahr- 
scheinlich, daß  partizipiale  Fälle,  wie  rä'jä,  'äsjä,  die  ebensogut 
adjektivischer  wie  substantivischer  Anwendung  fähig  sind,  den  Aus- 
gangspunkt der  spezifisch  substantivischen  Plurale  gegeben  hätten.7) 


1)  Vgl.  Praetorius,  Tfia-Gramm.,  S.  198;  Schreiber,  §  63—70.  —  Über 
das  Verhältnis  dieser  Endungen  zueinander  im  Amharischen  vgl.  Praetorius, 
Amh.  Gr.  §  151;  im  Harärl  ist  nach  §  151c  ät  in  lautlich  modifizierter  Form 
„das  ziemlich  ausschließlich  herrschende  Pluralbildungsmittel  für  beide  Ge- 
schlechter und  sämtliche  Nominalformen  ". 

2)  Eine  umfassende  Sammlung  von  sicher  belegten  Fällen  giebt  Nöldeke. 
Syr.   Gramm.2  §   79  A.   [vgl.  jetzt  noch  Beiträge  z.  s.  Sprachw.   55  f.], 

3)  NÖldeke,  Mand.  Gramm.  S.  166. 

4)  IV?1"}?  von  N??^?>    ^tt"^  vS]-  hebn  r"'"~^- 

5)  Z.  B.  *|*^'2,  ljölD,  "'"»'  ";""  u.  a.  m.;  siehe  Dalman,  Aram. 
Gramm.  S.   153   (von  mir  aus  der  supralin.  Vokalisation  transkribiert). 

6)  Nöldeke,  Neusyr.  Gramm.  §   71. 

7)  Was  Praetorius,  ZDMG.  56,  688  ff.  in  einer  Erörterung  über  diese 
Plurale  annimmt.  Dies  um  so  weniger,  als  gerade  Wörter  wir  N*"~.  ^""^ 
in  den  Targumen  mit  supralinearer  Vokalisation  im  Plural  nicht  äwißän,  wie 
die  übrigen  jä-Nomina,  sondern  eiuän  haben;  siehe  Dalman,  S.  154.  Auch 
anderen    Annahmen    von    Praetorius    über    diese    Plurale    vermag    ich    nicht    zu 

9       , 
folgen.     So    der  Gleichsetzung  des    inneren    arabischen  Plurals    öle..    S-ä-v., 


440  Barth,  Beitrüge  zur  Pluralbildung  des  Semitischen. 

Vielmehr  ist  m.  E.  der  Ursprung  von  vornherein  in  einer  un- 
bedingt substantivischen  Klasse  zu  suchen. 

Der  Plural  awwän,  awwäth{a)  gehört  lautgesetzlich  zu  einem 
Singular  äth.1)  Unter  den  Nomina  mit  der  maskulinen  Endung 
N— ,  Emphat.  N">,  die  diesen  Plural  bilden,  findet  sich  eine  ge- 
mischte Gesellschaft    vereinigt;    solche    mit:    1.    ursprünglichem   aj, 

(oder   monophthong.  e),   z.  B.   \MJ)  ?    )*iJO,    }*^D,    J»»t~  (vgl-   °hen 

S.   433),    sXX,    Emph.    fc£.   vgl.  mit      JLJ    (hier  Frauenname)2); 

2.  urspr.  ij  in  substantivischen  Partizipien  des  Peal  }*qd/  J-M 
die    jedoch    im    Targum    diesen    Plural    nicht    bilden    (s.    vorher) ; 

3.  urspr.  ja  im  Emphat.  einsilbiger  Maskuline,  wie  \s£  „Haufen" 
(=  misch,  i'-p) ,  LjQJ  „Schaf  und  vereinzelt  die  gleiche  Endung 
bei  anderen  maskulinen  Bildungen,  wie  beim  Fremdwort  J^qdiqd 
„Thron",    joioo    „Kranich"    u.  a.3) 

Von  diesen  Klassen  gehört  der  Plural  awwän  lautgesetzlich 
nur  zur  ersten  auf  e,  ai\  nur  ist  zu  den  maskulinen  Sachwörtern 
der  Plural  aus  der  entsprechenden  Femininform  des  Sing,  gebildet 
worden.  Die  Ursache ,  welche  hier  der  maskulinen  Pluralendung 
hindernd  im  Wege  stand,  ist  schon  S.  433  dargelegt;  sie  würde 
im  Hebräischen  und  Aramäischen  genau  so,  wie  der  Dual,  gelautet 


der  doch  mit  dem  Plur.  fract.  äJIxs  der  starken  Wurzeln  korrespondiert  und 
demnach  eine  andere  Form  als  qätil  hat,  mit  dem  äußeren  Plural  von  qätil: 

0  V?  P    V    0  _._. 

vQikV    vQÄJL    des    Aramäischen.    —    Partizipien    des    Qal    wie   saqiw ,    ra'ito 

mit  w  kennt  das  Semitische  nirgends,  behandelt  vielmehr  alle  Partizipien  der 
Verba  ult.  w  nach  Analogie  der  ult.  j.  Auch  die  weitere  Annahme  der  Um- 
bildung des  behaupteten  *säqiw  u.  s.  w.  zu  mqciw  nach  Analogie  des  intransi- 
tiven Qal-Imperfekts  e  (das  doch  =  «/,  nicht  ==  aw  gewesen  wäre)  verstärkt 
noch  die  anderen  Schwierigkeiten. 

,.0  0  0  V  °,       "  G  .      '-  ,.O0  0  v 

1)  Vgl.  JM2D    :    ^12D;    wie  sU*    ;    O^Jwa,    —    jtSiD    [   >$1D,   targ. 
N~T;"    :    VÖy .       Ebenso    im    Arabischen    »Lc.    ;    <^>\*ut,    —    »Lü    '.    o|*äS 

TT  -I  >T--i  j  ^J       »  _r 

u.  a.  m.  —  Die  Schärfung  des  10  im  Plural  des  Syrischen  ist  sekundär;  das 
Biblisch-Aramäische  hat  dafür  Dehnung:  "jT — ■;  vgl.  auch  S.  439,  Anm.  5.  — 
Vgl.  auch  im  Hebräischen  rH^tt  (dem  Aramäischen  entnommen,  mit  dissimi- 
liertem j  statt  W  vor  ö)  von  dem  Singular  n272. 

2)  Auf  die  Zusammengehörigkeit  dieser  beiden  hat  mich  einmal  Prof.  Nöldeke 
aufmerksam  gemacht. 

3)  Im  Arabischen  wurde  die  Endung  der  beiden  letzteren  als   ijj  gehört: 


Barth,  Beiträge  zur  Pluralbüdung  des  Semitischen.  441 

haben:  hebr.  Ü?3p,  aram.  "*:~;  hebr.  u*")2  ('wie  im  Mischnischen). 
aram.  "pS>?3;  hebr.  Q?Vb,  aram.  "pV'b  und  so  überall.  Diesem  Zu- 
sammenfall des  Plurals  mit  dem  Dual  hat  aber  das  Nordsemitische 
aufs  Energischste  entgegengewirkt.  Das  eine  Mittel  bestand,  wie 
oben  S.  433  besprochen  ist.  in  dem  Abwurf  der  vokalischen  Singular- 
endung e  vor  dem  Plural  äff ormativ  (W1^,  wJlO  ;  d.  h.  einer  Plural- 
bildung nach  der  Analogie  des  starken  Noniens).  —  Ein  zweites 
nachweisliches  Mittel  war  das ,  den  Plural  femininisch  zu 
bilden.  So  bildet  das  Hebräische  von  7V~\p  (nicht  D^Ti;  oder 
D^b,  sondern)  rrrrö,  —  von  sitn  :  nim,  —  von  -;-  :  n:~ 
(Stat.  constr.),  —  von  iib^b1)  :  rnb-b,  —  von  J-nD  :  ni:  und  nix: 
(Stat.  constr.).  —  Denselben  Weg  ist  das  Aramäische  gegangen. 
Im  Aramäischen  wird  nur  (wie  im  Arabischen)  bei  den  V'b-Nomina 
vor  der  antretenden  Femininendung  nicht,  wie  im  Hebräischen,  der 
lange  Vokal,  mit  dem  das  Maskulin  schließt,  verdrängt,  sondern 
er  behauptet  sich  als  langes  ä  vor  ihr.'2)  Es  bilden  daher  die 
obigen  Maskuline    mit  Endung    N— ,    Emph.  io ,    ihren   Plural  von 

den  zu  ihnen  gehörigen  Femininen  aus :   zu  J^j  nicht   von       > 
sondern  vom  Fem.  äb>y  Plur.  jLaLv') ,    —   von  «S^L     jl^Ss,   wie 

von    *sXJ:    Plur.    JLq^J£    =    hebr.    nib^b  ,     —    von    fc+L ,    wie 

von  *s|lXo:  den  Plur.  JloJ*.  =  hebr.  mm,  —  von  rr^N,  wie  von 

s 
*äL.5:    Plur.    NlTP'iN,    wie    hebr.  ni-nN    u.  s.  w.      Die    aramäischen 

Plurale  entsprechen  ganz  den  hebräischen.  Diese  feminine  Art  der 
Pluralbildung  gehört  (wie  die  maskuline  D^ip  =  ya.o)  der  gemein- 
nordsemitischen  Periode  an;  sie  ist  darum  auch  durch  alle  aramä- 
ischen Dialekte  verbreitet. 

Dadurch  nun,  daß  im  Aramäischen  mit  diesem  maskulinen  e, 
ja.  welches  =  ^ —  ist,  maskuline  Endungen  e  und  ja,  welche 
anderen  Ursprungs  waren,  im  Singular  äußerlich  gleich  waren  (S.  440). 
zog  jene   Art  der  Pluralbildung  Analogiebildungen  auch  von  diesen 

1)  Dessen  unbetonte  Endung  ä  bekanntlich  nicht  die  des  Feminina  ist;  es 
ist  eine  Form  *^LaJ,   die   dem  arabischen      X+..    parallel   geht. 


,,pp 


targ.   nStp    mit  hebr.   T'2.~    u. 


:;,   Dal.i   daneben  noch  die  maskuline  Pluralbildung  mu»9,  wie  oben  S.  433, 
bestehen   kann,   versteht   sich. 


442  Barth,  Beiträge  zur  Pluralbildung  des  Semitischen. 

Klassen  nach  sich.1)  Sehr  hezeichnend  ist  es,  daß  die  letzteren  sich 
auf  d  i  e  Bedeutungskategorie  beschränkt  haben ,  von  welcher  die 
Bildungsweise  ihren  Ausgang  genommen  hat:  auf  Substantive, 
speziell  konkrete  Substantive.  Daher  bilden  auch  Partizipien  des 
Peal    nur   dann  diesen  Plural ,    wenn  sie  als  Substantive  gebraucht 

werden,  wie  Ja.*    »Hirt",  \+Co}   „Arzt",  j~fln   „Schenk",  aber  nicht 

im  rein  partizipialen  Gebrauch,  weil  es  keine  adjektivischen 
Vorbilder  auf  aß  mit  diesem  Plural  gab.  Im  Westaramäischen  sind 
nicht  einmal  diese  substantivierten  Partizipien  in  die  Analogiebildung 
einbezogen  worden  (siehe  S.  439  Anm.  7) ,  ein  deutlicher  Beweis, 
daß  sie  auch  im  Syrischen  nur  die  letzten  Ausläufer  der  Analogie- 
bildung, nicht  ihr  Ausgangspunkt  gewesen  sind.2) 

[Korrektur-Zusatz:  G.  Hoffmanns  Deutung  der  Plur.  awwän 
als  Plurales  pluralis  vom  Plur.  e  aus  (ZDMG.  32,  753),  der  auch 
Nöldeke,  Beitr.  57,  zuneigt,  läßt  die  hauptsächlichste  Zahl  derselben 
unerklärt :  die  vom  Sing,  e ,  ja,  ausgehenden ;  denn  diese  besaßen 
naturgemäß  keinen  Plural  auf  e.] 

IV.    Das  plurale  an  (und  äni). 

Ein  plurales  an  findet  sich  sowohl  im  Süd-,  als  im  Nord- 
semitischen. Aber  es  ist  nicht  so  weit  und  nicht  in  gleichmäßigem 
Gebrauch,  wie  mask.  üna,  In,  im,  fem.  ät,  verbreitet,  es  fehlt  in 
der    äußeren    Pluralbilduncf    des    Arabischen    und    im    Hebräischen: 


.P       V 

1)  So  von  einsilbigen  Nomina  der  Form   qatl,  qitl,  z.  B.  J-»^D    „Haufen" 

PV  (P       7)  P     v 

=  mischn.  ^I'D ,  Plur.  >OVO,    —    J*JQJ    „Schaf,  Plur.  ^OQJ ;    bei  Partizipien 

.o    ?      .o     p,  s 

des    Peal    die    Endung  e  =  ZJ,    z.  B.  \*\1,    J-»QD(>    vereinzelt  ^ß-     ,    wie   in 

Lo^QD,    vgl.    S.   440.    —    Bei    syr.    yjt(    ist    der    Singular    das    verkürzte 

Nomen,    wie   das  hebr.   "^N,   dagegen  der  Plur.  Jz.O*V,    NrH^N   (im  Kasseler 

Kodex  Nri*P'"}N,  siehe  Hoffmann ,  ZDMG.  32,  753  Anm.)  geht  vom  volleren 
Singular    mit  Endung  e    ITP/IN  aus,  der   in  Dan.  7,  4  vorliegt. 

2)  Die    wenigen   maskulinen  Substantive    im  Syrischen,    die    einen  Plural 
auf   awwän    bilden,    ohne    im    Singular    die    Endung    e,   ja    zu    besitzen,    wie 

jiL/  JJ***  u.s.w.  (Nöldeke,  Syr.  Gramm.2  §  79  B,  1),  sind  vermutlich  durch 
irgendwelche  Bedeutungsanalogie  gefolgt.  Daß  es  bei  ihnen  auf  späterer  Ent- 
wickelung  beruht,  erweist  sich  daraus,  daß  in  den  Targumlm  und  im  bab. 
Talmud  keines  der  syrischen,  außer  &OM3,  den  Plural  auf  awwän  bildet. 
[Auch  die  von  Nöldeke,  Beiträge  56  aufgeführten  Fälle  erscheinen  fast  aus- 
nahmslos nur  in  Einzelsprachen  des  Aramäischen.]  —  Im  Neusyrischen 
ist  die  Endung  awwäthe  durch  Analogiebildung  auch  bei  Stämmen  anderer 
Art  schon  viel  weiter  verbreitet,  vgl.   Nöldeke,  Neusyr.  Gr.  §  71. 


Barth,  Beiträge  zur  Pluralbildung  des  Semitischen.  443 

seine  geschlechtliche  Funktion  im  Äthiopischen  ist  der  im  Ara- 
mäischen geradezu  entgegengesetzt. 

Im  Äthiopischen  tritt  es  nur  bei  Adjektiven  und  Partizipien 
auf,  ist  ausgesprochene  Maskulin  endung  und  steht  als  solche 
dem  femininen  ät  gegenüber.1)  — -  Im  Aramäischen  erscheint 
es  bekanntlich  als  Endung  des  weiblichen  Status  absolutus 
des  Plurals  bei  Substantiven  wie  bei  Adjektiven,  während  für  den 
Stat.  constr.  dasselbe  ät  fungiert,  das  im  Arabischen,  Hebräischen 
und  Assyrischen  die  Endung  für  beide  Status  des  Plurals  für  die 
Nomina  mit  sing,  ät  ist.  —  Auch  im  Assyrischen  findet  sich 
ein  plurales  an  stets  als  Feminin  endung  konstruiert,'2)  aber,  wie« 
es  scheint,  in  seltenerem  Gebrauch. 

Läge  nur  der  aramäische  und  assyrische  Gebrauch  für  das 
Femininum  plur.  vor,  so  würde  die  Vermutung  von  Praetorius, 
daß    dies   an  möglicherweise  aus  der  Verbalform  XfcQj   stamme, :Jj 

sehr  einleuchtend  sein,  zumal,  da  auch  die  entsprechende  Verbalform 
im  Äthiopischen  {Jengera)  und  im  Assyrischen  (iksudä[ni])  die 
gleiche  Endung  beim  femininen  Plural  des  Impf.'s  aufweisen.  Aber 
im  Äthiopischen  ist  an  ausgesprochen  maskulinen  Charakters,  dem 
femininen  ät  gegenüberstehend.  Es  geht  schwerlich  an,  diese  süd- 
semitische Pluralendung  von  der  nordsemitischen  dem  Ursprung 
nach  zu  trennen,  um  so  weniger,  als  an  hier  wie  dort  zu  dem 
femin.  ät  in  enger  Beziehung  steht,  im  Äthiopischen  als  Äquivalent 
des  Maskulins ,  im  Aramäischen  als  das  des  ihm  entsprechenden 
Stat.  absolutus.  Vielmehr  führt  dies  zu  dem  Schluß,  daß  an  seinem 
Wesen  nach  keine  ausgesprochene  geschlechtliche,  wohl  aber  eine 
allgemein  plurale  Bedeutung  gehabt  haben  wird.  Vermöge 
der  letzteren  war  es  geeignet,  Lücken  der  Plm-albildung  sowohl 
beim  Maskulin,  wie  beim  Feminin  auszufüllen,  die  durch  die  Sprach- 
entwickelung eingetreten  waren. 

Im  Aramäischen  war  durch  den  allgemeinen  Abfall  der  Flexions- 
endungen mit  Nunation  oder  Mimation  im  femininen  Plural  der 
uralte  Unterschied  zwischen  Stat.  absol.  und  Stat.  constr.  aufgehoben, 
der  sonst  noch  sowohl  im  femininen  Singular  (ä  :  ät),  wie  im  maskul. 
Plural  (in  :  ai)  durch  Differenzen  in  den  Endungen  beider  Status 
weiter  bestand.  Das  ursemitische  ät ,  welches  alle  übrigen  semi- 
tischen Sprachen  als  einzigen  Plural  zum  singularischen  ät  auf- 
weisen ,  diente  darum  im  Aramäischen  nur  noch  für  den  einen 
Status  vor  dem  Genitiv.     Dieser  Status  hat  hier,  wie  im  Singular 


1)  Vgl.  oben  S.  438  ff. 

2)  Delitzsch,  Assyr.  Gramm.  S.  182. 

3)  ZDMG.  56,  686.  —  Aber  auch  bei  der  Annahme  eines  anderen  Ur- 
sprungs der  Endung  kann  für  ihre  Differenzierung  zum  Feminin  jene 
verbale  Einwirkung  angenommen  werden. 

Bd.  LVIII.  29 


444  Barth,  Beiträge  zur  Pluralbildung  des  Semitischen. 

in  atl),  die  ursemitische  Endung  erhalten.  Für  den  Stat.  absol. 
wurde  eine  neue  Endung  in  unserem  an  gewonnen,  welches  auch 
im  Assyrischen,  aber  hier  nur  sporadisch,  für  den  femininen  Plural 
fungiert.2) 

Es  ist  schon  die  Vermutung  geäußert  worden,0)  daß  für  die 
Differenzierung  von  an  für  das  Feminin  die  Übereinstimmung  des 
Nasals  mit  dem  maskulinen  in  von  Einfluß  gewesen  sein  mag.  Man 
hat  mit  ebensogutem  Grund  auch  auf  die  Vok  al  assonanz  von 
an  :  ät  für  den  Anlaß  ihrer  Verknüpfung  verwiesen,  welche  es  zu- 
gleich erklärt,  daß  dasselbe  an  im  Äthiopischen  als  Endung  des 
»Maskulins  neben  das  feminine   ät  getreten  ist.4) 

Im  Äthiopischen  ist  mit  der  Ausbreitung  der  gebrochenen 
Plurale  über  fast  alle  maskulinen  triliteralen  Substantive  die  ur- 
semitische Pluralendung  des  Maskulins  üna,  Ina  erloschen,5)  so  daß 
selbst  männliche  Eigennamen  und  die  Bezeichnung  männlicher  Würde- 
personen die  Pluralendung  ät  annahmen/')  Als  Folge  dessen  darf 
es  vielleicht  angesehen  werden,  daß  nun  jenes  üna,  Ina  gänzlich, 
auch  beim  Adjektiv  und  Partizip,  aus  der  Pluralbildung  verschwand.7) 
Das  Eintreten  von  an  bei  den  männlichen  Adjektiven  und  Partizipien 
beruht  auch  hier  auf  einem  sekundären  Akt  der  Sprache ,  welche 
bei  diesen,  dem  ursemitischen  Zustande  zufolge,  auf  eine  Scheidung 
nach  Geschlechtern  hindrängte.  Daß  unter  den  dafür  geeigneten 
Afformativen  dem  ät  des  Feminins  gerade  ein  maskulines  an  ent- 
gegengesetzt wurde,  dürfte  durch  die  schon  genannte  vokalische 
Assonanz  bedingt  gewesen  sein. 

Dieses  plurale  an  muß  nun,  gemäß  seiner  gegensätzlichen  ge- 
schlechtlichen Verwendung  im  Aramäisch-Assyrischen  einer- ,  dem 
Äthiopischen  andererseits  geschlechtlich  indifferenten  Cha- 
rakters gewesen  sein.  Für  seine  Beurteilung  geben  uns  eine  Reihe 
klarer  korrespondierender  Erscheinungen  in  der  Pluralbildung  die 
Unterlage.  Das  Pluralafformativ  e  des  Assyrischen  und  Aramäischen 
ist  eine  Abstraktendung;  deßgleichen  das  üt(u)  im  Assyrischen, 
welches   bei    allen  Adjektiven    den  Plural    —    den  maskulinen   wie 


1)  Die  Lautassonanz  von  ät  mit  ät ,  das  nur  noch  im  Stat.  constr.  er- 
halten war,  mag  darauf  eingewirkt  haben,  daß  sich  ät  im  Plural  für  den 
Stat.  constr.  differenzierte. 

2)  Hier  liegt  wohl  wieder  ein  alter  sprachgeschichtlicher  Zusammenhang 
zwischen  dem  Babylonisch  -  Assyrischen  und  dem  Aramäischen  vor ,  wie  beim 
maskulinen  e  (S.  437)  und  äni. 

3)  Vgl.  König  II,  1  S.  430;  siehe  auch  Lajciak,  Die  Plural-  und  Dual- 
endungen am  semitischen  Nomen  S.  33. 

4)  S.König;  selbstverständlich  soll  damit  nur  die  Paarung  des  an  mit 
ät,  nicht  sein  Ursprung  erklärt  werden. 

5)  Ein  Rest  derselben  ist  in  dem  pluralischen  %  vor  Suffixen  von  Praetorium, 
Äthiop.  Gramm.  §   129   erkannt. 

6)  Vgl.  oben  S.   438. 

7)  Ebenso  ist  im  Assyrischen  mit  dem  Aufhören  des  tn  bei  den  Sub- 
stantiven es  auch  in  der  Adjektiv-Partizipialflexion  erloschen.  Nur  wurde  dann 
bei  den  letzteren  die  geschlechtliche  Scheidung  überhaupt  aufgehoben. 


Barth,  Beiträge  zur  Pluralbüdung  des  Semitischen.  445 

femininen  —  bildet.  Ferner  sind  abstrakten  Ursprungs  die  Plural- 
endungen ö,  dt  des  Tigrina  und  auch  noch  als  Abstraktendungen 
im  lebendigen  Gebrauch.  Die  „innere"  Pluralbildung  hat  bekanntlich 
in  dem  Gebrauche  der  Abstrakt-  (Kollektiv-)  für  die  Pluralformen 
ihren  Ursprung.  Auf  Grund  dieses  vielfach  betätigten  Sprachtriebs 
sind  wir  berechtigt,  in  diesem  sekundär  auftretenden,  geschlechtlich 
von  vornherein  indifferenten  äw-Afformativ  des  Plurals  die  bekannte 
ursemitische  Abstraktendung  Cm  in  kollektiver  Bedeutung  anzu- 
erkennen. 

Daß  diese  stark  zur  Verwendung  in  der  Pluralbildung  neigte, 
erweist  auch  das  Arabische,  welches  sie  nicht  in  die  äußere  Plural- 
bildung übergeführt  hat.  Hier  sind  bekanntlich  Abstrakte ,  bezw. 
Kollektive  mit  äw-Endung  in  weitestem  Umfang  als  Plurales  fracti 
in  Verwendung,  das  Afformativ  an  hat  den  Formen  Kollektiv-  und 
Pluralbedeutung  gegeben  und  sie  haben  dann  nach  Art  dieser  Plural- 
bildung sich  für  bestimmte  Formen  der  Singulare  als  Mehrheits- 
form etabliert.1)  Dieser  Abstrakt- ,  bezw.  Kollektiv-Ursprung  der 
Endung  machte  sie  geeignet,  an  Singularformen  affigiert,  im  Abessi- 
nischen  maskuline ,  im  Aramäischen  und  Assyrischen  feminine,  im 
Arabischen  unabhängig  von  den  Singularformen ,  als  unabhängige 
Kollektive  Plurale  jeder  Art  zu  bilden."2)  Mit  dieser  Auffassung 
befinden  wir  uns  auf  dem  Boden  gesicherter  Tatsachen  in  der 
Pluralbilduncr. 


Auch  der  maskuline  Plural  am  des  Assyrischen,   wie  hursani 
„Berge",  süqüni  „Straßen",  bübäni  „Tore",3)  deßen  syrische,  man- 

däische,  neusyrische  Korrespondenzen  änln  (auch  "pr,  ^jq.)  Nöldeke 
ausführlich  gesammelt  hat4)   und  die  auch  in  den   westaramäischen 


1)  Für  den  Einzelnachweis  vgl.  Nominalbildung  S.  317  — 18.  450.  459. 
469;  über  Spuren  dieser  Bildung  im  Hebräischen  S.   318. 

2)  Ebenso  sind  die  Kollektive  mit  Afformativ  ^ —  im  Arabischen  Plurales 
fracti,  im  Aramäischen  und  Assyrischen  ist  das  Afformativ  ein  spezielles  Mittel 
der  maskulinen  Pluralbildung.  —  Die  Abstraktendung  üt,  ursprünglich  aus- 
gesprochen femininen  Charakters,  ist  beim  assyrischen  Adjektiv  geschlechtlich 
indifferente   Pluralendung  geworden. 

3)  Vgl.  Delitzsch,  Assyr.  Gramm.  S.  182.  189.  Nach  Delitzsch  linden 
sich  aber  auch  Schreibungen  änu  daneben,  wie  Ijur-sa-a-nu,  —  sal-J/ia-a-nu 
.Bilder"  u.  e.  a.  Ob  in  letzteren  Fällen  ungenaue  Schreibung  vorliegt,  wofür 
manche  Parallelschreibung  Eni  bei  demselben  Wort  spricht,  oder  un(u)  allein 
als  maskuline  Pluralendung  gelten  solle,  wäre  noch  durch  vollständigere  Material- 
sammlung zu  erforschen.  Eine  Pluralendung  dni  steht  jedenfalls  für  eine  Anzahl 
Maskulina  fest. 

4)  Die  syrischen  Fälle  der  Form  jliQiQCD,    jjiQQQ^,    Joi    u.    A.    mit 

den   entsprechenden  Fällen   des  Mandäischen  u.  s.  w.  Syr.   Gramm.  *?  74,   Mand. 
Gramm.  S.   169,    Neusyr.  Gramm.   S.    136  f.    —    Nöldeke  hat  schon     Mund.   Gr. 


446  Barth,  Beiträge  zur  Pluralbildung  des  Semitischen. 

Dialekten  vorliegen,1)  ebenso  wie  im  phön.  D^jbN  „Götter"  -)  vgl. 
mit  assyr.  iläni,  erklären  sich  aus  der  kollektiven  Bedeutung  des  an, 
auf  welche  nur  noch  eine  weitere  maskuline  Pluralendung  gepfropft 
ist.  Es  sind  Plurales  pluralis,  wie  im  Neusyrischen  die  Plurale 
mit  der  Endung  äth-e,  jäth-e,  wäth-e.  Die  Bildung  ist  schwerlich 
im  Babylonisch-Assyrischen  und  im  Aramäischen  unabhängig  von- 
einander entwickelt,  sondern  wohl  aus  einem  dieser  Sprachgebiete 
in  das  andere  übernommen   worden. 


a.  a.  O.)  die  assyrischen  und  die  wenigen  hebräischen  Fälle  Ö^S^?  HL.  2,  12, 
D"^iw72£  Prov.  24,  31  verglichen.  Diese  können  sehr  wohl  Aramaismen  sein; 
sie  erscheinen  auch  gerade  in  der  Differenzierung  für  Gewächse,  die  das  Ara- 
mäische häufig  aufweist. 

1)  Außer    einer  Reihe    der    im  Syrischen   vorkommenden  Fälle  vgl.   z.   B. 
targ.   N-Oymy   „Frösche". 

2)  Es  gehört  zur  Bedeutungsgruppe  von  JJ^I ,    JjAxXft.  des  Aramäischen. 


447 


The  Kavyamala  Edition  of  Amitagati's  Subhäsita- 
samdoha. 
By 
Eichard  Schmidt. 

Up  to  this  day,  Jaina  literature  and  its  exploration  have 
remained,  to  a  certain  extent,  step-children  of  German  Sanskrit 
scholars.  Besides  the  editions  and  translations  of  Jacobi,  Leumann 
and  Windisch ,  very  few  papers  conceming  Jainism  have  been 
written  so  far.  Now  the  editors  of  the  Kävyamälä  series  have 
just  published  an  edition  of  Amitagati's  Subhäsitasamdoha,  the 
well-known  didactic  poem  which  has  been  surnamed  by  Aufrecht 
—  not  quite  correctly  —  a  „concoction  without  salt".  But  alas ! 
this  book  is  a  true  pendant  of  the  Kävyamälä  edition  of  Srlvara's 
Kathäkautukam,  which  on  a  previous  occasion  I  could  not  help 
condemning  in  the  strongest  terms ;  nay,  it  seems  to  be  no  more 
than  a  mere  reprint  of  an  inferior  manuscript,  füll  of  misprints 
and  grave  blunders.  It  would  have  been  better,  if  the  editors  had 
thoroughly  studied  the  doctrine  and  terminology  of  the  Jains. 
before  spending  time  and  labour  in  editing  such  an  intricate  work 
as  Amitagati's.  To  begin  with  minor  matters:  why  do  they  call 
the  book  Subhäsitaratnasamdoha  instead  of  Subhäsitasamdoha  ? 
Dr.  H  e  r  t  e  1  has  pointed  out,  that  this  is  the  true  title,  indicated 
in  the  poem  itself,  st.  920.  And  why  do  they  number  the  verses 
through  to  the  end  of  the  work,  while  all  the  manuscripts,  which 
I  have  exarnined  with  Dr.  Hertel ,  have  a  separate  numbering  of 
the  verses  in  each  chapter? 

I  shall  now  proceed  to  comment  on  some  individual  passages. 

Str.  16:  5R*lffT  ^T^fft  ^jftvt  fT^:^ 

Read  W\  Vpt  and  ^ffrT   I 
Str.  25:  ^:    ^TT%^   f^fT^rffT   ^   W*W. 


448     Schmidt,  The  Kävyamala  Edit.  of AmitagatVs  Subhasztasamdoha. 

*ft   W  ^t   Sfa   ?I*T*f   f^^VTH^ftn:    II 
Of  course  fa^JTcJ^  is  an  impossible  form:  read  UfäVRJ^. 
Str.   104: 

The  third  line  is    complete    nonsense ;    read    ^ft^j^   ^•ft^TT- 
Str.  126: 

ITOTOlft  Vfrft   ^^f»TW  ^f^fTT   t^TT   *T   fa^f:    II 
Read  JTf>f?TT*IW  and  ^TCTWW^ft. 
Str.  134: 

TTCftsjct  ^T*TT  *K$*fä   *T%^   fxiTl^THTf^%  ^T%    I 
r\^   cTtST  f*R<fa*rf^«T:   HrfttrfTOT^fjflr   fWT^    II 

Separate  *T*ft  *JrT!     Similarly  Str.  135:   ^frJf^T'rT^:  1T£- 
T<ft  is  to  be  written  °WiqifT<Jt. 

Str.  142: 

Here   the  ten  äkütus  are  referred  to;   accordingly  the  correct 
reading   is   ^STWJtlT^. 

Str.  165: 

^fiTtffT   *R*   f^Tf^Ht   ^tt  ^TT^^TO^W    II 

I  would    be    extremely  glad    to    receive    a   translation  of  this 
stanza  from  the  moutb  of  the  editörs!     Of   course   we    must   read 


Schmidt,  The  Kävyämala  Edit.  of  Amitagati's  Subhasüasämdoha.    449 
Str.  175: 

fTcT^fTTTgiraTTf^JT-R^T  V?f«i  V?n   WrftT^t  (?)   ^f%   II 

An  Indian  Pandit,  being  acquainted  with  the  mjsteries  of  slesa, 
yaniaka  etc..  would  not  hesitate,  I  tbink.  to  write  T^ft  ^«JY! 

Str.  287:    f^RcT^t  H^r^T^TfTffT^W^^i 

Read  ^f^cT^W^  and  UTOT  *TRT. 
Str.  295: 

There    is    110    subject  in  this  stanza?     No!     Read  ^f^TTT^^lt 

w !! 
Str.  396: 

«fit   TT*   TF&:   *fiH   ^3T^^t^T^   VW.    II 

An  Äryä  stanza  with    two    chandobhangas !     Read   ^T^I^ifT^f" 
^TffT  and  ^T  for  *TT*T. 

Str.  406: 

tffa'SN  fäfa^i   f%"W* f^WT   W*  f^TT   f^TT^I  II 

Complete  nonsense!     Read  f^*r^  and  f^rlt^T*^^. 

Str.  460:    <f*üT   f^%   H^^ffT   *t   ^T'WTf^iftfa 

«ftfH   f%   f^ffl   f*TO^   *fa^   tff^tfa    I 


450     Schmidt,  The  Kavyamälä  Edit.  of  Amitagati's  Subhäsitasarndoha. 

What  could  be ,  according  to  the  editors ,  the  grammatical 
construction  or  the  sense  of  the  first  line  V !  Read  *?WT  fip^ 
[and  °^T  1.  4]. 

Str.  461:   f^TTT^Tf^3I^fw=i:   ^ft^ffmm'rrf^ 
Read  f^TTT^Tf^   3WTfä*J^! 

str.  564:  ^r^^s^  *ry*frTRT^r*ra-m:  I 

Awful!  Read  *T^ft  ^W°.  rT^T^lf:  and  ^^T^fV0  II 
But  ^1  ^Wfaf^^fT'O' '  I  am  not  able  to  quote  here  all  faults  and 
misprints,  which  amount  to  about  two  hundred  and  fifty,  but  shall 
do  so  in  a  critical  edition  of  the  Subhäsitasarndoha,  which  I  have 
just  finished  in   Company  with  my  friend  Dr.  Hertel. 


451 


Bemerkungen  über  die  nordbuddhistische 
Terminologie   im  Hinblick  auf  die  Bodhisattvabhümi. 

Von 

Unrai  Wogihara. 

Bekanntlich  hat  der  nördliche  Buddhismus  eine  so  lang  an- 
dauernde selbständige  Entwicklung  durchgemacht,  daß  zu  dem  Grund- 
stock von  Gemeinsamkeiten,  die  ihn  mit  dem  südlichen  Buddhismus 
verbinden ,  eine  übergroße  Fülle  von  Besonderheiten  hinzugetreten 
sind.  Diese  Besonderheiten,  soweit  sie  der  Terminologie  an- 
gehören .  erfordern  immer  noch  die  angespannte  Aufmerksamkeit 
der  Gelehrten,  die  sich  eingehender  mit  dem  nördlichen  Buddhismus 
beschäftigen.  Es  sind  eben  doch  erst  ein  paar  der  terminologisch 
wertvolleren  Werke  —  zu  denen  natürlich  Legendensammlungen 
n  i  c  h  t  zu  rechnen  sind  —  ausreichend  untersucht  worden.  Nun 
haben  ja  freilich  die  Nordbuddhisten  selber  ein  terminologisches 
Wörterbuch  größeren  Stils,  die  Mahävyutpatti,  hervorgebracht,  und 
man  sollte  meinen,  daß  es  nur  darauf  ankäme,  dieses  zu  benutzen. 
Allein  einmal  enthält  es  nur  die  leicht  klassifizierbaren  Ausdrücke, 
nicht  die  ebenso  zahlreichen  Einzelausdrücke  besonderer  Art.  Und 
sodann  sind  die  Bedeutungen,  die  bei  der  Verarbeitung  des 
Mahävyutpatti- Wortschatzes  im  Neuen  Petersburger  Wörterbuch  an- 
gesetzt worden  sind ,  durchaus  nicht  immer  ausreichend  bestimmt 
oder  überhaupt  zutreffend.  Die  Bedeutung  eines  Ausdrucks  läßt 
sich  eben  da,  wo  die  Klassifikation  der  Mahävyutpatti  nicht  als 
solche  einen  ganz  bestimmten  Fingerzeig  gibt,  bloß  aus  Literatur- 
stellen, deren  oft  mehrere  erforderlich  sind,  genau  ermitteln.  Beispiels- 
weise soll  Cicärya-musti  (wörtlich  „die  Faust  des  Lehrers")  dem 
Neuen  Petersburger  Wörterbuche  zufolge  „Zwang"  bedeuten; 
allein ,  wie  aus  der  Bodhisattvabhümi  zu  entnehmen  ist .  hat  das 
Wort  vielmehr  den  Sinn  von  „heimliche  Aufbewahrung, 
Geiz  ". 

Die  Unzulänglichkeit  dessen ,  was  bisher  in  der  Feststellung 
der  nordbuddhistischen  Terminologie  erreicht  worden  ist,  kam  mir 
wie  auch  meinem  verehrten  Lehrer  Professor  Leumann  besonders 
zum  Bewußtsein,  während  wir  im  Lauf  der  letzten  zwei  Jahre 
gemeinsam   eine  Ausgabe  von  Haribhadra's  Kommentar  zur  As^asa- 


452      Wogikara,  Bemerk,  über  die  nordbuddhistische  Terminologie. 

hasrikä  Prajfiäpäramitä  vorbereiteten.  Und  da  mir  aus  dem  chine- 
sischen Tripitaka  die  Bodhisatt vabh ümi  als  ein  Text  bekannt 
war,  der  geeignet  wäre,  vielfach  Auskunft  zu  gewähren,  so  be- 
mühten wir  uns  zunächst,  die  Cambridger  Handschrift  des  Werkes 
in  die  Straßburger  Universitätsbibliothek  geliehen  zu  erhalten.  Weil 
indessen  besagte  Handschrift  in  Europa  als  Unikum  gilt  —  in 
N  e  p  a  1  dürften  wohl  noch  weitere  Exemplare  zu  finden  sein  — 
so  mußte  ich  mich  zum  Studium  des  Textes  persönlich  nach 
Cambridge  verfügen,  habe  dann  aber  daselbst  beim  Oberbibliothekar 
Mr.  Jenkinson  das  liebenswürdigste  Entgegenkommen  gefunden. 
So  bin  ich  in  Stand  gesetzt,  von  der  Bodhisattvabhümi  eine  Aus- 
gabe versprechen  zu  können.  Einstweilen  werden  ein  paar  An- 
gaben über  das  mir  zu  Gebote  stehende  Material  nicht  unwill- 
kommen sein. 

Das  Cambridge-Manuskript  der  Bodhisattvabhümi  befindet  sich, 
weil  es  eine  der  ältesten  nordbuddhistischen  Handschriften  ist ,  in 
etwas  verwahrlostem  Zustande.  Vielfach  fehlt  der  Rand  samt  der 
Paginierung  und  daher  haben  denn  zahlreiche  Blätter  bis  zu  meinem 
Eintreffen  in  Cambridge  an  falscher  Stelle  gestanden.  Unter  Zu- 
ziehung der  chinesischen  Übersetzungen  gelang  es ,  die 
Reihenfolge  der  Blätter  vollständig  zu  sichern  und  zugleich  fest- 
zustellen, daß  die  Handschrift  ursprünglich  151  Blätter  gehabt  und 
davon  am  Anfang  3  und  im  Verlauf  4  weitere  (nämlich  das  20., 
30.,  41.  und  51.)  verloren  hat.  Gegenüber  diesen  bedauerlichen 
Mängeln  darf  mit  hoher  Befriedigung  darauf  hingewiesen  werden, 
daß  im  übrigen  die  Handschrift  als  eine  vorzügliche  gelten  mag, 
so  daß  nur  selten  ein  Fehler  vorkommt.1) 

Von  gleichem  Wert  wie  die  Güte  der  Handschrift  ist  die  Güte 
einer  der  drei  chinesischen  Übersetzungen.  Diese  Über- 
setzungen zu  ermitteln  war  mir  bereits  in  Straßburg  (während  des 
Sommers  1903)  möglich  gewesen  an  der  Hand  der  fünf  Seiten,  die 
Professor  Bendali  in  seinem  Catalogue  of  the  Buddhist  Skt.  MSS. 
in  the  Univ.  Library  Cambridge  der  in  Rede  stehenden  Handschrift 
gewidmet  hat.  In  Bunyiu  Nanjio's  Catalogue  of  the  Chinese 
Tripitaka  findet  man  die  Übersetzungen  unter  folgenden  eine  Identi- 
fikation des  gemeinten  Werkes  wenig  begünstigenden  Titeln: 

No.  1086.    rBodhisattvacaryä-nirdesatt   oder   „Bodliisattvabhümidhara-sütra1'. 
No.  1085.    „Bodhisattvacaryä-nirdesa"   oder   „BodhisattvabhadrasTla-sütra". 
No.  1170.    „Saptadasabhümi-sästra-yogäcäryabhümi"    oder    „Yogäcäryabhümi- 
sästra".  —  Von  diesem  Werk  kommt  nicht  das  Ganze  in  Betracht. 


1)  Man  würde  dies  nicht  vermuten,  wenn  man  die  Stellen  liest,  die  Pro- 
fessor Ben  da  11  in  seinem  Cambridge-Katalog  p.  192 — l'JG  abgedruckt  hat. 
Er  hat  sich  nämlich  ungemein  oft  versehen,  was  das  altertümliche  Alphabet  und 
die  Schnelligkeit,  mit  der  der  Katalog  ausgearbeitet  wurde,  entschuldigen  mögen. 
Auch  die  Folio-Angab  en  von  Professor  Bendall  treffen  nicht  zu,  insofern  die 
Blätter  immer  auf  der  Vorderseite,  nicht  (wie  er  auf  Grund  der  sonst  üblichen 
Praxis  annahm)  auf  der  Rückseite,  numeriert  sind. 


Wogihara,  Bemerk,  über  die  nordbuddhistische   Terminologie.     453 

Anerkennung  verdient  vor  allem  die  dritte  dieser  Über- 
setzungen, die  im  Jahre  646/47  n.  Chr.  von  Hiuenthsang  an- 
gefertigt wurde.  Man  weiß,  daß  Hiuenthsang  als  Übersetzer  einen 
ausgezeichneten  Ruf  genießt.  Und  da  er  in  Indien  insbesondere  die 
Lehren  der  Yogäcärya-Schule  studiert  hat  und  eben  aus 
dieser  unsere  Bodhisattvabhümi  hervorgegangen  ist,  so  braucht  es 
keines  weitern  Beweises .  um  die  Zuverlässigkeit  seiner  Arbeit  zu 
erhärten.  —  Wie  es  mit  der  tibetischen  Übersetzung  der  Bodhi- 
sattvabhümi steht,  vermag  ich  nicht  anzugeben.  Sie  wird  von  andern 
Gelehrten  geprüft  werden  müssen.  Nur  so  viel  sei  hier  beigefügt. 
daß  sie  mit  Hülfe  der  chinesischen  Übersetzungen  ermittelt 
wurde.  "Weil  nämlich  die  Büchertitel  oft  etwas  schwanken  und 
weil  im  Übrigen  bei  unserm  Text  aus  besondern  Gründen  bloß  der 
Anfang  (nicht  zugleich  das  Ende)  für  eine  Identifikation  zu  ver- 
wenden war ,  gerade  der  Anfang  aber  im  Sanskrit  fehlt ,  so  über- 
setzte ich  ihn  aus  dem  Chinesischen  ins  Englische  und  gab 
damit  Professor  Bendali  Gelegenheit,  im  Tanjur  dem  Text  auf  die 
Spur  zu  kommen. 

Vielleicht  erwartet  man  hier  noch  ein  paar  Proben  aus  dem 
terminologisch-lexikalischen  Gewinn,  den  die  Bodhisattvabhümi  ver- 
spricht. Obschon  eine  Auswahl  schwer  ist ,  setze  ich  mindestens 
folgendes  her. 

adhyäpadyate  „er  vergeht  sich". 

(isublut  im  Sinne  von  asvbha-bhävanä  als  Bezeichnung  eines  Samädhi. 
Man  vergleiche  die  im  NPW.  aus  der  Unterschrift  von  Mahä- 
vyutpatti  52  (gedruckt  in  der  Einleitung  p.  VII)  zitierte  Be- 
zeichnung asubha-bhävanäh  „fromme  Betrachtungen  über  das 
Unerfreuliche  des  Lebens".  Aus  der  Jaina-Dogmatik  käme  eine 
der  zwölf  Anupreksäh  oder  Bhävanäh  in  Betracht  („asucitva" 
in  Umäsväti's  Prasamarati  149  b,  Premchand's  Ausgabe  p.  16). 

ävedha   „  Einwirkung " . 

udgunßikä.     Das  NPW.  bietet  unter  Berufung  auf  die  Mahävyut- 
patti    udgunthilcaya     „mit    verschleiertem    Gesicht".      In    der 
Bodhisattvabhümi  finden  wir  folgende   Serie  von  Dativen  : 
1.  uccatarake  äsane  nisannäya.  2.  glänäya. 

3.  udgunthikä-krtäya.  4.  purato  gacchate. 

Offenbar  bezeichnet  udgunthikä  die  durch  das  Hochziehen  oder 
Überziehen  des  Gewandes1)  entstehende  Verhülltheit  des 
K  o  p  f  e  s. 

uddäna.  Statt  der  Bedeutung  „Inhalt"  setzen  die  Nachträge  des 
NPW.  genauer  „Inhaltsangabe".  Man  findet  die  beiden 
beigegebenen  Belegstellen  in  Kern's  Ausgabe  der  Jätakamälä 
p.  245a  Mitte  und  p.  247b  unten.     Als    dritte  Stelle    komml 


1)   Daher  richtig   ud-,   nicht  ava-   wie   das  NPW.   erwartet. 


454      Wogihara,  Bemerk,  über  die  nordbuddhistische  Terminologie. 

im  selben  Text  hinzu  p.  252  a  5.  Jedesmal  folgt  die  Inhalts- 
angabe in  Form  eines  Sloka.  Ganz  ebenso  begegnet  uddänam 
mit  einer  nachfolgenden  Inhaltsangabe,  die  jeweils  einen  Sloka 
ausfüllt,  am  Anfang  vei-schiedener  Kapitel  der  Bodhisattvabhümi. 
upanisad.  Das  Wort  begegnet  bei  den  Buddhisten  in  folgenden 
drei  besondern  Verwendungen ,  von  denen  im  NPW.  die  erste 
in  üblicher  Weise  gebucht  und  die  zweite  nur  durch  einen 
Hinweis  auf  Pänini  -  S.  479   (sollte  heißen  477)  angedeutet  ist: 

1.  in  dem  öfter  begegnenden  Ausdruck  upanisadam  api  na  ksamate  „es 
verträgt  nicht  einmal  eine  an  die  Seite  Stellung"  d.  h.  es  verträgt  (weil 
ganz  geringfügig)  überhaupt  keine  Vergleichung  (mit  dem  andern).  Das 
Stein'sche  (in  der  Wüste  Taklamakan  ausgegrabene)  MS.  der  Vajracche- 
dikä  bietet  die  ältere  (präkritische)  Lesart  upanisüm,  wie  man  auf 
Tafel  V  von  Stein's  Preliminary  Report  sehen  mag. 

2.  im  Sinne  von  hetu-bhäva  bei  Haribhadra  oder  von  Icärana  bei  Ceylo- 
nesen und  Tibetern. 

3.  in  der  Bedeutung  „Grad,  Stufe"  in  der  Bodhisattvabhümi:  tasyaibhir  dasa- 
bhir  äkäraih  kusala-sanigräbaka-sila-vyavasthitasya  ksipram  eva  kusala-sam- 
graho  bhavati  sarväkäras  ca  yad  uta  dänopanisadä  sllopanisadä  ksänty- 
upanisadä  vTryöpanisadä  dhyänöpanisadä  pancäkärayä  ca  prajiiayä. 

Eine  Ableitung  und  genetische  Anordnung  der  drei  Bedeutungen 
ist  mir  einstweilen  noch  nicht  gelungen. 

rtlyate  „er  schämt  sich".  So  lautet  die  korrekte  Form  des  Verbums. 
Die  Bodhisattvabhümi  schreibt  stets  ri  statt  r.  Andererseits 
finden  wir  in  der  vom  PW.  verzeichneten  SaddharmapundarTka- 
Stelle  in  altertümlich-unregelmäßiger  Weise  das  Aktivum  statt 
des  Mediums. 

gaha  „Nische".  Es  ist  wahrscheinlich,  daß  diese  der  Bodhisattva- 
bhümi zu  entnehmende  Bedeutung  auch  in  Pänini  IV,  2,  138 
vorliegt;  die  hier  geforderte  Ableitung  gahlya  würde  also 
heißen    „in  einer  Nische  befindlich". 

bliandita   „verhöhnt"   zu  belegen  aus  der  Bodhisattvabhümi. 

sämici.  Das  NPW.  gibt  ohne  Literaturbelege  die  Bedeutungen 
^vandanä*  und  (in  den  Nachträgen)  „Anständigkeit,  Ordent- 
lichkeit,  Höflichkeit".  Die  erste  Bedeutung  begegnet  in  der 
Bodhisattvabhümi : 

.  .  .  buddhänäm mahäbhümi-pravistänäm  ca  .  .  .  bodhisatt- 

vänäm  sämicim  krtvä. 

pädayor  nipatya  sämicim  krtvä. 

Dies  Wenige  möge  genügen.  -Es  bleibt  nur  übrig,  hinzu- 
zufügen ,  daß  Professor  Leumann  zu  seinen  vielen  Verdiensten 
um  mich  noch  das  eine  hinzugefügt  hat,  daß  er  mir  für  den  vor- 
stehenden Aufsatz  seine  vielfach  bessernde  und  ergänzende  Feder 
zur  Verfügung  stellte. 


455 


Ein  griechisches  Theater  in  Indien. 

Von 

Th.  Bloch. 

(Aus  einem  Briefe  von  ihm  an  E.  Windisch.) 

Indian  Museum,  Calcutta, 
30.  4.   1904. 

„  .  .  .  Meine  letzte  Reise  galt  dem  Ramgash  Hill  im  Sirguja 
State ,  dem  größten  der  Tributary  States  of  Chota  Nagpur.  Von 
den  beiden  Inschriften  in  den  Höhlen  im  nordwestlichen  Teil  dieses 
Berges  waren  bisher  nur  die  von  Cunningham  im  ersten  Bande  de^ 
Corpus  Inscriptionum  veröffentlichten  Facsimiles  zugänglich.  Die 
Erklärung  beider  macht  noch  erhebliche  Schwierigkeiten,  und  ich 
weiß  nicht .  ob  es  mir  gelingen  wird ,  das  Rätsel  zu  lösen.  Die 
letzte  Zeile  der  einen  Inschrift  in  der  sogenannten  Jogimara-Höhle 
lautet:  Devadine  nama  \  lupadakhe  .  d.  h.  Devadalto  näma 
rüpadaksah  \ .  Die  Decke  der  Höhle  ist  mit  Resten  alter  Malerei 
bedeckt,  und  aus  der  Inschrift  erfahren  wir,  daß  Devadinna  der 
Name  des  Malers  war.  Freilich  darf  man  nach  diesen  Resten  sich 
keine  allzu  hohe  Vorstellung  von  der  Geschicklichkeit  dieses  Malers 
machen.  Wie  sollte  man  das  auch  in  so  abgelegener  Gegend,  einem 
Vorposten  arischer  Civilisation ,  erwarten  ?  Die  Figuren  sind  in 
rotbraun  auf  weißem  Grunde  angebracht.  Elefanten,  Bäume  und 
anderes  sind  mit  derselben  Farbe  gemalt.  Bei  menschlichen  Figuren 
sind  die  Umrisse  des  Körpers  mit  schwarzen  Linien  gezeichnet,  die 
Augen  weiß  und  schwarz  und  das  Haar  schwarz  und  auf  der  linken 
Seite  in  einen  Knoten  gebunden ,  eine  Haartracht ,  die  sich  noch 
jetzt  in  jener  Gegend  findet.  Bekleidete  Teile  des  Körpers  sind 
weiß  gelassen,  nur  die  Umrisse  wurden  in  roten  Linien  angedeutet. 
Auf  den  ersten  Blick  könnte  man  geneigt  sein,  diese  Malereien  für 
modern  zu  halten.  Sieht  man  jedoch  genauer  zu,  so  findet  man 
vieles  für  die  alte  Kunst  charakteristische ,  z.  B.  das  bekannte 
Caitva-window,  einen  Wagen  mit  Pferden,  ganz  im  alten  Stil,  und 
vieles  andere,  was  man  in  späterer  Zeit  sicher  nicht  so  dargestellt 
hätte.     Hält    man    die  Inschrift    dazu,    so  scheint   es  unbedenklich, 


456  Bloch,  Ein  griechisches  Theater  in  Indien. 

die  Malerei  für  gleichzeitig  zu  nehmen,  d.  h.  sie  ist  über  2000  Jahre 
alt.  Der  Anfang  der  Inschrift  lautet:  Sutanukä  nama  |  devada- 
iikyi  \  d.  h.  Sutanukä  näma  thvadüsiki  J  und  das  folgende  bezieht 
sich  dann  entweder  darauf,  daß  Sutanukä  die  Höhle  stiftete,  oder 
es  erklärt  die  über  der  Inschrift  gemalten  Scenen,  doch  macht  die 
zweite  Zeile  noch  Schwierigkeiten.  Der  Anfang  der  zweiten  In- 
schrift in  der  sogenannten  Sitabenga-Höhle  ist  ebenfalls  klar.  Er 
lautet:  Adipayainti  hadayam  |  sabhävagarukavayo.  Das  erklärt 
man  doch  am  natürlichsten  als :  ädlpayantl  hrdayam  svabhäva- 
guru-kavayah  „es  entflammen  das  Herz  die  von  Natur  verehrungs- 
würdigen Dichter".  Was  folgt,  ist  dann  allerdings  schwierig,  aber 
wenn  eine  Inschrift  so  anfängt,  so  darf  man  in  ihr  doch  wohl  einen 
Lobpreis  der  Dichtkunst  erwarten,  und  wenn  ein  derartiger  Hymnus 
sich  an  der  Wand  einer  künstlich  aus  dem  Felsen  gehauenen  Höhle 
findet,  so  kann  er  dort  doch  nur  deshalb  angebracht  sein,  weil  das 
Gebäude  dazu  diente ,  um  Werke  der  Dichtkunst  einem  größeren 
Publikum  vorzutragen.  Und  dazu  eignet  sich  auch  die  Anlage 
vortrefflich.  Im  Halbkreis,  terrassenförmig  übereinander,  sind  eine 
Reihe  Sitze  ausgehauen ,  die  durch  strahlenförmige  Linien  wieder 
abgeteilt  sind ,  ganz  nach  Art  eines  griechischen  Theaters.  Von 
jedem  dieser  Plätze  aus  hatte  man  einen  bequemen  Überblick  über 
eine  unterhalb  gelegene  natürliche  Plattform,  die  Platz  genug  bot, 
eine  kleine  Bühne  aufzuschlagen.  Natürlich  ist  das  Amphitheater 
nur  en  miniature ;  es  mochte  für  30  Zuschauer  Platz  haben ,  doch 
läßt  sich  seine  Anlage  nach  klassischem  Muster  nicht  verkennen. 
Über  den  Sitzen  befindet  sich  eine  viereckige  Kammer,  mit  breiten 
Bänken  die  Wände  entlang.  Hier  zog  man  sich  offenbar  zurück, 
wenn  die  Kälte  der  Winternächte  den  Aufenthalt  im  Freien  unan- 
genehm machte.  Man  findet  noch  am  Eingang  tiefe  Löcher  im 
Steinboden,  in  die  man  die  Balken  fügte,  die  den  Vorhang  hielten, 
durch  den  man  die  kalte  Luft  abschloß ,  und  drinnen  war  Raum 
genug  für  eine  solenne   „nautch-party". 

Ich  hoffe ,  daß  dieses  alles  klar  wird ,  wenn  ich  meine  Pläne 
und  Photographieen  veröffentlicht  habe.  Ich  schreibe  einen  Artikel 
über  diese  beiden  Höhlen,  für  den  nächsten  Band  des  Ai-chseological 
Annual,  einer  neuen  Veröffentlichung,  die  jährlich  von  dem  Director 
General  of  Archseology  herausgegeben  wird,  und  illustrierte  Artikel 
über  Archaeologie  in  Indien  im  weitesten  Sinne  enthalten  soll.  Für 
den  jetzt  im  Druck  befindlichen  ersten  Band  habe  ich  einen  Artikel 
beigetragen  über  Restauration  alter  Baudenkmäler  in  Bengalen, 
wesentlich  eine  Übersicht  über  alles ,  was  in  den  letzten  5  Jahren 
in  dieser  Richtung  getan  ist,  nebst  geschichtlichen  u.  s.  w.  Notizen 
über  die  betreffenden  Monumente,  soweit  sie  von  allgemeinerem 
Interesse  sind. 

Vielleicht  habe  ich  Ihnen  noch  nicht  mitgeteilt,  daß  man  nun 
endlich  daran  geht,  die  Asoka- Säule  in  Rampurwa,  die  nördlichste 
im  Distrikt  Champaran,  wieder  aufzurichten   .... 


Bloch.  Ein  griechisches  Theater  in  Indien.  457 

Es  arbeitet  jetzt  hier  ein  junger  eingeborener  Gelehrter  an 
einem  Wort-Index  der  Asoka-Inschriften.  Er  bezieht  eine  sogenannte 
Government  Research  Scholarship,  ein  Stipendiuni,  das  die  Regierung 
jährlich  an  mehrere  Eingeborene  verteilt,  um  zu  wissenschaftlichen 
Arbeiten  anzuregen.  Da  er  Asoka-Inschriften  als  sein  Thema  ge- 
wählt hatte ,  so  schlug  ich  ihm  diese  Arbeit  vor  .  .  .  Der  Name 
des  jungen  Mannes  ist  Ganga  Mohan  Laskar,  ein  Brahmane  aus 
Bikrampur  bei  Dacca,  dem  Hauptsitz  brahmanischer  Gelehrsamkeit 
im  östlichen  Bengalen.  Laskar  ist  ein  Titel .  den  seine  Vorfahren 
von  den  muhammedanischen  Herrschern  dieses  Landes  erhielten,  ähn- 
lich wie   Sirkar,  Majumdara  u.  a." 


458 


Nochmals  Sabbat. 

Von 
H.   Zimmern. 

Als  meine  Notiz  über  Sabbat  oben  S.  199  ff.  bereits  gedruckt 
war,  erschien  noch  vor  Ausgabe  des  betr.  Heftes  der  Zeitschrift 
ein  Artikel  von  Delitzsch  im  „Zeitgeist"  (Beiblatt  zum  Berliner 
Tageblatt),  Nr.  16  vom  18.  April  1904,  über  den  assyrisch-baby- 
lonischen Sabbat.  Delitzsch  handelt  darin,  veranlaßt  durch  einen 
in  derselben  Zeitung  vorausgegangenen  und  gegen  ihn  gerichteten, 
in  der  Form  und  auch  sachlich  anfechtbaren  Artikel,  gleichfalls  im 
Anschluß  an  den  von  mir  oben  besprochenen  Pinches'schen  Text 
über  die  Sabbatfrage,  unter  ausführlicher  Erörterung  verschiedener 
hier  in  Betracht  kommender  sprachlicher  Einzelheiten.  Da  die 
Ausführungen  von  Delitzsch  mehrfach  auch  anderweit  in  die  Tages - 
presse,  selbstverständlich  mit  entsprechenden  Entstellungen  und 
Mißverständnissen,  übergegangen  sind,  und  da  auch  der  Referent 
in  der  Zeitschriftenschau  der  Orient.  Litt.  -  Zeitung  von  Delitzschs 
Argumentation  überzeugt  worden  zu  sein  scheint  (vgl.  OLZ  1904 
Sp.  204),  so  sehe  ich  mich  bei  der  Wichtigkeit  der  Frage  ver- 
anlaßt, hier  mit  wenigen  Worten  noch  einmal  auf  die  Sache  zurück- 
zukommen ,  zumal  ich  in  der  Hauptfrage ,  um  die  es  sich  hier 
handelt,  mit  Delitzsch  durchaus  nicht  übereinstimmen  kann,  sondern 
bei  meinen  obigen  Ausführungen  verharren  muß. 

Nachdem  Delitzsch ,  entsprechend  wie  ich  oben ,  mehrere  Irr- 
tümer und  Verlesungen  in  der  Ausgabe  und  Transkription  von 
Pinches  richtig  gestellt  hat,1)  stellt  er  die  These  .auf,  daß  die  Be- 

1)  Wobei  freilich  Delitzschs  Lesung  ümatan  statt  Pinches'  wmu  kal 
nicht  als  Verbesserung  betrachtet  werden  kann;  s.  oben  S.  199  Anm.  1.  Übrigens 
bietet  das  oben  erwähnte  Duplikat  Ni.  1893  an  dieser  Stelle  statt  ümu  kal 
vielmehr  ümu(-mu)  ak-kal.  S.  dazu  die  vollständigere  Veröffentlichung  dieses 
Konstantinopeler  Fragmentes  durch  Scheil  in  dessen  Note  XXVII  im  Recueil 
de  Travaux  XIX  (1896),  auf  die  mich  Scheil  im  Anschluß  an  meinen  obigen 
Artikel  persönlich  aufmerksam  gemacht  hat.  Zwar  bietet  Scheil  selbst  hier 
SAG-DAN;  es  ist  aber  kein  Zweifel,  daß  SAG  hierbei  nur  auf  einer  Ver- 
lesung der  sehr  ähnlichen  neubabylonischen  Zeichen  SAG  und  AG  beruht. 
Für  „halber  Tag"  hat  dieses  Fragment  mi-ffl  ilmu(-mu),  für  „dritter  Tag-1 
nach  Scheils  Angabe  se-lal-sü-nu. 


Zimmern,  Nochmals  Sabbat.  4ÖU 

Zeichnung  des  15.  Tages  des  (30-tägigen)  Monats  durch  sa  pal  ti 
in  diesem  Texte  zu  verstehen  sei  als:  sa  pat-ti  „der  (Tag)  des 
2)attu  (seil,  des  Monats)"  d.  i.  als  „der  Tag  des  Einschnittes,  der 
Teilung,  der  Scheide"  des  Monats.  Über  diese  Lesung  und  Auf- 
fassung der  Gruppe  sa  pat  ti  durch  Delitzsch,  wenn  sie  mir  auch 
keineswegs  als  gesichert  oder  auch  nur  als  besonders  einleuchtend 
erscheint,  läßt  sich  immerhin  reden :  ich  hatte  oben  S.  202  ja  aus- 
drücklich erklärt,  daß  mir  die  Etymologie  von  sapatlu.  sabattu 
und  damit  auch  von  nsraj  unsicherer  denn  je  geworden  sei.  Da- 
gegen ist  es  mir  ganz  unmöglich ,  Delitzsch  nun  in  dem  weiteren 
Punkte  Recht  zu  geben ,  daß  diese  Bezeichnung  sapatti  bezw.  sa 
patti  für  den  15.  Tag  des  Monats  und  ebenso  [s]a-pat-tu  bezw. 
[s]a  pal- tu  Schöpf.  V  18 ,  wie  Delitzsch  ebenso  wie  ich  hier  liest, 
völlig  zu  trennen  sei  von  dem  in  den  Vokabularien  vorkommenden 
sapattum,  sabattu m ,  sabattim,  welch  letzteres  nach  ihm  allein 
mit  dem  hebräischen  rölü  zusammengebracht  werden  dürfe.  Ich 
bin  fest  überzeugt,  daß  Delitzsch  hier  nur  durch  die  polemische 
Situation ,  aus  der  heraus  sein  Artikel  entstanden  ist ,  zu  solcher 
hyperskeptischen  Auseinanderreißung  von  Zusammengehörigem  ge- 
trieben wurde  und  daß  er  bei  erneuter  Prüfung  der  Sachlage 
selbst  davon  wieder  zurückkommen  und  die  Identität  von  sapatti. 
[s]apattu  einerseits  und  von  sapattum,  sabattum,  sabattim  anderer- 
seits unumwunden  anerkennen  wird.  In  lautlicher  Hinsicht  sei 
dabei  noch  bemerkt,  daß  das  Schwanken  zwischen  b  und  p  in 
diesem  Worte  möglicherweise  nach  den  Ausführungen  Jensens  in 
Zeitschr.  f.  Ass.  14  (1899),  182  (p  für  urspr.  b  in  Wörtern  mit 
s  davor  oder  dahinter)  zu  beurteilen  ist.1)  Sachlich  finden  die  Be- 
denken Delitzschs  gegen  den  15.  des  Monats  als  babylonisch-assy- 
rischen Sabbat  ihre  Erledigung  in  dem  von  mir  oben  besprochenen 
Nebeneinanderbestehen  der  beiden  Systeme  einer  Sechsteilung  und 
einer  Vierteilung  des  Monats,  wonach  das  eine  Mal  der  15.-),  das 
andere  Mal  der  14.  als  der  Vollmondstag  und  darum  als  kultisch 
besonders  wichtiger  Tag  gegolten  haben  muß.  —  In  bezug  auf 
die  Siebener-Tage  der  assyrischen  Hemerologien  und  ihr  Verhältnis 
zum  hebräischen  Sabbat  sind  wir  ja  beide  im  übrigen  so  ziemlich 
gleicher  Ansicht. 

Ich  benutze  die  sich  mir  hier  bietende  Gelegenheit,  um  darauf 
aufmerksam  zu  machen ,  daß  sich  meine  obigen  Erörterungen  über 
den  Sabbat  als  ursprünglichen  Vollmondstag.  ohne  daß  ich  darum 
wußte,    in    mehrfacher    Hinsicht    berühren    mit    den    Ausführungen 


1)  S.   dazu  bereits  bei  Küchler,   Beitr.  z.  ass.-bab.  Medizin   90  f.   (vgl.  auch 
schon  oben  S.  202   Anm.  3). 

2)  Für  den    15.   als   Vollmondstag  scheint  mir  u.  a.   auch   die  vielerörterte 
Stelle    Gilgam.-Epos    X    Kol.    III  49    (=    KB  VI   1,  220,221)    in    Betracht    zu 
kommen:  mülah  arhi  u    UD  XV-KAN,  wo  gegen  die  bisherigen  Erklärungen 
(irlji  und    UD  XV-KAN  (d.  i.  SapatLi)   vielmehr  Gegensätze,    Neumond 
Neulicht)   und   Vollmond,   bilden   worden. 

Bd.  LVIII. 


4 liO  Zimmern,  Nochmals  Sabbat. 

von  Ditlef  Nielsen  in  dessen  Schrift:  Die  altarabische  Mondreligion 
und  die  mosaische  Überlieferung,  Straßburg  1904.  Vielen  in  dieser 
Schrift  sich  findenden  kühnen  Aufstellungen  vermag  ich  freilich 
nicht  zu  folgen.  Speziell  kann  ich  mich  auch  nicht  mit  der  da- 
selbst S.  69  und  S.  87  f.  nach  Hommels  Vorgang  gegebenen  Er- 
klärung von  sabattum  (und  danach  von  nau;)  als  einer  sprach- 
lichen Variante  von  subtu  in  der  Bedeutung  „(Mond)station"  (von 
aui"')  und  der  Reklamierung  von  sabattum  als  eines  altarabischen 
Fremdwortes  im  Assyrischen  (aus  l>rjjß  ä.a.5)  befreunden.  Immer- 
hin ist  anzuerkennen,  daß  die  Schrift  Nielsens  für  das  Verständnis 
des  altorientalischen  Mondkultus  und  damit  auch  für  das  Sabbat- 
problem manche  Förderung  bringt.  Auch  in  der  Schrift  Friedrich 
Bohns:  Der  Sabbat  im  Alten  Testament  und  im  altjüdischen  reli- 
giösen Aberglauben,  Gütersloh  1903,  findet  sich,  so  wenig  dieselbe 
im  übrigen  das  Sabbatproblem  im  Alten  Testament  richtig  be- 
handelt, doch  gerade  für  die  Frage  nach  dem  ursprünglichen  Zu- 
sammenhang der  Sabbatfeier  mit  den  Mondphasen  mancherlei  Be- 
achtenswertes. Verl,  auch  Böklen  im  Archiv  f.  Religionswissensch.  6 
(1903),  19. 


4(51 


Digamma  und  Wan. 

Von 

Franz  Praetorium. 

Ein  ungelöstes  Rätsel  ist  immer  noch  das  griechische  Digamma 
(lat.  F).  Es  steht  im  griechischen  Alphabet  an  der  Stelle,  wo  im 
kanaanäischen  Alphabete  das  Wau  steht  und  entspricht  diesem  dem 
Laute  nach  vollständig;  auch  führt  es  —  als  Zahlzeichen  wenigstens 
—  den  gleichen  Namen  ßav.  Aber  die  Gestalt  des  Digamma 
steht  der  des  kanaanäischen  Wau  recht  fern ,  wenn  auch  versucht 
worden  ist,  beide  Gestalten  mit  einander  harmonistisch  in  Einklang 
zu  bringen.  Dazu  kommt  noch,  daß  das  kanaanäische  Wau  in  fast 
unveränderter  Gestalt  als  T  dem  griechischen  Alphabete  schon  in 
frühester  Zeit  angehängt  worden  ist. 

Ein  ungelöstes  Rätsel  ist  gleichfalls  die  Gestalt  des  süd- 
semitischen Wau:  äthiop.  (D,  sab.  <D,  ganz  ähnlich  im  Lihjänischen, 
Protoarabischen  und  Safä.  Auch  hier  ist  zwar  versucht  worden, 
das  stark  abweichende  südsemitische  Zeichen  von  dem  kanaanäischen 
T  abzuleiten  (s.  D.  H.  Müller  in  Mordtmann  und  Müller,  Sab. 
Denkmäler  S.  106;  König,  Neue  Studien  S.  14);  indes  wird  der 
Unbefangene  nur  Lidzbarski  beistimmen  können:  „Wie  ©  zu  dieser 
vom  altsemitischen  |  so  sehr  verschiedenen  Form  gelangt  ist,  da- 
rüber habe  ich  zu  keinem  bestimmten  Urteil  gelangen  können" 
(Ephemeris  Bd.  I,  S.  127). 

Es  scheint  mir,  als  habe  das  südsemitische  <D  mit  dem  kanaanä- 
ischen T  seiner  Form  nach  nichts  zu  tun,  als  sei  es  vielmehr  seiner 
Form  nach  identisch  mit  dem  griechischen  Digamma. 

Man  beachte  das  formale  Verhältnis  des  südsemitischen  y,  j, 
zum  kanaanäischen  "\.  Die  beiden  parallelen  Ansatzlinien  links 
oben  sind  zu  einem  Kreise  zusammengefaßt  und  fügen  sich  nun- 
mehr in  dieser  Gestalt  symmetrisch  dem  senkrechten  Schafte  an. 
Die  Ansatzlinie  rechts  unten  ist  fortgefallen,  zeigt  ihre  Nachwirkung 


462  Praetorium,  D/gamma  und  Wau. 

indes  wohl  noch  in  dein  etwas  verlängerten  Schafte.  —  Wendet 
man  dieses  selbe  Prinzip  der  Weiterbildung  auf  Digamma,  ^  (]), 
an,  so  sieht  man  ohne  Weiteres,  daß  aus  ihm  leicht  <D  entstehen  konnte. 

Ich  lasse  es  unentschieden,  ob  die  kleine  Gestalt  des  ©  einiger 
südsemitischen  Schriftarten  mit  dieser  Entstehung  zusammenhängt. 
Denn  der  Kreis  entspricht  ja  nur  der  oberen  Hälfte  des  zugrande- 
liegenden  alten  Zeichens  T- 

[st  die  obige  Darlegung  richtig,  so  würde  die  Übereinstimmung 
des  griechischen  Digamma  mit  dem  südsemitischen  Wau  darauf  hin- 
weisen ,  daß  es  in  ältester  Zeit  in  Kanaan  irgendwo  ein  Zeichen 
für  w  gegeben  haben  muß,  das  uns  aus  Kanaan  selbst  bisher  nicht 
überliefert   worden  ist. 


4(38 


Anzeigen. 

Le  livre  de  Mohammed  ihn  Toumert  mahdi  des  Almohades. 
Texte  arabe  accompagne  de  notices  biographiques  et  d'une 
introduction  par  I.  Goldziher ,  Professeur  a  V  Universite 
de  Budapest.  Alger.  Imprimerie  Orientale  Pierre  Fontana. 
1903.  (Avant-propos  de  M.  J.  D.  Luciani,  Directeur  des 
Affaires  indigenes  au  Gouvernement  general  de  l'Algerie.) 
(Zum  Originalpreis  von  fr.  6  erhältlich  bei  Otto  Harrassowitz. 
Leipzig.) 

In  einer  dem  VII.  internationalen  Orientalistenkongresse  in  Wien, 
September  1886,  vorgelegten  Abhandlung,  die  1887  in  dieser  Zeit- 
schrift (41,  S.  30 — 140)  unter  dem  Titel  „Materialien  zur  Kennt- 
niss  der  Almohadenbewegung"  erschien,  lenkte  Prof.  Goldziher  die 
Aufmerksamkeit  auf  eine  Handschrift  der  Pariser  Nationalbibliothek, 
welche  die  theologischen  Schriften  des  Stifters  des  Almohadenreiches 
im  zwölften  Jahrhundert,  Mohammed  ibn  Tuniart,  enthält.  Die 
Authentie  des  Buches  ist  nicht  zu  bezweifeln  und  wir  finden  in 
ihm  fast  alles  wieder ,  was  in  verschiedenen  historischen  Werken 
als  Inhalt  der  Mahdi- Schriften  angegeben  wird.  Jede  Seite  von 
Goldzihers  gediegener  Abhandlung  legt  Zeugnis  ab  von  der  Wichtig- 
keit dieser  Sammlung  als  Quelle  für  die  Kenntnis  der  Almohaden- 
bewegung. Die  Regierung  Algeriens,  unter  deren  Schutz  jetzt  in 
Algier  literarisch-historische  Studien  blühen,  die  sich  weit  über  die 
Grenzen  des  französischen  Gebietes  erstrecken .  hat  sich  demnach 
durch  die  Veröffentlichung  des  merkwürdigen  Buches  höchst  ver- 
dient gemacht.  Die  Ausgabe  scheint  mit  großer  Sorgfalt  gemacht 
zu  sein.  Die  Handschrift  hat  hier  und  da  ein  wenig  gelitten ,  so 
daß  der  Herausgeber  Mohammed  ben  Mustapha  Kamal  gezwungen 
war,  einzelne  Wörter  durch  Konjektur  zu  ergänzen.  Er  hat  darin 
eine  sehr  glückliche  Hand  gehabt.  Alle  diese  Ergänzungen  sind  in 
Klammern  eingeschlossen.  In  den  seltenen  Fällen,  wo  es  ihm  nicht 
gelungen  war,  die  Lesart  mit  Sicherheit  herzustellen,  hat  er  eine 
weiße  Stelle  gelassen.  Die  wenigen  Druckfehler  sind  am  Schluß 
verbessert.  Ein  paar  Kleinigkeiten  hätten  daneben  noch  Platz  finden 
können,  z.  B.  daß  in  den  biographischen  Abschnitten  S.  f ,  6  v.  u. 
jxs>»,\    zu  sprechen,    S.  t.,7  v.  u.   LojJI  zu   lesen,  S.  t*T,  8  v.  u. 


4H4  Anzeigen. 

J|  statt     ^J|  und  vorl.  Z.     ^Lc  für      Jic  zu  verbessern  sei.     Da- 
gegen ist  H ,  ult.  xi»^j»  nicht  in  xi^ÄAajj  zu  verbessern  (wie  f  |f 

vorgeschlagen  wird) ,  sondern  in  *.j»  Jzjj ,  wie  richtig  in  Wüsten- 
felds Ausgabe.  Die  Anwendung  einiger  Vokalzeichen,  und  nament- 
lich des  tashdld ,  wäre  nicht  überflüssig  gewesen.  Die  oben  ge- 
nannten biographischen  Abschnitte  sind  die  dem  Buche  mit  eigener 
Paginatur  vorangehenden  59  Seiten ,  welche  die  Mitteilungen  des 
Abdalwähid  al-MarräkoskT,  Ibn  al-Athir's,  Ibn  Khallikän's,  Ibn  abl 
Zar' 's  im  Qartäs  und  Ibn  Khaldün's  über  Ibn  Tümart  enthalten. 

Die  Regierung  hat  sich  nicht  damit  begnügt,  diese  wichtigen 
Dokumente  zu  veröffentlichen,  sondern  hat  Prof.  Goldziher  gebeten, 
eine  Einleitung  dazu  zu  schreiben.  Diese  Einleitung,  die  mehr  als 
hundert  Seiten  füllt,  gibt  dieser  Ausgabe  einen  ganz  besonderen 
Wert.  Zusammen  mit  der  oben  erwähnten  Abhandlung,  deren  Be- 
kanntschaft der  Verfasser  durchgehends  voraussetzt,  bietet  sie  uns 
ein  treffliches  Bild  der  Almohadenbewegung ,  die ,  anfänglich  rein 
religiös,  bald  einen  militanten  Charakter  annahm  und  in  wenigen 
Jahren  die  Gründung  eines  Weltreiches  herbeiführte. 

Der  erste  Abschnitt  handelt  über  die  Chronologie,  namentlich 
die  der  Reise  Ibn  Tümarts  nach  dem  Osten  und  speziell  über  seine 
Beziehungen  zu  Ghazäli.  Es  gibt  eine  Legende ,  daß  der  welt- 
berühmte Theologe  den  jungen  Ibn  Tümart  zu  seinem  Auftreten 
gegen  die  Almoraviden  angefeuert  habe ,  um  so  Rache  zu  nehmen 
wegen  der  Geringschätzung  seiner  Werke  durch  die  westlichen 
Schriftgelehrten.  Goldziher  zeigt,  im  Anschluß  an  Macdonald,  daß 
dieser  Legende  jede  historische  Basis  fehlt.  Chronologisch  ist  ein 
Zusammentreffen  Ibn  Tümarts  mit  Ghazäli  zwar  nicht  ganz  un- 
möglich, aber  doch  sehr  unwahrscheinlich,  und  das  Motiv,  das  Ghazäli 
zugemutet  wird ,  ist  völlig  unannehmbar.  Ibn  Tümart  mag  wohl 
indirekt  von  der  Lehre  Ghazäll's  beeinflußt  worden  sein  und  von 
dem,  was  er  über  den  großen  Meister  erfuhr,  einen  starken  Impuls 
empfangen  haben,  doch  ist  er  nicht  zu  der  Tiefe  der  Anschauungen 
Ghazäll's  durchgedrungen  und  darf  nicht  als  dessen  Schüler  im 
höheren  Sinne  des  Wortes  betrachtet  werden. 

Im  zweiten  Abschnitt  wird  uns  der  Stand  der  theologischen 
Wissenschaft  im  Westen  in  der  zweiten  Hälfte  des  elften  Jahr- 
hunderts gezeichnet  und  historisch  begründet.  In  den  Hochschulen 
wurde  fast  ausschließlich  die  praktische  Theologie,  die  Pflichten- 
lehre, studiert,  anfangs  nach  der  syrischen  Auffassung  des  Auzä'i, 
seit  dem  Ende  des  zweiten  Jahrhunderts  der  Hidjra  nach  der  medi- 
nensischen  von  Mälik.  Mit  vollem  Recht  bestreitet  Goldziher  die 
bei  einigen  europäischen  Gelehrten  herrschende  Meinung,  als  unter- 
scheide sich  die  mediuensische  Schule  durch  ein  strenges  Festhalten 
an  der  Tradition  {hadltli)  und  eine  völlige  Ausschließung  des  indi- 
viduellen Urteils  {ar-rdy).     Tabarl   gibt  vom   Gegenteil  ein   merk- 


de  Goeje,  Goldzihers  Le  Uwe  de  Mohammed  ibn  Toumert  etc.     465 

würdiges  Zeugnis  im  Appendix  zu  den  Annalen  III,  P0.0  f. :  , Mo- 
hammed ibn  ab!  Bekr  ibn  Mohammed  ibn  'Amr  ibn  Hazni  (f  132, 
72  Jahr  alt)  war  Kadi  in  Medina.  Wenn  er  nun  ein  Urteil  ge- 
sprochen hatte  in  Widerspruch  mit  dem  HadTth  und  heimgekehrt 
war .  sagte  zu  ihm  sein  Bruder  Abdallah ,  der  ein  frommer  Mann 
war:  „Mein  Bruder,  du  hast  heute  über  die  und  die  Frage  so  und 
so  Eecht  gesprochen?"  Wenn  Mohammed  dies  bejahte,  sagte  Ab- 
dallah: „Und  wo  bleibt  der  HadTth?  Selten  wird  heutzutage  nach 
diesem  Recht  erteilt."  Mohammed  antwortete  dann:  „Halt,  wo 
würde  die  Praxis  bleiben?"  Er  meinte  die  in  Medina  allgemein 
geltende  Praxis;  denn  bei  ihnen  hat  die  anerkannte  Praxis  mehr 
Bedeutung  als  der  HadTth."  Nach  dieser  Richtung  hatte  sich  im 
Westen  die  Mälikitische  Schule  so  entwickelt,  daß  man  zur  Zeit 
der  Almoraviden  sich  gar  nicht  mehr  um  die  Rechtsquellen  kümmerte, 
sondern  sich  ganz  auf  das  Studium  der  Fiqh-Bücher  beschränkte, 
die  den  Gelehrten  den  Stoff  lieferten  zu  ihrer  spitzfindigen  Lösung 
allerlei  kasuistischer  Fragen.  Das  schlimmste  daran  war,  daß  man 
dies  als  Studium  der  religiösen  Wissenschaft  betrachtete.  Gegen 
diese  einseitige ,  aller  höheren  Bestrebung  bare  Richtung  kämpfte 
GhazälT,  und  in  diesem  Sinne  wrar  Ibn  Tümart  sein  Schüler.  Die 
Disputation  des  letzteren  mit  den  FaqThs  von  Aghmät,  die  vor 
seiner  Niederlassung  in  seinem  Geburtsort  IdjilTn  im  J.  514  statt- 
gefunden haben  muß,  hat  ausschließlich  zum  Zweck,  jenen  zu  be- 
weisen, daß  sie  von  der  Methodologie  des  Rechts  keinen  Begriff  hatten. 

Im  Gegensatz  zu  GhazälT  erkannte  Ibn  Tümart  die  Autorität 
der  Modjtahidün  nicht  an,  d.  h.  der  großen  FaqThs,  wie  der  Stifter 
der  Rechtsschulen .  deren  Entscheidung  als  endgültig  angenommen 
wird.  Daß  zwei  verschiedene  Beantwortungen  derselben  Frage 
gleichberechtigt  sein  sollten ,  dünkte  ihm  ungereimt.  Damit  aber 
fiel  die  Anerkennung  jener  Rechtsschulen  und  des  Anteils  der 
menschlichen  Vernunft  an  der  Bestimmung  des  göttlichen  Gesetzes. 
Koran,  HadTth  und  Idjmä'  sind  nach  seiner  Lehre  die  einzigen 
Quellen,  und  der  Idjmä'  (die  Übereinstimmung  der  Gemeinde  in 
einer  Sitte)  wird  noch  dazu  auf  die  Gefährten  des  Propheten  ein- 
geschränkt. Der  Qijäs  (die  Analogie)  ist,  ganz  im  Sinne  der  Zähi- 
riten,  so  gut  wie  ganz  ausgeschlossen.  Dies  alles  wird  im  dritten 
Abschnitt  besprochen. 

Wichtiger  sind  der  vierte  und  fünfte.  Im  Westen  galt  die 
Lehre  des  Mälik,  daß  man  sich  fern  halten  solle  von  dogmatischen 
Fragen.  Der  Koran  widersetzt  sich  der  Ähnlichkeit  Gottes  mit 
dem  Geschöpf,  kennt  aber  Gott  die  Attribute  des  Geschöpfes  zu. 
Man  soll  beides  frommen  Glaubens  annehmen.  Dagegen  richtet  sich 
Ibn  Tümart  mit  allen  Kräften.  Gott  kann  keine  menschlichen 
Attribute  haben;  der,  welcher  sie  annimmt,  macht  sich  des  Anthrc- 
pomorphismus  schuldig.  Ja,  die  Gottheit  kann  überhaupt  keine 
Attribute  haben,  denn  diese  müßten  ewig  sein,  was  mit  der  Ein- 
heit   des    Wesens    der   Gottheit    streiten    würde.     Damit    schloß    er 


4t  J6  Anzeigen. 

sich  ganz  der  Lehve  der  Mo'taziliten  an,  denen  er  auch  das  Schlag- 
wert  Tawhld  entlehnte,  das  die  Devise  der  Bewegung  wurde  und 
wonach  die  Dynastie  den  Namen  al-Muwahhidün  (Unitarier),  zu 
Almohaden  geworden ,  hat.  Alle  diejenigen ,  welche  diese  Lehre 
nicht  annahmen,  waren  Ungläubige  (Käfir),  deren  Bekämpfung  Reli- 
gionspflicht ist.  Da  die  Masse  der  Untertanen  der  Almoraviden 
nicht  in  jenem  Sinne  Bekenner  der  Einheit  Gottes  war  und  der 
Fürst  verantwortlich  ist  für  sein  Volk,  mußte  also  den  Almoraviden 
der  Heilige  Krieg  erklärt  werden. 

Die  Beform  der  theologischen  Prinzipien  war  in  Ihn  Tümarts 
Predigt  eng  mit  der  Beform  der  Sitten  verbunden ,  eigentlich  ihr 
untergeordnet.  Er  fing  an  als  Censor  morum,  oder  in  moslimischen 
Worten,  als  „Befehler  des  Guten,  Verbieter  des  Schlechten".  Im 
Grund  ist  es,  wie  Goldziher  im  letzten  Abschnitt  ausführt,  die 
Pflicht  jedes  einzelnen  Moslims,  jede  Verkehrtheit,  die  er  sieht,  zu 
bestreiten,  entweder  mit  der  Hand  oder  mit  der  Zunge,  oder,  wenn 
auch  dies  unmöglich,  wenigstens  mit  dem  Herzen.  Eine  je  einfluß- 
reichere Stellung  man  einnimmt,  um  so  gewissenhafter  hat  man 
diese  Pflicht  zu  erfüllen.  An  erster  Stelle  liegt  es  also  der  Regie- 
rung ob,  alles  gesetzwidrige  mit  Wort  und  Tat  zu  verbannen,  wo- 
durch aber  der  einzelne  Moslim  seiner  eigenen  Verpflichtung  nicht 
enthoben  wird,  selbst  nicht  seinen  Vorgesetzten  gegenüber.  Da  es 
nun  stets  Unzufriedene  gibt  und  die  Grenze  der  Mißbilligung  ge- 
wissermaßen willkürlich  ist,  begreift  man,  daß  jeder  Fanatiker,  jeder 
Streber  unter  dieser  Flagge  leicht  einen  Anhang  finden  konnte. 
„Der  Orientale",  schreibt  Goldziher,  „fühlt  sich  immer  unterdrückt 
durch  die  zeitweilige  Macht.  Autorität  und  Tyrannei  sind  für  ihn 
fast  synonyme  Ausdrücke.  Nirgends  ist  das  Wort  von  Anatole 
France:  ,gouverner,  c'est  mecontenter'  so  anwendbar  als  hier". 
Daher  hat  diese  Forderung  im  Laufe  der  Jahrhunderte  unzählige 
Aufstände  eingeleitet,  von  denen  verschiedene  den  Sturz  einer 
Dynastie  zur  Folge  gehabt  haben.  Keine  aber  hat  eine  so  große 
und  so  ausgebreitete  Wirkung  gehabt  wie  die  Predigt  des  Ibn 
Tümart. 

Der  Kampf  gegen  die  Mißbräuche  war  ihm  heiliger  Ernst, 
daran  läßt  sich  nicht  zweifeln.  Schon  im  Schiff,  das  ihn  von 
Alexandrien  nach  dem  Westen  zurückführte,  und  in  den  Orten,  wo 
er  sich  bei  seiner  Reise  nach  Marokko  aufhielt,  wagte  er  mehrmals 
sein  Leben  durch  sein  gewalttätiges  Auftreten  gegen  Wein  und 
Musik.  In  Marokko  hielt  er  auf  der  Straße  eine  Strafpredigt  gegen 
eine  Prinzessin,  die,  wie  es  damals  Sitte  war,  mit  unverschleiertem 
Antlitz  ausritt.  Mit  solchen  Mißbräuchen  standen  die  Vernach- 
lässigung der  theologischen  Studien  und  die  anthropomorphistische 
Dogmatik  auf  einer  Linie.  Auch  sie  gehörten  zu  dem  Schlechten, 
das  zu  verbieten  die  Pflicht  jedes  Moslims  sei. 

Ibn  Tümart  wollte,  daß  seine  Lehre  allgemein  verstanden  und 
angenommen    werde.      Daher    verfaßte    er    seine    Schriften    in    der 


de  Goeje,  Goldzihers  Le  licre  de  Mohammed  ibn   Toumert  etc.     467 

Nationalsprache,  dem  Berberiscben ,  oder  übersetzte  sie  in  dieselbe, 
was  mir  wahrscheinlicher  vorkommt.  Leider  ist  bis  jetzt  kein 
Exemplar  davon  gefunden.  Auch  der  Gebetsruf  und  die  Glaubens- 
formel  wurden  berberisch  gesprochen.  Es  wurde  sogar  nach  dem 
Siege  von  jedem  Beamten  gefordert,  daß  er  der  berberischen  Sprache 
mächtig  sei.  Dadurch  ist  der  Islam  erst  Xationalreligion  in  Nord- 
afrika geworden,  und  dies  ist  das  bleibende  Resultat  der  Almohaden- 
bewegung. 

Goldziher  stellt  am  Schluß  dieser  Einleitung  die  Alternative, 
ob  Ibn  Tümart  schon  bei  seiner  Rückkehr  aus  dem  Osten  die  Ab- 
sicht gehabt  habe  als  Mahdi  aufzutreten ,  oder  ob  er  erst  durch 
die  grenzenlose,  ganz  im  Geist  des  Berbertums  liegende  Verehrung 
seiner  Person  dazu  gekommen  sei ,  sich  für  den  unfehlbaren ,  ver- 
heißenen Imäm  auszugeben.  In  seiner  Abhandlung  hatte  er  sich 
zugunsten  der  letzteren  Auffassung  ausgesprochen :  hier  wünscht 
er  die  Frage  offen  zu  lassen.  Ich  zweifle  nicht  im  geringsten  daran, 
daß  sieb  das  Mahdi-Ideal  erst  allmählich  bei  ihm  herangebildet  hat, 
und  daß  der  Entschluß,  die  Almoraviden  zu  bekämpfen,  erst  in 
Marokko  selbst  entstanden  ist.  Sonst  wäre  —  um  nur  dies  zu 
nennen  —  sein  langer  Aufenthalt  in  verschiedenen  Orten  Nord- 
afrikas unerklärlich.  Auch  spricht  Goldziher  sich  nicht  entschieden 
über  die  Frage  aus,  ob  Ibn  Tümart  verdiene,  wie  Dozy  und  Müller 
es  meinten ,  zu  den  größten  Schwindlern  aller  Zeiten  gezählt  zu 
werden.  Die  Historiker  erzählen  uns  von  verschiedenen ,  darunter 
gräßlichen  Mitteln,  wodurch  er  seinen  Anhängern  den  Glauben  an 
seine  Mahdiwürde  beibrachte.  Es  ist  vorderhand  nicht  möglich, 
mit  Sicherheit  zu  entscheiden ,  ob  das  alles  Verleumdung  ist ,  wie 
mir  wahrscheinlich,  oder  auf  wirklich  Geschehenem  beruht.  Von 
dieser  Entscheidung  aber  hängt  größtenteils  die  Beantwortung  jener 
Frage  ab. 

Beim  Lesen  der  Einleitung  habe  ich  ein  paar  Kleinigkeiten 
notiert.  Die  Übersetzung  der  Verse  'Omära's  S.  2  f.  ist  nicht  ganz 
richtig.  Mit  ^xo3  ist  nicht  der  „crochet  du  garde-manger"  (Fleisch- 
haken) gemeint,  sondern  das  Brett  oder  die  Matte,  auf  welcher  das 
zerhauene  Fleisch  liegt,  oder  die  Schlächterbank  (.liil  .,^3»);  vgl. 
Mubarrad  iJ|A ,  12.  Tropisch  wird  aber  der  Ausdruck  ^.i,  J^  +Ji 
gebraucht  von  jedem,  der  wehrlos  und  schwach  ist,  Hamäsa  vi 
unten,  \f\ ,  3,  wo  die  Weiber  so  genannt  werden,  wie  in  Omar's 
Worten    xäc  ^j   .x   9i    *./£>»     As.  ^J-  sL*jJ|,    Lisän  XVI,  irs 

wo  das  ausführlich  erklärt  wird.  Vgl.  auch  Asäs.  Im  zweiten 
Verse  ist  „qu'il  va  chercher  son  souffle  jusque  dans  les  etoiles"  zu 
frei.     Wörtlich    ist    es:    ,bis    seine   Hand    dir  Sterne  an   der   Kehle 


4t  iS  Anzeigen. 

packte,  ihnen  die  Kehle  zuschnürte",  was  in  Prosa  sein  würde: 
bis  er  die  Höchstgestellten  zur  Unterwerfung  brachte. 

Goldziher  schreibt  S.  6,  daß  der  Ausdruck  shabiba  nicht  von 
einem  27  oder  28  Jahre  alten  Manne  gebraucht  werden  dai-f.  Das 
ist  aber  unrichtig.  Ibn  Hab  Tb  (Khizäna  I,  F11)  gibt  folgende 
Bestimmung:  Die  Knabenzeit  (&y«Jl*JJ)  dauert  17  Jahre  von  der 
Geburt  ab  gerechnet;  ebenso  lange  dauert  die  Jugendzeit  (jüuLa.;üJ|). 
Dann  folgt  das  reife  Mannesalter  (xJL^CJl)  von  derselben  Dauer. 
Wenn  man  51  Jahre  erreicht  hat,  wird  man  Greis  G^.ü)  und  bleibt 
dies  bis  zum  Tod.  Richtig  sagt  also  GhazälT  in  der  Anm.  3  zitierten 
Stelle:  „Im  Anfang  meiner  Jugendzeit,  da  ich  beinahe  erwachsen 
war,  die  20  Jahre  noch  nicht  erreicht  hatte."  Ebenso  sagt  Ibn 
Hauqal  (c  1.  Z.) ,   daß  er  seine  Reisen  angefangen  habe  im  Anfang 

seiner  Jugendzeit ,  womit  er  meint  (vgl.  Z.  7  ff.) ,  als  er  schon  er- 
wachsen war.  Alle  stimmen  darin  überein ,  daß  man  i«_jL&  heißt 
bis  man  J.^y  wird.  Bei  letzterem  fangen  die  ersten  grauen  Haare 
an  sich  zu  zeigen  (Hamäsa  ö.)-  Einige  lassen  die  Jugendzeit  nur 
bis  zum  32.  Jahr  dauern,  andere  dehnen  sie  bis  zum  36.  Jahr  aus. 
Jedenfalls  aber  widerspricht  die  Mitteilung,  daß  Ibn  Tümart  in 
seiner  Jugendzeit  die  Orientreise  gemacht  habe,  nicht  der  übrigens, 
wie  es  scheint,  im  allgemeinen  richtigen  Chronologie  des  Ibn  al- 
AthTr.  Nach  dieser  wurde  er  51  oder  55  Jahre  alt  und  war  sein 
Geburtsjahr  demnach  469  oder  473.  Ibn  Khallikän  gibt  485  als 
sein  Geburtsjahr,  was  gewiß  falsch  ist.  Bei  Ibn  al-Athir  (Biogr. 
Kf,  1.  Z.)  ist  natürlich  falsch ,  daß  seine  Regierung  20  Jahre  ge- 
dauert habe.  Es  ist  wohl  ursprünglich  ein  Schreibfehler  für  10  Jahre. 
Denn  er  sagt  ja  selbst  (Biog.  |A,  2,  wie  auch  Ibn  Khallikän  f*ö,  1), 
daß  er  erst  514  zu  seinem  Stamm  zurückkam.  Vgl.  auch  die 
Stelle  im  Qartäs  (Biogr.  f1)  und  unten  das  Exzerpt  aus  dem 
Holal.  Darüber,  daß  er  seine  Reise  nach  Spanien  und  weiter 
nach  dem  Orient  im  Jahre  501  (500)  anfing,  sind  alle  Biographen 
einig.  Über  die  Zeit  seiner  Rückkehr  herrscht  wieder  Unsicher- 
heit, Nach  dem  Qartäs  (Biogr.  H,  4)  trat  er  die  Rückreise  510 
an,  nach  Ibn  al-Qifti  (Biogr.  fv,  3)  ein  Jahr  später;  nach  Ibn  al- 
Athir  (II,  2  f.)  war  er  schon  505  in  al-Mahdlja,  als  er  von  Osten 
heimkehrte,  und  zwar  als  Jahjä  ibn  Tamlm  daselbst  regierte.  Letz- 
teres hat  auch  Ibn  Khallikän  (Biogr.  H,  vgl.  Slanes  Übers.  IV,  97). 
Da  dieser  Fürst  509  starb  (Ibn  Khaldün,  Berb.  I,  P.v),  würde 
man  geneigt  sein  Ibn  al-Athir's  Angabe  für  richtiger  zu  halten. 
Allein  nach  Ibn  Khaldün  (Berb.  I,  ft*».)  kam  Ibn  Tümart  512 
nach  Bedjäja,  unter  der  Regierung  des  al-'AzIz  (vgl.  Biogr.  oö  1.  Z.) 
und    er    kam     dahin    direkt    von    al  -  Mahdlja.      Ist   Ibn    Khaldün's 


de  Goeje,  Goldzihers  Le  livre  de  Mohammed  ihn   Toumert  etc.     4()i) 

Angabe  richtig,  so  muß  nicht  nur  die  Jahreszahl  505,  sondern  auch 
der  Name  des  Fürsten  auf  einem  Irrtum  beruhen.  Denn  von  509 
bis  515  regierte  zu  aJUMahdfja  'All  ibn  Jahjä.  Wie  groß  die  Nach- 
lässigkeit in  solchen  Angaben  ist,  beweist  die  Mitteilung  Ibn  Khal- 
likän's  (Biogr.  PI),  daß  er  in  der  Biographie  des  Tamlm  ibn  Bädis 
(Wüstenfeld  n.  125)  geschrieben  und  von  anderer  Seite  bestätigt 
gefunden  habe ,  daß  Ibn  Tümart  auf  seiner  Rückreise  vom  Orient 
nach  al-Mahdija  kam,  als  Tamim  regierte.  Dieser  starb  nämlich 
schon  501;  die  Angabe  muß  demnach  falsch  sein.  Mit  den  uns 
jetzt  zu  Gebot  stehenden  Quellen  ist  diese  chronologische  Frage 
nicht  zu  lösen. 

Das  Sterbejahr  Ibn  Tümart's  524  scheint  festzustehen,  obgleich 
Ibn  Khaldün,  I,  t*».f*»:  522  hat,  im  Widerspruch  mit  I,  Vfv,  10.  Jäqüt 
(1,111)  sagt,  daß  er  534  gestorben  sei;  das  ist  aber  grundfalsch. 
Es  ist  nicht  unwahrscheinlich,  daß  Fraga  erst  im  Jahre  534  von 
den  Christen  erobert  wurde.  Wenigstens  war  es  noch  nicht  in  ihren 
Händen  im  Jahre  528,  als  die  Schlacht  von  Fraga  stattfand,  in 
welcher  Alfons  „el-Batallador"  fiel  (Codera ,  Familia  real  de 
los  Benitexufin.  p.  24  in  der  Revista  de  Aragon  1903).  Merk- 
würdig ist ,  daß  Jäqüt  Ibn  Tümart  den  Mahdi  der  Almoraviden 
nennt.  Dies  läßt  uns  den  Verlust  seiner  Geschichte  der  Almohaden 
(I,  jJJ|)tw,  16  f.)  leicht  verschmerzen. 

S.  9.  Die  Verbesserung ,  welche  Goldziher  vorschlägt ,  wird 
glänzend  bestätigt  von  Jäqüt  II,  ö11  ,  18.  Nur  folgt  nichts  aus 
dieser  Stelle   über  ein  Zusammentreffen  Ibn  Tümart's  mit  GhazälT. 

In  einer  S.  19  angeführten  Stelle  wird  Ibn  Tümart  einer  „von 
den  Leuten  von  Salamija"  genannt,  wozu  Goldziher  ein  Fragezeichen 
gesetzt  hat.  Ich  erlaube  mir  vermutungsweise  eine  Erklärung  vor- 
zuschlagen. Salamlja  war  in  der  zweiten  Hälfte  des  dritten  Jahr- 
hunderts das  Zentrum  der  Ismailiten  (Qarmaten ,  resp.  Fatimiden)- 
Bewegung.  Da  wurde  der  Mahdi  'Obaidalläh,  der  Gründer  der 
Fatimiden -Dynastie,  geboren  und  erzogen.  Diese  Ismailiten  aber 
unterscheiden  sich  durch  die  sogenannte  allegorische  Deutung  des 
Korans,  die  sie  ta'wil  nennen,  und  durch  die  Lehre  des  unfehlbaren 
Imäms.  In  diesen  zwei  Hauptpunkten  stimmte  Ibn  Tümart  ganz 
mit  ihnen  überein.  und  es  ist  nicht  unbegreiflich,  daß  man  ihn  zu 
ihnen  gerechnet  hat. 

S.  72  übersetzt  Goldziher  ein  Zitat  aus  Tabarl,  nach  Ibn  Hazm, 
dessen  Text  er  in  seinen  Zähiriten  S.  137  gegeben  hat:  Le  celebre 
historien  Tabari,  qui  s'est  consacre  ä  la  theologie  avec  autant  d'ar- 
deur  qua  l'histoire,  va  jusqu'ä  enseigner  que  „tont  Musulman  qui 
a  atteint  Tage  de  la  puberte  et  qui  ne  connait  pas  Dieu,  avec  tous 
ses  noms  et  tous  ses  attributs,  par  le  raisonnement,  est  un  Kat'ir 
dont  la  vie  et  les  biens  sont  horslaloi".  Goldziher  setzl 
dazu,  daß  selbstverständlich  mit  dem  Worte  „raisonnement1'  hier 
und    bei    den  Ash'ariten    die  Methoden  zu   verstehen  seien,    dir   sie 


470  Anzeigen. 

in  ihren  eigenen  Büchern  entwickelt  haben.  Aus  dem  Zusammen- 
hang würde  man  jedoch  schließen,  daß  doch  eine  Art  logischer  Be- 
weisführung gemeint  sei.  Nach  meiner  Ansicht  ist  mit  der  Be- 
gründung (al  -  istidlöl)  nichts  weiter  gemeint  als  was  Goldziher 
S.  83  als  Ghazäll's  Urteil  mitteilt:  „Die  Beweise,  welche  der  Koran 
selbst  liefert ,  genügen  vollkommen ,  die  Existenz  und  die  Einheit 
Gottes  allen  Menschen  verständlich  zu  machen."  Das  gedankenlose 
Nachsagen,  nur  weil  man  es  so  gelernt  hat,  macht  den  erwachsenen 
Moslim  dem  Käfir  gleich.  Im  selben  Sinne  sagte  Jbn  Tümart  (diese 
Zeitschrift  41,  97):  „Die  Gesetzübung  wird  erst  durch  die  bewußte 
Kenntnis  vollgültig,  der  Gottesdienst  der  Unwissenden  ist  nicht 
gültig. " 

Die  Schriften  Ibn  Tümart's ,  welche  uns  jetzt  vorliegen ,  sind 
größtenteils  aus  seinem  Munde  niedergeschrieben  von  seinem  Schüler 
und  Nachfolger  Abdalmümin.  Der  ersten  geht  eine  Einleitung  von 
diesem  voran.  Der  letzte  Teil,  das  Buch  des  heiligen  Krieges,  ist 
erst  im  Jahre  579  unter  der  Regierung  des  Abu  Ja'qüb  Jüsuf  ent- 
standen ,  als  zum  Behuf  der  Gemeinde  die  sämtlichen  Werke  des 
Mahdis  kodifiziert  wurden.  Goldziher  hat  in  seinen  Materialien 
S.  75  ff.  eine  vortreffliche  Analyse  des  Inhalts  gegeben,  zu  welcher 
ich  nichts  hinzuzufügen  wüßte.  „Wie  weiß  doch  Goldziher  die 
langweiligsten  Werke  auf  ihren  Kern  zu  durchforschen  und  diesen 
Kern  dann  darzustellen!"  schreibt  mir  Nöldeke.  Diesen  Ausruf  der 
Bewunderung  mache  ich  von  ganzem  Herzen   zu  dem  meinigen. 

Das  Buch  al-Holal  al-maushija,  das  Dozy,  Abbad.  II,  182 ff. 
beschrieben  hat,  enthält  einige  Notizen  über  Ibn  Tümart  und  eine 
Biographie,  die  mir  wichtig  genug  scheinen,  hier  mitgeteilt  zu  werden. 
Letztere  enthält  nichts  von  den  Betrügereien ,  welche  andere  von 
ihm  erzählen ,  wohl  aber ,  daß  er  in  Bagdad  bei  GhazalT  war ,  als 
dieser  benachrichtigt  wurde,  wie  man  sein  Buch  Ihja  al-'olüm  im 
Westen  zur  Verbrennung  verurteilt  hatte.  Am  Ende  des  Artikels 
werde  ich  darüber  noch  ein  paar  Zeilen  schreiben.  Seine  Autori- 
täten sind  alt,  u.  a.  Ibn  Sähib  as- Salat,  der  Mitglied  der  Gesandt- 
schaft aus  Sevilla  war,  die  nach  der  Eroberung  Marokkos  (541) 
aus  Spanien  kam  um  Abdalmümin  zu  huldigen.  Auch  enthält  sie 
das  Glaubensbekenntnis  der  Almohaden,  das  man  al-morshida  nennt, 
und  zwar  in  einer  etwas  besseren  Redaktion  ;  weiter  ein  Gebet  und 
ein  kurzes  Gedicht  des  Mahdis. 

Fol.  36  r.  Als  der  Almoravide  'Ali  ibn  Jüsuf  im  Jahre  515 
eben   fertig  war  mit  den   Unruhen  in  Cordova: 

3-2JÜ!    tLü     ..i    W$>    lXju    s-^Ö      _jIj    Uaav,=>    S.lXxJS      J!    oLxs 


de  Goeje,   Goldzihers  he  Ihre  de  Mohammed  ihn  Toumert  etc.     471 
Fol.  38  V.  f.     yvJUaS    ^>i    J.   J^  iyc   w>    ü    v£*JÜÜi    j^yj 

tXj|»l      ,--■*        f.AO        wC       J»^=>       tL^VS       y£i3       ,    cJlc       aÜjlÄjtt 

(.,0.     k-^lXJl     q./*     «LuO   UÄjf     (jytA*w    8iA5>»      .».~J!    iLÄJ    J,     oi.Äi!     «Jf 

j     kj  •  ••->       _^  •      (_>  w  >      ^w         '       "       J  *— 

Q»-ajgüb  I^Äili  x-i^Lx.  xäcojj«    Jlc  .^*  sLu  Jl»  l\^;.  ^j  AaJJ!  »ji 

j-J^     ^A>Läj|     xzz~Ji    ,J-$»     ^*^     (jV-i  LwJi      (j*Lü|       Jlcj     X/^ÄJ       _Lc 
(1.    L*S>lX5>!)    L*P!A:>I     tjyto^c    J,    jäJ  l-*J     auJl     A-i.      --j     «JOki-Jl 

Fol.  39  v.  f.      -i^c   «j  I   x^w  ^    s.aLc    _*£>    .ctXitl     .,b    A'i. 

J.*^     ÄJ!      e$03»     uÜj't-tJ     »»J-fck     ^ttXJüi     lM^5     *jU.aw-#.3-j      (1.    b.-^ü) 

^Jsi^   c^j  ^j  &\  lXxc  jj!    3-i>A5  '-)-*<?.  q^   i3Lä  aJJi  *U;   (M! 

«.x.^-    (1.   KiA«-)    ■iJs.X^    [jaJtj   ^J    (1.    ^wäi)    LJläs     ,-yii!     -».a:    ä.j.]Uj 
UJLs    :;)lv>!    lyjj    »JÜ    A^.^.:5    ^1    JUS    C-.^U,;!   ^|    jä^    JAP 

ö^LäJI    c^cV^'^    --^^   |*Jü    ^^J    c5-^r^    -  r*^3    y^JLiö»    ,*^>    ^    j^Jl 
t^o^Uj  XU!  y*  xx^ü    iUU>  J.  *.-'   3-s»   ^ij=  [•Xs*Jb   (^J^l    .ob 

1)  Der  Großvater  dos  Averroes,  s.  Brockolm.  I,  384.     Er  starb   520. 

2)  Fol.  4  r.  Abu  'Abdallah   ibn   Jabjä  az-Zohri. 

3)  Kor.  72,  vs.  18. 


472  Anzeigen. 

qJ      -Le   (jN.^l^m    yjys)    ^    ^+S.s    eSÄAC.    Q.E   ^j.i.^.11    ^oi   ^ibi 

lv>L>-     jj     vi>Jlf=3         ,1      *Ji      Ä.Ji      &>J      8.xl5  Ji      J*30      U.Jj     'wÄ/vvjJ 

,Xxii     *£&JU     ^1     (J^lXazS      L*j      Ä^ls»        J     j"-aJ      Ä.J      ^LäS      xJ        ?Ai2ÄÄ5 
*>l\äc    L«j    &Jls>     IjyjJCJ^j    ^jw    L+JlXJu     .,Lj     ^L^.äsJl    ,/s|    e5ÜÖ     l\ÄXS 

i^oLc  L.J»  m+JLc  JoL^  ,3   ^„bli^   ö.xi^=>   .y«i  J,    *.$**   *.IXä9 

.a/»I    Lj    aJ     Utas     *Ji5>     ^a     »3jAi>     l+e    (V^iLw     (jvjmi     -A»i       Ji 

^jo^  xJLo    ^'w^rT»    *yi_**w*i    ^L^Ji^    (j*Lxi!    i-y^äj   J^?")    (jwb*»»*»lt 

J^J!    !l\P    ^^ya    $\*    dJi   y5Ü   ^äjI   v^*%   O-    ^^   xj  ^  LT^5 
5l5j    w*.SÖ    qX    Läaj    xaIc    oi-ä-o    ^Si»     lXjJvs»    ..y«    e>-Aj    ,3    *!*:>■  i 

»cXaäS  ^  4?-^^  iS  xl*>l  J^-Ji  ij^p  äÜI  ySLäji  tL^ääJi  ^xj  »J 
^LtXÄäl  8-jj»  (jv^Lil  j.La^!  q-.  ».Aäs&b  ,.\S$  i3j-*^^  ^**-w.j  r,i 
(1.  \J&.=>)  ^ä=>  J.  ^.Sv  iiÄ£>  uN-Jl^ii  jkA  L  «J  ^Lä»  2)**c  qJ 
~y>5  ^A.ax-w  .Ji^  u_ß.AA>oJi  J^Ji  tÄ^  ^Ji  c^ääL  (Mi  ü5^UI 
Ji  jv^uu»    ^UJi  u^lXj  L^j   |»Läli  oUii     Ji  isäjüö  uXac  ^^ii 

ä.>Lw    y>JJ>»        -xai^i!     (jw«.*vJi         Ji     iO.Cj    oL*£i     <_a5*Lo     ;*»:>- _,£>i      Mi 

-ji-Ji    **Ji    o*.*-«-Ä.>i»     (j*LUi     XXXÄ5    äoL^-w..*.^    (1.    b'-ÄÜXc)     yii+£.    yj»~t.£> 

tl&  0\   »yo  ^jL  Ix   y>i    ^  JS  Jt  ^Ji   j^lp-^l   £    wU^j 

ä.aId.S     J^i      ^AJ      L£J      'u-Ä  5      „läxJLJ      (j^Ji^i^i         Ji     jT5.il      _^^^-J 

Ä.ijP    O^b      Ji    xa-<    x^j.j»      .,.0   J-*.^*    O,/0j.i'    ^ji    lXxas    (jvLijLI!» 
oiüfcÄ^Ls   *.?.*£.    ä-A.-vaS   ,.w^s    (j*Lii    Ä.xJi    5.^.Ä^>Ls      -^aäbii   y«».Aw.Ji   ,-yo 

q^O      bii     (AS>i      ^Ji     J^OJ      bi  ^     ^— >J      ^j^S     ^XÄV3»./}      Ä.JÜ-»»      xIaa's     ...» 

q-<  iiLycc  JJ>i   Lg.U:>  lX/*o  ^^i.   A*j   V1^';    ^    ^g^-»*H    ^    ^Ä.J--^ 


1)  Am  Eande  mit  ^o . 

2)  Biogr.  |v,   vorletzte  Zeile      .L*ic  ^  ,.iLaJ. 


de  Goeje,  Goldzihers  Le  livre  de  Mohammed  ibn  Toumert  etc.     473 

j-JJÖ^Ü  jj-JUii  j&S  Jü    ÜJ   Uj   rli^  ^äJ!  ^  aus  LI  ^LÜi 
U^ÄXiwj    q.j    i^ä*v»_j    q.j      -1c    oi-ls    (j*.Lij|    xäxj»    8^*3-    ^.xc    L*J» 

(jöLä5>^!    J,    ü5ÜÖ    Aäc    i^cAgiS    lXj5>1j    e5^ii    j-JLc     jjüjj    Jls    xaJLc 

'äJJS  ^Ui  .J   au-wS  J.   A*j  <iLj  »-Ai>  J.U.J»   JsjÄäJIj    (1.  ^IjobSI) 

öyt^j       k  xjLs»    yVjS»-      Ji    _*i    aJ    ^äÄ^vo    ^JLs    xaIs.    ^lX-j-Ü     ^j-r- 
Jl    J>±c\*    *jL*;    .i    CLOLÜ    rys    L&J    w^»     »-*!    slJu«    1  clXjILj      .."bil 


L> 


jJUj  *U!  *+>,  ^Aiii  rlüll  Fol.  41  r. 

,.yj       J»».P       ,.~J      ,-y*^»Ji       l\.AC      ..yj       jUi       l\>»£.         -yj       A*-5^        ^«.P      \Awwj 

,.*ji  JLc  jj|  w*„w.äjS  !ÄP  c^aÜ  ^äx-  »Jlll  -X;.  ,^JLb  -.jI  ,.yi 
»yaÄrMj  mLLäJI  ,^jI  xää=>»  tL*^  iUlü  IwjLwoI  »-^ui  J  -)oj.a^. 
»aJI«J  ^Läj    ..Ü  .  *JUI  Axt  »j!  ä.äx>L5  s^LoJi  v_^&*L*o  qj!  .mI^  **i 

i-LuaJl    boLäj^S    pLvauSI    ,  <=.J-aJ|      ..LwJJLj    s'jjt/C»    *sL*U     ,.ixl.    o-*.j' 

jxya^j    Jr'V^-^    »J^i    -V-    yj&    *-'*-'    l5^*    [x^AÄX^^b]    4)lyü 

1)  Cf.  Biogr.  Co,   i*v  f.,   öf . 

2)  Dieser  kann  nicht,  wie  De  Slane  in  einer  Note  zu  der  Übersetzung 
Ibn  Khaldün's  II,  161  unachtsam  geschrieben  hat,  der  bekannte  Historiograph 
Qairawän's  sein,  der  4G3   starb. 

3)  De  Slane  II,  161  sagt,  daß  Amghar  chef,  viedlard,  163  daß  Acafou 
V ('clatrtur  bedeute. 

4)  Dozy  hat  dies  am  Uande  aus  Cod.  Gayangos  suppliert.  Ibn  al-HadhramT 
las  in  Alexandrien,  Maqqari  I,  öli^4. 


|  ,  |  Anzeigen. 

^\    p\M\    J^s.    oIlXjLuj     x)^*^oJa$\    lXaJjJI    [Qjt   ^Jo]    ^t    rL«^l 

l»^Xi(_5    «las     lj+i$u     S4aL ' 's    tlgjä    r^_j    (j^JtXibSi^    U.iil      Jt    J**oj 

£  jJb   xiLi  '2)ajA*>  aji   UL-  ^5   J-LäJI    aj!   jLs  tU^t   *as 

JLj»  *35_&-b  tx.j  »j>^Lj  JL«  Ji  v_AJtf»  SC\.L>.äj  ö-s>t»  «JSr^1. 
^i  „^=>lXs  cj^sy!  e^iö  J.  i— >ym  oUaj  *>l*  j^»  U  -Jlc  ot-^bti 
ä^LiJ!  k_^.^-Lo  ^j!  l^5*  (*-r^"w  ,'-ixj(_»  f-g-^x  ;3W  Laa>w    .\S  *.'i.=> 

»tLs?  Jl;*Ji  lXxI;>-  ,_jI  (.LsbSl  £\aXcJ5  x^.j^+i  j>5lX«ju  >^>.ä5"  (3L'i 
i)»a3|j  ü.<w.LX.It  J>.3»lXs  v_iyo  Sv.j  ;  7i  x.*,5.  J*  jül^JUI  vi>.5  J.>. 
^S>\  q/o  ^Läs  J^Jt  q*/i  ^Us  xaJIc  ^Xw^.5  l\xL=>  jt  &^a£J!  Jx. 
iPjL^iis  uäa5"  jLs  fxi  JsL_i  üxbji'  vi>J3o  aJ  A,Lä  -AoäbJI  Vt*-^ 
yis  |j  Li  A,Ls  ^*i  jls  *Ls>^i  ybfe  r<ib  Jj>  Ali  ^  ^Lä 
aJsLs-lj  »,Ai>Ls  tyi?  La  .«JLiuJ  xaJIe.  *i*5  sLa5>  Jw>-J5  c>-*-a2.s  *a5 
Si.Ai.I2Jt»  5-LcLXJt  Ji  ^lXj  lXa>*  *a>»  ,axäs  ALS  ot.>  l+f  SüaäJb. 
«jä*>i  LT"  ^^Äi.0  v^b  Ü^T*  "^  f-ir^"0  ^j'8  f"$\  ^1-äi   r^-^- 

L^jt     ^lX^ILj     lX*J     l^aäIäX!  _*«j-A*A.Jt      '^r-^J-J'     rjJ      ^t     l\a£  jjt     ^'-Ä5 

v.,L^d  UJÜ  xXc  JlsLxaS  ^clXj  -Jl£  a^Jo  0U^r.  (Mt  «JÜ!  o)|  rUbSt 
^1  goL-ÄJt  jLss  XbSt  JjC^  ^  ^i>T  ^lä  KäJL^  ^j!  rGi  lX*^ 
A^btt  xjLcj  Joc^.j  LccXi  .JJlxIl  _*.ü  S4j^a2.j  s„a3»1.s  l\aiL>  (1.  ^.jt) 
Jlaäs  «Ju  ^.JLc  äJL*>|  ^Jüt  «3Lfts  xJiJ!  iL^i  iMt  ^tXft!  «J  $& 
S.0L0   j>t'»\ij  ^  °yV>   o-^  *^'  ^c  J^'   rj^"-5  atLE°  i?^*'-1'  ^' 

1)  Auch   Ihn  ab!  Randaqa  genannt,  f  520;  MaqqarT  I,  ötv  f.;  Ibn  Pascual 
ed.  Codera,  II,  otv  f. 

2)  War  Kadi  von  Cordova  490—508,  s.    Ibn  Pascual  II,  ötP  n.  1183. 


de  Goeje,  Goldzihers  Le  Uwe  de  Mohammed  ibn  Toumert  etc.     475 

*y>\    %±js   jCUI  Lzj   .*£  äUX^ti  <J!  J^  U4j  aJdi  pLä  (.s\  ^3 

(.JS,  iüXs  _bb.  Jl  LgJüs  -r^>»  (C-^^1^  '-■H'=>^  ->'-♦==-  q-?1  [C-Si 
J^+s-  ^Ää  ^%  *+£  ^j  ^->_».J  As  ^Lc  qJ  0*3^  ~-^+~  ^^ 
jvJLjJI  ^*JL*j  c,i  sA-cii'  r)^~^=>-5  s3j^*Ü  ->^b  £)J  3U^-  £J^  *»^--K 
r-y^ii  Aac  jUü  ^<w!  ^c  aJbwi  iot/i  j^JL^j  ^iXgit  Ji  20  lX-oäj 
a^  r,y=ij'  jLää  ^U^+li"  ^.Iü  ^y»  JUS  »Ab  ^c  sJL-j  ^^  aJ 
■  Vj»  lSjÄII  l£LJ  (*-Jl*Ji  UjJUs  J.  äÜLss-jii  lX-^I  U.  *xi  V.ä  L^.j 
Ji    WJtXb    JÜiX^-j    Jö    ö_*k.tb    auJLkj    ^cioi    _^«l*ii    ^A^Li    *^ 

Jab-J  *.aJU   Läj   x*/«   (5^*-5  q-J^5^'   -^   C^!^    I^A*^   ^   q-:-^-( 
,,Aäj    L.^A.w.g»    (C^zibS!    (jwj-«Ji    ^    »Ab    *ÄjS>    ^Ji    Lgie    ^^[* 

J,  a5J<3j  jjLjJi  ^  ,aü"  jsjtAjj   jyöäü5!  (j^av.Jlj  r,b   Ld»j     Sy'j 
LAAlii>    »^a5    *Lä    »JU«**»-i«Ä3    »jAc    (j»fc*5>    X.Ä~«   jv^utl!    1m'-a-:^)   jr~ 

*' — *b51 — J    -Axt!    *Jj.-w.    lX.^.-S?    ÜiXÄ*w      c-i-c   ».JÜi    .ffWj    »i*X^    ^.ä*/« 

Ujl^  [jy>-   o^aJU    U^p   ^A£j   La^S   l^j^5   ^Uj   ^lXÜ   ^tXftl 

_.^A:i  u-w*jü|j  ^i  ^*-.^ij  r,uji  y^f  ^iUj»  Lyfls^s  oyai 

l\^c  &.äa1.ü  vi>.x^^v   ^.^.aJ!  ^j.j1    ^r>r.  jj^  j»:^S  AJs  J^ääÜ  'J0^^^ 


1)  Dieser,  plene  .aoLüI  ,.*j  i«-*ajUI  ,.jJ  -JixJi  ist  Ibn  Hamraad,  der 
Fürst  von  Bedjäja.  In  MahdTja  regierte  Jalijä  ibn  Tamlm  oder  dessen  Solm 
'Ali.     Der  Text  ist  hier  stark  verdorben. 

Bd.  LVIII.  31 


476 


Anzeigen. 


rf*j>    (1.    U>L)    tXs-fj    Li! 


uy°j 


;XJU  *cLöi  ,. 


er5 


ä.-öotJ!  joL^i  x*jL.s   plätXJlj  ^lxä5i   ^Ic   öL\5>t3    SAj   I^xj   ^ 

-JLc     JÜulxdÜ      ^aJLc     ^jJ     lXäJ      t^j-J»^      5-jI.äj»     O^Ü     8-^Uä     ^N.^" 

8-&*J!     »jL^ij    ä£i5     iy^ÄJU     QÄÄJU     JJÜÜJj     Q^-t^    S-Uj$\     qX    u£l5 
OjJ^   0J    J^^UwIj    ^JjUji     ^ifi  aJ  ^j    ^C    0i    0*j.L\    l\a£    ^ 

Q.j|      xU  !      Js.A£.   J.JJ. 


er 


4),.J     |J^Ä5>  jjij      Ll>JL«      qJ     xLSi      lXa£* 


(L  u 


")    Ufr***-*-^    [*^J^-J     <-*-&t*-M     i<-0       Jx.     («.puLjj     ^lX^ILj 


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^j.^w.5     ^^     r,j.*A**    ^AJ 


^  Ül 


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Jl) 


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JlÜu 


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*$\    Jv.ä*j 


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tL>  lo>li  (jv^^ü  .*n=>!  r^'  -^  t^?*  ^  r^--^  *^xx  >^^- 


KJ'.Äx^.    AUäaj.    &x--S>    .Ol   xxjLj, 


>!     .*H^~\     y50Ö 


ri> 


».Aii   L^JI*   m   *&-a\\L*      Jx  »».ä.j'wJ^   äü5-L^J5>oj   s.j-CwOj   5j.axA^-. 

vj'w^l  A»^5I  i^ÄJwflJLs  LsLiAöi  jviäÄo.  Laaäj  a-^JL*  s-^.ü  Jj  Az. 
eJLÜ!  i^äaaoKj  i^r*^^-  J*£S  ^LiJ!  l^uJI^  r^_-ii  (.cXääXI  »yiotjj 
^,   _^iü  ^Lü   , 


5ij    iLJLkit    ?uUl    LAJUaJjj    ^*xaJ|    J^>5 


1)  Die    IIs.    öJ;!;    Biogr.    f!^    ^U;l ,     öa    t^LwoL       Die    folgenden 
Namen  werden  in  den  zwei  andern  Quellen  anders  überliefert. 

2)  Vermutlich  ist  das  »   zu  streichen. 

3)  Vgl.  Biogr.  ff   c^i?,    öa   u>.a£j. 

4)  ,-y^  muß  gewiß  gestrichen  werden. 
b)    Hier   ^ikii  geschrieben. 


de  Goeje,  Goldzihers  Le  livre  de  Mohammed  ihn  Toximer t  etc.     477 
JJÜj    sUJi    rP»    (1.    äfjxJi)    ^LxJS  jAc   e^-Üi    i^RJuaJij    Joil    Jte. 

*Lj!  OlXc  ^-j|i5>S  &.x^-w  ►£>,   .  c.j.J!     ..LdUb  Aa=>^äJLj  »U*  bLx5" 

l\*J     ^N-JJ^I    ötäLo     jS!     *«_J    Jj'    XÄX     lX»»l»     L-JiS*     3^.ÜJ     (V^r^lj     &**■»■ 

-^        ^    (j  >  (_>        ^  ^    ^     CU  LT         -v 

*Ac  J^a^^v-j.  ^.ibü  sJÜ  *_^.->r.  L*j    .1+j^tj    ,lXäj!_»  s-LosäIj  Käaü^: 

L*0,    3)ä/>UUj    »Um«    (1.  ^.3-U)  yj^    "JAtUJj    »U*  yM    bÜÄ 

v.JLsWj.    ^^yi    iwJJw^i    AasJÜI    (V^JjäJj    i3l£/£%    Jacj^iS    xJi 
..fj        'isj.^i    (1.     ..Lyclj)    l^c-i»,    ».a«aäxJ    *jJIa£}|    *-g^*    J^^j    (*"&?%-^ 

^j.j   Lii     _i»JCjÜ!    jb   bi  (w^jwJi     Jlj    a^JLc  *tXä  aJC^L^U   -~*^- 

öL^*!  bS   -a/sjü  »Lj>S  x-vi^  (»tXs  *.^-*  -^f!   LüLj  L£*wx.  a^Jo   l\xj 
r,.j   a^cLo!    |fc/5iiJ.5   *-|^?i    L«    ^^-^    rr^--   A--^*-*   Lä^b'   LUi    ,*.a?Lj5 

x^b:  ä.j.>1äP  ä.ä-.<^»   SC^Ji^Ji   ^Ä^   •s_£>"«j   ,->j      -b;   «.•^    .♦-^      s-t^. 
1)    Dieses  Buch  linde  ich  nicht. 

2)  s.  roö. 

3)  s.  rfö. 

4j    Die  Bedeutung   „ordnen,   ausrüsten''   fehlt  in   den   Lezicis. 

31* 


478 


Anzeigen. 


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de  Goeje,  Goldzihers  Le  licre  de  Mohammed  ihn  Toumert  etc.      \~\) 
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480  Anzeigen, 

♦^    i^LiJlj    ^Lw_äJI    ^-^s    L_äi!    tjvJWji  j.^'    j^^JLc   x^JLc    5-*-^j 

^yA  IJjij  c^y5  s.j'-^t  tX3  ^U'  35  (^A^i!  ,*^M  jU*j  ,«.3»,  xjL£?! 
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^lXs^II     (1.    r^jis)     A-^jp    j^-3    U";^    U^     ^    v-ftil     KjL^ 
-JLc  »Uso^bj  uAxvwJb  ^.^s  oLaj  &Jls>  l^.**i     -Jlc  &.ajlXÜ  LJLiOj 

VW;  ^>j  JUS  j  rjr:  JJ'  L^Ü  od*ZÄt3  ^ü  (L  oJt^S) 

(j-wXJ^l  y^    c)Lw  äJ!    ^    Uj    -xl^I    La    &!.«.:>■    i«^*3>    (*^S3    JJ*k^ 

^LaoÜ   jU>  J.»  *äJL>  ä   80l\£  tyo^   ^S   L^>   jL^Ji   0^   LäJi 

^jyü^      L*jJ      JLäS      jjA^JtXJ^SI      q-*      »jL^i       ^yü      U^Lj      ÄjU>      ,3      8.«.^=.^ 

y^^uos  .LaiL  o^  j.LäILj  Si  .Axi  ^^  La  uä-wjj  q.j  (J.&  ^jmi 

q>s  (1-  &.fti!  ^S»)  Ä.äib|»  S0a^L*Ji  _JLc  *,JU.s»_j  xJjJ»  q./i  (jwJUwii  -A/il 
r_.  Ji  JUS  JJt*  »JocLali  JUS  c)!  ^w**^  ^^  J-^  ^  &»  3^! 
&el*s*  (j^.jf^X.ibSI  J,  (j^^Lj  ^lXac  ..ly  lX.2  (j\..*.L*U!  -a/*|  Lj  jliä 
i^££>  pläÜ  qXJj  jUiäJÜ  ^ie.Lwo.,  jv^ÄtL^Uij  ^^Xäi>  ^bu*  rf** 
.^ j.  ErJu  ^.Ä-Ü^  ,.Ls  äLeJi  ?x*j  ^ilXÄc  sLxJi^  L-jL^ai!  ^y  (j*"-"' 
q./«  ^Juoj  L4JI5  Li2*j  *.z/ü2äj  -^iÄii  löt  jeiLi  _xi  J^XJLi  ^bi^P  jAt 
s^.^^.  a^  aJJi  ^   (1.  :i)  J^i)  Iyy.1   ajCi.   ^Lj   gytXJI   Lcjj   xläJi 

ti5J3     J,       jj       iMJ.j       ^J       „  ,i>|_.       (JWjli       XjU       Öoli       «.♦^.      (C-V'-J'      r^i 


1)  =  y*L.c!  P'este. 

2)  Ein  anderer  Spanier  mit  diesem  Namen   bei  Goldziher,  Materialien, 
S.  70,  Anm.  1. 

3)  Ich  fordere. 


de  Goeje,   Goldzihers  Le  livre  de  Mohammed  ibn  Toumert  etc.     481 

^-Lc    *.J   ^cLs   ^xJUä   &.aäa5'5   ^iSy>^   ^^  Ujv^äs   ^Js.=^yl\ 
0!j   ^^L^j   ^-^äj  r)l   wl^i  ^^  ^Urt  ^i3  ^^s  &Ja&  s^**^ 

^-.LäJ!    J3..CC0    (j*»tjb    3*30    L*Jj    (j«L   K.jU.S^Li  y^~    a-~^>    lXIxj! 
^1   *.^«   ^JLa^j   jJj   LsJI    ^*J;i   o^   L*^   £J-*^   ^^  ^   ^^   ^^ 

^^as.   ^AzII     Ji  AäJI  0V.a5j  L*jj  jä**»*5S  bH    ^-^3  (1.  ^äj)    5^p.j 

3Läs    Lhjjo    ^L+jUJCj    8»A^-5   ^+-%*a   rr*j"^    l-^*s^    ajL^i    q-*   **^ 

-äj    Q-*fcIi    lXxc   iJäLc    ^Äax  ^Ls    ^xi    LJLä    Q-^-ti    tXxe    ^L*!    ^ 

u5üö    l\äj^    s.»;i    ^    (1.    LsLb    IjPLfc)     j»Li?     ,^Lb    JU.JuüCj     sJiÄ.w^ 

*x^  ^^  a.jC.>L>o  J   a-J  jLää  (1.  ^c!o3)  »Leo.  \*,j&lu3  s>£kf 


482  Anzeigen. 

^jJ-M^Cj    ÄJt^l     pU    ly*    +.XzXi\    ^J^OAj  ^&J     ,^£.     <Kj\J]     1)^^\     »jj 

_:U.i  xJ'wi»    i<^   ,c-!    ^:^-^   Oj5    (V1   MtXÄ   coL^i.    äjL*a*4^j 

^  ».jLs^  »jb£5i  ^>S  J^jj*  LJ»  Le^_i  „ä*s-  Ki^li.  „LuiS  äUil+Sj  i^-**« 
\sö^>   ^   LL-yü    b^3    ^j_j|»    [&&    vmU'   J-2      '^5>!    u5%Jju    fJb»J 

ccJi*i!   »-vwLj  ^IxJI   oib>  a«\La  ^    lX>!_5   J*=>»   jap   *JJi   .J    *.JI*j 
l*^as   Uj   U»gJUj   Loj  u-opJtj   oUb>.wj|»      ...wXSL    (j&jtltj     cJLs-w.JI_5 

ä.-Lw    siÄi>lj    ^    *^.aS    ^j>    y<i.m    J,    iJ>o.^i    bSj    oU-il    ,3   jjJv«    xx/> 

_bb>l  ^-N-y«  v'*^  i5  ^J  u^-kä  ^5  v-%>  ^3  u^'  oUJLb  J  »./.> 
L«    cJi£  jO,Lä  l\j^j  U  ^üä  bAc  p^  Jj"    -*_=>!_»   Ule   ^^  J^xj 

Lc  *__=JU  £  J_ub*  ^b*!  Li  jjU  ^  ^i  U  vb   bS  ^i^ il 
bUc  ob«?,  bi»  bUS   ._>.j  b5   :!)iLio  Uj  xäJb>  ,3  ^Xä  Aj.j 

ä.*äj    Jb^»    Jw-*s     *-*^    Ä.**i    JjCs    ^>-    ^aJLc    bfj    oi>    **Le    j***5 

u^r  ^  cjs  oA\  ^  0lt  ^  ^  ii  ga«  ^  jj-  %  w.i.>  ^ 

^  ^b  jJiüb   ns  ^i  j^   ^IXti  ^  ^  ^  ^LT  ^LT 


1)    Dies    ist    unrichtig.      Der    14.  llamadhan    war    ein   Donnerstag.      Die 
Leste   Überlieferung  (Biogr.  ft   unten)  hat  Mittwoch   den   13.  Ramadhän. 

2)  spuSijIt,  P.  rfif. 

3)  Diese  Worte  stehen  im  Text  in  einer  anderen  'aqlda  S.   iYI,  4. 

4)  Im  Text  fft,  4  v.  u.  falsch  ^vi>c^\j. 


de  Goeje,  Goldzihers  Le  Ihre  de  Mohammed  ibn  Toumert  etc.     483 

£***Ji  yv  *y&   xliW  ^J  ^b&ß  ^j   JJ>.*3\   jüüäJLj   bS   0U*Ji 

i^sJicLb      Jlc    Lac!    *..ilJ5  xj    5-cAj   lMiy    ^Äil    »jLe.3    ^_» 


Lj  i^xL^ib  «xX^e  iüLc, »  liSÄiLx!   Jjs^-»  ^äjs:  »LJü!     _JLc  Licl» 

Ja~*sAAX:     *.:>jJi»      ^awJl*     .uXaoJ|»,         &.<"!/*     'JuC'L     »,c— TsAjÜ      q,awJLs 

jJjü  y5U!   ^Ji         juLcJ    .i>i  j  (1.   \jäj)  ,m*£j  i-j-f  ^h 

*PUäAs    LjpIlXäI     ^»Jl*j»     LgxaäU    LL5\jL^»    fJLsüj     LP.äiLs    \JJjJÖ 

&  1  .aajü    ^j      -ä/.    Lxi»    y5o      _ä3 

Fol.  67  v.  f.  *.äLo»  o_**ü  «$U1I  (q^.11  O^j  ^  lM^1'  Uij 

Liju   xäLs»   k*aj   \!»   .  «üjü^i   ä.j^.    «.xol.ll    ,  o*j    ,.-x    iütJuJi 

^^^J'tX/«    ,3    L^J    LääcS    ^5ÜÄJj    XaLu»&|    J»Pi    ^JLc    lXs»    Ai»     ijtj 

XfXc     (JwOläJj      lX.5j.JI      q.^        ..L^3>j      rwJtXJ^Lj      ^ -J->^?>      5».x>0. 

^L>  ^|  ^LU  ^i   ^Ül3   ^yW\   J^xJi  ^S  rv  ^?   1/pÜÜ1 

V*>Lo   ^j|   a^.üj.j|»   t5jPjl  a^.üjj!»  w\il  ^IjXijjl   v-aj-xX 

^Uül  aX  l^jy^s  <y>L*%  8^  cr!  ;*?  ^  gjjjil  sXJi 

»*>3    ,••»'5    *P,Aff*   _P|;J5  rrj!»    tAAxi  ,.yi\*      -JuX^iJi    :J;x-'i    Aac.  '  ^o.xi 

^itoUü!   *uXäj,    xaJLc  *X*J|   J,  *^'    M3.s   iX^äJ!   ä£J<3  ^3   xaJLax^.' 


1)   Im  Text  Pf|,  3  v.u.  ^^JtlJ. 


'-5    (jT?^     ^    ^  ß 

«üil  jj  ^Läs  iMJdto  ^tj*i!   l\*Is>  ^i  ,.Lc^l  jJL^  ij  juäJ  3!  »T, 

•&(jj.s    ä-sLa^.    q-5^»    *JLM    &■*.=>>    JU.J    »A?    *.^~>-»    q.^    [tf-y^i    ry^ 

Der  letzte  Passus  ist  von  großem  Gewicht  für  die  Ghazäll- 
Frage.  Für  Abdalmüniin  ist  es  eine  ausgemachte  Sache,  daß  Ibn 
Tümart  bei  Ghazäli  gehört  hat.  Er  muß  das  wohl  von  ihm  selbst 
haben.  Gegen  das  Ende  von  499  hatte  Ghazäli  Bagdad  verlassen 
und  sich  nach  Naisabür  begeben  (Macdonald  im  J.  Americ.  Or.  Soc. 
XX,  97).  Er  kam  nicht  wieder  nach  Bagdad,  sondern  starb  505 
in  Tüs  (ibid..  104,  107).  Ibn  Tümart,  der  501  oder  500  seine 
Reise  anfing,  kann  ihn  also  nicht  in  Bagdad  gefunden  haben  und 
nicht  im  eigentlichen  Sinne  GhazälT's  Schüler  gewesen  sein.  Doch 
scheint  er  sich  als  solchen  betrachtet  zu  haben  wegen  der  Anregung, 
die  er  seinen  Werken  verdankte,  namentlich  auch  in  seinem  Streben 
die  Religionswissenschaften  zu  neuem  Leben  zu  erwecken.  Sein  Auf- 
treten im  Westen  war  durch  Ghazäli  veranlaßt.  Von  hier  bis  zur  An- 
nahme einer  persönlichen  Beeinflussung  war  nur  ein  Schritt.  Ob  der 
Mahdl  den  selbst  getan  hat,  wie  ich  glauben  möchte,  oder  seine 
Jünger,  können  wir  nicht  mit  Sicherheit  entscheiden.  Die  Legende 
muß  sich  aber  schon  sehr  früh  gebildet  und  verbreitet  haben,  da  im 
J.  542  Ibn  al-Arabi  sagte,  daß  er  davon  in  Spanien  gehört  habe. 
Als  Ibn  al-Arabi  Bagdad  verließ  (491  oder  492,  Ibn  Pascual  II, 
ojJJf),  lehrte  Ghazäli  daselbst  (vgl.  Macdonald  S.  101).  Er  hat  ge- 
wiß geglaubt,  daß  Ibn  Tümart  ihn  noch  als  Lehrer  angetroffen 
habe.  Später  hat  man  aus  den  Äußerungen  Ibn  al-Arabi's  über 
den  Mahdl  geschlossen,  daß  er  sein  Gefährte  im  Orient  gewesen 
sei  (Maqqarl  I,  fVv),  was  chronologisch  unmöglich  ist,  da  ersterer 
schon  493  nach  Spanien  zurückkam  (Ibn  Pascual  1.  c. ,  Maqqarl 
f™>  3  v-u-)-  M.  J.  de  Goeje. 


Praetorius,  Patrologia  Orientalis,  tom.  I,  fasc.  I.  485 

Le  livre  des  mysteres  du  ciel  et  de  la  terre.  Texte  Äthiopien 
publie  et  traduit  par  J.  Perruchon  avec  le  concours  de 
M.  I.  Guidi  (R.  Graffiti  et  F.  Nau,  Patrologia  orientalis, 
tarne  I,  fascicide  I.)     XII  u.  97  SS.     gr.  8b.  —  40.1) 

Die  von  Zotenbei'g  unter  Nr.  117  seines  Catalogue  des  manu- 
scrits  ethiopiens  de  la  Bibliotheque  nationale  verzeichnete  äthiopische 
Handschrift  ist  ein  Unikum.  Schon  Ludolf  hat  sie  gekannt  und 
namentlich  zu  seinem  Lexikon  benutzt;  s.  die  dem  Lexikon  voran- 
gehenden (in  meinem  Exemplar  unnumerierten)  Seiten  unter  „Cata- 
logus  Librorum".  Er  nennt  die  Handschrift,  in  der  bis  dahin 
irrtümlich  das  Buch  Henoch  vermutet  worden  war,  den  äthiopischen 
Anfangsworten  folgend,  Liber  mysteriorum  coeli  et  terrae.  Dillmann 
hat  dann  vielfach  Angaben  Ludolfs  in  sein  Lexikon  herübergenommen, 
ohne  die  Handschrift  selbst  gesehen  zu  haben  (s.  Dillmanns  Prole- 
gomena  XII).  Nun  hat  Perruchon  die  Handschrift  allgemein  zu- 
gänglich gemacht  und  das  nicht  immer  leichte  Verständnis  derselben 
durch  zahlreiche  Textverbesserungen  und  namentlich  durch  eine 
französische  Übersetzung  erschlossen.  Dem  an  den  Augen  leidenden 
Herausgeber  und  Übersetzer  kam  Guidi  zu  Hülfe ;  leider  sind  trotz- 
dem genug  Druckfehler  stehen  geblieben ,  namentlich  an  einigen 
Stellen.  Nau  steuerte  eine  Geschichte  der  Handschrift  bei  und  eine 
kurze  Darlegung  des  Inhaltes. 

Nicht  die  ganze  Handschrift  gibt  Perruchon,  wohl  aber  das 
erste,  umfangreichste  der  vier  Stücke,  die  die  Handschrift  enthält; 
dasjenige,  dem  eigentlich  der  Titel  Liber  mysteriorum  coeli  et  terrae 
zukommt,  wenn  der  Verf.  diesen  Titel  möglicherweise  auch  auf 
sämtliche  4  Stücke  ausgedehnt  wissen  wollte.  „Ces  quatre  traites, 
quoique  distincts  par  des  titres  particuliers,  paraissent,  dans  la  pensee 
de  l'auteur,  n'avoir  du  former  qu'un  seul  et  meme  ouvrage,  auquel 
s'appliquerait  le  titre  de  „„Mystere  du  ciel  et  de  la  terre"".  Zoten  - 
berg  a.  a.   0. 

Über  den  Inhalt  des  Buches  äußert  sich  Ludolf  im  Kommentare 
S.  347  f.  „tarn  crassas  ac  putidas  fabulas  continet,  ut  vix  legere 
sustinuerim.  .  .  .  Libentius  de  stultissimo  hoc  libro  tacuissemus". 
Ich  gestehe ,  daß  auch  mir  derartige  Gefühle  recht  nahe  gelegen 
haben,  und  daß  ich  ähnlich  abfällig  urteilen  würde  wie  Ludolf. 
wenn  das  Buch  nicht  eben  für  würdig  erachtet  worden  wäre,  eine 
Patrologia  orientalis  zu  eröffnen,  und  wenn  nicht  von  sachkundiger 
Seite  die  Belehrung  käme  „La  critique  moderne  juge  autrement  ces 
compositions  qui  se  rattacbent  ä  la  grande  litterature  apocalyptique 
et  cabbalistique  etc."  (S.  VII).  Dies  hat  mich  freilich  nicht  ganz 
überzeugt,  immerhin  aber  ermutigt,  dem  Text  etwas  näber  zu  treten. 


1)  Nur  auf  dorn  Umschlag:    Librairie  de  Paris  Firmin  Didot  et  Cic    .   . 
Paris.     Jahreszahl  fehlt  gänzlich,  indes  auf  S.  IV   „Permis  d'imprimer.      Paris 
le   13  juillet   1903". 


486  Anzeigen. 

lrli  will  aber  nur  sehr  niedere  Kritik  üben  und  nur  das  Wort- 
verständnis  des  oft  recht  verzweifelten  Textes  hie  und  da  etwas 
besser  erschließen  helfen.  Die  exegesis  sublimior,  die  allgemeine 
Schätzung  und  Darlegung  des  Werkes,  überlasse  ich  gern  Anderen. 
Wir  haben  ein  äthiopisches  Originalwerk  des  15.  oder  16.  Jahr- 
hunderts vor  uns  (vgl.  z.  B.  S.  16  Z.  3  u.  4);  vgl.  Conti  Rossini, 
Note  per  la  storia  letteraria  abissina  §  22  (Rendiconti,  Lincei  1899, 
S.  269).  Einige  vom  Verfasser  benutzte  apokalyptische  Quellen  hat 
schon  Zotenberg  a.  a,  0.  S.  139  b  genannt.  Möglichst  durchgreifende 
Zurückführung  der  vielen  im  Buche  enthaltenen  Zitate  und  Remi- 
niszenzen auf  ihre  Quellen ,  auch  auf  die  gewöhnlichen  biblischen, 
und  Vergleichung  mit  denselben,  würde  auch  dem  Wortverständnis 
des  Buches  erheblich  zu  Gute  kommen.  Hier  kann  sicher  noch 
manches  nachgeholt  werden.  Vgl.  z.  B.  zu  S.  13  ZI.  9 — 11  Henoch 
60  v.  5 — 7;  zu  S.  76  ZI.  3  ff.  die  Andeutungen  Dillmanns  zu  seiner 
äthiopischen  Genesis  Kap.  4,  v.  23 ;  ein  Blick  in  Bachmanns  Jesaias- 
ausgabe  bestätigt  das  A^Q"?  S.  57  ZI.  1.  Freilich  ist  es  dem 
Vei'fasser  auch  nicht  darauf  angekommen,  hie  und  da  ein  Zitat 
grob  zu  fälschen. 

Daß  das  Manuskript  Nr.  117  Autograph  des  Verfassers  sei, 
was  Guidi  S.  VI  für  nicht  unwahrscheinlich  hält,  scheint  mir  völlig 
ausgeschlossen.  Guidi  selbst  sagt  ja  ganz  richtig  „le  manuscrit 
malheureusement  n'est  pas  correct".  Es  ist  sogar  sehr  fehlerhaft, 
oft  genug  bis  zur  Unverständlichkeit ;  sehr  oft  ist  man  über  den 
Sinn  zweifelhaft  und  noch  öfter  schwankt  man,  wie  der  Verfasser 
einzelne  Worte  bezogen  und  verstanden  haben  wollte.  Ich  huldige 
nun  freilich  nicht  der  optimistischen  Ansicht,  daß  ein  Verfasser 
und  zumal  dieser  Verfasser  auch  immer  klar  verstanden  haben 
müsse ,  was  er  geschrieben :  Gleichwohl  besteht  für  mich  kein 
Zweifel,  daß  mindestens  ein  verständnisloser,  flüchtiger  Abschreiber 
zwischen  dem  Autograph  des  Verfassers  und  dem  verwahrlosten 
Texte  unserer  Handschrift  vermittelt  hat.  — "  Man  wird  es  bei  dieser 
Sachlage  entschuldigen,  wenn  Perruchon  in  seiner  Übersetzung  über 
manche  textliche  Schwierigkeit  etwas  frei  hinweggegangen  ist 

Die  Sprache  des  Buches  ist  rein  äthiopisch.  Auch  nur  ganz 
spärlich  findet  sich  mal  ein  arabischer  Ausdruck,  wie  S.  19  öfters 
ftljQjfL.  neben  dem  einheimischen  A^^H,  S.  20.  Vollends  ist 
die  Sprache  weit  entfernt  von  jener  Nachahmung  arabischer  Rhetorik, 
arabischer  Redensarten,  arabischer  Syntax,  die  man  in  einigen  äthio- 
pischen Originalwerken  jener  Zeit  findet,  und  die  diesen  Original- 
werken das  Aussehen  von  Übersetzungen  aus  dem  Arabischen  ver- 
leiht; vgl.  Guidi,  Gadla  'Aragäwi  S.  3;  Guidi  in  Actes  du  12.  congres 
intern,  des  orientalistes,  t.  3*me,  prem.  partie,  S.  111  ff.:  Zarncke's 
Lit.  Centralblatt  1894,  Sp.  896. 

Der  Verfasser  des  Buchs,  Abbä  Bahaila  Mikä'el,  will  die  von 
ihm  enthüllten  Mysterien  erfahren  haben  von  'f  <P^>xi  i   ."   flCflM 


Praetorhis,  Patrologia  Orientalin,  tora.  I,  fasc.  I.  48  < 

(S.  1  ZI.  4) ;  aber  diese  rätselhafte  Persönlichkeit  ist  lediglich  Schreib- 
fehler aus  dem  wohlbekannten  ^"T-VJ  \  tlCRJE-  —  AAP  '. 
cJ^ÖO-f-  ■  AUAjD-f-Ö^  (S.  2,  ZI.  6)  ist  von  Ludolf,  lex.  216 
schon  richtig  übersetzt  worden:  non  est  prioritas  existentiae  eorum. 
■ — Die  Veränderung  des  von  der  Handschrift  gebotenen  (DÄ^^/C 
in  (D/\li<Pf£  (S.  5  ZI.  8)  scheint  nicht  richtig.  Der  Sinn  ist 
„und  die  Farben  der  einzelnen  Türen  sind  von  einander  verschieden". 
—  Auch  die  andere  auf  S.  5  (Z.  14)  vorgenommene  Textänderung 
scheint  unnötig:  Das  handschriftliche  .E'OA  kann  stehen  bleiben. 
• —  Auf  S.  6  ZI.  10  und  an  der  entsprechenden  Stelle  der  Über- 
setzung wäre  es  zweckmäßig  gewesen  zu  markieren,  daß  mit  (DA 

*H  :  fi<aE  :  HjßzÄP- :  höxl-v  :  ivn7\  der  Be 

rieht  über  den  7.  Himmel  anhebt.  —  S.  7  ZI.  4  möchte  ich  ver- 
stehen:  Und  ein  Engel  erkennt  (unterscheidet)  den  anderen  daran, 
daß  er  zu  ihm  spricht:  „Woher  bist  du  gekommen?"  Und  der 
antwortet  ihm:  „Von  dem  und  dem".  —  Wie  immer  der  mit 
(DYl<7°fl  :  /\<2°*'?  beginnende  Satz  auf  S.  7  ZI.  9  zu  verstehen 
sein  mag,  so  ist  doch  die  Übersetzung  le  prince  des  premiers  anges 
m.  E.  unzulässig.  —  ^J^lfl  '.  AQÖ^'  B.  8  ZI.  14  nicht:  Laisse 
cela  ä  un  autre,  sondern  „um  wie  viel  mehr  nicht  das  andere".  —  Den 
auf  S.  8  ZI.  16  beginnenden  Satz  kann  ich  nur  übersetzen  „Und 
(was  betrifft)  die  Höhe  der  sechs  Himmel ,  so  sind  sie  doppelt  so 
hoch  als  dieser  Himmel  und  diese  Erde,  welche  wir  sehen".  Der 
nun  folgende  Satz  ist  mir  allerdings  seinem  Sinne  nach  unverständ- 
lich. Sollte  Verfasser  vielleicht  einen  inneren  Widerspruch  beab- 
sichtigt haben,  den  begreifen  zu  helfen  die  folgenden  Worte  bestimmt 
sind:  0  Dieu  des  forts,  nous  avons  appris  toutes  tes  merveilles?  ■ — 
Zu  dem  hier  (S.  9  ZI.  1)  stehenden  MH.£  \  ^JPA*5  vgl. 
übrigens  Dillmann ,  Grammatik  §  142 ,  vorletzte  Fußnote.  —  S.  9 
ZI.  7  dürfte  .PcfcCC  zu  lesen  sein.  —  S.  9  ZI.  13  möchte  ich  das 

erstere  c^P^lI*!^  zum  Vorhergehenden  ziehn :  Und  eine  Tür 
(führt)  aus  jedem  (Magazin).  —  Auf  S.  10  kann  in  der  Übersetzung 
von  ZI.  8  das  in  Parenthese  gesetzte  (?)  gestehen  werden.  Denn 
der  Sinn  ist  m.  E.  unzweifelhaft  richtig  wiedergegeben.  Aus  dem 
Zusammenhange  aber  geht  deutlich  hervor,  daß  auf  ZI.  10  nicht 
V"h^,  sondern  Q'&R*  „ein  Teil"  zu  lesen  ist.  —  S.  11  ZI.  5 
dürfte  wohl  zu  verstehen  sein  „Und  Setnä'els  Natur  war  stärker 
als  die  Engel".  —  S.  13  ZI.  2 — 4  sind  sicher  nicht  fehlerlos  über- 
liefert. Ä^/iJ«  hat  Ludolf  als  A/?Z££»  gelesen  ('s.  sein  Lexikon 
Sp.  600;  danach  Dillmann  Sp.  1320)  und  für  0)C^  hat  er  <J>C 
'"fic£  eingesetzt.  Letzteres  gewiß  mit  Recht;  so  daß  sich  das  ? 
hinter  lunatiques  in  Perruchon's  Übersetzung  erledigen  würde.  Da- 
gegen i-t  AÄ'/IJ.  ebensowenig  klar,  wie  AJ?"^f-.    b-h  möchte 


488  Anzeigen. 

mich  vermutungsweise  zu  Gunsten  letzterer  Lesung  aussprechen ; 
freilich  nicht  zugleich  auch  für  Perruchons  Übersetzung  d'autres 
quY/s  cachaient.  Irre  ich  nämlich  nicht,  so  enthalten  die  Worte 
G)"HQX,7\"t:  ."  7**"?H  u.  s.  w.  eine  Erklärung  des  dunklen  Wortes 
J\R*A,b  (nicht  des  unmittelbar  vorhergehenden  (DC^^S) '•  „Und 
das  bedeutet :  Wenn  sie  nach  dir  hinblicken,  so  blicken  sie  jenseits 
und  scheinen  zu  blicken".  Da  nun  J^^,i  im  Amharischen  von 
einer  Augenkrankheit  gebraucht  wird  (man  sehe  das  Nähere  in  Guidi's 
Vocabolario  Amarico-Italiano  Sp.  695  ff.),  so  vermute  ich,  daß  f\Jf** 
£f-*  hier  steht  im  Sinn  eines  amharischen  A^^^J^f»  rendere 
tale  che  non  veda  bene.  —  Das  von  der  Handschrift  (S.  13  ZI.  18) 
gebotene  ^CtA^^Y  weist  noch  recht  deutlich  auf  eine  Ver- 
schreibung  aus  JB^AöA  hin.  —  S.  15  ZI.  6  dürfte  besser 
JZ^ATtP^  zu  verbessern  sein.  Ebenda  ZI.  7  könnte  das  von 
der  Handschrift  gebotene  ^-"J^lC  beibehalten  werden.  —  S.  18 
ZI.  2  möchte  ich  verbessern:  (P.Efl A4°  ."  (DÄJB^'flP. 
Letzteres  für  (DJB^5lO:  Bekanntlich  ist  der  Ausfall  von  A. 
vor  dem  Imperfektpräformativ  „B  ein  sehr  gewöhnlicher  Fehler  der 
äthiopischen  Handschriften.  Ich  übersetze  demnach  „Und  jetzt  mag 
M.  ihn  suchen,  ob  er  ihn  finden  wird.  Es  wird  ihm  aber  unmög- 
lich sein,  und  M.  wird  ihn  nicht  finden".  —  Ich  weiß  nicht,  ob 
die  Doppelung  AfflJ?.  !  AlflJ?.  im  Sinn  von  einige,  wenige 
(S.  18  ZI.  14)  im  Äthiopischen  sonst  schon  bemerkt  worden  ist. 
Vgl.  im  Amharischen  &ZJ*lR*,  A'ZJfJ?  (amh.  Sprache  §  270  c). 

syr.  )}'♦-♦*..  —  Was  ^flF  .'  fif  (S.  22  ZI.  8)  bedeutet,  das 
Perruchon  durch  les  toitures  des  maisons  übersetzt,  weiß  ich 
nicht.  Das  rätselhafte,  ebenda  zwischen  f**5/nC'0  und  ACAP 
stehende  AC"fl  erklärt  sich  aber  einfach  aus  Verschreibung :  Der 
Schreiber  wollte  ACAP  schreiben,  fiel  dann  aber  in  ^if^C'd 
zurück.  Mit  Unrecht  endlich  will  Perruchon  ebenda  das  von  der 
Handschrift  gebotene  J^'.If't*  ändern:  s.  Dillmann,  lexic.  935  f.  — 
Ajßfl^I"  (S.  22  ZI.  9)  lait  caille?  Nach  den  amhar.  Lexicis  wäre 
das  AjB"fl ;  während  A.E  A^  andere  Bedeutung  hat.  —  Was 
PFhA*^  (S.  22,  ZI.  15)  bedeutet,  weiß  ich  nicht.  Perruchon 
übersetzt  es  durch  fouet ,  wohl  an  amhar.  ,P/ji^  Peitsche 
*?^^  peitschen  denkend.  Dagegen  wird  das  folgende,  von 
Perruchon  nicht  übersetzte  Wort  tflC4fl  bei  Gruidi,  Vocabolario 
amarico-italiano  530  erklärt  durch  anello  di  ferro  per  il  cpaale  passa 
il  vomero  nell'  aratro.  —  *\-~Kl\™*VV  \  ? lf?^<^  \  A*^ 


Praetorius,  Patrologia  orientalis,  tom.  I,  fasc.  I.  489 

(S.  23  ZI.  10)  kann  wohl  nur  bedeuten  „Meine  Geduld  wird  für  sie 
verstummen".  Die  unmittelbar  folgenden  Worte  übersetze  ich  „Und 
in  jenen  Tagen  wurde  viel  die  Hurerei  mit  Mauleseln".  —  Die 
Worte  (D^JPJF'A.U'tf^  ."  S  auf  S.  24  ZI.  7  bedeuten  „und 
ihre  Buchstaben  sind  60".  Eine  Art  masoretischer  Bemerkung: 
Die  Buchstaben  der  25 x)  vorhergehenden  Namen  sind  gezählt. 
Übrigens  haben  auch  die  21  auf  S.  25  ZI.  1  —  3  angeführten  Namen 
zusammen  60  Buchstaben!  —  S.  24  ZI.  8  ist  doch  wohl  zu  über- 
setzen „Wie  die  Tora  gesagt  hat  ..."  —  Sollte  Tf\C\?/ni  (S.  26 
ZI.  2)  nicht  zu  (D4>Cl"  gehören?  —  S.  27  Z.  11  "hh<7°  statt 
'KhYl?  —  Ich  möchte  glauben,  daß  die  Worte  auf  S.  35  ZI.  1 
(Dfh"Hn  I  SlCMrJP"?1^  u.  s.  w.  bedeuten  sollen:  Und 
auch  die  Laien  (haben  nicht  gleiche  Anteile),  obwohl  sie  einen  Geist 
und  einen  Glauben  empfangen.  —  Den  Satz  S.  35  ZI.  12  f.  so  wie 
er  dasteht,  glaube  ich  übersetzen  zu  müssen :  Aber  weshalb  weiß 
der  Mensch  nichts  über  die  schwache  Seele  ?  Weil  das  Denken  des 
Sterblichen  dunkel  ist.  —  Bei  "fr  CHI  (S.  36  ZI.  11)  ist  natürlich 
ein  Substantiv  ausgefallen.  —  7\.I?  (S.  37  ZI.  13)  dürfte  wohl 
nach  der  vorhergehenden  Zeile  in  AQ^*J?  zu  verändern  sein.  Ob 
aber  das  handschriftliche  QftlCj?  (ebenda)  wirklich  in  QftlC 
zu  verändern  ist?  —  Die  Worte  hl/XJRAfPR'  u.  s.  w.  (S.  41 
ZI.  2  f.)  schließen  sich  doch  wohl  an  das  Vorhergehende  an :  ...  der 
nicht  gebraucht  törichten  Menschenrat.  —  Das  S.  45  ZI.  4  u.  5 
vorkommenden  ö&Jtf*  übersetzt  Perruchon  durch  l'enceinte  obscure. 
Ich  vermute,  daß  dieses  Adjektivum  dem  mißverstandenen,  nämlich 
mit  n^J  verwechselten  HAlf  ZI.  4  entsprungen  ist.  - 
S.  45  ZI.  (if.  möchte  ich  beidemal  lesen  (DP  .'  ^f\  statt  (DA 
'ifl;  d.  h.  „und  an  manchen  Stellen  ist  dieses  tehe  .  .  .,  und  an 
manchen  Stellen  sagt  er  .  .  .".  —  Das  Suffix  in  <^°/Ti^  (S.  46 
ZI.  1)  kann  unmöglich  auf  das  unmittelbar  folgende  AÄrflr?.  '. 
^i.r^"cP  deuten  l'espace  d'un  juste,  sondern  nur  auf  das  vorher- 
gehende AÄrtl't  •  RR-  —  Auf  der  folgenden  Zeile  möchte 
ich  OH  lesen  statt  OH,  und  mit  (D*hP^>i  '.  Ä  *?<£/££  einen 
neuen  Satz  beginnen.  —  Ob  l\hj>/^f\  A£^  (S.  46  ZI.  7)  nicht 
vielmehr  von  ^0^^-  abhängt?  —  Die  Stelle  S.  47  ZI.  12 f. 
möchte  ich  anders  fassen,  als  sie  von  Ludolf,  Dillmann  (lex.  1356 
unter  ^4,/,^),  Perruchon  aufgefaßt    worden    ist.      Kur/   vorher 


I      Denn    <2^A  P/^   i>t:  ln  zwoi  Namen  zu  zerlegen 


41)0  Anzeigen. 

(ZI.  10)  ist  gesagt  worden,  daß  sich  die  C"h(ft*i,  die  Verdammten, 
mit  sechs  Worten  (beim  Gericht)  verteidigen  könnten.  Nun  geht 
es  in  diesem  Zusammenhange  weiter:  „Die  Z.flS*l*  aber,  die 
Gottlosen  ,  läßt  man  gar  nicht  zu  einer  Verteidigung  zu ;  denn  es 
gibt  keine  Vergeltung  (ihrer  Sünden) ,  bei  der  sie  vor  Gericht  er- 
scheinen dürften;  sondern  sie  gehen  zur  Hölle,  wie  Wasser  fließend". 
Zu  rtv£-^«^  vgl.  De  Vito,  vocabolario  tigrigna  S.  130.  —  Die 
Aufzählung  der  5  Namen  auf  S.  48  ZI.  1  f.  ist  offensichtlich  in  Un- 
ordnung q-eraten.  Vielleicht  wird  das  Ursprüngliche  einfach  wieder- 
hergestellt durch  Streichung  der  Worte  HQX"7\"t  .'  fl\£l  '.  "X 
jft"^B  '  HdX*/\"tJ ,  welche  mit  ihrem ,  im  Kontext  unmöglichen. 
H(IF,7\*fc  am  Anfang  und  am  Ende  wie  eine  in  den  Text  gelockte 
Randglosse  aussehen.  Aber  ich  denke ,  der  Sinn  der  unmittelbar 
folgenden  Worte  (D h,£(D* ft\ F*  *  7y$f7°  wird  sein  „Und 
die  G.  verschlingt  ihn  (den  Menschen)  nicht".  —  Ich  glaube  nicht, 
daß  für  ÄJßJt,'SrtV^>  S.  49  ZI.  6  zu  lesen  sei  .Ei^^H?^ 
wie  P.  meint.  Es  ist  zu  übersetzen:  „der  Sohn  hat  ihm  geschworen, 
daß  er  nicht  (in  der  Hölle)  versiegelt  werden  wird".  Das  geht 
deutlich  hervor  aus  <D Ä^E^/fl  <?^  '.  QPh'V  '.  iX^A  auf 
der  folgenden  Zeile ,  wofür  zu  lesen  ist  (D  A„B"!t"rfl"~t"ö0*  ! 
d^h+  ."  l\^A.  —  Ifl?^  S.  50  ZI.  11  gehört  nicht  zum 
Vorhergehenden ,  sondern  zum  Folgenden ;  es  bedeutet  auch  nicht 
chaque  matin ,  sondern  morgen:  „Morgen  werden  wir  dich  mit 
Wasser  tränken".  Daher  dann  fl"l"fl^J,  „in  der  Hoffnung  (auf 
morgen)".  —  S.  51  ZI.  6  wird  zu  lesen  sein  C\tl(fiJBf\  für 
Ol'ld^l'lJB  „im  Himmel  aber  ist  ein  Feueropfer".  Vorher  wird 
etwas  ausgefallen  sein.  —  Statt  fl"H  S.  51  ZI.  12  steht  in  der 
Wiederholung  der  Stelle  S.  52  ZI.  17  n2\"?rt'*H ,  also  nicht 
dans  ce  tabernacle.  —  S.  52  ZI.  3  AflS^  zu  lesen?  —  'Kl 
H.A"flltV)C  (ß-  52  ZI.  8)  kann  unmöglich  als  Appellativ  mit  dem 
Folgenden  verbunden  werden.  —  S.  52  ZI.  17  f.  möchte  ich  genauer 
übersetzen :  Und  wenn  er  zu  dir  sagt  „und  deswegen  ist  die  Hütte 
des  Zeugnisses  vollständig  in  Bezug  auf  alle  ihre  Opfer",  (so  be- 
deutet das :)  er  macht  vollständig  durch  die  Stufen  der  Priester 
die  Funktion  der  Kirche;  aber  nicht  alle  vollziehen  das  Opfer.  — 
X^/V  .'  AfY-fL  '.  je-il-l^P  (S.  54  ZI.  11)  wird  durch  Doppel- 
schreibung  entstanden  sein  aus  ^"Tt'A1  '  AJ?'fl"l~"^iP-  —  Die 
Ähnlichkeit  der  Zahlzeichen  O  und  V  hat  S.  58  ZI.  5  Verwirrung 
angerichtet.     Offenbar   ist   zu    lesen    OUf^J?*  oder  QtyP^R, 


Praetor  ins,  Palrologia  orientalis,  tom.  I,  fasc.  I.  41' l 

worauf  der  Sinn  von  ZI.  8  mit  voller  Entschiedenheit  deutet:  Und 
wenn  er  „Eine  Säule"  sagt,  so  bedeutet  das  den  Einen  heiligen 
Vater.  Als  später  V  verschrieben  worden  war.  glaubten  die  Schreiber 
folgerichtig  ÄÖ^?»^.Lh  für  QP^R.  einsetzen  zu  müssen.  — 
Auch  die  erste  Ziffer  T  auf  S.  59  ZI.  3  wird  in  %  (7)  zu  ver- 
ändern   sein    nach    S.  58,  ZI.   7.      Der    gleich    folgende   Ausspruch 

iuil\i  :  <ftp  :  XsCP  :  üMOiO  :  fA^j5^,  der 

hier  den  A""Jr"H.P£  '.  ^A£^  in  den  Mund  gelegt  wird,  wird 
S.  6  ZI.  12  auf  Mli'M  zurückgeführt.  Ist  Ä^"H.P$  (."  &1 
Af7^»)  vielleicht  aus  MH/M  verderbt?  —  Auf  S.  60  ist  der 
Text  offensichtlich  stark  in  Unordnung  geraten.  Es  ist  die  Rede 
von  einem  gegenseitigen  Betrug  und  Kampf  der  Könige  des  Südens 
(AH»"fl)  und  des  Nordens  (ö°flO)-  Dazwischen  aber  wird 
durch  Pronomina  auf  ein  nirgends  genanntes  weibliches  Wesen  ge- 
deutet, das  —  wie  ich  aus  ZI.  12  vermutungsweise  schließen  möchte 
—  die  Tochter  des  Königs  des  Südens  sein  wird.  Im  Einzelnen 
möchte  ich  Folgendes  bemerken :  ftTfrt"  ZI.  1  wird  aus  Q^T"^ 
verderbt  sein.  O^Q.U~*  ZI.  5  mit  seiner  hier  klar  zu  Tage  liegen- 
den Bedeutung  als  Himmelsgegend,  spricht  doch  sehr  dagegen,  daß 
öZ.[\t\J<^^  S.  25  ZI.  6.  11  anders  gedeutet  werden  könnte.  Vgl. 
auch  S.  66  ZI.  7.     Das  Folgende   lese   ich  (D.E"hH>  '•  7"fl4»  '. 

ar'h't: :  (ppoajd  :  2^^-r  :  <D^"?riA  :  mp^k 
7\  :  rh^T  :  h^ü  :  (Dh'he^F'l/.  :  <^k*a  »und 

jetzt  ist  er  (der  König  des  Südens)  sein  (des  K.  d.  Nordens)  Knecht; 
und  er  wird  rebellieren  gegen  ihn  7  Jahre  lang,  und  zwar  5  Jahre 
bevor  der  mit  dem  falschen  Zeugnis  kommen  wird  und  2  Jahre 
nachdem  er  gekommen  ist".  Auch  Z.  7  und  14  möchte  ich 
h?^>U*,  flf^Ö  lesen,  desgleichen  S.  84  ZI.  10;  vgl.  Dillmanns 
Lexikon  Sp.  341.  Das  im  Äthiopischen  sonst  nicht  belegte  fllA^° 
ZI.  10  wird  von  De  Vito  S.  116  in  der  Bedeutung  täuschen, 
hintergehen  bestätigt.  JßflOC  ZI.  12  kann  unmöglich  heißen 
La  chassera,  sondern  nur  „er  wird  ihn  (den  König  des  Nordens)  ver- 
nichten". —  AÄr70  S.  62  ZI.  1  wird  nicht  in  0?A^^  zu  ver- 
ändern sein,  sondern  in  AÄJ?^7^;  Vgl.  S.  16  ZI.  2.  —  Der  mit 
ÄGF*  '.  Öd  beginnende  Satz  S.  63  ZI.  14 f.  kann  schwerlich  der 
Übersetzung  Perruchons  gemäß  verstanden  werden.  Liegt  in  ihm 
etwa  ein  seinem  Sinne  nach  an  das  unmittelbar  Vorhergehende  an- 
knüpfender Euphemismus?  —  Den  Sinn  der  Worte  (DH^B(1>  •" 
flivM"*  :  (FLC.¥<?^>  u.  s.  w.  (S.  76  ZI.  15  f.)   möchte  ich  ver- 


492  Anzeigen. 

mutungsweise  dahin  verstehen:  Und  daß  er  gesagt  hat  „wegen  Maria 
(ist  die  ganze  Schöpfung  geschaffen  worden)",  wird  bis  auf  das 
Geringste  im  Himmel  bestätigt.  —  Ich  glaube  nicht,  daß  "Kflfl  '. 
4^^.0*3 U"*  S.  77  ZI.  9  im  Sinne  des  arab.  vjf  aufzufassen  ist, 
sondern  verstehe  „Und  dieses  sagte  er  bis  zu  seinem  Tode'. 
Das  leitet  herüber  zu  dem  unmittelbar  folgenden  Auftrage  Gottes 
an  ihn,  in  der  Unterwelt  dies  und  jenes  zu  verkünden.  —  In  dem 
auf  S.  78  ZI.  9  beginnenden  Absätze  ist  sicher  manches  nicht  in 
Ordnung.  Ich  möchte  aber  doch  einiges  abweichend  von  Perruchon 
auffassen.  Zunächst  möchte  ich  das  falsche  */\*t*ty3/i  auf  ZI.  10 
nicht  in  A.T^t>/ü/  verändern,  sondern  in  T^&^j;  denn  es  steht 
doch  wohl  im  Gegensatz  zu  (DÄ.U^P'^  '.  $>£*&>  auf  ZI.  12. 
Sodann  ZI.  11  f.:  „und  man  wollte  an  ihm  (diesem  Baum)  kreuzigen 
die  zu  den  Langen  gehörten,  aber  er  war  zu  kurz  selbst  für  die 
Kurzen".  ZI.  15:  „und  seines  Großvaters  Namen  nennt  man  Abaya- 
Barakata".  —  S.  80  ZI.  5  wird  nach  dem  Bedingungssatze  (D-fll 
7\lX^  '•  A/\^° — ^fllTf1,yV  der  sinngemäße  Nachsatz  zu  er- 
gänzen sein;  so  daß  mit  (DA/^^3^  !  AAP  ein  neuer,  selb- 
ständiger Bedingungssatz  anhebt.  Ich  glaube,  diese  aus  dem  Ara- 
bischen wohlbekannte  Ellipse  auch  in  äthiopischen  Schriften  öfters 
gefunden  zu  haben,  habe  mir  indes  keine  Beispiele  notiert.  —  S.  90 
ZI.  16  „und  diese  Erde  wird  sein  so  groß  wie  eine  Spur  des  Fußes 
des  Gerechten".  —  S.  91  ZI.  1  „und  wann  die  Bäume  des  Paradieses 
Frucht  bringen,  bringen  auch  die  Menschen  Frucht".  —  S.  91  ZI.  8 
ist  nach  AÄ'JTlC  eme  Interpunktion  anzunehmen. 

F.  P  r  a  e  t  o  r  i  u  s. 


Volksdichtung  aus  Indonesien,  Sagen,  Tierfabeln  und  Märchen, 
übersetzt  von  T.  J.  Bezemer ,  mit  Vorwort  von  Prof. 
Dr.  H.  Kern.  Haag,  Martinus  Nijhoff  1904.  VIII  und 
430  Seiten. 

Das  Buch  gibt  in  XV  Abteilungen  eine  Auswahl  von  Erzäh- 
lungen aus  Indonesien  mit  Einschluß  Neu-Guineas.  Meist  handelt 
es  sich  um  Übersetzungen  aus  dem  Holländischen,  die  nach  bereits 
gedruckten  Texten  hergestellt  sind.  Einige  Nummern  hat  der  Ver- 
fasser selbst  direkt  aus  dem  Javanischen  und  Malayiscben  über- 
tragen. In  anderen  Fällen  sind  Nacherzählungen  von  Reisenden 
aufgenommen,  denen  man  an  der  gewandteren  Form  sofort  ansieht, 
daß  sie  frei  gestaltet  sind. 

Wenn  H.  Kern  in  seinem  Vorwort  zu  dem  Buche  sagl  .  es 
werde    .  nicht  nur  den   Freunden  aller  Volksdichtung,  sondern  auch 


Hertel,  Bezemers  Volksdichtung  aus  Indonesien.  493 

den  Ethnologen  willkommen  sein",  so  glauben  wir  dem  beipflichten 
zu  dürfen.  In  mehreren  Fällen  können  wir  hier  beobachten ,  wie 
die  Märchen  noch  eine  wirklich  lebendige  Literaturgattung  bilden. 
Die  Helden  hantieren  z.  B.  wiederholt  mit  Kanonen  und  Flinten. 
Mohammedanische,  christliche  und  hinduistische  Stoffe  treten  neben 
den  autochthonen  auf.  Auf  S.  25  ist  eine  aus  dem  Jätaka  (Nu.  4 8  | 
bekannte  Geschichte  in  eine  mohammedanische  Jesus-Legende  ver- 
arbeitet. S.  20  ff.  begegnen  wir  der  aus  den  Grimmschen  Märchen 
bekannten  Fabel  vom  Wettlauf  des  Hasen  und  Igels  (bei  Bezemer 
sind  die  Tiere  der  Kantjil  und  Schnecken).  Ferner  nenne  ich  S.  44 
eine  Episode  aus  dem  Schluß  des  1.  Buches  des  Hitopadesa  (die 
Rettung  des  in  der  Schlinge  gefangenen  Rehs,  mit  wörtlichen  An- 
klängen), S.  48  eine  auch  bei  Somadeva  erhaltene  Geschichte,  S.  51  ff. 
eine  Variante  von  der  im  Abendland  bekannten  Geschichte  von 
der  undankbaren  Schlange  (hier  ein  Krokodil) ,  die  alle  möglichen 
Zeugen  dafür  aufruft,  daß  Undank  der  Welt  Lohn  ist,  schließlich 
aber  durch  eine  List  unschädlich  gemacht  wird.  S.  139  f.  ist  nichts 
als  eine  kürze  Inhaltsangabe  der  Sukasaptati ,  die  hier  als  Schluß 
einer  Erzählung  auftritt.  Neben  diesen  vorder  indischen  Stoffen,  von 
denen  sich  noch  mehrere  finden,  begegnen  wir  S.  411  einer  Variante 
der  Erzählung  von  Adam  und  Eva  und  dem  Sündenfall  (aus  Neu- 
Guinea),  der  man  die  christliche  Abstammung  sofort  ansieht.  Ganz 
seltsam  ist  gleich  die  erste  Nummer,  „Der  Bergenschlichter"  (so!, 
S:  5  ff.),  eine  javanische  Sage  über  die  Entstehung  des  Berges  Batok. 
Diese  Sage  stimmt  nämlich  in  allen  Hauptzügen  zu  der  von  Gräße 
erzählten  Sage  vom  Teufelsgraben  bei  Großenhain  in  Sachsen,  und 
zwar  in  einer  Weise,  daß  es  unmöglich  ist,  hier  keinen  historischen 
Zusammenhang  anzunehmen. 

Bezemer  selbst  verspricht  eine  „Ausgabe  einer  möglichst  voll- 
ständigen Sammlung  indonesischer  Volkserzählungen",  in  der  er  dann 
„ausländische  Parallelen  und  Prototypen"  beigeben  will.  Hoffentlich 
gibt  er  dann  genauere  Angaben  über  die  einzelnen  Texte  und 
läßt  europäische  Nacherzählungen  beiseite.  Wo  er  auf  schriftlichen 
Dokumenten  fußt,  muß  er  diese  unbedingt  näher  beschreiben,  auch 
namentlich  ihr  Alter  angeben ,  so  weit  es  möglich  ist.  Denn  so, 
wie  die  Lesestücke  in  dem  hier  besprochenen  Buche  vorliegen,  sind 
sie  wissenschaftlich  nicht  verwertbar.  Daß  der  Verf.  deutsch  schreibt, 
ist  zir  billigen.  Aber  man  muß  dann  von  ihm  fordern,  daß  er  für 
eine  Revision  durch  einen  Deutschen  Sorge  trägt.  In  seiner  „Volks- 
dichtung aus  Indonesien"  wimmelt  es  von  allerlei  Verstößen  gegen 
Grammatik,   Lexikon   und  Stil  der  deutschen  Sprache. 

Joh.  Hertel. 


32* 


494  Anzeigen. 

Studio,  syriaca  seu  collectio  documentorum  hactenus  ineditorum. 
Ex  codicibus  syviacis  primo  publicavit,  latine  vertit  notisque 
illustravit  Ignatius  Ephraem  II  Rahmani  patri- 
archa  Antiochenus  Syrorüm.  Typis  patriarchalibus  in  semi- 
nario  Scharfensi  in  monte  Libano  1904.  (72,  51  und  einige 
unbezifferte  Seiten.     Klein- 4".) 

Der  gelehrte  römisch-katholische  Patriarch  von  Antiochia,  der 
sich  um  die  syrische  Literatur  schon  mehrfach  verdient  gemacht 
hat,  gibt  uns  hier  eine  Sammlung  kleiner  syrischer  Stücke  ziemlich 
verschiedener  Art  je  mit  Übersetzung  und  Einleitung.  Die  beiden 
ersten  gehören  zum  Gebiet  der  neutestamentlichen  Apokryphen ; 
wesentlich  Neues  enthalten  sie  kaum.  - — ■  Dann  folgt  Einiges  von 
Ephraim.  Ob  das  Gedicht  im  Versmaß  des  Jacob  von  Sarug 
wirklich  dem  Ephraim  angehört ,  mag  zweifelhaft  sein ;  vielleicht 
ward  es  ihm  nur  zugeschrieben ,  weil  es ,  wie  manche  von  ihm, 
gegen  die  Lehre  des  Bardesanes  gerichtet  ist.  Am  Ende  ist  es 
etwas  verstümmelt.  —  Einigen  Gedichten  des  Isaac  von  Antiochia 
stellt  der  Hg.  den  Abschnitt  aus  einem  Briefe  des  Jacob  von  Edessa 
voran,  worin  dieser  3  syrische  Schriftsteller  des  Namens  Isaac  unter- 
scheidet, 2  orthodoxe  (d.  h.  monophysitische)  und  einen  zum  Nesto- 
rianismus  (d.  h.  zur  Lehre  des  Chalcedonischon  Concils)  abgefallenen. 
Ob  das  richtig,  bedarf  wohl  noch  genauer  Untersuchung.  Das  auf 
S.  23 — 25  abgedruckte  Gedicht  kann  nicht  von  Isaac  oder  über- 
haupt von  einem  alten  Verfasser  sein ,  da  es  gereimt ,  also  von 
arabischer  Kunstform  abhängig  ist.  Dem  Reim  zu  Liebe  setzt  der 
Verf.  sogar  (24,  4  v.  u.)  die  Form  Jilo^Ä  für  )loox>,  das  an 
der  Stelle  allein  paßt1).  Bei  einem  Syrer  der  klassischen  Zeit 
wäre  das  unerhört.  Verstehe  ich  den  Hg.  recht2),  so  nennt  die 
Handschrift  auch  gar  nicht  Isaac  als  Verfasser.  ■ —  Eine  Stelle 
aus  dem  Psalmenkommentar  des  David  von  Sälah  zeigt,  daß  er 
541/2  n.  Chr.  geschrieben  hat,  also  bedeutend  älter  ist,  als  man 
bis  jetzt  meinte.  —  Dann  erhalten  wir  einiges  zur  Geschichte  des 
Klosters  Mär  Mattai,  der  Hochburg  der  Jacobiten  inmitten  der 
Nestorianer,  und  der  jacobitischen  Diözesen  der  östlichen  Gegenden, 
sowie  etliche  kurze  Vitae  jacobitischer  Asketen.  Leider  vernach- 
lässigen sie  ganz  die  Chronologie  und  geben  auch  sonst  nicht  viel 
geschichtliche  Belehrung.  —  Daran  schließen  sich  die  Nachrichten 
über  die  Entstehung  des  von  den  Jacobiten  sehr  geschätzten  aske- 


ne  Natur  (Christi)  bekennt,  wird  am  Ende  beschämt  werden".     jji.O}Z£0 


„■wer 

heißt  aber  nur   „beschämend". 

2)  Die  Bezifferung  der  Stücke   ist  etwas  verwirrt 


Noldeke,  Ignatius,  Ephraem  II  Rahmani's  Studio,  syriaca  etc.     495 

tischen  Werkes  des  h.  Säbä.  Der  Einsiedler  schrieb  seine  Gedanken 
und  Erlebnisse  auf  allerlei  Petzen  nur  für  seinen  Bruder,  einen 
Mönch,  dieser  aber  stellte  das  Geschriebene  zusammen  und  gab  es, 
etwas  bearbeitet,  heraus,  gegen  das  Verbot  des  Verfassers,  aber  am 
Ende  doch  wohl  nicht  gegen  dessen  wahre  Absicht.  —  Besonders 
interessant  ist  das  Schreiben  des  David,  Sohnes  des  Paulus  (2.  Hälfte 
des  8.  Jahrhunderts),  über  die  Männer,  welche  die  syrische  Bibel 
punktierten.  Deutlich  ist,  daß  er  das  rein  syrische  System  mit 
schwarzen  Punkten  meint,  das  wir  besonders  durch  nestorianische 
Tradition  kennen.  Freilich  handelt  es  sich  hier  nicht  um  die  erste 
Erfindung  der  Vokal-  und  sonstigen  Zeichen,  sondeim  um  deren 
Einführung,  vielleicht  auch  um  die  systematische  Ausbildung  bei 
den  östlichen  Monophysiten.  Leider  hat  die  Handschrift  gerade 
da,  wo  nähere  Mitteilung  über  diese  Punktation  zu  erwarten  wäre, 
eine  große  Lücke. 

Den  Schluß  bilden  Auszüge  aus  einer  Schrift,  in  der  den 
Harränischen  Heiden  nachgewiesen  wird ,  daß  ihr  eigner  Prophet 
Bäbä  Christi  Ankunft  vorher  verkündet  habe.  Der  Hg.  sieht  die 
hier  zitierten  Sätze  Bäbä's  als  vorchristlich  an.  Das  ist  aber  kaum 
richtig.  Allem  Anschein  nach  ist  hier  ein  christliches  Apokryphon. 
das  einem  heidnischen  Weisen  in  den  Mund  gelegt  wird ,  ähnlich 
wie  einige  Orakel  bei  Malalas  und  wie  die  Sibyllinen.  Die  Stelle 
50.  1  (49,  10  der  Übersetzung)  scheint  auf  den  Aufenthalt  Julians 
in  Harrän  und  die  von  ihm  dort  dem  Mondgott  (Sin)  gebrachten 
Opfer  (Ammian.  23,  3,  2)  zu  gehen.  Wie  der  Hg.  (S.  70  latine) 
mitteilt ,     führt     der    Verfasser     außer    Bäbä     noch     allerlei    andre 

heidnische    Weise    wie    Pythagoras,    Plotin,    die    Sibyllen    (L    \co 

Sayae)  als  Zeugen  für  die  christliche  Wahrheit  an ;  vgl.  dazu 
Wright's  großen  Katalog  609.  Der  Hg.  macht  darauf  aufmerksam, 
daß  das  in  diesem  Stücke  dreimal  vorkommende  joJ\  auch  in  dem 
Abschnitt  des  Fihrist  über  die  Harränier  genannt  wird.1)  Es  scheint 
Name  eines  Ortes  zu  sein,  nicht  eines  Tempels.2) 

Man  sieht,  die  50  Seiten  Text  geben  für  die  Literaturgeschichte 
und  sonst  allerlei  Bemerkenswertes.  Auch  einiges  Neue  fürs 
Lexikon  findet  sich  da.  Mir  wenigstens  war  bis  dahin  unbekannt 
Ji,ikQQ2D  (fem.  sg.  st.  abs.)  „wird  syrisiert"  (aus  der  arabischen  Form 
in  eine  syrische  umgesetzt)  41,  13,  sowie  das  intransitive  ^^2)  in 
^N2)/  JJ?  JJL>D  -^  V^Q^O  „stelle  mir  einen  Wegweiser  (eigentlich 
„ Meilenzeiger ")    auf,    daß    ich    nicht    (vom  Wege)    abbiege"    17,  11 

1)  Der  Hg.  zitiert  Chwolsohn's  Ssabier.      Im   Text   des   Fihrist    324,  11. 

2)  So  nahe  es  läge,    dies    ;»;£•    mit  dem   ebenfalls  bei    EFarrSn   gel 

Jj-c  c.Jj  Jj-cjJ"  BlrünT,  Chronol.  205,18;  Jäq.  1,837  zu  identifizieren,  so 
ist   .las  doch   nicht  wohl  zulässig. 


496  Anzeigen. 

und  das  in  dem  eben  zitierten  Satze  vorkommende  JJ^^  in  der  Be- 
deutung „Bezeichnung  (der  Abschnitte?)  im  Text"  46, 17.  42,  11,  13 
hat  )^\pQ>  die  Bedeutung  „Pergament",  die  sich  nun  auch  bei 
Petrus  Iberus  39,  10,  22.  40,  6  als  die  richtige  ergibt;  auffallend, 
daß  die  syrischen   Glossare  diese  Bedeutung  nicht  kennen.1) 

Ich  bemerke  noch ,  daß  die  in  einer  Handschrift  angegebenen 
Datierungen  Hazirän  1779  Graecorum  =  1773  Martyrum  =  830 
Jezdegerdi  nicht  zusammen  stimmen,  wie  das  ja  bei  solchen  Syn- 
chronismen häufig  ist.  Maßgebend  ist  natürlich  nur  das  erste 
Datum   =  Juli   1468   n.  Ch. 

Da  der  Hg.  durchweg  nur  eine  Handschrift  zur  Verfügung 
hatte,  so  ist  der  Text  nicht  immer  ganz  sicher.  Mit  so  einfachen 
Verbesserungen  wie  Joj2dL  für  Jojäjl  11  paenult. ;  ojkAjQ*»  für 
O^AjQ*»   23,  15;    ^04jD    für    )o*JD   46,  15    kommt  man  nicht  immer 

aus.     Was  mag  z.  B.  für  \ccfr  49,  4  zu  setzen  sein'? 

Das  Druckfehlerverzeichnis  ist  für  den  syrischen  Text  nicht 
erschöpfend,  aber  die  Versehen  (wie  verschiedene  \.  für  \  M  für  „ 
u.   dgl.)  können   den  kundigen  Leser  nicht  stören. 

Die  Ausführung  des  Drucks  macht  der  Werkstatt  von  Scharia 
im  Libanon  (Bezirk  von  Kesrawän)  alle  Ehre.  Ich  möchte  aber 
empfehlen ,  bei  syrischen  Texten  die  einzelnen  Typen  immer  mög- 
lichst fest  aneinander  zu  schliessen  und  die  unnötigen  Zwischen- 
gliedchen zu  vermeiden ;  dadurch  würde  das  Äußere  noch  sehr 
gönnen.  Th.  Nöldeke. 


Ausgewählte  Gesänge  des  Giwargis  War  da  von  Arbel, 
hg.  mit  Übersetzung,  Einleitung  und  Erklärung  von 
Heinr.  Hilgenfeld.  Leipzig  1904.  (44,  86  und  einige 
unbezifferte   Seiten ;    gr.   8°.) 

Giwargis  (=  Georgios)  Wardä,  ein  nestorianischer  Geistlicher 
der  ersten  Hälfte  des  13.  Jahrhunderts,  hat  viele  syrische  Kirchen- 
lieder gedichtet,  die  uns  im  Ktäbä  dWardä  erhalten  sind  -)    Einige 


1)  Danach    ist  also  Fihrist  21,  12.   40,  23.   353,  C    ^L^U.5    zu  lesen  statt 

ML^U.5.      An   der  letzten  Stelle  lies    .  *jJ.\     ^L^JLäJI    „das  mit  Kalk    (^%j) 

behandelte    Pergament",    vgl.    21,    20.      Aus     diesen    arabischen    Stellen    ergibt 
sich,  daß   das  Wort  eben   „Pergament"   heißt,  nicht  etwa   „Papyrus". 

2)  Ich  habe  mich  vor  Jahren  ziemlich  stark  mit  dem  Buche  beschäftigt 
und  auch  zwei  Gedichte  daraus  in  dieser  Zeitschrift  Bd.  27,  495  ff.  herausgegeben; 
sie  sind  etwas  älter  als  Giwargis   Wardä. 


Nöldeke,  Hilgenfelds  Ausgewählte  Gesänge  d.  Giwargis  Warda.     41*7 

wenige  davon  sind  schon  veröffentlicht.  Heim*.  Hilgenfeld,  der  sich 
bereits  als  tüchtigen  Syrer  bewährt  hat,  gibt  uns  jetzt  9  größere 
Gedichte  dieses  Mannes.  Die  Mehrzahl  ist  durch  schreckliche  Not- 
stände veranlaßt.  Eine  ganze  Reihe  von  Jahren  hindurch  folgte 
in  Adiabene  eine  Landplage  der  anderen:  völliger  Mißwachs,  Heu- 
schrecken, Pest  und  dazu  die  Anfänge  der  Mongolennot,  die  sich 
bei  der  Einnahme  des  Ortes  Karmelis l)  gleich  in  ihrer  ganzen 
Schrecklichkeit  zeigte.  Diesem  Ereignis  gilt  das  5.  Lied.  Wir 
erhalten  ein  überaus  trauriges  Bild  von  den  Leiden  der  armen, 
friedlichen  Nestorianer.  Nur  ihre  große  Bedürfnislosigkeit  macht 
es  begreiflich,  daß  sich  in  jenen  Ländern  überhaupt  noch  eine 
christliche  Bauernbevölkerung  erhalten  hat.  —  Ein  Gedicht  spricht 
das  Entsetzen  über  den  Abfall  eines  Diakonen  zum  Islam  ans.  Zwei 
geben  den  Hauptinhalt  alter  Märtyrerakten  wieder,  eines  die  legen- 
darische Geschichte  Johannes  des  Täufers. 

Der  Dichter  zeigt  einen  ganz  kindlichen  Glauben.  Er  redet 
treuherzig  auf  Gott  ein  wie  auf  einen  Menschen.  Die  Frage, 
warum  mit  den  Sündern  so  viele  Unschuldige  geplagt  und  getötet 
werden,  löst  er  in  der  alten  Weise,  die  naive  Gemüter  befriedigen 
mochte.  Dogmatische  Erörterungen ,  die  bei  den  alten  Dichtern 
eine  große  Rolle  spielen,  fehlen  glücklicherweise  ganz.  Auch  zeigt 
Giwargis  keine  Neigung  zur  Maßlosigkeit.  Unangenehm  berührt 
nur.  daß  dieser  Sprecher  schwer  gedrückter  Christen  seine  Juden- 
feindschaft zu  erkennen  gibt,  indem  er  die  Zuhörer  Christi,  weil 
sie  eben  Juden  waren,  schon  ,Kreuziger*1  u.  dgl.  nennt.  Wenn 
Gott,  meint  er,  in  seiner  Güte  selbst  jenen  Ungläubigen  durch  Jesu 
Wunder  geholfen  habe ,  so  möge  er  doch  den  guten  Christen  ersl 
recht  ihre  Not  erleichtern. 

Der  Verf.  muß  sich  einer  Sprache  bedienen ,  die  nicht  mehr 
wirklich  lebendig  war.  schreibt  sie  aber  ziemlich  rein.  Grobe  Ver- 
stöße gegen  den  alten  Sprachgebrauch  kommen  nur  vereinzelt  vor. 
So  findet  sich  hier  nur  ein  einziges  Mal  in  spät  ncstorianischer 
Weise    •FS.     als   ganz   bedeutungsloses   Flickwort   (S.  17    Str.  8,  3). 

Der  Stat.  absoi.  statt  emphafc.  (bei  manchen  nestorianischen  Dichtern 
beliebt)  steht  40,  1,  4  .<q){y>->  w^j  und  42,  L8,  4  )q^.qj.  Das 
fehlerhafte  L^2>ii  j*öao  21,  :!.  :!  für  j^^^Zäi  j^DQ.0  rührt  viel- 
leicht nicht  vom  Verfasser  her;  die  Lesai't  der  einzigen  Handschrift 
ist  unklar.  In  der  alten  Sprache  wäre  das  durch  den  Reim  ge- 
sicherte JJCuVo  Jj-sO  21,  •">.  4  allenfalls  zulässig  als  tautologischer 
Ausdruck:  sollte  da-  zweite  Wort  aber  „Zorn  erregend"  heißen, 
SO    müßt''    jjj    ^*ß    stehen. 


1)  Arabisch      v^aJLo     Jäq 


498  Anzeigen. 

ist  o£4*D  „seine  Klage"  28,  25,  2  und  der  PI.  JJJ>b  „Klagen1" 
28,  11,  2  (zu  Jj^).  —  Lexikalisch  zu  bemerken  ist  noch  y  1  •  p 
„nagen  ab"  18,  25,  2;  PSm.  hat  zwar  dieselbe  Stelle  mit 
yj  VOK>:  aber  das  Substantiv  jlOV-Ö  und  der  neusyrische  Sprach- 
gebrauch scheinen  für  das  Peal  einzutreten.  Ferner  Jo.;  das  13,  26,  1 
in  der  Bedeutung  „dürr  werden"  keinen  Sinn  gibt,  sondern  vom 
Ton  der  jungen  Vögel  stehen  und  „piepen,  wimmern"  heißen  muß 
wie  w.,0/,    vgl.    talm.  ijStfa    Levy   4,  177  f.     Für    ^loiAsa  in   der 

folgenden  Zeile  kommt  man  mit  der  Bedeutung  „(laut)  flehen"  aus, 
für  die  ich  eine  Anzahl  Belege  habe.  —  Da  Giwargis  für  das  Ver- 
ständnis der  Gemeinde  oder  wenigstens  der  ungelehrten  Geistlichen 
schrieb,  so  mußte  er  sich  einfach  ausdrücken  und  entlegene  Wörter 
vermeiden.  Glossensammlungen  werden  in  diesen  neun  Gedichten 
nicht  verwendet.  Die  Sprache  ist  durchweg  schlicht  wie  der  Sinn. 
Die  Folge  der  Gedanken  ist  klar,  aber  oft  nach  einem  recht  pro- 
saischen Schema.  Schwung  und  Originalität  fehlen.  Das  Erbübel 
nicht  bloß  der  syrischen  geistlichen  Rede,  große  Breite,  tritt  auch 
hier  stark  hervor.  Der  Hg.  scheint  mir  den  poetischen  Wert  der 
Gedichte  zu  überschätzen.  Freilich  gebe  ich  ihm  gern  zu,  daß 
diese  Poesie  sympathischer  ist  als  das  Meiste  von  Ephraim  und 
seinen  Nachfolgern. 

Der  Text  ist  im  Allgemeinen  sehr  gut  erhalten.  Hilgenfeld 
konnte  für  einige  Lieder  mehrere  Handschriften  benutzen,  und  das 
hat  er  offenbar  sehr  sorgfältig  getan.  In  der  Mitteilung  der 
Varianten  ist  er  sogar  zu  ängstlich ;  die  meisten  konnten  als  zweifel- 
lose Entstellungen  wegbleiben.1)  Mit  Recht  legt  er  im  Allgemeinen 
die  Vatikanische  Handschrift  zu  Grunde.  Doch  hätte  er  32,  14,  1 
statt  des  unpassenden  Ack.  aus  der  andern  Handschrift  ^o^ÜO 
aufnehmen  sollen.  Für  das  interessanteste  Gedicht,  das  schon  ein- 
mal von  Aladär  Deutsch  herausgegebene  über  den  Einfall  der  Mon- 
golen, hatte  er  bedauerlicher  Weise  nur  eine  Handschrift,  die  noch 
dazu  hier  gerade  mehrfach  bedenkliche  Lesarten  gibt.  Vielleicht 
könnte  die  Handschrift  der  Cambridger  Universitätsbibliothek  (I,  157 
des  Katalogs)  helfen.2)  Text  und  Sinn  der  10.  Strophe  sind  recht 
zweifelhaft.  Für  JJ.VJL  hätte  der  Hg.  aber  ruhig  an  beiden  Stellen 
(24,  39,  1.    40,  1)    \Jill    setzen    sollen.      Die   Orientalen    kennen   ja 


1)  Haben  aber  wirklich  alle  Handschriften  2,  18  .  .Co.O>)  und  5,  39,  5 
^y,\ Q  V  f  ''  I>as  befremdet  sehr  in  nestorianischen  Handschriften  zumal  neben 
;g)-U,   ohne  «  5,  36,  2. 

2)  Dieselbe  Handschrift  enthält  auch  das  Gedicht  auf  Tahmazgard  (eb.  158) 
und  das  auf  Johannes  den  Täufer  (eb.  153). 


Brockelmann,  Maclers  Histoire  de  Saint  Azazail  etc.  499 

die  absichtliche  Entstellung  Tartari  nicht,  wie  sie  ja  auch  nichts 
vom  Tartarus  wissen.  Und  die  Tartari  wären  immer  noch  nicht 
J-.LVL-  25,  54.  2  ist  aber  }2ujOJLj  durchaus  richtig:  J9), q1,q  wäre 
ja  grammatisch  falsch.  J.;or>\<)  29,  13,  4  ist  wohl  Druckfehler 
für  J.;.(y>\<)  .  Darf  man  44,  37,  1  vielleicht  das  Metrum  durch 
Tilgung  des  zweiten  ^  ^S  herstellen  ? 

Der  Text  ist  mit  nestorianischen  Typen  gedruckt,  leider  aber 
ohne  Vokalzeichen,  die  freilich  wohl  die  Kosten  noch  erheblich  er- 
höht hätten. 

Die  Übersetzung  habe  ich  nur  gelegentlich  verglichen,  sie 
dann  aber  fast  durchweg  sehr  gut  gefunden,  auch  bei  Stellen,  die 
leicht  mißzuverstehen  waren.  Einige  wenige  Verbesserungen  kann 
ich  aber  doch  geben.     5,  32,  1   darf  ~.}OÜ^»  nur  als  Prädikat,  nicht 

als    Attribut    gefaßt    werden.      .  o>jra    23.   26,  2    gehört    zu    .  Qiort 

(med.  gem.),  nicht  zu  .  Qxv>  (med.  i),    also    „entbrannte".     26.  70.  1 

und  2  haben  wohl  den  Sinn:  „ich  denke,  daß  sie  nicht  weiter  die 
Todesstrafe,  d.  h.  die  ewige  Verdammnis,  erleiden  werden,  weil 
ihre  Sünden  durch  ihren  gewaltsamen*  Tod  gesühnt  werden". 

Der  Hg.  hat  sich  große  Mühe  gegeben ,  alle  nötigen  sach- 
lichen Erläuterungen  zu  geben.  Ausgedehnte  Gelehrsamkeit  stand 
ihm  dabei  zu  Gebote. 

Der  Druck  des  gediegenen  Werkes  ist  sehr  korrekt,  die  Aus- 
stattung vortrefflich.  T  h_   N  ;. }  (]  ß  k  e_ 


Histoire  de  Saint  Azazail ,  texte  syriaque  inedit  avec  intro- 
duction  et  traduction  francaise.  Precedee  des  actes  grecs 
de  »Saint  Pancrace.  publies  pour  la  premiere  fois  par 
Frederic  Macler.  Paris,  E.  Bouillon  1902.  (Biblio- 
theque  de  l'Ecole  des  hautes  etudes  fs.  141.)  64—37  SS.    5  Fr. 

Aus  einer  Papierhandschrift  des  1"!.  Jahrh.  im  syrisch-jacobi- 
fcischen  Kloster  zu  Jerusalem  veröffentlicht  Macler  das  Leben  des 
heiligen  Azazail,  dem  die  syrische  Kirche  am  12.  Mai  und  am 
Montag  vor  der  Assumptio  Mariae ,  dem  2.  Montag  im  August, 
Feste  feiert.  Das  2.  Fest  ist  das  seines  Märtyrertodes,  den  er  in 
Eom  i.  J.  615  d.  Gr.  =  304  n.  Chr.  unter  Kaiser  Maximianus 
erlitt.  Am  12.  Mai  feiert  die  römische  Kirche  das  Gedächtnis  des 
heiligen  Pancratius,  dessen  Martyrium  gleichfalls  ins  Jahr  30-1  aber 
eben  auf  den  12.  Mai  gesetzt  wird.  An  der  Identität  der  beiden 
Heiligen  ist  also  nicht  zu  zweifeln,  ebensowenig  dar; m.  daß  Azazail 


500  Anzeigen. 

eine  „ Übersetzung"  von  Tlayugcaiog  sein  soll.  Mit  Recht  bemerkt 
M.  p.  10,  daß  Azaza'il  sonst  als  Mannesname  nicht  vorkommt;  der 
von  ihm  trotzdem  damit  identifizierte  jüdische  Name  Hazael  ist 
natürlich  bsm. 

Zum  Vergleich  mit  dem  syrischen  Text  teilt  M.  zunächst  aus 
zwei  Pariser  Hss.  das  griechische  Leben  des  heiligen  Pankratius  mit. 
das  weit  ausführlicher  ist  als  die  lateinische  Version  in  den  Act.  Sanct. 
Mai  III,  21.  Die  p.  17  i  vorkommende  Ka^iivtavr]  vijßog  (=  insula 
=  Stadtviertel)  kann  kaum  in  Kansvucvi]  (porta  Capena)  oder  gar 
<PXui.n,vucvii  geändert  werden.  Da  M.  in  dem  damit  gleichgesetzten 
TlQcorolocpog  mit  Recht  den  mons  Caelius  erkennt ,  so  liegt  es 
doch  wohl  am  nächsten  jenen  Namen  auf  die  Vallis  Camenarum, 
die  noch  in  der  Kaiserzeit  in  dem  vicus  Camenarum  fortlebte ,  zu 
beziehen. 

Der  syrische  Text  ist  nun  keine  wörtliche  Übersetzung  des 
griechischen,  sondern  eine  ganz  freie  homiletische  Bearbeitung  des 
gleichen  Stoffes,  die  übrigens,  was  M.  noch  hätte  hervorheben  können, 
erst  aus  arabischer  Zc4t  stammt;  denn  sie  bedient  sich  8  3  des 
AVortes  J^,jo-  In  einem  Punkte,  dem  doppelten  Festtag  und  dem 
Datum  des  Todestags,  ist  die  syrische  Version  aber  ursprünglicher 
als  die  griechische.  Trotz  des  schlechten  Zustandes  der  Hds.  ist 
der  Text  sehr  gut  erhalten ;  nur  ganz  selten  sind  am  ursprüng- 
lichen Zeilenanfang  ein  paar  Buchstaben  verloren.  Leider  darf  nun 
aber  nicht  verschwiegen  werden,  daß  Maclers  Bearbeitung  des  Textes 
einiges  zu  wünschen  übrig  läßt.  Er  ist  offenbar  mit  der  doch 
so  einfachen  Sprache  der  syrischen  Hagiographie  noch  nicht  ge- 
nügend vertraut  und  er  hätte  den  p.  2  erwähnten  Rat  seines  ver- 
storbenen Lehrers  A.  Carriere  besser  beherzigen  sollen.  Die  Über- 
setzung habe  ich  nur  hier  und  da  verglichen ;  von  den  ziemlich 
zahlreichen  Druckfehlern  sehe  ich  im  folgenden  ab.  S.  4  5  ^^ojjj 
lies  ;»jjl-  8  13  j»Qj  lies  |>OQiO.  10  13  ^jojo  von  M.  nicht  mit 
übersetzt,  lies  Vßjo  und  er  kühlte  seinen  Zorn  etwas  ab.  Eb.  17 
jkxAJD  J).OxT>  M.  morts  cruelles,  lies  jJLox*2D  Schläge.  15  e  Hss. 
-.iL^JJ  M.  lire  JJ1.&OJ  »pour  etre  dechire".  Lies  ^jifcoj  wie  un- 
mittelbar darauf  Z.  17  richtig  steht,  Ib.  15  «ojq^o,  das  M.  in 
w.O)Q33Q..  ändern  will,  ist  ganz  in  Ordnung;  die  Leiden  werden  den 
^0)Q^Ql  der  künftigen  Welt  gegenübergestellt,  die  ja  Hölle  und 
Paradies  umfaßt.  17  2  fc^J2D  ist  nicht  in  L]>o  zu  ändern,  wie  ja 
M.  selbst  „mort"  nicht  „mourant"  übersetzt,  22  1  jfc\L  ^O-OD  JO) 
M.  „voiei  trois  termes",  lies  '\,  «.20*00  JJ/  „sondern  -\  fricra?"  für 
Person,  Wort    und  Geist    des  Menschen  und  nicht,    wie  es  vorher 


Broclelmuiiit,  Maclers  Histoire  de  Saint  Azaza'il  etc.  501 

heißt,  kann  jedes  für  sich  allein  existieren.  24  7  «o^CuS'^O 
M.  omoplates,  lies  wOjOlSb^O  und  an  seinen  Seiten.  25  13  Hds. 
Ju^Asd  ^-J)JX  ]~]jo  ^5  J?  M. :  „Tant  qu  Azaza'il  le  trompeur  sei-a 
vivant",  lies  ^ojfcsj  für  ao  „wenn  A.  weiter  lebt".  28  13  JKiD} 
von  M.  nicht  mit  übersetzt,  lies  )k3DJ  hoch.  Jb  15  wJ^-JQSD  ^^Qirt 
0)L0JÄ.0)1  ist  nicht  „la  recompense  de  sa  foi",  sondern  das  Siegel 
seines  Glaubens,  als  welches  der  Märtyrertod  ja  so  oft  bezeichnet 
wird.  29  pu  ^üd  r>\^^  ^^  ist  ganz  in  Ordnung  und  nicht  in 
\\\-^  zu  ändern  vgl.  Act.  Mart.  ed.  Bedjan  I  363  11,  III  231  7, 
Guidi,  Testi  or.  in.  s.  i  sette  dorm.  19  5t;  und  r>\^.^  allein  Gen.  50  17, 
Anecd.  Syr.  II  358  10,  Barhebr.  Kithäbä  diyaunä  (ed.  Cardahi)  105  u. 
Den  §  87  (p.  35)  läßt  er  mitten  im  Satz  beginnen.  Das  Datum 
0)QQ£0  usw.  gehört  zur  vorhergehenden  Erzählung  vom  Tode  des 
Heiligen.      Erst    mit    QjacoSo   beginnt  der  neue   Satz. 

In  einem  Anhang  äußert  M.  noch  einige  nicht  gerade  förder- 
liche Gedanken  über  Kamen  und  Person  des  Azaza'il.  Den  Einfall 
ihn  mit  dem  syrischen  Gott  "Afäog  zusammenzubringen ,  verwirft 
er  mit  Recht .  da  wir  ja  von  IIcyy.qütLog  als  dem  Original  auszu- 
gehen haben.  Wenn  er  die  Frage  nach  dem  Ursprung  diesem  aus 
Kleinasien  stammenden  Heiligen  Jluyy^äxioq  mit  dem  ursprünglich 
nur  einem  Gotte  zustehenden  Namen,  der  freilich  wie  anderen  Götter- 
namen auch  auf  Menschen  übergegangen  ist,  beantworten  wollte,  so 
mußte  er  nach  dem  Vorbild  von  Useners  Religionsgeschichtlichen 
Untersuchungen  sein  Augenmerk  vor  allem  auf  die  Feste  richten. 
Da  muß  es  schon  auffallen,  daß  die  syrische  Kirche  das  Gedächtnis 
des  Heiligen  zweimal  feiert,  an  seinem  Todestag,  am  2.  Montag 
des  August,  des  Monats  der  Weinlese,  und  am  12.  Mai,  dem  frohen 
Monat  der  Rosen  (§  87).  Das  legt  allerdings  die  Vermutung  nahe, 
daß  diese  Feste  des  JJc^'^tt'rtog-Azazail  an  die  Stelle  je  eines  der 
alten  Naturfeste  getreten  sind,  über  die  zuletzt  R.  Wünsch ,  Das 
Frühlingsfest  der  Insel  Malta  (Leipzig  1902)  S.  19 ff.  gehandelt  hat: 
Feste,  bei  denen  man  mit  dem  Erwachen  der  Natur  im  Frühling 
die  Geburt  des  Gottes  feierte  und  im  Herbst  mit  dem  Sterben  der 
Vegetation  seinen  Tod  beklagte.  In  der  griechischen  und  der 
römischen  Kirche  ist  nur  das  Fest  am  12.  Mai  erhalten,  das  dann, 
wie  bei  einem  Martyr  zu  erwarten,   als  Todestag  angesehen  wurde. 

C.   Brocfcelmann. 


502 


Verzeichnis  der  im  letzten  Vierteljahr  bei  der 
Redaktion  eingegangenen  Druckschriften. 


(Mit  Ausschluss  der  bereits  in  diesem  Hefte  angezeigten  Werke.  Die  Redaktion 
behält  sich  die  Besprechung  der  eingegangenen  Schriften  vor.  Anerbieten  der 
Herren  Kollegen,  das  eine  oder  andre  "»richtigere  Werk  eingehend  besprechen 
zu  wollen ,  werden  mit  Dank  akzeptiert.  Die  mit  *  bezeichneten  Werke  sind 
bereits  vergeben.) 


Yelics,  Anton  von  -  Ueber  Ursprung  und  Urbedeutung  der  Wörter.     (Versuch 
einer  Systematik.)     Budapest,  Eigenthum  des  Autors,   1904. 


* Nöldeke,  Theodor  -  Beiträge  zur  semitischen  Sprachwissenschaft.  Strassburg, 
Karl  J.  Trübner,   1904.     Mk.   8. 

Taalcs,  Gerhard  —  Alttestamentliche  Chronologie.  Mit  einer  Beilage:  Tabellen. 
Uelzen   1904.     Im  Selbstverlage  des  Verfassers.     Mk.  4,50. 

Tadks,  Gerhard  -  Zwei  Entdeckungen  in  der  Bibel.  Uelzen  1904.  Im  Selbst- 
verlage des  Verfassers.     Mk.  1. 

Bacher,  Wilhelm  -  Aus  dem  Wörterbuche  Tanchum  Jeruschalmi's.  Nebst 
einem  Anhange  über  den  sprachlichen  Charakter  des  Ma  im  wni' sehen  Mischne- 
Tora.     Strassburg  i.   E  ,  Karl  J.  Trübner,   1903.     Mk.  4. 

5"IH  La  Merope  tragoedia  .  .  .  marchionis  Francisci  Scipionis  Maffei  quam  ex 
italico  sermone  in  linguam  sacram  classicam  convertit  .  .  .  Samuel  Aaron 
Jiomanelli  nunc  primum  cum  praefatione  et  notis  in  lucem  edita  e  manu- 
scripto  autographo  translatoris  existente  in  bibliotheca  privata  editoris  Thomae 
Aq.    Weikert.     Romae,  Frid.  Pustet,   1903.     Lire   7. 

}Q*T-5>3  ,^"i2?3.1  n&i»  f-.  r^.Vio.l  \*T<  Mois  de  Marie  par  Paul 
Bedjan.  Paris,  rue  de  Sevres,  95.  Otto  Ilarrassowitz,  ä  Leipzig,  1904. 
Mk.   8. 

Horae  Semiticae  No.  HI.  Acta  mythologica  apostolorum.  Transcribed 
from  an  Arabic  MS    in    the  Convent    of  Deyr-es-Suriani ,   Egypt,    and    from 


Verzeichnis  der  bei  der  Redaktion  eingegangenen  Druckschriften.     503 

MSS  in  the  Convent  of  St  Catherine,  on  Mount  Sinai,  with  Tivo  Legends 
from  a  Vatican  MS  by  Prof.  Ignazio  Guidi ,  and  an  appendix  of  Syriac 
palimpsest  fraginents  of  tbe  Acts  of  Judas  Thomas  from  Cod.  Sin. 
Syr.  30,  by  Agnes  Smith  Leicis.  —  Horae  Semiticae  No.  IV.    TheMytho- 

logical  Acts  of  the  Apostles.     Translated with    a    translation 

of  tbe  palimpsest  fragments  of  the  Acts  of  Judas  Thomas by 

Agnes  Smitli  Lewis.  London,  C.  J.  Clay  and  Sons.  1904.  12  s.  6  d  und 
G   s.  net. 

* Hir schfeld,  Hartwig  -  New  Kesearches  into  the  Composition  and  Exegesis  of 
the  Qoran.  (Asiatic  Monograpbs.  Vol.  III.)  London,  1902.  Royal  Asiatic 
Society. 

*Ibn  Sa  ad.  Biographien  Mubammeds,  seiner  Gefährten  und  der  späteren  Träger 
des  Islams  bis  zum  Jahre  230  der  Flucht.  Im  Auftrage  der  Königlich 
Preussischen  Akademie  der  Wissenschaften  im  Verein  mit  C.  Brockelmann, 
Königsberg;  J.  Horovitz,  Berlin:  J.  Lipper t,  Berlin;  B.  Meissner,  Berlin; 
E.  Mittwoch,  Berlin;  F.  Schwally ,  Giessen,  und  K.  Zetter steen,  Lund 
herausgegeben  von  Eduard  Sachau.  Leiden,  E.  J.  Brill.  Bd.  III,  Theil  I. 
Biographien  der  mekkanischen  Kämpfer  Mubammeds  in  der  Schlacht  bei 
Bedr.  Hrsgeg.  von  Eduard  Sachau.  1904.  —  Bd.  III,  Theil  II.  Bio- 
graphien der  medinischen  Kämpfer  Mubammeds  in  der  Schlacht  bei  Bedr. 
Hrsgeg.  von  Josef  Horovitz.  1904.  —  Bd.  VIII.  Biographien  der  Frauen. 
Hrsgeg.  von  Carl  Brockelmann.     1904. 

*Ibn  Qotaiba.  Liber  poesis  et  poetarum  quem  edidit  M.  J.  de  Goeje.  Lugd.- 
Bat,  E.  J.  Brill,   1904. 

*Weir,  T.  H.  -  The  Shaikhs  of  Morocco  In  the  XVI  th  Century.  With  Preface 
by  James  Robertson.    With   a  Map.    Edinburgh,   George  A.  Morton,   1904. 


'Ennon,  Adolf  -  Aegyptische  Chrestomathie  zum  Gebrauch  auf  Universitäten 
und  zum  Selbstunterricht.  (Porta  linguarum  orientalium,  pars  XIX.)  Berlin, 
Reuther  &  Reichard,   1904.     Mk.  12,50. 

Schencke,  Wilhelm  -  Amon-Re.  En  studie  over  forholdet  mellem  enhed  og 
mangfoldighed  under  udviklingen  af  det  agyptiske  gudsbegreb.  I  kommission 
hos  Alb.   Camtnermeyers  forlag,  Kristiania,   1904. 


Veiten.  C.  -  Praktische  Suaheli-Grammatik  nebst  einem  Deutsch-Suaheli-Wörter- 
verzeichnis.    Berlin   1904,  Wilhelm  Baensch. 


Archaeological  Survey  of  Ceylon.  Epigraphia  Zeylanica  being  lithic  and 
otber  inscriptions  of  Ceylon.  Edited  and  translated  by  Don  Martino  de 
Zilva  Wickremasinghe.  Vol.  I,  part  I.  London,  Henry  Frowde,  1904. 
5   s.  net. 

Schmidt,  Riebard  -  Liebe  und  Ehe  im  alten  und  modernen  Indien  (Vorder- 
Hinter-  und  Niederländisch-Indien).  Berlin,  II.  Barsdorf,  1904.  Brosch. 
Mk.  10,  gebdn.  Mk.  11,50,  Liebhaber-Ausg.  in  Quartformat  auf  Büttenersatz 
brosch.  Mk.  20. 


504      Verzeichnis  der  bei  der  Redaktion  eingegangenen  Druckschriften. 


The  PahlavT  Version  of  Yasna  IX  edited  with  the  collation  of  mss.,  a  literal 
translation  into  English,  explanatory  and  philological  notes,  and  an  intro- 
duetion  by  Manekji  Bamanji  Davor.  Leipzig,  Otto  Harrassowitz,  1904. 
Mk.  3. 

Bla%og,  Kocpccg  -  H  %tQ6ovt]Oog  tov  Ayiov  Ooovg  A&co  v.ai  ai  sv  avtr] 

[LOVUl    XCll    Ol    IIOVUXOL    TTcdcCL    TU    Y.U.I    VW.     MtlSTT]  IOTOQIXT]  Kttl    XpITlXT]. 

Ev  BoXco,  Ttuv&t66aliY.ov  tvTtoyQacpbiov  A&.  Ularaviarov.  1903. 
Mk.  5.  (Ausserhalb  Griechenlands  nur  von  Otto  Harrassowitz,  Leipzig,  zu 
beziehen,  der  vom  Verfasser  den  Kommissionsverlag  außerhalb  Griechen- 
lands erhalten  hat.) 


Abgeschlossen  am  22.  Juni  1904. 


505 


Zur  Exegese  und  Kritik  der  rituellen  Sutras1). 

Von 

W.  Caland. 

XLY.    Z  u    u  k  t lt  a  m  väc-    des    P.  W. 

Im  Petersburger  Wörterbuch  in  kürzerer  Fassung  (vol.  I,  S.  215) 
erwähnt  Böktlingk  ein  Wort  uktkamväc-  f.:  „bestimmter  Teil 
eines  sastra" .  Seine  Belegstellen  sind  Äsv.  srs.  V,  14.  26  und 
VIII,  16.  3.  Daß  dieses  Wort  aber  aus  dem  Sanskrtlexikon  zu 
streichen  ist,  geht  aus  den  verwandten  Texten  zweifellos  hervor. 
Aus  Säiikh.  srs.  VIII.  16.3:  ädrnvate  tvoktham  aväcindräya  er- 
hellt, daß  in  Äsv.  uktham  väci  (nicht  ulcthyam  väci,  wie  an  der 
zuerst  zitierten  Stelle  die  Ausgabe  der  Bibliotheca  Indica  hat)  zu 
trennen  ist,  und  daß  väci  der  Passiv-aorist  ist.  Durch  die  irrige 
Annahme  Böhtlingks  hat  sich  offenbar  Knauer  verführen  lassen. 
wenn  er  (Note  zu  Man.  srs.  II,  4.  6.  25)  vorschlägt  eher  einen 
Stamm  ukthamväcin  anzusetzen.  Glücklicherweise  hat  er  aber  im 
Text  richtig  getrenntes  uktham  väci,  das  freilich  zu  dem  von  ihm 
angesetzten  Stamme  in  Widerspruch  steht.  Sonst  hat  wohl  niemand 
an  das  Böhtlingk'sche  ukthamväc-  geglaubt ,  da  schon  Garbe  in 
seiner  Ausgabe  und  Übersetzung  des  Vaitänasütra  (21.  5)  die  Wörter 
richtig  aafgefaßt  hat. 

XL  VI.    Zum    Man  a  va  s  rautasüt  ra. 

1.  An  drei  Stellen  (II,  5.  1.  10;  42;  II,  5.  2.  14)  liest  Knauer 
rasafkrtena  sarvarn  julioti.  Ich  meine,  daß  vielmehr  vasatkrte 
na  sarvarn  jiüioti  zu  lesen  wäre.  Dafür  sprechen  grammatische  und 
sachliche  Gründe.  Hätte  der  Autor  unseres  Sütra  sagen  wollen: 
„nach  dem  vasat- Ruf  schüttet  er  den  ganzen  Inhalt  ins  Feuer",  so 
würde  er  auch  hier  den  lok.  vasatkrte  gebraucht  haben,  wie  sonst; 
vgl.  II.  3.  8.  6;  II.  4.  1.  21;  29;'  II,  4.  2.  29;  II,  4.  6.  4.  I 
lehren  uns  die  verwandten  Texte,  daß  vasatkrte  na  zu  trennen  is1  ; 
zu  den  ersten  beiden  Mänavastellen  vgl.  Äp.  XIII,  10.  •"> :  südavat 
und   XIII,  13.    I:    etenaiva  sas'esena  vaiävadevam  ....  grhnäti, 


1)  Vgl.  diese  Zeitschrift  57,   Tic 
Bd.  LVIII. 


506  Caland,  Zar  Exegese  und  Kritik  der  rituellen  Siitras. 

Baudh.  sasese  tasrnin  grhnäti.  Zur  letzten  Mänavastelle  beachte 
man  die  Vorschrift  (Man.  §rs.  II,  5.  2.  15):  bhaksam  ägnldhräya 
prayacchati,  wie  wäre  dies  möglich,  wenn  der  Inhalt  ganz  geopfert 
worden  war? 

2.  Nach  Knauers  Restitution  des  Textes  wird  II,  5.  1.  35  die 
unbegreifbare  Vorschrift  gegeben,  daß  im  Märjäliya  hinter 
dem  südlichen  Havirdhänakarren  die  für  die  Väter  be- 
stimmten Gaben  zu  deponieren  sind.  Die  Havirdhänakarren  befinden 
sich  aber  nicht  im  Märjäliya !  Entweder  ist  daksinasya  havirdhä- 
nasya  paseät  zu  streichen  oder  diese  Wörter  sind  noch  mit  dem 
vorhergehenden  siddham  ä  sädanät  zusammen  zu  nehmen ,  vgl. 
II,  4.  1.  47. 

3.  Unbegreiflich  ist  mir  die  Vorschrift :  präg  uditeh  pathyäm 
svastim  .  .  .  yajati  (II,  5.  5.  4).  Ohne  den  mindesten  Zweifel 
liegt  entweder  Druckfehler  oder  schlechte  Überlieferung  vor.  Statt 
uditeh  ist  aditeh  zu  lesen ;  präg  aditeh  heißt  „  vor  der  (Spende  an) 
Aditi11.  Während  bei  der  präyaniyesti  die  Reihenfolge  der  Gott- 
heiten, denen  gespendet  wird,  diese  ist :  pathyä  svasti  (1),  agni  (2), 
soma  (3),  savitr  (4),  aditi  (5)  (vgl.  Man.  srs.  II,  1.  3.  25),  kommt 
bei  der  udayanlyesti  die  Spende  an  pathyä  svasti  unmittelbar 
vor  dem  Opfer  an  Aditi_(also  agni  1,  soma  2,  savitr  3,  pathyä 
svasti  4,  aditi  5),  vgl.  Ap.  XIII ,  23.  4 :  tesv  eva  desesv  agnim 
äjyabhägänäm  prathamam  yajati,  pathyäm  svastim  uttamäm 
(sc.  äjyabhägänäm  devatänäm,  zu  welchen  Aditi  nicht  gehört,  ihr 
kommt  der  caru  zu),  und  noch  deutlicher  Baudhäyana:  pathyäm 
amutra  (nl.  bei  der  präyaniyesti)  svastim  prathamam  yajati,  täm 
ihopottamäm  (sc.  sarväsäm  devatänäm)  yajati. 

4.  Die  Stelle  II,  3.  2.  35  liest  Knauer  so :  uduhyädhavaniyam 
nnu'trävarunacamasiyäsv  avaniya  prätahsavanikam  avanayati. 
Ich  glaube  eher,  daß  die  Näsikhandschrift  und  der  Kommentar  der 
Londoner  HS.  recht  haben,  wenn  sie  lesen  und  erklären:  °camaslyä 
avaniya.  Um  diesen  Punkt  zu  beweisen,  brauche  ich  nur  die  ver- 
wandten Texte  zu  zitieren :  maiträvarunacamasam  ädhavaniye 
''vanayati  vasatlvarltrtiyam  ca  (Käty.  IX,  3.  21);  athodubjyä- 
dhavaniyam  sarvada  eva  maiträvaruniyäh  paryasyati ',  trtiyam 
vasativarinäm  avanayati,  trtiyam  ekadhanänäm  (Baudh.  VII,  4) ; 
ekadhanänäm  yathärtham  sarväs  ca  maiträvarunacamaslyä  ädha- 
vaniye ''vanlya  (Ap.  XII,  16.  11);  maiträvarunacamasxyäs  caika- 
dhanaikadesäms  eädhavanh/e  ^ vanlya  (Hir.  VIII,  11). 

XL VII.    Zum  Vaitänasütra. 

1.  Das  Wort  vasüni  (11.  20),  vasu°  (12.  2)  ist  gewiß  nicht 
mit  Garbe  auf  „die  Betreibung  aller  weltlichen  Güter"  zu  beziehen, 
sondern  eher  auf  die  zwölf  im  Gopathabrähmana  (I,  3.  21)  auf- 
gezählten Punkte  oder  Verrichtungen,  die  während  der  Diksitaschaft 
unterbleiben  sollen.     Es  sind: 


Caland,  Zar  Exegese  und  Kritik  der  rituellen  Sutras.  507 

1)  na  dtksito  "'gnihotram  juhuyäf, 

2)  na  paurnamäsyena  yajnena  yajeta, 

3)  nämäväsyena, 

4)  näsmini)  vasita, 

5)  na  pkryajnena  yajeta, 

6)  «a  fotfra  gacched  yatra  manasä  jagamiset, 

7)  nestyä  yajeta, 

8)  wa  t-äcä  yathäkathäcid  abhtbhäseta, 

9)  na  mithunam  caret, 

10)  nänyasya  yathäkämam   upabhunjita,2) 

11)  na  pasubandhena  yajnena  yajeta, 

12)  na  feft-a  gacched  yatra  caksusä  paräpasyet. 

Zu  diesen  zwölf  zu  unterlassenden  Verrichtungen  stimmen  nun  die 
Vait.  12.  1  =  Gop.  br.  I,  3.  22  mitgeteilten  sechs  Sprüche,  zu 
1  und  2  der  Spruch:  agnihotram  ca  mä  paurnamäsas  ca  yajnah 
purastäl  pratyancam  ubhau  kämaprau  bhütväksityäs)  sahävi- 
satam.  Zu  3  und  4  stimmt  der  zweite  Spruch:  vasatis  cämävä- 
syas  ca  yajnah  u.  s.  w. ;  vasati  bedeutet  hier  offenbar  „das  Zu- 
bringen der  Nacht  am  Opferherd  beim  Neumondsopfer",  nicht  „das 
ruhige  Wohnen",  wie  Garbe  will.  Die  diesem  Worte  entsprechende 
Verbalform  in  der  Vorschrift  des  Gop.  br.  (vaslla)  ist  somit  wohl 
ungenau  oder  falsch  statt  vaset.  Zu  5  und  ti  stimmt  der  dritte, 
zu  7  und  8  der  vierte,  zu  9  und  10  der  fünfte  und  zu  11  und  12 
der  sechste   Spruch. 

Auch  am  Ende  der  Diksitaschaft  soll  der  Opferherr  die  ge- 
nannten Sprüche  hersagen,  um  sich  die  Frucht  dieser  Handlungen, 
obschon  er  sie  unterlassen  hat,  dennoch  zu  sichern :  vasusampaf<<f//e. 

2.  Mit  einer  der  drei  Handschriften,  die  ihm  zur  Verfügung 
standen,  liest  Garbe  16.  12:  havirdhänam  pürvenätt/'/a  Ichare 
copavisya;  die  beiden  anderen  HSS.  haben  kharam.  Ich  halte 
dies  eher  für  richtig,  es  würde  sonst  ca  haben  fortbleiben  können. 
Für  die  Lesart  kharam  spricht  z.  B.  die  Stelle  15.  14:  ägnldhrl- 
yalaksanam  uttarena  sadas  ca;  ganz  ebenso  hier:  havirdhänam 
pürvena  .  .  .  kharam  ca. 

3.  Das  handschriftlich  21.  5  überlieferte  sastroktham  väcity 
aha  ist  unbedenklich  in  sastvoktham  väci  zu  korrigieren.  „Wenn 
er  das  sastra  beendigt  hat,  so  sagt  er  uktham   väciu. 

4.  Ebenso  unbedenklich  ist  21.21  evä  pählti  prasthitayäjyä 
in  prasihitayäjyäh  zu  ändern,  d.  h.  „die  Yäjyäsprüche  (für  Brä- 
hmanäcchamsin ,  Potr  und  Ägnidhra)  sind  Atli.  V.  XX.  8.  1 — 3", 
vgl.   Asv.  srs.  Y.  5.  19  (erste   lliilfte). 

5.  Das  Sütra  22.  21  enthält  zwei  Sätze:  savamyahomäd 
indras    ca  somam  pibatam  brhaspata  iti  prasihitayäjyäh   \   d.  li. 

1)  So  ist  wohl  statt  astnin  zu   lesen. 

2)  B.  I.  -kärnam  u  yunßta  (!) 

3)  So  ist  wohl  statt  Garbes  bhütvä  lesityä  zu  lesen. 


508  Caland,  Zur  Exegese  und  Kritik  der  rituellen  Sütras. 

„die  Yäjyäsprüche  (für  die  oben  unter  Nr.  4  genannten  Priester) 
sind  Ath.  V.  XX,  13.  1— 3«,  vgl.  Äsv.  §rs.  V,  5.  19  (zweite  Hälfte). 
homän  aindram  maiträvarunam  u.  s.  w.  sc.  brahmanwm.antra.yate. 

Ich  vermute  auch,  daß  liier  rnaürävarunam  falsch  statt  aindrä- 
varunam  überliefert  ist,  man  vgl.  den  zu  diesem  Prasthitahoma 
verwendeten  Spruch   KV.  VI.  68.  10. 

6.  Im  Sütra :  havirdhäne  yathäcamasam  daksinatah  svebhya 
upäsanebhyas  trlmstrin  purodäsasamvartän  .  . .  ntprnanti  (22.  22) 
übersetzt  Garbe:  .südlich  von  ihren  Sitzen''.  Die  Sitze  befinden 
sich  aber  nicht  im  havirdhänam,  sondern  im  sadasl  Nur  an  dieser 
Stelle  soll,  auch  nach  dem  P.W.  (kürz.  Fass.),  upäsana  diese  Be- 
deutung haben.  Sonst  werden  die  Purodäsa- Stückchen  in  der  Nähe 
der  Becher  (südlich  davon  oder  hinter  denselben),  die  im  Havirdhänam 
aufgestellt  sind,  hingelegt  (z.  B.  Ap.  XIII,  12.  9).  Im  Baudhäyana- 
sütra  (VIII,  12)  heißt  es  nun:  camasayacamasäyaiva  trlmstrin 
purodäSasakalän  upäsyati.  Dazu  lautet  das  Dvaidham:  aupäsa- 
nesv  iti.  sa  ha  sin'"' Im  baudhäyano  'nusamvrajyaupäsanän  anu- 
rnantrayeta  u.  s.  w.  Die  hier  den  Vätern  dargebrachten  Gaben 
heißen  also  aupäsanäh,  so  auch  Sänkh.  srs.  VII,  7.  9,  Komm. :  ya 
upäsyante  pindäs  ta  aupäsanä  iti.  Vermutlich  liegt  dasselbe 
"Wort   in  unserer  Vaitänastelle  vor. 

7.  Das  Sütra  23.  21  enthält,  nach  meiner  Ansicht,  zwei  Sätze: 
idäntä  (sc.  avabhrihestih  samtisthate)  |  anuyä/jäntaike. 

8.  Unrichtig  sind  Garbes  Konstruktion  und  Übersetzung  der 
Sätze  28.  8 — !'.  Sie  sollten  lauteri :  udayaniyä  präyanlyävat  \ 
pathyäyäs  caturtham  \  antahstha  \  8  ||  anübandhyäyam  u.  s.  w. ; 
antahsthä  (viell.  z.  1.  antahsamsthäf),  „in  der  Mitte  schließend  ist 
die  vdayantyesti11  deutet  auf  das  letzte,  das  Caruopfer  an  Aditi, 
vgl.  oben  No.  XLVI,  3. 

9.  Andere  Berichtigungen.  9.  4  ist  wohl  eher  nach  Säyana 
(Ath.  V.  vol.  I  p.  387)  und  Äpastamba  (VIII,  11.  8)  mit  C  pürna- 
darpyam  zu  lesen;  11.  14  1.:  hasipv  ity  ädi,  es  wird  auf  Kaus. 
24.  28  verwiesen;  12.  8  1.:  mrasthamsam  vgl.  Ap  X,  13.  11; 
13.  8  1.:  ayam  sahasram  ity  anumantrayate;  16.11  hat  man 
wohl  statt  räjne:  räjni  zu  lesen:  rüjny  abhisüyamäne,  „wenn  der 
Soma  gekeltert  wird",    so  auch   Säyana;    18.  11   1.:  prasrapsyanto. 

XLVIII.    Die    Zitate    aus    und    die    Verweisungen    nach    der 
Väjasaneyin -Literatur  im  Äpastambakalpasütra. 

Bekanntlich  wird  in  den  Ritualtexten  der  Apastambins  häufig 
ein  Väjasaneyakam  (sc.  brähmanam)  zitiert  und  werden  oft  die 
Abweichungen  im  Ritual  nach  den  Väjasaneyins  angegeben  (vaja- 
saneyinah  samämananti).  Einige  dieser  Fälle^  sind  schon  von 
Eggeling  in  seiner  Vorrede  zur  Übersetzung  des  Satapathabrähmana 
(S.  B.  E.  Vol.  XII.  S.  XXXIX  flg.)  untersucht.  Da  das  Sütra  der  Apa- 
stambins   zu   jener  Zeit    noch  nicht  in  der  trefflichen  Ausgabe  der 


L'aland,  Zur  Exegese  und  Kritik  der  rituellen  Sütras.  509 

Bibliotheca  Indica  vorlag,  ist  es  jetzt  erst  möglich,  diese  Fälle 
gründlich  zu  untersuchen.  Daß  es  für  unsere  Kenntnis  der  vedischen 
Texte  von  Interesse  ist,  alle  diese  Zitate  zu  prüfen  und  zu  unter- 
suchen, inwiefern  die  von  Apastamba  erwähnten  Zitate  sich  wirklich 
in  dem  uns  vorliegenden  Texte  der  Yäjasaneyins  nachweisen  lassen, 
wird   niemand   bezweifeln. 

Zuerst  behandle  ich  diejenigen  Stellen,  die  ein  direktes  Zitat 
aus  dem  Väjasaneyakam  enthalten.  Da  es  möglich  wäre,  daß  hinter 
dem  Namen  Väjasaneyakam  etwas  anderes  versteckt  ist .  als  was 
uns  unter  diesem  Namen  bekannt  ist.  zitiere  ich,  wo  es  mir  mög- 
lich ist.  auch  verwandte  Texte. 

1.  I,  4.  7:  prastaram  eva  mantrena  däti  tüsnim  itarad  iti 
väjasaneyakam. 

In  Käty.  kommt  dieser  Punkt  gar  nicht  zur  Behandlung. 
Baudh.  I.   2:   tüsnim   ürdhvam  ayujo  mustln  lunoti, 

2.  II,  9.  8:  anüyäjärthe  präcl  ulmuke  udühatilt  väjasa- 
neyakam. 

Käty.  IL  7.  30:  ulmuke  udühaty  anuyäjäs  cet. 

Sat.  Br.  I,  8.  2.  1;  te  vä  ete  ulmuke  udühanti. 

Da  aber  das  udühanam  des  Käty.  unmittelbar  vor  den  anu- 
yäjd%  erwähnt  wird,  scheint  dem  Yäj.- Zitate  die  Vorschrift  des 
Hir.  I,  26:  anüyäjärthe  ulmuke  udühyähavanlyam  kalpayitvä 
näher  zu  kommen,  vgl.  Bhär.  II,  9:  atraike  *nü~yäjäriham  ulmuke 
nirühanti.     Man  beachte  das  lange  u  im  Väj. -Zitat  des  Apastamba  ! 

3.  IV.  1.  5:  apy  alpaso  lomäni  väpayata  iti  väjasaneyakam. 
Weder   im   Sat.  Br.  noch  im  Käty.  findet  sich   entsprechendes, 

kesasma.sr:'   vapate  väsikyam,  Käty.  II.  1.  '.'. 

4.  V,  1.  3:  apy  asamlgarbhasyeti  väjasaneyakam. 

Vgl.  Käty.  IV,  7.  23:  abhäve  'garbhasya,  Baudh.  II,  6:  apy 
asamigarbhäm   vä  (harati). 

5.  V,  1.  6:  na  sambhärän  sambhared  iti  väjasaneyakam. 
Diese  Vorschrift    steht    in    direktem  Widerspruch    zu    Sat.  Br. 

II,  1.  1.  1 :  sa  yad  vä  itas  cetas  ca  sambharati  tat  sambhäränäm 
sambhäratvam.     Das  Sat.  Br.  polemisiert  sogar  gegen   die   Aus 
fl einiger "  :    naivail:am    cana    sambhäram  sambharet   (1.   1.    1.    14). 
Nach  Eggeling  (SBE.  XII  p.  281)  stimmt    die    Känva- Rezension   im 
allgemeinen  mit  dem  Sat.  Br.  überein. 

6.  V,  15,  1:  kamandalupada  ädadhlteti  bahv^cabrähmanam, 
ajasya  pada  ädadhlteti  väjasaneyakam. 

Dies  stimmt  nicht  zur  Überlieferung  der  Väjasaneyins :  f<im 
asvasya  pada  ädhatte  (Sat.  Br.  II.  1.  4.  24),  aivdh  purastäd  yuvä, 
tml  abhäve  'yuvääväbhäve  'nadvän.  Vgl.  aber  Bhär.:  yady  aivo 
na  syäd  ballvarda  evaitat  karma  kuryäd,  ajasya  /mihi  udheyam 
iti  vijnäyate. 

7.  V  16.  * :  vyährtibhzr  evodgliham  bhavatiti väjasaneyakam. 
In  Käty.  IV,  i».  7  nur:  gänam  adhvaryoh  \  brahmä  vä   veda- 

yogüt.     Man  beachte  das  lange  i  in  vyährtibhih. 


510  (Jaland,  Zur  Exegese  und  Kritik  der  rituellen  Svtras. 

s.  VI,  "2.  Iti:  upavasatha  evavnam  ähareyur  navävasäna 
evavnam  ähareyur  iti  väjasaneyakam. 

Vgl.  Sat.  Br.  II,  3.  2.  7  sq.  vpavasatha  evavnam  ähareyulr.  .  .  . 
navävasite  vainam  ähareyuh,  vgl.  Käty.  IV,  13.  7,  8. 

9.  VI,  19.  6:  na  prätar  agnim  upa  canävarohen  na  prätar 
aMtägniä  cana  manyetett  väjasaneydkam. 

Bis  jetzt  ist  es  mir  nicht  gelungen,  entsprechendes  in  den 
Väjasaney in- Texten  nachzuweisen. 

10.  VI,  19.  7:  bhür  bhuvah  suvah  suprajäh  prajayä  bhüyä- 
sam  suvlro  vlraih  suvarcä  varcasä  suposah  posair  ity  evopa- 
listli  eteti  väjasaneydka  m . 

Hier  stimmt  die  Känva-Rezension  von  Väj.  S.  III,  37:  bhür 
bhuvah  svah  suprajäh  prajayä  bhüyäsam  suvlro  vlraih  suposah 
posaih  mehr  mit  dem  von  Ap.  zitierten  Mantra  überein  als  mit 
dem  der  Mädhyarpdina-Rezension,  welche  suprajäh  prajäbhi  syäm 
bietet,  vgl.  Sat.  Br.  II,  4.  1.  1,  Käty.  IV,  12.  12.  Man  beachte 
wiederum  die  Wortform  suvah  im  Apastamba-Zitat. 

11.  VII,  2.  17:  tryaratnis  caturaratnir  vä  päläso  nirüdha- 
paiubandhasyäto  'nyak  saumyasyädhvarasyeti  väjasaneyakam. 

Vgl.  Sat.  Br.  XI,  7.  4.  1 :  sa  vä  esa  tryaratnir  vaiva  catura- 
ratntr  vä  pasiibandhayüpo  bhavaty ,  atha  yo  Ha  ürdhvah  sau- 
myasyaiva  so  ''dhvarasya;  Käty.  VI,  1.  24  flg. :  tryaratnis  catura- 
ratnir vä ;  ekäratniprabhrt'in  ehe.  Man  vgl.  auch  Bhär.  VI ,  2 : 
tryaratnir  vaiva  caturaratnir  vä  päläso  nirüdhapasubandJiayüpo, 
'thetare  saumyasyädlwarasyety  ekesäm. 

12.  VII,  11.  10:  dvayor  adharayor  iti  väjasaneyakam  (sc. 
rasanägunayor  avaguhati  svarum). 

Eine  nähere  Andeutung,  wo  der  svaru  einzustecken  ist,  fehlt 
in  unseren  Väjasaneyin  -  Texten ,  Käty.  VI,  3.  17:  yüpasahalam 
(=  svarum)  asyäm  avaguhati/  uttarenägnisthäm ,  vgl.  Sat.  Br. 
III,  7.  1.  22. 

13.  VII,  28.  1:  istividho  vä  anyah  pasubandhah  somavidho 
'nyah;  sa  yatraitad  apah  pranayati,  pürnapätram  ninayati, 
visnulrramän  hrämati ,  sa  istividho;  'to  'nyah  soviavidha  iti 
väjasaneyakam. 

Dazu  stimmt  so  ziemlich  Sat.  Br.  XI,  7.  2.  1 :  haviryajnavidho 
ha  vä  anyah  pasubandhah ,  savavidho  'nyah  •  sa  haisa  havirya- 
jnavidho yasrnin  vratam  upanayati ',  yasminn  apah  pranayati, 
yasmin  pürnapätram  ninayati,  yasmin  visnukramän  kramaty; 
atha  haisa  savavidho  yasminn.  etäni  na  Jcriyanie. 

14.  VII,  28.  8:  mämslyanti  ha  vä  agnayo  \juhvato  yajamä- 
nasya:  te  yajamänam  eva  dhyäyanti,  yajamänam  samkalpayanti; 
pacanti  ha  vä  anyesv  agnisu  vrthämämsam ;  athaitesäm  nänyä 
mäinsä.sä  vidyate;  yasyo  caite  bhavanti  tarn  tato  nänijänam  pa- 
sunä  samvatsaro  ciyät;  äyusyo  ha  vä  asyaisa  ätmaniskrayana 
iti  väjasaneyakam. 

Vgl.  Sat.  Br.  Xh  7.  1.  2:  äyusyo  ha  vä  asyaisa  ätmaniskra- 


Caland}  Zur  Exegese  und  Kritik  der  rituellen  Sütras.  511 

yano  hhavati:  mämstyanti  ha  vai  juhvato  yajamänasyägnayas, 
te  yqjamänam  eva  dhyäyanti,  yajamänam  samkalpayanti;  pacanti 
vä  anyesv  agnisu  vrthämämsam,  athaitesäm  näto  'nyä  märhsäSä 
vidyate  yasyo  caite  bhavanti.  Zu  beachten  ist  das  durch  den 
Kommentar  gesicherte  ajuhvato  im  Zitat  bei  Äp.  gegenüber  dem 
juhvato  der  Mädhyamdinas. 

15.  VIII,  6.  7:  häyam  ekakapälam  adhiirityäpyebhyo  nini- 
yägni  pranayata  iti  väjasaneyakam. 

Entsprechendes  habe  ich  bis  jetzt  nicht  gefunden.  Zu  be- 
achten ist  äpyebhyo;  die  den  Mädhyamdinas  geläufige  Wortform 
ist  bekanntlich  äptya-. 

16.  VIII,  6.  4:  aträpi  mesam  meslm  ca  karotiti  väjasa- 
neyakam. 

Die  Vorschrift,  daß  mesa  und  mesl  am  Tage  vorher  zu  ver- 
fertigen sind,  stimmt  mit  dem  Eitual  des  Kätyäyana  (V,  3.  6,  vgl. 
\.  3.  2)  überein.  Sat.  Br.  (Mädhy.)  II,  5.  2.  15:  taträpi  mesam 
ca  meslm  ca  kurvanti,  (Känva) :  mesam  ca  vä  api  meslm  ca 
kurvanti.  Dem  "Wortlaut  nach  stimmt  also  das  Zitat  des  Äp.  nicht 
mit  unseren  Texten  überein. 

17.  VIII,  8.  17:  [kämam  ete  väsasi  yasmai  kämayeyätäm 
tasmai  dadyütäni]  na  Iti  diksitavasane  bhavata  iti  väjasaneyakam. 

Vgl.  Sat.  Br.  II,  5.  2.  47:  kämam  haite  yasmai  kämayeta 
tasmai  dadyän.  na  hi  diksitavasane  bhavatah.  Da  nicht  zu  unter- 
scheiden ist,  ob  die  ersten  Wörter  im  Sütra  des  Äp.  auch  zum 
Zitat  gehören ,  wäre  es  möglich ,  daß  hier  ein  Fall  völliger  Über- 
einstimmung vorläge. 

18.  VIII,  8.  23:  yajno  ha  vä  esa  yad  varunapraghäsä,  na 
hy  avakalpate  yad  utfaravedyäm  agnihotram  juhuyäd  iti  väja- 
saneyakam. 

Vgl.  Sat.  Br.  II,  5.  2.  48 :  na  hi  tad  avakalpate  yad  utta- 
ravedäv  agnihotram  juhuyät.  Beachte  wieder  °vedyäm  gegen- 
über °vedau. 

19.  VIII,  11.  2:  odanayor  nimne  krtvä  taträjyam  äniya 
tata  äjyärthän  kuruta  äjyasihälyä  veti  väjasaneyakam. 

Vgl.  Sat.  Br.  II,  5.  3.  6:  tayor  (odanayor)  madhye  sarpir- 
äsecane  krtvä  sarpir  äsincati  Der  Sache  nach  stimmt  die  Be- 
schreibung, welche  das  Sat.  Br.  II,  5.  '■).  6 — 9  und  10 — 15  gibt, 
zu    den  Alternativen,    die  Äpastamba   den   Väjasaneyins   zuschreibt. 

20.  IX,  11.  23:  api  vä  trini  sastiiatäni  paläsavrntänäm 
taih  krsnäjine  purusäkrtim  krtvä  tarn  asyägnibhir  daheyur  iti 
väjasaneyakam?) 

Vgl.  Käty.  XXV,  8.  15:  iariranäie  trlni  sastiiatäni  palä- 
savrntänäm krsnäjine  pürvavat  (nl.  Sütra  14).  Das  Brähmana 
dazu  scheint  nicht   mehr  vorhanden  zu  sein. 


1)  Zu  dieser  Stelle  vgl.   p.  XVIII  der  Einleitung   zu  The  Pitrmedhasutras 
of  Baudh.,  Hir.  and  Gautama. 


512  Caland,  Zur  Exegese  und  Kritik  (Ja-  rituellen  Sütras. 

21.  X,  3.  4:  prägvamdasya  madhyamam  sthünäräjam  ära- 
bhya  japatlti  väjasaneyakam. 

Die  Angaben  dev  Väjasaneyins  stimmen  nicht  dazu:  Sat.  Br. 
(Mädhy.)  III,  1.  1.  11:  sa  pürvärdhyam  sthünäräjam  abhipadyai- 
tad  yajur  aha.  (Känva):  sä  yäsau  varsisthä  pürvärdhe  s'älästhünä 
bhavati  täm  abhipadya  japati;  Käty.  VII,  1.  36:  sälästambham 
pürvärdhyam  grhltvä.  Dagegen  stimmt  Hir.  (X,  9)  fast  wörtlich 
mit  Äpastambas  Zitat  überein:  prägvamdasya  madhyamam  sthü- 
näräjam älabhyaitam   mantram  japati. 

22.  X.  •">.  16:  künde  hiranyam  avadhäya  tasmin  snätlti  vä- 
jasaneyakam. 

Die  Mädhyamdinas  verwenden  zum  Bade  des  Diksita  einen 
Krug  Walser  (Sat.  Br.  III,  1.  2.  2),  vgl.  aber  Hir.  X,  3:  hrade 
hiranyam  avadhäya  .  .  .  snäti;  künde  snätlty  ekesäm. 

23.  X,  7.  2 :  yadi  traikakudam  nädhigacched  yenaiva  kena 
cänjanenähjUeti  väjasaneyakam. 

Vgl.  Sat.  Br.  III,  1.  3.  12:  yadi  traikakudam  na  vinded  apy 
atraikakudam  eva  syät,  (Känva:)  yadi  traikakudam  na  vinded 
api  yad  eva  khnca  syäl,  Käty.  VII,  2.  34.  Also  auch  hier  keine 
wörtliche   Übereinstimmung. 

24.  X,  9.  6:  krsnam  jlvornänäm  (sc.  kumbakuriram  adhy- 
ühate)  iti  väjasaneyakam. 

Die  Kopfbedeckung  der  Patni  scheint  im  Ritual  der  Väjasa- 
neyins gar  nicht  zur  Sprache  zu  kommen,  Bhär.  somasütra  adhy.  6 ; 
krsnänäm  jwornänäm  bhavatlti  vijnäyate. 

25.  X,  9.  9:  usnlsena  pradaksinam  Uro  vestayata  iii  väja- 
saneyakam,. 

Nichts  darauf  bezügliches  findet  sich  im  Sat.  Br.  oder  in 
Käty. ,  wohl  aber  in  Baudh.  (VI,  5) :  pradaksinam  usnlsena  Uro 
vestayati  sriyä  te  Uro  vestayämi  sriyai  yasase  brahmavarcasäyeti. 
Bhär. :  usnlsena  s'iro  vestayati  sasirä  vä  prornute. 

26.  X,  12.  12:  yady  enam  südrena  samväda  upapadyeta, 
brähmanaräjanyavais'yänäm  ekam  brüyäd:  imam  ittham  brühiti 
( ■  äja  sa  n  eyakam. 

In  den  Mädhyamdina-Texten  nichts  entsprechendes,  wohl  aber  in 
Hir.  (X,  7) :  [nainam  s'üdro  'nupravisaü]  brähmanena  räjanyena 
vaisyena  vä  sambhäseta;  .  .  .)  yady  enam  südrena  sambhäso- 
peyäd,  etesäm  varnänäm  ekam  brüyäd:  imam  ittham  vicaksveti; 
Bhär. :  (brähmanena  caiva  ksatriyena  vä  vaisyena  vä  sambhä- 
seta .  .  .),  yady  enam  südrena  samväda  upapadyetaitesäm  evai- 
kam  brüyäd:  imam  anuvicaks(v)eti. 

27.  XI,  1.  15  und  XI,  18.  4:  etenaivä-  (nl.  agne  vratapate 
tvam  vt^atänäm  vratapatir  asi)  smin  samidham  ädadhätiti  väja- 
saneyakam. 

Dazu  vgl.  man  Sat.  Br.  III,  4.  3.  9,  III,  6.  3.  21 :  sa  samidham 
abhyädadhäty  agne  vratapäs  tve  vratapä  iti,  und  Käty.  VIII,  2.  4, 
VIII,  7.  19:  agne  vratapä  ity  ähavaniye  samidham  ädhäya. 


Caland,  Zur  Exegese  und  Kritik  der  rituellen  Sutras.  513 

28.  XIV,  24.  12:  somäbhäve  püttkän  abhisunuyät.  pütikä- 
bhäva  ädärän  phälgunäni  ca  yäni  svetatüläni  syus,  tadabhäve 
yäh  käs  causadhih  kslrinlr  arunadürväh  kuiän  vä  haritän  iti 
Väjasaneyakam. 

Vgl.  Sat.  Br.  IV,  5.  10.  3:  yadi  somam  apdhareyuh  .  .  .  sa 
yäny  arunapuspäni  phälgunäni  täny  abhisunuyät  .  .  .  syena- 
hrtam  abhisunuyät  .  .  .  ädärän  abhisunuyät  .  .  .  arunadürvä 
abhisunuyät  .  .  .  api  yän  eva  kärhs  ca  haritän  hidän  abhisu- 
nuyät: Käty.  XXV.  12.  18:  adarsane  ,runapuspany  arjunapu- 
späny  abhisunuyät,  syenahrtam  püttkän  ädärän  arunadürvä 
haritakusän.     Dasselbe  tatsächlich  Hir.  XV,  21. 

29.  XVI,  4.  8:  pancaprädesäm  isumätrim  vä  (kuryäd  ukhäm) 
yadi  panca  pas'avo  bhavantiti  väjasaneyakam. 

Vgl.  Sat.  Br.  VI,  5.  2.  10:  atha  yadi  panca  pasavah  syuh, 
pancaprädesäm   kuryäd  isumätrim  vä.  Käty.  XVI,  3.   24. 

30.  XVI,  8.  10:  api  vä  mämsam  asmyäd,  upari  s'aylta, 
striyam  tv  eva  nopeyäd  iti  väjasaneyakam. 

Vgl.  Sat.  Br.  VI,  2.  2.  39:  tasmäd  u  kämam  evopari  sa- 
y'ita  .  .  .  yäni  kani  cämadhuno  'sanäm,  tesäm  asya  sarvesäm 
kämäianam  ....    mithunam  tu  nopeyät;    Käty.  XVI.   1.  28,    29. 

31.  XVI,  13.  12:  mahäntam  brhantam  aparimitam  svarga- 
kämas  cinviteti  väjasaneyakam.. 

Ich  finde  nichts  hierauf  bezügliches. 

32.  XVI,  17.  3,  6:  hamskrtä  väcam  visrjytti  (sc  vedim  bezw. 
agnim  vimimite)  väjasaneyakam. 

Vgl.  Sat.  Br.  VII,  2.  2.  1;  VII,  3.  1.  4:  tasya  haviskrtä 
väcam  visrjate. 

33.  XVI,  17.  16:  tad  u  ha  vai  saptavidham  eva  cinvlta;  sapta- 
vidho  väva  präkfto  )jnis.  tata  ürdhvam  ekottarän  iti  väjasaneyakam. 

Am  nächsten  scheint  die  folgende  Stelle  aus  dem  Sat.  Br. 
(X.  2.  3.  18)  zu  kommen:  tasmäd  u  saptavidham  eva  prathamam 
vidadhitäthaikottaram. 

34.  XVI,  2t>.  12:  prthivi  prthivyäm  slda  mätä  mätari  mätä 
syonä  syonäyäm  ukhäm  svasäram  adhi  vedim  asthät  satyam 
pürvair  rsibhis  cäkupäno  \jnih  pravidvän  iha  tad  dadhätv  iti 
volükhalam  upadadh ätiti  väjt isaneyakam. 

Weder  Sat.  Br.  (VII,  5.  1.  25)  noch  Käty.  (XVII,  5.  3)  bieten 
entsprechendes. 

35.  XVII.  5.  8:  ädityestalcäbhir  glirtapindän  vyatisaktän  iti 
väjasaneyakam. 

Sowohl  die  ädityestakä  wie  die  ghrtestakä  scheinen  den  Vä- 
jasaneyins  unbekannt  zu  sein. 

36.  XX,  8.  10,  11:  sadaham  ägnävaisnavena  pracarati,  sap- 
tamyäm  ägnikyä  trihaviseti  väjasaneyakam. 

Vielleicht  ist  zu  vergleichen  Käty.  XX.  1.  7:  ägnike  ca  sapta- 
myäm  nirvapati,  womit  auf  XVI,  4.  28,  29  zurückgedeutel  wird: 
ägnävaisnavavaiivanaro  girrte  carur  adityebhyah. 


514  Caland,  Zur  Exegese  und  Kritik  der  rituellen  Sutras. 

37.  XXI.  23.  13:  kratupasün  eva  samabhyuccayavad  anva- 
ham  älabheran  yadi  ribhavah  pasavah  syuh  |  aikädasinän  vä 
rihrtün  iti  väjasaneyakam. 

Vgl.  Käty.  XII,  6.  13:  aikädasinä  (so  ist  wohl  statt  ekä°  zu 
lesen)  vä  vihrtäh. 

:'>v.  Dharmasästra  I,  12.  3:  athäpi  väjasaneyibrähmanam: 
brahmayqy'no  ha  vä  esa  yat  svädhäyas:  tasyaite  vasatkärä  yat 
stanayati,  yad  vidyotate,  yad  avasphürjati ,  yad  väto  väyati; 
tasmät  stanayati  vidyotamäne  'vasphürjati  väte  vä  väyati/  adlii- 
yitaiva,  vasatkäränäm  acchambatkäräyeti. 

Vgl.  Sat.  Br.  XI,  5.  6.  9:  tasya  vä  etasya  bralimayajiia- 
sya  catväro  vasatkärä'.  yad  väto  vätt,  yad  vt'dyotate,  yat  sta- 
nayatt,  yad  avasphürjati;  tasmäd  evamvid  väte  vätt  vidyotamäne 
stanayaty  avasphürjaty  adhtyitaiva ,  vasatkäränäm  acchambat- 
käräya. 

39.  Dhs.  I,  12.  7  :  adhyäyänadhyäyam  hy  upadisanti  |  tad 
anarthakam  syäd  väjasaneyibrähmanam  ced  avekseta. 

40.  Dhs.  I,  17.  31:   medhyam  änaduham  iti  väjasaneyakam. 
Stellen ,    auf  die  sich  die  beiden  letzten  Zitate  beziehen ,  habe 

ich  noch  nicht  gefunden. 

Ich  prüfe  jetzt  die  Stellen,  wo  Kultusbräuche  der  Väjasaneyins 
erwähnt  werden. 

1.  I,  8.  12:  trin  udapäträn  väjasaneyinah  samämananti 
(nl.  beim  Pindapitiyajna,  der  Vorschrift  der  Äpastarnbas,  ib.  11,  gegen- 
über: trin  udakänjalin  ninayati).  Im  uns  bekannten  Ritual  der 
Väjasaneyins  wird  das  Wasser  vermittelst  eines  udapätra  aus- 
gegossen, Sat.  Br.  II,  4.  2.  16,  Käty.  IV,  1.  10;  ebenso  im  Ritual 
der  Baudhäyan lyas ,  in  deren  Sütra  (III,  10)  es  zwar  nur  heißt: 
adbhir  märjayati ,  aber  vorher  das  Fertigstellen  eines  udapätra 
verordnet  wird.     Bhär.,  Hir.,  Man.  wie  Äpastamba. 

2.  I,  23.  4 :  tasyatasyängulyäbhinidhänam  angärädhivarta- 
nam  ca  väj.  am.  (also  bei  jedem  Kapäla  der  Reihe  nach  findet 
das  Belegen  mit  den  Fingern  der  linken  Hand  und  Daraufschieben 
eines  brennenden  Holzes  statt,  während  nach  Ap.  I,  23.  2  nur  der 
mittlere  Kapäla  gemeint  wird).  Vgl.  Käty.  II,  4.  30:  savyäugulyä- 
sünye  ''ngäram  nidadhäti.  Der  Text  besagt  also  das  von  Äpastamba 
den  Väjasaneyins  zugeschriebene  nicht,  die  Kommentare  schwanken; 
nach  dem  einen  geschieht  es  kapäla  für  kapäla,  nach  dem  anderen 
nur  beim  ersten. 

3.  V,  22.  8 :  ädityam  ghrte  carum  saptadasasämidhenlkam 
dhenndaksinam  sarvesäm  aniinirväpyänäm  sthäne  väjasaneyinah 
samämananti. 

Während  Äpastamba  als  anunirväpya  den  aindrägna  ekäda- 
gakapäla,  den  äditya  caru,  den  ägnävaisnava  ekädasakapäla, 
den  agnisomtya  ekädasakapäla  und  den  caru  an  Visnu  bezeichnet, 
verordnet  Käty.  (IV,  10.  10)  als  dritte  isti  nach  den  Tanüha- 
vlmsi,    den    caru   an  Aditi;    es    ist    also    sehr    wohl  möglich,    daß 


Caland,  Zur  Exegese  und  Kritik  der  rituellen  Sütras.  515 

Kätyäyanas  Ritual  sich  mit  dem  von  Äpastamba  als  väjasaneydlcam 
bezeichneten  deckt,  vgl.  auch  Käty.  IV,  10.  4:  dhenur  ädityasya 
(sc.  daksina). 

4.  VI,  27.  1:  pravatsyadupasthänam  Ugatopasthänam  cä- 
dhikrtya  väjasaneyinah  samämananti,  d.  h. :  „Die  Väjasaneyins 
pflegen  den  Spruch  {abhayamkara  u.  s.  w.)  zum  upasihäna  zu 
verwenden,  wenn  der  Yajamäna  verreisen  will  und  wenn  er  heim- 
gekehrt ist." 

Im  Ritual  der  Väjasaneyins  findet  sich  nichts  entsprechendes, 
selbst  das  Yajus  ist  unter  ihren  Sprüchen  nicht  nachzuweisen,  vgl. 
aber  Hir.  III,  26:  athaikesäm  vijnäyate:  Jcah  dreyämsam  nisuptam 
bodhayatiti?  präduskrtänäm  evopasthänaih  syäd:  abhayamkarä- 
bhayam  me  kuru ,  svasti  me  'stu ,  pravatsyämiti  pravatsyan ; 
abhayamkaräbhayam  nie  'kärsih,  svasti  me  'stu,  prävätsam1)  itl 
prosya. 

5.  VIII,  15.  12:  svadhäkäram  tu  pratisidhya  bahvrcaväja- 
saneyinäm  (sc.  srutih  oder  halpdh)  äirutapratyäsrutäny  eva  ri- 
dadhöti. 

Die  Vorschriften  der  Väjasaneyins  (Sat.  Br.  II,  li.  1.  24:  tad 
utäsrävayanty  om  svadhety  astu  svadheti  pratyäsrävanuin.  Käty. 
V,  9.  11)  scheinen  damit  in  direktem  "Widerspruch  zu  stehen,  vgl. 
aber  Sat.  Br.  1.  c.  25:  tad  u  hovacäsurih :  äsrävayeyur  eva.  pra- 
tyüsrävayeyur,  vasatkuryur,  ned  yajnasya  vidhäyä  ayämeti. 

t».  IX,  13.  15:  mahl  dyauh  prthivl  ca  na  iti dyäväprthivya- 
yarcä  sruvälmtim  atra  väjasaneyinah  samämananti. 

Der  Spruch  findet  sich  Väj.  Samh.  VIII,  32;  die  Handlung 
jedoch,  bei  der  Käty.  XXV,  10.  18  sie  verwendet,  bezieht  sich  nicht 
auf  die  Äpastamba- Stelle. 

7.  IX,  19.  16:  tvästram  carum  riijasaneyinah  samämananti 
(nl.  yadi  yiipo  virohet). 

Die  Vorschrift  in  Käty.  (XXV,  9.  15  flg.):  yüpavirohane  'ntas- 
tantraik  samsthite  'hani  tväsp'am  bakurüpam  älabheta  enthält 
nicht  das  von  Äpastamba  den  Väjasaneyins  zugeschriebene  Ritual. 
sondern  fällt  mit  der  der  Apastambins  zusammen;  vgl.  aber  Baudh. 
XIV,  28:  api  va  tvästram  brahmaudanaih  srapayitvä. 

8.  XI,  15.  7:  ardhavratam  atra  väjasaneyinah  samämananti, 
ardham  antarenotiame  pravargyopasadau. 

Das  Ritual  der  Mädhyarndinas  scheint  zu  dem  von  Äpastamba 
erwähnten  Brauch  zu  stimmen,  vgl.  Käty.  VIII,  6.  30 :  ardhavrate 
pratte  mit  VIII,  3.  17;  freilich  stimmt  auch  das  Ritual  anderer 
Schulen,  wenigstens  das  der  Baudhäyaniyas  damit  überein. 

(.'.  XIII,  18.  7:  atra  mekhaläyäh  krsnavisänäyääca  cätväle 
präsanani  väjasaneyinah  samämananti.  mähir  bkür  mä  prdä- 
hur  iti. 

Diese  Angabe  stimmt  genau  zu  dem  uns  bekannten  Ritual  der 

1)  So  korrigiert;  yirüvü.tsyam  dio  Haug'sche  IIS. 


516  Caland,  Zur  Exegese  und  Kritik  der  rituellen  Sutras. 

Vajasaneyins ,  vgl.  Sat.  Br.  IV.  4.  5.  2:  sa  kfsnavisänäm  ca 
mekhaläm  ca  cätväle  präsyati  rnähir  bhür  ma  prdäkur  iti. 
Käty.  X,  8.  13.  Die  anderen  Sütrakäras  verordnen,  daß  die  visänä 
während  des  Mittag  -  Savanas  wegzuwerfen  ist,  nur  die  Väjasa- 
neyins  und  Baudhäyana  stellen  diese  Handlung  unmittelbar  vor  dem 
Avabhrtha. 

10.  XIII,  25.  7:  vaisnavim  pürnühtttim  udavasänlyäyäh 
sthäne  väjasaneyinah  samämananti. 

Die  Pürnähuti  ist  aber  für  unsere  Vajasaneyins  nicht  Stell- 
vertreterin der  isti,  sondern  kann  an  ihrer  Stelle  verrichtet  werden; 
vgl.  Sat.  Br.  IV,  5.  1.  1<>:  atho  caturgrhltam  eväjyam  grhilvä 
vaisnavyarcä  juhoti ,  Käty.  X,  9.  20:  pasuvad  vähutih,  nl.  mit 
dem  Spi'uch  uru  vtsno  u.  s.  w. 

11.  XVI,  27.  6:  sarvesäm  pasudirasäm  hiranyasalkapraty- 
asanam  püranam  ca  väjasaneyinah  samämananti. 

Dies  stimmt  nur  teilweise  zum  Ritual  der  Vajasaneyins,  da 
hier  das  Füllen  mit  saurer  Milch  gar  nicht  verordnet  wird,  vgl. 
Sat.  Br.  VII.  5.  2.  8:  athaisu  Mranyadakalän  pratyasyati,  Käty. 
XVII,   5.   7 :  pratisirah  saptasapta  Juranyasakalän. 

12.  XXI,  13.  21:  ägneyam  ekavirnsa  aindram  trinave  sauryam 
trayastrimse  pürvastnins  tryahe  väjasaneyinah  samämananti. 

Vgl.  Sat.  Br.  IV,  5.  4  besonders  13  und  14:  tön  (sc.  atigrä- 
hyän)  vai  prstliye  sadahe  grhniyät  pürve  tryaha,  ägneyam  eva 
pratkame  ''hann.  aindram  dvitlye,  sauryam  trtlya;  evam  evänva- 
ham;  Käty.  XII,  3.  2. 

13.  XXIV,  2.  23:  kharvikäm  trüyäm  (sc.  paurnamüslm)  vä- 
jasa n eyin ah  samämananti. 

Vgl.  Karmaprad.  II,  6.  9 :  sammisrä  yä  caturdasyä  amäväsyä 
bhavet  kvacit  \  kharvikäm  (v.  1.  kharvitäm)  täm  viduh  keeid  ga- 
tädhväm  iti  cäpare. 

Das  Ergebnis  unserer  Untersuchung  ist  eher  ein  negatives  als 
ein  positives.  An  einigen  Stellen  findet  man  das  Satapatha-Brähmana 
wörtlich  zitiert  und  stimmt  das  von  Äpastamba  als  väjasaneyisch 
qualifizierte  Ritual  mit  dem  uns  bekannten  überein.  An  einigen 
Stellen  ist  der  Wortlaut  geändert  und  treten  bestimmte  Wörter  in 
derjenigen  Gestalt  auf,  die  ihnen  im  Ritual  des  schwarzen  Yajur- 
veda  eigentümlich  ist:  äpya  statt  äptya,  anüyäja  statt  anuyäja, 
vyährt'ibhih  statt  vyährtibhih.  °vedyäm  gegenüber  °vedau,  suvah 
statt  svah.  Manche  Stelle  findet  sich  nicht  in  unserem  Satapatha, 
während  endlich  an  nicht  wenigen  Stellen  das  von  Äpastamba  den 
Vajasaneyins  zugeschriebene  Ritual  mit  dem  im  Satapatha  und  von 
Kätyäyana  überlieferten  in  Widerspruch  steht.  Obschon  an  einer 
Stelle  ein  aus  dem  Väjasaneyakam  zitierter  Spruch  ziemlich  genau 
mit  der  Känva  -  Rezension  der  Väjasaneyisamhitä  übereinstimmt, 
machen  andere  Zitate  und  Mitteilungen  aus  dem  Ritual  es  doch 
wieder  unwahrscheinlich,    daß  Äpastamba  die  Känva-Rezension  vor 


Caland,  Zur  Exegese  und  Kritik  der  rituellen  Sütras.  517 

Augen  gehabt  hat.  Leider  ist  aber  die  in  Aussicht  gestellte  An- 
gabe dieser  Känva-Rezension  des  Satapatha  noch  immer  nicht  er- 
schienen ,  so  daß  man  sich  mit  den  spärlichen  Xotizen  behelfen 
muß ,  die  Eggeling  in  seiner  Übersetzung  des  Satapatha  mitteilt. 
Wie  die  Sachen  jetzt  stehen,  muß  man  schließen,  entweder,  daß 
Apastamba  eine  dritte,  uns  verloren  gegangene  Eezension  des  Vä- 
jasaneyakam  gekannt  hat,  oder  —  und  ich  meinerseits  würde  eher 
geneigt  sein ,  dies  für  wahrscheinlich  zu  halten  —  Apastamba  ist 
nicht  nur  fahrlässig  in  seiner  Art  zu  zitieren ,  sondern  nennt  zu- 
weilen, bloß  um  auch  anderen  Anschauungen  eine  gewisse  Autorität 
zuzuteilen .  das  Väjasaneyibrähmana  als  seine  Autorität  und  die 
Yäjasaneyins  als  diejenigen,  die  diesen  oder  jenen  Brauch  sanktio- 
nieren, anderen  Rituallehrern  gegenüber  (Bhär.,  Hir.),  die  nur  von 
ehe  sprechen.  Daß  er  wenigstens  arbiträr  in  den  angeführten 
Stellen    geändert  hat.    beweisen  die  oben  mitgeteilten   Wortformen. 


518 


Zur  hebräischen  Lautlehre. 

Von 

C.  Brockelmann. 

I. 

Die  Geschichte  der  Vokale  mit  festem  Absatz  oder  des  N  im 
Silbenauslaut  ist  in  den  hebräischen  Grammatiken  bisher  noch  nicht 
genügend  klargestellt,  hauptsächlich  wohl  weil  man  versäumt  hat, 
die  verschiedenen  lautlichen  Bedingungen  gehörig  zu  sondern. 

1.  Im  Inlaut  in  einfach  geschlossener  Silbe  bleibt  N  laut- 
gesetzlich erhalten  und  zwar  wie  die  andern  Laryngalen  als  wirk- 
licher Silbenschluß  wie  in  TlJM  oder  häufiger  mit  Lockerung  des 
Silbenschlusses  durch  eine  Sproßsilbe  wie  in  böiTO.  Daß  Formen 
wie  bpiö  auf  Analogiebildung  nach  der  1.  Pers.  bpN  beruhen,  in 
der  V  schon  im  Ursemitischen  durch  Dissimilation  zu  'ä  geworden 
war,  bat  Philippi,  Theol.  Litzt.  1899  Sp.  325  gezeigt.  Wenn  nun 
einige  Formen  (-ptN  Job  32  u,  b£N*]  Nu.  15  25,  S'nN'H  l'Sa.  15  5) 
statt  des  lautgesetzlichen  ö  ein  ä  zeigen,  so  sind  sie  als  Fehler  der 
Punktation  anzusehn.  Daß  bei  der  erstgenannten  Form  das  Sprach- 
bewußtsein der  Punktatoren  tatsächlich  getrübt  war,  zeigt  das  Part. 
-■'-■:  Pro.  17  4,  das  Olshausen  p.  580  mit  Recht  für  einen  Schreib- 
fehler erklärt.  Es  ist  eine  falsche  Analogiebildung  nach  den  Verb. 
med.  -,,  D",j?N  :  D"1".»  =  "TN  :  '*"":  ähnlich  wie  schon  in  der  lebenden 
Sprache  das  Kausativ  y^Sl  zu  ypi  in  dieselbe  Kategorie  hinüber- 
gezogen wurde  und  daher  ^ni^pi-  bildete.  Das  part.  Niph'al  von 
rilS  (Nöldeke,  diese  Zeitschr.  30,  185)  !-pN3  verdankt  sein  —  statt 
des  wie  in  ITFt&W  durch  Übertragung  vom  Impf.  Qal  her  zu  er- 
wartenden 0  wohl  dem  Umstand,  daß  die  einem  Part.  act.  Qal 
gleichende  Form  *rnN;  zu  der  adjektiven  Bedeutung  nicht  stimmte, 
mithin  der  Analogie  von  ns^.  Dem  Part,  ist  dann  auch  das  Perf. 
11N3  gefolgt;  Bars  mK5  statt  des  lautgesetzlichen  mN:  ip  93  5  ist 
natürlich  eine  Unform.  Ti^NE  ist  ein  Aramäismus  der  Punktation, 
r'rz":    1  Rg.  5  25    ein    wohl    gleichfalls    unter    aramäischem    Einfluß 


Brockelmann,  Zur  hebräischen  Lautlehre.  519 

stehender1)  Schreibfehler,  r~c"  Ex.  20  37  ein  Textfehler,  s.  Cornill 
zur  Stelle.  Anders  steht  es  mit  "in"J  morgen  aus  *-irjfc«3.  Hier 
ist  wie  im  syr.  ^^d  das  N  durch  Dissimilation  vor  n  geschwunden. 
Diese  Dissimilation  ist  aber  jünger  als  die  von  V  =  '«,  da  sie 
nicht  wie  diese  durch  Ersatzdehnung  ausgeglichen  ist.  z*:'N":. 
Wage,  ist  wohl  sicher  auf  \  in  zurückzuführen,  die  aber  bei  Fest- 
setzung der  konsonantischen  Orthographie  schon  verloren  war:    "TN 

Qoh.  12  9  ist  dann  aus  dem  Nomen  neugebildet  wie  •  |  aus  &\j.Lj 
(Landberg,  Hadramoüt  9,  521).  Unklar  bleibt  nur  rrnOiE  Fesseln, 
für  das  'ü'2  zu  erwarten  wäre.  Vielleicht  ist  es  als  Neubildung 
zu  einem  von  der  Punktation  freilich  nicht  mehr  bezeugten  *-iöN"' 
anzusehn. 

2.  Im  Inlaut  in  doppelt  geschlossener  Silbe  ist  '  schon  vor  Ein- 
tritt der  Lautverschiebung  0  =  ö  geschwunden:  -cn;- ;  zu  nNün  s. 
m.  Fem.  p.  10  n.  2. 

3.  Im  Wortauslaut  ist  '  gleichfalls  stets  geschwunden .  aber 
erst  nach  Abschluß  der  eben  erwähnten  Lautverschiebung;  daher 
N^i?:  und  N2£73.  -rsr:  ist  Neubildung  nach  njc-:  statt  des  laut- 
gesetzlichen :fTSr:,  das  sich  aus  dem  von  Praetorius  ZATW.  :) 
p.  213  dargelegten  Grunde  nicht  zu  *-pn:c7:  entwickeln  konnte. 

II. 
Barth,  Nom.  §  224b  (wo  aber  die  syrischen  Bildungen  auf 
|Aj  auszuscheiden  sind;  s.  m.  Fem.  p.  17)  hat  gezeigt,  dal)  im  Arab. 
und  Hebr.  der  Hiatus  zwischen  der  Nominalendung  ä  (ö)  und  der 
Nisbenendung  vi  durch  Einschub  eines  n  vermieden  ist.  Diese  Er- 
scheinung läßt  sich  nun  noch  in  einigen  andern  Fällen  beobachten. 
In  ~r":|  kann  das  :  nicht  wie  in  -::n  auf  syntaktische,  sondern 
nur  auf  phonetische  Gründe  zurückgeführt  werden:  daß  ■:  auf  15N 
zurückgehe  (Kautzsch-7  p.  301),  ist  im  Hinblick  auf  die  andern 
Suffixe  unwahrscheinlich.  Es  ist  vielleicht  auch  zu  erwägen ,  ob 
die  arabischen  Grammatiker  mit  ihrer  Auffassung  des  Nun  al  wiqäja 
beim  Verbalsuffix  der  1.  p.  sg.  nicht  auf  dem  rechten  Wege  waren. 
Aus  demselben  Prinzip  erklärt  sich  jedenfalls  auch  die  Form  er:*:'. 
deren  Erklärung    bei  Barth  Nom.  £  201    auf    Lautlich    unmöglichen 


1)  Die  Annahme  SBOT.  9,  82  einer  Assimilation  des  '  an  /.■  empfiehlt  sich 
nicht,  da  sie  im  Hebräischen  ohne  Analogie  wäre.  In  den  drei  andern  von 
Stade  §  112,  a,  n.  2  angeführten  Heispielen  bewirkte  die  Aufeinanderfolge  zweier 
N  die  dissimilatorische  Beseitigung  des  einen,    wie    im    arab.   'ab'är  'äbär. 


5Ö0  Brockelmann,  Zur  hebräischen  Lautlehre. 

Voraussetzungen  beruht.  Es  ist  eine  Neuschöpfung  zu  di:t  nach 
dem  geläufigen  Abstraktschema  D^blJ'E  und  steht  für  zenü-im.  Endlich 
stelle  ich  noch  zur  Erwägung,  ob  nicht  die  Endung  der  Adverbia 
r'i-'-N  und  T'i'-h-  der  s}Tr.  und  christ.  pal.  Abstraktendung  )So/ 
gleichzusetzen  ist.  Die  Geminierung  des  n  wäre  wie  in  D^Süp  zu 
beurteilen. 

III. 

Die  verschiedene  Entwicklung  der  Yokale  im  Nomen  und  im 
Yerbum  bei  scheinbar  gleichen  Akzent-  und  Silben  Verhältnissen  habe 
ich  Fem.  p.  9  n.  1  auf  verschiedene  Betonung  der  beiden  Wort- 
klassen im  Satze  zurückgeführt.  Diese  Auffassung  bestätigen  die 
Yerbalformen  mit  Suffixen.  Während  qatalü  >  lbupT  wird,  ergibt 
qatalürii  ^>  ':/~'^~  wie  dabarwi  >  ö"1"^!-  Das  Verbum  mit 
Suffix  zeigt  also  dieselbe  Vokallagerung  wie  das  Nomen.  Der  an 
sich  schwächere  Satzakzent  des  Verbums  ist  durch  Hinzutritt  des 
Suffixes,  das  seinen  ursprünglich  selbständigen  Akzent  enklitisch  an 
das  vorhergehende  Wort  abgegeben  hat,  verstärkt  und  auf  dieselbe 
Stufe  wie  der  des  Nomens  erhoben.  Dieselbe  Verstärkung  des 
Akzents  durch  ein  Suffix  zeigt  auch  der  Imperativ  (vgl.  schon 
Böttcher  Lehrb.  §  313).  Der  Imperativ  hatte,  wohl  wegen  seiner 
ständigen  Anlehnung  an  einen  Vokativ  (vgl.  Grimme,  Verb.  d.  13.  int. 
Gr.  Kongr.  p.  204)  einen  noch  schwächeren  Satzakzent  als  das  er- 
zählende Verb;  vgl.  qatäl  ^>  bttp,  aber  gasfc  ^>  «iizja,  iirnar  ^> 
~\12?_,  aber  tinah  >>  n:n.  Durch  ein  Suffix  wird  der  Imp.  auf  die 
Stufe  des  erzählenden  Verbs  abhoben:  INC.  aber  '!'N;w. 


IV. 

Das  Lautgesetz  ursemit.  «  ^>  hebr.  ö  zeigt  zwei  Gruppen 
von  Ausnahmen,  deren  eine  Grimme,  Grundzüge  p.  59  richtig  ge- 
deutet hat.  Für  die  zweite  Gruppe  hat  derselbe  auf  p.  55  das 
Verständnis  bereits  angebahnt,  wenn  auch  die  dort  gegebene  Er- 
klärung noch  nicht  umfassend  genug  ist.  Grimme  stellt  den  Satz 
auf:  „Unmittelbar  hinter  der  Tonsilbe,  mag  sie  haupt-  oder  neben- 
tonig sein,  wird  jeder  lange  Vokal  um  eine  More  verkürzt";  so 
erklärt  er,  daß  ursemit.  ä  in  nbttp  als  a  erscheint.  Ebenso  er- 
klären sich  die  Vokale  von  nrs  und  ursprünglich  unbetontem  ", 
ferner  die  Akkusativendung  n — ,  die  natürlich  nicht  mit  Barth 
diese  Zeitschr.  53,  597  auf  ursemit.  ä  zurückgeführt  werden  kann; 
denn  dies  hätte  ja  nach  dem  hebr.  Auslautgesetz  abfallen  müssen. 
Daß  Grimmes  Auffassung  richtig  ist,  zeigt  nis  :  ^23;  daß  sie  aber 
zu  eng  ist,  zeigt  r'2  :  'i?23.  Nicht  die  Stellung  nach  der  Tonsilbe, 
sondern  der  Mangel  eines  eignen  Hauptakzents  bewirkt  die  Reduktion 


Brockelmann,  Zur  hebräischen  Lautlehre,  521 

des  auslautenden  Langvokals.  Wenn  rt?a  auch  in  Pausa  steht,  so 
folgt  es  hier  natürlich  dem  Einfluß  der  überwiegend  häufigen  pro- 
klitischen  Stellung.  Diese  Reduktion  ist  aber  nicht  spezifisch 
hebräisch ,  sondern  gemeinsemitisch.  Im  Äthiopischen  kommt  sie 
in    der    Schrift    meist    schon    zum    Ausdruck,    im  Arabischen    wohl 

in  u^oJ  und  Jo*.,  aber  nicht  in  Lii,  und  in  der  Orthographie  des 

Korans  (s.  Nöldeke,  Gesch.  d.  Qor.  p.  251)  wieder  häufiger  als  sonst. 
Auf  der  Beobachtung  dieser  Reduktion  beruht  auch  der  von  den 
arabischen  Grammatikern  zwischen  Alif  maqsüra  und  mamdüda 
gemachte  Unterschied.  Mit  Recht  hat  denn  auch  Grimme  ZA.  XVI  27 
an  der  Fassung  des  §  33  meiner  syrischen  Grammatik,  die  schlecht- 
hin von  unbetonten  langen  Vokalen  sprach,  Anstoß  genommen.  Daß 
die  Reduktion  nicht  nur  bei  völliger  Tonlosigkeit ,  sondern  auch 
bei  schwächerem  Satzakzent,  Nebenton,  erfolgt,  zeigt  nbr.  aus  ur- 
semitischem  galä. 


Mit  besonderem  Nachdruck  hat  Barth  wiederholt  (zuletzt 
Zeitschr.  56,  244)  das  Gesetz  verteidigt,  daß  wortauslautendes  ij  in 
gemeinnordsemitischer  Zeit  zu  n—  (constr.  IT— )  =  f—r-  nicht  zu 
i  wird.  Gegen  dies  Gesetz  hat  sich  zuletzt  Völlers,  ZA.  XVII,  316 
gewandt.  Die  von  Völlers  angeführten  Fälle ,  in  denen  ein  n— 
einem  Alif  maqsüra  entspricht,  beweisen  aber  nichts  gegen 
Barth ;  denn  daß  ursprüngliches  ai  im  Hebräischen  zu  Jl—  wird, 
leugnet  ja  auch  Barth  nicht.  Es  bleiben  dann  nur  die  beiden 
Gleichungen  Mj  =  \j>  und  itE  =  *pä.  Die  letztere  kann  nichts 
beweisen,  da  sie  rein  hypothetisch  ist.  Die  erstere  aber  ist  hin- 
fällig; denn  (J>  entspricht  lautgesetzlich  ganz  regelrecht  hebr.  SIT, 
äth.  H  ;  die  Verteilung  der  Demonstrativformen  auf  die  Geschlechter 
ist  ja  in  den  einzelnen  Dialekten  recht  verschieden.  Die  von  Barth 
zum  Beweise  für  sein  Gesetz  angeführten  Beispiele  hat  Völlers  nicht 
entkräftet. 

Nun  scheint  mir  aber  die  von  Barth  seinem  Gesetze  gegebene 
Fassung  nicht  ganz  einwandfrei  zu  sein.  Für  sein  ij  wäre  zunächst 
nach  Philippis  Darlegungen  (zuletzt  diese  Zeitschr.  51,  66  ff.)  ii  zu 
setzen.  Dann  erhalten  wir  zwar  eine  schematisch  richtige  Formel 
(das  n—  erscheint  in  den  Formen  von  Wurzel  III  /,  die  ursprüng- 
lich i  beim  2.  Radikal  hatten),  die  aber  phonetisch  noch  nicht  be- 
friedigt. Da  die  Lautgruppe  ü  in  allen  semitischen  Sprachen  und 
auch  im  Hebr.-Aram.  im  Inlaut  (diin  ^>  dm)  wie  im  unbetonten 
Auslaut  (r$'a  >  i,  ,mein')  zu  i  kontrahiert  wird,  so  ist  zu  ver- 
muten, daß  auch  ein  nach  Abfall  von  Verbal-  oder  Nominalrm  1; 
in  den  freien  Wortauslaut  tretendes  hauptbetontes  iL  zunächsl  > 
ergeben  hat.    Wenn  nun  ein  solches  hauptbetontes  i  im  freien  Wort- 

Bd.  LVIII.  34 


522  Brockelmann,  Zur  hebräischen  Lautlehre. 

auslaut  zu  ^  verschoben  ist,  so  muß,  da  ja  die  Lautverschiebungen 
aus  rein  phonetischen  Gründen  ohne  Rücksicht  auf  die  Etymologie 
zu  erfolgen  pflegen ,  jedes  ursprüngliche  l  unter  den  gleichen  Be- 
dingungen zu  e  geworden  sein.  Das  ist  nun  auch  in  der  Tat  der 
Fall.  So  erklärt  sich  ns  als  hauptbetonte  Absolutusform  neben 
dem  unbetonten  Stat.  constr.  ">B  =  ^,  ohne  daß  wir  wie  Barth 
Nom.  p.  XXXI  riE  auf  eine  ganz  hypothetische  nasalierte  Form  *fln 
zurückzuführen  brauchten.  So  erklärt  sich  MT  =  ic3;  die  Diffe- 
renzierung der  Geschlechter  nach  Vokalen  ist  also  im  Hebräischen 
gerade  umgekehrt  wie  im  Arabischen.  Im  Syrischen  haben  wir 
fürs  Fem.  beide  Formen:  jjoj  =  di  und  ^ojjjoj  =  da,  während 
das  unbetonte  di  als  proklitisches  Relativ  ^  communis  generis 
ist.  *)  So  erklärt  sich  auch  n?; ,  soweit  es  nicht  durch  Dissimilation 
vor  Gutturalen  aus  rnä  entstanden  ist.  Fi»  steht  bekanntlich  „in 
einer  Anzahl  von  Stellen  im  Anfange  oder  ersten  Teile  längerer 
Sätze  auch  vor  Nichthauchlauten.  Hier  hat  es  jedoch  nie  Makker/1, 
sondern  entweder  verbindenden  Akzent ,  oder ,  wenn  es  das  erste 
Wort  im  Satze  ist,  häufiger  einen  Trenner "  (Stade,  §  173,  c,  3). 
Auf  mä  kann  dies  me  nicht  zurückgehen  -) ;  es  ist  vielmehr ,  wie 
noch  die  Akzentuation  zeigt,  hauptbetonte  Nebenform  zu  mi ,  das 
ja  auch  im  Äthiopischen  und  Assyrischen  =  „was"  ist.  Die 
Differenzierung  der  beiden  Fragewörter  ist  ebenso  sekundär  wie 
die   Geschlechtsunterschiede  beim  Demonstrativ. 

Gegen  den  Lautwandel  i  >>  e  wird  man  die  Nisbe  •—  nicht 
einwenden  wollen,  denn  diese  ist  ja  erst  sekundär  aus  li  entstanden. 
Auch  das  Suffix  — -  kann  nichts  dagegen  beweisen;  denn  es  war, 
wie  das  Aramäische  zeigt,  ursprünglich  unbetont;  ebenso  die  Feminin- 
endung ~—  des  Imper.  und  Impf.,  die  im  Hebräischen  ja  noch  in 
Pausa  tonlos  sind.  Auch  -»a  ist  keine  Ausnahme,  denn  es  ist  ton- 
lose Proklitika  und  als  solche  Nebenform  zu     S  wie  ib  zu  Ij. 

Wenn  nun  in  ^c  und  "<12  das  tonlose  l  seine  ursprüngliche 
Qualität  bewahrt  hat,  so  wird  das  e  im  Stat.  constr.  der  Nomina 
auf  Anlehnung  an  den  Stat.  absol.  beruhen.  Ebenso  sind  die  Imper. 
mV."  und  m-ir-;  als  Neubildungen  anzusehn,    neben    denen   die  dem 


! 


1)  Syr.  J  kann  natürlich  nicht  auf  di  zurückgehn.    Es  ist  Analogiebildung 

V  V 

nach  O  :  O  zu  J,   das  vor  urspr.  Schwasilben   aus  da  nach  Aufgabe  des  Schwa 
in  geschlossener  Silbe  gekürzt  ist. 

2)  Auf  die  von  Stade  §  132  aufgezählten  Formen  wird  man  sich  nicht 
als  Belege  für  einen  normalen  Lautwandel  ä  ~^>  ß  berufen;  denn  da  handelt  es 
sich  teils  um  vereinzelte  Schrullen  der  Punktatoren,  teils  um  falsche  Analogie- 
bildungen nach   den  Verben  7\"?. 


Brockelmann,  Zur  hebräischen  Lautlehre.  523 

arab.  Aj>-  entsprechenden  lautgesetzlichen  Formen  ")5£,  \>VT\  ja  noch 
erhalten  sind. 

VI. 

In  Johns  Hopkins  Univ.  Circulars  XXII  nr.  163  p.  70/71  hat 
T.  C.  Foote  zu  erweisen  gesucht,  daß  Formen  wie  rr^i  von  den 
Punktatoren  nicht  als  baiip ,  sondern  als  baifi  gemeint  seien ,  daß 
der  Punkt  unter  dem  ->  nicht  als  Hireq,  sondern  als  eine  Art  Mapplq 
anzuseku  sei.  Dabei  ist  aber  verkannt,  daß  der  Entwicklung  von 
bait  >  rrs  die  von  maut  >>  rnn  ganz  parallel  geht,  dessen  Segol 
Foote  nicht  zu  erklären  weiß.  Er  billigt  mit  Recht  die  Ansicht 
seines  Lehrers  P.  Haupt,  daß  au  im  Hebräischen  wie  im  Ostsyrischen 
zu  äu  geworden  ist,  soweit  es  nicht  durch  Systemzwang  gehalten 
wurde.  Wenn  nun  ai^>  aii  geworden  ist,  so  sollte  man  erwarten, 
daß  äu  ^>  äuu  geworden  wäre.  Dafür  ist  nun  (lue  eingetreten  durch 
Dissimilation ;  denn  das  bekannte,  wohl  zuerst  von  Philippi,  Ztschr. 
Völkerpsych.  1883  p.  113  ff.  formulierte  Gesetz  wirkt  nicht  nur 
zwischen  zwei  Sonanten,  sondern  wie  im  Syrischen  (meine  Gramm. 
§  86)  auch  zwischen  Konsonant  und  Sonant. 

VH. 

Noch  nicht  genügend  beachtet  scheinen  zwei  Fälle  von  Meta- 
thesis  zwischen  Vokal  und  Liquida ,  wie  sie  bekanntlich  im  Indo- 
germanischen gar  nicht  selten  sind  (Brugmann,  Kurze  vergl.  Gramm. 
§  341  4).  Die  eigentümliche  Form  nicN'-p:  aus  *marasöp  zeigt 
diese  Umstellung  genau  unter  denselben  Bedingungen  wie  arabisch 
(i)mra'an  aber  almar'a.  Da  die  Metathesis  aus  phonetischen  Gründen 
am  leichtesten  in  unbetonter  Silbe  erfolgt,  so  ist  es  wahrscheinlich, 
daß  sie  bei  dem  arabischen  Worte  zuerst  im  Stat.  constr.  eingetreten 
ist.  Auf  demselben  Wege  nun  erklärt  sich  auch  r*DNbtt  aus  rCNbw, 
wie  die  babylonische  Überlieferung  bei  Kahle,  Der  masor.  Text  p.  73 
noch  bietet.  Diese  Form  scheidet  also  aus  den  Beispielen ,  die 
man  für  einen  Schwund  des  N  im  Silbenanlaut  nach  Konsonanten 
anzuführen  pflegt,  aus.  Ein  solcher  Schwund  findet  überhaupt  nicht 
spontan  statt.  Soweit  es  sich  dabei  nicht  um  Aramaismen  handelt, 
wie  r;72n  für  FJSttpn  Job  29  b,  liegen  besondere  phonetische  Gründe 
vor  wie  in  biWaur  die  Dissimilation  der  beiden  Laryngalen  oder 
die  auf  die  ursprüngliche  Vokallagerung  ablenkend  wirkende  Aut- 
einanderfolge  zweier  Sonoren ,  wie  in  bj?7:ü;  =  ^l**i  =  Jj>oaD 
aus  iirriäl?) 


1)  äam'äl  Gos.-Kautsch27  §   23  c    hätte    natürlich  *3Nfc«5 

34 


524  Brockelmann,  Zur  hebräischen  Lautlehre. 

VIII. 

Auch  die  Erscheinung  der  haplologischen  Silbenellipse  hat  in 
der  hebräischen  Grammatik  noch  nicht  die  gebührende  Beachtung 
gefunden.  Den  einfachsten  Fall  zeigt  die  Vereinfachung  der  Laut- 
gruppe uaieia  ^>  uaüa  in  iTn  (Stade  §  123  a).  Hierher  gehört 
ferner  fN«  DN  für  -(N?27p  SN  Ex  7  27  9  2,  sowie  Cr:w:n  Jer.  13  10. 
Dazu  vergleiche  man  arab.  lillähi  >  lähi  (Nöldeke,  Zur  Gramm. 
p.  16),  ninüfar  ~^>  nüfar,  syr.  sausebln  ~^>  arab.  sabln.  Die 
Punktation  ü"»"Nttn  ist  schwerlich  richtig;  weder  Barths  Auffassung 
dieser  Form  als  ein  ganz  singuläres  Part.  Perf.  (Nom.  p.  273;  "»N33 
Jer.  23  32  ist  ja  ein  ganz  reguläres  Part.  Niph.)  noch  die  Kombination 
von  Völlers  ZA.  17,  301  können  überzeugen.  Im  Nhbr.  wiederholt 
sich  dei*selbe  Vorgang  im  Part.  Pu"al  X1VM2  , wenig'.  Hierher  gehören 
im  Grunde  sämtliche  Kontraktionen  bei  den  Wurzeln  med.  gem.  Eine 
zweite  Gruppe  bilden  die  Kontraktionen  von  lii,  lie  (aus  üie)  und 
Hi  ^>  l  in  D"1^^^,  d:"1^"1??  und  trDiO  (meine  Fem.  p.  22).  In  Fern- 
stellung findet  sich  derselbe  Vorgang  mehrfach  in  reduplizierten 
Wurzeln  wie  lailai  >>  lau.  Ist  in  den  bisherigen  Fällen  die  Ellipse 
auf  den  Zwang  der  Aufeinanderfolge  gleichlautender  Silben  zurück- 
zuführen,  so  beruht  sie  bei  der  Verkürzung  des  Afformativs  der 
der  2.  m.  pl.  Perf.  tumü  vor  Suffixen  zu  tu  wie  in  der  äthiopischen 
2.  f.  pl.  kenä  >  Jcä  nur  auf  der  abnormen  Länge  der  Wortbildungen. 


525 


Samskrt  -  Handschriften. 

Von 

Theodor  Aufrecht. 

Während  eines  vierwöckentlichen  Aufenthalts  in  London  im 
August  und  September  vorigen  Jahres  machte  mich  F.  W.  Thomas, 
der  gegenwärtige  Oberbibliothekar  des  India  Office,  auf  eine  neue 
Sammlung  von  Handschriften  aufmerksam,  welche  im  Jahre  1902 
in  die  Bibliothek  gekommen  sind.  Sie  stammen  von  Rajah  Sir 
Surinda  Mohun  Tagore,  Kt.  Mus.  Doc,  her.  Er  hat  einen  im  Jahr 
1890  gedruckten  ungenauen  Katalog  von  106  Handschriften  bei- 
gefügt, Alle  diese  sind  in  Bengali  -  Schrift.  Nach  meiner  Rück- 
kehr nach  Bonn  hatte  ich  F.  W.  Thomas  über  einzelne  Hand- 
schriften um  Auskunft  zu  bitten,  die  er  mir  wie  immer  bereitwillig 
gewährte. 

1  (Katalog  38).  Mahäbhärate  Xdyädhyäye  Ästlkaparvan.  63 
Blätter,  8  Linien.     Schrift  von  etwa  1860. 

2  (46).  Bhagavadgltä  mit  der  SubodhinI  von  SrTdharasväniin. 
Palmblätter.     Die  Blätter  in  Verwirrung.     Schrift  von  etwa  1780. 

3  (44).  Harivamsa.  Palmblätter.  5  Linien.  Schrift  von 
etwa   1760. 

4  (26).  Rämäyana,  Kända  1 — 4  und  6.  Adikända  110  Blätter, 
7  Linien.  Schrift  von  1854.  Ayodhyäkända  129  Blätter,  7  Linien. 
Die  letzten  Blätter  von  1854.  Aranyakända  115  Blätter.  San  1264. 
Kiskindhyäkända.  Ganz  moderne  Schrift.  Lankäkända  44  Blätter. 
Schrift  von  1797. 

5  (7).     Agnipuräna.     330  Blätter.     Schrift  von  etwa  1800. 

6  (9).     Kälikäpuräna.   335  Blätter,  9  Linien.   Schrift  von  1812. 

7  (18).  Narasimhapuräna.  Die  ersten  23  adhyäyäh  und  der 
größte  Teil  des  24sten.    57  Blätter,  5  Linien.    Schrift  von  etwa  1820. 

8  (6).  Brhannäradlyapuräna  in  38  Kapiteln.  86  Blätter, 
12  Linien.     Schrift  von  1776. 

9  (19).  Padmapuräne  Kriyäyogasära  in  24  adhyäyäh.  149 
Blätter,  gewöhnlich  7  Linien.     Schrift  von  1729. 

10  (23).  Brahmavaivartapuräna.  Ein  Bruchstück  des  Brahma  - 
kända.     Schrift  von  etwa  1840. 


526  Aufrecht,  SamsJert -Handschriften. 

11  (10).  Brahmändapuräna.  248  Blätter,  6  Linien.  Schrift 
von  etwa  1780. 

1)  Prakriyäpäcla.  11  adhyäyäh.  Beginnt:  «fTTT^T  •***" 
*$m  Tt  ^  etc.  sfcHTO  W?T.  II  fcT  frf  ^TOTT  *T^T  ü- 
Vm  ^  I  WWT^T^  TJTW  ^  ^T^T^f^f^ft  ^^T  II  R  II  Wt- 
f]cf  ^T^  II  TJTT1RW  *f  ^I^j  H  T  fa^Tf  I  ^ftreRT-p"R*T 
f^nT^^fx?  ffqtT^  II  3  II  f^m  H  ^5T%  rTf^lf^  *^T^T- 
m^i    I    ^fa^TOf  ftTff  3RTTW   VVi*   V^f^    II    8    II 

2)  Upodghätapäda.       118    adhyäyäh.      Beginnt    fol.   54  b: 

^ft^W  ^ :  II  TW  *t-c|«ri<lU!i  rj  ^TrjfaWTfa  (?)  cracT.  l 
^Tlf  ^N  *R*lt  *P3  ^^IT^T  *T-j:  II  *  II  fcT  ^TR  II 
JT^nTTTfW  TTOi   ^4«flHI««IHIdlf^  ^   I    ^T^Tf^TTTf ^  1" 

WT    I    ^TtT^-R^IN   ^-pfa^cf^T    II    3    II 

3)  Anusangapäda.       Beginnt    fol.   144  b:    ^J^T    ^T^    f%~ 

^TTct  II  <*  II  ^T^:  3ftWT  f^rft^  ^TTfTfR^'R^  I  rpfN 
f^ITTrqT^T^^f  IT^fo  II  R  II  T^tTT  OT^Tü:  HflNT- 
^fTTT3I1T  I  ^ffHfa^  rpffa  ^  ^^"f  ^f^RR?*  I  3.  H  Endet 
im   13.  Sloka  des  26.  Kapitels. 

Am  Ende  befindet  sich  ein  einzelnes  Blatt  in  anderer  Schrift. 
Beginnt:  *R  *R*^T:  WK.V  ipnfhOTTfocTT:  I  TT^W  fa^t 
itt^t:   fTT  <I«l^-l   H   ||   etc. 

12  (97  a).  Ädityahrdayastotra  aus  dem  Bhavisyottarapuräna. 
12  Blätter,  9  Linien.  Schrift  von  etwa  1870.  Sieh  Brhatstotra- 
ratnäkara  (zweite  Ausgabe)  p.  141. 

13  (103).  Bhägavatapuräna.  1)  Skandha  1—3.  4,  1—9. 
2)    6,  14,  21  und  0:.     3)    5 — 7.     Schrift   aus   verschiedener  Zeit. 

14  (106).  Dasselbe.  Skandha  5—9.  263  Palmblätter,  5  Linien. 
Schrift  von  etwa  1780. 

15  (43).  Dasselbe.  Skandha  X.  4  und  5  Linien.  Palm- 
blätter von  etwa  1750. 

16  (104).  Skandha  X.  Erst  5  und  später  4  Linien.  224 
Palmblätter  von  etwa  1730. 


Aufrecht,  Samkrt -Handschriften.  527 

17  (97  d).  Auf  fol.  13a  findet  sich  der  Titel:  TfÜ  ^^Tl- 
*ffi  ^H*T^f^  TTOsftTRTT  W^lH  *TT*T  ^lNsft  SWR*:  I 
Darauf  folgt :  ^T^TT^ftüW^  II  T&  H*m*\  Ttw:  ^T  TP^: 
^fqiT^TT:  I  «T^f#^f^<rnJ  etc.  20  Slokäh  von  Kapitel  33. 
14  Blätter,  8 — 9  Linien.  Ausgabe  von  BhavänTcarana .  Calcutta 
1827—30. 

18  (105).  Bhägavataskandhakatkäh,  ein  Abriß  der  Erzählungen 
im  Bhägavatapuräna ,  mit  teilweiser  Einschaltung  von  Versen  im 
Original.  Erhalten  sind  nur  der  erste,  vierte  und  zehnte  Skandha. 
Schrift  und  Zeitangabe  verschieden. 

19  (8).  Lingapuräna.  1)  Pürvabhäga  in  105  adhyäyäh. 
2)  Uparibhäga  in  48  adhyäyäh.  209  Blätter,  11  Linien.  Schrift 
von  etwa  1800. r 

20  (11).  Sivapuräna  in  26  adhyäyäh.  Stimmt  mit  Oxford 
No.  129, 1  überein.    116  Blätter,  9  und  10  Linien.    Schrift  von  1798. 

21  (2).  KäsTkhanda  aus  dem  Skandapuräna,  mit  dem  O:  von 
Kämänanda.  Lücke  nach  fol.  216  bis  fol.  441,  oder  Kapitel  46,  8 
bis  99,  1.     Linien  verschieden.     Schrift  von  1810. 


22  (16).  Mänavadharmasästra  mit  Kullüka's  0:.  199  Blätter. 
Schrift  von  etwa  1750. 

23  (50).  Yäjnavalkyadharmasästra.  32  Blätter,  7  Linien. 
Schrift  von  1821. 

24  (51 — 57).  Kurze  Gesetzbücher  von  Sankha,  Samvarta, 
Atri,  HärTta,  Jäbäli,  Apastamba,  Daksa.  29  Blätter,  7  Linien. 
Schrift  von  etwa  1800. 

25  (36).  Ahnikäcäratattva  von  Baghunandana.  90  Blätter, 
8  bis  9  Linien.  Abgeschrieben  SfRi  ^^^H^#  d.  i.  1740. 
Nach  meiner  Meinung  Schrift  von  etwa  1810. 

26  (5).  Ekädasitattva  von  demselben.  103  Blätter,  7  Linien. 
Schrift  von  etwa  1830. 

27  (34).  Chandogasräddhatattva  von  demselben.  107  Blätter, 
6  Linien.     Schrift  von  etwa  1800. 

28  (41).  Jyotistattva  von  demselben.  120  Blätter,  5  Linien. 
Schrift  von  etwa  1800. 

29  (100).  Tithitattva  von  demselben.  Unvollständig.  43  Blätter, 
6  Linien.     Schrift  von  etwa  1790. 

0:  Tithinirnaya  von  Gopäla.  Sieh  den  Anfang  in  L.  ;<64. 
Schließt:  ■RT^*F*3Wnfan'n  fWR  ^-R  rj  fa<ä|*n^T*T- 
rTRt   1    f^lf^frT    f^^f    qTT*ni:    I      67    Blätter,    6    Liniin. 

Schrift  von  etwa  1800. 


528  Aufrecht,  Samskrt  -Handschriften. 

30  (99).       IVayascittatattva     von     demselben.       126     Blätter, 
4  Linien.     Schrift  von  1771. 

31  (33).      Vivähatattva    oder    Udvähatattva    von    demselben. 
37  Blätter,  6  Linien.     *H%  *3fiprrfa^ftfa%    I 

32  (31).     Suddhitattva  von  demselben.     107  Blätter,  8  Linien. 
Schrift  von  etwa  1820. 

33  (35).     Samskäratattva    von  demselben.     62  Blätter.    6  bis 
8  Linien.      Schrift  von  etwa   1850. 

34  (4).      Dvaitanirnaya     von    Väcaspatimisra.       102    Blätter, 
7  Linien.     Schrift  von  etwa  1750. 

35  (14).      Vivädaratnäkara    von    CandesVara    Thakkura.      232 
Blätter,  7  Linien.     Schrift  von  etwa  1780. 


36  (91  a).  DharmadTpikä  (pürvamTmämsä)  von  Candrasekhara, 
Sohn  von  Vidyäbhüsana  (Vidyänandaghana  in  dieser  HS.).  Viele 
unnummerierte  Blätter.  Schrift  von  etwa  1850.  —  Sieh  Hpr. 
No.  192.     CS.  No.  173. 

37  (15).  Hastämalaka  in  14  Slokäh.  Text  und  0:  von  Sam- 
karäcärya.     4  Blätter.     Schrift  von  etwa  1870. 

38  (21).     Advaitänandasägara    (bhakti).      Beginnt:    *igT*T^n> 

rTf^Wt:    VT$   ^   ^   ^TcT^fT   ^^TT<ft   ^f^T    etc. 

Am  Ende  findet  sich  ein  Verzeichnis  des  Inhalts ,  wovon  eine 
Probe:  ^*T  ^ftf^  ^m^TTf^TT^**;  II  R$  II  ^*T 
T£5fT    II   RS    II       ^TO^f^H!^    rTOT    f^TTOTTTWl   II    ^Q    II 

t*t^ttt^:  ii  3°  ii    ^ra*«rr«r  ^w.  ii  ^  ii     ftpptfHffa;- 

^efi^?^;  ^SW  ^cftsffafa^**;  II  ^  II  Ein  Werk  gleichen 
Namens  findet  sich  in  L.  2545.  —  95  Blätter,  8  Linien.  Schrift 
von  1740. 

39  (20).  Vasisthasamhitä  (yoga)  in  8  adhyäyäh.  Dialog  zwi- 
schen Vasistha  und  seinem  Sohn  Sakti.  Adhyäya  1  endet  fol.  4  b. 
2  fol.  7  a.  3  fol.  10  a.  4  fol.  10  b.  5  fol.  14  b.  6  fol.  17  b.  7  fol.  18  b. 
8  fol.  20  b.     20  Blätter,  8  Linien.     Schrift  von  etwa  1830. 

Adhyäya  1  beginnt  (vgl.  Catal.  10.  No.  2432):    ^f%S    ^Tf^f 
Adhyäya   2  beginnt:    *jfW^TR    II    «Wftf   *    <TTcT  «TT^- 


Aufrecht,  Samshrt- Handschriften.  529 

f^  TTTtTt  ^TTW  ^  ^ITf^f^  I  3iT*rg  ^W-  jftw:1)  ^ffT 
f^^f%  *TTW  II  WRTf«T  t^  ^T^Tt  tälfq  ^  t^ör  ip«*  \ 
fT^Trl^Tf^   ^^TTf^f  t^^T   ^T    II 

Adhyäya  -3  beginnt :  "HTWT^TJTO^"^  T^TTfa  TTüT^Tcff^^  I 
^T»TTf% rWTT   W^T   ^W    ^3R    *Jsffi    II    UT*!TT*rR*WRm:    mUTT- 

*rm:  ^fifa:  i  Trwr*rRf^rfw  ifr^r  ^q^greri:  ii  w 
^TareiT  im  ^^q^^^^^T:  i  *  xr^  vmw.  ifrw:  TTTurrTHTO 
cT^^t:    ii    *fr  %^T^   ^t:   *ft?fi>  ^T^T  ^  SfcTförT:    I   ^fe- 

Adhyäya  4  beginnt :   ^§^T*ft  IT^^Tfa  ^KWT:  V%  <TR<T:  1 
*mTf^WTT    ^P3T    'TOT    ^^fi    *JsTcT    II    *mTf^*T*!re*r?&T    *T*W: 

n^fr  *r%^  ii  ^f*TTTW*n  ^^r  ^t^tt^th  tj^  ^  i  n^fa  ^w- 

^WTTt  ^TT^T  ^ITTWT  *rTT    II 

Adhyäya  5.     Der  Anfang  fehlt.     Sieh  Catal.  10.  No.  2432.2) 
Adhyäya   6  beginnt:    ^TO%   Sfa   HT^fT   *THTIT»ra*nf*T    cT    I 

^itfN  TTfW^    I    lf*H  f^RTf  TJ%  f^T^T^^t   cT^T    II 

Adhyäya   7   beginnt:    ^faS    ^T"H"    II    ^TfTT^fa   H   f^Tfa 

*afr^j?f^nfa  h  i  T^nfa  mfa  ^r^Tfti  ^  ip*^  stirem;  i 

^HCWm;   II 

Adhyäya    8   beginnt:     nfm^TR     II     ftffaT*fa     HI^^T^t 

<TTffT  sfiT^fäci;  i  tf^w  sffgfa^Tfa  ^wt^^  *  3T»fr  11  uw 


1)  Diese  drei  stehen  im  MS.   im  Neutrum. 

2)  Auf  fol.  10  h  finden  sich   Verse  über  dhyäna, 


530  Aufrecht,  Samskrt-Handschrißen. 

üTf*T   Sfi^Tfirr  f^T^^f^fTf^TfT  ^    I   etc. 

Schließt:  ^nfv:  ¥*raT  utWT  ^TT'Wf^^f^T  I  ^TTTfV: 
*m<nWT    Wt^T^T^TTT^I'Pr:     II    WrWrefaf*njWT    (lies   ITt) 

arra^r:  **nff  et:  i  tft  tö  (Si  ms.)  to  f^ig  TOfasfr- 

ifa^ti;  ii  

40  (59).     Kusumänjali  von  Udayanäcärya.     Ein  Bruchstück. 

41  (68).  Tattvacintämani  von  Gangesa.  Endet  mit  dem 
bädhasiddhänta  und  schließt  in  der  Ausgabe  der  Bibl.  Indica  p.  981. 
54  Blätter,  6  Linien.     Sclrrift  von  etwa  1800. 

42  (88  b).  Größere  Fragmente  desselben.  1)  Vom  Anfang 
bis  samdigdhatvät  Bibl.  Ind.  II,  p.  386.  2)  Von  visistasmarane 
ibid.  459  bis  dhüllpatalät  ibid.  545.  3)  tac  cänumänam  ibid.  689 
bis  vyarthavisesanatvät  ibid.  807. 

RAGHÜNÄTHA. 

43  (92).  Tattvacintärnanidldhiti.  Zwei  Abschriften.  Das  Ende 
fehlt  in  beiden.  Die  erste  enthält  66  Blätter  mit  6  bis  7  Linien. 
In  der  zweiten  sind  die  Ränder  abgerissen.     Schrift  von  etwa  1820. 

44(93).  Tattvacintäniamdldhiti.  Das  Ende  fehlt.  114  Blätter, 
5  Linien.     Schrift  von  etwa  1780. 

45  (40).  Ein  einzelnes  Blatt,  Beginnt:  ^TRfa^TfatfV 
^T^THT^^TT'nn^ren'Tf1*  fa^T  etc.  Aus  dem  Abschnitt 
Paksatä,  in  der  Ausgabe  von  Calcutta  Samvat  1905  p.  S8,  19. 

46  (72).  Vyäptipürvapaksa.  Beginnt  mit  fol.  11  und  endet 
fol.  44.  Dldhiti  13,  7  (pratiyogitäka).  Auch  in  der  Mitte  fehlen 
einige  Blätter.     5  Linien.     Schrift  von  etwa  1790. 

47  (58).  Siddhäntalaksana.  Beginnt:  JTf7J*ft??TO*rRTf^rei- 
•^ürcqpjfafllS  etc.  Unvollständig.  Dldhiti  p.  22,  22.  14  Blätter, 
5  Linien.     Schrift  von  etwa  1840. 

MATHURÄNÄTHA. 

Kommentar  zu  Tattvacintämani. 

48  (87).  Anumitinirnayarahasya.  Tattvacintämani  II,  1. 
Fol.  7a  bricht  ab  in  vaktavyatäpätädi  ibid.  p.  6,  11.  Fol.  IIb 
enthält  den  Schluß  des  Abschnitts,  ibid.  p.  26.  —  11  Blätter, 
9   Linien.     Schrift  von  etwa  1800. 

49(89).  Avayavarahasya.  Beginnt:  ^TTSfTWR  etc.  Tattva- 
cintämani II,  689.  Das  Ende  fehlt.  —  11  Blätter,  8—10  Linien. 
Schrift  von  etwa  1790. 


Aufrecht,  Samshrt- Handschriften.  531 

50  (85).  Kevalänvayyanumänarahasya.  Beginnt :  ^JTTT'SJrT. 
^^fT^T^TT't  ibid.  p.  552.  Bricht  ab  auf  fol.  9b  ^^^r^jfrT- 
^•m-R^W^I    ^Tfa^TfH:    ibid.   p.  584,  11.    -  ■     9    Blätter, 

9  Linien.     Schrift  von  etwa   1800. 

51  (63).  Paksatärakasya,  und  eine  Pattrikä  über  dieses  Kapitel. 
Ibid.  407.     8—9  Linien. 

52  (84a).  Parämarsarahasya.  Beginnt:  ^TföffT^t^TOT 
ibid.  p.  442.  Bricht  ab  mit  ^NTTOlfa  ibid.  536,  17.  —  26  Blätter, 
7  —  8  Linien.     Schrift  von   etwa  1840. 

—  (84  b).  Dasselbe  Kapitel.  Bricht  ab  mit  fW^TTWflT- 
Uf?T*ft  ibid.  p.  453,  15.  --  8  Blätter,  7  Linien.  Schrift  von 
etwa   1810. 

53  (82  a).  Sämänyalaksanärahasya.  Beginnt:  T^T  ^nTTT- 
WWI  HTJTRl^Wref  3T(SrreTf=rrö  ibid.  p.  253.  —  Zusammen 
mit  Nr.  58   11  Blätter,  9—10  Linien.     Schrift  von  etwa  1800. 

54  (86).  Dasselbe  Kapitel.  11  Blätter,  9—10  Linien.  Schrift 
von  etwa  1800.  Fol.  la  enthält  am  Anfang  2  Linien  des  Vyapti- 
graharahasya  und  S1^  Linien  des  Upädhivädarahasya. 

55  (75  b).     Simhavyäghrarahasya.     Ibid.  p.  49. 

56  (76).  Siddhäntalaksanarahasya.  Beginnt:  nfWtJ3TO*TT- 
TTfW^fa  ibid.  p.  100.  Unvollständig.  9  Blätter.  Am  Ende 
ein  Blatt  mit  der  Zahl  27,   beginnt:   f^ÜI^^^Tf^^T^t  IrWrT- 

*Tnftw%  3$  *cfoT«TO  ^rcrOTRrwrei  etc.    sieh  ibid. 

101,  14. 

57  (81).  Tarkarahasya.  Beginnt:  fl^Tf  I  cf^T  ftfcT  WT 
Xfri   Wft   ^  etc.    Ibid.  p.  219.    Das  Ende  fehlt,  —  6  Blätter, 

10  Linien.     Schrift  von  etwa  1830. 

58  (82b).  Upädhivädarahasya.  Bruchstück.  Beginnt:  JWsf- 
*T*reiT   ^HTN   fa^lfarj   etc.     Ibid.  p.  294. 

59  (78).  Visesavyäpti.  Fol.  2—14.  7—8  Linien.  Unvoll- 
ständig am  Anfang.  Das  letzte  Blatt  endet  mit  ^T^TfTTf^TrT 
^%T  ibid.  p.  165,  7. 

60  (75  c).  Vyadhikaranadharmävachinnäbhävarahasya.  Ibid. 
p.  53.     Endet  ^Tf^WR^t   fa^Sf  ibid.  67,  19.     Sieh  Nr.  63. 

61  (80).  1)  Vyäptigrahopäyarahasya.  Beginnt:  ^Tf^^ 
f*T^W  ibid.  p.  174.  Bricht  ab  mit  StftFTOfrfT^fa  1T¥:  ibid. 
213,  17.  10  Blätter,  8  Linien.  Schrift  von  etwa  1790.  2)  Der- 
selbe Abschnitt.      Bricht   ab   mit    rT^T   ftfrT   WW    ibid.   L93,   7. 


5o2  Aufrecht,  Sainskrt- Handschriften. 

6  Blätter,  6  Linien.  Schrift  von  etwa  1860.  3)  Ein  Blatt  mit 
der  Zahl  9  beginnt:  ^  3Rt^rrW«m\fa^  I  4)  Bezeichnet: 
Vyäptigrahopäyasya  Mathurätikä.  Einige  Sütra  erwähnt,  z.  B.  ^J*TT- 
^«H^reT^l    *ff  c|#fa    I    ^P*f  TT    \ff[    I    ^<fa<H41(K  Tfa    I 

Nicht  gefunden.     4  Blätter,   8 — 10  Linien.     Schrift  von  etwa  1820. 

62  (74).  Vyäptivädarahasya.  Beginnt:  ^«J*n*nrpfrp!5  f*T- 
^  ibid.  p.  27.  Bricht  ab  mit  cHTT  ^  t^fif^  ibid.  45,  20.  Fol. 
12,  17,  9  Linien.     Schrift  von  etwa  1810. 

63  (75  a).  Fortsetzung  der  vorigen  Nummer.  Endigt  mit 
dem  Vyäptipancaka,  ibid.  p.  48.  —  Fol.  18 — 26.  9  Linien.  Schrift 
von  etwa  1810. 

64  (79).  Sämänyäbhävarahasya,  wahrscheinlich  aus  Mathurä- 
nätha's  Kommentar  zur  Anumänadldhiti.  Fol.  2 — 14.  2a  beginnt: 
*frf*m^*P*  ^^StlTCTfafTfTtlT  II  Fol.  14  b:  *WT*RT  %f<T 
(Dldhiti  32,  8)  I  *T*T  *#^  ^W^T^RTOT:  ^T^T^fT^H^t  S^ 
TRTtfa  f^*!^  3Tfr^^  T^T  3*!*ft  1  ^T^cT  ^Tf  I  fa^TT 
tffT  ^T^Tf^tlT  (Dldhiti  32,  9.  10)  ^WT^fTW^T^m^T 
^T^TT   T>T   —    8—9  Linien.     Schrift  von  etwa  1800. 

65  (62).  NyäyalTlävatlprakäsarahasya ,  ein  Kommentar  zu 
Raghunätha's  NyäyalTlävatiprakäsa.  1)  Den  Anfang  siehe  in 
CS.  3,  376.  Endet:  ^flf%¥T*fWTW  TTOTW^T  JTTflTfW^'ft- 
T^T^%f?T  ^TTTTI  H      13  Blätter    (das   elfte   zweimal    gezählt), 

7  Linien.  Schrift  von  etwa  1800.  2)  Ein  Bruchstück  desselben 
Kommentars.  Beginnt:  frTJ^r  ^T^TTtlf^T^^Tf^^:  II 
Fol.  10b  endet:  TW^^  3<cT^TfatlTTW#  S«J*iW  II  Fol. 
5—10.     8  Linien.     Schrift,  von  etwa  1800. 

GADÄDHARA. 

Kommentare,  hauptsächlich  zur  Anumänadldhiti. 

66  (71).     Asädhärana.     Beginnt:  «T*J  f^5fTT^fW^5TT^  *<%- 

fcTifrfT^^^T^T^TT^f*TffT   1  *HI«I  I  f«^*l ««I il <l fd  (\c*|  d  ^Tf  HT- 

^TfaffT  I  Dldhiti  140,  4.  Schließt:  ^UTTTTCr^H  S^TO^T- 
^vfiTfT"R^!|^"Rcff^    xr^    *%cfT    WTTtI^I    ^T^ITtl^^^T- 


Aufrecht,  Samskrt- Handschriften.  533 

ftTCW^T^   II      7  Blätter,  8  Linien.     Schrift  von  etwa  1810. 

67(60).  DvitTyädivyutpatti.  Beginnt:  ^«Tf*T(?TO\nH*ft5t  etc. 
Sieh  Catal.  10.  No.  2036.  Schließt:  Tl^^T  ^T^THTHTTS^^^T- 
^tWm  "    II      12  Blätter,  8  Linien.     Schrift  von  etwa  1800. 

68  (61).  Navyamativicära.  Ursprünglich  15  Blätter,  jetzt 
fehlen  1—3.  11.  12.  Sieh  L.  975.  CS.  3,  360.  —  7  Linien.  Schrift 
von  etwa  1800. 

69  (69).  Satpratipaksa.  Beginnt:  *WR^%3nf^  **T^ 
(p.  865)  I  *üfrere"HFTxraR^Tf^  *fa  JTfffWTöTWPU'T- 
*T^^HTfaf^*TTfa3rä:  II  Schließt:  fa^cnTfcT^Tf^- 
*ft%  S^T^W  ^fTT^Tf^fa  ^T^I  II  23  Blätter,  8  Linien. 
Schrift  von  etwa  1810. 

70(73).  Savyabhicära,  Beginnt :  *n*rRl^HPP^J l  WT  ?)  **T- 
füf^rf^H^TOTf^fa  I  *J*pftfa  (Diclhiti  131,  10)  ^T^TÜrftT  *T- 
TOTT^r*:  *T*n*t  ^TOTT^TCTOTWRtTOf  TfT  (Tattvac.  p.  784) 
f^fTO^TCT^wfrTOfftfTcrffr  ^TTfa^T  TT7\  fftt  II  Schließt: 
^TsNrWR  ^T^Tt^f^!  II  29  Blätter,  8  Linien.  Schrift  von 
etwa  1810. 

71  (70).  Sädhärana.  Beginnt:  *3*0m  3TO*T#an^:  (Tattva- 
cint.  p.  823)  ^*T?T  *T^T^T^Tf^TfF^*M'ffiTTW  I  tf" 
^T$f?T  (Dldhiti  138,  10).  —  Endet:  ^f^T^Tf^T^T  f^- 
^Tf^Tn^T  *TT3IT^Tf^f^f^7aWn  II  9  Blätter,  8—9  Linien. 
Schrift  von  etwa  1820. 

Darauf  folgt  ein  Krodapattra  dazu,  beginnend:  ^JfT^J  *TT- 
^TTT   faf*n^ft°   etc.     3  Blätter,  5  Linien.     Schrift  von  etwa  1840. 

BHAVÄNANDA. 

72  (94).  TattvacintämanidTdhitigüdhärthaprakäsikä.  Sieh  CS. 
3,  271.     184  Blätter,  7—8  Linien.     Schrift  von  etwa  1680. 

73  (88a).     Beginnt:    *%    ^fa^rCTT^    ^fff   ^TTfWRT- 


534  Aufrecht,  Sarpsh-t- Handschriften. 

^ftlTTOTäWr^Tf     I     TreiTf^fa     (DldMti    üpädhi    64,    18). 
Schrift  von  1799. 

74  (95).      Kommentar     zu    Jayadeva's    Cabdäloka.       Beginnt: 

^^f  VWlWfi  II    Schließt :   IT^Tfl(5IfTTf*T^f3tq«Ft  ^TTITFT  II  — 

Die  Blätter  in  Unordnung.     6 — 7   Linien.     Schrift  von  etwa  1700. 

JAGADlSA. 
Kommentare  zur  Anumänadfdhiti. 

75  (83).  Paksatä.  Eine  Reihe  von  Blättern  ohne  Zusammen- 
hang mit  einander.  Das  erste  beginnt:  ffTf SrW*rRT*T*T"RJTre 
"JTlffT  etc.     Den  richtigen  Anfang  sieh  in  CS.  3,  258. 

76  (66  a).  Avachedakanirukti  (Abschnitt  Siddhäntalaksana. 
Dldhiti  22,  22.  Sieh  CS.  3,  233).  Sämänyäbhäva  (Didhiti  31,  7. 
L.  509).  Vyäptigrahopäya  (Didhiti  45,  26.  Sieh  CS.  3,  253).  — 
66  Blätter,   8  Linien.     Schrift  von  etwa  1790. 

-  (66b).  Beginnt:  TO  T^W^^rfaf  1  ^*I*Wfäffa 
Tm^Tl 3> «S^^T^^^TTO^TOTC  etc-  (Didhiti  28,  24). 

77a  (12).  Siddhäntalaksana.  Beginnt:  ^^^"Rf^^I  *NJ- 
#^  Wlf^^f^¥THT^l?fH^f'IfTT^W^3ftwrfTTTIlfk^T^T^^fW- 
W^T^nfFf^äRTOT  ^JT^t  I  Tattvacintämani  p.  100.  Didhiti 
p.  22,  22.  Sieh  CS.  3,  253.  —  Schließt:  %fRm^TfiWiWWr- 
nfinftfafTTOT  ^*n|^  fT^T^^^ffT^^I  ^T^TTfcT^fTf^IfTT- 
^f|  bricht  hier  ab.  —  23  Blätter,  7 — 8  Linien.  Schrift  von 
etwa  1790. 

77  b  (64).    Derselbe  Abschnitt.  ■ —  8  Blätter,  Linien  verschieden. 
Ein    halbes    Blatt    enthält    eine    Pattrikä.     Beginnt:    ^^T   fä- 

cT^TT   etc. 

78  (77).  Bruchstück  desselben  Abschnittes.  Fol.  16—21, 
8  Linien.     Schrift  von  etwa  1840. 

79  (65).  Vyadhikaranadharmävachinnäbhäva.  Beginnt:  ^J(^T- 
*-RTf^T*ÜT  irrenT*jrP£in  *rTTT»n^faST*?Hqfa(SI#sr  etc. 
Didhiti  10,  20.  Das  Ende  fehlt.  —  18  Blätter,  9—11  Linien. 
Schrift  von  etwa  1810.  —  Am  Ende  drei  Blätter  verschiedenen 
Inhalts  aus  demselben  Abschnitt. 


Aufrecht,  Samskrt- Handschriften.  535 

80  (90).  Muktivädavicära,  Beginnt:  J^ft^^mf^tte  rT^- 
m^t  imiW.  W3c[$i  I  Sieh  CS.  3,  93.  —  14  Blätter,  6  Linien. 
Schrift  von  etwa   1860. 

81  (91  b).  Dieselbe  Abhandlung.  —  9  Blätter,  aber  ein  paar 
fehlen,  6   Linien.     Schrift  von  etwa   1850. 


82  (101).  Bhasaparicheda  von  Visvanatha.  —  7  Blätter,  6 — 8 
Linien.      Schrift  von  etwa  1830. 

83  (1).  Sästrasiddhäntalesasamgraha  in  vier  Paricheda,  von 
Appayya  Dlksita.  Beginnt:  ^rf^TcTf^^T^T^T^T^q^  *f^n*T 
etc.  Sieh  Catal.  10.  No.  2448.  Eine  Nyäyacandrikä  (^ifa^T^T 
^rf^tTTTO  etc.)  wird  zitiert  Parich.  1,  27b.   2,  48b.  3,  61a. 

-  87  Blätter,   10  Linien.     Schrift  von  1829. 

DICHTKUNST. 

84  (49).  Meghadüta  von  Kälidäsa.  —  8  Blätter,  5 — 6  Linien. 
Schrift  von  Lokäbdäh  1624. 

85  (29  b).  Kumärasambhava  bis  5,  83.  —  36  Blätter,  4  Linien. 
Schrift  von  etwa  1830. 

86  (32  b).    Kumärasambhava.     1.  2.  3,  1—4.  —  Sieh  Nr.  100. 

87  (30).  Kaghuvamsa  vollständig.  —  145  Blätter,  5  Linien. 
Schrift   von  etwa   1750. 

88  (97  b).     Die  vier  ersten  Slokäh  aus  dem  Raghuvamsa. 

89  (17  a).  Amarusataka.  —  9  Blätter,  6 — 7  Linien.  Schrift 
von  etwa  1830. 

90  (102).  Naisadhacarita  von  Srlharsa,  sarga  1.  2  und  3,  1  —  37. 
Mit  dem  Kommentar  von  Srivatsa,  Sohn  von  Narasimha.  Sieh  Catal. 
10.  No.  3839.  —   Schrift  von  etwa  1750. 

91  (17  b).  Krsnastotra  (von  Bühler  Bälakrsnakrldäkävya  ge- 
nannt)  von  Bilvamangala.     104  Verse;   und  Randglossen.     Beginnt: 

Sieh  L.  1198.  —  9  Blätter,  5  Linien.     Schrift  von  etwa  1780. 

92  (17  c).  Visnustotra  und  0:  von  einem  anonymen  Verfasser. 
7  Verse.  Vers  1)  beginnt:  ^r%7W«TTOTO.  2)  Tf  %?&*  TT^T. 
3)  f^R  'ft  ^fffT^T^T  I  Unvollständig.  —  5  Blätter,  5  Linien. 
Schrift  von  etwa  1830. 

93  (17  d).  Patitapävananämaka  Gangästotra  in  22  Versen  von 
Käslnätha  Sarman.  Beginnt :  '^'W^T^'^^^^f^Tf^fT'T^lT^" 
^t^^#  sr^TT%  ^f^T^TBfiTX^  3T^ITr^f^^^ft^T^^fnT^#  I  etc. 
—   4   Blätter,  5   Linien.      Schrift  von  etwa  1830. 

94  (4«).  Käntisatakii  von  Silhana.  —  8  Palmblätter.  Schrift 
von  etwa  1790. 


536  Aufrecht,  Samslq-t- Handschriften. 


A   LAMKARA. 


95  (47).  Kavvaprakasa  von  Mammata.  Ullasa  6—10.  — 
39  Blätter,  5—6  Linien.     Schrift  von  1842. 

96  (39).  Säkityadarpana  von  Visvanätha.  —  62  Palmblätter, 
5  Linien.     Schrift  von  etwa  1780. 

97  (24).  Kysipaddhati ,  eine  Abhandlung  über  Ackerbau, 
welche  Paräsara  zugeschrieben  wird.  Sieh  Catal.  10.  No.  3168.  — 
14  Blätter,  5 — 6  Linien.     Schrift  von  1848. 

LEXIKOGRAPHIE   UND    GRAMMATIK. 

98  (37).  Amarakosa  vollständig.  —  172  Blätter,  4  Linien. 
Schrift  von  etwa   1850. 

99  (97  c).  Der  einleitende  Vers  des  Amarakosa  ^^T  ^fT«T- 
^JT0,  mit  dem  0:  von  Rämanätha.     Nur  fol.  2. 

100  (32  a).  Bhattikävya.  Die  ersten  7  sarga.  —  Mit  Nr.  86 
31  Blätter,  4  Linien.     Schrift  von  etwa  1840. 

101  (29  a).  Bhattikävya.  Die  ersten  5  sarga.  Mit  Glossen. 
—   27  Blätter,  9  Linien.     Schrift  von  etwa  1830. 

102  (42  a).  Kätantrasütra.  (42  b.)  Dieselben  mit  dem  0:  von 
Durgasimha.  —  5  Linien.  Schrift  von  etwa  1790.  Die  Blätter 
durcheinander  gemengt. 

103  (45).  Das  Kapitel  über  krt -Suffixe.  Mit  dem  0:  von 
Durgasimha.  Beginnt:  ^^nf^f<^5t  ^<ST  etc.  Sieh  die  Ausgabe 
von  Eggeling  p.  299.  —  69  Blätter,  5—6  Linien.     Schrift  von  1696. 

104  (28).  Mugdhabodha  von  Vopadeva.  —  140  Blätter, 
5   Linien.     Schrift  von   1854. 

105  (98).  Durgädäsa's  MugdhabodhatTkä.  Beginnt:  f^TfRt 
WtofaT^TOf  ^T^rqfTi:  etc.  —  80  Blätter,  8  Linien.  Schrift 
von  etwa  1860. 

106  (27).  DhätudTpikä,  ein  0:  zu  Vopadeva's  Kavikalpadruma, 
von  Durgädäsa.  —  49  Blätter,  7—8  Linien.    Schrift  von  etwa  1790. 

107  (13).  Ratnäväll,  eine  Elementargrammatik  von  Ratne- 
svara.     Beginnt:    *j»ft:   3HÜ*T   T^ft"   H^ft   WRIT:   TJ^T*5T*TO- 

Wr^fTtfr  "  i   kü^k-  WiTc\m::  tre?rt  ff m*?  Tm^jft*rf^?rr 

WKW^    WFSfä   S^fa^t   ^    II      Bricht    ab    mit:    ^T   3TOT;T*- 
T^f^  '    I      74  Blätter,  6  Linien.     Schrift  von  etwa  1790. 


Aufrecht,  Samskrt- Handschriften.  537 

108  (67).      SabdärthsäramaBjarl    von    Bhavänanda.      Beginnt: 

Sfa   3TcT*T7T    II    W%    f^^ITf^f^TT^    ^TT^fafa    etc.      Sieh    Catal. 
10.  Ho.  726.  —  12  Blätter,  8  Linien.     Schrift  von  etwa   1790. 

ASTROLOGIE. 

109  (96).  Satkrtyamuktävall  von  Raghunätba  Sarman.  Be- 
ginnt:  ^T  ^"RiTTPHJHfaf^T   etc.    II    TTJSnf^fNhrf^TTlfT- 

^f5TT*TP!T*re*nf^*T^  m^H  II  RH  —  45  Blätter,  6  —  5  Linien. 
Schrift  von  1849. 

110  (41b),  SuddhidTpikä  von  Srlniväsa.  Nicht  ganz  voll- 
ständig am  Ende.  Sieh  Catal.  Oxon.  No.  792.  —  31  Blätter. 
6   Linien.     Schrift  von  etwa   1800. 

TANTRA. 

111  (25).  Näradapancarätra.  Vollständig.  Schließt  mit  einem 
zwölften  adhyäya.  100  Blätter,  8 — 9  Linien.  Schrift  von  etwa 
1820. 

112  (3).  PratyabhijhäsüträrthavimarsinT.  Enthält  die  Laghvi- 
vrtti,  den  kürzeren  Kommentar  im  Vergleich  zur  Brhadvrtti,  von 
Abhinavagupta.  Gedruckt  in  Pandit  IL  III.  Vgl.  Bühler  im 
Detailed  Report  p.  CLX. 

Im  Anfang  bis  fol.  66  b  findet  sich  die  Stoträvali,  bestehend 
aus  20  Stotra ,  von  Utpaladeva,  mit  dem  0:  von  Ksemaräja.  Sieh 
Stein  Catalogue  p.  360.  —  103  Blätter,  10  Linien.  Schrift  von 
1856. 

113  (22).  Kedarakalpa  in  19  Patala.  Stimmt  überein  mit 
Nr.  363,  2  im  Katalog  der  Sanskrit-Handschriften  in  Leipzig.  Die 
letztere  enthält  nur  10  Patala.  —  51  Blätter  (Blatt  40  fehlt), 
10 — 11  Linien.     Schrift  von  etwa  1850. 

114  (26  b).     Ein  Bruchstück  des  Tantrasära.     Fol.  36— 66. 


Käslnätha  Sarman  :  Patitapävana  Gangästotra. 

Ratnesvara:  RatnävalT. 

Sieh  Nyäyacandrikä  in  Nr.  83.     Stoträvali  in  Nr.  112. 


35 


538 


Aufrecht,  Samshrt  -Handschriften. 


Die   jetzigen    Nummern    verglichen    mit    den    alten. 


1    = 

83 

32  a 

= 

100 

73 

= 

70 

2  == 

21 

32  b 

= 

86 

74 

= 

62 

3    = 

112 

33 

= 

31 

75  a 

= 

63 

4   = 

34 

34 

= 

27 

75b 

= 

55 

5   = 

26 

35 

= 

33 

75  c 

= 

60 

6   = 

8 

36 

= 

25 

76 

= 

56 

7   = 

5 

37 

= 

98 

77a 

= 

12 

8   = 

19 

38 

= 

1 

77b 

= 

64 

9   = 

6 

39 

— 

96 

78 

= 

59 

10   = 

11 

40 

= 

45 

79 

= 

64 

11   = 

20 

41a 

= 

28 

80 

= 

61 

12  a  = 

97a 

41b 

= 

110 

81 

= 

57 

12  b  = 

77a 

42 

= 

102 

82  a 

= 

53 

13   = 

107 

43 

= 

15 

82b 

= 

58 

14   = 

35 

44 

= 

3 

83 

= 

75 

15   = 

37 

45 

= 

103 

84 

= 

52 

16   = 

22 

46 

= 

2 

85 

= 

50 

17  a  = 

89 

47 

= 

95 

86 

= 

54 

17b  = 

91 

48 

= 

94 

87 

= 

48 

17  c  = 

92 

49 

= 

84 

88  a 

= 

73 

17  d  = 

93 

50 

= 

23 

88  b 

= 

42 

18   = 

7 

51-57  = 

=  24 

89 

= 

49 

19   = 

9 

58 

= 

47 

90 

= 

80 

20   = 

39 

59 

= 

40 

91a 

= 

36 

21   = 

38 

60 

= 

67 

91b 

= 

81 

22   = 

113 

61 

= 

68 

92 

= 

43 

23   = 

10 

62 

= 

65 

93 

= 

44 

24   = 

97 

63 

= 

51 

94 

= 

72 

25   = 

111 

64 

= 

77b 

95 

= 

74 

26  a  = 

4 

65 

= 

79 

96 

= 

109 

26  b  = 

114 

66 

— 

76 

97  a 

= 

12 

27   = 

106 

67 

= 

108 

97b 

= 

•88 

28   = 

104 

68 

= 

41 

97  c 

= 

99 

29  a  = 

101 

69 

= 

69 

97d 

= 

17 

29  b  = 

85 

70 

— 

71 

98 

= 

105 

30   = 

87 

71 

= 

66 

99 

== 

30 

31   = 

32 

72 

= 

46 

539 


Beiträge    zur    Beleuchtung    des    islamitischen    Straf- 
rechts,   mit    Eücksicht    auf   Theorie    und    Praxis    in 
der  Türkei. 

Von 

Johann  Krcsmärik. 

XL 

Das  Blutgeld  {dijet,  a7-s)1).  Blutgeld  heißt  der  Gegen- 
wert an  Vermögen,  welchen  jemand  als  festgestellten  Schadenersatz 
für  das  vernichtete  Leben  oder  für  verletzte  Körperteile  eines  anderen 
zu  zahlen  hat. 

Das  Blutgeld  ist  entweder  ein  volles  oder  ein  Teil  des  vollen. 
Für  das  Leben  ist  das  volle  Blutgeld,  für  körperliche  Verletzungen 
in  der  Kegel  nur  ein  Teil  des  vollen  Blutgeldes  zu  bezahlen.  Trotz- 
dem gibt  es  aber  auch  solche  körperliche  Verletzungen,  für  welche 
der  Täter    das    ganze  Blutgeld    als  Entschädigung  zu  bezahlen  hat. 

Die  zur  Forderung  des  Blutgeldes  berechtigte  Partei  braucht 
den  ihr  zugeurteilten  Entschädigungsbetrag  nur  in  Kamelen,  in  Silber 
oder  in  Gold  anzunehmen.  Das  volle  Blutgeld  für  einen  Mann  sind 
10  000  Dirhem,  in  Gold  1000  Dinar,  in  Kamelen  aber  100  Stück. 
Für  eine  Frau  entfällt  von  allem  die  Hälfte. 

Das  mohammedanische  Strafrecht  stellt  es  genau  fest,  wie  die 
als  Blutgeld  zu  bezahlenden  Kamele  beschaffen,  wie  viel  von  ihnen 
zweijährig,  dreijährig,  wie  viele  männlich  und  weiblich  sein  sollen. 
Diese  Details  interessieren  uns  hier  nicht ,  denn  in  der  Türkei  ist 
das  Zahlen  mit  Kamelen  nicht  üblich.  Ich  bemerke  nur,  daß  das 
bei  dem  dem  absichtlichen  ähnlichen  Totschlag  erwähnte  verschärfte 


1)    Unter  dijet  versteht  man  den  Schadenersatz ,    welcher  für  das    Leben, 
and    unter    arä   das,    was   wegen    einer    körperlichen  Verletzung   zu   zahlen  ist. 

Grauhaxe  II,  214.        c^*^  U")^   »JuüO  *£».-d£»    xJU.i    ^>»J->  xi-X-O  ^ss^sü 
,^J»t      "iülbi     'Omer  Plilmi  68. 


540     Krcsm&rikf  Beür.  z.  Beleuchtung  d.  idamit.  Straf  rechts,  etc. 

Blutgeld  so  viel  bedeutet,  daß  der  zur  Zahlung  desselben  verurteilte 
Täter  einige  Kamele  von  höherem  Werte  zu  geben  hat.  Bei  der 
Barzahlung  bat   das  verschärfte  Blutgeld  gar  keine  Bedeutung. 

Unter  Dirhem  und  Dinar  sind  nicht  die  im  öffentlichen  Ver- 
kehr befindlichen,  sondern  die  sogenannten  Sari'atdinar  und  -Dirhem 
zu  verstehen.  Den  Wert  derselben  umschreiben  die  mohammedani- 
schen Juristen  verschiedenartig.1)  Nach  'Omer  Hilmi  ist  ein  Dirhem 
gleich  vierzehn  Karat ,  ein  Karat  aber  repräsentiert  das  Gewicht 
fünf  mittelmäßiger  Gerstenkörner.  Ein  Dinar  bedeutet  ein  Gold- 
stück, dessen  Wert  zehn  Dirhem  Reinsilber  ist. 

In  der  Türkei  hat  die  Praxis  seit  uralter  Zeit  das  Rechnen 
in  Silber  eingebürgert."2)  Das  Blutgeld  mußte  nach  dem  Gesetz 
eigentlich  in  reinem  Silber  bezahlt  werden.  Da  aber  die  Münzen 
nicht  aus  reinem  Silber  hergestellt  zu  werden  pflegen ,  wurde  es 
als  Regel  angenommen,  daß,  wenn  in  einer  Münzgattung  das  Silber 
das  Legierungsmetall  überwiegt,  die  Münze  als  reines  Silber  zu  be- 
trachten ist  und  mit  ihr  die  Zahlung  nach  Gewicht  gesetzlich  ge- 
leistet werden  kann.  Nach  'Omer  Hilmi  ist  der  zwanzig  Piaster 
werte  Medschidije  eine  zur  Zahlung  geeignete  Münzgattung.  Mit 
den  übrigen  Münzen  kann  nur  dann  bezahlt  werden,  wenn  die 
Parteien  diesbezüglich  übereingekommen  sind. 

In  der  Türkei  sind  heute  für  das  Leben  eines  Menschen  als 
volles  Blutgeld  zu  bezahlen: 

1333  Stück  Silbermedschidijes 

1       „       Cejrek  (l/4  Medschidije) 
1        B       Piaster  (Groschen) 
1        „       20  Parastück, 
das  ist  zusammen  26  666  Piaster  und  20  Para,  oder  wenn  wir  einen 
Piaster  mit   19   Pfennigen  berechnen,   5066  Mark   631/.,  Pfennige.3) 

Urteilt  der  Richter  im  türkischen  Reiche  jemandem  das  Blut- 
geld zu ,  so  kann  dieser  fordern ,  daß  der  zugeurteilte  Betrag  ihm 
in  Silbermedschidijes  ausbezahlt  werde ,  er  kann  aber  nicht  Be- 
friedigung in  Gold  verlangen.4) 

Das  richterlich  zugeurteilte  Blutgeld  ist  nicht  sofort  fällig. 
Durch  diese  Verfügung  will  das  Sari'atstrafrecht  die  zur  Zahlung 
verurteilte  Person  davor  bewahren.  Vermöwensstörunwen  zu  erleiden 


1)  Eadd  ulmuhtär  II,   38   u.   f. 
,A-ixI»i    wr.-xJCx.    JjclxJü«      s~\j>\,    *.X>     MuX^».4.i      'Omer  Hilmi   71 


3)    'Omer  Hilmi  a.  a.  O. 


-;X?jl\jI    ^>    »jj    „j*      tr^y'^     'Omer  Hilmi   72. 


Krcsmärik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamü.  Strafrechts,  etc.     541 

oder  eventuell  gar  ruiniert  zu  werden.  Der  Schuldner  hat  Zeit, 
den  zugeurteilten  Betrag  innerhalb  dreier  Jahre  zu  bezahlen1),  der- 
art jedoch,  daß  mit  Ende  des  ersten  Jahres  von  der  Urteilsschöpfung2) 
an  gerechnet  ein  Drittel  des  Blutgeldes,  mit  Ende  des  zweiten  Jahres 
das  zweite  und  mit  Ende  des  dritten  Jahres  das  dritte  Drittel  fällig 
werden.  Es  bleibt  sich  gleich,  ob  eine  einzige  Person  der  Schuldner 
ist,  oder  ob  es  deren  mehrere  gibt.  Haben  sich  jedoch  die  Parteien 
hinsichtlich  des  Blutgeldes  miteinander  verglichen ,  kam  es  daher 
nicht  zu  einem  richterlichen  Urteil,  dann  ist  der  Yergleichtbetrag, 
wenn  nichts  anderes  bedungen   ist,  sofort  fällig. 

Das  Blutgeld  geht  sowohl  als  Forderung,  wie  als  Schuld  auf 
die  Erben  über.  Stirbt  daher  der  Schuldner,  bevor  er  das  ihn 
belastende  Blutgeld  bezahlt  hat,  so  ist  diese  Schuld  aus  seiner 
Hinterlassenschaft  einzutreiben.  Stirbt  aber  andererseits  der  Berech- 
tigte früher,  so  erben  seine  Rechtsnachfolger  seine  Forderung.  Der 
Erblasser  hat  auch  das  Recht,  hinsichtlich  seiner  Blutgeldforderung 
letztwillig  zu  verfügen. 

Das  volle  Blutgeld  ist  für  solche  menschliche  Körperteile,  von 
welchen  es  zwei  gibt ,  dann  zu  bezahlen ,  wenn  der  Täter  beide 
vernichtet  hat,  also  für  Hände,  Füße,  Ohren,  Lippen  und  Brauen, 
bei  den  Frauen  für  die  Brüste  und  deren  Warzen.  Für  die  männ- 
lichen Brüste  ist  nur  eine  von  der  richterlichen  Schätzung  abhäng- 
ende Entschädigung  zu  zahlen.  Wurde  von  den  doppelten  Körper- 
teilen nur  einer  vernichtet,  dann  hat  die  verletzte  Partei  auf  die 
Hälfte  des  Blutgeldes  Anspruch. 

Infolge  der  Wichtigkeit  des  Körperteiles  ist  das  volle  Blut- 
geld für  die  Zunge  zu  bezahlen,  wenn  durch  deren  Verletzung  die 
Sprache  oder  mindestens  die  Wiedergabe  der  meisten  Töne  un- 
möglich wurde,  ferner  für  solche  Verletzungen  des  Gehirns,  welche 


i)  Diese  Regel  ist  nur  beim  „vollen  dijet*  maßgebend;  denn  wenn 
jemand  zur  Zahlung  eines  Betrages  {ars)  verurteilt  wird,  welcher  nicht  mehr 
als  ein  Drittel  des  „vollen  dijet*  ausmacht,  so  ist  dieser  Betrag  innerhalb 
eines  Jahres,  wenn  er  zwei  Drittel  nicht  übersteigt,  innerhalb  zwei  Jahren, 
wenn  er  höher  ist,    so    ist  der  nach  Abrechnung  der  zwei  Drittel  verbleibende 

i'berschuß  im   dritten  Jahre   zu  bezahlen.     ö^JLi     .iLj     \3\   v_vS»!«-!     ,.|   *JLci 

•1+2      !>\  yiJUüi      lc  <_>!:  L«j   sjs.=>^  kä^v  j,  ^_a^?.  yi\  _»t   &.jlXÜ 

iCÜUJj     Radd  ulmul.itär   V,   563.     'Omer  Hilmi   76. 

2)  Das  Jahr  wird  nicht  vom  Zeitpunkte  der  begangenen  strafbaren  Hand- 
lung wie  es  Säti'i  lehrte,  sondern  vom  Tage  des  richterlichen  Urteils  gerechnet. 

xi'w^J!    ,}l6    l*y    Sül*4*j     Radd  ulmul.itär  V,  563. 


542     Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islam.it.  Strafrechts,  etc. 

den  Verlust  der  Vernunft  tätigkeit  verursachen.  Der  Prophet  hat 
für  die  Zunge,  ferner  für  die  Nase  das  volle  Blutgeld  zugeurteilt. 
Ebenso  kann  derjenige  volles  Blutgeld  beanspruchen ,  dessen  Sinne 
unbrauchbar  gemacht  oder  dessen  Schönheit  vernichtet  wurden. 

Da  der  Mensch  je  vier  Augenwimpern  und  Augenlider  hat, 
so  ist  für  alle  vier  das  volle  Blutgeld,  für  je  eines  aber  ein  Viertel 
des  vollen  Blutgeldes  zu  bezahlen.  Das  Blutgeld  für  einen  Finger 
oder  für  eine  Zehe  ist  ein  Zehntel  des  vollen  Betrages ;  nach  einem 
Gliede  des  Pingers  oder  der  Zehe  aber,  wenn  der  Finger  drei  Glieder 
hat,  ein  Drittel  des  nach  dem  Finger  zu  zahlenden  Blutgeldes,  wenn 
er  aber  nur  zwei  Glieder  hat ,  wie  z.  B.  der  Daumen ,  die  Hälfte 
dieses  Betrages.  Für  jeden  einzelnen  Zahn  ist  die  Hälfte  eines 
Zehntels  des  vollen  Blutgeldes  zu  bezahlen,  was  fünf  Kamele  oder 
500  Dirhem  ausmacht.  Dies  beruht  auf  einem  Ausspruche  des 
Propheten ,  daß  für  jeden  Zahn  fünf  Kamele  zu  entrichten  sind. 
Es  ist  jedoch  zu  bemerken,  daß,  wenn  wir  die  Zahl  der  in  einem 
kompletten  Gebisse  befindlichen  Zähne ,  also  32 ,  mit  dem  derart 
festgestellten  Entschädigungsbetrag  multiplizieren,  mehr  als  das  volle 
Blutgeld  herauskommt.  Dies  erklären  die  mohammedanischen  Juristen 
verschiedenartig;  da  jedoch  der  Prophet  so  verfügt  hat,  so  halten 
sie  sich  daran. 

Auch  von  den  Verletzungen  des  Kopfes  und  des  Gesichtes 
haben  einige  einen  festgesetzten  Preis.  So  ist  für  jede  Wunde, 
bei  welcher  der  Knochen  sichtbar  wird ,  die  Hälfte  eines  Zehntels 
des  vollen  Blutgeldes  zu  bezahlen;  bei  jenen  Wunden,  bei  welchen 
ein  Knochenbruch  eintritt,  ein  Zehntel  des  Blutgeldes,  bei  jenen 
Wunden,  bei  welchen  der  Knochen  entzweibrach  oder  von  seinem 
Platze  verrückt  wurde ,  ein  Zehntel  und  überdies  noch  die  Hälfte 
eines  Zehntels  des  Blutgeldes ;  bei  jenen  Verwundungen,  bei  welchen 
die  Wunde  bis  an  den  inneren  Teil  des  Schädelknochens,  bis  an 
die  „dura  mater"  genannte  Haut  dringt,  ein  Drittel  des  vollen 
Betrages  zu  bezahlen.  Frauen  kommt  die  Hälfte  all  dieser  Be- 
träge zu. 

Die  übrigen  Verletzungen  des  Kopfes  und  des  Gesichtes  werden 
auf  Grund  richterlicher  Schätzung  (hukumet  'adl)  entschädigt.  Für 
die  richterliche  Schätzung  gilt  die  Vorschrift,  daß  man,  wenn  an  der 
Person,  welche  eine  Verletzung  erlitten  hat,  nach  der  Heilung  die 
Spuren  einer  einen  körperlichen  Fehler  verursachenden  Verletzung 
sichtbar  sind,  annimmt,  diese  Person  sei  ein  Sklave.  Als  solcher  wird 
sie  von  Sachverständigen  erst  ohne  den  Fehler,  dann  mit  dem  Fehler 
geschätzt.  So  viele  Prozent  nun  die  Differenz  zwischen  diesen  beiden 
Beträgen  von  dem  Schätzungswerte  in  fehlerlosem  Zustande  aus- 
macht, in  demselben  Verhältnis  ist  ein  Teil  des  vollen  Blutgeldes 
der   verletzten  Partei    als  Entschädigung    zu   bezahlen.1)     Ist   z.  B. 


1) 


r)L^=>  jj    j.yü    ,.l  ^»L^laJl   aJLä  La     Ac   JCxjXsl   «&•**&' 


Krcsmärik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Straf  rechts,  etc.     543 

der  imaginäre  Wert  einer  Person  ohne  Fehler  10  000  Piaster,  mit 
dem  Fehler  8000  Piaster,  dann  ist  die  Differenz  2000  Piaster, 
d.  i.  1/5 ,  und  nach  diesem  Verfahren  erhält  die  verletzte  Partei 
für  die  Verletzung  ein  Fünftel  des  vollen  Blutgeldes. 

Das  Blutgeld  des  Sklaven  bildet  dessen  faktischer  Wert.  Sollte 
jedoch  dieser  Wert  das  volle  Blutgeld  eines  freien  Menschen  er- 
reichen, so  sind  von  diesem  Betrage  10  Dirhem  abzuziehen,  damit 
auch  hier  zwischen  einem  Freien  und  einem  Sklaven  ein  Unterschied 
sei.  Das  Blutgeld  für  den  Muslim  und  für  den  tributpflichtigen 
Bürger  (diinmi)  ist  gleich.1) 

In  einigen  Fällen  ist  die  Feststellung  dessen ,  welche  Strafe 
dem  Täter  für  die  begangene  körperliche  Verletzung  aufzuerlegen 
sei,  ob  nämlich  die  Vergeltung  der  Verletzung  oder  die  Verurteilung 
zur  Bezahlung  des  Blutgeldes  einzutreten  habe,  mit  gewissen  Schwie- 
rigkeiten verbunden.  Denn  das  mohammedanische  Strafrecht  will 
darauf  Rücksicht  nehmen,  daß  der  Schuldige  keine  schwerere  Strafe 
erhalte ,  als  er  nach  dem  Gesetze  verdient ,  die  verdiente  aber  be- 
komme, wenn  nur  die  hierzu  berechtigte  Person  sie  ihm  nicht  er- 
läßt. So  kann  jemand,  der  einem  andern  den  Kopf  einschlägt  und 
die  verletzte  Partei  infolge  des  Schlages  das  Licht  beider  Augen 
verliert,  dafür  nicht  durch  Vergeltung  der  Verletzung  bestraft, 
sondern  nur  zur  Bezahlung  des  Blutgeldes  verurteilt  werden,  weil 
dabei,  daß  er  der  verletzten  Partei  den  Kopf  einschlug,  nicht 
deren  Blendung  seine  Absicht  sein  konnte.  Versetzt  aber  einer 
einem  anderen  eine  Ohrfeige  und  schlägt  dabei  der  verletzten 
Partei  einige  Zähne  aus,  so  sind  auch  dem  Täter  ebensoviele  Zähne 
auszufeilen,  denn  hier  liegt  die  Vorsätzlichkeit  nahe  und  bei  einer 
körperlichen  Verletzung  gilt  der  halbe  Vorsatz  als  vollkommener. 
Es  braucht  für  Zähne  kein  Blutgeld  bezahlt  zu  werden ,  welche 
später  wachsen,  wie  für  Kinderzähne.  Schlägt  ein  Kind  einem 
andern    einen  Zahn    aus ,    so   muß   man  die  Volljährigkeit  der  ver- 


£jU       ]As     yil      Ä.JO     ^yi      .tXjÜi      e>Jö      ^S^5      i_X.aäJ|      «Ua3      qv*      u£J3 

jcJjS   _^c   ,«.j.     .JS    .,l_j   &jlXj|   ,^-c  *_£a3J  l-*-^?.  «U-ääM    ,/ix.  uÄxij 
..wÄc     Gauhare  II,  219. 

1)    xaJic    <\y"j    JJ>LS^^=>    *-^-w"'c    (C-^    »i^J^j    (a-L^H.^   ^xjd!) 

Jlp.  ».aj    Lüaä     Durer  ter£.  I,  406. 


544     Krcsm&rik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc. 

letzten  Partei  abwarten,  und  wenn  der  ausgeschlagene  Zahn  nicht 
nachwächst,  so  müssen  die  Angehörigen  des  Täters  Blutgeld  bezahlen. 

Es  wurde  bereits  erwähnt,  daß  man  jemanden  nicht  nur  vor- 
sätzlich und  infolge  eines  Irrtums,  sondern  auch  dadurch  töten  oder 
körperlich  verletzen  kann,  daß  man  hierzu  Veranlassung  gibt.  Diese 
zum  großen  Teile  aus  Nachlässigkeit  oder  Sorglosigkeit  entspringen- 
den strafbaren  Handlungen  behandelt  die  mohammedanische  Straf- 
rechtstheorie sehr  detailliert. 

Ein  solcher  Fall  ist  es,  wenn  jemand  eine  der  Landstraße  zu- 
gewendete, im  Einsturz  begriffene  Wand  (hält)  oder  einen  solchen 
Zaun  hat,  und  diese  trotz  Aufforderung  x)  von  Seiten  eines  Bürgers  — 
der  das  Recht  dazu  hat  —  die  Mauer  niederzureißen,  innerhalb  ent- 
sprechender Zeit  nicht  niederreißt.  Stürzt  nun  die  Wand  ein  und 
verursacht  den  Tod  oder  die  Verletzung  eines  anderen,  so  ist  die 
Person ,  welche  verpflichtet  war ,  die  Mauer  in  gutem  Zustande  zu 
erhalten,  die  daher  auch  ein  anderer  sein  kann,  als  der  Eigentümer 
des  Hauses,  zur  Bezahlung  des  Blutgeldes  zu  verurteilen.  Die  Be- 
hörde oder  diejenige  Person ,  welche  das  Niederreißen  der  Mauer 
verlangt  hat,  hat  nicht  das  Recht,  dem  Herrn  des  Hauses  Aufschub 
zu  gewähren ,  um  die  Mauer  in  Ordnung  zu  bringen ,  denn  hier 
handelt  es  sich  um  eine  öffentliche  Angelegenheit  und  nicht  um 
das  Recht  einzelner.2)  Neigt  sich  jedoch  die  Mauer  nicht  gegen 
die  Straße ,  sondern  gegen  den  Nachbargrund,  so  hat  der  Nachbar 
das  Recht,  entweder  zum  Niederreißen  der  Mauer  Aufschub  zu  ge- 
währen ,  oder  den  Hausherrn  im  vorhinein  von  den  Rechtsfolgen, 
welche  aus  dem  Niederstürzen  der  Mauer  entspringen  können ,  zu 
befreien.  Gehört  das  baufällige  Haus  eventuell  mehreren,  so  z.  B. 
dreien,  so  müssen  alle  drei  aufgefordert  werden,  die  Mauer  herzu- 
stellen ,  denn  wurde  nur  ein  Hausherr  aufgefordert ,  so  hat  dieser 
nur  ein  Drittel  des  Blutgeldes  zu  bezahlen ,  während  die  übrigen 
für  nichts  verantwortlich  sind.3) 


1)  a^iLo  xx:>Lo  <^JjLs  (ja..*.)..**.!!   /  öJ-b     Jl    Jaj-Ü   ^U   IvMj 

UäIj     ^Zz*    ^aUäxJ    v_^JLLj    jJ    ^jj     }Ls     .1     0wJÜ     lyt    KmJÜJ    La     q4~*Ö 
,.y»*aj    *J    ^La    •}    ..jLmJJ    *j     Gauhare  II,   226. 

2)  ^xJLb   Ovi>Lj   Lc*£>^   clH?^   }y^   i'A'   i^L"*  9äj,Jo 

lij!    jjL>    \-i\        ää>    y$Üx^lx:    Durer  ter£.  I,  413. 

3)  &AAjtfj    [»Aäj    jüjJXjO   ^»JlJ^I   j»lXöj    aJtJU    ;£SLj    ^L>iy_Ä 
.,J>.LjO  j_j|   lai^Jyw  iM^*"!?'   **4-*Jj   (»lXäj  »»»«UjlJjI 


Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc.     545 

Für  die  durch  Tiere  verursachten  Schäden  ist  in  der  Regel 
der  Herr  verantwortlich,  wenn  das  Tier  nicht  ohne  Aufsicht  herum- 
streift; denn  sonst  kann  nach  dem  Ausspruche  des  Propheten  die 
durch  das  unbeaufsichtigte  Tier  begangene  Verletzung  nicht  bestraft 
werden.1)  Geschieht  daher  das  Unglück  während  des  Reitens  und 
während  die  Tiere  gehütet  werden,  so  hat  derjenige,  der  die  nötige 
Sorgfalt  unterlassen  hat,  zu  bezahlen.  Hat  aber  jemand  bei  Ein- 
haltung der  Vorschriften  des  normalen  Verkehrs  einem  andern  einen 
Schaden  verursacht,  so  kann  die  verletzte  Partei  hierfür  keinen 
Schadenersatz  fordern.  So  z.  B.  wenn  jemand  ordentlich  reitet, 
das  Pferd  aber  mit  dem  Hufen  Kieselsteine  in  die  Luft  wirft  und 
ein  Stein  jemandem  das  Auge  ausschlägt. 

Für  körperliche  Verletzungen,  welche  Tieren  zugefügt  werden, 
kann  der  Täter  zur  Verantwortung  gezogen  werden.  Hier  ist  als 
Entschädigung  für  ein  ausgeschlagenes  Auge  der  vierte  Teil  des 
Tieres  zu  bezahlen,  denn  der  Prophet  hat  so  geurteilt.  Für  das 
Auge  eines  Tieres  aber,  das  zum  Schlachten  geführt  wird,  ist  nicht 
so  viel  zu  bezahlen,  da  in  einem  solchen  Falle  nur  der  vei'ursachte 
Fleischmangel  zu  ersetzen  ist. 

Interessant  ist  die  Feststellung  des  Blutgeldes  in  Fällen ,  wo 
jemand  zum  Teile  seinen  Tod  oder  seine  Verletzung  selbst  ver- 
ursacht hat.  In  diesem  Falle  belastet  nämlich  ein  Teil  des  Blut- 
geldes den  Beschädigten  selbst.  Wenn  z.  B.  vier  Menschen  eine 
große  Säule  heben,  die  Säule  umstürzt  und  einen  der  dabei  be- 
schäftigten vier  Menschen  tötet,  dann  belastet  jeden  der  vier  Männer 
je  ein  Viertel  des  vollen  Blutgeldes.  Die  Bezahlung  des  vierten 
Viertels  kann  jedoch,  da  dieses  auch  den  Rechtsnachfolgern  des  Er- 
schlagenen zukommen  würde,  von  den  Rechtsnachfolgern  nicht  ver- 
langt werden.  Oder:  Drei  Männer  graben  einen  Brunnen  und 
infolge  des  Verschuldens  aller  drei  stürzt  der  Brunnen  ein  und 
verursacht  den  Tod  eines  von  ihnen.  Da  ein  Drittel  des  Blutgeldes 
des  Verstorbenen  entfällt,  so  haben  die  übrigen  den  Rechtsnach- 
folgern ihres  Kameraden  nur  je  ein  Drittel  des  vollen  Blutgeldes 
zu    bezahlen.     Oder:    Zwei    Menschen    sitzen    in    einem    Kahn    und 


»yS     ü>/=-J^         _X^m.aAJ       liNÄjJ»     2S.-w.ijJ      .  »Jj      *y9     ij^/CJ»     XaJ2.Z>-         ,lXÄJu> 

.»J»l     'Omer  Hilmi   37. 

1)    Siehe  auch  §  94   der  türkischen  Megelle.        -*£>.    ST"7^     e^    8^La  «.J 
^jiAJLäjjyÄ  0~j^\:>   nI-x>  *L^S\*J|«  vMLÜj.j  \Sif*  tM1"^"21  t5^~*~*   ^ 

A=>  VV.^  **g^  sAcli    -j    öfci>^ 
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m  I,  369. 

546     Krcsmdi'ik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  /'damit.  Strafrechts,  etc. 

fangen  eine  Schlägerei  an.  Infolge  der  Bewegung  der  Raufenden 
kippt  der  Kahn  um  und  einer  seiner  Insassen  ertrinkt.  In  diesem 
Falle  zahlt  der  am  Leben  gebliebene  die  Hälfte  des  Blutgeldes. 
Oder:  Ein  Arzt  nimmt  an  dem  Kranken  mit  dessen  Zustimmung 
eine  Operation  vor.  Begeht  der  Arzt  keinen  Fehler,  so  ist  er  für 
den  eventuellen  Tod  des  Patienten  nicht  verantwortlich.  Begeht 
er  aber  einen  Fehler  und  überschreitet  er  die  Grenzen ,  innerhalb 
welcher  der  Arzt  sich  der  Praxis  nach  bewegen  muß,  so  hat  er 
die  Hälfte  des  Blutgeldes  zu  bezahlen. 

Die  menschliche  Gesamtheit  kann  ebenfalls  gegenüber  dem 
Einzelnen  verantwortlich  sein  für  eine  gegenüber  dem  Einzelnen, 
wenn  auch  ohne  Willen,  begangene  Verletzung,  indem  im  Falle 
eines  richterlichen  Irrtums  das  für  eine  zum  Tode  verurteilte  und 
hingerichtete  Person  entfallende  Blutgeld  das  Ärar  bezahlen  muß.1) 

Schließlich  muß  hier  noch  der  gegen  das  keimende  Leben 
((janin)  begangenen  strafbaren  Handlungen  gedacht  werden,  für 
welche  die  Täter  ebenfalls  Blutgeld  zahlen  (gurre). 

Über  das  Leben  des  Embryos  verfügen  der  Gatte  und  die 
Gattin.  Treibt  sich  die  schwangere  Frau  durch  Einnehmen  von 
Medikamenten  oder  in  anderer  Weise  die  Frucht  ab  und  hat  auch 
der  Gatte  eingewilligt,  dann  hat  die  Handlung  keinerlei  strafrecht- 
liche Folgen.  Tut  die  Frau  aber  ähnliches  ohne  Zustimmung  des 
Gatten ,  dann  haben  die  Angehörigen  der  Frau  das  Blutgeld  für 
den  Embryo  zu  bezahlen.  Das  Abtreiben  eines  Embryos,  bei  welchem 
die  menschlichen  Formen  noch  nicht  entwickelt  sind ,  ist  mit  gar 
keiner  Verantwortlichkeit  verbunden,  während  für  die  Vernichtung 
eines  Embryos,  der  schon  solche  Formen  aufweist,  ein  Blutgeld  von 
500  Dirhem  zu  bezahlen  ist,  ohne  Bücksicht  darauf,  ob  es  ein 
Knabe  oder  ein  Mädchen  ist.2)  Für  Zwillinge  ist  das  doppelte  zu 
bezahlen.     Versetzt  jemand  einer  schwangeren  Frau  einen  Stoß  an 


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terg.  I,  371. 

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Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Straf rechts ,  etc.     54  ( 

den  Leib  und  abortiert  die  Frau  infolgedessen,  so  hat  der  Täter 
das  Blutgeld  für  den  Embryo  den  Erben  des  Embryo  zu  be- 
zahlen. Der  Täter  selbst  aber  kann  von  dem  Blutgeld  nichts  be- 
kommen ,  selbst  wenn  er  sonst  zu  den  Erben  zählen  sollte.  Das 
Blutgeld  für  den  Embryo  ist  innerhalb  eines  Jahres  fällig. 


XII. 

Die  Verantwortlichkeit  derjenigen,  welche  mit  dem  Schauplatz 
des  Totschlages  in  territorialer  Verbindung  stehen  (Icasäme) ').  Für 
einen  durch  einen  unbekannten  Täter  oder  durch  mehrere  unbekannte 
Täter  begangenen  Totschlag  können  unter  gewissen  Umständen  die- 
jenigen zur  Verantwortung  gezogen  werden,  welche  nach  der  Auf- 
fassung des  Islam  Gelegenheit  und  die  Pflicht  gehabt  hätten,  über 
das  Gebiet,  auf  wechem  der  Mord  erfolgte,  die  Aufsicht  derart 
zu  üben,  daß  das  Begehen  einer  solchen  strafbaren  Handlung  nicht 
möglich  werde.  Das  Verfahren  bezüglich  des  Aussprechens  der 
Verantwortlichkeit  —  zu  dessen  Einleitung  die  Klage  der  Erben 
des  Ermordeten  notwendig  ist  —  ist  einzuleiten,  wenn  man  in  einer 
Gemeinde  oder  in  einem  besonderen  Teile  einer  solchen  (mahalla), 
ferner  in  einem  Hause,  das  jemandes  Eigentum  bildet,  oder  auf 
einem  von  einer  Gemeinde  nicht  zu  fernen  Gebiete ,  von  welchem 
die  menschliche  Stimme  in  der  Gemeinde  hörbar  ist,  oder  an  einem 
Orte,  der  niemandes  Eigentum  ist,  einen  Leichnam  findet,  und  wenn 
es  offenkundig  ist,  daß  der  Betreffende,  dessen  Leichnam  man  fand, 
eines  gewaltsamen  Todes  gestorben  ist.  Als  gewaltsam  ist  der  Tod 
zu  betrachten ,  wenn  an  der  Leiche  eine  Wunde  wahrnehmbar  ist, 
oder  wenn  an  ihr  Spuren  von  Schlägen ,  Würgen  zu  sehen  sind, 
oder  wenn  schließlich  aus  dem  Ohre,  aus  dem  Auge  Blut  fließt. 

Zur  Einleitung  des  Verfahrens  ist  es  nicht  notwendig,  daß 
der  ganze  Leichnam  gefunden  werde,  es  genügt,  wenn  der  größere 
Teil,  wenn  auch  ohne  Kopf,  oder  die  Hälfte  des  Körpers  mit  dem 
Kopfe  gefunden  wird. 

Erfolgte  der  Mord  in  einer  Gemeinde  oder  in  einem  Stadt- 
viertel und  erhebt  der  Erbe  des  Mörders  nicht  die  Klage  gegen 
eine  gewisse  konkrete  Person ,  sondern  gegen  die  Bevölkerung  der 
betreffenden  Gemeinde  oder  des  betreffenden  Stadtviertels  im  all- 
gemeinen oder  gegen  mehrere  Personen  aus  der  Bevölkerung,  ohne 
zur    Bekräftigung    seiner  Anklage    über  Beweismittel    zu    verfügen, 


1)  Das  Wort  Icasäme  bedeutet  ursprünglich  Schwur,  Eid,  —  als 
technicus  bezeichnet  es  eine  besondere  Art  der  Beeidigung. 

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muhtär  V.  549. 


548     Krcsmärih,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islarnit.  Strafrechts,  etc. 

dann  müssen  50  Personen  aus  der  Bevölkerung,  welche  der  Kläger 
nach  eigenem  Belieben  auswählt,  darauf  beeidigt  werden,  daß  nicht 
sie  die  Mörder  sind,  und  daß  sie  nicht  wissen,  wer  der  Mörder  ist. 
Legen  die  zum  Eid  aufgerufenen  Personen  den  Eid  ab,  so  werden 
sie  von  der  Strafe  der  Vergeltung  befreit,  doch  ist  die  Gemeinde 
oder  der  Stadtteil  verpflichtet,  das  für  den  Ermordeten  entfallende 
Blutgeld  zu  bezahlen.  Dieses  Verfahren  beruht  auf  einer  von  dem 
Peopheten  stammenden  Tradition  und  auch  der  Prophet  selbst  ist 
so  vorgegangen.1)  Das  derart  zugeurteilte  Blutgeld  wird  auf  die 
Bevölkerung  ohne  Rücksicht  auf  die  Zahlungsfähigkeit  der  Einzelnen 
im  gleichen  Verhältnis  ausgeworfen. 

Hat  die  Gemeinde  keine  50  Bewohner,  so  ist  der  Eid  so  oft 
zu  wiederholen ,  bis  er  fünfzigmal  gesprochen  ist.  Die  Ablegung 
des  Eides  kann  niemand  verweigern,  denn  die  Beeidigung  ist  nach 
der  religiösen  Theorie  für  jedermann  bindend.  Sollte  dennoch 
jemand  zögern ,  den  Eid  abzulegen ,  dann  sind  zwei  Fälle  möglich, 
je  nachdem  die  Gemeinde  auf  Feststellung  des  Vergeltungsrechtes 
oder  auf  Blutgeld  verklagt  wird.  Im  ersten  Falle  wird  der  sich 
weigernde  solange  eingesperrt  gehalten,  bis  er  den  Eid  ablegt,  im 
letzterwähnten  Falle ,  wenn  nämlich  von  der  Gemeinde  nur  das 
Blutgeld  gefordert  wird,  hat  derjenige,  der  sich  weigert,  den  Eid 
abzulegen,  den  ganzen  Betrag  zu  bezahlen.2) 

Der  Kläger  verliert  den  gegen  die  Gemeinde  erhobenen  Rechts- 
anspruch, sobald  er  einen  Insassen  einer  anderen  Gemeinde  des 
Mordes  anklagt.  Nach  einigen  Juristen  verwirkt  er  diesen  Anspruch 
auch  dann,  wenn  die  angeklagte  Person  jener  Gemeinde  angehört, 
wo  der  Mord  geschehen  ist.  Kann  daher  die  Gemeinde  beweisen, 
daß  der  Kläger  sich  mit  seiner  Anklage  gegen  einen  andern  ge- 
wendet habe,  so  ist  der  Kläger  mit  seiner  Klage  abzuweisen.  Diese 
Verfügung  findet  darin  seine  Erklärung,  daß  der  Kläger  die  gegen 
eine  einzelne  Person  erhobene  Anklage  leichter  fallen  lassen  könnte, 
weil  das  Blutgeld  von  einer  eventuell  vermögenslosen  einzelnen 
Person  schwerer  einzutreiben  ist,  als  von  einer  Gemeinde. 

Die  Frage  ist  übrigens  strittig.  Nach  Abu  Hanlfa  ist  eine 
Einwendung  der  angeklagten  Gemeinde,  der  Kläger  habe  schon 
vorher  gegen  einen  anderen  eine  Anklage  erhoben,  nicht  zu  berück- 
sichten; während  nach  der  Ansicht  seiner  Schüler  der  Kläger  in 
einem  solchen  Falle  unbedingt  abzuweisen  ist. 

In  der  Türkei  wird  infolge  der  auf  Vorschlag  des  Sejch  ul 
Islam  im  Jahre  1293  AH.  (1876  n.  Chr.)  erlassenen  Verordnung 
des  Sultans  gemäß  der  Lehre  der  Letzterwähnten  geurteilt.3) 


1)  Durer  terg.  I,  425. 

2)  'Omer  Hilmi  48. 


3)    ^J^iXS,KaSs-  j^Iici  *U  ^yi*\  r)^^*?]  L*-fr5^  JoL^/«  xU^/i  ji 


Krcsmärik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc.     549 

Auch  darüber  sind  die  Gelehrten  nicht  einer  Meinung,  wer  in 
dem  Falle ,  wenn  eine  Gemeinde  zur  Zahlung  des  Blutgeldes  ver- 
urteilt wird,  dazu  beizutragen  hat,  ob  die  Eigentümer  der  Häuser 
oder  deren  derzeitige  Besitzer,  wie  z.  B.  die  Nutznießer  oder  In- 
wohner. Abu  Hanlfa  erklärte,  daß  die  Hauseigentümer  diese  Last 
zu  tragen  haben,  Abu  Jüsuf  und  Muhammed  waren  entgegengesetzter 
Ansicht.  Die  ottomaniscbe  Rechtsprechung  hat  auch  hier  die  Theorie 
der  Schüler  angenommen  und  im  Jahre  957  AH.  (1550  n.  Chr.)' 
ordnete  der  Sultan  auf  Antrag  des  damaligen  Sejch  ul  Islam  Ebü 
'lsu'üd  Efendi  an,  daß  der  Richter  sich  darnach  zu  halten  habe  und 
wenn  ein  türkischer  Richter  dennoch  in  einer  solchen  Angelegen- 
heit nach  Abu  Hanifa  urteilen  sollte,  so  sei  sein  Urteil  nicht  zu 
vollziehen.1)      Es    ist   jedoch    zu    bemerken,    daß,    wenn    auch    zur 


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^-jj»!  jy*'1^*  *-*-^5*"  *^*j|i  a^jjJ^*j*ia5>  u*j.j  -jI  *Lo|  bJ>.jJ  l\x 
(*Aci  j.L«i  jjtXJJlätN.Xji  ,-yj1^  ^♦^;:>  *^W^j  ^äj^JLj' /was*  aJxc!  »L*l 
äj!    ^i>   ^^-x^-ya      _j|.    a^jLjJLjyJa>    'Omer  llilmi  50. 


550     Krcsmärik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  idamit.  Strafrechts,  etc. 

Zeit,  wo  die  Leiche  aufgefunden  wurde,  einige  zufällig  aus  der 
Gemeinde  abwesend  waren,  die  aber  in  der  Gemeinde  ein  Haus 
haben,  auch  die  Abwesenden  zum  Blutgeld  beitragen,  während  sie, 
wenn  sie  kein  Haus  haben  oder,  wenn  sie  eins  haben,  dies  ein 
anderer  bewohnt,  nicht  zu  zahlen  haben. 

Es  kann  geschehen ,  daß  man  zwischen  zwei  Gemeinden  oder 
zwischen  zwei  Nomadenstämmen  auf  einen  Leichnam  stößt.  In 
einem  solchen  Falle  belastet  die  Verantwortlichkeit  die  näher  Be- 
findlichen. Der  Prophet  ließ  in  einem  solchen  Falle  die  Entfernung 
zwischen  den  Gemeinden  abmessen.  Waren  die  beiden  Gemeinden 
von  der  Stelle,  wo  der  Leichnam  lag,  gleich  weit  entfernt,  dann 
waren  beide  gleich  verantwortlich. 

Der  Leichnam  muß  an  einer  Stelle  liegen,  von  wo  die  mensch- 
liche Stimme  in  der  Gemeinde  gehört  wird,  denn  ist  diese  Stelle 
weiter  entfernt,  dann  haftet  die  Gemeinde  nicht.  Die  Bevölkerung 
einer  Gemeinde  kann  nämlich  nur  dann  für  ein  in  der  Gemarkung 
der  Gemeinde  begangenes  Verbrechen  in  begründeter  Weise  zur 
Verantwortlichkeit  gezogen  werden,  wenn  von  dem  Schauplatz  des 
Verbrechens  der  Hilferuf  gehört  werden  konnte,  da  es  die  Pflicht 
der  Bevölkerung  ist,  auf  den  Hilferuf  zum  Schutze  des  Angegriffenen 
herbeizueilen.  Ist  eine  Stadt  in  Viertel  aufgeteilt,  dann  hat  das 
Viertel  den  Eid  abzulegen  und  das  Blutgeld  zu  bezahlen ,  welches 
der  Stelle,  wo  der  Leichnam  lag,  am  nächsten  liegt. 

Eine  tödlich  verwundete,  aber  noch  lebende  Person  ist  so  zu 
betrachten ,  als  wäre  sie  gestorben.  Die  Verantwortlichkeit  der 
betreffenden  Gemeinde  erleidet  dadurch  keinerlei  Änderung,  daß 
die  tödlich  verwundete  Person  nicht  auf  dem  Schauplatz  des  Ver- 
brechens, sondern  in  einer  anderen  Gemeinde  stirbt ;  immer  ist  jene 
Gemeinde  verantwortlich,  wo  die  tödliche  Verletzung  erfolgte. 

Wegen  Leichen,  die  auf  einem  Marktplatze,  auf  der  Landstraße, 
in  einem  Kerker  oder  in  einer  r/ämi',  welche  gemeinsames  Eigentum 
bilden,  aufgefunden  wurden,  hat  niemand  einen  Eid  abzulegen  und 
das  Blutgeld  belastet  das  Ärar.1)    Wird  der  Leichnam  in  jemandes 

Gaubare  II,  233.  Wegen  der  in  Kerkern  gefundenen  Leichen  hat  nach  Abu 
Jusuf  das  Personal  des  Kerkers  zu  schwören    und  zu  zahlen.       ^    ^R***    ,•)'} 

Dagegen  hat  auch  das  Arar  gewisse  Rechte  in  bezug  auf  Beeidigung  der  Orts- 
bewohner und  Erhebung  des  dijet.  Dies  kann  speziell  in  dem  Falle  vor- 
kommen, wenn  die  Erben  des  Getöteten  unbekannt  sind.        _jxxLaw.S    s*AL>     J 


Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechis,  etc.     551 

Haus  gefunden ,  dann  wird  der  Eigentümer ,  beziehungsweise  der 
Besitzer  aufgefordert,  den  Eid  abzulegen  und  das  Blutgeld  zu  be- 
zahlen. Wird  der  Leichnam  in  einem  Schiffe  gefunden,  dann  ist 
die  Schiffsbesatzung  verantwortlich,  wird  sie  aber  in  der  Moschee 
oder  auf  einem  Feldwege  eines  Stadtteiles  gefunden ,  dann  baftet 
die  Bevölkerung  des  Stadtteiles.  Für  Leichname,  welche  auf  so- 
genannten staatlichen  Äckern  (erädi  mirijje),  die  sich  unter  gewissen 
Bedingungen  im  Besitze  einzelner  befinden,  ohne  daß  diese  ein 
Eigentumsrecht  auf  die  Felder  haben,  gefunden  werden,  sind  nicht 
die  einzelnen  Besitzer,  sondern  die  Gemeinden  verantwortlich.1) 

Bildet  ein  Haus,  wenn  auch  zu  gleichen  Teilen,  das  Eigentum 
mehrerer,  so  ist  das  Blutgeld  in  gleichem  Verhältnis  auf  die  Mit- 
eigentümer des  Hauses  auszuwerfen.  Denn  jeder  von  ihnen  hat 
gleichermaßen  die  Pflicht,  über  das  Haus  zu  wachen,  und  die  Unter- 
lassung ist  ohne  Bücksicht  darauf,  ob  sie  eine  kleinere  oder  größere 
war.  für  jedermann  mit  gleichen  Folgen  verbunden. 

XIII. 

Die  Verantwortung  derjenigen,  welche  mit  dem  Täter  durch 
ein  Blut-  oder  moralisches  Band  verknüpft  sind,  (ma'kule,-)  'dJyile). 
Das    nach    dem   nicht   absichtlich  begangenen  Totschlag  entfallende 


SlX.JLs>         -Äjjs.1»!      ,3.3 -*X     ^-SJ.3      u5U.AÄÄ     (-\\-*3ji     »l\J\j-0  *.  jjjl     ^=>-j^ 

.  vLo    aJi    O.J->      .1  *~^j!    'Omer  Hilmi  55. 

1  Wenn  jemand  in  seinem  eigenen  Hause  getötet  gefunden  wird,  so  be- 
lastet —  nach  Ansicht  des  Abu  Hanifa  —  das  Sühngeld  seine  'Akile.  Seine 
beiden  Schüler  sind  jedoch  der  Meinung,  daß  in  diesem  Falle  nichts  zu  ver- 
fügen ,     und     der    Todesfall    als    Selbstmord    des    Betreffenden    aufzufassen    sei. 

Ow^  «^a-jjmJ!  y.^  «JdäLc  JLe  iütXJl  ^i>J.i  «..cylt  ^13  ,3  ^Lüö 
A:>.  y^i>j  «JLe  «j*  aJLJj  cäo.  _+c  ^_pi  U^  ^IXti  i^JJ  j,  JoyiäJi 
J»PS  q»  (j«*jJ  o.AX  xibl  äJ  bi  xÄi'  J  &^U.*/>  .IlXJ!  cu'^>  ^Lä3 
»jdlälc  Xc  &J<jJ|  vi>J.2  ItXgli  tj^JUt  Sejchzäde,  Sarh  multakä  II,  328. 
2)  Als  juristisches  Kunstwort  wird  ma'kule,  pl.  ma'äkil ,  im  Sinne  von 
dye£    gebraucht.       ^    ^LajJS    JJüü    Ui^S    ^JLäc      -*/*ö.    (&Ji>J|    ,*$!$) 


552     Krcsmarik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc. 

Blutgeld  haben  die  Angehörigen  des  Täters  zu  bezahlen.  Dies  gilt 
so  sehr  als  Eegel,  daß  einige  mohammedanische  Juristen  behaupten, 
der  Täter  selbst  könne,  da  er  außerhalb  des  Begriffs  der  Angehörigen 
fällt,  durchaus  nicht  verpflichtet  werden,  zur  Bezahlung  proportionell 
beizutragen  und  daß  das  ganze  Blutgeld  auf  die  Angehörigen  aus- 
zuwerfen sei.1)  Nach  unseren  Quellen  hat  der  Täter  ebenfalls  einen 
Teil  zu  bezahlen.  Der  Ideengang,  mit  welchem  die  Rechtsgelehrten 
dieses  eigentümliche  strafrechtliche  Prinzip  begründen,  ist  etwa  der 
folgende.  Trifft  jemanden  ein  Unglück,  wird  er  z.  B.  bestohlen 
oder  ist  er  abgebrannt,  dann  pflegen  die  Menschen  für  ihn  zu 
sammeln,  um  ihm  wieder  auf  die  Füße  zu  helfen.2)  Der  ohne  Ab- 
sicht verursachte  Totschlag  ist  ebenfalls  ein  solches  Unglück,  weil 
er  dem  Täter  große  Geldlasten  auferlegt,  infolgedessen  man  auch 
ihm  helfen  muß.  Darüber,  wer  als  Angehöriger  des  Täters  zu  be- 
trachten sei,  herrscht  eine  überaus  große  Meinungsverschiedenheit 
und  die  Gelehrten  können  nur  darin  übereinkommen,  daß  die  Zu- 
sammengehörigkeit dort  zu  suchen  ist,  wo  die  Menschen  untereinander 
die  gegenseitige  Hilfeleistung  (tanäsur)  üben.  Die  gegenüber  den 
Angehörigen  ausgesprochene  Zahlungspflicht  soll  auch  eine  Strafe 
dafür   sein,    daß    sie    auf   den  Täter   nicht  genügend  acht  gegeben 


muhtär  V,  561. 

1)  bis    JJCäU  yiLXl    xi^S    (d.  h.  einer  der  'äkile)    ^J^li"  JöläSU, 

(j^xJi  x-dc  u^»1.  bis  AXSt  ».As.  \^£?,  ^♦J  131  zübS  s-xJ*i  S'^^ 
Sejchzäde  II,  332.      A^|    ^a    ^[f  \5\    (JJl*j    (j>&\s*\S  Ul\ac   JöLftJjj) 

»yo  Uoj!   LjlXac  KjJÜ!    ^x  xaJLc     J"  ^  r^k  pl   531   Ul   s.\Ja*S\ 

LfiJLLbO  xaIc  £  bS  xsL^J!  lXac»  -b^w-AiS  ,3  Kadd  ulmuhtär  V,  564. 
Zur  Erklärung  des  obenerwähnten  'ata  (Sold,  Gage),  von  welchem  die  Raten 
des  Sühngeldes  in  Abzug  zu  bringen    sind ,    bemerkt    derselbe  Autor    folgendes : 

^äj  ALIS  ^,o  £  (^äj  Lo  (^jJ!  ^J  ^yjj  Kxk*J!  (j^j  ^^ftJij 
bS  &.i^  AJ"  ,3  u^räj   La  tLLxJfj  ä.x.U/9  _.!   s-^LJxx  jüU£5jj  ä,>IÜ 

^Ji>Jl    -*i    ^    *"*LäCj    8,.*.a2J    J*J    N^-Üi    ,l\äJ    a.   a.   O.   pag.   562. 

2)  Ö5j*Ib     LcIlLo^     L^£>     x-lc    ^jJUäj     c  _^Ji    A»aS    |^^3 

^Äxi!  IlX^J  bi»X  aJ  ^jjc»^?.  '•  r>  ^|  JCäyw  ^  }!y*>.i>  Radd  ul- 
muhtär V,   562. 


Krcsmäril:,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc.     553 

haben.  Es  gab  wohl  Juristen,  die  sagten,  die  Angehörigen  seien 
nicht  schuldig,  es  könne  daher  auch  nicht  von  ihnen  gefordert 
werden,  daß  sie  zahlen,  daß  der  Täter  daher  allein  für  seine  Hand- 
lungen hafte.  Diese  Lehre  fand  aber  keine  Verbreitung,  denn  die 
Zahlungspflicht  der  Angehörigen  beruht  auf  berühmten  Traditionen 
und  auch  die  Genossen  des  Propheten  sind  so  vorgegangen.1) 

In  der  ersten  Zeit  des  Islam  war  die  Hilfeleistung  die  Pflicht 
der  Familienangehörigen,  später,  als  infolge  der  veränderten  staat- 
lichen und  militärischen  Organisation  das  Verhältnis  der  Offiziers- 
und Kampfgenossen  zwischen  den  Menschen  ein  stärkeres  Band 
schuf,  als  die  Blutverwandtschaft,  ging  die  Pflicht  der  Hilfeleistung 
auf  die  Kameraden  über  und  wurden  diese  unter  den  Angehörigen 
verstanden.  Der  Kalif  'Omar  ließ  Konskriptionslisten,  Diwane,  für 
die  Provinzgouverneure  und  Richter  anfertigen  und  wenn  der  Name 
einer  Person  in  diesen  Listen  enthalten  war,  wurde  die  betreffende 
Person  als  zum  Diwan  gehörig  betrachtet.  Die  in  der  Konskriptions- 
liste enthaltenen  Genossen  waren  einander  gegenseitig  Hilfeleistung 
schuldig  und  sie  bezahlten  auch  zusammen  das  Blutgeld  für  solche 
Genossen,  die  des  nicht  absichtlichen  Totschlages  für  schuldig  be- 
funden wurden.  So  zahlten  z.  B.  die  Gäzis  für  ihre  Gäzigenossen, 
die  Kanzlisten  {kätib)  für  ihre  Kanzlistengenossen.-) 

Auf  die  Einwendung  derjenigen,  die  behaupteten,  es  sei  un- 
gesetzlich, die  Offiziers-  und  Kampfgenossen  des  Täters  als  zahlungs- 
pflichtige Angehörige  zu  betrachten  und  auf  dieser  Grundlage  zu 
verurteilen,  antworteten  die  Freunde  der  neueren  Ordnung,  es  sei 
wahr,  daß  das  Blutgeld  früher  nur  die  Familienangehörigen  belastet 
habe.3)    Deshalb  aber  sei  die  Abweichung  von  der  früheren  Praxis 


1)  J.4.C  ^JLc»   *)J  t "'  ^  viA-ol^Jb  0^.0    .»-^^-^   *-^^  Lf?U^ 

2sJO.st>s.     xii&>     j^i.^=>.'S»     *.?.-y^ÄJ      jL-jJJcLj     Kadd    ulmuhtär    V,  562. 
^jxso-     Jj'lä   «Jlälc  ^\,\   ^c,Jk^\    .Aä>U   »Ju»t^i    aJLäLc  Ji&=»      A'S.'i 

JjjJ»!    ^jS   fe«5.LÄwC    aJb'lä    »tXLü    aJLäLc    ^1     Krimizfide  7G. 

2)  er8  ö)ß  er*"  ^i'i:xi  4;u  ^  ^  >^=-^  jf-  S  ^ 

Radd  ulraul.itär  V,  5G2. 

3)  xlJl     ,-/£,   .♦£  ,.j   Lu.  ....  B-a»&xJ|     JöLäJl   >Ax£  xlijuL 
Bd.  LVIII.  3G 


554     Krcsmdrik,  Beitr.  s.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc. 

nicht  eine  Abänderung  des  Sari'atgesetzes,  sondern  nur  dessen  Ent- 
wicklung, da,  wie  jedermann  weiß,  die  Familie  das  Blutgeld  einzelner 
Familienangehöriger  kraft  des  Prinzipes  der  gegenseitigen  Hilfe- 
leistung zahlen  mußte,  während  infolge  der  veränderten  Verhältnisse 
die  gegenseitige  Hilfeleistung  nicht  innerhalb  des  Rahmens  der  Familie, 
sondern  in  dem  der  einzelnen  Truppenkörper,  Bataillone  u.  s.  w. 
zu  suchen  sei.1)  Die  Frauen  und  Kinder  sind  eben  deshalb  von 
der  Verpflichtung  des  Beitrages  zur  Bezahlung  des  Blutgeldes  be- 
freit, weil  diese  als  nicht  leistungsfähig  bei  der  Hilfeleistung  nicht 
in  Betracht  kommen.-)  Kommt  aber  jemand  in  der  Konskriptions- 
liste nicht  vor,  dann  können  seine  Verwandten,  seine  Stämme  oder 
andere,  mit  denen  er  im  gegenseitigen  Verhältnisse  der  Hilfeleistung 
stand,  die  Angehörigen  sein,  z.  B.  bei  Handwerkern  die  Zünfte,  die 
Korporationen  der  Jäger,  der  Fischer,  der  Geldwechsler,  der  Lohn- 
fuhrwerker,  das  Kollegium  der  Schüler  (Softas). 

Sehr  ansehnlich  ist  die  Zahl  der  Juristen,  die  behaupten, 
von  zahlungspflichtigen  Angehörigen  könne  nur  bei  den  Arabern 
die  Rede  sein,  weil  die  Nichtaraber  auf  ihre  Familienabstammung 
keine  genügende  Sorgfalt  verwenden  und  auch  einander  keine  Hilfe 
leisten,  so  daß  unter  solchen  Umständen  auch  die  Abwälzung  der 
rechtlichen  Folgen  einer  strafbaren  Hc 
juridische  Analogie   verstoßen  würde. 


Lfil+J>-i    y£j3   ,m^    (*"£**    -^9    g^c    y^d    (*-[•    [M^  iS"^"5'   *"^    l5*°) 

»J       -»iaä     La     ö»5»       JLc    P^-*--?^     W^    LULä    *^LaJ|     xaIc    adJi     oV^> 
».a^säJI       de       _*23J5    L»ii     *J]|    4j^"0     l*)'    ^•-*"^c'    f*~&^    f*-^*"0    ^    ~_y~) 

iMLX!    JJ>i      Jlc    äjAJ'u      -ä2     Sejehzäde,  Sarh  multakä  II,  332. 

i)  *jbi  *J   Lj-äj  Jj   c  j Ai!   f£>   5jAa«j  &.i/a  y£JJ  ^jCj  Üj 

-noLudi     ...5"    L*ds    ö-AaJUi    /  Äj-tu    ,..  JU^Li    l«J'^    JÖ-vÄ-c    ,.«!    lJt^ 
J  O  >  L7^     •     CL3  •■    _>  JF1'  U  j 

^.LaaaäJJj    1mV*^   lc^   v*-^'    -^    f?*5*    r*-f*^c    J*ä*J!    Jjt->    oLUb 

yoLudi    *.jj    j^i^T.    ^     au^S    Radd  ulmuhtär  V,  5C2. 

2)    ad- 5    ^ytoj    ^*c    }*s.l    JJüdl    J,    ^LaaoJJj    ^L^ÄÜ    ^s*Xi    b5j 

»jöjÜI  j£>|     Sejehzäde  II,  333. 


Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Sl  ruf  rechts,  etc.     555 

Aus  alldem  ist  zu  ersehen ,  daß  hinsichtlich  der  Frage  der 
Feststellung  der  Angehörigen  eine  große  Konfusion  herrscht  und 
dem  urteilenden  Richter  ein  weites  Gebiet  für  Folgerungen  frei- 
steht. Darin  jedoch  stimmen  alle  überein ,  daß  ein  Muslim  für 
einen  Nichtmuslim  nicht  zu  bezahlen  hat  und  umgekehrt,  denn  hier 
kann  von  einer  gegenseitigen  Hilfeleistung  keine  Rede  sein. 

Darüber,  ob  Nichtmohammedaner  für  einander  zu  bezahlen 
haben ,  teilen  sich  wieder  die  Meinungen.  Einige  behaupten ,  daß 
sie  für  einander  zu  bezahlen  haben ,  denn  es  wird  gesagt,  daß  die 
Ungläubigen  eine  Nation  bilden,  andere  wieder  treten  für  die  An- 
sicht ein,  sie  haben  nicht  für  einander  zu  bezahlen,  denn  dort,  wo 
die  gegenseitige  Feindseligkeit  so  groß  ist,  wie  z.  B.  zwischen 
Christen  und  Juden,  kann  ein  auf  der  Vorschrift  der  gegenseitigen 
Hilfeleistung  beruhendes  Verfahren  nicht  rationell  angewendet  wer- 
den.1) Daß  aber  vorher  in  der  Türkei  tatsächlich  die  Praxis  herrschte, 
daß  man  auch  die  Nichtmohamraedaner  für  einander  zahlen  ließ, 
kann  auch  daraus  gefolgert  werden ,  daß  in  den  zwischen  dem 
türkischen  Reiche  und  anderen  Staaten  geschlossenen  Verträgen  von 
europäischer  Seite  schon  vor  Zeiten  ausbedungen  wurde,  daß  die  in 
der  Türkei  lebenden  ausländischen  Untertanen  nur  für  ihre  eigenen 
Taten  zur  Verantwortung  gezogen  würden.2) 

Die  Zahlungspflichtigen  haben  das  Blutgeld  innerhalb  dreier 
Jahre  zu  bezahlen.  Das  Bemessen  auf  die  Angehörigen  des  Täters 
hat  in  der  Weise  zu  erfolgen,  daß  auf  je  eine  Person  nicht  mehr 
als  drei  oder  höchstens  vier  Dirhem  entfallen,  also  jährlich  ein  oder 
höchstens  l1/^  Dirhem.  Erweist  sich  ein  Stamm  als  zu  klein,  so 
daß  je  eine  Person  mehr  als  diesen  Maximalbetrag  zu  zahlen  hätte, 
dann  muß  auch  der  nächste  Stamm  herangezogen  werden  u.  s.  w. 
Erst  kommen  die  Brüder,  dann  deren  Söhne,  dann  die  Onkel,  dann 
deren  Söhne. 

Nach  der  Ansicht  einiger  können  der  Vater,  der  Großvater, 
Sohn,  der  Enkel  des  Täters  nicht  als  zahlungspflichtige  Angehörige 
betrachtet  werden.  Auch  die  Eheleute  sind  vom  Gesichtspunkte 
dieser  Zahlung  nicht  gegenseitige  Angehörige/') 

'  j  v  '  O-?   J  L>       J  u       ..j 

Sejchzäde  II,  333. 

2)  So  lesen  wir  z.  B.  in  einem  vom  Sultan  Sulejman  II.  bestätigten 
älteren  Vertrage:  „et  aulcun  ne  doyve  rendro  compte  seullement  de  soy-mesme 
et  non  d'autres  meseliantes  personnes  de  sa  nation."  Le  regime  des  capitu- 
lations,  par  un  ancien  diplomate.    Paris   1898,  pag.  51. 

l\5»J  LT"-'-?     Radd  ulmuhtär  V,  564.    Sejchzäde  II,  332. 

36* 


Ö5li     Krcsmdrik,  Bcitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc. 

Geschieht  die  Bemessung  nach  Truppenkörpern,  dann  bestimmt 
der  Fürst  welches  der  nächste  Truppenkörper  ist. 

Die  Angehörigen  haben  für  die  vorsätzlich  begangene  strafbare 
Handlung  des  Täters  kein  Blutgeld  zu  bezahlen,  ferner  für  eine 
solche  Handlung,  welche  nicht  durch  Zeugenaussagen  bewiesen  wurde, 
sondern  welche  der  Angeklagte  einfach  gestanden  oder  bezüglich 
welcher  er  sich  verglichen  hat,  oder  schließlich  für  eine  Handlung, 
deren  Betrag  weniger  als  ^o  des  Blutgeldes,  d.  i.  500  Dirhem, 
ausmacht.  Nach  der  Ansicht  einiger  haben  die  Angehörigen  auch 
die  auf  einer  richterlichen  Schätzung  beruhenden  Zahlungen  zu 
leisten ,  wenn  die  Entschädigung  mehr  wie  500  Dirhem  beträgt. 
Für  die  strafbaren  Handlungen,  welche  im  Ausland  begangen  wurden, 
können  die  Angehörigen  ebenfalls  nicht  zur  Verantwortung  gezogen 
werden.1) 

Hat  der  Täter  keine  Angehörigen,  dann  hat  das  Ärar  das  Blut- 
geld zu  bezahlen ,  nach  der  Ansicht  mehrerer  jedoch  nur  in  dem 
Falle ,  wenn  der  Täter  ein  Muslim  ist.  Das  Ärar  ist  nämlich  das 
gemeinsame  Vermögen  der  Muslime  und  die  Gemeinsamkeit  hat  die 
Pflicht,  dem  einzelnen  in  seinem  Unglück  zu  helfen,  wie  auch  die 
Hinterlassenschaft  nach  dem  Tode  einer  solchen  Person  dem  Ärar 
zufällt.  Jedoch ,  sagen  die  mohammedanischen  Schriftsteller  mit 
Resignation,  ist  das  Ärar  an  vielen  Stellen  in  einem  so  ungeregelten 
Zustand ,  daß  es  nicht  fähig  ist ,  die  unter  diesem  Titel  dasselbe 
belastenden  Blutgelder  zu  bezahlen.  In  solchen  Fällen  bleibt  nichts 
anderes  übrig,  als  das  Blutgeld  aus  dem  Vermögen  des  Täters  ein- 
zutreiben ,  damit  nicht  das  Blutvergießen  straflos  bleibe  und  ganz 
freigegeben  werde. 


XIV. 
C)    Die  unbestimmten  Strafen  (ta'zzr). 

Eine  unbestimmte  Strafe  ist  demjenigen  aufzuerlegen,  der  eine 
Gott  nicht  gefällige  Sache  tut  und  dessen  Handlung  nicht  unter 
die  mit  bestimmten  Strafen  verbundenen  strafbaren  Handlungen 
gehört. 

Die  unbestimmte  Strafe ,  welche  wir  auch  kurz  Züchtigung 
nennen  können,  ist  zum  überwiegenden  Teil  ein  menschliches  Recht, 
obwohl  sie  auch  ein  göttliches  Recht  enthält,  und  deshalb  ist  man 
der  Ansicht,  daß  die  verletzte  Partei  ihre  der  strafbaren  Handlung 
entspringenden  Rechte  erlassen  und  dem  Täter  verzeihen  kann,  was 


1)    ,.»,j  _>'JC:=3    «.^A*    £j^5     ^^>>£äJ     äJIsLc    äJ     i-X.s»fcj     *.J     |v5lj 


mulitär  V,   566. 


Krcsmärik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc.     55  t 

aber  nicht  unbedingt  die  Befreiung  des  Angeklagten  von  der  Strafe 
nach  sich  zieht. 

Die  Züchtigung  unterscheidet  sich  nach  der  mohammedanischen 
Theorie  von  den  zu  den  göttlichen  Rechten  gehörenden  bestimmten 
Strafen  darin,  daß  bei  den  letzterwähnten  das  Gesetz  das  Maß  der 
Strafe  genau  feststellt,  während  es  von  der  Ansicht  des  Fürsten, 
beziehungsweise  des  Richters  abhängt,  in  welchem  Maße  die  Züchtigung 
bemessen  werden  soll,  ferner  darin,  daß  die  erwähnten  bestimmten 
Strafen  unterbleiben,  wenn  der  Angeklagte  sich  damit  verteidigt, 
er  habe  die  strafbare  Handlung  unter  der  Wirkung  eines  Zweifels 
begangen,  während  die  Züchtigung  ohne  Rücksicht  auf  eine  derartige 
Verteidigung  anzuwenden  ist.  Kindern  kann  keine  bestimmte  Strafe 
auferlegt  werden,  wohl  aber  eine  Züchtigung,  denn  diese  hat  zu- 
gleich auch  die  Aufgabe  der  Besserung.  Kraft  der  Eigenschaft, 
daß  die  Züchtigung  die  Läuterung  und  Besserung  des  Schuldigen 
bezweckt,  nennen  einige  die  Züchtigung,  wenn  sie  gegenüber  den 
Nichtmuslims  angewendet  wird,  gar  nicht  „ta'zii-",  sondern  einfach 
ri(ukubeli,  in  welch  letzterwähntem  Ausdruck  der  Begriff  der  Läuterung 
fehlt.1)  Dies  ändert  jedoch  an  dem  Wesen  der  Sache  nichts.  Die 
Züchtigung  weicht  von  der  bestimmten  Strafe  auch  darin  ab ,  daß 
die  letzterwähnte  nur  von  dem  Fürsten  und  von  dem  Richter  an- 
gewendet werden  kann,  während  die  erstgenannte  der  Vater,  der 
Gatte,  der  Herr  des  Täters  oder  wer  immer  sonst  anwenden  kann, 
der  das  Begehen  einer  Ungesetzlichkeit  anders  nicht  zu  verhindern 
vermag,  wie  auch  darin,  daß  bei  der  göttlichen  Strafe  der  An- 
geklagte das  Recht  hat,  sein  Geständnis  zurückzuziehen,  bei  der 
Züchtigung  aber  nicht,  und  endlich  darin,  daß  die  auf  die  Verjährung 
der  strafbaren  Handlung  bezüglichen  Vorschriften  bei  der  erst- 
erwähnten zu  berücksichtigen  sind,  bei  der  letztgenannten  aber  nicht. 

Von  dem  Vergeltungsrecht  unterscheidet  sich  die  Züchtigung 
hauptsächlich  darin,  daß  jenes  ein  ausschließlich  menschliches  Recht  ist. 

In  theoretischer  Beziehung  steht  die  Züchtigung  jenen  Strafen 
nahe,  welche  der  Fürst  in  administrativem  Wege  (sij'äse)  bemessen 
kann.'2)  Dementsprechend  sind  die  Reformatoren  in  der  Türkei 
von  der  Züchtigung  ausgegangen  und  sie  werden  wahrscheinlich  auch 
in  Zukunft  nur  dann  ihre  Aufgabe  mit  Erfolg  lösen  können,  wenn 
sie  diese  zur  Grundlage  nehmen  ,3)  da  bei  den  bestimmten  Strafen, 
selbst  in  der  Form  eines  kodifizierten  Gesetzes,   so  wie  dies  'Omer 

1)       M^S      \J       &.J»Ä£-         z+"*»-1       -r.'-*-'^*         ^lX-I         JLc      /  Ü-txJ       A^- 

■  AgUyLS    c  _£    _ii*£Ji     Radd  nlmuhtär  III,  245. 

j>$\    ^lc    UPlX>!     Radd  ulmuhtär  III,  204. 

3)  Vgl.  Omar  Bey  Loutfy,  De  l'action  penale  en  droit  musulman.  Paris 
1897,  p.   6. 


558     Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc. 

Hilmi  versucht  hat  kaum  mehr  als  etwa  eine  modernere  Einteilung, 
und  Verminderung  der  bestehenden  Widersprüche  im  Stoffe,  er- 
reichbar ist. 

Bei  dem  Verfahren,  betreffend  die  Bemessung  der  Züchtigung, 
ist  der  Richter  nicht  an  so  viele  Förmlichkeiten  gebunden,  wie  bei 
den  früher  behandelten  Strafen  und  er  kann  als  Beweis  nicht  nur 
den  Eid,  die  auf  Hörensagen  beruhenden  Aussagen  der  Zeugen,  die 
Zeugenschaft  eines  Mannes  und  zweier  Frauen  annehmen,  sondern 
auch  die  Aussage  eines  einzelnen ,  wenn  dieser  ein  unbescholtener 
wahrer,  aufrichtiger  Mann  ist.  Anfangs  war  man  der  Ansicht,  der 
Richter  könne  jemanden  auch  auf  Grund  seiner  eigenen  Kenntnis 
verurteilen.  Die  spätere  Theorie  hat  jedoch  gegen  diese  Lehre 
Stellung  genommen,  welche  der  richterlichen  Willkür  Tür  und  Tor 
öffnen  kann,  und  heute  gilt  die  Vorschrift,  daß  der  Richter  ohne 
Berufung  auf  andere  Beweise  ausschließlich  auf  Grund  seiner  eigenen 
Kenntnis  niemand  verurteilen  kann. 

Sowie  die  als  Züchtigung  angewendeten  Strafen  die  größte 
Verschiedenheit  aufweisen ,  ebenso  können  auch  die  Handlungen, 
welche  eine  Züchtigung  zur  Folge  haben ,  die  verschiedenartigsten 
sein.     Betrachten  wir  vorerst  die  Strafen. 

Der  Richter  braucht  dem  Schuldigen,  der  eine  eine  Züchtigung 
nach  sich  ziehende  strafbare  Handlung  begangen  hat,  nicht  un- 
bedingt eine  förmliche  Strafe  aufzuerlegen,  wenn  der  Zweck  der  Strafe 
auch  sonst  erreichbar  ist.  Behufs  Erleichterung  des  Verfahrens 
klassifizieren  die  Rechtsgelehrten  die  Menschen  je  nach  ihrer  so- 
zialen Stellung  und  nach  der  dieser  entsprechenden  Empfindlichkeit 
in  Klassen.  In  die  erste  Klasse  würden  die  Gelehrten  und  Nota- 
bilitäten  gehören ,  in  die  zweite  die  vornehmen  und  angesehenen 
Kauf  leute,  in  die  dritte  diejenigen,  welche  eine  mittelmäßige  Stellung 
einnehmen,  und  in  die  vierte  das  übrige  Volk.  Wird  nun  gegen 
jemand  eine  Klage  erhoben,  infolge  deren  eine  Züchtigung  zu 
bemessen  wäre,  dann  genügt  es  bei  den  zur  ersten  Klasse  gehörenden 
Angeklagten ,  wenn  der  Richter  einfach  erwähnt,  es  sei  ihm  zur 
Kenntnis  gekommen ,  der  Angeklagte  habe  dies  oder  jenes  getan. 
Die  Züchtigung  eines  Angeklagten  aus  der  zweiten  Klasse  ist  aber 
überdies  schon  die  Stelligmachung  vor  dem  Richter;  in  der  dritten 
Klasse  besteht  die  Strafe  darin,  daß  der  Angeklagte  vor  den  Richter 
geführt  und  eingesperrt  wird,  während  bei  den  übrigen  die  Strafe 
in  Haft  und  in  körperlicher  Züchtigung  besteht.  Die  Rechtsphilo- 
sophen warnen  aber  dringend  davor,  daß  der  Richter  sich  bei  der 
Urteilsschöpfung  ausschließlich  durch  den  Reichtum  und  die  hervor- 
ragende gesellschaftliche  Stellung  des  Angeklagten  leiten  lasse.  Denn 
nicht  diese  Äußerlichkeiten  sind  es,  wegen  welcher  die  Abweichung 
einer  Person  vom  richtigen  Wege  auf  eine  mildere  Beurteilung 
Anspruch  machen  kann ,  sondern  den  inneren  Wert  des  Menschen 
bildet  seine  Ehre,  die  Kriterien  der  Ehre  aber  sind  —  wie  der 
Schüler  Abu  Hanifa's,  Muhammad,  sagt  —   die  Religiosität  und  das 


Krcsmärik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamik  Strafrechts,  etc.     559 

anständige  Leben.1)  Wer  daher  wiederholt  etwas  einer  Züchtigung 
unterliegendes  böses  begeht,  der  verdient  keine  Schonung,  während 
man  andererseits  auch  mit  einem  einer  anderen  Klasse  angehörenden 
Menschen  mild  umgehen  muß ,  wenn  seine  Ehrlichkeit  und  seine 
bona  fides  bekannt  ist. 

Der  Richter  kann  die  Züchtigung  je  nach  der  individuellen 
Qualifikation  des  Angeklagten  mit  einer  Handlung  verbinden,  welche 
für  den  Angeklagten  erniedrigend  ist,  wie  z.  B.  mit  einem  strengen 
Blick,  mit  einer  Büge,  mit  Ohrenziehen,  mit  einer  Ohrfeige,  mit 
öffentlicher  Verkündigung  oder  er  kann  all  dies  auch  als  Züchtigung 
anwenden. 

Die  körperliche  Züchtigung  kann  aus  nicht  weniger  als  drei  und 
aus  nicht  mehr  als  39  Peitschenhieben  nach,  anderen  aus  79  Peitschen- 
hieben bestehen.  Aus  weniger  deshalb  nicht,  weil  die  Anwendung 
der  Züchticmnof  in  so  cperin^em  Maße  nicht  von  Wirkung  sein  kann. 
Mehr  aber  kann  deshalb  nicht  bemessen  werden ,  weil  sonst  die 
Züchtigung  die  niedrigste  Stufe  der  zu  den  göttlichen  Beeilten  ge- 
hörenden Strafen  erreichen  würde,  welche  bei  den  Sklaven  aus  40, 
bez.  bei  Freien  aus  80  Peitschenhieben  besteht.  Wenn  aber  der 
Bichter  sieht,  der  Zweck  der  Strafe  kann  auch  mit  einem  einzigen 
Peitschenhiebe  erreicht  werden ,  dann  kann  er  sich  auch  damit 
begnügen. 

Für  die  einzelnen  strafbaren  Handlungen  sind  keine  Minimal- 
strafen festgesetzt,  weil  die  Wirkung  der  Strafe  je  nach  der  Natur 
der  Strafe  verschieden  ist.  Findet  der  Bichter,  daß  der  Schuldige 
ohne  volle  Strafe  sich  nicht  bessert,  so  hat  er  diese  anzuwenden, 
denn  diese  ist  dann  das  Minimum.2) 

Der  Körper  des  Verurteilten  braucht  mit  der  Peitsche  nicht  an 
verschiedenen  Stellen  getroffen  zu  werden,  wie  dies  bei  den  aus  gött- 
lichen Bechten  fließenden  Strafen  vorgeschrieben  ist.  Doch  müssen 
die  Schläge  stärker  sein,  weil  sie  weniger  sind.  Am  stärksten 
sind  nämlich  die  Schläge  bei  der  Züchtigung,  dann  werden  sie 
stufenweise  milder  bei  der  Unzucht,  beim  Trinken  und  schließlich 
bei  der  Verleumdung.  Bei  der  Verleumdung  sind  sie  deshalb  am 
schwächsten,  weil  es  nicht  unmöglich  ist,  daß  der  wegen  Ver- 
leumdung verurteilte  die  Wahrheit  gesagt  hat,  nur  daß  er  seine 
Behauptung  nicht  erweisen  kann.3) 


1)  JLa}\s   aJuXÜ   J,   L5A;-£  **}jtis  L5^JÜ"   ^   X+^J   A+^  --* 
Radd  ulmulitär  III,  258. 

2)  B-il^i      .1,0      (jj-Ojli»      &.XaaO      ,.jA     Jcjlj      pr*r^J      ^      »Ji      t^l;     V^9 

^w^tjJt    Ail     Kadd  ulmuhtär  III,  245. 

3)  lX.5>   ^)    tiLo»    Lisi»:,    ^Ls    iJAt  'w»ä?>   aJb!    (*X£!    KiJto}) 
iwL^UäJl    pU^>W    &-'iy£->    (v-J-v&Jl    l\>    *.ij    L-J-äxJLj    x'iy^l     (LiJi 


5G0     Krcsmärik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  idamit.  Strafrechts,  etc. 

Eine  andere  Art  der  Züchtigung  des  Schuldigen ,  die  auch 
dazu  dient,  ihn  für  die  Gesellschaft  unschädlich  zu  machen,  ist  die 
Verbannung.  Die  Versetzung  des  Schuldigen  in  einen  anderen 
sozialen  Kreis  wird  von  den  Völkern  des  Islam  schon  seit  langem 
geübt  und  auch  schon  im  Koran  ist  von  dieser  Strafe  die  Rede. 
Viele  Exegeten  behaupten  jedoch,  daß  unter  Verbannung  haupt- 
sächlich Haft  zu  verstehen  sei,  denn  man  kann  ja  den  Schuldigen, 
so  sagen  sie.,  nicht  von  der  ganzen  Erde  verbannen;  schickt  man 
ihn  aber  an  einen  anderen  Ort,  so  ist  dies  eine  Verletzung  für  die 
Bevölkerung  des  betreffenden  Ortes;  die  wahre  Verbannung  kann 
daher  nur  Haft  sein.  Darüber  wie  lange  die  Verbannung  dauern 
solle,  gehen  die  Ansichten  auseinander. 

Die  Strafe  der  Haft  müßte  nach  der  mohammedanischen  Theorie 
so  lange  dauern,  bis  der  Schuldige  seine  Sünde  bereut,  beziehungs- 
weise ,  da  diese  innere  Handlung  nicht  festgestellt  werden  kann, 
bis  an  ihm  Zeichen  der  Reue  wahrnehmbar  sind.  Einige  nehmen 
die  Dauer  der  Haft  mit  sechs  Monaten  an,  andere  aber  halten  die 
Bestimmung  der  Zeitdauer  nicht  für  richtig,  weil  der  eine  Schuldige 
rascher  in  sich  geht,  als  der  andere. 

Der  Verurteilte  kann  auch  in  seiner  eigenen  Wohnung  ein- 
gesperrt werden,  dann  müssen  jedoch  Verfügungen  getroffen  werden, 
daß  der  zur  Haft  verurteilte  nicht  ausgehen  könne. 

Abu  Jüsuf  lehrte,  dem  Schuldigen  dürfe  als  Züchtigung  auch 
eine  Vermögensstrafe  auferlegt  werden.1)  Diese  Lehre  gefiel  jedoch 
nicht,  weil  man  glaubte,  daß  sie  leicht  zur  Tyrannei  führen  könnte. 
Nach  den  späteren  Kriminalisten  sind  die  Vermögensstrafen  so  zu 
verstehen,  daß  dem  Verurteilten  ein  Teil  seines  Vermögens  für  eine 
bestimmte  festgesetzte  Zeit  weggenommen  werde,  um  den  Betreffenden 
von  den  bösen  Handlungen  abzuschrecken,  daß  dann  aber  das  weg- 
genommene Vermögen  seinem  Eigentümer  zurückgestellt  werden 
muß.  Man  muß  daher  —  sagen  diese  —  nicht  so  vorgehen,  wie 
dies  die  Tyrannen  sich  vorgestellt  haben,  daß  das  konfiszierte  Ver- 
mögen dem  Richter  oder  dem  Ärar  anheimfällt,  denn  kein  Muslim 
hat  das  Recht,  das  Vermögen  eines  anderen  ohne  gesetzlichen  Grund 
wegzunehmen;    hier    aber    liegt   dazu    kein    gesetzlicher  Grund  vor. 

Im  Falle  hartnäckiger  Böswilligkeit  kann  der  Schuldige  aus 
seinem  Hause  entfernt  werden ,  ja  man  kann  sogar  das  Haus  als 
Sündenpfuhl  niederreißen. 

In  begründeten   Fällen  kann  dem  Schuldigen  sogar  die  Todes- 


l33Lä)l      »\\*3    .„5l*Ä5>b     Radd  ulmulitär  III,  251. 
U 


Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc.     561 

strafe  als  Züchtigung  auferlegt  werden  x),  man  kann  ferner  jemanden 
zur  Züchtigung  und  zu  einer  göttlichen  Strafe  verurteilen,  in  welchem 
Falle  die  Züchtigung  der  göttlichen  Strafe  vorangeht. 

Die  strafbaren  Handlungen,  welche  mit  Züchtigung  zu  be- 
strafen sind ,  können  nicht  aufgezählt  werden 2),  was  nur  logisch 
erscheint,  wenn  wir  die  Definition  der  Züchtigung  in  Betracht 
ziehen,  nach  welcher  alle  die  Handlungen,  welche  gegen  die  gött- 
liche Ordnung  gerichtet  sind  und  nicht  mit  einer  anderen  Strafe 
verfolgt  werden  können,  eine  Züchtigung  zur  Folge  haben. 

Wir  haben  gesehen,  daß  die  Strafe  der  Verleumdung  zu  den 
göttlichen  Rechten  gehört,  wenn  jemand  einen  Mohammedaner  der 
Unzucht  anklagt  und  seine  Anklage  nicht  zu  beweisen  vermag. 
Eine  Züchtigung  aber  gebührt  dafür,  wenn  jemand  einen  Sklaven 
oder  Nichtmohammedaner  der  Unzucht  zeiht,  und  ebenso  ist  gegen- 
über dem  Verleumder  eine  Züchtigung  anzuwenden,  ohne  Rücksicht 
darauf,  ob  der  Verletzende  oder  der  Verletzte  ein  Muslim  ist  oder 
nicht,  wenn  die  Verleumdung  nicht  in  der  Anklage  der  Unzucht, 
sondern  durch  einen  anderen  beleidigenden  Ausdruck  geschah. 

Darüber,  was  als  ehrenbeleidigender  Ausdruck  zu  betrachten 
ist,  sind  die  Meinungen,  ebenso  wie  bei  uns,  sehr  abweichend. 
Einige  glauben,  daß  z.  B.  wegen  solcher  Ausdrücke,  wie :  du  Schwein, 
Ochs,  Esel,  Hund,  niemand  bestraft  werden  könne,  weil  diese  Be- 
hauptungen offenkundige  Lügen  sind.  Nach  andei*en  aber  muß 
derjenige,  der  jemand  anderem  derartiges  ins  Gesicht  sagt,  dennoch 
bestraft  werden ,  weil  es  zweifellos  ist ,  daß  der  Täter  mit  diesen 
Worten  nicht  den  wirklichen  Sinn  derselben  anwenden ,  sondern 
den  Betreffenden  beleidigen  wollte. 

Solche  Beleidigungen  jedoch ,  von  welchen  diejenigen ,  die  sie 
hören ,  nicht  wissen  können ,  ob  sie  wahr  sind  oder  nicht ,  ziehen 
selbst    dann    eine    Strafe    nach    sich,    wenn    sie    wahr    sind,    aus- 


1)  Radd  ulmuhtär  III,  247.  Die  Behauptung  Van  den  Bergs,  daß  „jamais 
Ia  peine  .eapitale  ne  saurait  etre  prononcee  ä  titre  de  correction  Les  reformes 
legislatives  en  Turquie  (Revue  de  droit  intern,  et  legisl.  comp.  XXVIII, 
pag.  427),  dürfte  daher  auf  einem  Irrtum  beruhen. 

2)  ^c^Li  (J_*a^  äj,  Joü  ^  gJLiÜI  J*  SÜtoJI  JsUii  ^i  rU3 
j^ao^vX!    >c    '\*.**.JJs    *_ SiÄäJI    l\:>   -w*.^.j    Lid!       d!    ^jao^II    Ka^o 

^.Lüü>!  Jois     d!  ^XA^i  {As  b!  j»!  -JtÄÄJi  ^.^j  Jwjs  ^*J\äJI  l\> 


Ji  ^i!  b!  ^   ,^\   w^.   o/tJi   £   l;U   a*j,    ?jr~ 

Öi-Ä^U    \~f£^    (-\y^i     ?adr  alsari'a,  Comm.  z.  Wikäje  fol.  100. 


aJ!  i  .o. 


562     Krcsmärik,  Beitr.  ».  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc. 

genommen  wenn  das ,  was  die  verletzende  Partei  sagte ,  offen- 
kundig ist.  Sagte  z.  B.  jemand  einem  andern:  „Du  führst  ein 
gottloses,  schlechtes  Leben,  du  Dieb,  Trunkenbold,  Wucherer"  u. s.w., 
so  ist  hierfür  die  verletzende  Partei  zu  bestrafen  und  kann  seine 
Verteidigung,  er  könne  seine  Behauptung  beweisen,  nicht  berück- 
sichtigt werden.  Der  Angeklagte  kann  der  Strafe  nur  in  dem 
Falle  entgehen,  wenn  seine  Behauptungen  offenkundig  sind.  Im 
Falle  der  auf  Unzucht  bezüglichen  Anklage  jedoch  ist  der  Beweis 
zulässig. 

Klagt  jemand  einen  andern  an,  ihm  einen  Gegenstand  gestohlen 
zu  haben,  und  beweist  sich  seine  Anklage  nicht  als  wahr,  so  kann 
hierfür  der  Ankläger  nicht  bestraft  werden,  denn  seine  Absicht  ist 
nicht ,  einen  andern  zu  verletzen ,  sondern  sein  Vermögen  zurück - 
zuerlangen.1) 

Daß  die  veidetzenden  Ausdrücke  dem  Betreffenden  ins  Gesicht 
gesagt  werden  müssen ,  haben  wir  schon  bei  der  Verleumdung  ge- 
sehen. Denn  hinter  dem  Rücken  des  Verletzten  gesprochene  Be- 
leidigungen sind  nur  als  Klatschereien  zu  betrachten  und  bilden 
keine  strafbare  Handlung. 

Der  Moslim  begeht  eine  strafbare  Handlung ,  wenn  er  dem 
Christen  oder  Juden  sagt :  „Du  Ungläubiger  (käfir,  GJaur)".  Wagt 
ein  Muhammedaner  den  Propheten  zu  beschimpfen,  so  ist  er  dafür 
zu  töten,  beschimpft  er  aber  Gott,  so  gebührt  ihm  hierfür  nicht  die 
Todesstrafe,  denn  der  Prophet  ist  als  Mensch  nicht  frei  von  Fehlern 
und  daher  der  Beschimpfung  unterworfen,  während  Gott  über  alle 
Beleidigungen  erhaben  ist.  Der  nicht  moslimische  Bürger  kann 
deswegen,  weil  er  den  Propheten  des  Islams  beleidigt,  nicht  die 
Rechte  verlieren,  welche  dem  mit  seinem  Volke  bestehenden  Tribut- 
verhältnisse entspringen.2) 

Wir  haben  oben  gesehen ,  daß  wegen  Totschlages  nur  gegen- 
über dem  Täter  das  Vergeltungsrecht  geübt  werden  kann ,  be- 
ziehungsweise daß  nur  denjenigen  das  Blutgeld  belastet,  der  tat- 
sächlich unmittelbar  die  Handlungen  begangen  hat,  welche  den 
Tod  eines  anderen  verursachen.  Dies  bedeutet  nicht,  daß  derjenige 
Schuldige,  den  die  europäische  Straftheorie  den  intellektuellen  Ur- 
heber nennt,  und  diejenigen,  welche  bei  der  strafbaren  Handlung 
hilfreich  Hand  geboten,  z.  B.  beim  Totschlag  die  Hände,  Füße  des 
Opfers    gehalten    haben ,    straflos    bleiben ,    sondern  daß  diesen  nur 


.•Ai.il>    ^.£5    *_^./*    .lXaIaas^'    ^«üL«     Durer  ter^.  I,  378. 

2)   j  ^-V^-i-j  x.wyAji  pLjJo«!    .y3a.j;:=-     -*ö   .f=>!   rbj^  LM* 

öLoeJS    l)«J>Lj     ^-w.lXj!     Jjö       _.«.Jl**x     j    0».3»Lj    Xaw.lX.jI     Li:     ^^Xm*~a 
^.AjI    ^.o    uuw    (JLaj    &JJÜ     a.   a.   O.  I,  182. 


Krcsmärik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc.     563 

unbestimmte  Strafen  auferlegt  werden  können.  Ebenso  verhält  sieh 
die  Sache  beim  Versuche  des  Deliktes  des  Totschlages,  welcher  als 
eine  Einschüchterung  der  Bürger  aufgefaßt  wird  und  daher  nur 
als  eine  Gott  nicht  gefällige  Handlung  aufzufassen  ist.  Wer  einen 
anderen  vergiftet,  erwürgt,  ist  in  derselben   Weise  strafbar. 

Auch  sahen  wir,  daß  der  Dieb  nur  dann  zu  einer  zu  den  gött- 
lichen Rechten  gehörenden  Strafe  verurteilt  werden  kann ,  wenn 
der  gestohlene  Gegenstand  die  Wertgrenze  erreicht  hat  und  behütet 
war.  Fehlen  beim  Diebstahl  diese  Bedingungen,  dann  kann  dem 
Täter  nur  eine  unbestimmte  Strafe  auferlegt  werden. 

Wer  dem  mit  dem  Sari'atrecht  übereinstimmenden  Gebote  des 
Fürsten  nicht  gehorcht x) ;  wer  vor  dem  Richter  trotz  der  Vorladung 
nicht  erscheint ;  wer  einen  falschen  Zeugeneid  ablegt ;  wer  die  vor- 
geschriebenen Gebete  vorsätzlich  und  aus  Bequemlichkeit  vernach- 
lässigt; ein  Mann,  der  einer  Frau  Gewalt  antut;  derjenige,  der 
seine  Frau  ohne  gesetzlichen  Grund,  oder,  wenn  er  Ursache  dazu 
hat ,  zu  stark  schlägt ,  z.  B.  ihr  einen  Knochen  bricht ,  die  Haut 
aufreißt  oder  durch  Schläge  am  Körper  sichtbare  Flecken  hervor- 
ruft; ebenso  der  Vater,  der  seinen  Sohn,  und  der  Herr,  der  seinen 
Sklaven  mehr  als  nötig  schlägt:  alle  diese  sind  mit  Züchtigung  zu 
belegen. 

Wenn  derjenige,  dem  gegenüber  die  Züchtigung  gesetzlich  an- 
gewendet wird,  infolgedavon  zufällig  stirbt,  so  kann  hierfür  niemand 
zur  Verantwortung  gezogen  werden.  Diese  Vorschrift  bezieht  sich 
nicht  nur  auf  den  Richter ,  sondern  auch  auf  jeden  andern ,  dem 
das  Recht  der  Züchtigung  zusteht,  also  auch  auf  den  einzelnen 
Menschen,  der  einen  andern  im  Begehen  einer  ungesetzlichen  Hand- 
lung behindern  will  und  dabei  eine  Züchtigung  anwendet. 

XV. 

Ich  habe  mich  mit  dem  Sari'atstrafrecht  etwas  länger  befaßt, 
weil  bisher  darüber,  wie  dieser  Teil  der  mohammedanischen  Rechts- 
wissenschaft in  der  Türkei  zur  Anwendung  gelangt,  wenig  geschiüeben 
worden  ist  und  auch  die  wissenschaftlichen  Werke,  welche  das  Straf- 
recht der  einzelnen  europäischen  und  nichteuropäischen  Staaten  be- 
handeln ,  oft  überhaupt  nicht ,  oft  aber  nur  sehr  mangelhaft  und 
irrtümlich  des  islamitischen  Strafrechtes  gedenken,  so  daß  man 
leicht  glauben  könnte,  daß  die  Strafrechtswissenschaft  bei  den 
mohammedanischen  Völkern  sich  in  einem  «ranz  unentwickelten  Zu- 


a.i   »Ajj    ^.Ia^Jü!    >i^s*Lb|    ju»jL+0   Jai>   (.^*\    *^ys    c  y&     +?--'—' 
lXjA^  jiyü    *    V^     *   jy>^    fj^     Fettwi  'Ali   ef.  I,  195. 


564     Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc. 

stände  befindet ,  während  schon  aus  dem  Gesagten  hervorgeht,  daß 
die  Rechtsgelehrten  des  Islam  sich  mit  den  Fragen ,  die  mit  der 
strafbaren  Handlung  und  mit  deren  Folgen  verbunden  sind,  schon 
sehr  lange  und  auch  heutzutage  sehr  eingehend  beschäftigen.  Ich 
hielt  es  ferner  auch  aus  dem  Grunde  für  notwendig,  das  Sari'at- 
strafrecht  eingehender  zu  erörtern,  um  denjenigen,  welche  den  Ein- 
fluß der  Türken  auf  das  rechtliche  Leben  der  unter  ihre  Herrschaft 
gelangten  einzelnen  christlichen  Länder  eventuell  studieren,  Gelegen- 
heit zu  geben,  ohne  sonderliche  Mühe  einen  tunlichst  orientierenden 
Einblick  in  das  von  den  moslimischen  Rechtsgelehrten  aufgestellte 
System  des  mohammedanischen  Strafrechts  zu  erhalten,  und  schließ- 
lich, weil  in  dem  Sari'atrechte  die  Grenzen  bezeichnet  sind ,  inner- 
halb deren  die  Möglichkeit  einer  rationellen  Reform  des  türkischen 
Strafrechtes  zu  suchen  ist. 

Das  Sari'atrecht  ist  seit  vielen  Jahrhunderten  auch  das  nationale 
Recht  der  Türken.  Es  wäre  vergebliche  Mühe,  darüber  zu  disku- 
tieren ,  ob  das  mohammedanische  Strafrecht  dem  heutigen  Stande 
der  europäischen  Straftheorie  entspricht,  denn  darüber  könnte  man 
sehr  leicht  ins  klare  kommen.  Die  Tatsache ,  daß  der  Islam  sein 
eigenes  Strafrecht ,  welches  er  als  Zusammenfassung  unabänder- 
licher göttlicher  Gesetze  betrachtet,  ob  es  nun  der  europäischen 
Auffassung  entspricht  oder  nicht,  auch  heute  aufrecht  erhält  und 
auch  in  der  Zukunft  in  irgend  einer  Weise  aufrecht  erhalten  will, 
muß  einfach  zur  Kenntnis  genommen  werden.  Daß  das  Sari'atrecht 
mangelhaft  ist,  weil  es  nur  den  Anforderungen  eines  einfachen  staat- 
lichen und  gesellschaftlichen  Lebens  angepaßt  ist  und  weil  eine 
bestimmte  Strafe  nur  für  einige  der  strafbaren  Handlungen  be- 
messen wird,  während  die  Ahndung  der  übrigen  Delikte  der  ■ —  oft 
willkürlichen  —  Ansicht  des  Richters  überlassen  ist,  das  wissen 
die  Türken  schon  sehr  lange  und  die  türkischen  Sultane  waren 
schon  früher  bestrebt,  gemäß  ihren  auf  den  Sari'atgesetzen  beruhen- 
den Rechten  hinsichtlich  der  Anwendung  der  unbestimmten  Strafen 
Weisungen  zu  erteilen ,  denen  sich  der  Richter  als  bürgerlichen 
Strafvorschriften  anzupassen  hatte. 

Im  türkischen  Reiche  wird  das  Sari'atrecht  seit  undenklichen 
Zeiten  angewendet.  Der  erste  türkische  Sultan  Osman  hat  in  sämt- 
lichen Städten  gelehrte  Richter  angestellt  und  auch  in  jeder  später 
okkupierten  Provinz  sofort  Kädis  ernannt.  Die  Kadis  hielten  sich 
bei  ihrer  Rechtssprechung  natürlich  an  das  Sari'atrecht. 

Das  Sari'atrecht  sichert  wohl  die  richterliche  Unabhängigkeit, 
trotzdem  war  es  schwer,  die  Gerichte  vor  den  Übergriffen  der 
Militärgewalt  zu  bewahren.  Die  türkischen  Geschichtsschreiber  ver- 
zeichnen ,  daß  die  Richter  zur  Zeit  Osmans  hinsichtlich  der  Er- 
ledigung der  Prozeßangelegenheiten  keine  volle  Unabhängigkeit  ge- 
nossen, ja  schon  seit  der  Herrschaft  des  Sultans  Orchan  haben  die 
Sultane  verschiedene  Verfügungen  getroffen ,  um  die  Richter  der 
Einmenguns*  der  militärischen  Organe  zu  entziehen. 


Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc.     565 

Noch  nach  dein  unter  Abdul  Medschid  1256  AH.  (beginnt  am 
5.  März  1840)  geschaffenen  Gesetze  wurde  in  der  Türkei  die  öffent- 
liche Gewalt  durch  folgende  dreierlei  Beamte  ausgeübt:  durch  die 
Richter,  durch  die  militärischen  Oberkommandanten  (Emire.  Musire) 
und  durch  die  Finanzbeamten.  Schon  in  dem  1276  AH.  (beginnt 
am  6.  November  1850)  eingeführten  Gesetze,  an  welchem  der  euro- 
päische Einfluß  stark  wahrnehmbar  ist,  scheiden  die  militärischen 
Kommandanten  aus  dieser  Einteilung  aus  und  im  6.  Paragraph  des 
dritten  Abschnittes  steht,  daß  die  Verwaltung  des  Landes  durch 
die  Richter,  die  administrativen  und  die  Finanzbeamten  erfolgt. 

Die  Strafgewalt  kam  bis  in  die  jüngste  Zeit  den  Richtern  und 
den  Militärbehörden  zu,  in  der  Regel  so,  daß  die  Kädis  das  Urteil 
schöpften,  die  Soldaten  aber  als  Kläger  und  als  Vollstrecker  des 
erhaltenen  Urteils  figurierten ,  obwohl  andererseits  bei  dem  streng 
genommenen  Sari'atverfahren  auch  die  Vollstreckung  des  Urteils 
dem  Kadi  zukam. 

Die  Richter  hielten  sich  an  das  Sari'atrecht,  während  die  Sol- 
daten sich  an  den  Rechtsbrauch  {'urf),  an  die  höheren  Verordnungen 
oder  an  ihre  eigene  bessere  Einsicht  hielten.  Den  Anhängern  der 
Sari'atgerichtsbarkeit ,  insbesondere  den  Kädis ,  sagte  es  nicht  zu, 
daß  auch  Personen  auf  Strafangelegenheiten  Einfluß  nehmen  konnten, 
welche  in  den  göttlichen  Gesetzen  nicht  bewandert  sind.  Denn  es 
versteht  sich  von  selbst,  daß  die  Soldaten  infolge  der  Natur  ihrer 
Beschäftigung  nicht  in  die  feinen  Unterscheidungen  des  Sari'atrechtes 
eindringen  konnten,  wodurch  der  Willkür  ein  weites  Feld  geöffnet 
wurde ,  und  die  Juristen  fanden ,  daß  die  durch  Gott  geschaffene 
Rechtsordnung  eben  durch  die  gestört  werde,  deren  Beruf  es  wäre, 
mitzuwirken ,  daß  sie  unverletzt  aufrecht  erhalten  werde.  Doch 
war  es  eben  mit  Rücksicht  auf  das  Sari'atrecht  nicht  möglich,  ihnen 
die  Strafgewalt  vollkommen  zu  verschließen,  denn,  wie  wir  sahen,  lehrt 
das  Sari'atrecht  selbst,  daß  die  strafbare  Handlung  in  den  Fällen, 
wo  der  Schuldige  auf  Grund  des  Sai-i'atrechtes  nicht  verurteilt 
werden  kann ,  administrativ  verfolgt  werden  könne,  nur  daß  dazu, 
daß  jemandem  eine  administrative  Strafe  auferlegt  werden  könne, 
vorschriftsgemäß  das  Urteil  des  Kadi  notwendig  war.  Hieraus 
konnten  vielerlei  Kollisionen  entstehen,  und  noch  Abdul  Medschid 
legt  es  in  seinem  Strafgesetz  den  verschiedenen  Behörden  ans  Herz, 
in  ihrer  ein  gemeinsames  Zusammenwirken  erheischenden  Tätigkeit 
sich  durch  den  Geist  des  Gesetzes,  der  Nächstenliebe  und  der  Ver- 
söhnlichkeit leiten  zu  lassen ;  die  einzelnen  Wirkungskreise  nicht  zu 
überschreiten,  sondern  sich  vielmehr  gegenseitig  zu  unterstützen. 

Die  Stellung  des  Kädi'asker  wurde  von  Murad  I.  zu  dem  Zwecke 
systematisiert,  daß  das  Land  einen  Oberbeamten  habe,  der  einerseits 
die  Gerichte  kontrolliere,  andererseits  aber  auch  bei  dem  Heer  die 
Herrschaft  des  Gesetzes  sichere.  Sultan  Mehmed  II.  hat  882  All. 
(1477  n.  Chr.)  zwei  Kädi'askerstellen  geschaffen,  die  eine  für  Alu- 
folien, die  andere  für  Rumelien. 


566     Rrcsm&rik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Slrafrechts,  etc. 

Ich  glaube  nicht,  daß  eine  detaillierte  Schilderung  der  Ge- 
schichte des  türkischen  Strafrechtes  in  den  Rahmen  dieser  Studie 
gehört,  und  bemerke  daher  nur,  daß  dem  Bestreben  der  Sultane, 
für  die  strafbaren  Handlungen  und  Strafen ,  bezüglich  deren  sie 
«las  Sari'atstrafrecht  als  mangelhaft  und  dessen  einzelne  Verfügungen 
als  strittig  betrachteten,  oder  bezüglich  deren  für  die  Geltend- 
machung der  individuellen  Meinung  des  Richters  ein  zu  weites 
Feld  sich  bot,  fünf  Strafgesetze  entsprangen.  Wenigstens  erwähnen 
die  türkischen  Schriftsteller  mit  dem  auch  heute  geltenden  zusammen 
fünf  solche  Strafgesetze.  Das  erste  ist  das  des  Sultans  Sulejmän, 
das  zweite  das  Mehmed's  IV. ,  die  übrigen  stammen  aus  der  Zeit 
Abdul  Medschid's. 

Von  dem  Sulejman'schen  Strafgesetze  weiß  man  nicht  bestimmt, 
ob  es  von  diesem,  Kodifikator  benannten,  Sultan  stammt,  denn  weder 
im  Text,  noch  anderswo  wird  bemerkt,  wo  und  unter  wem  dieses 
Gesetz  zustande  gekommen  ist.  Die  türkischen  Schriftsteller  sind 
jedoch  der  Ansicht,  daß  es  ein  Werk  Sulejman's  II.  sei.  Das  Gesetz 
besteht  insgesamt  aus  drei  Abschnitten,  in  welchen  der  Gesetzgeber, 
wenn  auch  ohne  jedes  System,  detailliert  die  Strafen  aufzählt, 
welche  für  Unzucht,  Prügelei,  Totschlag,  Weintrinken,  Diebstahl, 
Gewalttätigkeit  u.  s.  w.  angewendet  werden  sollen. 

Nach  diesem  Gesetze,  welches  für  die  verbotenen  Handlungen 
größtenteils  Geldstrafen  bestimmt,  ist  bei  der  Bemessung  der  Strafe 
ein  Unterschied  zu  machen  mit  Rücksicht  auf  die  Vermögensver- 
hältnisse, in  welchen  der  Angeklagte  sich  befindet.  Reich  ist  der- 
jenige, der  ein  Vermögen  von  1000  Akce  oder  darüber  hat,  ver- 
mögend derjenige,  der  600,  und  arm  derjenige,  der  nur  400  Akce 
besitzt. 

Treibt  jemand  Unzucht  und  wird  er  dessen  überführt,  dann 
zahlt  der  Täter,  wenn  er  verheiratet  und  reich  ist,  eine  Buße  von 
300  Akce ,  wenn  er  vermögend  ist ,  200 ,  und  wenn  er  arm  ist, 
100  Akce.  Ist  der  Schuldige  aber  gänzlich  verarmt,  so  daß  er 
nicht  einmal  400  Akce  besitzt,  dann  ist  ihm  nur  eine  Buße  von 
40  bis  50  Akce  aufzuerlegen.  Der  ledige  Mann,  das  ledige  Mädchen 
oder  die  Witwe  sind  je  nach  ihrem  Vermögen  mit  einer  Buße  von 
100 ,  50  oder  30  Akce  zu  bestrafen.  Die  Sklaven  und  die  Un- 
gläubigen zahlen  die  Hälfte  dieser  Beträge.  Das  Gesetz  erwähnt 
nicht,  wann  die  Anklage  der  Unzucht  als  bewiesen  zu  betrachten 
ist,  wann  die  durch  das  Sari'atrecht  und  wann  die  durch  dieses 
Gesetz  festgestellte  Strafe  dem  Schuldigen  gegenüber  anzuwenden  ist. 

Für  Prügelei  sind  die  Stockstrafe  und  eine  Geldbuße  auszu- 
sprechen. Für  den  Totschlag  zahlt,  wenn  das  Vergeltungsrecht 
nicht  zugeurteilt  werden  kann,  ein  reicher  Mann  400,  ein  Ver- 
mögender 200  und  ein  armer  Mann  100  Akce  als  Buße.  Schlägt 
jemand  einem  andern  einen  Zahn  oder  ein  Auge  aus ,  dann  darf, 
wenn  der  verletzten  Partei  das  Vergeltungsrecht  zugeurteilt  wurde, 
von    dem  Täter   keine  Buße  angenommen  werden.     Wird  das  Ver- 


Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.   islamit.  Strafrechts,  etc.     567 

geltungsrecht  aber  nicht  zugeurteilt,  dann  ist  dem  Angeklagten  je 
nach  seinen  Vermögensverhältnissen  eine  Buße  von  200,  100  oder 
50  Akce  aufzuerlegen.  Die  Sklaven  und  die  Ungläubigen  zahlen 
auch  von  diesen  Beträgen  nur  die  Hälfte. 

Für  Weintrinken  ist  außer  der  Stockstrafe  auch  eine  Geldbuße 
anzuwenden.  Der  Diebstahl  unterliegt  der  im  Sari'atrecht  be- 
stimmten Strafe,  d.  h.  es  wird  dem  Diebe  die  Hand  abgeschnitten. 
Anstatt  der  Verstümmelung  ist  eine  Geldbuße  von  100  Akce  zu 
erlegen. 

Große  Vorsicht  ordnet  das  Gesetz  hinsichtlich  des  Einver- 
nehmens eines  Angeklagten  an.  Das  Geständnis  des  Einvernommenen 
kann  nur  dann  als  Beweis  angenommen  werden ,  wenn  die  ob- 
schwebenden  Umstände  dartun ,  daß  seine  Aussage  wahr  ist.  Be- 
hauptet der  Dieb  von  jemandem,  dieser  sei  sein  Genosse  beim  Dieb- 
stahl gewesen,  so  darf  man  dies  nicht  sofort  glauben  und  man  kann 
gegen  den  Betreffenden  nur  dann  vorgehen ,  wenn  er  auch  sonst 
eine  verdächtige  Person  ist. 

Darüber,  ob  gegenüber  dem  Angeklagten  irgend  eine  Strafe 
im  administrativen  Wege  angewendet  werden  kann ,  hat  ebenfalls 
der  Kädi  zu  entscheiden.  In  dieser  Hinsicht  schreibt  das  Gesetz 
vor,  daß  der  Kädi,  wenn  es  im  administrativen  Wege  bewiesen 
wurde,  daß  jemand  gestohlen  hat,  hierüber  den  Organen  der  Ver- 
waltung einen  Bescheid  ausfolgt.  Diese  Organe  sollen  auf  Grund 
dieses  Bescheides  den  Täter,  wenn  er  der  Kreuzigung  unterliegt, 
kreuzigen,  verdient  er  aber  eine  Verstümmelung,  verstümmeln,  und 
der  Kädi  soll  dieses  Verfahren  nicht  hindern.  Die  Strafe .  welche 
auf  dem  Schauplatz  der  strafbaren  Handlung  zu  vollstrecken  ist, 
darf  nicht  aufgeschoben  werden.1)  Die  Administrativbehörden  sollen 
niemanden  einsperren  lassen  oder  bestrafen,  ohne  daß  der  Kadi 
hiervon  Kenntnis  hat;  jeder  ist  mit  einer  seiner  Sünde  entsprechen- 
den Buße  zu  belegen ;  man  darf  dem  Schuldigen  nicht  mehr  nehmen 
als  erlaubt  ist  und  sollte  dennoch  ein  solcher  Mißbrauch  geschehen, 
dann  soll  der  Kädi  hinsichtlich  des  Ersatzes  des  Mehrbetrages  einen 
Bescheid  erbringen  und  verfügen ,  daß  die  ungebührlich  erhobene 
Summe  zurückgegeben  werde.-) 


^«ya.Jv.Äj|     ~*i>lj       -ÄjwLywj     x*+i»\     «J..-C     »lXjU    fi    ,  e&tä    5i-VJj     »«3QC 
jiaJo'   ^>.*.»a-w   »Jy      -XjlXJü!    ic^J^     Mir'äti  'adälet  53. 

2)   u*"^  L5*«xajÜ3  uiy=  ^\  ^j^*mj/  c^*\  ^j**  xjtte. 


568     Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc. 

Wie  hieraus  ersichtlich,  gereicht  dieses  Gesetz,  wenn  es  in 
der  Tat  sein  Entstehen  Sulejman  IL  verdankt,  selbst  diesem  großen 
Sultan  nicht  zur  Schande. 

Die  türkischen  Schriftsteller  ziehen  mit  einer  gewissen  Genug- 
tuung eine  Parallele  zwischen  den  verschiedenen  Arten,  in  welchen 
die  europäischen  Staaten  und  die  Türkei  in  den  einzelnen  histori- 
schen Perioden  die  Strafgewalt  übten.  Der  gewesene  Handels- 
gerichtspräsident Ahmed  Lütfi  schrieb  in  seinem  „Mir'äti  'adälet" 
(erschien  1306  AH.  [1888  n.  Chr.]  in  Konstantinopel)  betitelten 
Buche  eine  kurze  Geschichte  des  türkischen  Justizwesens.  In  diesem 
Werke  zählt  er  am  Ende  eines  jeden  Abschnittes,  in  welchem  er 
von  der  justiziellen  Wirksamkeit  der  türkischen  Sultane  spricht, 
die  gleichzeitigen  europäischen  Fürsten  und  deren  ähnliche  Tätig- 
keit auf.  Der  Vergleich  schlägt  nach  Ansicht  des  genannten  Schrift- 
stellers entschieden  zum  Nachteile  der  europäischen  Nationen  aus. 
Denn  während  die  Gesetze  der  türkischen  Fürsten  im  allgemeinen 
immer  human  waren,  und  den  Schutz  der  menschlichen  Rechte 
ohne  Unterschied  der  Religion  und  Klasse  bezweckten ,  waren  in 
Europa  bis  in  die  jüngste  Zeit  die  Tortur,  Religionsverfolgungen, 
ungesetzliche  Hinrichtungen  und  Vermögenskonfiskationen  auf  der 
Tagesordnung.  Es  ist  wahr,  daß  Willkür,  Tyrannei  und  Ungerechtig- 
keit auch  im  türkischen  Reiche  keine  unbekannten  Begriffe  waren, 
doch  dies  gehört  auf  ein  anderes  Blatt.  Denn  diese  Mißbräuche 
wurden  immer  als  Ungesetzlichkeiten  verfolgt,  während  in  Europa 
die  Schrecken  des  Strafrechtes  als  Ausflüsse  des  öffentlichen  Bewußt- 
seins figurierten  und  mit  geringen  Ausnahmen  allgemeine  Zustimmung 
fanden.  In  dieser  Hinsicht  wollen  daher  die  Türken  nicht  von  den 
Europäern  lernen. 

Das  nach  Mehmed  IV.  benannte  Strafgesetz  kam  im  Jahre 
1091  AH.  (1680  n.  Chr.)  zustande  und  besteht  aus  drei  Abschnitten. 
Der  erste  Abschnitt  enthält  detaillierte  Vorschriften  bezüglich  des 
Diebstahls  und  überdies  noch  einige  Verfügungen  allgemeiner  Natur, 
wie  z.  B.  daß  der  Richter,  wenn  ein  Richter,  ein  Lehrer,  ein  Ver- 
walter des  Wakfs,  ein  Scheich,  ein  Imam  oder  eine  andere  derartige 
Person  mit  einer  Züchtigung  zu  belegen  ist,  ihnen  gegenüber  nicht 
die  Züchtigung  anwenden,  sondern  ihnen  nur  in  Form  einer  Er- 
mahnung sagen  soll,  sie  sollen  die  ihnen  zur  Last  gelegte  Hand- 
lung nicht  mehr  begehen;  denn  bei  derartigen  Menschen  bedeutet 
schon  dieses  Vorgehen  eine  Züchtigung.1) 


2sJ!      *^J==>*       sAj!       /*•£>"      »->>       ,  CT^L-Hj      1^°^      *"»*^      jh^       I^Ä^ 

Mir'äti  'adälet  57. 

..L*£>      Js.A4.Ajl     *„*wjy     j,:^S      -JiXJ      JÜüJL&'Lo      öLg^>J     I^A/oLufl     L$M^'-^ 


Krcsmärik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  et<\     569 

Bei  der  Einvernahme  fordert  dieses  Gesetz  dieselbe  Vorsicht 
wie  das  Sulejman'sche  und  es  wiederholt  auch  die  Verfügung  des 
letzterwähnten  Gesetzes,  daß,  wenn  der  Kädi  in  der  Angelegenheit 
eines  Angeklagten  einem  Organ  der  Verwaltung  einen  Bescheid 
übergibt,  dieses  den  Schuldigen  je  nach  der  straf  baren  Handlung 
aufhängen  oder  verstümmeln  soll  und  der  Kädi  dieses  Verfahren 
nicht  hindere,  ferner,  daß  es  ungesetzlich  ist,  im  Falle  der  Be- 
gnadigung oder  nach  der  Vollstreckung  der  Strafe  eine  Geldbuße 
zu  nehmen  u.  s.  w. 

Das  zweite  Kapitel  enthält  die  auf  die  Gewerbetreibenden  be- 
züglichen Bestimmungen ,  das  dritte  aber  Polizeivorschriften.  Den 
Gewerbetreibenden  scheinen  die  Behörden  große  Sorgfalt  zugewendet 
zu  haben.  Für  die  Bäcker,  Fleischhauer,  Auskocher  gibt  es  strenge 
Vorschriften ,  nicht  nur  was  die  reine  Herstellung  der  Nahrungs- 
mittel betrifft,  sondern  auch  bezüglich  der  Preise  derselben.  Hält 
der  Fleischhauer  sein  Fleisch  nicht  in  Ordnung,  so  ist  er  einzu- 
sperren. Den  Schneidern  wurde  befohlen,  dichte  Stiche  zu  machen 
und  die  Arbeit  zur  versprochenen  Zeit  fertig  zu  stellen.  Die  Sklaven- 
händler sollen  das  Gesicht  der  zum  Verkauf  gestellten  Mädchen 
nicht  mit  weißer  oder  roter  Schminke  oder  mit  etwas  anderem  ein- 
schmieren ,  sie  sollen  sie  samt  den  an  ihnen  befindlichen  Kleidern 
verkaufen  und  ihnen  nicht  bei  der  Übei-gabe  die  Hüllen  ausziehen. 
Die  Barbiere  sollen  ihre  Instrumente  rein  halten  und  die  Maße 
sollen  zementiert  sein. 

Unter  Abdul  Medschid  zeigt  die  Gesetzgebung  hinsichtlich  der 
Aufstellung  der  strafrechtlichen  Prinzipien  große  Schwankungen. 
Die  Folge  davon  war,  daß  in  einem  Zeitraum  von  18  Jahren  nicht 
weniger  als  drei  Strafgesetzbücher  verfaßt  wurden.  Die  Gülchäneische 
Sultansproklamation ,  welche  die  vollkommene  Gleichberechtigung 
der  Bürger  des  ottomanischen  Beiches  aussprach  und  berafen  war, 
den  Beginn  einer  neuen  Epoche  zu  verkünden,  konnte  auch  auf  die 
Ausübung  der  Strafgewalt  nicht  ohne  Wirkung  bleiben.  Das  erste 
im  modernen  Geiste  ausgearbeitete  Strafgesetz  wurde  im  Jahre 
1256  AH.  (beginnt  1840)  erlassen.  In  dem  Vorworte  des  Gesetzes 
erfolgt  eine  Berufung  auf  das  eben  erwähnte  Patent  des  genannten 
Sultans  und  in  einem  Abschnitte  des  Gesetzes  wird  als  Kommentar 
zur  Gleichberechtigung  gesagt,  daß  auch  der  Wesir  für  die  Ver- 
nichtung des  Lebens  eines  gewöhnlichen  Hirten  hinzurichten  sei. 
Das  Gesetz  besteht  aus  einer  Einleitung,  einem  Schlußworte  und  aus 
41  Abschnitten;  es  ist  außer  von  dem  Großwesir  und  dem  Scheich 
ul  Islam  noch  von  zahlreichen  Dignitären  und  öffentlichen  Beamten 
unterfertigt ,  r  gleichsam  als  Gewähr  dafür ,  daß  seine  Verfügungen 
neben    den    Sari'atgesetzen  bestehen  können.    Die  strafbaren  Hand- 

,->.ji*j'  »JsJyw    \j\  (iS-U-j  ».-w   xlsix.     c^Ls  fcjJ>  *+Äjt   ^A-j^-J     -3»Jy 

Mir'äti  'adälet  78. 

Bd.  LVIII.  37 


570     Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc. 

hingen  werden  in  diesem  Gesetze  noch  nicht  nach  europäischer 
Weise  qualifiziert  und  für  die  strafbaren  Handlungen  werden  noch 
gemischte  Ausdrücke  benützt,  welche  den  Begriffen  Verbrechen, 
Vergehen  und  Übertretungen  gleichkommen.  In  vielen  Fällen  ist 
ein  Verbot  ausgesprochen,  ohne  daß  für  dessen  Verletzung  eine 
Strafe   ausgesprochen  wäre. 

Dieses  Gesetz  blieb  kaum  11  Jahre  lang  in  Kraft.  Neben  zahl- 
reichen andern  Mängeln  bestand  einer  seiner  Hauptfehler  darin,  daß 
es  die  Verfügungen  des  Sari'atrechtes  nicht  genügend  berücksichtigte, 
ja  in  einzelnen  Fällen  sogar  diesem  widersprechende  Vorschriften 
aufstellte,  wie  z.  B.  im  3  Punkt  des  XL  Abschnittes,  wo  es  heißt, 
daß  an  einem  Wegelagerer,  der  einen  Menschen  getötet  hat,  das 
Vergeltungsrecht  geübt  werde ,  während  das  Sari'atstrafrecht  klar 
verfügt,  daß  in  solchen  Fällen  ein  Vergeltungsrecht  nicht  statthabe, 
und  an  dem  mit  einem  Morde  belasteten  Wegelagerer  ohne  Rück- 
sicht auf  eventuelle  andere  Vereinbarungen  der  Ei'ben  des  Opfers 
als  göttliche   Strafe  die  Hinrichtung  zu  vollstrecken  sei. 

In  dem  neuen  Strafgesetz  von  1267  AH.  (beginnt  1850)  be- 
ginnt sich  deutlich  die  Theorie  zu  entwickeln,  daß  die  strafbaren 
Handlungen  von  zwei  Gesichtspunkten  zu  beurteilen  seien,  nämlich 
vom  Gesichtspunkt  des  Sari'atrechtes  und  von  dem  des  bürgerlichen 
öffentlichen  Rechtes.  Das  heißt,  die  Staatsgewalt,  welche  auf  die 
fortwährend  sich  ändernden  Lebensverhältnisse  Rücksicht  nehmen 
muß ,  könne  im  Interesse  des  öffentlichen  Wohls  es  oft  für  nötig 
finden,  dort,  wo  das  Sari'atrecht  den  Schuldigen  aus  irgend  einem 
gesetzlichen  Grunde  von  der  Strafe  befreit  und  die  Angelegenheit 
eventuell  auf  privatrechtlichem  Wege  ausgleicht,  oder  dort,  wo  die 
angewendete  Strafe  mit  der  begangenen  Rechtsverletzung  nicht  im 
richtigen  Verhältnisse  steht,  dem  Schuldigen  eine  besondere  Strafe 
aufzuerlegen. 

Dieses  Strafgesetz  sagt  in  seinem  Vorworte,  daß  man  nach  der 
Gülchäneischen  Proklamation  über  die  Personen-  und  Vermögens- 
sicherheit der  Bürger,  wie  auch  über  ihre  Ehre  und  ihren  guten 
Ruf  wachen  muß.  Es  ist  wahr,  heißt  es  in  dem  Vorworte  weiter, 
daß  die  diesbezüglich  bestehenden  Vorschriften  auf  dem  heiligen 
Sari'atrechte  beruhen  und  als  solche  von  ewiger  Geltung  und  un- 
abänderlich sind:  es  ist  jedoch  auch  zweifellos  notwendig,  daß  die 
den  Sarl'atprinzipien  entspringenden  und  durch  die  kompetenten 
Faktoren  einmütig  geschaffenen  Strafgesetze  mit  den  veränderlichen 
Ansprüchen  des  Lebens,  mit  den  Verhältnissen  des  Landes  und  des 
Arolkes  in  Übereinstimmung  gebracht  und  infolgedessen  die  einzelnen 
Verfügungen  von  Zeit  zu  Zeit  durch  Milderung,  Verschärfung,  Er- 
leichterung, Konkordanz,  Ausdehnung  und  Einengung  abgeändert 
werden.  Und  da  in  dem  früheren  Strafgesetz  für  einzelne  straf- 
bare Handlungen  keine  Strafe  vorgeschrieben  war,  die  bezüglichen 
Vorschriften  infolge  der  veränderten  Verhältnisse  daher  nur  schwer 
oder   überhaupt    nicht    vollstx-eckt    werden    konnten,    so   mußte  ein 


Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc.     571 

mehr  entsprechendes  Gesetz  ausgearbeitet  werden  und  zwar  derart, 
daß  als  Ergänzung  des  alten  Gesetzes  die  durch  die  kompetenten 
Faktoren  angeordneten  ergänzenden  Verfügungen  vereinigt  und  zu 
einem  neuen  Gesetzbuche  umgearbeitet  wurden ,  welches  in  drei 
Abschnitte  zerfällt,  je  nachdem  die  strafbare  Handlung  sich  gegen 
die  Lebens-  und  Personensicherheit  der  Bürger,  gegen  ihre  Ehre 
und  ihren  guten  Ruf  oder  gegen  ihr  Vermögen  richtet. 

Dieses  Strafgesetz  war  noch  von  kürzerer  Lebensdauer  als  das 
frühere,  denn  es  blieb  nur  sieben  Jahre  lang  in  Kraft.  Die  straf- 
baren Handlungen  sind  auch  hier  nicht  nach  der  europäischen 
Methode    in  Verbrechen ,  Vergehen   und  Übertretungen  klassifiziert. 

Beim  vorsätzlichen  Totschlag  verfügt  dieses  Gesetz,  man  müsse 
beim  vorsätzlichen  Totschlag  nach  dem  Sari'atrecht  vorgehen;  aber 
auch  wenn  die  Erben  des  Ermordeten  von  dem  Täter  Blutgeld 
angenommen  oder  ihm  gänzlich  verziehen  hätten,  sei  der  Mörder 
dennoch  im  administrativen  Wege  auf  Grund  des  bürgerlichen  Straf- 
gesetzbuches hinzurichten.  Hinsichtlich  der  Todesurteile  wird  die 
Verfügung  wiederholt,  die  auch  schon  in  dem  früheren  Gesetz  vor- 
handen war,  daß  solche  Urteile  nur  dann  vollstreckt  werden  können, 
wenn  sie  auf  Grund  einer  Unterbreitung  des  Scheich  ul  Islam  vom 
Sultan  bestätigt  werden. 

Hat  der  Wegelagerer  geraubt ,  ohne  zu  morden ,  so  ist  er  zu 
sieben  Jahren  Galeerensklaverei  zu  verurteilen.  Hat  er  aber  auch 
gemordet,  dann  muß  man  mit  ihm  nach  der  Bestimmung  des  Sari'at- 
rechtes  vorgehen.  Gegen  die  bewaffneten  Empörer  und  Wegelagerer 
ist  bewaffnete  Gewalt  anzuwenden  und  für  den  im  Kampfe  ent- 
standenen Totschlag  kann  niemand  auf  das  Vergeltungsrecht  An- 
spruch machen ,  wohl  aber  kann  der  lebendig  Gefangengenommene 
ohne  gesetzliches  Verfahren  nicht  getötet  werden,  denn  hierfür 
hätte  die  Vergeltung  Raum. 

Das  für  die  Tötung  einer  Person,  die  keine  Erben  hat,  ge- 
bührende Vergeltungsrecht  oder  Blutgeld  kommt  dem  Sultan  bezw. 
dem  Ärar  zu. 

Hat  jemand  eine  Person  aus  Irrtum  getötet,  dann  kann  der 
Täter,  wenn  er  unbestraften  Vorlebens  und  unbemakelten  sittlichen 
Lebenswandels  ist,  außer  der  Geldbuße  zu  keiner  anderen  Strafe 
verurteilt  werden.  Ist  er  aber  verdächtig,  dann  ist  er  im  bürger- 
lichen Wege  zu  einem  Jahre  Galeerensklaverei  oder  Kettenstrafe 
zu  verurteilen.  Veranlaßt  jemand  einen  andern,  für  Geld  oder  in 
anderer  Weise  einen  Totschlag  zu  begehen,  so  ist  der  Mörder  nach 
dem  Sari'at-  und  bürgerlichen  Strafrecht  zu  bestrafen ,  während 
der  Besteller  des  Mordes  Galeeren-  und  Kettenstrafe  von  der  Dauer 
von  ein  bis  fünf  Jahren,  seine  Helfer  aber  von  der  Dauer  von  ein 
bis  drei  Jahren  erhalten. 

Die  Delikte  der  Verleumdung  fund  Beleidigung  sind  im    I" 
<'iit>lirechender  Beweise  nach  dem  Sari'atrechte  zu  bestrafen.    Auch 
hinsichtlich    der  Bemessung    der  Züchtigung    soll    sich   der  Richter 

37* 


572     Krcsmdril;  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc. 

an  das  Sari'atrecht  halten.  Die  Notabilitäten  sind  vor  den  großen 
Meglis  vorzuladen;  die  Strafe  der  Mittelklasse  soll  aus  Vorladung, 
Haft  und  Verbannung  bestehen ,  während  die  der  unteren  Volks- 
klasse angehörenden  drei  bis  79  Stockstreiche  erhalten  sollen.  Die 
Dauer  der  Haft  wurde  bei  den  verschiedenen  strafbaren  Handlungen 
nicht  festgestellt,  sondern  es  wurde  erklärt,  die  Haft  habe  solange 
zu  dauern ,  bis  an  den  Verurteilten  ernste  Zeichen  der  Besserung 
wahrnehmbar  sind.1)  Kranke  Häftlinge  sind  bis  zu  ihrer  Genesung 
nach  Hause  zu  entlassen  und  sind  die  zu  Hause  verbrachten  Tage 
in  ihre  Haft  einzurechnen.  Viktualienhändlern,  welche  falsches  Maß 
benützen  und  Wucher  treiben ,  ist  das  Geschäft  zu  sperren  und 
ist  der  Schuldige  überdies  zu  drei  bis  79  Stockstreichen  zu  ver- 
urteilen. 

Dieses  Strafgesetz  zeigt  offenbar  das  Bestreben,  sich  dem  Sari'at- 
recht  anzuschmiegen.  Trotzdem  war  es  unhaltbar ,  weil  es  nicht 
die  ganze  Materie  des  modernen  Strafrechtes  umfaßte  und  den 
Standpunkt  der  Staatsgewalt  gegenüber  dem  Sari'atrecht  nicht  klärte. 
Diese  Schöpfung  war  ein  halber  Schritt  und  auch  dieser  war  nur 
unentschieden  gemacht. 

Das  Strafgesetz  vom  Jahre  1274  AH.  (1857  n.  Chr.)  macht 
eine  verständlichere  Unterscheidung  und  erklärt  im  ersten  Abschnitt, 
daß  nicht  nur  die  Ahndung  derjenigen  strafbaren  Handlungen  die  Auf- 
gabe der  staatlichen  Souveränität  ist,  welche  sich  unmittelbar  gegen 
die  Begierung  richten,  sondern  daß  auch  die  gegen  einzelne  Personen 
begangenen  strafbaren  Handlungen,  insoweit  sie  die  öffentliche  Ruhe 
und  Ordnung  verletzen,  durch  die  Staatsgewalt  {deicht)  zu  ver- 
folgen sind.  In  den  Wirkungskreis  der  staatlichen  Souveränität 
gehört  daher  auch  die  Bestimmung  des  Maßes  der  Züchtigung; 
alles  dies  jedoch  nur  unter  der  Bedingung,  daß  die  durch  das 
Sari'atrecht  gesicherten  persönlichen  Rechte  der  verletzten  Partei 
in  keinem  Falle  verkürzt  werden.'2) 


2oü»i    1*-*°5    ^*"*^tt?     U-   Abschnitt    §    5    des    türkischen    Strafgesetzes    vom 
Jahre  1267  (AH.).     Mir'äti  'adälet  162. 

2)    ^*j1;>   ^^j    c_j.'i_5    *^*J*    c^y^=-    sj^jtjls   ^O^fySo 

l^j  l«^  ur***^'  $^  Kf*\j*y+*  lM~5  «$Ujly>  ^y^yh 


Krcsmdrilc,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  (damit.  Straf  rechts,  etc.     5  <  3 

Darüber,  was  unter  den  Rechten  persönlicher  oder  privater 
Natur  Qmlcuki  sachsijje)  zu  verstehen  ist,  enthält  dieses  Strafgesetz- 
buch keine  Weisungen  und  so  müssen  in  dieser  Hinsicht  wieder 
die  Verfügungen  des  Sari'atrechtes  als  maßgebend  angenommen 
werden.  Das  Sari'atrecht  aber  lehrt,  daß  unter  persönlichen  Rechten 
solche  Rechte  zu  verstehen  sind,  welche  der  verletzten  Partei  oder 
ihren  Rechtsnachfolgern  für  die  erlittene  Verletzung  gegenüber  den 
Tätern  zukommen.  Solche  persönliche  Rechte  sind  daher  die  Be- 
rechtigung zur  Vergeltung  der  Verletzung,  zu  dem  Blutgeld,  zur 
Verstümmelung  des  Täters  und  zum  Schadenersatz .  über  welche 
die  Staatsgewalt  nicht  verfügen  kann. 

Die  strafbaren  Handlungen  rufen  zweierlei  Rechte  hervor;  das 
eine  dieser  Rechte  ist  von  öffentlichem,  das  andere  aber  von  per- 
sönlichem Interesse.  Infolgedessen  müssen  die  strafbaren  Handlungen 
von  zwei  Gesichtspunkten  aus  beurteilt  werden:  erstens  vom  Gesichts- 
punkt des  öffentlichen  Interesses,  insofern  sie  die  öffentliche  Ruhe 
und  den  öffentlichen  Frieden  stören,  zweitens  vom  Gesichtspunkte 
der  Rechte  der  einzelnen  Personen,  für  welche  dieser  Handlung 
eine  Verletzung  entspringt.  Die  Aufsicht  über  die  Wahrung  des 
öffentlichen  Interesses  gehört  in  den  Wirkungskreis  des  Staats- 
anwaltes, während  die  Geltendmachung  der  der  strafbaren  Handlung 
entspringenden  Rechte    privaten  Interesses  Aufgabe    der  Partei    ist. 

Das  nach  europäischem  Muster  ausgearbeitete  Strafverfahren, 
welches  dem  kurzlebigen  türkischen  Parlamente  als  Gesetzentwurf 
hätte  vorgelegt  werden  sollen  und  welches  auch  heute  noch  in 
Kraft  steht,  besagt,  daß  die  Klage  betreffend  die  persönlichen  Rechte 
mit  der  öffentlichen  Anklage  zusammen  vor  dem  Gerichte  erledigt 
werde  (wie  z.  B.  die  Frage  des  Diebstahls  und  des  hieraus  ent- 
springenden Schadenersatzes).  Doch  kann  die  Klage  auch  bei  be- 
sonderen Gerichten  angestrengt  werden,  nur  daß  in  einem  solchen 
Falle,  solange  der  öffentlich-rechtliche  Teil  der  strafbaren  Handlung 
nicht  endgiltig  erledigt  wurde,  die  persönlichen  Rechte  nicht  ver- 
handelt werden  können.1) 


^js^./ä^'^  •  Ji=>  ..3*\  i.ww  Iä-&  dA.'.>  .P  /  ä^'i  uJ*!  .~*m£La, 
■  ^  <-~—'  ">xm  ^ '  J^^  §  1  des  türkischen  Strafrechts  (gezä  känünnämesi). 
Hierbei  wäre  noch  die  Bestimmung  des  §  171  desselben  Gesetzes  ins  Auge 
zu    fassen:       V  %ÄZ>-     (d.  h.     das    zivilstrafgerichtliche     Urteil)       ci»jJs    z*^* 

aJLs>-    w^cy;   +J==>.^    j:J».£0    a^a.i=Uä     •  Ji>   ^j.  -,_»!   ^JLcJl 

1)  Die  bezüglichen  Paragraphen  der  türkischen  Strafprozeßordnung  (Usüli 
muhakemäti  £ezüijje)  lauten  im  Originale  folgendem! 


574     Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc. 

Die  Verzichtleistung  auf  die  persönlichen  Rechte  zieht  das  Fallen- 
lassen der  öffentlichen  Anklage  nicht  nach  sich.  Hingegen  ist,  wenn 
der  Angeklagte  von  der  öffentlichen  Anklage  freigesprochen  wird,  von 
der  Verhandlung  der  gegen  ihn  gerichteten  Privatklage   abzusehen. 

Der  öffentlich-rechtliche  Teil  der  strafbaren  Handlungen  unter- 
liegt der  Beurteilung  der  bürgerlichen  Strafgerichte,  welche  den 
Täter  auf  Grund  der  Bestimmungen  des  bürgerlichen  Strafgesetz- 
buches bestrafen,  während  über  Klagen,  welche  sich  auf  das  Ver- 
geltungsrecht, das  Blutgeld,  die  Bezahlung  für  das  Delikt  der 
Fruchtabtreibung,  auf  die  Entschädigung  für  körperliche  Ver- 
letzungen auf  Grund  gerichtlicher  Schätzung  (hukumet  'adl)  und 
darauf  beziehen,  daß  die  Verantwortlichkeit  der  am  Schauplatz  des 
Mordes  wohnenden  ausgesprochen  wird  (kasäme),  auf  Grund  des 
Sari:atrechtes   die   Sari'atrichter  urteilen. 

Die  bürgerlichen  Strafgerichte  urteilen  in  einem  Senat.  An  jedem 
Sitze  der  Provinz,  des  Komitates  (sanc/ak)  und  des  Bezirkes  gibt  es 
je  ein  Strafgericht  erster  Instanz,  gegen  dessen  Urteile  —  insofern 
das  Gesetz  nicht  ein  weiteres  Rechtsmittel  ausschließt  — ■  an  die 
in  den  Hauptstädten  der  Provinzen  befindlichen  Appellationsgerichte 
appelliert  werden  kann.  Die  derart  erledigten  Angelegenheiten 
können  auch  noch  vor  das  Konstantinopler  Revisionsgericht  gelangen. 
In  Dörfern  und  Distrikten  (ndhij'e)  urteilen  über  Übertretungen, 
welche  mit  kleineren  Strafen  verbunden  sind ,  die  dort  errichteten 
Friedensgerichte  und  zwar  in  einigen  Fällen  mit  Ausschluß  jeder 
Appellation. 


♦,j.ä:>  u£.+ZJ\    LcJ>  ^-Ä-Jy^l   ^jj.il'5  olj1^    »^LkbJI  ^Jlc    (§  1) 

vAJJnxa^i^"^     ►  ».£;>■    (jr^LcOi    oIäa«.ai;j       _XjJ».j^    c>.£>->-*"   i^.Xz>Ia.'6 

jLj     nJLx^LcJ    *.ys..*£.      '►*£>•    ^LiJ    xajcl^'^      VjÜS»     (§  3) 
NaaJI^^       »    «Ü^»     tii.^3        ,~v.l»j:J>    *>^s»..».£.        »  *.ÄS>     «AjLs>     ..J     8J\.-*ot 

„^xl^i    r,fcÄV.j.i    ^ix^.l    ^/>Lsi    ^^_j!    J>5.i>Lj^    sAÄ/*LäÜ       -^LcJ> 

;x».Li.sLj    ^Ä*J«_cO    ä^all^^     •  «.a:>    x>\sAU    .jlX^L^iaS 
j-      ..    .  j  (j^  .  j    js     ...      .. 


Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islumit.  Straf  rechts,  etc.     575 

Die  Sari'atrichter  fungieren  als  Einzelgerichte.  In  Konstantinopel 
gibt  es  zahlreiche  solche  Sarl'atgerichte ,  überdies  gibt  es  je  eines 
am  Sitze  einer  jeden  Provinz,  eines  jeden  Komitates ,  Bezirkes  und 
Distriktes.  Das  Sarl'atrecht,  welches  die  strittige  Angelegenheit  durch 
die  Entscheidung  des  Richters  als  erledigt  betrachtet  und  den  Be- 
scheid des  Kadis  mit  dem  Charakter  der  zwangsweisen  Vollstreckung 
bekleidet,  kennt  eigentlich  die  Appellation  nicht.  Die  Institution 
des  Appellationsgerichtes  kann  auch  nicht^  leicht  in  dieses  Rechts- 
system eingefügt  werden,  weil  nach  dem  Sari'atrecht  jeder  Richter 
das  Gesetz  kennen  und  in  der  Prozeßangelegenheit  mit  strenger 
Erwägung  der  Umstände  nach  seinem  besten  Ermessen  und  nach 
seinem  besten  Gewissen  urteilen  muß,  so  daß  es  keine  andere  Ge- 
währ für  die  richtige  Urteilssprechung  geben  kann,  als  jenes  Be- 
wußtsein des  Richters,  daß  er  mit  voller  Kraft  nach  der  Wahrheit 
geforscht  und  diese,  so  wie  dies  im  Urteil  ausgesprochen  wird,  ge- 
funden zu  haben  glaubt.  Der  Richter  kann  wohl  irren,  doch  dieser 
Irrtum  gilt  nicht  als  Sünde,  wenn  der  Richter  alles  mögliche  an- 
gewendet hat,  um  die  Wahrheit  zu  finden  und  sie  dennoch  nicht 
gefunden  hat.  Es  ist  aber  auch  nicht  zweckmäßig,  in  mohamme- 
danischen Staaten,  wo,  wie  z.  B.  in  der  Türkei,  das  Sari'atrecht 
noch  nicht  vollkommen  kodifiziert  ist  und  der  Richter  bei  der 
Urteilssprechung  möglichst  frei  unter  den  Rechtsgelehrten  wählen 
kann,  auf  deren  Lehren  er  sein  Urteil  basiert,  und  wo  —  wie  wir 
gesehen  haben  —  das  Sari'atstrafrecht  überhaupt  nicht  geregelt 
ist ,  Appellationsgerichte  zu  errichten ,  denn  es  könnte  leicht  ge- 
schehen ,  daß  in  je  einer  strittigen  Frage  der  Appellationsrichter, 
weil  er  sich  an  die  Ansicht  eines  anderen  Rechtsgelehrten  hält, 
die  übrigens  richtige  erstrichterliche  Entscheidung  abändern  würde, 
wodurch  sich  die  Rechtsunsicherheit  noch,  mehr  fühlbar  machen 
würde.  Beim  privatrechtlichen  Teil  des  Sari'atrechtes  kann  dies 
weniger  geschehen,  weil  ein  großer  Teil  dieses  Rechtes  in  der  Türkei 
kodifiziert  ist  und  das  Gesetz  ausspricht,  daß  die  durch  den  Sultan 
angestellten  Richter  sich  an  die  in  diesem  Gesetze  enthaltenen  Vor- 
schriften zu  halten  haben. 

Dennoch  gibt  es  natürlich  einzelne  Garantieen,  welche  berufen 
sind ,  das  rechtsuchende  Publikum  vor  eventuellen  Fehlern ,  Irr- 
tümern oder  vor  der  Willkür  des  Sarl'atrichters  zu  bewahren. 
Hierher  gehört  die  viele  Jahrhunderte  hindurch  geübte  Justizpraxis, 
welche  es  nicht  leicht  zuläßt,  wenigstens  bei  den  alltäglichen  Prozeß- 
angelegenheiten, daß  die  Richter  das  Gebiet  ungewohnter  Theorieen 
betreten;  ferner  eine  gewisse  konventionelle  Reihenfolge  der  juri- 
dischen Autoritäten,  auf  welche  d<  r  Richter  bei  seinem  Entschluß, 
auf  die  Ansicht  welches  Rechtsgelehrten  er  sein  Urteil  stützen  solle, 
Rücksichl  nehmen  muß;  weiter  die  strenge  moralische  und 
materielle  Verantwortlichkeit  der  Richter,  wie  auch  jene  Vot 
des  Sari'atrechtes,  daß  die  ungesetzlichen  Urteile  nicht  vollstreckbar 
sind,    schließlich  aber  gewisse   Arten  der  Rechtshilfe,    welche   wohl 


576     Krcsmdrik,   Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islarnit.  Strafrechts,  etc. 

die  heutigen  türkischen  Juristen  ebenfalls  Appellationen  nennen, 
die  aber  nicht  als  Appellationen  im  europäischen  Sinne  betrachtet 
werden  können. 

Die  Appellation  benannte  Sari'atrechtshilfe  ist  heutzutage  der- 
art geregelt,  daß  die  Partei,  welche  sich  mit  der  Entscheidung  des 
Sari'atrichters  nicht  zufrieden  gibt,  sich  innerhalb  dreier  Monate 
von  der  Verkündigung  der  Entscheidung  an  gerechnet  entweder 
mit  einer,  eine  Appellation  oder  ein  Revisions-  beziehungsweise 
Novisierungsgesuch  enthaltenden,  Eingabe  auf  dem  vorgeschriebenen 
Amtswege  an  den  Sejch  ul  Islam  wendet.  Dort  wird  das  als 
gravaminös  hingestellte  erstrichterliche  Urteil  geprüft  und ,  wenn 
es  für  einwandfrei  befunden  wird,  bestätigt.  Wird  es  aber  nicht 
als  einwandfrei  befunden ,  so  wird  es  aufgelöst  und  dann  wird  die 
Angelegenheit  zugleich  behufs  Entscheidung  im  Appellationswege 
an  denselben  Siebter  gewiesen ,  der  zuerst  in  der  Sache  geurteilt 
hat,  oder  an  einen  anderen  Sari'atrichter. 

Das  Strafgesetz  von  1274  AH.  (1857),  welches  mit  mehreren 
Modifikationen  auch  noch  heute  in  Kraft  ist,  enthält  in  einem  ein- 
leitenden Teile  und  in  zwei  Abschnitten  zusammen  264  Paragraphen. 
Der  einleitende  Teil  handelt  von  der  Natur  der  strafbaren  Handlungen, 
der  Verbrechen ,  Vergehen  und  Übertretungen.  Er  lehrt  uns  die 
Strafe  kennen  und  stellt  einige  Regeln  bezüglich  der  Zurechnungs- 
fähigkeit des  Täters  auf.  Die  Strafen  können  bestehen  aus  Todes- 
strafe ,  Galeerensklaverei ,  Festungshaft ,  Haft,  ständiger  oder  zeit- 
weiliger Verbannung,  in  dem  Verlust  der  bürgerlichen  Rechte  oder 
des  Amtes  oder  in  einer  Geldstrafe.  Die  Schaustellung  des  Schuldigen 
auf  offenem  Platze  mit  dem  auf  seiner  Brust  in  großen  Lettern 
geschriebenen  Urteil  ist  ebenfalls  unter  die  Strafen  aufgenommen, 
heute  aber  nicht  mehr  gebräuchlich.  Das  erste  Kapitel  zählt  die 
für  die  Öffentlichkeit  schädlichen ,  das  zweite  aber  die  gegen  die 
einzelnen  sich  richtenden  strafbaren  Handlungen  auf,  wobei  auch 
noch  die  für  die  einzelnen  Verbrechen,  Vergehen  und  Übertretungen 
zu  bemessenden  Strafen  festgestellt  werden. 

Eine  detaillierte  Darlegung  dieses  Strafgesetzes  halte  ich  für 
überflüssig,  einerseits  deshalb,  weil  dieses  Gesetz  in  Europa  bekannt 
ist,  andererseits  aber  auch  aus  dem  Grunde,  weil  dies  den  Zweck 
dieser  Studie  weit  übersteigen  würde ,  da  hier  neben  der  Be- 
leuchtung einiger  leitender  Ideen  der  mohammedanischen  Straftheorie 
im  allgemeinen  nur  davon  die  Rede  ist,  wie  der  Islam  mit  seinen 
eigentümlichen  Institutionen  sich  dem  Rahmen  des  europäischen 
Rechtslebens  einfügen  kann.  Es  wird  genügen,  wenn  ich  kurz 
bemerke,  daß  dieses  Strafgesetzbuch,  indem  es  unter  dem  Einfluß 
der  zu  jener  Zeit  herrschenden  europäischen  Straftheorieen  steht, 
das  Sari'atrecht  zugleich  aufrecht  erhalten  und  fallen  lassen  will, 
wodurch  es  uns  das  Bild  eines  unhaltbaren  Zustandes  bietet.  Da 
die  Definitionen  des  bürgerlichen  Strafrechtes  vom  Totschlag,  von 
der  körperlichen  Verletzung,  vom  Diebstahl,  von  der  Verleumdung, 


Krcsmdrik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc.     577 

Ehrenbeleidigung  u.  s.  w.  von  der  Theorie  des  Sari'atrechtes  in  vielem 
abweichen  und  für  die,  welche  solche  strafbare  Handlungen  be- 
gehen, auch  andere  Strafen  feststellt,  ist  es  geeignet,  jene  Harmonie 
in  welcher  die  staatlichen  und  religiösen  Gesetze  nach  der  Auf- 
fassung des  Islams  miteinander  stehen  müssen,  zu  trüben. 

Für  den  Angeklagten  ist  die  Vorschrift  unbillig,  daß  er  wegen 
einer  und  derselben  Sache  zweimal  zur  Verantwortung  gezogen 
werden  kann,  erst  vor  dem  bürgerlichen  Strafgerichtshofe,  dann  vor 
dem  Sarl'atsrichter,  von  welchen  Behörden  jede  besonders  die  durch 
besondei-e  Gesetze  vorgeschriebenen  Strafen  bemißt. 

Es  gibt  Fälle,  wo  von  dem  bürgerlichen  Strafurteil  abgesehen 
und  das  Urteil  des  Sari'atgerichtes  vollstreckt  wird.  So  z.  B.  wenn 
der  bürgerliche  Strafgerichtshof  jemand  wegen  des  Deliktes  des 
Totschlages  zu  15  jähriger  Galeerensklaverei  verurteilt,  die  Rechts- 
nachfolger des  Ermordeten  behufs  Geltendmachung  ihrer  persönlichen 
Rechte  sich  an  den  Sari'atrichter  wenden  und  dort,  wenn  die  An- 
klage des  vorsätzlichen  Totschlages  bewiesen  wird,  den  Rechtsnach- 
folgern das  Vergeltungsrecht  zugeurteilt  und  über  den  Schuldigen 
das  Todesurteil  ausgesprochen  wird.  In  einem  solchen  Falle  wird 
das  Sari'aturteil  mit  dem  bürgerlichen  Urteil  zusammen  dem  Justiz- 
minister unterbreitet.  Wenn  der  Sejch  ul  Islam,  dem  die  Angelegen- 
heit mitzuteilen  ist,  das  Sari'aturteil  bestätigt  und  auch  der  Sultan 
dem  Todesurteil  zustimmt ,  dann  wird  das  Urteil  des  bürgerlichen 
Strafgerichtshofes  beiseite  gelegt  und  ist  das  Sari'aturteil  zu  voll- 
strecken. Erläßt  einer  der  Rechtsnachfolger  des  Ermordeten  dem 
Verurteilten  die  Todesstrafe,  dann  wird  das  bürgerliche  Urteil  voll- 
zogen. Der  Sultan  hat  nicht  das  Recht,  die  auf  einem  persönlichen 
Rechte  basierende  Todesstrafe  oder  das  dafür  zugeurteilte  Blutgeld 
zu  erlassen,  wohl  aber  kann  er  einen  Schuldigen  begnadigen,  der 
auf  Grund  des  bürgerlichen  Strafgesetzbuches  zum  Tode  verurteilt 
wurde,  nur  daß  in  einem  solchen  Falle  die  Todesstrafe  zumindest 
in   15  jährige  Galeerensklaverei  umzuwandeln  ist. 

Aus  alldem  ist  ersichtlich,  daß  dieses  Gesetz  vom  Gesichts- 
punkte der  Ausnützung  der  öffentlichen  Kräfte  nicht  ökonomisch 
ist,  denn  es  wird  in  einer  und  derselben  Angelegenheit  die  Tätigkeit 
zweier  koordinierter  Behörden  in  Anspruch  genommen. 

Die  türkischen  Staatsmänner  und  Juristen  sind  sich  voll- 
kommen bewußt,  daß  diese  Situation  geändert  werden  müsse.  Nur 
ist  diese  Aufgabe  nicht  leicht,  da  ja  die  Ausübung  der  Straf  - 
gewalt  nur  ein ,  und  vielleicht  nicht  der  wichtigste,  Funktions- 
zweig des  staatlichen  Lebens  ist,  welcher  einer  durch  die  ver- 
änderten Verhältnisse  erheischten  sorgfältigen  und  harmonischen 
Reform  bedarf. 

Gewiß  ist,  daß  das  türkische  Reich  bei  der  Reform  des  Straf- 
rechtes ebenso,  wie  bei  den  auf  den  übrigen  Gebieten  des  öffent- 
lichen Lebens  geplanten  Reformen  nicht  nur  aus  religiöser  Über- 
zeugung,   sondern    auch    mit  Rücksicht    auf   die  mohammedanische 


578     Kresmdrik,  Bcitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Strafrechts,  etc. 

Welt  und  kraft  des  Triebes  der  Selbsterhaltung  in  erster  Reihe 
versuchen  wird ,  die  Gesetze  des  Islams  zur  Geltung  zu  bringen ; 
andererseits  ist  es  jedoch  zweifellos,  daß  die  Türken  bei  der  Schaffung 
neuer  Gesetze  infolge  der  internationalen  Verhältnisse,  in  welchen 
sie  heute  zu  Europa  stehen ,  aber  auch  wegen  ihrer  dichten  Be- 
rührung mit  den  westlichen  Staaten  sich  dem  Einfluß  des  europäischen 
Geistes  nicht  werden  verschließen  können. 

So  ist  denn  die  Reform  des  Strafrechtes  ebenfalls  eine  jener 
Fragen ,  welche  die  Türkei  als  einfache  staatliche  Angelegenheit 
häuslich  nicht  erledigen  kann,  weil  die  Strafen  unter  den  heutigen 
Kulturverhältnissen  ein  internationales  Interesse  haben.  Und  wenn 
auch  die  europäischen  Staaten  früher  oder  später  das  Recht  der 
Türkei  werden  anerkennen  können ,  welches  sie  heute ,  wo  die 
Strafgerichtsbarkeit  über  Ausländer  den  Konsulaten  gebührt,  nicht 
hat,  daß  sie  nämlich  diejenigen,  welche  auf  ihrem  Territorium 
eine  strafbare  Handlung  begangen  haben ,  ohne  Rücksicht  darauf, 
ob  es  türkische  Bürger  oder  Angehörige  eines  anderen  Staates  sind, 
mit  den  gesetzlichen  Strafen  treffe,  so  werden  sie  gewiß  nicht  dem 
zustimmen ,  daß  gegenüber  den  in  der  Türkei  sich  aufhaltenden 
ausländischen  Bürgern  Strafen  angewendet  werden ,  welche  zur 
heutigen  europäischen  humanen  Auffassung  im  lebhaften  Gegen- 
satz stehen. 

Das  Dilemma  ist,  ob  das  neue  Strafgesetz  auf  Grund  des 
Sari'atrechtes  ausgearbeitet  werde,  in  welchem  Falle  keine  Aussicht 
dafür  vorhanden  ist,  daß  die  Türkei  das  souveräne  Recht,  welches 
jeder  andere  Staat  besitzt,  über  die  auf  seinem  Tei-ritorium  be- 
gangenen strafbaren  Handlungen  selbst  zu  richten,  je  üben  könne, 
oder  aber  ob  die  Reform  im  europäischen  Geiste  erfolge ,  in  wel- 
chem Falle  die  Türken  damit  rechnen  müssen ,  daß  die  im  Islam 
liegende  und  mit  dem  Kalifentum  verbundene  moralische  Kraft 
geschwächt  wird. 

Es  wäre  ein  Irrtum  zu  glauben ,  daß ,  sobald  die  Türkei  zur 
Aufteilung  gelangt ,  die  Frage ,  wie  die  Institution  des  Islam  mit 
der  europäischen  Kultur  zu  vereinbaren  ist,  für  die  Europäer  sofort 
an  Wichtigkeit  verliert.  Denn  die  Türken  bleiben,  ob  sie  nun 
eine  unter  die  Verwaltung  eines  christlichen  Staates  gelangende 
Nationalität  bilden,  oder  die  Herren  eines  künftigen  asiatischen 
Staates  werden,  auch  künftighin  immer  im  Interessenkreis  der  euro- 
päischen Kultur-  und  Machtbestrebungen  und  die  Erfahrung  zeigt, 
daß  die  auf  geistigem  Gebiete  sich  zeigenden  Gegensätze  nie  mit 
Waffen ,  sondern  immer  nur  durch  geistige  Tätigkeit  ausgeglichen 
werden  können.  Darunter  kann  natürlich  nicht  verstanden  werden, 
daß  die  muslimische  Welt  christlich  wird  oder  umgekehrt,  sondern 
daß  diese  auf  die  Formationen  des  öffentlichen  Lebens  Einfluß 
übenden  zwei  Auffassungen ,  welche  heute  noch  durch  eine  weite 
Kluft  voneinander  getrennt  sind,  durch  die  rationelle  und  humane 
Pflege    der    moralischen    Elemente ,    welche    eine    gegenseitige    An- 


Krcsmärik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islaruit.  Strafrechts,  etc.     579 

näherung  bedeuten  und  welche  berufen  sind,  ein  verknüpfendes 
Band  zwischen  den  beiden  Kulturen  zu  schaffen ,  bei  einer  der 
natürlichen  Ordnung  der  Dinge  gemäß  im  Laufe  der  Zeit  vor 
sich  gehenden  Anpassung  einen  modus  vivendi  finden ,  der  sich 
nicht  die  gewaltsame  Unterdrückung  der  einen  Kultur  durch  die 
andere  nur  aus  dem  Grunde,  weil  jene  sich  in  einer  anderen  Rich- 
tung entwickelt  hat.  zur  Aufgabe  macht,  sondern  vielmehr  ermög- 
licht, daß  beide  geistige  Richtungen ,  indem  sie  durch  das  gegen- 
seitige Beispiel  klüger  werden ,  im  Interesse  des  gemeinsamen 
Zieles :  des  Wohles  der  Menschheit  je  nach  ihren  Kräften  mit- 
wirken können. 

Welche  schwere  Aufgabe  es  ist .  die  Institutionen  des  Islam 
mit  der  europäischen  Kultur  in  Übereinstimmung  zu  bringen,  das 
erfahren  wir  auch  bei  dem  Versuche ,  welchen  Österreich  und 
Ungarn  in  Bosnien  und  in  der  Herzegowina  machten.  Ich  will 
nichts  anderes  erwähnen ,  als  einzelne  Phasen  des  Rechtslebens, 
welche  als  Beispiel  dafür  dienen ,  daß  es  noch  nicht  als  richtige 
Lösung  dieser  Schwierigkeiten  betrachtet  werden  kann,  wenn  die 
europäischen  Gesetze  mit  Hintansetzung  der  mohammedanischen 
Rechtscruellen   einfach  übernommen  oder  eingeführt  werden. 

In  den  okkupierten  Provinzen  sind  in  gewisser  Hinsicht  sowohl 
das  österreichische  Bürgerliche  Gesetzbuch,  wie  auch  das  Sari'atrecht 
maßgebend.  Bei  der  Einführung  des  Grundbuchs  z.  B.  wurde  er- 
klärt, daß  bei  der  Grundbuchsordnung  die  Verfügungen  des  öster- 
reichischen Bürgerlichen  Gesetzbuches  vor  Augen  zu  halten  sind, 
nur  daß  das  österreichische  Recht  zu  dem  in  den  beiden  Provinzen 
Jahrhunderte  hindurch  in  Kraft  gewesenen  und  auch  heute,  soweit 
es  bei  der  stillschweigenden  Herrschaft  des  österreichischen  Gesetzes 
möglich  ist,  noch  in  Geltung  stehenden  mohammedanischen  Rechte 
und  zu  der  Auffassung  des  Islams  vom  unbeweglichen  Vermögen  in 
scharfem  Gegensatze  steht.  In  den  Erbschafts-  und  Familien- 
angelegenheiten der  Bürger  mohammedanischer  Religion  urteilen 
als  Gerichte  erster  Instanz  und  als  Appellationsgerichte  die  Sari'at- 
gerichte  nach  dem  Sari'atrecht,  während  in  derartigen  Angelegen- 
heiten der  Christen  die  ordentlichen  bürgerlichen  Gerichte  ent- 
scheiden. Das  Strafrecht  üben  auf  Grund  eines  bosnischen  Straf- 
gesetzes die  ordentlichen  Gerichte.  Dieses  Strafgesetz  wurde 
nach  europäischem  Muster  ausgearbeitet.  In  Algier  ist  die  Übung 
des  Strafrechtes  ebenfalls  der  Kompetenz  der  Sari'atgerichte  entzogen. 

Feme  liegt  mir  der  Gedanke,  es  für  wünschenswert  zu  er- 
achten, daß  eine  europäische  Verwaltung  die  niohammedanivhen 
Institutionen  vollkommen  aufrecht  erhalte ,  denn  es  ist  gewiß  un- 
vermeidlich, ja  es  liegt  sogar  im  wohlverstandenen  Interesse  des 
Islams  selbst,  daß  die  Auffassung  der  mit  europäischen  Staaten  in 
engem  Konnex  stehenden  oder  unter  christlicher  Verwaltung  lebenden 
mohammedanischen  Völker  von  der  Ordnung  des  staatlichen  und 
gesellschaftlichen    öffentlichen   Lebens    eine    Änderung    erfahre    und 


580     Krcsmärik,  Beitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Straf  rechts,  etc. 

bestrebt  sei ,  sich  nach  Tunlichkeit  dem  europäischen  Geiste  an- 
zuschmiegen, welcher  die  ganze  Welt  zu  durchdringen  beginnt. 

Doch  ist  dieser  bescheidenen  Studie,  mit  welcher  ich  einiger- 
maßen zur  Beleuchtung  der  schwierigen  Lage  beizutragen  wünsche, 
in  welcher  wir  das  türkische  Reich  in  seinen  Bemühungen  um  An- 
passung an  Europa  sehen,  zu  entnehmen,  um  wie  viel  leichter  die 
Aufgabe  und  die  Verantwortlichkeit  der  europäischen  Staatsmänner 
ist ,  die ,  wohin  sie  auch  immer  schauen ,  in  jedem  Nachbarstaate 
Gesetzen  und  Institutionen  begegnen ,  welche  nahezu  für  ähnliche 
Verhältnisse  ausgearbeitet  wurden  und  die  daher  nur  einiger  Modi- 
fikationen und  Ergänzungen  bedürfen,  um  in  welchem  europäischen 
Lande  immer  eingebürgert  zu  werden,  während  die  türkischen 
Staatsmänner,  welche  die  herrschenden  Ideen  zweier  verschiedener 
Welten  in  Übereinstimmung  bringen  müssen ,  beinahe  auf  jedem 
Gebiete  unbetretene  Pfade  finden  und  nirgends  bewährte  Muster,  an 
welche  sie  sich  beruhigt  halten  könnten,  denn  die  selbst  am  besten 
erprobte  europäische  Institution  kann  auf  mohammedanischem  Ge- 
biete mißglücken ,  wie  wir  dies  schon  in  zahlreichen  Fällen  er- 
fahren haben. 

Wenn  daher  nun  auch  eine  wesentliche  Umgestaltung  des  öffent- 
lichen Lebens  und  der  Strafrechtsprinzipien  der  Türkei  durch  das 
eigene  Interesse  des  Reiches  erheischt  wird,  so  ist  es  dennoch  gewiß, 
daß  diese  Umgestaltung  nur  in  langsamem  Tempo  und  sehr  vor- 
sichtig und  ohne  größere  Erschütterungen  nur  dann  vor  sich  gehen 
kann ,  wenn  die  an  dem  weiteren  Schicksal  des  türkischen  Reiches 
interessierten  Staaten  sie  wohlwollend  unterstützen  und  dabei  mit- 
wirken. Die  Hauptbedingung  für  diese  Mitwirkung  ist,  daß  der 
mohammedanische  Osten  und  Europa  einander  gut  kennen  lernen. 
Die  Türken,  welche  dadurch,  daß  sie  die  Schwächeren  sind,  natürlich 
mehr  darauf  angewiesen  sind,  trachten  auch,  durch  das  Studium 
der  Sprachen,  der  Literatur  und  der  Institutionen  der  europäischen 
Nationen  immer  mehr  in  den  europäischen  Geist  einzudringen  und 
ihre  Erfahrungen  nach  Tunlichkeit  zum  Wohle  ihrer  Nation  zu 
verwerten.  Unter  den  europäischen  Nationen ,  insbesondere  unter 
den  Staaten,  welche  Länder  mit  mohammedanischer  Bevölkerung 
ihren  Reichen  angefügt  haben ,  verbreitet  sich  ebenfalls  von  Tag 
zu  Tag  die  Kenntnis  des  Islams.  Daß  aber  dem  gegenseitigen  Ein- 
vernehmen noch  immer  große  Hindernisse  entgegenstehen ,  geht 
auch  aus  der  Erscheinung  hervor,  daß  im  Osten  das  mohammeda- 
nische und  das  europäische  Element  heute  ein  noch  viel  mehr  ab- 
gesondertes Leben  führen,  als  früher,  was  eine  Konsequenz  der 
Unterlassungen  und  Fehler  der  Vergangenheit  ist. 

Die  Reformforderungen,  welche  als  das  Ergebnis  des  kollektiven 
Auftretens  der  europäischen  Mächte  von  Zeit  zu  Zeit  die  europäische 
Presse  durchziehen,  haben  in  dieser  Form  oft  nur  einen  problema- 
tischen Wert,  denn  diese  Forderungen  mit  gefälligen  Titeln  sind  von 
Seiten  der  Staaten,    welche    die  Lage    gut  kennen,    sehr  oft  nichts 


Krcsmärik,  ßeitr.  z.  Beleuchtung  d.  islamit.  Straf  rechts,  etc.     581 

anderes,  als  diplomatische  Schachzüge,  und  jeder  türkische   S 
mann  weiß  es ,    daß    die  Neuerungen ,  deren    dringende  Einführimg 
der    eine    oder    der    andere    Staat    fordert,    diese    Staaten    in    ihren 
eigenen  Ländern    mit    mohammedanischer   Bevölkerung    als    Fragen 
delikater  Natur  ungelöst  und  unberücksichtigt  ließen. 

Bei  alldem  ist  jedoch  in  der  Türkei  die  Reform  notwendig 
und  sie  wird  es  auch  bleiben ,  nicht  nur  auf  den  Gebieten  des 
Strafrechts,  sondern  auch  in  anderer  Richtung,  jedoch  nicht  des- 
halb und  vielleicht  auch  nicht  ganz  so,  weil  und  wie  dies  die  euro- 
päische Diplomatie  verlangt,  sondern  deshalb,  weil  die  historische 
Entwickelung  es  mit  sich  bringt,  und  so ,  wie  es  die  Gesetze  der 
natürlichen  Entwickelung  erheischen.  Denn  jedermann,  der  in 
der  menschlichen  Kulturgeschichte  auch  noch  etwas  anderes  sieht, 
als  bloße  Konglomerate  von  Ereignissen ,  weiß ,  daß  im  Verhält- 
nisse zur  Kraft  der  Ideen,  welche  die  Millionen  der  Völker  als 
öffentliche  Schätze  göttlichen  Ursprungs  Jahrhunderte  hindurch 
glücklich  zu  besitzen  glaubten,  die  diplomatischen  Protokolle  oder 
selbst  erbitterte  Kämpfe  und  Kriege  nur  bedeutungslose  Nichtig- 
keiten sind. 


Berichtigungen. 

S.  104  Z.  3  unten  statt  ^  zu  lesen  ^pb. 

S.  325  Z.  18  oben  statt  keinen  zu  lesen  einen. 

S.  343  Z.  4  unten  statt  Seite  2  2  zu  lesen  Seite  9  0. 

S.  357  Z.  18  unten  statt  Auslegung  zu  lesen  Ausübuno-. 


f»s: 


Notizen  zur  arabischen  Literaturgeschichte. 

Von 

I.  Goldziher. 

1 .  Ibn  Chwermandäd. 

A 1  -  S  u  j  ü  1 1  führt  in  dein  reichhaltigen  Verzeichnis  von  Werken, 
die   er  bei  der  Ausarbeitung  seines  Kit  ab    al-itkän    fi    'ulüm 

al-Kur'än  verwertet  hat,  ein  Buch  über  MLäi!  *l£s>l  von  einem 
oiAi/o;j».i>  ^\  an  (ed.  Cairo,  Castelli,  1278 — 79,  I,  9,  5).  Iranisten, 
die  ich  über  die  richtige  Form  dieses  persischen  Namens  befragt 
habe,  sind  darin  einig,  daß  oSlX^jj«.^  aus  lMlXI^j»..^  verderbt  sei. 
Prof.  Andreas  faßt,  mit  Verweisung  auf  Berünl,  Chronol.  46,  den 
ersten  Teil  des  Kompositum  als  dialektische  Form  von      »3»  Sonne 

und  erklärt  den  Namen:  „der  durch  den  Genius  der  Sonne  erlangt 
worden  ist,  d.  i.  zu  einer  Zeit  geboren  ist,  welche  ihm  heilig  war; 
also  wohl  am  Tage  Chur  (,y>),  d.  i.  der  11.  eines  Monats".  Das 
mim  im  zweiten  Teile  des  Kompositums  erscheint  jedoch  in  der 
Überlieferung  des  Namens  so  konstant,  daß  ich  mich  nicht  ent- 
schließen konnte,  an  dem  Buchstaben  zu  rütteln;  die  Entscheidung 
darüber  bleibt  Fachleuten  anheimgestellt. 

Wer  ist  nun  aber  dieser  Ibn  Chwermandäd  des  Sujütl ? 
Unsere  biographischen  und  bibliographischen  Hilfsmittel  geben  uns 
keinen  Aufschluß.  Ich  darf  daher  einige  Nachrichten  zusammen- 
stellen, die  ich  über  den  nicht  ganz  uninteressanten  Mann  aus  ent- 
fernteren Quellen  gewonnen  habe. 

Unter  den  Gegnern  der  Kaläm -Theologie  in  der  auf  das  Auf- 
treten des  Aä'ari  folgenden  Zeit  ragt  durch  seinen  extremen  Fanatis- 
mus ein  'irakischer  Mälikit  hervor  (in  der  Regel  findet  man  die 
Fanatiker  im  'Irak  unter  den  Hanbaliten),  dessen  Name  jedoch  eben 
wegen  seiner  gehässigen  Gesinnung  in  friedlicheren  Zeiten  nicht 
mehr  viel  genannt  wurde  und  aus  diesem  Grunde  auch  bald  zu 
den  Vergessenen  der  Literaturgeschichte  gehört.  Einige  Zeit  galt 
er  als  Typus  der    äußersten  Kalämfeindschaft.     Er    gehört    zu    den 


Goldziher,  Notizen  zur  arabischen  Literaturgeschichte.  583 

Leuten,  die  selbst  nachdem  die  As'arl- Theologie  durch  das  letzte 
Wort  des  Stifters  im  1)&jlj<JyJl  J^-ol  J,  KibbS!  ^1x5"  so  ziemlich 
in  das  orthodoxe  Fahrwasser  eingelenkt  hatte,  noch  immer  an  den 
Verdammungsurteilen  der  alten  naiven  Schule  festhielten-),  an  der 
Gesinnung,    die  z.  B.  al-Därakutni 3)    in  die  Worte   faßt:    t    .&   U 

C^LXJ!    ,.yo      Ji    ^xjI.       Sein    voller    Name    ist    Muh  am  med    b. 

Ahmed  b.  'All  Abu  Bekr  ibn  Chwernian  däd.  Er  war 
Schüler  des  in  Bagdad  1004  verstorbenen  Abu  Bekr  Muhammed 
al-Abharl,  der  im  IV.  Jahrh.  d.  H.  als  die  größte  Autorität  des 
mälikitischen  Madhab  im  'Irak  anerkannt  war.  Nur  im  Anschluß 
an  diesen  berühmten  Lehrer  wird  der  Name  des  verschollenen 
Schülers  von  Ibn  Farhün,  dem  Historiker  der  mälikitischen 
Schule,  erwähnt.  Ibn  Chw.  selbst  ist  Verfasser  mehrerer  Werke 
über  Usül  al-fikh,  über  Differenzen  der  Eikh-Schulen,  über  kora- 
nische Gesetzkunde.  In  die  letztere  Gruppe  gehört  das  von  SujütT 
benutzte  Werk.  Wegen  einiger  von  den  anerkannten  Anschauungen 
abweichenden  Meinungen  in  der  Gesetzkunde  scheint  ihn  die  Fakih- 
zunft  schon  während  seines  Lebens  nicht  als  ebenbürtig  betrachtet 
zu  haben.  Ein  andalusischer  Gelehrter,  al-Bägl,  den  eine  aus- 
gedehnte Studienreise  nach  dem  Osten  führte ,  hat  ihn  unter  den 
zeitgenössischen  Gelehrten  des  'Irak  nicht  erwähnen  hören.4)  Seine 
separaten  Meinungen  scheinen  sich  auch  über  den  Kreis  der  eigent- 
lichen Gesetzwissenschaft  hinaus  erstreckt  zu  haben.  Bei  Ibn  Hazm5) 


1)  Davon  ist  noch  eine  Handschrift  vorhanden  in  der  Fätih-Bibliothek  zu 
Stambul  nr.  2894,  vgl.  Carra  de  Vaux,  GazälT  (Paris  1902)  18;  Excerpte  bei 
Ibn  'Asäkir  ed.  Mehren  (die  ganze  Einleitung  115,  10 — 123,  18),  bei  Ibn  Hagar 
al-Hejtami,  Fatäwi  haditijja  (Kairo  1307)  157  unten,  bei  AlüsT,  Gala  al-'ajnejni 
(Büläk  1298)  251.    Einen  Kommentar  zu  dieser  Abhandlung  verfaßte  al-BäkillänT, 

vgl.    al-Murtadä,    Ithäf  al-säda    II,  4  unten:    q.j|    IgJiJÜj       -i^L'iLJi    L^5>-Äj 

SUSI  0*  UP-a£»  yy-Ü  (.U_5  J^LsLii  U*i!  ^U  ^\  ^%   J\^c 

2)  Damlri  I,  14  s.  v.  l\a*I  ,  vgl.  die  Aussprüche  der  Imame  bei  Schreiner, 
ZDMG.   52,  528 ff. 

3)  Bei  Dahabi,  Tadkirat  al-lmffäz   (ed.  Haidarabad)  III,   202,  2. 

4)  Ibn    Farhün,    al-Dibäg    al-mudahhah    (ed.    Fes)    245:    oLLkÄ£>|    a»i» 

^jjj    %    .kJ!    uXx^-ü   aXj  jjj jJl*J|   >-*>+*  L\.^yi  y^> 

s-Ldlc    j    aJ    *..«.*,  |    ^    «A^yi   jjl    (C-^1^^    *■&    (3Lä    l\s»     xääÜ 

5)  MBlal  ed.  Kairo  (1317—21),  1,81. 


584  G oldzüicr ,  Notizen  zur  arabischen  Literaturgeschichte. 

und,  ohne  Zweifel  aus  dieser  Quelle,  bei  Chafägl  wird  seine  Meinung 
aufbewahrt,  daß  auch  die  leblosen  Dinge  Vernunft  besitzen1);  in 
unserer  Quelle  wird  diese  Meinung  als  Pendant  neben  den  ver- 
rückten Lehrsatz  des  Ibn  Hä'it  gestellt,  daß  Gott  zu  jeder  Art 
der  Tiere  Propheten  gesandt  habe.'2) 

Als  unversöhnlicher  Kaläm-Feind  ist  er  unserer  Kenntnis  durch 
eine  gelegentliche  Erwähnung  bei  Ibn  Hagar  al-Hejtaml  in 
einem  Fetwä  über  Usül-al-dm  erhalten  geblieben.  Ibn  Hagar  macht 
uns  aus  diesem  Anlaß  mit  folgender  Lehre  des  I.  Chw.  über  das 
gesetzliche  Verfahren  mit  der  Kalämliteratur  bekannt:  „Niemand 
darf  Kaläm-Schriften  seinen  Besitz  nennen.  Verträge,  die  solche 
Bücher  zum  Gegenstand  haben,  sind  von  vornherein  null  und  nichtig. 
Wenn  jemand  solche  Bücher  irgendwo  findet,  sei  er  verpflichtet, 
dieselben  durch  Wasser  und  Feuer   zu    vernichten    (J^otJL:   LgäUi'i 

ö,^b.).  Dasselbe  gelte  von  Büchern,  in  welchen  Gesänge  oder 
unterhaltende  Texte ,  sowie  die  Gedichte  frivoler  Verfasser  aus 
moderner  Zeit  gesammelt  sind3)  (tla.d=U*Ji  ..sui.  j-gJÜU,  Älc^l  ^Äi' 
.yJ 3-LäIJ  ..yä) ,  desgleichen  von  den  Büchern  der  Philosophen  und 
von  Werken,  die  magische  Formeln  (*jI;c)  enthalten".  Und  dabei 
bleibt  dieser  Feind  der  profanen  Literatur  noch  nicht  einmal  stehen. 
Er  dehnt  sein  strenges  Urteil  auch  auf  grammatische  und  lexika- 
lische Werke  aus,  da  die  Leute  durch  sie  veranlaßt  werden,  sich 
auf  Dinge  einzulassen ,  deren  Richtigkeit  sie  nicht  mit  Sicherheit 
ergründen  können.  Das  Fetwä  schließt  mit  den  Worten:  „Die 
Kaläm-Bücher  enthalten  Irrtum,  Neuerung  und  Ketzerei  über  die 
Namen  Gottes  und  seine  Attribute,  Unglauben  durch  die  metaphorische 

Interpretation  (Aj^Lj)  des  Koran  und  die  Verdrehung  seines  wahren 
Sinnes.     Darum  ist  es  unstatthaft,   daß  man  solche  Bücher  in  den 


1)  Tiräz  al-magälis  266,  1    -jLw   ^     .,!)    Jajl=>   q.j!   aJlä   U/>   Vj^b 

Il\:>-  \_ o-i  J-^Lä*Jt  .^.x  )y*$\  »<Ä^  j}^*2!)  jAA*^.  Der  Eigenname 
ist  in  Ed.  Kairo  (1284)  als  .!i_\.>Ls  .'SyZ>,  in  der  Wiener  Handschrift  (Mixt, 
nr.  34)  als  :!i_X._x_äi_j  *-£>,  in  der  Berliner  Handschrift  (8429  Ahlwardt)  als 
J>\ i\Äa)Aj»-3»  dargestellt.  Der  Druck  von  Ibn  Hagar  al-Hejtainl's  FatäwT  had. 
sowie  von  Ibn  Hazm  I.  c.  hat    o|l\JuOij»J»',  letzterer  ohne  i-«j|. 

2)  Sahrastänl  ed.  Cureton,   44. 

3)  Auch  der  aristotelische  Ethiker ,  Ibu  Miskaweih ,  ist  gegen  die  Poesie 
als  Element  der  Erziehung  nicht  günstig  gestimmt,  Tahdlb  al-achläk  (Marginal- 
ausgabe  [Kairo,  Chejrijja,  1305])  44;  hingegen  weist  Ibn  Slnä  in  seiner  Ab- 
handlung über  Pädagogik  (Risälat  al-sijäsa,  Handschrift  der  Universitätsbibliothek 
zu  Leiden  nr.  1020  fol.  67  a)  dem  Unterricht  der  (alten)  Poesie  eine  hervor- 
ragende Stelle  in  der  Erziehung  an. 


Goldziher,  Notizen  zur  arabischen  Literaturgeschichte.  585 

Ländern  der  Muslim  dulde,  damit  der  Unwissende  durch  sie  nicht 
irregeleitet  werde".1)  Auf  eine  Widerlegung  der  Kaläm-Lehren, 
wie  sie  sein  jüngerer  Zeitgenosse  Abu  'All  al-AhwäzT  (st.  1004)-') 
und  bald  nach  ihm  Abu  Ismä'll  al-HarawI3)  (st.  1088)  unter- 
nahmen, ließ  er  sich  nicht  ein. 

Die  Werke  des  I.  Chw.  scheinen  jetzt  vollständig  verschollen 
zu  sein.  Wir  haben  gesehen,  daß  sie  um  das  XVI.  Jahrb.  noch  im 
literarischen  Verkehr  standen. 

2.  Abu  Rauk  al-Hizzänl. 

In  der  Einleitung  zur  Ausgabe  des  Kitäb  al-mu'ammarln  konnte 
ich  nur  wenige  Nachrichten  über  Abu  Rauk,  den  unmittelbaren 
Tradenten  jenes  Buches  von  Abu  Hätim  al-Sigistänl,  zusammenstellen 
(Abhandl.  zur  arab.  Phil.  II,  p.  XXVIII).  Da  dieser  Mann  jeden- 
falls eine  Stelle  in  der  Literaturgeschichte  der  Überlieferung  ein- 
nimmt ,  halte  ich  es  nicht  für  ganz  belanglos ,  einige  Notizen  über 
ihn  hier  als  Ergänzung  folgen  zu  lassen.  Ich  schöpfe  sie  aus  der 
in  Haidarabad  erschienenen  Ausgabe  des  Tadkirat  al-huffäz 
von  Dahabi  (4  Bdd.  in  8°  s.  a.).    Unter  denen,  die  von  Abu  Hafs 

'Omar  b.  'Ali  b.  Bahr  al-Bähill  al-Sajrafl  al-Kalläs  (ed.  uwiäj|) 
[st.  249]  Traditionen  hörten,  wird  JSj^J!  ö»,  y}\  genannt  (Tad- 
kira  II,  71).  Unter  den  i.  J.  331  gestorbenen  Traditionsgelehrten 
nennt  Dahabi  (III,  48)  den  ,X+^  ^  i\*5>t  öjj  jji  byaJi  iXJL**/i 
(52^5  -£■?  ,-jl-  Ba  die  ganze  Namenreihe  mit  der  bei  Abu  Hätim 
al-Sigistäni,  Mu'ammarün  91,  13  erwähnten  vollständig  überein- 
stimmt, kann  ich  nicht  zweifeln,  daß  ^  >gJi   aus  ^UizJI  verschrieben 

ist.  Es  kann  allerdings  die  Schwierigkeit  nicht  übersehen  werden, 
die  das  für  diesen  A.  R.  angesetzte  Sterbejahr  331  bei  Vergleichung 
mit  den  Daten  seiner  unmittelbaren  Lehrer  bereitet.  Außer  von 
al-Kalläs  (st.  249)  tradiert  er  von  Abu  Hätim  (st.  um  250 — 255)  und 
Abu  Rijäs  (st.  257).  Es  ist  kaum  denkbar,  daß  er  sie  um  mehr 
als  sieben  Jahrzehnte  überlebte.  Man  muß  voraussetzen,  daß  in 
dem  bei  Dahabi  für  A.  R.  angesetzten  Sterbejahr  ein  Irrtum  unter- 

1)  Fatäwl  hadTtijja   151. 

2)  Der  Widerlegung  seiner  Streitschrift  J*Pf  J>*.&c  _  .J^  ,t  ..LwJl 
ML*.jbH  ist    die    durch  Mehren    (Expose    de    la   reforme    de  l'Islamismo,   Leiden 

1878)  hearbeitete  As'arT-Apologie  des  damascener  Historikers  Ihn  'Asiikir  gewidmet. 

3)  Damm    al-Kaläm,    bei  Brockelmann,  Gesch.   d.    arab.  Litt.   I,  433. 
Kr    ist    einer    der  zahlreichen  Süfi   (Verf.  des  Manäzil    al-sä'irTn) ,    die    ihre  Ab 
neigung    gegen    dogmatische  Spitzfindigkeit   in    das  Lager   von    Hanbaliten    und 
Zahiriten    führte    (vgl.   Zahiriten    171)  ff.).      Kr    hat    einen  Artikel  in   Ihn    K 
Tabakät  al-Hanäbila  (Leipziger  Ilandschr.,  D.  C.  nr.   375)   fol.    10b — 15. 

Bd.   LVIII.  38 


586  Goldziher,  Notizen  zur  arabischen  Literaturgeschichte. 

gelaufen  sei.  Außer  der  Übereinstimmung  der  vollen  Namenreihe 
spricht  für  die  Identität  dieses  Abu  Rauk  mit  dem  Überlieferer 
der  Mu'ammarün  der  Umstand,  daß  in  dem  Epithet  M  u  s  n  i  d  a  1  - 
Basra,  das  D.  seinem  Namen  vorsetzt,  Basra  als  der  Ort  seiner 
Wirksamkeit  erscheint.  Dies  stimmt  dazu,  daß  seine  beiden  Ge- 
währsmänner Abu  Hätim  und  Abu  Rijäs  in  Basra  lehrten. 

Wir  haben  bisher  zwei  Abu  Rauk  unterschieden:  den  aus 
den  Isnäds  des  Tabari  bekannten  Korangelehrten  A.  R.  'Atijja  al- 
mufassir  und  den  Traditionsgelehrten  A.  R.  Noch  ein  dritter 
Homonyme  begegnet  uns  in  einem  Isnäd  der  Agänl  XII,  25,8. 
Sein  Sohn  J^Ju^Ji   *jj»,       i\   ^\  wird  dort  als  unmittelbare  Quelle 

für  eine  Nachricht  des  Dichters  al-Mansür  al-Namari  (Zeitalter  des 
Härün  al-rasid)  genannt. 

3.  Kitäb  al-laflf. 
Eine  Anfrage. 

Von  diesem  alten  Buch  ist  uns  nicht  mehr  als  der  Titel  be- 
kannt; sehr  wenig  können  wir  über  seinen  Inhalt  erfahren.  Im 
XII.  Jahrb.  war  es  noch  vorhanden ,  es  galt  aber  auch  schon  zu 
jener  Zeit  als  seltene  Kuriosität,  über  deren  Urheber  man  nichts 
mehr  sagen  konnte.  Ibn  Challikän  zitiert  es  zweimal  in  seinem 
Biographienwerke.  Einmal  nr.  105  (ed.  Wüstenfeld  I,  150,  4), 
wo  er  dem  Buche  Nachrichten  und  Exempel  über  die  Beredsamkeit 
des  Ibn  al-Kirrijja,  des  durch  seine  Elequenz  berühmten  Zeit- 
genossen des  Haggäg,  entnimmt.  Bekanntlich  haben  bereits  alte 
arabische  Kritiker  den  historischen  Charakter  des  I.  K.  in  Abrede 
gestellt;1)  er  träte  uns  aber  als  wirkliche  historische  Person  vor 
Augen  ,  wenn  er  mit  Ejjüb ,  dem  Kutäml  sein  Gedicht  nr.  XXVII 
(ed.  Barth  78,  Schol.  zu  Vers  5)  gewidmet  hat,  identisch  wäre,  wie 
dies  im  Schol.  vorausgesetzt  wird. 

Dann  beruft  sich  Ibn  Challikän  auf  dies  Buch  Nr.  799  (ed. 
Wüstenfeld  X,  9,  2)  in  einem  Exkurs  über  die  Bedeutung  des  Aus- 
druckes Banu-1-asfar  als  Benennung  der  Griechen.  „Ich  habe 
über  diese  Frage  viel  Forschungen  angestellt,  habe  aber  keinen 
Verfasser  gefunden ,  der  Befriedigendes  darüber  brächte ,  bis  mir 
ein  altes  Buch  mit  Titel  \^&a&UI  in  die  Hand  kam,  dessen  Ver- 
fasser jedoch  nicht  angegeben  ist.  Diesem  Buch  habe  ich  das  Vor- 
hergehende entnommen."  Nach  diesen  beiden  Zitaten  enthielt  das 
fragliche  Buch  Collectaneen  (wenn  der  Titel  in  dieser  Weise 
zu  verstehen  ist)  über  philologische  Stoffe.  Diese  Nachrichten  sind 
jedoch  für  eine  genauere  Bestimmung  zu  dürftig.  Vielleicht  sind 
literaturkundigen  Fachgenossen  noch  weitere  Mitteilungen  aus  diesem 
Quellenwerke  bekannt. 


1)  Abhandlungen  zur  arab.  Philologie  II,  S.  CVI. 


587 


Psalm  2. 


Lic.  E.  Bauinann. 

Wer  ein  Interesse  daran  hat,  das  Recht  und  die  Richtigkeit 
metrischer  Betrachtung  innerhalb  des  alttestamentlichen  Schrifttums 
zu  erweisen,  tut  gut,  vor  allgemeinen  theoretischen  Erörterungen 
die  Untersuchung  der  Einzelfälle  nicht  zu  kurz  kommen  zu  lassen. 
Gerade  der  Einzelfall  lehrt  am  besten,  wie  die  metrische  und  sonstige 
kritische  Untersuchung  auf  einander  angewiesen  sind  und  sich  gegen- 
seitig fördern;  wie  der  klare  Einblick  in  das  Metrum  auch  einen 
Gewinn  für  Text-  und  Literarkritik,  Exegese,  Sprach-  und  Religions- 
geschichte u.  a.  m.  bedeutet.  Der  2.  Psalm  ist  ein  besonders  ge- 
eignetes Beispiel,  da  einerseits  seine  metrischen  Verhältnisse  relativ 
durchsichtig  und  andrerseits  die  in  ihm  liegenden  Probleme  besonders 
brennende  sind. 

Der  Psalm  hat  unverkennbar  ein  führendes  Metrum: 
den  Doppeldreier,  anscheinend  stellenweise  mit  dem  Sechser  durch- 
setzt.1) Die  Stellen,  an  denen  Unregelmäßigkeiten  begegnen,  sind 
v.  2  c  als  überzähliger,  einzelner  Dreier,  v.  7  f.  12,  wo  die  metrische 
Gliederung  Schwierigkeiten  macht,  und  endlich  v.  6b  und  IIb, 
wo  je  eine  Hebung  fehlt.  Für  den,  der  in  der  Erscheinung  des 
Mischmetrums  an  sich  nichts  auffälliges  findet,  wären  die  Fünfer 
v.  6  und  11  unbedenklich.  Aber,  wie  im  Laufe  der  Untersuchung 
sich  zeigen  wird,  ist  v.  6  überhaupt  versehrt  und  dem  Sinne  nach 
problematisch,  v.  IIb  aber  eine  anerkannt  wunde  Stelle.  Wichtiger 
sind  zunächst  die  andern  Anstöße.  Ist  der  Psalm  auch  auf  ein 
Strophenmetrum  angelegt?  Allgemein  ist  der  Eindruck  von  der 
ganz  auffallend  scharfen  Sinnes-  und  Situationsgliede- 
rung des  Psalms,  die  ihn  in  vier  Gruppen  (v.  1 — 3.  4 — 6.  7 — 9. 
10 — 12)  zerlegt.  Aber  das  Ebenmaß  der  Form  wird  vermißt,  das 
für  eigentliche  Strophen  gefordert  werden  muß.  Wir  werden  finden, 
daß  dieses  Ebenmaß  sich  zuglei  ch  mit  der  Beseitigung 


1)  Vgl.  Sievers,  Studien  z.  hebr.  Metrik  II,  S.  501 — 503;  Baethgen,  Kom- 
mentar3;  Grimme,  Psalmenprobleme  S.  20;  und  auch  Duhm,  Kommentar. 


588  Baumann,  Psalm  2. 

der  Textschäden  ungesucht  ergeben  wird.  Vorweg  aber 
sei  festgestellt,  daß  für  den  unbefangensten  Blick  im  überlieferten 
Text  Gruppe  2  und  4  auf  je  drei  Langverse  angelegt  erscheinen 
(von  denen  nur  v.  12  übermäßig  lang  und  v.  6  etwas  kurz  ist), 
und  daß  damit  verglichen  Gruppe  3  einen  Langvers,  Gruppe  1 
aber  einen  Halbvers  überzählig  hat. 

Nun  zu  den  einzelnen  Anstößen!  Was  v.  12  betrifft,  so  ist 
der  Passus  13  ■'DirrbD  "'TiTN  nur  ein  liturgischer  und  zwar  euphe- 
mistischer Nachtrag,  wie  er  innerhalb  des  Psalters  besonders  häufig 
ist x) ;  er  ist  im  Gedanken  nach  denen  des  Psalms  trivial  und  matt, 
mit  seiner  Individualisierung  deplaciert  und  syntaktisch  ganz  lose. 
Aber  auch  die  Anfangsworte  ")5~ipttj2,  diese  erstklassige  crux  inter- 
pretum ,  sind  zu  tilgen ,  weil  sie  lediglich  eine  Variante  zu  "ib"^ 
mr-n  v.  11  darstellen,2)  die  den  Schaden  dieser  Textstelle  verrät 
und  zu  dessen  Heilung  möglicherweise  verhelfen  kann.  Was  v.  12 
bleibt,  ist  ein  gefälliger  Doppeldreier  (gleich  v.  10 
und  11),  inhaltlich  und  syntaktisch  ohne  Tadel,  als  Abschluß  des 
Psalms  durchaus  am  Platz.  Das  Subjekt  ist  das  v.  11  genannte 
und  sachlich  allein  mögliche :  Jhwh. 

Der  überzählige  Dreier  v.  2  c  ist  allein  als  solcher  schon  ver- 
dächtig,3) hier  aber  besonders  als  einziger  innerhalb  eines  sorg- 
fältig durchgeführten  und  ausgesprochenen  parallelismus  membrorum, 
der  v.  1  a  mit  1  b,  v.  2  a  mit  2  b,  v.  3  a  mit  3  b  zu  Doppeldreiern 
verknüpft.  Dazu  verhält  er  sich  gegen  die  dreihebige  Lesung  in- 
sofern spröde,  als  eine  Hebung  auf  das  zweite  by  (eine  Präposition)4) 
fallen  muß.  Vor  allen  Dingen  aber  ist  gegen  den  Passus  einzu- 
wenden,  daß  er  das  Haupthindernis  für  das  Erfassen 
der  im  Psalm  vorausgesetzten  einfachen  Situation 
bildet.  Letztere  erscheint  bis  heute  kompliziert ,  indem  kein  Ein- 
verständnis über  die  Frage  zu  erzielen  ist,  wer  im  Psalm  rede  und 
wer  alles  im  Verlauf  desselben  redend  eingeführt  werde.  ■ — ■  Wir 
sehen  nun  an  v.  1  f.  in  bezug  auf  v.  3 ,  an  v.  4  f.  in  bezug  auf 
v.  6  und  auch  an  (dem  nicht  einwandfreien)  v.  7  a  in  bezug  auf 
v.  7  b — 9 ,  daß  andere  als  der  Psalmist  nur  unter  aus- 
drücklicher Einführung  zu  Worte  kommen,  haben  also 
als  sicher  anzunehmen,  daß,  wo  solche  Einführung  fehlt  (v.  10, 
v.  7  für  FncöN) ,  niemand  anderes  als  der  Psalmist  redet.  Bei 
v.  10  ist  das  nie  bestritten  worden;  warum  bei  v.  7?  Aus  keinem 
andern    Grunde,    als    weil    von    dem    Subjekt    des    mcöN,    dem 


1)  Vgl.   Grimm,  Euphem.  Liturg.  Appendixes  etc.;  Ps.  84,  13. 

2)  Lies  "IS  (als  Abkürzung  von  rHJ'^Q)  IplüS.  In  der  Erkenntnis 
dieser  Sachlage  bin  ich  mit  Marti-Duhm  zusammengetroffen. 

3)  Es  ist  bezeichnend,  wie  häufig  auch  Baethgen3  bei  aller  Zurückhaltung 
die  überzähligen  Halbvorse  als  solche  beanstandet.  Vgl.  z.  B.  21,  10.  52,  7. 
55,  16.   89,  20.   104,  8  a  u.  s. 

4)  Vgl.  Sievers  a.  a.  O  §  145.   144,  1.   143,  3. 


Baumann,  Psalm  2.  589 

Sohne  Jhwhs,  der  als  Erbe  Jhwhs  die  Völker  niederschlagen  soll, 
in  v.  2  c  und  —  wie  manche  gemeint  haben  —  v.  12  Anf.  als 
dem  Messias  oder  „Sohn"  in  der  3.  statt  in  der  1.  Person  die 
Rede  ist.  Danach  führe  v.  7  niEON  der  vom  Psalmisten  zu  unter- 
scheidende Messias  das  Wort.  Der  Zwang  zu  dieser  prekären  Ver- 
legenheitsauskunft  fällt  mit  der  Autorität  der  genannten  beiden 
Stellen.  Die  Übersetzung  „Sohn"  ist  v.  12,  ob  man  nun  "llnpiaa 
festhält  oder  nicht ,  aus  bekannten  zwingenden  Gründen  ausge- 
schlossen. V.  2  c  bleibt  also  allein.  Ohne  diesen  Passus  wäre  es 
evident,  daß  Gottes  Sohn  und  der  Völker  Besieger  (der  Sache 
nach  also  der  Messias)  mit  dem  Psalmisten  identisch  ist.  Das 
geht  auch,  wie  aus  dem  übrigen  Psalm ,  gerade  aus  v.  1 — 3  her- 
vor ,  wenn  wir  uns  v.  2  c  fortdenken.  Ausdrücklich  wird  dann 
nicht  gesagt,  gegen  wen  sich  der  Angriff  richtet.  Es  braucht 
auch  nicht  gesagt  zu  werden,  wenn  der  Fragende  selbst  der 
Bedrohte  ist,  was  eine  höchst  lebensvolle  und  hochpoetische 
Situation  ergibt. 

Doch  hier  entsteht  sofort  ein  Einwurf:  Wird  nicht  der  von 
uns  eliminierte  Passus  in  den  Pluralsuffixen  v.  3  vorausgesetzt  und 
folglich  durch  sie  gestützt?  —  Wenn  die  Suffixe  zu  Recht  bestehen, 
ist  allerdings  fraglos,  daß  es  sich  um  eine  Mehrzahl  von  Angegriffenen 
handelt,  doch  nicht,  daß  es  gerade  zwei  sein  müssen.  Daß  es  aber 
Jhwh  und  der  Messias  sind,  ist  ausgeschlossen,  weil  die  Xennung 
dieser  beiden  in  v.  1 — 3  gegen  die  Pointe  des  ganzen  Psalms 
verstößt. 

Sollen  nämlich  die  Ausführungen  v.  4  ff.  überhaupt  einen  Sinn 
und  Zweck  haben,  so  wird  hier  erst  festgestellt  und  feierlich  kund- 
getan ,  was  die  Fürsten  und  Völker  v.  1 — 3  noch  nicht  wissen, 
daß  ihr  Unternehmen  ein  Unternehmen  gegen  den  Himmelsherrn 
wäre,  daß  ihr  Angriff  gegen  Zion  ein  solcher  gegen  einen  heiligen, 
sakrosankten  Berg  wäre ,  und  daß  ihr  Beginnen  eitel  ist ,  weil  es 
sich  gegen  jemanden  richtet,  dem  Gott  Schutz  und  Sieg  zugeschworen 
hat.  Eben  von  dieser  Eröffnung  erwartet  der  Psalmist  v.  10  — 12 
sofortige  Sinnesänderung.  Kann  etwas  deutlicher  sein  ?  Man  darf 
v.  2  c  geradezu  als  den  auf  kurzen  Ausdruck  gebrachten  Inhalt  von 
v.  4 — 9  bezeichnen:  Ihr  kämpft  „gegen  Jhwh  und  seinen  Ge- 
salbten". Nimmt  man  also  v.  2c,  wie  es  natürlich  ist,  subjektiv 
als  im  Bewußtsein  der  Rüstenden  liegend,  so  ist  er  ein  unlöslicher 
und  unleidlicher  Widerspruch  zur  Pointe  des  Psalms.  Faßt  man 
v.  2  c,  was  immei-hin  anginge,  objektiv,  so  läge  darin  eine  Vorweg- 
nahme,  die  das  Folgende  um  seine  eigentliche  Wirkung  brachte 
Insbesondere  streitet  rrG70  v.  2  mit  v.  7 — 9  als  einem  bisher  ge- 
heim gehaltenen,  intimen  Gottesspruch,  und  das  dürre  fnt-ji  v.  2 
mit  der  poetischen  Umschreibung  Dratöa  anäv,  nach  der  Jhwh 
bisher  nicht  genannt  ist. 

Es  sind  nach  alledem  gleich  starke  innere  und  äußere  Gründe, 
die    v.  2  c    unmöglich    machen.     Entstanden    dürfte    der  Passus   als 


590  Baumann,  Psalm  2. 

Lesefrucht  aus  v.  4  ff.  sein ,  die  am  Rande  vermerkt  wurde ,  oder 
auch  als  Inhaltsangabe  für  den  ganzen  Psalm  („Über  Jhwh  und 
seinen  Gesalbten").  In  den  Kontext  gekommen  wäre  er  als  will- 
kommene Beziehung  der  Pluralsuffixe  v.  3,  die  sonst  unerklärlich 
schienen,  möglicherweise  aber  auch  ganz  ohne  solchen  Zwang,  seiner- 
seits erst  die  Pluralsuffixe  für  ursprüngliches  "P-  (oder  i*i-)  ver- 
anlassend. Da  indessen  die  Suffixform  löi-  auch  sonst  im  Psalm 
verwendet  ist,  könnte  seine  Beanstandung  v.  3  willkürlich  und  be- 
fangen erscheinen.  Sehen  wir  somit  von  jeder  Änderung  ab,  dann 
ist  der  Schluß  unvermeidlich ,  daß  der  sich  selbst  als  Sohn  und 
Schützling  Jhwhs  fühlende  Psalmist  ein  Kollektivum,  eine  Einheit 
von  Vielen  ist.  Da  dies  Kollektivum  in  Zion  seinen  Stützpunkt 
hat,  ist  es  die  Volksgemeinde  Zions,  genau  wie  in  den  Psalmen  48 
und  83,  wo  abgesehen  von  der  ganz  gleichen  Situation  auch  über- 
raschend ähnliche  Gedanken  und  Ausdrücke  begegnen.1)  Um  dieser 
starken  Gleichartigkeit  willen  haben  wir  Pug  und  Recht,  den  dort 
inne  gehaltenen  Plural  dem  Singular  hier  gleichzusetzen.  Es  ver- 
schlägt dabei  nicht  viel,  daß  das  Volk  dort  nicht  als  Sohn  Gottes 
und  Völkerbeherrscher  auftritt.  Die  Gottessohnschaft  des  Volkes 
ist  ja  ein  altüberkommener  Begriff  (vgl.  Hosea.  Dt.  32,  6.  Jes.  63,  16. 
64,  7.  Jer.  31,  9  u.  s.;  R.  Smith,  D.  Rel.  d.  Semiten  S.  27  ff.),  wie 
das  Königtum  Gottes  (v.  6).  —  Indessen  scheint  doch  die  Erwähnung 
Zions  v.  6  darauf  zu  deuten ,  daß  an  das  davidische  König-  und 
Messiastum  gedacht  sei,  dessen  Sache  auch  des  Volkes  Sache  ist. 
Ohne  Präge  blicken  Ps.  89,  20—52  (vgl.  v.  2—5)  und  Ps.  132,  1—5. 
11  ff.  auf  den  Vorgang  zurück,  den  2  Sam.  7  schildert.  Aber  auch 
in  ihnen  kann  ich  die  Erwartung  eines  persönlichen  Davididen  nicht 
finden.  Das  Volk  ist  ideell  der  Erbe  aller  Würden  Davids.2) 
Psalm  2  aber  ist  keineswegs  irgendwie  von  2Sam.  7 
abhängig.  Dazu  ist  schon  die  Sprache  v.  7  ff.  viel  zu  ursprüng- 
lich und  kraftvoll,  verglichen  mit  dem  diffusen  Stil  der  Samuelis- 
stelle.  Wenn  also  der  Gedanke  an  Davids  Verheißungen  hier  eine 
Rolle  gespielt  haben  sollte,  dann  nur  ganz  abgeblaßt.  Das  erhellt 
noch  mehr  aus  der  Deutung  von  v.  6,  die  m.  E.  allein  möglich  ist. 
Jhwh  redet  hier  von  Zion  als  seinem  Königssitz,  der  als  solcher 
unantastbar  ist,  genau  wie  im  nächstverwandten  Psalm  48,  2  f. 
(vgl.  83,  13)  und  Ps.  132,  13  f. 

Sehen  wir  wieder  auf  die  Gliederung  des  Psalms,  so  ist  klar, 
daß  v.  1 — 3  die  Völkerfürsten  o-eo-enüber  dem  Psalmisten,  v.  10 — 12 


1)  Die  den  Messiasnamen  bietenden  Psalmen,  insbesondre  die  Stellen 
28,  8.  84,  10.  89,  39'.  52.  (105,  15.)  132,  10  (vgl.  2  Chr.  6,  42).  132,  17 
(1  Sam.  2,  10.  Hab.  3,  13),  sind  hier  nicht  heranzuziehen,  da  einerseits  Psalm  2 
nach  unserer  Darlegung  die  Messiasbezeichnung  nicht  enthält,  und  andrerseits 
alle  jene  Stellen  schillern,  was  darauf  beruht,  daß  sie  entweder  selbst  nur  Nach- 
träge (so  m.  E.  sicher  28,  8  f.  1  Sam.  2,  10  c)  sind  oder  zu  literarischen  Gebilden 
höchst  komplizierter  und  problematischer  Natur  gehören. 

2)  Ob  nun  ein  irdischer  König  vorhanden  ist  oder  nicht. 


Baumann,  Psalm  2.  591 

der  Psalmist  gegenüber  den  Völkerfürsten  auftreten ;  v.  4 — 6  aber 
Jhwb  mit  den  Völkerfürsten  wie  v.  7 — 9  mit  dem  Psalmisten 
handelt.  Aus  dem  Ebenmaß  der  Gruppierung  geht  unzweideutig 
hervor,  daß  v.  6,  weil  er  zur  zweiten  Gruppe  gehört,  Jhwh  redet 
und  zwar  nur  von  sich,  nicht  vom  Psalmisten,  zu  dessen  besondrer 
Würde  erst  v.  7 — 9  der  Gedanke  fortschreitet.  Jhwh  erklärt 
(eingeführt  durch  v.  4  f.)  den  Eüstenden,  daß  sie  sein  König- 
reich angreifen,  wenn  sie  Zion  angreifen;  daß  sie  es  mit  ihm 
zu  tun  bekommen,  wenn  sie  seinen  heiligen  Berg  bedrohen.  Diese 
Sachlage  bezeugt  auch  noch  der  Text,  so  sehr  er  gelitten  hat. 
Von  „meinem  heiligen  Berge"  kann  niemand  anders  reden,  als 
Jhwh  selbst.1)  Und  wer  LXX  folgend  rwp  liest,  macht  den 
Schaden  nur  schlimmer,  da  die  Änderung  der  Suffixe  eine  der 
bekannten  Verlegenheitsauskünfte  der  alten  Übersetzer  an  schwierigen 
Stellen  ist. 

Ist  somit  die  Meinung  des  Verses  im  Grunde  festgestellt, 
könnte  der  ursprüngliche  Wortlaut  dahingestellt  bleiben.  Die  Her- 
stellung ist  nur  hypothetisch.  Indessen  wissen  wir  doch  un- 
gefähr, wie  einzusetzen  ist:  "ob?3  ist  im  Munde  Jhwhs  befremdend 
und  unannehmbar,.  TOD3  rätselhaft;  vor  allem  aber  erscheint  der 
bisher  innegehaltene  parall.  membr.  zerstört.  Seine  Elemente  ge- 
winnen wir  aus  der  Gegenüberstellung  von  "]V3£  und  ^cnp— in, 
-reo:  ?  und  ^b» '?  wieder.  Dunkel  bleiben  wesentlich  die  Prä- 
dikate. Man  lese  etwa  ^\zjip"in  TObna  !  "-px-br  -NC3  "ON,  wo- 
bei die  absolute  Voranstellung  des  ^rx  in  dem  auf  ihm  liegenden 
Akzent"2)  seine  Begründung  hätte,  oder  "iri30  (oder  Tr:-)  "ON 
-w-p— ins  -b,:i°  i  ■jTSfb-y.  In  beiden  Fällen  läge  ein  Doppel- 
dreier vor. 

Es  bleiben  die  Schwierigkeiten  innerhalb  v.  7  f.  Auch  hier 
hat  der  Text  gelitten :  das  Pluralsuffix  v.  9  muß  wie  auf  D"Ha  auf 
das  anscheinend  parallele  y^JODDK  zurückbezogen  werden.  Es  ist 
aber  nicht  recht  vorstellbar,  wie  die  Enden  der  Erde  (gleich  den 
Völkern)  zerschlagen  werden  sollen.  Eine  Lässigkeit  der  Ausdrucks- 
weise dürfte  in  diesem  ganz  Anschaulichkeit  und  Plastik  atmenden 
Psalm  ausgeschlossen  sein.  Zudem  war  v.  1  f . ,  auf  welche  Verse 
hier  zurückgegriffen  wird,  von  Völkern  und  Fürsten,  aber  nicht  von 
den  Enden  der  Erde  die  Rede.  Unter  Beachtung  von  v.  10  Schi, 
könnte  man  etwa  '^IN-'ÜÖUJ  herstellen,  wenn  die  Wiederholung 
desselben  Ausdrucks  kurz  hintereinander  nicht  ganz  unwahrschein- 
lich wäre.  Eher  dürfte  der  Fehler  auf  Dittographie  beruhen.  Diese 
wäre  von  v.  10  Schi,  nach  v.  8  Schi,  geraten  und  dort  in  X— cr.x 
geändert  worden.3)     Tatsächlich  bleiben  in  v.  8  nach  Abstrich  von 


1)  Vgl.   48,  2   (weiterbin  Jes.  14,  13.   Ez.  28,  16). 

2)  Meine  Majestät  wird  beleidigt,  wenn  Zion  angegriffen  wird. 

3)  Man    könnte    zur    Stütze    von    ^"'CCK    Ps.  48,  11    und    83,  1" 
ziehen.     Aber  83,  18  f.    ist  Dublette    zu  v.  17   und    wie  59,  14   (vgl.  den  wider- 


592  Baumann,  Psalm  2. 

'a'a  gerade  sechs  Hebungen.  Der  überlieferte  Text  fordert,  als 
Sechser  gelesen  zu  werden;  an  sich  einwandfrei,  wäre  dieser  doch 
bisher  der  einzige  im  Psalm.  Syntaktisch  fällt  auf,  daß  Ena  nicht 
schon  auf  bNü  folgt.  Es  ist  wohl  möglich,  daß  der  Zusatz  am 
Schluß  eine  neue  Wortfolge  verursacht  hat.  Indem  ich  Ena  und 
nrnNl  umstelle,  gewinne  ich  einen  glatten  Doppeldreier.1)  —  Gegen 
v.  7  a  sind  die  Einwendungen  zu  machen,  daß  "ieo  c.  btf  eine  sonst 
nicht  vorkommende  Konstruktion  ist;  daß  statt  mir  passender  ein 
Pronomen  stände,  da  von  Jhwh  seit  v.  4  die  Eede  ist;  daß  die 
Selbstaufforderung  i-nsoN  ,  überflüssig  wie  sie  ist ,  dem  Stil  des 
Psalmisten  gar  nicht  entspricht;  daß  endlich  das  Wichtigste  un- 
gesagt bleibt,  nämlich  wem  der  Beschluß  Jhwhs  gilt.  Denn  die 
Worte  -ÖN  H73N  sind  als  lediglich  dem  Verständnis  des  Lesers 
dienende ,  ganz  prosaische  Markierung  der  direkten  Rede  kein  ur- 
sprüngliches Textelement.-)  Man  muß  sich  sogar  ernstlich  fragen, 
wie  weit  nicht  der  ganze  voraufgehende  Teil  von  v.  7  in  Frage 
gestellt  ist.  Daß  'i:n  *;a  Worte  Jhwhs  an  den  Psalmisten  sind,  wäre 
auch  ohne  jede  Einführung  deutlich.  Doch  sind  zwingende  Gründe, 
von  den  Einführungsworten  ganz  abzusehen,  nicht  vorhanden;  und 
pn  erscheint  gesichert,  da  tatsächlich  ein  Gottesbeschluß  folgt.  Nur 
darf  dann  auch  die  Angabe  des  Adressaten  nicht  fehlen.  —  Für 
die  Reduktion  des  Textes  bestehen  danach  verschiedene  Möglich- 
keiten; man  lese  etwa  -pn-ib"*  öTtt  I  JinN  ^33  I  ipn  "»b^l  (sechs- 
hebig).  Aller  Probleme  ungeachtet ,  dürfte  doch  darüber  kein 
Zweifel  sein,  daß  auch  v.  7 — 9  ursprünglich  eine  den  andern  drei 
Gruppen  gleichgestaltete  Strophe  von  drei  sechshebigen  Perioden 
gebildet  haben. 

Was  v.  IIb  betrifft ,  so  hat  die  Ergänzung  von  ib  hinter 
ib"5  (Wellh.)  viel  für  sich,  weniger  wegen  des  Zeugnisses  der 
LXX  Hier.,  das  sehr  zweifelhaft  ist,  als  wegen  Kenn.  309  und  der 
voraufgehenden  gleichlautenden  Buchstaben.  Der  Metriker  könnte 
die  Ergänzung  ohne  weiteres  akzeptieren  (Sievers,  Baethgen3),  um 
die  fehlende  Hebung  zu  gewinnen ,  obwohl  die  Konstruktion  auf- 
fallend   wäre.     Aber    die    Beischrift   der  Variante  '-ja   ipui:  (v.  12) 


streitenden  v.  12)  unechter  Nachtrag.  48,  11  denkt  an  den  Welt  rühm,  aber 
nicht  an  die  Weltherrschaft  Jhwhs.  Daß  die  genannten  Psalmstellen 
auf  die  Entstehung  der  Lesart  2,  8  von  Einfluß  gewesen  seien,  ist  nicht  aus- 
geschlossen. 

1)  Bei  Auflösung  der  scriptio  continua  könnte  ~  fälschlich  zu  "jnNl  statt 
zu  D^ia  gezogen  sein.  Das  objektive  Futurum  wäre  meinem  Gefühl  nach 
kraftvoller  als  das  subjektive  Kohortativum.  Der  Artikel  vor  3  wäre  passend, 
da  es  sich  ja  um  die  schon  v.  1  ff .  genannten  Völker  handelt.  D"Ob73  v.  10 
könnte  seinen  Artikel  nach  n(nyi)  eingebüßt  haben.  Indessen  scheint  doch 
das  Fehion  des  Artikels  trotz  der  Determination  dem  Psalm  eigentümlich 
zu    sein. 

2)  Jedenfalls  stehen  sie  außerhalb  des  Metrums,  vgl.  Sievers  §  241. 


Baumann,  Psalm  2.  593 

sowohl  wie  das  parallele  n:r  v.  IIa  zeigen,  daß  ibv»  zu  be- 
anstanden ist. 

Zur  Wiedergewinnung  des  ursprünglichen  Ausdrucks  könnte 
einmal  die  Beobachtung  verhelfen,  daß  in  v.  10  ff.  Parononiasien 
zu  v.  3  entsprechend  der  sachlichen  Rückbeziehung  der  4.  auf  die 
1.  Strophe  beabsichtigt  zu  sein  scheinen:  vgl.  tb'OS;^  v.  10  mit 
rwbsärn  v.  3,  monn  v.  10  mit  -raTi-noiE  v.  3,  -nar  v.  11  mit 
1ö-»rD3>  v.  3,  endlich  ip-c:  v.  12  mit  iipn::.  V"pv:  ist  aller- 
dings nicht  weniger  unbrauchbar  als  Vb~<}.  Aber  es  wäre  doch 
erwiesen,  daß  der  ursprüngliche  Ausdruck  in  der  Variante  durch- 
schimmert, wenn  irgendeine  Emendation  sich  ungesucht  darböte.1) 
Zum  andern  empfiehlt  sich  die  Heranziehung  verwandter  Psalmen. 
Aber  so  richtig  es  an  sich  ist ,  vor  allem  Ps.  48  zu  vergleichen, 
ist  doch  die  Emendation  ibTi  für  ib-'S  nach  48,  7  völlig  verfehlt; 
aus  Gründen  der  Sache ;  denn,  daß  die  Feinde  über  der  Eröffnung 
des  Psalmisten  in  Schrecken  geraten,  ist  Voraussetzung  seiner 
Mahnung.  Und  aus  Gründen  der  Methode ;  denn  48,  7  steht  nom. 
Sti  parallel  rn?1  (wie  2,  11  HN-r),  während  von  einer  Aufforderung 
zur  Unterwerfung  gar  keine  Rede  ist.  —  Ein  sachlich  vorzüglich 
passendes  Analogon  zu  -nnr  ergibt  sich,  wenn  wir  ib  ittt  (vgl. 
Ps.  45,  13)  sc.  v:a  lesen.  Die  Falte  kündet  den  Zorn  v.  12.'  Ge- 
danke und  Ausdruck  wären  nicht  zu  kühn. 

Nur  in  losem  Zusammenhang  mit  der  metrischen  Betrachtung 
steht  die  Frage  der  Intaktheit  der  Prädikate  in  v.  1  f.  Hier  führt 
uns  die  Beachtung  des  Parallelismus  und  der  verwandten  Psalmen 
weiter.  Man  muß  zugeben ,  daß  nDli  nach  "OSStp  auffallend  ist. 
Das  gilt  aber  auch  für  "Ufp  nach  iiöin.  Nach  v.  1  a  und  2  a  be- 
merkt der  Psalmist  bereits  feindliches  Handeln ,  nach  v.  1  b  und 
v.  2  b  geheimes  Überlegen  und  Planen.  Wer  das  für  nicht  an- 
gängig hält,  ist  also  zu  zweimaliger  Emendation  gezwungen.  Was 
raten  die  Parallelpsalmen?  Ps.  83,  4  gibt  keine  Stütze  für  "noi; 
gegen  inatvp  ab ;  denn  er  ist  mit  v  5  ein  Einschub ,  der  die 
strophische  Ordnung  des  Psalms  gestört  hat,  inhaltlich  Dublette  zu 
v.  6.  Die  Instanz  des  r±."T.  v.  6  aber  ist  dadurch  erschüttert,  daß 
eine  Einwirkung  des  Einschubs  wahrscheinlich  ist,  durch  die  ur- 
sprüngliches "WO  (vgl.  v.  3)  geändert  wurde.  Der  mit  Ps.  2  am 
engsten  verwandte  Ps.  48  nun  schildert  nur  die  Aktion  (vgl.  vor 
allem  VTP13  v.  5).  Und  weiterhin  bemerken  wir,  daß  in  Ps.  46,  7. 
83,3.    Jes.  17,  12    (Jer.  5,  22),    wo    überall    die    gleiche    Situation 


1)  Man  könnte  glauben,  daß  die  Feinde  aufgefordert  werden,  zum  Zeichen 
ihrer  bedingungslosen  Unterwerfung  im  pw  zu  erscheinen.  Aber  ein  solches 
Denominativ  existiert  nicht.  Sachlich  wäre  der  Gedanke  in  dem  zuversichtlich 
triumphierenden  Psalm  außerordentlich  passend.  V  ""P'Ci  heranzuziehen,  geht 
kaum  an. 


594  Baumann,  Psalm  2. 

vorliegt,  Vrvzn  begegnet.  Es  wird  danach  2,1  172m1)  und  2,2 
•n3>i5  herzustellen  sein.  — 

Unsre  hier  vorgetragenen  Beobachtungen  sind  nun  von  nicht 
unwesentlichem  Einfluß  auf  die  religionsgeschichtliche  Auffassung 
des  Psalms.  Über  den  eschatologischen  Charakter  kann  kein  Zweifel 
sein.  Aber  eschatologische  Erwartung  in  dem  Sinne,  daß  Jhwh 
an  seinem  „Tage"  für  das  Volk  als  sein  Volk  helfend  eintritt,  sich 
als  sein  Vater  und  König  durch  Gerichtstaten  kundtut,  hat  es  zu 
jeder  Zeit  der  israelitischen  Geschichte  gegeben  (vgl.  namentlich 
Am.  1,  2  ff.  5,  18).  Messianisch  im  besondern  Sinne  des  Wortes 
ist  unser  Psalm  nicht,  weil  ein  messianischer  König  nicht  begegnet, 
weil  keine  wunderbare  Zukunft,  sondern  nur  eine  „Steigerung  gegen- 
wärtiger Zustände"  erhofft,  und  weil  Weltherrschaft  im  Vollsinn 
des  Wortes  nicht  beansprucht  wird.  V^tf'ODN  v.  8  erkannten  wir 
als  sekundär,  die  Feinde  aber  werden  Erdenkönige,  Erdenrichter 
im  Gegensatz  zum  Himmelskönig  genannt,  zur  Bezeichnung  ihrer 
Ohnmacht.  Wie  die  verwandten  Schriftstücke  Ps.  83  und  Num. 
24,  15  ff.2)  denkt  unser  Psalm  nur  an  einen  beschränkten  Kreis 
von  Völkern,  im  wesentlichen  an  die  Nachbarvölker.  Weiter  hat 
Duhni  recht,  daß  der  Psalm  „mehr  noch  einen  politisch- weltlichen, 
als  einen  eigentlich  theokratischen  Eindruck"  macht.  Mit  voller 
Wucht  vertritt  der  Psalm  nationale  Ansprüche ,  wie  sie  von  den 
älteren  Propheten  bereits  vorgefunden  und  bis  zu  gewissem  Grade 
bekämpft  wurden,  wie  sie  aber  in  der  gesetzesfrommen  nachexilischen 
Stimmung  gleichsam  verklärt  wieder  auflebten. 

Psalm  2,  gleich  seinen  Verwandten  nachexilisch,  ist  entstanden, 
als  es  einen  König  nicht  mehr  und  noch  nicht  gab.  So  muß 
man  schließen.  Denn  wenn  die  Himmel  und  Erde,  Vergangenheit 
und  Zukunft  umspannende  Szenerie ,  der  wir  hier  begegnen ,  auch 
visionärer  Art  ist,  hat  der  Psalm  doch  geschichtliche  Vorgänge 
zur  Voraussetzung.  Der  Gedanke  an  den  Makkabäer- Aufstand  wird 
das  Richtige  treffen.  Bei  v.  7  ff.  kann  man  an  die  Urzeit  als  die 
Geburtsstunde  des  Volkes3)  oder  an  die  Rückkehr  aus  Babylon  als 
die  Stunde  der  Wiedergeburt  denken. 

Was  die  Verwendung  der  formalen  Indizien  für  die  Datierung 
betrifft,  so  spricht  die  großartige  Geschlossenheit  und  Einheitlich- 
keit des  Psalms  samt  der  urwüchsigen  Kraft  und  Anschaulichkeit 
der  Sprache,  die  ihn  als  eines  der  vorzüglichsten  Erzeugnisse  der 
hebräischen  Poesie  erscheinen  lassen,    für  eine  nicht  zu  späte  Zeit. 


1)  Wie  ich  sehe,  nimmt  dies  auch  Gunkel  (Ausgewählte  Psalmen  1904) 
an,  freilich  v.  2   umgekehrt  verfahrend,  als  wir  für  richtig  halten. 

2)  Auch  in  den  Bileamsprüchen  gehört  das  Interesse  dem  Volke  als  dem 
in  Gotteskraft  Siegenden  und  königlich  Herrschenden.  Auf  die  Einzelfragen 
kann  hier  nicht  eingegangen  werden. 

3)  Die  Erwähnung  Zions  hindert  daran  nicht.  Vgl.  Am.  1,  2  und  3,  2; 
Kum.   23  f.  weist  auch  in  die  Urzeit. 


Baumann,  Psalm  2.  595 

Er  hat  nichts  Epigonenhaftes  an  sich,  wie  er  auch  literarisch 
keinerlei  Abhängigkeit  zeigt.1)  Beachte  auch ,  wie  viel  sieges- 
gewisser und  trotziger  die  Stimmung  ist,  als  in  den  Psalmen  83, 
89,  132,  und  auch  46,  48,  wo  sie  überwundene  Bangigkeit  und 
errungene  Zuversicht  ist.  Endlich  auf  den  Gebrauch  aramäischer 
oder  späthebräischer  Ausdrücke,  selbst  wo  diese  als  solche  erwiesen 
sind ,  darf  nicht  allzuviel  Gewicht  gelegt  werden  in  einem  Liede 
profanen  Ursprungs  und  ev.  langen  profanen  Gebrauchs.  Die  Auf- 
nahme in  den  Psalter  ist  ja  sehr  jung.  So  ist  wohl  anzunehmen, 
daß  er  eine  nicht  gerade  sorgsame  Behandlung  des  ursprünglichen 
Wortlauts  und  der  Orthographie  erfahren  hat  (vgl.  pnb"1  st.  prur, 
D3>*in  st.  Di:nn  u.  a.). 


1)  Vgl.  dagegen  die  Machwerke  Ps.  83,  89,  132,  auch  46  und  48. 
So  wahrscheinlich  es  ist,  daß  Ps.  2  und  83  um  die  gleiche  Zeit  entstanden 
sind,  so  falsch  ist  es,  mit  Duhm  in  Ps.  2,  1  f.  eine  Nachahmung  von  Ps.  83 
zu  sehen. 


596 


Noch  ein  Wort  zu  Richard  Schmidt's  Ausgabe  von 
Harihara's  Ratirahasya. 

Von 

Ernst  Leuiuann. 

Das  oben  p.  361  f.  von  Eichard  Schmidt  Gesagte  nötigt  mich 
zur  folgenden  Gegenäußerung.  Nicht  die  „Keckheit,  weil  er  einen 
so  fragmentarischen  Text  wie  den  des  Harihara  herausgegeben  habe", 
hat  meine  Verwunderung  erregt,  sondern  die  Keckheit,  daß  er  diesen 
Text  den  Lesern  unserer  Zeitschrift  in  so  wenig  lesbarer  Form 
vorgesetzt  hat.  Um  für  eine  derartige  Publikationsstelle  das  Nötige 
zu  tun,  wäre,  wie  ich  sagte,  eine  Abschrift  aus  Tanjore  zu  beschaffen 
gewesen.  Daß  außerdem  auch  mittelst  einigen  Nachdenkens  manches 
hätte  in  Ordnung  gebracht  werden  können,  mochten  meine  Berich- 
tigungen erraten  lassen.  Diesen  Berichtigungen  gegenüber  gibt  sich 
nun  freilich  Schmidt  den  Anschein,  als  ob  es  ihm  auf  einen  korrekten 
Text  eigentlich  gar  nicht  sehr  ankomme ;  denn  er  lehnt  zwei  davon 
ab,  die  man  so  wenig  wie  die  andern  im  Ernste  anzweifeln  kann. 
Man  höre:  An  zwei  Stellen,  die  unbedingt  das  Wort  „willenlos" 
[=  willfährig  =  botmäßig1)  =  skt.  a-vasa]  erfordern,  druckt 
Schmidt  bloß  „willen"  und  beharrt  meiner  Ergänzung  zu  trotz 
bei  seiner  verstümmelten  Lesung,  indem  er  ihr  die  Bedeutung 
„willenlos"  zuspricht !  Dabei  ist  nichts  natürlicher ,  als  daß 
im  Indischen  die  dem  „-los"  entsprechende  Silbe  verloren  gehen 
konnte,  da  sie  im  einen  Fall  elidiert  wird  und  im  andern  das  Schrift- 
bild nur  wenig  verändert.  Es  handelt  sich  ganz  einfach  um  zwei 
Textverderbnisse  von  der  Art,  wie  sie  in  Durchschnittshandschriften 
und  in  schlechten  Ausgaben  dutzendweise  vorkommen.-) 


1)  Dieses  Synonym  wählt  Schmidt  p.  362,  8;  in  der  vorhergehenden  Zeile 
setzt  er  im  gleichen  Sinne   „ gewonnen". 

[2)  Damit  ist  diese  Kontroverse  für  die  ZDMG.   erledigt. 

Der  Redakteur.] 


597 


Melupum. 

Von 

Eberhard  Nestle. 

In  Nr.  12  des  Wöchentlichen  Verzeichnisses  der  erschienenen 
und  der  vorbereiteten  Neuigkeiten  des  deutschen  Buchhandels  vom 
24.  März  d.  J.  las  ich  unter  Sprach-  und  Literaturwissenschaft 
angekündigt : 

Adler,  Vorsch.-Lehr.,  X. :  Hebräische  Buchstabenbilder.  (30  Bl.) 
4°.  Fürth,  G.  Rosenberg  in  Komm.,  '04.  In  Leinw.  Mappe 
9.60 ;  m.  Die  Renaissance  des  alten  hebr.  Lese-Unterrichts. 
10.50. 

,    Die   Renaissance    des    alten    hebräischen   Lese-Unterrichts 

im    Lichte    der   modernen   Methodik.     Eine    didakt.    Studie. 
(31  S.  mit  4  lithogr.  Abbildungen.)    gr.  8°.    Ebd.  ('04).    —.90. 

Ich  verschaffte  mir  das  Werk,  fand  aber,  daß  es  für  die  Zwecke, 
die  ich  durch  dasselbe  zu  fördern  hoffte,  eine  gute  hebräische 
Schrift  einzuüben,  gar  nicht  dient.  Es  sind  Bilder,  welche  den 
ersten  kleinen  ABC-Schützen  das  Erlernen  der  Buchstabennamen 
und  -formen  erleichtern  sollen.  Gibt  es  kein  Bild,  fragte  sich  der 
Verfasser,  das  Laut,  Name  und  Form  des  Buchstabens  zugleich 
vergegenwärtigt.  „Ich  hielt  beim  Pasach  und  suchte  nach  einem 
Bilde ,  durch  welches  der  horizontale  Strich ,  das  Lautsymbol 
des  Pasachs,  gleichzeitig  mit  dem  Laut  selbst  dem  Ge- 
dächtnis der  Kinder  gesichert  werden  könnte.  Wie  ein  Lichtstreif 
fiel  im  nächsten  Augenblick  der  Gedanke  auf  meinen  dunklen  me- 
thodischen Weg:  Dieser  Strich  des  Pasachs  ist  selbst  ein  Bild, 
das  einfachste  und  natürlichste  Bild,  das  für  den  a-Laut  gewählt 
werden  kann,  nämlich  eine  skizzenhafte  Darstellung  der  Mundöflhung 
beim  Bilden  und  Sprechen  dieses  Lautes."  So  zeichnete  er  also 
den  Kopf  eines  Judenmädchens  mit  breit  geöffnetem  Munde  für 
das  l'asach,  ebenso  für  das  Chirik  den  eines  Judenknaben,  der 
den  Mund  zum  Pfeifen  spitzt;  beim  Segol  ein  Gesicht,  das  auf 
Weinen  gestimmt  ist:  die  2  Augen  mit  dem  Mund  vertreten  die 
drei  Punkte  des  Segol;  beim  Komoz  schreit  ein  als  Kutscher  an- 
gedeuteter Junge  oh!  Ähnlich  ist  es  bei  den  Konsonanten.  Kai' 
ist  als  (Hemden-)Kragen    gezeichnet  und  das  Dagesch  in  der  Mitte 


598  Nestle,  Melupum. 

das  dazu  gehörige  Knöpfchen ,  Lamed  ein  Leuchter ,  Schin  ein 
Schiff  u.  s.  w.  Ich  würde  auf  die  ganze  Sache ,  die  für  meinen 
Unterricht  wertlos  ist,  schon  weil  sie  auf  das  Schwa  mit  seinen 
Zusammensetzungen  gar  keine  Rücksicht  nimmt,  nicht  zu  reden 
kommen ,  wenn  nicht  die  Namen ,  die  der  Verf.  den  Buchstaben 
gibt,  wissenschaftliche  Fragen  nahe  legten.     Er  schreibt  sie: 

Pasach ,  Zere ,  Segol ,  Chirik ,  Komoz,  Schuruk,  Melupum, 
Chaulom. 

Oleph,  Ajin,  Bes  und  Wes,  Gimmel,  Dallet,  He,  Wow,  Sojin, 
Tes,  Jud,  Kaf  und  Chaf,  Lamed,  Mem,  Nun,  Samech,  Pe  und 
Phe,  Zadi,  Kuw,  Res,  Schin-Sin  (mit  Recht  in  dieser  Ordnung; 
beim  Sin  stehe  der  Punkt  über  dem  Teil  des  Buchstabens,  der 
eigentlich  ein  Sojin  sei),  Tow-Sow. 

Ich  habe  nicht  verfolgt ,  ob  sie  auch  in  andern  jüdischen 
Lehrbüchern  so  geschrieben  werden ;  wohl  aber  habe  ich  die  wissen- 
schaftlichen Grammatiken  der  Christenheit  nachgeschlagen,  wieweit 
sie  über  den  Vokal  Melupum  %  Auskunft  geben ,  und  bin  dabei 
wieder  einmal  auf  seltsame  Dinge  gestoßen.  Daß  die  kleinen  land- 
läufigen Grammatiken  von  Alting  bis  Steuernagel  nichts  geben 
würden,  überraschte  mich  nicht.  Ich  verglich  Alting,  Baltzer, 
Bickell,  Bisseil,  Danz,  Dreher,  Hollenberg,  Kihn- 
Schilling,  Mezger,  A.  Müller,  Nägelsbach,  Stein- 
weeg,  Steuernagel,  Stier,  Strack,  Vosen -Kaulen, 
Wintergers  t. 

Aber  auch  von  den  größeren  ließen  Ewald,  Gesenius- 
Kautzsch,    König,    Olshausen    mich  völlig  im  Stich. 

Bei  Stade  (1879)  liest  man  §  35a  „" —  ö,  nbin  d.  i. 
„Fülle",  vollständiger  Dis  Nbtt,  1  p'TKZJ  Pfeifen.  Vom 'gleichen 
Vorgange,  nämlich  von  der  Züsammenziehung  des  Mundes  sind 
benannt  yiSj?  —  u  und  ü  (syr.  'esäsä,  ar.  damma)  und  —  y»]3. 

Das  dies  zu  der  obigen  Aufzählung  nicht  stimmt,  liegt  auf 
der  Hand.1) 

Denselben  Aufschluß  gibt  des  Waldensers  Alb.  Revel,  Manuale 
per  la  studio  della  lingua  ebraica,  das  1879  bei  P.  Smorti  e  C.  in 
Florenz  lithographiert  erschien,  S.  119: 

„Holem  significa  »pinguetudo,  pleniludo,  integritas  (oris)u, 
del  verbo  npn  (=  esser  pingue)  e  indica  per  conseguenza  un 
suono  pronunziato   „ore  rotundo",  Die  Jibn.* 

Diese  Auskunft  ist  mir  um  so  auffälliger,  als  ich  schon  1877 
in  meiner  ersten  wissenschaftlichen  Veröffentlichung  in  „Conradi 
Pellicani   de  modo  legendi  et  intelligendi  Hebraeum,    Deutschlands 


1)  Vgl.  auch  Bachers  Aufsatz  in  Bd.  49  dieser  Zeitschrift  „Die  Anfänge 
der  hebräischen  Grammatik,  S.  16  f.  Auch  er  kennt  Melupum  nur  als  Name 
für  das  Cholem.  nicht  für  das   .Kibbus". 


Nestle,  Melupum.  599 

erstes  Lehr- ,  Lese-  u.  Wörterbuch  der  hebr.  Sprache  .  .  .  (durch 
Lichtdruck  neu  herausgegeben")  wiederholt  hatte,  daß  es  im  Hebrä- 
ischen   9    einfache  Vokale    gebe:    1.    Patsah,    2.   Cometz,    3.   Zere, 

4.  Segol,  5.  Scheua,  6.  Hirick,  7.  Holem, 

Octavuni  est  p"l"nä  schurick  tribus  punctis  infra  literam  hoc 
modo    ordinatis   ...    et   significat   vocaleni    quandam   literam   inter 

hu  du  gu  Im    u 

xi  -f-  i  medio  modo  se  habentem:  scribitur  sie  ~    ~    s,    n    N 

Nonum   est   punctum    mellupim    QiQ  N1272    unicum    intra 
vav    literam    tantum    collocatum    faciens    cum    eadem  vocalem  u 
hu    du   gu    bu     u 

sie   -n   i't   15   in  in. 

Daß  hier  S  e  h  u  r  u  k  und  Melupum  verwechselt  sind  ,  liegt 
auf  der  Hand;  daß  die  Verwechslung  aber  nicht  dem  Pellikan  zur 
Last  fällt,  kann  jeder  sehen,  der  meine  spätere,  hierher  gehörige 
Veröffentlichung  zur  Hand  nimmt:  „Nigri,  Böhm  und  Pellican. 
Ein  Beitrag  zur  Anfangsgeschichte  des  hebräischen  Sprachstudiums 
in  Deutschland"  (in:  Marginalien  und  Materialien,  Tübingen  1893, 
und  in  Sonderdruck).  Dort  habe  ich  S.  8  f.  aus  Xigris  Stern 
Messiä  von  1477  dessen  so  ungemein  lehrreichen  Abschnitt  über 
das  hebräische  ABC  wiederholt,  z.  B. : 

Zere  bedeutet  ein  tunkel  oder  ein  grobs  E  (später  sagt  er: 
ein  n  i  d  e  r  s  E) ,  wie  in  Meer  =  Wasser ,  Zegol  bedeutet  ein 
hochs  schwebisch  E  (ein  klars  e)  wie  in  gute  Mähr. 

Holem  bedeutet  ein  0.  p 

Schüriq   bedeutet   ein    U:    p~Vv' :  "   ?  S  N. 

Meluppim   bedeutet  ein  V:  D-'ÖNlbtt : ' *I5  in  IN. 

Ehe  ich  neuerdings  auf  diesen  Punkt  geführt  wurde,  war  mir 
in  Erinnerung:  W.  Bacher,  Abraham  ibn  Esra  als  Grammatiker 
Straßburg  1882,  S.  62): 

Der  Name  Chölem  bedeutet  „vollständig"  nach  dem  talmu- 
dischen :rbn  (b.  R.  H.  28  a)  und  dem  biblischen  Verbum  nbn 
(Jes.  38,  16;  Hiob  39,  4);  denn  die  übrigen  Vokale  sind  diesem 
gegenüber  mangelhaft.  Auch  der  Name  ms  Nbtt  „  Mundfülle u 
wird  gebraucht.  Das  Ch.  kann  der  König  der  Könige  heißen, 
weil  es  allein  von  allen  Vokalzeichen  oben  gesetzt  wird. 

5.  63  fährt  er  fort: 

Das  Schurek  (u)  ist  aus  0  und  i  zusammengesetzt ;  daher 
sein  Zeichen  —  wenn  plene  geschrieben:  1  —  ein  Punkt  in  der 
Mitte,  zwischen  dem  oben  gesetzten  Punkte  des  6  und  dem  unten 
stehenden  des  i  die  Mitte  haltend.  Wenn  ohne  l  geschrieben, 
ist  das  Zeichen  von  der  Gestalt  des  Mundes  bei  der  Aussprache 
des  u  hergenommen,  die  der  Mundform  eines  „Pfeifenden"  ähnlich 
ist.     Es  heißt  auch  Cns   "inp  Zusammenziehung  des  Mundes. 


ßOO  Nestle,  Melupum. 

In  seiner  Abhandlung  über  die  grammatische  Terminologie  des 
Jehüdä  b.  Däwid  Hajjüg  (Wien  1882  =  SB  WA.  102,  S.  1118) 
sagt  derselbe  Gelehrte: 

Die  Namen  der  einzelnen  „7  Könige"  sind  bei  H.  zumeist 
die    bekannten    hebräischen.     Doch    wendet  er  auch  sehr  oft  die 

3   arabischen  Benennungen    mit    ihren  Derivaten  an  .   .  .    *.äJIj 
N.  5,  1  p-nun,   D.  4,  10  dibsVöi  yiapa. 
Somit  stehen  sich  3  Angaben  gegenüber: 

1.  Ibn  Esra  (Stade,  Revel):  ms  Nib73  =  Cholem. 

2.  Nigri,  Pellican  =  unsrem  Schureq. 

3.  Adler  =  unsrem  Qibbuz. 
Reuchlin   führt  1506   das  Melupum  nicht  an,  nur:    V  sivrek  1 

et  kibuz    .     S.  10    sagt    er,    nachdem    er    surek   als  lateinisches  u 
behandelt '  hat : 

Collateralis  eius  est  collectio  labiorum  et  scribitur  tribus 
punctis  scalariter  seu  gradualiter  sibi  invicem  subiuntis  sie  ...  et 
nominatur  kibuz.  Habetque  eum  sonum  quem  apud  Gallos  V 
scilicet  commixtione  i  vocalis.  Est  autem  vox  media  inter  V 
et  I  qualem  olim  Graeci  suae  literae  hypsilo  cledere.  Unde  solebant 
in  ventre  ipsius  notam  vocalis  i  ponere  sie  v-  Quam  postea 
eximentes  subter  adnexuerunt  sie  Y  ut  in  harpyia. 

Es  ist  nicht  die  Absicht  dieser  Zeilen,  die  Untersuchung  zu 
einem  Ende  zu  führen.  Ich  bin ,  weil  ich  brauchbare  hebräische 
Schreibvorlagen  suchte,  auf  die  Tatsache  gestoßen,  daß  1.  Christen 
und  Juden  für  ein  und  dasselbe  hebräische  Vokalzeichen  ganz  ver- 
schiedene Benennungen  brauchen ,  daß  2.  die  jüdische  Benennung 
desselben  auch  noch  für  einen  ganz  anderen  Laut  dienen  soll, 
endlich  3.  daß  die  ältesten  christlichen  Bearbeitungen  der  hebräischen 
Sprache,  die  auf  jüdischem  Grunde  bauen,  das  x  nennen,  was  die 
Juden  jetzt  y  nennen,  und  umgekehrt. 

Nur  zum  Schluß  bemerke  ich  noch,  daß  auch  das  lehrreich 
wäre  zu  untersuchen ,  seit  wann  der  dritte  und  vierte  Buchstabe 
des  hebräischen  Alphabets  mit  Verdoppelung  des  mittleren  Konso- 
nanten G  i  m  m  e  1  und  D  a  1 1  e  t   geschrieben  wird. 


601 


Aus  einem   sprachwissenschaftlichen  Werk  von  1539. 


Eberhard  Nestle. 


Im  Jahre  1539  erschien  zu  Pavia  Sumptibus  et  Typis  Autoris 
libri  ein  jetzt  seltenes  Werk  mit  dem  Titel: 

Introductio  in  Chaldaicam  linguam,  Syriacam,  atque  Ar- 
rnenicam,  et  decem  alias  linguas.  Characterum  differentium 
Alphabeta,  circiter  quadraginta,  et  eorundem  invicem  conformatio, 
Mystica  et  Cabalistica  qnamplurima  scitu  digna.  Et  de- 
scriptio  ac  simulachrum  Phagoti  Afranii.  Theseo  Ambrosio 
es  comitibus  Albonesii  I.V.  Doct.  Papien.  Canonico  Re- 
gulari  Lateranensi ,  ac  Sancti  Petri  in  Ccelo  Aureo  Papise  Prse- 
posito,  Authore. 

M .  D  .  XXXIX. 

([    Linguarum    vero ,    et  Alphabetorum    nomina    sequens    pagella 

clemonstrabit. 

Der  rot  lind  schwarz  gedruckte  Titel,  ist  von  einer  schönen  Holz- 
schnittleiste umrahmt ,  die  auf  schwarzem  Grund  unten  die  Fabel 
vom  Fuchs  und  Storch  abbildet,  daneben  einen  Drachen  und  Löwen. 

Die  auf  dem  Titelblatt  angekündigte  Liste  der  Rückseite 
lautet  so : 

([  Nomina  Linguarum,  et  Alphabetorum,  de  quibus  in  hoc   opere 
fit  mentio ;  et  eorum  numerus 
Chaldaeorum.  3. 


Samaritanorum.  3. 
Assyriorum.  ) , 
Syrorum.        W  )  .  3. 
Phoenicuin.    )  ' 
Hebra-orum,  computatis  his 
quae  ab  aliis  ponuntur.  1". 
Aarabum.        )  . 
Punicorum.   )  l) 


).2. 


Latinonnn.    1. 
Graeconun.    •'!. 
Jacobitarum.   ) 
Cophtitarum.  ) 
Macedonum.    ), 
Missiorum.      )  \ )  \ 
Bulgarorum.    )O0 
Seruianorum.  )  {) 


Persarum.      )  \  )  O 
Tartarorura.  )[) 


1. 


Turcarum.     j 


Etusiorum.       ) 

I  "alniataruni.  ) 
Illyricorum.  ) 
Indorum.   2. 


) 
).2. 


Bd.  LVIII. 


39 


602      Nestle,  Aus  einem  sprachwissenschaftlichen   Werk  von  1539. 

Armeniorum.   1.  Hetruscorum.  2. 

Vuandalorum.   1.  Gotthorura.  1. 

Virgilii  philosophi.  1.  Hiberiae  magnae.  )  v     1 

Apolonij   Tianei.   1.  Georgianorum.        ) '  ' 

Hierogliphicum.   1.  Incognitum.   1. 

Babiloniorum.   )  >     1  Magi  Spoletani 

Erithreorum.     ) '  '     '  Characteres  in 

Saracenorum.  1.  vno  complexu. 

Aegyptiorum.   1. 

([  Quamplurima   alia  diversorum  generum  alphabeta,    adhuc  ser- 
vantur,  alio  tempore  publicanda.    Si  ista  placuisse  visa  fuerint. 

Dies  so  angekündigte  Werk  von  215  Bl.  klein-4°  ist,  wie 
scbon  angedeutet ,  zurzeit  recbt  selten.  Beim  Verkauf  Libri  kam 
ein  Exemplar  auf  150  Fr. ;  als  ich  1888  die  zweite  Auflage  meiner 
syrischen  Grammatik  herausgab,  hatte  ich  diese  älteste  Grammatik 
noch  nicht  gesehen;  seither  konnte  ich  es  benützen  in  einem  Exemplar 
aus  der  Bibliothek  von  Charles  Schefer  in  Paris ,  das  eine  Zeit 
lang  in  meinem  Besitz  war  (s.  Catalogue  de  la  Bibliotheque  Orientale 
de  feu  M.  Charles  Schefer,  membre  de  l'Institut.  Paris,  Leroux 
1899.  Nr.  143;  auf  dem  Einband  das  Wappen  von  De  Thou). 
Der  Verfasser,  1469  geboren,  würde  eine  Monographie  verdienen 
so  gut  wie  Potken  und  Postel.  In  der  Bibliothek  unserer  Gesell- 
schaft scheint  sich  die  Schrift  nicht  zu  finden.  Wie  für  das  Syrische 
so  ist  es  auch  für  das  Armenische  die  erste  von  einem  Abendländer 
herrührende  grammatikalische  Bearbeitung ;  ebenso  eröffnet  es  die 
äthiopischen  (hier  indischen)  und  koptischen  (hier  jakobitischen) 
Studien  in  Europa. 

Gewidmet  ist  es  von- dem  Verfasser,  quintodecimo  Kai.  Aprilis 
1539  Reveren . Domino  Afranio  Canonico  Ferrarien .  Patrao  suo. 

Er  nennt  sich  in  der  Zuschrift  ex  comitibus  Albonesii  et  Pa- 
latinis  Lomellen.  .  .  .  Collegii  Dnorurn  Judicum  Papiae  in  praesentia 
Consul.  Er  wollte  es  ursprünglich  in  Ferrara,  der  Stadt  des  Herzogs 
Herkules  von  Este  zu  dessen  Hochzeit  erscheinen  lassen,  wurde  aber 
nicht  fertig.  Der  Sitte  der  Zeit  entsprechend  rühmen  eine  ganze 
Reihe  poetischer  und  prosaischer  Zuschriften  den  Wert  des  Werkes ; 
ein  Brief  von  Franciscus  Scaevola  Spoletanus ,  Verse  von  Joannes 
Stancarius,  Ferrariensis ,  Bartholomaei,  Funi,  Villauren.,  Piacentini, 
Praedicatorum  Ordi. ,  haereticaeque  pravitatis  inquisitoris  in  opus 
Carmen;  Fratris  Euphemij  Minoritae  Epigramma  ...  de  D.  Am- 
brosii  Albonesii  Panompheo  libello  ;  Alphonsus  Fontanella  Regiensis  ; 
Joannis  Euangelistae  Arpinatis;  M.  Antonius  Victorinus  Romanus; 
M.  Antonius  Boba  Casalensis;  Dionysii  Zanchi  Bergomatis,  Canonici 
Regularis  Lateranensis  Carmen ;  Augusti  Bottae  Rouescalensis  Carmen 
asclepiadeum  coriambicum,  cui  percunctanti  Echo  annuit:  Eiusdem 
Saphicum  dactylicum ;  Petrus  Libascus  Sacerdos  Pannen,  ad  Echo 
de    Theseo  Ambrosio  Comite.     Zum  Schluß    nimmt  Minerva   selbst 


Nestle,  Aus  einem  sprachwissenschaftlichen   Werk  von  1530.      603 

das  Wort:  Minerva  mater  inventionum  Lectori  S.  P.  D.  Galeatio 
Allia  Patritio  Cremoneü.  Adolescentulo  suggerente  ...  ex  Olyinpo 
Palladis.  Anno  a  mundi  initio  6892  Martio  currente  in  secundo 
decano,  secundo  Tydei  Oldoyni  Cremoneü.  Patritij  Jurispruden.  ac 
Caesarei  Senatoris  Ticinij  Proconsulatus  anno. 

Das  Buch  wird  eröffnet  mit  dem  syrischen  Alphabet  in  doppelter 
Schriftgröße :  Chaldaeorum  Literae,  qui  Syriam  incolunt,  quae  etiam 
Syriacae  dicuntur  et  quibus  Antiochena  Patriarchalis  Ecclesia  in 
sacris  utitur.  Die  Umschrift  der  Buchstabennamen  ist  Olaph,  Beth, 
Gomal,  Dolad,  He,  Vau,  Zain,  Hheth,  Teth,  Jud,  Coph,  Lomad.  Mim. 
Nun,  Somchath,  Ain-Gain,  Pe-Phe,  Zzode,  Quoph,  Bis,  Sein.  Thau. 
Die  Typen  sind  gar  nicht  schlecht.  An  die  Gruppierung  der  Buch- 
staben, vorwärts  und  rückwärts,  (thescar  quezzaph  gesan  u.  s.  w.). 
schließen  sich  Gottesnamen  für  jeden  Buchstaben  des  Alphabets 
(aloho,  baruio,  gaboro,  daiono  u.  s.  w.).  Unter  die  Vokale  werden 
gerechnet  Olaph,  He,  Vau,  Hheth,  Jud,  Ain;  ebenso  bei  den  Sa- 
maritanern  und  Hebräern ;  ähnlich  bei  den  Arabern  und  Puniern. 
Dies  führt  weiter  zu  den  Vokalen  der  Lateiner,  Griechen,  Jakobiten, 
Kophtiten  ;  bei  Mazedoniern  und  Dalmatinern ;  dann  der  Inder,  die  von 
Potken  Chaldäer  genannt  werden,  worüber  eine  lange  Auseinander- 
setzung auf  Grund  der  Befragung  syrischer  Geistlicher  (Johannes, 
Joseph,  Moses,  Elias),  die  unter  Leo  X.  zu  einem  Konzil  nach  Rom 
gekommen  waren.  Dabei  die  Mitteilung,  daß  der  syrische  Priester 
in  Rom  divinam  lyturgiam  quam  Missam  hebraico  nomine  appellamus 
nicht  lesen  durfte,  bis  Albonesius  sein  Meßbuch  ad  verbum  quod 
dicitur  zur  Prüfung  ins  Lateinische  übersetzt  hatte.  Zu  seiner  Hilfe 
zog  er  bei  dicaculum  olim  hebreum,  libertatem  comineti  nomine, 
weiter  Josephum  Gallum  Hebraeum  Doctorem ,  et  illius  celebrati 
nominis  Rabbi.,  Julii  Pontificis  Medici  Physici  filium,  von  dem  er 
noch  lateinische  und  hebräische  Gedichte  aufbewahre.  Auch  noch 
ab  Aaron  et  Abdia  scholasticis  in  Vrbe  Judaeis  wurde  ihm  per  sem 
illud  amephoras  bestätigt,  daß  Indisch  (=  Äthiopisch)  nicht  Chal- 
däisch  sei.  Ebenso  sagte  ihm  dies  Abraham  ille  a  balmis  doctor 
hebraeus,  Domini  Joannis  Spoletani  Canonici  nostri  olim  Judaei 
consanguineus.  So  entschloß  er  sich  bei  Gelegenheit  Psalterium 
Chaldaicum  ex  Syria  advectum  herauszugeben,  hatte  schon  eneis 
comparatis  typis  conflatisque  ex  convenienti  metallo  literarum  for- 
mulis  alles  vorbereitet,  dum  .  .  .  chalcographoque  ad  rei  expeditionem 
parato,  Psalterium  illud  chaldaicum  et  collectanea  quaedam  nostra. 
ad  linguae  illius  multarumque  aliarum  linguarum  lectionem,  no- 
tionem ,  mutuamque  inter  se  conformationem  speetantia  in  unum 
volumen  redaeta  propediem  imprimenda  sperarem,  ad  annuam  patrum 
meorum  synodum  Ravennam  proficiscor,  et  dum  dissolutionis  finem 
praestolor,  reditumque  in  patriam  desidero,  ac  dies  mihi  pro  anni 
mora  computatur  (proh  dolor),  patria  mea  infoelix  illa  scilicet  olim 
regia  Ticinensis  civitas ,  me  adhuc  absente ,  a  Gallorum  exercitu 
obsidetur .    multiplieibusque  undique  coneussa    machinis    vi  capitur, 

39* 


ß04      Nestle,  Aus  einem  spraclnvissenschaftlichen   Werk  von  1539. 

hostiliter  praedae  datur  ....  Factumque  est  ut  in  illa  immani 
clade  ac  patriae  ruina  omnia  quoque  mea  librorum  inquam  Chaldae- 
orum,  Syriorum,  Armeniorum,  Hebraeorum,  Graecorum  variarumque 
aliarum  linguarum  gratam  suppellectilein  quam  magno  mibi  pretio 
comparatam  ex  urbe  Roma  in  patriam  mecum  advexeram  simul 
cum  ipsius  patriae  miserabili  casu  in  uno  fere  temporis  momento 
perdiderim  .  .  .  .  ut  pene  una  cum  libris  et  lucubrationibus  meis 
etiam  propra  nominis  memoriam  perdiderim.  Post  Septem  vere 
annos  (divina  ut  reor  voluntate  ita  disponente)  in  manibus  publici 
cuiusdam  Fartoris  reperto  iam  semilacero  Psalterii  libello  quem 
cum  caeteris  in  cineres  vulcano  passim  debacchante  iam  dudum 
fuisse  conversum  existimaveram  iterum  ad  illius  publicationem 
animum  adieci.  Mehrfach  kommt  er  auf  diese  Absicht  zurück,  die 
aber  nicht  mehr  zur  Ausführung  kam,  dann  könne  man  sehen,  an 
Psalterium  istud  Chaldaicum  sit,  an  illud  Joan.  Potken,  qui  in 
Indiana  atque  Aetiopiam,  Chaldaeam  transferre  voluit.  Eher  könnte 
man  noch  das  Armenische  Chaldia  nennen,  quandoquidem  Chaldia 
regio  quaedam  Armeniae  est.  Damit  macht  er  den  Übergang  zu 
den  armenischen  Vokalen.  Den  30.  Buchstaben  des  armenischen 
Alphabets  nennt  er  vief,  vieu  vel  viech.  Tribus  enim  istis  no- 
minibus  appellatum  animadverti  cum  proximis  his  mensibus  Venetiis 
essem  et  cum  Armenico  quodam  una  cum  Gulielmo  postello  Am- 
bollataeo  Gallo  viro  multarum  linguarum  gnaro  qui  paulo  ante  e 
Bizantio  in  Italiam  venerat,  verba  facerem,  inter  caetera  ab  eo 
non  modo  postulavi  verum  etiam  efflagitavi ,  ut  alphabeti  literas 
proferret,  quod  dum  benigne  faceret  ad  id  maxime  animum  adverti 
ut  enuntiationem  istius  literae  comprehenderern ,  quam  modo  vief, 
modo  vero  vieu ,  ac  demum  viech  appellabat.  Wie  scharf  er  be- 
obachtete zeigt  seine  Schilderung,  wie  der  Syrer  dem  er  Unterricht 
gab,  um  keinen  Preis  papa  sagen  konnte,  sondern  zuletzt  mit  aller 
Gewalt  nur  Ppappa  herausbrachte ,  oder  seine  Beschreibung  wie 
hebräisches  p   auszusprechen  sei. 

yun  vel  iun  trigesima  quarta  et  in  litera  f  deflectitur  seu 
ab  ea  incipit  et  fiun  dicitur,  hinc  natum  illud  esse  arbitror  quod  in 
trivialibus  puerorum  scholis  communiter  in  alphabeto  nostro  obser- 
vatur ,  ut  in  literarum  nominibus  recensendis  cum  ad  .  y  .  ypsilon 
ventum  est,  pro  eo  fia :  dicatur. 

Im  Vorbeigehen  werden  Bl.  20  v  nach  Graecorum  auch  Tzar- 
chasiorum,  Augasiorum,  Candusiorum,  Macedonum,. ..  vocales  erwähnt. 

Das  fünfte  Kapitel  behandelt  die  Konsonanten.  Die  letzten 
des  hebräischen  Alphabets  nennt  er  Zadich,  Kuoph  vel  Quph,  Res, 
Sein,  Thau.  Ähnlich  umschreibt  er  die  Samaritanischen,  fügt  aber 
hier  zu  Zain  bei  vel  Sdain,  mit  der  Begründung  nam  et  Hebraeum 
et  Chaldaeum  et  Samaritanum  et  Graecum  et  aliarum  linguarum 
zita  s  et  d  implicita  habet.  Im  Abschnitt  über  die  arabischen  und 
punischen  Konsonanten  fehlten  die  Typen  und  sind  in  dem  mir 
vorliegenden  Exemplar  die  ausgesperrten  Lücken  nicht  mit  der  Feder 


JSfestle,  Aus  einem  sprachwissenschaftlichen   Werh  von  1539.      605 

ausgefüllt;  das  Lesestück  aus  Kap.  3  ist  karschunisch,  d.  h.  arabisch 
mit    syrischer  Schrift    gedruckt ,    dieser  Name    aber  nicht  erwähnt. 

Die  Behandlung  der  lateinischen  und  griechischen  Buchstaben, 
so  interessant  sie  ist,  muß  hier  übergangen  werden. 

Es  folgen  die  20  „indischen"  auf  10  Blättern,  die  24  der 
Jakobiten  und  Kophtiten,  die  sich  von  den  griechischen  und  maze- 
donischen nicht  viel  unterscheiden.  Auch  Macedones  et  Gotii  seu 
mavis  Rosii  vel  Rusii  Scythiae  maioris  uniusve  Sarmatiae  partis 
incolae  et  quam  utramcpie  inhabitant  Missiam  Bulgari  et  Serviani 
haben  so  ziemlich  dasselbe  Alphabet  von  24  Buchstaben.  Nicht 
weniger  als  23  Blätter  sind  ihnen  gewidmet,  indem  die  Aussprache 
der  einzelnen  Buchstaben  meist  durch  Namen  aus  der  Bibel  oder 
der  Liturgie  (den  Troparia  und  Condacia)  belegt  wird. 

Kapitel  VI  handelt  von  den  syrischen  Buchstaben  quae  puncta 
rubea  intra  se,  infra  suprave  admittunt  (Bl.  74) ;  Kap.  VIII  (Bl.  79) 
de  vocalium  Hebraicarum  notis  atque  nominibus  et  aliis  quibusdam 
punctis  a  smol  und  iamin,  welche  sich  wie  lat.  simus  und  scimus, 
oder  seda  und  scheda  unterscheiden,  obwohl  ihm  die  Sitte  sein 
dextrum  per  seh  zu  schreiben  minime  placet;  vgl.  6%6lt,ov  und 
6%6Xiov.  BL  82  werden  die  syrischen  Vokale  mit  den  bekannten 
Beispielen  Ädäm  (Odom) ,  Abraham ,  Ishhaq  u.  s.  w.  belegt ;  fast 
noch  ausführlicher  werden  die  arabischen  besprochen. 

Cap.  VIII,  de  instrumentis  quibus  literae  proferuntur  .et  quae  cu- 
iusque  instrumenti  sint  literae  (guttur,  palatum,  lingua,  dentes,  labia). 

Cap.  IX,  de  literis  duplieibus  Hebraeorum  .  .  Chaldaeorum 
.  .  .  Punicorum. 

Bei  den  syrischen  Buchstaben  zeigt  der  Verf.  Kenntnis  von 
der  lange  Zeit  unbeachtet  gebliebenen  Tatsache,  daß  die  Syrer  zwar 
von  rechts  nach  links  lesen,  aber  von  oben  nach  unten  schreiben. 
Es  verlohnt  sich  die  ganze  Stelle  anzuführen. 

Bl.  87  v:  Nam  Chaldaei  licet  a  sinistro  in  dextrum1),  ut  Hebraei, 
Samaritani ,  Arabes  et  Punici  suas  legant  literas ,  non  tarnen  in 
scribendo  eundem  modum  servant,  ut  scilicet  a  sinistro  in  dex- 
trum x)  latus  calamum  ducant ,  sed  e  coelo  ad  stomachum  literas 
trahunt,  ut  de  eo  quidam  dixit 

E  coelo  ad  stomachum  relegit  Chaldaea  lituras. 

Bl.  88 :  Hoc  scribendum  genus  arbitror  illud  esse  quod  Festus 
Pompeius  xo  £7to%ov  To  epochon  appellat,  deorsum  versus,  sicut  tunc 
dextrorsum  versus,  quasi  scilicet  super  cadens  et  insidens,  cadere  enim 
videntur  literae,  et  super  literas  sedere  atque  una  alteram  dorso  vehere, 
dum  in  ordine  alphabeti  vel  dictionis  componendae  applicantur,  ut 
non  iniuria  ab  opifice  illae  summo  e  coelo  demissae  credantur.  Quas  et 
Abraham  illum  Chaldaeum  coeli  et  coelestium  syderum  contempla- 
torem,  antequam  de  Ur  Chaldaeorum  exiret,  calluisse  credendum  est, 
eisque  usum,  si  verum  est,  quod  veteres  Hebraeorum  magistri  tradunt, 


])   Dies  ist  natürlich   ein  Versehen  für  a  dextro  in  sinistrum. 


606      Nestle,  Aus  einem  sprachwissenschaftlichen   Werk  von  1539. 

Moysen,  scilicet  literas  de  ore  Geura,  qui  ignis  est,  accepisse,  et  una 
cum  lege,  Dei  digito  scripta,  de  S}Tnai  Monte  ad  homines  deportasse. 
.  Zur  größeren  Verdeutlichung  druckt  Albonesius  eine  Stelle 
von  5  Zeilen  aus  Jesaja  45  syrisch  mit  Transkription  und  Über- 
setzung von  oben  nach  unten. 

Aus  derselben  Quelle  mag  zur  syrischen  Schrift  noch  folgendes 
mitteilenswert  sein. 

Über  den  ersten  Buchstaben  des  syrischen  Alphabets,  das  Olaph, 
in  seiner  doppelten  Form   r^  und   /  schreibt  Albonesius  (Bl.  90  a) : 

Hanc  literam  (si  divinare  fas  est)  illam  esse  arbitror,  quam 
in  libro  de  divinatione  Marcus  Cicero  asseverat,  Suem  olim  humi 
rostro  impressisse,  uno  equidem  calami  ductu,  ceu  uno  rostri  prae- 
dicti  animalis  impulsu,  describi  potest;  huius  tarnen  rei  veritatem 
aliis  vestigandam  relinquo. 

Cap.  X,  de  literis  radicalibus  et  servilibus  ist  das  längste  im 
ganzen  Buch  (Bl.  89 — 131  v);  denn  es  behandelt  jeden  einzelnen 
Buchstaben  und  gibt  über  deren  Aussprache  ganz  genauen  Bescheid, 
knüpft  an  sie  allerlei  Mystica  et  Cabbalistica,  wie  schon  der  Titel 
hervorhob.  Ich  denke  einige  der  folgenden  Auszüge  zu  einzelnen 
Buchstaben  des  Hebräischen  seien  noch  heute  lesenswert. 

Z.  B.  über  das  n,  den  fünften  Buchstaben  des  hebr.  Alphabets 
schreibt  er  (Bl.  96) : 

Caeterum  litera  ista  (ut  dictum  fuit)  gutturalis  est,  cum  nee 
dentibus  nee  palato  nee  lingua  sed  solo  spiritu  pronuncietur ,  ob 
quam  causam ,  qui  de  literis  Hebraeorum  et  praesertim  qui  caba- 
listica  scripserunt,  spiritui  illam  esse  consecratam  asserunt:  et  non 
modo  facilem  esse ,  sed  etiam  naturalem ,  immo  vero  hanc  solam 
pene  omnium  literarum  etiam  in  brutis  respirantibus  audiri  affirmant, 
et  quae  nimirum  spiritum  habent,  dum  spiritum  reddunt,  literam 
hanc  exprimunt,  cum  solo  edatur  spiritu.  Hanc  Hebraei,  Chaldaei, 
Samaritani ,  Syri ,  Armeni ,  Graeci  et  Latini,  et  inter  graecos  qui 
Augasiam  et  Carthaeam,  sive  ut  aiunt  temporibus  istis  Tzarcasiam 
rfjg  [iiyuh]q  tßi]QLag  tj  Ttgbg  nsQOag  tGxi  Tis  megalis  iuirias  hi  pros 
persas  esti,  magnae  scilicet  Iberiae  (quae  inter  Persas  est)  incolunt, 
et  Gorgi  et  Jacobitae  et  Cophtitae ,  et  Virgilius  quidam  insignis 
quondam  Graecus  philosophus ,  et  magnus  Tianaeus  Apolonius ,  et 
hi  qui  grammata  quae  hieroglyphica  vocantur  scripsere ,  in  suis 
alphabetis  quintam  in  ordine  literarum  posuerunt.  Indi  in  primo, 
Macedones,  Missij,  Russij,  Dalmatae  suam  huic  respondentem  literam 
in  sexto  literarum  numero  habent.  Persae,  Turcae,  Tartari,  Arabes 
et  Punici,  et  Maometani  fere  omnes  literam  huiusce  potestatis  in 
antepenultima,  vigesima  scilicet  septima,  sui  alphabeti  sede,  collo- 
carunt,  tametsi  etiam  He  in  sexto  ordine  possideant.  Vuandali 
quoque    in    undeeima    sui  alphabeti  numeratione  literam ')      Ed  re- 


1)  Hier  ist  im  Druck  eine  Lücke  gelassen,  um  die  Form  des  Buchstabens 
mit  der  Feder  zu  ergänzen,  was  in  meinem  Exemplar  unterblieb. 


Nestle,  Aus  einem  sprachwissenschaftlichen   Werk  von  1539.      (307 

ponunt ,  quae  licet  pro  e  accipi  possit ,  non  tarnen  simpliciter  e 
intelligitur,  sed  simul  e  et  c  coniuncta  elementa  intelligenda  sunt. 
Istas  numeroi'um  observationes  hoc  in  loco  recensui  ut  animum 
advertant,  qui  nedum  pythagoricas  verum  etiani  patrum  Hebraeorum 
sacras  in  nuineris  computationes  (et  praecipue  in  illarum  alphabeti 
Hebraici  literarum  observatione ,  quae  in  divinis  aliisque  mysticis 
nominibus  et  sacris  insertae  sunt)  non  ignorant  et  oculos  ad  hanc 
vel  rnaxime  He  literam  convertant.  De  qua,  si  quam  excellens  in 
antiquis  patrum  Hebraeorum  receptionibus  semper  babita  et  quibus 
sacris  inserta  sit.  Et  quid  nam  in  illo  magno  mirificoque  Dei 
nomine,  quod  Graeci  Tetragrammaton,  Hebraei  vero  Arbaha  aotiotb, 
quattuor  scilicet  literarum,  appellant,  in  quo  bis  reperitur,  insinuet. 
Et  cum  in  nomine  Abraham  et  annosae  uxoris  eius  Sarhae  ab 
omnipotent!  Deo  inserta  fuerit,  quod  nam  archanum  in  se  contineat. 
Quidve  sit,  quod  aliqui  literam  ipsam  Hebraicam  ex  Daleth  et 
Jod,  aliqui  vero  ad  Chaldaicam  eandem  Syriacamque  respicientes, 
ex  Vau  et  Dolad  constare  asserant.  Et  cum  communi  omnium 
opinione  quinarium  numerum  repraesentet,  cur  tarnen  cum  vim  et 
partes  eius,  ex  quibus  composita  affirmatur,  diligentius  consideramus, 
longe  maiorem  numerosioremque  foeturam  implicitam  habere  cogno- 
scimus,  accuratius  explicare  voluerimus,  quia  proculdubio  facultatem 
nostram  propositumque  suscepti  operis  excedere  videtur  in  praesentia 
praetermittimus. 

Ebenso  über  Vau  (Bl.  98): 

Et  praeter  id  quod  sexta  est  alphabeti  litera,  sextam  quoque 
sacram  numerationem  repraesentat.  Quanti  in  sacris  habita  sit,  qui 
eognoscere  cupit,  legat  eos  qui  sex  diebus  mundum  conditum  fuisse 
asserunt,  et  illius  numeri  causas  scrutantur.  Litera  praeterea  ista 
Hebraeorum  quia  nihil  secum  exterius  admittit,  neque  a  se  ipsa 
prominet,  sed  in  sese  constans  atque  sufficiens,  simplex  et  se  ipsa 
contenta  nullius  indiga  sed  absoluta  integra  atque  perfecta  mundi 
columna  nominata  est.  Quod  multo  magis  in  Chaldaico  Vau  conspici 
potest,  cum  orbis  sit  in  se  revolutus  atque  (ut  de  aipiun  Armenico 
dictum  fuit)  reflexus ,  principio  et  fine  carens.  Iccirco  etiam  per- 
fectorum  piimus  evasit  numerus. 

Über  die  Aussprache  des  Zain  ist  folgendes  bemerkenswert 
(Bl.   98  v): 

Leniter  quidem  Zain  proferri  debet,  ita  ut  inter  Somchath  et 
Zzode  et  Sein  differentia  prolationis  cognoscatur,  ut  etiam  de  Zita 
et  aliis  sibillantibus  Graecorum  literis  dictum  fuit,  non  autem  (ut 
quidam  solent)  forti  duro  ac  vehementi  impetu,  sed  molli  et  obtuso 
litera  ista  enuncianda  est  sibilo,  ut  passim  nostris  temporibus 
Virgilianam    in    primo  Aeneidos    invocationem  pronuntiari  audimus 

Musa  mihi  causas  memora  quo  numine  laeso. 
Non    enim    literae    s    integrum    perfectumque    sed    obtusum    in  hoc 
carmine  sibilum  audivimus,  quin  etiam  Jenem  sonum  qualem  « 
in  literae  Zita  prolatione  requirunt. 


608      Nestle,  Aus  einem  sprachwissenschaftlichen    Werk  von  1539, 

Weiter  folgende  Geschichte  über  diesen  Buchstaben  (Bl.  100): 

Apium  praeterea  Claudium  (ut  interim  etiam  aliquid  de  hac 
litera  referamus)  Zita  literani  odio  habuisse  invenimus.  Et  inde 
forte  fortuna  proverbium  exortum  fuisse  quidam  arbitrati  sunt,  ut 
in  illos  quibus  forte  ex  urna  Zita  contigisset,  veluti  infortunatos 
et  minus  ad  rem  aptos  Issa  acclamaretur  et  proinde  in  sortibus 
inauspicata  litera  habita  fuit. 

Cheth  n  umschreibt  Albonesius  Hheth,  hh:  nee  enim  placuit 
pro  ea,  ut  quidam  faciunt,  c  et  h  ponere  quandoquidem  literae 
illae  non  fortem  aspirationem,  sed  blaesum  et  crassum  sonum  effi- 
ciant  ac  linguae  motum  exigant  ut  in  litera  X  chi  Graecorum 
consonante  dictum  fuit.  Er  beruft  sich  dann  auf  Reuchlin ,  nach 
welchem  dieser  Buchstabe  domicilium  in  praecordiis  possidet.  Über 
ihren  Zahlenwert  schreibt  er: 

Octavam  etiam  numerationem  sibi  vendicat ,  quam  ifn  h  o  d 
i.  e.  decus  sive  laudem  et  gloriam  qui  cabbalistica  scribunt  appella- 
verunt.  Vitam  vero  significare  hheth  qui  hebraica  non  ignorant 
intelligere  possunt.  Proinde  Mathematici  et  Astrologi  octavam  domum 
mortis  et  finis  vitae  significatricem  dixerunt.  Constare  illam  ex 
Daleth  et  Vau,  qui  de  Hebraeorum  litteris  scripserunt  affirmant  — 
das  wäre  4  -j-  6  =  10.  Ex  duobus  tarnen  Jodin  Chaldaeorum  Hheth 
constare  et  suas  cum  separatas  tum  simul  iunetas  habere  numera- 
tiones  manifestum  est.  Idque  non  vacare  a  latenti  in  sacris  adytis 
mysterio  nee  dum  ab  Omnibus  intellecto  existimandum   est. 

Vom  Teth  (Bl.  101): 

Praeterea  in  alphabeto  ultima  est  inter  literas  unitatem  signi- 
ficantes  et  T  latinam  (ut  dictum  fuit)  literani  repraesentat ,  quam 
Cicero  non  ab  re  literam  insuavissimam  appellavit,  quod  vitae  ul- 
timum mortemque  signiticet,  quod  et  de  Thita  Graeco  Volateranus 
Persius  intellexit  cum  ait  in  Satyra  quarta 

Et  potis  est  Vitium  mortis  praefigere  theta  vel 

Et  potis  est  nigrum  vitio  praefigere  theta. 
Domitianus    novitate    quadam    signi ,    cum    in    exercitu    quempiam 
interfici  voluisset,    coram  percusore  nasum  emungebat,   ut  per  hoc 
aliquem    morti    obnoxium    esse    intelligeret  et  carnificis  officio  fun- 
geretur,  quod  Martialis  insinuat  dicens 

Nosti  mortiferum  quaestoris  Castrice  signum. 

Est  operae  pretium  discere  theta  novum  u.  s.  w. 
Thau    vero    absolutionis    signum  est  et  salutaris  nota  apud  Ezechi- 
elem  9   ...  de  qua  litera  Ausonius  meminit  dicens 

Scire  volo  catalecta  legens  quid  significet  Thau. 
Virgilius  vero  in  catalecto  carmine  Thau  gallicum  appellat  inquiens 

Thau  gallicum  imminet  ipsemet  male  illicit 
pro  cruce  intelligens,  quia  galli  crucem  ad  T  literae  similitudinem 
erigere  solent. 

Trotz    dieser    schlimmen   Bedeutung    dieses  Buchstabens   fange 


Nestle,  Aus  einem  sprachunssensöhaftltchen   WerJc  von  1539.      609 

im  Hebräischen  und  Syrischen  das  Wort  „gut"  mit  ihm  an,  wie 
in  der  Genesis:  Gott  sah  alles  was  er  gemacht  hatte  und  siehe 
Tou  m  e  o  d  honum  valde.  Qui  hebraicarum  literarum  secreta 
rimantur,  per  Tou  vitam,  per  M  e  o  d  mortem  interpretantur.  Multi 
quippe  non  nasci  longe  melius  censuerunt  aut  quam  citissime  aboleri. 

Die  Grammatiker,  Mathematiker  und  Astrologen  schreiben  dem 
Buchstaben  eine  gute  Bedeutung  zu  :  in  ea  gaudere  solem  et  trino 
aspectu  ascendens  aspicere ,  domumque  esse  scientiae  et  fidei ,  ac 
religionis  et  longae  vitae.  .  .  . 

Constare  hanc  literam  Hebraeorum  magistri,  qui  de  huiusmodi 
literis  tractaverunt,  alii  ex  Caph  et  Vau,  alii  ex  Caph  et  Zain.  .  .  . 
Chaldaeorum  Teth  ex  Olaph  et  Hheth,  aut  ex  Zzode  et  Vau  constat 
(1  +  8  =  9,  oder  60 -f- 90).  Folgen  noch  ähnliche  Ausdeutungen 
namentlich  der  Form  des  griechischen  &  und  des  äthiopischen  jfH, 
das  einem  umgekehrten  hebräischen  V  gleiche. 

Vom  zehnten,  so  kleinen  Buchstaben  heißt  es  Bl.  104: 

Auetores  qui  Hebraicarum  literarum  formas ,  numerationes  et 
nrystica  in  eis  latentia  sensa  explicant ,  magna  in  hac  litera  Jod 
inesse  asseverant,  illamque  tanquam  alterum  chaos  et  primam  vhjv  [!] 
ylin  omnium  numerationum  et  prineipium  exhibent :  praegnantemque 
esse  contendunt  et  prolificam,  cum  tarnen  puneti  locum  obtineat 
et  impartibilis  fere  sit,  parva  quidem  visu,  sed  magna  effectu,  ut 
non  ab  re  ineffabile  illud  Dei  nomen  Jehouah,  quod  Tetragrammaton 
appellant,  ab  illa  incohare  voluerit,  et  Servator  noster  Jesus  nomen 
suum  ab  eadem  auspicatus  sit,  cuius  typum  gerebat  ille,  de  quo 
dixit  annosa  mater,  risum  fecit  mihi  dominus,  a  cuius  matris  nomine 
(ut  supra  tactum  fuit)  quod  cum  adhuc  sterilis  esset  atque  in- 
foeeunda  Sarai  erat,  omnipotens  deus,  foeeundam  illam  atque  pro- 
lificam esse  volens,  Jod  literam  auferens,  Sarah  inquit  nomen  eius 
erit,  auferensque  ab  eo  Jod  primam  ipsius  ineffabilis  nominis  literam, 
quae  denarium  indicat ,  et  secundaria  eiusdem  nominis  He  scilicet, 
quae  quinarium,  dimidium  denarii  numerum  ostendit,  sustituens 
filio  praestituit  atque  quod  uni  abstulit  alteri  concessit,  nee  tarnen 
ullum  eorum  virtute  literarum  suis  nominis  expertem  esse  voluil 
sed  nee  conjugem  illius  .  .  .  Abraham  .  .  .  partem  deeimae  ab 
uxore  ablatam  illius  nomini  subintulit. 

Unzählig  seien  die  Ausführungen  der  Grammatiker  und  Mathe- 
matiker über  die  Bedeutung  der  Zehnzahl. 

Das  hebräische  3  bildet  caput  semicirculi  dextri  ac  limae  faciem 
reddit,  ut  non  ab  re  ab  Latinis  dictum  iüisse  arbitrer  C  literam 
inversam  Hebraeorum ,  scilicet  Chaldaeorumque  more  scriptam  foe- 
minam  repraesentare  et  caiam  significare.  Quae  itidem  mutato 
ordine,  inversis  nimirum  cornibus,  Chaldaeae  Hebraeaeque  oppositis 
constituta  masculum,  scilicet  Solem,  in  sacris  ac  mysticis  sensibus 
designare  valet.  Für  C  =  Caius  oder  Gaius  wird  Probus  und 
Quintilian   angeführt;    die   Astronomen  geben   dem  Buchstaben  eine 


610      Nestle,  Aus  einem  sprachwissenschaftlichen   Werk  von  15-39. 

glückliche  Deutung,  ihn  mit  Jupiter  in  Verbindung  bringend;  um- 
gekehrt laute  das  griechische  (und  lateinische)  Sprichwort: 
ncmna  öiTtXovv  av&Qwitov  xccxov  tQta  YMitna  xuKißTa, 
nämlich  Kappadozier,  Kiliker  und   Kreter. 

Et  in  libris  Sibyllinis  (si  beato  Augustino  credimus)  trium 
istarum  literarum  mentio  facta  est,  per  quas  Cornelii  tres  designari 
videbantur  (Sylla,  Cecinna,  Laetulus).  Hinc  etiam  Plautus  simili 
schemate  furem  trium  literarum  hominem  appellavit.  Beim  römischen 
Gericht  habe  c  die  condemnatio,  a  absolutio,  n.  1.  non  liquere  be- 
deutet. Augustus  vero  .  .  .  tertiam  iudicibus  tabellam  tradidit  ut 
qui  condemnandi,  aut  certe  absolvendi ,  dumtaxat  notam  haberent, 
ignoscendi  quoque  calculum  haberent,  quo  accusato  ignoscendum 
veniamque  dandam  demonstrarent. 

Über  den  Unterschied  in  der  Aussprache  von  z  und  p  sagt 
er,  daß  die  Juden  das  erstere  liberiori  oris  hiatu  superioribus  in- 
feriora  labia  comprimentes  proferunt.  Coph  vero,  decimam  nonam 
literam ,  quae  pro  k  et  q  nobis  succurrit  productis  aliquantulum 
labiis  et  arcuata  ac  ad  radices  anteriorum  dentium  adpulsa  lingua, 
rotundo  ore ,  obtuso  nihilominus  vocis  sonitu  enunciant ,  ne  unum 
pro  altero  redere  videantur. 

Vom  b  sagt  er: 

Constare  illam  perhibent  (qui  de  Hebraeorum  literis  tractaverunt) 
ex  Vau  et  Caph,  Vau  superiora,  Caph  inferiora  eius  occupat.  Alta 
petit  Vau,  sed  Caph  cornu  contendit  ad  ima.  .  .  .  Astrologi  malam 
domum  ac  tenebrarum  puteum  appellant,  Saturnumque  humanae 
naturae  eversorem  in  ea  gaudere.  Im  Anschluß  daran  allerlei  über 
X  bei  den  Griechen  (Aristophanes)  und  Lateinern  (LLL  in  Terracina 
nach  Cicero ;  11  =  Sesterz). 

Ebenso  soll  7:  aus  i  und  3  bestehen,  sed  alio  atque  alio  modo  . .  . 
et  istorum  elementorum  conformem  conflatum  difformes  vero  nutus 
latissime  nostris  temporibus  Egidius  Cardinalis  in  libello  de  Hebraicis 
elementis  tractavit. 

Quia  de  Mem  et  Nun  immensas  ut  sie  dicam  clisputationes 
faciunt  qui  de  illis  tractaverunt,  non  progrediar  ulterius.  Constare 
tarnen  Hebraicum  Nun  ex  duobus  Jodin  videtur,  superiore  et  in- 
feriore, ut  unum  caput  alterius  conscendat,  sed  extremum  non  nihil 
in  sinistrum  latus  caudam  pi*otendat.  .  .  .  Sunt  praeterea  qui  Nun 
conflari  ex  Zain  velint  et  Jud. 

Das  Schluß-Nun  bedeutete  mit  seinem  langen  Schwanz  für 
Israel  lange  Gefangenschaftszeiten,  ut  magistri  Hebraeorum  asserunt. 
Die  Zahl  50,  die  es  bedeutet,  spiele  eine  besondere  Rolle  in  clavis- 
illis  Salomonis  in  templo  domini  aureis  und  sonst. 

Vom  Samech  sagen  die  Theologen  sexti  millenarii  esse  sym- 
bolum,  quem  Messiae  foelicitati  consecraverunt.  Über  seine  Form 
allerlei  Spekulationen,  zum  Teil  nach  Egidius. 

Ain  vel  Gain  ...  ita  gutturalis,  ut  nullo  penitus  in  sui  pro- 
latione  videatur  indigere  instrumento,  quandoquidem  ex  intimis  ut 


Nestle,  Aus  einem  sjrrachicissenschaftlichen    Werk  von  1539.      ßH 

aiunt  pulmonibus  premenda  sit  ...  nonnulli  inter  instrumenta 
proferendi  literas  nasum  quoque  addendum  censuerunt.  Er  verweist 
für  diesen  Buchstaben  auf  das  Buch  qui  Sepher  thenuoth  i.  e. 
liber  figuraram  inscribitur  und  auf  Egidius;  danach  besteht  es 
aus  Vau ,  Zain  und  Nun ,  erinnert  aber  auch  an  den  Buchstaben 
des  Pythagoras. 

Pe  soll  aus  Kaph  und  Jod  bestehen,  altissirnurn  apostoli  my- 
sterium  referens  qui  divinae  fiunt  nuptiae.  Ac  Jod  quidem,  quod 
maris  formam  habet,  Caph  quod  feminae  (ut  dictum  fuit)  utero 
est  persimile ,  iungitur ,  sponsi  sponsaeque  arcanam  laetitiam  et 
ineffabilia  divinorum  fructuum  seminaria  pietatis  studio  potius  quam 
inquisitionis  audatia  vestiganda  designat. 

Den  18.  Buchstaben  umschreibt  er  selbst  Tzode  und  berichtet, 
daß  literam  istam  Hebraeorum  magistri  et  qui  inter  christianos  de 
literis  Hebraeorum  tractaverunt  alii  Z  a  d  d  i ,  ut  Rabi  Dauid  Kimhi 
in  suo  Miclol ,  alii  Z  a  d  i  k  ,  alii  Z  a  d  e  ,  alli  T  z  a  d  e  ,  alii  T  s  a  d  e , 
alii  Z  a  d  e  c  h  ,  alii  S  a  d  e  nominaverunt.  Quorum  varietas  ,  quid 
aliud  nobis  insinuare  potest,  quam  variam  ipsius  literae  prolationem 
et  minus  fortasse  bene  intellectam.  .  .  .  Zadich  fortius  ac  maiori 
cum  impetu  et  ut  geminatum  zz  pronunciandum  est,  wie  in  idiomate 
Italico  et  ut  aiunt  vulgari  ac  materno  .  .  .  fortezza,  bellezza, 
allegrezza  .  .  .  Proinde  qui  hanc  literam  per  t  et  z  Tzade  aut  per 
t  et  s  Tsade  scribunt  et  proferunt ,  non  mihi  videntur  Hebraice, 
sed  Arabice  atque  Vandalice  et  scribere  et  proferre,  qui  quartam 
decimam  (de  Punicis  loquoi')  alphabeti  literam  huic  respondentem 
T  z  a  t  appellant.  Et  quo  ad  Vuandalos  spectat,  qui  quartam  illorum 
alphabeti  literam  Tzeds  nominant  et  pro  ts  accipiunt.  Quernad- 
modum  etiam  qui  pro  c  aut  t  sequente  vocali,  aut  etiam  pro  z 
simplici  aut  etiam  geminato  Taf  et  Zita  graecum  ponunt  scribentes 
pro  laetitia  literis  graecis  Itrix&u ,  cdleyQer'^a ,  T&Qßco ,  iuui&x&u 
Allegrezza,  ceruo,  amicitia  et  in  multis  aliis  Arabes  videntur  aemulari, 
non  graeco,  sed  nee  etiam  latino  more  scribere  aut  proferre,  quando 
quidem  apud  Graecos  et  Latinos  t  et  z,  nee  z  et  t,  quin  nee  ts 
in  eadem  syllaba  convenire  possint ,  tarn  in  prineipio ,  quam  in 
dictionis  medio,  ut  vel  medioeriter  in  utraque  lingua  doctis  notum 
esse  potest.  Quodsi  in  superioribus  a  nobis  Tzarchasiam  scriptum 
fortasse  quispiam  objiciat,  noverit  ita  scriptum,  sicut  nostro  tempore 
scribunt,  qui  inde  ad  nos  in  Italiam  veniunt  quando  (pro  generis 
infoelicitate)  sub  barbarorum  ditione  consistant.  Armeni  quoque 
hanc  literam  <A«i//t^-  Tzadse,  vel  Zzada>  appellant,  scribentes  per 
quartamdeeimam  sui  alphabeti  literam  quae  Tzza  vel  Zza  vel  etiam 
Dha  ab  illis  appellatur.  Indi  etiam  Zadi  illam  denominant  .  .  . 
Chaldaei  vero  (ut  dictum  est)  ac  Syri  Zode  appellant  et  licet  per 
unum  z  scribunt,  duplicis  tarnen  illi  z  prolationem  tribuunt.  .  .  . 
Dentibus  utraeque  linguae  adpulsu  accedente  atque  vehemenli  ac 
subito  (si  dici  potest)  retractu  proferri  debent.  Quibus  cum  litera 
Ain  quae  non  multum  ab  his  dissimilis  est,  ad  iuvenum  et  mortalium 


612      Nestle,  Aus  einem  sprachwissenschaftlichen   Werk  von  1539. 

eruditionem  Pythagoram  usum  fuisse  asseverant.    Quod  et  Virgilius 
sive  quisquis  ille  sit,  ostendit  in  carmine  illo  dicens 
Litera  Pythagorae  discrimine  secta  bicorni 
Humanae  vitae  specimen  perferre  videtur  etc. 
Hanc   hospes    ille   tficpQav   Kai   öeivbg  tcsqI  ßocptav  Cordatus  (inquit 
Cebes  Thebanus)  et  gnarus  sapientia,  sermone  vero  et  opere  Pytha- 
goricam   quandam  et  Parmenidicaui  emulatus  vitam  qui  sacellum  et 
picturam  quandam  Saturno  dedicans  pulchra  siinilitudine  insinuavit. 
Folgt    weiteres    über    die  Tafel    des  Cebes    und    8  Verse  (Nam  via 
virtutis  dextram  tenet  ardua  callem  etc.)  ut  optime  etiam  Hesiodus 
Ascreus    Poeta   dixerit ,    nebst    dem    Wort   des    Aristoteles    radices 
disciplinae    amaras    esse,    fructus    vero    dulces    und    des    Plato    im 
Carmides:  anovi  Sr\  ecprjv  to  ifibv  ovccq  el're  xsgdrcov  elxe  öl'  ilicpavxog. 

Quopb  seu  Coph  vel  Kopb ,  quando  pro  tribus  hisce  literis 
nobis  servire  commode  potest,  commodius  tarnen  ac  proprie  magis 
pro  q  accipitur.  ...  Et  licet  bujus  literae  pronunciatio  et  praece- 
dentis  Copb  [=  3]  eadem  esse  videatur,  Elias  tarnen  ille  Cbaldaeus 
(de  quo  supra  mentionem  fecimus)  in  ipsius  literae  pronunciatione 
linguam  (si  dicere  fas  est)  arcuabat ,  extremitatem  nimirum  illius 
sive  aciem  in  inferiorum  anteriorum  dentium  radicibus  collocabat 
et  labia  inferiora  cum  dentibus  superioribus  magis  quam  in  Coph 
priore  litera,  quam  Hebraei  Caph  appellant  premebat.  Folgen 
wieder  Spekulationen  über  die  Form  des  Buchstabens,  namentlich 
aus  Egidius. 

Beim  -j  wird  außer  der  Ähnlichkeit  mit  t  die  Frage  gestreift : 
quando  et  quo  nam  modo  apud  Latinos  in  alias  literas  mutata 
sit  et  apud  Graecos  Latinosve  quando  aspirari  vel  levigari  debeat 
in  principio  scilicet  dictionis  aut  syllabae  vel  in  fine  aut  quomodo 
solvenda  sit  haesitatio  illa  qua  quaeritur,  an  inter  vocales  sit  nu- 
meranda    cum    sola    ex    numero    consonantium    sit   spirituum  capax. 

Sin  vel  Sein  ist  verwandt  mit  Samech  und  Thau,  seine  Form 
triplici  quodammodo  molari  dentem  compaetam  ac  ex  tribus  Zodin 
et  Coph  constare  illam  videmus.  Dies  gibt  Anlaß  zu  einer  Er- 
örterung über  die  Schreibung  des  Gottesnamens. 

Der  letzte  Buchstabe,  das  n ,  erinnert  natürlich  an  das  Kreuz : 
sicut  omnium  elementorum  finis  est  Thau,  sie  omnium  librorum 
veteris  testamenti,  qui  totidem  numero  sunt,  quod  alphabeti  sunt 
literae,  Crux  Christi  finis  est.  Für  die  Juden  ist  es  Symbol  der 
Thora.  Conficitur  autem  Hebraicum  Thau  vel  ex  Res  et  Nun  (ut 
ait  autor  libri  de  literis  Hebraicis)  vel  ex  Caph  et  Vaw. 

Das  nächste  Kapitel  (XI)  handelt  de  Numeris  et  modo  nu- 
merandi  ae  literis  nominibusque  numeralibus  Chaldaeorum  etc. 

Mit  Buchstaben  bezeichnen  die  Zahlen  Hebräer,  Araber,  Ar- 
menier, Griechen,  Mazedonier  und  Dalmatiner;  Punici  vero,  Latini 
et  Indi  aliis  notis  sive  ciphris  in  numeris  insinuandis,  vario  ut 
quisque  primum  exeogitavit  modo,  effigiatis  utuntur. 

Kap.  XII  de  syllabis  servilibus,    was  wir  (Pronominal-)Suffixe 


Nestle,  Aus  einem  sprachwissenschaftlichen   Werk  von  1539.      613 

nennen;  anderes  in  tempus  aliud  ad  explicandum  reservantes,  cum 
(Deo  propitio)  de  nomine  et  verbo  ac  caeteris  orationis  partibus 
iusto  volumine  traetabimus.  Daran  schließt  sich  der  Abschnitt 
über  den  auf  Diktat  erfolgenden  Druck  des  Werkes ,  den  ich  im 
Centralblatt  für  Bibliothekswesen   1899,  S.  493  ff.  mitteilte. 

Das  XIII.  Kapitel  ist  dem  Armenischen  gewidmet,  Bl.  142 — 176. 
Am  Schluß  sagt  er :  Ego  ipse  (novit  Deus  quia  non  mentior)  avxo- 
didcy.Tog  extiti.  In  Potkens  Psalter  habe  er  über  200  Fehler  ge- 
funden, das  sage  er  aber  nicht  ut  amicissimum  virum  taxaremus, 
cui  quod  ad  Indorum  linguam  primus  viam  nobis  aperuit,  plurimum 
debere  fatemur.  Zuletzt  kommt  er  noch  auf  das  Verhältnis  der 
(modernen)  Dialekte  zur  Muttersprache  zu  sprechen : 

Xunquid  propter  hoc  illos  taxare  mens  fuit,  qui  vulgarem 
eorum  linguam  prae  caeteris  summis  laudibus  extollunt,  et  quanto 
magis  a  latina  dictione  discedit ,  eo  amplius  commendant.  Rogati 
nihilominus  circa  literarum  mutationem  si  unquam  /  litera  in  aspi- 
rationis  notam  h  scilicet  mutatur .  profecto  respondent  quod  non. 
Cum  tarnen  latinam  dictionem  Claro  in  obliquo  casu  pro  lucido 
atque  lucenti  in  materna  seu  (ut  aint)  vulgari  lingua  Cbiaro  per 
c  h  et  i  scribendum  fore  contendant,  vellem  ego  (citra  tarnen  con- 
tentionem)  ut  qui  huius  modi  praeeeptiones  tradunt,  Lygurem  quem- 
piam,  Orobiensem,  Patavum,  Faventinum,  Tuscum,  Praenestinum 
aut  Calabrum  rusticum  ac  literarum  penitus  expertem  aliquant 
latinam  dictionem  in  obliquo  casu  proferre  rogarent  et  ad  singu- 
larum  prolationes  animadverterent,  illos  profecto  sententiam  omnino 
mutaturos  crediderim. 

Nur  im  Vorübergehen  sei  angeführt ,  daß  sich  daran  die  Be- 
schreibung und  Abbildung  eines  von  seinem  Verwandten  Afranius 
erfundenen  Fagots  reiht ,  die  für  die  Musikliebhaber  wichtig  ist. 
Dann  folgt  das  Lob  seiner  Zeit  und  Vaterstadt,  wobei  die  Ver- 
dienste seiner  Mitbürger  und  Zeitgenossen  um  die  verschiedenen 
Wissenschaften  und  Künste  aufgeführt  werden  —  für  die  Kultur- 
geschichte des  XV.  und  XVI.  Jahrhunderts  lehrreich  —  z.  B.  des 
Charadossus,  von  dem  er  sagt:  Vidi  ego  Roinae  Corniolas  (quas 
vocant)  et  alios  id  genus  Lapides  Praeciosos  ab  illo  insculptos 
passim  ab  expertis  et  magnis  viris  pro  antiquis  aeeipi  et  vetustio- 
ribus  saepe  praeponi  et  non  vili  praecio  comparari. 

Von  Blatt  184  folgen  syrische  und  armenische  Lesestücke  im 

■  mit  Transkription  und  Übersetzung  aus  Lk.  II  (nicht  1 1. 
Mt.  VI,  der  englische  Gruß,  Mt.  22  nur  noch  mit  Übersetzung, 
Gebet  an  Maria,  Magnificat,  aus  Job.  I,  Mt.  V,  X;  Apostolisches 
Glaubensbekenntnis.  Am  14.  Juli  1537  wollte  er  in  Ferrara  sein 
Werk  vollenden;  da  bekam  er  am  Tag  des  h.  Antonius  von  Ji 
Baptista  Paucidrapo  de  Burgo  Franco  Papiensi  Bibliopolae  apud 
Venetos  ad  Anchoram  Federici  Asulani  moram  trahente  einen  Brief 
cum  Libello  Duodecim  Linguarum  Postelli  Barentonii.  Dem  ihm 
befreundeten  Herausgeber  hatte  er  Dominicam  (ut  aiunt)  Salvatoris 


ß!4      Nestle,  Aus  einem  sprachwissenschaftlichen    Werk  von  1539. 

nostri  orationem  typis  meis  Chaldaicis  atque  Armenicis  excussam 
übergeben  und  nonnulla  ab  illo  petita  Alphabeta.  Da  er  diese 
nicht  aufgenommen  hatte ,  teilt  sie  Albonesius  samt  den  von  ihm 
mit  Postel    gewechselten  Briefen    im  Anhang   mit.    —    Diese  sind : 

1.  Alphabetum  Jacobitarum. 

2.  Aliud  eorundem  Alphabetum,  quo  magis  Cophtitae  speciatim 
utuntur.  (Mens  fuerat  ante  patriae  meae  ruinam,  orationem  Domi- 
nicam et  Apostolorum  Symbolum  et  quaedam  alia  Jacobitarum 
literis  et  lingua  in  lucem  edere ,  quae  Vulcano  ardente  una  cum 
multis  aliis  mihi  ablata  fnerunt.)  Das  hier  Gebotene  entnahm  er 
einem  arabischen  Evangelium  mit  koptischen  Glossen. 

3.  BiQyiMov  cpiXoaöopov  aX<pccßr\xov  (mit  griechischer  Umschrift). 

4.  AtcoXXcovlov  Tiavsag  ccXcpaßrjxov  (mit  griechischer  Umschrift). 

5.  rgcc^^icita  xa  xakov{ieva  UQoyXvcpiYxc  (Suprascripto  alphabeto 
nullae  aderant  aliae  adscriptae  literae). 

6.  AXcpaßrpov  BaßvXmvixov  (mit  griechischer  Umschrift). 

7.  AXcpäßr\xov  EXXijvixov. 

8.  AXcpüßi]xov. 

9.  Alphabetum  Chaldaeum. 

10.  Aliud  Alphabetum  Chaldaeum. 

11.  [Samaritanum]. 

12.  Adae  Protoplasti. 

13.  Hebraeorum  Alphabeta  ex  variis  qui  Solomoni  attribuuntur 
libris  et  interprete  eius  Apollonio. 

14.  Aliud  alphabetum  (mit  3   e). 

15.  Indorum  literae. 

16.  Aliud  alphabetum  Indorum. 

17.  Assyriae  sive  Syriacae  aut  Phoenicum  literae. 

18.  Saracenorum  alphabetum. 

19.  Alphabetum  Aegyptiacum  (beginnend:  athomus  benithi 
chinoth). 

20.  Aliud  alphabetum  Aegyptiacum  (beginnend :  athoin  binthin 
chinoth). 

21.  Etruscorum  alphabetum. 

22.  Aliud  Hetruscorum  alphabetum. 

23.  Alphabetum  Gotthicum  (s.  darüber  meine  Mitteilung  in  der 
Zeitschrift  für  Deutsche  Philologie  XXXII,  140  f.). 

24.  Ein  (lateinisches)  Alphabet  entnommen  einem  großen  Bande 
der  Bibliothek  des  Antonii  de  Fantis  Tarvisini. 

Longobardorum,  Vtopiensiumque  literas  et  scribendi  modum  in 
praesentia  publicare  distulimus. 

In  Rom  sah  er  unter  Leo  X.  Schreiben  des  Metropoliten  von 
Groß-Iberien  Grecis  quidem  sed  a  communibus  admodum  differen- 
tibus  literis  scriptas  cum  sigillo  in  quo  divi  Georgii  martyris  imago 
impressa  erat.  ...  et  subscriptione  manu  ipsius  Metropolitae  scripta 
cum  literis  usque  adeo  tortuosis  et  in  nodi  Herculei  modum  Capreo- 
latim  intextis,  ut  unde  principium  caperet  et  finem  omnino  facerent 


Nestle,  Aus  einem  siirachwissenschaftlicheri  Werk  von  1539.      615 

nee  lyneeis  quidem  oculis  quisquam  cernere  potuisset.  Literarum 
quippe  illarum  lineae  eo  modo  altera  super  alteram  ducebantur  ut 
nee  Joarmis  Antonii  Taiantis  phantastica  litera  sie  perplexa  atque 
involucris  variis  irretita  videatur.  Ihr  Faksimile  könnte  man  hier 
sehen ,  si  non  illa  patriae  infoelicis  meae  immanis  illa  ac  semper 
deflenda  calamitas  extremunque  exitium  mihi  cum  reliqua  librorum 
numerosa  supellectile  abstulisset.  Zum  Schluß  kommt  er  auf  die 
Verschiedenheit  der  arabischen  Schriften  und  Dialekte  zu  sprechen, 
und  vergleicht  dabei  den  Petrus  von  Alcantara,  den  Lagarde  uns 
wieder  zugänglich  machte ,  mit  Posteis  Einleitung ,  verweist  auch 
auf  die  Margarita  philosophica'  Geoi'gii  Reisci  Chartusiani.  Schließ- 
lich fehlt  auch  nicht,  was  an  den  Teufel  Bitru  erinnert,  ein  Faksimile 
von  (212  v)  Ludouici  Spoletani  praeeeptum  siue  (ut  vulgo  dicitur) 
coniuratio.  Cum  subscripta  Daemonis  responsione  mit  der  ver- 
nünftigen Bemerkung : 

Quid  vero  characteres  illi  insinuarent  quamve  responsionem 
ad  quaesita  redderent,  scire  omnino  non  curavi.  Quandoquidem 
vanas  Magorum  superstitiones  et  somniis  similia  deliramenta  naturali 
quodam  semper  odio  prosecutus  fuerim,  nee  mihi  quispiam  persuadere 
unquam  potuerit,  ut  talia  placerent. 

Einen  Teil  seiner  Arbeiten  hatte  er  einem  Calvo  geliehen  und 
bis  jetzt  nicht  mehr  zurückerhalten;  so  schließt  er: 

Ego  interim  bonorum  omnium  virorum  ac  studiosorum  et 
utriusque  praeeipue  Calvi  amicitiam  non  recusabo.  Quorum  etiam 
gratia  tot  literarum  genera  in  praesenti  nostra  Chaldaica,  Syriaca 
atque  Armenica  introduetione  et  adnexa  appendice  in  lucem  dedi, 
plura  daturus,  si  modi  ista  placuisse  cognovero  et  misericors  Deus 
pro  sua  benignitate  concesserit. 

Die  Schlußschrift ,  der  noch  vier  Seiten  Errores  emendati 
folgen,  lautet: 

Excudebat  Papiae.   Joan.   Maria  Simoneta  Cremonen. 

In  Canonica  Sancti  Petri  in  Ccelo  Aureo.  Sum- 

ptibus  et  Typis,  Autoris  libri.  Anno  ä  Vir- 

ginis    Partu.      1539.      Kai'.    Martij. 

Ich  denke ,  es  war  der  Mühe  wert  durch  diese  Auszüge  dies 
sprachwissenschaftliche  Werk  von  1539  bekannter  zu  machen,  als 
es  bisher  gewesen  ist. 

Anhangsweise  hebe  ich  noch  ein  paar  Einzelheiten  aus  dem 
Werke  aus: 

1.    Die   römische   Jesusmünze   mit   hebräischer   Umschrift. 

Vor  wenigen  Jahren  berichteten  unsere  Tageszeitungen,  daß 
in  der  Pariser  Societe  des  Antiquaires  eine  Jesusmünze  mit  hebrä- 
ischer Umschrift  große  Aufmerksamkeit  erregt  habe.  Die  Leipziger 
Illustrierte  Zeitung  brachte  eine  Abbildung.  Niemand  erinnerte 
sich  damals,  daß  schon  vor  20  Jahren  F.  D.,  d.  h.  Franz  Delitzsch. 


616      Nestle,  Aus  einem  sprachwissenschaftlichen   Werk  von  1539. 

in  der  Luthardt'schen  Kirchenzeitung  1884,  Nr.  8 ,  Sp.  175 — 177 
unter  dem  Titel  „Reformationsgeschichtliche  Curiosa"  als  erstes 
„die  Jesusmünze "  behandelt  hatte,  unter  Verweisung  auf  Wagenseil, 
Sota  1674.  4°,  Saat  auf  Hoffnung  V,  132.  Delitzsch  übersetzt  den 
Schluß :   et  homo  ex  homine  factus  vivit,  und  gibt  folgende  Lesung : 

■"■)»*    DT 

■»n 

Ein  neues  Zeugnis  haben  wir  bei  Albonesius ,  der  Bl.  21  v 
22 r  erzählt: 

Et  anno  praeterito  in  aere  confiatam  Servatoris  nostri  imaginem 
ostendit  mihi  Matrona  illa  sanctissimae  vitae ,  cuius  nomen  (ne 
illam  castissimasque  eius  aures  offendam)  silentio  involvam ,  cum 
Ferrariam  pertransiret ,  navique  Venetias  profectura  per  Padum 
veheret,  in  cuius  altera  numismatis  parte  literae  conflatae  seu  per- 
cussae  videbantur,  quarum  sensus  talis  erat:  Messias  rex  venit  in 
pace,  Deus  homo  factus  est,  vel  incarnatus  est. 

2.    Das  Wort    missa    sei    hebräisch. 

Bl.  14 r  erzählt  Albonesius,  unter  Leo  X.  seien  verschiedene 
syrische  Geistliche,  Diakonen  und  Subdiakonen  nach  Rom  gekommen; 
ihrem  Priester  sei  erst  gestattet  worden  feierlichen  Gottesdienst  zu 
halten,  nachdem  iUbonesius  von  dem  Kardinal  des  h.  Kreuzes  den 
Auftrag  erhalten  ad  verbum  (quod  dicitur)  libellum  missae  chaldaicae 
transferendi.  In  diesem  Zusammenhang  erklärt  er  das  Wort  missa 
für  hebräisch,  indem  er  sagt: 

Quorum  Sacerdos  cum  divinam  lyturgiam  (quam  Missam 
hebraico  nomine  appellamus)  celebrare  sacraque  deo  offerre  munera 
intenderet,  nee  prius  illi  permissum  u.  s.  w. 

Wer  hat  diese  Deutung  aufgebracht '? 

Ich  finde  sie  zur  gleichen  Zeit  in  Guilielmi  Postelli  Baren. 
Doleriensis  de  Originibus  seu  de  Hebraicae  linguae  et  gentis  anti- 
quitate  deque  variarum  linguarum  affinitate,  Liber.  (Parisiis  1538). 

Dasselbe  enthält  —  die  Blätter  sind  nicht  gezählt  —  einen 
Abschnitt  Voces  Latinis  Gallis  et  Hebraeis  et  quandoque  Graecis 
communes ,  ut  se  promiscue  offerunt.  Derselbe  nennt  an  dritter 
Stelle  nach  n'l^y  a  1  m  a  quo  ütulo  ob  insignem  integritatem  beatam 
virginem  donamus  und  fnso  siffra,  chiffre,  nc":  missa  oblatio  non 
a  mittendo  ut  vulgo  dieunt. 


617 


The  Prototype  of  the  Magnificat.1 

By 
Paul  Haupt. 

My  soul  doth  magnify  the  Lord,  Magnificat  anima  mea 
Dominum,  is  the  beginning  of  the  hyrnn  in  Luke  1,  46 — 55.  The 
Magnificat  was  used  in  the  daily  Service  of  the  Church  as  early 
as  550  a.d.  It  was  at  first  omitted  from  the  American  Prayer- 
book,  but  was  restored  in  1886.  Harnack  has  shown  in  the  Pro- 
ceedings  of  the  Royal  Academy  of  Berlin  (1900)  that  the  Magnificat 
is  not  the  canticum  beatae  Marias2  cirginis  but  the  song  of 
Elisabeth,  the  wife  of  Zacharias  and  mother  of  John  the  Baptist. 
His  paper  is  entitled  Das  Magnificat  der  Elisabeth.  The  same 
opinion  was  expressed  in  1897,  in  the  Revue  d'histoire  et  de 
litterature  religieuse,  by  Jacobe,  which  is  probably  a  pseudonym 
for  Alfred  Loisy,3  the  noted  Biblical  critic  of  the  Sorbonne,  for- 
merly  Professor  at  the  Institut  catholique,  Paris,  whose  petit  Uwe 
on  the  Gospel  and  the  Church4  has  attracted  so  much  attention 
in  France.  Loisy's  L'evangile  et  Veglise  (Paris,  1900)  is  directed 
against  Harnack  s  Wesen  des  Christenthums  (Leipzig,  1900). 
St.  Jerome  said  (about  389  a.d.)  in  his  translation  of  Origen's  seventh 
homily  on  St.  Luke :  non  enim  ignoramus  quod  secundura  alios 
codices  et  haec  verba  Elisabeth  vaticinetur/-'  The  Magnificat  of 
Elisabeth  is  the  pendant  to  the  hyrnn  in  Luke  1,  63 — 79,  com- 
monly  known  as  the  Benedictus  of  Zacharias."  Both  must  be 
regarded  as  Greek"  versions  of  Maccabean  psalms,^  inserted  by 
the  author  (about  100  a.  d.)  of  the  Third  Gospel,  not  as  his  own 
poetic  compositions,  as  Harnack  supposes.1'  The  Magnificat  is  very 
similar  to  the  Old  Testament  psalm,  commonly  known  as  the  Song 
of  Hannah,  which  we  find  in  1  S  2,  1 — 10.  This  prototype  of  the 
Magnificat  represents  one  of  the  latest  additions  to  the  Books  of 
Samuel,  just  as  the  late  post-Exilic  liturgical  hyrnn  for  the  Passover, 
which  appears  in  Ex.  15  as  Moses'  Song  of  Triumph,  seems  to  have 
been  inserted  long  after  the  completion  of  the  Pentateuch.10 

Thenius'11  theory  (adopted  by  Böttcher)  that  the  Song  of 
Hannah  is  a  psalm  of  David,  celebrating  bis  victory  over  Goliath 
Bd.  LVIII.  •]<> 


(}1(S  Haupt,   The  Frutohjpe  of  the  Magna ficat. 

and  the  defeal  of  the  Fhilistines  (1  S  17,  52)  is  untenable,  and 
Keil's12  opinion,  that  the  poem  may  have  been  recited  by  Hannah, 
is  impossible.  Even  so  conservative  a  critic  as  Canon  Driver13 
adrnits  that  the  Song  of  Hannah  in  style  and  tone  bears  the  marks 
of  a  later  age.  Nor  do  the  thoughts  appear  as  the  natural  ex- 
pression  of  one  in  Hannah's  position;18  the  poem  is  manifestly 
incongruous  to  the  Situation  it  is  supposed  to  illustrate.  The  tone 
of  the  Song  of  Hannah  (as  well  as  of  the  Magnificat  and  the 
Benedictus)  is  national  (so  Hensler,  1795)  rather  than  individual. 
I  believe.  with  Seilin,14  that  the  Song  of  Hannah  refers  to  King 
Jehoiachin  of  Jndah,  who  was  carried  captive  by  Kebuchadnezzar 
(597  b.  c.)  to  Babylon  where  he  remained  in  confinement  until 
Nebuchadnezzar's  son  and  successor,  Evil-Merodach  of  Babylon, 
lifted  up  the  head  of  Jehoiachin  out  of  prison  (562  b.  c.)  in  the 
37th  year  of  his  captivity,  spake  kindly  to  him,  and  set  bis  throne 
above  the  throne  of  the  kings  that  were  with  him  in  Babylon. 
He  changed  his  prison  garments  and  he  did  eat  bread  continually 
before  him  all  the  days  of  his  life.15  According  to  %*  v.  3  of 
the  Song  of  Hannah  is  directed  against  Nebuchadnezzar  and  all 
the  nations  that  will  rule  over  Israel. 

It  is  a  mistake  to  suppose  that  the  last  line  of  the  poem  is 
a  subsecpient  liturgical  addition,  although  this  view  is  advocated  by 
Bickell,1''  Klostermann.17  Kuenen,18  Cheyne,19  Löhr,20  K.  J.  Grimm.-1 
and  recently  by  Gunkel  22  in  his  Selected  Psalms.    The  final  couplet, 

The  Highest  in  Heaven  destroys  them,     He  judges  the  ends  of  the  earth, 
Imparting  strength  to  His  King,  exalting  the  horii39  of  His  Anointed, 

refers  to  Jehoiachin  who  was  regarded  as  the  legitimate  king  even 
in  his  exile.     On   the  other  band  the  third  line  of  v.  S, 

For  Jhvh's  are  the  pillars  of  the  earth,     He  has  set  the  world  lipon  them, 

which  is  omitted  in  (f),  must  be  eliminated  as  a  gloss  which  destroys 
the  symmetry  of  the  poem.  This  excision  is  favored  by  Well- 
hausen,28   H.  P.  Smith,24    and  Nowack,25   while    Driver    (following 


*  Note  the  following  abbreviations — !^  =  Aquila; — AJSL  =  American 
Journal  of  Semitic  Languages  and  Literatures,  continuing  Hebraica  (Chi- 
cago);—  alt.  —  a.s  an  alternative; — AoF  =  Altorientalische  Forschungen;  — 
ASKT  =  Ahhadische  und  Sumerische  Keilschrifttexte;  —  AT  =  Altes  Testa- 
ment;—  AV  =  Authorized  Version;  —  (£  =  Ethiopic  Bible;  —  ©  =  Greek  Bible, 
(f)A  =  Codex  Alexandrinus,  ©L  =  Lucianic  Recension,  (öv  =  Codex  Vaticanus;  — 
3  0".  e.  Jerome)  =  Vulgate ;  —  JAOS  =  Journal  of  the  American  Oriental 
Society; — JBL  =  Journal  of  Biblical  Literatur e ; — JHUC  =  Johns  Hophins 
University  Circulars; — K  =  Kings; — KB  =  Keilinschriftliche  Bibliothek; — 
1.  =  line,  11.  =  lines; — ilt  =  Masoretic  text; — MSS  =  Manuscripts; — n.  =  note, 
nn.  =  notes;  NT  =  New  Testament,  OT  =  Old  Testament;  —  RV  ==  Revised 
Version ;  -  S  =  Samuel ; — S  =  Peshita;— H=  Symmachus;— SBOT  ±=  The  Sacred 
Boolcs  of  the  Old  Testament; — ©  =  Targum  (ed.  Lag.); — v.  =verse,  w.  = 
verses;— ZK  =  Zeitschrift  für  Keilschriftforschung; — ZNT  =  Zeitschrift  für 
die  neutestamentliche  Wissenschaft; — 1°  =  first  occurrence,  2°  =  second  oc- 
currenee;   x  =  first  edition,  2  =  second  edition,  &c. 


Haupt,  The  Prototype  of  the  Magnificat.  6X9 

Ewald)-0  would  remove  v.  2,  and  H.  P.  Smith-4  and  Budde-7  are 
inclined  to  cancel  v.  9C:  His  own  strength  availeih  to  no  one. 

This  psalmus  extra  canonem  consists  of  two  sections:  vv.  1 — 5 
and  6  — 10;  each  section  comprises  four  couplets,  and  each  couplet  con- 
tains  two  double-hemisticbs33  with  3+3  beats.  The  two  lines  of  v.  3. 

The  bow  of  the  mighty  is  shattered,      the  weak  are  girded  with  streDgth; 
So  much  in  haughtiness  talk  not,  nought  arrogant  come  from  your  mouth! 

must  be  transposed.  The  four  couplets  of  each  section  may  be 
grouped  in  two  stanzas;  cf.  my  metrical  reconstruction  of  Moses' 
Song  of  Triumph  in  AJSL  20,  155  (April,   1904). 

In  J.  D.  Michaelis'28  translation  the  text  is  printed  in  lines, 
but  there  is  no  strophic  division,  just  as  in  Swete's  (Ü),  the  Revised 
Version,  Budde's  edition  (SBOT)  of  the  Heb.  text,  Sievers'  Text- 
proben (1901)  p.  421,  and  Nowack's  commentary.25  Augusti  and 
De  Wette20  have  a  blank  line  before  v.  4,  while  Palm30  leaves  a 
blank  line  before  v.  9  (he  prints  12-irrbN  as  a  separate  line).  Ernst 
Meier01  assumed  six  stanzas.  of  12  lines  each,  the  hemistichs  beinsf 
broken  up  into  two  lines.  Ley32  printed  this  psalm  correctly  in 
double-hemistichs33  but  made  no  attempt  at  strophic  division  or 
emendation  of  the  received  text;  nor  has  he  given  a  metrical  anal- 
ysis  of  the  poem  in  his  Grundzüge  or  in  his  Leztfaden.:i- 
Ewald26  arranged  the  song  in  four  stanzas,  each  stanza  cönsistino- 
of  8  hemistichs  (1:  vv.  1-3;  2:  4-6;  3:  7.8;  4:  9.10);  he 
omitted  v.  2  but  retained  the  thircl  D"Oüu33  of  both  vv.  8  and  10. 
This  arrangement  was  adopted  by  Driver,13  p.  22.  Klostermann17 
followed  Bickell10  in  dividing  the  text  into  eight  stanzas  of  four 
hemistichs,  omitting  v.  2b  (so,  too,  Meier,31  while  Bickell  Cancers 
v.  2a)  and  v.  10c,  but  retaining  v.  ^c ;  Löhr20  states  that  he  arrived 
at  the  same  conclusions  independently.  H.  P.  Smith24  marks  off 
four  stanzas,  like  Ewald,-0  but  his  division,  which  is  endorsed  in 
Budde's  commentary,27  is  different,  viz.  1:  vv.  1.  2  (7  hemistichs) — 
*2 :  vv.  3 — 5  (4  +  6  hemistichs,  with  a  blank  line  before  v.  4) — 
3:  vv.  6 — 8  (4  +  4  hemistichs,  with  a  blank  line  before  v.  8  and 
excision  of  the  last  two  hemistichs  of  v.  8) — -4:  vv.  9.  10  (7  hemi- 
stichs, with  excision  of  the  third  hemistich  of  v.  9).  According  to 
Budde's  commentary  the  arrangement  of  the  text  in  stanzas  with 
four  hemistichs  is  untenable;  he  believes  that  v.  3  begins  a  new 
section,  3b  giving  the  reason  for  3a;  also  v.  4  is  according  to 
Budde  the  beginning  of  a  fresh  paragraph  and  cannot  be  separated 
from  v.  5.  In  Keuss'  AT  1,  175  34  the  translation  is  given  in  eight 
unequal  stanzas,  viz.  1 :  v.  1  (4  hemistichs)  —  2 :  v.  2  (3  hem.)  — 
B:  v.  3  (4  hem.)  — 4:  vv.  4.  5  (6  hem.)  — 5:  vv.  6.  7  (4  hem.)  — 
(i:  v.  8  (6  hem.)— 7:  v.  9  (3  hem.)— 8:  v.  10  (5  hem.).  In  Kautzsch's 
TextbibeliB  we  find  six  unequal  stanzas:  viz.  1:  v.  1  (4  hem.) — 
2:  v.  2  (2  hem.)  — 3:  v.  3  (4  hem.)  — 4:  vv.  4.  5  (6  hem.)  — 5: 
vv.  6—8  (10  hem.)  — 6:  v.  9.  10  (8  hem.).  Neithef  Reuss  nor 
Kautzsch  eliminate  any  hemistich  or  double-hemistich. 


620 


Haupt,  The  Prototype  of  the  Magnificat. 


V.  Zapletal,  in  bis  recent  publication  entitled  Alitestament- 
liches,:iG  issued  about  tbe  end  of  last  year.  arranges  tbe  Song  of 
Hannah  in  six  Couplets  and  six  Single  lines :  each  couplet  is  followed 
by  an  isolated  Single  line.  He  adopts  my  arrangement  in  double - 
hemistichs,33  but  bis  metrical  reconstruction  is  impossible.  Gunkel'2- 
divides  tbe  poem  into  six  unecpial  stanzas,  viz.  1 :  v.  1  (4  bem.) — 
2:  vv.  2.  3  (6  bem.)— 3:  vv.  4.  5  (6  bem.)— 4:  vv.  6—8  (10  bem.) 
—5:  vv.  9.  10a  (6  bem.)— 6:  v.  10b  (2  bem.).  He  considers  v.  1 
to  be  introductory  and  believes  tbat  tbe  last  two  bemisticbs  of 
tbe  poem  may  represent  a  subsecpient  liturgical  appendix. 

N.  Schlögl1'-  divides  tbe  poem  into  four  stanzas,  each  consisting 
of  four  lines  witb  3  +  3  beats.  Tbe  last  line  is  according  to 
Scblögl  a  subsecpient  (Messianic)  appendix;  it  was  not  sung  by 
Hannab,  like  tbe  preceding  lines,  but  added  by  tbe  Compiler  of  tbe 
book  at  a  time  wben  David  bad  been  elected  by  God  to  be  King 
of  the  Chosen  People  and  ancestor  of  the  Messiah ;  the  words  refer 
not  only  to  David,  the  prototype  of  Christ,  but  to  our  Savior  Himself. 

All  these  strophic  divisions  are  unsatisfactory.  As  to  the 
traditional  stichic  arrangement  in  the  Hebrew  text,  it  is  very  bad, 
much  worse  than  it  is  in  the  Song  of  the  Sea  (see  AJSL  20,  154). 
For  instance,  in  v.  1  the  blank  space  should  be  before  n»^,  not 
after  it;  in  the  same  way  there  should  be  a  blank  space  after 
"O-nN,  not  before  it;  the  scribe  evidently  did  not  like  to  leave  a 
blank  space  at  the  beginning  and  at  the  end  of  the  line;  he  also 
disregarded  the  blank  space  in  the  middle  of  the  line;  cf.  vv.  2. 
3b.  5.  6.  8ac.  9C.  Ginsburg37  has  no  stichic  arrangement,  just  as 
the  text  is  printed  in  prose  in  Lagarde's  (&L,  but  Beer  states  on 
p.  93  of  bis  edition,  Gralia  Hannae  in  codd.  scriptum  est  in 
forma  cantici,  ut  Exod.  15. 

I  subjoin  a  metrical  reconstruction  of  the  Hebrew  text  and 
a  metrical  English  rendering,35  followed  by  some  critical  and  ex- 
planatory  notes. 


'  i  m  5N  a  ":np  rwn 


^naijj 


rnrra  "3b  ybs     1 


;tN3  TiSS  vNi 


--'- 


9  t:3n:    i  rn 


■n-3  ttJinp  vn-{"3J 

mm  m;'i  bx—3 


b-r 


mn  a^aa    r,  -■£--  -3     4 


nses  zr^z  =-;•=- 
Watt  ^'r  n-p;- 


Haupt,  The  Protot ype  of  the  Magnificat.  621 

B.  iü  :r;--i  biNTB  v-iTC  rrnm  rp7aa  r>"rp     6 

IT  I  I  >  "  II 

:  3/21*172  6)sV  b"»MWa         TOW1  «'»'i'"»'»  rrn-     7 

:()dbn:n  Töa  R&di  C2'-:  da>  mö-inb 

iv  -:-■'  'rona  =-;■--•  -»«■■  iV-non  ^bai 

IT  »  I  |  I  II 

':'-'-'=:"- 2  V-;'    rrr,'  i   ° -aa"»   nbd  Kb««a 

C)yfci«-»OD»  vr  ViirsV      D*c'-r'  c-7pcn  c-p  ;"-"     10 
nrnon  -p-  d'n'^i  izb72r  -••  ■-•• 

r-'zi  3a  ((3)  -r'-z  'W  --s-'D  2b  (a) 

s-s  9  (d)  Vir  Hrrfe»  rr-  -s  »p»j  npH  Sc  (y) 

The  Song  of  Hannah. 

(1   S  2,  1—10) 

1  Through  Jhvh  my  heart  exults,  'my  God'   exalts  my  hörn;3" 
I  shout  wide-mouthed  over  enemies,40  I  joy  in  Thine  assistance. 

2  No  deity  is  there  like  Jhvh/*  no  Rock  like  our  own  God; 

3b  A  God  omniscient  is  Jhvh,  'by  Hirn'   (our)   deeds  are  weighed. 

3a  So  much  in  haughtiness/'  talk  not,         nought'  arrogant  come  from  your  mouth; 

4  The  bow's  of'  the  mighty  are  shattered,    the  weak  are  girded  with  strength. 

5  The  rieh  are  drudges41   for  bread,  the  hungry  cease  'from  their  labor', 
The  harren  woman  bears  seveu,  the  fruitful  mother  withers. 


6  Jhvh   makes  dead  and  alive,*2  He  sends  to  Hades  and  back  agaiu;1- 

7  Jhvh  makes  poor  and  makes  rieh,        abases  and  sets  men  on  high. 

8  From  dust  He  raises  the  lowly,  from  rubbish43  He  lifts  up   the  needy. 
And  makes  him  sit  among  nobles,         and  glorious  thrones  he  inherits.  () 

9  He  watches  the  feet   of  His  faithful,44   the  wicked  are  silenced  in  darkness; 
His  own  strength  availeth  to  no  one,^   it  is  Jhvh  who  shatters  his  foeY. 

10 'TheHighest' inHeaven'destroys' them, 'He'  judges  the  ends  of  the  earth,(;) 
Imparting  strength  to  His  King,45  exalting  the  hörn39  of  His  Anointed4 

(cc)  2b  there  is  no  'God'  beside  Thee  (ß)  3a  haughtiness 

(y)  8c  For  Jhvh's  are  the  pillars  of  the  earth,     Ho  has  set  the  world  lipon  them 
(d)  9     man 


ß22  Haupt,  The  Protot>ipe  of  the  Magnificat. 

Critieal  Notes  on  the  Hebrew  Text. 

V.  1.— For  M  rrffrä  2°  (omitted  in  jj)  at  the  end  of  the 
second  hemistich  read  VibNS,  following  (§  iv  &eg>  (iov,  3  in  Deo 
meo,  and  several  Heb.  MSS  (so  Wellhausen,  Klostermann,  Driver, 
Kautzsch,  Löhr,  Oort,  Budde,'-7  Nowack,  Zapletal,  Gunkel,  Schlögl1-). 

The  rhythm  of  the  first  hemistich  of  the  second  line  is  im- 
proved  by  transposing  Ül  t,  following  (öv  inlarvvd"rj  in  ix&Qovg 
f.iov  tu  Grofia  fxov  (but  (ßAL  inXarvv&r)  xb  (Trofi«  fxov  in  iffiQOvg 
(.iov).  This  transposition  is  adopted  by  Wellhausen  and  Nowack; 
contrast  Löhr,  Budde,  and  Zapletal.  Z.  reads  ■^■nN-b»  y  srn, 
with  recessive  accent,  but  this  is  not  rhythmical.  The  first  syllable 
of  a  line  should,  as  a  rule,  not  be  accented. 

For  the  recessive  accent  in  13  "^"ON  instead  of  ">D  ^"HN,  cf.  "HTN 
b^fi  (v.  4b)  and  fi*  "jn^-i  (and  pp  O'Tn)  in  the  last  line  of  the  poem, 
also  yiN  ipSEtt  in  the  gloss  v.  8C;  see  Gesenius-Kautzsch,  §  29,  e; 
cf.  also  irr  intha  and  ^Ti   TDNrn  in  ip  2,  2.  12. 

Üt  iS  at  the  beginning  of  the  last  hemistich  of  v.  1  should 
be  transposed  and  prefixed  to  the  beginning  of  the  first  hemistich 
of  v.  2  (so  <öv);  cf  Norbert  Peters,33  p.  191  and  Schlögl,12  p.  8; 
contrast  Klostermann. 

Ül  brn3>TaJ",5  has  two  beats;  cf  my  remarks  on  the  Song  of 
Lamech,  AJSL  20,  164. 

Y.  2.— For  M  Onp  see  my  note  on  Ex.  15, 11  (AJSL  20,  161). 

iH  '■rnba  "pN  "O  (3  neque  enim  alius  est  extra  te)  is  a  gloss 
(or  variant*)  to  the  first  hemistich;  so  Meier,  Klostermann,  Löhr, 
N.  Peters,  Oort,  Sievers,  Budde,  Nowack,  Zapletal,  Gunkel,  Schlögl. 

Before  JH  ^nba  (j§  oj.i»t  ^)  we  must  insert  ujnp  (following 
(§  ovk  i'ßriv  ayiog  nl^v  üov,  which  appears  in  (Ü)  as  third  hemi- 
stich) or,  with  Budde  (SBOT):  btf  (cf.  2  S  22,  32).  N.  Peters 
suggests  b"'3.  H.  P.  Smith's  readings  (following  (5))  P"1*^  "pN~0 
ir-'in^ND  for  there  is  none  righteous  like  our  God  and  "-nss  "pso 
"rnbs  and  there  is  no  rock  beside  tliee  (Bickell,  Unser  Gott  nur 
Fels  ist,  Heilig  nur  Jehova)  are  not  good.  N.  Peters  thinks  that 
j$t  mit  is  a  corruption  of  the  abbreviation  '-J2£  =  p^llt  (contrast 
Löhr  and  Nowack).  Budde,  on  the  other  hand,  remarks  that  (5 
öiucuog  is  derived  from  "ist  miswritten  for  ^S.  N.  Peters  reads: 
■:-— rN3  p-1"^  "pN"i  !Tli"P5  WTp  ya  "O;  also  Zapletal  and  Schlögl 
read  p^ni:  instead  of  Ül  liS. 

V.  3. — I  have  stated  in  my  paper  on  Moses'  Song  of  Triumph 
(AJSL  20,  169)  that  the  two  D",buJ73  of  v.  3  must  be  transposed: 
3b  and  2  go  together,  while  3a  beloncrs  to  v.  4. 


*    Cf.  Grit.  Notes  on  Kings  (SBOT)  p.  213,  1.  48. 

t  For    this    interchange    between    the    second    and    third    persons    cf.  my 
remarks  on  the  last  line  of  the  Song  of  the  Sea,  AJSL  20,  163. 


Haupt,  The  Prototype  of  the  Magnificat,  ('23 

For  the  intensive  plural  mr~  {cf.  AJSL  20,  160,  ad  Ex.  15.  5 
and  JAOS  22,  10)  we  must  not,  with  Grätz,  Substitute  the  singular 
D3n.      (Öv  &sbg  yvcoöecog,  but  (&A  yvnßeav. 

For  the  Kethlb  Nb  we  must  Substitute  the  Qere  "lb ;  the  Kethlb 
may  be  an  intentional  pessimistic  alteration ;  cf.  Eccl.  9.  2.  11.  12; 
S,  14.  10;  7,  15—18  and  Crit.  Notes  on  Kings  (SBOT)  p.  216, 
1.  13:  see  also  my  remarks  on  the  reading  D173  mn;  instead  of 
~iV2f  ilü  on  p.  247  of  rny  paper  on  Ecclesiastes  in  Oriental 
Studies  (Boston,  1894).  According  to  Klostermann  and  N.  Peters 
the  Qere  lb  is  secondary. 

It  is  not  necessary  to  read:  (Oort,  rmbby)  mbbr  ":r  bfcp, 
following  (5  kccI  &ebg  itoiuci^ov  ((E  .Pfl'T't^yV .")  imrndevfiata 
error  ((5A  avrCov) ;  so  Siegfried-Stade.  Kautzsch,  Löhr,  H.  P.  Srnitb, 
K  Peters,  Nowack,  Schlögl.  Budde  is  inclined  to  think  that  the 
original  text  was  (iribby  or)  mbb3>  pn  irnbNi ;  this  is  adopted 
by  Zapletal.  Klostermann's  reading  niZ5p"mbb3>  "::r"N':  (which  is 
supposed  to  mean:  Thaten  des  Bogens  geben  keinen  Ausschlag) 
spoils  the  metei".  Palm's  rendering  Nicht  können  halten  sich  die 
frevlen  Thaten!  and  Reuss'  translation  Und  Frevel  bleiben  nicht 
ungestraft   (lit.  werden  nicht  ausgeglichen)    are    untenable.     <S  JJo 

w.O)Q**otJ3  JkAJ,  ^jJÖL;  -X  n^i  rrnn  -"rrnma»  bD  bn;  2,  kuI  ovk 

etat,  tiuq    avzCo  TiQOcpaGuq. 

Ül  1--'zi  2°  (omitted  in  (5V)  must  be  canceled  (but  not  "D-nn, 
H.  P.  Smith;  or  T-n*in,  Sievers,  alt).  Klostermann's  FiTDa  JTTüa 
(Ex.  32,  18)  is  impossible.  Ewald,  Redet  nicht  viel  stolzes,  stolzes-, 
Kautzsch  (following  Wellhausen)  Sagt  nicht  immer:  Hoch  hinaas! 
/loch  hinaus!  (aecusative  of  direction).  The  repetition  of  rtnz:. 
is  not  intentional  (Driver) ;  it  is  simply  due  to  dittography  (Löhr, 
Budde,  Nowack,  Zapletal,  Schlögl) ;  contrast  the  empbatic  repetition 
of  p  Nb  in  i//  1  4;  see  my  remarks  in  AJSL  19,  131.  j$  has 
simply  Jfcoioi  «E  UfXjHr.')   but  &  piai  pnzM. 

ill  bN  should  be  repeated  before  Ni:i  (so,  correctly,  Ley, 
p.  172,  n.  *);  cf.  n.  23  to  my  paper  on  ^  1  in  AJSL  19,  138. 
d>  has  jttrj  i'^el&dro},  (E  (1)A.,K9A  .',  5  JDQSiJ  JJo,  %  'ppS"1  «b. 

JJt  CD'E/j  prr  cs:o  cannot  mean'iViw  Schein  geht  ans  von 
eurem  Mund!  (Palm).  £  renders:  ■paiT«:»  ((£  öi\,.R  '.  HL] '.). 
In  Assyrian  the  stein  pn3>  means  not  only  £o  progress  but  also 
/<<  tninsgress.  2,  c.voiua;  ,A,  f.iirao6ig  (cf.  f.ierc(Qaiog  =  proud, 
haughty). 

V.  4. — Insertion  of  *o  at  the  beginning  of  this  verse  im- 
proves  the  rhythm  and  is  necessary  it  we  transpose  the  two  z~'~-c" 
of  the  preceding  verse. 


t  Heb.    ~N"    was    pronounced    Tlö;    see    Crit.  Notes    on    Kings    (SBOT) 
p.  282,  1.  4. 


624  Haupt,   The  Prutot>/pe  of  the  Magnificat. 

iH  rrn  D^äa  ntöp  cannot  mean  Bogen-helden  sind  bestürzt 
(Ewald.  Keil)  or  Die  Helden  mit  dem  Bogen  sind  verzagt  (Palm). 
We  must  read,  with  Grätz,  nnop  for  Ül  nsjp ,  and  nnn  or  mnn 
(not  nnn,  H.  P.  Smith,  Oort,  Zapletal ;    or   mn,  Klostermann)    for 

M  D^nn,  following  £  ^pLfco  jv^-v^ j  }Lh.m.ß,  %  Mia-ui  nnrop 
■p^ärT1  "OTP*  (ARV.  TAe  &oiüs  of  the  mighty  men  are  broken); 
contrast  Driver,  Löhr.  Budde,  Nowack.  Schlögl  reads:  QTiiBp 
inn  Dtiäii  the  powerful  archers  (Gen.  21,  20)  were  discouraged 
(Schlögl  refers  to  Is.  21,  17;  22,  3;  37,  27;  Jer.  46,  5);  but  this 
is  impossible.  We  can  hardly  believe  that  05  roijov  övvarcav  Vjö&e- 
vr]6£v  read  nnn  (i.  e.  nnn);  Tiß&ivrjßsv  cannot  be  transitive  (aa&evioi 
for  &6&sv6g>)  although  <E  renders  (DÄ^Yld0  ."  ^h't  '.  ^.P 
A"?  .'  •  This  would  be  in  Ass\Trian :  qasta  quräde  unnis.  Heb. 
nnn    ü^aa    nhöp    would    be:    qasäti   (cf.  daläti  =  Heb.  nhbn) 

quräde  isbir  (.^S,  cf.  +S  =  ^iPl)  or  uparrtr  (cf.  i\) ;  cf. 
Hos.  2,  20  and  the  Esarhaddon  Prism  B,  col.  1,  1.  23  (see  AJSL  4, 
148,  1.  23;  KB  2,  142,  and  my  translation  in  Drugulin's  Mark- 
steine (Leipzig,  1902)  p.  63.  In  Assyrian  the  reflexive  of  the 
intensive  stem,  ütamiis,  or  (with  jüLcl)  ntennis  is  both  transitive 
and  intransitive;  cf.  Gesenius-Kautzsch,  §  52,  k.  d)  ijad-sv)}6£v 
v.  4  might  be  due  to  the  r^&sv^ßev  at  the  end  of  v.  5:  in  v.  10, 
however,  (ß  uses  not  uo&evovv,  but  aa&evi]  moisiv. 

For  the  recessive  accent  in  DTt  tun  see  above,  on  -s  'ms 
(v.  lc). 

T.  5. — H.  P.  Smith's  nDn  instead  of  iH  nDt:  (£  OV^jL/) 
is  gratuitous.  Nor  can  we  accept  his  conjecture  r~iN  lUi^"1  for 
iH  "r  ib"in.  The  first  two  hemistichs  of  v.  5  are  mistranslated 
in    (Ö    nhjqeig    agrcov   i)lcara)&)]6av    %al    v.o%-£vovvx£g   nccQrjxuv  yr\v. 

£  has  for  iH  iy  ibnn  nrar-n: — oilo/  JaSDOO  ^e  hungry  have 
plenty. 

According  to  Driver,  iH  ""  means  even  (Kautzsch,  ja). 
N.  Peters  suggests  n'r  again;  cf.  iH  -;"  for  13>  Job  1,  18  and 
Crit.  Notes  on  Kings  (SBÖT)  p.  223,  1.  43.  iH  13>  was  connected 
with  the  preceding  ibin  as  early  as  1777  by  J.  D.  Michaelis  who 
rendered:  Und  die  Hungrigen  feyren  (=  feiern)  auf  immer. 
Zapletal's  reading  13>b  is  no  improvement.  We  must  read  ihz' 
instead  of  "',  following  Reifmann,  Klostermann,  Budde,  Löhr.  Oort, 
Nowack,  Gunkel,  Schlögl.  Driver  mentions  Reifmann's  emendation, 
but  does  not  adopt  it  (contrast  Budde's  statement  in  his  commen- 
tary).  Grätz  retains  iH  "',  but  inserts  -ihr  before  it;  cf.  my 
remarks  on  the  emendation  of  2  K  19.  27  in  Crit.  Notes  on  Kings 
(SBOT)  p.  282,  1.  1. 


That  is,  Antiochus  Epiphaues  and  his  successors. 


Haupt,  The  Prototype  of  the  Magnificat.  15^0 

The  second  biüM  of  v.  5  seems  to  be  based  on  Jer.  15,  9 
(Budde)  just  as  we  find  in  (§  before  the  last  two  double-hemistichs 
of  v.  10  an  illustrative  quotation  (cf.  AJSL  20,  163,  1.  1)  of  six 
hemistichs  borrowed  from  Jer.  9,  23. 

j§   t^^».CDO    L\.  j'  VQN.Q    misunderstands  the  numeral  n3>11B. 

itt  nbb"N  does  not  mean  mourns  =  iibSN  (so  Bickell,  Sieg- 
fried-Stade,  Löhr,  Budde,  Nowack,  Zapletal)  or  bleibt  verlassen 
(Reuss,  «S  N..J,)  but  ivithers  (so  J.  D.  Michaelis,  Ewald,  Keil. 
Klostermann,  Kautzsch,  Gesenius  -  Buhl).  AV  toaxed  feeble;  RV 
lancjuisheth  (so  Brown-Driver-Briggs) ;  Augusti  and  de  Wette,  er- 
mattet; Gunkel,  verzweifelt;  (E,  correctly,   fl/^J"^  \  (DA.r?  •• 

V.  6. — We  need  not  read  "b^T  (Budde)  instead  of  iH  br*\ 

T.  7. — It  is  better,  however,  to  read  bjvvh  (Budde,  tö^tt) 
instead  of  M  «"Hin  (cf.  Crit.  Notes  on  Kings,  SBOT,  p.  259,  1.  29) 
unless  we  prefer  to  explain  ilTTVE  as  an  analogical  formation. 

Instead    of    ül    qx    we    may   read,    with    Zapletal,    following 

V.  8. — In  the  same  way  we  may  read  DBlöNWi  instead  of 
M  n"DO«n,  following  ®&S  (J^jQjO  äo);  so  H.  P.  Smith,  Budde, 
and  several  Heb.  MSS. 

But  we  need  not  read  arroirib,  with  Schlögl,  instead  of 
iE  rriaiüb,  following  &  pnmnnwb,  «S  oiLo^Laxk.;  or  By-^nMKP 
(so  Grätz,  H.  P.  Smith,  Budde,  Zapletal)  or  D"W" 'Sna-Dy,  following 
CÖV  jttcTa  (Jvi/aöTcai-'  Akcov  (0L  Aaoi;)  instead  of  ilt  D"Q"H;  Cr,  5 
fcyioh  )Q^;    or  (with  Winckler,  AoF  2,  240)   "tid    ((£  (DJPCDC 

Jx,.'Ö^"5n4.'^l,flCl)  instead  of  M  mm  in  the  fourth 
hemistich.  Zapletal  is  inclined  to  read  the  plural  D^V^D.  Cf. 
my  remarks  in  AJSL  20,  171,  1.  18. 

For  the  recessive  accent  in  yiN  ipSSM  (Ewald,26  p.  159,  n.  1: 
Gründe)  in  the  gloss  v.  8C,  which  belorigs  to  v.  10,  see  the  note 
on  -s  ia*HN  (v.  1). 

Sievers'  reading  'alem  or  "wby  for  Ül  Errby  is  gratuitous; 
cf.  AJSL  20,  163,  1.  5.      B    renders    this    double -heinistich :  \J^ 

\>~2>L  „$oAx  )qqdo  -.j^ij?  c^-jaioa^  J-V»;  cf.  my  paper  on 
the  beginning  of  the  Babylonian  Nimrod  epic,  JAOS  22,  1(|. 

(S  omits  the  last  two  hemistichs  of  v.  8  and  the  firsl  two 
hemistichs  of  v.  9,  inserting  between  the  fourth  hemistich  of  v.  8 
and  the  third  hemistich  of  v.  9  (which  is  really  the  first  hemistich 
of  v.  10):  dtdovg  sv/yv  tw  £v%o[iivco,  r.cu  evkoy)jOsi>  er>j  dw.uiov  = 
^pn"1  D^IS  m3tt)i  T"H:  Tibb  ")n: .  According  to  Wellhausen, 
Driver,  Löhr,  H.  P.  Smith,  Budde,  this  Variation  represent--  an 
attempt  to  accomodate  the  Song  more  closely  to  Haimah's  position; 


626  Haupt,  The  Prototijpe  of  the  Magnificat. 

but  it  is  probably  an  illustrative  quotation  (AJSL  20,  163,  1.  1) 
whieh  crept  into  the  text  from  the  margin,  just  as  the  illustrative 
quotation  (Jer.  i).  22.  23)  inserted  in  (Ü)  before  the  last  two  D.ibtÜ73 
of  the  poem.  According  to  Klostermann  and  Nowack  the  lines 
were  perhaps  inserted  to  fill  up  an  illegible  passage ;  cf.  Crit.  Notes 
on  Isaiah  (SBOT)  p.  84,  1.  34;  p.  152,  1.  3,  and  the  English  trans- 
lation  of  Isaiah  (in  the  Polychrome  Bible)  p.  209,  1.  35 ;  also  Crit. 
Notes  on  Kings  (SBOT)  p.  178,  1.  22. 

Zapletal  inserts  this  illustrative  quotation  in  his  reconstrueted 
text. 

Y.  9. — The  last  hemistich  of  v.  9  niust  be  combined  with  the 
rirst  hemistich  of  v.  10  (so,  correctly,  Klostermann,  Kautzsch,  Nowack, 
Zapletal,  Gunkel.  The  pico  rpo  of  v.  9  should  be  after  rm?:. 
Ley3-  p.  173  airanged  v.  10  in  five  hemistichs. 

It  is  not  necessary  to  read,  with  Schlögl,  inbs,  following  J 
in  fortitudine  sua,  instead  of  iH  nbs. 

iH  w'N  after  "lSS"1  is  a  gloss;  cf.  my  reading  of  Cant.  8,  7 
in  AJSL  19,  22.  For  the  impersonal  construetion  see  Crit.  Notes 
on  Kings  (SBOT)  p.  289,  1.  20. 

V.  10. — iH  "O  at  the  beginning  of  this  verse  does  not  mean 
surely,  as  Zapletal  states. 

The  suffix  in  iH  t^lft  refers ,  not  to  irtf-p ,  but  to  the  man 
who  boasts  of  his  own  strength;  therefore  TziTr  cannot  be  casus 
pendens,  but  we  must  read  in"|bi73  nrr  rtlfP ,  following  Thenius, 
Wellhausen ,  Klostermann ,  H.  P.  Smith  ,  Nowack ,  Schlögl ;  contrast 
Driver,  Löhr,  Budde,  Zapletal,  Gunkel.  Oort  reads  nTP  (from 
mn  =  nnn). 

The  Qere  vniTJ  is  preferable  to  the  Kethlb  irn^E  (Kloster- 
mann, Gunkel:  i5',ta|72,  following  (Ö  Kvoiog  ccGd-evrj  7toii]6ei  rbv 
i.vxiär/.ov  uvxov);  cf.  the  plural  suffix  in  D3f""P  in  the  following 
hemistich  and  %  n^zvb  NtBNSNb  v?:^pT  N^-  ib^3  -nni  trm. 
On  the  other  hand,  (£  read  at  the  end  of  the  fourth  hemistich 
instead    of   (5  vxixay.h\oo vo i.uov  uvxoig    (=  iH   ubn:-)    the    singular 

Before  the  last  two  double-hemistichs  of  the  poem  0)  inserts 
(cf.  N.  Peters,  p.  18)  an  illustrative  quotation  derived  from  the 
Heb.  text  of  Jer.  9,  22.  23.  Driver  compares  the  addition  in  (!) 
ty  14,  3  =  Rom.  3,  13 — 18.  In  the  present  passage  the  translator 
used  (poovtf-wg  instead  of  Oocpog  (Jer.)  and  övvccxog  instead  of 
ioyvoög  (Jer.).  (ßL,  however,  reads  ßoepög  for  <po6vi[iog  and  i6%vo6g 
for  Svvaxog  in  the  present  passage.  The  phrase  xeä  yivcoaxeiv  ort 
iycö  sii.ii  Kvoiog  6  tcoi&v  sleog  vxci  kq£(jlcc  in  Jer.  appears  in 
the  present  passage  as  xal  yipcoöaeiv  xbv  Kvqiov,  xal  noiüv  xotfiu, 
adapted  to  the  context  of  the  Song  of  Hannah.  For  the  same 
reason  the  conclusion  in  Jer.  9,  23,  ort  ev  xovxoig  to  &ilt]fA.d  (iov, 
Xiysi  Kvoiog  is  omitted.  This  conclusion,  however,  seems  to  be 
a  subsequent  addition  in  Jer. 


Haupt,  The  Frototype  of -the  Magnificat.  Ii2( 

The    Heb.  text    of  Jer.  9.  22.  23    is    composed    in  a    different 

meter :  the  lines  have  not  3  +  3  beats,  as  in  the   Song  of  Hannah, 
but  2  -j-  2.      The  text  should  be  arranged  as  follows : 


innsrQ  Dan       "-r1  ij* 

bbnnttn  ':':--'    nsp  DN'^D 
rrrv  -:n-=  P»tI*i  bärän 


«rws. 


— ■  -s:  -rssn  nVss-:  d)yn«  (?)  "™  (ft  nw  i&w  r=  («) 

These  two  triplets  were  not  composed  by  Jeremiah,  c/!  Duhm  ad 
loc.  and  contrast  Cornill  (SBOT)  p.  26.  Cf.  also  my  nietrical 
reconstruction  of  the  triplets  in  Jer.  17,  5 — 8,  AJSL  19,  133. 

(5  KvQiog  ir/iog,  which  precedes  this  illustrative  quotation  in 
the  Septuagintal  version  of  the  Song  of  Hannah,  is  an  explanatory 
gloss  to  KvQiog  in  the  preeeding  hemistich,  calling  attention  to 
the  fact  that  KvQiog  refers  to  Jhvh,  not  to  the  King;  cf.  ty  110.  5 
where  Kvoiog  C^in)  refers  not  to  Jhvh  but  to  Zerubbabel;  see 
JHÜC,  No.  114  (July,  1894)  p.  110b.  (£  adds  after  y-s  -»OB«: 
7\fl^>:Xr^^:ar7\'t:  =  Sin  p-ns  -O.  Seyeral  (ö  MSS 
read  ör/xuog  cov. 

For  M  lbs  (Qere  TO?)  read,  with  Thenius,  Fürst,*  Budde, 
Nowack,  Zapletal,  Gunkel ,  Schlögl,  Y"1^*'  (not  -c~'~y .  Grätz,  fol- 
lowing  3  super  ipsos,  B  >£0*A.\.  Ü  ""--:;■  )  and  z"-~  (cf.  ip  "2.  9) 
for  Üt  ür"-r  (Reuss,  er  verdonnere  sie  vom  Himmel  her!)  following 
Budde,  Nowack,  Zapletal,  Schlögl.  Klostermann  retains  üt  D"~r, 
{%  EppE)"1  D"i  bpa  N""w  y:  y~"br)  but  reads  rr.v  (following  0*)  uvißrf) 
instead  of  £Ü  ibr ;  c/!  Lagarde,  Semitica  (Göttingen,  1878)  p.  <s. 

For  Üt  r~rr~  at  the  beginning  of  the  following  heinist  ich 
read  Rim  ((£  (I)(lF/\rfr  !)  following  ©  ccvxog  (so,  correctly, 
Klostermann).  Bnt  we  must  not.  with  Sievers,  read:  ■•:-".xt 
y-N  *~cn;  the  pronoun  N*-  is  not  proclitic,  but  nc-:N  is  un- 
accented,  as  in  ty  2,  8:  y-N— ccn  ^n-Tnsi;  cf.  my  remarks  in 
in  AJSL  '20.  L64,  n.  2;  and  for  the  Omission  of  mrv  see  /A/'/.. 
p.  160,  ad  v.  3. 

*   Cf.  Perles,   Analekten,  p.  29. 


628  Haupt,   The  Prototype  of  the  Magnificat. 

(5  Tolg  ßaodevaiv  fifiäv  (d  A?7 ^^i  '.)  =  la^Dbn  in- 
stead  of  Ül  iDbab  (5  r^n\v\  .  £  FrlDbwb)  is  by  no  means  ganz 
ungehörig  (Klostermann).  Heb.  wdon  may  mean  #/^  #rm£  hing; 
cf.  the  remark  on  ni;'~  (v.  3). 

The  rhythm  is  improved  by  reading  O'vn  for  iH  D'yn  (Grätz, 
O"1"")"1"));  but  these  jussives  are  mere  'rhythmical  jussives';  cf  Orit. 
Kotes  on  Proverbs  (SBOT)  p.  53,  1.  7,  and  contrast  Budde's  com- 
mentary  on  the  present  passage. 


KOTES. 

(1)  Read  at  the  meeting  of  the  American  Oriental  Society  in 
Washington,  April,   1904. 

(2)  For  the  etymology  of  the  name  Mary  see  AJSL  20, 
152,  n.  * 

(3)  See  H.  Köstlin's  article  in  Herzog  -Hauck's  Bealencyclo- 
pädie  für  protestantische  Theologie  und  Kirche,  third  edition 
vol.  12  (Leipzig,  1903)  p.  71;  cf.  the  Addenda,  ibid.  p.  819  and 
his  paper  in  ZNT  (Giessen,  1902)  p.  139  ff. 

(4)  German  translation  by  Job.  Griere-Becker  (Munich,  1904). 
Cf.  Loisy's  Autour  dyun  petit  livre. 

(5)  The  original  reading  in  Luke  1,  46  was  neither  xcä  slnev 
MccQiccfi,    nor    %al   üitsv  Ehßccßsr,    but    simply   xal  eljtev ,   just    as 

®v  has  in  1  S  2,  1  ((£  (D^fL!)  for  M  inam  *sn  bbsnm 
((ÖA  +  kccI  TtQoai^aro).  Cf.  Grit.  Notes  on  Kings  (SBOT)  p.  72, 
1.  42. 

(6)  The  iiuiöiov  in  Luke  1,  76  originally  referred  to  Israel ; 
vv.  76 — 79  is  not  a  Christian  addition  to  an  original  Jewish 
Messianic  song;  ncuöiov  may  be  an  editorial  adaptation  for  %alg 
=  "23";  see  the  following  note. 

(7)  Some  Maccabean  psalms  may  have  been  originally  com- 
posed  in  Greek;  cf.  my  remarks  on  ty  45  in  AJSL  19,  p.  136, 
n.  11,  last  paragraph  and  JHUC,  Ko.  163  (June,  1903)  p.  54a. 

(8)  Job  Ludolf  printed  the  Song  of  Hannah  in  his  edition 
of  the  Ethiopic  Psalter  (Frankfort-on-the-Main,  1701)  p.  325,  pre- 
ceded  by  Moses'  Song  of  Triumph  (Ex.  15)  and  the  Song  of  Moses 
(Deut.  32). 

(9)  See  Professor  Irving  F.  Wood's  paper,  Tijg  öovh]g  in  the 
Magnificat,  Luke  1,48,  in  JBL  21  (1902)  48—50.  7%  Sovhjg 
avxov  is  an  editorial  adaptation  of  an  original  xov  öovkov  avxov 
=  "nrsy,  or  x&v  öovkav  avxov,  i.  e.  Israel;  cf.  ip  136,  22.  The 
Magnificat  must  be  divided  into  2  sections:  vv.  47 — 50  and 
51 — 55;  each  section  comprises  two  Couplets:  46 — 88;  49.  50; 
51 — 53;  54.  55;    each   couplet  consists  of   two  double  -  hemistichs. 

(10)  See  my  paper  on  Moses'  Song  of  Triumph  in  AJSL 
20,  154. 


Haupt,  The  Prototype  of  the  Magnifieat.  629 

(11)  Otto  Thenius,  Die  Bücher  Samuels  (Leipzig,  1842): 
second  edition,  1864. 

(12)  C.  F.  Keil,  Die  Bücher  Samuels,  second  edition  (Leipzig, 
1875).  The  same  view  is  expressed  by  Dr.  Nivard  SchlÖgl,  Die 
Bücher  Samuels  (Vienna,  1904)  p.  11,  in  the  new  Catholic  com- 
mentary  on  OT,  edited  by  Professor  Bernhard  Schäfer,  of  Vienna. 

(13)  S.  R.  Driver,  Notes  on  the  Heb.  Text  of  the  Boohs  of 
Samuel  (Oxford,  1890)  p.  21 ;  cf.  bis  Introduction  to  the  Literature 
of  the  OT~>  (New  York,  1898)  p.  174. 

(14)  See  my  paper  cited  above,  in  n.  10,  p.  167,  n.  29. 

(15)  See  Critical  Notes  on  Kings  (SBOT)  p.  305,  1.  50. 

(16)  Gustav  Bickell,  Dichtungen  der  Hebräer  (Innsbruck, 
1882)  1,  33. 

(1 7)  August  Klostermann ,  Die  Bücher  Samuelis  und  der 
Könige  (Nördlingen,  1887)  p.  5. 

(18)  Abraham  Kuenen ,  Die  historischen  Bücher  des  AT 
(Leipzig,  1890)  p.  48. 

(19)  T.  K.  Cheyne,  Ortgin  of  the  Psalter  (London,  1891)  p.  57, 
note  e.  In  his  Critica  Biblica,  part  3  (London,  1903)  Cheyne 
has  no  notes  on  1  S  2,  1 — 10. 

(20)  Max  Löhr,  Die  Bücher  Samuels  (Leipzig,  1898)  p.  12 
(third  edition  of  Thenius'  commentary);  cf  above,  n.  11. 

(21)  K.  J.  Grimm,  Euphemistic  Liturgical  Appendixes  in  the 
OT  (Baltimore,  1901)  p.  3. 

(22)  Hermann  Gunkel,  Ausgewählte  Psalmen  (Göttingen,  1904) 
p.  238.  According  to  Gunkel  the  Song  of  Hannah  is  certainly 
pre-Exilic  (Ley  considered  it  to  be  archaic).  Similarly  he  believes 
(p.  16)  that  i|;  2  was  composed  in  the  7th  cent.  b.  c.  and  (p.  95) 
that  ip  45  may  refer  to  Jeroboam  II  (783 — 743  b.  c);  contrast 
my  notes  on  tyty  2  and  45  in  my  paper  The  Poetic  Form  of  the 
First  Psalm,  AJSL  19,  pp.  134 — 136;  see  also  the  translation  of 
ip  2  in  JHUC,  No.  163,  p.  91  and  my  remarks  ibid.,  p.  54 a,  above. 
I  believe  that  ip  2  was  prefixed  to  the  Psalter  out  of  deference 
to  Queen  Salma  Alexandra  under  whose  reign  (76 — 67  b.  c.)  the 
final  redaction  of  the  Psalter  seems  to  have  been  concluded;  cf. 
Duhm,  Die  Psalmen  (Freiburg  i.  B.,  1899)  p.  xii.  We  know  that 
the  Pharisees  were  well  pleased  with  Salma  Alexandra.  Her  first 
husband  was  Aristobulus  whose  coronation  as  King  of  the  Jews 
(104  b.  c.)  is  glorified  in  ty  2.  The  first  psalm,  it  may  be  supposed, 
is  a  subsequent  Pharisean  addition ;  it  may  have  been  prefixed  to 
ip  2,  which  was  originally  the  first  psalm  (Acts  13,  33*)  in  the 
collection,  at  a  later  date  (possibly  after  100  A.  d.)  although  it 
was  probably  written  about  153  b.  c.  It  was  originally  not  intended 
as  proem  to  the  Psalter. 


*    Cf.    Pauli    de   Lagarde    Norac  psalterü    Graeci   editionis    specimen 
(Göttingen,  1887)  p.  16. 


ßßO  Haupt,   The  Prototype  of  the  Magnificat. 

(23)  J.  Wellhausen,  Der  Text  der  Bücher  Samuelis  (Göttingen, 
1871). 

(24)  H.  P.  Smith,   The  Books  of  Samuel  (New  York,  1899). 

(25)  W.  Nowack,  Die  Bücher  Samuelis  (Göttingen,   1902). 

(26)  H.  Ewald,  Die  Dichter  des  Alten  Bundes,  part  1 ,  first 
half,  second  edition  (Göttingen,  1866)  p.  158. 

(27)  K.  Budde,  Die  Bücher  Samuel  (Tübingen,  1902). 

(28)  J.  D.  Michaelis,  Deutsche  Übersetzung  des  AT.  mit  An - 
merkungen  für   Ungelehrte,  part  5,  second  half  (Göttingen,  1777). 

(29)  J.  0.  W.  Augusti  und  W.  M.  L.  de  Wette,  Die  Schriften 
des  AT,  vol.  2  (Heidelberg,  1809). 

(30)  A.  Palm,  Alt- Hebräische  Lieder  (Zürich,  1881)  p.  71. 

(31)  Ernst  Meier,  Die  heilige  Schrift  des  AT,  part  1  (Stutt- 
gart, 1850)  p.  8. 

(32)  J.  he j,  Die  metrischen  Formen  der  hehr.  Poesie  (Leipzig, 
1866)  p.  172;  cf  his  Grundzüge  des  Rhythmus,  des  Vers-  und 
Strophenbaues  in  der  hebr.  Poesie  (Halle,  1875)  and  his  Leitfaden 
der  Metrik  der  hebr.  Poesie  (Halle,  1887). 

(33)  See  AJSL  20,  p.  15,  n.  *;  19,  194,  n.  **;  cf.  A.  E.  Cowley 
and  Ad.  Neubauer,  The  Original  Hebrew  of  a  Portion  of  Eccle- 
siasticus  (Oxford,  1897)  p.  xiii,  1.  6  and  H.  L.  Strack's  edition,  Die 
Sprüche  Jesus\  des  Sohnes  Sirach' s  (Leipzig,  1903)  also  Origen's 
scholion  od  ijj  119,  1,  quoted  in  Paul  Vetters  Metrik  des  Buches 
Job  (Freiburg  i.  B.,  1897)  p.  2,  n.  1  (cf.  ZAT  11,  214)  and  Norbert 
Peters'   Bücher  Samuel  (Freiburg  i.  B.,  1899)  p.  175. 

(34)  Ed.  Reuss,  Das  AT,  1  (Braunschweig,  1892)  p.  175. 

(35)  E.  Kautzsch,  Textbibel  des  Alten  und  Neuen  Testaments 
(Freiburg  i.  B.,  1899). 

(36)  It  is  interesting  to  note  that  five  of  the  twelve  articles 
in  the  book  of  the  learned  Dominican  critic  deal  with  subjeets 
discussed  about  a  year  ago  by  myself  and  my  students ,  e.  g.  the 
Ephod  (see  JBL  21,  1—47;  H.  J.  Elhorst,  De  Ephod  in  Theol, 
Tijdschrift,  1904,  pp.  158—177) ;  David's  Dirge  (see  JHÜC,  No.  163, 
pp.  53—57);  Psalm  2  (see  AJSL  19,  134;  JHUC.  No.  163,  p.  90); 
Isaiah's  Parable  of  the  Vineyard  (see  AJSL  19,  193—202);  but 
Zapletal's  book  contains  no  reference  to  my  papers  publisbed  in 
AJSL  and  JHUC.  Zapletal  has  discovered  a  number  of  things 
which  I  pointed  out  more  than  a  year  ago,  e.  g.  13  ip^i  —  kiss 
the  ground  (see  AJSL  19,  134)  &c,  but  we  must,  of  course,  believe 
that  he  arrived  at  his  conclusions  quite  independently. 

(37)  Christian  D.  Ginsburg's  Massoretico-Critical  edition  of  the 
Heb.  Bible,  published  by  the  Trinitarian  Bible  Society,  London  1894. 

(38)  The  rhythm  of  my  translation  has  been  much  improved 
by  the  kind  Cooperation  of  the  distinghuished  co-editor  of  the  Poly- 
chrome Bible,  Horace  Howard  Furness. 

(39)  Lit.,  My  hörn  is  exalted  through  my  God,  that  is,  I 
triumph;    cf.    the    bilingual    text   published    in  iny  ASKT  81,22: 


Haupt,  The  Protot //pe  of  the  Magnificat.  631 

ina  berisunu  hima  rimi  rabi  qarnäsu  ittandsi  (Sumer.  murubä- 
bi-a  am-gal-gim  a-bi  mi-nin-il-ü)  cin  the  midst  of  it  he  lifts  up 
his  horns  like  a  great  wild  bull'  (Num.  23.  22:  Deut.  33,  17);  see 
my  traiislation  in  my  Ahhadische  Sprache  (Berlin,  1883)  p.  '■'>■> 
=  Transactions  of  the  Fifth  International  Congress  of  Orientalists 
(Berlin,  1861)  part  2,  first  half,  p.  283:  cf.  A.  H.  Sayee's  Eibbert 
Lectures  (London,  1888)  p.  480,  1.  26.  and  Friedrich  Hrozny,  Mythen 
von  dem  Gotte  Ninrag  (Berlin,  1903)  in  Mittheilungen  der  Vorder- 
asiatischen Gesellschaft,  8,  201,  1.  22.  In  his  comments  on  this 
text  Dr.  Hrozny  has  disregarded  the  capologetic  remarks'  (Bezold's 
Cataloyue  of  the  K  Gollection,  p.  35)  in  ZK  2,  273.  See  also 
my  remarks  in  the  Grit.  Notes  on  Kings  (SBOT)  p.  283.  1.  40 
and  the  conclusion  of  my  paper  on  the  introductory  lines  of  the 
cuneiform  account  of  the  Deluge  in  JA  OS  25  (1904)   74. 

(40)  Lit..  My  mouth  is  enlarged  over  mine  enemies  (s<>  AV). 

(41)  Lit.,  Hire  themselves  out  for  bread  (cf.  AV). 

(42)  This  does  not  refer  to  resurrection,  as  Budde  and  Zapletal 
suppose :  it  means  simply,  Jhvh  may  deliver  His  faithful  out  of 
the  most  extreme  danger,  a  man  who  is  'sick  unto  death'  may 
recover,  a  man  who  is  condemned  to  death  or  imprisonment  for 
life  may  be  pardoned  (like  Jehoiachin) ;  cf.  Thenius .  Keil ,  Löhr, 
Reuss  ad  loc,  also  KAT3,  639,  n.  1  and  Gunkel,  p.  236.  Himmel- 
hoch jauchzend ,  zum  Tode  betrübt  does  not  refer  to  ascension 
and  death. 

(43)  AV,  dung-hill  (J.  D.  Michaelis,  Feldstein).  W.  R.  Smith 
in  his  Lectures  on  the  Religion  of  the  Semites,  new  edition  (London. 
1894)  p.  235,  n.  1  calls  attention  to  the  fact  that  in  an  Arab 
encampment  slaves  sleep  beside  the  blood  and  the  düng  (Agh.  S. 
74.  2'.»).  H.  P.  Smith  ad  loc.  remarks,  The  nEiCN  is  the  mound 
of  rubbish  which  accumulates  near  an  Oriental  town.  IV 
often  spend  the  night  upon  it  in  default  of  a  lodging.  Cf.  Wetz- 
stein's  note  on  the  äJbj^  mazbala  of  villages  in  the  Hauran.  in 
Franz  Delitzsch's  commentary  on  Job  2,  8,  second  edition  (Leipzig, 
1876)  p.  62,  n.  3.  The  American  äquivalent  would  be  dumj>  or 
dumping  ground.  A  euphemism  for  rr:«  (v^-n  "cc)  is  z'~". 
TitlB  =  Assyr.  asru  ellu;  cf.  my  paper  Bab/jlonini  Elements  in 
the  Levitic  Ritual  (JBL  19,  55)  and  Baentsch  and  Berthole!  ad 
Lev.  4,  12;  6,  4;  see  also  the  traiislation  of  Lev.  1 — 5  in  JHUC, 
No.  114  (July.  1894)  p.  113  and  n.  13  ibid.,  p.  115.  M  "w  in 
•(w~-  -js-c  is,  of  course,  not  a  corruption  of  nsiö,  bul  corresponds 
to  the  Assyr.  sipTcu  'accumulation ,  heap.'  Heb.  "C"  'oflfal'  i- 
identical  with  S*++».*~  For  the  partial  assimilation  of  the  original 
m  to  the  s   (dasin  for  dasim)    see  Grit.  Xotes    on    Isaiah  (SBOT) 


*    Arab.    .A'i  gidr  cpot'   appears   in  Assyrian    as    diqaru;    see  u.  IUI    to 
ly  paper  ßnbyl.  Elements  tu  the  Lee.   Ritual  in  JBL  19,  7  7. 


632  Haupt,   The  Prototype  of  the  Magnificat. 

p.  133.  1.  25;  Kings,  p.  192,  1.  21  and  the  cross-references  there 
given.  According  to  W.  Robertson  Smith  ncn  is  an  Aramaic  form 
for   PBiö;   the  v   is  a  ttTj    (see   my  remarks,    ZDMG  34,  761)  = 

o  =  L  (cf.  ^Jüü!*  v»ÄSI  =  ^LS^i  ^lc  UJL*^»).  The  original 
stem  is  "iStö1  (cf.  iüsäij,  tUSi);  the  prefixed  N  is  secondary.  For 
the  vowels  of  the  Qere  in  nsn  cf.  Grit,  Notes  on  Kings  (SBOT) 
p.  122,  1.  11. 

(44)  Cf.  my  remarks  on  ip  1,  6  in  AJSL  19,  p.  141,  n.  44. 

(45)  King  Jehoiachin  of  Judah  (562  b.c.);  cf.  AJSL  20,  167, 
n.  2.  The  terms  -b?2  and  rpiütt  refer  to  an  individual,  not  to  the 
Congregation.  In  the  same  way  "»sVö  ty  2,  6  refers  to  Aristobulus 
(104  b.  c).  Contrast  Löhr  and  Nowack  ad  loc.  According  to 
Budde  and  Schlösd  the  King  is  the  Messiah. 


p.  631  note  *. 


638 


Phönizische  Namen  auf  "ptD. 

Von 

Franz  Praetorium. 

Häufig  sind  im  Phönizischen  einige  theophore  Namen ,  die  als 
zweites,  nicht  theophores  Glied  ^büJ  aufweisen.  Besonders  häufig 
ist  --'^"Z.  das  inschriftlich  als  Bcdadfajx  umschrieben  erscheint, 
dann  "rc:CN;  endlich  (wenn  sicher?)  ^VaiDöia  0.  I.  Sem.  No.  127;!. 
Von  jeher  hat  die  Erklärung  des  zweiten  Gliedes  ernste  Schwierig- 
keiten gemacht,  und  man  hat  sich  meist  nicht  anders  zu  helfen 
gewußt,  als  durch  die  verzweifelte  Annahme,  daß  ^biü  =  nblü  sei ; 
s.  Schröder,  Phöniz.  Spr.  S.  200,  C.  I.  Sem.  zu  Xo.  50  und  132. 
Clermont-Ganneau    hat   im  Rec.  d'arch.  Orient,  Bd.  I,   S.  165  f.    auf 

arabisches  ^L*  hingewiesen ,    das    im  heutigen  Magrebinischen  die 

Bedeutung   „retten"  entwickelt  hat.    (Vgl.  auch  Landberg,  Proverbes 

et  dictons,  vol.  I,  S.  385  ^L^  se  tire  d'affaire.) 

Ich  möchte  die  fraglichen  Namen  an  die  wohlbekannten,  völlig 
durchsichtigen  Namen  Dblüb?3  und  DbtDS^TÖN  knüpfen.  Sie  sind 
von  letzteren  gebildet  durch  Antritt  des  caritativen  /.;  (ZDMG. 
Bd.  57,  S.  533 f.),  wobei  das  radikale  m  schwinden  mußte.  *pm 
der  Eigennamen  steht  zur  Wurzel  äbtfj  also  in  dem  gleichen 
Verhältnis,  wie  biT  der  Eigennamen  zur  Wurzel  izt  (Bd.  57, 
S.  532.   794). 

Ob  die  vereinzelten  und  unklaren  Namen  -V'""'-  No.  619, 
■pN-rr  No.  1018  etwa  dasselbe  k  enthalten,  bleibe  ganz  dahin- 
gestellt. 


634 


Der  Kanon  der  biblischen  Bücher 
bei  den  babylonischen  Nestorianern  im  9.10.  Jhdt.1) 

Von 

Gustav  Rothstein. 

Der  Text,  um  den  es  sieh  handelt,  ist  entnommen  der  anonymen 
arabischen  Chronik  des  Cod.  Spreng.  30  in  der  Berliner  Königlichen 
Bibliothek,  die  J.  G.  Rothstein,  De  chronographo  arabe  anonymo  etc., 
Bonnae  1877,  behandelt  hat.  Aus  demselben  Cod.  hat  Gilde  - 
meister  ein  Fragment  einer  arabischen  Übersetzung  des  IV,  Ezra- 
buches (cp.  14,  38 — 50)  in  Esdrae  liber  quartus  arabice.  E  codice 
Vaticano  ....  ed.,  Bonnae  1877,  p.  40  f.  mitgeteilt.  Die  Chronik 
stammt  wahrscheinlich  aus  dem  9.-10.  Jhdt.,  vgl.  Rothstein  1.  c. 
35  ff.  Mit  Ahlwardts  Verweis  (im  „Verzeichniß  der  arabischen 
Handschriften  IX,  S.  43—44)  auf  eine  Stelle  (p.  44.  11)  sind  R.'s 
Ausführungen  nicht  widerlegt,  da  Einschübe  des  Schreibers  sicher 
vorhanden  sind ,  also  die  Stelle  nicht  vom  Verfasser  zu  handeln 
braucht.-)  Ich  bleibe  vorläufig  bei  R.'s  Ansetzung.  Die  drei- 
teilige Chronik  behandelt  im  ersten  Teil  wesentlich  „Propheten- 
geschichten"  und  benutzt  dabei  eine  Reihe  von  jüdischen  und  christ- 
lichen Werken,  deren  Titel  sie  nennt,  die  aber  bisher  nur  zum  Teil 
zu  identifizieren  sind.  Eine  Aufzählung  dieser  Werke  und  ihrer 
Titel  gibt  Rothstein  1.  c.  p.  42  ff.  Der  anonyme  Verf.  scheint  diese 
Werke  nicht  bloß  anzuführen,  sondern  auch,  wenigstens  zum  Teil, 
wirklich  zu  kennen.  So  läßt  sich  die  Angabe  (p.  16  des  Ms.),  Verf. 
habe  zur  Erklärung  einer  Differenz  zwischen  jüdischer  und  persischer 


1)  Für  Verbesserungen  und  Anregungen  habe  ich  Herrn  Prof.  Fischer 
herzlich  zu  danken. 

2)  Nach  Ahlwardt  würde  der  Verf.  um  das  Jahr  1135  geschrieben  haben. 
Der  Cod.  würde  auch  dann  seine  Bedeutung  für  die  Kanongeschichte  be- 
halten. —  Ahlwardts  Angaben  sind  aber  unklar.  Auf  derselben  Seite  gibt  er 
an:  „Der  Verf.  schrieb  im  Jahre  543/1148  s.  S.  44,  wo  er  am  Ende  der  Chrono- 
logie der  LXX  angibt,    daß [von  der  Higra]    bis  zur  Abfassung  des 

Werkes  531  J.  10  M.  verstrichen  seien"  und  später:  „Daß  der  Verf.  und  nicht 
der  Schreiber  S.  44,  11  zu  verstehen  sei,  scheint  mir  selbstverständlich,  mithin 
lebt  der  Verf.  um  530/1135."  Nur  die  letztere  Angabe  stimmt  mit  dem  Text 
von  S.  44.  —  Meine  Ansicht  ist  noch  schwankend,  neigt  aber  vorläufig  auf 
J.  W.  Rothsteins  Seite. 


G.  Rothstein,  Der  Kanon  der  biblischen  Bücher  etc.  635 

Überlieferung  bei  genauem  Studium  in  zwei  mit  ihrem  Titel  ge- 
nannten jüdischen  Schriften  das  Wahrscheinlichste  gefunden,  nicht 
anders  deuten,  als  daß  er  diese  Schi'iften  selbst  gelesen.1)  Jeden- 
falls kennt  er  die  biblischen  Bücher  aus  eigener  Anschauung.  Denn 
er  bemerkt  einmal  von  einer  Tradition  über  Esther,  sie  finde  sich 
nicht  in  der  Megille  Esther."2)  Es  scheint  dies  auch  mehrfach  aus 
Berichten  hervorzugehen ,  zu  denen  Tabarl  Parallelen  hat.  Der 
Anonymus  zeigt  dabei  mancherlei  kleine  Abweichungen,  die  durch- 
weg genauere  Anlehnung  an  die  biblische  Überlieferung  zeigen, 
wie  er  denn  auch  einmal  einen  kleinen  Abschnitt  einschiebt,  der 
offenbar  ein  kurzer  Auszug  aus  Jud.  2,  11  ff.  ist  (Ms.  p.  12).  In 
welcher  Gestalt  er  die  biblischen  Bücher  vor  sich  hatte,  vermag 
ich  augenblicklich  nicht  zu  sagen.  Zu  der  von  Ahlwardt  an- 
genommenen Entstehungszeit  des  Buches  lagen  arabische  Über- 
setzungen ja  sicher  vor,  aber  auch  bei  der  von  mir  akzeptierten 
Ansetzung  ca.  900  darf  man  die  Möglichkeit  der  Existenz  solcher 
Übersetzungen  kaum  bestreiten.  Jedenfalls  war  das  1.  Ezrabuch 
schon  arabisch  übersetzt;  denn  diese  von  Gildemeister  vertretene 
Vermutung  (cfr.  Esdrae  über  cmartus  p.  3)  ist  wohl  wahrschein- 
licher als  die ,  daß  der  Anonymus  diese  Übersetzung  erst  selbst 
aus  dem  Syrischen  angefertigt  habe.  Dabei  darf  man  vielleicht  (!) 
behaupten,  daß  die  Benutzung  dieser  von  den  bekannten  abweichen- 
den und  nur  in  dem  oben  erwähnten  Fragment  erhaltenen  Version 
auf  ein  ziemlich  hohes  Alter  des  Kodex  selbst  schließen  läßt.  — 
Um  900  lebte  auch  Sa'adjä,  aber  ich  weiß  jetzt  noch  nicht,  ob 
der  Anonymus  seine  Übersetzung  benutzt  hat.  Die  Möglichkeit 
wäre  wohl  vorhanden.  Die  vorhandenen  Zitate  aus  biblischen 
Büchern  scheinen  ungenau  zu  sein;  cf.  Rothstein  1.  c.  43. 

In  der  Art,  wie  der  Anonymus  die  „ Prophetenlegenden "  be- 
handelt, erinnert  er  an  Ibn  Kutaibas  (f  889  D.)  relativ  kritisches 
Verfahren  im  Kitäb  al-ma'ärif,  wozu  Lidzbarski  (De  propheticis, 
quae  dicuntur,  legendis  arabicis.  Prolegomena,  Lipsiae  1893.  p.  '.') 
zu  vergleichen  ist. 


1)  Die  Stelle  lautet:     LLx-yl'j     }±2.J\    tÄ-iJ    ^SÜaZa 

*?J|  ^♦.Jlxü  ,.>*.^.^"  ,%*  '*-JJs.+.ä  =  .Als  wir  sahen,  wie  sie  (=  die 
Magüs)  an  dieser  Ansicht  (nämlich  in  hezug  auf  die  Stellung  des  Kaiümart  in 
der  Genealogie)  festhielten,  da  haben  wir  gründlich  nach  der  Ursache  ihrer 
Meinung)  geforscht.  Da  sahen  wir  nichts,  was  dem  Richtigen  in  hezug  auf 
dieses  Kapitel  näher  kommt  als  das,  was  in  Läx^.^  und  *Aae.  .w«.Xv,^-  ge- 
funden wurde  u.  s.  w." 

2)  Pag.  13  wird  die  Legende,  daß  Cyrus    ein  Sohn    der  Esther   und  des 

Ahasverus  sei,  mit  der  Bemerkung  erwähnt:    jULiäI!    ^    ^»^   \J*^ri • 


636  G.  Rothstein,  Der  Kanon  der  biblischen  Bücher  etc. 

Lidzbarskis  Resultat,  daß  die  schon  in  den  ältesten  Zeiten  des 
Islam  entstandenen  Prophetenlegenden  vieles  aus  jüdischen  und 
christlichen  Büchern  aufgenommen  haben,  gilt  jedenfalls  für  unsern 
Anonymus.  Über  die  Vermittlung  dieser  Kenntnis  im  einzelnen 
läßt  sich  wohl  wenig  Sicheres  ausmachen.  Doch  glaube  ich  auch 
mit  Bezug  auf  den  Anonymus  Lidzbarski  (1.  c.  27  ff.  30)  recht  geben 
zu  müssen,  wenn  er  mehr  an  Übertragung  durch  Christen  als  durch 
Juden  denkt.  Das  scheint  mir  wenigstens  für  die  Kenntnis  der 
biblischen  Bücher  sicher  zu  sein ;  auch  bezüglich  des  A.  T.'s ,  für 
•las  X.  T.  ist  es  ja  selbstverständlich.    Vom  Buche  Esther  heißt  es 

einmal    (p.  13/14    des    Ms.):     LPiyü   ^yjf    i^aJi    ^^    i\s>1  yS>s 

xxaaj'I    £    (^.UaJÜI     „und    das    ist    eins    der    kanonischen    Bücher. 

welche  die  Christen  in  der  Kirche  lesen".  Sonst  werden,  so  auch 
in  dem  unten  abgedruckten  Stück,  Juden  und  Christen  auch 
für  das  A.  T.  genannt.  Dem  entspricht  es,  wenn  TabarT  häufig 
die  nasärä  auch  für  alttestamentliche  Stoffe  als  Autoritäten  nennt. 
Die  syrischen  Namensformen  dürften  ebenfalls  auf  christliche  Quellen 
zm-ückgehen.  Schließlich  darf  man  wohl  auch  auf  die  Kenntnis 
des  Anonymus  von  der  LXX  hinweisen,1)  deren  chronologische  An- 
gaben, die  er  gewiß  eher  von  Christen  als  von  Juden  hat,  er  genau 
aufzählt. 

Die  Heimat  des  Anonymus  ist  zweifellos  Babylonien  ('Irak 
wird  LjUaIä!  genannt,  cf.  Rothstein  1.  c.  41).  Unter  babylonischen 
Christen  hat  man  aber  zunächst  Nestorianer  zu  verstehen.  Dem- 
gemäß werden  wir  den  Kanon  der  Nestorianer  in  Babylon  aus  dem 
9./10.  Jhdt.  vor  uns  haben,  der  für  das  A.  T.  aber  nach  der  aus- 
drücklichen Angabe  des  Verfassers  mit  dem  der  Juden  überein- 
stimmt. Die  Richtigkeit  dieser  Annahme,  welche  sich  übrigens  von 
selbst  ergibt ,    wird    sich    unten  durch  andere  Zeugnisse  bestätigen. 

In  der  Wiedergabe  des  Textes  habe  ich  mich  absichtlich  ge- 
nau an  die  Vorlage  gehalten  —  wenige  Ausnahmen  sind  angegeben. 
Die  Handschrift  ist  ein  Unikum  und  hat  für  diese  Partie,  wie  für 
manche  andere,  keine  Parallele,  auch  bei  TabarT  nicht,  mit  dem 
sich  der  Anonymus  sonst  vielfach  berührt.  Namentlich  mit  den 
Zahlwörtern  verfährt  sie  oft  nicht  nach  den  Regeln  der  gewöhn- 
lichen Grammatik.-)  Die ,  an  und  für  sich  leichten ,  Änderungen 
habe  ich  aber  vermieden.  Auch  sonst  zeigt  sie  in  der  Schreibung 
manche   Eigentümlichkeiten    (einige    davon    bei  Rothstein  1.  c.  4  f.), 

1)  So  hat  auch  der  Anonymus  an  einer  Stelle  (Ms.  p.  193)  da,  wo  der 
Hebräer  (2  Reg.  23,33  u.  Parall.  in  der  Chronik)  bei  der  Angabe  des  dem 
Jöjäklm    auferlegten    Tributs    keine    Zahl    hat,    mit    LXX    richtig    10    (.**.£■ 

2)  Dafür,  daß  die  „Deteriorierung"  bei  den  Zahlwörtern  am  frühesten 
einsetzt,  vgl.  Sachau  in:  Alberuni,  Chronologie  oriental.  Völker  II,  LXX. 


G.  Rothstein,  Der  Kanon  der  liblischen  Bücher  etc.  637 

die  zum  Teil  aber  gewiß  auf  eine  von  der  klassischen  abweichende 
Aussprache  zurückgehen  und  darum  beizubehalten  sind.  Solche 
Erscheinungen  der  arabischen  y.oivi)  zeigen  sich  ja  auch  in  anderen 
Mss.,  die  ungefähr  der  vermutlichen  Zeit  unseres  Yerf.'s  angehören, 
massenhaft;  vgl.  die  Ausführungen  Fleischers  (Kleinere  Schriften 
III,  378  ff. ,  spez.  385)  über  den  Tischendorfschen  griechisch -ara- 
bischen Codex  rescriptus  aus  ca.  X.  Saec.  Dieselbe  Erscheinung 
habe  ich  selbst  an  zahlreichen  Beispielen  in  der  nestorianisch- ara- 
bischen Übersetzung  des  N.  T.  (ebenfalls  von  Tischendorf  mit- 
gebracht und  in  Petersburg  befindlich;  cf.  Fleischer  1.  c.  389  ff.) 
nach  einer  Photographie  der  Handschrift  (Herrn  Dr.  Stenij  in 
Helsingfors  gehörig)  beobachtet.  Diese  Handschrift  ist  802  D.  ge- 
schrieben, stammt  also  wieder  aus  derselben  Zeit.  Es  ist  also  offen- 
bar das  methodisch  einzig  Richtige,  in  solchen  scheinbar  willkür- 
lichen Dingen  die  Vorlage  genau  wiederzugeben,  wie  dies  in  anderen 
Fällen  z.  B.  auch  von  A.  Müller  und  von  C.  Bezold  geschehen  ist. 

In  der  Übersetzung  sind  die  Namen,  deren  Vokale  ja  nur  z.  T. 
sicher  sind ,  in  der  arabischen  Schreibung  belassen  worden.  Das 
Verständnis  leidet  darunter  nicht. 

Der  Anonymus  gibt  die  Aufzählung  der  Bücher  zweimal ,  das 
erste  Mal  (=  A ,  hier  abgedruckt)  nach  der  Gruppeneinteilung 
(Tora,  Nebi'Im,  KethübhIm),  das  andere  Mal  (=  B)  jedes  Buch 
einzeln  gezählt.  Die  Abweichungen  dieser  zweiten  Aufzählung  sind 
in  den  Noten  angegeben;  die  Noten  beziehen  sich  immer  auf  die 
Worte  vom  *  bis  zur  betreffenden  Zahl. 

■X+3  .J  ^J)        ^\J.M*s^\  JS.J^Ä         :•«./*         .I/O» 


(..LäJ1  .a£  A.j;.ä>lI  (  _w!  ^..wväj  *wj'jü   o>.j».*S  <j5J3  uXxj  ^jjj^^p.  Ja 
i£»  A*>   a.1.)!  l^.ä5      -jS    k.j».äv.äI!  ^.ä^JI  jAs  ,-vx    ,^d\j  ,  ci3J! 

L^aÄx   ^LaJij   \jX.4.X^   l^:a!|   (sie)    LA.Läj       JÜi    LUy    ^ykjjt. 


>.äx     .^».^.xäj    ^+-*»     ,-a.v.'     x-w..*..^»       _jrj       ö.j.  ».> 


1)    Ms.  0»t\jS?    (verbessert:    Prof.    Fischer;    durch    diese   Verbesserung 
ist  der  Sinn  klar,  vgl.  die  Übersetzung.) 


638  G-  Rothstein,  Der  Kanon  der  biblischen  Bücher  etc. 


_.jj   ^j   ,«-^   V^"  w£»^   q-*   -Hjj-^  J~su*\   «A*j   tLui'ifb   o-*J 
i—»U^5       t3r2)^JLj<AJ|3    SLöäJJ    OU&  ^j*.-^  L5*^*   [^»L«   V^5 


^JJ!      ~£~£        ^AJ^I     £LaaJ"M     UjUüj,*         ^^***^'     V^J         •&^Ia3;.S> 
pL«.**!     L«ls     1iA>-5»      IjüCy     2Üjl\*J      (C.Lo.Aj^      L>«_£Ajfj       .aw.£.J      XJ«.^^v.J 


\~>\z£  1^aL«  ^Livoi  ^uy  12)jjjj^  j-%*  ^3^o  ujU^  o^,  «jisi' 


14)ajJ.^   cyi   vL^  18)W    ^aJLJ  }=A   \J&  y>.*  u^LPj-i 

i7)älJi3  v>^^=>  16)^ä  o^;*I5*  15)xÄp^  l^j!  cy  vL^ 

SÜLoj^t    VL^    o-.*ii   ylv^rit  jP/    ÜSS^   Vl^    20)y.j*^ 


1)  B  nur:   i^Ä-S"  &**♦£>.  2)  B  vac.  3)  B  Ly5^,  doch  nach- 

her (bei  den  Threni)  auch  l-yo.jt,  wie  auch  z.  B.  p.  649,  aber  vgl.  Tabelle. 
4)  B  vac.  5)  B :  hier  wie  auch  bei  den  folgenden  Namen  fehlt  der  Vaters- 

name. 6)  B  ^Li«j.     Zum  Vatersnamen  vgl.  Tabelle.  7)  B  ^.:s»-  . 

8)  B  LjjJ>;   [richtig;  vgl.  die  Tabelle].  9)   So  A  u.  B  [aber  vgl.  die  Tabelle]. 

10)  B  vac.  Zu  L*0-J  vgl.  die  Tabelle.  11)  B  vac.  12)  B  vac.  13)  B  vac. 
14  Cod.  hat  sicher  beide  Male  Ö-.&  und  ,.~j.a\w  neben  ,.~)_aav,  woraus  auch 
,-*J-aa*   (mit  zw)  sicher  ist.  15)  Nach  B,  während  A  sJJ»»  bat,  was  nicht 

angeht.  16)  B  vac.  17)  Bei  B  folgt  jetzt  (J^Ij-JO,  dann  ^Loto. 

18)  B  vac.  19)  B    -j;*il.  20)  B  vac. 


G.  Rothstein,  Der  Kanon  der  biblischen  Bücher  etc.  639 

jdi    l_^x£S|    ^Pj   LjLxT  (sie)  ^.j^^i»    jüu !    ,Ä^.5    ^^LawJ^Ij 


;Jij.    ,  imjüXjU    «-*jJI   LgjJlc>ijs.j»  ,  c.Loiil«  i3^_2jJi    U-JLc 


H3    L5;> 


»^.aA.^     )t*J??. 


üj^IjH   U_  ^P,  ~^  v^*  2)J*f^  **fc     ^lJ 


^a  »jüaül   !ÄP   J,   0-J   Lx   (JJlc   ^oKJi   *ÄP  jjv.t  ^Li    loli 

Kx**v      XJ-X.C     O.Lo       LijL>a5>f.       w^jAfi     ,5,      OkÄAJJ.      [    (T.LjLljÜI       ^»-^, 

J  -  e?    J  ...  .3    U?J  -""  J 

&\AxS    (sie)     .yj.^e,    Süu.i    jUjvXäJI    ö,  **aJ|    UjLa    .;_Xi=3     .*j-&e« 

&LsUtf'  (sie)  ...^JLS.t.    iX>|   öJoJJ    i^iU    .w~    'J.äx 

Übersetzung. 

Und  es  wurden  [=  es  verflossen]  von  der  Geburt  des  Messias 
an.  bis  daß  der  „ Ähnliche "''')  gekreuzigt  wurde,  32  Jahre  und 
[eine  gewisse  Anzahl]  von  Tagen.  Und  nach  Tsä  und  seinen 
Jüngern   wurde    die   Offenbarung    \uahi\  ')    unterbrochen    und    ihre 


1)  B  vac.  Ebenso  fehlt  der  Passus  bis  zur  Aufzählung  der  nbl.  Blicher. 
2)  B  statt  dessen  nur:    *_^Äi^  K^J.  3)  B  ,  w-w.5  L:  ;  von     CP.   an  vac. 

4)  B  (j*J»j,  5)  A  u.  B:  ^aL*J|   (aber  _  richtig).     Das  Folgende  gehört 

natürlich  nur  A  an  und  bildet  den   Übergang  zu   B. 

6)  Für  die  Anschauung,  daß  statt  Jesu  ein  'Isü'  b.  Fandlrä  gekreuzigt 
wurde,  vgl.  außer  dem  Cod.  Spr.  30  p.  24  (wo  Lj^XäS  ,.-J  pj-äjf  steht)  bei 
den  Arabern  noch  Tabarl  I,  p.  741  und  ann.  c  (wo  die  Talmudstellen  zitiert 
sind),  sowie  Kothstein,  De  chronographo  p.  12,  ann.  1. 

7)  Vgl.  Pautz,  Lehre  Muh.'s  von  der  Offenbarung  p.  85  u.   100. 


(340  &•  Rothstein,  Der  Kanon  der  biblischen  Bücher  etc. 

Veranlassungen  aufgehoben.  So  wurde  nach  dieser  Zeit  kein  Buch 
hervorgebracht,  das  zur  Offenbarung  [tanzÜ] x)  in  Beziehung  gesetzt 
wird,  außer  dem  Koran.  Was  unter  die  Zahl  der  Bücher  gerechnet 
wird,  die  als  Bücher  Allahs  —  groß  und  mächtig  ist  er  —  gelten, 
das,  worüber  zwischen  Juden  und  Christen  keine  Differenz  besteht,  ist 
bekannt  und  bestimmt.  Dazu  [also  zu  diesen  Büchern  Allahs]  gehören 
die  24  Bücher,  welche  die  Juden  lesen  und  in  bezug  auf  welche 
sie  mit  den  Christen  übereinstimmen.  In  bezug  auf  sie  herrscht 
zwischen  ihnen  keine  Differenz,  außer  daß  die  Juden  sie  al-Jcutub 
al-gämi'a2),  die  Christen  kutub  as-süra3)  al-kadima  nennen.  Es 
sind  24 4)  Bücher  in  hebräischer  Sprache  —  nach  der  Weise  der 
Juden  5). 

Zu  ihnen  gehört  : 

Die  törä,  das  sind  5  asfär.  Sie  setzen  sie  [die  asfär]  an 
Stelle  von  5  hutub ,  jedes  sifr  (und  das  ist  der  fünfte  Teil'1))  an 
Stelle  eines  latäb. 

Ferner  die  Bücher,  welche  bekannt  sind  als  „Die  Propheten" 
(al-anbiia)  nach  den  asfär  der  törä.     Dazu  gehören: 

Das  Buch  des  Jusa'  b.  Nun;  das  Buch  ksL«,  welches  be- 
kannt ist  als  „Buch  der  Richter  und  Vergelter "  (Je.  al-kudä  ua'd- 
daiiänin);  das  Buch  Samull;  das  Buch  sifr  £JU;  das  Buch  des 
Lyo.j|;  das  Buch  des  ^Uäio;  das  Buch  des  U*-£ul;  das  Buch  der 
12  Propheten,  welches  sie  -**e.j  nennen,  und  die  Juden  und 
Christen  zählen  es  als  ein  Buch.  Was  die  Kamen  dieser  12  an- 
betrifft, so  sind  es: 


1)  Vgl.  Pautz,  1.  c. 

2)  Die  Bezeichnung  ist  mir  sonst  nicht  bekannt  und  nicht  klar.  Prof. 
Fischer  übersetzt:  „die  alles  [Wesentliche]  umfassenden  (?)  Bücher" ,  was  eine 
wenigstens  sinngemäße  Erklärung  ergibt.  Man  könnte  denken  an  die  Bezeichnung 
des  Buches  Koheleth  als  xaaIQ-  \-JlZ.f  in  arabischen  Bibeln  (vgl.  z.  B.  Londoner 
Polyglotte),  aber  das  ist  Übersetzung  des  hebräischen  Namens  und  läßt  nicht 
erkennen,  wie  daraus  eine  Bezeichnung  des  ganzen  A.  T.'s  werden  konnte. 

3)  Als  Bezeichnung  des  A.  T.'s  bei  den  Christen  auch  Fihrist  ed.  Flügel 
p.  23,  Z.  20;  sie  stammt  aus  dem  Syrischen",  vgl.  Payne  Smith  s.  v.  $0. 
Sp.  3387:  JL*~}0  JkßJ^J  ^>NO  LJO.  Öj\o  und  auch  Jlio.  allein  = 
Text  der  hl.  Schrift. 

4)  Die  Zahl  24  auch  an  andern  Stellen  des  Kodex. 

5)  Bezieht  sich  auf  die  Zählung. 

C)  Damit  soll  natürlich  nicht  sifr  übersetzt  sein,  sondern  es  ist  an  den 
Ausdruck:    '~n    ""ILWC1    n"&73n  gedacht,    wie  Fihrist   ed.  Flügel  p.   22,  Z.  32: 


G.  Rothstein,  Der  Kanon  der  biblischen  Bücher  etc.  (541 


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9) 

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11) 

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12)  ^A„  a,  ^.x. 

Der  Vater  des  Jobannes1)  (Iahw)  gehört  nicht  zu  diesen:    er 

ist  Zakarliä'  b.  Ias>_j 
..    j. 

Die  Vervollständigung  der  24  Bücher  bilden  ll2)  Bücher: 
das  Buch  Aiiüb's,  das  Buch  der  Ra'üt,  das  Buch  Dä'üd's,  nämlich 
der  Psalter  [zabür],  das  Buch  der  Sprichwörter  Sulaimäns .  das 
Buch  ^>.L?»i  —  und  das  ist  ein  anderes  Buch  von  Sulaimän  — , 
das  Buch  ..-j.a^  o^ä  (=  sirat3)  (?)  sirtn),  das  Buch  der  Klagen 
des  L/>jf,  bekannt  als  kivJLAS,  das  Buch  des  ALüL>,  das  Buch 
rnagallati)  jaX**!  &W  .eytgj,  der  Tochter  des  Oheims  des  ipo^s5) 
—  und  sie  war  seine  [des  ^z>j>„a]  Milchschwester  — ,  das  Buch 
des  Lj.ic  ,  des  Schriftgelehrten  [LsLw] ,  das  Buch  der  Weisheit  des 
Herrn0)  —  mächtig  und  groß  ist  er  —  und  das  ist  al-'Uzair;  das 
Buch  (jvjoLj-jO 7)  —  das  ist  das  Buch,  welches-  bekannt  ist  als 
das  Buch  der  Zeiten  und  Stammbäume. 

Das  sind  24  Bücher  —  und  es  sind  d  i  e  Bücher ,  in  bezug 
auf  welche  die  Juden  und  Christen  übereinstimmen  und  welche 
sie  in  die  Synagogen  und  Kirchen  bringen8)  und  dort  lesen  und 
die  sie  anerkennen.     Es  sind  nur  die  Bücher  des  alten  Volkes  (?)  '■') 


1)  D.  i.  des  Täufers. 

2)  Mit  den  vorhergegangenen  9  ergibt  das  20  Bücher.  Trotzdem  ist  die 
Zahl  der  ausdrücklich  zu  nennenden  Bücher  richtig.  Unter  den  9  befinden 
sich  2,  welche  als  je  2  zu  nehmen  sind,  ebenso  unter  den  11  (Samuelis,  Reges, 
Ezra,  Chronik).     So  kommt   die  Zahl   24  heraus. 

3)  Vgl.   dazu  die  nachher  folgende  Tabelle. 

4)  So  auch  an  andern  Stellen  des  Cod.  Spr.  30. 

5)  Tabari  schreibt  ~z>3,a  (mit  ^);  da  aber  auch  sonst  Spr.  30  von 
Tab.  in  der  Schreibung  der  Namen ,  auch  in  im  übrigen  fast  gleichlautenden 
Parallelstellen,  abweicht,  speziell  auch  an  andern  Stellen  -5>0-d  schreibt, 
habe  ich  das  _  stehen  lassen.     al-Berüni   280,  16  hat   .j>'_x. 

6)  Dieses  „Buch"  fehlt  mit  Kocht  in  B.  In  A  liegt  ein  leicht  zu  ver- 
bessernder Textfehler  vor,  vgl.  die  Bemerkungen. 

7)  Scheint  als  ein  Wort  gedacht  zu  sein,  ganz  zweifellos  ist  es  nach 
den  Schriftzügen  nicht. 

8)  I>.  h.  im  Gottesdienst,   in  der  lectio  publica,  verwenden. 

9)  Wahrscheinlich  Textverderbnis, 


642  G.  Rothstein,  Der  Kanon  der  biblischen  Bücher  etc. 

[oder  die  alten  Bücher  des  Volkes  (?)  —  Fischer];  die  Christen 
nennen  sie  kutub  as-süra  al-kadima. 

Die  Christen  aber  haben  Bücher,  durch  welche  sie  sich  ab- 
sondern gegenüber  den  Juden ;  das  sind  die  neuen  Bücher,  nämlich : 

Das  Evangelium  (al-'ingil),  das  sind  4  Exemplare  (nusalj)1) 
mit  demselben  Inhalt  (ma'nü),  zurückgeführt  auf  4  von  den  Jüngern 

—    jedes    Exemplar    auf    einen    —    nämlich :      cä* ,   («Jj./a }    1'sJ , 

L=>..j. 

Nach  dem  Evangelium: 

Das  Buch  (jm^*J"  s  (resp.  ^a.^ .s  ? 2) ,  das  sind  die  Briefe 
der  Jünger  und  Schreiben  des  einen  von  ihnen  an  den  andern. 

Und  das  Buch  des  ^va-Lj3),  des  Apostels. 

Wenn  man  nun  die  Zahl  dieser  Bücher  nach  der  in  diesem 
Buche  erläuterten  Weise  der  Christen  und  Juden  in  bezug  auf  die 
bei  ihnen  gültige  Zahl  bestimmt,  dann  beträgt  ihre  Zahl  27,  davon 
as-süra  al-kadima   24  Bücher    und  al-hutub  al-hadita  3  Bücher. 

Wenn  man  aber  sein  Augenmerk  auf  die  wirkliche  Zahl  richtet 
und  dabei  in  der  Weise  verfährt,  daß  jedes  Buch  von  diesen  Pro- 
phetien  für  sich  ein  gesondertes  Buch  bildet,  dann  beträgt  die 
Zahl  41  Bücher4).  

Ich  lasse  zur  bequemen  Übersicht  und  zur  schnellen  Orien- 
tierung über  die  Namenformen  eine  Tabelle  folgen,  in  der  die 
Formen  des  Cod.  Spr.  30  neben  den  hebräischen  und  neben  den 
syrischen  stehen.  Die  Tabelle  ist  nicht  Selbstzweck,  sondern  will 
nur  dazu  dienen,  die  Namen  des  Cod.  Spr.  nach  Form  und  Her- 
kunft erkennen  zu  lassen.  Sie  ist  darum,  namentlich  in  den  Noten, 
durchaus  nicht  vollständig.  Ich  gebe ,  was  ich  zur  Hand  habe. 
Wenn  ich  bisweilen  etwas  mehr  als  gerade  notwendig  gebe ,  wird 
man  das  nicht  tadeln.  —  Daß  die  Formen  des  Cod.  Spr.  30  auf 
das  Syrische  zurückgehen,  wird  man  sofort  erkennen.  Für  das 
Syrische  lege  ich  die  Liste  in  Studia  Sinaitica  I,  No.  10  zu- 
grunde; wo  diese  versagt,  den  Codex  Ambrosianus  der  Peslttä 
(Translatio  Syra  Pescitto  Veteris  .Testamenti  Ex  Codice  Ambrosiano 
See.  Fere  VI  Photolithographice  Edita  Curante  ....  A.  M.  Ceriani, 
Mediolani  1876  ff.).  Sonst  habe  ich  die  Lond.  Polyglotte  ver- 
glichen, sowie  eine  Berliner  PesTttä-Handschr.  (Sachau  201)  für  die 


1)  LJlä^  absichtlich  nicht  gebraucht  für  die  Einzelschriften?  (vgl.  aber  B!). 

2)  Der  Ausfall  eines  a  sehr  leicht  möglich. 

3)  Zur  Schreibung  vgl.  unten. 

4)  Dann  sind  im  A.  T.  23  +  12  (kl.  Propheten)  =35  und  im  N.  T. 
2  -(-  4  (Evgll.)  =  6,  zusammen  41  gezählt.  —  Der  Anonymus  geht  nunmehr 
zu  der  Aufzählung  B  über. 


G.  Rotltstein,  Der  Kanon  der  biblischen  Bücher  etc.  (343 

Propheten.  —  Die  Vokale  habe  ich  nach  Payne  Smith  gesetzt,  wo 
nichts  anderes  angegeben  ist. 

Für  das  Arabische  kam  in  erster  Linie  der  Fihrist  in 
Betracht  (=  Kitäb  al-Fihrist.  Mit  Anmerkungen  hsgb.  von  G.Flügel, 
2  Bdd.  1871 — 72).  Für  einige  Prophetennamen  habe  ich  mehrere 
arabische  historische  Werke  herangezogen,  vor  allem  TabarT,  Annales 
ed.  M.  de  Goeje,  1879  ff.;  Ibn  Kutaiba,  Kitäb  al-ma'ärif  (ed.  Wüsten- 
feld 1850);  Ibn  Wädih,  Historiae  (ed.  Houtsma  Bd.  I,  1883); 
Alberüni,  Chronologie  orientalischer  Völker  ed.  Sachau  1876 — 1878; 
Ta'labi,  Kisas  al-anbiiä'  =  al-Arä'is  im  Druck  Cairo  1282.  Ferner 
habe  ich  manche  Notizen  den  Handschriftenkatalogen  des  British 
Museum  von  Ch.  Rieu  und  der  Königl.  Bibliothek  in  Berlin  von 
W.  Ahlwardt  entnommen.  Für  die'  alttestamentlichen  Propheten- 
namen habe  ich  besonders  das  arabische  Manuskript  der  Königl. 
Bibliothek  in  Berlin  Dietz  A  Fol.  41  (=  Df.  41)  verglichen.1) 
Dies  Ms.  ist  reichlich  vokalisiert  und  gut  geschrieben.  Dagegen 
habe  ich  nicht  alle  gedruckten  Teste  der  Bibel  oder  ihrer  Teile, 
sondern  nur  die  Lond.  Polygl.  herangezogen.  Die  gebrauchten  Ab- 
kürzungen sind  nunmehr  von  selbst  verständlich. 

Bemerken  will  ich  noch ,  daß  sich  die  Noten  der  Regel  nach 
nur  auf  die  Namen  beziehen ,  bei  denen  sie  stehen.  Nur  wenn 
etwas  Besonderes  zu  bemerken  war,  habe  ich  z.  B.  die  Vatersnamen 
mit  berücksichtigt. 


1)  Es  führt  den  Titel:  ^»Üt  .^c  iüC*Ji  J.  £  -aöXI  j^jQ-  uud  ist 
datiert  vom  J.  1041  d.  Märtyrer  =  725  H.  =  1324  D.  Es  bildet  die  Ab- 
schrift eines  Kodex  vorn  J.  6702  (?)  [es  steht  zuletzt  nur  Li]  d.  Schpfg.  (vgl.  Ahl- 
wardt im  „ Verzeichnis").  Die  f.  257 b  am  Rande  stehende,  sehr  verblaßte,  von 
Ahlwardt  ohne  Bemerkung  wiedergegebene  Notiz,  daß  es  eine  Übersetzung  aus 
dem  Koptischen  sei,  ist  falsch.  Die  zu  erwartende  Übereinstimmung  mit  der 
LXX  besteht  weder  in  der  Anordnung  der  Bücher  noch  in  der  Textgestaltung, 
wie  wenige  Stichproben  gleich  ergeben.  Die  Anordnung  stimmt  dagegen  ge- 
nau mit  der  in  vielen  Peslttä-Handschriften  üblichen,  vgl.  z.  B.  den  erwähnten 
Codex  Sachau  201. 


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Cr.  Jiothstein,  Der  Kanon  der  biblischen  Bücher  etc. 


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(7.  Rothstein,  Der  Kanon  der  biblischen  Bücher  etc.  ß45 

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046 


G.  Rothstein,  Der  Kanon  der  biblischen  Bücher  etc. 


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G.  Rothstein,  Der  Kanon  der  biblischen  Bücher  etc.  651 


Die    neutestarnen  fliehen    Namen. 

Die  Namen  der  vier  Evangelisten  im  Cod.  Spr.  30  zeigen  die 
gewöhnliche  Form.  Aufgestoßen  sind  mir  sonst :  i,c  für  Matthäus  : 
Brit,  Mus.  Suppl.  No.  6  (datiert  1208  D.).  Für  Markus  ^y»: 
Brit.  Mus.  Suppl.  No.  9  (1663  D.);  ^f-  Brit.  Mus.  Suppl.  No.  5 
und  No.  6  (No.  5  ca.  aus  dem  12.  Jhdt.  ist  sicher  aus  dem  Syrischen 
übersetzt);  (wyj.U:  al-Berünl  22,  5.  299,  13.  Dazu  die  syrische 
Form  a)Qjo^D  z.  B.  Stud.  Sin.  I  p.  13.  Für  Lukas  und  Johannes 
habe  ich  nichts  Besonderes  notiert. 

Für  die  Acta  hat  Fihrist  ,  «.a^^Ls  (mit  o  am  Anfang-). 
Sonst  herrscht  das  Anfangs  -  ^j  vor  in  verschiedenen  Formen : 
g^AwJ'Lj  z.  B.  Berliner  Ms.  Dietz  0.  162  („ Verzeichnis"  IX,  527), 
Sachau  317  (1.  c.  IX,  527);  gewöhnlicher  scheint:  .^j^S,^  z.  B. 
Brit.  Mus.  Suppl.  No.  1  u.  11.  Pertsch,  Die  arab.  Handschriften  d. 
Herzogl.  Bibliothek  in  Gotha  IV,  533.  Einmal  habe  ich  ^.wj  S) 
(ohne  i)  gefunden:  Brit.  Mus.  Suppl.  No.  13;  ebenso  ist  mir  einmal 
die  syrische  Form  cy>on^;Qi  (ohne  i)  aufgestoßen,  Cat.  Mus. 
Brit.  (syr.)  p.  15  (No.  XIII).  Man  wird  dabei  an  die  Form  des 
Cod.  Spr.  30  erinnert,  doch  kann  es  sich  in  diesen  Fällen  um  zu- 
fälligen Ausfall  von  i  handeln.  Im  übrigen  wird  kein  Zweite]  sein, 
daß  das  Anfangs -^3  auf  syrisches,  das  Anfangs -lj  auf  griechisches 
Vorbild  zurückgeht. 

Paulus  heißt  gewöhnlich,  soviel  ich  sehe,  jw-Lj  resp.  \ja^^i 
(z.B.  Berlin.  Ms.  Dietz  O.  162)  mit  Anfangs  -i_j.  Die.  Form  des 
Cod.  Spr.  30  mit  Anfangs -,_•  wird  auf  syrischen  Ursprung  zurück- 
gehen (vgl.  qpq\q2>  in  Stud.  Sin.  I  p.  13),  analog  der  Wiedergabe 
von  nqd'^ug. 

Bemerkungen. 

Die    Bücher    des    Alten    Testaments. 

A  und  B  stimmen  bis   auf   zwei  Abweichungen    überein.     A 

hat  zunächst  ein  Plus  in  dem  #JJ  cj.Jl  *J,z.  ^Izf.     Est  der  Texl 

richtig,    dann    kann    damit    nicht    gut    etwas  anderes   als    [V.    E 
gemeint  sein,    da    nach    dem  Zusammenhang  au  Ezra  als   Verfasser 
gedacht  sein  muß.    Der  Titel  müßte  dann  wohl  aus  dem  von  Gilde- 
meister edierten  Abschnitt  aus  IV.  Ezra  stammen,    der    sich    nicht 
weit    hinter    unserer    Stelle    findet.      Dort    heißt    es    abschlie 

^.„'5    jj.fi    (-röiy     -+M    ^5Ü(Äjj;     die     Differenz    zwischen     JLc    und 

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fjlt  würde  ja  wohl  nicht  weiter  stören.  Schwerlich  wird  man 
wegen    des  ungefähren  Anklangs   auf   den  Gedanken  kommen ,    daß 

dieses  LJ-Ji  Jlc  ^Jlä5"  =  r^&vai  c^&vSOAaj  (Sapientia  Salomonis) 
im  Canon  Sinaiticus  (Studia  Sinaitica  I,  13)  sei.  In  Wirklichkeit 
wird  es  sich  um  eine  Textverderbnis  handeln.  Der  vorliegende 
Text  bietet  eine  Schwierigkeit  in  dem  ohne  rechte  Beziehung  nach- 
schleppenden j i*Ji  j£>» .  Es  wird  einfach  zu  lesen  sein  ^.'SS  für 
lj'lXJ     und    vielleicht    auch    Jie    für    *J.£.      Dann    heißt    es:    Das 

Buch  'Azarja's  des  söfer,  des  Schreibers  des  oJj  ^Lc  —  und  das 
ist  [arab.]  al-'Uzair.  Der  Anonymus  hat  aus  jener  IV.  Ezra- 
Stelle  einfach  ein  Attribut  Ezras  übernommen.1)  Damit  ist  auch 
die  Schwierigkeit  beseitigt,  daß  Anonymus  24  Bücher  nennen  will 
und  tatsächlich  25  aufzählt.  Ferner  erklärt  sich,  warum  B  das 
angebliche  Buch  nicht  hat;  bei  B  werden  eben  alle  Zusätze  zu 
den  Namen  weggelassen.     A  und  B  stimmen  also  tatsächlich  überein. 

Eine  wirkliche  Abweichung  bleibt  aber  in  bezug  auf  die 
Reihenfolge  der  KethübhIm.  A:  Daniel,  Esther,  Ezra,  Chronik. 
1> :   Chronik,  Daniel,  Esther,  Ezra.     Darüber  noch  unten. 

In  der  Zahl  24  folgt  der  Anonymus  der  jüdischen  und  ver- 
mutlich ältesten  Überlieferung  (vgl.  Ryle ,  The  Canon  of  the  Old 
Testament,  Tabelle  zu  292;  Wildeboer,  Die  Entstehung  des  atl. 
Kanons  S.  10).  ■ — ■  B  zählt  allerdings  85  Bücher,  und  das  ist  in 
einem  späteren  Midrasch  zu  Numeri  ebenfalls  der  Fall  (vgl.  Wilde- 
boer 1.  c.  11).  Ich  weiß  aber  nicht,  ob  das  dort  eine  rein  singulare 
Absonderlichkeit  ist  oder  etwa  eine  Gewohnheit  angeben  soll. 
Strack  (Protest.  Realencykl.  IX,  757)  hält  die  Angabe  für  nicht 
„ernstgemeint".  Ebenso  ist  mir  beim  Anonymus  fraglich,  ob  er 
mit  dieser  Zählung  eine  ihm  bekannte  Ansicht  wiedergeben  will 
oder  ob  es  nur  ein  Einfall  von  ihm  ist.  Der  Text  scheint  mir 
eher  auf  das  letztere  hinzudeuten. 

Die  Reihenfolge  stimmt  im  ersten  und  zweiten  Teil  des  Kanon 
ebenfalls  mit  der  jüdischen  Überlieferung  im  Talmud  (Bäbbä 
bathrä  f.  14b,  15a)  überein-)   (nur  bei  den  kleinen  Propheten  steht 

1 1  Damit  erledigt  sich,  was  Rothstein  1.  c.  43  ausführt.  Dieses  Attribut 
Ezras  ist  mir  sonst  nicht  bekannt;  nach  Gunkel,  Bemerkg.  zu  IV.  Esra  14,50 
(in  Kautzsch,  Apokryph,   u.  Pseudepigr.  II,  401)    ist  es  sonst  Attribut  Henochs. 

Ezra  heißt    sonst    (jwyaLJj    \gX&    ^o.X..!    vgl.   Lond.  Polygl.  und  Brit.  Mus. 

Suppl.  No.  1    ('jü|    ^Cjli  ^1X11). 

2  Spr.  30  hat  p.  188  in  ganz  anderm  Zusammenhang  noch  eine  Auf- 
zählung der  Propheten,  in  der  ganz  am  Anfang  Ä/0  .yi  ,w*j»j  steht, 
dann  genau  die  Reihenfolge  unseres  Kanon  innegehalten  wird.  Jona  erscheint 
als     MJ«.J,  Maleachi   fehlt. 


G.  Rothstein,  Der  Kanon  der  biblischen  Bücher  etc.  653 

abweichend  von  der  gewöhnlichen  Ordnung  Jona  hinter  Micha). 
"Wunderbar  sind  z.  T.  die  Vatersnamen  der  kleinen  Propheten,  deren 
Herkunft  mir  nicht  bei  allen  klar  ist.  Dagegen  beginnen  die 
Kethübhim  mit  Hiob,  worauf  dann  A  wieder  genau  nach  Talmud 
ordnet,  während  B  die  angeführte  Abweichung  zeigt.  In  der 
jüdischen  Tradition  hat  nach  Rvles  Tabelle  nur  Hieronymus  Hiob 
am  Anfang  der  KetbübhTm,  weicht  aber  sonst  ab.  - —  Für  die  Stellung 
der  Chronik  bei  B  hat  wieder  nur  Hieronymus  ein  Analogon,  aber 
doch  nicht  genau.  Er  ordnet:  Daniel,  Chronik,  Ezra,  Esther. 
Sonst  steht  die  Chronik  regelmäßig  entweder  am  Anfang  oder  am 
Schluß  der  Kethübhim. 

Die  in  allem  wesentlichen  vorhandene  Übereinstimmung  unseres 
aus  dem  'Irak  stammenden  Anonymus  mit  der  talmudischen  Tradition 
mag  als  ein  Zeugnis  dafür  gelten ,  daß  wirklich  die  babylonische 
Gemärä  auch  die  Ansicht  der  babylonischen  Juden  angibt,  von 
der  die  der  Palästinenser  abgewichen  sein  soll ;  vgl.  Kyle ,  The 
Canon  etc.  243  u.  Buhl,  Kanon  und  Text  des  A.  T.  S.'SM.  Letzterer 
führt  dafür  die  Notiz  eines  masoretischen  Werkes  aus  dem  Jahre 
1207  an.  Nach  der  palästinensischen  Ordnung  steht  Chronik  am 
Anfang,   dann  Psalmen,  Hiob,  Provei'bien,  Ruth  etc. 

Babylonische  Tradition  soll  auch  dem  in  den  Studia  Sinaitica 
I  No.  10  (p.  8  ff.)  veröffentlichten  Kanon  zugrunde  liegen,  vgl. 
J.  R.  Harris  ibid.  p.  15/16,  ferner  Zahn,  Neue  Kirchl.  Zeitschr. 
1900,  p.  793  Anm.  2  und  795).  Die  Reihenfolge  der  Bücher  weicht 
erheblich  ab. 

Ebenso  weicht  ab  der  im  Jahre  377  H.  (beg.  3.  Mai  987  D.) 
auf  babylonischem  Boden  geschriebene  Fihrist  des  an-Nadlm  (ed. 
Flügel  1871),  über  dessen  Angaben  ich  nur  ein  paar  Worte  hinzu- 
füge. Er  berichtet  sowohl  über  den  jüdischen,  wie  über  den  christ- 
lichen Kanon. 

Die  jüdische  Ordnung  (I,  p.  22,  30  ff.)  hat  die  bekannte 
Dreiteilung : 

1)  Tör'ä  (=  5  Fünftel  =  ^UjM  lw+3-  [=   -u3?pt1  iltttan]). 

2)  Propheten:  Josua,  Judices,  Samuelis,  Jesaja,  Jeremia,  Hesekiel, 
Reges  Cff^/i  =  x.j'.^L  j>.b   .i~),  die   XII. 

3)  Bücher  (v^tf):  Ezra  (..Ic!),  Daniel,  Hiob,  Canticum,  Threni 
(\J>\  =  iirrN),  Ruth,  Koheleth,  Psalter,  Proverbia,  Chronik, 
Esther  (=  äL?UI  =  0^!v^>  oüü  ). 

Nur  ist  fraglich,  ob  bei  der  Einzelaufzähltrng  alles  in  Ordnung  ist. 
Die  Stellung  von   „Reges"   dürfte    doch    kaum    sonsl    »'in   An; 
finden.     Jedenfalls  weicht  die  Reihenfolge,  wie  ersichtlich,  von   der 
babylonisch-jüdischen  sehr  ab. 


654:  &'  Rothstein,  Der  Kanon  der  biblischen  Bücher  etc. 

In  der  Anführung  des  christlichen  Kanons  (p.  23,  17  ff.) 
isi  in.  E.  sicher  der  Text  nicht  in  Ordnung,  soweit  das  A.  T.  in 
Betracht  kommt.  Der  gesamte  Kanon  heißt:  ä,**2Ji  oütf*  und 
teilt  sich  in  &jü£*Jt  ».y^Ji  und  KajlXÜ  ».yaJi.  Beim  A.  T.  scheint 
nun  auch  eine  Dreiteilung  beabsichtigt: 

1)  Tora  =  5  Bücher  (  Lä*g|  &**«♦.:>). 

2)  (CjJö*    Iw>Iä5"    (nach    Flügel:    „ein    viel    enthaltendes  Buch", 

vgl.  die  Fortsetzung  ^j£  bAc  A^  l5^^5  =  »unc*  es 
umfaßt  eine  Anzahl  von  Büchern"):  Josua,  Judices,  Samuelis, 
Beges  (?),  Buth,  Proverbien,  Koheleth,  Canticum,  Jesus  Sirach. 

3)  Propheten  („umfaßt  4  Bücher"):  Jesaja,  Jeremia,  XII,  Hesekiel. 
Was  ich  zweifelnd  mit  Beges  gleichsetze,  ist  genannt  .Lc>i  olÄi 
JoLwi  Xi  und  wird  von  Flügel  (II,  12  in  der  Note  zur  Stelle) 
als  „unstreitig"  die  Chronik  betrachtet.  Der  Stellung  nach  kann 
man  nur  an  die  Beges  denken,  und  ich  sehe  keinen  Grund,  davon 
abzugehen.  Denn  unter  der  mir  immerhin  wahrscheinlichen  An- 
nahme, daß  der  Gewährsmann  an-Nadlms  ein  Nestorianer  war,1) 
läßt  sich  das  Fehlen  der  Chronik,  die  bekanntlich  lange  im  Kanon 
der  nestorianischen  Syrer  (und  eines  Teils  der  Monophysiten,  vgl. 
Buhl,  Kanon  und  Text  des  A.  T.'s  1891,  p.  52)  fehlte,  eher  be- 
greifen. Begreifen  läßt  sich  unter  dieser  Voraussetzung  weiter, 
daß  Ezra  und  Esther  sowie  Hiob  -  fehlen ,  aber  unbegreiflich  ist, 
daß  die  Psalmen  ausgefallen  sind.  Ebensowenig  ist  ein  Grund  fin- 
den Ausfall  von  Daniel  abzusehen.  Daß  der  Verf.  Vollständigkeit 
beabsichtigte ,    halte    ich  für  sicher ,    auch    trotz    des  unbestimmten 

y^^i  HAt  in  Z.  23.  Daß  der  Gewährsmann,  der  Presbyter  Jünus, 
aus  Unkenntnis  oder  Absicht  gerade  diese  Bücher  verschwiegen 
habe,  halte  ich  nicht  für  denkbar.  So  wird  nichts  übrig  bleiben, 
als  einen  Textverlust  anzunehmen ,  was  bei  der.  schlechten  Über- 
lieferung des  Fihrist  sehr  wohl  möglich  ist. 

Cod.  Spr.  30  zeigt  in  der  Anordnung  der  biblischen  Bücher 
des  Alten  Testaments  nichts  spezifisch  Nestorianisches ,  sondern 
gibt  im  wesentlichen  die  babylonisch -jüdische  Tradition  wieder. 
Das  Eecht,  bei  ihm  trotzdem  vom  nestorianischen  Kanon  zu  reden, 


1)  Mir  ist  diese  Annahme  dadurch  ziemlich  sicher  gemacht,  daß  Jesus 
Sirach  als  kanonisches  Buch  mitgezählt  ist.  Das  ist  nestorianische  Eigen- 
tümlichkeit,   vgl.  Buhl  1.  c.   52.    —    Zur    Stellung    des    Jesus  Sirach    vgl.  noch 

unten  p.   22.    —    Übrigens    ist    die    Lesart    in  Flügels  Ausgabe    ü^.^.>-    i«_J»äj 
^r.x^w   ..J    ^..wsj».?    schwerlich    richtig.     Zu    lesen    (j^-£-w   qJ    p^„**o?  oder 


G.  Rothstein,  Der  Kanon  der  biblischen  Bücher  etc.  655 

gibt  aber  unzweifelhaft  der  Bestand  des  Neuen  Testaments,  wobei 
auch  auf  eine  interessante  Notiz  des  Cod.  Spr.  30  bezüglich  Jesus 
S  i  r  a  c  h  hinzuweisen  ist. 


Die    Bücher    des    Neuen    Testaments. 

Da  der  Anonymus  in  Babylonien  schreibt  und  seine  Informa- 
tionen von  dortigen  Christen  hat,  wird  man  seine  Gewährsmänner 
naturgemäß  am  ehesten  in  der  dort  herrschenden  Konfession  der 
Nestorianer  suchen.  Bestätigend  kann  man  darauf  hinweisen ,  daß 
er  Schriften  von  Nestorius ,  Ephraem  und  Narses  anführt  (p.  29). 
Weiter  aber  ist  zu  erinnern  an  die  nestorianische  Eigentümlich- 
keit, daß  Jesus  Sirach  zum  Kanon  gerechnet  wird.  Spr.  30  hat 
ihn  in  der  Aufzählung  der  kanonischen  Bücher  nicht,    gibt    aber 

p.  20   eine  interessante  Notiz:    uj.äj"   [d.  h.  der  ^.L*a5]    *£ji\ji    J:» 

0-q.^xJLv-      ^.XV      %A      [S.    p.]      JL;^      XÄ\J.      X*wijJ      ^J^'      V^*-       l3 

„In  ihren  [der  Christen]  Händen  befindet  sich  ein  Buch,  genannt 
Bar  Sirä,  welches  mit  den  Weisheitssprüchen  Salomos  zusammen, 
an  deren  Ende,  geschrieben  wird.  Es  wird  nicht  für  sich  unter 
den  kanonischen  Büchern  gezählt,  vielmehr  hängt  es  unzertrennlich 
mit  den  Weisheitssprüchen  Salomos  zusammen."  —  Danach  steckt 
also  im  Kanon  der  Christen  Jesus  Sirach  drin ,  aber  nur  als  eine 
Art  Anhang  zu  den  Proverbien.1)  —  Die  Bezeichnung  der  Pro- 
verbien  als  ^A*»  p&>-  erinnert  an  die  Bezeichnung  im  christ- 
lichen Kanon  im  Fihrist  und  die  im  Cod.  Sinaiticus.  Die  Stellung 
von  Jesus  Sirach  im  Fihrist  ist  etwas  anders.  Dort  steht  er  am 
Ende  aller  salomonischen  Schriften  und  wird  offenbar  auch  ge- 
zählt. Immerhin  wird  man  in  der  angeführten  Stelle  einen  Beleg 
dafür  sehen  dürfen ,  daß  der  Anonymus  nestorianische  Tradition 
geben  will. 

Wichtig  ist,  daß  der  Anonymus  nur  drei  Corpora  im  N.  T. 
kennt:  Evangelium,  Acta,  Paulus. 

Das    ist    sicher  nestorianische  Tradition.     Als  Cosmas    sich  im 
6.  Jhdt.  von  nestorianischen  Christen  belehren  ließ,  erfuhr  er. 
sie  weder  Apokalypse  noch  katholische  Briefe  hatten,   vgl.  Tli.  Zahn. 
Neue   Kirchliche  Zeitschrift  1900,   S.  792.     Das  stimmt   nach  Zahns 
Ausführungen  zu  den  Angaben,    die    bezüglich    des   nestoriai 


1)  Zur  Stellung  von  Jesus  Siraeh    zwischen    Proverbien    und  Koheleth  in 
syrischen    Bibelhandschriften    vgl.    Protest.    Realencykl.3  IX,  7G1.    —     S] 
p.  30  sagt,    in  Übereinstimmung    mit  der  obigen  Ausführung,    im  Anschluß    an 

die  Nennung  der  Proverbien:   '  _x.w   .J    »ixi.  , 


656  &•  Rothstein,  Der  Kanon  der  biblischen  Bücher  etc. 

Kanons  aus  Aphraates  und  (für  das  9.  Jhdt.) ,  durch  Isö'däd11  zu 
gewinnen  sind. 

Nun  ist  es  auch  zweifellos  geworden,  was  wir  oben  schon  als 
höchst  wahrscheinlich  konstatieren  mußten ,  daß  der  Kanon  des 
Filmst  nestorianische  Tradition  wiedergibt.  Auch  er  hat  für  das 
X.  T.  nur  drei  Corpora  (p.  23,  28  ff.).  Das  Kitüb  as-süra  al-hadda 
enthält: 

1)  Die  vier  Evangelien  (*ju^i  J^>Li^i). 

2)  Das  Buch  der  Apostel  (^j.LÜ),  bekannt  als  ^a.wJ'Ls. 

3)  Das  Buch  des  Apostels  Paulus  (^yJLwJt  ,wJ*j) :  24  Briefe. 
Die  letztere  Zahl ,    die    man    kaum    anders    als    auf  das  Kitäb 

,  v*J»j    beziehen    kann ,    ist    unverständlich    und    schwerlich    richtig. 

Ich    denke,    es    ist   für   ^^  Ac3  Süu.i  zu  lesen  „^-  äüu.t.     Denn 

14  paulinische  Briefe  zählt  man  auch  sonst,  z.  B.  Origenes  und 
Eusebius,  sofern  man  eben  den  Hebräerbrief  mit  mehr  oder  weniger 
Bestimmtheit  dem  Paulus  zuschrieb.  Das  war  aber  auch  bei  den 
Nestorianern  der  Fall,  vgl.  Jülicher,  Einleitung  in  das  Neue  Testa- 
ment p.  345. 

Auch  an-Nadim ,  der  Verf.  des  Fihrist,  schrieb  in  Babylonien. 
Und  für  Babylonien  kommt  nun  weiter  noch  das  Zeugnis  des 
Cod.  Sinaiticus  hinzu.  Auch  er  hat  nur:  Evangelien  —  Acta  — 
Paulusbriefe. 

Der  Cod.  Sinaiticus  soll  aus  dem  9.  Jhdt.  stammen,  womit  er 
in  die  Nähe  der  vermutlichen  Zeit  des  Cod.  Spr.  30  rückt.  Die 
Liste  des  Cod.  Sin.  soll  freilich  nach  Zahn  den  Zustand  um  etwa 
350 — 400  wiederspiegeln.  Das  mag  wohl  richtig  sein  —  Zahn 
schließt  es  aus  der  Stellung  zum  Diatessaron ;  Sin.  hat  bereits  die 
Getrennten  — $  das  interessiert  hier  weniger  als  die  Tatsache,  daß 
der  Tatbestand,  wie  ihn  der  Cod.  Sin.  angibt,  noch  lange  nachher 
bestanden  hat  und  daß  zu  den  von  Zahn  angeführten  Zeugnissen 
noch  das  unseres  Spr.  30  und  des  Fihrist  hinzukommt.  Zu  dem 
Zeugnis  des  Isö'dädh  aus  dem  9.  Jhdt.  kommt  also  das  des  Cod. 
Spr.  30  aus  ca.  9./10.  Jhdt.,  das  des  Fihrist  aus  dem  Jahre  377  H. 
=  987  D.  Nach  Jülicher,  Einleitung  in  das  N.  T.  p.  337  wäre 
noch  eine  Handschrift  aus  dem  Jahre  1470  hinzuzufügen,  über  die 
mir  aber  nichts  bekannt  ist.  Bemerkenswert  ist,  daß  diese  Zeug- 
nisse, wie  es  scheint,  sämtlich  auf  Babylonien  zurückführen,  daß 
man  also  speziell  den  Kanon  der  babylonischen  Nestorianer  vor 
sich  hat. 

Leider  läßt  uns  der  Anonymus  wie  auch  der  Fihrist  für  die 
Einzelheiten  im  Stich.  Wie  groß  das  Corpus  des  Paulus  war, 
darüber  sagt  Spr.  30  gar  nichts,  Fihrists  Angabe  ist  zweifel- 
haft. Die  Bezeichnung  der  Acta  als  Briefe  oder  Buch  der 
Apostel  (pl.)    (vgl.  Spr.  30    und   Fihrist)    erinnert    an    die  Angabe 


G.  Rothstein,  Der  Kanon  der  biblischen  Bücher  etc.  057 

bei  Jülicher  1.  c.  p.  387    „die  Handlungen   der    12    —    oder    auch 
aller  —  Apostel". 

Eine  Erinnerung  an  das  Diatessaron  wird  man  nicht  kon- 
statieren können.  Spr.  30  zählt  zwar  „das  Evangelium"  als  ein 
Buch ,  weiß  aber  doch  von  4  nusah  (A)  oder  4  kuiub  (B) ,  und 
der  Fihrist  zählt  4  \inäg'd.  Genaue  Kenntnis  der  4  Evangelien  — 
und  zwar,  wie  es  scheint,  in  einer  nach  dem  Syrischen  gefertigten 
arabischen  Übersetzung  —  finden  wir  schon  bei  Ibn  Wädih  (al- 
Ja'kübl),  Historiae  ed.  Houtsma  p.  75  ff.  um  das  Jahr  871  D.  (die 
„Historiae"  reichen  nur  bis  258  H.  =  871  D.).  Man  vergleiche 
zu  Ibn  Wadihs  Evangelienauszügen  M.  Klamroth ,  Der  Auszug  aus 
den  Evangelien  bei  dem  arabischen  Historiker  Ja'qübl.  Festschrift 
zur  Einweihung  des  Wilhelm- Gymnas.  in  Hamburg.  1885,  p.  117  ff. 
—  Bei  Ibn  Wädih  schon  ist  deutlich  der  doppelte  Spi-achgebrauch 
vorhanden,  nach  dem  al^ing'd  sowohl  die  Gesamtheit  der  Evan- 
gelien als  Summe  der  Geschichte  Jesu  als  auch  die  einzelnen 
Evangelien  bezeichnet  —  genau  entsprechend  dem  christlichen 
Sprachgebrauch  bei  „Evangelium".  Die  Evangelisten  sind  die  v_jL^ 
J.j^'^i ,  daneben  gibt  es  auch  ein  ^i„*  Jj^'i  u.  s.  w.  Weiterhin 
wird  dann  auch  die  Nisbe  al-HngiU  für  „Evangelist"  gebildet, 
vgl.  Brit.  Mus.  Suppl.  No.  1  und  Berliner  Ms.  WE  184  #(„ Ver- 
zeichnis" IX,  530.  —  Evangelienübersetzung.  Abschrift  aus  dem 
Jahre  1197  D.).  Diesen  Beinamen  trägt  als  „Evangelienüber- 
setzer"  schon  Ahmed  b.  'Abdallah  b.  Saläm  cf.  Fihrist 'p.  22. 


Anhang. 

Die  veröffentlichte  Stelle  zeigt,  daß  Spr.  30  interessantes 
Material  enthält.  Interessant  sind  auch  weitere  Angaben  über 
allerlei  jüdische  und  christliche  Werke,  wenn  nur  ihre  Identifizie- 
rung leicht  wäre.  J.  W.  Rothstein  ist  sie  in  der  früher  angeführten 
Abhandlung  nicht  möglich  gewesen ;  auch  mir  fehlen  die  nötigen 
eingehenden  Kenntnisse  auf  diesem  Gebiet,  um  weiter  zu  kommen. 
Wenn  ich  mich  recht  besinne ,  ist  einmal  in  dieser  Zeitschrift 
eine  Notiz  über  eins  der  fraglichen  Bücher  erschienen.  Ich  kann 
die  Stelle  aber  nicht  wiederfinden.  Möglicherweise  ist  auch  sonstwo 
an  mir  unbekannten  Stellen  etwas  darüber  gesagt  oder  sind  Kenner 
namentlich  der  jüdischen  Literatur  in  der  Lage,  Auskunft  zu  geben. 
Um  eine  erneute  Prüfung  zu  erleichtern,  stelle  ich,  da  die  Arbeil 
J.  W.  Rothsteins  manchen  nicht  zur  Hand  sein  wird,  die  frag- 
lichen Stellen  hier  noch  einmal  zusammen,  gebe  zugleich  mehr  als 
J.  W.  Rothstein  gegeben  hat. 

Zunächst  einige  christliche  Schriften : 

1)  p.  29:   jfr»JLi    l*£xs   ^mLäj-Ä    ^jbU^s    ^.LaJÜI    c-*\jI   Jj 


(358  &•  Rothstein,  Der  Kanon  der  biblischen  Bücher  etc. 

^.  [der  Schluß  des  Wortes  sehr  undeutlich]  ^  L^lsA  I+4J  ilftj 
-IwaIL  IujA^I  s^aJi  V0^  iä*"L"  (5%  ^UasJÜI.  Es  handelt 
sich  also  um  ein  Kommentarwerk  zum  Alten  und  Neuen  Testament, 
dessen  Titel  arabisch  an-ntsfäni  =  „Die  beiden  Hälften"  ist. 
Prof.  Fischer  vermutet,  daß  vielleicht  v^>3  in  dem  unbekannten 
Namen  steckt.  Aber  wie  heißt  nun  der  Titel ,  welches  Werk  ist 
gemeint?  Vielleicht  kann  die  Tatsache  weiter  helfen,  daß  es  sich 
um  ein  bei  den  Nestorianern  gebrauchtes  Werk  handelt;  es  schließt 
sich  nämlich  sofort  an :  ^J  La  <J\J&  ^..gjj  und  »J  .La  uUü' 
[=  Buch  des  Narses  und  Buch  des  Ephraem],  dann  folgt: 

2)  (j^jli^o  oL-vlAi   c_jLä5"     =     „Buch     der    Liturgien    des 

Nestorius*.  Trotz  des  Pluralis  wird  es  sich  um  die  sog.  „Liturgia 
Nestorii"  handeln,  die  zwar  nicht  von  Nestorius  herrührt  (vgl.  Loofs, 
Die  Überlieferung  und  Anordnung  der  Fragmente  des  Nestorius 
untersucht  von  Fr.  L.  Halle  1904,  p.  5),  aber  doch  unter  seinem 
Namen  tradiert  wurde.  —  Dann  schließt  sich  an: 

3)  ^y>   ULJLiLs-  JJ'  ^Lä   La  *.as   vjIäS'  «.P»   ,y^/.JLv.l_5>i  uJ.Xi^ 

öl ■  xx=>L>o    =    „ein  Buch,    in  dem  steht,    was  jeder  Catholikus  — 

von  den  Jakobiten,  Nestorianern  und  Melkiten  —  gesagt  hat  und 
die  abweichende  Meinung  eines  jeden  von  ihnen  und  ihre  Wider- 
legung gegenüber  ihrem  Vertreter fc. 

Ob  man  dabei  an  ein  Werk  denken  darf,  welches  dem  bei  Loofs 
1.  c.  p.  41  unter  No.  133  beschriebenen  entspricht?  Dort  sind  Ana- 
thematismen  des  Cyrill  je  von  Gegenanathematismen  des  Nestorius 
gefolgt,  diese  begleitet  von  Gegenbemerkungen  des  Marius  Mercator. 
Es  sind  allerdings  auch  mit  den  genannten  nicht  identische  syrische 
Anathematismen  des  Nestorius  erhalten,  die  aber  für  sich  allein 
stehen  und,  was  nicht  hinderlich  wäre,  zweifelhafter  Echtheit  sind, 
vgl.  Loofs  1.  c.  68  f.  (unter  No.  204).  —  Ganz  unklar  ist  mir 
der  Titel. 

Jüdische    Werke: 


1)    p.   28 :    a -amJÜj    [s.   p.]   ^JLü   ^.a>   aJ  ^üü   ^1x5"   >^-&aJUj 
?.axä       ,»...jt.i     u.*a>    Kaj.xw.j     &.A^w.äj»     A-i.^-—     >>vamk>     &«ajLi -amJU 

IwjLäJÜI  j-P.    oLac^I    [s.   p.]    Ka*./*.j    Ä.AJ»    'iP.'.xi>U    LulXÜ    -^JjLj 


G.  Rothstein,  Der  Kanon  der  biblischen  Bücher  etc,  659 

Vgl.  p.   15:     JoJI^I    ^    VU^=y>3    Ju£    [sie!]    crJ^ 

& .  ..tiuiL£>^|    K«y«»JLj   (^.LaäJÜI   .wm.j   ^AJI    'v_J-Ä\-i    5^5. 

p.  53.     Nach  Angabe  der  drei  Titel:    u>Jt*:>-    As    >w >l£5     ..P. 

An  der  zweiten  Stelle  wird  das  Werk  als  Quelle  für  Angaben 
über  Nebukadnezars  Zug  nach  Jerusalem  sowie  über  Bahrnan,  den 
bekannten  König,  zitiert,  p.  79  sagt  ein  iL*«a  .^j  Ij-.^c,  daß  er 
eine  lange  Rede  des  Manügihr  nach  Diktat  des  Möbed  aufgeschrieben 
und  in  das  *.JL.c  -t^>  eingefügt  habe.  p.  103  heißt  es:  +z-\  + 
•:.  JUc  ..^a^o  oücf  J,   [=  Aluned  b.  'Abdallah  b.  Saläm]       L^^\ 

J.  W.  Rothstein  (De  chronographo  etc.  p.  44  45)  vermutet,  daß  es 
sieb  um  eine  erweiterte  arabische  Bearbeitung  des  Seder  'Oläm 
handle,  die  der  Anonymus  benutzt.  —  Ist  der  hebräische  oder  der 
syrische  Titel  bekannt?,    Der  griechische  ist  natürlich  =  Xqowaov. 

2)  An  die  zitierte  Stelle  auf  p.  28  schließt  sich  an:   l^Uü    +.-1. 


[Punkte  ganz  unsicher]      _Äj>t„.v.    o.|j   aJ   ^Läj   xAc    J^ajJ    <- 


&*j   .Ls!)'i   u>'.JV   JLJl.     Der  Inhalt  soll  also  betreffen   „ihre  [der 

Juden]  Vereinigung  und  Verbündung  zur  Leugnung  der  Angelegen- 
heit des  Messias  *.c  und  zur  Unterlassung  des  Glaubens  an  ihn". 
Handelt  es  sich  demnach  um  eine  polemische  Schrift  der  Juden 
gegen  das  Christentum  ?     Wie  kann  der  Titel  lauten  ? 

3)    p.   28.     Im  Zusammenbang  mit  den  vorerwähnten  Werken 

steht    am     Anfang     der    Aufzählung:     Ji^?    ».P.    c>JU.^i     UJÜU 


Vgl.  p.   52:   (jyUjÜ!   ^O   O^Ji   ^--A,l   j,   v'-^'Vi    ^*^ 

ä-^LJi  auJ.c  ^^  j^?-  u£^  e)^  ,-*Ä*a^  a'5  l**^0-5  i**^V!j 
p.  IG  wird  ebenfalls   „Iä*.»..£ä   neben  ^Juc  q-j-ä-=>  zitiert. 


(i()0  G.  Rothstein,  Der  Kanon  der  biblischen  Bücher  etc. 

Aus  der,  wie  es  nach  den  mitgeteilten  Stellen  wahrscheinlich 
ist .  vorhandenen  Identität  des  Inhalts  schließt  Rothstein  1.  c.  p.  46 
auch  auf  Identität  der  Titel,  indem  er  büu-ä  als  aramäische 
Emphaticus-Form  ansieht.  —  Zweimal  wird  das  Buch  als  Quelle 
für  Angaben  über  Kaiümart  angeführt,  das  eine  Mal  mit  JLac  ,.rx^=> 
zusammen,  es  muß  also  irgendwie  auf  geschichtliche  resp.  legen- 
darische  Dinge  eingegangen  sein.  Auf  die  Suhuf  Ibrahim  ua-Müsä 
im  Koran  (vgl.  dazu  Pautz.  Muhammeds  Lehre  von  der  Offen- 
barung p.  123)  und  den  Bericht  des  Fihrist  p.  22,  15  ff.  hat 
■T.  W.  Rothstein  bereits  hingewiesen.  —  Ist  der  Titel  sonst  bekannt? 

4)  Schließlich  kommt  ein  Werk  in  Betracht,  welches  von 
Christen  gebraucht  ward,  aber  offenbar  wesentlich  jüdische  Stoffe 
enthielt.     Ich  beginne  mit  der  leider  recht  dunklen  Hauptstelle. 

p.  30.  Die  Aufzählung  der  christlichen  Schriften  war  durch 
das  lange,  von  Gildemeister  veröffentlichte  Stück  aus  IV.  Ezra  unter- 
brochen   und    wird   nun  wieder   aufgenommen:   ^ .LaJÜi   (jrAjf   J,^ 

c.LsJÜU    .P.a£»   oLaawääJI  ^  UiLc>  [ein  Wort  zerstört] 


v-- 

:    *■*■»*?} 

LjUi".  Lotxiul  Owä5»  AUäi5>  v— JÜtf!  Lj^.jI  ^bci",     -.0./5  .ä.w 

«-»Usi 

1-**«    _j   Llaj.   o»Ij    ,.-.j  i^>JLiä    ^-ä^»    aJLiuoi    ,  _?»    rr*AL* 

&.*\;> 

oLä^j    o«j!    v'^5    qJ-a*    ts-  P-]    <— ,-a*  ■V-;;-3    *-*!>*; 

V^^5 

.rc--x.j  [s.  p.]  jj  wLx^  jsjJI  v^3  &*&>. 

So  wie  die  Stelle  dasteht,  verstehe  ich  sie  nicht,  auch  ab- 
gesehen von  dem  einen  ganz  zerstörten  Wort.  Zunächst  die 
Schreibung     der     hauptsächlich    interessierenden    Namen:     xajI-JI 

könnte   allenfalls   auch  äJLjI-JI   gelesen  werden.     oL'sLjJ   ist   sicher. 

-ajfc^xjj»  kommt  fünfmal  vor.  Die  Schriftzüge  sind  sichei\ 
Da  wo  es  am  deutlichsten  punktiert  ist  (p.  17),  heißt  es  ziemlich 
sicher,  wie  oben  geschrieben.  Vielleicht  kommt  daneben  noch 
in    Betracht     Jü*+jßo.      Der    Schluß    des    Wortes    scheint    p.    37 

Gi  .  .  .  .  zu  lauten,  was  möglicherweise  vorzuziehen  ist.  —  Schlimm 
steht  es  mit  dem  Sinn  der  Stelle.  Die  Christen  setzen  10  von 
„diesen"  [d.  h.  den  vorgenannten]  Büchern  in  Beziehung  zum 
kitäb  s.iy+AiO.  Worauf  aber  eigentlich  das  „diese"  sich  genau 
beziehen  soll,  ist  nicht  zu  bestimmen.    Möglicherweise  ist  zu  über- 


G.  Rothstein,  Der  Kanon  der  biblischen  Bücher  etc.  ßß\ 

setzen:  „Und  in  den  Händen  der  Christen  befinden  sich  Bücher, 
welche    sie    nennen    *xi!..Ji    und    oL'ibjJi    und     al-masähif]    und 

andere    als    die  Bücher ,  deren  Zustand sind    die  Bücher 

der  Erklärungen  (=  Kommentarwerke)  und  andere  als  sie L 

Soll  nun  das  folgende  8L\P  auf  die  „ Kommentarwerke "  zurück- 
gehen? Möglich:  J.  W.  Eothstein  1.  c.  p.  46  scheint  diese  Annahme 
für  diskutabel  zu  halten.  Sicher  ist  aber  garnichts.  —  Unklar  ist 
mir  nun  weiter  das  anschließende  U^Ui,  worauf  eine  unvollständige 
Aufzählung  biblischer  Bücher  folgt,  deren  Xamenformen  durchweg 
mit  den  in  der  oben  veröffentlichten  Liste  enthaltenen  überein- 
stimmen. J.  W.  Rothstein  p.  45  hat  auf  dieses  {.jjji  keine  Bück- 
sicht genommen,  wohl  weil  er  keine  Beziehung  zu  aj»^.>.j^  an- 
nahm. Aber  solange  die  Beziehung  des  suff.  LS»  nicht  klar  ist, 
muß  mit  der  Möglichkeit  gerechnet  werden,  daß  eine  Verknüpfung 
mit  dem  unmittelbar  Vorhergehenden  anzunehmen  ist.  Die  Be- 
ziehung ist  aber  nicht  klar.  w^.^  kann  hier  nicht  in  loser  Fort- 
führung der  begonnenen  Aufzählung  christlicher  "Werke  einfach 
heißen:  und  zu  ihnen  —  den  Büchern  der  Christen  —  gehören  u.  s.w. 
Abgesehen  davon,  daß  ein  Analogon  zu  dieser  Ausdrucksweise  vor- 
her fehlt,  kann  der  Verf.  hier  nicht  alttestamentliche  Bücher  als 
spezifisch  christliche  Bücher  anführen ,  nachdem  er  einige  Seiten 
vorher  auseinandergesetzt  hat .  daß  sie  gemeinsames  Eigentum  von 
Juden  und  Christen  sind.  Dann  aber  bleibt  nur  die  Möglichkeit. 
die  Anknüpfung  für  das  Suffix  in  dem  unmittelbar  Vorhergehenden 
zu  suchen.  Die  dort  genannten  10  Bücher  können  es  nicht  sein, 
weil  die  Zahl  nicht  stimmt.  Weiter  weiß  ich  bei  dem  Zustande 
des  Textes  keine  Entscheidung  zu  geben.  —  Somit  läßt  sich  aus 
dieser  Hauptstelle  für  die  Bestimmung  des  Buches  nach  seinem 
Inhalt  nichts  Sicheres  entnehmen. 

Ein  wenig  mehr  ergeben  die  übrigen  Stellen.  P.  37  und  170 
wird  beidemal  das  Buch  neben  der  s.  »^=JI  K.J.4.J  =  hebr.  Pentateuch 
als  Quelle  angeführt  für  die  Summe  der  Jahre  von  der  Schöpfung 

bis  zur  Higra.     p.   37  :  v^j»  j\.X*  *JLäJ!  r  -a~,    -~*       a<2/i  La   «.a*^ 


170:    ^>\j^=>,    äjjjöJi    xj;y  J.    L*    ,  -Jlc 


:    (]).  41)   aber   wird    das   Buch    auch  als  Quelle  für  die 

Nachdem    über   die 


i3 

u^*-Ai    .«-s     ^_^.aa~ 

L5; 

L«l«3 

Oj^aJI 

-- 

c 

2Jj.^.a:J>     U 

Jü 

Fasl 

genau 

so 

L5Ätr**°- 

662  '•'■  Rothstein,  Der  Kanon  der  biblischen  Bücher  etc. 

Differenz  zwischen  den  Angaben  des  griechischen  und  hebräischen 
Pentateuch  gesprochen  ist,  heißt  es:  sx^  ^  ?*a*i  La  «.a^~>j 
La  usU**    J-&  »j^H^i  <^h  J  *°'   *M  *J&>  oöj  ä^s   fJLxJ' 

Weiter  ist  bemerkenswert  p.  17:  ^o.bdi  SÄP  v_ä.wJ  iXäj 
Kj,kj   A  La     Je   _*aj   «*ip    £aLc   rC-S   u»Ls^Ji   IlX0  A    ,^l\Ü 

■■  s5üi3    ->^    .»  «Xj   La  <soo!        Hier   ist    also    das    Buch    als   Quelle 
^        LT     o>    ••         <_ 

für  die  Feststellung  der  Zeitrechnung  bis  zur  Eroberung  Jerusalems 
durch  Nebukadnezar  benutzt. 

Schließlich  ist  p.  184  zu  beachten.  Dort  wird  Saul  mit  seiner 
gewöhnlichen  arabischen  Namensform  oJLb  genannt  und  die  Be- 
merkung angeknüpft:  ^^.a's  ^  ^Lü  cs.ij+juJ>  ^Lxf  £  x*~!»  . 
Auf  derselben  Seite  heißt  es  aber  kurz  vorher:  5UiLj-*JU  au-*»^ 
Ö?  WLÄ. 

Somit  dürfte  sich  ergeben : 

1)  Der  Verf.  kennt  das  Buch  nur  in   den  Händen  von  Christen. 

2)  Es  enthält  besonders  chronologische  Angaben. 

3)  Diese  chronologischen  Angaben  reichen  in  genauerem  Ein- 
gehen auf  Einzelheiten  sicher  bis  auf  Nebukadnezar;  die  weitere 
Rechnung  bis  zur  Higra  geht  natürlich  nicht  auf  dieses  Buch  zurück. 

4)  Es  enthält  vor  allem  die  Angaben  des  hebräischen  Penta- 
teuchs,  scheint  aber  auch  die  der  LXX  zu  kennen. 

5)  Aus  den  Angaben  auf  p.  184  darf  man  möglicherweise  auf 
syrische  Sprache  des  Buches  schließen;  es  kann  aber  natürlich  ins 
Syrische  übersetzt  sein.  Da  der  Verf.  es  in  den  Händen  der 
Christen  kennt,   wird  man  ohnehin  ans  Syrische  denken. 

Wie  lautet  der  Titel?  Syrisch  scheint  er  nicht  zu  sein; 
die  Endung  scheint,  wie  J.W.  Rothstein  vermutet,  auf  %w\  zu 
deuten.  Dann  müßte  das  Buch  wohl  aus  dem  Griechischen  über- 
setzt sein. 

Da  ich  eine  Ausgabe  des  Cod.  Spr.  30  vorbereite,  liegt  mir 
viel  daran ,  über  die  angeführten  Dinge  soweit  möglich  ins  Klare 
zu  kommen.  Bemerkungen ,  die  der  Aufklärung  dienen  können, 
bitte  ich  in  dieser  Zeitschrift  zu  veröffentlichen  oder  mir  per- 
sönlich zukommen  zu  lassen.  Ich  werde  jeden  Wink  dankbar 
benutzen. 


G.  Rothstein,  Der  Kanon  der  biblischen   Bücher  etc.  663 

A  d  d  e  n  i.l  a. 

1)  Zu  p.  649  Anm.  •"> :  Xach  Prof.  Fischer  ist  vielleicht 
zu  übersetzen:  ,Das  Buch  des  Predigtensammlers  von  Salomon" 
oder  besser:  „Das  Buch  .Predigtenumfasser'  (d.  h.  .Predigtsamm- 
lung') von  Salomon".  Er  hält  für  möglich,  daß  dieser  Titel  irr- 
tümlich und  mechanisch   aus  &.x.*lil  y5"  entwickelt  ist. 

2)  Zu  p.  651:  Zum  arabischen  Titel  der  rroa;ag  vgl.  Studia 
Sinaitica  III  =  Catalogue  of  the  Arabic  Mss.  in  the  Convent  of 
S.  Catharine  etc. ,  p.  22 — 24  passim.     Dort   zweimal     ^.^S.i\  ohne 

a,  dann  auch  die  Übersetzung  jJ»,Ji  ^Ud  als  Titel. 

3)  Zu  p.  6-58,  4  v.  u.:  ^*.a>  wohl,  wie  ich  selbst  und  auch 
Prof.  Fischer  vermutete,  =  n^n. 


664 


Eine  Anfrage  an  Arabisten  über  Psalm  55,  23. 

Von 

Eb.  Nestle. 

Über  "plm  Ps.  55,  23  ist  aus  Siegfried- Stade's  Wörterbuch 
gar  nichts  zu  entnehmen  als  die  Verweisung  auf  Olsh.  240.  Hateh- 
Redpath  führt  zu  (ieq^vu  a!~r  an,  als  ob  gar  keine  Schwierigkeit 
vorläge,  während  die  3  andern  Stellen,  wo  fiEQijxva  vorkommt,  mit 
dem  Kreuz  bezeichnet  sind,  das  eine  Schwierigkeit  andeutet.  n^NT 
ist  das  Wort,  dem  sonst  (leQLfiva  entspricht  (bei  Aquila ,  Ez.  4,  6. 
12,  19;  bei  Theodotion  Pr.  12,  25,  4  mal  in  Sirach). 

Auch  Brown-Driver- Briggs  geben  ohne  Weiteres: 
-j-fnrr]  n.  [m.]  lot  (as  that  which  is  giveri)  —  xp  55,  23  cast  on  '•> 
ihy  tot  (the  care,  anxiety,  etc.  which  are  thy  portion;  cf.  xiJ  37,  5). 

Gesenius-Bubl  führt  das  Wort  gleichfalls  als  maskulines  Sub- 
stantiv auf,  sagt  mit  Berufung  auf  Levy,  Nh.  Wb.  2,  223,  es  werde 
im  Talmud  mit  „Last"  erklärt,  von  König  2,  1,  141  „er  hat  es  dir 
gegeben",  Baetbgen  wolle  nach  Aq.,  Sym.,  tlärn  (so!)  „er  hat  dich 
lieb"   (^n-ir '?) ;  Wellhausen  SpiT  v.  a«1*. 

Das  Targum  hat  ^"irrö.  Leider  gibt  es  noch  immer  keine 
aramäische  Konkordanz  oder  auch  nur  ein  aramäisch-hebräisches 
Glossar  zum  A.  T. ,  dem  man  auf  einen  Blick  entnehmen  könnte, 
welche  aramäischen  Ausdrücke  den  hebräischen  entsprechen  und 
umgekehrt.  Auch  Techens  Syrisch-hebräisches  Glossar  zu  den  Psalmen 
(Bd.  17  der  Zeitschrift  für  alttest.  Wissenschaft)  hat  noch  immer 
nicht  die  so  wünschenswerte  Fortsetzung  und  Ergänzung  gefunden. 
Letztere  müßte  die  hebräischen  Wörter  mit  den  syrischen  Äquiva- 
lenten angeben. 

Dalman  gibt  Nä!-p  a.  m.  Last. 

Zwei  Fragen  erheben  sich : 

1.  Ist  es  nötig  mit  Baethgen  und  Stärck  für  ayaiDjaei  öe  ^2t~P 
vorauszusetzen  ? 

2.  ist  ein  Anhaltspunkt  vorhanden,  die  masoretische  Form  für 
eine  Substantivform  zu  erklären? 

Ich  verneine  beide.  So  gut  wie  nr;N  =  *2nNN  ich  liebe,  so 
gut  kann  auch  *2~r  =  5"^  sein ,    wie    schon  Gesenius-Buhl    an- 


Nestle,  Eine  Anfrage  an  Arabisten  über  Psalm  55,  23.  665 

deutete.  Ein  festes  Sere  würde  man  wohl  erwarten;  wie  wenig 
aber  unsere  Masoreten  konsequent  sind,  zeigt  die  Vokalisierung 
iratrö  und  DitjN,  wo  auch  gegen  alle  Regel  der  Vokal  wegfiel. 
Daß  schon  die  Masoreten  kein  Substantiv  annahmen,  wird  der  Pesik 
andeuten  zwischen  '">  und  *prp.  Auch  eine  Vergleichung  zwischen 
Ps.  22 ,  9  und  37,  5  zeigt ,  daß  ein  Objekt  fehlen  kann.  Dalnians 
aramäisches  N3)TT>  wird  wieder  unserer  Stelle  entstammen.  Jastrow 
führt  an:  E.  Hash.  26b;  Meg.  18a  (as  an  analogy  to  nrr  Ps.  LV,  23) 
the  Arab  said,  "TpiafP  bipiü  take  off  thy  bündle  and  put  it  on  my 
camel;  Gen.  E.  S.  79,  end  -ör  '■>  "p*ir;  "On  help  me  to  put  my 
load  on:  iVu373  'i  FPiTO  "p^ttia  from  this  they  learned  that  yliaba 
means  load. 

Es  wäre  sehr  dankenswert ,  wenn  Arabisten  uns  nachweisen 
könnten ,  an  welches  (arabische)  Wort  die  obigen  Stellen  denken. 
Einstweilen  halte  ich  den  Text  für  verderbt,  meine  aber,  wir  haben 
nach  der  Überlieferung  weder  ein  Substantiv,  noch  eine  Form  von 
2rr,  sondern  eine  solche  von  n!~iN  hier  zu  sehen.  Nur  gelegentlich 
mache  ich  darauf  aufmerksam ,  wie  Unzählige  seit  1  Petr.  5 ,  8  an 
der  Stelle  sich  erbaut  haben ,  deren  grammatikalische  Erklärung 
durchaus  unsicher  ist.      Ov  tu  TtQuyfiGxa,  ccXXcc  xa  öoyfjLixxa. 


[Nöldeke  hat  in  seiner  Anzeige  von  Kautzsch,  Die  Aramaismen 
im  Alten  Testament,  I.  Teil,  wo  S.  36 f.  auch  von  der.  hier  von 
neuem  von  Nestle  behandelten  crux  interpretum  *]171^  die  Eede 
ist,  die  Frage  aufgeworfen,  ob  dieses  nfp,  als  Substantiv  mit  der 

Bedeutung   „Last"   aufgefaßt,    zu    arab.  \jj>\  gehören    könne    (diese 

GS 

Zeitschrift,  Bd.  57,  417,  Anm.  1).  x^f  dürfte  in  der  Tat  das  einzige 
für  ein  Substantiv  5m  „Last"  in  Betracht  kommende  arabische 
Äquivalent  sein.  Ich  kenne  das  Wort  allerdings  nur  in  den  Be- 
deutungen „Ausrüstung,  Kriegsbedarf,  Betriebsmaterial,  Reisevorrat, 
Kleidung"  etc.  (vgl.  außer  den  Lexicis  z.  B.  Haniäsa  elf,  15.  i.r*",  10; 
Kämil  1o1,  ult.  etc.).  Aber  aus  diesen  Bedeutungen  konnte  sich 
die  Bedeutung  „Last"  natürlich  leicht  entwickeln.  Ungefähr  die  ent- 
gegengesetzte Bedeutungsentwicklung  zeigt  das  lat.  impedimentwm. 
Indes  dürfte  die  ganze  Anfrage  Nestle's  auf  einem  Irrt  um 
beruhen.  Die  Zitate  aus  Talmud  und  Midrasch  bei  Jastrow,  die 
Nestle  zu  seiner  Anfrage  veranlaßt  haben ,  leiden  nicht  an  über- 
großer Deutlichkeit.  Ausführlicher  und  darum  verständlicher  finden 
sich  die  nämlichen  Zitate  bei  Levy ,  Neuhebr.  und  chald.  Wörter- 
buch, sub  Narp.  Es  heißt  hier:  „Genes,  r.  s.  79  g.  E.  .  .  .  tOTi  '-\ 
m^sbteb  tomrn  N-on  (1.  "p-ifib)  N-inb  iinsn  Dimnn  p  ■pb"»»  "pröiu 
rr:-72  -psaia  ->by  Nnm  -p-iri  "»bn  m-ßnb  *i7:n-i  mbp  p3>»iü  r:~  V: 
■»mon  NSl-p  R.  Chija,  der  Aeltere,  E.  Simon  bar  Rabbi  und  R.  Simon 
Bd.  LVIII.  43 


(5(56  Nestle,  Eine  Anfrage  an  Arabisten  über  Psalm  55,  23. 

bar  Chalafta  hatten  einige  Worte  aus  dem  Targum  (d.  h.  dem 
Aramäischen)  vergessen ;  sie  gingen  daher  zu  einem  arabischen  Kauf- 
mamie ,  um  es  von  dort  zu  erlernen.  Da  hörten  sie ,  daß  er  zu 
seinem  Nächsten  sagte:  Lege  (hebe)  mir  diesen  Narr  auf!  Daraus 
entnahmen  sie,  daß  N2!~r :  Last  bedeute;  ferner  auch,  daß  unter 
*pZT*  (Ps.  55,  23)  zu  verstehen  sei:  deine  Last.  Nach  Meg.  18 a  un. 
hätte  der  Araber  (fiW^ü)  gesagt:  "»NbwaN  "H^DT  ■pat-p  bip*a  nimm 
deine  Last  und  lege  sie  auf  mein  Kamel!  E.  hasch.  26b  dass." 
Als  Autorität  für  3i"P  =  „Last"  wird  also  hier  zwar  ein  ara- 
bischer Kaufmann  eingeführt,  aber  ein  arabischer  Kaufmann,  der, 
wie  ersichtlich ,  Aramäisch  spricht.  Seine  Worte  können  also 
nicht ,  wie  Nestle  denkt ,  ein  arabisches  Äquivalent  für  hebr. 
rrr  an  die  Hand  geben,  sie  würden  uns  vielmehr  nur,  die  Zuver- 
lässigkeit des  ganzen  Berichts  vorausgesetzt ,  die  aramäische 
Entsprechung  Nan-1  liefern. 

Das  richtige  hat,  wie  so  oft,  bereits  Gesenius  in  seinem  un- 
vergleichlichen Meisterwerk  exakter  Forschung,  dem  Thesaurus.  Er 
schreibt  hier  sub  in"1:  „Statuunt  Talmudistae  nomen  liT*  oneris 
significatum  habuisse,  et  provocant  ad  usum  quendam  Aramaeorum 
[non  Arabum,  ut  a  recentioribus  quibusdam  annotatum  video ;  verba 
enim  mox  e  Talmude  laudanda  chaldaea  sunt,  quanquam  ab  Iudaeo 
Arabe  dicta].  Kimchi:  Talmudistae  onus  interpretantur  puibn  ifnnpb 
myiBiD  "nn^  mir  by  -^wn  ■"«»  ]wn  i^T"  -nn  Nb  s-i72Nn  iein 
■>  N b 73 a «  1 1 tt 1  ^air1  b  i p «3  8*Qa ■  Ni-nb  -i72Npi  «yi-'ü  Nitttib 
[i.  e.  sume  onus  et  proiice  illud  super  camelos1)]",  cf.  Megilla  fol.  18 

coL  1 "■  A.  Fischer.] 


1)  "1ND72riN  im  Talmud  kann  bedeuten  „die  Kamele",  „meine  Kamele" 
und  „mein  Kamel".  Vgl.  C.  Levias,  A  Grammar  of  the  Aramaic  Idiom  contained 
in  the  Babylonian  Talmud  (im  Am.  Journ.  of  Sem.  Lang,  and  Lit.,  voll.  XIII — 
XVI),  §§  989  b  und  993  a  und  b;  auch  Dalman,  Grammatik  des  jüd.-paläst. 
Aramäisch,  §  41  ,  1.  Hinsichtlich  des  prosthetischen  Vokals  von  ''fcOTSÄN  vgl. 
Levias,  a.  a.  O.,  §  87    (Dalman,  a.   a.   0.,  §  14,  8). 


667 


Notes  concernant  le  Maghreb, 

par 

E.  Fagnan. 

I. 

'Arib  ben  Sa'd ,  qui  etait  Cordouan  et  d'origine  chretienne, 
devint  secretaire  de  Hakam  II,  prince  Omeyyade  d'Espagne,  et  ecrivit 
notamment  une  chronique  dont  une  portion  nous  est  parvenue  et 
a  ete  utilisee  par  Dozy  pour  son  edition  du  texte  arabe  du  Bayän ; 
il  mourut  vers  370  de  l'hegire.  II  est  aussi  auteur  d'un  traite 
d'obstetrique,  bien  que'son  nom  ne  figure  pas  dans  le  livre  consacre 
aux  medecins  par  Ibn  Abi  Oceybi'a,  ainsi  que  d'un  calendrier 1). 
D'autre  part,  Ibn  Kbaldoun  parle  ä  deux  reprises  dans  son  Histoire 
des  Berberes  (trad.  fr.,  I,  203  et  261)  d'un  historien  nomme  'Arib 
ben  Homeyd,  orthographe  qui  est  aussi  celle  de  l'edition  de  Boulak 
(t.  VI,  p.  105.  1.  24,  et  130,  1.  23).  M.  de  Slane  fait  remarquer 
dans  une  note  que  l'auteur  du  Bayän  cite  assez  souvent  l'abrege 
des  Annales  de  Tabari  par  Arib  ben  Hamid  ou  Homeyd  [sie]  .  et 
ajoute:  „Dans  un  ms  du  Süat ,  dictionnaire  biograpbique  d'Ibn 
Bachkoual,  on  lit  qu  Arib  ibn  Mohammed,  historien  natif  d'Espagne, 
mourut  en  490  de  l'hegire  (1097).  Comme  ee  ms  est  rempli  de 
lautes  de  copiste,  je  suis  tres  porte  ä  croire  que  pour  Mohammed 
il  laut  lire  Hamid:  dans  l'ecriture  maghrebine,  ces  deux  noms 
peuvent  se  confondre  tres  facilement  ..." 

Or,  en  se  reportant  au  texte  de  la  Cüa  publie  par  M.  Codera 
(t.  II.  n°  962),  on  trouve  la  notiee  dont  voiei  la  traduetion:  „'Arib 
ben  ^Mohammed  ben  Motarrif  ben  'Arib ,  prenomme  Aboü  Merwän 
et  originaire  de  Cordoue,  suivit  en  Orient,  ä  la  Mekke ,  les  cours 
d'Abou'l-Hasan  ben  Djahd'am.  C'etait  un  homme  lettre  et  instruit, 
bien  en  etat  de  rapporter  les  6venements.  II  exer<;a  les  fonetions 
de  Kädi  dans  le  canton  de  Reyo  (Malaga)  pendant  la  periode  de 
troubles  [lors  de  la  ebute  des  Omeyyades].  II  i'ut  tue  par  erreur 
pendant  qu'il  etait  ä  la  porte  de  sa  demeure  en  rebl'  II  409  (aoüt- 
septembre  1018)    et    fut    enterre  dans  le  eimetiere  d'Omiu   Selama. 


1)  Dozy,  Bayern,  intr.  du  t.  I,  p.  37;  le  meine,    Corrections,  p.  1 — 2,  et 
zi).M<;.,  1866,  p.  595;  de  Goeje,  Arib,   Tabari  continuatus. 


(lliS  Fagnan,  Notes  concernant  le  Maghreb. 

Ibn  Hayyän  relate  sa  mort."  Je  n'ai,  d'autre  part,  pas  retrouve 
que  ce  savant  soit  cite  ailleurs. 

On  voit  par  cette  notice  que  M.  de  Slane  a  commis  une  con- 
fusion  entre  deux  'ArTb,  Tun  fils  de  Mohammed  l'autre  fils  de  Sa'd. 
Quant  a  la  date  de  490  qu'il  dorme  comme  etant  celle  de  la  mort 
d'AvIb  ben  Mohammed,  c'est  le  resultat  ou  d'une  erreur  de  lecture 
qui  lui  est  personnelle  ou  d'une  erreur  du  ms  de  la  Ci'la  qu'il  a 
consulte.  On  vicnt  de  voir  en  effet  que  l'edition  imprimee  de  cet 
ouvrage  donne  la  date  409:  celle-ci  est,  il  est  vrai,  donnee  en 
chiffres,  contrairement  ä  l'usage  suivi  dans  les  mss  anciens  ou 
quelque  peu  soigni'-s ,  ainsi  que  j'ai  eu  l'occasion  de  le  signaler  ä 
plusieurs  reprises ;  mais  je  suis  persuade  qu'elle  est  exacte,  puisqu'elle 
rentre  dans  la  periode  de  troubles  denommee  fitna  par  les  chroni- 
queurs  espagnols,  ce  que  Ton  ne  peut  dire  de  l'annee  490. 

Des  observations  qui  precedent  il  y  a  donc  ä  conclure : 

1°  que  'ArTb  ben  Sa'd  et  'Anb  ben  Homeyd  sont  deux  auteurs 
differents; 

2°  que  Arlb  ben  Mohammed,  probablement  different  d'ArTb 
ben  Homeyd  et  mort  en  409,  a  jpeut-etre  ecrit  une  ou  des  chroniques, 
mais  que  la   Cila  ne  le  dit  pas  en  termes  expres; 

3°  qu'un  lettre  du  nom  d'Arlb  ben  Homeyd,  dont  nous 
ignorons  la  date,  mais  dont  l'ouvrage  parait  avoir  ete  consulte  par 
Ibn  Khaldoun,  est  l'auteur  d'une  chronique  dans  laquelle  il  est  parle 
de  la  dynastie  des  Benou  Midrär,  qui  regna  ä  Sidjilmässa. 

II  faut  ajouter  encore  que  l'existence  de  cette  chronique  n'a 
ete  signalee  ni  par  Wüstenfeld  dans  son  GescJuchtsckreiber  der 
Araber,  ni  par  Pons  Boigues  dans  son  Ensayo  bio-bibliograßco, 
ni  par  Brockelmann  dans  sa  Gesch.  d.  ar.  Litteratur ,  et  que  la 
liste  des  ouvrages  historiques  bien  probablement  perdus  doit  etre 
allongee  d'un  manquant  de  plus. 

IL 

Entre  autres  extraits  de  lettres  du  Kadi  El-Fädel  inseres  par 
Aboü  Chäma  dans  son  Kitäb  er-7~awdate>/n,  il  en  est  un  qui  Signale 
l'arrivee  ä  Alexandrie,  le  2  redjeb  586  (5  aoüt  1190),  d'une  lettre 
de  Mehdiyya  anterieure  de  seize  jours  et  donnant  quelques  renseigne- 
ments  sur  les  affaires  du  Maghreb,  notamment  celui-ci:  „.  .  .  Youzepa 
a  i  ite  vu  dans  El-Mehdyyah  charge  de  chaines.  II  a  ete  envoye 
par  Karakouch  au  seigneur  de  Tunis;  ce  dernier  est  charge  de  le 
diriger  sur  l'Espagne  au  camp  oü  se  trouve  (le  sultan)  Ibn  Abd 
öl-Moumen  ä  Ja  tete  de  ses  troupes"  (Rist,  arabes  des  Croisades, 
IV,  508). 

La  forme  bizarre  du  nom  „Youzepa"  et  sa  transcription  ä 
l'aide  d'un  p,  inconnu  a  l'alphabet  arabe,  appelaient  une  explication 
que  los  tmducteurs  ont  negligä  de  donner ,  non  plus  qu'ils  n'ont 
fourni  de  renseignements  sur  le  personnage  ainsi  denomme. 


Fagnan,  Notes  concernant  le  Maghreb.  QQQ 

On  ne  peut,  semble-t-il ,  hesiter  ä  y  reconnaitre  l'Aboü  Zebä 
Färisi  (pu  Felousi,  d'apres  une  Variante)  dont  il  est  question  dans 
Ylstibeär  (p.  5  de  la  trad.  fr.),  qui  se  revolta  ä  cette  epoque  dans 
le  Zäb  d'Ifrlkiya  et  qui  —  continue  l'auteur  de  cette  compilation, 
contemporain  des  evenements  —  fut  envoye  encbalne  ä  Merräkech 
en  586  Heg.  par  Karakoucb.  Ce  dernier  norn  ne  peut  d'ailleurs 
designer  que  Cheref  ed-Dln  Karakouch;  qui  etait  passe  dans  la 
Tripolitaine  pour  y  preparer  les  voies  ä  Taki  ed-Dln,  neveu  de 
Saladin  (cf.  Ibn  el-Atbir,  Annales  du  Maghreb  et  de  l'Espagne, 
p.  605).  II  faut  en  effet  se  garder  de  confondre  ce  Karakoucb  avec 
son  bomonynie  Bebä  ed-Dln  Karakouch,  officier  au  Service  de 
Saladin  lui-meme,  et  alors  enferme  ä  'Akka,  dont  il  etait  Gouverneur 
(voir  Bist.  ar.  des   Cr.,  IV,  476,  520,  etc.). 

On  trouve  indiquees  dans  la  Vie  d'Onsäma  de  H.  Derenbourg 
(p.  450)  les  diverses  ortbograpbes  du  nom  lf5«j,  -j;»J  et  iöf-  .j  • 
il  y  en  a  une  quatrieme ,  celle  de  ü:  ^jI  de  Ylstibcär.  Je  suis 
liien  persuade .  ainsi  que  je  Tai  dit  en  traduisant  ce  dernier  texte. 
qu'il  y  a  lieu  de  distinguer  entre  le  revolte  du  Zäb  et  Bouzäba, 
mamlouk  de  Taki  ed-Din  et  compagnon  de  Cheref  ed-Dln  Karakouch. 
Si  veritablement  Tun  etd'autre  portaient  le  meine  nom,  l'orthographe 
correcte  serait  probablement  celle  de  Ylstibcär.  c'est  ä  dire  b:  y*\ 
en  deux  parties,  la  cbute  de  Yalif  initial  et  la  fusion  en  un  seul 
mot  constituant  simplement  une  forme  vulgaire. 

Comme  documents  relatifs  au  Maghreb  et  figurant  dar 
Chäma ,    signalons    encore  le  texte  des   deux  lettres  qui  ont  trait   ä 
la  demande  de  secours  adressee  par  Saladin  ä  l'Almohade   Ya'koüb 
ben  Yoüsof  (/.  /.,  p.  491   et  s.). 

III. 

On  sait  que  Dozy  n'a  eu  ä  sa  disposition,  pour  publier  en 
deux  editions  successives  le  texte  de  son  "History  of  the  Almohades 
by  Abdol-Wahid  al-Marrekoshi",  qu'un  senl  ms  qui  est  consei 
Leide  et  auquel  il  manque  meine  un  cahiei-.  J'ai  appris  l"e\i- 
ä  Alger  d'un  second  exemplaire  de  cet  ouvrage ,  mais  je  a'ai  pu 
jusqu'ä  ce  jour  reussir  ä  en  obtenir  l'usage  pour  en  entreprendre 
la  collation. 

Le  ms  907  du  Catalogue  Uri,  429  Hunter,  a  ete  utilemenl 
consult^  par  les  editeurs  des  Analectes  de  Makkari  (voir  f.  I.  intr., 
p.  15).  J'ai  retrouve  dans  ce  volume ,  avec  quelques  variantes,  le 
fragment  en  prose  rimee  correspondant  ä  la  p.  119,  1.  1 — 12  de 
la  2e  ed.  du  texte  de  Marrekoshi  |  p.  L42,  alinea,  de  la  trad. 
fr.).  Par  suite  d'une  confusion  qui  s'est  gliss6e  dans  mes  not» 
ne   puis   malheureasement  indiquer  le  folio  du   ms. 


070 


Anzeigen. 

Le  dialecle  arabe  parle  a  Tlemcen.  Grammaire ,  textes  et 
glossaire  par  W.  Marcais,  Directeur  de  la  Medersa  de 
Tlemcen.  Paris,  Ernest  Leroux,  1902.  325  S.  8.  (=  Publi- 
cations  de  l'Ecole  des  Lettres  d'Alger.  Bulletin  de  Corre- 
spondance  africaine.     XXVI.) 

Zum  ersten  Male  tritt  uns  hier  ein  Werk  entgegen,  das  einen 
algierischen  Lokaldialekt  in  Laut-  und  Formenlehre  erschöpfend 
und  präzis  darstellt  und  auf  die  vage  Darstellungsweise  verzichtet, 
die  allen  bisherigen  Grammatiken  des  algierischen  Arabisch  als 
Makel  anhaftet.  Das  treffliche  Buch  widmet  —  nach  einer,  drei 
Seiten  umfassenden  Einleitung,  die  deutlich  beweist,  daß  der  Ver: 
fasser  in  der  einschlägigen  Literatur  Wohlbewandert  ist  und  Publi- 
kationen von  uns  Deutschen  über  maghrebinisches  Arabisch  nicht 
unbeachtet  beiseite  liegen  läßt  —  der  Lautlehre  52  und  der  Formen- 
lehre (in  die  zahlreiche  sjmtaktische  Bemerkungen  eingestreut  sind) 
137  Seiten:  hieran  schließt  sich  ein  8  Seiten  langer  Anhang  über 
Verwandtschaftsbezeichnungen;  hernach  finden  wir  25  volkstümliche 
Lieder   in   Transkription ,    arabischer  Schrift    und  Übersetzung ,    — 

Lieder  der  Art  haufi  gys*.  Die  diesen  Liedern  vorangehenden 
6  Seiten  behandeln  Wesen  und  Ursprung  des  tlemsenischen  haufi. 
Wir  lernen  da ,  daß  als  Erfinder  dieser  Liederart  (deren  Namen 
übrigens  schon  in  Ibn  Haldüns  Prolegomena  vorkommt,  wie  M. 
S.  207  angibt)  eine  legendäre  Persönlichkeit  mit  dem  rätselhaften 
Namen  ^_^uJtii  -.x  gilt.  Räh-alrrib  soll  auf  den  Hügeln  in  der 
Nähe  von  Lourit  (Joj,  Jl)  bei  Tlemsen  ein  einsiedlerisches  Leben 
geführt  haben  und  soll,  als  er  einst,  dem  Verbote  des  Sultans  von 
Tlemsen  zuwider,  sich  dem  Badeplatz  der  fürstlichen  Haremsdamen 
genähert,  mit  Durchschneidung  der  Knie-  oder  Fußgelenksehnen 
bestraft  worden  sein.  Da  habe  er  in  seinem  Gram  das  erste 
gesungen : 


Stumme,  Marcais 's  Dialecte  arahe  parle  a  Tlemcen.  671 

äs  qdh1)  rült-alrerib,     beglagelu  jSdurif 
neskun  fegemv-össemä     ivunläned  elh'rwi 
valjöme.  ja  sähebi     lei-Jcäbe  hänüni, 
ndifes  icdä  bürejül     föJä'rdejesböqni! 

„Was  sang  Ruh  -  edrrtb ,  dessen  Glöckchen  glitzern?  (Er  sang:) 
Ich  wohnte  oben  in  der  freien  Luft  und  war  gewandter  als  das 
Mufflon.  Aber  heute,  Freund,  lassen  mich  meine  Kniee  im  Stiche: 
ich  wollte  die  Assel  zertreten,  aber  sie  kam  schneller  auf  dem 
Boden  vorwärts,  als  ich." 

Diesen  häufi-  Texten  folgen  (auf  S.  242 — 281)  Pro  satexte 
(links  steht  die  Transkription ,  rechts  die  Übersetzung) ,  nämlich : 
elmsid  (Schilderung  des  Unterrichts  in  einer  Elementarschule);  tSrgu 
(Gespenstergeschichte ;  f.  ist  der  Name  eines  Friedhofsgespenstes) : 
bäb  kessut  (Sage,  betreuend  das  Bab  Kechchout  in  Tlemsen):  Tclfäs 
dehlu  tttirh  ?dä  tlemsan  (sagenhafter  Bericht  einer  Einnahme  T.'s 
durch  die  Türken):  ehnüled  (Schilderung  der  Feier  dieses  Festes 
zu  T.).  Endlich  erhalten  wir  (S.  283— 301)  17  sehr  nette  Kinder- 
lieder und  Arbeitslieder  (Drescher,  Schmied),  und  ganz  am  Schlüsse 
ein  14  Seiten  umfassendes  Glossar.  Übrigens  sind  die  Texte  — 
sJj  l\»«JI  —  ganz  in  europäischer  Weise  interpunktioniert ;  das 
Auge  irrt  daher  nicht  ruhelos  und  periodenschlußsuchend  auf  den 
Seiten  umher  wie  bei  Transkriptionstexten  Meißners,  Brodes,  Rein- 
hardts, Rößlers  xx.  a. 

Das  Buch  ist  korrekt  gedruckt;  das  41/2  Seiten  umfassende 
Verzeichnis  der  Errata  und  Addenda  dürfte  so  ziemlich  alle  Ver- 
sehen richtig  stellen  (der  Druck  des  Buches  währte  etwas  lange, 
so  daß  das  Gesetzte  wiederholt  revidiert  werden  konnte).  An  den 
Typen  ist  nichts  zu  bemängeln;  doch  stehen  die  Akzente  ('  für 
betonte  Kürze ,  Ä  f.  bet.  Länge ,  ~~  f.  unbet.  L.)  da ,  wo  sie  extra 
aufgesetzt  sind,  meist  zu  hoch  über  den  Vokalen,  und  ferner  reißt 
das  Zeichen  c  (=   A  häufig   das  Wort  unangenehm  auseinander  (so 

steht    248,  63    für    (j\.c.^>    geradezu    megmü    zen    und    250,  94 
geradezu  kessä*  la  für  &.ijt^J.3  ). 

Seinem  Charakter  nach  ist  der  Dialekt  von  Tlemsen  —  wie 
von  den  Dialekten  der  Städte  der  Provinz  Oran  nur  noch  der  von 
Nedromah  —  rein  städtisch;  so  („netternent  citadin")  drückt  sich 
M.  auf  S.  8  aus,  wo  er  uns  unter  der  Überschrift  „Caractere  general" 
eine  kurzgefaßte  aber  präzise  Charakteristik  des  behandelten  Dialektes 
gibt  und  die  Hauptunterschiede  der  städtischen  und  der  beduinischen 


1)   Die   Buchstaben  in  Antiqua  sind  von   M.   zur  Herstellung  des  Metrum* 

I  ___||  — „_  I eingesetzt  worden.    Beim  Zitieren  transkribierter 

Wörter  haben  wir  einige  rein  äußerliche  Veränderungen  in  den  Zeichen  vor- 
genommen; so  setzen  wir  3,  g,  j  statt  ',  j,  y  bei  Marcais.  Mit  t  ist  natürlich 
ts  gemeint. 


672  Anzeigen. 

Dialekte  des  Maghreb  namhaft  macht.  Darum  lautet  das  Suffix 
der  •').  Pers.  s.  m.  in  Tlemsen  und  in  Nedromah  u,  wo  es  in  den 
Dialekten  aller  übrigen  Städte  der  Provinz  äh,  ah,  ah,  öh  lautet, 
o  und  o  fallen  in  Tlemsen  zu  t,  o  und  3  zu  d  zusammen. 
Unter  Umständen  tritt  aber  auch  t  für  o  ein ,  so  z.  B.  in  den 
Zahlen  von  13 — 19  (tJötfds,  rbatds  etc.;  s.  S.  155):  es  wird  die 
Entstehung  der  Affrikata  also  relativ  jung  sein.  Für  geschärftes  t 
schreibt  M.  tt  und  begründet  dies  (S.  14)  durch  die  Angabe  „il 
faut  remarquer  que  lorsque  t  doit  etre  redouble,  l'element  dental  t 
est    en    fait   seul  redouble ;    i'element  siff  lant  continu  reste  simple : 

&.Ä*«  (six)  doit  etre  transcrit  setta  mieux  que  setta.u.  Wir  setzen 
in  die  Richtigkeit  dieser  Angabe  M.'s  keinen  Zweifel,  bemerken 
aber  dazu,  daß  wir  in  der  Stadt  Algier  (wo  bekanntlich  gleichfalls 
für  o  und  o  ein  t  gesprochen  wird)  für  geschärftes  t  immer  die 
geschärfte  Affrikata  (also  tt)  gehört  haben;  diese  ist  aber  ebenso- 
wenig tts  wie  das  Doppel-«  im  ital.  Worte  palazzo.1)  Pur  ge- 
schärftes   __    schreibt  M.  übrigens  die  geschärfte  Affrikata  (z.  B.  in 

haggdla   „Witwe"    =  aüL>-?,    S.  20).    —    Sehr    beliebt  ist  auch  in 

diesem  arabischen  Dialekte  das  Gleichstimmen  benachbarter  Kon- 
sonanten auf  dem  Gebiete  des  Emphatischen.  Daher  fällt  es  in 
gewisser  Beziehung  auf,  daß  neben  dem  nichtemphatischen  t  nicht 
noch  eine  entsprechende  emphatica  existiert  und  Verbindungen  wie 

tt  (z.  B.  in  neuwott  =  ci-wtojJ,  s.  S.  24)  ohne  Harmonisierung  in 
diesem  Sinne  möglich  sind.  Interessant  ist  zu  sehen ,  wie  sich 
mittels  Differenzierung  von  •  zu  z  und  z  (emphat.  z)  ein  Ausdruck 
des  klassischen  Arabisch ,  der  zwei  verschiedene  Bedeutungen  hat, 
im  Dialekte  in  zwei  lautlich  verschiedene  Formen  differenzieren 
kann:  klass.  ..•  lautet  in  der  Bedeutung  „fälschen"  tlemsenisch 
zeuwör ,  in  der  Bed.  „besuchen  lassen"  dagegen  zduwör  (S.  15). 
Daß  sich  >j.äj  in  bdqra  (Titel  der  2.  Sure)  und  begra  („Kuh") 
oder  ö»;i  m  m'6q_  („blau")  und  zreg  („Grauschimmel")  differenziert 
(s.  S.  17),  ist  lange  nicht  so  merkwürdig;  denn  bei  den  Formen 
mit  g  liegt  klar  und  deutlich  Import  beduinischer  Aussprache  vor. 
Auch  manche  andere  Erscheinung  neben  jener  --Differenzierung  bleibt 
uns  hier  rätselhaft ;  so  sehen  wir  z.  B.  nicht  ein ,  warum  o  ?  c-> 
vor  Liquiden    lieber   t    als   t  lautet  (s.   S.  28  und  daselbst  die  Bei- 


1 1  (her  geschärfte  Affrikaten  habe  ich  mich  letzthin  in  meinen  „Maltesischen 
Studien"  (Leipzig,  Hinrichs,  1904)  S.  84  ausgesprochen.  [In  Marokko,  soweit  man 
dort  nicht  tt  spricht,  habe  ich  gleichfalls  <£  gehört,  und  nicht  tt.    A.  Fischer.] 


Stumme,  Margais's  Dialecte  arabe  parle  a  Tlemcen.  673 

spiele  tldta,  tlemsan .  tnäm ,  trijes  =  ,^j,'S),  da  nach  unserem 
Gefühle  tl  und  tfw  leichter  auszusprechen  ist  als  tl.  tn  —  wenigstens 
im  Anlaute.  Interessant  auf  konsonantischem  Gebiete  sind  ferner 
die  Mitteilungen,  daß  die  Juden  Tlemsens  für  «5  eine  „fricative 
tres  voisine  du  c  (tsch)"  und  für  ö  „toujours"  k  sprechen,  während 
viele  muhammedanische  Tlemsener  für  ö  ein  Hamz  einsetzen,  — 
also  wie  die  Bewohner  von  Tanger,  Fes  und  Tetuan  (s.  Aug.  1 
in  den  Mitteil,  des  Or.  Sem.  zu  Berlin,  Bd.  II,  Westas.  St.,  S.  223). 
Nach  M.  (S.  17,  wo  auch  die  vorige  Angabe  steht)  sagt  man  in 
Tlemsen  von  jemandem,  der  Hamz  statt  ,jj.  spricht :  Jähder  belqdla. 
Ich  bemerke  hierzu .  daß  man  in  Tunis  von  demjenigen ,  der  <ji 
als  q  ausspricht,  den  Ausdruck  jitkellem  hilqäla  gebraucht,  während 
man  auf  einen  (Provinzler),  der  ^j  als  g  spricht,  die  Bezeichnung 
jitkSllem.  bilgäla  anwendet;  daher  hätte  ich  an  jener  Stelle  bei  M. 
eigentlich  jähder  belqdla  vermutet. 

Angenehm  sind  die  vokalischen  Verhältnisse  des  tlemsenischen 
Arabisch;  man  braucht  bei  der  Wiedergabe  dieses  Dialektes  nicht 
mit  allen  möglichen  Zeichen  für  stimmhafte  Konsonanten  zu  operieren, 
wie  bei  der  Notierung  marokkanischer  Dialekte.  Auffällig  ist  hier 
aber  die  Häufigkeit  der  Elision  der  wortauslautenden  Vokale 
vor  vokalischem  Anlaute  des  folgenden  Wortes.  Zwar  ist  auch  in 
anderen  Dialekten  Elision  auslautender  Vokale  nicht  selten,  —  es 
handelt    sich  dann  aber  stets  um  bestimmte  Vokale  und  eigentlich 

kommt    nur    die    Femininendung    in    Frage    (marr-öhra    .c.^   S-a 

sagt  man  in  vielen  Dialekten).  Doch  Fälle  wie  tlems.  tbekkuhtek 
für  tbSkki  liJjtek  „du  machst  deine  Schwester  weinen"  und  zdel- 
felläh  für  zdi  elfelläh  „die  junge  Gazelle  des  Bauern"  (S.  13  u.  118) 
bieten  uns  Neues. 

Sorgfältig  notiert  M,  die  Betonung,  und  dies  ist  auch  sehr 
wichtig,  denn  nur  so  können  uns  verschiedene  interessante  Tat- 
sachen vorgeführt  werden,  wie  z.  B.  die,  daß  Tonveränderung  eines 
Wortes  bisweilen  geradezu  dessen  Stat.  consü\  markiert.  Man  sagt 
nämlich  (s.  wiederum  S.  118)  bäsä  tdnga  „der  Pascha  von  Tanger"; 
absolut  ist  L&b  aber  bäsa.  Man  sollte  meinen,  schon  aus  rhyth- 
mischen  Gründen  könnte  bäsä  tdnga  gar  nicht  aufkommen,  —  be- 
tätigt sich  doch  gerade  in  diesem  Dialekt  der  rückweichende  Akzent 
so  außerordentlich  häufig  (s.  S.  59)! 

Als  Paradigma  der  I.  Form  des  Verb,  trilit.  san.  ist  ,_^jo 
gewählt  worden;  von  diesem  lautet  das  Perf.  hfSb,  heftet,  kh':>{ 
(du  comm.,  ich),  JcSfiu,  ktebtu,  kfibna;  das  Imperf,  jekftb, 
(sie.  du  comm.),  nekteb.  jSkkefiu,  tekkefbu,  nSkketbu  ;  der  Imper. 
rkteb  (oder  kteb) ,  Skketbu  (oder  kfybu).  Hier  manifestiert  sieh 
also    zunächst   eine  starke   Vorliebe   i'üv  den  Vokal   e,    die  übrigens 


674  Anzeigen. 

eines  der  charakteristischen  Merkmale  der  algierischen  Dialekte 
ist.  Dann  fallen  aber  namentlich  die  Formen  mit  kk  auf.  Daß 
es  sich  hier  um  „aufgesprengte"  Silbenverhältnisse  handelt,  ahnt 
man  sofort;  neu  wird  aber  jedem  das  Doppeln  des  abgesprengten 
Konsonanten  sein.  Diese  Doppelung  hat  in  der  Tatsache  ihren 
Grund,  daß  Kürze  des  betonten  offenen  Vokals  dem  Tlemsener  ganz 
und  gar  unsympathisch  ist  (bewahrt  sich  ein  solcher  Vokal  hiervor 
nicht  durch  Konsonantendoppelung,  so  tut  er  es  durch  Vokaldehnung, 

—    z.  B.    in   sdbi  =      ^^,    Säsör  =  _*xc,    kolföl  —  ^^>S  etc., 

s.  S.  58).  Nach  diesen  Angaben  wird  dem  Neuling  auf  dem  Ge- 
biete des  Tlemsenischen  die  Abwandlung  einer  Admirativform  wie 
-jS\  La  als  mekbSmi,  mekkebrek,  mekkebru,  mekberha  etc.  nicht 
wunderbar  erscheinen.  Für  die  von  mir  zuerst  angewandten  Be- 
zeichnungen „Aufsprengen"  und  „Umspringen"  wendet  M.  übrigens 
die  Ausdrücke   „ressaut"   und   „sursaut"   an. 

Während  die  Verba  tert.  semivoc.  mit  ihrer  Abwandlung  qldu, 
nsäu  (Pf.) ,  jeqliu,  Jensäu  (Impf.) ,  (e)qliu,  (e)nsäu  (Imper.)  nichts 
merkwürdiges  zeigen  —  denn  qlä,  nsü,  j'eqlu,  jensu  wird  man  bei 
einem  dialecte  nettement  citadin  nicht  erwarten,  da  dies  beduinisch 
ist  — ,  ist  bei  den  Verbis  prim.  semiv.  die  Bildung  des  Plurals  im 
Imperfekt  und  Imperativ  sehr  sonderbar.  So  bildet  man  von  J^» ; 
jeuwoslo,  feuwoslo,  neuwoslo  und  (Imper.)  euwosfo  und  von  ,  «»xj 
/etjebsu,  tfj/ebsu,  nei/ebsu  und  (Imper.)  eijebsu  (doch  kommen  auch 
icöslo  und  jebsu  für  den  Imperativ  vor;  daß  in  den  Formen  von 
J^oj,  der  Endvokal  o  statt  u  ist,  kommt  vom  vorangehenden  7, 
welches  seinerseits  wegen  der  vorangehenden  Emphatica  für  l  ein- 
trat). Wiederum  sieht  man  auf  den  ersten  Blick,  daß  es  sich 
hier  um  „Aufsprengen"  handelt,  und  deshalb  fällt  die  Doppelung 
des  ^  und  ^  (oiio,  eij  =  eww,  ejj)  jetzt  nicht  mehr  auf;  aber 
das  erscheint  merkwürdig ,  daß  die  Radikale  »  und  ,  q  hier  als 
vollkommen  regelrechte,  starke  Konsonanten  behandelt  werden,  — 
in  den  anderen  Dialekten  des  Maghreb  sind  sie  in  den  betr.  Formen 
(jüldu,  jibsu  u.  ä.)  ja  doch  immer  ganz  flüssig.  Aber  auch  bei 
anderen  Formengruppen  fällt  uns  die  Gleichbewertung  eines  in  der 
Urform  flüssiggesprochenen  Halbvokals  mit  einem  starken  Konso- 
nanten auf,  z.  B.  in  Admirativformen  der  Art  meuwöslo  =  xx^\  La 
(S.  77),  und  schließlich  doch  auch  in  Formen  wie  mebbeidqk  = 
iiS*i2Aj!  La  (ibid.) ,  messeiti  und  qdhhauti  =  äa^xi  und  -J^gä 
(S.  143),  wenngleich  bei  deren  Grundformen  ►  und  ^  wertlich 
mehr  Konsonanten  sind  als  Halbvokale.  Und  wiederum  auffälliger 
als  mebbeidfk,  messeiü]  qdhhauti  sind  Formen  wie  iqai~riwok  „sie 


Stumme,  Marcais 's  Dialecte  arabe  parle  ä  Tlemcen.  675 

lehren  dich  lesen"  und  gräwöh  „sie  lasen  ihn"  (S.  130).  Warum 
—  so  fragt  man  sich  —  ist  hier  ein  epenthetischer  Vokal  vor  dem 
k  und  h  nötig  ?  Hätten  sich  iqarriu  -j-  k  und  qrdu  -f-  h  nicht  ruhig 
zu  iqarriuk  und  qräuh  gestalten  können  ?  Das  geschah  nicht,  sondern 
es  wurde  in  diesen  Formen  das  doch  ganz  flüssige  u  als  Konsonant 
aufgefaßt,  dem  vor  einem  folgenden  Konsonanten  ein  epenthetischer 
Vokal  zur  Erleichterung  der  Aussprache  beigegeben  werden  mußte. 
Ich  lasse  mich  auf  diese,  etwas  minutiös  aussehende  Untersuchung 
übrigens  nur  deshalb  ein,  weil  ich  nicht  wünsche,  daß  man  bei 
jenem  iqarriwöh,  qräwöh  den  Antritt  eines  oh  vorfinden  wolle; 
ein  beduinisches  öh  {ah,  ah,  äh)  gibt  es  in  diesem  rein  städtischen 
Dialekte  nicht. 

Sehen  wir  uns  nach  diesem  Exkurse  das  Gebiet  der  Morphologie 
des  Tlemsenischen  weiter  an,  so  bemerken  wir  da  z.  B.,  daß  beim 
Verbum  die  VII.  Form  des  Klassischen  äußerst  häufig  vorkommt 
und  sozusagen  als  Passiv  zur  I.  figuriert,  —  z.  B.  (aus  dem  Para- 
digma) nsröq,  nserqöt,  nsreqt;  Imperf.  jensrÖq,  Jenserqu.  Bei 
Tit.  semivoc.  bildet  man  nksä,  jehksa.  Auch  die  VIII.  ist  nicht 
unbeliebt:  ftroq,  fterqöt  und  weiter  mit  genau  den  Vokalverhält- 
nissen der  VII.  Form.  In  der  X.  wird  gemäß  den  Lautgesetzen 
des  Dialektes  ^*.„  zu  ss:  x.<Ä-w!  wird  ssekber,  ssehuret,  ssekbert. 
ssekbru  (Impf,  jessekber)  konjugiert.  Paradigma  der  Fiäl-Yovm  = 
klass.  XI  ist  sfär,  sfäret,  und  dann  sfärit,  sfäritu.  sfärina.  Dabei 
ist  das  t  eigentlich  gar  nicht  so  merkwürdig,  denn  das  r  ist  ja 
eigentlich  ein  rr,  und  die  Verba  med.  gem.  konjugieren  natürlich 
auch  in  diesem  Dialekte  auf  die  bekannte  vulgäre  Weise  (meddit, 
medditu,  meddina).  Wenn  nun  auch  bei  VII.  und  VIII.  (und  ver- 
mutlich auch  X.)  Formen  des  Tlemsenischen,  und  zwar  bei  solchen 
Formen  von  Verbis  med.  semivoc,  Bildungen  der  Art  nbuj>t  „ich 
bin  verkauft  worden"  und  htägit  „ich  habe  bedurft"  (s.  S.  81  f.) 
vorkommen,  so  ist  hinsichtlich  deren  Entstehung  wohl  anzunehmen, 
daß  sie  Analogien  zu  jenem  sfärit  darstellen  (in  diesem  Sinne  spricht 
sich  denn  auch  M.  auf  S.  81  aus,  wo  es  Z.  15  aber  „XIe  forme" 
statt  „IXe  forme"  heißen  muß).  Mi  seh  formen  sind  in  diesem 
Dialekte  häufig:  VII  -j-  VIII  repräsentieren  nssdd,  ntkel  (Va*>o, 
^S'S);  VII  -f-  T-Formen  kommen  sehr  häufig  vor,  —  z.  B.  nigra 
„lesbar  sein",  nth'öll  „sich  öffnen  lassen"  (einfache  T-Formen  kommen 
in  diesem  Dialekte  dagegen  nicht  vor).  Ziemlich  schwierig  zu  er- 
klären sind  die  Formen  tahsäbni  und  fqusni,  die  beide  „ich  dachte" 
oder    „ich    denke"    bedeuten    (s.  S.  87);    hier  liegen  wahrscheinlich 

i  rstümmelten  Nomina  verbi  ^>'„^.x.>\  und  [wLyöl  vor  (vgl. 
etwa  maltes.  bahstebni  derselben  Bedeutung  =  ui.^^  -f  J--  z-  '»• 
in  meinen  Maltes.  Studien  44,  3). 

Beim  Nomen    tritt    im  Tlemsenischen  das  Bestreben  die   Kenn 
civc2c3    7_u    cic2vc8  zu   verändern   viel  häufiger  auf  als  in  den  öst- 


676  Anzeigen. 

Höheren  Dialekten  des  Maghreb;  Ausspracheweisen  wie  z.B.  qmdh 

&»+i,  rbdh  ^u.,  mldh  ^JL*  wären  in  Tunis  unmöglich.    Die  c1c-vc:;- 

Form    akzeptieren    in  Tlemsen    (wie    ja   auch  in  Marokko)  mehrere 

Nomina    der   Form    ^Lx.: ,    deren    letzter  Radikal   c  oder        ist ,    — 

z.  B.  drdi  „Arm"  (derie  „mein  Arm").  Reichliche  Belege  führt 
M.  für  die  ta — e^-Form  des  Nomens  auf  (nebenbei  bemerkt:  statt 
„forme  en  tta  wäre  eben  doch  wohl  besser  „forme  en  ta — et*  zu 
scbreiben ;  in  offener  Silbe  ist  das  a  —  natürlich  sekundär  —  lang, 
und  für  das  e  kommen  bisweilen  unbedeutende  Variationen  vor), 
die  übrigens  fürs  Algierische  wie  fürs  Marokkanische  schon  bekannt 

ist;  die  ta — ^-Formen  sind  stets  aus  jLe  (oder  ^^xi)  oder  aus 
Nisben  gebildet,  s.  z.  B.  tähaddädet  „Schiniedehandwerk",  tahrämijet 
„Dieberei",  täfendäqet  „Herbergswrrtberuf".  —  Im  Dual  geht  das 
Tlemsenische  hinsichtlich  der  Differenzierung  der  Dualendung  in  in 
und  din  {ein)  mit  dem  Marokkanischen  Hand  in  Hand:  bei  Zeit- 
und  Maßbegriffen  wendet  man  die  letzte  Ausspracheweise  (z.  B. 
jimein,  rötldin),  andernfalls  die  erstere  (z.  B.  regliri)  an;  bei  Paar- 
begriffen —  wie  eben  reglin  —  fungiert  der  Dual  gelegentlich 
als  Plural  (s.  S.  102:  errtila  idndha  tmenja  derreglin  „die  Spinne 
hat  8  Füße"),  —  ähnlich  in  Tunis  und  Marokko.  Übrigens  habe 
ich  von  Leuten  aus  Westalgerien  für  din,  ein  hier  häufig  äin, 
ein  gehört.  —  Kühne  (innere)  Pluralbildungen  fünfkonsonantiger 
Nomina  sind  im  Tlemsenischen  nicht  selten;  vgl.  z.  B.  S.  109  qräften, 
PI.  von  qarftän  „Kaftan"  :  das  Kühnste  leistet  sich  in  dieser  Be- 
ziehung ja  allerdings  das  Maltesische.  Interessant  ist  die  Verkürzung 
von  ii  Js»5=-U  (=  unbestimmter  Artikel  des  Deutschen)  zu  hol-: 
z.  B.  in  harrägelj  halmrä,  Jjakkürsi,  haqqdhiva;  das  l  des  Artikels 
wird  hierbei  auch  vor  k  und  q  assimiliert. 

Beim  Pronomen  springt  das  End-w  mehrerer  Formen  des  Pron. 
pers.  abs.  gewiß  manchem  ins  Auge:  „du"  (comm.)  =  ntin1)  oder 
entin  (dann  übrigens  auch  ntina,  entina),  „ihr"  =  ntüm.dn  oder 
entwmän,  „sie"  =  hümän.  Dies  n  ist  zweifellos  der  berberische 
Lokalexponent,  - —  vgl.  in  meinem  „Handbuch  des  Schilbischen  von 
Tüzerwalt"  (Leipzig  1899)  bei  der  Aufführung  des  Pronomens  die 
Formen  nki  oder  nkin  =  „ich",  kii  oder  kiin  „du"  (M.),  kirnt 
oder  kimin  „du"  (F.),  ntd  oder  ntän  „er".  —  Beim  Antritte 
vokalisch  anlautender  Suffixe  an  die  3.  Pers.  s.  f.  pf.  des  Verbs 
verlängert  das  Tlemsenische  den  kurzen  Endvokal  jener  Verbalform 

zu   ä  (ä,  d),  —  also  z.  B.  in  di'nrbätu  =  xX.i.*o  (in  Tunis  dagegen 

darbyttu,  aber  in  Tripolis  wiederum  dqrbätäh,  und  im  Marokkanischen 
Rrbäpi,  wie  mir  Herr  Prof.  Fischer  mitteilt);   doch  beim  Verb. 

1)  ntin  der  betr.   Stelle  (120,  6)  ist  sicher  Druckfehler. 


Stumme,  Marcais 's  Dialecte  arabe  parle  ä  Tlemcen.  677 

med.  semivoc.  wird  der  betr.  Vokal  elidiert,  —  also  z.  B.  in  kdntu 
„sie  betrog  ihn"    (wiederum  wie  im  Marokk.,  nach  Prof.  Fischer). 

Unter  den  Zahlen  fällt  tSsSöd  „neun"  auf,  obwohl  ähnlich- 
klingende Formen  des  Marokkanischen  schon  bekannt  sind  (s.  Aug. 
Fischer,  1.  c,  Bd.  I,  S.  226).  Nach  einer  Bemerkung  M.'s  auf  S.  156 
spricht  man  so  (mit  d)  des  Fa'l  halber,  da  man  auf  diese  Weise 
Anklang  an  die  \  lXx-w  erhält ;  darauf  weist  auch  die  merkwürdige 
Zählmethode  hin,  auf  welche  in  Tlemsen  die  Drescher  die  mit  den 
ausgedroschenen  Körnern  angefüllten  Metzen  abzählen,  —  sie  zählen 
nämlich:  alldh  ivdhad  (nach  Sure  112)  =  1,  barhtSin  =  2, 
ubdrJcet  sidi  rsül  alldh  =  3,  nSrbeho  insalldh  (wegen  des  An- 
klangs  von  ^o.  an  «jj  =  4,  Ihemsa  fdin  blis  (die  fünf  Finger 
dem  Teufel  ins  Auge !)  =  5,  ußdin  wuldu  (und  ins  Auge  seines 
Sohnes !)  =  6 ,  essebla  men  idnd  alldh  (Anklang  von  *.*.£  an 
k.am)  =  7,  tan  essSbla  („wiederum  Sättigung" ;  Anklang  von  tan 
„auch"  an  ,.yol3)  =  8,  ness'öidu  belldh  (wir  werden  durch 
Gott  beglückt)  =  9,  shäb  ennbi  (d.  h.  äJL*il  Sy^*ii)  =  10. 
Die   in  Klammern  gegebenen  Zusätze  sind  von  Marcais  (S.  284). 

Die  die  Formenlehre  des  Buches  schließenden  Partien  über 
Partikeln ,  Adverbien  u.  dergl.  sind  nicht  etwa  bloße  Registrier- 
paragraphen des  aufzuführenden  Materials,  sondern  enthalten  viel- 
mehr reiche  etymologische  Exkurse,  wie  solche  übrigens  durch  das 
ganze  Buch  hindurch  eingestreut  sind ,  was  den  relativ  geringen 
Umfang  des  Glossars  erklärt.  —  Über  den  Inhalt  der  Texte  will 
ich  mich  hier  nicht  weiter  auslassen,  dagegen  einige  wenige  Stellen 
des  Buches  anführen,  wo  ich  mit  den  Angaben  und  Ausführungen 
M.'s  nicht  übereinstimme,  bezw.  Druckfehler  vermute.  In  dieser 
Hinsicht  zitieren  wir  16,  10  muco  petit  garcon  de  bain  (esp.  mozo) : 
muco  ist  etymolog.  aber  span.  mocho  (woher  muchacho  kommt; 
s.  Diez,  Wörterb.  der  roman.  Spr.  sub  muchacho  und  mozo 
in  IIb).  —  19,  10  le  *  initial  .  .  .  dans  un  certain  nombre  de 
mots  .  .  .  s'est  reduit  ä  une  simple  voyelle  a,  u,  i:  besser  wäre 
wohl  gesagt:  das  s.  schwindet,  und  der  Vokal,  den  es  trägt,  be- 
ginnt   anlautend.    —    51,5   mühdll  „impossible"  :    m.  ist  natürlich 

Druckfehler  für  mühdl  —  85,  17:  1.  jL*s|  statt    )\jü&\  (XI.  Form). 

—  90,6  v.  u.  la  forme  classique  dkaff,  dräqq:  die  sonderbare 
Akzentuierung  dieser  Elative  charakterisiert  sich  wohl  als  Druck - 
fehler.  —  248,  86  dik  essdla  ttdleb  jiffi  Uctill  wdhad  um  eldj 
eilt  hau  mwoqqöf  idliha  „le  maitre  leur  dicte  alors  ä  partir  du 
verset  oü  il  s'etaii  arretö"  :  ich  zitiere  die  Stelle  bloß  deshalb,  am 
zu  betonen,  daß  ich  die  Anwendung  des  (lautliche  Beeinflussung 
zweier  Nachbarwörter  so  praktisch  markierenden)  Bindestriches 
uncrern    bei  M.  vermisse;    ich  würde    einen    solchen    nach    /////   und 


678  Anzeigen. 

und  eläj  (für  elüja)  setzen.  —  315,  sub  msid:  ich  füge  hinzu, 
daß  ich  selber  schon  einmal  über  msid  =  0^^\^*  und  hat  ja  = 
haja  =  ä.j>1=>  gesprochen  habe,  und  zwar  in  Bd.  56,  S.  425  dieser 
Zeitschrift. 

Viel  ist  es  also  nicht,  was  ich  für  das  M.'sche  Buch  an  De- 
siderien  nachzutragen  habe ;  denn  das  schöne  Werk  ist,  von  diesen 
wenigen  Beanstandungen  abgesehen,  überall  korrekt  und  kann  allen 
denen,  die  sich  für  maghrebinisches  Arabisch  interessieren,  auf  das 
wärmste  empfohlen  werden ,  —  namentlich  auch  allen  denjenigen, 
die  im  nächsten  Frühjahre,  bei  Gelegenheit  des  XIV.  Orientalisten- 
kongresses ,  Algier  oder  den  Maghreb  überhaupt  zu  besuchen  vor- 
haben. Schon  jetzt  wird  mancher  dieser  zukünftigen  Afrikareisenden 
in  Katalogen,  die  den  Artikel  „ Vulgärarabisch "  enthalten,  nach 
Titeln  von  Büchern  forschen,  die  ihm  das  algierische  Arabisch  nach 
einer  guten  und  praktischen  Methode  beibringen  könnten.  Da  möchte 
ich  dem  Betreffenden  anraten,  seine  algierischen  Sprachstudien  damit 
zu  beginnen,  daß  er  das  M.'sche  Buch  gründlich  durchstudiere  und 
das  darin  enthaltene  Vokabelmaterial  ausziehe  und  auswendiglerne. 
Es  lernt  dann  der  Betreffende  zunächst  zwar  bloß  einen  Lokal- 
dialekt Algeriens  und  allerdings  nicht  den  der  Hauptstadt  der 
schönen  französischen  Kolonie ;  doch  sicherlich  wird  ihm  die  Er- 
lernung dieses  einen  ■ —  des  tlemsenischen  —  Lokaldialektes  nach 
einer  so  soliden  Methode  zum  Verständnisse  der  uoivr}  diuksaxog 
des  Landes  (denn  eine  solche  existiert,  wenn  sie  auch  nicht  so  ganz 
scharf  umrissen  ist,  wie  etwa  die  klassische  Literatursprache)  oder 
zum  Verständnisse  andrer  Lokaldialekte  besser  förderlich  sein,  als 
Vorstudien  an  der  Hand  eines  der  sonstigen,  zahlreichen  Lehrbücher, 
die  ein  Allgemeinalgierisch  oder  den  Dialekt  der  Stadt  Algier  zu 
lehren  behaupten.  Ich  meine  nicht,  daß  jene  sämtlich  unbrauchbar 
sind:  Bei  Kassem  Ben  Sediras  „Dictionnaire  fran^ais-arabe" 
mit  seiner  kurzen  grammatischen  Skizze,  oder  auch  dessen  „Dialogues 
francais-arabes" a)  können  sich  mitunter  ganz  brauchbar  erweisen 
(und  wohl  noch  manches  andere  Buch  dieser  Art) :  nur  taugen  sie 
nicht  zum  autodidaktischen  Erfassen  des  Lautwesens  und  der  Be- 
tonungsverhältnisse des  Algierischen,  sie  können  dem  Lernbegierigen 
eben  bloß  eine  ganz  vage  Vorstellung  jenes  Dialektes  verschaffen. 
Anders  ists  beim  trefflichen  Marc^ais'schen  Buche. 

Auf  zwei  andere  Neuheiten  auf  dem  Gebiete  der  Erforschung 
der  westalgierischen  Dialekte  müssen  wir  hier  hinweisen,  wenn  wir 
auch  eine  umfangreiche  Besprechung  von  ihnen,  des  Raumes  wegen, 
nicht  anschließen  können.  Die  eine  ist  ein  lehrreicher  Artikel  des 
durch  seine  soliden  Arbeiten  über  Sprache  und  Religion  des  Maghreb 


1)  Die  Bücher  sind  bei  A.  Jourdan  in  Algier  öfters  aufgelegt  worden.  — 
Ein  gar  nicht  ungeschicktes  Büchlein  ist  übrigens  „Le  Guide  d'Alger.  Manuel 
francais-arabe.  Dialogues  avec  la  prononciation"  par  B o u  Medine  &  A.  Sintis. 
Alger,  Librairie  A.   Sintes.      1902.     Fr.    1,50. 


Stumme,  Märgais's  Dialecte  arabe  parle  a  Tlemcen.  679 

wohlbekannten  Edinond  Doutte,  betitelt  „TJn  texte  arabe  en 
dialecte  oranais"  (aus  den  Memoires  de  la  Societe  de  linguistique 
de  Paris,  Bd.  XII,  S.  335 — 406),  der  uns  einen  Text  (eine  Beduinen- 
sage über  einen  Fürstensohn  namens  ennäir  bü  gern)  in  arabischer 
Schrift ,  Transkription  und  Übersetzung  vorlegt ;  zahlreiche  Noten 
linguistischer  oder  nichtlinguistischer  Natur  (im  Ganzen  235)  illu- 
strieren diese  Textpartien ,  während  den  Schluß  des  Artikels  der 
24  Seiten  starke  Abschnitt  „Quelques  observations  de  phonetique 
et  de  grammaire"  bildet.  In  Einzelheiten  gehen  Doutte  und  Marcais 
(der  sich  in  seinem  Werke  natürlich  auch  öfter  über  das  Oranische 
ausläßt)  hinsichtlich  ihrer  Angaben  bisweilen  auseinander;  aber  die 
Hauptsache,  nämlich  die  Angabe  M.'s,  daß  der  Dialekt  der  Stadt 
Oran  ein  städtischer  Dialekt  beduinischen  Gepräges  sei  (s.  oben 
S.  671  f.)  bestätigt  der  D.'sche  Artikel  durchaus.  Schade  ists,  daß 
D.  die  Betonung  zu  markieren  unterläßt1);  daß  die  Gestalt  der  von 
ihm  gewählten  Transkriptionszeichen  teilweise  eine  von  der  üblichen 
Art  abweichende  ist,  bleibt  schließlich  eine  bloße  Äußerlichkeit. 
Rätselhaft  erscheint  uns,  warum  in  Oran,  wo  ö  ganz  normal  als 
Spirans  t  ausgesprochen  wird ,  als  gewöhnlicher  Laut  (neben  ge- 
legentlichem d)  für  ö  der  des  weichen  ital.  z  (also  d  -\-  z  [stimm- 
haftes s\  in  frikativer  Verbindung)  gewählt  wird,  —  so  z.  B.  in 
dzheb  „Gold"  346,  15  oder  hudz  „nimm!"  347,  7  v.  u.  Vielleicht 
geschah  dies  im  Bestreben,  möglichste  Differenzierung  der  zuweilen 
recht  ähnlich  klingenden  Laute  d  und  d  (weiches  engl,  th  mit 
Emphase)  zu  gewinnen. 

Mit  der  anderen  Arbeit  meinen  wir  die  von  dem  als  Dolmetscher 
arabischer  Schriften  schon  bekannten  General  F  a  u  r  e  -  B  i  g  u  e  t  an- 
gefertigte Übersetzung  der  (nicht  schon  im  Originalwerke  über- 
tragenen) Textpartien  des  bekannten  nützlichen  Buches  von  Delphin 
über  das  Arabische  von  Oran  und  Westalgerien  überhaupt:  „G.  Delphin. 
Recueil  de  textes  pour  l'etude  de  1' arabe  parle".  Traduction  par 
le  general  G.  Faure-Biguet.  Alger,  Pierre  Fontana,  1904.  Da 
diese  Übersetzung,  wie  eben  gesagt,  die  im  Originalwerke  arabisch 
und  französisch  gegebenen  reichhaltigen  Noten  nicht  aufgenommen 
hat,  ist  sie  ohne  Hinzuziehung  jenes  ersteren  allerdings  nicht  recht 
genießbar;  Folkloristen  werden  sich  also  beide  Bücher  anschaffen 
müssen.  Angenehm  ist,  daß  der  Übersetzer  seinem  Buche  ein  Sach- 
register angefügt  hat,  Übersetzungsfehler  haben  wir  in  dieser  ver- 
dienstvollen Arbeit  nirgends ,  Druckfehler  selten  aufgefunden  (in 
letzter  Hinsicht  z.B.  13,23:  beddeda  1.  bededda  „Fleischsack"). 
In  vielen  Fällen,  wo  arabische  Wörter  in  Transkription  vorkommen, 


1)  Wir  können  die  Begründung  dieser  Unterlassung  (s.  S.  1  des  Art.)  nicht 
ganz  billigen:  Nous  avons  neglige  l'accentuation  qui  riipond  ici  aux  H'gles  fixees 
par  Stumme  et  Fischer;  l'accent  est  en  general  peu  sensiblo  et  dans  certains 
cas,  comme  dans  quelques  mots  formes  de  deux  longues,  c'est  a  peine  si  on 
le  percoit. 


680  Anzeigen. 

vermutet  man  zunächst  Druckfehler  hei  dem  betr.  Transkriptions- 
worte .  sieht  dann  aber  ein ,  daß  der  Übersetzer  wirklich  in  der 
betr.  Fassung  hat  schreiben  wollen,  um  dem  französischen  Leser 
lieber  in  schlechter  Transkription  Bekannteres,  als  in  guter  Tran- 
skription Femdartiges  vorzusetzen  (deshalb  muß  der  <_»Lop.,o-Bflnm 
denn  sein  trait  d'union  haben:  eaf-caf).  Ich  glaube  sicher,  daß. 
wenn  der  Herr  General  die  Arbeit  Mareais's  oder  die  Doutte's  vor 
Drucklegung  seines  Übersetzungswerkes  in  Händen  gehabt  hätte, 
er  vielleicht  einen  Exkurs  über  die  Unzulänglichkeit  der  bei  seinen 
Landsleuten  üblichen  Methode  der  Umschrift  arabischer  Wörter 
seinem  Buche  angefügt  haben  würde.  Doch  in  Marcais  und  Doutte 
sind  ja  nun  zwei  Apostel  entstanden,  die  das  Banner  der  Phonetik 
hochzuhalten  predigen.  Hans  Stumme. 


Franz  Nikolaus  Finch.  Lehrbuch  des  Dialekts 
der  deutschen  Zigeuner.  Marburg,  N.  G.  Elwert'sche 
Verlagsbuchhandlung,   1903. 

Bei  der  Abfassung  des  vorliegenden  Lehrbuches  wurde  Herr 
Dr.  Finck  von  der  Überzeugung  geleitet,  daß  in  der  gegenwärtigen 
Lage  der  Zigeunerphilologie  ein  genaues  Studium  der  einzelnen 
Mundarten  am  dringendsten  geboten  sei.  Was  speziell  die  deutschen 
Zigeuner  betrifft:  eine  von  ihnen  selbst  aufgezeichnete  Literatur  gibt 
es  so  gut  wie  gar  nicht,  andere  müssen  also  das  sprachliche  Material 
herbeischaffen,  und  dazu  sind  nur  diejenigen  imstande,  welche  sich 
mit  Zigeunern  in  deren  eigener  Sprache  unterhalten  können ,  was 
die  Erlernung  des  Idioms  voraussetzt.  Dazu  gewähren  die  bis  jetzt 
veröffentlichten  Schriften  nur  eine  ungenügende  Hilfe.  Die  An- 
gaben sind  vielfach  ungenau  und  öfters  einander  widersprechend, 
gerade  weil  sie  meistens  von  Leuten  herrühren,  welche  weder  pho- 
netisch noch  überhaupt  linguistisch  geschult  waren.  Der  Plan  des 
Verfassers  war  also  durchaus  berechtigt,  man  braucht  darüber  kein 
Wort  zu  verlieren;  und  wenn  ein  so  feiner  Kenner  der  deutschen 
Zigeunermundart,  wie  Herr  Dr.  Finck,  dem  Übel  abzuhelfen  sich 
bemüht,  da  darf  man  eine  völlig  zuverlässige  Ai'beit  erwarten.  Sehr 
viele  Leser  werden  seine  Lautlehre  und  seine  Bemerkungen  über 
die  Betonung  dankbar  entgegennehmen  ohne  dieselben  kritisch  prüfen 
zu  können,  denn  nur  wenige  könnnen  aus  eigener  Erfahrung  urteilen 
z.  B.  über  den  Unterschied  zwischen  offenen  und  geschlossenen  e-  und 
o-Lauten,  sowie  über  die  Abwesenheit  stimmhafter  Mutae.  Wer  die 
Absicht  hat  sich  mit  Zigeunern  in  Verbindung  zu  setzen,  wird  ohne 
Zweifel  aus  diesen  einleitenden  Kapiteln  großen  Nutzen   ziehen. 

In    seiner    grammatischen    Darstellung    hat    der    Verfasser    ge- 


Kluyver,  Finck's  Lehrbuch  d.  Dialekts  d.  deutschen  Zigeuner.     681 

fiissentlich  von  allen  sprachgeschichtlichen  Erklärungen  abgesehen 
und  nur  die  Tatsachen  geben  wollen.  Er  meint,  nicht  wenige  werden 
daran  Anstoß  nehmen.  Man  könnte  allerdings  meinen,  diese  Gram- 
matik werde  die  Mehrzahl  ihrer  Leser  finden  unter  Philologen, 
welche ,  indem  sie  praktischen  Unterricht  erhalten ,  sich  zugleich 
sehr  gerne  über  die  Sprachgeschichte  belehren  lassen.  Doch  wird 
man  auf  der  anderen  Seite  auch  die  Vorzüge  des  rein  praktischen 
A'erfahrens  anerkennen,  und  da  der  Verfasser  so  leicht  Formen 
aus  andern  Dialekten  und  verwandten  oder  fremden  Sprachen  hätte 
heranziehen  können ,  muß  man  die  Konsequenz  bewundern ,  mit 
welcher  er  die  Aufgabe,  die  er  sich  gestellt  hat,  zu  lösen  versucht. 
Nur  ist  nicht  zu  verneinen,  daß  die  deskriptive  Darsteilungsweise 
ebensogut  wie  die  historische  ihre  eigentümlichen  Schwierigkeiten 
hat.  Denn  man  muß  doch  die  Tatsachen  in  irgend  einer  Anordnung 
vorführen,  aus  praktischen  Rücksichten  muß  irgend  ein  Verhältnis 
zwischen  verschiedenen  Sprachformen  festgestellt  werden,  und  dabei 
folgt  man  entweder  der  historischen  Darstellungsweise,  welche  schließ- 
lich allein  der  Wahrheit  entspricht,  oder  man  kommt  sehr  leicht 
zu  künstlichen  Kombinationen,  welche  den  Sachkundigen  vielleicht 
unbefriedigt  lassen.  Eine  gewisse  Inkonsequenz  ist  hier  schwer  zu 
vermeiden.  So  z.  B.  sagt  der  Verfasser  S.  15,  das  Part,  praet.  sei 
schließlich  identisch  mit  dem  Präterital stamm,  und  das  l  von  pilo 
liege  dem  j  von  pijom  zu  gründe.  Diese  Mitteilung  gehört  in  den 
Bereich  der  historischen  Wissenschaft.  Nun  wird  aber  S.  14  gesagt, 
der  Präteritalstamm  pij-  werde  aus  dem  Präsensstamm  gebildet 
„durch  Anfügung  von  /".  Der  weniger  geübte  Leser  muß  hier 
eine  Schwierigkeit  finden:  soll  er  nun  zugleich  den  Präsensstamm 
und  das  Part,  für  die  Grundform  halten  ? 

Bei  der  Behandlung  der  Verbalformen  geht  der  Verfasser  aus 
von  dem  „  Präsensstamm ",  wobei  angedeutet  wird,  daß  dieser  Stamm 
sich  zu  erkennen  gibt  im  Sing,  des  Imper.  Folglich  wird  bei  dem 
Wort  für  geben  als  Präsensstamm  postuliert  de,  und  für  däwa, 
deha  u.  s.  w.  wird  angenommen,  diese  Formen  seien  entstanden  aus 
*de-ä-wa,  *de-e-ha  u.  s.  w.  (S.  4).  Eine  solche  Vorstellung  ist  doch. 
wie  ich  glauben  möchte ,  etwas  bedenklich ,  denn  man  fragt  sich : 
wird  dies  nur  aus  rein  praktischen  Gründen  so  angesetzt ,  damit 
man  sich  die  tatsächlich  vorhandenen  Formen  leicht  ins  Gedächtnis 
präge,  oder  behauptet  der  Verfasser,  daß  Formen  wie  *de-ä-ioa 
wirklich  einmal  in  der  deutschen  Zigeunersprache  bestanden  haben? 
Letzteres  ist  offenbar  nicht  gemeint;  dann  aber  möchte  man  doch 
die  Ansetzung  derartiger  Gebilde  am  liebsten  vermeiden.  Die  nächst- 
liegende Tatsache  ist,  daß  in  däwa  das  a,  wie  Miklosich  sagt,  nicht 
als  wurzelhaft  empfunden  wird,  daß  däwa  also  ein  Präsens  ist  wie 
anäwa  und  dergl. ,  und  zugleich,  daß  als  Imper.  dazu  gebraucht 
wird  de.  Dies  könnte  man  sagen  ohne  sich  auf  eine  historische 
Erklärung  einzulassen,  und  es  hätte  die  Darstellung  ehr  I' 
formen   nicht   erheblich   kompliziert.     Von   alters   ber  gibt  es  in  der 


68*2  • ' "  :('i(Jen- 

Schulgrammatik  „ unregelmäßige"  Zeitwörter.  Der  weniger  geübte 
Leser  dieser  Grammatik  hält  sich  davon  überzeugt,  lejom  sei  ge- 
bildet aus  dem  le,  das  als  Imper.  gebraucht  wird.  Wäre  es  un- 
möglich gewesen  sämtlichen  Präteritalformen  eine  selbständigere 
Stellung  dem  Präsens  gegenüber  zuzuweisen ,  und  die  Zusammen- 
gehörigkeit von  muh  und  mit/-,  pilo  und  pij-  mehr  in  den  Vorder- 
grund zu  rücken? 

Auch  die  Behandlung  der  Nominalflexion  gibt  zu  derartigen 
Fragen  Anlaß.  Die  §§  35 — 40  bilden  allerdings  ein  kunstvolles 
Ganzes,  auch  hier  treten  —  wenn  ich  so  sagen  darf  — -  die  päda- 
gogischen Rücksichten  deutlich  hervor,  aber  es  wird  dem  Anfänger 
wahrscheinlich  nicht  leicht  sein,  diese  Darstellung  mit  ihren  Unter- 
abteilungen zu  bewältigen.  Wer  in  erster  Linie  bestrebt  ist  alle 
Erscheinungen  in  den  Rahmen  allgemeiner  Regeln  einzufassen,  der 
wird  bisweilen  gezwungen,  eine  ziemlich  einfache  Wahrheit  in  etwas 
schwerfälliger  Weise  anzudeuten.  So  werden  S.  19  alle  Wortklassen 
zusammengestellt,  wobei  der  Nom.  Plur.  die  Singularform  -f-  a 
zeict.  Darunter  werden  gebracht  alle  Wörter  auf  i,  „wobei  stamm- 
auslautendes postkonsonantisches  i  der  Belebtes  bezeichnenden  Mas- 
kulina ausfällt".  Diese  Bemerkung  scheint  wichtig,  sie  bezieht  sich 
aber  auf  eine  Klasse,  welche  in  der  Praxis  eigentlich  nur  aus  einem 
einzigen  Wort  besteht:  gemeint  ist,  daß  jagari  im  Nom.  Plur. 
jagara  hat  (vgl.  S.  24,  Nr.  7).  Nach  §  37  wird  jeder  Nom.  Plur. 
„durch  Anhängung  eines  Suffixes"  an  die  „Stammform"  gebildet. 
Das  läßt  sich  bequem  sagen  z.  B.  für  romnja  zu  romni,  graja  zu 
grai\  von  den  Pluralen  t&awe  und  weljuni  muß  nun  folglich  be- 
hauptet werden,  sie  seien  gebildet  durch  Anfügung  von  e,  resp.  t, 
„vor  dem  jedoch  der  stammauslautende  Vokal  schwindet".  Der 
Leser  meint  also,  tsawe  habe  vor  dem  e  ein  o  verloren:  ist  es  im 
Interesse  der  Sache ,  dieser  irrtümlichen  Auffassung  Vorschub  zu 
leisten?  Wenn  eine  lateinische  Schulgrammatik  lehrte,  der  Stamm 
von  annus  sei  anno ,  und  der  Plur.  anni  werde  gebildet  durch 
Anfügung  von  t,  vor  dem  das  o  schwinden  müsse,  würde  der  sach- 
kundige Pädagoge  das  gutheißen  ?  Wenn  der  Obliquus  von  dsamba 
faktisch  dsamba  ist,  wozu  ist  es  da  nötig  in  einer  praktischen 
Grammatik  zu  behaupten,  daß  hier  ein  a  angehängt  werde,  vor 
dem  „auslautendes  a  schwindet"  ?  Es  ist,  glaube  ich,  bloß  darum, 
weil  das  System  des  Verfassers  die  Anfügung  eines  Suffixes  in  jedem 
Palle  erfordert.  Hätte  die  ganze  Darstellung  sich  nicht  einfacher 
und  bequemer  gestaltet,  wenn  der  Verfasser  nach  herkömmlicher 
Weise  Maskulina  und  Feminina  getrennt  hätte,  und  wenn  z.  B.  der 
Voc.  Plur.  nicht  von  der  „Stammform"  abgeleitet,  sondern  im  An- 
schluß an  den  Nom.  Plur.  betrachtet  wäre?  Für  die  Maskulina 
könnte  man  ansetzen:  Plurale  auf  -a  haben  den  Voc.  auf  -ale; 
-ale  gilt  auch  für  die  Plurale  auf  -e.  Für  die  Feminina:  Plurale 
auf  -ja  haben  den  Voc.  auf  -jale;  Plurale  auf  -i  haben  -ale.  Die 
beigefügten  Paradigmata  würden  die  Sache  völlig  klarlegen. 


Kluyver,  Finch' 's  Lehrbuch  d.  Dialekts  d.  deutschen  Zigeuner.     683 

Am  Ende  der  Grammatik  wird  bemerkt:  „Die  Wortfolge  ist 
im  allgemeinen  dieselbe  wie  im  Deutschen,  bedarf  daher  keiner 
Erörterung".  Wenn  der  Verfasser  aber  die  Sprachgewohnheiten 
des  Deutschen  als  bekannt  voraussetzt,  hätte  er  sich  da  auch  Dicht 
an  andern  Stellen  kürzer  fassen  können?  So  wird  z.  B.  §  59  der 
Fragesatz  ordentlich  definiert,  und  so  gibt  es  auch  anderswo  Aus- 
einandersetzungen ,  z.  B.  §  60  über  die  Passivkonstruktion ,  deren 
Ausführlichkeit  vielleicht  nicht  unumgänglich  war. 

Wären  obige  respektvolle  Bemerkungen  einigermaßen  begründet, 
so  würden  sie  doch  das  Hauptverdienst  dieser  Grammatik  gar  nicht 
berühren.  Dieses  liegt  ja  in  der  Gewissenhaftigkeit,  mit  welcher 
der  Verfasser  das  von  ihm  selbst  geprüfte  Material  vorgeführt  hat. 
Nur  was  er  aus  eigener  Erfahrung  weiß,  hat  er  aufgenommen. 
Bisweilen  bleibt  mir  etwas  unklar.  So  werden  z.  B.  die  Part. 
praet.  von  däica  und  läwa  nirgends  gegeben.  Sind  sie  wenig  oder 
nicht  gebräuchlich?  Es  heißt  ja  §  60,  daß  die  passivische  Aus- 
drucksweise nach  Möglichkeit  vermieden  wird.  Oder  soll  man  sie 
bilden  nach  der  §  22  gegebenen  Regel?  Geht  man  aber,  dieser 
zufolge,  aus  von  de-,  le-,  so  konstruiert  man  Formen,  die  vielleicht 
gar  nicht  existieren,  denn  die  ersten  Silben  dieser  Partizipia,  falls 
sie  gebraucht  werden,  werden  doch  wohl  di-,  li-  lauten. 

Von  den  Sprachproben  darf  man  sich  überzeugt  halten ,  daß 
sie  wirklich  die  eigentlich  deutsche  Zigeunermundart  darstellen,  das 
Glossar  bietet  viel  mehr  als  zur  Übersetzung  dieser  Stücke  erfordert 
wird.  Es  ist  überaus  wertvoll.  Manches  Wort  aus  Bischoff  und 
aus  Liebich,  das  von  Sowa  für  nicht  genügend  gesichert  hielt,  findet 
man  hier  verzeichnet,  so  z.  B.  bdnduk,  Flinte,  von  dem  von  Sowa 
vermutete ,  es  sei  in  keinen  Zigeunerdialekt  aufgenommen ;  vergl 
ferner  balüna,  Pfanne,  beddtsa,  biisex,  dömbado,  dato,  cjero,  giwen- 
ißi'O.  grdnsa,  (jrozno,  kamdr-,  kibiko.  Jcöti.  medrta,  medsdnsa,prirvjeri, 
pusingka,  p'ukelmäto,  sajdkdri,  sdlmendo,  sirna,  stargöli,  stero- 
icitsa,  tsapläro  und  sehr  viele  andere.  Seinem  Plan  gemäß  hat 
der  Verfasser  nirgends  etymologische  Angaben  eingeschaltet.  Man 
kann  es  bedauern ,  aber  man  sollte  sich  wenigstens  damit  trösten, 
daß  jetzt  völlig  zuverlässige  Formen  vorliegen.  Man  nehme  z.  B. 
das  bei  Liebich  verzeichnete  baluna.  v.  Sowa  meinte  es  sei  viel- 
leicht entstanden  aus  fr.  poelonnee ,  das  aber  nicht  die  Pfanne, 
sondern  den  Inhalt  derselben  bedeutet.  Finck  gibt  baluna,  und 
zu  dieser  Betonung  stimmt  poelon ,  das  gerade  pfanne  bedeutet. 
Darf  man  also  annehmen ,  daß  aus  einem  französischen  Wort  auf 
-on  ein  Zigeunerwort  auf  -Üna  entstehen  konnte?  In  dem  Fall 
möchte  ich  weljuna  nicht  mit  v.  Sowa  auf  d.  Violine,  sondern  auf 
fr.  violon  zurückführen:  warum  hätte  sonst  Violine  nicht  ein  Wort  auf 
-Ina  ergeben,  wie  z.  B.  in  loioina  eine  derartige  Form  vorkomml  ? 
So  lange  man  das  Wort  foreska  nur  aus  Liebich  kannte,  war  es 
erlaubt  an  der  Richtigkeit   dieser  Form  zu  zweifeln;  jetzt  wird   di'- 


(i^4  Anzeigen. 

Etymologie  zu  finden,  v.  Sowa  fragt  ob  foreska  (Eichhorn,  Fuchs) 
mit  fr.  forcl  zusammenhängen  könne.  So  viel  ich  weiß  gibt  es 
neben  foret  als  Adjektiv  nur  forestier,  womit  man  hier  nichts  an- 
fangen kann.  Wegen  der  Bedeutung  eichhorn  liegt  es  nahe  zu 
denken  an  poln.  wiewioreczka,  worin  die  erste  Silbe  durch  Haplologie 
wegfallen  könnte,  und  ein  f  <Z  w  ist  nicht  ganz  unmöglich :  föreäka 
wäre  dann  im  Grunde  fast  identisch  mit  weivdritsa  und  wewarftsha, 
nur  hätte  es  sich  durch  nicht  näher  bestimmbare  Ursachen  anders 
entwickelt.  Solcher  Rätsel  gibt  es  viele,  und .  auch  wenn  man  vor- 
läufig bei  dem  non  liquet  bleiben  muß,  so  hat  der  Verfasser  durch 
seine  Arbeit  doch  wenigstens  eine  sichere  Grundlage  geschaffen. 
Eine  ganz  neue  Form  ist  neputo,  Neffe;  und  möiidla,  das  neulich 
von  Herrn  Prof.  Pischel  gefunden  ist  in  der  Bedeutung  blaubeere, 
hat  hier  die  Bedeutung  flieder,  sy ringe. 

Schließlich  erlaube  ich  mir  auf  ein  paar  Versehen  hinzuweisen. 
S.  43  steht  pusumen  offenbar  für  pusunies:  S.  45  bedeutet  lidrga 
im  Satze  nie  gjom  tdisa  jdke  hdrga  te  sowel  doch  gewiss  spät, 
was  v.  Sowa  für  die  östliche  Mundart  auch  angibt;  im  Glossar  des 
Verfassers  steht  nur  Jidrga,  lange".  Das  S.  46  verwendete  Adj. 
smtano  ist  unerklärt  geblieben,  und  sikdr-  heißt  im  Glossar  nur 
„lehren,  lernen",  obgleich  es  auch  vorkommt  in  der  Bedeutung 
etwas  zeigen,  sehen  lassen  (z.  B.  S.  46).  S.  21  unter  ß) 
sind  die  Worte  „dessen  j  nach  l  und  n  schwinden  kann"  ein  Fehl- 
griff: der  Verfasser  will  ja  gerade  behaupten,  daß  /  und  n  vor  j 
schwinden.  S.  26  steht  Vokative  statt  Lokative,  S.  67  steht 
Jc'ähdö,  Buße"   statt   „Russe".  A    Kluvver. 


685 


Verzeichnis  der  im  letzten  Vierteljahr  bei  der 
Redaktion  eingegangenen  Druckschriften. 

(Mit  Ausschluss  der  bereits  in  diesem  Hefte  angezeigten  Werke.  Die  Redaktion 
behält  sich  die  Besprechung  der  eingegangenen  Schriften  vor.  Anerbieten  der 
Herren  Kollegen,  das  eine  oder  andre  wichtigere  Werk  eingehend  besprechen 
zu  wollen,  werden  mit  Dank  akzeptiert.  Die  mit  *  bezeichneten  Werke  sind 
bereits  vergeben.) 

Marr,  Bernhard  -  Der  Baum   der  Erkenntnis.    Eine  mythologisch-etymologische 
Studie.      Dux,  C.  Weigend  [1904].     K.   3  =  Mk.   2,50. 


Hoicardy ,  G.  -  Clavis  euneorum  sive  Lesicon  signorum  assyriorum  unguis 
latina,  britannica,  germanica  sumptibus  instituti  Carlsbergici  Hauniensis 
compositum.  (1.  Lieferung)  Lipsire  apud  Otto  Harrassowitz,  Haunise  apud 
Siegfried  Michaelsen,   1904.     Mk.   5. 

Fragments  de  l'exegese  biblique  de  Menahem  bar  Helbo  (Auteur  du  Xl-e  siecle). 
Recueillis,  edites  et  annotes  par  Samuel  Pozncii'iski.  [Auch  mit  hebr.  und 
russ.  Titel.]     Varsovie,  Imprimerie  de  Schuldberg  et  Cie.,1904. 

Posnanshi,  Adolf  -  Schiloh,  ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  Messiaslehre.  I.  Teil : 
Die  Auslegung  von  Genesis  49,  10  im  Altertume  bis  zu  Ende  des  Mittel- 
alters.    Leipzig,  J.   C.  Hinrichs,    1904.     Mk.   15,  geb.  Mk.   16. 

Consolo ,  Federico  „Yehiel  Nahmany  Sefardi1  -  Un  poco  piü  di  luce  sulle 
interpretazioni  della  parola  HDD.    Firenze,  Bernardo  Seeber,  1904.    Lire  1,50. 

Sluys,  David  Mozes  -  De  Maccabaeorum  libris  I  et  II  quaestiones.  Specimen 
litterarium  inaugurale.     Amstelodami   1904. 

The  Sixth  Book  of  the  Select  Letters  of  Severus  Patriarch  of  Antioch  in  the 
Syriac  Version  of  Athanasius  of  Nisibis  edited  and  translated  by  E.  W. 
Brooks.  Vol.  II.  (translation)  part  II.  Published  for  the  Text  and  Trans- 
lation Society  by  Williams  &  Xorgate,  London,   1904. 

The  Book  of  Consolations  or  the  Pastoral  Epistles  of  Mär  Ishö'-  Yahbh  of 
Kuphlänä  in  Adiabene.  The  Syriac  Text  edited  with  an  English  Trans- 
lation by  Philip  Scott-Moncr/'e/f.  Part  I.  The  Syriac  Text.  London, 
Luzac  &  Co.,   1904.     [In  Luzac's  Semitic  Text  and  Translation  Series.] 

Labourt ,  Hieronymus  -  De  Timotheo  I  Nestorianorum  patriarcha  (728 — 823) 
et  christianorum  orientalium  condicione  sub  chaliphis  abbasidis.  Accedunt 
XCIX  eiusdem  Timothei  definitiones  canonicae  e  textu  syriaco  inedito  nunc 
primum  latine  redditae.     Parisiis,  apud  Victorem  Lecotlre,   1904. 

Labourt,  J.  -  Le  christianisme  dans  l'empire  perse  sous  Ia  dynastie  sassanide 
(224 — 632).  [Bibliotheque  de  l'enseignement  de  l'histoire  ecclesiastique.] 
Paris,  Victor  Lecoffre,   1904.     3   fr.   50. 


(iSt>      Verzeichnis  der  bei  der  Redaktion  eingegangenen  Druckschriften. 

Prolegomena  zu  einer  erstmaligen  Herausgabe  des  Kitäb  al-hidäja  'ila  faraid 
al-qulüb  (maabM  msin)  von  Bachja  ihn  Josef  ihn  Paqüda  aus  dem 
'Andalus  nebst  einer  größeren  Textbeilage  von  A.  S.  Yahuda.  C.  F.  Winter'- 
sche  Buchdruckerei  in   Darmstadt  [1904]. 

Les  oeuvres  arabes  de  Theodore  Aboucara,  Eveque  d'Haran.  Edites  pour  la 
premiere  fois  par  Constantin  Bacha.  [Auch  mit  arab.  Titel.]  Imp.  Al- 
fawaid (du  Journal  Alahwal),  Beyrouth,   1904. 

M  altesische  Studien.  Eine  Sammlung  prosaischer  und  poetischer  Texte  in 
maltesischer  Sprache  nebst  Erläuterungen ,  von  Hans  Stumme.  (Leipziger 
semitistische  Studien,  hrsg.  v.  A.  Fischer  u.  H.  Zimmern,  1,4)  Leipzig, 
J.  C.   Hinrichs,   1904.     Mk.  4. 


•Gibb,  E.  J.  W.  -  A  History  of  Ottoman  Poetry  by  the  late .    Volume  III. 

Edited  by  Edward  G.  Browne.     London,  Luzac  &  Co.,  1904.     21s.  net. 


Herrmann  -  Lusiba,    die  Sprache  der  Länder  Kisiba,    Bugäbu speziell 

der  Dialekt    der   „Bayössa"    im  Lande  Kjamtwära.     [Sonderabdruck  aus  d. 
Mitteilungen  d.   Sem.  f.  Or.  Spr.  zu  Berlin,  Jahrg.   VII,   1904.] 

Fumi,  F.  G.  -  Avviamento  allo  studio  del  Sanscrito.  III.  ed.  rinnov.  [Manuali 
Hoepli.]     Milano,  Ulrico  Hoepli,    1905.     L.  4. 

Sörensen,  S.  -  An  Index  to  the  Names  in  the  Mahabharata  with  Short  Ex- 
planations    and  a  Concordance    to    the  Bombay    and  Calcutta  Editions    and 

P.   C.  Roys  Translation.    By  the   late .     Part  I.     London,  Williams  & 

Norgate,   1904.      7  s.   6  d.  net. 

Buhler  [sie  für  Bühler],  Johann  Georg  -  On  the  Indian  Sect  of  the  Jainas. 
Translated  from  the  German.  Edited  with  an  Outline  of  Jaina  Mythology 
by  JAs.   Burgess.     London,  Luzac  &  Co.,   1903.     3  s.   6  d.  net. 

Seidel,  A.  -  Grammatik  der  Japanischen  Schriftsprache  mit  Lesestücken  und 
einem  Wörterverzeichnis  sowie  einer  Einführung  in  die  japanische  Schrift. 
[Die  Kunst  der  Polyglottie ,  83.  Teil.]  Wien  und  Leipzig,  A.  Hartleben. 
Mk.   2. 


Abgeschlossen  am   21.   9.    1904. 


687 


Die  Jatakas  und  die  Epik. 

Von 

Heinrich  Lüders. 

1.    Die    Kr  s  na -Sage. 

In  seinem  Aufsatze  über  eine  buddhistische  Bearbeitung  der 
Krsna-Sage1)  bemerkt  E.  Hardy,  daß  Anspielungen  auf  die  Geburt 
und  das  Jugendleben  des  Krsna  in  der  älteren  Literatur  selten 
seien,  und  daß  speziell  „alte  Liedstrophen  buddhistischer  Provenienz 
uns  hier  nicht  zur  Verfügung  ständen".  Allerdings  führt  Hardy 
selbst  Gäthä  35  des  Mahäummaggajätaka  (546)  an : 

Attlü  Jambävati  näma  mala  Sibbissa  räjvno 

sä  bliariyä  Väsudevassa  Kanhassa  mähest  piyä  \\ 

Allein  er  meint,  daß  hier  der  Rest  einer  andern  Sage  vorliege. 
Nun  ist  aber  die  in  der  Gäthä  genannte  Jambävati,  wie  ebenfalls 
schon  Hardy  bemerkt  hat,  doch  sicherlich  identisch  mit  der  Jambä- 
vati, der  Tochter  des  Bärenkönigs  Jämbavat,  die  nach  Hariv.  2072 
Krsnas  Gemahlin  war : 

lebhe  Jambavathn  kam/am  rksarüjasya  sammatäm 

Allein  „daß  sie  Mutter  des  Königs  Sibi  sei,  weiß  der  Harivamsa 
nicht",  bemerkt  Hardy.  Nun  heißt  aber  der  Sohn  des  Krsna  und 
der  Jambävati  nach  Hariv.  6773  Samba,  und  die  Ähnlichkeit  dieses 
Namens  mit  dem  Sibbi  der  Gäthä  ist  doch  zu  groß,  als  daß  man 
auch  nur  einen  Augenblick  an  ihrer  Identität  zweifeln  könnte.  Wie 
man  sich  die  bestehende  lautliche  Differenz  erklären  soll,  ist  nicht 
leicht  zu  sagen.  Wer  die  Form  Sibbissa  für  alt  hält,  könnte  sich 
auf  Fälle  berufen  wie  p.  OJckäka  für  sk.  lksväku,  p.  Äkitti  (Jät. 
480,  1  u.  s.  w.),  Akattl  (Cariyäp.  1)  für  sk.  Agastya,  p.  Eräpatka 
(Jät.  203,  1)  für  sk.-  Airävata,  p.  Nemi  (Jät.  VI,  96,  24)  für  sk. 
S/mi.  p.  Kaläbu  (Kaläpu)  (Jät.  522,  20  u.  s.  w.)  für  sk.  Kalabha 
(Mahäv.  III.  357,  4),  Kannapennä  (Jät.  V,  162,  8  u.  s.  w.)  für  sk. 
Krsnavenä,  p.  Godhävarl  (Jät.  V,  132.  3  u.  s.  w.)  für  sk.  Godävari, 
wo  überall  die  Paliform  des  Namens  mehr  oder  weniger  stark  von 
der  des  Sanskrit  abweicht,  ohne  daß  man  ihren  gemeinsamen  Ur- 
sprung in   Frage  stellen  könnte.      Wahrscheinlicher    ist    es    mir   in- 


1)  ZDMG.  53,  47  f. 
Bd.  LVIII. 


688  Lüders,  Die  Jätahas  und  die  Epik. 

dessen,  daß  Sibbissa  verderbt  ist.  Wie  unsicher  die  Überlieferung 
des  Namens  ist,  gebt  schon  daraus  hervor,  daß  er  im  Kommentar 
zur  Gäthä  als  Sivi  oder  Siva'1)  ei-scheint.  Und  wie  nahe  es  für 
einen  Abschreiber  lag,  ein  ursprüngliches  Samba  ssa-)  oder  allen- 
falls Simbassa3)  in  Sibbissa  zu  verändern,  wird  begreiflich,  wenn 
man  bedenkt,  wie  geläufig  den  Buddhisten  der  Name  des  Sibikönigs 
war ;  gehörte  doch  die  Erzählung  von  der  selbstlosen  Hingabe  jenes 
Königs  zu  den  beliebtesten  buddhistischen  Jätakas.  Von  einer  in 
der  indischen  Heldensage  verhältnismäßig  so  wenig  hervortretenden 
Persönlichkeit  wie  Samba  aber  hatte  ein  singhalesischer  Mönch 
schwerlich  je  etwas  vernommen.  Übrigens  hat  der  Kommentator 
der  Gäthä  wohl  noch  garnicht  an  den  Sibikönig  gedacht.  Er  be- 
merkt ausdrücklich ,  daß  der  Sohn  der  Jambävati  nach  dem  Tode 
seines  Vaters  in  Dväravatl  geherrscht  habe,  während  die  Hauptstadt 
des  Sibireiches  nach  der  Prosaerzählung  des  Sivijät.  (499)  und  des 
Ummadantijät.  (527)  Aritthapura,  nach  der  des  Vessantarajät.  (547) 
Jetuttara  ist. 

Allein  es  bleibt  noch  eine  weitere  Schwierigkeit.  Nach  dem 
Harivamsa  ist  Jämbavatl  die  Tochter  des  Bärenkönigs.  Der  Pali- 
kommentator  berichtet  dagegen,  daß  sie  ein  schönes  Candälamädchen 
gewesen  sei;  Väsudeva,  d.  i.  Krsna,  sei  ihr  eines  Tages  vor  dem 
Tore  von  Dväravatl  begegnet,  habe  sich  sofort  in  sie  verliebt  und 
sie  zu  seiner  Gemahlin  gemacht.  Müssen  wir  diese  abweichende 
Auffassung  schon  dem  Dichter  der  Gäthä  zuschreiben? 

Die  Gäthä  bildet  einen  Teil  der  Rede  des  Papageien  Mäthara, 
der  das  Staarenweibchen  des  Pancälakönigs  überreden  will,  ihn  zu 
heiraten.     Die  Staarin  macht  die  Einwendung  (G.  33): 

„Ein  Papagei  liebt  wohl  ein  Papageien weibchen,  ein  Staar  wohl 
eine  Staarin ;  wie  paßt  aber  die  Verbindung  eines  Papageien  mit 
einer  Staarin?" 

Darauf  antwortet  der  Papagei  (G.  34 — 36) : 

„Wenn  ein  Verliebter  eine  Frau  begehrt,  und  wenn  es  auch 
ein  Candäla-Weib  wäre,  so  ist  jede4)  Verbindung  passend;  falls 
Liebe  vorhanden  ist,  ist  keine  unpassend". 

„Da  ist  die  Mutter  des  Königs  Sibbi,  Jambävati  mit  Namen ; 
sie  war  die  Gattin  des  Väsudeva,  die  geliebte  Gemahlin  des  Kanha." 

„Die  Kimpurisa-Frau  Rathavati,  auch  die  liebte  den  Vaccha; 
ein  Mann  schloß  eine  Verbindung  mit  einem  Tierweibchen.  Falls 
Liebe  vorhanden  ist,  ist  keine  Verbindung  unpassend." 


1)  So  in  den  singhalesischen  Handschriften. 

2)  Samba  lautet  der  Name  im  Prakrit  der  Jainas,  siehe  ZDMG.  42,  496, 
Z.   23,  27   u.  s.  w. 

3)  Vgl.  Pischel,  Grammatik  der  Prakrit-Sprachen,  §  109.  Eine  Parallele 
für  die  Überführung  des  Stammes  in  die  e'-Flexion  bildet  das  handschriftlich 
belegte  Sambarissa ,  Sambarim  für  Sambarassa ,  Sambaram  in  Samyuttani- 
käya  I,  227. 

4)  Ich  lese  mit  Bd  sabbo  hi;  sabbe  lii  ist  vielleicht  ein  stehen  gebliebener 
Magadhismus. 


Lüders,  Die  Jatakas  und  die  Epik.  689 

Wir  haben  also  in  G.  36  ein  Beispiel  für  die  Verbindung  eines 
Mannes  mit  einem  Wesen  ,  das  zwischen  Mensch  und  Tier  in  der 
Mitte  steht,  ja  geradezu  zu  den  Tieren  gerechnet  wird.  Ist  es  da 
nicht  ganz  wahrscheinlich ,  daß  der  Dichter  auch  in  der  voraus- 
gehenden Strophe  ein  ähnliches  Beispiel  gegeben  hat,  daß  er  also 
wußte,  daß  Jainbävati  die  Tochter  eines  Bären  war  ?  Der  Kommen- 
tator oder  schon  seine  Vorgänger  kannten  die  alte  Sage  nicht  mehr; 
die  ganze  sehr  ärmliche  Erzählung  von  dem  Candälamädchen  Jambä- 
vati beruht  offenbar  auf  den  Worten  candälikäm  api  in  G.  :'-4. 
Wie  wenig  der  Kommentator  von  der  echten  Sage  wußte ,  geht 
schon  aus  den  Schlußworten  seiner  Erläuterung  hervor:  so  pilu 
accayena  Dväravatiyam  rajjam  körest.  Es  wäre  meiner  Ansicht 
nach  ganz  falsch,  aus  dieser  Äußerung  etwa  zu  schließen,  daß  der 
Kommentator  eine  Fassung  der  Sage  gekannt  habe ,  nach  der  ein 
Sohn  des  Krsna  den  Untergang  des  Geschlechtes  überlebte  und 
seinem  Vater  in  der  Herrschaft  folgte.  Man  darf  aus  jenen  Worten 
nichts  weiter  folgern,  als  daß  der  Kommentator  ein  in  der  Sagen- 
kunde ganz  unbewanderter  Mann  war,  der  nicht  einmal  die  buddhi- 
stische Prosaerzählung  des  Ghatajätaka  kannte.  Denn  auch  diese 
läßt,  ebenso  wie  die  brahmanische  und  die  jinistische  Fassung,  die 
Söhne  des  Krsna  sämtlich   in   dem  großen  Kampfe  umkommen. 

Wir  müssen  uns  nur  klar  machen ,  daß ,  wenn  uns  n  u  r  die 
Gäthä,  ohne  den  Kommentar,  erhalten  wäre,  kein  Mensch  je  be- 
zweifeln würde ,  daß  sie  genau  die  im  Harivamsa  berichtete  Sage 
reflektiere.  Und  wenn  wir  bei  gewissen  Jätakas,  wie  zum  Beispiel  dem 
Nalinikä-  oder  dem  Dasarathajätaka ,  den  strikten  Nachweis  führen 
können,  daß  die  Prosaerzählungen  nicht  die  alte  von  den  Gäthäs 
vorausgesetzte  Sage  wiedergeben,  sondern  aus  bloßer  Unwissenheit 
verstümmelte  oder  verschlechterte  Versionen  derselben  sind ,  was 
verpflichtet  uns  dann ,  in  einem  Falle  wie  dem  gegenwärtigen  den 
Angaben  des  Kommentators  höheren  Wert  beizumessen  ?  Im  Gegen- 
teil, die  ganze  Art  der  Entstehung  der  Jätakaprosa  nötigt  uns ,  in 
allen  Fällen,  wo  ein  Jätaka  von  der  alten  Sage  abweicht,  für  die 
Gäthäs  die  Kenntnis  der  alten  Sage  als  das  Wahrscheinlichere  an- 
zunehmen, wofern  der  Text  der  Gäthä  selbst  dem  nicht  deutlich 
widerspricht. 

Ich  glaube,  daß  wir  unter  diesen  Umständen  auch  die  übrigen 
Gäthäs,  die  auf  die  Krsnasage  Bezug  haben,  viel  schärfer  von  der 
Prosaerzählung  des  Ghatajätaka  trennen  müssen  als  Hardy  es  getan 
hat.  Hardy  meint,1)  daß  die  Prosaerzählung  so  alt  sei  wie  die 
Gäthä-Bestandteile  der  Jätakasammlung,  d.  h.  in  vorchristliche  Zeit 
hinaufreiche.     Ich  vermag  diese  Ansicht  nicht  zu  teilen. 

Die  Gäthäs ,  die  hier  in  Betracht  kommen ,  sind  schon  von 
Hardy  vollständig  gesammelt.  Es  sind,  abgesehen  von  der  schon 
besprochenen  G.  35  desMahäummag^ajaiaka  (546),  die  fünfzehn  Gäthäs 

1)  A.  a.  0.  S.  30. 


690  Luders,  Die  Jätalcas  und  die  Epik. 

des  G-hatajätaka  (454),  G.  25  des  Kumbhajätaka  (512)  und  G.  29 
des  Samkiccajätaka  (530).  Die  Gäthäs  fasse  ich  chronologisch  zu- 
nächst als  Einheit ;  ob  es  einmal  gelingen  wird ,  auch  hier  ältere 
und  jüngere  Strophen  zu  unterscheiden,    muß    die  Zukunft   lehren. 

Genau  genommen  ist  es  nur  ein  einziger  Punkt ,  in  dem  die 
Gäthäs,  die  Prosa  und  die  brahmanische  Sage  sämtlich  überein- 
stimmen :  der  Name  der  Stadt  Dvärakä ,  die  sich  übrigens  auch 
der  Verfasser  der  Gäthäs,  wie  aus  G.  3  des  Ghatajätaka  deutlich 
hervorgeht ,  als  Wohnort  des  Krsna  und  seiner  Brüder  dachte. 
Immerhin  mag  man  aber  auch  die  in  G.  1 ,  2  und  6  des  Ghata- 
jätaka erscheinenden  Namen  Kanha  und  Kesava  hierher  rechnen, 
da  sie  der  Verfasser  der  Prosa  richtig  auf  Krsna-Väsudeva  bezieht. 
Von  den  Erklärungen,  die  der  Kommentator  über  den  Ursprung 
dieser  Namen  gibt ,  weiß  allerdings  die  brahmanische  Sage  nichts : 
den  Namen  Kesava  soll  Krsna  seinem  schönen  Haare  (kesa)  ver- 
danken, und  Kanha  soll  sein  Gotraname  sein,  da  er  zu  dem  Gotra 
der  Kanhäyanas  gehört  habe.1)  Der  Kommentator  faßt  Kanha  also 
offenbar  als  Äquivalent  eines  sk.  Kärsna  auf.  Hardy  meint,'2)  man 
dürfe  die  letztere  Erklärung  nicht  ohne  Grund  verwerfen.  Ich 
glaube ,  er  tut  damit  den  Kenntnissen  des  Kommentators  doch  zu 
viel  Ehre  an.  Väsudevassa  Kanhassa  in  G.  35  des  Mali äu nun aggaj. 
heißt  „des  Krsna,  des  Sohnes  des  Vasudeva",  und  weiter  nichts. 
Der  Kommentator  freilich,  der  ebensowenig  wie  der  Prosaerzähler 
die  wahre  Bedeutung  von  Vasudeva  kennt,  hält  dies  für  den  eigent- 
lichen Namen  und  weiß  daher  mit  dem  Namen  Kanha  nichts  weiter 
anzufangen,  als  daß  er  ihn  für  einen  Gotranamen  erklärt. 

Wir  haben  ferner  drei  Punkte ,  in  denen  sich  die  Gäthäs ,  in 
Übereinstimmung  mit  der  Prosa,  von  der  brahmanischen  Sage  unter- 
scheiden.3). Erstens  wird  Jät.  454,  1;  2;  11;  15  ein  Bruder  des 
Krsna  namens  Ghata4)  erwähnt,  von  dem  wir  sonst  nichts  wissen. 
Wenigstens  habe  ich  einen  solchen  Namen  weder  im  Epos  noch  in 
den  langen  Listen  der  Brüder  des  Krsna  in  den  Puränas  auffinden 


1)  Dieselbe  Erklärung  findet  sich  im  Kommentar  zu  G.  35  des  Mahä- 
ummaggajätaka. 

2)  A.   a.  O.  S.  48. 

3)  Von  der  Geschichte,  die  den  eigentlichen  Inhalt  des  Ghatajätaka  bildet, 
sehe  ich  hier  zunächst  ab. 

4)  Im  Kanhapetavatthu  stets  Ghata.  Hardy  (a.  a.  O.  S.  26)  möchte  ihn 
mit  Ghrta,  dem  Sohne  des  Dharma,  in  Verbindung  bringen;  seine  Ausführungen 
können  mich  indessen  nicht  überzeugen.  Die  buddhistischen  Jätakaerzähler 
besaßen  meines  Erachtens  weder  solche  Kenntnisse  in  der  brahmanischen  Mytho- 
logie noch  solche  Neigungen  zu  spitzfindigen  Klügeleien ,  wie  Hardy  sie  ihnen 
zutraut.  Dagegen  halte  ich  es  nicht  für  ausgeschlossen,  daß  unser  Ghata  identisch 
ist  mit  dem  in  Jät.  355  auftretenden  Ghata  oder  Ghata,  der  den  König  Vanka 
über  die  Nutzlosigkeit  des  Trauerns  in  unglücklichen  Lebenslagen  belehrt,  ob- 
wohl die  Prosaerzählung  diesen  Ghata  zu  einem  Sohne  des  Brahmadatta  von 
BäränasT  macht. 


Lüders,  Die  Jatahas  und  die  Epik.  691 

können.  Zweitens  ist  nach  G.  15  desselben  Jätaka  Krsna  der 
älteste  Bruder  {jettham  bhätaram).  Nach  der  brahmanischen  Sage 
ist  er  aber  wenigstens  jünger  als  Balaräma ,  wenn  wir  auch  über 
sein  Verhältnis  zu  seinen  zahlreichen  andern  Brüdern  nichts  be- 
stimmtes erfahren.  Drittens  gehen  die  Angehörigen  des  Krsna  nach 
Jät.  530 ,  29  dadurch  zu  Grunde  ,  daß  sie  den  Rsi  KanhadTpäyana 
kränken.1)  Nach  Mbh.  XVI,  15  ff.  besteht  ihre  Schuld  vielmehr 
in  der  Verspottung  der  Büßer  Visvämitra,  Kanva  und  Närada.2) 
Wir  dürfen  hier  unbedenklich  mit  Hardy  annehmen,  daß  die  Gäthä 
die  ältere  Fassung  wiedergibt,  da  sie  durch  die  sonst  ganz  unab- 
hängige Jainaversion  der  Krsnasage :))  gestützt  wird.  Auch  in  der 
Jainaerzählung  ist  es  der  Muni  DvTpäyana,  der  von  den  Prinzen 
mißhandelt  wird.  Daß  man  bei  der  Aufnahme  der  Sage  in  das 
Mahäbhärata  den  Krsna  Dvaipäyana  durch  ein  paar  andere  Rsis 
ei-setzte,  ist  begreiflich  genug.  Galt  er  doch  als  der  Verfasser  des 
Werkes ;  er  hätte  also  selbst  erzählen  müssen,  wie  er  von  den  Söhnen 
des  Krsna  verspottet  wurde  und  wie  er  selber  das  Geschlecht  des 
von  ihm  vergötterten  Helden  verfluchte. 

Andererseits  haben  wir  aber  doch  auch  einen  Punkt,  in  dem 
die  Gäthäs  genauer  zu  der  epischen  Darstellung  stimmen  als  die 
Prosaerzählung,  und  ein  paar  andere,  wo  es  nach  dem  oben  Ge- 
sagten viel  wahrscheinlicher  ist,  daß  die  Strophen  die  brahmanische 
Passung  und  nicht  die  des  Prosatextes  reflektieren.  Jät.  512,  25 
und  530,  29  lauten: 


1)  Die  Worte  Kuijhadipüyaii;  äsajja  sind  nicht  bestimmt-  genug,  als  daß 
man  mit  Sicherheit  entscheiden  könnte,  ob  in  der  dem  Verfasser  der  Gäthä 
vorliegenden  Sage  tatsächlich  schon  wie  in  der  Prosa  des  Ghatajätaka  von 
einer  Vergewaltigung  des  Rsi  im  Anschluß  an  die  Verspottung  die  Rede  war. 
Immerhin  könnte  dieser  Zug  alt  sein;  dafür  spricht,  daß  die  Jainafassung 
überhaupt  nur  von  einer  Verprügelung  des  Rsi  zu  erzählen  weiß.  Die  alte 
Sage  fand  noch  nicht  etwas  so  Ungeheuerliches  in  der  körperlichen  Mißhandlung 
oder  selbst  Tötung  eines  Brahmanen.  In  den  Gäthäs  wird  uns  von  einer  ganzen 
Reihe  von  Königen  berichtet,  die  sich  an  Brahmanen  tätlich  vergriffen;  ich 
brauche  nur  an  den  tausendarmigen  Ajjuna  (Jät.  522,  23;  530,  26),  an  Dandakin 
(522,21;  530,27),  Näliklra  (522,22)  und  Kaläbu  (522,24;  313)  zu  erinnern. 
Einer  späteren  Zeit  erschien  der  Brahmanenmord  als  ein  so  unerhörtes  Ver- 
brechen, daß  sie  kaum  davon  zu  reden  wagte.  In  den  Sagen  der  Epen  und 
der  Puränas  sind  es  meist  wahre  Lappalien,  um  derentwillen  Fürstengesehlechter 
und  Königreiche  dem  Fluche  der  Brahmanen  verfallen.  Es  wäre  demnach  recht 
wohl  denkbar,  daß  der  epischo  Erzähler  die  ursprüngliche  Erzählung  von  der 
Mißhandlung  als  allzu  anstößig  unterdrückte,  doch  ist  dieser  Punkt  von  unter- 
geordneter Bedeutung,   da  die  Verspottung  durch   den   verkleideten  S 

falls  auch  in  der  alten  Sage  schon   den   Kernpunkt  der  Beleidigung  bildete. 

2)  Die  späteren  Puränas  stimmen  teils  mit  dem  Epos   iiberein,   teils   Lassen 
sio   Namen    fort    oder    fügen    neue    hinzu.      So  hat  z.   B.    «las   Visnup.   (V,  37,  6) 
dieselben  Namen;  das  Padmap.  (VI,  279,  Gl)  nennt  nur  den  Kanva,   das  I 
vatap.  (XI,  l,  12)  dagegen  außer  den  drei  genannten  noch  den  Asita,   Durväsas, 
Bhrgu,  Angiras,  Kasyapa,  Vämadeva,  Atri,   Vasistha  u.  a. 

3)  II.  Jacobi,  Die  Jaina  Legende  von  dem  Untergango  Dväravatl's  und 
von  dem  Tode  Krishna's;  ZDMG.  42,  496f. 


692  Lüders,  Die  Jatalcas  und  die  Epik. 

yan  ce  irivitvä  Andhakavenhuputtä 

samuddatire  paricärayantä  \ 
upakkamum  m  usalehi  annamannam 

tassä  punnam  kumbham  imam  kinätha'1)  || 

„Kauft  mir  den  Krug  ab  voll  des  Weines,  wie  ihn  die  Andhaka- 
venhuputtas  getrunken  hatten,  als  sie,  am  Meeresufer  sich  auf- 
warten lassend,-)  mit  Keulen  einander  angriffen." 

Kanhadlpäyarü  äsajja  isim  Andhakavenhuyo  \ 
annannam  musale  hantvä  sampattä    Yamasüdanam  || 

„Weil  die  Andhakavenhus  den  Rsi  Kanhadipäyana  gekränkt  hatten, 
gelangten  sie  in  des  Yama  Haus,  indem  sie  sich  gegenseitig  mit 
Keulen  töteten." 

Das  Bild ,  daß  wir  uns  nach  diesen  beiden  Gäthäs  von  dem 
großen  Vernichtungskampfe  der  Yädavas  entwerfen  können,  stimmt 
in  allen  Zügen  mit  dem  des  Mausalaparvan  überein.  Nach  dem 
Epos  findet  das  Fest  bei  Prabhäsa  statt,  am  Meeresufer  (samudränte), 
wie  es  XVI,  67  ausdrücklich  heißt.  Die  Yädavas  betrinken 
sich,  und  in  der  Trunkenheit  entspinnt  sich  der  Zank  zwischen 
Yuyudhäna  und  Kita varman,  der  zum  Kampfe  führt  (71;   72;  88): 

tatas  tiiryasatäklrnam  natanartakasamkulam  \ 
ävartata  mahäpänam  Prabhäse  ligmatejasäm  || 
Krsnasya  samnidhau  Rämah  saliitah  Krtavarmanä  j 
apibad    Yuyudhänas  ca   Gado  Babhrus  tathaiva  ca  \\ 
te  tu  pänamadävistäd  coditäh,  käladharmanä  \ 
Yuyudhänam  athäbhyaghnann  ucchistair  bhäjanais  tadä  || 

Daß  auch  im  Epos  (XVI,  13;  94;  133)  Keulen  {musala)  die 
Waffen  sind ,  mit  denen  sich  die  Geschlechtsgenossen  töten ,  hat 
schon  Hardy  betont. 

Nun  findet  der  Kampf  allerdings  auch  nach  der  Prosa  des 
Ghatajätaka  am  Meeresstrande  (samuddaklUkam  hilissämüti  tnu- 
khadv&rarn  gantva)  und  mit  Keulen  (musala)  statt,  allein  daß 
Trunkenkeit  die  Ursache  war,  wird  nicht  erwähnt.  Es  heißt  nur, 
daß  die  Fürsten  eine  große  Halle  errichteten,  sie  schmückten,  aßen 
und  tranken,  im  Spiel  einander  bei  den  Händen  und  Füßen  packten 
und  dabei  in  Streit  gerieten.  Und  doch  war  die  Trunkenheit  ein 
wesentlicher  Zug  der  alten  Sage.  Das  geht  schon  aus  der  Art 
der  Anführuncr  in  der  Gäthä  hervor;    so    kann  man  nur  auf  etwas 


1)  Arya  Sura  hat  die  Strophe  in  der  Jatakamala  (XVII,  18)  nachgebildet: 
yäm  pitavanto  madaluptu.sa)iijT,n  \\rsin/andhakä  vismrtabandkubhäväh 
parasparam  nispipisur  gadäbhh-  uu.mrid.ani  sä  nihüeha  Jeumbhe  || 
Asvaghosa  spielt  auf  die   Sage   an  im   Buddhaearita   (XI,  31): 

vi wt.s, im  iyuJi  Kuravo  yadartham  Yrxnytmdhakä  Maithüadandahäi  ca  \ 
süläsikä.st/wpratimesu  tesu  hamesu  kasyütmaoato  ratih  syät 

2j  Vgl.  Jät.  483,  17:  näriganehi  paricärayanto. 


Lüders,  Die  Jatahas  und  die  Epik.  693 

Wohlbekanntes  anspielen.  Es  wird  weiter  aber  auch  durch  die 
Jainaversion  bezeugt,  nach  der  die  Trunkenheit  die  eigentliche 
Quelle  alles  Unheils  ist,  das  die  Yädavas  trifft.  Der  ehrwürdige 
Aristanemi  hat  prophezeit,  daß  Samba  und  die  andern  Prinzen  im 
Rausche  den  DvTpäyana  verhöhnen  würden.  Um  das  Unglück  ab- 
zuwenden, befiehlt  Väsudeva  alle  geistigen  Getränke  aus  der  Stadt 
herauszuschaffen;  sie  werden  in  einer  Höhle  des  Kadambahaines  in 
steinerne  Behälter  gegossen ,  wovon  der  Wein  den  Namen  Kädam- 
barl  erhält.  Allein  nach  einem  halben  Jahre  entdecken  die  Prinzen 
die  Höhle,  berauschen  sich  an  dem  trefflich  herangereiften  und  ge- 
klärten Getränke  und  begehen  in  der  Betrunkenheit  die  verhängnis- 
volle Tat.  Allerdings  läßt  sich  nicht  bestreiten,  daß  diese  Geschichte 
von  dem  Kädambariweine  in  allen  Einzelheiten  sekundär  ist;  daß 
sich  aber  die  Trunkenheit  in  der  Jainaerzählung  überhaupt  zu  einem 
Grundmotiv  entwickeln  konnte,  zeigt  doch,  daß  sie  auch  schon  in 
.  der  alten  Sage  eine  Rolle  spielte. 

In  der  Gäthä  512,  25  ferner  werden  die  Yädavas  als  Andha- 
kavenhuputtä  bezeichnet.  Nach  der  Prosa  des  Ghatajätaka  führen 
sie  diesen  Namen,  weil  sie,  obwohl  von  Upasägara  erzeugt,  als  die 
Söhne  des  Sklaven  (düsa)  Andhakavenhu  gelten.  Müssen  wir  an- 
nehmen ,  daß  schon  der  Dichter  der  Gäthä  den  Namen  in  diesem 
Sinne  auffaßte  ?  Keineswegs.  In  der  Gäthä  530 ,  29  werden  die 
Brüder  Andhdkavenhuyo ,  die  Andhaka-Vrsnis,  genannt,  und  wenn 
an  der  ersteren  Stelle  dem  Namen  putta  hinzugefügt  wird,  so  ist 
es  nur,  um  die  Zugehörigkeit  zu  dem  Stamme  zu  bezeichnen.  So 
redet  im  Samkhapälajätaka  (524,  5;  6)  Alära  die  Jäger  an,  die  eine 
Riesenschlange  erbeutet  haben: 

kuMm  ayam  niyati  hhimahäyo 

nägena  kirn  kähatha  Bhojaputtä  \\ 

und  erhält  die  Antwort: 

nägo  ayam  niyati  bhqjanattham 

pavattakäyo  wrago  mahanto  \ 
sädun  ca  thülan  ca  mudun  ca   mamsam 

na  tvam  ras1   amnäsi   V idehaputta\\ 

Die  Anrede  Videhaputta  kehrt  in  G.  9  wieder.  Die  Jäger  werden 
auch  in  G.  12  und  Nidänak.  G.  260  als  Bhojaputtä  und  in  G.  4 
als  Miläcaputta  bezeichnet.  Hierher  gehört  auch  der  Satiyaputra 
und  der  Keralaputra  in  Asoka's  zweitem  Felsenedikte.  Putra  hat 
in  diesen  Namen  die  Funktion  eines  Taddhitasuffixes ;  Satiyaputra 
und  Keralaputra  stehen  mit  Namen  wie  Päncäla,  Vaideha  u.  s.  w. 
(Pän.  4,  1,  168)  auf  gleicher  Stufe.  Dieselbe  abgeschwächte  Be- 
deutung hat  putra  im  Sanskrit  oft  in  dem  Worte  räjaputra. 
in  Räm.  I,  61  Sunahsepa  /.u  König  AmbarTsi  von  Ayodhyä,  der 
sonst  in  dem  ganzen  Gesänge  stets  räfan,  nareävara,  pärthiva, 
mahipati,  räjarsi  u.  s.  w.  genannt  wird,  in    Vers  21  sagt: 


ggj.  Luders,  Die  Jatakas  und  die  Epik. 

pitü  jyestham  avihreydm  mätä  calia  kanlyasam  | 

vihreyam  madhyamam  manye  räjaputra  nayasva  mäm  || 

so  will  er  ihn  mit  der  Anrede  räjaputra  nicht  als  den  Sohn  eines 
Königs,  sondern  einfach  als  ksatriya,  als  Angehörigen  der  zweiten 
Kaste  bezeichnen.  Räjaputra  ist  hier  der  Vorläufer  des  heutigen 
Rajputen.  Einen  analogen  Fall  bildet  im  Pali  das  so  überaus  häufige 
devaputta.  Devaputta  bezeichnet,  wie  schon  Childers  gesehen  hat,1) 
den  einzelnen  Gott  als  Mitglied  des  Devageschlechtes.  Der  Begriff 
des  Sohnes  ist  völlig  verblaßt;  im  Bhaddasälajätaka  (465)  wird 
zum  Beispiel  für  eine  und  dieselbe  Person  bald  der  Ausdruck 
devaräjan,  bald  devaputta  gebraucht  (IV,  154,  4.  22;  155,25; 
157,  11.  23). 

Über  die  wahre  Bedeutung  des  Wortes  Andhakavenhuputtä 
kann  also  kein  Zweifel  herrschen.  Andererseits  halte  ich  es  aber 
gar  nicht  für  ausgeschlossen,  daß  der  Verfasser  der  Prosa  gerade 
durch  das  Mißverstehen  dieses  Ausdrucks  zu  dem  als  Personen- 
namen absurden  Namen  Andhakavenhu  kam.  Er  hatte  aber  offenbar 
auch  etwas  von  dem  wahren  Namen  jenes  Sklaven,  Nandagopa,  ge- 
hört .  und  so  half  er  sich  denn  aus  der  Schwierigkeit ,  indem  er 
die  Frau  des  Sklaven  Nandagopa  benannte. 

Ähnlich  liegt  die  Sache  bei  G.  2  des  Ghatajätaka,  die  einen 
Rohineyya  in  der  Umgebung  des  Krsna  erwähnt: 

tassa  tarn  vacanam  sutvä  Rohineyyassa  Kesavo  | 
taramänarüpo  vutthäsi  bhätu  sokena  attito  || 

Nach  der  Prosaerzählung  ist  dieser  Kohineyya  ein  Minister 
(RoMneyyo  näma  amacco).  Allein,  was  verpflichtet  uns,  diese 
Ansicht  auch  dem  Verfasser  der  Gäthä  zuzuschreiben?  Rohineyya 
heißt  „der  Sohn  der  Rohini'',  und  wenn  der  Rohini  auch  noch 
andere  Söhne  zugeschrieben  werden ,  so  hat  doch  sicherlich  jeder 
mit  der  Sage  seiner  Heimat  auch  nur  einigermaßen  vertraute  Hindu 
gewußt,  daß  mit  dem  Sohne  der  Rohini  v.ca  i^o%i]v  Balaräma  ge- 
meint sei.  Fast  alle  Lexikographen,  Amara,  Purusottama,  Hema- 
candra,  Haläyudha,  Medinikara,  führen  Rauhineya  als  Synonym 
von  Balaräma  auf.  Auch  im  Epos  wird  Rauhineya  ohne  weiteren 
Zusatz  in  diesem  Sinne  gebraucht;  z.  B.  Mbh.  I,  7148 f.: 
Vrsnvpraviras  tu  Kurupramrän 

äsamsamänah  sahaR auhi n e y a h  \ 
jagäma  täm  Bhärgavakarmasäläm 

yaträsate  te  purusapraviräh  || 
tatropavistam  prthudirghabäh u m 

dadarsa  Krsnah  sahaRauhiney ah  | 
Ajätasatrum  pjarivärya  täms  cäpy 
wpopavistäfh  jvalanaprakädän  \\ 

1)  Dictionary  of  the  Pali  Language,  s.  v.  Nach  deraputta  ist  dann  auch 
das  Wort  devadhltä  für  Göttin  gebildet. 


Lüders,  Die  Jatäkas  und  die  Epik.  695 

tato  'bravid   Väsudevo  'bhigamya 

Kuntisutam  dharmabhrtüm   varisfham  \ 

Krsno  'harn  asmiti  nipldya  pädau 
Yudh  isth  irasyäja  m '/  dha  sya  räjn  ah  \  \ 

tathaiva  tasyäpy  ante  Rauh  in  ey  <>  s- 
tau  cäpi  drstäh  Kuravo  'bhyanandan  \ 


Mbh.  V,  4 


Pancalarajasya  samipatas  tu 

Sin ipravlrah  sahaR a u h i neyah  \ 

Mbh.  VII,  8220: 

Jaräsandho  'tirusito  Rauhiney apradharsitah  \ 

Har.   4410: 

Akrürasya  kathäbhis  tu  saha  Krsnena  jägratah  \ 
Rauhiney atrtiyasya  nisä  sä  vyatyavartata  |) 

So    kommt    Rauhineya    noch    in    Inschriften    aus    dem    vierzehnten 
Jahrhundert  vor;    z.  B.  Journ.  Bombay  As.  Soc.  Vol.  XII,  p.  353: 

HariharanrpaBuhkabhümipäläv 

iti  bhvci  tasya  sutäv  ubhäv  abhütäm  | 

punar  api  bhuvanäbhiraksanärthmit 

samupagatüv  Iva  Rauhiney  aKrsnau1)  \\ 

Der  Verfasser  der  Prosa  freilich  weiß  von  der  Identität  des 
Rauhineya  mit  dem  Balaräma  und  von  der  Rohini  überhaupt  nichts 
mehr.  Er  macht  den  Baladeva  zum  Sohne  der  Devagabbhä  und 
sieht  in  dem  Rohineyya  irgend  einen  gleichgültigen  Minister.  Mir 
scheint  daraus  deutlich  hervorzugehen ,  daß  uns  die  Krsnasage  in 
der  Prosaerzählung  in  verwildertem  Zustande  vorliegt,  so,  wie  eine 
so  komplizierte  Sage,  losgelöst  von  der  Heimat,  allmählich  werden 
mußte.  Die  Namen  der  Sage  kehren  wieder,  aber  alles  ist  in  heil- 
loser Verwirrung.  Eine  vollständige  Vergleichung  der  Jätakaprosa 
mit  der  Erzählung  des  Mahäbhäi'ata  hat  schon  Hardy  geliefert  ; 
hier  seien  daher  nur  ein  paar  Punkte  hervorgehoben ,  die  auf  die 
Arbeitsweise  des  Verfassers  Licht  werfen. 

Im  Harivamsa  haben  wir  Kamsa  nebst  acht  Brüdern,  die  alle 
die  Söhne  des  Ugrasena  sind.  Im  Jätaka  wird  daraus  ein  Kamsa 
und  ein  Upakamsa,  die  Söhne  des  Mahäkamsa.  Die  Namen  sind 
nach  bekanntem  Muster  gebildet;  in  der  Prosa  des  Bhisajätaka  (488) 
finden  wir  ebenso  einen  Mahäkancanakumära  und  seinen  jüngeren 
Bruder  Upakancanakumära,  im  Kommentar  des  Mahäummaggajätaka 
i\  i.  470,  29)  einen  Cülani  und  seinen  Vater  Mahäcülani .  u.  s.  w . 
Nach  diesem  Muster  wird  im  Ghatajätaka  denn  auch  gleich  noch 
eine  andere  Familie  konstruiert,  ein  Mahäsägara  mit  zwei  Söhnen, 
Sägai'a  und  Upasägara.     Wir   haben  hier  das  gleiche,  einfacher  Un- 

1)  Ich  habe   die  zum  Teil  fehlerhafte  Schreibung  verbessert. 


696  Lüders,  Die  Jatdkas  und  die  Epik. 

wissenheit  entspringende  schematische  Verfahren,  auf  das  ich  schon 
hei  früherer  Gelegenheit  hingewiesen  habe.1)  Die  Verhältnisse  sind 
genau  so  zu  beurteilen  wie  beim  Dasarathajätaka  (461),  wo  in  der 
Prosaerzählung  Eäma  nach  der  Schablone  in  den  Himavat  zieht, 
während  die  Gäthä  513,17  in  Übereinstimmung  mit  der  echten 
Sage  den  Dandakawald  als  seinen  Verbannungsort  bezeichnet. 

Der  eben  erwähnte  Upasägara  wird  nach  der  Prosa  der  Vater 
des  Väsudeva.  Der  Verfasser  kannte  also  noch  diesen  Beinamen 
des  Krsna,  wußte  aber,  wie  schon  oben  bemerkt,  nicht  mehr,  daß 
er  einfach   „der  Sohn  des  Väsudeva"   bedeute. 

Die  Sägarafamilie  lebt  im  „nördlichen"  Madhurä,  während  dies 
in  der  echten  Sage  die  Hauptstadt  des  Kamsa  ist;  dagegen  wird 
Kamsa  nach  Asitanjana  versetzt.  Der  Ausdruck  Uttaramadhurä 
verrät  deutlich,  daß  der  Verfasser  der  Prosa  ein  Singhalese  war 
oder  wenigstens  in  Ceylon  schrieb.  Ein  Schriftsteller  in  dem  Heimat- 
lande des  Buddhismus  wäre  sicherlich  nicht  auf  den  Gedanken  ge- 
kommen, jene  nähere  Bestimmung  hinzuzufügen,  denn  wie  hätte 
einer  seiner  Leser  dazu  kommen  sollen,  wenn  er  von  Madhurä  hörte, 
an  die  ferne  Residenz  der  Pändyakönige  zu  denken.  Anders  der 
Singhalese.  Für  seine  Leser  war  Madhurä  ohne  weiteren  Zusatz 
natürlich  das  Madhurä  auf  dem  gegenüberliegenden  Festlande;  für 
sie  mußte  das  Mathurä  an  der  Yamunä  besonders  als  solches  ge- 
kennzeichnet werden. 

In  bezug  auf  den  seltsamen  Namen  Asitanjana  möchte  ich  eine 
Erklärung  vorschlagen,  die  allerdings  nicht  mehr  zu  sein  beansprucht 
als  eine  Vermutung  und  bei  der  ganzen  Sachlage  auch  kaum  mehr 
als  das  sein  kann.  Im  Harivamsa  6428  ff.  wird  uns  über  die  Geburt 
des  Kälayavana  berichtet.  Der  Guru  der  Vrsnyandhakas ,  Gärgya, 
gab  sich  strenger  Buße  hin,  um  einen  Sohn  zu  erhalten,  und  zwar 
in  der  Stadt  Ajitanjaya  (6430 :  nagare  tv  Ajitanjaye).  Rudra 
verheißt  ihm  zur  Belohnung  die  Erfüllung  seines  Wunsches.  Gärgya 
erzeugt  mit  einer  als  Hirtenmädchen  auftretenden  Apsaras  den 
Kälayavana,  den  der  kinderlose  König  der  Yavanas  als  Sohn  an- 
nimmt. Sollte  nicht  dies ,  soweit  ich  weiß ,  nur  hier  belegte  Aji- 
tanjaya2) mit  dem  Asitanjana  des  Jätaka  identisch  sein?  Natürlich 
müßte  in  dem  Falle  der  Name  in  einem  der  Texte  oder  vielleicht 
gar  in  beiden  verderbt  sein;a)  allein  man  braucht  nur  einmal  die 
Listen  der  historischen  Dynastien  in  den  verschiedenen  Puränas 
miteinander  zu  vergleichen,  um  sich  zu  überzeugen,  daß  eine  solche 
Annahme  nichts  Auffälliges  hat ,  zumal  bei  einem  so  vereinzelt 
stehenden  Namen.  Zugunsten  meiner  Vermutung  spricht  auch  der 
Umstand,  daß  der  Prosaerzähler  sicherlich  von  der  mit  der  Krsna- 


1)  Gott.   Nachr.     Phil.-hist.   Kl.    1897,  S.  127. 

2)  In  den  Wörterbüchern  finde  ich  den  Namen  überhaupt  nicht. 

.;,   Vielleicht  durch  künstliche  Ausdeutung:  Ajitanjaya  bedeutet   „den  Un- 
besiegten besiegend",  Asitanjana   rsch\varze  Augensalbe". 


Lüders,  Die  Jatahas  und  die  Epik.  697 

sage  aufs  engste  verbundenen  Kälayavanasage  etwas  wußte.  Schon 
Hardy  hat  darauf  hingewiesen,  daß  in  dem  Kälasena  oder  Kälayäna, 
wie  B d  liest ,  dessen  Reich  die  Brüder  erobern ,  eine  Reminiszenz 
an  den  Kälayavana  vorliege.1)  Daß  er  im  Jätaka  König  von  Ayojjha 
ist  und  daß  er  von  den  Brüdern  gefangen  genommen  wird,  wäbrend 
er  im  Epos  durch  Sivas  Gnade  für  Krsna  unbesieglich  ist  und  nur 
dem  Zorne  des  Mucukunda  erliegt,  spricht  bei  der  ganzen  Art  der 
Erzählung  durchaus  nicht  gegen  die  Identifizierung. 

Die  Mutter  des  Krsna  heißt  im  Jätaka  Devagabbkä  und  ist 
die  Schwester  des  Kamsa.  Was  den  Namen  betrifft,  so  könnte  man 
versucht  sein ,  in  Devagarbhä  den  alten  Vollnamen  zu  erkennen, 
dessen  Koseform  in  Devakl  vorliegen  würde ;  allein  die  zahllosen 
Ungenauigkeiten ,  deren  sich  der  Verfasser  schuldig  macht ,  legen 
doch  die  Annahme  näher,  daß  er  auch  hierin  nur  seiner  eigenen 
Phantasie  gefolgt  sei.  Eher  wäre  es  möglich,  daß  die  Darstellung 
des  Verwandtschaftsverhältnisses  der  Mutter  des  Krsna  zu  Kamsa  auf 
wh-klicher  Überlieferung  beruhte.  Nach  dem  Harivamsa  (2024  ff), 
dem  sich  das  Väyupuräna  (II,  34,  118  fi'.),  das  Visnupuräna  (IV,  14.  5) 
und  das  Bhägavatapuräna  (IX,  24,  21  ff.)  anschließen,  ist  allerdings 
DevakT  die  Cousine  des  Kamsa  von  Vaters  Seite,  wie  sich  aus  dem 
folgenden  Stammbaum  ergibt : 

Ähuka 


Devaka  Ugrasena 

I  I 

Devaki  Kamsa 


Eine  Reihe  puraniscber  Werke  stimmen  indessen  mit  dem  Jätaka 
überein,  indem  sie  DevakT  ausdrücklich  die  Tochter  des  Ugrasena 
imd  die  Schwester  des  Kamsa  nennen.  Im  Padmapuräna  (VI,  272.  5) 
wird  von  Vasudeva  gesagt,  daß  er  heiratete : 

Ugrasenasya  duhitäm  Devakim  devavarranim 
und  ein  paar  Zeilen  später  (V.  9)  von  Kanisa: 

tac  chrutva  Jiantwm  ärebhe  Kamso  'pi  bhaginlm  tadä 

Und  im  Väyupuräna,  das  bei  der  Aufstellung  der  Genealogie.  \\i.' 
oben  erwähnt,  dem  Harivamsa  folgt,  heißt  es  trotzdem  nachher 
(II,  34,  201  f.): 

Ugrasenätmajäy  am  ca  hanyäm   Andkadundubheh  \ 

nivedayümasa  tadä  hanyeti  subhalaksanä  \ 

svasäyäm  tanayam  Kamso  Jätam  nawävadhärayat  \\ 

Auch  in  zwei  angeblich  dein  Bhavisyottara-  und  dem   Visnupuräna 

entnommenen  Texten,  die  die  Krsnajanmästami  behandeln,  erscheint 

nach  AVebers  Angaben  die  Dr  Schwester  des   Kamsa.2) 


1)  A.  a.  O.  S.  36.  Vielleicht  sind,  wie  ebenfalls  schon  Hardy  vermutet 
hat,    Kälasena    und  Kälayäna  in  einem  ursprünglichen   Kälayona  zu  ver  i 

'_' ;  Über  die  Krishnajanmäshtaml ,  Phil.  u.  histor.  Abh.  d.  Ak.  4.  Wi-^. 
zu   Kerlin  aus  dem  Jahre   18Ü7,   S.  250    Note;   257    Note. 


698  Lüders,  Die  Jatahas  und  die  Epik. 

Hardy1)  meint  nun,  daß  dieselbe  Anschauung  auch  im  Hari- 
vamsa  an  einer  •  Stelle  zu  Tage  trete,  nämlich  in  der  Verkündigung 
des  Närada  (II,  1,  16  =  8195),  wo  von  DevakI  als  der  „jüngeren 
Schwester"    des  Kamsa  gesprochen  wird: 

tatraisä  DevakI  yä  te  Mathuräyäm  laghusvasä-)  \ 
yo  'syä  garbho  \stamah  Kamsa  sa  te  mrtyur  bliavisyati  [| 

Ich  möchte  dem  gegenüber  aber  doch  darauf  hinweisen ,  daß  der 
Ausdruck  laghusvasr  nicht  beweiskräftig  ist.  Nach  einem  Sprach- 
gebrauche ,  der  sich  in  einzelnen  Teilen  Indiens,  wie  zum  Beispiel 
in  den  kanaresischen  Distrikten,  bis  auf  den  heutigen  Tag  erhalten 
hat,  können  die  Wörter  für  Bruder  und  Schwester  auch  zur  Be- 
zeichnung der  Kinder  des  Oheims  und  der  Tante  und  sogar  der 
Kinder  des  Oheims  und  der  Tante  des  Vaters  verwendet  werden. 
Diese  Erscheinung  ist  in  Inschriften  festgestellt,  und  unter  den  von 
Fleet3)  und  Kielhorn4)  verzeichneten  Fällen  sind  zwei,  die  dem 
unsrigen  genau  parallel  sind.  In  einer  Inschrift  zu  Alür  aus  dem 
Jahre  1010/11  heißt  die  Tochter  des  Irivabedaiiga-Satyäsraya 
die  jüngere  Schwester  des  Westlichen  Calukya  Vikramäditya  V., 
der  in  Wahrheit  ihr  Vetter  väterlicherseits  war.  Und  in  den  im 
Britischen  Museum  befindlichen  Kupferplatten  des  Sadäsivaräya  von 
Vijayanagara  aus  dem  Jahre  1556  wird  die  Tochter  des  Krsnaräya 
als  die  Schwester  (bliagini)  des  Sadäsiva,  des  Sohnes  ihres  väter- 
lichen Oheims  Raiiga,  bezeichnet.  Das  Wort  laghusvasr  könnte 
also  auch  hier  im  uneigentlichen  Sinne  gebraucht  sein,  und  es  wäre 
sehr  wohl  denkbar,  daß  gerade  eine  derartige  ungenaue  Ausdrucks- 
weise dazu  geführt  hätte,  in  DevakI  allmählich  die  wirkliche  Schwester 
des  Kamsa   zu  sehen. 

Einen  kurzen  Blick  müssen  wir  auch  noch  auf  die  Namen  der 
Brüder  im  Ghatajätaka  werfen.  Abgesehen  natürlich  von  den  beiden 
richtigen ,  Väsudeva  und  Baladeva ,  und  dem  durch  die  Gäthä  ge- 
botenen Ghata,  machen  sie  durchaus  den  Eindruck,  als  ob  sie  von 
dem  um  so  viel  Namen  verlegenen  Verfasser  teils  frei  erfunden, 
teils  aus  der  übrigen  Heldensage  entlehnt  seien.  Eine  Anzahl  ließ 
sich  bequem  bilden ,  indem  man  nach  dem  Muster  von  Baladeva 
und  Väsudeva  das  Wort  deva  mit  den  Namen  der  Hauptgottheiten 
zusammensetzte;  so  entstanden  Candadeva,  Suriyadeva,  Aggideva, 
Varunadeva.  Irgendwelche  Traditionen  sind  hier  sicherlich  nicht 
benutzt.     Pajjuna  geht,  wie  Hardy  richtig  gesehen  hat,5)   auf  Pra- 

1)  A.  a.  0.  S.  32. 

2)  No  lietit  an  der  betreffenden  Stelle  pitrsvasä,  eine  Lesart,  mit  der 
ich  nichts  anzufangen  weiß ,  da  DevakI ,  soviel  ich  weiß ,  nirgends  als  die 
Schwester  des  Ugrasena  bezeichnet  wird.  Nllakantha  erwähnt  die  Lesart  und 
führt  eine  ziemlich  künstliche  Erklärung  an  :  anye  tu  pitrisvaseti  pätham  pra- 
kalpya  pitrsambandhim  svasä  vyavähitabhagindi  vijäcakhyuh. 

3)  Gazetteer  of  the  Bombay  Presidency,  Vol.  I,  Part  II,  p.  458. 

4)  Ep.  Ind.,  Vol.  IV,  p.  4. 
5     A.  a.  O.  S.  33,  Note. 


Luders,  Die  Jatakas  und  die  Epik.  699 

dyumna  zurück,  den  Namen  eines  Sohnes  des  Krsna.  Wenn  er 
hier  als  Bruder  des  Krsna  erscheint,  so  entspricht  das  durchaus 
der  in  dem  übrigen  Teile  der  Erzählung  herrschenden  Verwirrung. 
Und  wohl  hauptsächlich  durch  den  Anklang  an  Pajjuna  veranlaßt, 
scheint  auch  der  Name  des  Ajjuna  hierher  geraten  zu  sein ;  tiefere 
Absichten  vermag  ich  hier  nicht  zu  erkennen. 

Es  bleibt  der  Name  Ankura.  Über  Ankura  werden  wir  aus- 
führlich in  den  Gäthäs  des  Ankurapetavatthu  (II,  9)  unterrichtet.1) 
Der  Zweck  dieser  „  Totengeschichte "  ist  die  Verherrlichung  der 
Tugend  des  däna,  als  deren  Vertreter  eben  Ankura  erschein 
Ksatriya  (G.  55),  der  in  Dvärakä  lebt  (G.  24,  33,  35)  und  dort 
mit  großartiger  Freigebigkeit  die  Opferbrahmanen  und  Bettler 
beschenkt : 

satthivähasahassäni  Ankurassa  ntvesane  | 
bkqjanam  dlyate  niccam  punnapekkhassa  jantuno  ||  50 
Jana  tisahassä  sädä  ämuttamanikundalä  \ 
Ankuram  upajivanti  däne  yannassa  vyävatä  ||  51 
satthipurisasahassäni  ämuttamanikundalä  \ 
Ankurassa  mahädäne  kattham  phälenti  mänavä  ||  52 
solasitthisaliassäni  sabbälahkärabhüsitä  \ 
Aidcurassa  mahädäne  vidhä  pindenti  näriyo  ||  '»:-'> 
solasitthisaliassäni  sabbälahkärabhüsitä  \ 
Ankurassa  mahädäne  dabbigähä  upatthitä  |]  54 
bahum  bahünam  pädäsi  ciram  pädäsi  khattiy  o  \ 
sakkaccan  ca  sahatthä  ca  cittim  Juden  punappunam  ||  55 
bahumäse  ca  pakkhe  ca  utusamvaccharäni  ca  \ 
mahädänam  pavattesi  Ahkuro  digham  antaram  ||  56 

In  den  brahmanischen  Sagen  gilt  als  Muster  der  Freigebigkeit  in 
Dvärakä  Akrüra,  der  Verwandte  und  Freund  des  Krsna.  Er  heißt 
wegen  dieser  Tugend  dänap>ati,  der  „Gabenherr"  ;  mit  diesem  Namen 
wird  er  von  Krsna  und  Kamsa  angeredet  (Visnup.  IV,  13,  60;  V.  l-">. 
13;  20;  18,  7);  so  wird  er  wiederholt  in  der  Erzählung  ohne  weiteren 
Zusatz  bezeichnet,  z.  B.  Har.  2123   =  Väyupuräna  II,  34,  90: 

punar  Dväravatlm  präpte  tasmin  dänapatau  tatah  j 
pravavarsa  Sahasräksah  kakse  jalanidhes  tatah  || 

Har.   4208: 

gacchato  ayam  dänapatih  ksipram   änayitwm   vrcg'ät  \ 
Nandagopam  ca  gopäms  ca  karadän  mama  säsanät  \\ 


1)  Es  braucht  wohl  kaum  bemerkt  zu  werden,  daLi  auch  in  Schritten 
wie  dem  Petavatthu  die  Gäthäs  allein  kanonisch  sind  und  daher  bei  kritischen 
Untersuchungen  von  der  Prosaerzählung  gesondert  werden  müssen  I 
stimme  ich  durchaus  mit  llardy  überein,  wenn  er  meint  (a.  a.  O.  S.  37),  daß 
Dhammapäla  die  Einleitung  zum  Ankurapetavatthu  aus  der  Prosaerzählung  des 
Ghatajätaka  abgeschrieben  habe. 


700  Lüders,  Die  Jatakas  und  die  Epik. 

Har.  4232: 

tasminn  eva  muhürfe  tu  Matliuräyäh  sa  niryayau  \ 
prilimän  Pundarihähsam  drastum  dänapatili  svayam  \\ 

Har.  4269: 

sa  lii  dän ap a t ir  dhanyo  yo  draksyati  vane  gatam  | 
pundarihapalä^älcsam  Krsnam  aklistakurinam  || 

Har.  4361: 

samsadbhih  syandanenäsu  pvüpto  dänapatir  vrajam  | 
pravisann  eva  papraccha  sämnidhyam  Kesavasya  sah  ||  x) 

Har.  1916  wird  er  durch  das  Beiwort  bhüridaksina  charakte- 
risiert, und  seine  Opfer  waren  sprichwörtlich  wegen  der  ver- 
schwenderischen Wohltätigkeit ,  die  er  dabei  entfaltete ;  siehe  Har. 
21 16 f.  =  Väyup.  II,  34,  82  f.: 

atha  ratnäni  cänyäni  dhanäni  vividhäni  ea  \ 
sasti'm  varsäni  dharmätmä  yajnesv  eva  nyayojayat  \\ 
Akrürayqjnä  iti  te  hhyätäs  tasya  mahälmanah  | 
bahvannadaksinäh  sarve  sarvalcamapraduyinah  || 

Zu  diesen  sachlichen  Übereinstimmungen 2)  kommt  die  Gleich- 
heit des  Kamens.  Da  das  Negativpräfix  a  in  einem  Tatpurusa  den 
Akzent  zu  erhalten  pflegt,  so  dürfen  wir  die  Betonung  Akrüra  als 
die  wahrscheinlichste  ansetzen.  Die  Kürzung  des  ü  in  Ankura 
wäre  dann  zu  beurteilen  wie  die  Vokalkürzungen  in  den  von  Pischel, 
Gramm,  der  Prakritspr.  §  80,  zusammengestellten  Fällen.  Inbetreff 
der  Nasalierung  des  anlautenden  a  verweise  ich  auf  Kuhn,  Beiträge 
zur  Pali- Grammatik,  S.  34  ;  E.  Müller,  Grammar  of  the  Pali  Language, 
S.  22;  Pischel,  a.  a.  0.,  §  74;  aus  den  dort  aus  dem  Pali  und  dem 
Prakrit  angeführten  Beispielen  erhellt,  daß  die  Nasalierung  des 
Vokals  besonders  häufig  ist,  wenn  die  ursprünglich  folgende  Kon- 
sonantengruppe ein  r  enthält,  was  auch  für  unsern  Fall  zutrifft. 
Die  Identität  von  Akrüra  und  Ankura  ist  also  kaum  zu  bezweifeln ; 
wir  haben  hier  wieder  die  schon  mehrfach  beobachtete  Erscheinung, 
daß  eine  Gestalt  der  alten  Sage  in  der  Prosa  an  der  falschen  Stelle 
auftritt.     Fraglich  bleibt  in    diesem  Falle    nur,    wie    der  Verfasser 


1)  Es  ist  zu  beachten,  daß  Aükura  in  der  Prosaerzählung  des  Petavatthu 
ebenfalls  das  Beiwort  dänapati  erhält;  siehe  S.  125. 

2)  Vielleicht  käme  hier  noch  ein  weiterer  Punkt  in  Betracht.  Nach  der 
Prosaerzählung  des  Petavatthu  (S.  123)  versiegen  Ankuras  Schätze  niemals,  da 
er  sich  des  Beistandes  eines  übermenschlichen  Wesens,  eines  Yaksa,  erfreut. 
In  ähnlicher  Weise  verdankt  auch  Akrüra  seinen  unerschöpflichen  Reichtum 
einer  übernatürlichen  Macht;  er  ist  durch  Satadhanvan  in  den  Besitz  des  Sya- 
mantakasteines  gekommen,  der  seinem  Eigentümer  alle  irdischen  Güter  verleiht. 
Die  Übereinstimmung  ist  indessen  hier  vielleicht  nur  zufällig,  zumal  da  die 
Gäthäs  des  Petavatthu  keine  Andeutung  jenes  Verhältnisses  zu  dem  Yaksa 
enthalten. 


Lüders,  die  Jutakas  und  die  Epik.  701 

zu  dem  Xarnen  gelangte ;  ob  hier  eine  Entlehnung  aus  den  Gäthäs 
des  Ankurapetavatthu  oder  eine  direkte  Reminiszenz  aus  der  Krsna- 
sage  vorliegt,  wage  ich  nicht  zu  entscheiden. 

Die  Darstellung  der  Verwandtschaftsverhältnisse  der  Personen 
der  Sage  ist  entschieden  die  schwächste  Partie  der  ganzen  Prosa-Er- 
zählung des  Ghatajätaka.  Gewiß  kein  bloßer  Zufall ,  denn  solche 
Abschnitte  stellen  begreiflicherweise  die  größten  Anforderungen  an 
die  Gedächtniskraft  der  Erzähler  und  sind  bei  längerer  mündlicher 
Überlieferung  am  ehesten  dem  Zerfalle  ausgesetzt.  Von  der  übrigen 
Erzählung  stimmen  verhältnismäßig  am  besten  mit  der  alten  Sage 
die  beiden  Abschnitte  von  der  Tötung  des  Kamsa  und  von  dem 
Untergange  der  Yädavas  überein.  Hier  treten  zum  Teil  auch  un- 
bedeutende Züge  der  epischen  Darstellung  im  Jätaka  wieder  hervor. 
Nach  dem  Harivarpsa  (Adhy.  84)  verschaffen  sich  Krsna  und  Sam- 
karsana,  als  sie  in  die  Stadt  gekommen  sind,  teils  durch  Gewalt. 
teils  auf  gütlichem  Wege,  farbige  Gewänder,  Kränze  und  Salben. 
Ebenso  heißt  es  im  Jätaka,  daß  die  Brüder  in  bunte  Gewänder 
gekleidet,  mit  gesalbten  Körpern  und  mit  Kränzen  auf  dem  Haupte 
in  die  Arena  traten,  da  sie  vorher  die  Färbergasse  und  die  Salben- 
und  Kranzläden  geplündert  hatten.  Die  beiden  Ringer  des  Kamsa 
heißen  im  Har.  (Adhy.  85)  Cänüra  und  Mustika :  das  Jätaka  gibt  die 
Namen  richtig  durch  Cänura  und  Mutthika  wieder.  Aus  der  zweiten 
Episode  hebe  ich  hier  nur  die  Verspottung  durch  den  verkleideten 
Prinzen  hervor,  die  wunderbare  Geburt  des  Knüppels,  der  nachher 
zu  Pulver  zerrieben  und  ins  Wasser  geworfen  wird ,  den  Kampf 
mit  den  Schilfrohren ,  die  sich  in  Keulen  verwandeln ,  die  Ver- 
wundung des  Krsna  am  Fuße,  den  Namen  des  unglücklichen 
Schützen ,  Jaras ,  alles  Punkte ,  in  denen  Jätaka  und  Epos  sich 
decken.  Ich  glaube,  daß  auch  dies  nicht  auf  bloßem  Zufalle  be- 
ruht ,  denn  die  genannten  beiden  Episoden  sind  gerade  diejenigen 
Teile  der  Krsnasage ,  die  am  kräftigsten  im  Geiste  des  indischen 
Volkes  lebten.  Daß  die  Geschichte  von  dem  Vernichtungskampfe 
der  Yädavas  allgemein  bekannt  war,  läßt  schon  die  Art  und  Weise, 
wie  in  den  Gäthäs  512,  25  und  530,  29  darauf  angespielt  wird, 
erkennen.  Und  für  die  Geschichte  von  der  Tötung  des  Kamsa  tritt 
das  Zeugnis  des  Mahäbhäsya  ein;  nach  Patafijali1)  pflegte  sie  so- 
wohl auf  der  Bühne  und  im  Bilde  dargestellt  als  auch  von  den 
Granthikas  vorgetragen  zu  werden ;  sie  war  also  sicherlich  in  den 
weitesten  Kreisen  bekannt. 

Mir  scheint  gerade  diese  Ungleichmäßigkeit  in  der  Behandlung 
der  verschiedenen  Teile  der  Sage,  größere  Genauigkeit  in  den  be- 
kannteren und  vollkommene  Verwirrung  in  den  unbekannteren  Ab- 
schnitten, dafür  zu  sprechen,  daß  der  Erzähler  mündlicher  Tradition 
folgte,  und  daß  ihm  keine  geschriebene  Quelle  wie  etwa  das  Mau- 


l)   Zu  Pän.  3,  1,  26,  Värtt.  15;    vgl.    auch    die    Bemerkung  zu   3,  2,  111, 
Värtt.  2. 


702  Luders,  Die  Jätakas  und  die  Epik. 

salaparvan  oder  der  Harivamsa  vorlag.  Was  Hardy  a.  a.  0.,  8.  4S. 
für  die  Benutzung  des  Harivamsa  geltend  macht,  beweist  meines 
Erachtens  nichts.  Hardy  betont  nur  die  Übereinstimmungen  zwischen 
der  Jätakaprosa  und  dem  Harivamsa,  die  sich  auch  bei  meiner  Auf- 
fassung leicht  und  natürlich  erklären.  Unberücksichtigt  und  un- 
erklärt läßt  er  dagegen  die  gewaltigen  Unterschiede,  die  zwischen 
den  beiden  Erzählungen  bestehen.  Wer  annimmt,  daß  der  Prosa- 
verfasser den  Harivamsa  als  direkte  Quelle  benutzte,  der  muß  auch 
annehmen,  daß  er  bewußt  von  seiner  Vorlage  abwich,  und  dann 
auch  erklären ,  warum  er  dies  tat.1)  Ebensowenig  erscheinen  mir 
die  Gründe  stichhaltig,  die  Hardy,  S.  45  f.,  für  die  Benutzung  des 
Mausalaparvans  anführt.  Er  beruft  sich  hier  auf  wörtliche  Über- 
einstimmungen ,  allein  die  von  ihm  beigebrachten  Fälle  stammen 
nicht  aus  der  Prosa,  sondern  aus  den  ganz  anders  zu  beurteilenden 
Gäthäs.  Die  einzige  Ausnahme  bildet  das  Wort  eraka,  das  in 
Mbh.  XVI,  206  und  ebenso  in  Jät.  IV,  88,4:  9  für  das  Schilf- 
rohr gebraucht  wird,  das  sich  bei  dem  Kampfe  der  Yädavas  in 
Keulen  verwandelt.  Ich  vermag  aus  dieser  Tatsache  nichts  weiter 
zu  folgern,  als  daß  schon  in  der  alten  Sage  an  der  betreffenden 
Stelle  diese  bestimmte  Schilfart  genannt  war.  Daß  sich  das  Wort 
in  der  Paliliteratur  bis  jetzt  nur  noch  an  einer  einzigen  andern 
Stelle  nachweisen  läßt ,  rührt  doch  wohl  einfach  daher ,  daß  über- 
haupt von  Schilf  nicht  gerade  häufig  die  Rede  zu  sein  pflegt.-) 

Ich  kann  also  Hardys  Behauptung,  daß  der  Prosaerzähler  den 
Harivamsa  und  das  Mausalaparvan  benutzt  habe,  nicht  als  bewiesen 
ansehen.  Ich  muß  aber  gestehen,  daß  meiner  Ansicht  nach  dieser 
Punkt  an  und  für  sich  ziemlich  nebensächlich  ist  und  erst  dann 
Bedeutung  gewinnen  würde ,  wenn  nachgewiesen  wäre ,  daß  der 
Jätakaprosa  ein  ebenso  hohes  Alter  zukäme  wie  den  Gäthäs.  Ich 
glaube  gezeigt  zu  haben,  daß  das  nicht  der  Fall  ist,  daß  vielmehr 
zwischen  den  Gäthäs  und  der  Prosa  eine  längere  Zeit  verflossen 
sein  muß,  während  welcher  das  Verständnis  der  in  den  Versen 
enthaltenen  Andeutungen  von  Personen  und  Verhältnissen  zum 
großen  Teile  verloren  ging. 

Wir  müssen  endlich  noch  der  Frage  nach  dem  Ursprung  der 
Erzählung,  die  den  eigentlichen  Inhalt  des  Ghata- 
jätaka  bildet,  etwas  näher  treten.  Die  Geschichte  läßt  sich 
kurz  wiedergeben  wie  folgt : 

Kanha  hat  einen  geliebten  Sohn  durch  den  Tod  verloren  und 
versinkt    darüber  in    so   tiefe  Trauer,    daß    er    alle    seine  Pflichten 


1)  Damit  will  ich  aber  natürlich  nicht  behaupten ,  daß  der  Harivamsa 
zur  Zeit  der  Entstehung  der  Prosa  noch  nicht  existierte.  Ich  sehe  auch  vor- 
läufig gar  keinen  Grund  ein,  warum  Hardy  es  für  unwahrscheinlich  hält,  daß 
das  Werk  schon  damals  seine  heutige  Gestalt  besaß.     , 

2)  Übrigens  nimmt  Hardy  a.  a.  O.  S.  46  f.  selbst  an,  daß  der  Prosa- 
verfasser andere  und  sogar  ältere  Quellen  benutzt  habe  als  das  Mausalaparvan. 


Lüders,  Die  Jatakas  und  die  Epik.  703 

vernachlässigt.  Da  beschließt  sein  Bruder  Ghata  ihn  von  seinem 
Kummer  zu  heilen.  Er  nimmt  die  Gebärden  eines  Wahnsinnigen 
an  und  durchirrt  die  Stadt,  indem  er  beständig  ruft:  „Der  Hase! 
Der  Hase!"  Durch  Rohineyya  von  dem  Gebahren  des  Bruders  be- 
nachrichtigt, bemüht  sich  Kanha,  ihn  zu  beruhigen.  Er  verspricht 
ihm ,  er  wolle  ihm  einen  Hasen  verschaffen ,  von  welcher  Art  er 
nur  wünschen  möge ,  allein  Ghata  verlangt  den  Hasen  im  Monde. 
Da  erklärt  Kanha  ihm  nicht  helfen  zu  können:  Unmögliches  dürfe 
man  nicht  begehren.  Ghata  aber  zeigt  ihm ,  daß  er  diese  Lehre 
selber  nicht  befolge,  wenn  er  unaufhörlich  um  den  Sohn  klage. 
den  auch  keine  Macht  der  Erde  zurückbringen  werde.  Kanha  sieht 
das  Törichte  seiner  Trauer  ein  und  preist  den  Ghata,  der  ihm  die 
Augen  geöffnet  hat. 

Diese  Geschichte  hat  in  der  Jätakasammlung  eine  Reihe  von 
Parallelen.  Die  größte  Ähnlichkeit  zeigt  das  Mattakundali- 
j  ä tak  a  (449).  Auch  hier  ist  es  ein  Vater ,  eine  Brahmane ,  der 
sich  unablässig  um  den  toten  Sohn  grämt.  Der  Sohn ,  der  als 
devaputta  wiedergeboren  ist ,  unternimmt  es ,  ihn  zur  Vernunft 
zurückzurufen.  Laut  klagend  erscheint  er  dem  Vater ,  und  als 
dieser  ihn  nach  dem  Grunde  seines  Kummers  fragt,  erklärt  er,  er 
weine,  weil  ihm  zwei  Räder  für  seinen  Wagen  fehlten,  nicht  ge- 
wöhnliche Räder .  wie  man  sie  hier  auf  Erden  bekommen  könne, 
sondern  Sonne  und  Mond.  Der  Vater  nennt  das  natürlich  ein 
törichtes  Verlangen,  allein  er  muß  zugeben,  daß  er  selbst  noch 
törichter  handle,  wenn  er  dem  Toten  nachweine,  da  Sonne  und  Mond 
wenigstens  sichtbar  am  Himmel  stünden,  von  dem  Toten  aber  auch 
nicht  die  geringste  Spur  zu  entdecken  sei.  Er  gibt  sein  Trauern 
auf  und  preist  den  devaputta,  der  ihn  zur  Einsicht  gebracht  hat, 
mit  denselben  Gäthäs,  mit  denen  auch  das  Ghatajätaka  schloß. 

Noch  drastischer  tritt  der  Hauptgedanke  dieser  Erzählung  im 
Sujätajätaka  (352)  zutage.  Sujätas  Vater  hat  seinen  Vater 
verloren  und  gibt  sich  ganz  dem  Schmerze  darüber  hin.  Unaufhörlich, 
ohne  sich  um  die  Geschäfte  des  täglichen  Lebens  zu  kümmern,  klagt 
er  an  dem  stüpa,  den  er  über  den  Gebeinen  des  Toten  in  seinem 
Garten  hat  errichten  lassen.  Um  ihn  zu  heilen,  stellt  sich  Sujäta  ver- 
rückt. Einem  toten  Ochsen,  der  am  Wege  liegt,  setzt  er  Gras  und 
Wasser  vor,  und  als  der  Vater  ihn  deswegen  einen  Toren  schilt, 
setzt  er  ihm  auseinander,  daß  es  immerhin  noch  vernünftiger  sei, 
zu  erwarten,  der  Ochse,  dessen  Körper  wenigstens  sichtbar  vor 
ihnen  liege,  werde  zum  Leben  auferstehen  als  der  Großvater,  der 
längst  zu  Staub  und  Asche  geworden  sei.  Die  Geschichte  endet 
wie  die  beiden  andern.  Die  Gäthäs,  in  denen  der  Vater  Sujätas 
Weisheil  rühmt,  sind  bis  auf  geringe  Abweichungen,  wie  sie  die  ver- 
änderte   Erzählung    bedingt,    mit   denen    des  Ghatajätaka   idenl 

Einfacher  sind  zwei  andere  hierhergehörige  Jätakas,  das  S 
dattajätaka  (410)    and    'las   Mügapotakajätaka  (372).      Im 
Somadattajätaka  wird  von  einem  Asketen  berichtet,  der  einen  jungen 
Bd.  LVIII.  4G 


704  Lüders,  Die  Jatalcas  und  die  Epik. 

Elephanten  aufzieht ,  den  er  zärtlich  liebt.  Eines  Tages  stirbt  das 
Tier,  und  der  Asket  weint  und  klagt  um  seinen  Liebling.  Da  er- 
scheint, um  ihn  aufzurütteln,  Sakka  der  Götterkönig  und  beweist 
ihm  in  einigen  Gäthäs  die  Zwecklosigkeit  der  Trauer.  Auch  hier 
finden  sich  am  Schlüsse  wieder  drei  der  aus  dem  Ghatajätaka  be- 
kannten Gäthäs  zum  Preise  des  weisen  Trösters.  Das  Migapotaka- 
jätaka  unterscheidet  sich  von  dem  Somadattajätaka  nur  dadurch, 
daß  an  Stelle  des  Elephanten  eine  Gazelle  auftritt.  Das  Jätaka 
scheint  geradezu  dadurch  entstanden  zu  sein ,  daß  man  das  miga 
in  G.  4  des  Somadattajätaka  nicht  als  „Tier  des  Waldes",  sondern 
im  engeren  Sinne  als  „Gazelle"  auffaßte  und  dann  natürlich  die 
beiden  ersten  Gäthäs  des  Somadattajätaka,  die  den  Elephanten  er- 
wähnen und  daher  nicht  passen,  fortließ.  Jedenfalls  ist,  wie  ich 
an  zwei  andern  Jätakas  zu  zeigen  hoffe ,  tatsächlich  zuweilen  eine 
Erzählung  in  dieser  Weise  in  zwei  Jätakas  zerlegt  worden. 

Handelten  die  bisher  genannten  Jätakas  alle  von  einem  Trauern- 
den, der  erst  durch  die  Vorstellungen  eines  Klügeren  von  dem  Unsin- 
nigen seines  Benehmens  überzeugt  werden  muß,  so  haben  wir  anderer- 
seits auch  eine  Reihe  von  Jätakas,  in  denen  uns  das  Verhalten  des 
wahrhaft  Weisen  bei  dem  Tode  lieber  Angehöriger  vorgeführt  wird. 

Im  Matar  odanajät  aka  (317)  ist  der  Held  der  Sohn  eines 
settlü.  Seine  Eltern  sind  tot;  er  hat  nur  noch  einen  Bruder,  der 
das  Geschäft  führt.  Da  stirbt  auch  dieser.  Alle  um  ihn  her 
weinen  und  klagen,  nur  der  Held  bleibt  völlig  ruhig.  Hart  wird 
er  von  den  Verwandten  und  Freunden  wegen  seiner  Herzlosigkeit 
getadelt ,  aber  er  beweist  ihnen ,  daß  alles  Trauern  umsonst  sei ; 
unabänderlich  sei  der  Tod  allen  Lebenden  bestimmt;  wer  das  er- 
kannt habe,  der  sei  über  den  Schmerz  erhaben. 

Ganz  ähnlich  ist  die  Erzählung  im  Ananus  o  ciy  aj  ätaka 
i'iL!«s).  Hier  linden  wir  einen  Brahmanen,  der  zusammen  mit  seiner 
jungen  Gattin,  der  edlen  SammillabhäsinT ,  aus  dem  Hause  in  die 
Heimatlosigkeit  hinauszieht.  Lange  erträgt  die  zarte  Frau  die  Be- 
schwerden des  Asketenlebens;  endlich  bricht  ihr  Körper  zusammen. 
Vor  dem  Tore  von  Benares  stirbt  sie ,  während  der  Mann  in  der 
Stadt  Almosen  sammelt.  Als  er  von  seinem  Bettelgange  zurück- 
kehrt, findet  er  die  treue  Gefährtin  seines  Lebens  entseelt  vor, 
aber  keine  Träne  netzt  seine  Wangen.  Als  ob  nichts  geschehen 
wäre ,  verzehrt  er  sein  Mahl ,  und  als  sich  die  umstehenden  Leute 
über  seine  Seelenruhe  verwundern ,  rechtfertigt  er  sein  Verhalten 
mit  ähnlichen  Gründen  wie  der  settlü  im  Matarodanaj ätaka. 

Eine  fast  noch  größere  Selbstbeherrschung  trägt  die  Brahmanen- 
familie  zur  Schau,  von  der  das  Uragaj  ätaka  (354)  handelt.  Der 
Vater,  ein  ernster  Mann,  hat  die  Seinen  stets  zur  Betrachtung  der 
Vergänglichkeit  alles  Irdischen  angehalten,  und  eines  Tages  haben 
sie  Gelegenheit,  ihren  dadurch  erlangten  Gleichmut  zu  beweisen. 
Während  der  Sohn  mit  dem  Vater  auf  dem  Felde  arbeitet ,  wird 
er    von    einer    Schlange    gebissen    und    stix*bt    auf   der   Stelle.     Der 


Lüders,  Die  Jutalcas  und,  die  Epik.  705 

Vater  verliert  auch  nicht  für  einen  Augenblick  die  Fassung.  Durch 
einen  Nachbarn  läßt  er  seiner  Frau  bestellen,  die  ganze  Familie. 
mit  reinen  Gewändern  angetan  und  mit  Wohlgerüchen  und  Blumen 
in  den  Händen,  solle  ihm  Essen  für  eine  Person  aufs  Feld  hinaus- 
bringen. Aus  der  Botschaft  merkt  die  Brahmanin ,  daß  ihr  Sohn 
tot  ist,  aber  weder  sie  noch  die  andern  Familienmitglieder  ver- 
gießen eine  Träne.  Sie  bringen  das  Essen  hinaus,  und  der  Bmhmane 
verzehrt  ruhig  seine  Mahlzeit  neben  der  Leiche  seines  Sohnes. 
Dann  sammeln  alle  Holz  zu  einem  Scheiterhaufen  und  verbrennen 
den  Toten.  Da  fühlt  Sakka,  daß  sein  Thron  heiß  wird.  Er  er- 
kennt das  heroische  Verhalten  der  Brahinanenfamilie  als  die  Ur- 
sache und  beschließt,  sie  zu  belohnen.  Eilig  begiebt  er  sich  auf 
das  Feld  hinab  und  fragt  der  Reihe  nach  den  Vater,  die  Mutter, 
die  Schwester,  die  Gattin  und  die  Sklavin  des  Toten,  aus  welchem 
Grunde  sie  nicht  trauerten.  Jeder  beweist  ihm  in  zwei  Gäthäs 
die  völlige  Nutzlosigkeit  der  Trauer,  worauf  Sakka  erfreut  sie  mit 
den  sieben  Edelsteinen  beschenkt. 

Zu  dieser  Gruppe  gehört  auch  das  bekannte  Dasaratha- 
jätaka  (461),  dessen  Kern  die  Rede  bildet,  mit  der  Räma  die 
über  den  Tod  des  Dasaratha  trauernden  Verwandten  aufzurichten 
sucht.  Wegen  seiner  Gäthäs,  die  die  Vergeblichkeit  des  Kummers 
behandeln,  mag.  endlich  hier  auch  das  Ghatajätaka  (-"!.55)  ge- 
nannt werden ,  wenn  auch  die  eigentliche  Erzählung  in  den  Kreis 
der  Geschichten  von  der  Standhaftigkeit  im  Unglück  gehört. 

Sind  die  hier  aufgeführten  Geschichten  ursprünglich  buddhi- 
stisch ?  Für  die  Beantwortung  der  Frage  ist  es  zunächst  von 
Wichtigkeit,  daß  die  Gäthäs,  die  dafür  natürlich  allein  in  Betracht 
kommen,  weder  den  Namen  des  Buddha  noch  irgend  einen  speziell 
buddhistischen  Terminus  enthalten,  und  doch  hätte  es  bei  dem  ge- 
gebenen Stoffe  ein  buddhistischer  Dichter  kaum  unterlassen ,  in 
seinen  Versen  zum  Beispiel  einige  Reflexionen  über  die  Unbeständig- 
keit der  samkhäras  anzubringen.  Wie  nahe  der  Gedanke  gerade 
an  diese  Lehre  dem  Buddhisten  liegen  mußte ,  zeigt  das  Beispiel 
des  Prosaverfassers,  der  in  seinen  Erzählungen  immer  wieder  darauf 
hinweist.  Man  vergleiche  nur  die  folgenden  Stellen :  sabbe  sam- 
khärä aniccä  hutvä  na  honti,  ten'  eva  sabhävena  santhätum  sa- 
mattho  ehasamhhäro  j>i  rü  atthi,  tumhesu  andhabälesu  annäna- 
täya  atthalokadhamme  ajänitvä  rodantesu  aham  kimattham  ro- 
dissämi  (Matarodanaj.  III,  57,  12  ff.);  bhrjjanadhammam  bhijjati, 
sabbe  samkhärä  aniccä  evamgatikä  yevä  'ti  vatvä  (Ananusociyaj. 
[II, 95, 2 ff.);  sabbe  samkhärä  aniccä  ti  nie  uätam  (Sujätaj.  III.  L57, 
3f.);mara7iasatmt  bhävetha  tumhäkam  maranabhävam  sallalclcht  lim. 
imesam  hi  sattänam  vnaranam  dhuvam  jivitam  addhuvam,  sabbe 
samkhärä  aniccä  va  khayadhammino  va,  rattim  divä  ca  appamattä 
hotha  (Uragaj.  III,  162,  23  ff.);  bhfyanadhammam  pana  bhijjati, 
maranadhammam  matam}  sabbe  samkhärä  aniccä  marananippha- 
ttikä  ti   aniccabhävam  eva  sallakkln-fra  Lusi  irhd.  III.  163,  8  ff.). 

4C" 


7Q6  Lüders,  Die  Jatakas  und  die  Epik. 

Wenn  also  Hardy  trotzdem  in  seinem  Aufsatze  (S.  26)  be- 
merkt, daß  Ghata  „die"  (buddhistische)  Weisheit  über  den  Tod"  ver- 
künde, so  kann  er  nur  den  Grundgedanken  im  Auge  haben,  der 
im  Grhatajätaka  ebenso  wie  in  den  übrigen  vorher  genannten  Jätakas 
zutage  tritt,  nämlich  den,  daß  die  Trauer  um  den  Tod  lieber  An- 
gehöriger nutzlos  und  daher  des  Weisen  unwürdig  ist.  Allein  ich 
kann  nicht  zugeben,  daß  dies  eine  speziell  buddhistische  Ansicht 
sei;  sie  o-ehört  durchaus  auch  dem  brahmanischen  Ideenkreise  an. 
Wie  Räma  im  Dasarathajätaka  seine  Ermahnung  an  seine  trauernde 
Umgebung  mit  den  Worten  schließt  (G.  11): 

tasmä  lü  dh/rassa  bahussutassa 

sampassato  lokam  imam  paran  ca  \ 
annäya  dhammam  hadayam  manan  ca 
soJcä  mahantäpi  na  täpayanti  \\ 

so  sagt  im  Mahäbhärata  Närada  am  Schlüsse  seiner  Erzählung  von 
der  Erschaffung  der  Mrtyu  (VII,  2123): 

ätmänam  vai  pranino  ghnanti  sarve 
nainam  mrtyur  dandapänir  liinasti  | 

tasmän  mrtän  nänusocanti  dhiräh 

satyam  jnätvä  niscayam  Bralimasrstam  || 

Aus  der  großen  Trostrede  des  Vidura  im  Striparvan  (XI,  Adhy. 
2  —  7),  in  der  fast  jeder  Vers  die  Zwecklosigkeit  der  Trauer  betont, 
hebe  ich  hier  nur  Strophe   67   hervor: 

sokasthänasahasräni  bhayasthänasatäni  ca  | 
divase  divase  müdham  ävisanti  na  p  anditam  jj1) 

Es  wäre  ein  Leichtes,  noch  weitere  Zitate  aus  der  Spruch- 
literatur des  Sanskrit  beizubringen.  Wer  sich  überzeugen  will, 
daß  der  Inder  zu  allen  Zeiten  dieser  Anschauung  über  das  Törichte 
der  Trauer  um  Tote  gehuldigt  hat,  der  braucht  nur  die  zahlreichen, 
von  Blau  unter  der  Rubrik  „Trauer  um  Verstorbene  ist  eitel,  grund- 
los" zusammengestellten  Sprüche  der  Böhtlingkschen  Sammlung 
durchzugehen.2)  Ja,  nach  brahmanischer  Auffassung  ist  die  Trauer 
um  Verstorbene  nicht  nur  töricht,  sondern  geradezu  eine  Sünde. 
Als  Yudhisthira  über  den  Tod  seines  Neffen  Abhimanyu  klagt, 
macht  Vväsa  ihm  Vorstellungen,  die  in  den  Worten  gipfeln  (Mbh. 
VII,  246!)  f.): 

socato  hi  mahäräja  agham  eva  vivardhate  \ 
tasmäc  cholcam  parityajya  vreyase  prayated  budhah  \\ 
praliarsam  abhimänam  ca  sulchaprüptim  ca  cintayet  | 
etad  buddhvä  budhäh  soham  na  sokah  solca  ucyate  || 


1)    Die    Strophe    findet    sich    auch  Mbh.  XII,   12  483    und    in    leicht    ver- 
änderter Fassung  ebd.  XII,  751.      Vgl.  auch  Bhagavadgitä  II,  11.  13. 
2     Index  zu  Otto  Böhtiingks  Indischen  Sprüchen,   S.  GG. 


Luders,  Die  Jatakas  und  die  Epik.  707 

Die  Trauer  bringt  auch  dem  Toten  nur  Schaden.  Er  muß 
die  Tränen  schlucken ,  die  die  Angehörigen  vergießen ,  wie  es  bei 
Yäjnavalkya  heißt  (III.  II)1): 

slesmäsru  bändhavair  muklam  preto  bhunkte  yato  ''vasah  \ 
ato  na  rodilavyam  lii  kriyäh  Tcäryäh  svasaktitah  || 

Die  Tränen  der  Verwandten  und  Freunde    brennen    den   Toten  und 
bringen    den    in 
vamsa  VIII,  85 : 

svajannsru  ktlätisarptatam  dahati  pretam  itl  pracaksate  \\ 

und  Räinäy.  B  II,  81,  22-): 

socanto  nanu  sasnch"  bändhaväh  suhrdas  tathä 
pätayanti  galam  svargam  asrvpätena  Rägkava 

Und  in  Hariharas  Paddhati  wird  mit  Berufung  auf  die  Sruti  ge- 
lehrt, daß  man  nach  A'ollzug  der  offiziellen  Trauerzeremonie  nicht 
mehr  über  den  Toten  trauern  dürfe;  „wenn  es  doch  geschieht,  so 
leiden  seine  Kinder  Humrer"  {atah  param  mrtasya  kkedo  na 
liriyate  \  yadi  hriyate  tadä  tasya  prajäh  Icsudhärtü  bhavantiti 
srutih) 3). 

Der  Inhalt  der*Gäthäs  zwingt  also  durchaus  nicht  zu  der  An- 
nahme, daß  jene  Geschichten  buddhistischen  Ursprungs  seien.  Im 
Gegenteil,  gewisse  Tatsachen  machen  es  wahrscheinlich,  da 
schon  in  Yolkskreisen  bestanden .  ehe  die  Buddhisten  sie  ihrer 
Sammlung  einverleibten.  Eine  Reihe  von  Ritualtexten  erwähnt 
nämlich  ausdrücklich  den  Vortrag  von  Trostgeschichten  als  einen 
Teil  des  Trauerzeremoniells.  So  schreibt  z.  ß.  Yäjnavalkya  (111,7) 
vor ,  daß  man  die  Hinterbliebenen ,  wenn  sie ,  nach  Vollzug  der 
Wa^erzeremonie  aus  dem  Wasser  herausgestiegen,  auf  einem  weichen 
Rasenplatze  sitzen,  durch  alte  Itihäsas  zerstreuen  solle  (apavadeyus 
tun    itihäsaih  purütanaih).     Ebenso    bestimmt  Päraskara ,    daß  die 


1)  Im  Pancatantra  1,  335  (Bombay)  mit  den  Varianten  tasmän  na  rodi- 
tavyam  und  prayatnätah. 

2)  Mit  den  Lesarten  s'ocamänäs  tu,  und  pätayanti  sma  tum  svargäd 
auch  im  Hitopadesa  (Schlegel)  IV.  7  4. 

3  i  Caland,  Die  Altindischen  Todten-  und  Bestattungsgebräuehe.  S.  7-1.  70. 
Ich  beziehe  tasya  auf  den  Toten,  nicht,  wie  Caland,  auf  den  Trauernden.  — 
Dem  oft  gepriesenen  Indifferentismus  gegenüber  kommt  der  rein  menschliche 
Standpunkt  in  der  Spruchdichtung  nur  selten  zu  Worte.  Nur  in  dem  alten 
ltihäsa  von  der  Unterredung  zwischen  dem  Geier  und  dem  Schakal  (Mbh.  XII, 
5676ff.)  linde  ich  auch  ein  paar  Slokas,  in  denen  die  Trauer  beim  Tode  von 
Verwandten  als  berechtigt  anerkannt  und  die  Gleichgültigkeit  sogar  getadelt 
•wird.  Aber  diese  Verse  werden  nicht  als  die  Meinung  des  Verfassers  vor- 
getragen, sondern  sind  einem  Schakal  in  den  Mund  gelegt,  der  sich  bemüht, 
die  Verwandten  eines  Toten  womöglich  bis  /.um  Anbruch  der  Dunkelheit  auf 
dem  Friedhofe  zurückzuhalten,  weil  er  die  Leiche  zu  fressen  wünscht  und, 
solange  es  Tag  ist,  fürchten  muß,  daß  ein  Geier  ihm  die  Meute  streitig  machen 
■werde.  Der  Geier  andererseits,  dem  daran  liegt,  die  Leute  möglichst  schnell 
zu  entfernen,  erschöpft  sich  in   Sprüchen    über  die  Nutzlosigkeit  der  Trauer. 


708  Luder*,  Die  Jatahas  und  die  Epik. 

Trauernden  sich  an  einen  schattigen  Ort  setzen  und  mit  erbaulichen 
Geschichten  trösten  sollen.1)  In  der  Visnusmyti  (XIX,  24)  wird 
gelehrt,  daß  den  Leuten,  die  den  Verlust  eines  Verwandten  be- 
klagen ,  Männer  von  ruhiger  Gemütsart  mit  tröstenden  Reden  zu- 
reden sollen.  Nach  dem  Gautama  -  Pitrmedhasütra  (IV,  2)  sollen 
sich  die  Hinterbliebenen  durch  gute  Reden ,  aufmunternde  Ge- 
schichten und  schöne  Puränas  den  Kummer  vertreiben  (sokam 
utsjjya  kalyänjbhir  vügbhik  sättvikäbhih  kathäbliih  puränaih 
suhrtibhih) ,  und  ganz  ähnlich  heißt  es  in  der  schon  erwähnten 
Paddhati  des  Harihara,  daß  alte  Leute  die  trauernden  Verwandten 
durch  weise  Sprüche  und  durch  das  Erzählen  von  Itihäsas,  Puränas 
und  Upäkhyänas  trösten  sollen  {tatah  sarve  jnütayah  socantas 
tisfhanti  \  tan  anye  vrddhäh  samsärän  ityädibodhakaih  sambo- 
dhayanti  \  itihäsapuränopülehyänair  bodhnyanti  \  tatas  te  samban- 
dhina  utthäpayanti)-).  Und  daß  diese  Vorschriften  keine  ideale 
Forderung  blieben,  sondern  wirklich  befolgt  wurden,  wird  uns  von 
Bäna  bezeugt.  Er  berichtet  in  seinem  Harsacarita  (193 ,  15  ff.), 
daß  in  der  Umgebung  des  über  den  Tod  seines  Vaters  betrübten 
Harsa  „Pauränikas,  geschickt  in  der  Vertreibung  des  Kummers" 
(sokäpanayananipunäh  pauränihäh)  gewesen  seien. 

Die  Stelle  zeigt,  daß  es  im  7.  Jahrhundert,  n.  Chr.  professionelle 
Erzähler  gab ,  die  es  geradezu  zu  ihrer  Spezialität  machten ,  bei 
Todesfällen  den  trauernden  Verwandten  passende  Texte  vorzutragen. 
Dasselbe  war  offenbar  schon  in  vorbuddhistischer  Zeit  der  Fall.  Es 
ist  doch  kaum  ein  Zufall,  daß  sich  eine  so  große  Anzahl  von  Trost- 
geschichten in  der  Jätakasammlung  vorfindet.  Offenbar  war  ein 
starkes  Bedürfnis  nach  solchen  Geschichten  vorhanden,  und  die  be- 
rufsmäßigen Dichter  und  Erzähler  wußten  es  zu  befriedigen.  Sie 
verstanden  es,  ihre  Geschichten  durch  kleine  Abänderungen  den  je- 
weiligen Umständen  anzupassen.  Es  ist  im  Grunde  dieselbe  Ge- 
schichte, die  uns  im  Ghatajätaka,  im  Mattakundalijätaka  und  im 
Sujätajätaka  entgegentritt,  aber  einmal  ist  sie  für  den  Tod  eines 
Sohnes,  ein  andermal  für  den  Tod  eines  Vaters  zurechtgemacht. 
Die  gleichen  Gedanken  bilden  den  Inhalt  der  Gäthäs  des  Mata- 
rodanajätaka  wie  des  Ananusociyajätaka,  aber  jenes  paßt  für  den 
Tod  eines  Bruders,  dieses  für  den  Tod  einer  Gattin. 

Das  Ghatajätaka  und  das  Dasarathajätaka  zeigen  uns  noch 
einen  andern  Kunstgriff  dieser  Dichter:  sie  legen  das,  was  sie  zu 
sagen  haben,  den  bekannten  Personen  der  Heldensage  in  den  Mund, 
unzweifelhaft  mit  der  Absicht,  ihren  Worten  dadurch  größeren 
Nachdruck  zu  verleihen.  Ihren  naiven  Zuhörern  waren  jene  Könige 
der  Sage  historische  Persönlichkeiten  so  gut  wie  Asoka  oder  Candra- 
gupta,  und  ihre  Taten  und  Erlebnisse  wahre  Geschichte.  Der  Trost 
von  den  Lippen  eines  Räma  konnte  daher  unmöglich  seine  Wirkung 


1)  Caland,  a.  a.  O    S.  77;  Hillebrandt,  Ritual-Litteratur  S.  89. 

2)  Caland,  a.  a.  0.  S.  76. 


Lüders,  Die  Jatakas  und  die  Epik.  709 

verfehlen ;  die  Gründe ,  die  einen  Krsna  zur  Vernunft  gebracht 
hatten,  mußten  auch  den  gewöhnlichen  Trauernden  überzeugen.  Des- 
selben Mittels  bedienen  sich  die  Gäthädicbter  des  öfteren.  So  wird 
z.  B.  die  Geschichte  von  Dhfimakärin  (Jät.  413)  von  Vidhüra-Vidura 
dem  Yudhitthila -Yudhisthira  erzählt.  Derselbe  Vidura  muß  im 
Yidhürapanditajätaka  (545)  das  Lehrgedicht  über  das  Hofleben  vor- 
tragen (G.  126 — 171).  Wenn  die  spätere  Epik  die  ganze  alte  Spruch- 
weisheit ihren  Helden  und  Weisen  in  den  Mund  legt,  so  setzt  sie 
damit  nur  die  Technik  der  älteren  Gäthädichtung  fort. 

Von  solchen  solcäpananodanas,  wie  ich  diese  Gattung  von  Er- 
zählungen im  Anschluß  an  den  Titel  des  zweiundfünfzigsten  Adhyäya 
des  Dronaparvan  nennen  möchte,1)  sind  uns  auch  im  Mahäbhärata 
einige  erhalten.  Die  beiden  bekanntesten  sind  die  schon  erwähnte 
Geschichte  von  der  Erschaffung  der  Todesgöttin  (VII,  2023  ff.)  und 
das  sogenannte  SodasaräjakTya  (VII,  2138  ff.),  die  Vyäsa  dem  Yudhi- 
sthira erzählt,  als  er  über  den  Tod  des  Abhimanyu  trauert.  Beides 
waren  ursprünglich  selbständige  Geschichten.  Die  erste  wird  aus- 
drücklich als  ein  itihäsa  purätana  bezeichnet  (2023).  das  einst 
Narada  dem  über  den  Tod  seines  Sohnes  Hari  trauernden  Könige 
Akampana  vortrug.  Mit  dem  SodasaräjakTya,  das  Väsudeva  dem 
betrübten  Yudhisthira  noch  einmal  XH,  900  ff.  erzählt,  suchte  nach 
der  Bahmenerzählung  JNarada  den  König  Srnjaya  zu  trösten ,  als 
Räuber  seinen  Sohn  Suvarnasthlvin  getötet  hatten.  Ein  drittes 
sokäpanodana  trägt  Vyäsa  dem  Yudhisthira  in  XII,  834  ff.  vor.  Es 
ist  wiederum  ein  itihäsa  purätana,  das  nach  der  Einleitung  ur- 
sprünglich der  Brahmane  Asman  vor  dem  Videherkönige  Janaka 
sang.  Ein  viertes  größeres  Stück  dieser  Art  liegt  uns  in  dem  Vigo- 
kaparvan ,  den  ersten  acht  Adhyäyas  des  Striparvan ,  vor.  Hier 
wird  Dhrtarästra  zuerst  von  Safijaya,  dann  von  Vidura  und  zu- 
letzt von  Vyäsa  mit  vielen  schönen  Sprüchen  und  Gleichnissen 
über  den  Tod  seiner  Verwandten   getröstet.'2)     Auf  andere  kleinere 


1)  Vgl.  auch  Mbh.  XII,  833:  jyesthasya  Pänduputrasya  VyäsaJi  sokam 
apünutlat:  XI,  24:  $ökam  räjan  vyapanuda;  Jät.  III,  157,  10;  215,4; 
390,  25;  IV,  62,  2;  87,  4:  i/o  nie  sokaparetassa  puttasokam  (bezw.  pitusoJcam) 
apänudi.     Ähnlich  auch  Jät.  III,  155,  10:  sokam  vinodetum  na  sdkhoti. 

2)  Das  Visokaparvan  ist  augenscheinlich  eine  sekundäre  Erweiterung  des 
neunten  Adhyäya  des  Striparvan,  die  bei  der  Redaktion  vor  diesem  Adhyäya 
eingeschoben  wurde.  Mir  scheint  das  aufs  deutlichste  daraus  hervorzugehn,  daß 
die  Erzählung  in  Adhyäya  9  genau  auf  demselben  Punkte  beginnt  wie  im  ersten 
Adhyäya  des  Visokaparvan,  und  daß  alles,  was  in  Adhyäya  9  enthalten  ist, 
sich,  größtenteils  sogar  wörtlich,  auch  im  Visokaparvan  findet:  Safijaya  ermahnt 
zuerst  den  Dhrtarästra,  die  Toten  zu  bestatten  (9,  249 — 252  =  1,  4 — 9);  Dhrta- 
rästra fällt,  von  Kummer  überwältigt,  ohnmächtig  zu  Boden  (9,  253  =  1,  10), 
worauf  Vidura  ihm  Trost  zuspricht  (9,  254 — 2G8  =  2,  46 — 65).  Diese  Wieder- 
holungen bleiben  meiner  Ansicht  nach  bei  der  Annahme  einos  einzigen  ursprüng- 
lichen Dichters  völlig  unerklärlich.  Sicherlich  kann  es  auch  dem  größten  Dichter 
passieren,  daß  er  gelegentlich  einmal  dasselbe  sagt,  besonders  in  einem  so  um- 
fangreichen Werke  wie  es  das  Mahäbhärata  ist,  aber  keinem  vernünftigen  Menschen 
ist  es  doch  zuzutrauen,    daß    er    ohne  jeglichen  Grund  eine  Geschichte,    die  er 


710  Lüders,  Die  Jatakas  und  die  Epik. 

Trostreden  (VII,  2542  ff. ;  XVI,  279  ff.)  hat  schon  Hardy  hin- 
gewiesen.1) 

Bei  aller  Verschiedenheit  des  Inhalts  ist  doch  der  leitende 
Gedanke  in  diesen  Mahäbhärata- Geschichten  derselbe  wie  in  den 
Jatakas.  Die  Nutzlosigkeit  der  Trauer  ist,  wie  schon  oben  erwähnt, 
auch  hier  das  Thema,  das  in  immer  neuen  Variationen  behandelt 
wird.  Und  auch  der  praktische  Zweck,  dem  die  Geschichten  dienen, 
ist  in  beiden  Fällen  der  gleiche.  Es  wird  in  den  Einleitungen  der 
Mahäbhärata-Erzählungen  sogar  ausdrücklich  betont,  daß  sie  bestimmt 
sind ,  trauernde  Hinterbliebene  von  ihrem  Kummer  zu  befreien ; 
siehe  VII,  2025 : 

tad  aham  sampravaksyämi  mrtyoh  prahhavam  uttamam  | 
tatas  tvam  moksyase  duhkhät  snehabandhanasamsrayät  \\ 

und  Mbh.  XII,  907 ff.: 

mahäbhäqyam  purä  räjriäm  klrtyamänain  mayä  srnu  | 
yathävadhänam  nrpate  tato  duhkham  prahäsyasi  || 
etän  mahänubkäväms  tvam  srutvaiva  ■prthivipaün  \ 
samam  änaya  samtäpam  srnu  vistarasas  ca  me  || 

Das  äJchyäna  von  der  Erschaffung  der  Todesgöttin  wird  daher  auch 
als  solcaghna  (VII,  2026),  putrasokäpaha  (2039)  bezeichnet,  und 
zum  Schlüsse  heißt  es  (2128): 

punyam  yasasyam  svargyam  ca  dlianyam  äyusyam  eva  ca  | 
asyetihäsasya  sadä  sravanam  frävanam  tathä  \\ 

Endlich  zeigt  sich  auch  in  der  Erzählungstechnik,  in  den  Aus- 
drücken und  Bildern,  eine  Reihe  von  Übereinstimmungen.  Die  Art 
der  Rahmenerzählung  ist  in  den  epischen  Legenden  die  gleiche  wie 
im  Ghatajätaka  oder  üasarathajätaka :  Personen  der  Heldensage 
treten  auf,  um  die  Sprüche  über  den  Tod  zu  verkünden  oder  durch 
sie  belehrt  zu  werden.  Stereotyp  ist  in  den  Jatakas  der  Schluß. 
Nachdem  der  Trauernde  die  Rede  des  Weisen  gehört  hat,  gesteht 
er  regelmäßig,  daß  er  nun  von  seinem  Kummer  geheilt  sei : 

so  liain  abbülliasallo  ''smi  vitasoko  anävilo  \ 

na  socämi  na  rodämi  tava  sutväna  mänava  |j  -) 

Ebenso  im  Mahäbhärata.  Da  spricht  Akampana  zum  Schlüsse 
(VII,  2126): 


eben  erzählt  hat,  weniger  als  200  Slokas  später  mit  genau  den  gleichen  Worten 
noch   einmal  erzählen  sollte. 

1)  Ich  verweise  auf  die  Inhaltsangaben  in  H.  Jacobis  Mahäbhärata.  Der 
Inhalt  des  SodasaräjakTya  ist  gewissermaßen  zusammengefaßt  in  einer  Gäthä, 
die  sich  in  der  längeren  Rezension  des  Ghathajätaka  im  Petavatthu  (II ,  6  ,  11) 
findet:  mahaddhanä  muhabhogä  ratthavanto  pi  khattiyd  \ 

pähütadhanadhannUse  te  pi  no  ajarämarä  \\ 

2)  Jät.  352,  7;  449,  10;  454,  14,  und  mit  der  durch  die  abweichende 
Erzählung  bedingten   Variation    Väsava  für  mänava,  372,  7   und   410,  9. 


Lüders,  Die  Jatahas  und  die  Epik.  711 

v y  <ipeta$ok  ah  jpr'ito  'smz  bhagavann  rsisattama  j 
srutvetihasam  tvattas  tu  krtärtho  'smy  abliivädaye  || 

Und  Srfijaya  erklärt  (VII,  2454) : 

etac  chrutvcL  maJ/äbäho  dhanyam  äTc/iyänam  uttamam  | 
räjarsinäm  puränänäm  yajvana.m  daksinävatäm  \\ 
cismayena  hate  soke  tamasivärkatejasä  \ 
rijHipmäsmy  avyatlwpeto  brühi  1dm  karaväny  aham  || 

Ganze  Versviertel  haben  den  gleichen  Wortlaut  im  Sanskrit 
wie  im  Pali.  Im  Ghatajätaka  (454)  redet  Rohineyya  den  trauern - 
Kanha  an  (G.  1) : 

uttlielii  Kanha  leim  sesi  ko  atllio  supinena  te  \ 

Ebenso  beginnt  Vidura  seine  Trostreden  an  den  Tudhisthira  mit 
mit  den  Worten  (Mhb.  XI,  47) : 

littistha  räjan  kirn  sese  dhärayätmänuui  ätmanä  \ 

und  (Mhb.  XI,  255): 

uttistha  räjan  kirn  sese  rnä  sueo  Bharatarsabha  | 

Wir  haben  hier  eine  jener  formelhaften  Wendungen  vor  uns,  die  schon 
zum  Rüstzeug  der  alten  Gäthädichter  gehörten  und  von  der  späteren 
Epik  übernommen  wurden.  In  den  Gäthäs  findet  sich  derselbe  Päda, 
nur  leicht  nach  den  Umständen  verändert,  noch  Jät.  311,  1: 

uttlielii  cora  kirn  sesi  ko  attlio  supinena  te  | 

und  Jät.  455.  11 : 

uttlielii  amma  kirn  sesi  ägato  ty  äliam  alrajo     ') 

Im  Ghatajätaka  (355)  erklärt  Ghata  dem  Könige  Vanka,  warum 
er  nicht  betrübt  sei  (G.  2): 

näbbhafitaliaro  soko  nänägatasukliüvaJio  \ 

tasmä  Yamka  na  soeämi  ri  at tili  soke  dutiyyatä  \\ 

Der  letzte  Päda  kehrt  in  der  Frage  des  Sanjaya  an  den  trauernden 
Dhrtarästra  wieder  (Mhb.  XI,  6)  : 

kirn  socasi  maliärüja  nästi  soke  s a h  ä y  a  t n 


1)  Vgl.  auch  die  ähnliehen  Wendungen  in   Mhb.  IV.  516: 
uttistliottistha  leim  sese  BJümasena  i/athä  mrtah  | 

Mhb.  XI,  756: 

uttisthottistha  Gändhäri  rnü  ca  s'oJce  manch  Jcrthäh 

Mhb.  I,  6563: 

uttisthottistha  bhadram  te  na  tvam  arhasy  arimdama 
mohaiii  nrpatiiardüla  gantum  äviskrtah  ksitau  || 

Mhb.  V,  4501: 

uttistha  he  käpurusa  mä  iesvaivam  paräjitah  \ 


712  Lüders,  Die  Jatakas  und  die  Epik. 

Offenbar  war  sowohl  diese  wie  die  vorher  besprochene  Formel  auch 
VälmTki  bekannt.  Er  hat  beide  vereinigt  in  einem  Satze  der  Rede, 
mit  der  Kausalyä  den  Da&aratha  aufzurichten  sucht,  als  er  in  Schmerz 
über  Rämas  Verbannung  zusammenbricht  (R.  II,  57,  30): 

uttistha  sukrtam  te  Vit  soke  na  syät  sahäyatä1)  \ 

Im  Uragajätaka  (354)  entgegnet  die  Mutter  dem  Sakka,  der 
sich  wundert,  daß  sie  keine  Tränen  über  den  Tod  ihres  Sohnes 
vergieße  (G.  3) : 

anavhäto  tato  ägä  ananuuväto  ito  gato  \ 
yathägato  taihä  gato  tatth.a  kä  paridevanä  || 

Denselben  Gedanken  kleidet  der  Verfasser  des  Visokaparvan  in  die 
Worte  (Mbh.  XI,  58): 

adarsanäd  äpatitäh  punas   cädarsanam  gatäh  \ 

naite  tava  na  tesäm  tvam  tatra  Icä  paridevanä  \\ 

Der  Versschluß  tatra   Icä  paridevanä   findet  sich  in  der  Trostrede 

des  Vidura  noch  dreimal;  Mbh.  XI,  51   =   256: 

abhävädmi  bhütäni  bhävamadhyäni  Bhärata  \ 
abhävanidhanäny  eva  tatra  kä  paridevanä-)  || 

Mbh.  XI,  55  =  261 : 

ekasärthaprayätänäm  sarvesäm  tatra  gäminäm  | 
yasya  kälali  prayäty  agre  tatra  kä  paridevanä  \\ 

und  Mbh.  XI,  57  =  264: 

sarve  svädhyäyavanio  Ms)  sarve  ca  caritavratäh  \ 
sarve  cäbhimuklwh  kslnäs  tatra  kä  paridevanä  || 

Er  begegnet  aber  auch  sonst  öfter  im  Epos  und  in  der  Spruch- 
dichtung, z.  B.  Mbh.  II,  1706,  1708,  1710;  XII,  907;  Yäjnav.  III,  9: 
Hitop.  IV,  74 4)  u.  s.  w. 

Wiederholt  kommt  in  den  Jätakas  eine  Gäthä  vor,  in  der  der 
weise  Tröster  einem  Manne  verglichen  wird,  der  durch  Besprengen 
mit  Wasser  einen  Brand  löscht  (Jät.  352,  5;  372,  5;  410, "7; 
449,  8;   454,  12): 

ädittatn  rata  rnam  santam  ghatasittam  va  pävakam  | 
värinä  viya  osincam  sabbam  nibbäpaye  daram  \\ 


1)  In  der  Bengali-Rezension  (57  ,  28)  ist  der  Vers  ganz  verändert.  Die 
Ausgabe  der  Nirnayasägara  Press  druckt  fälschlich :  sokena  syät  sahäyatü. 
Ein  weiteres  Beispiel  der  ersten  Formel  bietet  die  Bengali-Rezension  in  II, 
81,  10: 

räjann  uttistha  Teirn  s'ese  Bharato  licmi  ujiagatah  \ 

2)  In  der  Bhagavadgitä  II,  28  (=  Mbh.  VI,  906): 
avyahtädini  bhütäni  vyahtamadhyäni  Bhärata  \ 
avyahtanidhanäny  eva  tatra  kä  paridevanä  || 

3)  An  der  zweiten  Stelle  lautet  der  erste  Päda  sarve  vedavidah  s'üräh. 

4)  Die  Lesart  dlüra  für  tatra  ist  sicherlich  sekundär. 


Lüders,  Die  Jatahas  und  die  Epik.  713 

„Mich,  der  ich  wirklich  brannte  wie  mit  Ghee  beträufeltes 
Feuer ,  gleichsam  mit  Wasser  besprengend ,  löschest  du  aus  allen 
Schmerz. u 

Dasselbe  Bild,  teilweise  sogar  dieselben  Worte  verwendet  der 
Dichter  im  Visokaparvan  (Mbh.  XI,  241): 

putrasokam  samutpannam  hutäsnm  jvalitam  yathä 
prajnämbhasä  mahabliaga  nirvüpaya  sadä  mama  \\ 

„Den  Schmerz  um  den  Sohn,  der  ausgebrochen  ist  wie  loderndes 
Feuer,  lösche  mir  immerdar  aus  mit  dem  Wasser  der  Weisheit, 
du  Trefflicher." 

Meiner  Ansicht  nach  zeigen  alle  diese  Übereinstimmungen  aufs 
deutlichste,  daß  zwischen  den  soküpanodanas,  die  uns  in  den  Jätakas 
vorliegen,  und  denen,  die  uns  im  .Epos  erhalten  sind,  ein  Zusammen- 
hang besteht,  und  da  wir  in  andern  Fällen  den  bestimmten  Nach- 
weis führen  können,  daß  die  im  Epos  überlieferten  Äkbyänas  jünger 
sind  als  die  Gäthäs,  so  dürfen  wir,  wie  ich  glaube,  das  gleiche 
Verhältnis  unbedenklich  auch  hier  annehmen :  den  Verfassern  der 
epischen  sohäpanodanas  waren ,  wenn  aucb  vielleicht  nicht  die- 
selben, so  doch  ähnliche  Erzählungen  wie  die  in  die  Jätakasamrnlung 
aufgenommenen  bekannt,  und  sie  haben  die  Gedanken,  die  Ein- 
kleidung, den  Formelschatz,  die  sie  in  den  älteren  Dichtungen  vor- 
fanden ,  sich  angeeignet  und  in  mehr  oder  minder  freier  Weise 
umgestaltet. 

Ich  habe  oben  auch  ein  Stelle  aus  dem  Rämäyana  angeführt. 
in  der  augenscheinlich  zwei  jener  von  den  Gäthädichtern  geprägten 
Formeln  benutzt  sind.  Schon  bei  einer  früheren  Gelegenheit1) 
habe  ich  ferner  zu  beweisen  gesucht,  daß  VälmTki  eine  Gäthä  aus 
der  alten  Trostrede  des  Räma  direkt  in  die  große  Rede ,  die  ei- 
sernen Helden  beim  Tode  des  Dasaratha  halten  läßt ,  übernommen 
hat.  Hier  möchte  ich  darauf  hinweisen,  wie  eng  sich  einige  andere 
Strophen  dieser  Rede  im  Gedanken  und  im  Ausdruck  mit  den 
Gäthäs  des  Ananusocivajätaka  (328)  berühren. 

Im  Ananusocivajätaka  belehrt  der  Asket  die  umstehende  Menge 
(G.  2-4): 

tan  tan  ce  anusoceyy a  yam  yam  tassa  n<i  vijjati 
attänam  anusoceyy a  sadä  maccuvasam  gatam  \\  2  || 
na  h'eva  tittham2)  näslnam  na  sayänam  na p'addhagum 
yäua  päli  mmtsati  tatrüpi  sarati-bbayo  \\  3  || 


li   Gott.  Nachr.     Phil.-hist.   Klasse.      1897,  S.  L30. 

2i  Fansb0ll  hat  thtiam  in  seinen  Text  aufgenommen,  aber  Cs  West  tittham, 
Ck  B'  tili, an,,  und  nur  IV  hat  tltititiii.  Auch  im  Kommentar  (II,  96,  li" 
lesen  Cka  B>  übereinstimmend  tittham  und  nur  B'l  tkitam.  Unter  diesen  Um- 
ständen liegt  nicht  der  geringste  Grund  vor,  die  Lesart  tittham  (=  sk.  tisthantam  I 
abzuweisen. 


714  Lüders,  Die  Jutakas  und  die  Epik. 

tattli    attani  vata-ppaddhe  vinübhäve  asamsayc  \ 
sesam  sesam  dayitabbam  v'itam  ananusociyam1)  ||  4  || 
„Wenn    man    allem    nachtrauern    wollte,    was    einem    verloren 
gegangen  ist,  müßte  man  die  eigene  Person  betrauern,  die  stets  in 
der  Gewalt  des  Todes  steht." 

„Denn  nicht  den  Stehenden,  nicht  den  Sitzenden,  nicht  den 
Liegenden,  auch  nicht  den  Wandernden  (verschont  der  Tod) ;  wäh- 
rend man  wacht,  (während)  man  schläft,  auch  da  schleicht  das 
Alter  herbei." 

„Da  also  die  eigene  Person,  ach!  dahingeht-),  (und)  die  Tren- 
nung unzweifelhaft  ist ,  soll  man  alles ,  was  zurückbleibt ,  lieben, 
nicht  (aber)  dem  Dahingegangenen  nachtrauern." 

Diesen  Gäthäs  entsprechen  zum  Teil  wörtlich  die  Verse  II,  105, 
21  ;  22  im  Rämäyana: 

ätmänam  anuioca  tvam  leim  anyam  anusocas  i  \ 
äyus  tu  lfiyate  yasya  sthitasyätha  gatasya  ca  \\ 
sahaiva  mrtyur  vrajati  salia  mrtyur  nisldati  | 
gatvä  sudirgham  adhvänam  saha   mrtyur  nivartate  || 
„Die    eigene    Person    betrauere    du.     Was    trauerst    du    einem 
andern  nach,    (du),    dessen  Leben  dahinschwindet,    wenn  du  stehst 
und  wenn  du  gehst?" 

„Mit  geht  der  Tod,  mit  setzt  der  Tod  sich  nieder,  mit  kehrt 
der  Tod  von  einem  langen  Weg  zurück." 

Wie  der  Gäthädichter  das  eigene  Selbst  sadä  maceuvasam 
gatam  nennt,  so  nennt  Välmiki  die  Menschen  in  Vers  18  Jarä- 
■mrty  uvasam  gatäh.  Wie  der  Gäthädichter  von  dem  vinä- 
bhäva  asamsaya  spricht,  so  sagt  auch  Välmiki,  daß  Gatte  und 
Gattin,  Eltern  und  Kinder  von  einander  scheiden  müssen :  dhruvo 
hy  esäm  vinäbhavah  (V.  27) :!).  Ich  sehe  in  diesen  Überein- 
stimmungen einen  neuen  Beweis  dafür,  daß  auch  Välmiki  die  alte 
Gäthäpoesie  gekannt  und  benutzt  hat, 

1)  Fausb0ll  liest  mit  Cs  ananusocitan  (ti);  die  richtige  Lesart  steht  in 
Ck  und  in  allen  Handschriften  im  Kommentar  (III,  97,  1).  Die  birmanischen 
Handschriften  lesen  ganz  abweichend  mahantam  anusocayan. 

2)  Ich  fasse  Pali  -ppaddha   als  Vertreter  von  sk.  prädhva. 

3)  In  Vers  15  spiicht  Välmiki  von  dem  Menschen,  der  anls'vara  dem 
Tode  unterworfen  sei.  Der  gleiche  Ausdruck  (cniissara)  findet  sich,  auf  alle 
Geschöpfe  angewandt,  in  Gäthä  2  des  Matarodanajätaka  (317).  G.  4  des  Miga- 
potakajätaka  (372): 

roditena  liave  brahme  rnato  peto  samutthahe  \ 
sabbe  samgamma  rodäma  annamannassa  nätake 
stimmt  dem  Inhalte  nach  überein  mit  Eäm.  II,  85,  18   (Gorr.): 
s'oeato  rudatas  caiva  yadi  näma  mrtah  punah  \ 
samjivet  .wajanah  kaseid  anus'ocema  sarvaäah  |j 
Da  diese  Strophe  aber  nur  in  der  Bengali-Eezension  erscheint,    so  ist  sie  viel- 
leicht erst  später  eingeschoben. 


715 


Bemerkungen  zum  südsemitischen  Alphabet. 

Von 

Franz  Praetorius. 

Als  zu  der  sabäisch-äthiopischen  Schrift  nach  und  nach  noch 
andere,  mit  ihr  offensichtlich  sehr  nahe  verwandte  Schriftarten  aus 
Syrien  und  dem  nördlicheren  Arabien  bekannt  wurden,  mußte  sofort 
die  Frage  entstehen ,  in  welchem  verwandtschaftlichen  Verhältnisse 
diese  neugefundenen  Schriftarten  zu  der  sabäischen  Schrift  ständen. 
Aus  bekannten,  nicht  paläographischen  Gründen  war  man  von  vorn- 
herein geneigt,  sie  als  Abkömmlinge  der  sabäischen  Schrift  aus 
nachchristlicher  Zeit  zu  betrachten.  Doch  konnte  eine  ernstliche 
Beantwortung  der  Frage  natürlich  erst  in  Angriff  genommen  werden, 
nachdem  die  Entzifferung  der  neu  gefundenen  Schriftarten  hinreichend 
gefördert  worden  war.  Urteile  wie  die  in  ZDMG.  Bd.  30,  S.  522 
und  GGA.  1876,  S.  497  abgegebenen,  waren  daher  verfrüht. 

Je  weiter  die  Kenntnis  und  das  Verständnis  der  neu  auf- 
gefundenen Schriftarten  vorrückte,  um  so  mehr  kam  man  von  jener 
Ansicht  zurück.  Man  glaubte  mehr  und  mehr  die  Unabhängigkeit 
der  neu  aufgefundenen  Schriftarten  von  der  sabäischen  Schrift  zu 
erkennen,  denn  man  fand  in  dem  Safä-  und  lihjänischen  Alphabete 
nicht  wenige  archaisch  aussehende  Formen,  die  sich  wohl  unmittel- 
bar aus  dem  altkanaanäischen  Alphabet  erklärten,  nicht  aber  aus 
dem  sabäischen.  Man  hat  dieses  Verhältnis  dahin  deuten  wollen, 
daß  in  dem  Safä-  und  lihjänischen  Alphabete  gradezu  Mittelglieder 
zwischen  dem  altkanaanäischen  und  dem  sabäischen  Alphabet  er- 
halten seien,  trotzdem  die  Safä-  und  lihjänischen  Inschriften  wahr- 
scheinlich um  viele  Jahrhunderte  jünger  sind ,  als  die  ältesten 
sabäischen  Inschriften.  Damit  wurde  also  die  frühere  Ansicht  um- 
gekehrt: es  wurde  nunmehr  eine  allmähliche  Wanderung  des  süd- 
semitisehen  Alphabetes  von  Kanaan  nach  Südarabien  angenommen, 
nur  daß  diese  Wanderung  natürlich  in  viel  ältere  Zeit  verlegt 
werden  mußte,  als  die  früher  angenommene  Rückwanderung  des 
sabäischen  Alphabetes  nach  Norden.  Aber  diese  Deutung  geht  sicher 
zu  weit:  in  der  uns  vorliegenden  Gestali  können  die  §afä-  und 
lihjänischen  Inschriften  unmöglich  als  Durchgangsstationen  zum 
sabäischen  Alphabet  angesehen  werden,  denn  sie  zeigen  nicht  überall 


71(3  Praetorlus,  Bemerkungen  zum  südsemitischen  Alphabet. 

mehr  die  älteren  Formen;  durch  irgend  eine  uns  bisher  nicht  be- 
kannt gewordene,  weit  zurückliegende  Stufe  jener  Alphabete  müßte 
die  Entstehung    des    sabäischen  Alphabets    vermittelt    worden    sein. 

Nun  ist  neuerdings  Lidzbarski  in  seiner  Ephemeris  Bd.  1, 
S.  109  ff.  und  Bd.  2 ,  S.  23  ff.  zu  der  Theorie  der  Rückwanderung 
des  sabäischen  Alphabetes  nach  Norden  zurückgekehrt.  Freilich 
nicht  so,  wie  man  sich  dieselbe  früher  vorstellte.  Nicht  in  nach- 
christlicher Zeit  hätte  die  Rückwanderung  stattgefunden,  und  nicht 
von  dem  uns  vorliegenden  sabäischen  Alphabete  stammten  die  nörd- 
licheren Alphabete  ab,  sondern  „die  Rückwanderung  muß  schon 
recht  früh  begonnen  haben:  vor  der  Zeit,  in  der  die  in  den  Denk- 
mälern vorliegende  sabäisch-minäische  Schrift  ihre  uns  bekannte 
Form  erhalten  hat"  u.  s.  w.  (Bd.  2,  S.  27).  Das  altkanaanäische 
Alphabet  ist  nach  Lidzbarski  direkt  und  unmittelbar  nach  Südarabien 
importiert  worden,  wahrscheinlich  durch  südarabische  Händler,  die 
es  in  einer  palästinisch-phönizischen  Handelsstadt  kennen  gelernt 
haben.  Und  zwar  um  1200 — 1000  v.  Chr.,  während  die  ältesten 
uns  bekannten  südarabischen  Inschriften  ungefähr  500  Jahre  jünger 
sind  (Bd.  1,  S.  128).  Auch  Lidzbarski  muß  also  eine  uns  unbekannte, 
zeitlich  um  1000 — 700  v.  Chr.  anzusetzende  Zwischenstufe  annehmen, 
nur  daß  er  dieselbe  in  Südarabien  sucht.  Auch  Lidzbarski  erkennt 
in  den  nördlicheren  Alphabeten,  namentlich  im  Lihjänischen,  hie  und 
da  Mittelglieder  zwischen  dem  altkanaanäischen  und  dem  sabäischen 
Alphabet;  nur  daß  nach  ihm  diese  Mittelglieder  von  der  Rück- 
wanderung des  prosabäischen  Alphabets  nach  Norden  herrühren, 
nicht  von  der  Wanderung  des  prosafä-,  proprotoarabischen,  prolibjä- 
nischen  Alphabets  nach  Süden. 

Gegen  die  Hypothese  Lidzbarskis  ist  von  vornherein  sicher 
nichts  einzuwenden.  Daß  er  seine  Hypothese  bewiesen  hätte,  kann 
ich  aber  nicht  glauben.  Vielleicht  ist  sie  auf  Grund  des  uns  bisher 
Bekannten  überhaupt  weder  zu  beweisen,  noch  zu  widerlegen.  Aber 
wie  sich  in  der  Sprachvergleichung  unwillkürlich  leicht  die  Vor- 
stellung einstellt,  daß  in  dem  als  Urheimat  eines  weit  verzweigten 
Sprachstammes  angenommenen  Lande  auch  die  große  Masse  der 
sprachlichen  Altertümlichkeiten  zu  finden  sein  müsse,  so  wird  sich 
auch  mit  Lidzbarskis  Hypothese  unwillkürlich  leicht  die  Vorstellung 
verflechten,  als  müsse  das  paläographisch  Altertümliche  vorwiegend 
im  Süden  erhalten  sein.  Da  nun  überdies  die  Schriftdenkmäler 
des  Südens  aus  einer  um  viele  Jahrhunderte  älteren  Zeit  zu  stammen 
scheinen ,  als  die  nördlicheren ,  so  tritt  damit  ein  weiterer  Wahr- 
scheinlichkeitsgrund hinzu  für  die  größere  paläographische  Alter- 
tümlichkeit der  sabäischen  Schrift.  Und  doch  kann  auch  dieser 
Wahrscheinlichkeitsgrund  trügerisch  sein  —  ich  brauche  nicht  erst 
zu  sagen,  weshalb.  Und  es  scheint  mir  in  der  Tat,  als  sei  Lidzbarski 
aus  derartigen  Vorstellungen  heraus  zu  geneigt  gewesen ,  Alter- 
tümlichkeiten der  nördlicheren  Alphabete  wegzudeuten  und  als 
sekundäre  Entwicklungen  aufzufassen,  umgekehrt  dagegen  in  sekun- 


Praetor  ins,  Bemerkungen  zum  südsemitischen  Alphabet.  717 

dären  Entwicklungen  des  sabäischen  Alphabets  Altertümlichkeiten 
zu  sehen. 

Das  scheint  gleich  bei  Lidzbarskis  Erklärung  des  südsemitischen 
N  der  Fall  zu  sein.  Bereits  in  Kuhns  Literaturblatt  Bd.  1,  S.  29 ; 
Bd.  2,  S.  388;  ferner  im  Journ.  asiat.  VII,  Bd.  10,  S.  310  ist 
darauf  hingewiesen  worden ,  daß  das  Safä-  und  lihjänische  N  der 
Form  nach  dem  altkanaanäiscken  N  weit  näher  stehen ,  als  das 
sabäische;  vgl.  D.  H.  Müller,  Epigr.  Denkm.  aus  Arabien,  S.  15; 
Dussaud  et  Macler,  Voy.  archeol.,  S.  5.  Besonders  das  Safä-N  hat 
sich  erst  sehr  wenig  von  der  Urform  entfernt.  Man  erkennt  die 
charakteristischen  beiden  Zacken  am  senkrechten  Schafte    schon    in 

dem  <|C  der  Mesainschrift.  Zwischen  dieser  Urform  und  der  Safä- 
form  wird  eine  der  bekannten  Formen  vermittelt  haben,  in  welcher 
der   vorspringende  Querwinkel    stark    nach    rechts    gerückt    worden 

war,  etwa  \- .  Hier  liegt  fast  schon  die  Safäform  K ,  ^\  vor !  Den 
Ursprung  der  Form  vergessend,  setzte  man  dann  die  beiden  Zacken 
auch  an  verschiedene  Seiten  des  Schaftes  an :  X  ■>  W  '■>  endlich  bog 
man  auch  die  Enden  des  Schaftes  selber  nach  der  dem  Zacken  ent- 
gegengesetzten Seite  um :  J(  .  Letztere  Form  ist  die  ungewöhn- 
lichste und  wohl  auch  die  sekundärste. 

Hier  setzt  die  bewußt  künstlerische  Ausgestaltung  ein :  der 
durch  den  untersten  Teil  des  Schaftes  und  den  unteren  Zacken  ge- 
bildete kleine  Winkel  wuchs  zum  großen  rechteckigen,  oder  glocken- 
förmigen Gerüst  aus ,  das  die  oberen  Teile  des  Schaftes  mit  dem 
oberen  Zacken  wie  einen  Aufsatz  trägt.  So  meist  im  Protoarabischen; 
beständig  im  Lihjänischen  (abgesehen  von  der  kursiven  Entstellung 
^  )  und  Sabäischen. 

Man  wird  leicht  erkennen,  daß,  nachdem  die  Ausbildung  des 
Gerüstes  einmal  durchgedrungen  war,  protoarabische  Formen  wie 
PI  in  paläographischer  Hinsicht  die  größte  Ursprünglichkeit  bewahrt 
haben,  während  das  lihjänische  \J  den  mittleren  Teil  des  Schaftes 
aufgegeben,  das  sab.  ft  aber  den  mittleren  Schaftteil  samt  dem  ihm 
aufsitzenden  Winkel  kursiv  vereinfacht  hat. 

Ganz  anders  Lidzbarski  Bd.  1,  S.  122.  B<JC  hat  sich  zunächst 
wie  in  den  griechischen  Schriften  auf  die  Schenkel  des  Winkels 
gestellt:  7*\,  /\a .  (So  übrigens  auch  König,  Neue  Studien  S.  1  L) 
„Damit  nun  senkrechte  Stützen  herauskamen ,  wurde  die  untere 
Partie  zu  |  |\  Danach  wäre  also  das  große  rechteckige  Gerüst 
das  ursprüngliche.  Ob  der  Vergleich  mit  dem  Griechischen  richtig 
ist,  erscheint  freilich  zweifelhaft;  denn  die  archaische  Gestalt  des 
griechischen  P\  deutet  doch  darauf  hin,  daß  das  kanaanäische 
Zeichen    in    seiner  ursprünglichen  Stellung    zu  Grunde    liegt.      Nut- 


718  Praetorium,  Bemerkungen  zum  südsemitischen  Alphabet: 

die  überstehenden  Spitzen  sind  bei  dem  griechischen  P\  getilgt, 
—  umgekehrt  wie  beim  Safä-N,  wo  gerade  die  überstehenden  Spitzen 
geblieben,  dagegen  der  vorspringende  Winkel  geschwunden  ist.  Aber 
die  Schwäche  von  Lidzbarskis  Aufstellung  zeigt  sich  in  den  weiteren 
Worten:    „Der  obere  Teil  hat  innerhalb  der  sabäischen  Schrift  keine 

symmetrische  Form  erlangt,  wohl  aber  in  der  lihjänischen :  j~~ |". 
Demgegenüber  erhebt  sich  sofort  der  Einwand,  daß  der  obere  Teil 
in  der  sabäischen  Schrift  ja  nur  so  zu  bleiben  brauchte ,  wie  er 
(vermeintlich)  war,  tun  völlig  symmetrisch  zu  sein;  also  /\,  \\, 
oder  ähnlich.  Warum  ist  das  (vermeintlich)  ursprüngliche  ^  im 
Sabäischen  zum  unsymmetrischen  Haken  ■"•  geworden '?  Und  warum 
hat  es  sich  im  Lihjänischen  und  Protoarabischen  vollständig  zu  v 
umgekehrt?  Bei  Lidzbarskis  Annahme  würde  die  Gestalt  des  Auf- 
satzes rätselhaft  bleiben. 

Auch  bei  in  spricht  der  unbefangene  Augenschein  dafür,  daß 
die  Safä-  und  lihjänische  Form  unmittelbar  an  die  altkanaanäische 

anknüpft.  Aus  $\  ist  Safä  -  7  entstanden,  indem  der  oberste  An- 
satzstrich mit  dem  senkrechten  Schaft  zusammen  als  eine  Rundung 
gezogen  wurde,  und  von  den  beiden  unteren  Ansatzstrichen  der  eine 
aufgegeben  worden  ist.  (Letzterer  Vorgang  ist  auch  sonst  häufig; 
durch  ihn  erklärt  sich  ja  auch  das  gewöhnliche  n.)  Im  Lihjänischen 
hat  sich  diese  Form  als  Normalform  erhalten,  nur  daß  das  Zeichen 
hier  beständig  auf  den  Kopf  gestellt  erscheint:  «j  .  Im  Safä  da- 
gegen erscheint  der  ursprünglich  oben  gerundete  Schaft  gewöhnlich 
schon  gerade  gestreckt,  und  der  Ansatzstrich  wendet  sich,  der 
Richtung  des  Schaftes  folgend ,  nach  oben ;  so  ist  aus  7  gewöhn- 
lich 1  geworden.  Als  paläographisch  noch  jüngere  Form  erscheint 
Y  •  Diese  ist  im  Protoarabischen  herrschend  geworden  und  er- 
scheint auch,  wie  im  Sabäischen,  symmetrisch  und  künstlerisch 
gestaltet  als  Y?   V- 

Es  läßt  sich  nun  freilich  nicht  leugnen,  daß  dieser  Weg  allen- 
falls auch  rückwärts  vom  Sabäischen  aus  zu  begreifen  sein  würde, 
wenngleich  die  im  Lihjänischen  energisch  auftretende  Biegung  des 
Schaftes  nach  links  von  diesem  Standpunkt  aus  befremdlich  erscheint. 

Aber  wie  will  man  das  Sabäische  V  direkt  aus  dem  altkanaan.  ^ 
herleiten?  Auch  Lidzbarski  ist  hier  nicht  sicher  (Bd.  1,  S.  123). 
Er  gibt  zwei  Möglichkeiten,  von  denen  er  die  erstere  so  kurz  faßt, 
daß  sie    mir    nicht    klar   verständlich   ist:   „Das  Lihjänische    liefert 

aber  auch  eine  Mittelform  zwischen  ^  und  V?  nämlich  in  }\  u. 
Die  andere  Möglichkeit  sieht  er  darin ,  daß  3  zu  LU  geworden. 
und  in  letzterem  die  mittlere  Senkrechte  nach  unten  gerückt  sei :  V* 


Praetor  ius,  Bemerkungen  zum  südsemitischen  Alphabet.  71*' 

Beim  südseinitischen  n  ist  soviel  sicher,  daß  das  Sabäische 
einen  eminent  sekundären  Zug  darin  aufweist,  daß  es  die  dem 
Zeichen  ursprünglich  fremde  und  vielleicht  nur  aus  kursiver 
Bequemlichkeit  hervorgegangene  tragende  Säule  als  festen  Be- 
standteil des  Zeichens  (4>  4^  äthiop.  |fl)  aufgenommen  hat. 
Sonst  kommt  diese  Säule  vielleicht  noch  im  Protoarabischen 
ganz  vereinzelt  vor  (Lidzbarski  Bd.  2 ,  S.  31).  Im  übrigen  denke 
ich  mir  die  Entwicklung  ähnlich  der  des  n ,    nämlich  so ,    daß  das 

altkanaanäische  w ,  nachdem  es  zunächst  den  linken  senkrechten 
Schaft  verloren,  den  unteren  Querstrich  aufgab  (der  auch  bei  Mesa 
fehlt) ,    so    daß   sich  seine  Gestalt  etwa  als  -^  darstellt.     Von  hier 

zu  ~?\  ist  kein  großer  Schritt.  In  dieser  Gestalt ,  nur  höchstens 
mit  Schwenkungen  und  leichten  Rundungen ,  liegt  das  Zeichen  im 
Safä  und  Lihjänischen  vor.    Im  Protoarabischen  oft  bereits  stilisiert : 

m  9,  rri  3. 

Lidzbarski  dagegen  leitet  aus  dem  altkanaanäischen,  des  linken 
senkrechten  Schaftes  verlustig  gegangenen  ^  direkt  f\~\  LLJ   ab. 

Hinsichtlich  des  sabäischen  Q]  meint  Lidzbarski  (Bd.  1,  S.  125), 

daß  es  aus  Q9  ,  (\)  ,  CD  entstanden  sei.  Die  letzteren  beiden  Formen 
sind  aber  bereits  aramäisch  (vgl.  Bd.  1 ,  S.  128).  Ich  glaube  da- 
gegen in  den  Safäformen  des  U  so  charakteristische  Spuren  von 
Altertümlichkeit  zu  sehen,  daß  es  ein  merkwürdiger  Zufall  sein 
müßte ,  wenn  diese  Altertümlichkeit  nur  scheinbar  wäre ,  wenn  sie . 
tatsächlich  erst  am  Ende  der  Entwicklung  stände.  Bereits  Dussaud 
und  Macler  haben  in  der  Voyage  archeol.  S.  9  diese  Altertümlich- 
keit angedeutet. 

Es  scheint  mir,  als  stehe  das  Safä-t:  der  altkanaanäischen  Form 

am  nächsten.  Zwar  ist  der  Umkreis  (J)  nicht  nur  oben  schon 
geöffnet  (wie  in  jüngeren  phönizischen  Formen),  sondern  auch  unten, 
und  die  bleibenden  beiden  Seitenbogen  haben  sich  gestreckt  (wie 
annähernd  ebenfalls  in  jüngeren  phönizischen  Formen) :  [  Jaus  (  )# 
Aber  das  charakteristische  Kreuz  im  Innern  hat  sich  energisch  be- 
hauptet, so  daß  die  Form  \\\ ,  fjj  entstanden  ist.  Und  nicht  anders 
sieht  das  Zeichen  im  Protoarabischen  aus:  \\\ ,  nur  daß  der  wage- 
rechte Querstrich  des  Kreuzes  zuweilen  über  die  Außenlinien  hinaus- 
ragt: ]\{ .  Hier  findet  man  nun  aber  statt  des  einen  Querstriches 
auch  deren  zwei:  !$£  ,  ja  sogar  drei:  5J  (Euting  Kr.  323 ;  bei 
Littmann,  Zur  Entzifferung  der  thamud.  Inschriften  Tafel  VII). 
Woher  dieser  zweite  und  dritte  Querstrich  stammt,  muß  unent- 
schieden bleiben.  Da  kaum  ein  Zweifel  sein  kann ,  daß  444  -  +++ 
gefälliger  aussieht  als  tiT-  so  ma<?  der  zweite  und  dritte  Querstrich 
Bd.  LVIII.  -IT 


720  Praetorius,  Bemerkungen  zum  südsemitischen  Atyhabet. 

vielleicht  nur  dem  Streben  nach  Symmetrie  und  Schönheit  ent- 
stammen :  wir  müssen  den  zweiten  Querstrich  ja  auch  in  dem 
sabäischen  fl  neben  [\  hinnehmen,  ohne  für  ihn  einen  anderen  Er- 
klärungsgrund zu  haben  (vgl.  Ephemeris  Bd.  1,  S.  122).  —  Die 
protoarabische  Form  mit  den  beiden  Querstrichen  zeigt  den  Über- 
gang zum  lihjänischen  und  sabäischen  [Q :  die  beiden  Querstriche 
sind  möglichst  weit  auseinandergerückt,  und  die  überschießenden 
Spitzen  sind  getilgt. 

Unmöglich   scheint  es,    das    sabäische  ^  in    glaubhafter  Weise 

vom  altkanaanäischen  ^j  abzuleiten  (Bd.  1,  S.  122;  desgleichen 
D.  H.  Müller,  Epigr.  Denkm.  aus  Arabien  S.  17).  Und  gerade  hier 
zeigt  die  Safäform  in  unverkennbarer  Weise  ein  altertümliches  Bild. 
Die  normale  Form  im  Safä  ist  ^  ,  7  ;  daneben  kommen  auch 
noch  Formen  wie  y  u.  ähnlich  vor.  Man  erkennt  hier  vor  allem 
noch  den  aufrecht  stehenden  Schaft  der  altkanaanäischen  Form.  Es 
scheint ,  als  sei  die  Safäform  aus  dieser  in  der  Weise  entstanden, 
daß  man  zunächst  den  oberen  Ansatzzacken  mit  dem  unteren, 
größern  Teile  des  Schaftes  zusammen  in  einem  Zuge  gezogen  habe, 
und  dann  mit  einem  zweiten  Zuge  den  unteren  Ansatzzacken  zu- 
sammen mit  dem  oberen,  kleineren  Teile  des  Schaftes.  Auf  diese 
Weise  entstand  eine  Figur  wie  ^  .  Dann  ist  der  nunmehrige 
Querstrich  ganz  auf  die  Spitze  des  nunmehrigen  Schaftes  gelegt 
worden :  *) .  So  ungefähr  auch  schon  Dussaud  et  Macler ,  Voy. 
archeol.  S.  10.  Im  Protoarabischen  wird  bereits  begonnen,  den 
Querstrich  bis  zur  Linie  hinabzubeugen  und  den  Buchstaben  somit 
auf  zwei  Beine  zu  stellen :  ]) .  Dieser  Typus  zeigt  sich  dann  im 
Lihjänischen  und  Sabäischen  weiter  gefestigt. 


Besonderes  Interesse  haben  von  jeher  diejenigen  Zeichen  in 
Anspruch  genommen,  die,  im  kanaanäischen  Alphabet  nicht  vorhanden, 
in  den  südsemitischen  Alphabeten  neu  entstanden  sind.  Im  großen 
und  ganzen  weisen  diese  neuen  Zeichen  einheitliche  Entstehung  auf, 
wenn  ihre  Gestalten  hie  und  da  auch  stark  auseinandergegangen 
sind.  Diese  Zeichen  sind  also,  wahrscheinlich  lange  vor  700  v.  Chr., 
an  einer  Stelle  erfunden.  Aber  für  {jo  und  für  Jj>  glaube  ich 
doch  eine  doppelte  bez.  dreifache  Bezeichnung  erkennen  zu  müssen. 
Durch  das  Auftreten  der  neuen ,  Zeichen  wurde  hie  und  da  eine 
Verschiebung  der  Werte  hervorgerufen,  die  sich  bis  auf  den  alten, 
kanaanäischen  Bestand  an  Buchstaben  erstreckt. 

Es  ist  längst  bemerkt  worden ,  daß  die  Bildung  der  neu- 
erfundenen Zeichen  im  Lihjänischen  außerordentlich  durchsichtig 
erscheint;  vgl.  D.  H.  Müller,  Epigr.  Denkmäler  aus  Arabien  S.  19, 


Praetorms,  Bemerkungen  zum  südsemitischen  Alphabet.  721 

und  namentlich  Dussaud  et  Macler,  Voy.  archeol.  S.  9.  Um  so 
mehr  ist  es  zu  bedauern ,  daß  die  Zeichen  für  -ö,  U&  und  £  im 
Lihjänischen  bisher  noch  nicht  gefunden  worden  sind.  Wenn  aber 
Lidzbarski  (Ephem.  Bd.  2,  S.  120 f.)  meint,  die  Annahme,  daß  sich 
in  den  verhältnismäßig  jungen  lihjänischen  Inschriften  ein  altertüm- 
licher Duktus  erhalten  habe,  würde  sich  nur  durch  zwingende 
Gründe  rechtfertigen  lassen,  so  meine  ich,  daß  die  eben  angeführte 
Tatsache  —  wenn  sie  eben  eine  Tatsache  ist  —  einem  zwingenden 
Grunde  doch  recht  ähnlich  sieht,  wenigstens  für  die  zunächst  in 
Betracht  kommenden  Zeichen. 

Nur  im  Lihjänischen  ist  das  Zeichen  für  ö  in  seiner  Ent- 
stehung sofort  und  deutlich  zu  begreifen.  Es  ist  aus  X  gebildet 
mittelst  des  in  der  Mitte  unten  angesetzten  diakritischen  Striches : 
*,  manchmal  auch  schon  |  .  Im  sabäischen  u.  s.  w.  %  ist  Lidz- 
barski Bd.  1,  S.  126  (vgl.  Bd.  2,  S.  33)  geneigt,  eine  freie  Neu- 
bildung zu  sehn.  Ich  glaube  aber,  die  Gestalten  '\  \  J  stehen 
einander  so  nah  und  zeigen  die  Übergänge  so  deutlich,  daß  es  ein 
täuschender  Zufall  sein  müßte,  wenn  *  f  ganz  von  %  zu  trennen 
sein  sollten.  Die  lihjänische  Form  f  zeigt  bereits  den  Übergang 
zu  dem  $  der  übrigen  südsemitischen  Alphabete,  indem  das  Kreuz 
schon  den  Beginn  der  Zusammenfassung  zu  dem  beliebten  Kreise 
aufweist.  Da  aber  f  schon  für  y  feststand,  so  wurde  es  als  t  zu 
%  gedoppelt.  Dieser  Vorgang  mag  sich  vielleicht  schon  innerhalb 
des  Lihjänischen  (oder  Prolihjänischen)  in  kursiver  Schriftart  voll- 
zogen haben. 

Aus  der  Analogie  möchte  ich  folgern,  daß  auch  das  lihjänische 
und  sabäische  £,  aus  T  gebildet  worden  ist,  nicht  wie  man  gewöhn- 
lich annimmt,  durch  Doppelsetzung  desselben,  sondern  wieder  durch 
Anlegung  eines  diakritischen,  senkrecht  fallenden  Striches  an  der 
linken  Spitze ,  oder  dicht  bei  derselben ,  also  ||  ,  oder  || .  1  >.i 
dieses  Bild  aber  mit  der  sich  herausbildenden  Gestalt  des  b  genau, 
oder  fast  genau  zusammenfiel,  so  wurde  die  linke  Spitze  etwas  nach 
unten  neigend  hervorgezogen,  oder  umgebrochen :  >J].  Daneben  aber 
wurde  zu  noch  größerer  Deutlichkeit  eine  Form  durch  Doppel- 
setzung des  II  gebildet  (wie  %)\  diese  liegt  im  protoarabisclicn  ^ 
vor,  das  bereits  von  D.  H.  Müller.  Epigr.  Denkm.  aus  Arabien  S.  1'.' 
so  erklärt  worden  ist.  Eine  Vereinfachung  dieses  £.  ist  dann  die 
Safäform  (  .  Auch  hier  scheint  die  Annahme  nichi  nötig,  daß 
%  erst  im  Protoarabischen  entstanden  sein  müsse:  m.  E.  wäre 
es  wohl  denkbar,  daß  schon  im  Lihjänischen  und  Sabäischen   (Pro- 

47* 


722  Praetorius,  Bemerkungen  zum  südsemitischen  Alj)habet. 

lihjänischen ,  Prosabäischen)  in  kursiver  Schriftart  ein  %  gebildet 
worden  sein  könnte. 

Auch  bei  dem  Zeichen  für    •    liegt  der  diakritische  Strich  im 

Lihjänischen  am  klarsten  zu  Tage :  er  ist  dem  Zeichen  für  h,  /\  , 
oben  schräg  angesetzt,  ))  .  Durch  diese  lihjänische  Form  erläutert 
sich  sowohl  der  gebrochene  Schaft  des  sabäischen  4|,  wie  auch  das 

große  Kreuz  X  (*/))  im  Protoarabischen  und  Safä,  das  deutlich  eine 
kursive  Erleichterung  des  ursprünglichen  Schriftzuges  bekundet,  die 
auch  vielleicht  in  den  beiden  anderen  Schriftarten  voi'handen  ge- 
wesen ist. 

Klar  erscheint  auch  der  diakritische  Strich  in  dem  lihjänischen 
Zeichen  für  ^:   n  ,   \f .    Es  ist  das  altkanaanäische  z,  IC,  aufrecht 

gestellt  zu  H?  V/5  i-i " d  dann  mit  dem  kleinen  senkrechten  dia- 
kritischen Mittelstrich  versehen.  Das  ist  längst  erkannt.  Ebenso 
auch,  daß  das  Verständnis  der  Safä-  und  protoarabischen  Form  j 
durch  die  lihjänische  Form  erschlossen  wird.  Vgl.  Littmann ,  Zur 
Entzifferung  der  Safä-Inschriften  S.  11.  Es  scheint  mir  dabei  gar 
nicht  nötig,  daß  man  besonders  diejenigen  Gestalten  des  lihjänischen 
J>  anzieht,    welche    nach  dem  in  diesen  Inschriften  hervortretenden 

Geschmacke  nach  innen  geneigte  Schäfte  zeigen:  \f ,  \/ ;  denn 
auch  von  rl  würde  y  als  eine  leicht  mögliche  Abkürzung  erscheinen. 
Nur  im  sabäischen  Alphabet  findet  sich  dieses  Zeichen  nicht, 
weder  in  der  ursprünglichen ,  noch  in  der  kursiven  Form.  Und 
doch  scheint  es  möglich,  ja  wahrscheinlich,  daß  es  auch  im  Sabä- 
ischen einst  vorhanden  gewesen  ist !  Das  Zeichen ,  welches  im 
Sabäischen  für  >->  auftritt ,  H  >  nat  im  Safä-  und  protoarabischen 
Alphabet  den  Wert  (jo  (denn  ich  nehme  an,  daß  die  öfters  etwas 
verzerrten,    oder    stilisierten  Formen    des    protoarabischen  (ja  auch 

auf  \^\  zurückgehen ;  anders  Littmann,  Zur  Entzifferung  der  thamud. 
Inschriften  S.  10).     Leider   ist    die    lihjänische   Form    des  (jo  noch 

nicht  belegt ;    ich  halte  es  für  wahrscheinlich ,    daß  sie   H  gewesen 

sei.  Die  Ableitung  vom  aufrecht  gestellten  z,  H  aus  durch  einen 
diakritischen  wagerechten  Strich  ist  auch  hier  offenbar. 

Ich  denke,  daß  \^\ ,  j  /]  im  Sabäischen  durch  H  verdrängt 
worden  ist.  H  wird  dann  voraussichtlich  zuerst  beide  Funktionen 
gehabt  haben ,  seine  ursprüngliche  als  (j&  und  die  übertragene  als 
3;  später  aber,  d.  h.  in  der  Zeit,  aus  welcher  uns  schriftliche  Denk- 
mäler vorliegen,  wurde   H  nur  für  3  gebraucht:  im  Werte  von  (_e< 

dagegen  durch  noch  einen  wagerechten  Strich  differenziert :  fl.  Dieses 
letztere  Zeichen  ist  daher  dem  Sabäischen  (und  Äthiopischen)  allein 


Praetorium,  Bemerkungen  zum  südsemitischen  Alphabet.  723 

eigentümlich.  —  Wie  es  gekommen  sei,  daß   \L\  ,      Jim  Sabäischen 


Sehr  eigentümlich  und  verschlungen  erscheinen   die  Wege  des 

Ja.     Im  Safä   hat  Littmann    für  Js>   das  Zeichen  1_T,   ] f  u.  ähnl. 

nachgewiesen.  Abweichend  von  andern  über  den  Ursprang  des 
Zeichens  geäußerten  Meinungen  (s.  Lidzbarski,  Ephemerisßd.  2,  S.  31), 
glaube  ich  im  ]_J  ein  doppelt  gesetztes  T>  z  zu  sehen.  Daß  laut- 
physiologisch diese  Ableitung  sehr  nahe  liegt,  wird  nicht  bestritten 
werden.  Leider  ist  weder  im  Lihjänischen  noch  im  Protoarabischen 
bisher  das  Zeichen  für  Ji>  gefunden  worden ;  und  im  Sabäischen 
sieht  Jö  ganz  anders  aus  und  ist  ganz  anderer  Herkunft.  Und  doch 
glaube  ich ,  auch  im  Sabäischen  ]_[  wiederzufinden !  Nämlich  in 
dem  anscheinend  einsamen  X  z-  ^an  üat  in  X  bisher  einmütig 
das  alte ,  liegende  kanaanäische  jl.  gesehen ,  das  der  Symmetrie 
halber  noch  eine  zweite  Verbindungslinie  angenommen  habe ,  epaer 
durch  die    andern    hindurch.     Auffallend    wäre    hierbei    namentlich 

die  dann  anzunehmende  jüngere  Gestalt  des  kanaanäischen  Z.  (nicht 
~T  j.  Irre  ich  nicht ,  so  ist  X  vielmehr  hervorgegangen  aus  |_f . 
Kreuzt  man  die  beiden  senkrechten  Schäfte  des  letzteren  symme- 
trisch, so  entsteht  unmittelbar  X-  Gerade  so,  wie  wir  oben  ge- 
sehen haben,  daß  im  Sabäischen  das  alte  Zeichen  für  j>  durch  das 
Zeichen  für  (je  verdrängt  worden  ist,  so  wäre  also  auch  das  ur- 
sprüngliche Zeichen  für  ;  durch  das  Zeichen  für  J>>  verdrängt  worden. 
Wie  das  ursprüngliche  Zeichen  für  •  im  Sabäischen  ausgesehen  hat, 
können  wir  wenigstens  mit  einiger  Wahrscheinlichkeit  aus  dem 
Lihjänischen  erschließen :  H .  Das  Äthiopische  würde  ich  weniger 
gern  zum  Erweise  eines  ursprünglichen  sabäischen  H  in  Anspruch 
nehmen,  da  äthiop.  H  leicht  als  Vereinfachung  von  sab.  H  gedeutet 
weiden  könnte. 

Man  kann  sich  denken,  daß  auch  im  Sabäischen,  namentlich 
in  kursiver  Schrift,  das  vom  lautverwandten  \\  <l  äußerlich  nur 
leicht  verschiedene  H  z  unbeliebt  werden  konnte,  so  daß  seine 
Ersetzung  durch  das  frei  werdende  X  erwünscht  wurde.  Denn  X 
=  Jö  wurde  im  sabäischen  Alphabete  frei,  nachdem  hier  andere 
Zeichen  für  Ji>  aufgekommen   waren,   nämlich  %,   £  u.  ähnl. 

Aber  hier,  glaube  ich,  hat  innerhalb  des  Sabäischen  zunächst 
noch  eine  andere  Verschiebung  stattgefunden:  wenigstens  %  ist 
m.  E.  gar   nicht    das    ursprüngliche   Zeichen    für    Jj>,    sondern    für 


724  Praetorius,  Bemerkungen  zum  südsemitischen  Alphabet. 

Oo:    und    ebenso    ist  ^   nicht    das    ursprüngliche  Zeichen    für    (jo 
sondern  für  J=j;   £  sieht  aus  wie  für  Jö  gebildet.    Das  scheint  mir 
wenigstens  aus  der  äußeren  Bildung  der  Zeichen  hervorzugehen. 
Das    sabäische  ^    wird    von    Lidzbarski  (Bd.  1,  S.  124  f.)    mit 

großer  Mühe  an  das  altkanaanäische  ^  angeknüpft,  während  doch 
die  Safäform  dem  letzteren  noch  ganz  nahesteht.  Zunächst  sind  in 
der  Safäform  die  ersten  beiden  Zacken  des  nach  rechts  gewendeten 
Ansatzes  in  beliebter  Weise  kreisförmig  zusammengefaßt  und  an 
den  Schaft  angelehnt  worden ;  wodurch  dann  auch  dem  dritten 
Zacken  die  Sichtung  nach  unten  gegeben  worden  ist.  Der  drei- 
malige schroffe  Wechsel  der  Richtung  in  dem  dreizackigen  Ansätze 
erscheint  hierdurch  sehr  gemildert.  Der  graphischen  Vereinfachung 
ist  es  auch  zuzuschreiben,  daß  der  Ansatz  nicht  mehr  auf  dreiviertel 
Höhe  des  Schaftes  ansetzt,    sondern    ganz    an  der  Spitze  desselben. 

So  entstand  [5.  aus  ^ .  In  genau  dieser  Gestalt  findet  sich  das 
Zeichen  freilich  nirgends  mehr.  Schon  im  Safä  erscheint  der  unterste 
(dritte)  Zacken  als  Fuß  verwertet  und  von  dem  Kreise  etwas  ab- 
getrennt :  [\ ;  manchmal  erscheint  auch  schon  der  Kreis  recht  selbst- 
ständig aufgefaßt:  ^.  Im  Protoarabischen  ist  der  Kreis  noch 
weiter  selbständig  geworden,  und  der  ursprüngliche  Schaft  und  der 
ursprüngliche  dritte  Nebenzacken  erscheinen ,  bereits  symmetrisch 
geordnet,  nur  noch  als  Träger,  als  Fuß  des  Kreises ;  entweder  j£  , 
oder    f\  . 

Mehr  der  Safäform  als  der  protoarabischen  gleicht  die  sabäische 
Form  ft.  Aber  diese  hat  bekanntlich  den  Wert  Ji>!  Und  wie 
mir  scheint,  kann  sie  diesen  Wert  erst  später  gegen  ihren  eigenen 
Wert  eingetauscht  haben.  Daneben  existiert  für  2b  bekanntlich 
noch  |J.  Man  erkennt  hier  deutlich  den  diakritischen  Strich ,  den 
ft  zum  Ausdruck  des  Jö  annahm,  als  es  selbst  noch  =  ^  war. 
Diesen  selben  diakritischen  Strich  in  mehr  symmetrischer  Anordnung 
erkennen  wir  aber  weiter  in  ^ ,  dem  jetzt  üblichen  Zeichen  für 
Oo.  Und  zwar  zeigt  auch  das  lihjänische  <jo  diese  letztere  Form. 
Der  paläographische  Befund  scheint  mir  also  dafür  zu  sprechen, 
daß  die  aus  den  Inschriften  bekannten  Werte  ft  =  Ja,  fc  =  ^ 
sich  ursprünglich  umgekehrt  verhielten. 


Die  ältesten  uns  bekannten  sabäischen  Schriftdenkmäler  mögen 
aus  der  Zeit  um  ungefähr  700  v.  Chr.  stammen,  die  uns  bekannten 
lihjänischen  frühestens  aus  hellenistischer  Zeit,  die  Safäinschriften 
aus  noch  etwas  jüngerer  Zeit.  Über  das  Alter  der  protoarabischen 
Inschriften  ist  m.  W.   eine  einigermaßen    bestimmte  Ansicht   bisher 


Praetorius,  Bemerkungen  zum  südsemitischen  Alphabet.  725 

nicht  geäußert  worden.  Vgl.  Littmann,  Zur  Entzifferung  der  thamu- 
deniscken  Inschriften  S.  11.  Nun  finden  wir  aber  bereits  um 
750  v.  Chr.  in  den  griechischen  Zusatzbuchstaben  (P  X  V  W  genau 
dieselben  Formen,  welche  in  den  Safä-  und  protoarabischen  In- 
schriften vorliegen,  in  genau  und  fast  genau  denselben  Werten 
wie  im  Südsemitischen;  vgl.  ZDMG. ,  Bd.  56,  S.  676  ff.  Das  hält 
Lidzbarski,  Ephemeris  Bd.  2,  S.  119  f.  für  Zufall.1)  Auch  ich  dachte 
zuerst  wohl  an  Zufall.  Aber  die  Übereinstimmung  ist  doch  so 
frappant  und  wird  auch  von  Lidzbarski  so  rückhaltslos  zugegeben, 
daß  mir  ein  Zufall  immer  mehr  ausgeschlossen  erscheint.  Lidzbarski 
sagt  freilich  ganz  richtig:  „Es  ist  nicht  notwendig,  daß  O  X  [f] 
*F  nach  anderen  Zeichen  gebildet  oder  aus  einer  anderen  Schrift 
entlehnt  wurden"  u.  s.  w.  Aber  die  Übereinstimmung  nicht  nur 
der  Formen,  sondern  auch  der  Werte?!  —  Die  griechischen  Zu- 
satzbuchstaben geben  uns  Kunde  davon,  daß  schon  um  750  v.  Chr. 
gewisse  Buchstaben  des  südsemitischen  Alphabets  an  irgend  einer 
Stelle  so  ausgesehen  haben ,  wie  sie  viele  Jahrhunderte  später 
zusammen  in  den  protoarabischen  und  Safäinschriften  vorliegen, 
zum  Teil  (  v)  auch  in  den  lihjänischen,  zum  Teil  (CD)  auch 
in  den  lihjänischen  und  sabäischen. 

Ich  lege  keinen  Wert  darauf,  daß  es  gerade  das  Safä-  oder 
Prosafäalphabet  gewesen  sein  müsse ,  aus  dem  die  Griechen  ihre 
Zusatzbuchstaben  entlehnt  haben.  Die  südsemitische  Schrift  wird 
noch  andere  Entwickelungsstufen  und  andere  Kombinationen  durch- 
gemacht haben ,  als  die  vier  (oder  mit  dem  Äthiopischen  fünf), 
welche  uns  bisher  bekannt  geworden  sind.  Gleichviel  ob  die  Wande- 
rung der  südsemitischen  Schrift  von  Norden  nach  Süden,  oder  von 
Süden  nach  Norden  stattgefunden  hat:  zwischen  der  Zeit  der 
Entlehnung  aus  Kanaan  und  der  Wanderung  einerseits  und  den 
uns  bekannten  lihjänischen  und  »Safäinschriften  anderseits  klafft 
eine  Lücke  von  vielen  Jahrhunderten,  bez.  fast  einem  Jahrtausend. 
Und  in  dieser  langen  Zeit  ist  die  Schreibkunst  sicher  nicht  latent 
im  Geiste  der  betreffenden  Völkerschaften  gewesen,  sondern  sie  ist 
praktisch  ausgeübt  worden.  Nicht  nur  die  Lihjäniter,  sondern  auch 
die  Sabäer  haben  neben  der  Monumentalschrift  doch  wahrscheinlich 
auch  Kursivschrift  gekannt,  die  sie  auf  Pergament,  Papyrus  u.  dgl. 
zu  Notizen,  Briefen  u.  s.  w.  angewendet  haben.  Das  sagt  ja  auch 
Lidzbarski  „Im  praktischen  Leben  wird  man  anders,  einfacher  ge- 
schrieben haben"  (Bd.  1,  S.  113).  Zufällig  haben  uns  die  lihjänischen 
Inschriften  ja  auch  ein  kursives  N  neben  dem  monumentalen  über- 
liefert. —  Ich  glaube ,  wir  wissen  vom  südsemitischen  Alphabete 
noch    so    wenig,    daß    wir    sogar    Lidzbarskis    Hypothese    von    der 


1)  Nachträglich  fand  ich,  daß  schon  Halevy  in  ZDMG.,  Bd.  32,  S.  171 
die  Übereinstimmung  des  n  im  Safä  mit  dem  griech.  X  bemerkt  und  für  eine 
coincidence  probablement  fortuite  gehalten  hat. 


726  Praetorius,  Bemerkungen  zum  südsemitischen  Atyhabet. 

direkten  Entlehnung  des  sabäischen  Alphabets  aus  Kanaan  annehmen 
könnten,  ohne  genötigt  zu  sein,  die  Übereinstimmung  der  griechischen 
Zusatzbuchstaben  mit  den  entsprechenden  Zeichen  des  Safä-  und 
protoarabischen  Alphabets  als  Zufall  abzuweisen.  Ja,  wir  könnten 
sogar  die  Möglichkeit  konstruieren ,  daß  die  Griechen  ihre  Zusatz- 
buchstaben direkt  aus  Saba  bezogen  haben.  Über  das  <D  kann  kein 
Zweifel  sein,  denn  es  ist  in  allen  südsemitischen  Schriftarten  gleich. 
Auch  das  f,  y  A  bietet  keine  erheblichen  Schwierigkeiten.  Denn 
wir  können  vielleicht  annehmen,  daß  das  Zeichen  um  900 — 800  v.  Chr. 
noch  nicht  den  sekundären  Untersatz  gehabt  habe ,  den  es  in  den 
Inschriften  zeigt,  so  daß  die  Griechen  es  als  \[/  entlehnen  konnten. 
Vielleicht  haben  sie  es  aber  auch  schon  als  f  entlehnt,  denn  \|/ 
und  Y  wechseln  in  den  griechischen  Alphabeten.  —  Weiter  sahen 
wir  schon  oben,  daß  es  geradezu  auffallend  ist,  daß  das  eigentliche 
Zeichen  für  j>  H  ,  allein  im  sabäischen  Alphabete  fehlt  und  durch 
ein  anderes  Zeichen  ersetzt  worden  ist,  dem  ursprünglich  andere 
Bedeutung  zukam.  Vielleicht  können  wir  als  Grund  seines  Schwindens 
den  annehmen ,  daß  es  in  der  vorinschriftlichen  Zeit  (also  in  der 
Zeit,  da  die  Griechen  es  entlehnt  haben  müßten)  im  Kursiv  bereits 
zu  Y  abgekürzt  wurde  und  somit  Gefahr  lief,  mit  h  verwechselt 
zu  werden.  —  Ein  solcher  bestimmter  Grund  für  die  Annahme 
eines  kursiven  X  im  (vorinschriftlichen)  Sabäisch  liegt  nun  zwar 
nicht  vor,  aber  denkbar  ist  die  Annahme  sicher.  Denn  wenn  sich 
aus  einem  vorinschriftlichen ,  durch  das  Lihjänische  bezeugten  ^ 
bereits  um  700  das  inschriftliche  *l{  herausstilisiert  hatte,  so  konnte 
sich  mindestens  ebensogut  um  diese  Zeit  ein  kursives  X  abgeschliffen 
haben. 

Das  i  des  Safä  hat  Littmann,  Zur  Entzifferung  der  Safä- 
Inschriften  S.  7  ff .  erkannt.  Ebenso  im  Protoarabischen:  Littmann, 
Zur  Entzifferung  der  thamudenischen  Inschriften  S.  7.  Ich  war 
etwas  überrascht,  bei  Littmann  eine  Erklärung  dieses  Zeichens  von 
mir  zu  finden,  der  ich  mich  nicht  mehr  entsinnen  konnte.  Es  kann 
sich  nur  um  eine  flüchtig  hingeworfene  Bemerkung  von  mir  handeln. 
Jedenfalls  stimme  ich  ganz  mit  dem  überein ,  was  Lidzbarski, 
Ephemeris  Bd.  2,  S.  27  sagt. 


27 


Hottentottische  Laute  und  Lehnworte  im  Kafir. 

Von 

Carl  Meinhof. 

Das  Problem. 

Eins  der  interessantesten  und  doch  zugleich  eins  der  schwierig- 
sten Probleme  der  südafrikanischen  Sprachforschung  ist  das  Auf- 
treten der  Schnalzlaute  in  den  Kaffersprachen.  Es  unterliegt  heute 
keinem  Zweifel  mehr,  daß  die  Kaffersprachen  zu  den  Bantusprachen 
gehören,  ebenso  unterliegt  es  für  jeden,  der  sich  meinen  Anschau- 
ungen über  das  Urbantu  (vgl.  meinen  „Grundriß  einer  Lautlehre 
der  Bantusprachen",  Leipzig  1899)  anschließt,  keinem  Zweifel,  daß 
im  Urbantu  keine  Schnalze  vorhanden  waren.  Auch  das  ist  nicht 
zweifelhaft,  daß  die  Schnalze  in  den  Sprachen  der  Buschleute  und 
Hottentotten  einen  sehr  großen  Teil  des  Lautbestandes  einnehmen. 
Die  Frage  ist  nun  die :  Wie  sind  die  Schnalze  in  die  Kaffer- 
sprachen gekommen  ? 

So  viel  ich  sehe,  wären  drei  Möglichkeiten  gegeben. 

1.  Die  Schnalze  haben  sich  im  Kafir  unabhängig 
von  andern  Sprachsystemen  ganz  selbständig  aus 
echten  Bantulauten  entwickelt. 

Diese  Ansicht  ist  sehr  unwahrscheinlich,  und  wird,  so  viel  mir 
bekannt,  von  niemand  vertreten.  Der  Umstand,  daß  nur  diejenigen 
Bantusprachen  Klixe  aufweisen,  die  mit  Buschleuten  oder  Hotten- 
totten in  Berührung  gekommen  sind,  läßt  es  von  vornherein  ver- 
muten, daß  diese  seltsamen  Laute  von  den  Sprachen  entlehnt  sind, 
in  denen  sie  nachweislich  sonst  noch  vorkommen. 

2.  Die  Schnalze  haben  sich  unter  dem  Einfluß 
der  Schnalzsprachen  aus  echten  Bantulauten  ent- 
wickelt. 

Der  phonetische  Vorgang  würde  hier  derselbe  sein  wie  in  1., 
nämlich,  daß  in  einem  echten  Bantuwortstamm  aus  ursprünglichen 
Bantulauten  ein  Schnalz  entstanden  ist.  Er  würde  sich  aber  histo- 
risch von  dem  ad  1.  beschriebenen  Vorgang  unterscheiden.  Dort 
nahmen  wir  an,  daß  jener  Vorgang  selbständig  und  unabhängig 
von  andern  Spracheinflüssen  zu  stände  kam,  hier  würden  wir  an- 
nehmen, daß  der  Klang  der  Buschmann-  und  Hottentottensprachen 


728        Meinhof,  Hottentottische  Laute  und  Lehnworte  im  Kafir. 

bei  den  Bantu  die  Lust  zur  Nachahmung  erweckte,  und  daß  dieser 
Hang  zur  Nachahmung  die  Schnalze  in  die  Bantuwortstämme  ein- 
führte. 

Der  entschiedenste  Vertreter  dieser  Ansicht  ist  Brincker.  Vgl. 
Lehrbuch  des  Oshikuanjama.  Stuttgart  &  Berlin.  1891.  p.  2.  sowie:' 
Deutscher  Wortführer  für  die  Bantu-Dialekte  in  Südwest- Afrika. 
Elberfeld  p.  552. x)  Dabei  klingt  manche  seiner  Äußerungen  aller- 
dings so,  als  hielte  er  die  in  1.  ausgesprochene  Ansicht  doch  für 
zutreffend. 

Es  läßt  sich  einiges  anführen ,  was  für  diese  Ansicht  zu 
sprechen  scheint. 

a)  Es  entstehen  aus  echten  Bantulauten  tatsächlich  einige  Male 
Laute,  die  man  als  halbe  Klixe  bezeichnen  kann. 

Im  Tsivenda'  (Nord -Transvaal)  entsteht  aus  mw  nicht  selten 
ein  velar-labialer  Nasal  =  m-),  z.  B.  ruma  statt  rumwa  „gesandt 
werden"  von  ruma  „senden".  Bei  m  wird  die  Luft  eingesogen, 
dann  aber  am  Velum  eine  Verengung  (wie  bei  n)  und  mit  den 
Lippen  gleichzeitig  ein  Verschluß  gebildet  wie  bei  m.  Ein  Teil 
des  Luftstroms  geht  durch  die  Nase  wie  bei  m.  Der  Laut  klingt 
fast  wie  ein  labialer  Klix. 

Ähnliche  Laute  weist  Brincker  im  Oshikuanjama  nach  und 
bezeichnet  sie  durch  darübergesetzten  Spiritus  lenis  und  Zirkumflex. 
Die  Laute  sind  hier  aus  urspr.  nk,  nt,  mp  entstanden.  Eine  nähere 
Beschreibung  kann  ich  nicht  geben,  da  ich  die  Laute  nicht  gehört 
habe  und  ich  Brinckers  Beschreibung  nicht  verstehe.  Jedenfalls 
müssen  sie  den  Klixen   ähnlich  klino-en,    denn  Brincker   selbst  ver- 


1)  Ich  zitiere  nur  einiges  aus  Brincker  zur  Charakterisierung  seines  Stand- 
punkts.    Das  Weitere  bitte  ich  bei  ihm  selbst  nachzulesen. 

p.  552:  These  I.  „Die  sogenannten  „Clicks"  in  den  Dialekten  der  Kafir- 
Bantu  (so  pflegt  B.  zu  schreiben)  und  Hottentotten  (Nama,  //Korana,  Saan  u.  s.  w.) 
sind  nicht  attributiv  diakritische,  durch  Armut  von  ursprünglichen  Begriffen  der 
betreffenden  Wort-  und  Silbenbildung  notwendig  gewordene  Lautcharaktere, 
sondern  idiomatische  Erzeugnisse  einer  allgemeinen  Grundursache  oder  eines 
Urprinzips  von  Begriffsverkörperungen  mit  onomatopoetischer  Grundlage." 

These  II.  „Die  Annahme,  daß  die  Stämme  der  Kafir-Bantu  die  sich  in 
ihren  Mundarten  findenden  Clicks  von  den  Hottentotten  angenommen  hätten,  ist 
ethnologisch  unbeweisbar  (weil  alle  erbrachten  Beweise  sich  auf  dem  Gebiete 
der  Annahmen  und  herkömmlichen  Behauptungen  bewegen)  und  wird  nach 
gründlicher  Erforschung  und  richtiger  Erfassung  des  Wesens,  auch  in  andern 
Dialekten  vorkommender  analoger  Sprachlaute  zum  mindesten  zweifelhaft." 

Aus  These  III.  p.  555  „es  muß  uns  geradezu  wundern,  zu  wissen,  was 
eigentlich  die  Vorfahren  der  Sulu  (Ama-sulu)  oder  was  für  Leute  es  waren, 
bewogen  haben  sollte,  sich  in  die  so  unschönen  Clicks  der  Hottentottenrace  und 
nur  in  diese  Elemente  ihrer  Sprache  so  zu  verlieben,  um  diese  zu  erlernen  und 
ihren  sonst  so  wohlklingenden  Wortschatz  dadurch  zu  bereichern;  es  bleibt 
geradezu  unbegreiflich." 

Vgl.  hierzu  Büttner  im  Vorwort  zu  Kroenlein,  Wortschatz  der  Khoi-khoin 
(Namaqwa-Hottentotten)  Berlin   1889.  p.  VI. 

2)  Vgl.  meinen  Aufsatz  „Das  Tsivenda'",  diese  Zeitschr.  1901.  p.  607  f. 
No.  33. 


Meinhof,  Hottentottische  Laute  und  Lehnworte  im  Kafir.        729 

gleicht  sie  damit.  Daß  er  hier  richtig  beobachtet ,  ist  nicht  ganz 
unwahrscheinlich,  da  er  einen  großen  Teil  seines  Lebens  mit  Leuten 
zu  tun  gehabt  hat,  die  in  Schnalzen  (Nama)  sprachen.  Allerdings 
hält  er  die  kafferschen  Lateralen  auch  für  Schnalze ,  was  nicht 
für  exakte  Lautbeobachtung  spricht. 

b)  Außerdem  scheinen  echte  Klixe  als  Lautentsprechungen  für 
echte  Bantulaute  in  einzelnen  Fällen  vorzukommen. 

z.B.  B.  Ihna  (nrfiina)  „  auslöschen",  das  als  zima ,  zema, 
tima,  dima  in  den  meisten  Bantusprachen  erscheint,  müßte  nach 
den  Lautgesetzen  des  Kafir  zima  heißen;  zima  für  „löschen"  kommt 
aber  hier  nicht  vor,  dagegen  tritt  cima  (c  dentaler  Schnalz)  in 
dieser  Bedeutung  auf. 

vgl.  B.  piria  „kneifen"  mit  Zulu  finiza  „Gesichter  schneiden" 
(„das  Gesicht  zusammenziehen")  und  finca   „in  Falten  legen". 

vgl.  ferner  Zulu  consa   „tröpfeln"   mit  tonsa  dass. 

cwazimula  —  phazimula   „leuchten", 

cafuna  „das  Maul  voll  nehmen",  hlafuna  „kauen",  nyafuna 
y, versuchen  zu  kauen". 

vgl.  ucihgo  11    „Draht"   mit   Ihigci   „umgeben,    umwickeln". 

umcebi  1    „Verleumder"   und  hleba   „verleumden". 

cwila  „tauchen",  vgl.  gwila;  cwalisa  besser  für  zalisa  „füllen". 

Mit  cerebralem  Klix  (q) :  vgl.  isi-qatulo  7  „Schuh"  mit  nya- 
tela   „treten". 

i-qanda  5  „Ei"  mit  tanda  „Ei"  (Laurenzo  Marquez)  und 
Suaheli  ganda  5  „Binde,  Hülse",  Tsivenda'  ganda,  pl.  ma'kandä 
„  Schale". 

nqaka   „empfangen",  vgl.  Suaheli  nyaka. 

qala   „anfangen",  Tsivenda'  bala. 

qongqota   „klopfen",  Suah.  gogota. 

qotama   „sich  bücken",  Herero  kotama. 

Mit  lateralem  Klix  (x):  vgl.  Zulu  u-kope  „Augenlid"  mit  xopa 
„in  die  Augen  fassen";  kapaza  „ungeschickt  übergießen",  xapa- 
zela  „besprengen";  xana,  „leugnen",  B.  hrnta. 

i-xu-kazi  „Schafmutter"   neben  imvu  „Schaf".    B.  -A'ff  u.  s.  f. 

Das  alles  sind  ganz  hübsche  Beobachtungen  (ich  habe  sie  zum 
Teil  mit  Hülfe  meines  verehrten  Freundes  Christian  Prozesky1)  ge- 
funden) —  aber  sie  haben  einen  Fehler,  der  sie  völlig  wertlos 
macht.  Es  läßt  sich  trotz  jahrelanger  Mühe,  die  ich  auf  die  Sache 
verwandt  habe,  kein  Gesetz  finden,  nach  dem  für  irgend  einen  andern 
Laut  der  Klix  eintritt.  Hierzu  kommt,  daß  die  in  obigen  Zusammen- 
stellungen befolgte  Methode  eine  ganz  rohe  ist.  Es  ist  keine  Rück- 
sicht darauf  genommen ,  ob  die  Schnalze  aspiriert  sind  oder  nicht. 
Ferner    sind   die  Töne  ganz  unberücksichtigt  geblieben.     Wo  es  in 


1)  Christian  Prozesky,  im  Jahre  187  4  in  Königsberg  (Natal)  geboren  und 
dort  bis  1892  unter  Zulu  aufgewachsen.  Er  spricht  Zulu  als  seine  zweite 
Muttersprache. 


730         Meinhof,  Hottentottische  Laute  und  Lehnworte  im  Kafir. 

Obigem  also  so  scheint,  als  wären  für  einen  Vorgang  wirklich  zwei 
oder  drei  Beispiele  gefunden,  so  ist  auch  das  nicht  einmal  sicher, 
und  die  ganzen  Zusammenstellungen,  die  das  Resultat  endloser  Mühe 
sind,  sind  sprachwissenschaftlich  wertlos.  Es  liegen  zufällige  Gleich- 
klänge oder  dergleichen  vor,  dem  nachzuspüren  weiter  kein  Inter- 
esse hat. 


bisherigen  Mißerfolges  hier  doch  noch  Gesetze  zu  finden  sein  könnenr 
die  meiner  Aufmerksamkeit  nur  entgangen  sind ,  so  muß  ich  doch 
gestehen ,  daß  ich  das  für  sehr  unwahrscheinlich  halte.  Ich  habe 
mich  deshalb  entschlossen,  die  dritte  Möglichkeit,  die  hier  vorliegt, 
ins  Auge  zu  fassen. 

3.  Die  Worte  oder  die  Stämme,  in  denen  Schnalze 
vorkommen,  sind  Lehnworte  und  aus  dem  Hotten- 
tottischen  bez.  aus  den  Sprachen  der  Buschleute 
herübergenommen. 

Diese  Ansicht  vertrat  schon  Bleek  in  seiner  comparative  grammar 
of  South- African  languages,  Cape  Town  1857.  p.  12.  92.  160.  Es 
ist  aber  bisher  nicht  gelungen,  im  Einzelnen  den  .strikten  Nachweis 
zu  führen,  daß  sie  richtig  ist. 

Ich  glaube,  daß  verschiedene  Umstände  zusammentreffen,  um 
die  exakte  Untersuchung  dieser  Hypothese  jetzt  zu  erleichtern,  ich 
stelle  sie  kurz  zusammen  und  füge  hinzu ,  in  welcher  Richtung 
diese  Untersuchung  später  doch  noch  genauer  geführt  werden  muß, 
als  es  zur  Zeit  möglich  ist. 

a)  Das  System  der  Bantulaute  ist  zur  Zeit  klarer  als  früher 
erkannt.  Wir  können  abgesehen  von  kleinern  Unebenheiten  zu- 
verlässig feststellen,  was  zum  Aufbau  einer  Bantusprache  an  Lauten 
gehört.  Was  außerhalb  dieses  Systems  fällt,  steht  von  vornherein 
im  Verdacht,  daß  es  fremden  Ursprungs  ist. 

b)  Für  die  Beobachtung  der  kafferschen  Laute  ist  ein  großer 
Schritt  vorwärts  getan  durch  die  Herausgabe  von :  Rev.  Albert 
Kropf,  D.  D.,  a  Kafir-English  dictionary.  South  Africa.  Lovedale 
Mission  Press.  1899,  einer  umfassenden  Sammlung  von  kafferschem 
Sprachgut. 

Kropf  unterscheidet  Laute,  die  bisher  in  der  Schrift  ver- 
wechselt wurden,  seine  Unterscheidungen  sind  allerdings  noch  nicht 
ausreichend,  und  seine  phonetische  Darstellung  ist  nicht  immer  zu- 
treffend. Seine  Mitteilungen  werden  ergänzt  durch  das,  was  ich 
von  gebildeten  Südafrikanern ,  die  Kaffersprachen  von  Jugend  auf 
sprechen,  erfahren  habe.     Ich  habe  oben   bereits  Prozesky  genannt. 

c)  Die  Laute  des  Hottentottischen  sind  besser  als  bisher  auf- 
gefaßt und  korrekter  dargestellt  durch  Kroenlein ,  Wortschatz  der 
Khoi-khoin.  1889. 

Es  mangelt  diesem  überaus  gründlichen  Buch  an  einer  Unter- 
suchung darüber,  in  welcher  Weise  die  Laute  des  Hottentottischen 
sich  entwickelt  haben.     Die  Untersuchung    ist   allerdings  besonders 


Meinhof,  Hottentottische  Laute  und  Lehnworte  im  Kafir.        731 

schwer  und  unsicher,  da  sehr  wenig  Material  zur  Vergleichung 
bisher  vorliegt. 

d)  Auch  die  Formenlehre  und  der  "Wortschatz  des 
Bantu  und  des  Hottentottischen  sind  besser  als  bisher  bekannt  ge- 
worden durch  die  genannten  Werke  und  die  sehr  angewachsene 
Bantu-Literatur. 

Die  vorliegende  Untersuchung  bedarf  aber  später  noch  einer 
eingehenden  Nachprüfung ,  da  die  Töne  im  Bantu  bisher  nicht 
gründlich  festgestellt  sind  und  wir  über  die  Töne  der  Kaffersprachen 
fast  gar  nichts  wissen.  Für  die  Bedeutung  eines  Hottentottemvortes 
ist  die  Tonhöhe  noch  wichtiger  als  für  die  Bedeutung  eines  Bantu- 
wortes.1)  Die  Gleichstellung  von  Worten,  die  wir  hier  also  vor- 
nehmen ,  muß  nach  Festellung  der  Töne  noch  geprüft  werden  und 
wird  da  ihre  Bestätigung  oder  Berichtigung  finden. 

Die  Methode. 

I.  Da  Kafir  und  Nama  besonders  in  bezug  auf  die  Klixe  mit 
sehr  verschiedener  Orthographie  geschrieben  werden,  ist  zu- 
nächst eine  phonetische  Schreibung  für  beide  Sprachen  festzustellen. 
um  dem  Leser  die  Vergleichung  zu  ei*möglichen. 

IL  Wir  werden  dann  die  kaffer  sehe  Lautlehre  auf- 
stellen nach  dem  von  mir  für  andere  Bantusprachen  erprobten  Ver- 
fahren.-) Gleichzeitig  werden  die  Bantu  wo  rtstämme,  so  weit 
sie  bekannt  sind,  im  Kafir  zu  suchen  sein. 

Die  Laute,  die  sich  hierbei  nicht  erklären  lassen,  sind  als  Laute 
fremden  Ursprungs  verdächtig. 

III.  Der  Lautbestand  desNama  und  die  Lautgesetze 
des  N  a  m  a   sind  festzustellen,  so  weit  das  möglich  ist. 

IV.  Die  kaf ferschen  Laute  sind  mit  den  Nama- Lauten 
zu  vergleichen. 

V.  Wir  werden  dann  versuchen ,  eine  Anzahl  Wörter  vom 
Vokabelschatz  des  Kafir  aus  dem  Hottentottischen  zu  erklären. 

VI.  Ferner  ist  zu  versuchen,  ob  auch  Bildungselemente 
des  Nama,  die  dem  Nama  fremd  sind,  im  Kafir  sich  nachweisen  lassen. 

VII.  Es  ist  zu  untersuchen,  ob  man  aus  der  Verwendung  der 
ursprünglichen  Bantulaute  und  der  als  „fremd"  angesehenen  Laute 
bei  der  Bildung  der  Wortstämme  und  dem  Verhältnis  dieser 
Lautgruppen  zu  einander  irgend  welche  Schlüsse  ziehen  kann,  welche 
zur  Lösung  des  Problems  beitragen  können. 

Dabei  ist  zweierlei  nicht  zu  vergessen.  1.  Andere  Dialekte 
des  Kafir  und  des  Hottentottischen  lassen  an  und  für  sich  den  Sach- 
verhalt vielleicht  klarer  erkennen,  als  die  hier  gewählten  (Xosa 
und  Nama). 

1)  Das  Tsivenda',  a.  a.   O. 

2)  Grundriss   einer  Lautlehre   der  Bantusprachen.   a.  a.   0. 


732         Meinhof,  Hottentottische  Laute  und  Lehnworte  im  Kufir. 

Man  kann  es  als  positiv  unwahrscheinlich  ansehen ,  daß  die 
Xosa  gerade  von  den  Naraa  die  betreffenden  Worte  entlehnt  haben, 
wenn  sie  aus  dem  Hottentottischen  stammen.  Vielmehr  wird  es, 
wenn  die  Kaffern  von  den  Hottentotten  Worte  entlehnten ,  sicher 
so  sein,  daß  sie  sie  von  den  östlichen  Hottentotten  nahmen,  mit 
denen  sie  in  direkte  Berührung  kamen.  Wir  haben  aber  über 
andere  Hottentotten dialekte  keine  guten,  ausführlicheren  Nachrichten, 
und  bei  der  geringen  Verschiedenheit  der  Hottentottendialekte  kann 
der  von  uns  gemachte  Fehler  nicht  schwer  ins  Gewicht  fallen.  Auch 
auf  einen  andern  Dialekt  des  Kafir,  der  vielleicht  den  Sachverhalt 
klarer  erkennen  ließe,  können  wir  aus  Mangel  an  sicherem  Material 
nicht  eingehen1)  —  wir  sind  an  die  beiden  Dialekte  Nama  und 
Xosa  gebunden. 

2.  Es  ist  nicht  ausgeschlossen ,  daß  ein  Teil  der  Klixworte 
aus  Buschmannworten  stammt ,  die  direkt  ins  Kafir  eingedrungen 
sind.  Da  wir  über  die  Verwandtschaft  von  Buschmannsprachen  und 
Hottentottisch  noch  keineswegs  genügend  aufgeklärt  sind  und  über 
die  Buschmannsprachen  nur  dürftiges  Material  veröffentlicht  ist,  muß 
ich  mir  versagen,  hierauf  näher  einzugehen.. 

Man  wird  also  jedenfalls  nicht  erwarten  können,  daß  jedes 
Kafirwort,  das   Schnalze  enthält,  im  Nama  nachzuweisen  ist. 

Wir  werden  uns  begnügen  müssen,  wenn  wir  einen  erheblichen 
Teil  der  betreffenden  Worte  im  Nama  nachweisen  können. 


I.  Orthographie. 

1.  VokalG.  So  weit  ich  offene  und  geschlossene  (weite  und 
enge)  Vokale  unterscheiden  kann,  bezeichne  ich  sie  wie  bisher 

o  offen  (weit)  —  o  geschlossen  (eng), 
also  a,  e,  e,  t,   i,  o,  o,  m,  u. 
Die  geflüsterten  Vokale  des  Nama  bezeichne  ich  mit  e,  o  u.  s.  w. 

2.  Konsonanten.  Die  Laute  mit  Kehlverschluß  im  Kafir 
bezeichne  ich  mit  '£,  '/>;,  V,  rp. 

Die  Aspiraten  in  beiden   Sprachen  mit  nachgesetztem  h. 

z.  B.  Kafir:  kh,  th,  ph  statt  Kropf  ¥,  f,  p*. 
Nama:  hh. 

be  im  Kafir  nach  der  Schreibung  von  Kropf  ist  keine  Aspirata, 
sondern  identisch  mit  englischem  vollstimmigem  b.  Ich  schreibe 
deshalb  b. 

Kropf  bezeichnet  mit  r(  und  r  verschiedene  Laute ,  die  ich 
nicht  zu  identifizieren  vermag ;  wie  es  scheint,  soll  re  für  y  und  /, 
r  für  gewisse  faukale  Laute  stehen ;  da  ich  die  Laute  nicht  voll- 
ständig identifizieren  kann,  muß  ich  die  Kropf'sche  Schreibung  bei- 


\)  Am  meisten  wissen  wir  über   das  Zulu,  doch  werden  in  der  gebräuch- 
lichen Orthographie  auch  hier  verschiedene  Laute  gleichgeschrieben. 


Meinhof,  Hottentottische  Laute  und  Lehnivorte  im  Kafir.        733 

behalten.  Auch  die  Identifizierung  der  faukalen  Laute  des  Nama 
ist  mir  noch  nicht  gelungen.  Statt  des  von  Krönlein  angewandten 
"  schreibe  ich   ',  also  mario  statt  mariö   „ohne  Geld". 

Statt  der  bisherigen  Schreibung  der  Lateralen,  die  irreführend 
ist,  habe  ich  eine  andere  eingeführt,  in  der  ein  diakritisches  Zeichen 
statt  des  Doppelzeichens  angewandt  wird. 

Ich  schreibe  also  statt  bisher  hl  jetzt  §. 

„        „      tl     „     is. 

.       dl     „      z. 

Statt  der  Schreibung  von  Kropf:  dy  steht  dj,  statt  j  steht  dz, 
statt  nj  steht  ndz  und  nz ,  statt  &/  steht  Jtj ,  statt  ft/c  steht  t%, 
statt  sÄ  bez.  feA  steht  s  bez.  &f. 

Die  Schreibung  gy  im  Nama  soll ,  wenn  ich  Krönlein  recht 
verstehe,  den  Laut  ausdrücken,  den  ich  sonst  mit  y  bezeichne.  Ich 
wende  daher  dieses  Zeichen  an. 

n  setze  ich  aus  phonetischen  Gründen  in  ng ,  nk  statt  Kropf 
ng,  nk;  ny  statt  Kropf  ny ,  mpf  statt  Kropf  mf  entsprechend  der 
tatsächlichen  Aussprache. 

Statt  des  vi  des  Nama  schreibe  ich  v. 

Es  ergibt  sich  also  folgende  Liste  der  Abweichungen  meiner 
Schreibart  von  der  üblichen.  (Der  Übersichtlichkeit  halber  habe 
ich  auch  die  Zeichen  mitaufgenommen ,  in  denen  die  Schreibung 
übereinstimmt.) 


Meinhof. 

Kropf. 

Krönlein. 

Meinhof. 

Kropf. 

Krönlein 

b 
'b 

b 

b 

iii'ji 

mpf 

mp 
mf 



d 

d 

d 

mv 

mv 



dj 

dy 

— 

n 

n 

n 

dz 

J 

— 

nd 

nd 

— 

f 

f 

— 

ndz  u.  nz 

nj 

— 

9 

9 

9 

rCt 

nt 

— 

71) 
h 

z1) 

h 

k 

911 
h 

X 

n 
ng 

n'k 
ny 

n 
ng 

nk 

vi, 

i'i 

kh 

¥ 

kh 

p 

P 

— 

l 

l 

— 

ph 

P* 

— 

m 

m 

in 

/■ 

— 

r 

?nb 

inb 

— 

s 

s 

s 

1)  Leider  kann  ich  die  beiden  vorgeschlagenen  Zeichen  statt  r'  nicht 
regelmäßig  anwenden,  da  mir  zuverlässiges  Material  fehlt.  Für  Kropf  r  kann 
ich  keine  gute  Schreibung  vorschlagen,  da  es  sich  um  verschiedene  faukale 
Laute  handelt,  ebenso  fehlen  die  faukalen  Laute  des  Nama,  da  icli  über  sie  nur 
dürftige  Nachrichten  habe. 

2)  Ob  '&  und  't  im  Nama  wirklich  mit  Kehlverschluß  gesprochen  werden, 
weiß  ich  nicht.  Aus  diesem  Grunde  werde  ich  im  Nama  die  nähere  Bezeich- 
nung von  h  und  t  unterlassen. 


734         Meinhof,  Hottentottische  Laute  and  Lehnworte  im  Kafir. 

Krönlein. 


nhof. 

Kropf. 

Krönlein. 

Meinhof. 

Krop 

s 

hl 

— 

ts 

tsh 

s 

sh 

— 

*§ 

tl 

V 

t 

P) 

V 

V 

#2) 

ty 

W 

10 

th 

f 

— 

y 

y 

t% 

¥ 

— 

z 

z 

ts 

ts 

ts 

z 

dl 

Die  Schreibung  der  Schnalze  ist  in  beiden  Sprachen  völlig 
verschieden.  Im  Kafir  hat  man  für  dentalen  Klix  c,  für  cerebralen 
q,  für  lateralen  x  als  Basis  gewählt,  die  Aspiration  bezeichnet  Kropf 
mit  beigefügtem  c,  die  Stimme  mit  vorgesetztem  g,  die  Nasalierung 
mit  vorgesetztem  n. 

Darnach  ergibt  sich  c,  ce,  gc,  g&,  nc,  ngc  etc. 

Außerdem  hat  nun  Kropf  aber  noch  c,  q,  x  eingeführt.  Seine 
Beschreibung  dieser  Laute  verstehe  ich  nicht,  und  die  des  Kaffer- 
schen  mächtigen  Leute,  die  ich  fragte,  haben  mir  den  Unterschied 
ebenfalls  nicht  angeben  können.  Ich  muß  also  zu  meinem  Bedauern 
darauf  verzichten,  c,  q,  x  von  c,  q,  x  phonetisch  zu  scheiden. 

Andere  Freunde  teilen  mir  mit,  daß  man  im  Kafir  nicht  3, 
sondern  4  Schnalzarten  zu  unterscheiden  hätte,  was  mir  sehr  wahr- 
scheinlich ist,  doch  ist  auch  hier  mein  Material  zu  dürftig,  um 
damit  etwas  anzufangen.  Ich  muß  es  also  für  diese  Untersuchung 
bei  der  Dreiteilung  lassen. 

Im  Nama  schreibt  man  in  Anlehnung  an  Lepsius  den  dentalen 
Klix  /,  den  cerebralen  /,  den  palatalen  $,  den  lateralen  IL3)  Jeder 
dieser  Laute  kann  vor  Vokalen,  vor  g,  A,  k,  kh  und  n  stehen.  Es 
ei-gibt  sich  also  /,  Ig,  Ih,  Ik,  Ikh,  In  u.  s.  f. 

Diese  Schreibung  hat  unter  anderm  das  Mißliche ,  daß  hier 
zwischen  stimmhaften  und  stimmlosen  Klixen  nicht  unterschieden 
wird.  Ich  nehme  als  selbstverständlich  an,  daß  die  Klixe  vor  g 
stimmhaft  sind ,  vor  Vokalen ,  h  und  n  ist  der  Fall  möglich ,  daß 
sie  es  sind. 

Zu  einer  Untersuchung  hierüber  fehlt  mir  das  Material. 

Bei  den  Mängeln  beider  Schreibweisen  sehe  ich  mich  genötigt 
eine  dritte  vorzuschlagen.  Ich  bezeichne  die  Klixe  mit  dem  ihrer 
Artikulationsstelle  entsprechenden  Buchstaben,  versehen  mit  dem 
nötigen  diakritischen  Zeichen.  In  den  Buschmannsprachen  gibt  es 
labiale  Klixe ,  die  Basis  ihrer  Schreibung  würde  p  sein ,  die  Basis 
für  die  Schreibung  des  dentalen  Klix  ist  also  t  entsprechend  meinem 


1)  Siehe  Aum.  2   auf  vorhergehender  Seite. 

2)  In  'tj  ist  das  j  stimmlos.  Ein  Mißverständnis  ist  nicht  wohl  möglich, 
da  es  mit  stimmlosem  t  verbunden  ist. 

3)  In  der  Literatur  des  Nama  scheint  mir  die  Bezeichnung  „palatal" 
nicht  immer  richtig  und  nicht  immer  in  demselben  Sinn  gebraucht  zu  werden, 
vgl.  Büttner  p.  V,  im  Vorwort  zu  Krönleins  „ Sprachschatz",  wo  wohl  eine  Ver- 
wechslung von  palatal  und   cerebral  vorliegt. 


Meinhof,  Hottentottische  Laute  und  Lehnworte  im  Kafir. 

System,  für  den  cerebralen  /,  für  den  palatalen  t\  für  den  lateralen 
t.     Für  velare  Klixe  hätten  wir  also  k  als  Basis  anzusehen  u.  s.  f. 

Dem  entsprechend  ergibt  sich  als  Basis  für  die  stimmhaften 
Klixe:  l.  <].  </.  d',  d  etc. 

Es  ist  mir  nicht  zweifelhaft,  daß  es  frikative  Schnalze  gibt, 
ja  die  Schnalze  des  Kafir  sind  nicht  streng  explosiv,  sondern  explosiv- 
frikativ.  Für  die  Frikativen  wäre  natürlich  /*  s,  s,  s,  s,  bezw.  v. 
z,  2,  z,  z  als  Basis  anzunehmen.  Um  die  Sehi-eibung  nicht  zu 
kompliziert  zu  machen ,  schreibe  ich  die  kafferschen  Klixe  aber 
nicht  als  affriziert,  sondern  als  reine  Implosiven. 

Alle  diese  Zeichen  sind  mit  einem  diakritischen  Zeichen  zu 
versehen,  das  möglichst  auffallend  sein  muß.  Ich  schlage  vor  *  und 
schreibe  also  den  dentalen  Klix  t,  den  cerebralen  f,  den  palatalen  t' . 
den  lateralen  i.  Die  stimmhaften  Laute  schreibe  ich  d,  d.  d',  d. 
Die  Aspiration  drücke  ich  durch  nachgesetztes  h  aus.  Wenn  ich 
recht  höre .  wird  die  Vex'bindung  des  Nasals  mit  dem  Schnalz  im 
Kafir  und  Nama  verschieden  gesprochen,  dem  schließe  ich  mich  an, 
wenn  ich  im  Kafir  den  Nasal  vor,  im  Nama  hinter  den  Schnalz  setze. 

Die  Mängel  folgender  Zusammenstellung   beruhen  also    darauf, 

1.  daß  im  Kafir  c,  q,  x  nicht  berücksichtigt  sind,  und  daß  q 
wahrscheinlich  den  cerebralen  und  den  palatalen  Klix  vertritt, 

2.  daß  im  Nama  nicht  feststeht,  welche  Klixe  stimmhaft  sind. 

Schema : 


Meinhof.         Kropf. 

Krönlein. 

Meinhof. 

Kropf. 

Krönlein 

4                U'l 

n 

f 

7, 

/ 

dh             (j<£ 

lh! 

th 

'1 

lh 

d'            gq ! 

'*? 

r 

ql 

* 

d'h          g<p 

th! 

n, 

<r- 

th 

d             gc 
dh            gc' 

dh             g.r" 

1! 
lh! 
II'. 
Ilh  f 

t 

ß 
t 
ß 

c 
c< 

X 

x< 

1 

lh 
II 
Ilh 

Statt  Kropf    nc 
schreibe  ich    nt 

ngc     nq 

nd     nt 

ngq 
nd 

nx 
nt 

ngx 
n  d. 

statt  Krönlein     In     In     tn     /In 

schreibe  ich         tn      in     in      in. 

Dabei  halte  ich  mir  gegenwärtig,  daß  bei  Krönlein  auch  dn, 
du.   du.   dn  vorliegen  könnte. 

Eine  genauere  Bezeichnung  der  Lautgruppen  beider  Sprachen 
ist  bei  dem  gegenwärtigen  Stand .  unserer  Erkenntnis  nicht  aus- 
führbar. Die  Bezeichnung  der  Tonhöhen  muß  sich  an  das  an- 
schließen, was  bisher  in  der  wissenschaftlichen  Bearbeitung  des 
Bantu  üblich  war.  Endemann  unterscheidet  den  Tiefton  —  ■  und 
den  Hochton  — '  im  Anschluß  an  Lepsius,  es  gibt  aber  außerdem 
eine  Anzahl  Mitteltöne,  für  die  ich  — +  und  — +  vorschlage,  tch 
Bd.  LV1II.  48 


736         Meinhof,  Hollentotlische  Laute  und  Lehnworte  im  Kafir. 

werde  im  Kafir  aus  Mangel  an  sicherm  Material  auf  die  Bezeich- 
nung der  Töne  verzichten ,  im  Nama  unterscheiden  Krönlein  und 
andere  Tiefton,  Mittelton,  Hochton.  Ich  werde  also  für  den  Tiefton 
— t ,  für  den  Mittelton  — +,  für  den  Hochton  — '  setzen.  Krönlein 
schreibt  den  Tiefton  — ,  den  Mittelton  — -,  den  Hochton  — .  Ich 
kann  diese  Bezeichnung  hier  nicht  gebrauchen,  da  die  Verwechslung 
mit  dynamischen  Akzenten  nicht  zu  vermeiden  wäre. 


II.  Die  Laute  des  Kafir. 

Wir  beginnen  mit  der  Feststellung  der  Bantu-Laute 
des  Kafir  im  Anschluß  an  die  im  „Grundriß"  aufgestellten 
Grundsätze. 

Ich  habe  die  Untersuchung  hier  etwas  einfacher  und,  wie  ich 
hoffe,  klarer  geführt,  als  im  „Grundriß",  ich  füge  aber  den  einzelnen 
Abschnitten  die  Nummern  der  Paragraphen   des  Grundrisses  hinzu. 

1.  Den  Grundkonsonanten  des  Bantu  entsprechen  im 
Kafir  folgende  Laute  (1 — 5) : 

B.      k       l      p        y       l     v     n     in 
K.     kh     th    ph     ',  g     l     '6     n     m 

Im  Einzelnen  ist  zu  bemerken: 

kh  steht  nur  in  der  Stammsilbe ,  in  den  andern  Silben  steht 
7c.  Dieser  Unterschied  wird  nicht  in  mechanischer  Weise  gemacht, 
daß  man  etwa  die  Silbe  nach  dem  Präfix  aspirierte ,  sondern  es 
wird  genau  die  Stammsilbe  aspiriert;  wo  sich  zwischen  die  Stamm- 
silbe und  das  Präfix  noch  ein  mit  'k  beginnendes  Präfix  schiebt, 
wird  dies  nicht  aspiriert,  z.  B.  wird  von  um-ca  „der  Rücken" 
abgeleitet  'ka-m-va  „hinterher",  und  davon  i-lca-m-va  5.  „die 
Folge";  i-'kom-khulu  5.  „die  Residenz  des  Königs"  vom  Stamm 
-khulu.  Vgl.  um-lca  (nicht  um-kha)  1.  „das  Weib  von"  statt  um- 
fazi  lea  .  .  .  „das  Weib  von  .  .  ." ;  'ka  ist  hier  eigentlich  Partikel 
und  nicht  der  Wortstamm,  der  ganz  ausgefallen  ist.  Unregelmäßig 
ist  akha   „bauen". 

Vgl.  hierzu  Konde,  Grundriß  p.  111  Nr.  5. 

In  einzelnen  Fällen  ist  bei  th  und  ph  die  Aspiration  nicht 
bezeichnet.  Ich  nehme  an ,  daß  dies  auf  Versehen  beruht ,  da  die 
Fälle  sehr  selten  sind. 

Bei  den  Entsprechungen  für  Y  kommt,  wie  mir  scheint,  statt 
auch  g  vor. 

Statt  '£  schreibt  Kropf  b.  Den  deutschen  Laut  des  b  be- 
zeichnet er  mit  br,  allerdings  ist  als  sicher  anzunehmen,  daß  dieser 
Laut  abweichend  vom  Deutschen  vollstimmig  ist.  Der  von  Kropf 
mit  b  bezeichnete  Laut  ist  mit  Kehlverschluß  zu  sprechen. 

Ich  halte  th,  l,  n  für  alveolare  Laute  im  Kafir,  habe  jedoch 
zu   wenig  sicheres  Material,    um    darüber  Abschließendes   zu  sagen. 


Meinhof,  Hottentottische  Laute  und  Lehmeorte  im  Kafir.         731 

Beispiele,     khama   „auspressen,  ausdrücken"   Jea/ma.1) 

kho'ka,  Tiholcela   „führen"   Jco7&a,  tiny-aka  3.  „Jahr"   yalta. 

ane'ka  „zum  Trocknen  ausbreiten"  yaiülift.  pha-'kalhi 
„zwischen,  innen"  kati.  ('Ä;a  ist  urspr.  Stammsilbe.  Da  das  Wort 
adverbial  gebraucht  wird,  ist  das  vergessen.) 

thuka   „schimpfen"    tu  ha,  kha   „schöpfen"    h'fl. 

tlia  „in  etwas  hineingießen"  yita9  letha  „aufheben,  bringen"  Jetff. 

phephetha  „fächeln"  pepeta 9  phetha  „besäumen"  (eig.  um- 
biegen) peta. 

photha  „zusammendrehen"  pota,  i-thahga  5.  „Gurke,  Kürbis" 
-t(lh (ja,   -thathu   „drei"    tatU,  thuma   „senden"    tllliia. 

phatha  „berühren,  fühlen"  pata,  pha  „schenken"  pci,  phala 
„kratzen"  pala,  phola   „kühl  sein"  pöltl. 

Vgl.  u-khope  11.   „Augenlid"   verdruckt  für  u-Jchophe? 

akha  „bauen"  yah'a,  ane'ka  „an  der  Luft  trocknen"  yaflika, 
aba  „teilen"  yave i9  ona  „schnarchen"  yona.  Präf.  Kl.  6  vor 
dem  Verbum  a  ya9  Kl.  3  u  yu. 

i-gazi  5.   „Blut"   yali,  vgl.  unten  4.  d). 

lala  „sich  ausstrecken"  lala,  luma  „beißen"  l u  ilia  ,  IxCka 
„flechten,  weben"  lulia,  phala  „schaben,  kratzen"  pala. 

''ba  „sein"  va,  ''bala,  „zählen,  rechnen"  'bala  9  'baba  „scharf, 
beißend  sein"   vava ,    'bona   „sehen"   voiia ,   Präf.  Kl.   2    ba  va. 

Präf.  Kl.  6  ama-  ama-,  reeiproke  Endung  -ana  -ana  u.  s.  f. 
Weitere  Beispiele  s.  bei  den  Stammwörtern. 

2.  Die  Vokale  (6—10). 

Den  Grundvokalen  entspricht  a,  i,  u. 

Den  Mischvokalen  e  und  o  entspricht  e  und  o.  Die  Entstehung 
beider  Vokale  ist  im  Kafir  noch  lebendig.  Neben  e  und  o  gibt  es 
e  und  o.  Leider  hat  man  das  bisher  nur  vereinzelt  in  der  Schrift 
unterschieden. 

Den  „schweren"  Vokalen  *  und  ü  entspricht  i  und  u.  Einen 
Unterschied  in  der  Aussprache  dieses  i  und  u  von  dem  obigen  hat, 
so  weit  mir  bekannt,  bisher  niemand  festgestellt.  Auch  ich  habe 
einen  solchen  nicht  finden  können. 

Beispiele. 

a,  i,  u.     S.  auch  die  Beispiele  unter  1. 

Vgl.  Präf.  Kl.  2  aba-  aca-.  Kl.  6  ama-  ama-,  stative 
Endung  -ama  -ama,  reeipr.  Endung  -ana  -ana. 

Präf.  Kl.  4  imi-  inii- ,  Kl.  5  ili- ,  i-  ili9  Kl.  7  ist  il.i. 
lila  „weinen"  Ufa,  lima  „hacken"  lima,  linda  „bewachen" 
Junta,  um-thi  3.   „Baum"   -ti. 

Präf.  Kl.  1.  3  um-  uniu,  Kl.  11  ulu,  u  ulu,  Kl.  14  u'bu, 
u  uyil,  Kl.   15  uku  uku  s.  oben  thuma,  luma,   -thathu,  thu'ka. 

1)  Die  hypothetischen  Grundformen  stehen  in  fetter  Schrift. 


738        Meinhof,  Hottentottische  Luide  und  Lehnworte  ;m  Kafir. 

phelefka  „begleiten"  peleka,  phephetha  „fächeln"  pepeta, 
letha   „bringen"   leta. 

'bola  „verfaulen"  vola ,  'bona  „sehen"  rona ,  phola  „kühl 
sein"  pola. 

na  „und,  mit"  wird  regelmäßig  mit  dem  folgenden  Wort  zu- 
sammengezogen. 

Dabei  gibt  a  -f-  i  =  e,  a-\-  u  =  o. 
z.  B.  izulu  nomsctba  statt  izulu  na  ximsdba  „Himmel  und  Erde". 
m/na    no'bawo    statt    mna  na  tCbawo   „ich  und  mein  Vater"* 
ndqba  negusa  statt  ndqba  na  iguha    „ich    werde    ein  Schaf 
bekommen". 

ndinehase  statt  ndina  t'hase   „ich  habe  ein  Pferd". 

u.  s.  f.,  vgl.  Appleyard  p.  77. 
e  und  o  entstehen  durch  Assimilation  aus  e  und  o,  s.  unten  7. 
i   =   i  z.  B.  Präf.  Kl.  8  izi  ivi9  Kl.  10  izin  Uhu'. 

um-zi  3.   „Dorf"   -yl,  um-si  3.  „Bauch"  -M?  isi-ziba  „tiefes 
Wasserloch"   -Viva,  ubu-sika  14.   „Winter"   -t\l\(l,  zi-yl 
Präf.  Befl.  am  Verbum. 
U  =  u  z.  B.  fuya  „besitzen,  Vieh  aufziehen"  tüya,  funa  „suchen, 
wünschen"  tülia,  safuna  „kauen"  taL'Cuia,  vuna  „ernten" 
VÜna,  t'm-vula  9.  „Begen"  -Vlll(l,  vuma  „singen"  Ifuiifl, 
in-zovu  9.   „Elefant"   -yoyü,  ama-futha  6.   „Fett,  Butter" 
B.  -h'üta  u.  s.  f. 
B  e  m.     Wo   durch  Ausfall   von  y  im  Wortinnern  Hiatus   ent- 
stehen   würde ,    werden  Semivocales  y  und  w  aus  i  und  u  heraus- 
gesetzt   und    an    Stelle    von    y    eingeschoben.      Der    vorhergehende 
Vokal    wird    unter    dem  Einfluß    dieser   Halbvokale    mehrfach    ver- 
ändert.    Vgl.  imbewu  9.   „Same"    imbeyil.1) 

fuya  (s.  oben)  tüya ,-)  vuya  „zurückkehren"  vuya 9-) ;  thiya 
statt  theya  „fangen  in  der  Falle"  teya,  i-khiwane  5.  „Feigen- 
baum" statt  i-lchuyane  von  A'uyu.  Die  Bichtigkeit  dieser  letzteren 
Ableitung  geht  auch  daraus  hervor,  daß  khi  sonst  regelmäßig  zu 
st  wird,  s.  unten  4,  c).  Hier  hält  es  sich,  weil  es  für  khu  steht. 
Vgl.  i-mbiica  neben  i-mbuwa  5.   „wilder  Spinat". 

3.  Die  Grundkonsonanten  in  Verbindung  mit 
Nasalen  (11—15). 

Die  urspr.  Explosiven  kh,  th,  ph  verlieren  durch  die  Verbindung 
mit  Nasalen  die  Aspiration ,  die  urspr.  Frikativen  werden  dabei 
explosiv,  s.  4,   a);  6. 

Es  entspricht  also  B.     nie      nt     mp      ng     nd     mb 
=  K.     nk     nt     m'p     ng     nd     mb: 
d.  h.  sämtliche  Verbindungen  mit  Nasalen  sind  im  K.  in  ursprüng- 


1)  Johl,  ein  im  Kafferland  geborener  Missionarssohn,  spricht  imbfiu. 

2)  Wahrscheinlich   ist  hier  aber  y  über  j  zu  y  geschwächt,  wie   in  ayama 
.sich   gegen  etwas  lehnen",  und   ij  ist  hier  nicht  nur  Gleitlaut. 


Meinhof,  Hottentottische  Laute  und  Lehnworte  im  Kafir,        739 

licher  Form  erhalten.  Über  ng  ist  zu  bemerken ,  daß  in  jüngeren 
Formen  dafür  rty  steht,  weil  der  urspr.  Konsonant  y  ganz  weg- 
gefallen ist  und  1\i  vor  folgendem  Vokal  zu  ny  wird. 

a)  Nasal  -f-  Konsonant  nach  dem  Stammvokal. 

In  nuka   „riechen"   hat  K.  den  einfachen  Konsonanten,  jedoch 
kommen  nk,  rit.  tnp  nach  dem  Stammvokal  vor: 
z.  B.  u-iikorCka   1.   „ein  alter  männlicher  Buschbock". 

itkari'taza    „durch    die  Nase    sprechen",    ifheiCteza    „klingen. 

klirren",  thin'ta   „hindern". 
i-phempe    5.    „eine    kleine    Hütte    im    Garten",    i-phimpi   5. 
„eine  Art  Kobra",  phurnputfia   „im  Dunkeln    tasten    nach 
etwas". 
hg,  nd,  mb  sind  sehr  häufig,  s.  die  Stammwörter. 
Jinda   „bewachen"    linda,  landa   „nachfolgen"    latldci. 
thunga   „nähen"   tuhga.  lingana  „gleich  sein"   linf/anft. 
'bumba    „  aus    Lehm    bilden"     ril))tbaf     samba     „waschen" 
kamba. 

b)  Nasal  +  Konso n a n't  im  A n  1  a u t. 

flk  inkala  9.  „Krabbe"    irikala,   itiktfku  9.  .Huhn"  inkukll. 
inkani  9.   „Streit"   von  'kfuiff,  m,ko,kelo  9.   „Führung"   von 

khq'kela1)    „führen"    koka. 
inkulu  „groß"   adj.  Kl.  9  von  -khulu  -kulu. 
u-Miuni  11.   „ein    einzelnes  Stück  Brennholz",  pl.  iiikuni  10. 

-ktmh 
isi-kltukazi  7.  (Haplologie  für  isi-khu'ku-,kazi)  „Henne"  netten 

inku'ku  9. 
inkqlise'kq  9.  neben  u-khoh'seko  11.   „Zufriedenheit". 
vtikoino  9.   „Vieh"   neben  u-lchqmq'kazi  11.   „Kühe". 
inkululq  9.  neben  isi-kliulido  7.  und  u-khululq  11.  „Erlösung". 
irikungq  9.  neben  isi-khungq  7.    „Gebet". 
Ut     intara  9.    „Berg"   intat'ff. 

intiikq  9.  „Lästerung-   von  -thuka  ttfkff.  irCtando  9.  „Liebe" 

von  thanda   „lieben". 
izintailm   „drei"   Kl.  10  von   -thathu. 

iiihrmbq  9.   „Strick"   neben   u-thambo  11.   „Netz,  Schlinge". 
tzi-Wbti  10.   „Stöcke,  Ruten"   neben  ulu-thi  11.  Sing.  dazu. 
irCtq  9.  und  u-thq  (idu-lhq)  11.   „Ding". 
in'tungo  9.  neben  u-thungq  11.    „Dach  einer   Kaffernhütte". 
■in,tulhuzelq-)  9.  neben  u-thuthuzelq  11.    „Tröstung". 
mp  iinpepliq  9.   „leiser  Wind,  Hauch"    impepo. 
impa'ka  9.  dial.   „Wildkatze"    impaka. 
impuku  9.   „Maus"    impuku. 
irnpelq  9.    „Ende"   von  phela   „endigen"   pelci. 

1)  Jolil  spricht  Tchokhela. 

2)  Johl  spricht  inHuHuzelo. 


740        Meinhof,  Hottentottische  Laute  und  Lehmeorte  im  Kafir. 

impindezelq  9.  neben  u-pliindezelo  11.   , Vergeltung". 

irrCpuzi  9.  neben  u-phuzi  11.  „ Pflanze  und  Samen  des  Kürbis". 
i'tf/  liujulube  9.   „wildes  Schwein"    inguluve. 

ingubq  9.   „Mantel"   inguvo. 

unter  Wegfall  des  anlautenden  y  (bezw.  eines  andern  Lautes) : 

iny-athi  9.  „Büffel". 

iliij-ama  9.    „Fleisch". 

iny-o'ka  9.   „Schlange". 

ihy-ongo  9.   „Galle". 

i'ny-osi  9.   „Biene"    u.  s.  f. 
lld  indima  9.  „ein  Stück  beackertes  Land"  von  lima  „hacken"  lima. 

isi-levu    7.    „Kinn"    -lelü ,    von    demselben    Stamm    entsteht 
nach  Kl.  9 

indevu  9.   „Bart  an  Lippe  und  Kinn". 

Das  Lautgesetz  n  +  l  =  nd  ist  im  Sprachbewußtsein  aber 
bereits  geschwunden.  Der  Singular  zu  indevu  behält  die  Explosiva 
bei  nach  Abwerfen  des  Nasals1)  (halbe  Nasalierung)  =  u-devu  11. 
„Bart".  Letzteres  müßte  heißen  „das  einzelne  Barthaar".  Ich 
habe  diese  Bedeutung  aber  bisher  nicht  nachweisen  können. 

Das  adj.  -le  „weit,  weit  weg"  ist  durch  „halbe  Nasalierung" 
in  die  Form  -de  übergegangen;  le  wird  nur  noch  adverbial  ge- 
braucht, -de  bedeutet  „lang,  lange,  fern",  z.  B.  'ku-de  „weit,  weit 
weg".  Die  Vermittlung  zwischen  -le  und  -de  ist  in  der  Form 
Kl.  9  inde  zu  suchen. 
ml)  imbuzi  9.    „Ziege"   imbllli,  imbewu  9.    „Same"   imbeyu. 

imbalo  9.    „das  Bechnen"   von   'bala   „zählen,  rechnen"   VCtlCl. 

imboniselo    9.    „Wächter,    Späher"    von    'bonisela    von    ''bona 
„sehen"   vona. 

hnbekekq  9.  „Ehren"  neben  u-^bekeko  11.  „ehrenvolle  Lage". 

imbemba    9.    „Spreu"    neben    u^bemba    11.    „Ähre    von    aus- 
gedroschenem Kafferkorn". 

imbulco  9.  neben  u-'bukq   „Anhänglichkeit". 

Ob  das  adj.  -'bi  „böse"  dem  Gesetz  folgt,  weiß  ich  nicht,  da 
Kropf  kein  Beispiel  gibt.  Das  Beispiel  umntu  ombi,  das  er  gibt, 
gehört  zu  Bern.  1  unten  und  ist  nach  meiner  Meinung  falsch. 
Es  müßte  umntu  ombi  heißen.2) 

Seltenere  Formen  mit  Nasalen  sind  z.  B. 

um-nlu  pl.  aba-ntu  1.   „Mensch"   lamiiltll. 

isi-ritu  7.    „menschliche  Art". 

xtbu-nkani  14.   „Streit"  neben  inkani  9. 

ixi-iCkazana  7.   „Weiblichkeit"   von  -kalt. 

uno-iikala  1.  neben  inkala   „Krabbe". 

Bern.  1.  Das  u  der  Silbe  mu  fällt  regelmäßig  aus,  doch  werden 
hierdurch  keinerlei  Veränderungren  der  Konsonanten  hervorgebracht. 


1)  S.  Tsivencla'   14,   c)   2;   Grundriß  p.   56. 

2)  So  auch  Johl. 


Meinhof,  Hottentottische  Laute  und  Lehnworte  im  Kafir.        741 

z.  B.  lurnka   „klug  sein"   statt  lumu^ka. 

um-Jchauh  3.    „Grenze"    von  Ichaula    .reichen  bis  an". 
um-7cho,keli  1.    „Führer"   von  khokela   „vorangehen". 
um-thandeki  1.  „der  Geliebte"  von  thande'ka  „geliebt  werden". 
wm-thetheleli  1.   „der  Fürsprecher"   von  thethelela. 
um-phali  1.   „der  Gerber"   von  phala. 
um-phambukeli  1.    „der  Reisende"   von  phambukela. 
)>iii-abeli  1.    „der  einteilt  für  andere"    von  abela. 
um-endo  3.    „Weg"   von  yetldCl   „gehen". 
umlandeli  1.   „Nachfolger"   von  Jandela. 
lumla   „entwöhnen"    statt  lumula. 
um-'bali  1.   „der  Rechner"   von  ,bala. 

um-*boneli  1.   „der  Zuschauer"    v<in    'bonela,    so    auch    ornbi 

„böse"    1.  von  -^bi  u.  s.  f. 

Bern.  2.    Zur  „halben  Nasalierung"   vgl.  noch  folgendes : 

i-lebe  5.  „pudenda  fem.",    isi-lebe   7.   „Unterlippe   von  Tieren" 

aber    nach    Kl.    11    (vgl.    Johl    indebe    9.    „Kelch"):    u-debe    11. 

„Unterlippe";    u-do'bo    11.    „Angel"    von    lo'ba    „mit    der    Angel 

iischen". 

u-dwma  11.   „Wunde"   von    luma    „beißen"   (Johl  induma  9). 
Es  ist  sehr  wahrscheinlich,  daß  ebenso  wie  aus  l  hier  d  ent- 
steht, gelegentlich  aus  y  g  (s.  oben  1)  und  aus  '6  b  geworden  ist. 
Doch  habe  ich  dafür  keine  sichern  Beispiele. 

Bern.  3.    Der  Vollständigkeit  halber  sei  hier  gleich  mit  fest- 
gestellt,   daß  b   und  d  mit  vortretendem  Nasal  mb  und  nd  bilden. 
Beispiele  für  b  s.  unten  12,  4. 
Beispiele  für  d: 
indakada  9.  „Gemetzel"  von   -dakada  „Fleisch  zerschneiden". 
indalo  9.    „Schöpfung"   von   -data   „schaffen". 
indano  9.   „Scham"   von  -dana   „sich  schämen". 

4.  Veränderung  der  Konsonanten  durch  i -Laute. 

Wir  unterscheiden  hier  verschiedene  Schichten  der  Laut- 
veränderung. 

a)  Die  älteste  Form  besteht  in  einer  Veränderung  der  Konso- 
nanten durch  Einfluß  eines  Lautes,  dessen  Natur  noch  nicht  klar 
erkannt  ist.  Ich  kann  aber  mit  großer  Wahrscheinlichkeit  annehmen, 
daß  es  i  ist,  das  aus  unbekannten  Gründen  in  den  Wortstamm 
eindrang.  Ich  habe  die  so  entstandenen  Laute  „alte  Mischlaute  " 
(18 — 21)  genannt,  da  ihre  Entstehung  bis  ins  Drbantu  zurückreicht. 
Im  Kafir  gibt  es  Beispiele,  wo  die  Veränderung  noch  nicht  ein- 
getreten ist,  im  Unterschied  von  andern  Sprachen,  und  andere  Bei- 
spiele, in  denen  die  Veränderung  im  Kafir  eintritt,  während  andere 
Sprachen  den  unveränderten  Konsonanten  zeigen.  Das  stimmt  ganz 
überein  mit  dem  Befund  in  anderen  Sprachen ,  /..  B.  im  Herero, 
s.  „Grundriß"  p.  91  Nr.  40.  Ich  habe  diese  veränderten  Konso- 
nanten bisher   durch    einen   Strich    darunter    als    /.' .   t,  }'  otc.    be- 


74^         Meinhof,   Hottentottische  Laute  und  Lehnworte  im  Kafir. 

zeichnet.  Da  ich  nunmehr  sicher  annehme,  daß  sie  durch  i  bezw. 
den  palatalen  Halbvokal  y  entstanden  sind,  kann  ich  sie  für  das 
Urbantu  als  „palatälisierte  Grundkon sonanten"  bezeichnen  imd  müßte 
sie  dementsprechend  mit  Palatalstrich  schreiben,  also  /»'',  t,  y, 
I  etc.  Ich  lasse  es  aber  bei  der  bisherigen  Schreibung,  um  die 
Vergleichung  mit  dem  Grundriß  zu  erleichtern. 

Rein  erhalten  bat  sich  !,\  während  andere  Sprachen  Laute  haben, 
die  auf  Ä"  zurückgehen,  z.  B.  in  akkama  „gähnen,  offen  stehn", 
sonst  B.  yakama.  Auffallend  ist  hier  Ich  in  zweiter  Silbe  gegen 
die  Regel  in  1. 

-onlce   „alle",  sonst  -yonlxii. 

Umgekehrt  yih'aJa  „bleiben,  wohnen"  im  Kafir  sala,  das  auf 
Jj'ala  schließen  läßt.  Die  Entstehung  von  lyala  aus  yiteala  ist 
übrigens  klar. 

Sonst  ist  B.  /*'  und  t  im  Kafir  regelmäßig  zu  s  geworden. 

Beispiele,     -sanu  „fünf"  tanti,  safuna  „kauen"  tafwftCl. 

lasa  „wegwerfen"  (alifl,  samba  „waschen"  Jyamba ,  fisa 
„  verbergen "  p  \  h'a . 

sangana  „zusammenkommen"  l\(.riigci1\CL 9  seba  „verleumden" 

Jceva. 

seka  „lachen"  Izelxll 9  soma  „hineinstecken"  h'ODlO ,  sola 
„spähen"   h'olü. 

sonipha  „sich  schämen"  h'OllijXl ,  ubu-surigu  14.  „Schmerz, 
Leiden"    -kling  ll. 

sungula   „.schütteln,  sieben"   kithgula. 

Vereinzelt  steht  h  statt  s,  z.  B.  hamba  „gehen,  reisen,  vor- 
wärts gehen"  kambci,  vgl.  Her.  hamba  „über  etwas  wegsteigen", 
das  zur  Bildung  der  Zahl  7  fast  in  allen  Bantusprachen  der  West- 
küste Afrikas  verwandt  wird ;  davon  nach  Kl.  9  i-hambo  „Wandel". 

ameso  6.  „Augen"  (B.  a??ia-yiko),  zusammengezogen  aus  ama- 
iso,  hat  den  Singular  il-iso,  s.  unten  4  b). 

Nasal  4-  §  wird  nts1),  d.  h.  explosiv,  s.  oben  3. 

z.  B.  intsa  9.  „Spitze"  inku,  vgl.  ntsantsa  „sich  trennen 
von,  streiten,  disputieren". 

intsoni  9.  „Scham,  Scheu"  inj, Olli,  intsangano  9.  „Ver- 
einigung" von  sangana,  s.  oben,  intsafuno  9.  „Gaumenknochen" 
von  safuna  „kauen",  intsambi  9.  „guter  Schwimmer"  von  samba, 
intsungu  9.   „körperlicher  Schmerz",  s.  oben  ubu-suhgu  14. 

Außer  diesem  stimmlosen  Laut  finde  ich  eine  stimmhafte  Late- 
ralis ,  die  ich  für  entstanden  aus  urspr.  y  ansehe.  In  der  Regel 
ist  dies  z  aber  durch  weiteren  Einfluß  eines  i  zu  z  geworden  nach 
demselben  Gesetz ,  nach  dem  der  Singular  zu  ameso  nicht  iliso, 
sondern  iliso  heißt.  Las  einzige  Beispiel,  das  ich  mit  einiger  Wahr- 
scheinlichkeit für  die  Entsprechung  y  =  z  anführen  kann,  ist  zula 
„über  etwas  hinausgehen,  übei-treffen",  B.  yula,  P.   tgla. 

1)  Die  Schreibung  nts  scheint  mir  am  richtigsten,  Endemann  zieht  nl    vor. 


Meinhof,  Hottentottische  Laute  und  Lehmeorte  im  Kafir.         <43 

Dagegen  ist  für  die  mit  Nasal  verbundene  Form  Uff  regel- 
mäßig nz  die  Lautentsprechung.1) 

Beispiele,  inzebe  9.  „Ohr1-  ingeve f  inzela  9.  „Weg" 
ingela. 

inzovu  9.  „Elefant"  ihf/oy?! ,  inze  9.  „offnes  Feld"  iiif/C 
9.    „draußen". 

is-anza  7.  „Hand"  iki-yanga. 

b)  Eine  hiermit  nahe  verwandte  Form  des  Einflusses  von  i 
auf  den  vorhergehenden  Konsonanten  ist  der  von  mir  früher  kurz- 
weg als  „Palatalisation"  (29.  40)  bezeichnete  Vorgang,  wonach  ein 
i  beim  Nomen  der  5.  Klasse  oder  beim  Verbum  in  die  erste  Silbe 
des  Wortes  eindrang.  Beim  Nomen  Kl.  5  ist  dies  i  dem  Präfix 
li  entlehnt,  beim  Verbum  ist  es  in  manchen  Fällen  Rest  des  alten 
Stammes,  z.  B.  urspr.  yita  „gießen*  wird  ita.  *tya  u.  s.  f.,  yh'uffl 
„kommen"  wird  *inqa,  *ngya  u.  s.  f.  In  andern  Fällen,  wie  in 
pyata  neben  ])f(tff  „fassen,  ergreifen",  bin  ich  über  die  Ent- 
stehung des  y  noch  nicht  im  Klaren.  Vielleicht  ist  es  ein  ver- 
gessenes altes  Präfix,  vielleicht  sind  die  Formen  Denominativa 
von  Kl.   5. 

Der  Vorgang  ist  bisher  nur  in  einem  Teil  des  Bantugebiets 
nachgewiesen.  Im  Ve.  ist  er  regelmäßig  zu  finden ,  im  So.  ver- 
einzelt.'2) 

Die  hier  entstehenden  Laute  sind  mit  den  unter  a)  aufgeführten 
nicht  identisch.  Urspr.  ili-L'linii  5.  „zehn"  müßte  nach  der  Regel 
im  Kafir  *ili-khumz,  bez.  H-lchwmi  heißen.  Es  heißt  aber  i-sumi. 
Mithin  ist  /«'  unter  Einfluß  des  i  zu  ky  und  weiter  zu  s  geworden. 

Urspr.  ih'-t(_J)t(1e  5.  „Hoden"  müßte  K.  *i-thende  heißen.  Es 
heißt  aber  i-sende.  Mithin  ist  t  zu  ty  und  weiter  zu  s  geworden. 
Vgl.  So.  le-sete  5.  pl.  ma-rete,  wodurch  die  Etymologie  ganz  sicher 
gestellt  ist. 

Von  urspr.  yembe  „Eisen"  bildet  K.  mit  Präfix  Kl.  '.»  und 
Ausfall  des  y  nach  1.  regelmäßig  ihy-embe  9.  „der  kleine  Pfeil 
der  Koranna,  Haken  mit  Widerhaken",  aber  nach  Kl.  5  i-zembe 
5.  „ein  Stück  Eisen,  eine  Axt".  Mithin  ist  y  zu  yy  und  weiter 
zu  z  geworden  unter  Einfluß   des  Präfixes  i. 

Ebenso  fanden  wir  oben  PI.  ameso  6.,  aber  Sing,  ili-so  5. 
„Auge".     Mithin  ist  §  <C  /»'  unter  Einfluß   des    i  zu    s    geworden. 

(Tanz  regelmäßig  ist  dieser  Vorgang,  so  viel  ich  sehe,  nur  bei 
y9  das  auf  diese  Weise  fast  stets  zu  z  wird. 

Vgl.  za  „kommen"  (neben  vkv-iza)  yiüf/ff,  zala  „voll  sein" 
wahrscheinlich  von   .:■</. 

i-zulu  5.   „Himmel,  Luft"   yulll. 

c)  Durch  folgendes  i  wird  regelmäßig  /."  zu  s  (22).    Der  "\ 
gang  ist  in  der  Sprache  aber  nicht  mehr  lebendig,  vgl.  oben  2  Bern. 

1)  Endemann  schreibt  nd.  2     Vgl.    Das    fsivenda',   a.a.O., 

p.  607  ff.,  Nr.  29,  b);   „Grundriß    p.  50  f.   p.  148,  Nr.  4  t'. 


744         Meinhof,  Hottentottische  Laute  und  Lehmeorte  im  Kafir. 

i-khiwane.    Heute  ist  also  die  Lautverbindung  lei  und  Jchi  im  Kafir 
nicht   verpönt.    Die  betreuenden  Formen  sind  aber,  so  viel  ich  sehe, 
selten  und  neu.    Vgl.  'kila  „heimlich  anklagen",  klutha  „schneiden" 
(mit  Stein  oder  Axt). 
Beispiele. 

Prüf.  Kl.  7  /.'/  lautet  si,  ist;  ubic-si  14.  „Honig"  yutei,  um- 
sila  3.,  isi-sila  7.  „Schwanz"  teila,  sina  „tanzen"  vgl.  Kongo  Irina, 
sinda  „übertreffen"   vgl.  Ko.  khinda. 

Auch  tei  wird  zu  si  in  pha-ntsi  „unter"  aus  B.  pa-ittei, 
yi   wird   zi   (doch   vgl.  oben  4,  b):    azi    „wissen"   vgl.  B.  yi-ra. 

Wahrscheinlich  ist  auch  K.  u^bisi  11.  „süße  Milch"  <C  B. 
-rttet,  das  sonst  „unreif"  ist.  Die  Grundbedeutung  dürfte  „frisch, 
neu"  seio.  So  viel  ich  weiß,  trinken  die  Kaffern  die  Milch  sauer, 
insofern  ist   „süße  Milch"   unreif. 

d)  Durch  folgendes  i,  das  dem  „schweren"  i  des  B.  entspricht 
(25),  werden  alle  Konsonanten  mit  Ausnahme  der  Nasale  verändert. 
Dabei  haben  die  Momentanen  die  Tendenz  zu  s,  die  urspr.  Spiranten 
zu  z  zu  werden.  Es  sind  noch  genügend  Spuren  vorhanden,  daß 
die  Sprache  früher  ähnlich  wie  das  Suaheli  sämtliche  Laute  vor  i 
unterschied ,  aber  die  Abschleifung  der  Laute  zu  s  und  z  ist  im 
K.  schon  ziemlich  weit  vorgeschritten. 
tei  =  si,  ich  habe  nur  ein  Beispiel  i-siyi  5.    „Augenbraue".    Hier 

macht  noch  das  Präfix  Kl.  5   die  Form  verdächtig,  s.  oben  b). 
Sonst    ist  Jci    stets  =  si,    also    von    ~k,i  und  andern  Laut- 
verbindungen im  K.  nicht  zu  unterscheiden. 

Vgl.  um-si  3.  „Rauch"  iimu-ki,  um-sizi  3.  „Ruß,  Pulver" 

-teilt,  sitha   „beschatten"    teitfl. 
ti  =  st,  z.  B.  ubu-si'ka  14.  „Winter"  -titea,  u-sihga  11.  „Faden" 

-th'iga. 
p\   =  fi,   jedoch    kommt    auch    si   vor.     fisa   „verbergen"  pitea, 

fika   „ankommen"  pitefl,   finiza,   ukuthi-ß,nini  „den  Körper 

zusammenziehen,    als    wollte    man    sich    an    die    Erde    setzen", 

„Gesichter  schneiden"  piiia,  u'bu-fifi  14.    „Trübheit",  fi-pala 

„trübe,  dunkel  werden"   -pbpi. 

Daneben  ama-si  6.   „Milch"   -pif  So.  ma-fst,  ma-svoi  6. 
yi  —  zi,  z.  B.  präf.  verb.  refi.  zi  yi,  um-zi  3.  „Dorf"    -yi,  i-zikq 

5.  „ein  Feuerherd"  -ytteo,  i-zivyq  5.  „Zahn"  B.  -yitio  (besser 

-yihyo). 

In  einer  Anzahl  von  Fällen  ist  y  einfach  abgefallen,  vgl. 
oben  ili-so  statt  ili-iso  „Auge"  ytteo,  so  auch  amenyo  PI. 
zu  iziiiyo  „Zahn"  neben  ama-zivyq;  ameriyo  steht  für 
ama-ihyo. 
li  =  zi,  z.  B.  Präf.  Kl.  10  izin- ,  B.  -ilini,  imbuzi  9.  „Ziege" 
-ruft ,    -'kazi    „weiblich"   -teali,    isi-ziba  7.   „Wasserloch" 

-llva. 

Auch  vor  der  Perfektendung  -ile  B.  -ile  wird  gelegentlich 
1  zu  z. 


Meinhof,  Hottentottische  Laute  und  Lehnworte  im  Kafir.         ,  45 

So    bildet    sola    „ sitzen,    bleiben"    das  Perf.    seil   und    sezi, 
zusammengezogen  aus  sal-ile. 
ri   wird  der  Kegel  nacb  zu  vi,  aber  aucb  hier  kommt  zi  vor. 

Präf.  Kl.  8  izi  ivt ,    'ba'ba    „scharf,    beißend    sein"    bildet 
ubu-'bazi  14.    „Nessel"   für  urspr.  yayi. 

i-vila  5.    „ein  lässiger,  fauler  Mensch"    Vtld ,   vimba   „auf- 
häufen"  vimba. 

u-vi  11.   „graues  Haar",  pl.  izim-vi. 
lii   =  ni.  z.  B.  ihkuni  9.   „Feuerholz"    -hiaii. 

intsoni  9.  „Schande"  -L'Qiii.  -eni  „Lokativendung"  aus  -illi. 
Auch  mit  Nasalen  verbundene  Konsonanten  werden  wahrschein- 
lich in  derselben  Weise  verändert.  Einziges  Beispiel :  Jamba  „hungrig 
sein",  iCbu-lanzi  14.  „Zustand  der  Not  und  Einsamkeit",  wahrschein- 
lich auch  intsanzi  9.  „Fisch"  von  samba  „sich  waschen".  Übrigens 
ist  der  Vorgang,  daß  durch  i  «  %)  Laute  verändert  werden,  dem 
Sprachbewußtsein  ganz  entschwunden.  Man  bildet  heute  wm-bali 
1.  „der  Zählende",  xvm-abi  1.  „der  Teilende",  um-ahhi  1.  „der 
Bauende",  wm-thungi  1.  „der  Nähende"  von  -'bala ,  -aba,  -alcha, 
-thunga  u.  s.  f. 

e)  Wenn  die  auf  diese  Weise  entstandenen  Silben    si,   fi,    zi, 
vi  unsilbisch  werden  durch  folgenden  Vokal ,    so    fällt  das  i  regel- 
mäßig aus  (29). 
Uya.     So  entsteht  z.  B.  sa  Gen.  Kl.   7   aus  si-a  urspr.   ki-ri. 

sa   „anbrechen  vom  Tag"   kt/(l. 
Tvya.     vuka  „erwachen  vom  Schlaf"   bildet  kaus.  vusa. 

suka  „aufspringen,  aus  dem  Wege  gehen"  bildet  kaus.  susa. 
thuka   „von  Furcht  erregt  sein"   bildet  kaus.  thusa. 
Vgl.  'buka  „freundlich  mit  jemandem  reden,  freundlich  auf- 
nehmen"   mit  'busa   „dem  König  aufwarten". 

In  allen  diesen  Kausativen  steht  -sa  für  urspr.  h'f/<(. 
So  auch  Appleyard  p.  159:   -aka  wird  -asa,   -u'ka  wird  -usa. 
z.  B.  fambaka   „bersten"   intr.,  fambasa   „bersten  machen". 

aluka  bildet  alusa  „beschneiden",  goduka  „heimgehen"  godusa. 
Vgl.  iukosana,  Dernin.  von  inkosi  9.   „Häuptling". 
tf/fl.      -atha    wird    -esa,    z.  B.    ambatha    „sich    kleiden"     ambesa 
„kleiden"   tr.,  ambesa  statt  a nthatf/ff.  si  „wir"    mit  folgen- 
dem a  wird  sa. 
}>{f((.     u-fifana,  Demin.  von  u-fifi  11.    „unbestimmtes  Sehen' 

*u-fifi-ana. 
lya,  z.  B.  Gen.  Kl.  10  za  aus  zi-a  von  li-a. 

Die  Verba  auf  -la  bilden  ihr  Kausativum    auf  -za  ans   -ff/ff. 

■/..   B.  Appl.  p.  159. 
"l'i   wird  aza,  phalala   „verschüttet  sein"  pliala:.*'. 
hhathala   „verwirrt  sein"   kfiathaza. 
ula  wird  uza,  khumbula   „sich  erinnern"   Ichumbuza, 
/i/ttnnta   „ruhen"  phumza. 


74(i         Meinkof,  Hottentottische  Laute  und  Lehnworte  im  Kafir. 

ela  wird  c::a.     fudumela   „warm  sein"   fudumeza, 
sondela   „näher  treten"   sondeza, 
'kanyela   „leugnen"    Vcahyeza, 
omelela   „stark  sein"   qmeleza  u.  s.  f. 

leb  füge  aus  Kropf  hinzu :  ümaza  von  limala  „verletzt  sein". 
hhalaza  von  hhalala  „beleidigt  sein",  'buza  „fragen"  von  'bula 
„bekennen",  'bozisa  (doppelte  kausative  Endung)  „verfaulen  machen" 
von  'bola  „verfaulen".1)  (Nicht  wie  Kropf  will  statt  'bolisa,  sondern 
aus  der  Grundform  *volyikya). 

aneza   „ei'gänzen"   von  anela  „genügend  sein". 

So  auch  beim  Deminutiv  iiikazana  9.   „Weib"   von  inhazi. 
Vya.     Da    rt   in  manchen  Fällen  zu  zi  wurde,    wird    dies    zi  bei 
folgendem  a  weiter  zu  za,  ebenso  wie  oben  unter  lff(t. 
z.  B.  Gen.  Kl.  8  za  aus  zi-a  =  urspr.  vi-fi. 

zala   „Junge  bekommen,  erzeugen"    vyala. 

Ebenso  entsteht  aus  nd  und  mb  durch  folgendes  ya  nza  (31), 
z.  B.  enza  „machen,  thun",  kaus.  zu  ungebr.  enda  „gehen"  -yentla. 

sanza   „waschen"    von  Samba   „sich  waschen". 

Bern.  Vgl.  noch  sorna  „versuchen,  eine  fremde  Sprache  zu 
sprechen,  aber  so,  daß  man  nicht  versteht"  mit  Suaheli  soma  „lesen, 
gewisse  Koranstellen  hersagen".     Dafür  Nebenform  fyoma   „lesen". 

fyoma  im  Suah.  geht  zweifellos  auf  pyoma  zurück,  und  da 
im  Suah.  st  statt  fi  vorkommt,  ist  soma  ebenfalls  aus  urspr.  pyoiiiff 
entstanden,  vgl.  Suah. : 

fiokota   „zwischen  den  Händen  drehen"   und  solcota   „drehen", 
fionda   „aussaugen"   und  sonda   „aussaugen", 
figo   „Niere"    und  nso   „Niere". 

Da  nach  4  b)  oben  im  Kafir  -pi  zu  -si  werden  kann,  ist  auch 
für  K.  soma  die  Grundform  pfffjma  wahrscheinlich.  Ich  halte 
das  Wort  für  Bantu.  Büttner  bezeichnet  es  als  arabisch.  Krapf2) 
bringt  es  mit  arab.  «..*..*  zusammen,  womit  es  gewiß  nichts  zu 
tun  hat.  C 

Die  Grundbedeutung  wird  wohl   „stammeln,  stottern"   sein. 

Übrigens  hat  Appleyard  p.  159  f.  außer  den  oben  aufgeführten 
richtigen  Wortableitungen  eine  ganze  Anzahl  falscher. 

Über  nya  und  mya  s.  unter  f). 

f)  In  einigen  Fällen  hat  unsilbisches  i  den  vorangegangenen 
Konsonanten  verändert,  wo  silbisches  i  eine  Veränderung  nicht 
bewirkte  (29). 

phya  wird  zu  tsa,  z.  B.  tsa  „brennen"  pia,  tsa  „neu"  p>Ufh 
fuphi  „kurz"   bildet  clemin.  futsane  statt  *fuphyane. 

lya  wird  za,  z.  B.  za  „essen"   Ha. 

u-nomantele  1.  „eine  Wespe"  bildet  deminut.  u-nomantezana 
statt  *u-nomanielyana. 

1)  Johl  'bnlisa. 

2)  Suaheli-English  Dictionary. 


Meinhof,  Hottentottische  Lernte  und  Lehnworte  im  Kafir.         <  4  < 

Doch  gibt  das  Präfix  //  Kl.  5  mit  a  des  Genitivs  und  mit  a 
vei'bale  stets  la. 

vya  wird  7/«  mit  stimmloser  Lenis  J.  z.  B.  Hjala  „säen"  yyala. 

iiikdbi  9.   „Ochse",  Demin.  iiikatjana  statt  Hn'kd'by-ana. 

(Vgl.  indatjana  9.  Demin.  zu  inddba  9.   „Neues". 

AYahrscheinlich  geht  es  auf  eine  Nebenform  auf  e  bezw.  / 
zurück,  oder  es  liegt  Analogiebildung  vor;  s.  unten  5,  d).) 

In  intombazana  9.  Deminut.  von  inlombi  9.  „Mädchen"  hält 
sich   mb  trotz  des  ausgefallenen  y. 

Daß  in  der  Verbindung  nya  (urspr.  iiya  und  ilfja)  das  n 
palatal  wird,  ist  sicher.  Ich  schreibe  deshalb  stets  hy.  Aber  auch 
m  wird  durch  folgendes  ya  zu  w. 

Vgl.  ?v?/«   „Stuhlgang  haben"   «//«. 

ihy-athi  9.   „Büffel". 

'//Vya   „saugen",  kaus.  von  ungebräuchlichem  ama. 

u-vunyelo  11.  neben  u-vumelo  11.  „Erlaubnis"  von  vumela 
„erlauben". 

intsinyema  9.  „kleiner  Garten"  (von  mtsiuii9.)  statt  Hntsimiana. 

intsonyana  9.  (Adj.)  „allegorisch"  (von  intsomi  9.  „Fabel") 
statt  Hntsomiana. 

5.  Veränderung  der  Konsonanten  durch  «-Laute. 

a)  Durch  leichtes  m  werden  Konsonanten  im  Kafir  nicht 
verändert,  ebensowenig  durch  o  (22 — 24). 

b)  Durch  schweres  w  werden  alle  vorhergehenden  Konso- 
nanten verändert  (25),  mit  Ausnahme  der  Nasale  und  zwar  werden 

alle  ursprünglichen  Momentanen  vor   Ü  zu  /, 
alle  ursprünglichen  Spiranten  zu   v. 
J>0,  z.  B.  isi-fuba  7.  „Brust"  -Jeuya,  safuna  „ kauen"  trfl.uita, 
fuphi  „kurz"  huj)i,  fwmbatha  „die  Hand  schließen"  h'untba, 
ama-futha   „Fett"    -Tcuta. 
tu  üi-fu   „Wolke"   -tu,  fulela   „decken"   tuJa.  funa  „wünschen" 

tuncij  funda   „lernen"   tüillla,  fuya  „besitzen"   tuy<(. 
pUf  z.  B.  fulathela,  dial.,  „Jemandem  den  Bücken  kehren"  pufutu. 
Von  pepa   „blasen"   in  impepliq  9.  „leiser  Hauch",  pkepheza 
„blasen"  wird  mit  „schwerem"  u  gebildet,  phefu  in  der  Ver- 
bindung   ukutlii-phefu    „atmen".      Davon    phefumla    (statt 
phefumula)  in  derselben  Bedeutung. 
yu,  z.  B.  inzovu  9.   „Elefant"    ihqoyu. 
lu,  z.  B.  vuma   „zustimmen,  singen"   luawf. 

vuba   „gekochtes  Korn  mit  Milch  mischen"    lUvd, 
vuza   „lecken"   ICtya. 

hhathala   „alt    sein"    bildet    inkdtavu  9.   „das,    was    alt    ist" 
(7  statt  th  ist  entweder  Druckfehler  oder  Assimilation  an  ila- 
vorhergehende nicht  aspirierte   li). 
ubu-''bovu  14.   „Eiter"   von  'bola   „verfaulen". 


748         Meinhoff  Hottentottische  Laute  und  Lehnicorte  im  Kafir. 

VÜ9  z.  B.  vuna   „ernten"    vufia. 

um-vunza  3.   „Hase",  P.  mmota. 

So    auch    inijtemvu  9.    „Tier    mit   einer  Blässe"   von  pemlm 

„weiß  sein". 
Vgl.   um-pkemba  3.  „Unkraut  mit  weißen  Blumen  und  eßbaren 

Wurzeln". 

c)  Werden  die  Silben  fu  und  vu  durch  folgenden  Vokal  un- 
silbisch, so  fällt  u  regelmäßig  aus  (29). 

z.  B.  fa   „sterben"    statt  fua  küa. 

fana  „gleichen"   statt  fu-ana  püana. 

Wahrscheinlich  von  demselben  Stamm  mit  erhaltenem  u  ist 
gebildet  fuza  „gleichen",  wahrscheinlich  aus  urspr.  püyya  (also 
als  Grundform  anzunehmen  püya). 

ili-fu  5.  „Wolke"  bildet  den  Lokativ  e-f-ini  „in  der  Wolke" 
statt  e-fuo-ini. 

lila  „herauskommen"  müßte  K.  heißen  nach  den  Regeln  unter 
b)  vua,  es  heißt  aber  va;  vgl.  das  relat.  vela  „herauskommen,  ent- 
springen " . 

yüa  (statt  yilhgüa)  „hören"  müßte  K.  ebenfalls  vua  „heißen", 
lautet  aber  va. 

imvu  9.   „Schaf"   bildet  Demin.  imvana. 

um-'bomvane  3.    „Safranholz"    von   -'bo?nvu   „rot". 

d)  Bei  den  Labialen  verursacht  folgendes  w  Dissimilation  (29. 
31.  34),  indem  die  Labialen  zu  Palatalen  werden,  und  w  häufig 
verschwindet.     So  wird 

phwa  =  pwfl  zu  tswa  und  tsa. 

'bwa  wird  zu  *tjwa  und  V/a,  (bwa  wird  zu  dzwa  und  dza). 

mphwa  wird  ntsa. 

mbioa  wird  nzwa  und  nza.1) 

mwa  wird  nwa  und  nya. 

Diese  Lautveränderung  ist  so  beliebt ,  daß  sie  sogar  eintritt, 
wenn  w  in  einer  der  folgenden  Silben  steht. 

z.  B.  'bopha   „binden"   bildet  pass.  'botsxva  statt  ^bophwa, 

so  auch  'botselelwa  pass.  von   ,bophelela. 

Ichupha  „herausbringen",  pass.  khulswa  u.  s.  f.,  s.  Appleyard  p.  82. 

So  ist  auch  tsa  „auftrocknen"  von  pw(l  abzuleiten  und  hat 
mit  tsa   „brennen",  das  von  py<l  kommt,  nichts  zu  tun. 

intsapho  9.  „Kinder"  bildet  Deminut.  irdsatsana  9.  Appl.  p.  107. 

u-zipho  11.  „Fingernagel"  bildet  eluzitseni  statt  *elu-ziphw-eni. 

(Bei  Kropf  ist  p  statt  p*  verdruckt.) 

In  ganz  neuen  Bildungen  hält  sich^>,  z.  B.  um-'p-ana  3.  „Pistole" 
von  um-pu  3.  „Flinte"  (das  p  in  der  Stammsilbe  zeigt,  daß  das 
Wort  Fremdwort  ist,  s.  unten   11,  4.). 

''babala   „etwas  freiwillig  tun"   bildet  pass.   ''batjalwa. 


I)    Nach  Johls  Aussprache. 


Meinhof,  Hottentottische  Laute  und  Lehnworte  im  Kafir.        749 

Ifbala  „vergessen"   bildet  pass.  litjalwa,  Appleyard  p.  162. 

gweba   „rechtfertigen"   bildet  pass.  gwgtjwa 

und  gwebela  bildet  pass.  gwe'tjelwa. 

gubungela   „bedecken"   bildet  pass.  gutjungelwa. 

ubu-^i/wala   und  u'bu^tjalwa  14.    „Kafferbier"   aus  -rwffjft, 
wahrscheinlich  mit  doppeltem  Präfix,  s.  unten  mw. 

ili-Hje  5.   „Stein"    -rive,  so  auch  u'tjani  14.    .Gras". 

iCbu-swempu  14.   „Armut"    bildet   Lokativ  ebuswentsini    „in 
Armut"   aus  *e'busicempwini. 

i-swernpu  5.   „ein    armer  Mensch"   bildet    Demin.  i-swentsana 
aus  */§wempio-ana. 

mpqinpqza   „sich  ausbreiten"   bildet  pass.  mpqntsqzwa. 

intambo  9.  „Zunge"  bildet  Demin.  intanzana  aus  HrCtambtö-ana. 

Ebenso  umlambq  3.   „Fluß"   bildet  Demin.  wmlanzana. 

Von  thqmba    „sich    entwickeln"    (der  Mädchen)    wird    gebildet 
intqnzane  9.    „Fest  bei  der  Pubertät  der  Mädchen*. 

thimba   „unterwerfen"    bildet  pass.  thinzica  aus  Hhimbwa. 

'bamba  „gefangen  nehmen"  bildet  pass.  'banzwa  aus  ^bambwa. 

khumbaza   „erinnern"   bildet  pass.  khunzuzioa.    So  auch  in-za 
9.   „Hund"   statt  *imbwa  B.  inibwa. 

"Wie  sehr  hier  die  Analogiebildung  um  sich  gegriffen  hat, 
zeigen  Formen  wie:  indatjana%.  „Neues"  von  inddba  9..  s.  4,  f), 
und  tntinzana  9.  „eine  Gesellschaft  junger  Mädchen"  von  intimhu. 
wo  gar  keine  Semivokalis  vorliegt,  die  das  Eintreten  der  Palatalis 
veranlaßt  haben  könnte. 

thuma   „senden"   bildet  pass.  thunwa. 

vumela   „erlauben"   bildet  pass.  vuhyelioa. 

(Wo  u  nach  m  ausgefallen  war,  bleibt  es  nach  ny  erhalten. 
z.  B.  khumsa  „dolmetschen"  (statt  khumusa)  bildet  pass.  khuhyuswa. 

khazimlisa   „glänzen  machen"   (statt  kltazimulisa)   bildet  pass. 
khazUtyuliswa) 

umiomo   „Mund",  Lokativ  emlq'ayeni  statt  *emlomweni. 

inkomo  9.   „Kuh"   bildet  Demin.  inkonyana  9.   „Kalb". 

uhy-ana  1.   „Sohn"   statt  umw-ana. 

In  vielen  Fällen  wird  dies  t'ty ,  das  aus  mw  entstand,  nicht 
mehr  als  Präfix  Kl.  1  oder  3  erkannt  und  als  zum  Stamm  gehörig 
behandelt,  z.  B.  uhy-aka  3.   „Jahr",  davon  um-ny-d'ka  3.  „Jahr". 

Ferner  von  -yanr/a  müßte  „der  Arzt"  heißen  *uny-anga  1. 
Statt  dessen  ist  im  Gebrauch  das  Verbum  nyanga  „als  Arzt  tätig 
sein"   und  davon  i-nyangi  5.  und   wm-nyangi  1.   „der  Arzt". 

Auch  hier  liegen  Analogiebildungen  vor,  /..  I!.  von  i-gama  5. 
„Name"   igahyana,  Demin. 

Die  Lautverbindungen  khw  Ckw),  thio,  10  (statt  YW),  lw  pflegen 
sich  zu  erhalten,  nur  vor  o  und  u  verschwindet  das  w  gelegent- 
lich (29). 

z.  B.  khwela   „heraufsteigen",  Icwa  Gen.  Kl.   15.   17. 
'kw-ofi'ke,  'k-on'ke  «alle"   Kl.  15. 


750        Meinhoff   Hottentottische  Laute  und  Lehmeorte  im  Kafir. 

thwala   „tragen". 

wa   „fallen"    yiCft,  wa  Gen.  Kl.  3,  auch  Kl.  3  vor  a  verbale. 

Iwa  „kämpfen",  Gen.  Kl.  11  Iwa,  Iw-onke,  l-otilie  „alle"  Kl.  11. 

Auch    'Z>    hält    sich    als    Präf.    Kl.   1-1     mit    dem    a    des    Gen. 

stets,  vgl.  oben  4.  f)  li,  unter  Ausfall  des  w,  als  'ba;  auch  ''bu  mit 

a   temporale   wird  bu    ba,   doch  vgl.  oben   -'tjwala,   wahrscheinlich 

statt   -'bw-ala. 

G.  Veränderung  der  durch  Vokaleinflüsse  entstandenen  Konso- 
nanten durch  vortretenden  Nasal  (27). 

Die  Lautveränderungen  der  Laterale  durch  vortretenden  Nasal 
s.  unter  4,  a). 

Es  sind  außerdem  folgende  neue  Konsonanten,  bezw.  Konso- 
nantenverbindungen entstanden : 

1.  stimmlose  Fortes :  s,  s,  ts,  f. 

-.  stimmlose  Lenis:   Hj. 

3.  stimmhafte  Lenis:  s,  v  (über  dz  s.  12,  4). 

Bei  Vortritt  des  Nasals  werden  die  Fortes  explosiv,  sofern  sie 
es   nicht  schon  sind;  s.  oben  3.     Die  Lenes  werden  nicht  geändert. 

n  -f-  s  =  nts,  z.  B.  intsimi  9.  „Garten",  pl.  ama-simi  6.  vom 
Stamm   -siml. 

intsapho  9.,  dazu  Sing,  u-sapho  11.   „Nachkommenschaft". 

intswelo  9.,  dazu  Sing,  u-sweto  11.  „Mangel"  von  swela  „Mangel 
haben". 

ulu-su  11.,  pl.  izin-tsu  10.  „Haut  von  Menschen  und  kleinen 
Tieren". 

n  -f-  s  ^>  nts,  z.  B.  sumayela  „verkündigen",  davon  intsumayeli 
9.  „ein  Sprecher",  swabanisa  „vertrocknen",  davon  intswa- 
'baniso  9.   „etwas  Vertrocknetes". 

Ich  vermute,  daß  m  -f-  fzu  mpf  wird,  obwohl  Kropf  mf  schreibt, 
z.  B.  impft  ho  3.  (Kropf  tmfiko)  „Ankunft"  von  fCka. 

z  wird  nach  einer  Bemerkung  von  Kropf  p.  461  mit  n  zu 
einem  Laut,  der  etwa  wie  ndz  klingt.  Beispiele  gibt  er  nicht  und 
schreibt  konsequent  nz  statt  ndz;  Johl  spricht  aber  nz. 

Auch  in  mv  vermag  ich  nach  Johls  Aussprache  eine  Explosiva 
nicht  zu  hören.     Ich  schreibe  also 

imvula  9.   „der  Regen",  imvubii  9.    „das  Nilpferd". 

ts,  'tj  bleiben  bei  Vortreten  des  Nasals  unverändert, 
z.  B.  in-tsambula    „Ärger"   von  tsambula   „ärgerlich  sein". 

in-tsayi  9.   „ein   Gewohnheitsraucher"    von    tsaya   „rauchen". 

idu-Hja  11.   „Riemen",  pl.  izin-Hja. 

in-Hjafo  9.   „Lässigkeit"   von  Hjafa   „lässig  sein". 

in-tjutjainbo  9.    „Blume"   von  HjcCtjarnba   „aufblühen". 

in  indjebo  9.  „reiche  Ernte"  von  Hje'ba  „reich,  fett  sein", 
in  indjelelo  9.  „die  Visite"  von  'fy'elela  „besuchen",  sowie  in  indjwala 
'.».  „große  Menge  Kafferbier",  das  offenbar  mit  u-'fjwala  11.  „Bier" 
stammverwandt  ist,  ist  n  -f  Hj  zu  nclj  geworden. 


Meinhof,  Hottentottische  Laute  und  Lehnworte  im  Kafir.        751 

Durch  m  statt  urspr.  mu  werden  alle  diese  Laute  nicht  ge- 
ändert, z.  B.  umsi  8.  „Rauch",  umsumayeli  1.  „Prediger",  umfuleli 
1.   „Dachdecker",  umzi  3.  „Dorf,   umvi  1.   „ein  Hörer"  u.  s.  w. 

7.  Andere'Lautgesetze  (34.  40). 

Eintreten  von  Nasalen  in  den  Wortstamm  (16)  findet  sich  z.  B. 
ih^kombo-zembe  9.  dial.,  Name  eines  Krautes,  das  K.  u-lcqbq  heißt, 
vgl.  ndanda  „flattern4*  mit  dada  „schwimmen". 

i-ndikinda  und  i-ndPkida  5.  „eine  Anzahl  Hätten". 

Dissimilation  (34)  liegt  vielleicht  vor  in  -ihandathu  „sechs" 
statt  *-thantathu. 

Bern.  In  den  Sprachen  Ostafrikas  gilt  vielfach  das  Dahl'sche 
Gesetz,  wonach  von  urspr.  stimmlosen  Explosiven  in  aufeinander- 
folgenden Silben  die  erste  stimmhaft  wird ;  in  *-thantathu  würden 
3  stimmlose  Explosiven  auf  einander  folgen,  um  dies  zu  vermeiden, 
ist  die  mittlere  stimmhaft  geworden.1) 

Haplologie  liegt  z.  B.  vor  in  lolonga  statt  longalonga  „be- 
obachten", wahrscheinlich  auch  in  dem  eben  erwähnten  -thandatlm 
statt  -thathu-na-thathu ;  ferner  in  iiikvenkwezi  9.  „Stern"  statt 
iukwezi-nkicezi,  vgl.  i-kliwezi  5.  „der  Abendstern". 

Durch  Ausfall  von  Z,  der  auch  auf  Dissimilation  beruht,  ent- 
stand 'bulawa  aus  'bulalwa ,  pass.  von  ''bulala  „morden".  Auch 
fällt  l  zwischen  den  beiden  gleichen  Vokalen  der  Präfixe  Kl.  5  äi. 
Kl.  11  %du  meist  aus. 

Assimilation  liegt  vor  (34),  wenn  nz  bei  folgendem  ndz  zu  nz 
wird,  z.  B.  yenze  ndzalo  statt  yenza  ndzalo,  'bendingenzanga  ndze 
statt  ''bendihgmzanga  ndze  u.  s.  f.,  Appleyard  p.  81.  Vgl.  noch 
V  in  p.  739  Note  2  und  p.  747  unten. 

Die  offenen  Vokale  o  und  e  in  vorletzter  Silbe  werden  zu  g 
und  e,  wenn  in  der  folgenden  Silbe  ein   i  oder  u  steht: 

z.  B.  imbeu  9.  „der  Same",  tsi'-levu  7.  „das  Kinn",  umabell 
1.  „der  Teilende"  von  -abela,  intsgnz9.  „Schande",  inzovu  9.  „Elefant", 
u'bu-'bgvu  14.  „Eiter"   von   'bola  „verfaulen"  u.  s.  f. 

Veitauschung  von  Lauten  finde  ich  vereinzelt ,  z.  B.  i-djeke- 
cljeke  5.  „etwas  im  Wasser  aufgeweichtes"  neben  i-dtkedeke;  u-djam- 
d/ani  11.  neben  u-dzamdzam  11.  „Hunger";  kltakhaza  neben  'ka- 
'kaza  „gurgeln",  khusa  =  guza  „ein  Fell  weich  reiben",  fulatsela 
statt  fulathela  „jem.  den  Rücken  kehren". 

8.  Fremdwörter  und  Dialekte  (17). 

Es  kann  nicht  zweifelhaft  sein,  da!')  Wörter  aus  andern  Bantu- 
dialekten  ins  Kafir  eingedrungen  sind.  Dieselben  scheinen  dann 
die  Lautgesetze  zu  durchbrechen. 

So  führt  z.   B.   Kropf  an   feba   „huren"   „aus  dem   Sesuto". 

Die  Lautverbindung  fe-  kann  im  K.  nur  aus  fi-e  oder  fu-e 
entstehen,  macht  also  das  Wort  von  vornherein  verdächtig. 


1)  Endemaun  bestreitet  die  Richtigkeit  meiner  Erklärung  von  -tltaiulatltu . 
Bd.  LVIII.  49 


P52        Meinhof,  Hottentottische  Laute  und  Lehnworte  im  Kafir. 

So  scheint  auch  feza  „vollenden"  Fremdwort  zu  sein  =  So.  fetza. 

Der  kaffersche  Wortstamm  heißt  nicht  fela ,  sondern  regel- 
mäßig pkela  „zu  Ende  kommen". 

Vgl.   im'pisi  „Pferd"   (dial.)  So.  pitzi  „Quagga". 
implsi  „Hyäne",  So.  phiri  „Hyäne". 

In  beiden  Fällen  ist  das  Wort  Fremdwort. 

Manche  Fälle  von  Lautwandel  werden  den  gleichen  Ursprung 
haben,  s.   7. 

9.  Die  Veränderungen  der  Nasale  (33),  so  weit  solche 
vorliegen ,  sind  oben  unter  4  und  5  behandelt.  Darnach  entsteht 
n  aus  m  und  aus  mu. 

n  vor  Vokalen  kommt  in  einigen  wenigen  Worten  vor.  Ich 
kann  dieselben  aber  aus  andern  Bantusprachen  nicht  erklären,  sie 
sind  mir  deshalb  als  Fremdworte  verdächtig. 

z.  B.  i-iiawu  5.  „Hurer",  i-hahane  9.  „eine  Art  Ibis",  i-na- 
namfu  9.  „ein  dickes,  geschwollenes  Ding",  ili-na  5.  „ein  großer 
Klumpen". 

n  vor  Konsonanten  ist  in  3.  oben  nachgewiesen. 

10.  Zusammenstellung  der  kaf ferschen  Laute. 
Vokale.  (35.  36.) 

a 

e  o 

e  Q 

i  u 

i  und  u  entsprechen   den   „leichten"    und   „schweren"   Vokalen 

des  Bantu. 

Grundkonsonanten.  (37.) 
urspr.  Momentanen.        urspr.  Spiranten.  Nasale. 

Ich,  'k  ',  g,  y  (n)  s.  9 

th.  (t)  l   '  n 

ph,  Cp)  'b  m 

Mit  Nasalen  verbundene  Grundkonsonanten: 
nk  ng 

nt  nd 

■mp  mb 

Durch  Vokaleinflüsse  entstanden: 

Stimmlose :  Stimmhafte : 

einfach              nasaliert  einfach               nasaliert 

s,  h                  nl§  z                     nz 

s,  ts                nts  nz 

s                    nts  z                    nz 

f                    iiipf  v                    mv 

Hj  (lenis)        vttj  (lenis)  ndj 
Über  dz  und  ndz  s.  unten  12,   4 ;  dj  und  ts  s.  7. 

Aus  den  Nasalen  entsteht  n. 


Meinhof,  Hottentottische  Laute  und  Lehmcorte  im  Kafir.        753 


Explosivae 

'S 
1 

Fricativae 

"3 

> 

Stimmlose 

Stimmhafte 

stimm- 
lose 

Stimmhafte 

Lenes 
rein     nasal 

Fortes 
rein     nasal 

Lenes 

rein     nasal 

Fortes 

Lenes 
rein    nasal 

Velares 

Vc 

iik 

Ich 

9 

hg 

(n) 

Laterales 

nts 

S 

z 

nz 

Palatales  a 

V 

nfj 

dj 

ndj 

n 

:, 

Palatales  b  mit 
Kauschlaut 

f.§ 

nts 

s 

nz 

Alveolares  a 

(Vi 

nt 

th 

d 

nd 

n 

l 

Alveolares  b ') 

ts 

nts 

s 

z       nz 

Dentilabiales 

mpf 

f 

V 

mr 

Eilabiales 

(» 

mp 

ph 

'b 

mb 

m 

W 

Faukales  h, 
Vokale : 


11.  Außer  diesen  Lauten,  deren  Entstehung  aus  der  allgemeinen 
Bantul autlehre  klar  ist,  hegegnen  uns  in  der  Sprache  aber  noch 
andere  Laute,  die  nicht  durch  die  bekannten  Lautgesetze  aus  echten 
Bantulauten  entstanden  sind.  Auch  in  den  mitgeteilten  Stamm- 
wörtern kommen  sie  nicht  vor. 

1.  fy.  Kropf  schreibt  dafür  Hy,  d.  h.  tj  mit  Aspiration.  Ich 
kann  mir  darunter  nur  ty  vorstellen.     So   spricht  auch  Johl. 

z.  B.  tyola   „jemanden  fälschlich  eines  Verbrechens  anklagen". 

i-fynm  5.  „linker  Nebenfluß  des  Büft'elflusses,  nahe  dem  Berge". 

isi-tyutlmtyuthu  7.    „Unüberlegtheit,   Gedankenlosigkeit". 

'1.  Verschiedene  Laute,  die  mit  r,  rc,  r  bezeichnet  werden. 

a)  =  engl,  r  in  Fremdworten. 

b)  z.  B.  in  itar^xi  5.  „Freundlicbkeit,  Dank",  vielleicht  y  oder  y. 


1)  Die  Laute  der  Alveolarreihe  b  werden  mit  einer  Zungenstellung  gebildet, 
bei   der  die  Spitzt'   der  Zunge  die   unteren   Zähne  berührt. 


754         Meinhof,  Hottentottische  Laute  und  Lehnivorte  im  Kafir. 

c)  z.  B.  in  r(ola   „ausziehen",  %  oder  arab. 

d)  vielleicht  ähnlich  arab.  c  oder  t ,  z.  B.  in  roZa  „ausschnitzen". 

e)  ein  gutturaler  Klix ,  vielleicht  als  k  mit  *  zu  bezeichnen, 
z.  B.  in  i-vangqa  dial.  für   „Branntwein". 

Kropf  gibt  p.  348  über  diese  Laute  ungenügende  Aufklärung, 
und  meine  eigenen  Untersuchungen  darüber  sind  nicht  abgeschlossen. 
Vgl.  noch  Tabelle  in  I. 

3.  Die  Schnalzlaute,  und  zwar  verzeichnet  Kropf 

1)  die  einfachen  Schnalze  c,  q,  x. 

Davon  ist  c  dental,  q  cerebral,  x  lateral. 

2)  Die   Schnalze  in    „stärkerer"   Aussprache:  c,  q,  x. 
Was  Kropf  hiermit  meint,  ist  mir  nicht  klar. 

3)  Die  aspirierten  Schnalze :  cc,  q*,  x*. 

4)  Die  stimmhaften  Schnalze  :  gc,  gq,  gx. 

5)  Die  stimmhaften  aspirierten  Schnalze:  gcc,  gq\ 

6)  Die  Nasalierung  aller  dieser  Formen : 
also  nc,  nq,  nx. 

nc,  nq,  nx. 
nc*,  nq*,  nx*. 
ngc,  ngq,  ngx. 
ngc*,  ngx*. 
Alle  diese  Laute  sind  aus   den  Lautgesetzen    des  Bantu   nicht 
zu  erklären,  und  kommen,  wie  wir  im  Stammwörterverzeichnis  sehen 
werden,  in  echten  Bantuwortstämmen    nicht    vor.     Sie    sind    wahr- 
scheinlich also  fremden  Ursprungs. 

Wegen  der  phonetischen  Schreibung  der  Schnalze  s.  I. 

4.  Außer  diesen  Lauten,  die  wir  im  Schema  p.  753  ganz  ver- 
missen ,  haben  wir  aber  noch  b ,  H ,  p ,  ?i,  '/»;,  dz,  ndz  in  gewisser 
Hinsicht  als  Laute  anzusehen,  die  in  das  urspr.  Kafir  nicht  hinein- 
gehören. V,  p  kamen  in  urspr.  Bantuworten  vereinzelt  vor,  viel- 
leicht nur  unter  dem  Einfluß  der  Assimilation,  s.  p.  739  Note  2; 
p.  747  unten.  Sie  stehen  deshalb  in  der  Tabelle  in  Klammern;  n  ist 
vor  Konsonanten  in  festen  Lautverbindungen  nachgewiesen.  Vor 
Vokalen  kommt  es  vereinzelt  vor,  ich  weiß  aber  nicht,  ob  diese 
Worte  sicher  Bantu  -  Ursprung  haben ,  s.  9.  Ich  konnte  also  auch 
n  nur  in  Klammern  in  das  Schema  aufnehmen  und  muß  es  für 
möglich  halten,  daß  es  fremden  Ursprungs  ist.  %  steht  regelmäßig 
in  der  Nicht  -  Stammsilbe  statt  Ich.  Finden  wir  es  in  der  Stamm- 
silbe, so  können   wir  es  aus   dem  Bantu  nicht  erklären. 

h  steht  gar  nicht  im  Schema,  außer  in  der  Verbindung  mb. 
Nach  3.  oben  ist  es  möglich,  daß  es  sich  in  manchen  Fällen  durch 
mb  aus  'b  entwickelt  hat.  Da  ich  aber  kein  Beispiel  habe,  kann 
ich  es  nicht  aufnehmen  und  muß  es  als  fremden  Laut  bezeichnen. 
Da  aus  b  nach  5,  d)  dz  entsteht,  gehört  auch  das  nicht  in  das 
Schema  hinein,  ebensowenig  ndz,  das  daraus  entstanden  ist.  Da- 
gegen ist  nz  sicher  Bantuursprungs,  da  es  von  mb  herkommt. 


Meinhof,  Hottentott ische  Laute  und  Lehnworte  im  Kafir.        755 

12.  In  Bezug  auf  alle  diese  Laute,  die  wir  bis  auf  Weiteres 
als  fremde  Laute  ansehen,  lassen  sich  einige  Lautgesetze  beobachten, 
die  wir  hier  zusammenstellen  wollen. 

1.  t%  gibt  mit  vortretendem  Nasal  ntj\  z.  B.  t'ntjafo  9. 
„Schwäche"  von  -t%afa,  intjabi  9.  „ein  geschickter  Speerwerfer" 
von  -tjiaba.  Die  Bildung  folgt  der  Analogie  von  nt  (n'k,  mp), 
die  aus  th  (Jch,  pli)  entstehen. 

2.  r(  und  r  werden,  so  viel  ich  sehe,  im  Kafir  gar  nicht  ver- 
ändert. Stämme,  die  mit  r(  und  r  beginnen,  bilden  keine  Werte 
nach  Kl.  9  oder  10  der  Nomina,  also  mit  präfigiertem  n  —  ein 
sicheres  Zeichen,  daß  diese  Laute  der  Sprache  ursprünglich  fremd 
waren,  vgl.  die  Häufigkeit  der  betreffenden  Bildungen  oben  unter  3. 
Nur  folgende  Worte  gehen  nach  Kl.  9,  sie  sind  aber  europäischen 
Ursprungs : 

i-rtsafu   „Abgabe"   von  holl.  opgaaf. 

i-7*asi  und  i-r^alasi  „Gerste"    von  holl.  gaarst. 

i-r*uluneU  „Gouverneur"   von  engl,  governor. 

3.  Die   Schnalze. 

a)  Nach  dem  Lautgesetz  in  %  verloren  urspr.  Aspirate  n 
bei  Vortreten  des  Nasals  (n)  die  Aspiration. 

Dasselbe  Gesetz  gilt  bei  den  aspirierten   Schnalzen : 
thentsa  (x^entsa)  „tanzen"  bildet  in-tentsi  9.  „ein  guter  Tänzer". 
Nach  tt-haltigem   m  bleibt    wie    sonst   die  Aspiration  erhalten. 
z.  B.  um-thentso  3.   „der  Tanz  des  Doktors". 

thqla   „ausmeißeln"    {xzola)  bildet  in-tola  9.   „Meissel". 
tluvaleka    {xiifalelca)    „Verlust,    Unglück   haben"    bildet    in- 
iwaleko  9.   „Unglück,  Verlust". 
f.hola  „hart  sein"   bildet  in-folo  9.   „etwas  Hartes". 
plana    {e^ana)     „treffen    (beim    Schießen)"     bildet    in-tani   9. 
(incani)    „der  gute  Treffer". 
thaza  (<fazd)    „kämmen,  klar  machen"   bildet  in-tazo  9.  „Er- 
klärung", in-taza  9.   „Kamm". 
thiiba  (c^uba)  „zivilisieren"  bildet  in-tu'be'ko  '■».  „Zivilisation". 

b)  Die  stimmhaften  nasalen  Verbindungen  nd ,  oid, 
nd  sind  (ebenso  wie  mb  auf  '6  und  nd  auf  l)  auf  andere  Laute 
als  d,  d,  d  in  der  B>egel  zurückzuführen,  sie  entstehen  aus  den 
einfachen,  nicht  aspirierten  Klixen.     Doch  vgl.  unten  c). 

Ula  (xelä)  „sagen,  mitteilen"  bildet  in-delo  9.  „Bericht". 
tinga  (xinga)  „feststecken"  bildet  in-dingohgo  9.  „Schwierigkeit". 
to'kozela    (xokozeia)    „Lärm    machen"     bildet    in-dqkozelo    9. 

„lauter  Lärm". 
tota   (xoxa)    „sich    über    etwas    unterreden"  bildet   in-dqdq  9. 

„Unterhaltung,  Beratung".    (Konsonantenassimilation.) 
hCIxt,    (xuba)    „Dinge    verschiedener    Art    zusammen    mischen" 

bildet  in-duba    ka   ialca  „Mischung,  Verwirrung". 
fala  (qala)  „anfangen"  bildet  in-dalo  9.  „Anfang". 


756         Meinhof,  Hottentott 'ische  Laute  und  Lehnworte  im  Kafir. 

fonda  (qonda)  „verstehen"  bildet  in-dondo  9.   „Verstand";   in- 

dondi  9.   „einer,  der  versteht". 
himba  (qumba)  „ärgerlich  sein"  bildet  in-dumbi  9.  „einer,  der 

sich  immer  ärgert"  und  in-dumbo  9.  „Ärger"  u.  s.  f. 
taphuka  (capeuka)  „unwohl,  verdrießlich  sein"  bildet  in-daphuko 

9.  „Entrüstung". 
tebisana  (cebisana)  „mit  einander  konspirieren"  bildet  in-debi- 

swano  9.  „Ratschlag". 
Weitere  Beispiele  s.  bei  Kropf  p.  115. 

c)  Die  stimmhaften  Explosivlaute^,  d,  b  werden  nach 
8;  Bern.  2  zu  3;  12,  4.  (unten)  durch  das  Vortreten  eines  Nasals 
nicht  verändert.  So  werden  auch  die  stimmhaften  Klixe  d,  d,  d 
dadurch  nicht  verändert. 

ulu-da  11.  „ein  scharf  zugespitzter  Stock",  pl.  izln-da  10. 
um-dam  3.  „eine  Mimose",  in-dam  9.  „der  Same  dazu". 
in-ditiselo  9.  „Auszeichnung"  von  ditisela  „übertreffen". 
in-dusu    9.    „ein    festgetretener   Platz    oder   Weg"    von    -dusa 

„festtreten,  stampfen". 
Für  d  habe  ich  kein  Beispiel  gefunden. 

d)  Die  bereits  mit  Nasal  verbundenen  Klixe  werden 
durch  Vortreten  eines  Nasals  nicht  weiter  verändert. 

z.  B.  i-m fhenthezelo  9.  „Vergebung"  von  nthenthezela  „um  Vergebung 

bitten". 
t-ni^bo  9.   „Band"  von  nti'ba  „binden". 

i-ntayi  (inqayi)  9.  „Kahlkopf"  neben  ubti-nfa>/i  14.  „Kahlheit". 
i-nfhola    9.    „ein    widersetzlicher    Mensch"    von    nfhola    „hart, 

widersetzlich  sein". 
i-nta    9.    „ein  Wunder,    eine    Überraschung"    vgl.    xCkuthi-nta 

„sich  wundern". 
i-nfaba  9.  „eine  Unmöglichkeit"  von  nfaba  „unmöglich  sein". 
i-ntjubi    9.    „ein    Künstler"    von    nfhiba    „künstliche    Arbeit 

machen,  ausbessern  etc.". 
i-ntenteso  9.  „Wasserlauf"  von  ntentesa  „Wasser  leiten". 
i-ntindi  9.    „reiner,    flüssiger  Honig"  von  ntinda  „den  Finger 

in  Honig  u.  s.  w.  tauchen". 
Bern.     Hierbei  ist  allerdings  auch  der  Fall  möglich,  daß  das 
Nomen  nicht  vom  Verbum,    sondern    das  Verbum  vom  Nomen  der 
9.   Klasse  abgeleitet  ist. 

e)  Durch  Einfluss  des  folgenden  i  scheint  mehrfach 
Aspiration  des  Klixes  eingetreten  zu  sein ,  vgl.  den  Einfluß  des  i 
auf  urspr.  k  unter  4,  b),  c). 

So  ist  z.  B.  d  vor  i  stets  aspiriert,  mit  alleiniger  Ausnahme 
von  idibala  (N.  prop.  eines  Flusses),  das  darnach  vielleicht  Druck- 
fehler ist.  Auch  nt  vor  i  ist  häufig  aspiriert,  ndi  dagegen  wird 
meist  nicht  aspkiert. 

f )  Ich  füge  noch  eine  Anzahl  unregelmäßiger  Formen 
bei,    die  zum  Teil  auf  falscher  Schreibung,    zum  Teil    auf  Druck- 


Meinhof,  Hottentottische  Laute  und  Lehnworte  im  Kafir.        757 

fehlem  beruhen  mögen,  zum  Teil  aber  andeuten,  daß  noch  weitere 
Lautgesetze  aufzusuchen  sind. 

iCkuthi-mbu  „etwas  in  die  Schüssel  tauchen";  khonxa  „mit 
einer  Kette  binden,  fesseln"  sind  Beispiele  für  x ,  für  das  ich  eine 
phonetische  Schreibung  noch  nicht  gefunden  habe. 

Neben  toza  „Rinde  abstreifen"  finde  ich  in-iozi  9.  „der  feine 
innere  Bast  der  Rinde"  und   i-tolq  5.  „die  äußere  Rinde  des  Baumes". 

i-dalaba  5.  „die  Schulter",  vgl.  fhalaba  „vor  Furcht  die 
Schultern  hochziehen". 

Vgl.  ferner  fhabasa  „einen  Sack  über  den  Arm,  die  Schulter 
hängen". 

in-dvmbo  9.  „ein  Band,  das  aus  imi-nteba  4.  gemacht  ist". 

irni-nteba  ist  plur.  zu  mn-nteba  3.  „eine  Art  Pflanzenfaser". 

In  dem  ersteren  Wort  liegt  eine  Nasalierung  beider  Silben 
des  Stammes  -liba  vor,  der  doch  wohl  mit  -nte'ba  verwandt,  wenn 
nicht  damit  identisch  ist. 

i-fanfhu  kommt  neben  i-ihandu  als  Name  desselben  Flusses  vor. 

Von  fukumbela  „ein  Kleid  säumen"  bildet  man  gegen  die 
Regel   in-fukumbelo  9.   „der  Saum". 

Neben  infu  [inqu)  9.  notiert  Kropf  isi-fii  (isiqu)  7.  für 
„Wesen,  Natur". 

talula  „unterscheiden"  bildet  in-talulo  9.  „die  Unterscheidung1-. 

Mit  tekisa  „verachten"  ist  verwandt  inte  kevu  9.  „ein  abscheu- 
liches Ding,  ein  abscheulicher  Mensch". 

Von  tela  „bitten"  kommt  indhelo  9.  „Gesuch",  das  Kropf  aber 
p.  115  ohne  Aspiration  schreibt,  es  ist  also  jedenfalls  ein  Druck- 
fehler.    (So  versichert  auch  Johl.) 

Zu  indlunizelo  9.  „Bedrückung"  von  tinizela  „bedrücken",  in- 
dhinga  9.  „Gedanke"  von   tihga  u.  s.  f.  vgl.  oben  b)  und  e). 

Von  thiiha  „verschwenden"  wird  regelmäßig  intiihö  9.  „Ver- 
schwendung" gebildet,  aber  von  thithakala  „verschwendet  werden" 
bildet  Kropf  indJuthakalo  9.  „Verschwendung"  intr.,  was  schwerlich 
richtig  ist. 

Von  thaza  „kämmen"  ist  regelmäßig  gebildet  intazo  (incazo) 
9.  „Kamm".  So  schreibt  Kropf  p.  56.  Aber  p.  236  schreibt  er  incazo 
9.  „Kamm",  für  das  ich  eine  phonetische  Schreibung  nicht  zu 
geben  weiß. 

Nach  Kropf  ist  docjela  =  tlwkela  „in  Ordnung  bringen,  fertig 
machen". 

g)  In  Bezug  auf  die  Assimilation  der  Schnalze  ist  die 
Tatsache  beachtenswert,  daß  in  demselben  Wort  in  den  meisten 
Fallen  nur  Schnalze  desselben  Organs  auftreten,  vgl.  -famndita. 
-fanta,  -tanfata,  -tanda,  -tendcla  u.  s.  f. 

Vereinzelt  ist  das  zusammengesetzte   i-ntvcenh <  '.».  .. Katzenfluß1-. 

Ferner  -fantu,  -hdunht ,  -fwmnda}  -da'kafa,  -doloto  u.  s.  f. 
neben  -takanta,  -donti,  -debethe. 

Ferner  -iata,  -ikatha,  -thantalala^  -tende,  -thcnh    n.  s.   f. 


758         Meinhof,  Hottentott i sehe  Laute  und  Lehnworte  im  Kafir. 

Ich  finde  kein  Beispiel,  wo  der  Stamm  mit  /  (d)  beginnt  und 
ein   t  oder  f.  bezw.  d  oder  d  folgt. 

4.  '/.-,  V.  p  mit  davortretendem  Nasal  mich  Kl.  9  und  10  kann 
ich  in  keinem  sicheren  Beispiele  nachweisen;  impolotsane  9. 
„Schwätzer"  scheint  mit  pololoza  „ausplaudern"  zusammenzuhängen. 
Doch  glaube  ich ,  daß  richtiger  phololoza  zu  lesen  ist.  Jedenfalls 
zeigt  die  Form  i-pliolotsane  5.  „der  Schwätzer"  sicher,  daß  trCp 
hier  wie  sonst  aus  n-j-ph  und  nicht  aus  n  +  ''p  entstanden  ist. 

Dieses  Vermeiden  der  9.  Klasse  deutet  mit  Sicherheit  darauf 
hin,  daß  'k,  V,  p,  abgesehen  von  den  oben  ausgeführten  Fällen, 
später  in  die  Sprache   eingedrungen  sind. 

Das  zeigt  auch  der  Umstand,  daß  p  sich  vor  w  hält,  während 
pli  nach  5.  d)  zu  ts  wurde,  z.  B.  um-pana  3.  „Pistole",  Demin.  von 
um-pu.  b  nimmt  dagegen  öfter  das  Präf.  Kl.  9  vor  sich  an,  wird 
aber  dadurch  nicht  geändert,  im  Gegensatz  zu  den  alten  Bantu- 
lauten,  s.  3. 

z.  B.  imbala  9.  „Flecken,  die  alte  Leute  bekommen,  wenn  sie 
zu  viel  am  Feuer  gesessen  haben"  von  bala  „merken ,  zeichnen" ; 
imbaseli  9.  „einer,  der  Geschenke  verteilt"  von  basela  „Geschenke 
geben"  (abgeleitet  vom  holl.  baas),  imbaia  9.  „Gabel,  gabelförmiger 
Zweig"  neben  i-bata  Kl.  5  u.  s.  f. 

mb  wurde  nach  5.  d)  zu  nz;  nach  Analogie  davon  wird  b  zu 
dz  (während   7>  zu  Jtj  wurde). 

z.  B.  bubisa  „zu  Tode  bringen",  pass.  budziswa. 

Wird  vor  dz  in  Kl.   9  ein  Nasal  gesetzt ,    so  ergibt  sich  ndz : 

z.  B.  indzabulo  9.  „Fröhlichkeit"  von  dzabida  „fröhlich  sein". 

indzoli  9.  „Truchseß"  von  dzola  „die  Speisen  kosten  und  an- 
richten lassen". 

Nach  Johl  klingt  dies  ndz,  also  anders  als  das  aus  mb  ent- 
standene hl.     Kropf  schreibt  beide  nj. 

Die  Wahrscheinlichkeit  spricht  dafür ,  daß  Johl  recht  hat ; 
außerdem  ist  klar,  daß  b  und  dz  sich  als  Laute  darstellen,  die 
sich  von  dem  Bantulautsystem  des  Kafir  abheben  und  also  wahr- 
scheinlich fremden  Ursprungs  sind.  In  basela  ist  die  holländische 
Abstammung  von  Kropf  angegeben. 

n  wird  in  Kl.  9  nicht  geändert,  s.  die  Beispiele  oben  unter  9. 

13.  Die  Art,  wie  hier  die  kafferschen  Lautgesetze  entweder 
überhaupt  nicht  angewandt  werden  (wie  bei  rc  und  r  unter  Ver- 
meidung der  betreffenden  Bildungen)  oder  eine  nur  beschränkte 
Anwendung  finden,  läßt  es  von  vornherein  als  wahrscheinlich  er- 
scheinen, daß  wir  in  den  unter  11.  aufgeführten  Lauten  es  mit 
solchen  Lauten  zu  tun  haben,  die  erst  später  in  die  Sprache  ein- 
geführt, und  also  vermutlich  fremden  Ursprungs  sind. 

Ich  füge  ein  Schema  dieser  Laute  bei ,  für  die  ich  den  Aus- 
druck  .fremde  Laute"   gebrauchen  werde. 


Meinhof,  Hottentottische  Laute  und  Lehnworte  im  Kafir.         759 

A.    Inspiratae. 


Stimmlose 

.St  im 

mhafte 

Ten 

einfach 

les 
nasal 

Aspiratae 
einfach  |    nasal 

Med 

einfach 

ae 
nasal 

Mediae  aspiratae 
einfach       nasal 

Laterales 

t 

nt 

th 

nth 

4 

nd 

!  ndh 

Cerebrales 

? 

nt        th 

nth 

4 

nd 

dh 

Dentales 

t 

nt        th 

nth 

4   : 

nd 

dh       ndh 

B.    Exspiratae. 


Explosivae 

Nasales 

Fricativae 

Stimmlose                   Stimmhafte 

Lenes     ' 

Mediae 

Fortes        einfach          nasal 

Stimm-       Stimm- 
lose     '      hafte 

Velares 

% 

n 

X            7 

Palatales 

tJC          dz         ndz 

Alveolares 

y 

Labiales 

> 

b 

Ferner  gehören  hierher  die  von  Kropf  mit  r  bezeichneten 
Faukalen. 

11.  Wir  lassen  eine  Übersicht  der  Bildungselemente  folgen, 
welche  nach  „Grundriß"  38.  Gemeingut  der  Bantusprachen  sind.  In 
denselben  kommen  die  in  11.  als  fremd  aufgeführten  Laute  nicht  vor. 

Bern.  Schon  Appleyard  bemerkt  a.  a.  0.  p.  84  Nr.  51:  The 
consonants  v  and  f.  the  cliclcs  and  the  deep  guttural,  are  termed 
vadical  letters,  as  they  are  only  found  in  the  roots  of  the  words. 
The  remaining  letters  are  called  serviles,  as  they  are  used  in  the 
formation  and  infiection  of  words,  as  well  as  in  their  roots. 

Die  Beobachtung  ist  im  allgemeinen  richtig,  aber  ihre  Deutung 
ist  falsch.  Bekanntlich  enthalten  die  IHldungselemente  in  der  Regel 
das  älteste  sichere  Sprachgut,  und  sie  werden  verhältnismäßig  selten 
fremden  Ursprungs  sein,  während  Wortstämme  sehr  leicht  von  einer 
Sprache  zur  andern  herübergenommen   werden. 

Laute,  die  niemals  in  Bildungselementen  auftreten,  sind  daher 
von  vornherein  verdächtig  als  fremden    Ursprungs. 

Dabei  scheiden  v  und  /"aus,  da  ihre  Entstehung  aus  echten  Bantu- 
lauten  oben  erklärt  ist.  es  bleiben  also  <li<'  Klixe  and  der  tiefe  Kehl- 
laut (wenn  ich  nicht  irre  das  r  nach  Kropf),  die  sich  aus  Bantulauten 


760         Mehihof,  Jlottentottische  Laute  und  Lehnworte  im  Kafir. 

nicht    erklären    lassen    und,    da    sie    zugleich    in    Bildungselementen 
nicht   auftreten,  für  fremde  Laute  müssen   angesehen  werden. 

In  einer  Anmerkung  führt  Appleyard  u.  a.  noch  aus,  daß  r 
soft  —  also  rc  nach  Kropf  —  in  dem  Affix  -ra  vorkommt.  Vgl. 
darüber  VI. 

a)  Das  Substantivum  (38,  a). 

Klasse     1  um-  (uwy-),  u-  Sing,  zu  Kl.  2.     Menschen. 

2  aba-  (o)  Plur.  zu  Kl.  1. 

3  um-  (uli/-)  Sing,  zu  Kl.  4. 
„  4  imi-  Plur.  zu  Kl.  3. 
„          5  ili-,  i-                Sing,  zu  Kl.  6. 

•i  ama-  Plur.  zu  Kl.   5.    Kollektiva,  Flüssigkeiten. 

,  7  ist-  Sing,  zu  Kl.  8. 

■s  izi-  Plur.  zu  Kl.  7. 

9  ///?/-,  in-,  in-,  im-,  i-  Sing,  zu  Kl.   10. 

„        10  izi'ny-,  izlit-,  izin-,  izim-,  i-  Plur.  zu  Kl.   9   und   11. 

11  ulu-,  u-  Sincr.  zu  Kl.   10. 

.        12  fehlt. 

13  fehlt. 

14  iibu-,  iCtj-         Abstrakta. 
n        15  uku-  Infinitive. 

16  pha-\   Sind  keine  Klassenpräfixe    mehr,    sondern  Präpo- 
n        17  'ku-  j      sitionen,  bezw.  Reste  von  solchen. 
„        18  fehlt. 

Vor  dem  Verbum  lautet  Kl.  1  und  3  u,  Kl.  4  und  9  i,  Kl.  6 
«.  Kl.  10  zi. 

Die  Substantiva  endigen   auf  a,  e,  o,  i  (=   i  und   l),  u  (= 
U  und   Ci). 
z.  B.  is-anza  7.  „Hand";  i-nza  9.  ^Hund". 

i-'bele  5.  „weibliche  Brust1";  um-alane  1.  „Gegner,  Feind". 
um-'balelo  3.  „Aufzählung";  is-abelo  7.  „Teil". 
wn-'bali  1.  „einer,  der  rechnet" ;  um-akhi  1.  „einer,  der  baut". 
i-ukosi  9.  „Häuptling,  Fürst";   i  gazi  5.  „Blut". 
um-nlu  1.  „Mensch". 

i-nzovu  9.  „Elefant";  ubu-'bovu  14.  „Eiter". 
Auch  Adjektiva  auf  u  (==  ii)  finden  sich,  z.  B.  -'bomvu  „rot". 

b)  Die  Verbalspezies  (38,  b). 
1)  La. 

a)  -lea  denom.  intr. 

z.  B.  djuügu-'ka  „Abgehen  der  Haut,  wenn  eine  Blase  auf  der 
Haut  platzt"  von  -djuiicju  in  i-äjwujuäjungu  5.  „Blase 
auf  der  Haut" ; 
fu'ku-'ka  „aufgehen  von  Gährung  oder  vom  Kochen"  von 
-fuku  in  i-fu/cufuku  5.  und  u-fukuflCku  11.  „Dinge, 
die  lose  aufeinander  gehäuft  sind". 

b)  -aka,  intrans.,  mit  -ala  verwandt.    Es  wechselt  mit  ala 
und  tritt  damit  verbunden  auf. 


Meinhof,  Hottentott Mache  Laute  and  Lehnworte  im  Kafir.         <ßl 

z.  B.  phal-dka  und  phal-ala  „überfließen". 

'bub-dka  , zusammengedrückt  sein"  von   ''bxiba  „zusammen- 
drücken". 
Vgl.   ''bdb-aza    „zusammendrücken",    kaus.    von    ungebräuch- 
lichem xbdbala. 
In  azdkala ,  'bondkala ,  khosdkala ,  ondkala  u.  s.  f.    ist  die 
Endung  mit  -ala  verbunden,  s.  unten   -ala  8)  bj. 

In  ,banddkavya  „verbinden"  folgt  -ana  und   -*/a. 

c)  -e'ka  intr.  ist  sehr  viel  gebraucht  in  der  Sprache. 

z.  B.  ilmm-eka  „geeignet  zur  Sendung  sein"  von  thuma  „senden". 
thand-eka  „geliebt  werden,  liebenswürdig  sein"  von  thanda 

„lieben". 
sanz-eka  „rein,  gereinigt  werden*   von  sanza  „reinigen". 

u.  s.  f. 

d)  -uka  invers.  intr. 

z.  B.  vgl.   ''tjdb-uka  „abgeschabt   sein    der  Haut"    mit   ''tjdb-eka 

„eine  Mauer,  ein  Haus  bewerfen". 
khum-'ka  (nach  3.  Bern.  1  für    khum-dka)    „abgehen,    los 

werden    der  Zähne ,    schichten"  von    khuma    „nagen ,    das 

Fleisch  von  den  Knochen  abbeißen". 
oth-uka  „aufgeschreckt  sein"  von  otlia   „sich   wärmen". 

e)  -tika  intens,  intr.,  auch  in  der  verstärkten  Form  -uldka. 
phepli-dka  „weggeblasen  sein"  von  phepha  „entschlüpfen", 

vgl.  impepho  9.  „Lufthauch". 

ndbulxCka  dial.  „ausgestreckt  sein"  von  ndba  „lang  werden, 
schießen  (von   Pflanzen)". 

sambuldka  „rein  sein"  von  samba  „waschen". 

eth-uka  „vor  Furcht  zurückspringen"  von  etha  dial.  „ver- 
sinken, verzweifeln". 

2)  -e'ka    kommt    einige  Male   in  kausativer  Bedeutung  vor. 
z.  B.  nam-eka  „befestigen",    vgl.   ukuthi-nama  „befestigen"  und 

namatha  „berühren". 

''baneka  „erleuchten",    vielleicht    aber  denom.  von  isi-^bane 

7.  „ein  Licht". 
an- e'ka  „Kleider  etc.  ausbreiten  zum  Trocknen  in  der  Luft". 
Vgl.  al-eka  „einen  Rock  über  den  andern  ziehen;    zugeben 

(zur  Ware)". 
Vgl.  ''tjdbeka  oben  1)  d. 

3)  -atha  ist  nicht  selten. 

z.  B.  amb-atha  „Kleider  anziehen" ;  fulatha  ungebräuchlich, 
davon  fulathela  dial.  „jem.  den  Rücken  kehren";  fumb-atha  „die 
Hand  schließen"  von  fu/mba  „sammeln,  aufhäufen";  lamb-atha  „leer, 
armselig,  hungrig  sein"  von  lamba  „ hungrig  sein";  nam-atha  „sich 
berühren" ;  phdh-atha  „Aufschießen  von  mehreren  Pflanzen  um  die 
Hauptpflanze";  siiig-atlia  „ein   Kind   im  Arm  tragen". 

Nach  einer  Anregung,  die  ich  Herrn  Missionar  Bunk  in  Mutiiuli. 
Uhehe,  Deutsch-Ostafrika,  verdanke,  bin  ich  darauf  gekommen,  die 


762         Meinhof,  Hottentottische  Laute  und  Lehnworte  im  Kafir. 

Grundbedeutung  von  -atha  in  dem  Begriff  „zusammen"  zu  finden. 
Von  -ana  unterscheidet  es  sich  dadurch,  daß  letzteres  stets  den 
Begriff  der  Gegenseitigkeit  hat,  der  bei  -atha  ausgeschlossen  ist. 
Wie  das  lateinische  con-  ursprünglich  auch  „zusammen"  bedeutet, 
und  dann  oft  in  Fällen  gebraucht  wird,  wo  es  rein  verstärkend  zu 
sein  scheint,  so  ist  auch  hier  der  Begriff  für  unser  Denken  nicht 
immer  klar,  aber  es  scheint  mir,  daß  man  auf  diesem  Wege  zum 
Verständnis  von   -atha  kommen  kann. 

Ob  sich  neben   -atha  auch  noch  -etha,  -itha,  -otha,  -utha  auf- 
stellen läßt,    oder  ob  das  alles  als  -tha  aufzufassen   ist,    so  daß  <?, 
i,  o,  u  zum  ersten  Teil  des  Wortes  gehören,    das   wage  ich  nicht 
zu  entscheiden.     Ich  gebe  nur  einige  Beispiele:' 
fe'ketha  .spielen" ;  phephetha  „Korn  wannen"; 
nambitha    dial.    „kauen";    thirititha  „mit   der  Zunge  anstoßen, 

stammeln",  vgl.  thirtta  „hindern ;  ein  wenig  husten". 
gohgotha  „oft  klopfen,  vertreiben,  verbannen".    (Vielleicht  liegt 
hier  aber  der  Stamm  gotha  vor,  mit  Reduplikation  der  ersten 
Silbe.     Vgl.  Suah.  gota  und  gogota  „klopfen".) 
khonkotha  „bellen"  (Hund),  doch  vgl.  khotha  „mit  der  Zunge 

lecken"  (Hund). 
mo'kotha  „kauen" ;  nzonzotheka  (von  ungebräuchlichem  nzo- 
nzotha)  „hinschwinden  unter  Schmerzen",  vgl.  nzonza  „weniger 
werden,  schwach  werden". 
gungutha  „heftig  schlagen";  khulukutha  „nutzlos  sein  durch 
Größe ,  vorbeigehn" ,  vgl.  khula  „wachsen  ,  groß  werden" ; 
khunkutha  „heftig  schlagen",  vgl.  gungutha;  thukuthela 
(vom  ungebräuchlichen  thukutha)  „sofort  tun",  vgl.  thuka 
„aufspringen". 

4)  -pa1)  (-pha)  erscheint  allein  und  in  Verbindung  mit 
-ala  in  denominativer  Bedeutung. 

soni-pa  .ehrfurchtsvoll  sein",  vgl.  intsoni  „Scham". 
mkani-pa    „schlau,    listig    sein"    von    i-sakani    5.    „schlauer 

Mensch". 
khali-pha  „energisch  sein"  von  iilni-khali  14.  „Schärfe". 
isi-nono-p>hu  7.  „ein  reicher  Mann"  von  ungebräuchlichem  nono- 

pha  von  ubu-nono  14.  „Reichtum". 
fi-pala  „dunkel  werden"  vom  St.  -fi  in  u'bu-fifi  14.  „Dunkelheit". 

5)  ya  nicht  nachgewiesen. 

6)  ffa  als  Kausativ-Endung  ist  sehr  häufig,  es  ist  aber 
immer  mit  dem  vorhergehenden  Konsonanten  verschmolzen  und  des- 
halb bisher  in  der  Sprache  nicht  bemerkt  worden. 

Nach  den  oben  4,  d)  aufgestellten  Regeln 
gibt  Ä'  -f-  ya  >•  sa. 

t  +  f/a  >>  sa.  I  4-  ya  >•  za. 

nd  -f-  ya  >-  nza.  in b  -f-  ya  >  nza. 


1)  Die  Schreibung  -pa  halte  ich  für  einen  Druckfehler  statt  pha. 


Meinhof,  Hottentottische  Laute  und  Lehnworte  im  Kafir.         763 

Daher  bildet 
''buka  „ bewundern"  'busa  „dem  Häuptling  dienen". 

hjjiCka  „aufsteigen"  nyusa  »aufheben". 

othuka  „aufgeschreckt  sein"  othusa  , aufschrecken". 

oyVka  .fürchten"  oyisa  „fürchten  machen". 

thunuka    „verletzt    sein    durch      thunusa    „eine    alte    Wunde    ver- 
Berührung einer  alten  Wunde"         letzen". 
ambatha   .Kleider  anziehen"  ambesa  „bekleiden". 

tharitatha  „von  Stein  zu  Stein      tharitasa   „auf   der    flachen    Hund 
springen ,    auf   einem  flachen  tragen". 

Stein  hüpfen". 

Die  Beispiele  für  za  <C  l  +  \fCl  sind  sehr  häutig. 

Für  nd  +  ffft  und  mb  -f-  f/a  habe  ich  nur  je  ein  Beispiel. 

enza  und  sanza  s.  oben  4,  d). 

Aus  der  intrans.  Endung   xika  -f-  ya    entsteht    wie    oben    usa. 

Aus  der  intrans.  Endung  eka  -\-  ya  entsteht  das  so  viel  an- 
gewandte  -isa. 

In  -isa  und  oben  in  -esa  hat  ya  nicht  nur  den  vorangehen- 
den Konsonanten,  sondern  auch  den  Vokal  verändert,  was  im  Sotho 
regelmäßig  ist,  vgl.   Grundriß  p.  43. 

-aza:  -eza,  -uza  sind  also  auf  -ala,  -ela,  -ula  zurückzuführen. 
Die  Grammatiken  und  Wörterbücher  enthalten  hier  viele  Fehler, 
da  man  die  Lautgesetze  nicht  beachtet  hat. 

7)  Die  Passivendung  ist   -iva,  s.  oben  5. 

Einsilbige  und  einige  andere  bilden  das  Passiv  auf  -iwa. 
z.  B.  pha  „geben"  phiwa;  akha  „bauen"  akhivca. 

8)  la. 

a)  la  denom.  tr.,  vgl.  oben  1)  a)   ,ka. 

'batu-la  .eine  Handvoll  nehmen"  von  i-'batu  5.    „eine  Handvoll". 

zavu-la   „Kleider  zerreißen"  von  i-zavu •">., ein  zerrissenes  Kleid". 

dze'ku-Ia  „mit  den  Armen  gesti-  von  um-dzeku  3.  „eine  Bewegung 
kulieren".  des  Arms,  die  man  macht,  wenn 

man   auf  jemand  einredet". 

lima-la  „verletzt,  verwundet  sein"  von  isi-lima   7.    .ein  Krüppel". 

b)  ala  medial, 

z.  B.  khal-ala   „beleidigt  sein"   von  khala   „schreien,  sich   be- 
klagen", vgl.  khathala  „alt  sein". 
phalaia  neben  phalaka  „überfließen",  thunu'k-ala  „verletzt 
sein"    von  thunxika. 
In  der  Verbindung  mit  -aVca  und  -pa  ist  es  häufiger. 
Vgl.  azakala,  'bonakala,  alupala   u.  s.  f. 
Kropf  nennt  -''kala  nach    dem   Vorgang    von   Mc  Laren    stativ, 
was  nicht   richtig    ist.     Das  Einnehmen    einer    Stellung   bezeichne! 
-ala  nicht,  sondern  das    „an  sich",    „für  sich",    „bei  sich",   ähnlich 
dem  griechischen  Medium. 

-alala  halte  ich  für  Verdoppelung  von   -ala. 


7(>4         Meinhof,  Ilottentottische  Laute  und  Lehnworte  im  Kafir. 

z.  B.  fumb-alala   „im  Haufen  liegen"   von  fumba   „aufhäufen". 

lamb-alala  „leer  sein"  (Milchsack)  von  lamba  „hungrig  sein". 
phang-alala  „sich  zerstreuen,  auseinandergehen  (Versammlung)" 

von  phahga   „schnell,  stark  laufen"  (?). 
Vgl.   ''tjamb-alala   „platt  an  der  Erde  liegen,  sich  ausstrecken". 
-aza  ist  kaus    zu  -aia,  s.  oben  6),  z.  B.  phalaza  „ausgießen" 
von  phalala  intr.    „überfließen". 

c)  ela  ist  als  relative  Endung  ganz  allgemein  im  Gebrauch, 
z.  B.  tliuma   „senden",  thum-ela   „für  jemanden   senden". 

-eza  ist  Kausat.  zu  -ela,  z.  B.  sumayeza  kaus.  zu  sumai/ela 
„bekannt  machen". 

d)  -ile  ist  Perfektendung,  oft  verkürzt  in   -e,  s.  unten. 

e)  -ula  invers.  trans.  amb-ula  dial.  „Kleider  ausziehen",  vgl. 
arnb-atha  „Kleider  anziehen";  ''buk-ula  „ein  Junges  nicht  annehmen 
zum  Säugen"  von  ,bu,ka  „aufnehmen,  freundlich  sein";  khumla 
(statt  khum-ula)  „Zähne  ausziehen"  von  khuma  „nagen",  s.  khum'ka 
oben  1)  d);  lunda  (statt  lum-ula)  „entwöhnen"  von  luma  „beißen": 
land-ula  „sich  entschuldigen,  nicht  wollen"  von  landa  „der  Spur 
folgen";  oph-ula  „einen  Topf  vom  Feuer  nehmen,  damit  er  nicht 
überläuft"  von  opha  „tropfen,  bluten";  om-ula  „wieder  Milch 
trinken  nach  dem  Fasten"  von  oma  „trocken  sein"  ;  saüg-ida 
„herausziehen",  vgl.  sahg-ana   „zusammenkommen". 

Auch  die  Verdoppelung   -ulula  kommt  vor. 
z.  B.  nam-ulxda  „Dinge  trennen,  die  zusammengeleimt  oder  gebunden 
waren",  vgl.  nam-athela   „anhaften,  ankleben". 
thung-idula   „Augen  bekommen  von  jungen  Hunden  und  ähn- 
lichen Tieren"   von  thuhga   „nähen". 
Das  Intransitivum  zu   -ula  ist  -uka,  s.  oben   1)  d). 
-usa  ist  Kausativum  zu  u'ka,  s.  oben  6). 
-uza  ist  Kausativum  zu   -ula  und   -u-la. 
z.  B.  zavuza  und  zavula   „zerreißen". 

khumbula   „sich  erinnern",  kaus.  khumbuza. 
Die  Angaben    der  Grammatiken    und  Wörterbücher    sind    dar- 
nach zu  berichtigen. 

f)  -ula  intens,  trans.  Wegen  ■u'ka,  -usa,  -uza  gilt  das  unter 
e)  gesagte  auch  hier. 

thuth-ula   „etwas  wegtragen"    von  ihuilia    „wegtragen". 

phak-ula  „Honig  herausnehmen"  von  phalca  „herausschöpfen". 

Auch  -tdula  kommt  vor,  z.  B.  samb-ulula  „ganz  rein  machen" 
von  samba  „waschen";  sub-idula  „die  Haut  von  einer  Wunde 
ganz  abziehen"   von  suba   „sich  häuten". 

Auch  -ola  kommt  vor,  z.  B.  'bongoza  (kaus.  von  ungebräuch- 
lichem 'bong-ola)  „bestürmen,  anflehen,  schmeicheln"  von  'bonga 
„preisen,  erheben". 

g)  -'Äa  kommt  nicht  selten  vor.  Die  Bedeutung  ist  mir 
nicht  klar. 


Meinlwf,  Hottentottische  Laute  und  Lehnworte  im  Kajir.        765 

thuntubeza  (vom  ungebräuchlichen  thuntu-,ba)  „die  Schärfe 
eines  Werkzeugs  abstumpfen"  von  iibu-thuntu  14.  „Stumpf- 
heit" ;  also  denom. 

sababisa  (vom  ungebräuchlichen  mbabä)  „von  jemandem  in 
schmähender  Weise  sprechen"  von  saba  „verwunden"  (auch 
mit  Worten). 

Hier  scheint  -'bei  relative  Bedeutung  zu  haben,  s.  unten  VI. 
Ähnlich  vielleicht  in  sahgabeza  (vom  ungebräuchlichen  sahgcCbd) 
„entgegen  gehen",  vgl.  sahgana   „zusammenkommen". 

Vgl.  ferner  khangubeka  „Mut  bekommen"  mit  khangela 
.acht  geben" 

und  khokhd'ba  „krumm  gehen  wie  ein  alter  Mann"  (unklarer 
Abstammung). 

Nach  5  wechselt  '£  mit  V/.     Also  gehört  jedenfalls  hierher 

dza'ku-'ba  und  dzaku-Hja    .aufgeregt  sein  wie  ein  Pferd". 

Vgl.  dziCku-Hja  „wegwerfen"  und  dzxCkxi-dza  „nach  etwas 
sehr  Entferntem  werfen". 

10)  -ana  in  reeipr.  Bedeutung  ist  häufig, 

z.  B.  thand-ana   „sich  gegenseitig  lieben"    von  thanda    „lieben". 
-na  ist  selten.     Ich    habe    nur   gefunden  safu-na   „kauen". 
,befw'ti/e,ka  (vom  ungebräuchlichen  'befuna)  .nach  Atem  ringen" 
um-'befu  3.   „Asthma". 

11)  -ama  stativ. 

z.  B.  thamb-ama  „sich  setzen,  sich  neigen"  (Sonne)  von  thamba 
„weich,  biegsam  sein",  vgl.   i-tJiambelca  5.    „der  Abhang". 

2?kak-ama  „gerade  stehn"  ;  ay-ama  „sich  anlehnen"  ;  bad-ama 
„auf  der  Lauer  liegen"  von  bada  „platt  niederfallen" :  fu'k-ama 
.brüten";  Mioth-ama  „sich  beugen";  lul-ama  „sich  unterwerfen": 
oüg-ama  „hervorragen"  ;  oth-ama  „müßig  sitzen"  von  otha  „sich 
wärmen" ;  phaph-ama   .wach  sein"  von  pkapka  .munter  sein"  u.  s.  f. 

-rna  finde  ich  z.  B.  in  'buth-uma  „auf  dem  Bauch  liegen", 
wahrscheinlich  von  ''butha   „sammeln,  zusammenbringen". 

gidi-ma  „schnell  laufen"  ;  solco-ma  „laut  tönen"  :  hhali-ma 
„laut  schx-eien ,  tönen"  zu  kheda  „schreien"  und  Micdi  „scharf"; 
Ichazimla  (statt  kltazimxda  vom  ungebräuchlichen  khazima)  „scheinen, 
leuchten". 

khukhumala  „schwellen,  aufgeben"  ist  vielleicht  durch  Redupli- 
kation entstanden ;  phefumla  (statt  phefumida  vom  ungebräuchlichen 
phefu-ma)  „atmen"  von phefu  in  uku-thi  pliefu  „atmen",  und  dies 
vom  Stamm  B.  pepa   „wehen"   aus  urspr.  pepfl  nach  5. 

thukuma   „klopfen"   (Puls). 

Wo   -ma  nicht  =   -ama  ist,    scheint    es  denominativ   zu   sein. 

12)  -nga,  -nda,   -rnba  kommen  einige   Male  vor. 

z.   B.  khama-nga   „stark  ausdrücken"    von  khama   „ausdrücken". 

sulu-nga  „in  guter  Ordnung,  rein  sein"  vielleicht  von  sula 
„abwischen,  abreiben". 


766         Meinhof,  HoUentotlische  Laute  und  Lehmeorte  im  Kafir. 

so'bo-iiga  dial.  „unzüchtiger  Verkehr",  vgl.  ubu-sd'bo  14. 
„Freundschaft". 

sozi-nga  „unentschlossen  sein",  gubungela  „sich  mit  einem 
Kleidungsstück  bedecken",  vgl.   ihgiCbo  9.  „Kleid,  Mantel". 

khulunga  dial.   „lecken,  indem  man  mit  dem  Finger  abkratzt". 

-in ja  scheint  durative,  habituelle  Bedeutung  zu  haben  wie 
sonst  -ya. 

gununda   „das  Gras  kurz    abfressen,    die  Stelle    leer    fressen". 

tho'komba  „den  Kopf  hängen  lassen"  ;  thathamba  „hüpfen  wie 
ein  Grashüpfer"  (vielleicht  Redupi.) ;  sasamba  „laut  schreien  wie 
ein  Kind  vor  Schmerz"  ;  khulumba  „etwas  dem  Belieben  eines 
andern  überlassen " . 

nzulu-mba   „ins  Wasser  werfen"   vom  adj.  -nzulu   „tief". 

'0'atfamba  „aufbrechen,  blühen",  vgl.  ''tjatja  „aufschneiden". 
Vgl.  golombila   „herzlich  beweinen". 

vyalambisa  =  ''nyalasa  „un ehrerbietig  weggehen,  einen  Rat 
verachten";  vgl.  ama-vyala  6.  „Schamlosigkeit,  Schmutz",  wahr- 
scheinlich von   -iiya   „zu  Stuhl  gehen". 

-mba  scheint  darnach  denom.  zu  sein. 

13)  -§a  =  urspr.  ka  ,    vgl.    in    sd'kosa   „mit  einem  Stock 
in  einem  Loch  stochern". 

sukusa  „heftig  schütteln,  z.  B.  das  Sieb",  vgl.  sd'kulula 
„sieben,  sichten". 

hikusa   „vei4ukren,  betrügen",  vgl.   liika   „flechten,  weben". 

Verba  auf  -za  habe  ich  nicht  gefunden.  Die  Formen  auf  -za 
würden  von  Kausativen  von  -la  nicht  zu  unterscheiden  sein.  Ich 
weiß  nicht,    ob  es  Formen  gibt,    die   auf  -za  <C  B.  -ya  endigen. 

14)  Vollständige  und  unvollständige  Reduplikationen  kommen 
vor  in  iterativer  Bedeutung. 

z.  B.  funafuna   „schnell  suchen"   von  funa   „suchen". 

hambahamba  „hin  und  hergehen,  herumlaufen"  von  hamba 
„gehen". 

khandakhanda  „wiederholt  stoßen"  von  khanda  „stoßen, 
schmieden,  aushämmern". 

thuthumba  „Schmerz  empfinden,  klopfen  wie  eine  eiternde  Wunde". 

Vgl.  i-thumba  5.    „Beule,  Geschwür". 

15)  Vorstehende  Endungen  können    in   der  mannigfaltigsten 
Weise  mit  einander  verbunden  werden. 

z.  B.  thumekelela  =  thunia  -\-  elca  -\-  ela  -f  ela  „willig  sein, 
um  hin  und  her  oder  öfter  gesandt  zu  werden". 

thuthelanela  =  ihutha  -\-  ela  -j-  ana  -\-  ela  „an  einem  be- 
stimmten Platz  zusammenkommen". 

hamblsela  =  hamba  -\-  eka  +  ya  +  ela  „verursachen,  daß 
jemand  zu  einem  bestimmten  Zweck  geht"   etc. 

-ezela  =  -ela  -f-  ya  -\-  ela  scheint  in  verkleinerndem ,  herab- 
setzendem Sinne  gebraucht  zu  werden,  z.  B. phung- ezela   „in  kleinen 


Meinhof,  Hottentottische  Laute  und  Lehmeorte  im  Kafir.        767 

Zügen    trinken,    ganz    allmählich    zu    trinken  geben",    vgl.  phunga 
„ etwas  heißes  langsam  trinken". 

Die  Bedeutung  ergibt  sich  natürlich  aus  der  von  -ela  und  -ya. 
16)    Allerlei     seltnere    Bildungen     ungewisser    Abstammung 
seien  der  Vollständigkeit  halber  hier  noch   angemerkt. 
z.  B.  guguda   „an  etwas  entlang  laufen,  ohne  hineinzugehen ". 

dzö'boda   „sich  stärken". 

dza'kudza  „tun  wie  Knaben,  die  beim  Tanzen  den  Oberkörper 
in  die  Höhe  werfen  und  sich  auf  dem  Hinterteil"  fortbewegen". 

siniva  „stumpf  machen",  vgl.  sininilca  „die  Muskeln  des  Ge- 
sichts nachlassen  wie  in  Schmerz". 

Merkwürdig  ist  die  Leichtigkeit,  mit  der  man  hier  Denöminativa 
bildet  und  Nominalpräfixe  und  Fremdwörter  dabei  aufnimmt. 

Vgl.  z.  B.  gonyamela  „gegen  jemanden  den  Löwen  spielen, 
ihn  überwältigen",  mit  i-ngohyama  9.   „Löwe". 

ngoma   „singen"   von  i-ngoma  9.   „Gesang". 

nkontsa  „die  u-nkontso  anlegen"  von  u-nkontso  14.  „ein 
Hauptschmuck  " . 

'katsa  „mit  der  neun  schwänzigen  Katze  hauen"  von  i-^kati  5. 
„Katze",  holl.  Ckatsa  ist  Fremdwort,  da   es   '&  und  nicht  kh  hat). 

sentila    „Wache  halten"    vom  engl,  sentinel. 

Vgl.  hierzu  die  Beibehaltung  der  Nominalpräfixe  im  Substan- 
tivum  in  Fällen  wie  u-s-ana  11.  pl.  intsana  „Kindheit"  vom 
Stamm    -ana  mit   Präf.    7   und   11. 

Vgl.  das  Kompositum  u-tsi-nyonga  1.  „einer,  der  an  der  Hüfte 
gebrannt  ist"    von  tsa   „brennen"   und  ihyonga  9.    „die  Hüfte". 

c)  Die  wichtigsten  Verbalformen  stimmen  überein  mit 
denen  in  andern  Bantusprachen  (38,  c). 

1)  Mit  a  präfixum  finde  ich  zwei  Formen: 
ndätanda,  nach  McLaren  Past  Tense  (Indefinite). 
ndatanda,      „  „  Past  Conjunctive    „and  I  loved". 
Beide  Formen  sind  zusammengezogen  aus  ndi  ä  bez.  a  tanda. 

2)  Das  Perfektum  endigt  regelmäßig  auf  -äe,  s.  b),  8)  d),  also 
von  -tanda  .  .  ndi  tandile   „ich  liebte". 

Die  Form  ndi  tande  erscheint  daneben  mit  abweichender  Be- 
deutung. ' 

Unregelmäßige  Perfekta  sind  z.   B. 
''bulele  von  "'bvilala  „töten",  zusammengezogen  aus  *'bula-ile  statl 

^bulalile. 
sangana  „zusammenkommen"  bildet  sahgme,  zusammengezogen 

aus  *sangaine  statt  *§anganüe. 
ambatha   „Kleider  anziehen"  bildet  ambethe,  zusammengezogen 

aus  *a?nbaithe  statt  *ambathile. 
sola   „sitzen,  bleiben"   bildet  seli,  verkürzt  aus  *salile  und  sezt, 

verkürzt  aus  sezüe  s.  4  d). 
sutlta  „satt  sein"   bildet  sutht]   verkürzl   aus   *sutkile. 
Bd.  LVIII. 


768         Meinhof,  Hottentottische  Laute  und  Lehnworte  im  Kafir. 

ma   „stehen"   bildet  mi,  verkürzt  aus  nxile. 

tso  „sagen,  sprechen"  bildet  tsilo ,  bei  dem  man  annehmen 
muß,  daß  ein  Suffix  o  hier  an  das  Präsens  (=  ts  +  o)  und 
an  das  Perfektum  (=  tsile  -j-  o)  angehängt  ist.  Was  dies 
o  bedeutet,  weiß  ich  nicht. 

3)  Der  Final  endigt  auf  e: 

z.  B.  nditande   „ich  möge  lieben". 

Die  3.  Pers.  Sing.  Kl.  1  hat  hier  a,  während  sie  sonst  meist 
u  (w)  hat. 

4)  Das  Passiv  endigt  auf  -wa  bez.  -iwa. 

5)  Die  Endung  -ya  habe  ich  in  der  Konjugation  nicht  nach- 
weisen können. 

d)  Zur  Vergleichung  füge  ich  die  wichtigsten  Pronomina 
bei  (38,  c). 

a)  Das  Objektspronomen  unterscheidet  sich  von  dem 
Subjektspronomen  in  allen  Formen,  die  bei  letzterem  vokalisch  an- 
lauten.    Es  lautet  nach  Mc  Laren : 

Sing.  Plur. 

1.  Pers.         ndi  si 

2.  Pers.  %M  ni 

Kl.  1.  m,  2.  'ba,  3.  wu,  4.  yi,  5.  li,  6.  wa,  7.  si,  8.  zi,  9.  yi, 
10.  zi,  11.  lu,  12.  fehlt,  13.  fehlt,  14.  'du,  15.  'hu. 

b)  Das  Subjektspronomen  lautet : 

Sing.  Plur. 

1.  Pers.         ndi  si 

2.  Pers.  u  ni 

Kl.  1.  u,  Konj.  a,  Part,  e, '  2.  "ba,  3.  u  (>'?),  4.  i,  5.  li,  6.  a, 
7.  si,  8.  zi,  9.  i,  10.  zi,  11.  fo,  12.  fehlt,  13.  fehlt,  14.  7bu,  15.  "ku. 

c)  Das  Pronomen  personale  absolutum  lautet : 

Sing.  Plur. 

1.  Pers.  (mina)  mna  tina 

2.  Pers.  wena  nina 

Kl.  1.  yena,  2.  'bona,  3.  ivona,  4.  yona,  5.  fowa,  6.  wona, 
7.  sona,  8.  zowa,  9.  ?/ona,  10.  zo/ia,  11.  lona,  14.  'öowa,  15.  'kona. 

d)  Das  Pronomen  possessivum  lautet: 

Sing.  Plur. 

1.  Pers.         -am  -ethu 

2.  Pers.       -akho1)  -enu 

Kl.  1.  -akhe1),  2.  -abo,  3.  -awo,  4.  -a?/o,  5.  -ah,  6.  -a«JO, 
7.  -aso,  8.  -azo,  9.   -c^/o,  10.  -azo,  14.  -a'6o,  15.  -akho. 

Vor  diese  Endung  tritt  das  Präfix  des  Besitzes.  So  ergibt  sich 
Kl.  1  loam,  wakho1),  wethu  etc.  statt  u-am,  u-akho,  u-ethu,  Kl.  8 
zam,  zaklio,  zethu  etc.,  Kl.  11  Iwam,  Iwalcho,  Iwethu  etc.  u.  s.  f. 


1)  Während  des  Druckes  finde  ich  das  Gesetz:  kh  steht  in  letzter  Silhe, 
wenn'  die  erste  mit  einem  Vokal  (Spiritus  lenis)  beginnt.  Darum  akha  „ bauen" 
s.  oben  1,  akhama  „gähnen"  s.  oben  4a,  ferner  okha  „Feuer  aus  einem  Haus 
ins  andere  bringen". 


Meinhof,  Hottentottische  Laute  imd  Lehnworte  im  Kafir.        769 

e)  Das  Pronomen  demonstrativuni  entsteht  aus 
folgenden  Elementen: 

1)  dem  Präfix  la;  das  l  des  Präfixes  fällt  in  allen  Formen 
aus,  in  denen  das  Nominalpräfix  einen  Konsonanten  enthält,  s.  oben  7. 
(Im  Zulu  ist  es  überall  erhalten.)  Das  a  verschmilzt  mit  dem  Vokal 
des  folgenden  Präfixes. 

2)  dem  Nominalpräfix. 

3)  dem  Suffix  o  (wo). 

4)  dem  Suffix  ya  {wo). 

1)  -f-  2)  bezeichnet  die  nächste  Entfernung, 

1)  -j-  2)  -f-  3)  ist  etwas  weiter, 

1)  4-  2)  -f-  4)  ist  noch  weiter. 

z.  B.  1)  +  2)  Kl.  1   la  -f-  u  =  lo;  Kl.  2  la  4-  aba  =  aba; 
Kl.  5  la  4-  Hi  =  eli  u.  s.  f. 

1)  4-  2)  4-  3)   Kl.  3  la  4-  u  4-  wo  =  Zoioo ;  KL  6  la  4-  a  4-  wo 
=  lawo ;  Kl.  la  4-  »«*  4-  o  =  ezo  u.  s.  f. 

1)  +  2)  4-  4)    KL  11   la  4-  ulu  +  ya  =  oluya;    KL  2    Ja  4- 
aba  -j-  ya  =  ai'baya ;  Kl.  7   la  -\-  &2  4-  ?/«  =  esiya  u.  s.  f. 

e)  Die  Zahlwörter  stimmen  teilweise  mit  denen  anderer 
Bantusprachen  überein.  Wo  sie  abweichen,  treten  Laute  ein,  die 
wir  nach  11  für  fremden  Ursprungs  ansehen  müssen  (38,  c). 

1  -nye  mit  KL  9  nye. 

2  -'bini  „      ,10  zimbini. 

3  -thaihu  „      „     „    ezin'tathu. 

4  -ne  B      „     „    ezitxe. 

5  -sanu  n      „     „    ezintsanu. 

6  -thandathu      „      „     „    ezintandathu  (3  4-  3). 

7  isi-thente  7.  "I  enthalten  fremde  Laute  und  weichen 

8  isi-bozo  7.  (mit  6  nicht  '&)  /  von  allen  Bantusprachen  völlig  ab. 

9  i-tlio'ba  5.,  isi-tho'ba  7. 

(von  ilid'ba   „beugen,  niederdrücken"   nämlich    „einen  Finger", 

vgl.  im  Sotho  rom  (etymolog.  identisch  mit  thö'ba). 
Vgl.  ferner  Kafir  i-tlio'ba  5.    „einer,  der  ein  Auge  zukneift".) 
10  i-sunri  5.,  s.  oben  4,  b).  30  ama-sumi  ama-thathu  6. 

20   ama-sumi  ama-'bini  6.  100  i-khulu  5.  von  -Ichulu  „groß". 

Es  läßt  sich  nicht  leugnen,  daß  in  allen  diesen  Bildungs- 
elementen das  Kafir  aufs  beste  mit  den  andern  Bantusprachen  über- 
einstimmt. Ebensowenig  wie  die  arabischen  Laute  im  Suaheli  in 
die  Bildungselemente  des  Bantu  eingedrungen  sind,  ebensowenig 
haben  sich  hier  hottentottische  oder  andere  Laute,  die  nicht  im 
Schema  p.  753  enthalten  sind,  nachweisen  lassen.  Nur  hat  das  Kafir 
unter  die  Zahlwörter  einige  fremde  Formen  aufgenommen ,  ebenso 
wie  das  Suaheli  es  mit  einigen  arabischen  Zahlwörtern  getan  hat. 
Das  alles  läßt  darauf  schließen,  daß  die  in  11.  erwähnten  Laute 
in  derselben  Weise  ins  Kafir  eingedrungen  sind,  wie  die  arabischen 
Laute  ins  Suaheli. 

(Fortsetzung  im  nächsten  Heft.) 

50* 


770 


Zu 

G.  Rothstein,  Der  Kanon  der  biblischen  Bücher 

bei   den  babylonischen   Nestorianern  im  9./10.  Jhdt., 

oben  S.  634  ff. 

I. 

Von 

Siegiuund  Fraenkel. 

S.  637  1.  29  lies  ^JJlj ;  1.  30  lies  U*  (für  U). 

S.  640  1.  14:  „Sie  rechnen  sie  als  fünf  Bücher,  jedes  sifr  .  .  . 
als  ein  Buch". 

S.  658  1.  4  v.  u.  scheint  die  Erklärung  von  ^.a>  durch  npn 
(S.  663)  auf  den  ersten  Blick  wohl  plausibel;  aber  da  sie  sich  mit  dem 
Sinne  nur  schwer  vereinigen  läßt ,  wird  man  darin  wohl  eine  in 
diesem  Cod.  nicht  allzu  auffällige  Verderbnis  aus  ..^^.=>  zu 
sehen  baben. 

S.  659  f.  o^Jt^l  lx.x+ä,  Name  eines  apokryphen  Buches,  ist 
natürlich  Nrtfttiü  „Tradition"  (v^ou-Äl  Bibl.  Geogr.  Arab.  VIII,  112  ult. ; 
dazu  de  Goeje  im  Glossar  p.  X). 

Die  lange  Auseinandersetzung  über  die  Unform  cäj».*ijJ> 
(S.  660 — 662)  hätte  unterbleiben  können ,  da  das  Wort  schon  vor 
23  Jahren  von  Imm.  Low,  Aram.  Pflanzennamen  42  Anm.  2  richtig 
als  J2ilC£D  k-O1)  erkannt  worden  ist.  Damit  ist  dann  Zeitschrift 
Bd.  46 ,  S.  742  das  im  Fihrist  genannte  ^y^  ^jlxS  (auf  Grund 
der  LA.  von  P.  (C^^a^j)  kombiniert  worden.     Dies  zu  S.  654  1.   7. 


[1)  So  erklärt  in  einer  brieflichen  Mitteilung  an  mich  auch  Nöldeke 
das  Wort,  unter  Hinweis  auf  Wright,  Catalogue  of  Syriac  Mss.  in  the  Brit.  Mus., 
vol.  I,  no.  XVI,  und  Adler,  Novi  Testamenti  versiones  syriacae,  Hafniae  1789, 
p.  34  f.  In  ^s.2£>  will  Nöldeke  lieber  n~i~  als  Z"l~_n  sehen.  Er  ist  übrigens 
der  Ansicht,  daß  der  eigentliche  alttestamentliche  Kanon  der  Nestorianer  viel 
beschränkter  war,  als  Rothstein  annimmt.  .     w;scneri 


Bacher,  Zu   G.  Rothstein,  Der  Kanon  der  bibl.  Bücher  etc.      771 

Voll 

W.  Bacher. 

Zu  S.  637,  Z.  4  von  unten.  Süwlll  v_/Jc£il  als  jüdische  Be- 
nennung des  Kanons  hat  keinen  Sinn:  man  kann  xswliL,  wie  auch 
,S.  640,  xlnm.  2  bemerkt  ist,  nur  als  Übersetzung  des  biblischen 
Buchtitels  nbn'p  verstehen  (s.  S.  649,  Anm.  5).  Durch  irgend  einen 
Verstoß  des  Abscbreibers  muß  das  Epitheton  Kjw'.II  hier  an  die 
Stelle    des    ursprünglichen    Epithetons    gesetzt    worden    sein.      Als 

solches  empfiehlt  sich  am   ehesten  &.»*uiXjdi  ;  denn  iL*oLXäJi   ^Ä.\Ji 

(=  K-s*lXä*j!  v_ aJÜÜI)  ist  die  genaue  Übersetzung  von  'C~'~~  *z:  2, 
der  alten  Benennung  der  Gesamtheit  der  heiligen  Schriften.  Weiter 
unten    erwähnt    der  Anonymus    eine    andere   Benennung    der    Bibel 

durch  die  Juden.  Die  Stelle  lautet  (S.  639,  Z.  3):  Li!»  L$j  ^jJSjj 
jUjlXäSI  *jüi!  ^*.jS.  Die  Übersetzung  dieses  Passus  (S.  641  f.)  ist 
durch  Fragezeichen  als  sehr  problematisch  gekennzeichnet.  Die 
Textverderbnis,  die  Rothstein  (ebend.,  Anm.  9)  für  »ydl  vermutet, 

muß  auch  für  Uil» ,  das  keinen  Sinn  gibt .  vorausgesetzt  werden. 
Ich  glaube,  daß  statt  I40I5  gelesen  werden  muß  Lail  und  statt  »yiii  : 
iwjüüi.  Der  Satz,  der  in  der  Übersetzung  bei  Rothstein  ausein- 
andergerissen ist,  muß  dann  so  übersetzt  werden:  „und  sie  —  die 
Juden  —  erkennen  von  ihnen  an,  daß  sie  die  alten  heiligen  Bücher 
sind".  Die  Bezeichnung  ,  «JJiJi  ^JS  ist  die  genaue  Wiedergabe 
von  •£"-  laro.  Dass  jj*Js.äJt  ^Jü  an  dieser  zweiten  Stelle  das- 
selbe sein  will,  wie  jLw*jJüü!  *_^Jüüi  (wie  ich  für  jüt*lil  >_aJÜÜ| 
an  der  ersten  Stelle  vorschlage),  ist  aus  dem  Umstände  ersichtlich, 
daß  an  beiden  Stellen  unmittelbar  darauf  die  Benennung  der  Bibel 
A.  T.  durch  die  Christen  (ü+jJüüi  g.  ya$\  \^k*S)  folgt,  ohne  meine 
Emendation  aber  an  der  zweiten  Stelle  die  Angabe  über  die  jüdische 
Benennung  der  Bibel  vermißt  würde. 

S.  638,    vorletzte  Zeile.     |_sL«    ist    das    aram.   N^rc   (=  hebr. 
"löiöij).     Diesem  Epitheton  Esra's  ist    die  Erklärung   in    arabi 
Sprache  mit  den  darauffolgenden  Worten  beigegeben.  Die  Emendation 
von  \rAj£  in  ,_ ö''j  ,  die  Rothstein   vorschlägt   (S.  651  f.),  ist   daher 


772     Bacher,  Zu  G.  Rotitstein,  Der  Kanon  der  bibl.  Bücher  etc. 

über  jeden  Zweifel  erhaben,  und  es  war  unnötig,  die  Übersetzung 
(S.  641)  durch  die  Wiedergabe  der  Korruptel  zu  entstellen. 

S.  640,  Z.  14.  „Sie  setzen  sie  [die  asfär]  an  Stelle  von  5  kutub". 
Das  ist  die  Übersetzung  der  Worte  (S.  637  letzte  Zeile):  ^^ 
^JiS'  {j*-*.^>    pliw    Liij.*AÄj.      Das    muß    richtig    so    wiedergegeben 

werden:  „sie  lassen  sie  als  5  Bücher  gelten",  d.  h.  sie  rechnen  sie 
in  der  Zahl  der  biblischen  Bücher  als  fünf,  obwohl  sie  eigentlich 
nur  fünf  Teile  des  einen  Buches  der  Thora  sind.  (Vgl.  Artikel 
w":r  in  meiner  Schrift:  Die  älteste  Terminologie  der  jüdischen 
Schriftauslegung  —  Die  exeg.  Terminologie  der  jüdischen  Traditions- 
literatur I  — ,  S.  63).  Wenn  R.  diesen  Sinn  festgehalten  und  die 
Thora  als  fünf  Bücher  gezählt  hätte,  so  hätte  er  die  auf  S.  641 
stehende  Anmerkung  2  vermieden.  Denn  Thora  und  Propheten 
ergeben  zusammen  nicht  9,  sondern  13  Bücher.  Diese  werden 
durch  die  11  Bücher  der  Hagiographen  zu  24  Büchern  ergänzt. 
Das  soll  auch  mit  den  Worten  (S.  638,  Z.  11):  .^.j  xiotJl.  X*J,^I  *Ujj 
ülÄi"  _>cix:  lX.?»I   »P»   ^L<£Ji    gesagt   sein.     Auch    die  Art,    wie  R. 

die  infolge  der  unrichtigen  Erklärung  dieser  Worte  entstandene 
Schwierigkeit  beseitigt,  beruht  auf  einer  unrichtigen  Voraussetzung. 
Denn  die  Zählung  der  Bücher  Samuel ,  Könige ,  Esra ,  Chronik  als 
je  zwei  Bücher  kam  für  den  jüdischen  Kanon  erst  am  Ende  des 
Mittelalters  auf. 

S.  642,  Z.  4 f.  Die  Wiedergabe  von  K.^UvJ  mit  „Exemplar" 
ist  hier  wohl  nicht  am  Platze,  da  von  den  vier  verschiedenen 
Versionen  des  ursprünglich  als  eines  gedachten  Evangeliums  die 
Rede  ist. 

S.  653,  Z.  3.  In  Bezug  auf  die  Vatersnamen  der  kleinen 
Propheten ,  eine  Merkwürdigkeit  des  von  R.  erläuterten  Kanons, 
sagt  er,  daß  ihm  „deren  Herkunft  nicht  bei  allen  klar  sei."  Erklärt 
hat  er  aber   eigentlich    keinen    einzigen    dieser  Vatersnamen.     Klar 

sind  nur  folgende:  ^  b  (=  Beeri,  Hosea  1,  i),  z*  (=  Amittai, 
Jona  1,  i),  (jjcc  (=  Tddo,  Sach.  1,  l);  ^U-o  ist  ebenfalls  klar,  da 
dies  —  wie  R.  S.  647,  Anm.  2  sehr  gut  vorschlägt  —  Korruptel 
aus  i^IJIj  (=  Pethuel,  Joel  1,  i)  ist.  Bei  dem  Propheten  Zephanja, 
dessen  Vater  (71D1D)  in  Zeph.  1,  i  genannt  ist,  setzt  unser  Anonymus 
einen  ganz  andern  Namen  (ALax^V  der  jeder  Identifizierung  wider- 
strebt. Den  Vater  Micha's  nennt  er  +M  (etwa  "'Mio);  den  Vater 
Chaggai's  L^p.ws  (so  steht  richtig  in  der  Liste ,  S.  646 ,  im  Texte, 
S.  638,  Z.  10,  steht  irrtümlich  L^?),  was  man  zu  Ls-v,  dem  Namen 
des  Propheten  Micha,  emendieren  kann.  Aber  auch  ohne  diese 
Emendation  kann  L^uc  =  HD"'»  sein,  denn  hebr.  5  wird  in  unserm 


Bacher,  Zu  G.  Rothstein,  Der  Kanon  der  bibl.  Bücher  etc.      773 

Texte  auch  mit  transkripiert,  so  "ONba  und  =>Xs  (S.  638,  Z.  10), 
I-r-DT  einmal  mit  Ij.=>;(  (ib.),  iTO-in  mit  U:>.j  (ib.,  Z.  11).  Der 
Vater  Nachum's  heißt  L^\.<v«  (nrtoilJ  ist  ein  in  spät-nachtalmudischer 
Zeit  vorkommender  Name,  siehe  z.  B.  die  Autoren  dieses  Namens 
in  Steinschneiders  Catal.  BodL,  Kol.  2595 ff.).  Der  Vater  Maleachi's 
heißt  (^lX-äj  (vgl.  ^"rr,  I  Chron.  2,47),  der  Chabakkuks  ö"->yo 
(vgl.  pi"J2£).  Chabakkuk  selbst  ist  als  Vater  Obadja's  genannt.  Es 
ist  mir  nicht  erinnerlich,  daß  irgendwo  etwas  diesen  Angaben  über 
die  Väter  der  zwölf  kleinen  Propheten  ähnliches  vorkommt.  Sie 
fallen  unter  dieselbe  Beurteilung,  wie  andere  zu  den  biblischen 
Personen  hinzugedichtete  Namen.  Nur  hinsichtlich  der  Angabe, 
daß  Chabakkuk  der  Vater  Obadja's  war,  kann  ich  darauf  hinweisen, 
daß  auch  der  S  o  h  a  r  die  beiden  Propheten  miteinander  in  Ver- 
bindung setzt  und  zwar  so,  daß  Chabakkuk  der  Sohn  der  Sunam- 
miterin  war  (dies  auf  Grund  von  npmn,  II  Kon.  4,  ig),  s.  Abschn. 
nbiun  Anf.  (II,  44b,  unten),  die  Sunammiterin  aber  die  Frau  des 
Obadja,  s.  Abschn.  *p  Y3  ^'  ^a)-  Vgl.  Seder  Haddoroth  zum  Jahre 
3254  (I,  121  der  Ausgabe  Maskileison's). 

S.  654.  Zu  dem  Zitate  aus  dem  Kitäb  al-Fihrist  hätte  R. 
auch  eine  interessante  Stelle  aus  Harn za  Isfahänl  zitieren  können. 
Da  diese  auch  sonst  Übereinstimmungen  mit  den  Einzelheiten  bei 
R.  darbietet  und  ihrerseits  durch  diese  beleuchtet  wird,  will  ich 
die  Stelle  in  meiner,  in  dem  Aufsatze  „Bibel  und  biblische  Ge- 
schichte in  der  muhammedanischen  Litteratur"  (Kobak's  Jeschurun 
VIII  —  1871  —  S.  11)  gegebenen  Übersetzung  mitteilen.  Sie 
steht  in  ed.  Gottwald  p.  83  (lat.  Übers.  S.  65)  und  lautet:  „Ich 
traf  in  Bagdad  im  Jahre  308  einen  Gelehrten  der  Juden,  der  be- 
hauptete ,  die  Bücher  der  Thora  auswendig  hersagen  zu  können ; 
auch  hörte  ich  von  einem  seiner  Schüler,  daß  er  von  den  Büchern 
der  Propheten  der  Kinder  Israels  zwölf  zu  rezitieren  vermöge.  Die 
Namen  der  Bücher  sind:  Das  Buch  Joschua  b.  Nun  (1),  das  Buch 
Schofti  (2),  das  Buch  Sifr  der  Könige  (3),  das  Buch  der  Weisheit 
Salomo's  (4) ,  das  Buch  Sahbara  (5) .  das  Buch  Koheleth  (6) ,  das 
Buch  Ruth  (7),  das  Buch  Schirit  (8),  das  Buch  Sirin  (9),  das  Buch 
Ijob  (10),  das  Buch  Gawami'  (11)  —  d.  i.  kurze  Aussprüche  — 
endlich  (12)  die  Weissagungen  Ischaja's,  Jirmija's ,  Hizkija's1)  und 
Daniel's".  —  Diese  Liste  hat  Hamza  natürlich  nicht  von  seinem 
jüdischen  Gewährsmanne ,  den  er  dann  Zidkija  nennt,  erhalten, 
sondern  er  fügt  sie  in  seinen  Bericht  ein,  um  die  erwähnten 
12  Bücher  der  isi-aelitischen  Propheten  einzeln  zu  nennen.  Die 
Liste  beruht  offenbar  auf  unordentlichen  Notizen ,  die  Hamza  nach 
christlichen  Angaben  —  denen  ähnlich,  die  Ibn  Ishäk  al-Nadim  zur 
Verfügung  standen  —  besaß    und    etwas   gewaltsam  zu  einer   Liste 

1)  Statt  Jel.iezkel. 


7(4      Bacher,  Zu   G.  Rothstein,  Der  Kanon  der  bibl.  Bücher  etc. 

von  12  Büchern  redigierte.  Am  Schluß  stehen  als  einziges  Buch 
die  vier  großen  Propheten  des  christlichen  Kanons,  mit  Hinweg  - 
Lassung  der  12  kleinen  Propheten.  Es  figurieren  zwei  Apokryphen 
(4  und  5,  denn  I-a^w  ist  wahrscheinlich  aus  Lxf-w,  d.  i.  Sira,  vgl. 

..  ja^as  =  "jiaS,  korrumpiert)  in  einer  Reihe  mit  den  salomonischen 


Schriften.1)  Die  Psalmen  stecken  vielleicht  in  8  (v^o  *.£  =  mTffi); 
jedoch  war  möglicherweise  in  den  ursprünglichen  Notizen  Hamza's 
,-^.j.aav  o.a.£  (d.  i.  DiTcr;  T'iü)    als  Name    eines    einzigen  Buches 

(Hohelied)  genannt,  und  er  teilte  ihn  vermöge  seiner  Unkenntnis 
des  Sachverhältnisses  in  zwei  Titel.  Für  diese  Annahme  spricht  der 
Umstand,  daß  auch  in  dem  von  R.  erläuterten  Kanon  (S.  638.  646) 
das  Hohelied  .yj  ^,  o-ä  heißt.  Die  Sprüche  Salomo's  sind  viel- 
leicht in  Nr.  11  genannt-)  Außer  den  12  kleinen  Propheten  fehlen 
auch  die  Klagelieder,  Esther,  Ezra,  Chronik.  Das  Buch  Samuel 
ist  vielleicht  in  Nr.  3  mitenthalten.  Das  Buch  der  Könige  ist 
-5CJU  ,ä,w  bezeichnet,  obwohl  .s^,  neben  ljLä5"  überflüssig  ist;  das- 
selbe ist  auch  beim  Anonymus  der  Fall. 

Zu  S.  658  f.  Ahmed  b.  'Abdallah  b.  Saläm,  der  als  Verfasser 
des  Buches  *.Juc  ..y*.^z>  genannt  wird  (S.  659,  Z.  11),  übersetzte, 

wie  aus  dem  Fihrist  bekannt  ist,  auch  die  Thora  und  die  Bücher 
der  Propheten  aus  dem  Hebräischen  ins  Arabische  (s.  Sprenger, 
Leben  und  Lehre  Muhammed's  I,  56  f.).  Auch  das  genannte  Buch 
(Dbi3>  ■jim'dn),  das  an  einer  andern  Stelle  unseres  Anonymus  (ib.  Z.  1) 
als  ein  „Buch  der  Kinder  Israels"  bezeichnet  wird  (ebenso  S.  658  unten 
als  „ein  Buch  der  Juden"),  war  durch  Ahmed  aus  dem  Hebräischen 
ins  Arabische  übersetzt  worden.  Da  an  derselben  Stelle  —  und 
ebenso  S.  658,  1.  Z.  —  noch  gesagt  ist  (Z.  3):  „das  ist  das  Buch, 
welches  —  d.  h.  wie  solche  Bücher  —  die  Christen  im  Griechischen 
MJJAiL^>b!5   (d.  i.  xqovizov  oder  iqoviküv)   nennen",    so    kann    man 

1)  Vielleicht  ist  auch  in  der  von  R.  (S.  655)  angeführten  Notiz  des  Anonymus 
statt  ,.y*A,Lw  (S^~  zu  lesen:  ,.w*.aLw  K.*£s»,  oder  umgekehrt  bei  Hamza 
a»\.>  statt  £.*.XS>.  Jedenfalls  ist  die  Notiz,  wonach  „sich  in  den  Händen  der 
Christen  ein  Buch  genannt  Bar  Sira  befindet,  welches  mit  den  Weisheitssprüchen 
Salomo's  zusammen,  an  deren  Ende,  geschrieben  wird",  in  Übereinstimmung 
mit  der  Aufeinanderfolge  von   4  und  5   in   der  Liste  Hamza  Isfahani's. 

2)  S.  jedoch  die  vorige  Anmerkung.  —  In  der  von  R.  S.  GGO  mitgeteilten 
Liste  heißt  Nr.  8 :  aJL&ai  -.P.  ,.y*jJLw  iU.£=>  L_jLä5  .  Danach  wäre  die 
erste  der  zwei  zu  Beginn  der  vorigen  Anmerkung  geäußerten  Vermutungen  die 
richtige;  jedenfalls  aber  bedeutet  dann  bei  Hamza  nicht  11,  sundern  4  die 
Proverbien.  Wenn  dies  das  liichtige  ist,  muß  bei  Hamza  in  Nr.  11  statt 
^oLj>  gelesen  werden  &juaL>. ,  also  Koheleth,  und  Nr.  11  ist  als  irrtümlich 
aufgenommenes  Duplikat  von  Nr.  0  zu   betrachten. 


Bacher,  Zu  G.  Rothstein,  Der  Kanon  der  bibl.  Bücher  etc.     775 

die  Vermutung  J.  W.  Rothstein's  annehmen,  daß  es  eine  erweiterte 
Bearbeitung  des  Dbi3>  -"  war,  die  von  Ahmed  b.  'Abdallah  über- 
setzt wurde.  Da  dieser  am  Hofe  der  ersten  Abbasiden  lebte,  ist 
das  Werk  spätestens  in  der  ersten  Hälfte  des  achten  Jahrhunderts 
entstanden.  Eine  Spur  von  ihm  hat  sich  in  der  jüdischen  Literatur- 
geschichte nicht  erhalten ,  ebensowenig  wie  von  dem  von  R.  unter 
Nr.  2  genannten  (S.  659),  dessen  hebräischer  Titel  vielleicht  lautete: 
TH-ji  rpiöH  bia  TTIm.  Eine  große  Sonderbarkeit  bietet  das  unter 
Nr.  3  (S.  659)  genannte  und  vom  Anonymus  mehrfach  zitierte  Werk 
ooL4-*«^l  uUtf  (oder  Lä**.&),  schon  im  Titel  dar.  Dieses  Wort 
ist  offenbar  nichts  anderes  als  das  Krr:i  des  babylonischen  Talmuds, 
eine  Bezeichnung  des  überlieferten  Lehrstoffes  der  Halacha  und 
seiner  Erörterung.  Mit  diesei-  Bedeutung  des  Wortes  hängt  das 
vom  Anonymus  als  Inhalt  des  so  benannten  Buches  angegebene  nur 
insofern  zusammen,  als  nach  der  einen  Stelle  die  offenbarten  „Ge- 
bote und  Verbote"  in  ihm  enthalten  sind  und  nach  beiden  Stellen 
uralte  Überlieferungen  seinen  Inhalt  bilden.  Schwerlich  handelt 
es  sich  um  ein  wirkliches,  diesen  Titel  führendes  Buch;  wahrschein- 
lich muß  man  annehmen,  daß  aus  Angaben  allgemeiner  Art  sich 
in  muhammedanischen  Gelehrtenkreisen  eine  Vorstellung  vom  Talmud 
herausbildete,  als  dessen  charakteristischer  Name  der  von  jüdischer 
Seite  gewiß  oft  vernommene  Ausdruck  Nn3?73ta  (Schema'ta),  als  den 
Hauptinhalt  des  Talmuds  nennend,  sich  festsetzte.  Daß  dieser  Aus- 
druck im  10.  Jahrhunderte  bei  den  Muhammedanei'n  tatsächlich 
zur  Bezeichnung  der  jüdischen  Tradition  und  des  Talmuds  ver- 
wendet wurde,  beweist  Mas'üdT,  der  die  traditionsgläubigen  Juden 
als  o»x^.^i  bezeichnete,  und  über  Sa'adia  Gaon,  sowie  einen 
andern  jüdischen  Gelehrten  die  Angabe  hat,  sie  wären  ^^pjv.1!  i;*.*..icj? 
der  Lehre  der  Rabbaniten  (im  Gegensätze  zu  den  Karäern)  zugehörig 
gewesen  (s.  Pinsker,  Likkute  Kadmonijoth   I,  p.  5). 

S.  660,  Z.  17.    xa-'.a^  ist  zu  punktieren  äjöi_Jl  (das  Substantiv 

ist  .^äjCJOi  also  die  „äusseren  Bücher",  die  cri^n  :-i:c  der 
Mischna  (Sanhedrin  X,  1),  d.  h.  die  Apokryphen.  Wenn  es  mir 
auch  nicht  gelungen  ist,  auf  Grund  dieser  Einsicht  die  dunkle  Stelle 
zu  entziffern,  so  fällt  von  hier  aus  doch  ein.  wenn  auch  nur  be- 
scheidenes, Licht  auf  das  fünfmal  (eigentlich  sechsmal)  vorkommende 
-.aj^x-O.    Es  ist  offenbar  Bezeichnung  des  biblischen    Kanons,  oder 

eines  Teiles  davon,  im  Gegensatze  zu  den  Apokryphen.  An  der 
ersten  Stelle  werden  als  dazu  gehörig  die  Bücher  der  hebräischen 
Bibel  von  Josua  bis  Dibre-Hajamim  (u%./>Ij  -jo)  aufgezählt,  mit 
Lücken,  aber  im  großen  und  ganzen  die  Gesamtheit  der  Propheten 
und  Hagiographen  umfassend  (nach  Sprüchen  und  Koheleth 
auch  Bar-Sira —  s.  oben — ,aber  ni<lit  mit  der  Bezeichnung  ^_j.;o    und 


776  G-  Rothstein,  Zu  „Der  Kanon  der  bibl,  Bücher  etc." 

damit  von  den  übrigen  Büchern  geschieden).  Die  Thora  ist  nicht 
genannt,  und  daraus  geht  hervor,  daß  unser  Autor  mit  dem  Aus- 
druck die  Gesamtheit  der  außerpentateuchischen  Bücher  des  A.  T. 
bezeichnete,  etwa  so,  wie  in  der  jüdischen  Traditionsliteratur  nb^|5 
diese  Bedeutung  hat.  Diese  Annahme  wird  durch  die  andere  Stelle 
bestätigt.  Denn  an  vier  Stellen  (S.  661  f.)  steht  a^-oO  ujIxJ"  (statt 
^j)\^S  lies  v-^Jü")  neben  der  Thora.1)  Die  von  Rothstein  über  das 
unbekannte  „Buch"  aufgestellten  Thesen  (S.  662)  fallen  nunmehr 
ganz  hinweg,  da  es  sich  nicht  um  ein  einzelnes  Buch  handelt,  sondern 
um  eine  Gesamtbezeichnung  eines  Teiles  der  biblischen  Bücher.2) 


III. 

Von 

Gustav  ßothsteiu. 

Indem  ich  allen  Herren,  die  bisher  für  meinen  Aufsatz  bezw. 
die  angehängten  Fragen  ihr  Interesse  bekundet  haben,  aufrichtig 
danke,  gestatte  ich  mir  zu  den  vorstehend  abgedruckten  Äußerungen 
noch  folgende  Bemerkungen. 

Definitiv  erledigt  ist  nunmehr  die  Identifizierung  von  äj^xjO 
mit  J^Lqä  Ü«uO-  Ebenso  ist  zweifellos  richtig  die  Gleichsetzung  von 
£ajS_>J!  ^*«X*jS  mit  D",5'iit",n  D^Dö,   welche  auch  I.  Goldziher  in 

"    7-  •  •  ■  -t  : 

einer  Mitteilung  an  Prof.  A.  Fischer  vollzogen  hat. 

Die  beiden  kleinen  von  S.  Fraenkel  zu  S.  637,  29  f.  vor- 
geschlagenen Textkorrekturen  ergeben  zwar  ein  glattes  Arabisch, 
scheinen  mir  aber  bei  dem  Charakter  dieses  Arabisch  nicht  un- 
bedingt nötig.  Zweifelnd  stehe  ich  auch  der  Annahme  gegenüber, 
daß  S.  658,  4  v.  u.  ^.z=>  Schreibfehler  für  {-yx^s>  sei,  weil  mir 
das  b ,A.*~äj.  doch  eher  auf  eine  von  ,.^-Ci.s»  verschiedene  Form 
hinzudeuten  scheint. 

Bacher  moniert  meine  Übersetzung  von  £.^u«J  mit  „Exemplar" 
(zu  S.  642,  4 f.);  ich  weiß  aber  keine  bessere.  „Versionen"  (wofür 
ich  lieber   „Rezensionen"   sagte)  ist  keine  Übersetzung.  —  1-äL* 


1)  An  der  letzten  Stelle  (S.  662,  Z.  14)  ist  gesagt,    daß    oJLb  (wie  im 


_ajv+A.i_>    ^»/.j    so  neiue:  jj» 
i  Buche  Samuel. 
[2)  Die  Lösung  dieses  Rätsels  s.  oben  S.  770.     A.  Fischer.] 


■  «j«i    ,.VJ.      Es  ist  also   ein  Zitat  aus   dem   Buche  Samuel, 


G.  Rothstein,  Zu  „Der  Kanon  der  biblischen  Bücher  etc."      777 

(zu  S.  638)  ist  schon  von  J.  W.  Rothstein,  De  chronographo,  p.  43 
mit  Nico  identifiziert,  ergiebt  sich  als  solches  auch  von  selbst. 

Die  Herkunft  der  Vatersnamen  (zu  S.  653,  3)  ist  auch  nach 
Bacher's  Ausführungen  bei  den  meisten  unklar.  Die  Gleich- 
setzung mit  hebräischen  jSarnensformen,  so  dankenswert  sie  an  sich 
ist,  sagt  leider  darüber  nichts  (eine  Ausnahme  nur  bei  Habakkuk). 
Die  Herleitung  der  bei  Bacher  zuerst  genannten  4  ergiebt  sich  aber 
aus  der  von  mir  aufgestellten  Liste  ganz  deutlich. 

Die  Bemerkungen  Bacher's  zu  S.  637,  4  v.  u.  sind  nicht 
haltbar.  In  einer  Mitteilung  an  Prof.  A.  Fischer  hat  de  Goeje 
auf  eine  entsprechende  Stelle  in  Mas'üdl's  Kitäb  at-tanblh  etc.  (= 
Bibl.    Geogr.  Arab.  VIII,  p.  184,  12 ff.)   hingewiesen.      Sie    lautet: 

oy^l\  Ua*.wJ.  ^.aJU  ^LaiJ^  ^j-^JS  %-*-'^  <jrü!  [die  24  Bücher] 
®S.yal\  ^.'^  (jr.LaxJ^  jüwlii  wJüCJl.  Die  Umänderung  von 
iuwÜl  ist  also  nicht  ohne  weiteres  möglich.  —  In  der  Stelle 
639,  3  hat  Bacher  richtig  gesehen,  daß  die  Benennung  durch  die 
Juden  fehlt  (so  schon  vorher  Prof.  A.  F  i  s  c  h  e  r  in  einer  Mitteilung 
an  mich).    Aber  die  Rekonstruktion  des  Textes  durch  B.  halte  ich 

für  verfehlt.  U.j  -r-^3  muß  doch  wohl  heißen:  „sie  erkennen 
sie  an".  Daran  schließt  sich  Ui|  sehr  schlecht  an.  Zudem  ist 
das  Subjekt    auch    dann    nicht    klar.      Und    ob    die   Änderung    von 

*»Äli  in  (wJ^äil  sich  empfiehlt,  nachdem  die  Einsetzung  von  K.w.jAs.15 
in  637.  4  sich  als  unrichtig  erwiesen,  erscheint  fraglich.    Schließlich 


lieh.     Zu    der    hervorgehobenen  Übereinstimmung    von  Juden 
und  Christen  wird  die  Differenz  hinzugefügt.    Diese  letztere  wird 

durch  das  einschränkende  Li!»  angefügt,   entsprechend   dem    .,i   ^ 
637,  4  v.  u. 

Ich  glaube,  daß  1.  hinter  L*J|.:  0>^gjJl  L^a+awu  ausgefallen, 
2.  *JiJ!  aus  ä. yzj\  verderbt,  und  3.  dieses  ^jLXJiJi  ».j-asJ!  irrtümlich 
aus  dem  folgenden  statt  üulj.  ^.äxJ!  eingedrungen  ist.  Somil 
wäre  die  Stelle  genau  derjenigen  auf  S.  637  entsprechend  zu  denken. 

viiot^l,  \jjt.+ä  haben  Fraenkel,  Bacher,  Nöldeke,  de 
Goeje  und  Goldziher  (die  drei  letzten  in  Mitteilungen  an  Prof. 
A.  Fischer)  mit  Nn?»iu  =  traditio  gleichgesetzt.  Der  Begriff  'sj  war 
mir  bekannt,  schon  J.  W.  Rothstein,  a.  a.  0.,  p.  4t>  Aura.  2  handelt 
darüber    im  Anschluß    an    de  Sacy   und   Buxtorf.      Daß  die  Gleich- 


778       &■  Rothstein,  Zu  „Der  Kanon  der  biblischen  Bücher  etc." 

Setzung  von  Iäx*-&  mit  diesem  'xö  aber  sachlich  nicht  ganz  ein- 
wandfrei ist,  tritt  bei  Bacher  hervor  (S.  775).  Und  der  Anonymus 
nennt  im  unmittelbaren  Anschluß  an  büu-^  noch  ein  anderes  Werk : 
IkÄJU-Ä,  das  sachlich  viel  eher  zu  'z.  paßt  und  von  J.  W.  Rothstein 
damit  gleichgesetzt  worden  ist.  Weil  mir  diese  Gleichsetzung  sicher 
schien,  habe  ich  leider  unterlassen,  ausdrücklich  darauf  hinzuweisen. 
Die  Stelle  lautet:  ^bJl  [s.  p.]  ^jS^\   i.  Läx+*i  2Üy..<w~j  Vw;ü» 

L» t,_;%  und  Läju^ü1)  sind  formell  gewiß  schwer  von  einander 
zu  trennen,  aber  sachlich  macht  der  Verfasser  einen  scharfen 
Unterschied.  Sollte  er  wirklich  aus  Unkenntnis  aus  einer  Sache 
zwei  verschiedene  gemacht  haben? 

Herr  Professor  A.  Fischer  schreibt  mir  noch : 
„S.  Fraenkel  hat,  worauf  er  oben  S.  770,  3  v.  u.  hinweist, 
in  ZDMG.  46 ,  S.  742  für  Flügel's  ^y^0  Fihrist  ST,  23  ^j^Ui 
konjiziert.  Im  Hinblick  auf  die  Schreibweisen  Ihres  Anonymus,  wie 
Sie  sie  auf  S.  660  Ihres  Aufsatzes  kennzeichnen,  möchte  ich  dafür 
^\J\.4j£aj  lesen,  mit  £,  entsprechend  der  Spirans  )^  in  (}z>Löo)  JN^^ 
oder  noch  richtiger  vielleicht       ju^tSli. 

Bacher  hält  (S.  772 f.)  für  möglich,  daß  bei  Ihrem  Anonymus 
hebr.  5  auch  mit  arab.  _,  statt  mit    •  ,  transkribiert  sei,  dass  also 

V  z 

für  "*73,  -ONbö,  fp-ipt  und  iTO^S  die  Schreibungen  l^y>,  =>^La 
(genauer  e»$Lo),  lj~=>jt  und  U=>.j  stehen  könnten.  Sie  selbst 
huldigen,  wie  sich  namentlich  aus  S.  641,  Anm.  5  Ihres  Aufsatzes 
ergibt,  derselben  Ansicht.  Ich  urteile  anders  und  halte  die  Schrei- 
bungen L^ya  -^-^Ls  etc.  Ihres  Kodex  für  bloße  Ungenauigkeiten, 
denn  hebräischem  5  entsprechen  im  Arabischen ,  soweit  meine  Be- 
obachtung reicht,  immer  nur  •  oder  ^,  ebenso  wie  aramäischem 
-,  — .  und  griechischem  %  gleichfalls  in  der  Regel  nur  •  oder  ,>>' 
entsprechen  (griech.  palatalen   %    daneben    auch    (ji2)),  nie  aber 

1)  Die  Wiedergabe  der  dumpf  gesprochenen  Endung  ä  durch  »,  findet  sich 
im  selben  Kodex  mehrfach  bei  Eigennamen  in  einem,  allerdings  sehr  verderbten, 
Verzeichnis  der  res?  galuätfrä. 

2)  Vgl.  außer  Nöldeke  in  ZDMG.  38,  154  besonders  Völlers,  Ueber  Lehn- 
wörter, ZDMG.  50,  614,  Kr.  11,  c.  Offenbar  hat  das  palatale  i  in  gewissen 
Gegenden  wie  eine  Art  s  oder  wie  palatales  S  gelautet.    Für  Archigenes  steht 

jLs^>-.i,     P1S\  pu.    0w*jLiA./*J    und   i^öv ,  4  (j^jL^U^l , 


G.  Rothstein,  Zxi  „Der  Kanon  der  biblischen  Bücher  etc."      7(9 

Zu  vergl.  in  Ihrem  .eignen  Aufsatz  S.  647,  Anin.  5.  11  und  12  (3^ 
Li  •>:,  Lxi>j  und  ,3-Xo),  ferner  z.  B.  •  ,.Xs>\  und  •  .jj>  für 
^i:r;  (bei  Tabarl,  IaSqübi,  QiftI,  Ihn  Abi  UsaibiSa,  in  den  Lexicis  etc.)1); 
lXAs^I   (Tab.).  Jblixi»y  (Berünl  Av,  14)  für  ittbETiN,  yaj   lXj^aj 

(Tab.  I,  Ivt,  13)  und  das  gewöhnliche  ^ai  i^-i^1.  r*ilÄi?  (Tab.. 
Ia:q.,  Ber.,  QiftI,  I.  A.  Us. ,  Lexx.  etc.)  für  -l-ipTrin;) ,  £.;>Oy> 
(Tab.),  L£y  (Ber.)  für  ^*in,  U^y  (Tab.)  für  rr^S,  JuoL^u 
und  J^jUC^  ^jUCya  (Tab.,  Lexx.  etc.)  für  bso-1??,  ^abS  (Tab.) 
und  ^.J  (JaSq.)  für  ~":b  etc.  —  Betreffs  der  Wiedergabe  von  aram. 
5,  ^  vgl.  S.  Fraenkel,  Die  aram.  Fremdwörter  im  Arab..  XX.  92,  und 
betreffs  der  Wiedergabe  von  griech.  %  durch  •  oder  ti  Völlers, 
Ueber  Lehnwörter,  ZDMG.  50,  612,  Nr.  6,  a  und  618,  Nr.  17.  c, 
sowie  die  zahlreichen  griech.  Eigennamen  mit  %  im  Index  II  des 
Fihrist  und  bei  QiftI,  Ibn  Abi  UsaibiSa  etc. 

Den  von  Ihnen  S.  658  pu.  und  659 ,  3    mitgeteilten  Satz    des 

Anonymus  .  jjui|y>^i  iU-^JLj  ^c.LaiJt  *A***J  l5^  ^jU£Ü  jJ-> 
übersetzt  Bacher  774  unten:  „Das  ist  das  Buch,  welches  —  d.h. 
wie  solche  Bücher  —  die  Christen  im  Griechischen  jjui|y>b5t  .  .  . 
nennen".  Wie  der  Satz  dasteht,  besagt  er  natürlich  nur:  ,Das  ist 
das  Buch,  welches  die  Chr.  im  Gr.  ^yLöLs>^|  nennen."" 


QiftI  vt*1,   17    ,  w^jLs\^.(;  für  %  würden  sich   hier  also  _  und  jj*  finden.    Aber 


offenbar  ist  an  der  ersten  Stelle     *w-J« 

zu    lesen.     Ibn    Abi    UsaibiSa   hat    richtig    bald    (jW.jL^i>.!,    bald  gwJLsU«j| 

(s.  das  Register),  und  Pa.,  5   hat  auch  der  Fihrist  ^jL^XuA. 

1)  J^yj\  Berünl,  Chronologie,  Ha,  14,    den    Sachau    im    Index   8.  9    als 
„Henokh"    deutet,  ist  natürlich  in  Wirklichkeit  IBISN    (Eva?). 


780 


Mehri-  und  Soqotri-Glossen. 

Von 

D.  H.  Müller. 

1.  horis. 

Dieses  Wort  findet  sich  in  meinen  Soqötri-Texten  (Südarabische 
Expedition,  Band  VI)  S.  22,  Z.  1  und  25,  und  zwar  als  Übersetzung 
von   Ez.  37,3: 

ro\  pi  Li  J>  ^Lä 

wa-'Smor  mhi  ber-höris 

und  37,9:  pOi    ^j|   Li   LjJLj 

tsemetol  ber-höris 

Daraus  geht  also  hervor,  daß  horis   „Menschen"   bedeutet. 

Außerdem  kommt  das  Wort  noch  vor  im  Gedicht  478  (S.  279): 

Le'dm  yhe  di-al  'heregin 
sighedoh  di-'ain  le-höris 
0  wäre  ihm  doch  nicht  verwehrt  gewesen 

Den  Blick  des  Auges  [zu  richten]  auf  ein  Menschenkind. 

Mein  Gewährsmann  bemerkt  zur  Erklärung  dieses  Verses,  daß 
ein  Mann  eine  Frau  sehen  wollte ,  diese  aber  sich  vor  ihm  aus 
Schamhaftigkeit  versteckte,  worauf  dieser  Vers  anspielt. 

Die  Bedeutung  des  Wortes  steht  demnach  vollkommen  sicher, 
aber  die  Etymologie  desselben  blieb  mir  dunkel.  Zur  Verdunklung 
trägt  noch  der  Umstand  bei ,  daß  von  dem  Wort  weder  ein  Dual 
noch  ein  Plural  vorkommt  und  die  mir  von  meinem  Soqotri-Mann 
einmal  angegebenen  Formen  (Dual  horisi  und  Plural  h'roS)  mir 
nur  nach  seinem   Sprachgefühle  gebildet  zu  sein  scheinen. 

Es  wäre  mir  wahrscheinlich  kaum  gelungen  die  Etymologie 
zu  finden,  wenn  mir  ein  merkwürdiger  Zufall  nicht  dazu  verholten 
hätte.  Bei  der  Aufnahme  des  Shauri- Dialekts  gebrauchte  einmal 
mein  Zafär-Mann  das  Wort  erdem  für  Menschenkind  (es  ist  verkürzt 


D.  H.  Müller,  Mehri-  und  Soqotri- Glossen.  781 

aus  J.J»!  _:  mit  Wegfall  des  b).1)  Ich  ließ  mir  den  Ausdruck,  den 
ich  zum  ersten  Male  von  ihm  hörte,  erklären  und  er  verdeutlichte 
mir  ihn  durch  harer  eres.  Er  gab  dazu  als  Beispiel  die  Phrase 
galeq  harer  eres   „sieh  den  Menschen"   (erdem). 

Damit  war  gleichzeitig  die  Etymologie  von  horis  gegeben ; 
denn  harer-ei*es  heißt   „schwarzköpfig".    Auch  im  Soqotri  bedeutet 

hdher,  fem.  hauroh  „schwarz".  Freilich  wird  für  „Kopf"  ,  «,t  im 
Soqotri  rey  (für  reh)  gesagt,  aber  das  Deminutivum  lautet  rxies, 
so  daß  also  in  horis  eine  Art  Kompositum  har  -f-  res  vorliegt. 

Nun  kommt  noch  etwas  Merkwürdiges  dazu.  Im  Babylonisch- 
Assyrischen  heißen  nämlich  die  „Menschen"  salmät  kakkadi  „die 
Schwarzköpfigen".  So  z.  B.  in  dem  Gesetze  Hamurabi's  Col.  I,  41. 
Diese  Bezeichnung,  ursprünglich  wohl  für  die  schwarzhaarige  Rasse 
angewendet,  wird  in  den  babyl.-assyr.  Inschriften  von  der  ältesten 
bis  zu  der  spätesten  Zeit  für  „Menschen"  überhaupt  gebraucht. 
(Vgl.  die  Zusammenstellung  in  Fr.  Delitzsch'  Assyr.  Handwörter- 
buch s.  v.  salmu) 

Ohne  irgendwelche  weitere  Schlüsse  daraus  ziehen  zu  wollen, 
scheint  mir  die  Übereinstimmung  der  alten  Kultursprache  mit  der 
Sprache  der  weltentlegenen  Insel  wie  mit  der  der  Beduinen  in  den 
Bergen  von  Zafär  in  der  eigentümlichen  Prägung  eines  Wortes  für 
„Menschen"  und  „Menschenkinder"  nicht  ohne  linguistisches  und 
ethnographisches  Interesse  zu  sein. 

•l.  swma'änu. 

Das  Wort  bedeutet  „kurzohriges  Schaf"  und  kommt  ziemlich 
häufig  vor,  so  Gedicht  379  (S.  257): 

Ken  inhem  al  ndhtelofen 

//-  // 1  in  le  - sam  d'hen  iten 

Sddh  sen  ilhö  il  d(y)fla<[ 

'am  ho  sauweqab  hanine. 

Weshalb  wechseln  wir  nicht  ab 

bei  unsern  kurzohrigen  Schafen? 
Sind  meine  zahlreicher  etwa, 

oder  wird  mir  größere  Last  zu  teil  ? 
Gedicht  383  (S.  258) : 

Ldhmod  'unkin  Hlio  habödid 
wul-tilhol  samd'heniten. 
Ich  liebe  euch,  ihr  meine  weißen  Schafe 

mit  weißen  Schwanznecken,  kurzen  Ohren. 

1)  Es  ist  eine  seltsame  Eigentümlichkeit  der  Shauri-Spraehe  das  b  in  ir 
abzuschwächen  und  oft  ganz  zu  elidieren;  ■/..  B.  Tit  „Haus"  (cj^j);   ine  „Kinder* 

(  %-Är);  &,  „mein  Vater"  (    -jf)   etc. 


782  D-  B.  Müller,  Mehrt-  und  Soqotri- Glossen. 

Gedicht  542  (S.  298) : 

EqbStoh  qenho  bd'er 

sdrna'dnoh  dt  i{y)ulhel 
Es  lehrte  die  Schafe  die  Nachtwanderung 

ein   kurzohrig  Schaf  mit   weißem  Schwanzflecke. 

Das  Wort  kommt  noch  in  meiner  Mehri-  und  Soqotri-Sprache 
(Südarabische  Expedition,  Bd.  IV)  S.  170  No.  23  vor  (Kaläm  49). 
Bemerkt  muß  werden,  daß  sdma'änoh,  Deminutiv  von  sime'ih,  dual. 
shne'fti,  pl.  sirne'Mten  ist. 

Ein  Beleg  für  diese  Form  möge  hier  gegeben  werden. 

Gedicht  486  (S.  281): 

'die  ma'reboh  telobed 

iva-temökehen  be-sdne 
Jce-diro'oh  di-be  dote, 
täwerom  le-sime'h  (fen . 
Sieh,  der  Westwind  schlägt  um 

Und  rüttelt  an  der  Saat. 
Wenn  die  Erde  (mit  Grün)  sich  bekleidet  vor  dem  Frühling, 
nimmt  der  Wind  die  Kleinohr  igen  fort. 1) 

Die  Wurzel  kommt  nur  noch  in  dem  Worte  sömak  „kurz- 
ohriger  Sklave"   im  Gedicht  512  (S.  287)  vor. 

KSseh  somah  Jce-gemdhal 

be-'dmq  di-resemhentten. 
Ich  fand  einen  kurzohrigen  (Sklaven)    bei  den  Kamelen 
In  der  Mitte  des  waldigen  Hains. 

Im  Shauri  kommt  dasselbe  Wort  vor.  Man  sagt  söma' ,  pl. 
semd'ta  und  daneben  nach  einem  Lautgesetz  der  Shauri -Sprache 
auch  si'-tni.  si'inta  „ kurzohrig"  (von  Menschen  und  Schafen),  fem. 
se'ent,  pl.  si'dn  Mein  Zafär-Mann  kannte  einen  Beduinen,  der  Hdmed 
$i'dn    „Kurzohr"   hieß.     Die  Grundform  bleibt    semah    oder    soma'. 

Im  Arabischen  bedeutet  *^>&\  „klein  und  vom  Kopfe  wenig 
abstehend"  (vom  Ohr),  über  die  Bedeutung  kurzohriges  Schaf  ist 
sonst  nichts  nachgewiesen.  Außerdem  buchen  die  Lexika  das  Wort 
A+*o  (neben  -1**0  in  der  Bedeutung  „Ohr"  und  k^+*o  „das  Gehör- 
organ verletzen". 

Eine  sehr  interessante  Glosse  haben  uns  die  Mischna ,  die 
Tosefta  und  der  babylonische  Talmud  aufbewahrt.  Im  Traktat 
Bechorot  7,4  (44a)  heißt  es:  mDEsp  t>5TNtö  rra^str:  inrN.  „Was 
ist  n?-"^?"    „ dessen  Ohren   klein   sind".     Ebenso  Tosefta  Bech.  IV 


1)  Die  Schafe  mit  kleinen   Ohren,  weil   er  das  Futter  vernichtet. 


D.  H.  Müller,  Mehrt-  und  Soqotri-  Glossen.  783 

g.  E  c^:tn  ib  --Nw  '-z    r::~±,    d.  h.  WIS  ist  ein  Tier,    das  keine 
(oder  sehr  kleine)  Ohren  hat. 

Auffallend  ist  Bech.  Gemara  44  a  w  vn  Nb  ,?:^±-  qs  N:n 
roniüNi  ywz  ■tfs  i«n  —  :sp  mm  urti  "»«Mb  "■::•::  r:*£  i«n  -:m 
NT-""-  Niia.  „Die  Boraytä  fügt  hinzu  3>n->5£.  Die  Gelehrten  wußten 
nicht  was  SM^S  bedeutet,  da  hörten  sie  einen  Araber  ausrufen :  Wer 
will  einen  yn^S  kaufen  ?  und  es  stellte  sich  heraus ,  daß  er  einen 
Bock  mit  herabhängenden  Ohren  meinte".1) 

3.  'odin. 

Das  Wort    bedeutet    „singen    und    sagen",    ein    paar  Beispiele 
mögen  die  Bedeutung  sicherstellen. 
Gedicht  60  (S.  170): 

Id(y)6kok  di-'eyyib  menhi 
her  e'odinen  'am  sSkirlc. 
Es  spotte  meiner,  wer  da  will, 

Ich  sing'  im  Bausche,  halt'  nicht  still. 
Gedicht  401  (S.  262): 

L'dmsen  ilhö  te'odihin 
il-qurdn  ihdwetöben. 
0,  daß  man  doch  meine  Lieder 
In  Koranschrift  schreibe  nieder ! 
Gedicht  356  (S.  252): 

'AI  e'odinen  sibSte 

efo  'a  l{y)ii>e'e  menhi. 
Ich  singe  und  sage  nicht  gradheraus : 

Es  würden  mir  die  Menschen  machen  reißaus. 
Gedicht  490  (S.  282): 

'Odin  t  di-kals  te'odin 

wu-hö  'agemhen  lesdqlat. 
Singe  du,  die  zu  singen  versteht, 
Und  ich  will  stumm  lernen. 
Gedicht  514  (S.  287): 

Dilaq  siniyho  te'ödhen 

Kan  be-hih  tiö  mahsäseh. 
Viel  sind  bei  mir  die  Lieder, 

Die  sind  im  Mund  mir  wie  Kiessteine.2) 


1)  Mir  scheint  diese  Glosse  der  Borayta  von  der  Gemara  mißverstanden 
worden  zu  sein.  Es  handelt  sich  in  Wirklichkeit  nicht  um  eine  dritte  Art 
der  Ohrenbeschaflenheit ,  sondern  um  eine  Glosse  zu  nW,2k  (oder  zu  Z"2"SL  je 
nach  den  Lesarten).  Übrigens  ist  die  Deutung  von  N""1"!-;  „herabhängend* 
durchaus  unsicher,  da  das   Wort   vnta\  Xsy6(iSVOV  ist. 

2)  Ich  muß  sie  losschlagen. 

Bd.  LVIII.  51 


<S1  D.  IL  Mülle?;  Mehri-  und  Soqotri- Glossen. 

So  fest  und  sicher  die  Bedeutung  des  Wertes  ist,  so  unsicher 
ist  die  Etymologie. 

Die  Ausdrücke  für  „Singen"  in  den  andern  semitischen  Sprachen 
können  in  keiner  Weise  mit  'odin  zusammengestellt  werden ,  auch 
das  Mehri  und  Shauri  bieten  keine  Analogie. 

Der  Versuch  einer  Erklärung  muß  also  auf  Grund  des  Soqotri 
allein  gemacht  werden.  Nun  sei  hier  noch  vorausgeschickt,  daß 
keine  andere  semitische  Sprache  an  Deminutivbildungen  so  reich 
ist  wie  das  Soqotri.  Alle  Arten  der  Deminutiva,  die  in  den  andern 
semitischen  Sprachen  vereinzelt  vorkommen ,  finden  sich  hier  in 
großer  Menge  und  mit  einander  kombiniert.  Eine  sprachvergleichende 
Untersuchung  der  Deminutiva  müßte  daher  vom  Soqotri  ausgehen. 

Eine  der  häufigsten  Deminutivendungen  ist  en ,  z.  B.  riho 
Wasser,  Demin.  nähen    (also   en  kombiniert  mit  dem  u  der  Form 

Awots);  kein  Art,  Dem.  Jcanhin;  rimid  Asche,  Dem.  rimtdehen. 

Die  Deminutivendung  en  findet  sich  auch  beim  Verbum,  z.  B. 
betoq,  imperf.  ibdtaq  „schreiten",  Demin.  btdqohen  „kleine  Schritte 
machen".1) 

Nun  glaube  ich,  daß  'odin  „singen"  als  Deminutivbildung  von 
dem  im  Soqotri  häufig  vorkommenden  Worte  'od  (arab.  Uc,  hebr. 
my)  „gehen"  anzusehen  sei;  'odin  heißt  demnach  ursprünglich 
„einen  kleinen  Gang"' machen  mit  der  Stimme,  d.  h.  nach  einer 
bestimmten  Melodie  singen. 

4.  has  wu-tim. 

Der  Soqotriausdruck  für  Los  ist  roh  oder  has  wu-tim.  So 
heißt  es  in  der  Soqotri-Übersetzung  des  Propheten  Jona ,  Kap.  2,  7 
(S.  24): 

wa-'Smer  e  thidüsin  wuddihin  na'mer  roh  (has  wu-tim), 
qehör  ne'örib  mis-seb  mon  de  diah,  wa-'emer  roh  wu-ete  has 
le-  Yünän. 

Da  sprachen  sie  zu  einander:  Wohlan,  laßt  uns  Lose  werfen, 
damit  wir  wissen  durch  wen  (wessen  Schuld)  dieses  Unheil  ist. 
Und  sie  warfen  Lose  und  das  Unglückslos  traf  Jona. 

Ich  muß  hier  gleich  bemerken,  daß  der  Ausdruck  has  wu-tim 
aus  einem  arabischen  Dialekt  ins  Soqotri  herübergenommen  worden 
sein  muß,  weil  sonst  das  h  (^)  im  Soqotri  nur  in  arabischen  Lehn- 
wörtern vorkommt. 

Gleichviel,  has  wu-tim  (^  ^y*£~)  heißt  Los  oder  Losorakel 
und  zwar  bedeutet  Um  das  Ganze,  Vollkommene,  Gute  und  has  das 
.Mangelhafte,  das  Unheil. 


1)     Vgl.     Deminutiva     des     Verbums    im     Deutschen     („tänzeln,    lächeln, 
gängeln"   etc.). 


D.  H.  Müller,  Mehr/-  und  Soqotri- Glossen.  ,85 

Nun  möchte  ich  mir  die  Frage  erlauben,  ob  man  nicht  damit 
das  biblische  Dittm  D"mN  vergleichen  darf?  —  Daß  D"02n  dem 
tim  entspricht,  braucht  nicht  erst  gesagt  zu  werden.  Dagegen  darf 
wohl  die  Vermutung  ausgesprochen  werden,  daß  c-nifit,  dessen  Ab- 
leitung von  -ns  schon  früher  nicht  als  unmöglich  hingestellt  worden 
ist,  vielleicht  dem  Sinne  nach  mit  has  zusammenzustellen  sei. 

Eine  höchst  charakteristische  Schilderung  über  den  Gebrauch 
des  „Losorakels"  bietet  Samuel  I ,  Kap.  14.  Zuerst  wird  erzählt 
(V,  24):  „Saul  nahm  dem  Volke  einen  Eid  ab,  also:  „Verflucht 
(~,l"iiS)  sei  jeder,  der  etwas  bis  zum  Abend  ißt".  Jonathan,  der 
den  Schwur  nicht  gehört  hatte,  bricht  den  Schwur  und  kostet  etwas 
Honig.  Einer  der  Krieger  macht  ihn  darauf  aufmerksam  und  sagt 
zu  ihm  (V.  28):  „Dein  Vater  hat  die  Leute  einen  Eid  schwören 
lassen:  Verflucht  (TPiN)  sei  jeder,  der  heute  etwas  ißt".  Als 
man  dann  bei  Gott  anfragte,  ob  die  Philister  zu  verfolgen  sind,  und 
keine  Antwort  erfolgte,  ließ  Saul  die  „Versündigung"  ermitteln, 
indem  er  das  Volk  auf  eine  Seite  und  sich  selbst  und  Jonathan 
auf  die  andere  Seite  stellte  und  sprach:  „Jahwe,  Gott  Israels, 
zeige  uns  den  Unschuldigen   (□"Opm)B. 

Fällt  hier  schon  der  Gegensatz  von  m-N  und  c-":p  auf,  so 
tritt  die  Situation  noch  viel  schärfer  hervor,  wenn  man  die  gewiß  ver- 
derbte Stelle  des  MT.  nach  der  LXX  ergänzt  und  mit  Wellhausen  und 
Driver  liest  (vgl.  Kautzsch  zur  Stelle)  (V.  41):  Da  rief  Saul:  „Jahwe, 
du  Gott  Israels,  weshalb  hast  du  deinen  Knechten  nicht  geantwortet? 
Wenn  diese  Verschuldung  an  mir  oder  meinem  Sohne  Jonathan  haftet, 
Jahwe  ,  du  Gott  Israels ,  so  laß  U  r  i  m  (rr^iN)  erscheinen ;  haftet 
sie  aber  an  deinem  Volke  Israel,  so  laß  Tummim  (o^pri)  erscheinen!" 
Da  wurden  Jonathan  und  Saul  getroffen,    das  Volk    ging   frei  aus. 

Es  muß  also  Urim  erschienen  sein,  wie  oben  das  Itus  auf 
Jonas  fiel.  Daß  ^i>  in  gewissem  Sinne  einen  Gegensatz  zu  ^j" 
bildet,  beweist  die  Glosse  bei  Muhlt  el  Muhlt  (s.  v.  ,  ^r>):  &/>l*Jt. 

Herr  Prof.   Dr.   A.    Fischer  schreibt   mir: 

„Die  Verbindung  Jl,  ,  ~.i>  ist  mir,  soweit  mir  erinnerlich, 
niemals  vorgekommen.  Daß  aber  diese  zwei  Wurzeln,  einzeln  ge- 
nommen, schon  in  der  alten  Sprache  von  „Lospfeilen",  „Los- 
anteilen"  etc.   gebraucht   wurden,    zeigen    die  Lexika   (s.    besonders 

Lane ,    sub  *„*.j  II  und  sub     ^^.^>   I.  IV.  X   und  ,  ^^^.3») ,    sowie 
folgende  Stellen: 


786  D-  II-  Müller,  Mehri-  und  fioqotri- Glossen. 

„Et  dixi  ei:  ne  raagni  eum  aestima  [sie!],  est  enim  sors  inanis  e 
genere  sortium  ludi  viliorum*  (Vilmar,  De  Qutrubo  commentatio, 
p.  40,  wo  ^w.jLavJI   wohl  nur  ein  Druckfehler  ist) ; 

,Ihr  habt  mich  wegen  eurer  Schutzgemeinschaft  geschmäht,  ohne 
daß  ich  gefehlt  hatte;  das  ist  ein  elendes  einem  seitens  seiner 
Schutzgenossen  widerfahrendes  Geschick"  (Mutalammis ,  ed.  Völlers, 
Nr.  IV,  18,  verbessert  von  Barth,  in  dieser  Zeitschrift,  oben  S.  221,  3); 

Uiacl    lXj;  xjfj>i    ^.Iä   Lw.a***j»       ^.gJU    c,L5"   ^.s   ^}-^    r*z>\ 

„Ich  lasse  meine  Genossen  wählen;  hat  dann  einer  von  ihnen  nur 
minderwertige  Stücke  (des  geschlachteten  Kamels) ,  so  werden  ihm 
noch  einige  Anteile  (Knochen?)  zugelegt"  (Asiär  al -Hu  dalli  in ,  ed. 
Kosegarten,  Nr.  LI,  o;  vgl.  Huber,  Meisir,  25,  wo  die  Übersetzung 
„ist  dann  einer  von  ihnen  aus  Habsucht  mit  seinen  Stücken  nicht 
zufrieden"  offenbar  irrig  ist),  und 

„Ich  mache  die  Zahl  meiner  Mitspieler  beim  Maisir- Spiel  voll  und 
schenke  ihnen  doppelte  Gabe  (d.  h.  die  vom  Kamel  übriggebliebenen 
Anteile)  und  fülle  die  große  Schüssel  mit  Zubrot"  (Näbira,  ed.  Ahl- 
wardt,  Nr.  Pf",  tf ;  vgl.  außer  den  von  Ahlwardt  mitgeteilten  Zitaten 
noch  Hamäsa  Ho,  21,  Ibn  Duraid ,  Istiqäq,  ft,  1  und  Landberg, 
Primeurs  arabes,  I,  H ;  hinsichtlich  der  verschiedenen  Deutungen  von 
f*j~*£i  vgl.  Huber,  Meisir,  14.  42  und  55,  hinsichtlich  der  Deutungen 
von  jqoLi^S      -JuiA   außer  den  Lexicis  gleichfalls  Huber,   43)". 


787 


The  Inclian  Kings  named  Siläditya,  and  the  Kingdom 
of  Mo-la-p'o. 

By 
Vincent  A.  Smith. 

In  my  recently  published  work  on  Indian  history1)  I  have 
dealt  briefly  with  king  Siläditya  of  Mo-la-p'o  in  the  following 
passage: — "Very  little  is  known  about  the  history  of  India  during 
the  second  half  of  the  sixth  Century.  It  is  certain  that  no  paramount 
power  existed,  and  that  all  the  states  of  the  Gangetic  piain  had 
suffered  severely  froni  the  ravages  of  the  Huns;  but,  excepting 
bare  catalogues  of  names  in  certain  local  dynastic  lists,  no  facts 
of  general  interest  have  been  recorded. 

The  story  of  a  certain  king  of  one  of  the  many  independent 
states  which  existed  during  those  troublous  times  deserves  notice, 
not  for  its  intrinsic  hnportance ,  but  on  account  of  the  serious 
misinterpretation  to  which  it  has  been  subjected  by  several  eminent 
scholars.  Hiuen  Tsang,  in  the  course  of  his  extensive  travels, 
visited ,  about  640  A.  D. ,  a  kingdom  at  the  head  of  the  Gulf  of 
Cambay,  which  he  calls  Mo-la-p'o.  The  capital  was  situated  on  a 
bend  of  the  river  Mahi,  which  enters  the  Arabian  Sea  near  Cambay.2) 
The  countries  of  Kachchh  (Cutch)  and  Änandapura  (now  in  the 
Baroda  State)  were  dejiendencies  of  Mo-la-p'o,  which  was  a  rieh 
and  prosperous  region  inhabited  by  inen  of  exceptional  intelligence 
and  learning.  The  kingdom  thus  described  clearly  corresponded 
with  the  modern  Bombay  disti-icts  of  Kaira  (Kherä)  and  Ahmadäbäd, 
together  with  parts  of  Baroda  and  some  adjoining  territory. 

The  pilgrim  ascertained  from  the  records  of  this  kingdom  that 
sixty  yeai*s  before  his  visit,  or  in  580  A.  D. ,  the  king  had  been 
named  Siläditya,  a  man  of  eminent  wisdom  and  great  learning,  a 
devout  Buddhist,    and    so    careful    to    preserve  animal  life  that  he 


i)  The  Early  History  of  India  from  600  B.  C.  to  the  Muhammadan 
Conquesl,  includinrj  the  Invasion  of  Alexander  the  Great,  by  Vincent 
A.  Smith  (Oxford,  at  tho  Clarendon  Press,  1904;  pp.  279,  280).  I  follow 
M.  Chavannes  in  using  tlio  spelling  Iliuen  Tsang. 

2)  Properly  "Khamb 


788  I  •  &■•  Smith,  The  Indian  Kings  named  Siläditya,  etc. 

caused  the  drinking  waler  for  bis  liorses  and  elephants  to  be  strained, 
lest  perchance  any  creature  living  in  the  water  should  be  injured. 
This   pious  prince  had  reigned  for  rnore  than  fifty  years. 

This  interesting,  but  wholly  detached,  bit  of  Information  about 
a  local  Räja  in  Western  India  during  tbe  sixth  Century  has  been 
pressed  into  the  Service  of  the  general  history  of  Northern  India 
in  an  unjustifiable  manner.  .  The  Chinese  name  Mo-la-p'o  having 
been  transliterated  ^as  Mälava,  several  learned  writers  have  rashly 
assumed  that  this  Siläditya  was  king  of  Mälava,  or  Central  India, 
the  country  around  Ujjain ;  and  Mr.  Beal  actually  dubs  him  as 
"Siläditya  of  Ujjain."  A  glance  at  the  map  and  perusal  of  the 
pilgrim's  text  are  sufficient  to  show  that  Mo-la-p'o,  whatever  be 
the  correct  transliteration  of  the  name ,  had  nothing  to  do  with 
Mälava  (Mälwä),  which  province  lay  on  the  other  side  of  the  Äravalli 
mountains.  The  Siläditya  of  Mo-la-p'o  had  no  political  connexion 
with  Harsha-Siläditya  of  Kanauj  and  Thanesar,  or  with  the  history 
of  Northern  India.  These  obvious  remarks  suffice  to  demolish  a 
large  structure  of  purely  imaginary  history,  built  upon  the  assumption 
that  Mo-la-p'o  was  identical  with  Mälwä."1) 

In  the  pages  of  a  general  history  I  could  not  fully  explain 
the  grounds  of  my  statements,  and  I  propose  to  set  them  forth  in 
this  article  in  a  manner  which  will,  I  venture  to  think,  convince 
all  readers  that  an  unfortunate  blunder  committed,  first  by  Yivien 
de  Saint-Martin  and  Stanislas  Julien,  and  adopted  by  Mr.  Beal  and 
his  annotator  Dr.  Burgess ,  has  grievously  misled  several  eminent 
Indian  scholars,  and  has  involved  the  history  of  India  during  the 
seventh  Century  in  needless  confusion. 

The  first  thing  to  settle  is  the  true  position  of  the  kingdom 
of  Mo-la-p'o,  which  Mr.  Beal  and  Dr.  Burgess,  following  the  French 
authorities,  rashly  identified  with  Mälava,  the  state  of  which  Ujjain 
(Ujjayini)  was  the  capital.  The  Chinese  characters  transliterated 
as  Mo-la-p'o  undoubtedly  might  be  the  equivalent  of  Mälava,  and, 
if  the  context  permitted  that  Interpretation ,  it  might  stand.  But 
there  is  no  necessity  to  take  Mälava  as  the  proper  rendering  of 
Mo-la-p'o;  for  other  renderings  are  quite  possible,  as,  for  instance, 


1)  Hiuen  Tsang,  bk.  xi,  in  Beal,  Records,  ii.  pp.  260 — 70;  where  the 
ibotnotes  are  not  illuminating.  Dr.  Stein  states  that  "Kalhana,  himself,  in  a 
subseqi^ent  passage  clearly  designates  this  Vikramäditya-Harsa  as  the  father  of 
Li ufi  Silnditya-Pratü-paslla,  irJ/om  we  hnow  from  a  statement  of  Hiuen- 
Tsiang  to  have  flourished  as  ruler  of  Mälava  (Ujjain)  about  sixty  years 
before  his  oivn  Urne,  i.  e.  about  580  A.  D."  (transl.  Rcijat,  vol.  i,  p.  66). 
The  statement  italicized  is  quite  erroneous.  Dr.  Hoernle ,  being  misled  in  the 
same  way,  has  permitted  himself  to  indulge  in  much  fanciful  speculation  ("Some 
Problems  of  Ancient  Indian  History,"  in  J.  R.  A.  S.  1903,  pp.  545 — 70,  especially 
p.  553).  His  notion  that  Hiuen  Tsang  confounded  Siläditya  with  Vikramäditya 
(p.  565)  has  no  substantial  basis.  Max  Müller  (India,  p.  278)  was  also  led 
astray  by  Mr.   Beal's  blunder. 


V.  A.  Smith,  The  Indian  Kings  named  Süadüya,  etc. 


789 


the  medial  l  of  the  Chinese  name  may  represent  an  Indian  r. l) 
The  context  most  certainly  does  not  allow  us  to  represent  Mo-la-p'o 
by  Mälava,  and  anybody  who  reads  Hiuen  Tsang's  text  with  care 
must  see  that  the  current  rendering  is  inadmissible,  notwithstanding 
the  weight  of  authority  by  which  it  is  supported.  The  persistent 
unanimity  with  which  the  error  of  Mr.  Beal,  Dr.  Burgess  and  their 


French    predecessors ,    has    been   adopted  by  all  English  writers  on 
the    subject   seems    to    be   due    to   the  fact  that  Mr.  Beal,    (whose 


1  in  Cbao  Ju-kua's  ethnographical  work,  tlio  C'hu-fan-chih,  written  about 
1205  A.  D. ,  or  a  little  later,  the  name  Mä-la-va  is  transliterated  Ma-lo-hua 
\J.  R.  A.  S.,  1896,  p.  488).  The  reader  wiL  please  note  tliat  ch  iii  Chinese 
words  has  the  English  sound,  that  ofthe  French  tch,  or  German  tsch.  Älthough 
I  greatly  dislike  the  use  ofthe  arbitrary  syrabol  c  for  the  Sanskrit  tJ,  English  ch, 
I  have  feit   bound  to   employ  it  in  writing  Indian  words. 


790  '  •   A.  Smith,    The  Indian  Kings  named  Siläditya,  etc. 

version  of  the  Travels  is  that  usually  consulted  in  England  and 
India) ,  having  on  page  260  (Vol.  IT)  transliterated  the  syllables 
Mo-la-p'o  by  Mälava,  Substitutes  "Mälava"  for  the  Chinese  form  in 
the  subsequent  pages,  and  heads  page  261  in  capital  letters  "Siladitya 
of  Ujjain".  Unsuspecting  readers ,  whose  attention  had  not  been 
directed  specially  to  the  question  of  identification,  have  accordingly 
quoted  Hiuen  Tsang's  observations  as  referring  to  the  kingdom 
of  Mälava,  of  which  Ujjain  was  the  capital.  But  in  reality  the 
State,  of  which  the  chief  city  was  Ujjain,  is  clearly  distinguished 
by  the  pilgrini  from  the  kingdom  of  Mo-la-p'o ,  the  position  of 
which  is  defined  by  hirn  in  the  most  unmistakeable  manner.  I 
say  that  the  definition  is  unmistakeable,  notwithstanding  the  fact 
that  some  errors  or  corruptions  have  crept  into  the  Chinese  text. 
But  these  defects  in  the  text  are  not  sufficient  to  throw  the  slightest 
doubt  upon  the  true  position  of  the  kingdom  of  Mo-la-p'o,  as  shown 
in  the  accompanying  map. 

I  now  proceed  to  justify  these  positive  assertions  by  showing 
what  it  is  that  Hiuen  Tsang  really  states  concerning  the  relative 
position  of  Mo-la-p'o  and  the  surrounding  kingdoms.1) 

The  pilgrim  approached  Mo-la-p'o  from  the  south  that  is  to 
say,  from  Bharukaccha,  the  famous  port  near  the  mouth  of  the 
Narmadä,  commonly  known  as  Broach ,  and  more  accurately  as 
Bharöc,  which  is  situated  in  N.  lat.  21°  43',  E.  long.  73°  2'.  No 
doubt  is  possible  that  the  kingdom  of  Po-lu-kie-che-po,  which  Hiuen 
Tsang  reached  after  crossing  the  Narmadä  (Nai-mo-to)  river,  was 
that  of  Bharukaccha.  He  proceeds  to  say  (ßeal ,  II,  260)  that 
"going  from  this  north-west  about  2000  It,  we  come  to  the  country 
of  Mo-la-p'o". 

This  statement  very  clearly,  and  as  will  presently  be  shown, 
quite  accurately,  places  the  kingdom  of  Mo-la-p'o  to  the  north-west 
of  that  of  Bharukaccha. 

But  the  alleged  distance  of  2000  li  is  absurd.  Reckoned  in 
miles  it  would  be  equivaleut  to  about  350  English  miles ,  and 
estimated    in    day's  journeys ,    at  the  rate  of  50  li  per  diem ,-)    it 


1)  Cunningham  (Anc.  Geogr.  p.  491)  supposed  the  town  of  Dhär,  or 
Dhäränagara,  to  represent  the  capital  of  Mo-la-p'o;  and,  starting  from  this 
erroneous  premiss,  arrived  at  many  equally  mistaken  conclusions.  It  does  not 
seem  necessary  to  enter  upon  the  formal  discussion  and  refutation  of  tlieories 
based  upon  a  fundamental  error. 

2)  "Un  autre  point  qui  vaut  aussi  la  peine  d'etre  releve  est  le  sens  exact 
de  cette  indication  perpetuellement  repetee  dans  le  Journal  de  Hiuen-tsang: 
"cinquante  li  ou  environ".  Prise  ä  la  lettre,  eile  correspondrait  ä  dix-sept 
kilometres  au  plus  .  .  .  Mais  Hiuen-tsang  n'arpentait  pas,  que  nous  sachions, 
sa  route:  il  comptait  simplement  par  etapes,  par  la  honne  raison  qu'il  ne 
pouvait  compter  autrement.  "Environ  cinquante  Li"  est  l'approximation  dont 
il  se  sert  couramment  pour  designer  la  longueur  d'une  journee  de  marche, 
laquelle,  bien  que  fort  variable,  etait  et  est  encore  en  moyenne  de  quatre  de 
nos  lieues."  (Foucher,  Notes  sur  la  geographie  ancienne  du  Gandhära, 
Hanoi,   1902,  p.  20.) 


V.  A.  Smith,  The  Inclian  Kings  named  Siladitya,  etc.  791 

would  correspond  to  forty  day's  travelling.  Evidently  there  is  a 
clerical  error  in  the  figure,  which  rnay  be  conjecturally  amended 
to  200. 

The  description  of  Mo-la-p'o  which  follows  perinits  of  no 
uncertainty  as  to  the  position  of  that  kingdom.  The  capital, 
(according  to  Beal),  was  defended  (or  "supported")  on  the  south-east 
(or  „south  and  east")  by,  or,  according  to  Julien,  was  situated  to 
the  south-east  (situee  au  sud-est  de)  of,  the  Mo-ho  river.  This 
stream  is  clearly  the  well  known  river  Mahl,  which  enters  the 
Gulf  of  Cambay  (Kharnbäyat)  from  the  north-east.  To  emphasize 
still  more  plainly  the  true  Situation  of  Mo-la-p'o,  a  Chinese  coni- 
mentator  cited  by  Mr.  Beal  explains  that  the  country  is  the  same 
as  the  southern  Lo-lo  country.  Lo-lo,  which  Mr.  Beal  renders  by 
"Lara",  is  evidently  Lata,  the  well-established  name  of  Gujarät. 

In  due  course,  Hiuen  Tsang  proceeds  to  describe  various  neigh- 
bouring  kingdoms.  "Going  north-west",  he  observes,  "from  the 
country  of  Mo-la-p'o,  after  passing  over  300  li  or  so,  we  come  to 
the  country  of  K'ie-ch'a  (Kaccha)"  {Beal,  II,  263).  Julien's  version 
(II,  161)  agrees.  Hwui-li's  Life  of  Hiuen  Tsiang  (Beal,  p.  149: 
Julien,  p.  206)  defines  the  relative  Situation  of  Mo-la-p'o  and  Kaccha 
in  the  same  sense.  Julien's  translation  of  the  Vie  states  that  "de 
lä  il  fit  trois  cents  li  au  nord-ouest,  et  arriva  au  royaume  de 
Ki-tch'a".  Mr.  Beal  Substitutes  "three  days"  for  "300  li",  and 
translates  "from  this,  going  north-west  three  days,  we  come  to  the 
kingdom  of  K'ie-Ch'a".  Both  translators  agree  that  Kacch  lay  a 
short  distance  to  the  north-west  of  Mo-la-p'o,  amounting  to  fifty 
or  sixty  English  miles,  or,  at  the  most,  six  days'  journey.  Mo-la-p'o, 
as  has  already  been  shown ,  was  situated  to  the  north-west  of  the 
kingdom  of  Bharukaccha.  We  now  learn  further  that  it  was  to 
the  south-east  of  Kaccha,  and  consequently  between  the  countries 
of  Kaccha  and  Bharukaccha,  as  shown  in  my  map. 

These  undoubted  facts  are  sufficiently  intelligible  and  conclusive; 
but  they  do  not  stand  alone ,  and  are  supported  by  much  other 
evidence.  The  province  of  Kaccha  (Cutch) ,  the  pilgrim  teils  us, 
was  a  dependeney  of  Mo-la-p'o,  which  also  exercised  soverei-ntv 
over  a  second  small  subordinate  state  named  'O-nan-to-pu-lo ,  or 
Änandapura,  which  must  necessarily  have  adjoined  Mo-la-])'o.  Hiuen 
Tsang  places  this  dependent  province  of  Änandapura  700  li  to  the 
north-west  of  ValabhI.  The  position  of  ValabhT,  the  modern  Walä 
in  the  peninsular  of  Käthiäwäy,  being  perfectly  well-known,  a  glance 
at  the  map  shows  that  there  must  be  an  error  in  the  fcext.  A 
line  drawn  to  a  distance  of  700  li  (120 — 140  English  miles)  in 
a  north -westerly  direction  from  ValabhI  would  bring  us  to  the 
oeighbourhood  of  Bhüj  in  Kacch.  But  when  the  text  is  corrected 
by  reading  "north-east"  (ie.  between  north  and  east) ,  for  "north- 
west",  the  distance  proves  to  be  correct,  and  we  find  ourselves  at 
Varnagar,    situated    tnidway    between   Ahmadäbäd  and   Mounl    \ ' •  1 1. 


792  V.  A.  Smith,  The  Indian  Kings  named  Siläditya,  etc. 

Now  Varnagar  (Vadnagar)  is  proved  by  "irrefragable  evidence",  as 
Mr.  I>.  R.  Bhandarkar  justly  observes,  to  be  the  same  as  Änanda- 
pura; and  inspection  of  my  mapsbows  that,  as  might  be  expected, 
the  two  provinces  of  Kaccba  and  Änandapura,  which  were  dependent 
on  Mo-la-p'o,  adjoined  the  dominant  state,  the  former  on  the  north- 
western,  and  the  latter  on  the  northern  side.1) 

It  is  thus  established  beyond  the  possibility  of  doubt  that 
Mo-la-p'o  was  a  kingdom  of  Western  India  lying  between  Bharu- 
kaccha  (Bharöc),  Valabhl  (Walä),  Kaccha  (Kacch  or  "Cutch"),  and 
Änandapura  (Vadnagar);  and  that,  consequently,  it  could  not  be 
identical  with  Mälava,    of  which  Ujjayini  (Ujjain)  was  the   capital. 

This  proposition,  abundantly  proved  as  it  is  by  the  foregoing 
argument ,  is  further  confirmed  when  we  examine  Hiuen  Tsang's 
definition  of  the  position  of  the  kingdom  of  Ujjayini,  or  U-she-yen-na 
(Beal,  II,  270;  Julien,  II,  167).  The  pilgrim  deduces  the  Situation 
of  this  kingdom  from  that  of  the  kingdom  of  Gurjjarä  (Kiu-che- 
lo,  Beal;  Kiu-tche-lo ,  Julien);  and  the  true  position  of  Gurjjarä 
or  Gurjjarä  has  been  demonstrated  by  Mr.  D.  M.  Bhandarkar  in 
the  essay  already  cited. 

"Going  north",  says  Hiuen  Tsang,  "from  the  kingdom  of  Valabhl 
(Va-la-pi)  1800  li  or  so,  we  come  to  the  kingdom  of  Kiu-che-lo 
(Gurjjarä)".  The  bearing  and  distance  are  both  correct,  although 
of  course  the  exact  points  from  and  to  which  the  distance  is  reckoned 
are  not  known.  The  distance  is  equivalent  to  300  English  miles,  or 
a  little  niore,  and  a  point  some  300  miles  to  the  north  either  of  the 
town  of  Valabhl,  or  of  the  approximate  frontier  of  the  Valabhl 
State  undoubtedly  falls  within  the  limits  of  the  Gurjjarä  kingdom. 


1)  "The  identification  of  Änandapura  with  Vadnagar  is  based,  in  my  humble 
opinion,  on  irrefragable  evidence.  The  Vadnagar  prasasti  of  the  reign  of 
Kumärapäla  distinctly  makes  mention  of  the  town  by  the  narne  of  Änandapura, 
and  speaks  of  it  as  containing  a  settlement  of  Brähmanas  called  Nagara  (Ep. 
Ind.  I,  pp.  295,  299,  and  303).  This  is  quite  in  accordance  with  the  tradition 
current  among  Nägar  Brähmanas  that  their  original  seat  was  Vadnagar  (Gujarät 
Population  in  the  Gazetteer  of  the  Bombay  Presidency ,  Vol.  IX,  Pt.  I, 
p.  13).  Again,  the  Älinä  charters  of  A.  D.  649  and  656  were  issued  to  the 
same  grantee  who  is  described  in  the  first  as  originally  of  Änarttapura,  and  in 
the  second  as  originally  of  Änandapura  (Ind.  Ant.  VII,  75  and  79).  This 
means  that  Änandapura  was  also  known  by  the  name  of  Änarttapura.  And, 
as  a  matter  of  fact,  according  to  populär  stories,  Vadnagar  was  called  Änartta- 
pura in  the  Treta-yuga  (History  of  Gujarät  in  the  Gazetteer  of  the  Bombay 
Presidency,  Vol.  I,  Pt.  1,  p.  6)."  (Devadatti  Bamkrishna  Bhandarkar,  "Gurjaras", 
p.  2  of  reprint,  J.  Bo.  R.  A.  S„  read  13*h  Nov.  1902.)  "Verses  19 — 29  contain 
the  praise  of  the  ancient  Brähmanical  settlement  of  Nagara  or  Änandapura  .... 
Änandapura,  which  now  is  usually  called  Vadnagar,  or  in  Sanskrit  Vriddhanagara, 
lies  in  the  Klieralu  subdivision  of  the  Kadi  district,  belonging  to  the  Gaikoväd 
of  Baroda.  The  earliest  mention  of  its  existence  occurs  in  Hiuen  Tsiang's  Travels 
(Si-yu-Jci,  vol.  II,  p.  268;.  Somewhat  lat^r  its  name  appears  in  the  Valabhl 
land  grants,  and  it  is  probably  this  Änandapura  where  Siläditya  VI  DhrfibliMta 
issued  bis  sasana  of  (Gupta-)  Saihvat  447"  (Vajeshankar  G.  Ojhä  and  Bühler, 
Ep.  Ind.  loc.  cit.  p.  293). 


V.  A.  Smith,  The  Indian  Kinfjs  named  Süaditya,  etc.  793 

Inscriptions  prove  that  the  kingdom  or  province  of  Gurjjara, 
at  dates  prior  to  the  middle  of  the  tenth  Century,  included  the 
region  to  the  north-east  of  Jödhpur,  in  the  neighbourhood  of  the 
Sämbhar  Lake,  and  that  it  may  be  regarded  as  corresponding  to 
Central  and  Northern  Räjputäna.  The  capital .  which  is  called 
Pi-lo-mi-lo  by  Hiuen  Tsang,  has  not  been  identified,  the  attempte 
to  hx  it  at  various  places  being  unsuccessful. 

From  Gurjjara,  says  the  pilgrira ,  "going  south-east  2800  li 
or  so ,  we  come  to  the  country  of  U-she-yen-na"  (Ujjayini).  The 
bearing  is  correctly  stated,  but  the  distance  noted  is  excessive,  and 
quite  double  the  true  distance,  if  the  li  be  assumed  to  be  equivalent 
to  about  3/1 6th  of  an  English  mile  of  1760  yards.  The  pilgrim's 
Information  was  apparently  derived  from  vague  hearsay,  which 
exaggerated  the  length  of  the  route  on  account  of  the  difficult 
marching  through  the  wilds  of  the  Aravalli  ranges. 

The  kingdom  of  Chi-ki-to  (Jejäkabhukti  or  Jijhöti),  now  known 
as  Bundelkhand,  lay  to  the  north  of  Ujjayini  at  a  distance  of  about 
1000   li.     Both  direction  and  distance  are  approximately  correct. 

Going  900  li  or  so  further  north  the  traveller  would  arrive 
at  the  kingdom  of  Mahesvarapura ,  that  is  to  say  the  Gwälior 
territory;1)  and,  if  he  returned  to  Gurjjara,  and  went  northward, 
he  would  reach  the  river  Sin-tu,  and  the  kingdom  of  the  same  name, 
that  is  to  say,  Sind.  The  river  Sin-tu  was  probably  the  lost  Hakrä, 
or  Wahindah,  rather  than  the  Indus. 

All  these  particulars  permit  of  no  doubt  concerning  the  Po- 
sition of  the  kingdom  of  Ujjayini  in  relation  to  other  states,  and 
it  is  obvious  that  Ujjayini,  otherwise  known  as  Mälava  (Mälwä), 
was  remote  and  distinct  from  Mo-la-p'o.  The  king  of  the  latter 
was  a  Ksatriya  by  caste,  and  uncle  (*?  father's  brother)  of  the  Räja 
of  Valabhl,  who  was  son-in-law  of  the  son  of  Räja  Harsa-Siläditya 
of  Kanauj  and  Thanesar.  But  the  ruler  of  Ujjain  was  a  Brahman, 
well  versed  in  the  Hindu  scriptures,  and  without  belief  in  the  law 
of  Buddha ,  which  found  little  favour  in  bis  dominions ;  whereas 
the  population  of  Mo-la-p'o  was  fairly  divided  between  the  rival 
creeds,  as  also  was  that  of  the  dependent  provinces  of  Kaccha  and 
Änandapura.  The  distinction  between  Ujjayini  and  Mo-la-p'o  is  so 
obvious  that  I  feel  almost  ashamed  to  irisist  upon  the  proofs  of 
such  a  patent  fact  in  wearisome  detail,  but  the  necessity   is  forced 


1)  In  Mahesvarapura  "the  sectaries  prineipallv  belong  to  the  Päsupatas" 
(Beal,  II,  "_'7  1).  Julien  translates: —  "II  y  a  plusieurs  dizaines  de  temples  des 
dieux,  que  frequentent  surtout  les  sectaires  qui  se  frottent  de  cendres  les 
Pämgcwpatas  ".  Compare  the  Gwälior  insoription: — " Mihirahul-iti-khyäto- 
bhangö  yah  Paäupatim;"  "the  lord  of  the  earth,  who  i^  renowned  under  ihn 
name  of  Mihirakula,  (and)  who,  (himself)  unhroken  [broke  the  p'.wer  of] 
Pasupati."  The  verb  is  lacking  in  the  text  (Fleet,  Gv/pta  Inscriptions, 
pp.   162,   163). 


<04  I  •  A.  Smith,   The  Indian  Kings  named  Süaditya,  etc. 

upon  me  by  the  stränge  persistence  of  the  erroneous  opinion  iden- 
tifying  the  two  kiugdoms. 

The  original  author  of  the  blunder  was  Yivien  de  Saint- 
Martin,1)  whose  opinions  on  matters  of  geography  were  accepted 
by  Stanislas  Julien.  The  mistake  thus  authoritatively  introduced 
was  adopted  by  Mr.  Beal ,  as  well  as  by  Dr.  Burgess,  who  wrote 
many  of  the  notes  for  Mr.  Beal's  Version  of  Hiuen  Tsang's  Travels. 
But  Dr.  Burgess  evidently  was  not  altogether  unconscious  of  the 
difficulties  in  the  way  of  identifying  two  totally  distinct  kingdoms, 
which  are  separately  described  by  the  author  whose  text  he  was 
annotating,  and  his  qualms  have  resulted  in  the  production  of  some 
very  odd  notes,  which  I  forbear  frorn  criticising  in   detail. 

The  foregoing  commentary  on  Hiuen  Tsang's  account  of  Western 
India  shows  that  his  observations,  as  they  stand  in  the  text  of  the 
Travels,  are  by  no  means  so  erroneous  as  has  been  supposed.  The  only 
errors  in  the  bearings  are  those  which  place  Valabhl  to  the  north  of 
Kaccha  (Beal  II,  266),  instead  of  the  south;  and  Änandapura  to  the 
north-west  of  Valabhl,  instead  of  the  north-east.  Whether  these 
mistakes  are  due  to  slips  in  the  pilgrim's  original  notes  or  to 
clerical  errors  of  transcription  I  cannot  say.  The  absolute  and 
relative  positions  of  Kaccha,  Valabhl,  and  Änandapura  both  being 
certain,  there  is  no  doubt  that  the  bearings  referred  to  are  erroneous 
as  given  in  the  text,  and  require  correction  in  the  manner  proposed. 

The  estimated  distances  stated  are  clearly  wrong  also  in  two 
cases  only;  the  intervals  between  Bharukaccha  and  Mo-la-p'o,  and 
between  Gurjjara  and  Ujjayinl  being  much  exaggerated.  The  origin 
of  these  errors  likewise  cannot  be  explained  with  certainty. 

But  the  admitted  existence  of  these  faults  in  Hiuen  Tsang's 
text,  whatever  be  their  origin,  does  not  in  the  least  affect  the  facts 
that  the  kingdom  of  Mo-la-p'o  lay  to  the  north-west  of  Bharukaccha, 
to  the  south-east  of  Kaccha,  and  to  the  south  of  both  Änandapura 
and  Gurjjara;  whereas  the  kingdom  of  Ujjayinl  lay  a  long  way 
to  the  south-east  of  the  last  named  state,  and  was  totally  distinct 
from  Mo-la-p'o.  The  learned  authors,  therefore,  who  identify  Mo- 
la-p'o  with  Mälava,  meaning  by  the  latter  term  the  kingdom  of 
Ujjayinl,  are  demonstrably  mistaken;  and  the  king  Siläditya  of 
Mo-la-p'o  who  reigned  sixty  years  prior  to  Hiuen  Tsang's  visit 
cannot  possibly  have  been  "Siläditya  of  Ujjain",  as  Mr.  Beal  calls  him. 

I  shall  conclude  by  a  brief  notice  of  the  false  theories  of  Indian 
history  which  have  been  based  upon  the  blunder  committed  by 
Vivien  de  Saint-Martin  and  his  copyists. 

The  wildly  unhistorical  legends  of  the  early  books  of  the 
Rüjatarahgini  have  been  pressed  into  the  Service  of  the  theorists 
and    made    to    yield    astonishing    results.      Kalhana    teils  us  that  a 


li  Memoire  Analytique,   in  Julien,   Memoires  sur  les  Contrees  occi- 
dentales,  Vol.  II,  p.  403.' 


V.  A.  Smith,  The  Indian  Kings  named  Siläditya,  etc.  795 

king  of  Kasmir  named  Pravarasena  "replaced  Pratäpaslla,  also  called 
Siläditya ,  the  son  of  Vikramäditya ,  who  had  beert  dethroned  by 
enemies,  in  tbe  kingdom  of  his  father"^  (Bk.  III,  330).  Upon  this 
passage  Dr.  Stein's  comiuent  is  that  "Siläditya-Pratäpaslla  can  be 
identified  with  Siläditya  of  Mälava,  whom  Hiuen-tsiang  (Si-yu-Jci, 
II,  p.  261)  mentions  as  having  flourished  sixty  years  before  his 
own  time,  and  apparently  indicates  as  the  successor  of  Vikramäditya 
(l.  c,  I,  p.  108).  Prof.  M.  Müller,  Indta,  p.  289,  assigns  to  Siläditya 
hypothetically   a  reign  from   550  to  600  A.  D." 

In  the  Introduction  to  his  translation  of  the  Räjatarangim 
(Vol.  I,  p.  66),  tbe  same  scholar  observes: —  "The  reference  which 
Kalhana  makes  to  the  great  Vikramäditya-Harsa  of  Ujjayinl,  in 
connection  with  the  next  reign,  that  of  the  poet  Mätrgupta,  exposes 
a  chronological  error  of  equal  magnitude.  Kalhana ,  true  to  his 
chronological  scheme,  identifies  this  king  with  the  Vikramäditya 
whose  victory  over  the  Sakas  he,  in  agreement  with  an  old  populär 
theory,  supposed  to  be  commemoi*ated  by  the  initial  date  of  the 
Saka  era,  78  A.  D.  Yet  Kalhana  hirnseif ,  in  a  subsequent  passage 
[as  quoted  above]  clearly  designates  this  Vikramäditya-Harsa  as 
the  father  of  king  Siläditya-Pratäpaslla,  whom  we  know  from  a 
Statement  of  Hiuen-tsiang  to  have  flourished  as  ruler  of  Mälava 
(Ujjain)  about  sixty  years  before  his  own  time,   ie.  about  A.  D.  580." 

We  do  not  know  anything  of  the  kind.  The  king  Siläditya 
who  lived  sixty  years  prior  to  Hiuen  Tsang's  travels  was  the  Räja 
of  the  small  State  of  Mo-la-p'o  in  Western  India,  and  had  no  concern 
with  Ujjam ,  nor  is  there  the  slightest  reason  for  conneeting  him 
with  the  Siläditya-Pratäpaslla,  mentioned  by  Kalbana  in  his  confused 
jumble  of  traditions. 

Hiuen  Tsang  in  Book  II  of  his  Travels  (Beal,  Vol.  I,  pp.  106 
— 108)  narrates  mere  folk-lore  stories  about  a  mythical  king  of 
SrävastT,  named  Vikramäditya,  and  remarks  that  "a  little  afterwards 
Vikramäditya-räja  lost  his  kingdom,  and  was  succeeded  by  a  monarch 
who  widely  patronised  those  distinguished  for  literary  merit".  The 
note  to  this  passage  (by  Mr.  Beal  or  Dr.  Burgess?)  contains  the 
curious  comment  that  "this  would  appear  to  be  Siläditya  of  Ujjain, 
spoken  of  by  Hiuen  Tsiang  (Book  XI)  as  having  lived  sixty  years 
before  his  own  time".  As  there  was  no  such  person  as  "•Siläditya 
of  Ujjain",  it  is  not  worth  while  U>  ciitici/.e  these  observathms  in 
detail.  For  the  same  reason,  Max  Müller's  discussion  (India,  pp.  288. 
:>'.>)   niay   be  dismissed   without  further  commentary. 

A  very  ingenious,  though  unconvincing,  essay  by  Dr.  Hoernle 
dealing  with  some  problems  of  ancienl  Indian  history  ')  is  open  to 
destructive  criticism  from  various  sides;  but  at  present  I  need  only 
point    out    that    his    argumenl    assumes    throughout  the  identitj    of 

1)  "Some  Problems  of  Ancient  Indian  History"  (*/.  //.  A.  S.,  L903, 
pp.  545  -  70). 


796  I  ■  A>  Smith,   The  Indian  Kings  named  Siladitya,  etc. 

the  kingdom  of  Mo-la-p'o  with  that  of  Ujjain.  The  learned  author 
has  sueeeeded  in  persuading  himself  of  the  existence  of  a  person 
nauied  "Siladitya,  Vikramäditya's  son",  who  was  the  "Mälava  em- 
peror"  in  606  A.  D.,  a  purely  imaginary  creation,  and,  has  evolved 
a  fanciful  hypothesis  that  Hiuen  Tsang  confounded  Siladitya  and 
Vikramäditya  (p.  566).  Many  pages  would  he  required  to  prove 
in  detail  the  unsubstantial  nature  of  Dr.  Hoernle's  theories,  but 
I  trust  that  I  may  be  excused  from  undertaking  so  unwelcome  a 
task.  Hiuen  Tsang's  aecount  of  Siladitya  of  Mo-la-p'o  is  perfectly 
clear  and  intelligible,  heing  based  upon  local  records,  and  has  nothing 
whatever  to  do  with  any  Vikramäditya.  The  Master  of  the  Law 
is  not  responsible  for  the  confusion  in  which  European  writers 
have  involved  a  simple  matter. 

The  narne  or  title  of  Siladitya  was  very  commonly  assumed 
by  Indian  Räjas  in  the  sixth,  seventh,  and  eighth  centuries.  The 
list  of  the  kings  of  Valabhl  {Ind.  Ant.  XV,  273)  includes  no  less 
than  seven  Silädityas.  The  most  famous  monarch  of  the  name  was 
Harsa ,  or  Harsa-varddhana ,  Lord  Paramount  of  Northern  India 
from  606  to  648  A.  D.,  who  is  always  spoken  of  by  Hiuen  Tsang 
as  Siladitya.  He  was  the  son  of  Prabhäkaravarddhana ,  who  was 
also  called  Pratäpasila,1)  and  had  nothing  to  do  with  Siladitya  of 
Mo-la-p'o.  I  have  discussed  his  reign  fully  in  chapter  XIII  of  my 
book,  to  which  I  may  be  permitted  to  refer  the  reader. 


1)  Bana,  Harsa-Carita,  transl.  Cowell  and  Thomas,  p.  101. 


797 


Notizen. 

Von 

Siegmund  Fraenkel. 

1.  Zu  S.  664  ff.  oben. 

Die  Kombination  von  "pn-1  mit  K.x?i  (S.  665,  Mitte)  wird  aucb 
lautlich  dadurch  gestützt,  daß  der  sporadische  Lautwandel  (aramäisch 

i   =  arab.   |)  sich  in   der  Nachbarschaft  von   n  noch  einmal  findet, 

nämlich  in  der  bekannten  Gleichung  JJo*.,  =  J>^|.  Vielleicht  liegt 
ein  ähnlicher  Fall  auch  bei  -pfv;  vor,  wenn  man  dies  zu  „zc  ziehen 
darf.  Zu  dem  arabischen  Lautbestande  stimmt  allerdings  syr.  iojA. 
=  jüd.-ar.  ^n«  Levy,  Nhbr.  WB.  I,  56 a  1.  32  Nr.  2  (dort  wohl 
falsch  erklärt).  — 

Mit  seiner  Bemerkung  über  das  angeblich  arabische,  in  Wirk- 
lichkeit aramäische  Nnrv  ist  Fischer,  wie  ja  schon  durch  den 
Eingang  der  Nachricht  des  Midras  deutlich  wird ,  zweifellos  im 
Eechte.1)  Dagegen  bedürfen  seine  grammatischen  Notizen  S.  666, 
Anm.  1  der  Richtigstellung.  1.  ■•tfböa  kann  niemals  „die  Kamele" 
bedeuten.  Die  entgegenstehenden  Angaben  in  der  sehr  unzuver- 
lässigen Abhandlung  von  Levias  (Zeitschr.  f.  hebr.  Bibliogr.  5, 
S.  92 — 94),  durch  die  Fischer  irre  geführt  worden  ist,  beruhen  auf 
Mißverständnissen  oder  Textkorruptionen.  2.  Das  n  am  Anfange 
von  -'Nbastt  ist  kein  prosthetischer  Vokal,  sondern  =  bi'  (Nöldeke, 
Mand.  Gramm.   58   Anm.  2)."2) 


1)  Unter  N*3""'  ist  in  jüdischen  Schriften  häutig  die  römische  Provinz 
Arabia  zu  verstehen. 

[2)  Dieselbe  Belehrung  läßt  mir  brieflich  W.  Ha  eher  zu  teil  werden, 
unter  Hinweis  auf  Levias,  Grammar,  §  170.  Auch  Dalman,  Grammatik,  S.  180, 
4  v.  u.  wäre  zu  vergleichen.  Die  Behandlung  des  l  von  53>  in  diesen  ost- 
aramäischen   Idiomen    zeigt    also    eine    gewisse  Ähnlichkeit  mit    der    des    /    von 

(Jw£  in  verschiedenen  neuarabischen  Dialekten.  Vgl.  Spitta,  Grammatik,  §§  10,  b 
und  83,  b,  5;  Reinhardt,  Ein  arab.  Dial.  gespr.  in  'Oman  und  Zanzibar,  §§8,  1.  b 
und  175  ff.;  Landberg,  Proverbes  et  dictons,  l  13,  und  Dialectes  de  l'Arabie  Meridio- 
nale,  vol.  I,  p.  163,  3  v.  u.;  auch  Stumme,  Grammatik  des  tunis.  Arabisch,  §  L69,  5; 
Meissner,  Neuarab.  Geschichten  aus  dem  Iraq,  §§  '-'.  "  und  17,  a,  3;  Socin,   Diwan 


798  Framkel,  Notizen. 

_'.  Zur  Fabel  von  Wolf  und  Kranich 

(diese  Zeitschrift  57,  660). 

Zu  den  verschiedenen  von  Hertel  gesammelten  Fassungen  dieser 
Geschichte  kann  noch  eine  hinzugefügt  werden.  Genes.  Rabb.  Per. 
64  g.  E. :  Rabbi  Josua  b.  Chanina  trug,  um  das  Volk  von  einer 
Empörung  gegen  die  Römer  zurückzuhalten,  Folgendes  vor: 

Einem  Löwen,  der  seine  Beute  zerfleischte,  blieb  ein  Knochen 
im  Halse  stecken.  Da  sagte  er:  „Wer  kommt  und  ihn  herauszieht, 
den  belohne  ich".  Es  kam  nun  das  ägyptische  Rebhuhn,  das  einen 
langen  Schnabel  hat ,  und  zog  den  Knochen  mit  seinem  Schnabel 
heraus.  Als  es  dann  aber  sprach:  „Gieb  mir  meinen  Lohn",  da 
sagte  der  Löwe :  „Gehe  und  freue  dich  sagen  zu  können ,  daß  du 
unversehrt  aus  dem  Rachen  des  Löwen  gekommen  bist,  so  wie  du 
hineinkamst". 

Bemerkenswert  an  dieser  Variante  ist,  abgesehen  von  der  Ein- 
führung eines  in  den  sonstigen  Fassungen  nicht  auftretenden  Vogels, 
besonders  auch,  daß  sie  mit  den  indischen  Erzählungen  vom  Löwen 
handelt  und  nicht  wie  die  griechische  und  lateinische  vom  Wolfe. 
Vielleicht  ist  auch  hier  ein  alter,  durch  persische  Vermittelung  zu 
erklärender  Zusammenhang,  wie  bei  der  Fabel  von  dem  Kamel, 
das  Hörner  sucht  (Nöldeke,  Erzählung  vom  Mäusekönig,  S.  10). 


aus  Centralarabien ,  Teil  III,  §  167;    Stumme,    Märchen    u.    Ged.    aus    Tripolis, 
Teil  II,  §  175   u.   a.  Ausätze  zu  dieser  fortschreitenden  Verkümmerung  von  ^c 


rinden  sich   schon  im  Altarabischen  in 


Bildungen    wie  (jto-lc  für  (_>i?.bM       -Xc 


und  sljlc  für  tlÜ  Jlc;  vgl.  Sib.  II,  S.  frS,  3  und  dazu  Jahn;  Mufassal 
S.  I1v,  3  und  dazu  Ibn  Iaäll  II,  If11,  9;  AnbärT,  Asrär  111,  16;  Kämil  W,  14; 
Hamäsa  (*,   6  v.  u.  etc.  A.  Fischer.] 


799 


Der  hebräische  Vokalname  Melopum. 

Von 

AV.  Baclier. 

In  einer  „didaktischen  Studie"  zum  hebräischen  Leseunterrichte, 
die  N.  Adler,  Lehrer  in  Fürth,  im  März  d.  J.  im  Anschlüsse  an 
„Hebräische  Buchstaben bilder1-  herausgab,  fand  Eberhard  Nestle 
eine  übrigens  ganz  unwissenschaftliche  Liste  der  Namen  der  hebrä- 
ischen Vokalzeichen  und  in  dieser  Liste  für  —  (u)  die  Benennung 
„Melupurn",  unmittelbar  nach  „Schuruk",  der  Benennung  des  1  (ü). 
Von  diesem  Kuriosum  ausgehend,  stellte  er  (oben  S.  597 — 600) 
in  einer,  mancherlei  Angaben  darbietenden  interessanten  kleinen 
Studie  die  Tatsache  fest,  daß  in  Bezug  auf  den  Terminus  „Melupurn" 
ein  sonderbarer  Widerstreit  zwischen  den  grammatischen  Schrift- 
stellern obwaltet,  speziell  daß  jüdische  Grammatiker  mit  demselben 
Terminus  auch  das  gewöhnlich  Cholem  genannte  Vokalzeichen  be- 
nennen. Um  diese  Sonderbarkeit  der  grammatischen  Terminologie 
zu  beleuchten,  will  ich  eine  kurze  Geschichte  der  Anwendung  des 
Ausdruckes  Melopum  (so  muß  es  richtig  heißen:  DIQ'Nbw)1)  bieten, 
welche  die  von  Nestle  festgestellte  Tatsache  vielleicht  weniger 
auffallend  erscheinen  lassen  wird. 

I.   Von   den   ältesten   Zeiten   bis   Joseph   Kimchi  (excl.). 

In  diesem  Zeiträume,  der  mit  der  Terminologie  der  Massora 
beginnt  und  durch  die  Neuerung  J  o  s  e  p  h  K  i  m  c  h  i  's  und  seiner 
Söhne  schließt,  kannte  die  hebräische  Grammatik  nur  sieben  Vokale 
(resp.  Vokalzeichen),  die  sogen,  „sieben  Könige''.  Kurzes  o  (o) 
wurde  mit  demselben  Zeichen  geschrieben  und  also  mit  demselben 
Namen  (Kamez)  benannt  wie  langes  a  (a) ;  die  Vokalzeichen  gründeten 
sich  auf  die  Qualität  der  Vokale,  die  Quantität  war  ganz  unberück- 
sichtigt geblieben.  Zwischen  —  und  1  bestand  nur  ein  ortho- 
graphischer Unterschied ,    ebenso '  wie ,    und    das    bleibt   so  auch  in 


1)  Die  richtigere  Aussprache  wäre:  Melophum.     Ich  selbst  behalte  das  p 
bei,  um  nicht  zu  sehr  von  Nestle's  Schreibung  abzuweichen. 

Bd.  LVIII.  52 


800  Bacher,  Der  hebräische  Vokalname  Melopum. 

der  Folgezeit,  zwischen  ' —  und  i .  In  der  ältesten  Liste  der  sieben 
Vokale,  die  sich  in  Aharon  Ben  A  s  c  h  e  r 's  Dikduke  Teamim  (ed. 
Baer  und  Strack,  p.  12)  findet,  heißt  der  5.  und  6.  nbn  und  pn\p 
(ursprünglich  offenbar  öbtt,  p*TC;  die  vorliegende  Punktation  der 
zwei  Worte  ist  spätem  Datums).  In  dem  Paragraphen  selbst,  dem 
diese  Liste  angehängt  ist,  werden  die  Vokale  Cholem  und  Schurek 
nur  als  nnN  ~"~:  („ein  Punkt")  und  als  in  bezeichnet.  Die 
Massora  parva  zu  II  Sam.  6,  23  drückt  die  Angabe,  daß  ~rn73 
sonst  nicht  vorkommt  und  das  gleichbedeutende  T\T\VZ  sich  auch 
nur  einmal  (I  Sam.  4,  20)  findet,  so  aus :  ms  yiap  im  ms  Nb73  rpb . 
Das  Cholem  heißt  also  Melö-pum  *)  (Fülle,  vollständige  Öffnung  des 
Mundes),  das  Schurek  Kibbuz-pum  (Zusammenziehung  des  Mundes). 
Dieses  Wortpaar  ist  eines  der  Paare,  welche  die  große  Massora 
in  einer  Liste  zusammenstellt  (Ochla  we-Ochla  N.  55,  S.  58  ed. 
Frensdorff),  mit  der  Überschrift:  ms  Nb?3  nm  in  yo  -pmi  n"d 
ms  y72p  im  (ebenso  Massora  ed.  Ginsburg,  3  529a).  In  der  Massora 
finalis  (i,  13)  steht  dafür:  in  "im  IN  "in  V-MT  n"s.  S.  auch 
ZDMG.  49,  16,  Anm.  6.  —  Der  karäische  Lexikograph  David 
b.  Abraham  hat  für  Cholem  und  Schurek  nur  die  Bezeichnungen 
IN  und  in.  Bei  den  Schülern  Menachem  b.  Saruk's,  in  ihrer 
Streitschrift  gegen  Dunasch  b.  Lab  rät,  heißt  Cholem  B  der 
Punkt  über  dem^Waw"  (virt  by  rrnpra),  Schurek  der  „ Punkt  im 
Waw"  nmnn  miprn).  Jehudi  b.  Schescheth,  der  Schüler 
und  Verteidiger  Dunasch's,  nennt  den  letzten  Vokal  im  Worte  niabs 
so:  br"7:  -~i-pz  msNbü.  —  Je  hu  da  Hajjüg  in  seinen  zwei 
arabischen  Werken  über  die  schwachen  und  doppellautigen  Verba  be- 
zeichnet sowohl  Cholem  als   Schurek    mit    dem    arabischen  Verbum 

^.ä>  (aus  dem  der  arabische  Vokalname  Z+Xo  gebildet  ist).  Aber 
er  sagt  auch  einmal:  übn^b  ***.<&* ',  einmal  auch  (ed.  Jastrow, 
p.  ff  unten)  y?:p  £  p-ni)  ^  sbn  p^****  (s.  Die  grammatische 
Terminologie  des  Hajjüg,  S.  18).  Abulwalld  Merwän  Ibn 
Ganäh  gebraucht  innerhalb  des  arabischen  Kontextes  die  hebrä- 
ischen Vokalnamen  nbn  und  p-nü  (s.  z.  B.  Kitäb  al-usül,  ed.  Neu- 
bauer, Kol.  476,  Z.  30).    Von  den  beiden  Übersetzern  Hajjüg  s,  beide 


1)  Wahrscheinlich  wurde  der  erste  Bestandteil  des  Ausdrucks  ursprüng- 
lich N272  (rnelä)  ausgesprochen,  war  also  auch  aramäisch  gleich  dem  zweiten 
Bestandteile  (Dls);  vgl.  b.  Aboda  zara  79a:  7"!"I"22SN  Nt>72.  Jedoch  gewöhnte 
man  sich  später  wohl  daran,  jenen  hebräisch  auszusprechen.  Vgl.  das  bei  Levy 
(Wb.  zu  den  Targumim  II,  37  a)  verzeichnete  Beispiel  aus  dem  paläst.  Targum  zu 
Num.  .'Jö,  17  :  NT  N1~72.  Der  unten  zu  erwähnende  Grammatiker  Ab r.  Balmes 
punktiert  D1S  Nbü  (male-jmm) ;  er  sah  also  im  ersten  Bestandteil  des  Aus- 
druckes ein  Adjektivum. 


Bacher,  Der  liehräische  Vbkalname  Melopum.  $01 

große  Grammatiker ,  wendet  der  eine ,  Moses  Ibn  Gikatilla, 
nur  nbn  und  p'niö  an:  der  andere,  Abraham  Ibn  Esra,  bedient 

sich  auch  des  Ausdrucks  msNb?3.  Für  ^äJLj  bei  Hajjüg  (ed.  Jastrow, 
p.  o,  Z.  10),  wofür  Ibn  Gikatilla  p-ran  bat,  setzt  Ibn  Esra:  ynps 
msiöm.  Gemeint  ist  der  ü- Vokal  des  iy~,  Nin^,  für  den  also 
Ibn  Esra  den  aus  ms  \*i2.p  (s.  unten)  gekürzten  Namen,  die  genaue 

Übersetzung  des  arabischen  ^a,  anwendet,  außerdem  aber  das  alt- 

massoretische  ms  Nbn  hinzusetzt.  Ibn  Esra  ist  also  der  erste, 
der  —  wenigstens  hier  —  das  Schurek  „Melopum"  nennt.1)  Doch 
hatte  dies  auf  den  grammatischen  Sprachgebrauch  zunächst  keine 
Wirkung;  Ibn  Esra  selbst  sagt  in  seinen  grammatischen  Schriften 
ausdrücklich,  daß  das  Cholem  auch  ms  Nb72,  das  Schurek  auch 
ms  yimp  genannt  werde  (s.  mein  Abraham  Ibn  Esra  als  Gramma- 
tiker, S.  62  f.).  In  dem  auf  J  e  h  u  d  a  I  b  n  B  a  1  a  a  m  zurückgehenden 
Werke  N"ipnn  "WE  (ed.  Mercier  p.  13  b)-)  ist  in  der  Liste  der 
Vokale  als  erster  genannt:  ms  ühiz  übin  (mit  dem  Zusätze:  ->sb 
nsn  übl2i2  Nirv£),  als  letzter:  pTnü,  mit  der  ausdrücklichen  Angabe, 
daß  dieser  Name  sowohl  die  Schreibung  — ,  als  die  Schreibung  1 
betreffe  ("pna  rmp:  mimy  Dsnb^m  it  zi''b2  it  na?3bn  rnmp:  'a 
D'nb  in«  DTZ51  -n"-). 

In    dem    vorkimchischen    Zeiträume    war    also    ülSNb'Q   —  ab- 
gesehen von  dem  vereinzelten  und  unsichern  Beispiele  bei  Ibn  Esra 


ausschließlich  Bezeichnung  des  C  h  o  1  e 


in. 


II.  Von  Joseph  Kimchi  bis  Elia  Levita  (incl.). 

Joseph  Kimchi,  einer  der  ersten  Propagatoren  der  in  Spanien 
zur  Blüte  gelangten  hebräischen  Sprachwissenschaft,  verfaßte  —  in 
den  Spuren  seines  altern  Zeitgenossen  Abraham  Ibn  Esra  wandelnd, 
aber  mit  größerem  didaktischen  Geschicke  —  ein  Lehrbuch  der 
hebräischen  Sprache  ("p~DT  "ISO,  von  mir  1888  in  den  Schriften 
des  Literaturvereins  Mekize  Nirdamim  herausgegeben).  In  dieser 
Grammatik  (S.  17)  erscheint  zum  ersten  Male  die  Einteilung  der 
Vokale  in  fünf  lange  und  fünf  kurze,  wodurch  die  bisher 
auf  Grund  der  Punktation  als  feststehend  angenommene  Zahl  der 
Vokale  um  drei  vermehrt  und  die  Lehre  von  den  Vokalen,  welche 


1)  Vielleicht  aber  meint  Ibn  Esra  auch  hier  mit  mSN-73  das  Cholem; 
nur  muß  man  annehmen,  daß  er  die  von  Hajjüg  gegebene  Regel  über  die  Aus- 
sprache des  Schewa  auch  auf  solche  Fälle  bezieht,  in  denen  dem  Schewa  ein 
Guttural  mit  Cholem  folgt  (z.  B.  "H"?).  Allerdings  bietet  H.  nur  Beispiele 
mit  Schurek. 

2)  S.  meinen  Aufsatz  in  der  Grätz'schen  Monatsschrift,  XXXIV  i  L885), 
468—480,  497—504. 

52* 


802  Bacher,  Der  hebräische  Vokalname  Melopum. 

bisher  die  Quantität  nicht  berücksichtigte,  von  Grund  aus  uni- 
gestaltet wurde.  Diese ,  durch  das  Vorbild  der  von  Joseph  Kimchi 
gekannten  lateinischen  Grammatik  angeregte  Neuerung  mußte 
auch  auf  die  Nomenklatur  der  Vokale  (resp.  ihrer  Zeichen)  eine 
umgestaltende  Wirkung  ausüben.  Joseph  Kimchi  selbst  nennt  den 
langen  Vokal  i«  Cholem  (abin),  den  langen  Vokal  i:  V'-q  p"miö 
(Schurek  mit  Waw),  den  kurzen  Vokal  — :  Vi  Nbn  p-niü  (Schurek 
ohne  Waw).  In  zwei  Handschriften  findet  sich  beim  letzten  Vokal 
der  —  wahrscheinlich  von  Moses  dem  Nakdan  herrührende  und 
durch  Moses  Kimchi  beeinflußte, —  Zusatz:  DTSU5  ynp  ffiMJi 
(d.  i.  das  ms  yap  der  Massora  und  Ibn  Esra's).  Dieser  Zusatz 
zeigte  die  Differenzierung  der  beiden,  in  dem  vorigen  Zeit- 
räume üblich  gewordenen  Namen  des  w-Lautes:  p"rna  wird  Name 
des  langen,  Viap  der  Name  des  kurzen  Vokales.  Diese  Diffe- 
renzierung ist  trotz  der  noch  zu  erwähnenden  Schwankungen  sieg- 
reich geblieben  und  hat  auch  heute,  wenn  die  Vokalzeichen  hebräisch 
bezeichnet  werden ,  allgemeine  Geltung.  Bei  Moses  Kimchi, 
dessen  Grammatik  besonders  in  den  ersten  Jahrzehnten  des  16.  Jahr- 
hunderts das  am  meisten  benutzte  Lehrbuch  des  Hebräischen  wurde, 
heißt  ü:  p^liö,  ü:  mrisiZJ  yisp;  ö:  Dbin.  Dieselben  Namen  hat 
David  Kimchi  im  Michlol,  zu  Beginn  der  Abteilung  über  die 
Verba  (ed.  1545,  p.  48  a).  Den  Namen  DlBSbü  nennt  keiner  der 
drei  Kimchis.  Das  in  Jemen  am  Ende  des  14.  Jahrhunderts  ver- 
faßte und  von  J.  Derenbourg  unter  dem  Namen  „ Manuel  du 
Lecteur  (&mpn  rn-mn)  herausgegebene  anonyme  massoretisch- 
grammatische  Lehrbuch  nennt  als  ersten  der  Vokale  (p.  54):  Dbin 
ms  Nbn  N~ip:n  Nim.    Bei  Samuel  b.  Meir,  dem  Enkel  Raschi's 

—  was  hier  nachträglich  bemerkt  werden  möge  —  heißt  das  Cholem  : 
Melopum  (s.  Eos  in,  R.  Samuel  b.  Meir  als  Schrifterklärer,  S.  130). 

—  Den  Ausdruck  ms  übl2  wendet  auch  Elija  Levita,  mit  dem 
dieser  Zeitraum  abschließt,  nicht  an.  Er  gebraucht  für  ö,  ü  und 
ü  die  Namen  Cholem,  Schurek,  Kibbuz  (s.  z.  B..Massoreth-Hamassoreth, 
ed.  Ginsburg,  S.  152 ff.;  im  Bachur  (S.  52b,  77a,  ed.  Mantua)  setzt 
er  statt  Kibbuz:  nmpa  lübiü  (»drei  Punkte"),  welcher  Ausdruck 
in  alter  Zeit  das  Segol  bezeichnete  (so  bei  Ben  Ascher,  David 
b.  Abraham,  s.  Die  gramm.  Terminologie  des  Hajjüg,  S.  18;  bei 
Tobija  b.  Elieser,  s.  Buber's  Einleitung  zum  Lekach  Tob,  S.  29 f.). 
S.  auch  sein  Perek  Schira,  Venedig  1546,  p.  49  b:  pTnö  Dnpna 
rmp:  löbia. —  Levita's  Zeitgenosse  Abraham  Balmes  erwähnt 
in  seiner  gelehrten  Grammatik  Mikneh  Abram  (Venedig  1523),  der 
Vokal  DTEiü  yop  (welchen  Namen  er  von  M.  Kimchi  übernimmt) 
heiße  auch  'jüj?  pJnittJ',  sowie  nmp:  üjbüJ.  Diese  Namen  für  ü  (— ) 
werden  uns  auch  im  nächsten  Zeiträume  begegnen.  —  Bei  Balmes 
treffen    wir    zum    ersten    Male    die    ausdrückliche    Anführung    der 


Bacher,  Der  hebräische  Vokalname  Melopum.  803 

Ansicht ,  daß  das  Schurek  (ü)  auch  Dis  N-7:  x)  heiße.  Die  Stelle 
lautet:'2)  ^""  nip^iü  bs>  1733  vriöiDa.  p'riiü  Wanöiri  in  -'S  p-?^* 
•c-Nr  rnti;  br  ynip  NH?ttrt  iNÄiaa  -z  Disabtt  -n---^  -:  «j  -jrb- 
'-"•:  NbM.  Für  das  Cholem  nennt  Balmes  den  Namen  Melopum 
nicht .  aber  es  ist  aus  einigen  seiner  Äußerungen  ersichtlich ,  daß 
dieser  Name  nach  ihm  in  erster  Reihe  dem  Vokale  Cholem  zukommt. 
So  beginnt  er  eine  Erörterung  über  das  Schurek  (ü)  mit  den  "Worten : 
.  .  .  übirD  v:3  ia^ßwä  nVn  cid  «ba  iaiü  -os)  p'vnsrii.  Ein  von 
Balmes  selbst  erfundener  Terminus  ist  ais  «btt  y?2p  für  o.  Er 
sagt  darüber:  Dbinb  rrci-  iNSTO  "»3  }3  N-~:  DIB  Nb»  y»)?tj1 
qain?  Nasan  -x-:  tn'--Zw  qiar  y»^  ^"T~."  isibna.  In 
dieser  letzteren  Anwendung  des  Ausdrucks  fand  Balmes  keine 
Nachfolge;  hingegen  beweist  die  Stelle  über  das  Schurek,  daß  man 
schon  vor  Balmes  hie  und  da  nicht  das  Cholem,  sondern  das  Schurek 
Melopum  nannte.  Das  scheint  damit  zusammenzuhängen,  daß  der 
Ausdruck  nicht  in  der  ursprünglichen  Bedeutung  („volle  Mund- 
öffnung ")  verstanden  wurde,  sondern  daß  man  dabei  an  den  „vollen 
Mund"  dachte  (wie  ihn  Balmes  auch  ausdrücklich  umschreibt)  und 
die  Gebärde  des  vollen  und  dabei  sich  schließenden  Mundes  bei  der 
Aussprache  des  ü,  nicht  des  ö  erkannte. 

III.  Tom  sechzehnten  Jahrhundert  bis  zur  Gegenwart. 

Die  Benennung  des  langen  u-Lautes  (in)  mit  Melopum  findet 
sich  noch  vor  Balmes  bei  den  zwei  christlichen  Autoren,  die 
Nestle  anführt.  Beide,  sowohl  Pellicanus  als  Nigri,  geben  an. 
D"1?  »ibn  sei  der  Name  des  IN,  -p^rc  der  des  N  (a.  a,  0.,  S.  599). 
Offenbar  haben  sie  dies  von  ihren  jüdischen  Lehrern  überkommen. 
Man  hat  also  in  jüdischen  Kreisen  Deutschlands  in  der 
zweiten  Hälfte  des  15.  Jahrhunderts  die  Benennung  -p-\Tü 
auf  den  kurzen  «-Laut  beschränkt  und  diesen  ü  gesprochen  (wie 
ebenfalls  Pellicanus  und  Nigri  angeben) ,  die  Benennung  DnSNbn 
hingegen  dem  mit  i  geschriebenen  (langen)  ü  zugewiesen.  Die 
Aussprache  D^ölbö  (Pellicanus  transkribiert:  mellupim ,  Nigri: 
meluppim)  beruht  auf  der,  auch  bei  den  übrigen  Vokalnamen  an- 
gewendeten und  aller  Grammatik  ins  Gesicht  schlagenden  Methode, 
den  Laut  des  benannten  Vokals  in  dessen  Namen  hören  zu  lassen  ; 
also  Nib72  statt  fcribö.  Warum  aber  n-s  statt  D12?  Dies  kann 
entweder  auf  der  Absicht  beruhen,  das  aramäische  Wort  zu  beseitigen, 
oder  es  ist  inkorrekte  "Wiedergabe  des  von  den  jüdischen  Lehrern 
Überkommenen.8)     Wenn  die  Aussprache   „Melupum",  die  no< 

1)  Balmes  punktiert  Nbö,  s.  oben  S.  800,  Anm.  1. 

_■  Das  Werk  ist  dicht  paginiert.  Die  hier  angeführten  Stellen  finden 
sich  auf  Bl.  14—16  (m*Tp3fi   "■"•-). 

3)  Viell.  soll  "'— —  den  M-Laut  wiedergeben. 


§04  Bacher,  Der  hebräische  Vokalname  Melopum. 

Jahre  1904  in  der  Liste  Adlers  figuriert,  auf  lebendiger  Lehrer- 
tradition beruht,  was  ich  voraussetze,  so  darf  man  annehmen,  daß 
auch  die  Lehrer  Pellican's  und  Nigri's  Melupum  sagten  (wie  man 
etwa  auch  p'niia  sagte ,  um  in  beiden  Silben  den  w-Laut  hören  zu 
lassen),  sie  aber  Melupim  hörten  und  den  Vokalnamen  so  transkri- 
bierten. In  den  bald  anzuführenden  Zitaten  aus  den  Schriften 
jüdischer  Grammatiker  Deutschlands  findet  sich  nirgends  die  Schrei- 
bung D-'SNlbü  (mit  i  in  der  zweiten  Silbe).  —  Wenn  nun  auch  die 
Anwendung-  des  Terminus  Melopum  auf  das  Schurek  für  die  Wende 
des  15.  und  16.  Jahrhunderts  in  jüdischen  Kreisen  bezeugt  ist,  so 
hat  die  grammatische  Wissenschaft  au  dem  historischen  Rechte  des 
Cholem  auf  diesen  Namen  festgehalten.  Buxtorf  hat  in  seinem 
Lexicon  Chalclaicum,  Talmudicum  et  Rabbinicum  (Basel  1639)  auch 
einen  kurzen  Artikel  Nbtt,  bloß  um  anzugeben:  „ÜIBN'bE  plenitudo 
oris.  Sic  Grammatici  vocant  Cholem".  In  Deutschland  jedoch  wurde 
es  bei  den  Juden  üblich,  das  Schurek  (in)  als  Melopum  zu  be- 
zeichnen. Dies  bezeugen  die  meisten  jüdischen  Grammatiker  des 
18.  Jahrhunderts.  Chajjim  b.  Naphtali  Koeslin  in  seiner 
mehrfach  edierten  Grammatik  blböE  1ED  (Hamburg  1788;  ich  be- 
nutze die  zweite  Ausgabe,  Brunn  1796)  gibt  für  IN,  IN  und  — 
die  Namen  übin,  DienVu  und  p-nia  (S.  69  a),  fügt  aber  zu  seiner 
Liste  der  Vokale  die  Bemerkung  hinzu,  das  seien  die  bei  den 
deutschen  Juden  üblichen  Namen  (D,i:;cs-  ■'SO  ErbaTi^n  nTWöa), 
während  bei  den  Sephardim  mcNbn  (wie  schon  bei  den  Franzosen, 
z.  B.  Raschi)  der  Name  des  Cholem  sei  und  in  bei  den  Sephardim 
p^rnu  oder  blia  pTnö,  —  yop  oder  -pp  pmö  heiße.  Jacob 
b.  Josua  Koben  in  seiner  Grammatik  a^n  "»~r;  (Berlin  1796) 
hat  folgende  Angabe  (p.  4  a):  yop  DlBNbn  Niprrr  Nim  bllS  p-mü 
pp  p*riia  Nnp;n  Nim.  In  Chajjim  b.  Moses  Schack's  ü^n  -r 
(Prag  1759),  p.  3b,  heißt  es:  DlDNbtt  ims  Ü^NTJp  C^-iccn-  Db",n; 
ferner:  bna  pTNö  im»  trNmp  B"»-ns)Orn  .  .  .  üissbia;  endlich: 
•pp  -p"''^  '™  '?  -:ri  dtbiö  yop  im«  ü\siip  a-n^eorn  -p^ro. 
In  Aharon  b.  Zebi's  T,W2  b~N  (Zolkiew  1764;  ich  benutze  die 
2.  Ausgabe,  Sulzbach  1771)  lesen  wir  (7a):  pTiiB  N,  IN  BlENbW; 
ebendas. :  p-niö  imN  V'1^  ^1  DlENb»  bip.  —  Dieselbe  Angabe 
steht  auch  in  Moses  Hechim's  IfTTa  r.z:z  (Fürth  1790),  p.  la. 
—  Von  den  am  Anfange  des  19.  Jahrhunderts  aus  der  Schule 
Mendelssohns  hervorgegangenen  hebräischen  Grammatikern  erwähne 
ich  Schalom  Kohen,  der  in  seinem  deutsch  mit  hebräischen 
Lettern  verfaßten  Lehrbuche,  rn^a?  -jittib  rnin  (Berlin  1802;  ich 
zitiere  die  Ausgabe  Prag  1816),  die  beiden  u- Vokale  so  bezeichnet 
(S.  6):  b"m  piTO  IN  oder  BIS  «bn,  und  pp  piiffi  N  oder  "*". 
Ferner  Joel  Löwe  (Berlin  1794;    ich    zitiere    die  Ausgabe    Prag 


Bacher,  Der  hebräische  Vokalname  Melopum.  805 

1803),  "V^bij  "'Tfö)?,  Die  Elemente  der  hebr.  Sprache  (deutsch 
mit  hebr.  Lettern),  p.  21:  „Das  Schurek,  das  auch  moNbw  heißt". 
Salomo  Hanau,  der  bedeutendste  jüdische  Grammatiker  Deutsch- 
lands in  der  ersten  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts ,  erwähnt  merk- 
würdigerweise den  Vokalnamen  Di£Nb73  überhaupt  nicht.  Für  die 
beiden  w-Laute  gibt  er  in  den  beiden  Schriften  n::b"C  ■",22  (Frank- 
furt a.  M.  1708,  p.  14  a)  die  Namen  pTna  (ü)  und  Y"i5p  (#),  ebenso 
im  Tip?!"!  ""107  (Amsterdam  1730,  p.  4  a);  im  fi^HTi  ^rjjv:  (Berlin 
1737,  p.  8a):  p-nc  und  pp  pTnö.  Ebenso  hat  Ben-Seeb  in 
seinem  "|lnS"  "reib  "Hübn,  der  in  der  ersten  Hälfte  des  19.  Jahr- 
hunderts unter  den  Juden  Deutschlands  und  der  östlichen  Länder 
Europas  besonders  verbreiteten  Grammatik,  von  der  Erwähnung  des 
Ausdrucks  013  Nba  ganz  abgesehen.  Ihm  ist  ü  p'-ivc  und  ü  "'-" 
(s.  ed.  Wien  1818,  p.  19a).  Daß  der  Ausdruck  aber,  und  zwar 
als  Bezeichnung  des  IN,  bei  den  deutschen  Juden  nicht  ganz  ob- 
solet geworden,  beweist  nicht  nur  das  Auftreten  desselben  bei 
Adler  (1904),  sondern  auch  eine  im  Jahre  1863  in  Prag  er- 
schienene Grammatik  (M.  Goldmann,  Praktischer  Unterricht  in 
der  ebräischen  Sprache,  S.  4):  (b"m)  p'nlüj  oder  Dia  Nbü;  ",üp  phllä 
oder  "pap.  Sonst  ist  in  den  von  deutschen  Juden  verfaßten  Lehr- 
büchern der  hebr.  Sprache,  soweit  mir  erinnerlich,  Schurek  und 
Kibbuz  die  alleinige  Benennung  der  beiden  w-Laute.1) 

Außerhalb  des  deutschen  Judentums  blieb  Melopum  als  zweiter 
Name  des  Cholem  bekannt.  In  Immanuel  Benevento's  rnb 
-,n  (Mantua  1557,  p.  63)  lesen  wir:  0">pnp*ra  n:£p  "imtnp^  abn" 
CID  Nba.  Angiolo  Poggi  (Christ)  nennt  in  seiner  Samuel 
David  Luzzatto  gewidmeten  Grammatica  Ebraica  ragionata 
(Firenze  1863),  p.  6  das  IN:  DIE  ab»  cbin  (offenbar  Balmes  ent- 
nommene Punktation).  Luzzatto  selbst,  der  bedeutendste  jüdische 
Grammatiker  des  19.  Jahrhunderts,  erwähnt  Melopum  gar  nicht; 
ihm  ist  ö :  öbirt,  ü:  p-iVw ,  u:  nmpi  tübuj  (s.  oben),  s.  Grammatica 
della  Lingua  Ebraica  (Padova  1853),  p.  13.  Leone  Reggio 
(Grammatica  Ragionata  della  Lingua  Ebraica,  Livorno  L844)  hat 
dieselben  Benennungen,  wie  Luzzatto  (p.  8);  in  einer  Note  weist 
er  auf  die  Anwendung  des  Ausdruckes  Dis  xb"  hin,  mit  folgender, 
ohne  Zweifel  teilweise  aus  Balmes  übernommenen  Angabe:  wba 
;0"    Nb-:    y-:p    -wN    cpün    y:p    jDtisizj    yiap    in    "in-    in  mipa 


1)  Als  merkwürdig  verdient  noch  verzeichnet  zu  werden  die  Tatsache,  da  i 
S.  Pinsker  in  seiner  (hebräisch  geschriebenen)  „Einleitung  in  das  babylonisch- 
hebräische Punktationssystem"  (Wien  18G3),  p.  3  f.  den  Laut  1  mit  dein  Terminus 
DlS&tb72  benennt. 


gO(3  Bacher,  Der  hebräische  Vokalname  Melopum. 

■jüp  p-niü  IN  ms  üb)2  IN  abin  ;ms  tfbn  IN  pTKB.  In  dieser  An- 
merkung ist  noch  auf  drastischere  Weise,  als  in  Nestles  Studie, 
auf  die  verschiedenartige  Anwendung  unseres  Ausdrucks  hingewiesen. 

Das  Ergebnis  dieser,  wohl  nicht  auf  Vollständigkeit  Anspruch 
machenden,  aber  immerhin  kaum  wesentliche  Momente  außer  Acht 
lassenden  Untersuchung  über  die  Geschichte  des  Vokalnamens  tfbw 
ÜlS  läßt  sich  in  folgenden  Sätzen  zusammenfassen: 

DiD  Nb?3  wurde  von  den  Massoreten  als  eine  die  Aussprache 
des  Vokales  kennzeichnende  Benennung  des  Cholem  (i,  o)  an- 
gewendet und  findet  sich  so  sporadisch  auch  bei  den  Gramma- 
tikern bis  zum  15.  Jahrhunderte.  Im  15.  Jahrhundert  wurde  es 
in  Deutschland  üblich  (in  Folge  einer  Verkennung  des  Sinnes 
von  □i£Nb?2),  die  Benennung  auf  das  Schur ek  (in,  ü)  anzuwenden, 
und  dies  machte  sich  auch  in  der  grammatiseben  Literatur  der 
deutschen  Juden  im  18.  Jahrhundert  geltend.  Im  19.  Jahr- 
hundert kam  diese  Anwendung  des  Ausdruckes  fast  ganz  außer 
Gebrauch,  scheint  sich  aber  in  der  didaktischen  Tradition 
einzelner  jüdischer  Lehrer  forterhalten  zu  haben.  Außerhalb  Deutsch- 
lands hat  Melopum  in  jüdischen  Kreisen  nie  diese  Bedeutung  als 
Name  des  IN  gewonnen;  und  auch  als  Name  des  ix  gehört  es  nur 
zu  den  geschichtlichen  Daten  der  grammatischen   Literatur. 

Durch  die  vorstehenden  Sätze  müssen  natürlich  die  „Tat- 
sachen" Nestle's  anders  formuliert  werden.  Von  einer  Scheidung 
zwischen  Juden  und  Christen,  die  in  seiner  Formulierung  in 
den  Vordergrund  tritt,  kann  eigentlich  nicht  die  Rede  sein,  da  die 
Geschichte  des  Vokalnamens  Melopum  innerhalb  der  gramma- 
tischen Literatur  der  Juden  verläuft  und  die  „christlichen" 
Daten,  die  Nestle  heranzieht,  ebenfalls  auf  jüdischen  Quellen  be- 
ruhen. 


807 


Zu  „Melupum". 

Von 

D.  Simonsen.1) 

Herr  Prof.  E.  Nestle  hat  oben  S.  597  —  600  auf  die  Tatsache 
aufmerksam  gemacht ,  daß  der  Terminus  Melupum  [gewöhnlich : 
Melö-pum ,  auch :  Male-pum]  verschiedentlich  angewandt  wird. 
Meistens  braucht  man  M  e  1  ö  -  p  u  m  als  synonym  mit  Chölem ,  so 
schon  in  der  Massora ,  wenigstens  wie  sie  uns  jetzt  vorliegt ,  bei 
R.  Salomo  Jizchaki  (Raschi),  seinem  Enkel  R.  Salomo  b.  Me'ir  u.  a. 
bis  zu  Gesenius-Kautzsch.-)  Nestle  fand  aber  zu  seiner  Verwunderung, 
daß  die  ersten  christlichen  Kenner  des  Hebräischen  in  Deutschland, 
Conrad  Pellican  und  Petrus  Nigri,  „die  auf  jüdischem  Grunde  bauen" 
(S.  600),  unter  Mellupim  (resp.  Meluppim)  unser  Schurek  ver- 
stehen und  den  Namen  Schurek  für  unser  Kibbuz  verwenden. 
Er  hat  übersehen,  daß  derjenige  Gelehrte,  der  uns  am  besten  über 
den  Stand  jener  Dinge  zur  Zeit  der  Renaissance  Aufklärung  geben 
kann,  Elia  Levita  „der  Deutsche",  uns  auch  hier  nicht  im  Stich 
läßt.  Elia  schreibt  in  der  lehrreichen  dritten  Vorrede  zu  seinem 
„Massoreth  Hammassoreth"  (Meyer-Semlersche  Übersetzung, 
Halle  1772,  S.  73):  „Wir  Deutsche  nennen  dieses  [in]3)  UlS  tibn, 
ich  weiß  aber  nicht,  wo  es  herkommt ;  denn  in  allen  Büchern  von  der 
Grammatik  und  Punkten  findet  man  nicht,  daß  es  so  genannt  wird ; 
sondern  Schurek,  und  wir  [d.  h.  wir  Deutschen]  nennen  dieses  N 
Schurek,  die  Grammatiker  aber  nennen  es  drey  Punkte  oder  Kibbutz ; 
das  gewöhnliche4)  ist  rrr:   "p^"1?,  einige  sagen  D"is  "p^p".5) 

[1)  Dieser  Aufsatz  deckt  sich  inhaltlich  in  allem  Wesentlichen  mit  dem  vor- 
anstehenden Bacherschen  Aufsatze,  der  wenige  Tage  früher  bei  mir  eingetroffen 
war.  Ich  habe  ihn  trotzdem  gleichfalls  aufgenommen,  einmal  weil  mir  gerade  diese 
Übereinstimmung  der  beiden  Gelehrten  beachtenswert  erschien,  sodann  weil  er 
doch  auch  allerlei  enthält,  was  bei  Bacher  fehlt.  Der  Redakteur.] 

2)  26.  Ausg.  1896  §  8  d,  wie  ich  zur  Ergänzung  von  Nestle  1.  c.  598 
bemerke.  Auch  bei  Gesenius,  Lehrgebäude,  bei  Hupfeld  und  bei  Böttcher  hätte 
N.   den  Namen  gefunden. 

3)  IN  in  der  Übersetzung  ausgefallen,  aus  dem  Texte  zu  ergänzen. 

4)  Genauer:  das  Ursprüngliche. 

5)  Obwohl  es  gar  nicht  hierher  gehört,  darf  ich  vielleicht  bemerken,  daß 
die  Anwesenheit  orientalischer  Priester  beim  Laterankonzil  /..  Z.  Leo's  X.,  von  der 
in    einem    sich    anschließenden    Aufsatze    Nestle's    gesprochen    wird 


808  Simonsen,  Zu  „Melupum"-. 

Nigri  und  Pellican  haben  also  einfach  wiedergegeben,  was  ihre 
deutschen  jüdischen  Lehrer  ihnen  beigebracht  haben,  während 
Beuchlin  (zit.  S.  599) ,  welcher  hebräische  Grammatik  unter  der 
Anleitung  von  sefardisch-italienischen  Lehrern  studiert  hatte,  Schurek 
und  Kibbuz  verwendet,  wie  jetzt  gebräuchlich.  Die  Scheidungs- 
linie ist  also  zunächst  nicht  konfessionell,  sondern  national  zu 
ziehen.  Auch  die  deutsche  Übersetzung  des  „  Sittenbuches "  (Isny 
1542)  sagt  in  der  angehängten  Schreiblehre ,  daß  das  ~\  sowohl 
Melupum  [=  u]  als  Chölem  [an]  repräsentiert,  wenn  man  Deutsch 
mit  hebräischen  Buchstaben  schreibt.1) 

In  der  Folge  verschwindet  laut  Nestle's  Nachweis  (vgl.  Anm.  1) 
der  Name  ansNb»  ganz  bei  vielen  christlichen  Hebraisten  oder  wird 
als  Synonym  für  Chölem  bei  Einzelnen  genannt.  Bei  einer  Anzahl 
von  jüdischen  Hebraisten  verhält  es  sich  ebenso,2)  da  ja  auch  hier 
wie  bei  den  Christen  der  Kimchi-Levitasche  Einfluß  sich  geltend 
machte.  Da  aber  hier  außerdem  die  „deutsche"  Tradition  fort- 
lebte ,  schwindet  der  Name  Melupum  für  Schurek  nicht  ganz.  So 
spricht  der  Pole  Ahron  Moses  b.  Zewi  in  seinem  TiW2  briN  (Zolkiew 
1765)  wohl  von  Schurek,  fügt  aber  binzu,  daß  „wir  es  ünsNbfa 
nennen"  und  von  Kibbuz  „das  wir  Schurek  nennen".  Auch  der 
Deutsche  Moses  Höchheim  benutzt  in  seinen  Noten  zu  D.  Kimchi's 
Grammatik  und  in  seinem  trrna  nsir  (Fürth  1790)  die  alten  in 
Deutschland  gebräuchlichen  Termini,  so  auch  Isak  b.  Samuel  aus 
Posen  (pn3f  mtD  Prag  1627)  und  der  Niederländer  Meir  Polak 
(■plübn  a^n;  "-PN72  Amsterdam  1812).  Schalom  Cohen  ("piab  min 
rv-ar  Berlin  1802  und  oft)  hat  für  i  die  Namen  in  biia  piTnO 
ms  Nbn,  für  —  ya]?  "jn  -,üp  prrittj. 

Vielleicht  hilft  uns  das  zu  allerletzt  erwähnte,  das  von  Nestle 
ans  Licht  gezogene  Melupum-Rätsel  zu  lösen.  Ursprünglich  zählt 
man  ja  nur  7  hebräische  Vokale  und  der  Name  pTitfJ  umfaßte  auch 
unser  Kibbuz,  wie  umgekehrt  auch  das  in  der  Massora  vorkommende 
D-ncü  \'"2p  oder  DTbtü  y?:p  unser  Schurek  mitbezeichnen  konnte.3) 

(S.  603),  in  der  genannten  Vorrede  von  El.  Levita  (Meyer-Semlersche  Über- 
setzung S.  66  f.)  erwähnt  wird.  —  Den  ev.  Verfasser  der  von  Nestle  gewünschten 
Monographie  über  Teseo  Ambrogio  verweise  ich  betreffs  des  1.  c.  erwähnten  „Rabbi" 
(=  Samuel  Zarfati)  und  dessen  Sohn  Josef  Gallus  auf  Vogelstein  und  Rieger, 
Gesch.  der  Juden  in  Rom,  II,  S.  84/85.  Abdias  ist  wohl  Obadja  Sforno,  Reuchlin's 
Lehrer,  und  Aron  vielleicht  der  Vater  des  Rabbiners  Abraham  b.  Aron  (Vogel- 
stein und  Rieger,  1.  c.  S.  97).  Abraham  a  balmis  ist  bekannt  genug.  Das  Werk 
des  Albonesius  wird  von  Azarja  de  Rossi  in  seinem  □"13",y  T1N73  benutzt,  s. 
Cassel,  Index  zu  ed.  Wilna   1866  s.  v.   ND'nNB   IN^Ü. 

1  i  Siehe  Güdemann:  Geschichte  d.  Erziehungswesens  und  d.  Cultur  d. 
Juden  in  Deutschland  w.  des  XIV.  u.  XV.  Jahrh.  Wien  1888,  p.  281  ,  wo 
Melupum  zu  lesen. 

2)  M.  =  Ch.  z.  B.  bei  Arnheim,  Berlin  1872.  Eine  reichhaltige  Aufzählung 
der  verschiedenen  Vokalnamen  bei  Leon  Reggio,  Grammatica  ragionata  della  1. 
Ehr.   Livorno    1844,  S.  8,  Anm. 

3)  Vgl.  Bacher's  „Anfänge"   zitiert  von  Nestle.    Die  Angaben  Bacher's  über 


Simonsen,  Zu  „Melupum".  809 

Dann  kam  Joseph  Kirnchis  Einteilung  in  10  Vokale ,  5  lange  und 
5  entsprechende  kurze.  Er  selbst  schrieb :  „Schurek  mit  Waw"  und 
„Schurek  ohne  Waw"  (-p-DT  'o  ed.  Bacher  S.  17  Z.  11;  s.  Varr.!), 
aber  die  Namen,  wie  wir  sie  kennen,  Schurek  und  Kibbuz,  setzten 
sich  im  Allgemeinen  durch  (während  bei  Chirek  der  gemeinsame 
Name  blieb).  Der  Terminus  Kibbuz  war  jedoch  unglücklich  gewählt, 
weil  dieser  Name  im  Gegensatz  zu  allen  andern  Vokalnamen  nicht 
akrophonisch  ist,  was  besonders  beim  Kinderunterricht  eine  große 
Rolle  spielt.  Wir  sehen ,  daß  deshalb  z.  B.  der  obengenannte 
Schalom  Cohen1)  eine  Form  yiäp  hat,  die  aber  schon  der  Form 
nach  gänzlich  unhebräisch  ist,  da  man  weder  im  Alt-  noch  im 
Neuhebräischen  eine  Bildung  kuttul  kennt.  Die  „Deutschen"  — 
wohl  deutsche  Kindei'lehrer  —  nahmen  das,  für  Cholem  im  Grunde 
überflüssige,  ms  Nr;  in  Gebrauch,  und  nach  der  Bedeutung 
dieses  Wortes  mußte'  es  bei  der  Namen  Verteilung  für  unser  Schurek 
„das  vollmundige" 2)  verwandt  werden  und  dann  der  alte  Namen 
Schurek,  der  ja  von  altersher  auch  unser  Kibbuz  mitumfaßte,  jetzt 
speziell  für  diesen  Laut.  Aus  Melöpuni  wurde  dann  akrophonisch 
Melupum.3) 

Der  Ausgangspunkt  Nestle's  war  aber,  daß  in  einem  jüngst 
erschienenen  Werke  des  Herrn  Lehrers  Adler  Melupum  für  unser 
Kibbuz  gebraucht  wird,  während  Schurek  =  1  ist.  Woher  die 
Terminologie  stammt,  weiß  ich  nicht,  vielleicht  ist  sie  Adler's  Er- 
findung. Jedenfalls  läßt  sie  sich  leicht  mit  Obigem  kombinieren, 
nur  daß  man  hier  von  dem  Klange  des  zu  wählenden  Vokalaamens 
ausgegangen  ist,  indem  dieser  für  Adler's  System  ausschlaggebend 
ist.4)  Denn  im  „Schurek"  hört  das  Kind  das  gedehnte  ü,  im  Melupum 
das  kurze  ü. 


die  Terminologie  bei  Jehuda  Hajjiig  (S.  600)  hätten  nicht  zitiert  werden  sollen, 
ohne  auf  die  jetzt  aus  den  arabischen  Texten  H.'s  zu  schöpfende  Belehrung 
hinzuweisen. 

1)  Und  schon  vor  ihm  nicht  nur  Ben-Seeb  in  seiner  oft  gedruckten 
Grammatik    "l"2"    "jlttSj    "P735n,  sondern  auch  z.  B.  Danz  und  Simonis. 

2)  Vgl.  de  Balmes  C.-CN  Slip»,  Venedig  1573,  I.  e.  v.  über  DHE  Stb». 
Ebendaselbst  hat  er  für  Kamez  Chatuf  den  Namen  EIS    Nt:"2    Vttp. 

3)  Eigentümlich  ist  die  Mitteilung  des  portugiesischen  Grammatikers  David 
ibn  Jachja,  daß  man  „im  ganzen  Westen  der  islamischen  Länder*  Cholem 
und  Schurek  in  der  Aussprache  nicht  unterscheide.  (m"Tfl25  "p'vE3  ed.  Con- 
stantinopel  8b:  NÜEMM  D^in»  E:-N  bfityKUT  flN  3*1?»  bD3  flüTl 
D'Sinr'i  "p3  pTTCm).  Für  unsere  Frage  ist  diese  Erscheinung  doch  kaum 
von  Bedeutung. 

4)  In  so  fern  geht  das  Adlersche  System  auf  das  Wesentliche  der  ältesten 
Vokalbezeiehnung  zurück.  —  Daß  DE  in  der  Bibel  immer  defektiv  geschrieben, 
dürfte  für  die  von  Adler  befolgte  Terminologie  nicht  ausschlaggeltend  sein.  Ich 
mache   darauf  aufmerksam,  weil  die  Buxtorfsche  Konkordanz  ein  falsches  E"S  hat. 


810  Nestle,  Zu  „Melupum". 

Zur  Ergänzung  der  dankenswerten  voranstehenden  Mitteilungen 
von  Bacher  und  Simonsen  nur  noch  eine  ganz  kurze  An- 
merkung. 

Daß  in  Gesenius-Kautzsch  die  von  mir  S.  598  vermißte  Be- 
lehrung zu  finden  ist,  hat  schon  Simonsen  nachgetragen.  An  die 
von  ihm  ausgesprochene  Vermutung,  daß  Adler  einer  Termino- 
logie eigener  Erfindung  sich  bediene,  konnte  ich  bei  einer 
didaktischen  Studie  eines  isi-aelitischen  Lehrers  nicht  denken;  nach 
den  Nachweisen  von  Bacher  und  Simonsen  ist  wohl  kein  Zweifel 
mehr  möglich.  Das  Bild,  das  bei  Adler  die  betreffenden  Vokale 
und  ihre  Namen  einprägen  soll,  zeigt  einen  Unterarm  mit  einer 
Uhr  in  der  Hand.  Der  Arm  stellt  das  ,Wow"  dar,  die  Uhr  den 
Punkt  des  „Schuruk".  Dann  heißt  es  S.  17  wörtlich:  „Die  Zeiger 
derselben  haben  an  beiden  Enden  Verdickungen,  bilden  einen  ge- 
streckten Winkel  und  in  dieser  Richtung  zusammen  mit  dem  gemein- 
schaftlichen Mittelpunkt  die  drei  schräg  von  links  nach  rechts 
liegenden  Punkte  des  Melupum".  Adler  braucht  also  „Melupum" 
als  anscheinend  ganz  selbstverständliche  Bezeichnung  für  das,  was 
wir  Qibbus  nennen.  Wie  das  möglich  ist,  ist  mir  nach  den  Mit- 
teilungen von  Bacher  und  Simonsen  jetzt  vollends  rätselhaft. 

Eb.  Nestle. 


811 


Zwei  türkische  Inschriften. 

Von 

Georg  Jacob. 

Schon  im  53.  Bande  dieser  Zeitschrift  tat  ich  S.  622  eines 
Grabsteins  bei  Brussa  Erwähnung,  dessen  Inschrift  ich  seiner  Zeit 
unter  ungünstigen  Verhältnissen  kopierte  und  von  deren  Veröffent- 
lichung mich  bisher  namentlich  zwei  zweifelhafte  Stellen  abhielten. 
Graf  Eberhard  von  Mülinen,  dem  ich  diese  Kopie  mitteilte,  wußte 
meine  Zweifel  durch  überzeugende  Konjekturen  zu  heben  und  hatte 
außerdem  die  Freundlichkeit  mir  durch  gütige  Vermittelung  des 
türkischen  Botschafters  zu  Berlin  eine  neue  Kopie  des  Steins  zu 
beschaffen,  so  daß  der  Herausgabe  jetzt  keine  Bedenken  mehr  ent- 
gegenstehn.  Die  Vorderseite  des  Grabsteins  zeigt  folgendes  Gazel 
in  7  Remel versen : 

-äwCOj     0-AA2J     2uli„£:     I.AX      -X*S      .VjL^* 

L>         ;■■■        j"      ■  Jr     <-»••      JTJ)     u 

-**80.j  vi>.l.fti  V,|r^>  J^-rr-  ^y*«S   u£.*Lö5 
.««l>j   'c^*-)i-    8l\X*Xj!    tX-ÄuX^l      _^oi 


1)    Für   i^^-Li>.  2)  Für  \£i 

3)    Für    &*=>.  4)  a^.i  . 


8 1  2  &'  Jacob,  Zwei  türkische  Inschriften. 

1.  Das  Gemälde  deiner  Schöpferkunst  deutet  an  der  Schau- Vorhang, 

über  deiner  Schönheit  [ausgebreitet], 
Vorn  Lehrmeister  der  ewigen  Weisheit  stammt  der  Vorhang  der 
Wahrheit.1) 

2.  Die  innern  Eigenschaften  kann  man  nur  an  der  äußern  Gestalt 

erschauen, 
Keine  Scheidewand   ist    für  das  Auge  der  Erkenntnis  der  Vor- 
hang des  Scharfblicks. 

3.  Was  du  immer    mit    angespannter  Aufmerksamkeit    betrachtest, 

die  Sache  wird  klar, 
Nur  hat  die  Welt  eingenommen    der  Vorhang    des  Schlafs    der 
Sorglosigkeit. 

4.  Es  ist  eine  Kunst,   dies  Phantom  der  Welt  am  Auge  vorüber- 

ziehen zu  lassen, 
Wie  viel  Schwarzaugen 2)  hat  zu  Grunde  gerichtet  der  Vorhang 
der  äußern  Erscheinung! 

5.  Das  Bild  deines  Körpers  verzehrt  mit  der  Kerze  der  Liebe, 
Indem  die  Menschen  kommen  und   gehn  läßt    der  Vorhang    des 

Aufbruchs  (der  Todesstunde). 

6.  Zu  welchem  Schatten  du  deine  Zuflucht  nimmst,  schwindet  der 

nicht  etwa  dahin? 
Sieh  auf  den  Sultan,  der  spielen  läßt  (Gott),  der  den  Vorhang 
der  Liebe  ausgespannt  hat. 

7.  Diesen   Geringen,  der  sich  am  Throne  des  Propheten  aufhält, 
Läßt  der  Vorhang  der  Vielheit,  sobald  er  sich  hebt,  die  Einheit 

erkennen.3) 

Auf  der  Rückseite  trägt  der  Stein  die  Worte:     .Oxjl\aa.£jü  ^Ui> 
\JüxsJi     JJojha  iAÄjwwJI  (Der  Schattenspieler  Sejjid  Mustafa  Tevfik 

vom  Dervis-Orden  der  Naksbendije).  Es  ist  also  ein  Mezär  taschy 
(Grabstein) ,  zwar  nicht  des  Karagöz  selbst ,  wie  die  Bevölkerung 
Brussa's  glaubt,  wohl  aber  eines  berühmten  Schattenspielers,  der 
wie  früher  wohl  die  meisten  Meddähs  und  Hajälgl's  einem  Dervis- 
Orden  angehörte.     Die  Wahl  des  Reimworts   und  der  ganze  Inhalt 


1)  Das  Wort   „ Vorhang"   ist  insofern  mißlich,    als    man    dabei   immer    an 
das  Aufziehn  denkt,   während  er  beim   Schattenspiel   die  Bühne  bildet. 

2)  KaragÖZ  kann  auch    „ Schattenspieler "    heißen. 

3)  Eine  freiere  Wiedergabe  in  metrischer  Form  habe  ich  in    der  Beilage 
zur  Allgemeinen  Zeitung,  München,   15.  April   1904  publiziert. 


G.  Jacob,  Zwei  türkische  Inschriften.  813 

macht  es  wahrscheinlich,  daß  hier  ein  sogenanntes  Perde  gazeli, 
wie  sie  noch  heute  den  Prolog  des  Schattenspiels  bilden,  aus  älterer 
Zeit  überliefert,  vorliegt. 

Bei  diesem  Anlaß  möchte  ich  noch  auf  eine  andere  interessante 
türkische  Inschrift  eingehn ,  die  bisher  nur  sehr  fehlerhaft  bei 
Ivan  Kukuljevic1)  publiziert  vorliegt.  Unlängst  hatte  ich  Gelegen- 
heit von  dem  Original ,  das  sich  im  Museum  zu  Agram  befindet, 
eine  Abschrift  zu  nehmen.  Der  Stein  stammt  aus  dem  kroatischen, 
in  der  Nähe  der  bosnischen  Grenze  gelegenen,  Schlosse  Cetin  und 
muß  sich  über  der  Toröffhung  befunden  haben.  Seine  Inschrift 
besagt,  daß  Muhsinzäde  Mehmed  Pasa  die  bosnischen  Burgen  in- 
spizierte und,  da  er  die  Fortifikation  von  Cetin  unzureichend  fand, 
die  Errichtung  eines  Turmes  anordnete.  Es  kann  sich  nur  um  den 
bekanntesten  Mann  dieses  Namens  handeln,  der  zweimal  das  Groß- 
vezirat  bekleidete  und  bald  nach  dem  von  ihm  verschuldeten  ver- 
hängnisvollen Friedensschluß  von  Kücük  Kajnarge  im  Jahre  1774  D 
eines  vermutlich  unnatürlichen  Todes  starb.  Leider  gehen  die  An- 
gaben darüber,  wann  Muhsinzäde  Mehmed  Statthalter  von  Bosnien 
war .  auseinander.  Haramer-Purgstall  nennt  in  seiner  Geschichte 
des  Osmanischen  Reiches  VIH,  S.  284  das  Jahr  1176  h  =  1762  D. 
Dagegen  bringt  der  2.  Band  der  Wissenschaftlichen  Mittheilungen 
aus  Bosnien  und  der  Hercegovina 2)  eine  Liste  der  bosnischen  Statt- 
halter nach  dem  mir  unzugänglichen  Sälnäme  des  Viläjets  vom 
Jahre  1295  h,  nach  welcher  Muhsinzäde  Mehmed  dieses  Amt  zwei- 
mal und  zwar  1161—62  h  (1748  D)  und  1184—86  h  (1170—72  D) 
bekleidete.  Jedenfalls  ist  das  bei  Kukuljevic  angegebene  Jahr  |||v 
=  1705  D  unmöglich;  ich  habe  Hvl  (1765/66  D)  gelesen.  Natür- 
lich bezieht  sich  das  Jahr  auf  die  Fertigstellung  der  neuen  Be- 
festigung, die  Inangriffnahme  mag  etliche  Jahre  früher  vom  Statt- 
halter angeordnet  sein.  Ferner  hat  die  ki^oatische  Publikation  die 
Verse  in  folgender  merkwürdiger  Weise  versetzt:  lb,  2b,  la,  2a, 
3a,  4a,  3b,  4b;  diese  Versetzung  ergibt  nicht  nur  ganz  unorienta- 
lische kreuzweise  Reime,  sondern  beeinträchtigt  natürlich  auch  den 
Sinn  wesentlich,  zumal  noch  Wörter  ausgelassen  und  andere  verlesen 
sind.     Der  Text  lautet  nach  meiner  Abschrift: 


1)  Nadpisi  sredovjecni  i  novovjeki    u   Hratskoj    i  Slavoniji,    Zagreb    1891, 
S.  2  6  ff.     Die   Kenntnis  dieser  Arbeit    verdanke    icli   dorn  Direktor   des    Ag 
Museums,  Herrn  Professor  Josip   Brunsmid. 

2)  Wien   1894,  S.   Ö44  1V. 


814 


G.  Jacob,  Zu-el  türkische  Inschriften. 


Jyj    ^_ci_X.ls)    f^°}    &Xj*$JJ±    ^y^) 


ijl    L5 


l\J»I    z^jJzc- 


►  l\a5^   ,  ..i_X.i»J 


.LLo    »lX*l 


* 


oLWI 


ys 


Lj    _j»    AoU    J> 


1.  Auf  die   Inspektionsreise  begab   sich  Muhsinzäde  Mehmed  Pasa, 
Alle  bosnischen  Burgen  nahm  er  in  Augenschein. 

2.  Die  innei'e  Feste  von  Cetin  fand  er  unvollständig, 

Er  stellte  Erhebungen  an  und  Müräd  hat  sie  vervollständigt. 

3.  Für  den  Turm  Drengul  entwarf  er  den  Plan,  den  großen  Turm, 
Ging  von  dannen  und  wurde  alsbald  Vezir. 

4.  An  dieser  Stelle  schien  ihm  der  Toreingang  passend, 
Erfülle  jeden  Wunsch  von  ihm,  o  Besitzer  von  Geist. 

Die  Verse  sind  keine  poetische  Musterleistung  und  leiden  an 
mehreren  Unklarheiten  (z.  B.  3a).  Wenn  auch  müräd  etmek  eine 
geläufige  Verbindung  im  Sinne  von  „vorhaben"  ist,  so  scheint  doch 
hier  Müräd  Eigenname  zu  sein,  auf  den  dann  rnürädyny  4b  noch 
einmal  anspielen  würde.  Da  ein  Statthalter  Müräd  in  der  eben 
erwähnten  Liste  um  diese  Zeit  nicht  vorkommt  —  1179  h  war 
Köprülüzäde  Hägi  Ahmed  zum  zweiten  Mal  Pasa  von  Bosnien  — 
liegt  es  hier  wohl  am  nächsten  an  den  Baumeister  zu  denken.  Die 
Schlußworte  ulu  ''l-elhäb  bedeuten  sonst  nur  „Männer  von  Geist"; 
solche  können  hier  aber  schwerlich  angeredet  werden;  das  ver  legt 
vielmehr  eine  Beziehung  auf  Allah  nahe,  die  mir  jedoch  bei  diesem 
Ausdruck  bisher  noch  niemals  vorgekommen  ist;  dennoch  glaube 
ich  kaum,  daß  ich  mich  verlesen  habe  und  vermute  in  v«jLj^I,  das 
bei  Kukuljevic  für  uAxJ^i  steht ,  eine  stillschweigend  rezipierte 
Konjektur. 


815 


Zwei  unveröffentlichte  chalclische  Inschriften. 
Von  ('.  F.  Lehmann. 

Im  folgenden  behandle  ich  zwei  unveröffentlichte  chaldische 
Inschriften,  die,  inhaltlich  eng  zusammengehörig,  innerhalb  des  bis- 
her bekannten  Materials  eine  Sonderstellung  einnehmen  und  neben 
andern  interessanten  Aufschlüssen  auch  zur  Klarstellung  der  mit 
Unrecht  immer  noch  verkannten  Bedeutung  des  häufigen  und 
wichtigen  chaldischen  Wortes  est  beitragen ,  letzteres  im  Zu- 
sammenhalt mit  anderm ,  zum  Teil  gleichfalls  neu  vorzulegendem 
Material.  Daß  es  daneben  auch  an  neuen  Fragen  und  Rätseln  nicht 
fehlt,  bedarf  auf  chaldischem  Gebiete  keiner  Betonung.  Die  eine 
der  beiden  Inschriften  —  man  kann  sie  die  Inschrift  von 
Haykavank  nennen  —  ist  erst  ganz  neuerdings  zu  Tage  ge- 
treten ;  die  andere ,  der  Hauptteil  der  Steleninschrift  von  Sigkeh, 
ist  während  der  deutschen  Expedition  nach  Armenien  von  mir  auf- 
gefunden, aber  noch  nicht  in  extenso  publiziert  worden. 

A)    Texte  und  Fundberichte. 
1.    Die  Inschrift  von  Haykavank. 


Bd.  LVIII. 


816  Lehmann,  Zwei  unveröffentlichte  chaldische  Inschriften. 

1.  [mAr-gi]s-{ti-]se  (?) 

2.  mRu-sa-~hi-ni-.se 

3.  •  BANÜ.1)  ti.ma.kii-lu-  • 

4.  i-nu-lca-a-ni 

5.  e-si-ni-ni 

6.  mGi-lu-ra-a-ni-e 

7.  KISTU1)  -ni-ka-i 

8.  pa-ri  mls-pi-li-ni 

9.  m  Ba-tu-M-ni-ni 

10.  G1S.NU.  SAR*)-ni-di 

11.  IX  C.  L  |=|||= 

Über    die   Auffindung    liegen    mir  folgende  Nachrichten  vor 2) : 

a)  Mitteilung  des  Herrn  Hampart sum  ,:j)  vormals  Lehrer 
an  der  Schule  der  amerikanischen  Mission  in  Van ,  vom  8.  Juli 
1903:  „Neuerdings  habe  ich  drei4)  neue  Keilinschriften  gefunden, 
die  erste  im  Hause  des  Hagop3)  Hampartsumian  in  Hay- 
kavank"  (Stadtteil  der  Gartenstadt  Van).  „Vor  vielen  Jahren  hatte 
sein  Vater  Hampartsum  sie  beim  Graben  in  der  Nachbarschaft  der 
Kirche  Haykavank  gefunden  und  in  sein  Haus  gebracht.  Hagop 
kannte  die  Geschichte  des  Steines  und  sein  Vorhandensein  auf  seinem 
Grund  und  Boden ,  aber  nicht  seinen  näheren  Verbleib,  so  daß  er 
ihn  Ihnen  nicht  zeigen  konnte,  während  Sie  im  Lande  waren.  Erst 
neuerlich  ist  er  beim  Graben  eines  Wasserlaufs  durch  die  Wieder- 
auffindung des  Steines  überrascht  worden,  der  mit  der  Oberseite 
nach  unten  zur  Pflasterung  des  Hofes  verwendet  war." 


1)  Da  die  chaldische  Schrift  aus  der  assyrischen  entlehnt  ist,  so  müssen 
Ideogramme ,  deren  chaldische  Aussprache  unbekannt  ist,  selbstverständlich  mit 
ihrer  assyrischen  Aussprache  in  Kapitälchen  wiedergegeben  werden;  nur,  wo 
auch  die  babylonisch  -  assyrische  phonetische  Lesung  unbekannt  oder  unsicher 
ist,  ist  auf  die  sumerischen  Silbenwerte  als  Notbebelf  zurückzugreifen.  Dies 
war  bereits  —  wie  für  den  kenntnisreichen  Fragsteller  im  Recueil  des  travaux 
bemerkt  sei  —  in  meiner  ersten  Äusserung  über  die  chaldischen  Inschriften 
(Zeitschr.  f.  Ethnologie  1892,  S.  128)  zu  lesen. 

2)  Vgl.  hierzu  schon  meine  Mitteilung  Zeitschrift  für  Ethnologie  1904, 
Mai-Sitzung  der  anthropol.  Ges. ,  S.  489  sub  3  und  den  Nachtrag  dazu  in  der 
Oktober-Sitzung. 

3)  Wo  mir  eigene  Transkriptionen  moderner  armenischer  Personennamen 
seitens  ihrer  Träger  vorliegen ,  behalte  ich  sie  bei,  auch  wenn  sie  meiner  sich 
an  Hübschmann  (s.  Die  Umschreibung  der  iranischen  Sprachen  und  des 
Armenischen,  S.  31  ff.)  mutatis  mutandis  anschließenden  Umschriftsweise  nicht 
entsprechen. 

4)  i'ber  die  beiden  andern,  eine  Bau-  und  eine  Kanalinschrift  des  Menuas, 
s.  Zeitschr.  f.  Ethnol.,  a.  a.  O. 


Lehmann,  Zwei  unveröffentlichte  chaldische  Inschriften.  817 

„Es  ist  ein  kleiner,  beinah  0,10  m  dicker,  blau-grauer,  gewöhn- 
licher Stein,  0,25  in  breit."  Die  größte  Länge  beträgt  nach  Herrn 
Hampartsum's  Maßangabe  0,51  m ,  bis  zum  Beginn  der  tieferen 
Bearbeitung  (offenbar  für  den  größtenteils  weggebrochenen  Zapfen  zum 
Einsatz  in  den  Sockel)  0,43  m.  Außer  den  Linien  für  die  elf  er- 
haltenen Zeilen  ist  am  Ende  der  Inschrift  noch  eine  zwölfte  Linie 
gezogen.  Herr  Hampartsum  gibt  außerdem  eine  gute  Kopie  und 
eine  korrekte  Transkription  der  Inschrift. 

b)  Mitteilung  des  Herrn  Dr.  med.  Ussher  (Van,  9.  April 
1904):  „Mein  Bruder  fand  während  seiner  Anwesenheit  eine  neue 
Keilinschrift  im  Hofe  eines  armenischen  Hauses  und  nahm  eine  sehr 
gute  Photographie  davon,  die  er  auch  an  die  University  of  Penn- 
sylvania, seine  alma  mater,  gesandt  hat."  Herr  Dr.  Ussher  sandte  mir 
die  Photographie  mit  der  Bitte  um  Auskunft.  Sie  liegt  unserer  Ab- 
bildung zu  Grunde.  Diese  läßt  erkennen,  was  auch  Herr  Hampartsum 
ausdrücklich  betont  und  der  Tenor  der  Inschrift  bestätigt,  daß  die 
Inschrift  in  der  Breite  unbeschädigt  ist:  beide  Randlinien  ver- 
laufen glatt  und  regelmäßig.  Die  Photographie  bestätigt  auch  die 
Richtigkeit  von  Herrn  Hampartsum's  Kopie.  Das  ist  von  Bedeutung 
im  Hinblick  auf  zukünftige  Fälle ,  wo  Kopien  von  ihm  vorliegen 
sollten,  ohne  daß  eine  Kontrolle  durch  Photographie  oder  Abklatsch 
möglich  wäre. 

2.    Die  Stelen-Inschrift  von  Sigkeh. 

Seit  langem  bekannt  ist  eine  Inschrift  (Sayce  28 ,  entdeckt 
von  Schulz),  die  lediglich  eine  Pluchformel  darstellte.  Sie  ist  ein- 
gelassen in  die  Mauer  der  kleinen  Kirche  des  armenischen  Dorfes 
Sigkeh ,  das  in  der  Ebene  zwischen  dem  Toprakkaleh  und  dem 
Warrak- Gebirge  liegt.  Bei  meinem,  auf  einem  Sonderausflug  er- 
folgenden Besuche  (17.  Oktober  1898)  fand  ich  die  Kirche  in 
Trümmern.  Sie  war  wie  so  viele  andere  gelegentlich  der  Massacres 
durch  die  Kurden  zerstört  worden.  So  war  es  mir  hier  ein  leichtes, 
unser  Prinzip,  nach  Inschriften  auf  der  Rückseite  eingemauerter 
Schriftsteine  zu  forschen,  in  die  Praxis  umzusetzen.  Es  fand  sich, 
was  in  diesem  Falle  ohnehin,  auch  abgesehen  von  jenem  Grundsatz, 
zu  vermuten  war,  daß  der  Haupttext  auf  der  eingemauerten  Seite 
stand  und  daß  die  Fluchformel,  die  bisher  als  der  alleinige  Text 
gegolten  hatte,  in  Wahrheit  die  Rückseite  des  Steines  bedeckte, 
der  sich  seiner  Form  nach  bei  der  Freilegung  als  eine  richtige 
kleine  Stele  erwies.  Vgl.  die  Mitteilungen  in  meinem  „Bericht* 
in  den  Sitzunysber.  d.  Berl  Ah.  1900,  S.  622,  sub.  Nr.  57. 
Die  Stele  ist  100  cm  hoch,  von  denen  auf  der  Rückseite  !•'•' 
auf  der  Vorderseite  38x/4  cm  beschrieben  sind.  Für  die  Zeilen 
sind  Linien  gezogen,  die  einen  Abstand  von  4x/2  cm  haben,  während 
die  Zeichen  3  cm  hoch  sind. 


53* 


$18  Lehmann,  Zwei  unveröffentlichte  chaldische  Inschriften. 

Hier  der  Text  der  Hauptinschrift,  nach  meiner  Kopie 

Stele  von  Sigkeh.  Vorderseite 


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Umschrieben ,  mit  Beifügung  der  altbekannten  Inschrift  auf 
der  Rückseite ,  die  durch  Eingrabung  eines  großen  christlichen 
Kreuzes  gelitten  hat,  in  meiner  Kollation: 

Vs.     1.     (ILÜ)  Hal-di-m-n[t] 
us-ma-a-si-ni 
[m]Me-nu-u^)-a-s[e] 
[Wl]  Is-jpu-u x)  -i-ni-  lii-n  i-s[e] 
5.     a-li  i-nu-ka-ni 
e-si-ni-ni  SISE 
ar-si-bi-ni  li-ni 
mMe-nu-a-pi(wi  ?)  -  i 

a-is-ti-bi  XXII   Fl!!- 


Rs.     1.     [mMe]-nu-a-s[e] 
[a]li  a-lu-se 
i-ni  pu-lu-si 
e-si-i-ni 
5.     su-u(/)-i  du-li-e 


1)  Die  scriptiones  plenae  des  Chaldischen  sind  vielleicht  vielfach  nur 
graphischer,  nicht  phonetischer  Natur,  weshalb  ich  bei  zusammenhängender 
Transkription  mit  der  Längenbezeichnung  sparsam  umgehe. 


Lehmann,  Zwei  unveröffentlichte  chaldische  Inschriften.  819 

tu-rz-m-m 

(IL  U)Hal-di-se 

(IL  U)  Teisebas  (IL  U)SAMAs  ' ) 

ma-ni  ar-mu-zi 

10.     ZER  .  ZERI  —]-    [\]]  pi-ni*) 
Über  die  Schlußzeile  s.  u.  S.  850  f. 

B)    Wesen  und  Bestand  der  beiden  Inschriften. 

Die  Zusammenstellung  der  beiden  Inschriften  bedarf  keiner 
näheren  Begründung.  Sie  schließen  in  ihrem  wesentlichen  Teile  beide 
mit  einer  analogen  zahlenmäßigen  Angabe.  Insofern  haben  sie  eine 
gewisse  Verwandtschaft  zu  einer  bekannten  Gruppe  chaldischer  In- 
schriften, deren  Typus  die  folgenden  Beispiele  zeigen  mögen.  In- 
schrift von  Böstan-kaya  (Bericht3)  Nr.  69)  (Menuas)  ....  i-ni 
gi-e  za-du-ni  IX .  G  a-kar-ki  is-ti-i-ni  Menuas  „hat  dieses  Heiligtum 
errichtet,  ihm  900  akarki"  (Hohlmaß,  gemäß  den  Inhaltsbezeichnungen 
der  Weinkrüge  von  Toprakkaleh)  „bestimmt" ;  also  Zuweisung  eines 
bestimmten  Quantums  Getreide  oder  Wein,  d.  h.  doch  wohl  von 
Land,  das  alljährlich  diesen  Ertrag  bringt. 

Inschrift  von  Astwatsastn  (Sayce  Nr.  120  nach  D.  H.  Müller), 
jetzt  im  Besitz  der  Expedition:  (ILTJ)  Haldmini  alsuisini 
mSardurise  m  Argistihinise  im  'ari  .su-u-ni  15  300  kapi  istini, 
wonach  Sardur  III  (II)  Argistihinis  einer  von  ihm  begründeten 
Anlage   15  300  Flächeneinheiten  zugewiesen  hat. 

Eine  Inschrift  (Bericht  Nr.  102),  die  mein  Reisegefährte  während 
seines  spätem  alleinigen  Aufenthalts  in  Van,  in  der  Kirche  von 
Angusner  (Dorf  resp.  Stadtteil  der  Gartenstadt  Van,  dem  Toprakkaleh- 
Rücken   zunächst  belegen) ,    auffand  ,4)    lautet  nach  dem  Abklatsch : 

(IL  U)   JJcd- di- i-ni-ni 
us-ma-a-si-i-ni 

mAri)-(]t'-is-fi-i-se 


1)  Den  Anfang  der  Zeile  39  der  Felsinschrift  von  lzulv,  der  den  Namen 
des  Sonnengottes  phonetisch  geschriehen  bietet,  fand  ich  bei  meiner  Kollation 
recht  gründlich  zerstört.  Die  friiber  gesehenen  Spuren  (Sayce,  JRAS.  XIV  412, 
647,  549)  weisen  allerdings  auf  Ardinis. 

2)  Die  Inschrift  ist  vollständig,  pi-ni  ist  Verbum  finitum ,  Verli.  Juri. 
anthrop.   Ges.  1895,  598  f. 

3)  Sitzungsber.  d.  Berl.  Ah.  <l.  W.  1899,  S.  747  Abs.  3,  wo  Engusner 
zu  lesen.  Eine  Korrektur  dieses  von  mir  in  Erzingian  abgefaßton  Vorberichtes 
habe  ich  natürlich  nicht  lesen  können. 

4)  Das  gewöhnliche  assyr. -chaldische  Zeichen  ar.  —  Für  die  Silbe  ar 
wird,  entgegen  der  die  Homophonie  im  Chaldischen  verwerfenden  Regel,  noch 
mindestens  ein  anderes  Zeichen  gebraucht,    das   in   der   Inschrift   vidi   Atamchan 


820  Lehmann,  Zwei  unveröffentlichte  chaldische  Inschriften. 

™Me-nu-a-hi-ni-e-se 

i'-ni  '-a-ri  su-u-ni 

X  M  ha-pi  is-ti-ni 
Zuweisung  von   10  000  hapi  durch  Argistis  I. 

Aber  von  jener  Gruppe  unterscheiden  sich  unsere  Inschriften 
wesentlich  durch  die  m.  W.  im  übrigen  unbelegte  Art  der  Maß- 
angabe: l^lfl^1,  worüber  unten  ein  Näheres.  Auch  im  Wort- 
bestand zeigen  unsere  beiden  Inschriften  wichtige  Berührungen. 

C)    Der  Urheber  der  Inschrift  von  Haykavank. 

Die  Inschrift  rührt  her  von  dem  Sohne  eines  Rusas,  also  wie 
alle  chaldischen  Inschriften  in  Fels,  Stein  und  Metall,1)  mit  alleiniger 
Ausnahme  der  von  mir  entdeckten  Inschrift  von  Kaissaran2)  —  ein 
König.  Diese  Erfordernisse  erfüllt  Argistis  II  (von  714  v.  Ohr.  ab), 
Sohn  Rusas'  I,  und  in  der  Tat  lassen  sich  die  Spuren  der  ersten  Zeile, 
wie  in  der  Transkription  angedeutet,  sehr  wohl  zu  dem  Namen 
Argistis  mAr-gis-ti-se  ergänzen.  Der  fast  genau  in  der  Mitte 
der  Zeile  auf  der  Photographie  deutlich,  auf  unserer  Abbildung 
bestenfalls  nur  in  einer  Spur  erkennbare  untere  Teil  eines  senk- 
rechten Keiles  würde  dann  zu  dem  Zeichen  —  |  gis  gehören 

W  <HM  =H["f<]v 

Für  die  Schreibung  [mAr-gi-is-ti-]se  böte  die  Zeile  zwar  allenfalls 
Raum,  aber  das  Erscheinen  nur  der  einen  Spur  und  gerade  an 
dieser  Stelle  widerspricht  dem.  Die  Zeichen  gl  und  ts  schließen 
beide  mit  zwei  Senkrechten ,  und  gi  müßte  mehr  rechts ,  is  mehr 
links  endigen. 


oder  Novo-Bajazet  (Verk.  Berl.  anthrop.  Ges.  1893  S.  76  u.  217  Anm.  3,  JRAS. 
1893  p.  31,  ZA.  XI,  307)  und  in  der  Stele  Rusas  II  (diese  Zeitschr.  Bd.  56,  S.  106 
Abs.  3)  auftritt.  Dadurch,  daß  ich  den  Lautwert  dieses  Zeichens  bestimmte  und 
begründete  (ZA.  IX,  348  Anm.  2)  wurden  andersseitige  historisch-geographische 
Erwägungen,  die  die  Inschrift  von  Atamchan  Sardur  (III)  Argistihinis  zuwiesen, 
bestätigt,  wie  ausdrücklich  Verh.  Berl.  anthrop.  Ges.  1893  S.  76  u.  217  Anm.  3 
anerkannt.  Zur  Zuweisung  an  den  Sohn  eines  Argistis  gelangte  Sayce  (JRAS. 
1893  p.  32)  selbständig,  wiewohl  er  das  dem  gis-ti-lii-ni-se  vorausgehende  Zeichen 
verkannte  und  in  2  Zeichen  ar  (wohl  das.  JRAS.  XVI,  p.  420  Kol.  I  Z.  6  v.  u. 
angeführte  Zeichen)  und  ra  zerlegte.  Die  Silben  -gis-ti-hi-ni-se  wurden,  ob- 
gleich seit  1875  eine  gute  Photographie  publiziert  war  und  benutzt  wurde, 
falsch  gelesen,  zuletzt  von  Nikosky   1893  -pi-tu-hi-ni-se. 

1)  Kleinste,  nach  Tenor  und  Zusammenhang  nicht  bestimmt  einzuordnende 
Fragmente,  wie  die  Bruchstücke  der  Steininschrift(en),  die  bei  den  Ausgrabungen 
auf  Toprakkaleh  zu  Tage  getreten  sind  (Bericht  Nr.  156),  müssen  natürlich 
außer  Betracht  bleiben,  was  für  Liebhaber  von  Haarspaltereien  ausdrücklich 
bemerkt  sei. 

2)  Berl.  Sitzungsber.  1898,  S.  120;  Nachr.  d.  Göttinger  Ges.  d.  W. 
1898,  S.  86. 


Lehmann,  Zwei  unveröffentlichte  chaldische  Inschriften.  821 

Aber  die  Zuweisung  an  den  Zeitgenossen  Sargon's  und  Sanherib's 
kann  angesichts  konkurrierender  Möglichkeiten  dock  nur  als  durch- 
aus möglich,  nicht  als  gesichert  gelten. 

Nach  der  herrschenden  Ansicht  folgen  nach  einander  auf  Rusas  I: 
Argistis  II  —  Rusas  II,  dessen  Sohn  (Zeitgenosse  Assarhaddon's 
von  Assyrien)  —  Erimenas  — ■  Rusas  III  —  Sardur  IV  (III),  die 
letzteren  drei  als  Zeitgenossen  Assurbanabal's  III,  der  einer  von 
ihm  empfangenen  Gesandtschaft  eines  Rusas ,  sowie  später  eines 
Sardur  gedenkt. 

Nach  meiner  Ansicht  dagegen  ist  folgende  Reihenfolge  anzu- 
nehmen :  Argistis  II  —  Rusas  II  (Zeitgenosse  Assarhaddon's  wie 
Assurbanabal's)  —  Sardur  IV  (III)  —  Erimenas  —  Rusas  III. 
Der  Gedanke,  Erimenas  und  Rusas  III  mehr  an  das  Ende  der  Reihe 
zu  rücken  ist  nicht  neu ,  er  ist  vielmehr  schon  während  unserer 
deutschen  Expedition  nach  Armenien  zwischen  deren  Mitgliedern 
erörtert  worden:  gewisse  technische  Eigentümlichkeiten  des  in  der 
Hauptsache  von  Rusas  III  erbauten  Chaldistempels  auf  Toprakkaleh 
gaben  meines  Erinnerns  den  Anlaß  dazu.  Neu  ist  die  m.  E.  bündige, 
speziell  auf  die  Taten  und  die  Regierungszeit  Rusas'  II  gegründete 
chronologisch-historische,  mündlich  von  mir  vorgetragene  Argumen- 
tation, durch  welche  ich  diese  Umstellung  sichern  zu  können  glaube. 
Sie  hier  wiederzugeben,  würde  erheblich  zu  weit  führen ;  es  müssen 
daher  bis  zu  ihrer  ausführlichen  Veröffentlichung,  die  an  einer  allen 
Fachgenossen  zugänglichen  Stelle  gegebenen  Andeutungen  genügen. 
Dort  ist  bereits  ausgesprochen,  daß  bei  Annahme  dieser  neuen 
Reihenfolge  Rusas'  III  Ende  ungefähr  in  die  Zeit  der  Halysschlacbt 
gefallen  sein  wird.  Seither  ist  mir  sehr  wahrscheinlich  geworden, 
daß  Rusas'  III  Ende  und  der  Fall  des  chaldischen  Reiches  mit  dem 
medisch-lydischen  Konflikt  auch  in  ursächlichem  Zusammenhange 
steht.1)  Urartu-Chaldia  muß  den  Zankapfel  gebildet  haben:  Kyaxarcs 
wird  es  gewesen  sein ,  der  den  mit  Alyattes  verbündeten  oder  zu 
ihm  neigenden  Rusas  III  nach  Eroberung  der  Hauptstadt  (der 
Chaldisburg  auf  Toprakkaleh)  des  Thrones  verlustig  erklärte  oder 
tötete  und  vermutlich  auch  in  der  Folge  die  bereits  im  Flusse  be- 
griffene Einwanderung  der  ihrer  Sprache  nach  vorwiegend  indo- 
germanischen Armenier  bewußt  oder  mittelbar  förderte. 

Unter  der  gleichfalls  durchaus  möglichen  Voraussetzung,  daß 
unter  dem  in  Z.  2  erwähnten  Rusas  I  der  zweite  Eerrscher 
dieses  Namens  zu  verstehen  wäre ,  hätte  Z.  1  uns  den  Namen 
seines  Sohnes  und  damit  voraussichtlich  die  erwünschte  Sicherheit 
gebracht.  \mSar(RI)-d]u-[;ri]-se  hätte  meine  Ansicht  bestätigt, 
[mE-ri-m~]e-[na~\-se  gegen  sie  entschieden.  Leider  aber  sind  die  drei 
Ergänzungen  zu  Argistis  II,  Sardur  IV  (III)  und  Erimenas  ganz 
gleich  wahrscheinlich;  da  me  wie  du  beide  mit  einem  Senkrechten 
schließen,    besteht  nicht  einmal  für  den  Fall,   daß  man   willkürlich 


1)  Ähnlich  jetzt  Lindl,    Cyrus,   S.  90  b  unten. 


S'2'2         Lehmann,  Zwei  unveröffentlichte  chaldische  Inschriften. 

oder  aus  irgend  welchen  Gründen  für  Z.  2  die  Deutung  auf  Rusas  II 
bevorzugen  wollte,  zwischen  der  Ergänzung  Sardur  oder  Erimenas 
ein  gradueller  Unterschied. 

Der  Vollständigkeit  halber  erwähne  ich  auch  die  Möglichkeit, 
der  Urheber  dm*  Inschrift  sei  ein  Sohn  Rusas'  III;  daß  ich  mit 
dieser  nicht  zu  rechnen  vermag,  geht  aus  dem  Dargelegten  hervor. 

D)  Was  besagt  die  Inschrift  von  Haykavank? 

Sie  ist  unvollständig;  zu  ergänzen  ist  nicht  bloß  die  jetzige 
Z.  1,  sondern  nach  dem  Brauch  der  großen  Mehrzahl  der  chaldischen 
Inschriften  eine  Anrufung  oder  doch  eine  Bezugnahme  auf  „Chaldis 
den  Herrn"  (ILU)  Hal-di-i-e  e-u-ri-e,  oder  die  „mächtigen  Chalder" 
Haldinini  usmasini  (oder  alsuisini) ,  die  hier  zwei  Zeilen  in 
Anspruch  nehmen  würde.  Mehr  ist  möglich,  aber  nicht  nötig.  Die 
übrigen  mit  einer  Maßangabe  endigenden  Inschriften  sind  gleich- 
falls sehr  kurz  gehalten.  Übrigens  scheint  in  der  Höhe  von  Zeile  2 
beiderseits  die  obere  Rundung  der  Stele  angedeutet  zu  sein,  und 
soweit  ich  als  Laie  auf  technischem  Gebiete  urteilen  kann,  spricht 
auch  die  geringe  Mächtigkeit  des  als  Stelenfragment  aufzufassenden 
Steines  gegen  die  Annahme  einer  erheblichen  Verlängerung  nach  oben. 

Die  andere  Seite  des  Steines  ist  (s.  1  sub  a)  unbeschrieben. 
Die  Inschrift  ist  in  der  Hauptsache  dem  Schlüsse  zu  vollständig. 
Höchstens  könnte ,  wenn  man  am  Anfang  ein  größeres  Stück  als 
verloren  ansehen  wollte ,  noch  eine  kurze  Fluchformel  auf  dessen 
Rückseite  gestanden  haben.1)  Doch  fehlt  bei  den  Inschriften  dieser 
Gruppe  die  Fluchformel  in  der  Regel  völlig.  Nur  die  Inschrift 
von  Sigkeh  bildet  eine  Ausnahme.  Auffällig  ist  die  große  Zahl 
von  Personennamen,  die  die  Inschrift  außer  dem  König  nennt.  Das 
männliche  Determinativ  findet  sich  in  Z.  5,  7,  8.  Mir  ist  unter 
den  chaldischen  Stein-  und  Felsinschriften  nur  eine  gegenwärtig, 
die  eine  andere  Person  namhaft  machte  als  den  König,  seinen  Vater 
und  Mitglieder  des  chaldischen2)  oder  eines  gegnerischen  Königs- 
hauses. Diese  eine  Inschrift  ist  die  von  Palm3)  (neuarmenisch 
Bagiri),  in  welcher  Menuas  einen  Mann  resp.  Beamten  mTitianisi) 
anführt,  der  freilich  vielleicht  auch  ein  vormals  selbständiger  und 
nach  einer  Niederlage  im  Vasallenverhältnis  belassener  Fürst  ist. 
In    Z.  8 — 11    unserer  Inschrift   scheint   genannt   zu    sein  Ispih'(s), 


1)  Bei  dem  geringen  Wert  des  Gesteins  liegt,  wie  ich  der  Vollständigkeit 
halber  bemerke,  keinerlei  Grund  vor  anzunehmen,  er  sei  von  einem  dickeren, 
einst  beiderseitig  beschriebenen  Stücke  abgesägt  worden,  wie  das  bei  der 
fehlenden  Rückseite  der  Berliner  Sargonstele  geschehen  ist.  Also  ist  auch  nicht 
daran  zu  dünken ,  daß  wir  mit  dem  Schluß  einer  einstmals  auf  der  andern 
Seite  beginnenden  Inschrift  zu  rechnen  hätten. 

2)  So  Inuspuas,  der  zur  Thronfolge  bestimmte  aber  nicht  gelangte  Sohn, 
und   Taririas,  die   Frau(?)   des  Menuas. 

3)  Zu  dem  Namen  s.  HübsehmanD,  Die  altarm.  Ortsnamen,  S.  230,  283. 

4)  Verh.  Berl.  Anthr.   Ges.  [VBAG.]  1900,  S.  572  ff. 


Lehmann,  Zwei  unveröffentlichte  chaldische  Inschriften,  823 

Sohn  des  Batu(s):  Ispüis  Batuhinis,  mit  dem  Flexionssuffix  -m 
Ispilini  Batuliinini. 

Dieser  Ispilis  oder  sein  Vater  wird  in  Z.  10  anscheinend  als 
Gärtner  oder  Besitzer  eines  Gartens  gekennzeichnet.  Das  Ideo- 
gramm GIS.  SAR  bezeichnet  assyrisch  den  Garten;  für  den  Gärtner 
{atnel  urki)  ist  die  Schreibung  amelu  NU(SIR).  GIS.  SAR  belegt. 
In  unserer  Inschrift  ist  die  Reihenfolge  der  beiden  ersten  Zeichen 
vertauscht.  Daß  das  keinen  wesentlichen  Unterschied  macht,  wird 
bestätigt  durch  das  Vorkommen  des  für  das  Chaldische  bereits  viel- 
fach belegten  Ideogramms  GIS.  TIR  (assyr.  kistu)  für  „Hain.  Wald*. 
Das  die  Stellung  und  Beschäftigung  andeutende  Determinativ  für 
Mensch  fehlt  jedoch.  Doch  liegt  es  nahe,  das  Ableitungssuffix  -ni 
auf  den  Inhaber  des  Gartens  zu  deuten.  Daß  nicht  etwa  das 
gleichlautende  Flexionssuffix  vorliegt,  beweist  das  auf  -ni  folgende 
„Lokative"   Kasussuffix  -di. 

Entsprechend  wird  wohl  Gilur(an)is  (Z.  6)  in  Z.  7  durch  das 
zu  KISTU  hinzutretende  Suffix  -ni  als  Besitzer  eines  Waldes  oder 
als  „Förster"  bezeichnet.  Da  nun  das  Suffix  -Jcai  in  irgend  einer 
Weise  dativische  Bedeutung  hat,1)  während  pari  „von,  aus" -)  heißt, 
so  wäre  man  versucht  zu  schließen ,  daß  seitens  des  Königs  dem 
Gilur(an)is  Ländereien  im  Betrage  oder  mit  dem  Ertrage  950  Maß- 
einheiten übertragen  worden  seien,  die  bis  dahin  oder  vormals  dem 
Ispilis  gehört  hatten.  Doch  ist  das  sehr  unsicher,  und  eine 
strikte  Analyse  oder  gar  Übersetzung  gestattet  unsere  mehr  als 
lückenhafte  Kenntnis  des  Chaldischen ,  die  wir  namentlich  gegen- 
über der  entscheidenden  Zeile  2  mit  lebhaftem  Bedauern  empfinden, 
nicht.  Fraglich  ist  unter  der  obigen  an  sich  zweifelhaften  Voraus- 
setzung besonders,  ob  man  Z.  10  in  der  oben  angenommenen  Weise 
zu  Z.  8/9  ziehen  darf,  da  mir  ein  Beleg  für  pari  mit  darauf 
folgendem  „Lokativ"  auf  -di  nicht  erinnerlich  ist,  was  aber  /..  T.  auf 
Rechnung  der  häufigen  Verstümmelungen  der  auf  pari  folgenden 
Eigennamen  kommen  kann.3) 

E)    Zu  esi. 

Was  bedeutet  nun  das  esinini,  das  in  beiden  Enschriften  (Z.  3  f. 
bezw.  5 f.)  in  wohlbekannter  Verbindung  mit  inukdni  erscheint? 
Zunächst  ergibt  sich  negativ  —  und  das  ist  der  besondere  Ge- 


1)  Dies  war  seit  langem  ersichtlich.  Sayce  nahm  an  ,  daß  die  Endung 
-hat  gleichzeitig  kollektiv  wirke  und  bei  Eigennamen  die  Familie  des  1 
einbeziehe.  Dagegen  spricht,  wie  zuerst  Sayce  i'JRAS.  1894-,  p.  692)  seihst  er- 
kannt hat,  u.  a.  die  KelisHin-Bilinguis  (vgl.  u.  S.  825  f.)  Chald.  /.  L/2  u.  25/26 
I-u  (IL!  Al-di-ka-a-i  {ALU)  Ar-di-ni-di  nu-na-(a)-U  =  Ass.  Z.  i  u.  22  23 
M  ina  pän  (du)  JJnldi  <■.  ana  {aht)  Musasir  üliküni  „als  zum  Gott 
Chaldis  in  Musasir  (Ardinis)  kamen   (Ispuinis   und    Menuas)." 

2)  So  richtig  längst  schon  Sayce,   p.  445,   712    und   passim. 

3)  Z.  in  für  sich    genommen  würde  bedeuten  können   „bei  dem  Gärtner" 
oder,  wenn  man   -ni  nicht  auf  den  Besitzer  bezieht   „in  dein  Garten   —   .  .  .  ." 


S24  Lehmann,  Zivei  unveröffentlichte  chaldische  Inschriften. 


vorliegenden  Zusammenhang  unmöglich  plötzlich  von  „Inschriften" 
die  Rede  sein  kann  —  wenigstens  wäre  das  der  Gipfel  der  Un- 
wahrscheinlichkeit  —  und  daß  somit  das  esinini  zugrunde  liegende 
Wort  est  keinesfalls  Inschrift  heißen,  noch  auch  ein  Adjektiv 
esini  „beschrieben,  inschriftlich "  vorliegen  kann.  Wenn  früher 
Sayce  so  übersetzte ,  so  war  das  erklärlich  und  verzeihlich.  Aber 
nachdem  eine  große  Zahl  einwandfreier  und  vollwichtiger,  für  est 
in  eine  ganz  andere  Richtung  weisender  Zeugnisse  gefunden  waren, 
hätte  die  falsche  Übersetzung  nicht  vertreten  werden  dürfen  und 
auch  bei  allseitiger  Klarheit  nicht  vertreten  werden  können.  Da 
aber  die  Behauptung,  est  bedeute  „Inschrift"  resp.  esini  „beschrieben, 
inschriftlich"  ganz  neuerdings  und  auch  in  dieser  Zeitschrift  mit 
seltsamem  Nachdruck  geäußert  worden  ist,  mag  das  Beweismaterial 
hier  nochmals  vorgeführt  werden. 

1.  Der  sicherste  Weg,  die  Bedeutung  eines  chaldischen  Nomens 
zu  ermitteln  ist  der  Schluß  aus  einer,  an  einer  alten  chaldischen 
Anlage  in  situ  befindlichen  Inschrift.  Die  naheliegende  Vermutung, 
daß  die  Inschrift  auf  die  Anlage  Bezug  nehmen  und  somit  diese 
darin  an  hervorragender  Stelle  genannt  sei,  hat  sich  mehrfach  be- 
wahrheitet und  den  Schlüssel  zum  Verständnis  eines  technischen 
Ausdrucks  und  damit  der  ganzen  Inschrift  geliefert.  Auf  diesem 
Wege  haben  im  Jahre  1892  mein  nachmaliger  Reisegefährte  und 
ich  aus  Inschriften,  die  er  im  Jahre  1891  am  Gemäuer  des 
Samyram-suy  genannten  großen  Aquäduktes  kopiert  hatte  und 
die  wesentlich  folgenden  Tenor  hatten :  mMenuase  mIspuinihinise 
ini  pili  agüni  Menuai-pili  tini,  für  pili  die  Bedeutung  „Acpiädukt, 
Kanal"1)  (resp.  dessen  technisch  wesentlicher  Bestandteil2))  er- 
schlossen. 

Der  Erkenntnis,  daß  für  den  Fortschritt  im  Verständnisse  der 
Inschriften  von  Van  das  Heil  in  der  genauen  Beachtung 
der  topographischen  und  archäologischen  Verhält- 
nisse liege,  habe  ich  daraufhin  in  meiner  ersten  Äußerung  über 
die  chaldischen  Inschriften  Ausdruck  gegeben;  sie  hat  mir  alsbald 
zum  Verständnis  der  Rusas- Stele  von  Kesis-göll,  als  auf  die  Anlage 
des  Rusas-Sees3)  (mIiusa'i-sue)  und  der  durch  seinen  Abfluß  zu  be- 
wässernden Rusas  -  Stadt  (Neu  -  Tosp)  am  Fuße  des  Toprakkaleh- 
Felsens4)  bezüglich,  verholfen,  und  sie  hat  uns  während  der  gemein- 
samen Forschungsreise   als  wiederholt   bewährter  Leitstern   gedient. 


1)  Zeitschr.  f.  Ethnologie  24  (1892),  S.  133  ff. 

2)  Dazu  unten  S.  848. 

3)  An  dieser  Auffassung  von  mRusm-sue  halte  ich  fest.  Nicht  jede  der- 
artige Anlage  braucht  heute  nachweisbare  Spuren  zu  hinterlassen.  Chald.  su-e 
hat  sich  nach  meiner  Vermutung  (Verh.  IS.  intern.  Or.-Kongr.  S.  129)  in  armen. 
cov  „See"  erhalten.  Chaldische  Wörter  türkisch  zu  etymologisieren  überlasse 
ich  Anderen. 

4)  Zeitschr.  f.  Ethnologie,  a.  a.  O.,  S.  144. 


Lehmann,  Zwei  unveröffentlichte  chaldische  Inschriften.  825 

Für  esi  liegt  nun  dieser  wichtigste  und  sicherste  Weg  zur 
Beschreitung  bereit :  An  der  Nordseite  des  Van-Felsens  befindet  sich 
ein  in  den  lebendigen  Felsen  gehauener  Saal,  an  dessen  Eingangstür 
noch    heute    in   situ    eine    Inschrift    folgenden   Wortlautes    steht : *) 

1  Menuase  Ispuinihintse  2  ini  esi  za-(a)-du-ni  si-(e)-ir-si-ni-(i)-e. 
3  Menuase  alz:  all  musini  4  ha-ar-ni-zi-ni-(e)-i  si-ir-si-ni-ni 
5  terdidini  inukäni  esini;  folgt  die  Fluchformel.    1„Menuas  hat  dieses 

2  esi  errichtet(,  gebaut,  geschaffen)  .  .  .  3  Menuas  spricht:  .  .  .  ." 
Bei  den  analog  lautenden  Inschriften  vom  Samyramsuy  (s.  S.  824) 
hat  man  früber  ptli  als  Inschrift  gedeutet,  bis  man  über  den  Standort 
belehrt,  eingesehen  hat,  daß  das  Wort  auf  die  Anlage  Bezug  hat 
und  daß  —  von  anderen  Ungereimtheiten  abgesehen  —  es  ganz 
ausgeschlossen  ist,  daß  Menuas  an  einer  Stelle,  wo  die  Errichtung 
der  Inschrift  nebensächlich  ist,  diese  in  erster  Linie  hervorhöbe. 
Auch  bei  der  Inschrift  vom  Vanfelsen  liegen  der  Fehler  und  seine 
Heilung  in  der  gleichen  Richtung:  esi  bezeichnet  offenbar  die  An- 
lage, sie  wird  durch  sirsini  näher  bestimmt.  Wenn  man  letzteres 
mit  einiger  Wahrscheinlichkeit  auf  die  Besonderheit  gerade  dieser 
Art  von  Anlagen,  also  auf  den  Felsen  resp.  dessen  Bearbeitung  und 
Umgestaltung  bezieht ,  so  kann  man  nur  noch  zweifeln ,  ob  esi 
allgemein  „Stätte,  Örtlichkeit,  Räumlichkeit"  oder  schon 
„Zimmer,  Kammer,  Gemach"   bedeutet. 

Daß  die  allgemeinere  Fassung  die  richtigere  ist ,  daß  esi  in 
erster  Linie  und  ursprünglich  „Ort,  Örtlichkeit"  bedeutet,  was 
natürlich  eine  Verwendung  im  engeren  Sinne  keineswegs  ausschließt, 
darüber  belehren  uns,  wie  sie  die  Deutung  „Inschrift"  gleichfalls 
vollkommen  ausschließen,  eine  Reihe  von  weiteren  Zeugnissen,  die 
das  gemeinsam  haben,  daß  sie  Bilinguen  oder  Texten,  die  als  solche 
wirken,  entstammen. 

2.  Auf  der  Expedition  ist  bekanntlich  unter  mancherlei  Ge- 
fahren und  Erschwerungen2)  der  Text  der  assyrischen  und  der 
chaldischen  Inschrift  des  Kel-i-sin  {sin  „blau"  oder  vielmehr 
„grün" 3))  an  Ort  und  Stelle  von  uns  kollationiert  worden.  Ur- 
sprünglich glaubten  wir  eine  Bestätigung  für  die  Ansicht  meiner 
Reisegefährten,    es  sei  keine  Bilinguis,  sondern  der  chaldische  Text 


1)  Der  Text  wird  durch  ein  von  uns  aufgefundenes  Duplikat  auf  einem 
Steine,  der  vormals  in  der  Nähe  jenes  Felsengemach.es  angebracht  gewesen  sein 
muß ,  jetzt  in  die  erheblich  höher  gelegene  innere  Mauer  der  eigentlichen 
Citadelle  eingefügt  liegt,  gesichert,  s.  darüber  meinen  Bericht  Nr.  56  und  Figur  1. 

2)  Für  mich  kam  am  ersten  der  beiden  Tago,  die  uns  gemeinsam  zur 
Paßhöhe  führten,  ein  neberartiger  Zustand  hinzu,  den  ich  der  sumpfigen  Um- 
gebung unseres  Zeltes  in  Haek  zu  verdanken  hatte  und  der  sich  alsbald  hob, 
als  ich,  statt  im  Zelt,  mein  Nachtlager  auf  dem  Altan  eines  kurdischen  Hauses 
nahm;  so  fiel  wenigstens   diese  Behinderung  am   zweiten   Tage  weg. 

3)  Das  Gestein  der  Stele  ist  dunkelgrün,  und  daß  $in  auch  „grün"  be- 
deutet, stellte  ich,    wenige  Stunden    vom  hel-i-Sin,    au    der   Steh'    von    I 

fest.     Die  Farbe  frischgrüner  Blätter  etc.    wurde    mir    von    den   Kurden  als  Hit 
bezeichnet. 


S2li  Lehmann,  Zwei  unveröffentlichte  chaldische  Inschriften. 

setze  den  assyrischen  fort,  gefunden  zu  haben.  Aber  Sayce J)  hielt 
gleichwühl  daran  fest,  daß  es  eine  Bilinguis  sei  und  wies  mit  Recht 
auf  einen  Punkt  hin,  der  auch  mir  inzwischen  schon  Bedenken  an 
der  Richtigkeit  dieser  Ansicht  erregt  hatte.  Ein  Hauptargument 
gegen  die  Auffassung  als  Bilinguis ,  die  Ungleichheit  der  Städte- 
hamen, war  in  Wegfall  gekommen,  seitdem  an  der  Stele  von  Töpzauä 
der  Nachweis  geführt  war,  daß  Musasir  der  assyrische,  Ardinis 
der  chaldische  Namen  einer  und  derselben  Örtlichkeit  sei;  jener 
aber  erscheint  in  der  assyrischen,  dieser  in  der  chaldischen  Version 
wie  der  Stele  von  Töpzauä  (s.  unten)  so  des  Kel-ä-sin.-) 

Mich  Sayce's  Anschauung  —  vorbehaltlich  eigener  weiterer 
Studien  an  den  Kelisin-Texten  —  zuzuneigen,  veranlaßte  mich  auch 
die  Einsicht  in  die  historische  Bedeutung  der  Kelisin-lnschrift,  die 
sich  mir  nach  langen,  vornehmlich  durch  die  Frage  nach  den  Ursitzen 
der  Urarto-Chalder  bedingten  Zweifeln  erschloß.3)  Nachdem  Menuas 
als  Mitregent  und  Feldherr  seines  Vaters  die  Herrschaft  der  Chalder 
in  erfolgreichen  Eroberungszügen  bis  in  die  fruchtbaren,  bald  danach 
von  den  Mannäern  besiedelten  oder  beanspruchten  Gebiete,  westlich 
und  südlich  des  Urmia-Sees  ausgedehnt  hatte,  mußte  er  diese  Er- 
oberungen und  vor  allem  den  Kelisin-Paß ,  der  für  die  Herrscher 
von  Van  den  Hauptübergang  in  der  südlichen  Umgebung  des  Sees 
bildete ,  gegen  die  Assyrer  sichern.  Zu  solcher  Sicherung  eignete 
sich  Musasir  nach  seiner  durch  die  Stele  von  Töpzauä  bestimmten 
und  von  uns  aufgefundenen  Lage  besonders,  wie  hier  nicht  näher 
auszuführen.  Es  wurde  daher  an  diese ,  bisher  unter  assyrischer 
Herrschaft  stehende  und  von  Assyrern  bewohnte  Stätte,  durch 
Menuas  eine  chaldische  (Militär-)Kolonie  geführt,  die  Stadt  und  ihr 
Gebiet  dem  Gotte  Chaldis  unterstellt,  sein  Kult  und  der  der  andern 
Götter  des  chaldischen  Pantheons  dort  eingeführt  und  vielleicht  nach 
dem  einen  derselben,  dem  Sonnengott  Ardinis  (vgl.  S.  819  Anm.  1), 
die  Stadt  benannt.  In  späterer  Zeit,  besonders  wohl  seit  den  Erfolgen 
Tiglatpileser's  III,  lockerte  sich  die  chaldische  Herrschaft  über  dieses 
Gebiet.  So  erklärt  es  sich,  daß  unter  Rusas  I  (s.  unten)  Musasir 
mehr  in  der  Stellung  eines  selbständigen  Puffer- Staates,  denn  einer 
chaldischen  Provinz  oder  eines  chaldischen  Vasallenstaates  erscheint. 
Auf  die  Ausstattung  und  Ausgestaltung  des  Chaldis-Kultes,  d.  h. 
vom  Theokratischen  ins  Politische  übersetzt,  auf  die  Stärkung  und 
Sicherung  des  chaldischen  Elementes,  werden  die  ja  im  wesentlichen 
auf  den  Kult  bezüglichen  Angaben  der  durchaus  unkriegerischen 
Inschrift  zu  beziehen  sein.  Daß  sie  auf  dem  Passe ,  nicht  bei  der 
Stadt  Musasir-Ardinis  Aufstellung  fand,    erklärt  sich  so  gleichfalls 


1)  Journal  of  the  Royal  Asiatic  Society,  Oktober  1901,  p.  653ff. 

2)  So    die  genaue  Aussprache,    wodurch    sich  auch  Lobdell's  Kallia-Shin 
(englisch  auszusprechen)   erklären  wird. 

.;     Nicht    mir    allein,    dem    auch  im   Wesentlichen  nicht  die  Priorität  der 
Äußerung  zukommt. 


Lehmann,  Zwei  unveröffentlichte  chaldische  Inschriften.  S2  ( 

aufs  beste.  Unter  dieser  Voraussetzung  aber  mußte  eine  Unter- 
oder Nachordnung  der  cbaldischen  gegenüber  der  assyrischen  Sprache 
so  unwahrscheinlich  wie  eine  Nebenordnung  beider  Sprachen  zu 
einer  wirklichen  Bilinguis  begreiflich  erscheinen. 

Die  Wahrscheinlichkeit  ist  inzwischen  zur  Sicherheit  erhoben 
worden.  Herr  Dr.  Messerschmidt  hatte  aus  sprachlichen  Gründen  gleich 
Sayce  an  der  Auffassung,  daß  die  Kelisin-Inschriften  eine  Bilinguis 
darstellten ,  festgehalten.  Ihm  hat  mein  ehemaliger  Reisegefährte 
die  von  ihm  und  mir  gewonnenen  Lesungen  unserer  Kollation  zur 
Verfügung  gestellt.  Herr  Dr.  Messerschmidt  hat  sich  dann  erfolg- 
reich bemüht,  eine  Reproduktion  des  von  de  Morgan  im  Jahre 
1891  x)  genommenen  Abklatsches  der  Stele  zu  erhalten,  hat  alsdann 
jenem  von  deinen  Eintreffen  und  Aufstellung  eines  nach  diesem 
Abklatsch  gefertigten  Gipsabgusses  rechtzeitig  Nachricht  gegeben, 
und  diesen  mit  ihm  gemeinsam  studiert.  Diese  Verwertung-)  so- 
wohl des  de  Morgan'schen ,  wie  des  von  beiden  Mitgliedern  der 
deutschen  Expedition  nach  Armenien  gewonnenen  Materials .  hat 
erkennen  lassen  oder  bestätigt,  daß  auch  die  Inschriften  des  Kel-i-sin 
eine  wirkliche  Bilinguis  darstellen. 

In  der  chaldischen  Fassung  der  Fluchformel  der  Kelisin-Inschrifi 
finden  wir  nun  den  Ausdruck  su-u-i  du-ti-e,  der  u.  a.  in  der  ein- 
sprachig chaldischen  Fluchformel  der  Inschrift  von  Sigkeh  (s.  oben)' 
in  enger  Verbindung  mit  esi  erscheint. 

Kelisin  chald.  Z.  37  lautet:  [a-lu-]se  (wer)  DUB.  TE  (Schrift- 
tafel, Schriftstein)  i-ni  (diesen  3))  su-u-i  du-li-e  ...  (3  Zeichen  zerstört). 

Im  Assyrischen  aber  entspricht  (Z.  37):  sa  (wer)  dup-pi  (den 
Schriftstein)  an-ni-tu'')  (diesen)   i-da*)--vp  «*-[•]. 6) 

Die  Gleichung  dieser  beiden  Zeilen  hatte  richtig  schon  Sayce 
erkannt,    als    seine  Auffassung,    es    liege    eine  Bilinguis   vor,    noch 


1)  Unser  Besuch  erfolgte  im  September   1898. 

2)  Anatole,  Heft  1. 

3)  annitu  „diesefn)"  kann  man  in  i-ni  wiederfinden,  obgleich  ini  „dieser" 
sonst  regelmäßig  vor  dem  dadurch  bestimmten  Nomen  steht.  Hier  läge  dann 
wohl  ein  Assyrismus  vor.  Wer  das  nicht  annehmen  will,  muß  schließen,  daß 
gegen  den  Wortlaut  der  assyrischen  Version  und  was  mehr  sagen  will,  gegen  die 
ständige  Übung  der  chaldischen  Fluchformeln  das  im  Grunde  unentbehrliche  „dieser" 
hier  weggeblieben  ist  uud  wie  es  in  der  Anatole  geschehen  ist,  Dl  B.  te-i-m 
(Akkus.)  zu  lesen. 

4)  So  S ch ei  1  's  Ausgabe  nach  de  Morgan's  Kopie,  und  danach  Sayce, 
JRAS.  1894,  p.  698  Unsere  Kollation  an  Ort  und  Stelle  ließ  neben  da  auch 
das  formverwandte  li  möglich  erscheinen,  i-da-'-ip  aber  ist  zweifellos. 

5)  Hinter  u  Raum  für  ein  Zeichen,  wie  der  Gipsabguß  deutlich  erkennen 
läßt.  In  u-.  wird  ein  weiteres  Verbum  stecken,  dessen  chaldisches  Äquivalent 
in  den  weggebrochenen  Teilen  Z.  37  Ende,  Z.  38  Auf.  der  chald.  Version  zu 
suchen  ist.  (Wichtig  ist  an  sich  und  für  das  Chaldische  ass  X.  •"■|l  32  Sa 
31  .  .  .  u-pa-sa(za)-ar  ina  tak-li-te-[e?]  Si  i(?)-nam-di-nu  „wer  (den  BI  .  BU) 
.  .  .  .,  ihn  in  eine  Umschließung  {taklitu  von  JeaM  =  aiar  /"  naniäri) 
verweist".) 


328  Lehmann,  Zicei  unveröffentlichte  chaldische  Inschriften. 

unserro  und  allgemeinem  Widerspruch  begegnete,  su-u-i-du-li-e 
wird  also  durch  i-da-'-ip  wiedergegeben. 

Was  bedeutet  nun  i'dctip,  das  Sayce,  nachdem  er  anfänglich 
die  ars  nesciendi  geübt,1)  neuerdings  mit  irreführender  Bestimmt- 
heit, die  ihre  Wirkung  bis  in  diese  Zeitschrift  hinein  nicht  verfehlt 
hat .    mit    Jie  shall  destroy"  er    „wird  vernichten"    übersetzt  hat.2) 

Da'äpu  ist  ein  sehr  seltenes  assyrisches  Verbum,  der  späteren 
Prosa  durchaus  fremd  und  nur  in  poetischen  Stücken  oder  ihnen 
entnommenen  Wendungen  belegt.  Am  längsten  bekannt  ist  Schöpfungs- 
epos (Enuma  elis)  Tafel  IV  30 :  iddinüsu  kakka  La  mahrü  dcüipu 
zaiare  „(die  Götter)  „gaben  ihm"  (dem  Marduk  zum  Kampfe  gegen 
die  Tiamat)  eine  unwiderstehliche  Waffe,  die  die  Feinde  ddipu*. 

Daraus  folgt  natürlich  für  die  nähere  Bedeutung  von  daäpu 
gar  nichts,  denn  eine  Waffe  kann  den  Feind  töten,  vernichten, 
niederschmettern,  verjagen,  vertreiben,  in  die  Flucht  schlagen  etc.  etc. 
Ganz  das  gleiche  gilt  von  der  von  Meißner6  (Supplement  S.  30) 
angeführten  Wendung  da-i-bu  gare-su,  wo  Meißner  mit  minderm 
denn  gewohntem  Bedacht  ohne  Fragezeichen  übersetzt  „der  seine 
Feinde  vernichtet". 

Dagegen  hat  Zimmern 3)  das  Verbum  zu  hebräisch  qni  ge- 
stellt, dem  die  Bedeutung  „stoßen,  drängen"  innewohnt  und  deshalb 
zwischen  den  verschiedenen  möglichen  Lesungen  sowohl  des  ersten 
Radikals  (als  ~  und  ü),  als  des  dritten  (als  3  und  s),  die  auch  von 
uns  gewählte  und  betreffs  des  Anlauts  auch  nächstliegende  Lesung 
daäpu  (zweiter  Radikal  N3  =  )  empfohlen.  Und  zwar  mit  gutem 
Grunde.  Denn  in  der  ersten  der  von  ihm  herausgegebenen  Ritual- 
tafeln kommt  dieses  Verbum  zweimal  in  einem  Zusammenhang  vor, 
wo  die  Bedeutung  „fortstoßen,  wegsetzen,  wegrücken"  vortrefflich 
paßt ,  dagegen  nichts  auf  ein  Vernichten ,  Zertrümmern  schließen 
läßt.  Demnach  führen  sowohl  die  assyrischen  Texte  wie  die  ver- 
gleichende Etymologie  für  da'äpu  auf  jene  Bedeutung. 

sa  duppu  annitu  idaip  heißt  also,  wer  „diese  Stele"  ver- 
rückt, verschiebt",  und  vertritt  die  Stelle  der  in  den  assyrischen 
Fluchformeln  üblicheren  Phrase  (lü)  asarsu  unakkaru  „wer  ihren 
Standort  verändert"  ! 

Die  gleiche  Bedeutung  kommt  also  dem  chaldischen  Äqui- 
valent von  idaip  zu,  su-u-i  du-li-e  heißt  demnach  verrücken, 
verschieben,  genau  wie  ich  es  ohne  Bezugnahme  auf  die  damals 
noch  gar  nicht  für  die  Frage  verwertbaren  Kelisin-Texte  ermittelt 
und  betont  hatte.4)  Und  sehr  belehrend  ist  es,  daß  in  der 
Kelisin-Inschrift,    wo  im  Assyrischen  die  Ortsveränderung  lediglich 

1)  JRAS.    1894,  p.  704  zu  (37). 
J,  JRAS.  1901,  p.  656  zu  (37). 

3)  Zimmern,  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Babyl.- Assi/r.  Religion 
(Asst/riol.  Bibl.  XII.  III,  Nr.  60,  Z.  5  [S.  174/5]  und' Z.  40  [s.  176/7]  mit 
Anmerkung  3   und   10). 

4)  Bericht  S.  624  zu  Nr.  57   und  S.  632. 


Lehmann,  Zwei  unveröffentlichte  chaldische  Inschriften.  829 

verbal  ausgedrückt  ist  (wie  im  Deutschen  „verrücken,  verschieben"), 
auch  im  Chaldischen  das  Wort  esini  fehlt,  daß  dagegen,  wo  die 
häufigere  Wendung  mit  asru  „Ort,  Vorbild"  ist,  auch  esini  erscheint. 

3.  Einen  weiteren  Beweis  liefert  uns  die  Fluchformel  der  neu- 
gefundenen Steleninschrift  Rusas'  II. 

In  Band  56,  S.  110,  Abs.  4  wies  ich  nach,  daß  in  Z.  46 f. 
genannter  Inschrift,  wo  ich  me-i  4C  zi-il-bi-i  ki-u-ra-i-di  47  tu-li-e 
tu-u-ni  las,  das  Äquivalent  des  assyrischen  ina  mätäti  lihallik  „er 
möge  aus  den  Landen  vertilgen"  vorliege  und  fügte  hinzu:  „Das 
assyrische  Uhallikü,  in  welchem  die  Begriffe  des  Vernichtens  und 
Entfernens  miteinander  verschmelzen,  könnte  im  Chaldischen  durch 
zwei  verbale  Ausdrücke  wiedergegeben  sein,  wenn  anders  tu-u-ni 
(Z.  47  a.  E.),  wie  wahrscheinlich,  Verbalform  ist." 

Ein  Vergleich  mit  der  als  Bilinguis  neuerkannten  Kelisin- 
Inschrift  hat  zu  der  Erkenntnis  geführt  (S.  181  dieses  Bandes),  daß 
vielmehr  wahrscheinlich  [k~]u-li-e-tu-u-ni  zu  lesen  ist,  verwandt 
mit  chaldisch  ku-lu-di-(i)-e,  das  in  dem  Kelisin-Text  sich  in  ent- 
sprechendem Zusammenhang  findet.  Dort  steht  in  Z.  36  zi-li-bi 
ki-u-ra-ae-di  ku-lu-di-i-[e],  und  in  Z.  41  zi-il-bi  ki-ra-e-di  ku-lu- 
d^i-e].1)  Dem  assyrischen  ' e i n e n  Verbum  entspricht  also  ein  chal- 
disches  Wort.  Damit  ist  die  einzige  scheinbare  Abweichung  der 
Fluchformel  Rusas'  II  von  ihren  assyrischen  Vorbildern  behoben. 
Sie  kann  geradezu ,  wie  ich  jetzt  noch  nachdrücklicher  als  früher 
(Bd.  56  S.  109)  betonen  kann,  als  deren  wörtliche  Übersetzung 
gelten  und  wirkt  somit  gleich  einer  Bilinguis. 

In  den  assyrischen  Fluchformeln  entsprechenden  Tenors  -)  werden 
nach  einander  bedroht:  wer  1.  die  Inschrift  zerstört,  2.  sie  be- 
schädigt ,  3.  ihren  Standort  verändert ,  4.  sie  mit  Erde  bedeckt 
(oder  mit  Asphalt  verschmiert) ,  5  a.  sie  ins  Wasser  wirft,  5  b.  sie 
mit  Feuer  zerstört,  6.  den  Namen  des  königlichen  Urhebers  zerstört, 
wozu  manchmal  noch  7.  die  Ersetzung  des  Königsnamens  durch 
einen  andern  hinzukommt. 

Abgesehen  von  der  Zerstörung  durch  Feuer  (die  ich  deshalb 
durch  5  b  bezeichnet  habe)  zeigt  die  Fluchformel  Rusas'  II ,  im 
Gegensatz  zu  allen  übrigen  mir  bekannten  chaldischen  Fluchformeln/5) 


1)  In  den  leider  stark  verstümmelten  entsprechenden  Toilen  der  assyrischen 
Version  (Z.  36  und  42)  möchte  man  lesen  [(ILU )  llal-di]-e  (resp.  iläni)  Sum-su 
ina  eli  (Kl)ersiti,  worauf,  mit  lu  (odor  U-)  eingeleitet,  eine  prekative  Verbal- 
form folgen  würde.  Doch  wollen  sich  zu  letzterem  die  vorhandenen  Zeichen 
und  Reste  nicht  fügen. 

2)  Vgl.  KB  III  1  S.  192  (Merodaeh-Baladan  EL);  IV  104  (Tiglatpilesar  III), 
sowie  ferner  z.  T.  die  Fluchformeln  der  in  meinem  SamaSiumuMn  veröffent- 
lichten Inschriften.  —  Aus  älterer  Zeit  vergleiche  bereits  KB.  III  1G2  (Adad- 
sum-iddin  1)  und  die  gleichfalls  schon  in  Bd.  5G,  S.  111  dieser  Zeit  sehr,  ver- 
wertete Fluchformol  der  Annaion  Tiglatpileser's   1. 

3)  Auch  die  von  der  Expedition  kollationierte  Fluchformel  von  Sayce 
Nr.  XXXI  (Inschrift  der  Ispuinis  und  Menuas  in  der  Kirche  Surp  Pogos:  Bericht 
ifr.  14)  nicht  ausgenommen,    die  allerdings  die  Bedrohung  desjenigen,    der  die 


830         Lehmann,  Zwei  unveröffentlichte  chaldische  Inschriften. 

dieselben  Glieder  in  derselben  Reihenfolge ,  für  4.  und  5  a.  wird 
dies  durch  die  an  sich  ohne  weiteres  verständlichen  Ideogramme 
für  Erde  (assyr.  ersitu)  und  Wasser  (assyr.  me,Pl) ,  für  6.  und  7. 
in  der  oben  (Bd.  56  S.  110)  dargelegten  Weise,  namentlich  aus  dem 
bekannten  Worte  fmi  „Namen"  deutlich.  Der  ohnehin  unabweisbare 
Schluß,  daß  die  Übereinstimmung  auch  für  1. — 3.  gelte,  wird  zu- 
dem gesichert  dadurch,  daß  in  1.  wer  die  Inschrift  zerstört  und 
in  6.  wer  den  Namen  zerstört,  beide  Male  dasselbe  chaldische 
Wort  txz-li-e  steht!  An  alledem  kann  auch  die  Tatsache  nichts 
ändern,  daß  zwischen  5.  und  6.  bei  Rusas  II  die  für  die  chaldischen 
Fluchformeln  spezifische  Bedrohung  desjenigen ,  der  sich  die  Er- 
richtung der  in  der  Inschrift  genannten  Anlagen1)  fälschlich  zuschreibt, 
eingeschoben  ist.  Demnach  heißt  2.  aluse  pi-tu-U-e  „wer  (sie) 
beschädigt"  und  3.  aluse  esini  süi-duli  bezieht  sich  auf 
die  Ortsveränderung;  est  heißt  „Ort,  Stätte",  und  nur 
die  genauere  Art  der  syntaktischen  Verbindung  der  Flexionsform  esini 
mit  dem,  das  Prädikat  darstellenden  oder  doch  in  seinem  verbalen 
Teil  enthaltenden  süi  duli  er  „verrückt,  verschiebt"  bleibt  zweifelhaft. 
Somit  ist  die  Bedeutung  von  esi  „Ort,  Örtlichkeit,  Stätte, 
Räumlichkeit",  nicht  „Inschrift",  klargestellt.  Ebenso  ist  das  Ver- 
ständnis der  Fluchformel  Rusas'  II  in  dem  von  mir  vertretenen 
Sinne  befestigt  und  vertieft  worden.  In  ihr  ist  ein  Text  gewonnen, 
der  Dank  seinem  nahen  Anschluß  an  assyrische  Vorbilder  gleich 
einer  Bilinguis  wirkt  und  eine  Fülle  bisher  gar  nicht  bekannter 
oder  nur  zweifelnd  gedeuteter  chaldischer  Ausdrücke  sichert. 

Die  folgende  Übersicht  wird  dies  im  Anschluß  an  meine  früheren 
(Bd.  56  S.  109  ff.)  und  jetzigen  Darlegungen  näher  verdeutlichen. 
Die  dem  Verständnis  neu  erschlossenen ,  oder  in  ihrer  Bedeutung 
neu  gesicherten ,  chaldischen  Wörter  und  ihre  Übersetzungen  sind 
gesperrt  gedruckt. 

Chaldisch  Deutseh 

mRusase  Argistihinise  Rusas,  Argistis'  Sohn 

all.  aluse  ini  DUPPE .  TE-e      spricht:  wer  diese  Stele 
tuli  aluse  pituli  zerstört,  wer  sie  beschädigt, 

aluse  esini  süi  duli  werihrenStandort  verändert 

:i5  aluse ERSITIM .me.pu-li-i-e    wer  sie  mit  Erde  bedeckt 
aluse  ME1'1  husuli  wer  sie  ins  Wasser  wirft, 

aluse  ulise  ti'uli  wer  .  .  .  behauptet, 

iese  zadCdn l)  aluse  ich    habe    (das    Berichtete)    ge- 

schaffen,1) 


Stele  ins  Wasser  wirft  (aluse  MEpl  hu-m-li-c)  wörtlich  mit  der  Fluchformel 
Rusas'  II  gemeinsam  hat,  während  sie  in  den  übrigen  chaldischen  Fluchformeln 
(s.   deren  Behandlung  durch   D.  H.  Müller   „Aschrut-Darga*   S.  23  ff.)  fehlt. 

1)    zaclubi   bezieht    sich,    wie  mir    im  Wesentlichen    mit  Recht  entgegen- 
gehalten  worden  ist,  nicht  auf  die  Errichtung  der  Inschrift:  ein  weiterer  Beweis, 


Lehmann,  Zwei  unveröffentlichte  chaldische  Inschriften.  831 

tinini  tuli  masi  wer    den    Namen    zerstört, 

seinen  (einen  andern) 
40  tini  teil  .  e  .  a-  i  Namen  einsetzt;  s  e  i  es  einer 

(MATU)Bidinise  .  e  .  a-i  aus  Biaina,  sei  es 

(MA.T\J)LiduinÜ'e(ILU)HaIdise    einer  aus  Lulu:  Chaldis, 
(ILU)Teisebase(ILU)SAMAS    Teisbas,  Ardinis(?),    die  Götter 

ILm-le 
mei  tini  mei  mögen  seinen    Namen,   seinen 

^  armiizi1)  mei  Samen,  seine 

zilbi  k iuraidi  Nachkommenschaft  aus  den 

Landen 
kulitüni  vertilgen! 

4.  Eine  weitere  Bestätigung  erbringt  die  bilingue  Inschrift 
Rusas  I  von  Töpzauä.  Wenn  neuerdings  wieder  über  diesen 
wichtigen  Text  und  die  beiderseitige  Tätigkeit  der  Expeditionsmit- 
glieder einseitige  Darstellungen  verbreitet  werden,  die  in  der  in  dieser 
Zeitschrift  ausgesprochenen  Behauptung  gipfeln ,  es  handle  sich  an 
der  entscheidenden  Stelle  und  überhaupt  durch  den  ganzen  Text  hin 
um  „ Verlesungen",  die  mir,  im  Gegensatz  zu  dem  andern  Mitgliede 
der  Expedition,  begegnet  seien,  so  liegt  es  mir  ob,  darauf  hinzu- 
weisen, daß  von  einer  Verlesung  des  einen  gegenüber  dem  andern 
gerade  bei  diesem  Texte  überhaupt  nicht  die  Rede  sein  kann.  Zu 
dem  Zwecke  gebe  ich  zunächst  einen  kurzen  datenmäßigen  Bericht 
über  die  Arbeit  an  der  Stele  und  die  Sicherung  ihrer  Ergebnisse, 
alsdann  den  Text ,  so  weit  er  beiderseits  genügend  erhalten  und 
gesichert  ist,  um  die  Beziehungen  zwischen  den  beiden  Fassungen 
zu  prüfen,  in  Keilschrift,  damit  an  Stelle  müßiger  Erörterungen 
über  die  Transkriptionen  und  deren  teils  unvermeidliche,  teils  von 
mir  verschuldete  Mängel,  die  schon  viel  zu  lange  verzögerte 
Zugänglichkeit  des  Originals ,  wenigstens  in  seinem  wichtigsten 
Teile,  trete. 

An  der  Stele  von  Töpzauä  traf  die  Expedition  am  Sonnabend 
den  8.  April  1899  ein  und  verließ  Töpzauä  am  19.  April.  Während 
dieser  ganzen  12  Tage  sind  beide  Expeditionsmitglieder  unter  be- 
sonders schwierigen  Umständen,  abwechselnd  teils  und  teils  gemein- 
sam, während  der  hellen  Tageszeit  fast  ausschließlich  mit  der,  einer 
Entzifferung  gleichkommenden  Kopie  der  assyrischen  und  der 
chaldischen  Inschrift  je  auf  der  westlichen  und  der  östlichen  Bruch- 
seite und  den  beiden  Fassungen  der  bilinguen  Fluchformel  je  auf 
einer  Schmalseite  der  Stele  beschäftigt  gewesen.  Die  Erschließung 
der  assyrischen  Version,  die  das  Eindringen  in  den  Sinn  der  [nschrifl 


daß    ini  est   zaclüni   (S.  824  unten,    825)    sicli    nicht    auf  Errichtung   einer  In- 
schrift bezieht. 

1)  Siehe  Bd.  56  S.  110   unten. 

Bd.  LVIII.  VI 


832  Lehmann,  Zwei  unveröffentlichte  chaldische  Inschriften. 

überhaupt  ermöglichte ,  lag  natürlich  speziell  mir  als  dem  des 
Assyrischen  allein  Kundigen  ob.  Nachdem  sich  die  Schriftzeichen 
der ,  schon  in  assyrischer  Zeit  absichtlich  verstümmelten  Stele  als 
durch  Gips  von  früheren  Abgußversuchen  her  verkittet  erwiesen 
hatten ,  wurde  dieser  mit  einigem  Erfolg  durch  heiße  Umschläge 
zu  lockern  und  danach  zu  entfernen  versucht.  Zu  dem  Behufe 
mußte  die  Stele  ans  dem  Sockel  herausgehoben  und  niedergelegt 
werden.  Das  ergab  den  Vorteil,  daß  die  Inschriften  in  verschiedener 
Beleuchtung  stehend  und  liegend ,  und  in  letzterem  Falle  je  nach 
dem  Stande  der  Sonne    verschoben,  studiert  werden  konnten. 

Das  Resultat  war ,  daß ,  als  die  Expedition  Töpzauä  verließ, 
um  sich  in  Badleian1)  zu  trennen  —  mein  Reisegefährte  um  nach 
Van  zurückzukehren ,  ich  um  via  Mosul  zum  Tigristunnel  und  in 
den  chaldischen  Westen  zu  reisen  —  beide  Mitglieder  vollständige 
gegenseitig  kontrollierte ,  in  allem  wesentlichen  übereinstimmende 
Kopien  sämtlicher  4  Inschriften  in  ihre  Inschrifthefte'2)  ein- 
getragen hatten.  Außerdem  bringen  meine  Tagebuch- Notizen 3) 
täglich  genaue  epigraphische  Eintragungen ,  Studien  und  Kopien 
einzelner  schwieriger  Zeilen  und  Gruppen,  die  nahezu  den  gesamten 
Bestand  der  Inschriften  umfassen  und  zur  Kontrolle  der  Gesamt- 
kopien dienen.  Auch  war  die  für  die  Ergänzung  eventuell  belang- 
reiche Ausmessung  aller  Zeichen ,  ihrer  Zwischenräume  und  der 
Lücken  begonnen  worden.  Sie  zu  vollenden  bin  ich  dann  nochmals 
nach  Topzauä  zurückgekehrt,  wo  ich  am  Abend  des  20.  April  eintraf 
und  großenteils  unter  argen  Mühen  und  Entbehrungen  die  Kollation 
und  die  Ausmessung  der  gesamten  Inschriften  bis  zum  Mittag  des 
23.  April  vollendete.  Dabei  habe  ich  dann  noch  zahlreiche  Sonder- 
beobachtungen über  einzelne  Zeilen  und  Stellen  in  mein  Notizbuch 
eingetragen. 

Meine  Kollation  und  meine  Maße  habe  ich ,  nach  Badleian 
zurückgekehrt,  Zeichen  für  Zeichen  und  Zahl  für  Zahl  meinem 
Reisegefährten  in  die  Feder  diktiert,  wobei  Gelegenheit  war,  etwaige 
Abweichungen  seinerseits  —  seine  Kopie  hatte  mir  für  die  Kollation 
nur  am  21.  April  zur  Verfügung  gestanden  —  nochmals  zu  erörtern. 

Andererseits  habe  ich  mir  diejenige  Fassung,  die  mein  Reise- 
gefährte seinerseits  den  Inschriften  der  Stele  auf  Grund  dieses  teils 
gemeinsam,  teils  von  mir  allein  gewonnenen  Materials  gegeben  hatte, 
nach  unserer  beiderseitigen  Rückkehr  zur  Kontrolle  meiner  Lesungen 
und  meine  Gesamtredaktion,  von  ihm  kopiert. 

Bis  auf  wenige  Abweichungen,  über  die  wir  uns  beiderseits 
vollkommen  klar  sind,  stimmen  unsere  Lesungen  vollkommen  überein. 
Somit  ist  deutlich,  daß,  von  jenen  wenigen  wohlbekannten 
Differenzpunkten    abgesehen,    die    alle  nur  die  Auffassung  und  Er- 

1)  Mitteilungen  der  geographischen  Gesellschaft  in  Hamburg,  Bd.  XVI 
(1900),  S.  30. 

2)  Quart.  3)   In  Oktavheften. 


Lehmann,  Zicei  unveröffentlichte  chaldische  Inschriften.  833 

gänzung  verstümmelter  Spuren  betreifen,  von  einer  Verlesung  des 
einen  gegenüber  dem  andern  absolut  nicht  die  Rede  sein  kann. 
Und  die  gemeinsam  gewonnene  Lesung  hat,  soweit  nicht  Unmög- 
lichkeiten vorliegen,  die  Konjekturen  notwendig  machen,  als  der 
unabänderliche  Grundtext ,  mit  dem  man  sich  abfinden  muß ,  zu 
gelten.  So  —  und  so  allein !  ■ — ■  ist  auch  in  den  für  esi  ent- 
scheidenden Abschnitt  der  Bilinguis  zu  verfahren. 

Ihn  objektiver  Beurteilung  im  Zusammenbange  der  Bilinguis 
zugänglich  zu  machen,  ist  der  Hauptzweck  der  auf  S.  834  f.  in 
meiner  Hand  wiedergegebenen  Kopien  der  Z.  9  ff.  der  beiden  auf 
den  Breitseiten  der  Stele  von  Töpzauä  aufgezeichneten  Versionen. 
Aus  dieser  Bestimmung  erklären  sich  die  Beschränkungen  der  vor- 
liegenden Publikation.  Die  ersten  Zeilen  der  assyrischen  Version 
sind  derartig  verstümmelt,  daß  sie  im  Wesentlichen  nicht  zum  Ver- 
ständnis des  chaldischen  Textes  verhelfen,  sondern  eher  umgekehrt, 
wenn  einmal  das  Chaldische  besser  verstanden  sein  wird,  von  jenem, 
als  dem  besser  erhaltenen  ihr  Licht  und  ihre  Ergänzung  empfangen 
müßten.  Erst  von  Z.  11  spricht  die  assyrische  Fassung  unmittelbar 
und  einigermaßen  verständlich  zu  uns.  So  ist  der  erste  Teil  hier 
beiderseits  weggelassen.  Des  Anschlusses  halber,  und  weil  die  Über- 
einstimmung der  beiden  Übersetzungen  vielfach  über  die  in  der 
Zählung  korrespondierenden  Zeilen  hinaus  verfolgt  werden  müssen, 
ist  aber  die  Wiedergabe  bereits  mit  Z.  9  begonnen  worden. 

Ferner  habe  ich,  namentlich  in  den  Anfängen  der  Zeilen,  einige 
Male ,  auch  da ,  wo  ich  es  nicht  in  den  Anmerkungen  zum  Texte 
ausdrücklich  hervorgehoben  habe,  Schraffierungen  gegeben,  wo  nur 
ungewisse,  nicht  sicher  deutbare,  oder  nicht  von  beiden  Expeditions- 
mitgliedern gleich  deutlich  gesehene  und  in  gleichem  Sinne  auf- 
gefaßte Zeichen  vorlagen.  Im  übrigen  ist,  sofern  nichts  anderes 
bemerkt  ist,  beiderseitige  Übereinstimmung  vorhanden. 

Schließlich  haben,  weil  der  Raum  nicht  ausreichte,  die  Zwischen- 
räume zwischen  den  Zeichen  einer  Zeile  nicht  eingehalten  werden 
können  und  sind  die  Andeutungen  der  Verstümmlungen  nicht  nach 
den  genauen  Maßen  abgezirkelt,  sondern  in  ungefährem  und  pro- 
portionalem Betrage  gegeben  worden.  Daß  ich  zudem  leider  nicht 
überall  den  Kampf  mit  dem  beengten  Räume  mit  Erfolg  geführt 
habe,  zeigen  die  Anmerkungen   4  und   2  zur  chaldischen  Version.1) 

Alle  diese  Beschränkungen  und  Mängel  werden  in  einer  ander- 
weitigen Publikation  bei  größerem  Spielraum  in  Wegfall  kommen. 
Einer  Transkription  in  extenso  bin  ich  durch  die  Umschrift,  die 
ich  Verh.  Berl  anthrop.  Ges.  1900,  S.  434  f.  gegeben  habe  und 
die  die  in  den  Berl.  Sitzungsber.  L900,  S.  ii:'>l  gebotenen  berichtigt, 

1)     Z.    30     zu    Aul',     wird     das     vor     cl-du-bi     Erhaltono     vermutlich     zu 

iJI^  -d-du-bi,  zeldübi  zu  ergänzen  sein. 

54* 


834  Lehnann,  Zwei  unveröffentlichte  cluddische  Inschriften. 

Stele  von  Topzauä  assyrisch 


■  n::^-H  <W  °ß . rv-Nfl?«f  fr-  '.-^peTF  ffT^pr 

^  -**  0  rjif  ^  ^rrp  r^ff^ew 
/5  tE  ^  w  mt  *f  -<ff  ff  r/r  w^ 

^  feffrf  fr-  «-ütt  H=fT  ^fW*  fF-C^Ä  i* 

'-.  ^^f p-  r  w=f  MTP  K?  ^(TT^l  fife-r^n; 
1%    »f  --<W  ff  MTST  ^  MT-&  SÄT  (Tili: 

tögtr&tf'-m  f=4  ^F  e*^  Hs? Mf  '■ 

3)  f$4%Jr.^)So  sakiehdic  S^v*.  „$)^W™däj«*>j  „„d^hla*.  - 
6)  WnAichtA_L  ShuAVK  —  VSo-  tahickdtuäZtck  .£;  T<J**  *>f  oAc*.  tf-.JfyEnde, 
dcA,  J&t'UXß)  -9) S0I4  yovt  Win. .  Ü**.  Ju^Uir/i  ^(rndcf,-  aut  lUdu,  ckaL 
cUsckc-w  fixier  feg,.  <xahe :  f  ^lllil^[^W\.-lO)Sk/itaulU.Z^U.. 
■11)  2-3  l&t'ckwL  üiiW.ri  i£Astmtl  itroiöc/t  <£<?  nötiovH-<dt-<j&*C  cdu  rnoqLchjLw 
tiq« ■*>}<*>*«&*,   ^g^  CL&ri« ovi,         T-tuQesndtyii  Zu  4e weitem. ~  /2)  %>»-u%€a 


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Lehmann,  Zwei  unveröffentlichte  chaldische  Inschriften.  835 

Stele  vonTopzauä  chaldisch. 


10 


#  ^mwnmprw  r?  4s£  ff<HHf  fr  ■■■ 


/5 


2(7 


25 


30 


»WkwJ  /*TiPffl#fif 


TttCiZzu*  leicAotr^denJiLui  aUn.  yu(ktnöt<j.~2>)Sosuh  tek,de«JXx'ch ,-H 


336  Lehmann,  Zwei  unveröffentlichte  chaldische  Inschriften. 

überhoben.  An  beiden  Stellen  ist  auch  der  Nachweis  geführt,  daß 
wir  es  wirklich  mit  einer  Bilinguis  zu  tun  haben.1) 

Z.  22  a.  E.  des  chaldischen  Textes  kommt  nun  sicher  das  Wort 
est  vor,  ob  man  nun  e-si-\ni\  e-st-[i]  oder  e-si-[e]  ergänze.  Das 
ist  deshalb  vom  höchsten  Werte,  weil  zunächst  der  Vergleich  mit 
dem  assyrischen  Text  zeigt,  daß  weder  in  den  direkt  entsprechenden 
Zeilen,  noch  in  deren  Umgebung  von  Inschriften  oder  vom 
Beschreiben  etc.  die  Rede  ist.  Nirgends  kommt  in  der  assy- 
rischen Version  das  Wort  duppu  „Inschrift",  narü  „ Schriftstein  ", 
satäru  „schreiben"  vor,  kann  auch,  rein  mechanisch  gesprochen, 
nirgends  ergänzt  werden.  Ebensowenig  läßt  der  Wortlaut  und 
Zusammenhang  des  vorgelegten  Teils  der  assyrischen  Version ,  der 
von  politischen  und  kultischen  Maßnahmen  des  Rusas  gegenüber 
Urzana  und  seiner  Stadt  Musasir-(Ardinis)  berichtet,  den  Gedanken 
an  „Inschriften"  oder  „Beschriebenes"  aufkommen.  Auf  diesem  ne- 
gativen Argument  liegt  der  Hauptnachdruck  der  Beweisführung 
aus  der  Stele  von  Töpzauä. 

Die  positive  Schlußfolgerung  hat  mit  einer  Schwierigkeit  in 
der  Lesung  der  assyrischen  Version  zu  kämpfen.  Z.  15  ff.  derselben 
lauten  ana-ku  mRu-sa-se  16  a-di  sa-di-e  (mät)  Assur  ki-ma  .  .  . 
a-ta-la-ka    17  di'-ik-tam(tu)   KAK(epus)?    mUr-za-na-a   ina   ka-ti 

asbat  lS  ,-ti' -su  ina  mas-ka-ni  4^~^|  ana  sarrüti  astakan-an. 
[15]  UME  ina  libbi  (ali)Mu-sa-sir  a-tu-^y'2)  20  nik^ 
pa-ni-am?-tu  (ali)Mu-sa-sir  a-ti-d[i-in\.  Klar  ist  hier  der  erste 
Teil:  „ich,  Rusas,  drang  zu  den  Bergen  Assurs  wie  ein  .  .  .  vor 
(atalaka  „ich  ging")  und  schlug  eine  Schlacht  (wörtlich:  „machte"  (?) 
epus  (?)  „ein  Gemetzel"  diktam).  Dann  aber  beginnt  die  Schwierig- 
keit, die  in  der  in  Keilschrift  gedruckten  Gruppe  in  Z.  18  liegt.  An 
Ort  und  Stelle  ist  sie  uns  beiderseits  als  ein  Zeichen  erschienen. 
Ein  solches  Zeichen  aber  giebt  es  nicht  und  das  in  der  Form  nächst- 

stehende  <^^:|  NIN  =  mimma  „was  immer,  alles  was"  gibt  keinen 
Sinn.  Die  verbleibenden  Auswege  haben  alle  ihr  Bedenkliches  und 
führen  stören derweise  zu  direkt  entgegengesetzten  Ergebnissen ;  so 
zwar  daß,  je  nach  der  Auffassung  dieser  Gruppe,  Rusas  entweder 
als  Förderer  oder  als  Feind  Urzana's  von  Musasir  erscheint.  Liest 
man    a)   unter    Annahme    sei    es    eines    Steinmetzfehlers    oder   einer 


1)  Zu  bemerken  wäre  zu  der  Transkription  in  den  Verh.  d.  anthropol. 
Ges.  noch:  Chald.  Z.  IG  SU  .  DUN  hätte  ich  nicht  durch  NIRU  wiedergeben 
sollen,  da  eine  phonetische  Schreibung  eines  sumerischen  Wertes  {ßudun,  sudul, 
ass.  niru  „Joch")  im  Chaldischen  nicht  zu  erwarten  ist;  Z.  18:  za-as-gu-u-bi-r 
Z.  28  a.  A.  [a?->re-e,  Z.  31  UMEpI-^'. 

2)  Man  würde  erwarten  a-tu-sib  „ich  blieb",  geschrieben  steht  nach 
unserer  Lesung  a-tu-Suk.  Ein  Lautwert  sub,  sib  des  Zeichens  \  Y ,  der  sich 
aus  der  sumerischen  Phonetik   an  sich  wohl  erklären  ließe,  ist  mir  nicht  bekannt. 


Lehmann,  Zwei  unveröffentlichte  chaldische  Inschriften.  837 

Korrektur,  die  überflüssige  Bestandteile  fehlerhafterweise  nicht 
getilgt    hätte ,    sei    es    irriger  Lesung    des    arg  abgeriebenen  Textes 

ina  mas-ka-ni-su  \^)  oder  -sU-Wia  (^~|/,  so  ergibt  sich 
Z.  17  ff. :  „den  Urzana  faßte  ich  bei  der  Hand  .  .  .  sorgte  für  ihn(?) 
(as(?)-te-,-su  von  seu),  setzte  ihn  an  seine  Stelle  als  König  ein". 
Zerlegt  man  aber  b)  die  Gruppe ,    so  wie  sie  uns  erschien,  in  ihre 

Bestandteile,  so  müssen  wir  lesen  ina  mas-ka-ni-su  J^  lä  "~^| 
ana  sarrüti  astalcan-an,  —  und  dann  bekommt  die  ganze  Sache  ein 
anderes  Gesicht:  „den  Urzana  nahm  ich  eigenhändig  gefangen, 
.  .  .  .  te  ihn  (.-te-'-su)  und  setzte  ihn  nicht  als  König  an  seine 
Stelle  ein". 

Daß  ich  in  meinen  früheren  Mitteilungen  nicht  von  vornherein 
auf  beide  Möglichkeiten  aufmerksam  gemacht  habe,  war  jedenfalls 
ein  Fehler,  der  z.  T.  auf  einer  Befangenheit  in  den  durch  Sargon's 
Bericht  veranlaßten  Verstellungen  beruhen  wird.  Urzana  erscheint 
bei  Sargon  als  assyrischer  Vasall,  der  zu  Rusas  abgefallen  war:  der 
Fall  b)  böte  direkt  das  entgegengesetzte  Bild.  Es  wird  aber 
immer  klarer,  daß  die  Stellung  Urzana's  und  seines  Pufferstaatchens 
zu  den  beiden  einander  bekämpfenden  Großmächten  verschiedenen 
Wandlungen  unterworfen  war,  wie  das  ja  auch  in  dessen  älterer 
Geschichte  (S.  826)  begründet  ist.  Ein  philologisches  Bedenken  er- 
regt die  Stellung  des  lä:  man  würde  erwarten  ina  maskani-su  ana 
sarrüti  lä  astakan ,  doch  würden  Ort  und  Umstände  der  Nieder- 
schrift ein  minder  gewähltes  und  fehlerhaftes  Assyrisch  wohl  er- 
klären. Daß  die  Trennung  §u  Ja  den  geringsten  Eingriff  bedeutet, 
muß  ebenso  zugestanden  werden,  wie  daß  in  Z.  11  der  assyrischen 
Version  die  Bezeichnung  mUr-za-na  sarru  naJe-ru(?)  „Urzana  der 
feindliche  König"  zu  der  Auffassung  sub  b)  zu  stimmen  scheint. 
Urzana  wäre  dann  nicht  als  Schutzflehender  im  Tempel  vor  Rusas' 
Angesicht  getreten  (ass.  Z.  11  ina  bit  iläni  ina  pani-ia  ölt[-ma ?]), 
sondern  hat  mit  Rusas  verhandelt  und  diese  Verhandlungen  waren 
resultatlos  geblieben.  Schwieriger  ist  damit  ass.  Z.  14  zu  ver- 
einigen, wo  von  einem  Treuschwur  der  Truppen  Urzana's  oder  nur 
des  Urzana  in  einem  —  des  weitern  freilich  nichts  weniger  als 
klaren  —  Zusammenhang  die  Rede  zu  sein  scheint:  1%mUr-za-ii<i  a 
zu-ku-ti  u  e-mu-ki  mUr-za-na-a  ana  ,v •-/.•/  ka-ia-na-a  (.  .  .  14  „die 
Truppen(?)  des  Urzana  um  Treuschwur  zu  leisten").  Der  Stadt  Musasir 
selbst,  in  der  er  15  Tage  verweilte,  erwies  sieh  Rusas  jedenfalls 
freundlich:  ass.  Z.  20  die  früheren  Opfer  gab  ich  der  Stadl  Musasir 
zurück.1)     Jene  Komplikation  erschweri    natürlich  den  Vergleich  der 

1)  Der  Sinn  der  chaldischen  Z.  2  111'.  ist  teils  aus  dem  Chaldischen  selbst, 
teils  aus  der  assyrischen  Version  klar  (Rusas  verweilt  L5  Tage  in  der  Stadl 
und  gibt  ihr  namentlich  die  früheren  Opfer  zurück);  im  einzelnen  bleibt  vieles 
aufzuklaren.    —    Z.  22    a.  A.    [i-U-](?)za-du  lt-bl. 


^;JS  Lehmann,  Zwei  unveröffentlichte  chaldische  Inschriften. 

assyrischen  und  der  chaldiscben  Version  und  dessen  lexikalische 
Verwertung,  macht  ihn  aber  keineswegs  unmöglich. 

Den  Worten  diktam  ßpus  (ass.  Z.  17)  entspricht  zasgübi1) 
„ich  tötete".  In  beiden  Versionen  folgt  darauf  ein  mit  Urzanä 
beginnender  neuer  Satz. 

Im  Chaldiscben  geht  es  weiter.  m  Ur-za-na-ni  19  .  .  (ALU)^4r- 
di-ni-i  pa-ru-bi  a-u-du-i  .  20  .  'a-al-du-bi  te-ru-u-bi  ma-a-ni-ni 
e-s/[-ni\  -1  [i-?]na-ni  15  UME  (AlAJ)Ar-di-m'  ma-nu-di  a-li-e 
-'-' .  za-du-u-bi  NAPHAR  (AliU)Ar-di-ni-e  a-ru-u-[bi].  Betrachten 
wir  dies  zunächst  unabhängig  vom  Assyrischen:  parübi  heißt  „ich 
nahm",  terübi  „ich  setzte",  arübi  „ich  gab"  (s.  alsbald),  Mänini 
ist  eine  Ableitung  vom  Stamme  ma-,  me-  des  pron.  pers.  3.  Da 
man  mäni  mit  einiger  Sicherheit,  als  „ihn"  deutet  (s.  unten 
S.  850  zur  Fluchformel  der  Sigkeh-Stele) ,  so  liegen  für  manini 
zwei  Möglichkeiten  vor.2)  Entweder  mänini  ist  „sie,  ihnen",  die 
dem  mäni  „ihn"  entsprechende  Pluralform,  oder  vom  Pronominal- 
stamm der  3.  Pers.  ma-,  me- ,  der  auch  in  den  Formen  masi 
(Bd.  56,  S.  110)  und  mei  (Genitiv  des  pron.  pers.  3.)  vorliegt,  ist 
ein  Adjektiv  mäni  gebildet  worden,  das  hier  mit  der  Flexions- 
endung -ni  vor  uns  steht.  Da  aber  Rusas  in  diesem  Satze  allem 
Anscheine  nach  nur  von  Urzana  redet,  so  werden  wir  auf  den 
Singular  zurückverwiesen  und  sehen  uns  gezwungen,  manini  adjek- 
tivisch aufzufassen ,  wogegen  auch  die  andern  mir  gegenwärtigen 
Belegstellen3)  zum  mindesten  keinen  Einspruch  erheben,  manini 
esi[ni~\  wäre  dann  die  nächstliegende  der  möglichen  Ergänzungen 
(S.  836  oben),  und  das  hieße  „(an)  seinen  Ort".  —  Ziehen 
wir  nun  die    assyrische   Version    zum  Vergleiche    heran ,    so    ergibt 


1)  Siehe   S.  837   Anm.  1. 

2)  Daß  manini  nicht  „ihn"  heißen  könne,  ist  mir  im  Hinblick  auf  Bericht 
S.  632   und  VBAG.   1900,   S.  435   mit  Recht  entgegengehalten  worden. 

—  I 

3)  Inschrift    von  Melier  Kapussi    (Sayce  V,  24  f.  u.   67  f.)  |    Hal-di-ni 

be-di-ni  *"'         \\W     *^'*^'    ]\\ \   be-di-ni  ma-ni-ni  ul-gu-se  mlfyitini 

mSardurihini  Menua  Ispuinihini  (obige  Opfer)  „sind  allen  (?)  Chaldis- Gott- 
heiten (d.  h.  den  einheimischen  Göttern)  und  allen  (?)  fremden  (?)  Gottheiten 
(wörtlich:  „den  Gottheiten  aller  Zungen?"  d.  h.  den  Göttern  der  in  Chaldia 
aufgegangenen  Völker?)  von  Ispuinis,  Sardur's  Sohn,  und  Menuas,  Ispuinis'  Sohn, 
für  ihr  (mänini)  Leben  (ulguse ,  s.  Kelisin  ehald.  Z.  13  ulgusiani  edini 
=  ass.  Z.  12.  .  .  .  bu-ut  balatisu,  Anatole  I  67)  (bestimmt  worden)".  Die 
Wendung  für  „sein  (ihr)  Leben"  d.  h.  für  das  Leben  des  oder  die  Stifter  ist  ja 
aus  den  ass.  Weihinschriften  wohlbekannt.  —  Inschrift  von  Surp  Krikor  (Kohbants), 
Sayce  XIX ,  (Bericht  Z.  1 — 4)  berichtet  vom  Bau  einer  besonderen  Art  von 
Gebäuden  (Heiligtum)  (BlTÜ)  Bar-zu-di-bi-du-u-ni  durch  Menuas,  das  nach 
Menuas  benannt  wird:  Z.  3/4  Menuai-barzudibidüni  tini.  Dann  geht  es 
nach  meiner  Kollation  weiter:  Z.  5  (ILü)  Hal-di-i  ku-r[u]-u?-ni  [I]LUpl-na 
lu-ru-ni  ma-ni-ni  iS-ti-n,i  mMe]-nu-u-a  ar-di-se  „Dem  Chaldis,  dein  .... 
der  Götterstadt  der  ....  das  Seinige  (Ihrige)  (?)  zugewiesen  worden  durch 
Menuas  .   .  .   ." 


Lehmann,  Zwei  unveröffentlichte  chaldische  Inschriften.  839 

«ich  eine  hinsichtlich   der  Wörtlichkeit    sehr    weitgehende  Überein- 
stimmung: chald.  parübi1)    „ich  nahm*  =  ass.  asbat   „ich  nahm1"; 

1)  Während  bei  der  Berichterstattung  in  der  3.  Person  im  Chaldischeu  die 
Verbalformen  auf  -ni  vorherrschen,  erscheinen  die  Formen  auf  -hi  in  den 
chaldischen  Inschriften  regelmäßig  dann,  wenn  vorausgeht:  „(der  König)  spricht 
also"  und  nun  in  direkter  Rede  weiter  berichtet  wird.  Sehr  häutig  steht  außer- 
dem das  Pronomen  pers.  der  1.  Person  'ies(e)  „ich"  ausdrücklich  dabei.  Daraus 
folgt  mit  absoluter  Sicherheit,  wie  längst  erkannt,  daß  diese  Verbalform  auf 
-bi  dem  alleinigen  Ausdruck  der  1.  Person  dienen,  ebenso  wie  die  auf  -ni  die 
3.  Person  bezeichnen;  also  terüni  „er  setzte",  tertibi  „ich  setzte";  zaddni 
„er  hat  geschaffen,  angelegt",  zadübi  „ich  habe  geschaffen  etc.";  is'tini  „er 
hat  bestimmt,  zugewiesen"  (s.  S.  819  f.),  istibi  (vgl.  unsere  Stele  von  Sigkeh  Z.  9 
a'iStibi)  „ich  habe  bestimmt".  Dieses  völlig  gesicherte  Ergebnis,  eine  der 
wenigsten  feststehenden  Tatsachen  der  chaldischen  Grammatik,  kann  durch 
Heranziehung  der  Sprache  der  kaukasischen  Uden,  in  der  das  Suffix  -bi  in 
anderer  impersoneller  Funktion  erscheint,  nicht  erschüttert  werden.  Daß  die 
Funktion  dieses  Verbalsuffixes  -bi  sich  auf  den  Singular  beschränke,  habe 
ich  niemals  behauptet.  Im  Gegenteil:  wie  erweislich  Verbalformen  auf  -ni 
pluralische  Verwendung  finden,  so  j)i(-e)-i-ni  in  den  Fluchformeln,  „sie  (die 
Götter  Chaldis,  Te'isbas  und  SAMAS)  mögen  vernichten"  (unten  S.  849),  so 
hielt  und  halte  ich  es  für  durchaus  möglich,  daß  auch  die  Formen  auf  -bi  der 
1.  pers.  pluralis  dienstbar  gemacht  werden  konnten.  In  welcher  Weise  sich 
Singular  und  Plural  unterscheiden,  das  liegt  ja  für  das  Chaldische  nicht  bloß 
hinsichtlich  des  Verbums  verschiedentlich  im  Dunkeln.  Die  Verbalformen  auf 
-li  anderseits  sind  meiner  alten  Überzeugung  nach  nicht  Formen  des  Verbum 
Finitum,  sondern  Gerundia  (nicht  Partizipien),  mit  dem  auch  im  Georgischen 
und  seinen  verwandten  verbreiteten  und  daher  auch  in  der  ostkleinasiatischen 
geographischen  Namengebung  weitverbreitetem  Nominalsuffix  -li,  wozu  eine  Ver- 
wendung sowohl  für  den  Singular  und  den  Plural  der  dritten,  wie  jeder  andern 
Person  vortrefflich  stimmt.  Auch  das  habe  ich  niemals  geleugnet.  —  Daß  es 
ev.  im  Chaldischen  auch  ein  Nominalsuffix  -bi  gegeben  haben  könne,  welches 
an  Verbalstämme  angehängt,  diesen  die  Bedeutung  eines  Gerundiums  verliehen 
hätte,  kann  im  Hinblick  auf  die  Proteusgestalt  z.  B.  des  Suffixes  -ni  a  priori 
nicht  in  Abrede  gestellt  werden.  Die  Verbalformen  auf  -übi  und  -ibi,  für 
welche  die  parallelen  Formen  der  3.  Pers.  auf  -Uni  und  -ini  belegt  und  die 
damit  als  Personen  des  Verbum  Finitum  erwiesen  sind,  dürfen  aber  keinenfalls 
unter  diesem  Gesichtspunkt  betrachtet  werden.  Man  beachte  besonders,  daß 
in  der  Bilinguis  von  Töpzauä  den,  durch  phonetische  Schreibung  gesicherten 
assyrischen  Verbalformen  1.  pers.  durchweg  chaldische  Formen  auf  -übi  ent- 
sprechen. Im  übrigen  aber  fehlt  es  einstweilen  an  sicheren  Belegen  für  die 
Existenz  derartiger  impersoneller  Verbalforinen  auf  -bi.  Denn  Kelisin  Z.  IT  stehl 
■nu-na-*~<  nu-na-be  nicht  nu-na-^  nu-na-bi.  Darin  wird  eine  wesentliche  Ver- 
schiedenheit ausgedrückt  liegen,  da  das  Chaldische  für  ein  und  dieselbe  Silbe  in 
der  Regel  (über  eine  der  verschiedenen  Ausnahmen  s.  oben  S.  81'J  f.  Anni.  4)  nur  ein 
Zeichen  verwendet.  Dieser  Form  nunabe  ist  an  die  Seite  zu  stellen  'las  uStabe 
der  Fels-Inschrift  des  Menuas  auf  der  Burg  von  Palu  Z.  1  u.  6,  so  schon  I).  11.  Müller 
nach  Wünsch's  Abklatsch  und  meine  Kollation  am  Original.  Und  wenn  in  andern 
Inschriften  statt  dessen  an  entsprechender  Stelle  überwiegend  uStabi  erscheint, 
so  wird  eher  die  Form  mit  -be  die  ursprünglichere  und  genauere  sein,  als  um- 
gekehrt. Diesem  nunabe  entspricht  nun  in  der  assyrischen  Fassung  dii 
graphisch  geschriebene  Verbalform  DU-an-ni,  dio  an  sich  ebensogut  illikan-ni 
3.  pers.,  wie  allikanni  1.  pers.  gelesen  werden  kann,  die  enklitische  Partikel  m 
tritt  bekanntlich  besonders  häufig  an  die,  durch  den  überhängenden  Vokal 
charakterisierte  „Relativform"  des  Verbums,  hier  illika,  allika  an.  Auch  die 
übrigen  hauptsächlichen  Verbalforinen  der  keineswegs  völlig  klaren  assyrischen 
Version   sind   durch  Ideogramme  ausgedrückt,   die   keinen   sichern  Schluß   auf  die 


840  Lehmann,  Zioel  unveröffentlichte  chaldische  Inschriften. 

a-u-du-i  muß  ina  käti  entsprechen,  und  wir  erhalten  so  das 
chald.  Wort  für  „Hand".1)  Dem  als  Verbalform  1.  p.  mit  Suffix 
von  uns  angesprochenen  .-te-su  entspricht  'aldübi;  dem  assyrischen 
atid[iri\  „ich  gab"  chald.  a-ru-u-[bi],  wie  in  der  Kelisin-Bilinguis 
chald.  -)  a-ru-ni  assyrischem  i-nam-din  „er  gibt"  (Z.  11);  teriibi  heißt 
„ich  setzte"  ass.  astakan  und  so  stimmt  denn  auch  ina  maskani-su 
„an  seinen  Ort"  zu  rnänini  esini  „(an)  seinen  Ort",  wodurch,  genau 
wie  ich  es  in  meinem  Bericht  ausgesprochen  hatte,  meine  Deutung 
von  esi  —  wie  wir  jetzt  wissen ,  wiederholentlich  —  bestätigt 
wird.  Das  Objekt  Urzanani  ist  chaldischem  Sprachgebrauch  ent- 
sprechend nicht,  wie  im  Assyrischen,  durch  ein  Pronomen  wieder 
aufgenommen. 

Für  die  Frage,  ob  Rusas  dem  Urzanä  feindlich  oder  als  Förderer 
gegenübersteht ,    erbringt    die    chaldische  Version    keine    Sicherheit. 

Was  vor  .  .  "~~-|[  Ardini  pariibi  in  Z.  19  zu  ergänzen  ist,  bleibt 
einstweilen  unklar.  Davon  aber  hängt  es  ab ,  ob  wir  von  einem 
„wegnehmen,  fortführen"  aus,  oder  einem  „hinnehmen,  hinweg- 
führen" nach  der  Stadt  Musasir  die  Rede  ist.  Bei  terübi  manini 
esini  ist  zwar  von  einer  Negation  nichts  zu  bemerken ,  wie  denn 
überhaupt  m.  W.  die  Negation  im  Chaldischen  noch  nicht  nach- 
gewiesen ist.  Aber  so  lange  die  Bedeutung  des  in  den  Fluchformeln 
häufigen  inäni  (Guyard  „Habe",  Sayce  „Stadt")  noch  nicht  klar 
ist,  können  wir  wenigstens  nicht  mit  Sicherheit  in  Abrede  stellen, 
ob  nicht  auch  ohne  direkte  Negation  eine  dem  ev.  assyrischen  Negativ- 
satz einigermaßen  entsprechende  Aussage  vorliegt.  Die  Gleichung 
chald.  esi  =  ass.  maskäni  „Ort"  aber  wird,  wie  man  sieht,  durch 
diesen  Zweifel  nicht  berührt,  sie  behält  ihre  völlige  Sicherheit  und 
damit  ist  für  esi  die  Bedeutung  „Ort,  Örtlichkeit"  aufs  neue  und 
definitiv  erwiesen. 

F)    Gemeinsames  zu  beiden  Inschriften. 

Kehren  wir  nunmehr  zu  unsern  Inschriften  zurück,  so  begegnen 
wir  in  beiden  der  Wendung  inukäni  esinini ,   während  in   der  In- 


Person zulassen.  Nach  dem  Tenor  des  Anfanges,  im  Vergleich  mit  der  pho- 
netisch geschriebenen  3.  pers.  i-nam-din,  muß  es  allerdings  als  sehr  wahr- 
scheinlich gelten ,  daß  sich  der  Text  dauernd ,  ohne  den ,  aus  den  assyrischen 
Inschriften  (bes.  bei  Einschiebung  längerer  Relativ-Perioden)  wohlbekannten 
Störenfried  eines  Subjektswechsels,  in  der  3.  Person  bewege.  In  der  chaldischen 
Version  ist  bei  den  Formen,  die  sicher  ein  Verbum  tinitum  enthalten,  die 
Personalendung  zerstört  und  muß  ergänzt  werden;  aber  auch  für  sie  ist  dauernde 
Berichterstattung  in  der  dritten  Person  das  Nächstliegende.  Demnach  entspricht 
chaldisches  nunahe  wahrscheinlich  assyrischem  illik  „er  ging".  Und  das  Ge- 
samtergebnis ist,  daß  wir  neben  den  zahllosen  Formen  1.  Pers.  des  Verbum 
tinitum  auf  -fihi  (und  -ibi)  die  Gerundia  nunahe  und  wahrscheinlich  auch 
uStabe  (häufiger  ustahi),  also  auf  -ahe  oder  -abi,  zu  verzeichnen  haben. 

1)  S.  bereits  Bericht  S.  632,  VBAG.   1900,  S.  35. 

2)  S.  Anatole  I  63. 


Lehmann,  Zwei  unveröffentlichte  chaldische  Inschriften.  841 

Schrift  des  Felsensaals  des  Menuas  und  ihrem  Duplikat  inukäni 
esini  erscheint.  Für  inukäni  und  das  offenbar  dazu  zu  stellende 
i-nu-ki-e1)  sind  mir  ferner  folgende  Belegstellen  gegenwärtig. 

Die  an  den  Felsenkammern  Argistis  I  angebrachten  Annalen 
dieses  Königs  schließen  mit  einer  Fluchformel  (Sayce  44) ,  in 
welcher  u.  a.  bedroht  wird  (Z.  11/12)  a-lu-se  gi-e-i  i-nu-ka-ni 
e-si-ni-ni  si-u-li-e. 

Ferner  findet  sich  die  Wortform  i-nu-ki  bezw.  i-nu-ki-e  in 
der  Inschrift  des  Ispuinis  von  Kalagyk  (Sayce  3 ,  Bericht  Nr.  39), 
die  nach  meiner  Kollation  lautet:  mIs-pu-u-i-ni-is  m  Sar-dur-  hi-ni-  se 
bur-ga-na-ni  si-di-si  tu-ni  (IlÄJ)Hal-di-ni-ni  us-gi-ni  mls-pu-u-i- 
ni-is  mSar-dur-hi-ni-se  BITU  (sprich  ase)-i-ni  si-di-si-tu-ni  i-nu-ki 
ba-du-si-ni  zu-u-i  gi-e-i  si-da-gu-ri. 

Dieses  inuki  begegnet  ferner  in  der  von  meinem  Reisegefährten 
entdeckten  Inschrift  Rusas'  II  von  Adeljevas  {Bericht  Nr.  133-)). 
Hier  lautet  Z.  5  f. :  5  .-ni  i-nu-ki-e  E  .  GAL-a  e-'a  ALUpl  a-Ji-li 
i-nu-ki-e  ....  '■>  i(^?)-nu-ki-e  E  .  GAL  a-bi-li-du-u-bi-e  me-i  <t-i-s< 
e-i-.  .  .  . 

Hier  steht  inuki  (inuke)  in  naher  Verbindung  mit  einem  Palaste, 
in  der  Inschrift  von  Kalagyk  mit  verfallenen  (badusini)  Teilen  eines 
andern  Bauwerks  gi-e  (Kapelle ,  Heiligtum s)).  Und  in  nächster 
Verbindung  mit  gi-e  erscheint  auch  inukäni  in  der  Fluchformel 
der  Annalen.  Wenn  man  also  inukiie)  und  inukäni  als  Nomina 
faßt,  wie  es  m.  W.  bisher  allgemein  geschehen  ist,  so  wird  man 
darin  einen  bautechnischen  Ausdruck  zu  erblicken  haben.  Es  kann 
sowohl  irgendwelches  Material ,  wie  ein  bestimmter  Bau  oder  ein 
bestimmter  Teil  eines  solchen  gemeint  sein. 

In  der  Mehrzahl  der  Fälle,  wo  inukäni  und  esi  zusammen 
erscheinen,  heißt  es  inukäni  es in  in  i,  am  Felsensaal  des  Menuas 
dagegen  inukäni  esini,  wie  sowohl  durch  meine  Kollation,  als  durch 
das  Duplikat  feststeht.  Unter  der  Voraussetzung,  daß  wir  es  mit 
einem  Substantivum  zu  tun  haben,  ließe  sich  die,  durch  die  offen- 
bare Zusammengehörigkeit  gebotene  Einheitlichkeit  am  besten  wahren, 
wenn  man  in  esini  eine  durch  das  Wortbildungssuffix  -ni  gebildete 
adjektivische  Ableitung  von  esi  (zur  „Anlage,  Ürtlichkeit  gehörig") 
sieht,  die  in  dem  einen  Falle  ohne,  in  den  übrigen  mit  der  Flexions- 
endung -ni  versehen  ist.  Doch  könnte  man  auch  an  eine  asyndetische 
Zusammenstellung  zweier  Nomina  denken:  esini  wäre  dann  Plural- 
form ohne,  esinini  mit  Kasus- (Akkusativ)-Endung, 


1)  Es  scheint  eine  chald.  Plural (?)-Endung  auf  äni  zu  geben:  uedi 
„Weib"  nediäni,  ulguse  „Leben"  ulgusiani  etc.  ol>  hier  eine  der  Spuren 
indogermanischer  Beeinflussung  der  von  Haus  absolut  unarischen  cbaldischen 
Sprache  vorliegt? 

2)  Vgl.  Bericht  Nr.  57,  wo  zu  lesen  ist  inukäni  bezw.  i-nu  hi-e. 

3)  Eine  Weiterbildung  mit  dem  Suffix  ~hi  bietet  Rusas'  11  Steleninscbrift 
(Bd.  56  S.  108)  1G  i-nu-ka-lä-ni-e  »» Itti-sa-a-i-iri-e  "  hu-bi  gi  a-Se  pi-li-ni 
Li  tht  li  etc. 


842  Lehmann,  Zwei  unveröffentlichte  chaldiache  Inschriften. 

Alxr  ob  wir  es  wirklich  mit  einem  Substantivum  zu  tun  haben, 
kann  fraglich  erscheinen,  besonders  im  Hinblick  auf  ikukäni,1)  das 
man  früher  ebenfalls  als  Substantivum  ansprach,  bis  D.  H.  Müller 
nachwies,  daß  es  adjektivische  Funktion  hat  und  „derselbe"  heißt. 
Man  könnte  an  eine  Weiterbildung  des  in  ini  „dieser"  vorliegenden 
Stammes  denken,  wobei  dann  wieder  das  Verhältnis  von  inuM(fy  zu 
inukäni  einer  Erörterung  bedürfte.  Zu  einer  Entscheidung  reichen 
weder  das  Materini  noch  unsere,  oder  vorsichtiger  gesprochen,  meine 
Kenntnisse  des  Chaldischen  aus.  Aber  „richtig  gefragt  ist  halb 
geantwortet"  —  dabei  müssen  wir  uns  vorderhand  im  Chaldischen 
vielfach  bescheiden. 

Gemeinsam  ist  unsern  beiden  Inschriften  ferner  die  Maßangabe. 
In  der  Stelen-Inschrift  von  Sigkeh  werden  für  einen  gleich  näher  zu 

erörternden  Zweck  von  Menuas  22  |"~|||""~  angewiesen,  so  steht  deut- 
lich zu  lesen.     In  der  Inschrift  von  Haykavank  las  Herr  Hambartsum 

|"~|||  und  auch  die  Photographie  läßt  rechts  keine  wagerechten  An- 
sätze erkennen.  Da  wir  uns  aber  in  der  Nachbarschaft  des  —  hier 
verletzten  —  Bandes  befinden,  wo  solche  Ansätze  leicht  abgerieben 
werden  können,-)  da  die  Gleichartigkeit  des  Inhalts  gegen  die  Annahme 

zweier  verschiedener  Maßeinheiten  spricht,  und  da  """f""  zudem  ein 
aus  dem  Bab}rlonisch-assyrischen  wohlbekanntes  Maß  ist,  so  wird  auch 

in  der  Inschrift  von  Haykavank  950  |"~|| \~-  zu  lesen  sein,  ^"f'p 
ist  bekanntlich  Ideogramm  für  bab.-ass.  ammatu  „Elle".  Wenn  es 
sich  um  Baumaterialien  z.  B.  Balken  handelt,  so  wäre  es  ja  denkbar, 
daß  wir  es  mit  einer  Längenangabe  zu  tun  hätten.  Ungleich  wahr- 
scheinlich ist  aber  doch  von  vornherein,  nach  dem  schon  gewonnenen 
und  weiter  zu  erschließenden  Einblick  in  den  Inhalt  der  Inschriften, 
daß  von  einem  Flächenmaß3)  die  Bede  ist;  und  da  22  Quadrat- 
Ellen,  welcher  Norm  immer,  für  den  in  Betracht  kommenden  Zweck 
(s.  sogleich)  doch  etwas  gar  zu  wenig  austrügen,  so  wird  man  das 


1)  Auch  für  inukajiini  (S.  841  Aum.  3),  liegt  diese  Parallele  vor  in  dem 
tkukahini  der  Stele  Kusas'  1  vom  Keschisch-göll.  Im  übrigen  liegt  aber  für  das 
inulcahini  der  Stele  Rusas  II  die  substantivische  Auffassung  entschieden  näher. 

2)  Beide    Inschriften    schreiben,    wie    viele    andere,    nicht    die    spezifisch 

chaldische    Form    *~H'~,    sondern    die    dem    Assyrischen    genau    entsprechende 

""II      .     Dem    entsprechend    weist    die    Stele    von    Sigkeh    die    Form    ""  1 1      , 

nicht    ""Hl"",    auf,    und   sie    allein    kommt   für    die    Inschrift   von  Haykavank 
in  Betracht. 

3)  Die  Annahme,  daß  es  sich  um  Angabe  der  Seitenlänge  eines  Quadrats 
handle,  wird  durch  die  Inschrift  von  Haykavank  ausgeschlossen.  Ein  Quadrat 
von   950  Ellen  Seitenlänge  ergäbe  902  500    D  Ellen. 


Lehmann,  Zicei  unveröffentlichte  chaldische  Inschriften.  843 

vorgesetzte  f  in  erster  Linie  im  Sinne  einer  Potenzierung  deuten, 
etwa  —  unter  der  naheliegenden  wenn  auch  noch  nicht  erweis- 
lichen Voraussetzung,  sexagesimale  Beeinflussung  auch  der  chaldischen 
Vorstellungen  —  auf  ein  Maß  von  60  Quadz-atellen.  Durch  die 
enge  Zusammenfügung  konnte  gleichzeitig  die  Verwechslung  mit 
1  (60,  3600)  Ellen  verhütet,  also  indirekt  auch  die  Flächen- 
Qualität  angedeutet  werden. 

Über  das  Verhältnis  des  |~-||',"~  zu  dem  sonst  als  Flächen- 
maß erscheinenden  kapi  läßt  sich  vorderhand  nichts  bestimmtes 
ermitteln.  Das  kapi  erscheint  in  den  bisher  bekannten  Inschriften 
(vgl.  oben  S.  819)  meist  in  Beträgen  von  ca.  10  000  und  darüber. 
Daraus  wird  man  schließen  dürfen,  daß  das  kapi  wenigstens  nicht 

größer    als    ein    |"~|||"~    ist.      Aber    ob  Identität   besteht    (so   daß 

kapi   die   phonetische  Aussprache    des  Ideogramms    |*~|f|""~   böte), 

oder  ob  |~:|||~:  ein  Vielfaches  des  kapi  darstellt,  läßt  sich  nicht 
entscheiden:  die  Könige  konnten  natürlich  einem  von  ihnen  ge- 
gründeten Heiligtum  erheblich  mehr  Land  zuweisen,  als  für  einen 
Privatmann  oder  selbst  für  eine  Koppel  wertvoller  königlicher  Pferde 
in  Betracht  kam. 

Denn  von  einer  solchen  redet  die  Stele  von  Sigkeh,  die  uns 
fortan  allein  noch  beschäftigen  kann ,  da  ein  weiterer  Einblick  in 
die  Inschrift  von  Haykavank  uns  wegen  der  Undurchdringlichkeit 
der  entscheidenden  Z.  2,  in  der  mir  nur  KAK,  das  Ideogramm  für 
bab.-ass.    „bauen,  schaffen"   verständlich  ist.  versagt  bleibt. 

6)    Weiteres  zur  Stele  von  Sigkeh. 

Die  Haupt -Aussage  des  Menuas  ist  in  folgenden  Worten  ent- 
halten:   inukäni    6  esinini  SISE    7  arsibini  tini    Sm3le-nu-a-pi-i 

"a-is-ti-bi   22   f-llp. 

A-is-ti-bi1)  (Z.  10)  ist  Verbalform  1  pers.  „ich  habe  bestimmt. 
zugewiesen"  zusammengehörig  mit  dem  istini ,  welches  in  den  mit 
einer  Maßangabe  schließenden  länger  bekannten  Inschriften  regel- 
mäßig erscheint  (oben  S.  819).  Daß  dieses  istini  nicht,  wie  man 
früher  glaubte,  Adjektiv  („zugehörig  zu")  ist,  war  erkannt  worden, 
noch  ehe  es  die  vorliegende  1  pers.  zur  Gewißheit  erhob  (vgl. 
Bericht,  S.  625  unter  Nr.  79). 

In  Z.  5/6  teilt  Menuas  uns  mit,  daß  die  unter  inukäni  esinini 
zu  verstehenden  Räumlichkeiten  oder  Anlagen  für  Pferde  (ass.  sise) 
bestimmt  sind,    sei  es  nun,  daß  Stallungen,  sei  es,  daß  umfriedete 


1)  Die  Funktion  des  vorgesetzten  o-  ist  unklar;  vielleicht  Unterscheidung 
von  einer  im  übrigen  gleichlautenden  Form  anderer  Bedeutung? 


844 


Lehmann,  Zwei  unveröffentlichte  chaldische  Inschriften. 


Weideplätze  gemeint  sind.  Und  zwar  handelt  es  sich  um  Pferde, 
arsibini  t'/ni,  „die  arsibini  genannt  werden".  Die  Angabe  ist 
in  verschiedener  Hinsicht  wichtig,  zunächst  im  Rahmen  dieser  In- 
schrift, deren  Wesen  sie  erkennen  hilft.  Die  Pferde  führen  einen 
besonderen,  zudem  wenig  chaldisch  anmutenden  Namen.  Arsibi  ist 
offenbar  Lehnwort,  die  Pferde  sind  aus  der  Fremde  ein- 
geführt, das  erklärt  die  durch  die  Inschrift  bezeugte  hohe  Wichtig- 
keit, die  ihnen  der  König  beilegt.  Allem  Anscheine  nach  bezeichnet- 
er sie  auch  als  seine  eigenen  Pferde :  denn  in  *  mMe-nu-a-pi-(wi)-i 
wird  man  schwerlich  etwas  anderes  als  eine  besondere  ältere  Schrei- 
bung der  gewöhnlich  Me-nu-a-i  geschriebenen  Genitiv-Dativform 
erblicken  können,  die  wie  die  Schreibung  mRu-sa-u-e  statt  mRusai 
und  manches  andere  (s.  Bericht  S.  632 f.)  beweisen,  daß  diese 
Flexionsendung  ursprünglich  wi,  dem  Mitannischen  wi  (geschrieben  pi), 
entsprechend,  gelautet  hat.  Dazu  stimmt  nun  besonders  gut,  daß  in 
der  Fluchformel  dieser  Inschrift  ausnahmsweise  nur  derjenige  be- 
droht wird,  der  ihren  Standort  verändert;  die  Inschrift  hatte  eben 
nur  den  einen  Zweck ,  die  den  königlichen  Pferden  zugewiesene 
Stätte  zu  kennzeichnen ,  um  das  königliche  Domanialeigentum  zu 
sichern. 

Die  wertvollen  Pferde  müssen  aus  einer,  durch  ihre  Rossezucht 
ausgezeichneten  Gegend  eingeführt  sein ,  die  man  möglichst  inner- 
halb des  geographischen  —  staatlichen  und  kommerziellen  —  Ge- 
sichtskreises der  Chalder  zu  suchen  geneigt  sein  wird.  Dies  trifft 
zu  für  einen  Teil  „Ciliciens"  (im  altern  und  weitern  Sinne),  die 
Hochebene  des  spätem  Kappadokiens  resp.  Kataoniens.  Sowohl  die 
Keilinschriften,1)  wie  die  klassischen  Autoren,  besonders  Herodot2) 
und  vor  ihm  wahrscheinlich  schon  Hekataios  und  Dionysios  von 
Milet,3)    kennen    und    rühmen    dieses    rossenährende    Gebiet.      Und 


1)  Assurbanabal  (Annalen  Rm  I,  Coli.  II  73)  legte  dem  Mukallu  von  Tabal 
einen  jährlichen  Tribut  an  großen  Pferden  auf.  Tabal  umfaßt  große  Teile 
des  spätem  Kappadokiens  und  Kataoniens.  Es  stößt  sowohl  an  Hillaku  West-, 
wie   an   Ku'e  Ost-Cilicien,  wie  auch  an  die  Melitene  an. 

2)  Herodot  III  90  in  der  Satrapienliste :  aitb  öh  Ktliv.oiv  initoi  tu 
li-vKol  i^rjy.ovtcc  v.a\  TQirjxooioi ,  i%äßxr\g  rj^SQiqg  slg  ysvöiisvog,  kki 
xäluvxa  ccQyvQiov  nivxav.oßia.  xovxar  dl  xtßßtQccxovxcc  [ihr  y.a.1  iv.uxov  ig 

X7\V    (fOOVQtOVßUV    ITtltOV   X  7]  V    KlXLY.lr\V    %tOQ7]V    CiVaißl\LOVXO,   xcc    dt 

riiiriY.ocia  v.al  i.'E>r\Y,ovxa  zJccQtia)  icpoixcc.  Es  handelt  sich  sowohl  um  Ausfuhr 
in  Gestalt  eines  jährlichen  Tributs,  wie  auch  um  Erhaltung  einer  Truppe,  die 
eben  wegen  der  besonderen  Eignung  des  Laudes  für  die  Pferdezucht,  vorwiegend 
kavalleristisch  gestaltet  war. 

3)  Die  Satapienliste ,  in  der  wir  dieser  Nachricht  begegnen ,  verdankt 
Herodot  jedenfalls  einer  älteren  Quelle ,  wohl  eher  Hekataios  selbst  (dessen 
geographische  Kunde  freilich  an  manchen  Stellen  der  'Aalt]  auf  die  ältere  Zeit, 
von  Darius  Regierung  wie  der  definitiven  Ausgestaltung  der  sämtlichen  Satrapien, 
weist,  der  aber  vor  Abschluß  seines  Werkes  sehr  wohl  diese  neueren  Phasen 
berücksichtigt  haben  kann ,  ohne  die  Ermittelungen  seines  Prinzips  danach  zu 
korrigieren)  als  Dionysios  von  Milet.  Denn  die  Heeresliste,  die  Herodot  m.  E. 
diesem  verdankt,  zeigt  einen  ganz  andern  Charakter,  nämlich  die  Verbrämung 
mit    mythologischen    und    genealogischen  Nachrichten,    die    der  jüngere   Milesier 


Lehmann,  Zwei  unveröffentlichte  chaldische  Inschriften.  845 

wenn  im  alten  Testament,  wie  es  wahrscheinlich  ist,  unter  den  Bezugs- 
quellen für  Salomo's  Pferde  auch  mp  =  Kue,1)  Ost-Cilicien,  ge- 
nannt wird,  so  werden  wir  damit  in  den  gleichen  Bereich  gewiesen. 

Bei  seinen  Eroberungszügen  im  Westen ,  die  ihn  bis  nach 
Malatia,  also  in  die  unmittelbare  Nachbarschaft  des  fraglichen  Ge- 
bietes führten,  kann  Menuas  diese  Rosse  als  Tribut  oder  als  Ge- 
schenk eines  der  Peripherie  des  chaldischen  Großreiches  benachbarten 
Fürsten  erhalten  haben.  Zahlreiche  Analogien  aus  der  altorienta- 
lischen Geschichte  bieten  sich  ungesucht  dar.  In  den  Koalitionen, 
die  von  Menuas'  Nachfolgern  —  einem  Sardur  III,  Rusas  I,  Rusas  II 
zum  Kampfe  gegen  Assyrien  aufgerufen  wurden ,  sind  regelmäßig 
die  Inhaber  der  hier  in  Betracht  kommenden  Gebiete  vertreten. 

Man  wäre  versucht  an  eine  Bezeichnung  dieser  arsibini  ge- 
nannten Pferde  nach  ihrem  Ursprungsland  zu  denken,  das  suffigierte 
-ni  spricht  nicht  dagegen  und  die  chaldische  Namensform  erinnert 
nahe  genug  an  die  aus  den  el  Amarna  -  Tafeln  bekannte  klein- 
asiatische Landschaft  Ar-za-pi(ioi,  wa),-)  mit  der  doch  wohl  auch 
das  Gentilicium  ■»EirnN  in  der  bekannten  Bilinguis  von  Liniyra 
zusammenhängt.3) 

Lirnyra  liegt  in  Lykien ;  im  Süden  Kleinasiens  wird  man  daher 
auch  die  Landschaft,  nach  der  jenes  Gentilicium  gebildet  ist,  zu 
suchen  geneigt  sein.  Knudtzon's  eingehende  und  einleuchtende 
Untersuchungen  über  die  Lage  von  Ar-za-PI  stimmen  dazu  nicht 
schlecht.    Nach  Knudtzon  wäre  Ar-za-PI  am  wahrscheinlichsten  im 


offenbar  seinem  von  ihm  verehrten  Landsmann  und  Vorbilde  entnommen  hat. 
Daß  diese  Einschiebungen  nicht  erst  Herodot  selbst  zuzuschreiben  sind,  geht 
daraus  deutlich  hervor,  daß  sie  ihrer  Mehrzahl  nach  mit  Nachrichten  überein- 
stimmen oder  sich  berühren,  die  Herodot  an  andern  passenderen  Stellen  seines 
Werkes  selbst  und  ausführlicher  bietet.  Daß  bei  Solinus  mohrfach  Nachrichten 
vorliegen ,  die  im  letzten  Grunde  auf  Hekataios  und  Xanthus ,  die  er  selbst 
nennt,  durch  viele  Mittelquellen,  unter  ihnen  besonders  Varro,  zurückgehen, 
habe  ich  schon  des  öftern  betont  (Sitzungsber.  ßerl.  Arch.  Ges.  1893,  März: 
Berl.  Phil.  Woch.  1898,  S.  458  Anm.  l).  Hierher  rechne  ich  auch  die  Nach- 
richt Solinus  45,  5 :  Terra  illa  (sc.  Cappadocia)  ante  alias  altrix  equorum  et 
proventui  equino  accomodissima  est.  Man  vergleiche  damit  die  Ausdrucksweise 
bei  Herodot  I  193  (nach  Hekataios,  vgl.  C.  F.  Lehmann:  Kiepert-Festschrift 
[1898]  S.  308  und  Babj/loniens  Kulturmission  einst  und  jetzt,  1903,  S.  64 
vgl.  S.  87):  tan  dt  %(DQtav  avrt]  ccTtaaicov  iiuy.qo>  Kpi'crj]  Jr\iir\TQOs  y.an-xijv 
iv.cptQtiv.      Näheres  andernorts. 

1)  Windeier,  Alttestamcntl.  Forschungen,  S.  173,  bin  ich  geneigt  soweit 
zuzustimmen,  daß  in  r>lp2  1  Kon.  10,28  =  2  Chr.  1,  16/17  der  Name  Kue 
gu  erblicken  ist.  Ob  dagegen  unter  D"H2C72,  auch  nur  bei  seiner  ersten  Nennung. 
das  kleinasiatische  Musri  zu  verstehen  sei,  ist  mir  äußerst  zweifelhaft.  Vgl. 
jetzt  B.  Stade  und  F.  Sehwally,  The  boolc  of  Kimjs  in  Ilebrew  (1904, 
p.   120  (mit  Haupt's  Bemerkungen  ib.). 

2)  Über  die  Aussprache  des  Namens  s.  Knudtzon,  Die  zwei  Arzawa- 
Briefe,   die   ältesten   Urkunden   in   indogermanischer  Sprache,  S.  13  ff. 

3)  Hierauf  habe  zuerst  ich  Samassumu/c/n,  Teil  II  S.  113,  bald  darauf  und 
unabhängig  davon  Sachau,  ZA.  II  100  hingewiesen.  Ersteros  hat,  wie  vor  ihm 
andere,  so  auch  Kundtzon,  a.  a.  O.  S.  13,   übersehen. 


846  Lehmann,  Zwei  unveröffentlichte  chaldische  Inschriften. 

östlichen  Cilicien  oder  im  südlichen  Kappadokien  zu  suchen.  Damit 
werden  wir  in  ein  Gebiet  verwiesen,  daß  einerseits  der  Heimat  jener 
kleinasiatischen  Rossezucht  nahe  genug  benachbart,  wenn  nicht  mit 
ihm  identisch  oder  darin  inbegriffen  ist,  und  das  andererseits  an  der 
Peripherie  des  für  Menuas  bezeugten  westlichen  Machtbereichs  liegt. 
Die  Vermutung,  daß  es  sich  um  Pferde  aus  Ar-za-PI  handelt, 
erhält  also  einen  verhältnismäßig  hohen  Grund  von  Wahrschein- 
lichkeit. Jene  Rosse  des  Menuas  waren,  ob  sie  nun  aus  einer  ein- 
maligen Erwerbung  herrührten ,  ob  sie  wiederholt  und  regelmäßig 
geliefert  wurden ,  gewissermaßen  die  Vorgänger  derjenigen  Pferde, 
die  die  Assyrer-  und  später  die  Perserkönige  als  jährlichen  Tribut 
aus  jenen  Gegenden  Kleinasiens  erhielten.  Dann  würde  die  chal- 
dische Wiedergabe  auch  für  die  Frage  nach  der  Aussprache  der 
letzten  Silbe  des  Namens  ihre  Bedeutung  haben.  Ar-sa-wi  erscheint 
danach  wahrscheinlicher  als  Ar-sa-wa  und  selbst  als  Ar-sa-pi. 

Eine  sichere  Entscheidung  läßt  sich ,  da  das  Länderdeter- 
minativ fehlt,  nicht  treffen.  Andererseits  bildet  dessen  Abwesen- 
heit keineswegs  eine  direkte  Gegeninstanz.  Von  anderem  abgesehen, 
ist  es  sehr  wohl  möglich,  daß  der  geographische  Charakter  der 
fremden  Bezeichnung  in  den  Hintergrund  getreten  war.  Beim 
„Pfirsich"  werden  die  wenigsten  immer  gleich  an  Persien  denken. 
—  Bemerkt  sei  noch,  daß  die  fruchtbare  und  in  älterer  Zeit  noch 
besser  als  jetzt  bewässerte  Ebene,  in  welcher  Sigkeh  liegt,  zur  Pflege 
wertvoller  Pferde  wohl  geeignet  erscheint.  Die  Stele  braucht 
also  bei  der  Einmauerung  in  die  Kirche  nicht  weit  von  ihrem  ur- 
sprünglichen Standorte  entfernt  worden  zu  sein.  — - 

Das  Vorkommen  der  SISE  arsibini  tini  ist ,  wie  schon  an- 
gedeutet,   noch    von    weitergreifender    Bedeutung.      Die    Wendung 

-tini   kannten    wir   bis  vor  kurzem  nur  in  Fällen ,    wo  eine 

Anlage  nach  dem  Namen  ihres  königlichen  Schöpfers  benannt  wurde,1) 
beim  Samyramsuy  heißt  es  von  Menuas :  pili  agüni  Menuai-pili 
tini,  beim  Kesisg'oü:  tini  Eusaz-sue,  „dessen  Name  Rusas-See  ist". 
Die  Inschrift  von  Sigkeh  lehrt  uns  eine  andere  Verwendung 
der  Phrase  kennen :  sie  dient  zur  Einführung  besonderer ,  nicht 
ohne  weiteres  verständlicher ,  in  erster  Linie  entlehnter  tech- 
nischer Bezeichnungen.  In  dieser  zweiten  Verwendungsart  finden 
wir  die  Wendung  nun  auch  in  der  Steleninschrift  Rusas'  II  (Bd.  56 
S.  103),  wenn  es  dort  Z.  14/15  heißt:  pili  agübi  NARU  lldaruniani 
umesini  tini  „ich  habe  angelegt  einen  Kanaldamm  vom  (zum)  Flusse 
lldaruniani,  mit  Namen  umesini11.  Daß  in  umesini  ein  wenig 
chaldisch  anmutendes ,  vielmehr  semitischen  Typus  zeigendes  Wort 
vorliegt,  wird  Semitisten  einleuchten.  Das  semitische  Prototyp  habe 
ich  von  vornherein  in  dem  assyrischen  umäsu  „Umschließung,  Ein- 
fassung "  etc.  aufgezeigt  und  war  so  für  die  Beurteilung  der  Wendung 


1)  Daß  für  jede  königliche  Anlage    eine  solche  Benennung  notwendig  sei 
habe  ich  natürlich  mit  keinem  Worte  und  keinem   Gedankem  behauptet. 


Lehmann,  Zwei  unveröffentlichte  chaldische  Inschriften.  847 


HS  <Tife  1* 


/<7 


Stete  Rusas'  II.     Enden  der  Zeilen  8— 


Zr   »L     l  ™  femf!lben  Ergebnis  2elan^  auf  das  die  dabei   ™ 
mir    nicht    berücksichtigte    Inschrift    von   Sigkeh    führt.     Noch    als 
ich  der  irrigen  Meinung  war,  Zeile  14  der  Steleninschrifl    Rusas'  II 
Bd.  LVIII. 

55 


848  Lehmann,  Zwei  unveröffentlichte  chaldische  Inschriften. 

laute  pili  (N ARU)Il-da-ru  ABIS! Uni  und  rede  demnach  von 
Steinen  (ass.  abnu),  die  bei  der  Anlage  des  pili  am  Flusse  Ildaru  zur 
Verwendung  gekommen  seien,  habe  ich  im  Herbst  1902  ])  mich  wie 
folgt  geäußert:  „Man  könnte  sogar  daran  denken,  umesini  tini  als 
Apposition  zu  pili,  nicht  zu  ABNUpl  zu  betrachten,  so  dass  die 
Steinmauer,  nicht  die  Steine  (resp.  die  Steinsorte)  mit  dem 
assyrischen  Lehnworte  umdsu  „Umschließung,  Einfassung"  be- 
zeichnet wurde.  Doch  spricht  einigermaßen  dagegen  die  Plural- 
endung: umeäini11.  Entsprechend  habe  ich  mich,  nachdem  ich  durch 
Recueil  24  (1902)  197 f.  von  der  Existenz  eines  Abklatsches,  der 
gegen  meine  Lesung  ABNU-?u  spreche,  in  meinem  der  Redaktion 
der  Jahresberichte  der  Geschichtswissenschaft,  Dezember  1903, 
eingesandten  Manuskript  geäußert.  Da  ein  Abklatsch  mir  nicht 
zugänglich  ist  und  die  mir  vorliegende  Photographie  der  Stele, 
sowie  die  danach  von  mir  (Bd.  56  S.  104)  veröffentlichte  Repro- 
duktion für  Augen,  die  nicht  durch  Kurzsichtigkeit  für  das  Sehen 
in  der  Nähe  besonders  geschärft  sind ,  zur  Beurteilung  der  hier 
in  Betracht  kommenden  subtilen  Details  keineswegs  ausreicht,  so 
wird  man  mit  mir  der  Redaktion  unserer  Zeitschrift  dafür  Dank 
wissen,  daß  sie  die  umstehende  Wiedergabe  (S.  847)  der  Enden 
von  Z.  8 — 18  der  Stele  Rusas'  II  in  fünffacher  Vergrößerung  ge- 
nehmigt hat.  Diese  zeigt,  daß  in  Z.  14  die  frühere  Lesung  ni-a-ni 
die  richtige  ist,  aber  auch,  wie  nahe  der  Gedanke  an  ABNU-ni 
lag  und  besonders,  daß  bei  der  engen  Schreibung  die  Unterscheidung 

zwischen  —  H — \]  ni-a  und  *"ir~<y  ABNU  durch  einen  Riß  er- 
schwert wird,  der  gerade  die  unterscheidende  Stelle  trifft  und  den 

dem  |  vorausgehenden  senkrechten  Keil  gebrochen  erscheinen  ließ.2) 
Nachdem  somit  festgestellt  ist,  daß  zu  lesen  ist  pili 
(NARU)  Il-da-ru-ni-a-ni  umesini  tini,  bleibt  jene  von  mir  (Abs.  1) 
in  Betracht  gezogene  zweite  Möglichkeit  allein  übrig.  Das  aus 
dem  Assyrischen  entlehnte  umesi(ni)  kann  sich  nur  auf  pili  be- 
ziehen, und  daraus  erwächst  meine  Erkenntnis,  daß  pili  nicht  sowohl 
den  Wasserlauf  denn  vielmehr  ursprünglich  und  in  erster  Linie  das 
für  die  Anlage  des  Aquädukts  nötige  und  wesentliche  Gemäuer 
bezeichne,  eine  neue  Bestätigung.  Diese  Erkenntnis  „stützte  sich" 
(Bd.  56  S.  108)v  ^zunächst  darauf,  daß  die  Armenier  selbst  beim 
Menuaskanal  {Samyrani-suy)  den  „Damm  des  Flusses"  uulhiunuiiuli 
iiJrumfiü  bewundernd  nennen."  Der  ambartak  getoyn  steht  bei 
ihnen  geradezu  als  Bezeichnung  der  gesamten  Anlage.     Zu  wissen, 


2)  Verhandlungen  des  Hamburger  Orientalisten- Kongresses,  September 
1902   (niedergeschrieben  und  eingeliefert  Oktober   1902).  „g     rg. 

2)  Das  letzte  Zeichen  in  Z.  8  ist  tatsächlich  ri:  *"  ff'l'J,  wie  im 
vorliegenden  Bande  gegen  mich  bemerkt.  Zwischen  den  beiden  erhaltenen 
Senkrechten  ein  irreführender  unorganischer  Fleck. 


Lehmann,  Zwei  unveröffentlichte  chalclische  Inschriften.  g49 

daß  man  von  einer  Stützmauer  oder  einem  gemauerten  Bett  — 
beim  Menuaskanal  ist  beides  verschiedentlich  kombiniert  —  nur 
reden  kann ,  wo  Mauern  vorhanden  sind .  so  weit  reichen  meine 
technischen  und  logischen  Fähigkeiten  noch  gerade  aus.  Nicht  ich 
war  es  auch,  sondern  der  technische  Fachmann,  der  in  seiner  ersten 
Schilderung  des  Samyram-suy  betonte,  daß  die  pili-  Inschriften 
gerade  und  anscheinend  nur  da  auftauchen ,  wo  die  Anlage  des 
Menuasaquädukts  mit  besondern  Schwierigkeiten  verknüpft  war, 
d.  h.  da,  wo  er  durch  und  über  gebirgiges  schluchtenreiches  Terrain, 
meist  unter  Anwendung  von  Gemäuer,  gezogen  werden  mußte.1) 
Ebenso  bedarf  es  für  Linguisten  keiner  weiteren  Darlegung,  daß 
die  Bezeichnung  pili  „Kanalmauer,  Damm"  im  andern  Sinne  auf 
das  ganze  Werk  („Kanal,  Aquädukt")  übertragen  und  schließlich 
auch  für  solche  Anlagen  verwendet  werden  konnte .  bei  denen  ein 
Gemäuer  heutzutage  nicht  mehr  erkennbar  und  vielleicht  niemals 
vorhanden  gewesen  ist. 

Aus  der  Steleninschrift  Rusas'  II  im  Zusammenhalt  mit  der 
von  Sigkeh  geht  also  hervor,  daß  pili  in  erster  Linie  das  Ge- 
mäuer, die  Einfassung  (ass.  umasu)  des  Kanals  bedeutet,  in  zweiter 
Linie  übertragen  den    „Kanal"   selbst  bezeichnet.  — 

In  der  Fluchformel  der  Steleninschrift  von  Sigkeh  wird,  wie 
schon  bemerkt,  nur  derjenige  bedroht,  der  ihren  Standort  verändert. 
Gleichwohl  wird  der  Hauptsatz,  die  Anrufung  der  Götter  zur  Ver- 
nichtung des  Frevlers,  mit  demselben  Worte  turinini  Rs.  Z.  6  ein- 
geleitet, das  in  der  gleichen  Funktion  in  den  mit  reichlicheren 
Drohungen  ausgestatteten  Fluchformeln  üblicher  Form  (im  Gegensatz 
zu  der  Fluchformel  Rusas'  II  gesprochen)  ständig  erscheint.  Das 
Wort  muß  also  singularische  und  kollektive,  nicht  direkt  pluralische 
Funktion  haben.  Sayce's  Übersetzung  „den  Mann"  halte  ich  aus 
verschiedenen  Gründen  für  unannehmbar,  turinini  wird  Akkus,  eines 
„abgeleiteten  Nomens"  turini  sein:  vielleicht  „der  Täter,  der  Frevler" 
bezw.   „jeder  der  das  tut",   „der  in  besagter  Weise  frevelt." 

In  den  folgenden  Zeilen  Rs.  Z.  7 — 10  sind  verständlich  die 
Worte  „Chaldis,  Teisbas,  Ardinis('P)  .  .  .  armuzi  ....  piniL ,  die 
(3)  Götter  mögen  (seinen)  Samen  (armuzi  S.  831  Anm.  1)  ver- 
tilgen (pini,  Verbalform,  vgl.  oben  S.  819  Anm.  1). 

Für  mdni  und  das  was  in  Z.  10  vor  pini  steht,  ist  zum  Ver- 
gleich heranzuziehen  die  übliche  Wendung  in  der  stereotypen  Form 
der  Fluchformel,    die    da    lautet   (Sayce  XIX,  XX,  XXX  etc.  etc.) 

turinini    *~*~\        Ho.l-di-se    """l"""     -<^~||—     ""     |""     ^]-ni-s(e) 

""  "~j        |fc*-*-  ma-a-ni  """~|      >|-ra pi-i-ni. 

1)  Zeitschrift  f.  Ethnologie  24  (1902),  S.  139:  „Es  scheint  nun,  d:iß 
König  Menuas,  von  dem  alle  Kanalinschriften  sprechen,  diese  Inschriften  an 
allen  den  Punkten  hat  anbringen  lassen,  die  dein  Bau  besonders  Schwierigkeiten 
bereitet  haben". 

55* 


850  Lehmann,  Zicei  unveröffentlichte  chaldische  Inschriften. 

Nehmen  wir  für  einen  Augenblick  an,  uns  wäre  nur  diese 
Wendung  bekannt,  so  sähe  ich  nur  zwei  Möglichkeiten,  einen  Sinn 

hineinzubringen,  denn  die  bisherige  Übersetzung  von  "~  |*~  "V|-?m 
mir    , öffentlich"    ist  ja  klärlich  ein  unzulässiger  Notbehelf. 

Entweder  soll  gesagt  werden,    a)   daß  die  Götter  den  Frevler 

aus  dem  Sonnenlicht  ""]"""  "M-m  hin  wegraffen ,  vertilgen, 
oder  b)  daß  sie  seine  Sonne  (seinen  Schutzgott,  der  speziell  als 
Lebensgott,  als  Sonnengott  des  Einzelnen  betrachtet  worden  wäre, 
während  bei  den  Babyloniern  und  Assyrern  nur  von  „dem  Gott" 
und  „der  Göttin"  des  Einzelnen  schlechthin  die  Rede  ist)  vernichten, 
sein  Lebenslicht  ausblasen  sollen. 

Danach  würde  sich  dann  die  Auffassung  von  mäni  richten. 
Im  Falle  a)  würde  das  durch  turinini  ausgedrückte  Objekt  nochmals 
aufgenommen   mäni  =    „ihn"  ;    im  Falle  b)    gehört  mäni  eng  mit 

■~"~|""~     "^J-m    zusammen:  mäni  =    „sein"    (S.  838) J). 

Gegen  die  Annahme  b)  entscheidet  aber  die  Stele  von  Sigkeh. 

Denn  hier  steht  *~"~|  |_  U  ("m")  getrennt  von  mäni,  so  daß  wir 
Rs.  9/10  übersetzen  müssen:  „ihn  (und  seinen)  Samen  aus  der  (dem) 
Sonne(nlicht)  vertilgen".'2)  Genau  denselben  Befund  bietet  die  Fluch- 
formel der  Annalen  Argistis  I.8) 


1)  Das  Fehlen  des  „Akkusativ"  -ni  {mäni,  nicbt  mänini)  brauchte  dabei 
keineswegs  zu  befremden;  es  gibt  eine  große  Anzahl  von  Fällen,  wo  nach 
unserer  Auffassung  —  zu  so  vorsichtiger  Ausdrucksweise  ist  im  Chaldischen, 
im  Hinblick  auf  den  passivischen  Charakter  des  Transitivs  in  den  kaukasischen 
Sprachen  (Schuchardt,  s.  meine  Bemerkungen  Bericht  S.  633  Anm.  2)  aller 
Grund  vorhanden  —  der  Akkusativ  stehen  würde  und  doch  kein  Kasussuffix 
erscheint.  Die  Kasusendungen  scheinen  überhaupt  im  Chaldischen  nur  fakultativ 
zu  erscheinen  oder  sagen  wir  unter  uns  noch  unbekannten  Bedingungen  gesetzt 
und  weggelassen  zu  werden.  Einen  interessanten  Fall  der  Art  bietet  die  Fluch- 
formel Rusas'  II  (oben  S.  829 ff.)  Z.  39/40  a-lu-se  ti-ni-ni  tu-li-e  „wer  den 
Namen  zerstört",  im   Vergleich  mit  Z.  44/47    me-i   ti-i-ni  ....  ku-li-e-tu-u-ni 

„die   Götter    mögen  seinen  Namen vernichten".     Im    ersten  Fall  kann 

nach  Analogie  der  assyrischen  Inschriften  nur  der  Name  des  Königs  gemeint 
sein,  und  man  kann  auch  m.  F.  keinen  Plural  aus  dem  Umstände  konstruieren, 
daß  der  Königsname  in  der  Inschrift  mehrmals  erscheint.  Ersichtlich  ist  nur, 
daß  da,  wo  die  Endung  -ni  fehlt,  das  Wort  Name  durch  me'i  eine  nähere 
Bestimmung  erhält,  die  bei  tinini  fehlt.  Eher  könnte  man  schon  daraus,  daß 
üblichermaßen  „sein"  durch  me'i,  Genit.  des  pron.  pers.  3.,  ausgedrückt  wird, 
einen  Einwand  gegen  mäni  „seiner"  herleiten,  aber  auch  eins  und  suus 
existieren  nebeneinander,   wenn  auch  in  klar  geschiedenen  Funktionen. 

2)  Dazu  stimmt  es,  daß  in  der  Fluchformel  der  Ispuinis-Menuas-Inschrift 
von  Surp  Pogos  (Sayce  Nr.  XXXI,  s.  oben  S.  829  Anm.  3)  auch  nach  unserer 
Kollation  me-e-ni  an  der  Stelle  zu  lesen  ist,  wo  sonst  turinini  zu  stehen  pflegt, 
worauf  schon  D.  H.  Müller  a.  a.  O.  hingewiesen  hat:  meni  heißt  also  „ihn,  den". 

3)  Sayce  XLIV. 


Lehmann,  Zicei  unveröffentlichte  chaldische  Inschriften.  851 

Diese  beiden  Fluchformeln  stimmen  aber  in  einer  weiteren,  bisher 
als  rätselhaft  betrachteten  Eigentümlichkeit  überein,  deren  richtige 
Beurteilung  uns  einen  weitern  wichtigen  Schritt  vorwärts  führt. 

Rs.  Z.  10  der  Sigkeh- Stele  las  man  bisher 

=  =  "I-  W]  f« 

Argistis-Annalen  Kol.  VIII  Z.  14  ff.: 

14  turmint  Hcädis(e) 

15  Teisebas(e)  Ardtnis{e)  (?)  ILANI^-se 

16  mäni  armuzt 

17  ^    ^   ^  ""    |"~     >|-m  pi-e-i-ni 

18  me'i  arkiuruliani 

19  me'i  ina'ini  me'i  narä 

20  aide  ululi(e) 

Die  beiden  Bestandteile  der  Gruppe   ►^    ~~    wurden  bald  in  hori- 
zontaler, bald  in  schräg  geneigter1)   Stellung  wiedergegeben.-) 

Dieses  ~—  •— -  \4^J  übersetzte  man  „ viermal  vier  (Male)" 
und  dachte  an  einen  16  maligen  öffentlichen  Fluch.  Was  hieran 
etwa  möglich  erschien,  fiel  nach  der  richtigen  Erkenntnis  des  armuzi 
(„Same"  nicht  „Fluch")  und  des  pini  „sie  mögen  vertilgen".  Bei 
meiner  Kollation  der  Sigkeh-Stele  erschien  mir  das  zweite  Zeichen 
der  Gruppe  als  ein  etwas  ungleichmäßig,  mit  Herausrückung  des 
einen  Wagerechten,  geschriebenes  ^<  bi.  Für  dieses  TV-bi  dachte 
ich  an  die  Deutung  „bis  ins  vierte  Glied".  Damit  war  ich  dem 
Sinne  nach  an  das  Richtige  nahe  heran  gekommen. 

Denn  das  Studium  der  Abklatsche  sowohl  der  Annalen-Fluch- 
formel  wie  der  Sigkeh-Stele  hat  mir  gezeigt ,  daß  weder  Z.^1  (in 
gerader  oder  schräger  Stellung)  zweimal  wiederholt,  noch  auch 
£^  £3  IV-bi  dasteht,  sondern  »-^ ^  (assyrisch  zeru)  „Same" 
zweimal  wiederholt.  Der  wagerechte  Hauptkeil  ragt  überall  in 
charakteristischer  Weise  nach  links  heraus;  die  richtige  Lesung 
des  Zeichens  wird  durch  dessen   verhältnismäßige  Kürze  und  ferner 


1)  Vgl.  Sayce,  JRAS.   XIV  p.  622   mit  p.  530   und   p.  729   sub   Nr.  44. 

2)  Diese  Gruppe  kommt  dagegen  nicht  vor  in  der  Fluchformel  Sardur's  III 
(Bericht  St.  116);  denn  wo  Sayce   (XL VIII  Z.  22) 

yar-mu-zi   ■""-    ■"■"■  4J  ^[    ni  pi-e-i-ni 

bietet,  lassen  Raum  und  Spuren  nach  Schulz'   Kopie  und  meiner  Kollation  nur 

zu:    L  L     !J  ni  pi-e-i-ni.    In  der  Fluchformel  der  Stele  Argistis' I 

Z.  13  14  heißt  es  nur  mäni  armuzi    "  ^\-»/  pi-e-i-ni. 


852  Lehmann,  Zwei  unveröffentlichte  chaldische  Inschriften. 

dadurch  erschwert,  daß  die  3  ursprünglich  schrägen  Keile  sich  der 
wagerechten  Stellung  nähern,  gerade  wie  assyrisch  und  chaldisch  ^ 
{mätu  „Land")  in  manchen  Texten  (so  denen  Salmanassar' s  II  vom 
Tigristunnel)  beinah  wie  »^  erscheint.  Tatsächlich  hat  für  die 
Annalen  bereits  Layard  das  Richtige  getroffen.  Seine  Lesung 
*"\  ^  *-^  ^  ist  aber  von  Sayce  und  seither  allseitig  verworfen 
worden. 

*~V^  ^~a  ^  (ass-  =  z&r  zeri)  ist  also  „Same  des  Samens, 
Nachkommenschaft".  Und  die  Dreiheit  rndni  armuzi  *~\^  *~-\  A 
„ihn,  seinen  Samen,  seine  Nachkommenschaft"  entspricht  der  Trias 
mei  tini  mei  armuzi  mei  zilbi  der  Fluchformel  Rusas'  II  (S.  831). 
Statt  ZER  .  ZERI  hätte  ich  also  in  der  Transkription  oben  S.  819 
zilbi  setzen  können.  * 

Das  auf  die  Gruppe  in  den  Annalen  folgende  «[^  werden  wir 
wohl  oder  übel  als  Bestandteil  des  aus  dem  Assyrischen  herüber- 
genommenen Ideogramms  betrachten  müssen:  zer  zeri-su  „seine 
Nachkommenschaft".  Danach  wird  man  nun  arliiuruliani  fürderhin 
nicht  mehr  als   „Familie"   deuten  dürfen. 

Die  Steleninsclmift  von  Sigkeh  läßt  sich  also  annähernd  wie 
folgt  als  Ganzes  zwar  nicht  durchweg  übersetzen ,  aber  doch ,  zum 
Teil  wörtlich,  paraphrasieren : 

„Zu  den  mächtigen  (?)  Chaldern  spricht  Menuas,  Argistis'  Sohn: 
den  ....  Anlagen  für  die  Pferde  des  Menuas,  Arsibäer  mit  Namen, 
habe  ich  22  Maßeinheiten  (Landes)  zugewiesen. 

„Menuas  spricht:  wer  diesen  Schriftstein  von  seinem  Orte  weg- 
rückt ,  den ,  der  das  tut  (den  Frevler)  mögen  Chaldis ,  Te'isbas, 
Ardinis  (?)  aus  dem  Sonnenlicht  (?)  vertilgen ,  ihn  (selbst) ,  seinen 
Samen  und  seine  Nachkommenschaft." 


853 


Die  iranische  Schützensage. 

Von 

R.  t.  Stackeiberg. 

Der  Meisterschuß  des  „trefflichsten  arischen  Pfeilschützen ", 
■des  Erexsa  xsvim-isu  im  Avesta  (Yasht  8,6),   des  ^^IaaA  <j^>\ 

bei  Tabarl  I,  p.  435  ist  schon  mehrfach1)  Gegenstand  wissen- 
schaftlicher Erörterung  gewesen.  Wenn  nun  der  Verfasser  dieser 
Zeilen  es  nochmals-)  unternimmt,  über  die  iranische  Schützensage 
zu  handeln,  so  glaubt  er  hierzu  sowohl  durch  die  weite  Verbreitung, 
welche  diese  Sage  in  arabischen,  armenischen  und  persischen  Werken 
gefunden  hat,  als  auch  durch  das  neue  Material,  welches  inzwischen 
über  diesen  Gegenstand  vorliegt,  berechtigt  zu  sein. 

Zur  allgemeinen  Orientierung  sei  bemerkt,  daß  jener  Pfeil  des 
Aris,  welcher  im  Kriege  zwischen  den  Königen  Minöcahr  —  nach 
Al-Tha'älibT  war  es  König  Zaw  —  und  Afrüsyäb  die  Grenze 
zwischen  Iran  und  Türän  feststellen  sollte,  nach  Tabari3)  von 
Tabaristän  aus  bis  zum  Flusse  von  Balch  flog.  A 1  -  T  h  a'  ä  1  i  b  1 4) 
berichtet,  Avis  habe  den  Pfeil  von  einem  Berge  in  Tabaristän  aus 
abgeschossen.  Der  Pfeil  sei  in  Bädghes ,  wo  derselbe  im  Begriffe 
war  niederzufallen,  von  einem  Engel  „wie  berichtet  wirdu.  auf 
Gottes  Befehl  weiter  geschleudert  worden  und  sei  so  in  die  Land- 
schaft Chulm5)  des  Gebietes  von  Balch  gelangt.  Hier  sei  der 
Pfeil  an  einem  Orte,  welchen  man  ,--j:«/   nennt1'),   niedergefallen. 

Nach  Alblrüni7)   befahl  Gott  dem  Winde,  jenen  Pfeil,  welchen 


1)  Vgl.  Nöldeke,  ZDMG.  35,  p.  445  ff.;  Persische  Studien  II,  p.  19 j 
Darmesteter,  Etudes  Iraniennes  II,  p.  220;  Le  Zend-AvcsU  II,  p.  415, 
Anm.  27;  Spiegel,  ZDMG.   45,  p.  192. 

2)  Vgl.   ZDMG.   45,   p.  621ff.   und  Idg.  Forsch.  IV,  p.  152. 

3)  Ed.  de  Goeje,  I,  p.  435,  10— p.  436,  1. 

4)  Ed.  Zotenherg,  Histoiro  des  rois  des  Perses  p.  133   ult.   ff. 

5)  Vgl.  Marquart,   Eränsahr  p.  218,   228,   231. 

6)  Al-Tha'älibl  p.  134,  Z.  1:  ry^.\y^  ^  6]<-&l  «-^»-♦•J;  nach  WTs 
ö  Räraln  p.  280,5  v.  u.  flog  der  Pfeil  von  Särl  bis  Merw.  Vgl.  ?  eh  Tr- 
eidln, ed.  Dorn  p.  18,  5.     Spiegel.  ZDMG.  45,    p.  19. 

7)  Chronologie  ed.  Sachau  p.  220,  Z.  mir.;   Übers.   i>.  205. 


854  v.  Stackeiberg,  Die  iranische  Schützensage. 

der  Genius  Asfandarmudh  {Spenla  Armaiti  im  Avesta)  dem  Avis 
besorgt  hatte,  vom  Gebirge  von  Iiöyän1)  aus  weiter  zu  leiten;  so 
gelangte  der  Pfeil ,  vom  Winde  getrieben ,  an  das  äußerste  Ende 
von  Churäsän  zwischen  Farghüna  und  Tabartstän.2)  „Hier  traf 
der  Pfeil  die  Wurzel  eines  großen  Baumes  aus  der  Zahl  der  Walnuß- 
bäume,    welcher  auf  der  Welt  unter  den  Bäumen  an  Größe  seines 

Gleichen  nicht  hatte"   ä^S  jyl\    .^J^    ^    »yfui    jjof  i^oLoU 

Aus  der  Vergleichung  der  beiden  angeführten  Stellen  ergibt 
sich,  daß  für  Al-Tha' älibi's  ,-tj:  »i"  richtig  ,-yixS  gözban  auf 
Persisch  =  Walnußbaum3)  zu  lesen  ist.  Hierdurch  wird  auch  die 
Form  *f nqfufu  (lies  **\>nqp.nilü)  Gozbo{u)n  in  der  Geographie  des 
Moses4)  als  Name  des  letzten  der  26  Gebiete  von  Churäsän  —  und 
zwar  nach  Osten  hin,  wie  der  Zusammenhang  lehrt  —  sichergestellt. 

Vgl.     ibid.     p.    42  ,     Z.    4     V.     0.  :     %nqjLnU ,     J^U^Itl.     yifLufl,     qnp 

l(n^it  X^pufüif  —  „Gozbon  (lies  *Gözburi)  bis  zum  Flusse, 
welchen  man  Arang5)  nennt".  Marquart'')  hat  mit  Recht  be- 
merkt, daß  die  Ortsangaben  des  armenischen  Geographen  hier  auf 
epischer  Überlieferung  beruhen,  ebenso  auch,7)  daß  der  Ortsname 
lj#//y. '/"///  Kazbionh)  bei  Sebeos  (ed.  Patkanow)  p.  30  mit 
dem  *Gözboun  der  armenischen  Geographie  ursprünglich  identisch 
ist.  Die  Stelle  bei  Sebeos  lautet  in  deutscher  Übersetzung : 
„Und  es  geschah  zu  dieser  Zeit,  daß  ein  gewisser  Vahram  Mehre- 
randak9),  der  Herr  über  die  westlichen  Marken  des  Reiches  der 
Perser,  welcher  durch  seine  Tapferkeit  die  Streitkräfte  der  Hephtha- 


1)  Distrikt  in  Tabaristän;  vgl.  Marquart,  1.  c.  p.  94  und  passim. 

2)  So  im  Texte  p.  220,  Z.  14.  Es  soll  aber  wohl  ^IX-w^li^b  für  ^U^w-ai?, 
das  hier  keinen  Sinn  gibt,  heißen;  so  bei  Al-Th  a'älibl  p.  70,  3.  Vgl.  Nöldeke, 
Tabari  p.  118,  156  und  Marquart  1.  c.  p.  32 ,  Anm.  3  und  den  Index  s. 
Toxäristän. 

3)  Vgl.  Hörn,  Grundriss  p.  52,  n°  228. 

4)  Ed.  Soukry,  Venedig  1881,  Text  p.  40,  18,  Übersetzung  p.  53.  Var. 
ry.mjjpn'it*  Vgl.  Patkanow,  ApMflHCKafl  Teorpaihifl  (St.  Petersburg  1877) 
Text  p.  23,  18;  Übers,  p.  77,  78. 

5)  Vgl.    Marquart,    Eränsabr  p.  147,  Anm.  23. 

6)  Zu  Marquart 's  Gleichsetzung  von  Gözbun  mit  Dizröyen  vgl.  weiter 
unten. 

7)  ZDMG.  49,  p.  C39,  Anm.  4. 

8)  Asojik  hat  an  der  entsprechenden  Stelle  ^luupnt^l^  das  aus  *gauzlun 
entstellt  sein  kann.  Vgl.  syr.  gauzä,  arab.  jauz,  Nuß.  Dann  ginge  das  ö  in 
göz  auf  älteres  au  zurück.  Vgl.  auch  Bceo6in.aa  Hcropia  CTenaHa  Tapon- 
CKaro,  ed.  Emin  Moskau   1864,  p.  82,  Anm.  6. 

9)  Bahräm  VI  Cöbln,  persischer  Feldherr  aus  dem  Hause  der  Mihrän  und 
Thronusurpator  in  den  Jahren  590 — 591.     Vgl.  Nöldeke,  Tabari  p.  431. 


v.  Stackeiberg,  Die  iranische  Schützensage.  855 

liten  geschlagen  und  mit  Waffengewalt  Bald  (Balch)  und  das  ganze 
Land  der  Kusan  bis  jenseits  des  großen  Flusses,  welcher  Vehrot 
(Oxus)  genannt  wird  und  bis  zu  der  Stelle,  welche  Kazbion  ge- 
nannt wird1),  eingenommen  hatte.  Denn  er  drang  vor  bis  jenseits 
der  Lanze  des  tapfern  2)  Spandiat,  von  welchem  die  Barbaren  sagen : 
„Im  Kampfe  bis  an  diesen  Ort  gelangt,  (hatte)  er  seine  Lanze  in 
den  Boden  geheftet". 

Zu  der  angeführten  Stelle  des  S  e  b  e  o  s  paßt  —  wie  schon 
Marquart  1.  c.  p.  83 ,  Anm.  2  bemerkt  hat  —  folgende  Stelle 
aus  der  Städteliste  Persiens,  deren  Pehlewitext 3)  von  Jamshedji 
Modi  veröffentlicht  worden  ist,  p.  19,  8:  Andar  Bäxl-i  bämik4) 
xsa&ristün  u  bäzah5)  Spandyät-i  Viütäspän  hart.  9.  V-as  var- 
züvand  ätaxs-i  Väharän  änöy  nisast;  v-as  nezah-i  xves  änöy  be 
zat;  v-as  av  Yabgü-xähän*)  u  Sinjipüh  xäkän1)  u  Cölxähän8)  u 
r^-vj)  u  Guhram-1)  u  Tucäp10)  u  Arjäsp-i  Xyönän  sah  petäm 
fristit  hu:  Nezah-i  man  be  rikiret;  har  he  pat  vecisnlv)-i en  nezah 
nhlret,  ce  andar  Erän  duväret?  —  8.  In  Balch,  dem  morgend- 
lieben,  hat  Spandyät,  aus  des  Vistäsp  Geschlecht,  eine  Stadt  und 
Tribut  errichtet.  9.  Und  er  hat  das  wirksame  Feuer  des  Vaharän 
dort  eingesetzt.    Und  er  hat  seine  Lanze  dort  geschleudert  und  hat 

1)  tffck.  3.,.lr,lt'u  nV   ^,   Ip^A.     Var.  V^,/„A. 

2)  ^uipjfh  \\uiiu'iiq.l„uinuj  entspricht  dem  yal  Spandyät  im  Yätkar- 
i-Zarerän  §  67,  7,  9;  bei  Firdausi  .LvXJLäjywi  Jo  1650,  v.  2708;  1661, 
v.  2928;   1682,  v.  3280. 

3)  Vgl.  West,  Pahlavi  Literature  §  98,  im  2.  Bande  des  Grundr.  der 
iran.   Philologie  p.  118;  WZKM.  Bd.  17,  p.  48. 

4)  Im  Text  värrük  resp.  närriik;  vgl.  Hü.,  Arm.  Gr.  I,  p.  31,  37. 

5)  Im  Text  I^ÖMl ;  ich  stelle  hierzu  np.  -iL  _b  Tribut  Ho.  Gr.  p.  34, 
n°   148. 

6)  Der  Text  hat  fJ-MIJ)»,  was  ich  in  ~£jy  emendiere.  Vgl.  WZKM.  17. 
p.  58.     Vgl.   Marquart,  Eränsahr  p.  85   und   247. 

7)  Im  Texte  °ik-xäkän.  Nach  Marquart  1.  c.  p.  247  lautete  die  Pehlevi- 
form  *Sir-jibü  für  arab.-pers.  »-^rP-v-;  vgl.  Nöldeke,   Tabar I  p.  158,  Anm.  2. 

8)  Eigentlich  Cöl  zu  sprechen;  Marquart  1.  c.  p.  51,  56,  73.  ZDMG.  49, 
p.  632,  Anm.  4.     Tabari   1,  p.  680,  Z.  8—9. 

9)  Ein  Held  von  Türän  in  der  persischen  Sage;  nach  Fird.  1566,  v.  1042  ff. 
ein  Sohn  des  Arjäsp,  nach  Tabari  p.  677,  5  ein  Bruder  desselben.  Er  tötet 
den  Farsänwart,  den  O.hAa-w.S  FirdausTs  und  wird  von  Asfandyär  erlegt. 
Vgl.  Fird.  p.  1561  — 1562;  1623,  v.  2249;  Al-Tha'älibl  p.  282,  331  337 
Nöldeke,  Persische  Stud.  II,  p.  8. 

10)  Der  ^i'ii'  des  FirdausT,  Statthalter  in  Girögird  und  Schwiegersohn 
des  Turänierkönigs  Afräsyäb-  Fird.  p.  832,  1059;  834,  v.  1059  ff. 

11)  Vgl.  np  ^äJ=Uj  „streuen"  Fird.  388,  153;  359,  713;  966,  95;  1046, 
1466.  WTs  61,  2.  173,  2.  239,  5.  326,  2  v.  u.  Auch  „sieben"  BüstSn  1, 
v.  775,  p.  115. 


856  v-  Stachelberg,  Die  iranische  Schützensage. 

an  den  Yabgü-ocähän  und  den  Sinjipük-xäkän  und  den  Cöl-xälcän 
und  den  r"$^y  und  an  Guhram  und  Tucäp  und  Arjäsp  den  König 
der  Chioniten  Botschaft  gesandt,  nämlich:  „Betrachtet  meine  Lanze; 
wer  diesen  Lanzenwurf  betrachtet,  wie  soll  der  in  das  Reich  Iran 
einfallen?'' 

Aus  dem  Vorstehenden  ergibt  sich,  daß  ich  Marquart, 
Eränsahr,  p.  93,  nicht  beistimmen  kann,  wenn  er  das  Gozbon  der 
armenischen  Geographie  sowie  das  Kazbion  bei  S  e  b  e  o  s  dem 
„ehernen  Schlosse"  der  persischen  Sage  gleichsetzt.  Dagegen  möchte 
ich  durchaus  an  M  a r  q u  a  r  t 's  Ansicht  festhalten,  daß  die  oben  an- 
geführte Stelle  aus  S  e  b  e  o  s  mit  den  Bahräm  Cöbinroman  in  Ver- 
bindung steht,  sowie  daß  der  Ortsname  *Gözbun  oder  *Gauzbun 
der  mythischen  Geographie  angehört.  Die  Sage  vom  Meisterschuß 
des  Erexsa  =  Aris  war  im  arsacidischen  Hause  der  Mihrän 
lebendig  geblieben.  Leitete  doch  Bahräm_  Cöbrn,  der  selbst  ein 
Mihrän  war,  seine  Abkunft  vom  Schützen  Aris  ab.1)  Hierzu  kommt 
noch  die  Nachricht  bei  Tabari  I,  p.  691,  16,  daß  Aris  ein  Oheim 
des  Großvaters2)  von  Bistäsf  (des  Vaters  des  Spandyät)  war. 
Von  Spandyät  aber  leitete  sich  ein  Zweig  der  Mihrän  her.3)  Wie 
nun  schon  das  Chödäinämak  —  wohl  unter  dem  Einfluß  von 
Priesterschaft  und  hohem  Adel  —  die  Taten  des  Spandyät  denen 
anderer  Helden  nachgebildet,  ja  den  Glaubenshelden  der  Zoroa- 
strischen  Legende  über  die  andern  Helden  der  persischen  Sage4) 
gestellt  hat ,  so  sehen  wir  auch  hier  den  Spandyät  an  die  Stelle 
des   „besten  arischen  Pfeilschützen "   gesetzt. 

Dem  Eindringen  des  Spandyät  in  die  Sage  vom  Schützen  Aris, 
dessen  Pfeil  den  „Walnußbaum"  traf,  ist  noch  ein  anderer  Umstand 
günstig  gewesen.  Es  handelt  sich  nämlich  noch  um  die  Bedeutung, 
welche  der  Baumkultus  für  die  Sage  von  Spandyät  hat.  Hierbei 
kommt  vor  allem  die  Tamariske  in  Betracht,  in  welcher  nach  dem 
Sckähnäme  p.  1706,  v.  3705  der  Geist  —  \J^>*$>  —  des  Asfandyär 
enthalten  war.5)  Dann  gehören  noch  hierher  des  Moses  K'alan- 
katvatsi6)  Nachrichten  über  heilige  Bäume,  welche  dem  Aspandeat 
bei  einem  Volke  nördlich  vom  Kaukasus  geweiht  waren.    Wir  geben 


1)  Vgl.  Nöldeke,  Tabari   p.  279  und  Persische  Studien  II,  p.  19. 

2)  <wft>J,.Ä.£o    i\J~    >£, 

3)  Vgl.  Nöldeke,  Tabari  p.  137,  Anm.  3;  439,  Anm.  3;  Marquart, 
ZDMG,  49,  p.  637,  Anm.  2. 

4)  Vgl.  Nöldeke,  Persische  Studien  II,  p.  8,  und  das  iranische  National- 
epos §  30. 

5)  Vgl.  Al-Tha'älibT  p.  368,  1.  Mit  einem  Pfeile  aus  dem  Holze  dieser 
Tamariske  erlegt  Rustam  den  Asfandyär. 

6)  Geschichte  der  Albanier  (Aluank')  ed.  Emin  Moskau,  1860,  1.  II,  c.  41, 
p.  198.  Die  hier  in  Betracht  kommenden  Ereignisse  fallen  in  das  Ende  des 
7.  Jahrhunderts  n.  Chr.  Vgl.  Marquart,  Osteuropäische  und  ostasiatische 
Streifzüge  p.  15,  Anm.  3;  p.  115. 


v.  Stackeiberg,  Die  iranische  Schützensage.  857 

die  wichtigsten  Stellen  daraus  in  deutscher  Übersetzung  wieder: 
Der  Bischof  hatte  befohlen  „von  den  vielästigen  hohen  Eichbäumen, 
welche  sie x)  dem  schändlichen  Aspandeat  geweiht  hatten ,  indem 
sie  demselben  Rosse  zum  Opfer  darbrachten,  deren  Blut  sie  um  die 
Bäume  herum  ausgössen  und  Kopf  und  Haut  an  den  Bäumen  auf- 
hängten, ■ — ■  den  Einen  umzuhauen,  welcher  Haupt  und  Mutter  aller 
anderen  Bäume  war  und  welchen  sie  für  den  Heiland  der  Götter 
und  den  Lebensbringer  und  Darbringer  alles  Guten  hielten"  (p.  198). 
Vgl.  ibid.  p.  199,1  ff. :  „Erhaltet*2)  und  erfahret  ihr  denn  nicht, 
wenn  ihr  betet  und  Opfer  darbringet  vor  den  Bäumen  im  Namen 
des  riesenstarken*3)  Helden  Aspandeat,  die  Wohltaten,  welche  ihr 
nur  wünschet?"  — ■  Und  weiter  ibid.  Z.  16  ff. :  „Aber  wer  wird 
jenem  Orte  zu  nahen  vermögen,  wo  die  Tempel  und  Altäre  des 
riesenstarken  Aspandeat  gebaut  und  errichtet  sind,  oder  dem  schön - 
belaubten  Baume,  welcher  der  Beschützer  und  Lebensspender  dieses 
Landes  ist?  Wahrlich  derselbe  (sc.  dieser  Baum)  hat  diejenigen, 
welche  aus  Unkenntnis  von  diesem  Baume ,  von  den  abgefallenen 
Blättern  oder  den  Hölzern,  die  von  demselben  (stammen),  zu  ihren 
Bedürfnissen  etwas  nehmen ,  mit  den  schlimmsten  Geschwüren  und 
Besessenheit  gestraft,  ja  selbst  mit  dem  Tode,  und  ihr  Haus  und 
Geschlecht  vertilgt".  Weiter  käme  hier  noch  eine  Stelle  aus  dem 
armenischen  Schriftsteller  Grigor  Magistros4)  in  Betracht  über  die 
Ceder  des  Berges  Sabalän,  „aus  deren  Ästen  nach  den  Erzählungen 
der  Parther  drei  Städte  gebaut  sind  und  aus  deren  Wurzel  und 
Stamm ,  welche  versteinert  waren ,  Spandiar  sich  ein  Denkmal  er- 
richtete". Von  Wichtigkeit  für  unsei-n  Gegenstand  ist  aber  noch 
folgender  Brauch,  welcher  noch  aus  neuer  Zeit  bezeugt  ist.  Dubrowin5) 
berichtet,  daß  sich  im  Lande  der  Chewsuren6)  eine  alte  Eiche  be- 
fand, welche  unter  dem  Namen  Bagration  bekannt  war.  Das  Volk 
hielt  dieselbe  für  heilig,  und  wenn  jemand  aus  dem  Geschlechte 
der  Bagratiden  zu  ihnen  (den  Chewsuren)  hinkam  und,  indem  er 
die  Eiche  umarmte,  ausrief:  „Mein  Vorfahre,  beschütze  deinen  Nach- 
kommen" —  so  war  das  Volk  verpflichtet,  den  betreffenden  Bagra- 
tiden mit  ganzer  Kraft  zu  verteidigen.     Nun    leitete    der   iberische 


1)  Das  heißt  die  4"^   „Hunnen",    wie    der  armenische  Historiker 
Volk  nennt. 

2)  Die  folgenden  Worte  werden  von  Moses  K'al.  den  heidnischen  Priestern, 
welche  ihr  Volk  zum  Ausharren  beim  Glauben  der  Väter  ermahnen,  in  den 
Mund  gelegt. 

3)  Das  Wort  ^u^uijmqup  „riesonstark"  entspräche  dem  persischen  ..^j'jvJ.. 
„der  Erzleibigea,  einem  Beiwort  des  As fandyär  bei  Firdausi  1699,  v.  3574; 
1701,  v.  3623. 

4)  Vgl.  Chalathianz,  WZKM.  10,  p.  220.  Vgl.  auch  W/.KM  12, 
p.  230  ff. 

5)  HcTopifl  bohhh  h  B.iaÄiiqecTBa  pyccKnx'b  na  KaBKLVlt  Bd.  i,  Buch  2. 
St.  Petersburg  1871,  p.  291. 

6)  Vgl.  Radde,  die  Chewsuren  und  ihr  Land  (Cassel  1878)   p.  98ff. 


£58  v-  Stachelberg,  Die  iranische  Schützensage. 

Bagratidenzweig  seine  Abkunft  von  Spandyät  ab.1)  Dieser  genea- 
logische Zusammenbang  Spandyät's  mit  den  Bagratiden  bat  viel- 
leicht auch  den  S  e  b  e  o  s  dazu  vermocht ,  in  seinem  Werke  den 
Lanzenwurf  des  Spandiat  zu  erwähnen.  War  dochSebeos  bagra- 
tidischer  Bischof  und  der  erste  Geschichtsschreiber  der  armenischen 
Bagratiden.-) 

Zu  Roy  in  diz,  dem  „ehernen  Schlosse"  des  turanischen  Königs 
Arjäsp ,  wäre  noch  zu  bemerken,  daß  dasselbe  ursprünglich  wohl 
mit  dem  Hause  von  Erz,  welches  Afräsyäb  der  persischen  Sage 
gemäß  erbaute,  identisch  ist.  Dar  niest  e  t  er  3)  hat  vermutet,  daß 
hierzu  der  ty\<^^\  zu  stellen  ist;  vgl.  Bun  d  eh  esch  (ed.  Justi) 
p.  23,  7  ff.  :4)  Bakgir  köf  än-i  Fräsyäp-i  Tur  pat  darpustlh  hart 
v-as  an  man  andar(r)ün  hart;  v-as  imröc  xsa&r  Rümisn  Peröc, 
bevar  dih  u  xsa&ristän  apar  awgand.  —  „Der  Berg  Bakgir  (ist) 
jener  von  Fräsyäp,  dem  Turanier,  zur  Festung  gemachte;  und  er 
(Fräs.)  hat  darin  jene  Wohnung  errichtet;  und  heutzutage  (ist  es) 
Schahr -  Rümisn-  Peröc;b)  zehntausend  Dörfer  und  eine  Stadt  hat 
er  gegründet".  —  Der  Name  Bakgir  aber  würde  dem  türkischen 
_äb  „Kupfer"  entsprechen,  Bakgir  köf  also  eigentlich  „Kupferberg" 
heißen  und  so  dem  persischen  -p  ij^*j  resP-  Uk-bj  'j^  entsprechen. 
Zu  PehlewI  Bakgir  =  türk.  ab  stelle  ich  auch  Firdausl's 
sLf.bCo  1587,  v.  1564,  Name  der  ehernen  Burg  und  zwar  speziell 
so  vom  Türkenkönig  Arjäsp  genannt.  Hier  wäre  dann  der  ur- 
sprüngliche Name  *Bakir  (*Bükir)  köf  vom  Dichter  oder  schon 
dessen  Quellen  volksetymologisch  in  paikär-gäh  6)  „Kampfort,  Kampf- 
thron"  verändert  worden. 


1)  Vgl.  v.  Gutschmid,  Kleine  Schriften  III,  p.  294,  Marquart,  ZDMG. 
49 ,  p.  639 ,  Anm.  4  und  desselben  Osteuropäische  und  ostasiatische  Streifzüge, 
p.  429. 

2)  Vgl.  Chalathianz,  ApMflHCKÜi  diiOCl  p.  98ff. 

3)  Et.  Ir.  II,  p.  226. 

4)  Hiernach  bitte  ich  meine  Bemerkungen  WZKM.  12,  p.  242  zu  be- 
richtigen. 

5)  Vgl.  Nöldeke,  Tabarl,  p^l23,  Anm.  3  undp.  157.  Mithin  wäre 
die  Identifizierung  dieses  Berges  mit  Sahräm  Peröc  in  Adliarbaijän  —  wohin 
die  Sage  den  Untergang  des  Afräsyäb  verlegte  —  späteren  Ursprungs.  Soll  sich 
doch  selbst  die  Feste  Dizröyin  auf  dem  Gipfel  des  Sabalän  befunden  haben; 
vgl.  WZKM.,  Bd.  12,  p.  230,  Anm.  2. 

6)  Vgl.  das  .LXajJS  ^>Iä5^,  das  „Kampfbuch",  welches  die  Kämpfe  des 
Spandyät  gegen  die  Alanen  beschrieb,  Marquart,  ZDMG.  49,  p.  639.  Der- 
selbe, Osteuropäische  und  ostasiatische  Streifzüge  p.  166. 


859 


Ein  Schlußwort. 

Von 

C.  F.  Lehmann. 

Auf  S.  161 — 197  des  vorliegenden  Bandes  behandelt  Herr 
Waldemar  Belck  „ Die  Steleninschrift  Musas'  II  Argistihinis 
von  Etschmiadzin" ,  und  zwar  unter  dem  Vorgeben,  die  durch 
meine  Publikation  der  gleichen  Inschrift  (Bd.  56  dieser  Zeitschrift 
S.  101 — 115)  auf  „bedenkliche  Irrwege"  geleitete  chaldische  For- 
schung zu  schützen  (S.  162,  Abs.  2). 

In  Wahrheit  bringt  dieses  durch  den  darin  angeschlagenen 
Ton  genügend  gekennzeichnete  Schriftstück  in  äußerst  gewandter 
Argumentation ,  die  überwiegend  den  Schein  an  Stelle  der  Tat- 
sachen verwertet  und  anstrebt ,  neben  einer  verschwindenden  Zahl 
richtiger  oder  erwägenswerter  Bemerkungen  eine  Fülle  tendenziöser 
Angriffe  auf  meine  Tätigkeit  als  Forscher  und  Forschungsreisender 
auf  altarmenischem  Gebiet. 

Von  diesen  fasse  ich  hier  nur  diejenigen  ins  Auge,  die  ehren- 
rührige Verdächtigungen  in  greifbarer  Gestalt  enthalten.  Nicht 
als  ob  ich  persönlich  meine  Ehre  durch  Herrn  Belck  angetastet 
fühlte.  Aber  unserer  Gesellschaft  und  dem  Leserkreis  ihrer  Zeit- 
schrift glaube  ich  den  Nachweis  meiner  Integrität  schuldig  zu  sein. 

Diese  Anschuldigungen  des  Herrn  Belck  sind  in  gewohnter 
Weise  so  geschickt  angesponnen ,  daß  zu  ihrer  Widerlegung  und 
Entschleierung  ein  erheblicher  Aufwand  von  dokumentarischen  und 
speziell  von  literarisch-chronologischen  Darlegungen  nötig  ist.  Diese 
habe  ich  der  Redaktion  unserer  Zeitschrift  bald  nach  Erscheinen 
des  Belck'schen  Aufsatzes  eingereicht.  Herr  Prof.-ssor  Ki scher 
hat  mir  nach  deren  eingehender  Prüfung  mitgeteilt ,  daß  sie  ihn 
völlig  überzeugt  hätten,1)  und  mich  ersucht,  um  für  diese  persön- 
lichen Auseinandersetzungen    nicht    allzuviel    Raum    der  Zeitschrift 


[1)  Ich  bezeuge  hiermit  Herrn  Prof.  Lehmann  die  Richtigkeit  dieser  Aus- 
sage. Was  den  von  ihm  gerügten  Ton  des  Bolck'schen  Aufsatzes  anlangt,  so 
muß  ich  leider  zugeben,  daß  letzterer  einige  Invektiven  enthält,  die  besser 
nicht  darin  stehen  würden  (ich  denke  dabei  besonders  au  S.  162  f.  und  1  &7 
Als  Herr  Dr.  Belck  das  Mskr.  seines  Aufsatzes  an  die  Redaktion  einsandte, 
fügte    er    einen  Brief   bei,    der    folgenden  Passus    enthält:    ,,Die  Abhandlung  ist 


860  Lehmann,  Ein  Schlußwort. 

in  Anspruch  zu  nehmen,  hier  nur  die  Ergebnisse  mitzuteilen,  mich 
aber  für  die. Beweisführung  und  die  urkundlichen 
Belege    auf   sein    Zeugnis    zu    berufen. 

Indem  ich  dieser  Aufforderung  entspreche,  füge  ich  noch 
binzu,  daß  sowohl  die  bei  der  Redaktion  niedergelegten  Belege, 
wie  auch  die  ausgeführteren  Darlegungen  selbst,  an  deren  Stelle 
Gegenwärtiges  tritt ,  jedem  auf  Wunsch  zur  Einsicht  zur 
Verfügung    stehen. 

1.  Herr  Belck  behauptet,  meine  Bekundung  (diese  Zeitschrift 
Bd.  56  S.  114  unten),  ich  hätte  seines  „Berichtes"  (Verhandl.  Berl. 
anthrop.  Ges.  vom  20.  April  1901,  S.  220—222)  nur  in  einem 
Nachtrage'  zu  meinem  genannten  Artikel  über  die  Stele  Rusas'  II 
gedenken  können,  sei  unwahr  (s.  S.  161   dieses  Bandes). 

2.  Belck's  Mitteilungen  übet-  armenische  Streitfragen  (Verh. 
Berl  anthrop.  Ges.,  Sitzung  vom  15.  Juni  1901,  S.  284—328) 
soll  ich  bei  Abfassung  meiner  Abhandlung  in  Bd.  56  dieser  Zeit- 
schrift genau  gekannt  und  vielfältig  teils  in  ihren  sachlichen  Er- 
gebnissen absichtlich  ignoriert  teils,  ohne  sie  zu  nennen,  also  als 
Plagiator,  benutzt  haben  (S.  169  dieses  Bandes  unten  und  170 
oben).  Diese  Anschuldigung  kehrt  an  einer  Reihe  von  Stellen  (S.  168 
Abs.  3  und  letzter  Absatz,  S.  178  Abs.  4,  S.  182  Abs.  2  bis  184 
Abs.  2,  S.  184  Abs.  2  v.u.  und  letzter  Absatz)  des  Belck'schen 
Elaborats  wieder,  wohlweislich  ohne  daß  der  Herr  Verfasser  erkennen 


zur  Hälfte  polemischen  Charakters,  und  da  bekanntermaßen  die  streitenden 
Parteien  leicht  etwas  zu  scharf  werden,  habe  ich  nichts  dagegen,  wenn  die 
Redaktion  als  objektiver  Dritter  hier  und  da  mildernd  im  Ausdruck  eingreift." 
Da  ich  es  nicht  für  meine  Pflicht  halten  konnte,  einen  Aufsatz,  von  dessen 
allzu  persönlichem  Charakter  sein  Verfasser  offenbar  selbst  ein  deutliches  Bewußt- 
sein hatte,  von  seinen  anstößigen  Stellen  zu  säubern,  um  ihm  so  die  Aufnahme 
in  die  ZDMG.  zu  ermöglichen,  war  ich  anfangs  geneigt,  Herrn  Belck  sein 
M^kr.  zurückzuschicken.  Schließlich  aber  habe  ich  es  doch  durchkorrigiert 
und  darauf,  in  wesentlich  gemilderter  Form,  der  Druckerei  übergeben.  Die 
oben  angeführten  Stellen  habe  ich  dabei  leider  stehen  lassen,  offenbar  weil  sie 
mir  im  Mskr.  nicht  so  schlimm  erschienen  wie  nachher  im  Druck  (Manuskripte 
sind  ja  oft  nicht  sehr  übersichtlich).  Daß  sich  Herr  Belck  in  einer  Weise, 
wie  sie  in  unserer  Zeitschrift  sonst  durchaus  ungebräuchlich  ist,  des  Fettdrucks 
bedienen  würde,  habe  ich  seinem  Mskr.  nicht  angesehen.  Ich  habe  die  Arbeit 
dann  erst  wieder  zu  Gesicht  bekommen,  als  ich  ihr  das  Imprimatur  erteilen 
sollte,  d.  h.  als  es  zu  spät  war,  sie  noch  wesentlichen  Änderungen  zu  unter- 
ziehen. Daß  ich  nicht  schon  früher  wieder  mit  ihr  zu  tun  gehabt  hatte ,  hing 
damit  zusammen ,  daß ,  wie  bekannt ,  die  Herren  Mitarbeiter  unserer  Zeitschrift 
ihre  Korrekturen  nach  altem  Brauche  stets  direkt  an  die  Druckerei  schickten 
und  nicht  an  den  Redakteur. 

Die  unliebsame  Erfahrung,  die  ich  mit  dem  Belck'schen  Aufsatze  gemacht 
habe,  hat  mich  veranlaßt  diesen  im  Grunde  so  erfreulichen  Brauch,  der  Zeugnis 
von  dem  schönen  Vertrauen  ablegte,  das  der  Redakteur  der  ZDMG.  jederzeit 
seinen  Mitarbeitern  hatte  schenken  können,  aufzuheben.  Sie  hat  mich  zu- 
gleich zu  dem  Entschlüsse  bestimmt,  Arbeiten,  deren  ganzer 
Ton  sich  als  persönlich  dokumentiert,  künftig  stets  a  limine 
abzuweisen.  Der  Redakteur.] 


Lehmann,  Ein  Schlußwort.  QQ1 

läßt,   daß  diese  Reklamationen  sich  alle  auf  die  Mitteilungen  über 
armenische  Streitfragen  beziehen,  deren  Titel  er  niemals  nennt. 

3.  Meine  Aussage  (a.  a.  0.  S.  114  unten  und  vgl.  S.  102  Anm.  1), 
daß  die  Abhandlung  von  Golenischeff  (Berichte  der  Kais.  Russ. 
Archäol.  Ges.  Bd.  13,  1901),  von  der  ich  durch  Belck's  „Bericht" 
Kunde  erhielt ,  mir  alsdann  nicht  zugänglich  gewesen  sei .  erklärt 
Herr  Belck  (oben  S.  161)  für  unwahr  und  zugleich  für  einen 
Beweis  wissenschaftlicher  Nachlässigkeit,  da  mir  diese  Publikation 
„in  den  großen  Berliner  Bibliotheken  ohne  Schwierig- 
keit  zugänglich"    gewesen  sei. 

4.  Herr  Belck  bemerkt  „zur  Feststellung  der  Wahr- 
heit" (oben  S.  172  letzter  Absatz  bis  S.  173  Z.  5),  in  einem  mir 
von  ihm  —  Juni  1897  —  zur  Durchsicht  und  zur  Vorlage  an 
die  Berl.  anthropologische  Gesellschaft  übersandten  Manuskript  sei 
ausgesprochen  gewesen,  daß  Thomas  Ardzrüni  unter  dem  von  ihm 
erwähnten  „Damm  des  Flusses"  (ambartak  getoyn)  den  Semiramis- 
Menuas-Kanal  verstanden  habe  und  verbindet  damit  Unterstellungen, 
die  der  oben  auf  S.  162  Abs.  4  gebotenen  allgemeinen  Anzweiflung 
meiner  literarischen  Ehrenhaftigkeit  den  Schein  der  Berechtigung 
geben. 

Dem    gegenüber    ist    urkundlich    festgestellt: 
Ad    1.      Jener   ^Bericht"    des   Herrn    Belck    ist    mir    erst    zu- 
gegangen,   nachdem    ich   das  Manuskript  meiner  in  Bd.  56  Heft  1 
abgedruckten  Abhandlung,  die  ursprünglich  für  Bd.  55  Heft  4  be- 
stimmt war,  der  Redaktion  schon  eingesandt  hatte. 

Ad  2.  Das  Belck's  Mitteilungen  über  armenische  Streitfragen 
enthaltende  Heft  4  der  Verh.  Berl.  anthrop.  Ges.  ist  ausgegeben 
worden,  nachdem  meine  Abhandlung  in  Bd.  56  dieser  Zeitschrift 
gedruckt  und  korrigiert  war. 

Ferner : 

Ad  1  und  2.  Die  bestimmten,  zum  Teil  fettgedruckten  Zeit- 
angaben (oben  S.  161  Z.  11  v.  o.  und  Z.  9  v.  u.;  S.  168  Abs.  2  v.  u. 
Z.  4  erste  Hälfte;  S.  169  letzte  Zeile),  durch  die  Herr  Belck  seine 
Anschuldigungen  plausibel  zu  machen  (ad  1)  oder  allein  zu  be- 
gründen sucht  (ad  2),  sind  sämtlich  falsch,  und  zwar  nicht  bloß 
tatsächlich,  sondern  wider  besseres  Wissen.  Denn  Herr  Belck 
täuscht  seine  Leser,  indem  er  die  Bekanntgabe  seiner  Publikationen 
vom  Termin  ihrer  Vorlegung  in  einer  Sitzung  der  Anthropologischen 
Gesellschaft  berechnet,  während  er  selbst  am  besten  weiß,  dal) 
zwischen  der  Vorlegung  eines  Manuskriptes  und  dessen  E  r  - 
scheinen  im  Druck  Monate  zu  vergehen  pflegten.  So  sind  die 
im  Juni  1901  vorgelegten  Mitteil,  über  armenische  Streitfragen 
Anfang  Januar  1902  ausgegeben  worden.  Auf  diese  Weise  kommt 
das  Intervall  von  „reichlich  1j2  Jahr"  (S.  168  Abs.  2  v.  u.  /..  i. 
vgl.  S.  169  unten)  zustande,  das  die  Publikation  dieser  Schrift  von 


gß2  Lehmann,  Ein  Schlußwort. 

der  Abfassung  oder  dem  Druck  meiner  Abhandlung  in  Band  56 
trennen  soll. 

Ad  3.  Bd.  13  der  Berichte  der  Kais.  Russ.  archäol.  Ges. 
ist,  wie  des  weiteren  urkundlich  festgestellt  ist,  noch  heute  in 
keiner  der  großen  Berliner  Bibliotheken  vorhanden.  Diese  Be- 
richte fehlen  in  der  Universitäts-Bibliothek  und  in  der  der  König- 
lichen Museen  vollständig,  in  der  Königlichen  Bibliothek  sind 
sie  nur  bis  zum  11.  Bande  vorhanden,  genau  wie  ich  im 
Jahre  1901  ermittelt  hatte.  Der  Vorwurf  der  Unwahr- 
haftigkeit  und  dazu  der  Nachlässigkeit  fällt  also  auf  Herrn 
Belck  zurück,  der  ehrenrührige  Beschuldigungen  ei'hebt,  deren 
Grundlosigkeit  er  hätte   feststellen  können  und  müssen. 

Ad  4  steht  urkundlich  folgendes  fest:  In  jenem  Manuskripte 
des  Herrn  Belck  war  direkt  das  Gegenteil  von  dem  ausgesprochen, 
was  Herr  Belck  behauptet,  nämlich  daß  Thomas  Ardzrüni  als 
.Damm  des  Flusses"  den  von  Rusas  I  angelegten  Keschisch-göll  oder 
vielmehr  die  dazu  gehörigen  Stauanlagen  bezeichnet  habe.  Ferner 
habe  ich  Herrn  Belck,  nach  Prüfung  des  armenischen  Originals  des 
ihm  nur  in  der  Übersetzung  verständlichen  Autors,  alsbald  daraufhin- 
gewiesen, es  könne  nur  der  Semiramis-Menuas-Kanal  gemeint  sein. 
Gleichwohl  verblieb  Herr  Belck  in  seinen  Briefen  noch  monatelang 
bei  seiner  gegenteiligen  Behauptung,  und  ersuchte  mich  u.  a.  im 
Verlaufe  dieser  Korrespondenz,  zwei  Monate  nach  Übersendung 
seines  Manuskriptes  an  mich ,  demselben  unter  Anwendung  von 
Fettdruck  einen  Zusatz  hinzuzufügen,  nach  welchem  bei  Thomas 
Ardzrüni  „jede  Bezugnahme  auf  den  Semiramis-Menuas- 
Kanal  ausgeschlossen"   sei. 

Da  Herr  Belck  hier  ausdrücklich  die  Feststellung  der  Wahr- 
heit als  sein  Ziel  hinstellt ,  und  da  er  selbst  mitteilt ,  daß  sein 
Manuskript  mit  meinen  Randbemerkungen  noch  heute 
in  seinen  Händen  sei  (S.  173  dieses  Bandes  Z.  3 — 5  v.  o.),  da 
ferner  seine  einschlägigen  Briefe  noch  jetzt  erkennen  lassen ,  daß 
sie  durch  die  Kopierpresse  gegangen  sind,  so  war  er,  wenn  ihn 
sein  Gedächtnis  verlassen  hatte ,  verpflichtet ,  das  Manuskript  und 
ev.  das  sonstige  Material  anzusehen.  Indem  er  dies  unterließ  und 
sich  dadurch  eine  unwahre  Verdächtigung  ermöglichte,  hat  er  sich 
des  höchsten  Grades  der  Leichtfertigkeit,  der  culpa  dolo  proxima. 
schuldig  gemacht. 


Nach  diesen  Feststellungen  bin  ich  mit  Herrn  Belck  für  immer 
fertig. 

Das  wenige,  was  an  seinen  neuesten  Auslassungen  eine  wissen- 
schaftliche Erörterung  verträgt,  und  einiges  von  dem,  was  darin 
einer  sachlichen  Berichtigung  bedarf,  findet  man,  seiner  Herkunft 
nach  erkennbar,  aber  tunlichst  ohne  direkte  Bezugnahme  auf  Herrn 
Belck,    in    meinem  Artikel    Zwei  unveröffentlichte    chaldische   In- 


Lehmann,  Ein  Schlußwort.  363 

Schriften  (S.  815 — 852  dieses  Bandes)  behandelt.  Entsprechend 
werde  ich  mich  angesichts  der  unausgesetzten  Reklamationen  des 
oben  gekennzeichneten   und  ähnlichen  Kalibers  künftighin  verhalten. 

Ein  weiteres  Eingehen  auf  die  übrigen ,  angeblich  durch  die 
Inschrift  Rusas'  II  bedingten  Äußerungen  des  Herrn  Belck  ver- 
trägt sich  m.  E.  nicht  mit  dem  Charakter  unserer  Zeitschrift  und  dem 
Ernst  der  Wissenschaft,  die  sie  vertritt.  Mir  genügt  ihnen  gegen- 
über der  Hinweis  auf  mein  ein  Jahr  vorher  in  der  Deutschi  n 
Literatur- Zeitung  vom  9.  Mai  1903,  Sp.  1166 — 1170  über  Belck 
gefälltes  wohlerwogenes  Urteil. 

Herr  Belck  mag,  früher  oder  später  das  alte  Spiel  beginnend, 
Verdächtigungen  ausstreuen ,  die  urkundlichen  Tatsachen  zuwider- 
laufen ,  ein  durch  überwiegend  persönliche  Motive  veranlaßtes  Ge- 
misch von  fragwürdigen  Behauptungen  und  Invektiven  in  das  Ge- 
wand einer  sachlichen  Erörterung  kleiden  und  dafür  an  tatsächlichen 
Irrtümern .  an  denen  es  bei  mir ,  wie  bei  jedem  Forscher  auf 
schwierigem  Gebiete,  auch  ferner  nicht  fehlen  wird,  eine  bequeme 
Handhabe  suchen  und  finden. 

Er  hat  freie  Bahn. 

In  strikter  Ausführung  meines  früher  (Verh.  Berl.  anlhrop. 
Ges.  1901,  S.  226  Anm.  1)  bekundeten  und  im  wesentlichen  inne- 
gehaltenen Entschlusses  lehne  ich  jedwedes  Eingehen  auf  eine 
Polemik  mit  Herrn  Belck  für  alle  Zukunft  ab. 

Mein    Schlußwort    ist    definitiv    gesprochen! 


15(1.    LVIIl. 


864 


Psalm  2. 

Von 

Eduard  Sievers. 

Durch  die  scharfsinnigen  Erörterungen  von  E.  Baurnann,  oben 
S.  587  ff.  ist  die  ursprüngliche  metrische  Form  und  Gliederung 
des  Psalms,  wie  ich  glaube,  in  durchaus  überzeugender  Weise  klar- 
gelegt. Dagegen  kann  ich  Baumann  nicht  in  allen  Details  seiner 
Ausführungen  zustimmen. 

Vor  allem  komme  ich  bei  V.  6  doch  nicht  über  den  persön- 
lichen König  hinweg.  Gewiß  mag  -ob?3  tod;  auffällig  sein,  aber 
es  ist  doch  nicht  rätlich,  das  Yerbum  *p*  hier  durch  Konjektur 
zu  beseitigen,  angesichts  der  Tatsache,  daß  Ps.  83,  der  so  viele, 
auf  direkte  Kenntnis  unseres  Textes  hindeutende  wörtliche  An- 
klänge an  Ps.  2  aufweist,  u.  a.  auch  das  Subst.  VO:  „Fürst"  gebraucht 
(V.  12),  das  von  dem  Verbum  *p;  unserer  Stelle  jedenfalls  nicht 
getrennt  werden  kann.  Der  Verfasser  von  Ps.  83  wird  also  unser 
TOD*  auch  bereits  in  seinem  Text  von  Ps.  2  gelesen  haben.  Auch 
noch  ein  anderer  Umstand  verbürgt  der  Lesart  ein  relativ  hohes 
Alter:  denn  sie  ist  doch  offenbar  die  Quelle  für  die  von  Baumann 
mit  Recht  ausgeschiedene  Interpolation  invcu  brn  mm  b"'  in 
V.  2  gewesen :  deren  Verfasser  hat  ja  jedenfalls  —  ob  mit  Recht 
oder  Unrecht,  ist  hier  gleichgültig  —  in  *p3  eine  Art  Synonymum 
von  nU573  gesehen. 

Ist  aber  mit  V.  6  ein  persönlicher  König  eingeführt ,  als 
Schützer  des  bedrohten  Volkes,  so  ist  es,  meine  ich,  auch  klar,  daß 
die  weitere  Fortsetzung  der  Rede  Jahwe's  sich  an  diesen,  und  nicht, 
wie  Baumann  meint,  an  den  Psalmisten  wendet:  Jahwe  selbst 
fordert  den  von  ihm  Eingesetzten  auf,  die  Bedränger  seines  Volkes 
zu  vernichten.  Zwischen  den  beiden  Teilen  der  Rede  ist  dann 
aber  kein  Raum  für  irgendwelchen  Zwischengedanken,  der  die  Rede 
der  ersten  Person  (d.  i.  Jahwe's)  durchbricht.  Demnach  ist  offen- 
bar mm  pn  ba  rnsoN  als  mißlungener  Interpretationsversuch 
ganz  zu  streichen,  und  "ON  "}73N  in  im73N  zu  ändern:  „Meinen 
König  habe  ich  eingesetzt  auf  Sion  meinem  heiligen  Berg.  Ich 
habe  ihm  gesagt:  mein  Sohn  bist  du,  heute  habe  ich  dich  ge- 
zeucff   u.  s.  w. 


Siecers,  Psalm  2.  865 

In  Vs.  8  halte  ich  Baumann's  Vorschlag  einer  Umstellung  von 
D"H3  nicht  für  annehmbar.     Der  Vers 

^ntriKi  "jnbn;  SiinNi         ü^a  "»a»»  bssi 

wäre  rhythmisch  wie  sprachlich  zu  holprig,  auch  erregt  mir  sein 
Inhalt  einiges  Bedenken.  Wie  soll  der  Sohn  gerade  darauf  kommen, 
die  D*na  zu  verlangen '?  Im  Zusammenhang  der  Rede  des  Vaters 
an  den  neugeborenen  Sohn  paßt  doch  nur  ein  ganz  allgemeines 
„Nun  wünsche  dir",  nicht  „Wünsche  dir  ein  bestimmtes  Objekt, 
und  du  sollst  es  haben".  Offenbar  muß  also  mit  dem  von  Bau- 
mann richtig  gestrichenen  y^\H  ^osn  auch  *jnmNn  fallen ,  so  daß 
die  zweite  Hälfte  des  Doppeldreiers  8  nun  einfach  lautet  n:nNi 
^rbn:  D"n3,  wogegen  weder  von  sprachlicher  noch  von  rhythmischer 
noch  von  inhaltlicher  Seite  etwas  einzuwenden  sein  dürfte.  Für 
die  erste  Vershälfte  bleibt  aber  dann  nur  das  um  einen  Fuß  zu 
kurze  "07273  bfitTö.  In  meinen  Metr.  Stud.  I  501  habe  ich  die  da- 
nach anzunehmende  Lücke  hinter  -C7373  angesetzt:  jetzt  glaube  ich 
sie  eher  für  den  Verseingang  postulieren  zu  dürfen,  weil  "Oten  bfctlZJ 
und  -:nNi  doch  kaum  durch  einen  Einschub  von  einander  los- 
gerissen werden  dürfen.  Es  wird  also  wohl  am  Verseingang  irgend 
eine  Anknüpfung  an  den  vorausgegangenen  Gedanken  ausgefallen 
sein,  wäre  es  auch  nur  ein  „nun"  oder  „drum"  vor  dem  „wünsche 
dir"  gewesen,  das  die  erste  Gabe  des  Vaters  an  den  neugeborenen 
Sohn  einleitet.  Was  in  diesem  Fall  dagestanden  haben  könnte, 
läßt  sich  natürlich  nicht  erraten.  Aber  ein  allgemeiner  Nothelfer 
wie  nm  oder  dergleichen  wäre  doch  wohl  zu  billig  und  geschmack- 
los. Eher  ließe  sich  vielleicht  noch  denken,  daß  das  thkn  von  7 
am  Eingang  von  8  noch  einmal  emphatisch  wiederholt  gewesen  sei 
und  dann  nach  dem  Verderbnis  des  ersten  zu  -bN  ~|72N  gestrichen 
worden  wäre.  Vielleicht  findet  ein  Leser  einen  bessern  Ausweg  in 
der  angedeuteten  Richtung. 

Auch  der  berüchtigte  V.  11  scheint  mir  durch  Baumann  noch 
nicht  definitiv  geheilt  zu  sein.  Sicher  scheint  mir  bisher  nur,  daß 
die  Buchstaben  -q  hinter  ipiB3  mit  Marti  bei  Duhm  10  als  mecha- 
nische Wiederholung  aufzufassen  sind,  sei  es  (so  Marti)  des  Ein- 
gangs von  "y~a,  sei  es  von  einem  andern  Bucbstabenkomplex  des 
ursprünglichen  Textes.  Dagegen  weiche  ich  von  Marti-Duhiu  etc. 
nun  wieder  darin  ab,  daß  ich  nicht  recht  sehe,  wie  ipc:  eine 
Variante  oder  Korrektur  zu  ib^ai  sein  kann,  das  so  ganz  und  gar 
nicht  in  den  ursprünglichen  Text  paßt.  Liegt  es  da  nicht  nahe  zu 
fragen,  ob  sich  nicht,  wie  in  npiüi  das  ursprüngliche  Verbum,  so  in 
ib^ai  ein  ursprünglich  nominaler  Ausdruck  verbergen  könne  ?  Bei- 
spielsweise "pba-i,  das  graphisch  nicht  weit  abliegt?  Natürlich 
müßte  das  Wort  dann  einmal  hinter  dem  Verbum  gestanden  haben. 
Da  aber  weiterhin  ein  nqsqü  rq%läu  (oder  l9rq%läu)  bir'a&ä  aus 
Sachgründen  immer  noch  sehr  anstößig  bleiben  würde,  wird  es  sich 
empfehlen    npiaa    mit    Duhm    in  irtttJI    zu    ändern:     uäxü    Xdrq^läu 

5G* 


gßß  Sievers, 

hir'ada     .und    werft    euch    nieder  vor    seinen  Füßen    mit   Zittern". 
Zur  Sache  vgl.  Jes.  51,  23  nebst  den   Bemerkungen  von  Duhm  und 
Buhl  zur  Stelle.    —    Formell    könnte    in    dem    erwähnten   -in    dann 
noch  der  verstümmelte  Anfang  von  "pblHb  stecken. 
Der  Text  gewinnt  danach  nun  folgende  Gestalt : 

1  lammd  ra%dsü   xöjhn.       ul'ummtm  Jfhgü  -  riq? 

2  jipjq's.pdä  ~  mdlche  -  'eres,       wdrozdnhn  -  nösddü,  -jdxad: 1) 

3  »ndndttdqa-mosdröjtim,'1)       wdnaslichä  mimmennü  'cfiopeml«®) 

4  jöseb  bassamaim  jisxäq,        'adonäi  jil'äz, -lamo: 

5  'a2  -jdddbber    'ä  Um  4)  brfappö,        utaxrono  jdbdhalhn  o : 

6  »Vm25)  nasdehü  malki       'al  -  sijjöu  har  -  qootsi!  6) 

7  'amdrti1):  bdnl  'qua,       'qru  hqjjom  jdlidtich! 

8  ^amarfi):  sd'q'l  mimmenm,       uettdnä  ^öjim  naxlapdch:8) 

9  tdro'em  bdsebet  bqrzel,       TcichU  jöser  tanapsem  /« 

10  ica'qttd  mdlacliim  haskilü,       hiwwdsarü  -  sofdß  'dres, 

11  'ibdä  'ej>  -Jahwe  bdjir'ä,        usxü  hra^läu  bir'adä^) 

( L2) pen-y'e'nqf  wdjtobddü  derech.       (12)  hi-jib'är  him'at  \(ppö.10) 

Zur  Tilgung  von  \J>-  3a  vgl.  Metr.  Stud.  I,  222,  8,  zur  Lesung 
von  5  ebenda  I,  582.  Zu  jabqhqllmö  im  Gegensatz  zu  'lelim\o\  etc. 
bemerke  ich,  daß  ich  die  -?nö-Formen  jetzt  nur  nach  ursprünglich 
kurzem  Vokal,  aber  nicht  nach  alter  Länge  oder  Diphthong  für 
sprachlich  zulässig  halte  (vgl.  a.  a.  0.  I,  351  ff.  über  die  verschiedene 
Behandlung  von   -n},  -nfi  nach  Kürze  und  Länge). 

1)  Danach  'al-jqkwf  W9lql  -  mvsixö  M.  2)  'e/>  -  mösdröj>i~mö  M. 

3)  'qtoßemö  M.  4)   'elcmü  M.  5)  wo'm  M.  6)  Danach 

'i'S'i f)p?rä  'el  -  xoq  Jahwe  M.  7)  'amqr  'elqi  M.  8)  Danach 

wq,xuzzap9cha  'qfse  -  'ares  M.  9)  ivdzllü  bir'qdä  nai-fyqii  -  bar  M. 

10)  Danach  'qsre  hol  -  xöse  tf>  M. 


867 


Indische   Höhlen  als  Vergnügungsorte. 

Von 

Heinrich  Lüders. 

Im  vorletzten  Hefte  dieser  Zeitschrift  (S.  455  ff.)  macht  Herr 
Dr.  Bloch  einige  Mitteilungen  über  eine  Höhle  am  Ramgash  Berge 
in  Sirguja ,  die ,  wie  aus  ihrer  Anlage  und  aus  Inschriften,  die  sie 
enthält,  hervorgeht,  offenbar  für  dramatische  Aufführungen  bestimmt 
war.  Bei  dem  allgemeinen  Interesse,  das  diese  Entdeckung  erregen 
wird,  ist  es  vielleicht  nicht  unangebracht,  auf  einige  Stellen  in  der 
Kuustdicbtung  und  in  der  epigraphischen  Literatur  hinzuweisen, 
wo  von  der  Benutzung  von  Höhlen  zu  dem  gleichen  oder  einem 
ähnlichen  Zwecke  die  Rede  ist. 

In  der  Beschreibung  des  Hiinälaya  im  Kumärasambhava  (I,  10) 
erwähnt  Kälidäsa  auch  die  „  Höhlenhäuser ",  wo  die  Waldbewohner 
nachts  beim  Scheine  der  selbstleuchtenden  Kräuter  mit  ihren  Freun- 
dinnen  der  Liebe  pflegen : 

vanecaränäm  vanittisakhancun   därigrh o t sahganisahtabhäsah  \ 
bhavanti  yatrausadhayo  rajanyäm  atailapüräh  suratapradipäh 

Und  ein  paar  Strophen  weiter  (I,  14)  sagt  er,  daß  die  vor  den 
Eingängen  zu  diesen  „ Höhlenhäusern "  herabhängenden  Wolken  die 
Stelle  von  Vorhängen  einnehmen,  hinter  denen  sich  die  Kimpurusa- 
frauen schamhaft  verbergen,  wenn  ihre  Liebhaber  ihnen  ihre  Toilette 
in  Unordnung  gebracht  haben: 

yaträmsuhäksepavüajjitänäm  yadrcchayä  Jcimpurusänganänäm 
därigrh adväravüambibimbäs  tiraskarinyo  jaladä  bhavanti  ij 

So  phantastisch  diese  Schilderungen  im  einzelnen  sein  mögen, 
so  beruhen  sie  doch  sicherlich  auf  realem  Grunde.  Kälidäsa  würde 
den  „König  der  Berge"  nicht  mit  Höhlen,  die  der  Liebe  dienen, 
ausgestattet  haben,  wenn  er  solche  nicht  in  den  Bergen  seiner  Heimat 
gekannt  hätte.  Und  in  der  Tat  findet  sich  in  seinen  Werken  eine 
Stelle,  wo  er  von  solchen  Vergnügungshöhlen  an  einem  Berge  in 
der  Nähe  von  Vidisä  spricht.  Im  Meghadüta  (1,25)  schildert  er 
den  Nicairgiri  als  den  Berg,  „der  durch  seine  Steinhäuser,  die  den 
Liebesduft  käuflicher  Weiber  ausströmen,  die  ausgelassene  ' 
der  Städter  verrät u  : 


868  Lüders,  Indische  Höhlen  als  Vergnügungsorte. 

yah  panyastrlratiparimalodgüribhir  nägaränäm 

tiddämäni  prathayati  silävesmabhir  yauvanäni  \\ 

Daß  unter  süävesman  hier  genau  dasselbe  wie  unter  där'igrha  zu 
verstehen  ist,  wird  auch  durch  Mallinätha  bezeugt,  der  das  Wort 
durch  kandara  wiedergibt.  Über  die  innere  Einrichtung  dieser 
Höhlen  können  wir  aus  der  Stelle  leider  nichts  entnehmen ,  doch 
dürfen  wir  aus  Kum.  I,  14  wohl  schließen,  daß  man  den  Eingang 
durch  einen  Vorhang  zu  schließen  gewöhnt  war,  genau  wie  es  nach 
Bloch's  Angaben  in  der  Sitabengahöhle  der  Fall  war. 

Nach  Kälidäsa  trieben  in  diesen  Höhlen  die  Hetären  ihr  Wesen  ; 
daß  aber  auch  theatralische  Aufführungen  dort  veranstaltet  wurden, 
und  zwar  gerade  von  diesen  Hetären,  dafür  tritt  ein  inschriftliches 
Zeugnis  ein.  Unter  den  älteren  Jainainschriften  zu  Mathurä  findet 
sich  ein  Verzeichnis  der  Schenkungen  einer  ganikä,  namens  Nädä, 
die  sich  selbst  als  Tochter  der  ganikä  Damdä,  der  lenasobhikä, 
bezeichnet.1)  Das  Wort  sobhika  oder  saubhika  begegnet  uns  im 
Sinne  von  Schauspieler  in  der  bekannten  Stelle  des  Mahäbhäsya, 
wo  von  den  Aufführungen  der  Tötung  des  Kamsa  und  der  Fesselung 
des  Bali  die  Eede  ist  (zu  Pän.  3,  1,  26,  Värtt.  15)  ;2)  lenasobhikä 
bedeutet  also  wörtlich  „Höhlenschauspielerin ",  und  es  läßt  sich 
kaum  bezweifeln,  daß  es  die  spezielle  Bezeichnung  von  Hetären  war, 
die  in  Höhlen  wie  der  von  Bloch  beschriebenen  mimische  Dar- 
stellungen zum  besten  gaben. 

Ich  bin  überzeugt,  daß  noch  manche  andere  Höhle  in  Indien 
nicht  die  Wohnung  stiller  Mönche,  sondern  der  Aufenthaltsort  von 
ganikäs  und  lenasobhikäs  und  ihrer  Liebhaber  war.  Weitere 
sichere  Beispiele  sind  die  sogenannten  Höhlen  der  Königin  und  des 
Ganesa  in  Udayagiri,  deren  Reliefs,  worauf  mich  Jacobi  aufmerksam 
machte ,  das  Treiben  jener  Damen  und  Herren  in  zum  Teil  höchst 
realistischer  Weise  darstellen.  Das  von  Bloch  aufgefundene  Höhlen - 
theater  hat  aber  noch  ein  besonderes  Interesse:  es  ist  nach  griechischem 
Muster  angelegt.  Die  vielbehandelte  Frage  der  Beeinflussung  des 
indischen  Theaters  durch  das  griechische  ist  durch  die  bekannten 
Untersuchungen  von  Reich  in  ein  neues  Licht  gerückt  worden,  und 
die  Möglichkeit  oder  vielmehr  die  Wahrscheinlichkeit  eines  Zu- 
sammenhanges zwischen  dem  indischen  Drama  und  dem  antiken 
Mimus  läßt  sich  kaum  noch  in  Abrede  stellen.  Das  Bestehen  eines 
, griechischen"  Theaters  auf  indischem  Boden  würde  natürlich  ein 
wichtiges  Glied  in  der  Beweiskette  sein,  und  wir  sehen  daher  mit 
Spannung  der  ausführlichen  Beschreibung  entgegen,  die  Bloch  uns 
im  Archseological  Annual  zu  geben  verspricht. 


1)  Siehe  Indian  Antiquary  XXXIII,   152  f. 

2)  Die  Handschriften  schwanken    zwischen  sobhikä,    saubhika,    saunata, 
und  s'obhanikä-  die  letztere  Form  hat  Kielhorn  in  den  Text  aufgenommen. 


869 


Mi  s  zell  en. 

Von 

A.  Fischer. 

1 .  Der  Götze  Iarüt. 

Wellhausen  schreibt  in  seinen  „Resten  arabischen  Heiden- 
tums"'2 am  Schlüsse  des  Abschnitts  „Jaghuth"  (S.  22):  „Die  Be- 
deutung des  Namens,  Helfer,  liegt  auf  der  Hand;  sie  ist  auch 
deutlich  empfunden,  wie  ein  bei  Jaqut  citirter  Vers  beweist :  „wann 
wird  deine  Hilfe  (ghijath)  kommen  vom  Helfer  (Jagbüth) !"  Es 
würde  also  hier,  neben  der  a.  a.  0.  S.  20  angeführten,  eine  zweite 
—  natürlich  alte  —  Dichterstelle  vorliegen,  in  der  Iarüt  erscheint. 
In  Wirklichkeit  aber  hat  sich  Wellhausen  durch  eine  fehlerhafte 
Lesart  Wüstenfeld's  irreführen  lassen,  obschon  ihm  natürlich  nicht 
imbekannt  sein  konnte ,  daß  man  in  den  (im  übrigen  ja  so  nütz- 
lichen) von  Wüstenfeld  edierten  Texten  kaum  eine  Prosastelle, 
geschweige  denn  einen  Vers  unbesehen  hinnehmen  darf.     Die  betr. 

Stelle  bei  Iäqüt  lautet  (IV,  f.pj»,  II):  cr     £>.    ^a   +M\  ,  &Jü 

ä£SU£     -.jLj  ^JLa     ^Lä  jOwüi  ^\   öj.xi!    ^   aJSj.fi!   Jj>-Ji    ^>j;i. 

'■i.A    v^^^ij    1)  ..!    Ökij.    ö'jAj    \-*£>±+*h    r*4J^     ^A*-1    i  -'        £>v*->    ,-m 


Daß  o».ij,  vor  dem  ^  natürlich  nur  als   .yj  gedacht  werden   kann. 

hier  unmöglich  ist,  ergiebt  sich  aus  zwei  Instanzen  :  einmal  aus  der 
arabischen  Verslehre,  die,  je  nachdem  man  in  ö».xj  das  Schlußwort 
einer  ersten  oder  einer   zweiten  Vershälfte    sieht,    nur    die   Formen 

Oj.xj   (LSJb)  oder  c-vij    zulässt ,    sodann    und    besonders   ab 

dem  Kontext,  der  keinen  Zweifel  daran  läßt,  daß  in  o».ij  kein  Eigen- 
name, sondern  eine  einfache  Verbalform  von  c^e  I  im  Sinuc  des 
gewöhnlichen  <-Jyt-  IV  zu  suchen  ist  (das   Versstück   wird   lediglich 

als  Beleg    dafür    zitiert,    daß    sich    neben  o.i!   „helfen"  auch   c^lc 
1)  Lies  ^\,  s.  hier  S.   870,  19. 


870  Fischer,  Miszellen. 

Gndel  i.  Wüstenfeld  selbst  hat.  nachdem  er  im  MuhTt  al-Muhit  die 
La.  okij  und  im  Sahäh  die  La.  oca*j  gefunden  hatte,  sein  o«jtj 
als  irrig  aufgegeben;  das  richtige  Verständnis  der  Stelle  aber  hat 
ihm  offenbar  erst  Fleischer  souffliert.  Vgl.  Iäq.  V,  S.  505 :  „Bistäni 
p.  1557  Ofcij  ..y*  y5o'fcC  ohne  Versmaß;  Gauhari  I,  136  ^JuJu 
cj^xij'  ^a  ^N'-iLi  ,  jLj  Jüa  bL>  o»ixJLs  LjU,  am  Rande  eine 
Anecdote1)  über  die  Veranlassung,  wonach  ö»äj  ...»  y5oUe  das 
Richtige  ist;  F[leischer]  kl>*jJü  ^5  öytj  „wann  kommt  deine  Hülfe 
zu  dem,  welchem  du  helfen  sollst  (wirklich)  ?*  "  Wellhausen  hat 
diese  Stelle  übersehen. 

Daß  die  arabischen  Philologen  den  Vers  nie  anders  verstanden 
haben  als  Fleischer  ihn  versteht,  zeigen  noch  folgende  Belege.    Ibn 

GinnI,  Murtasab,  ed.  Pröbster,  S.  7,  9  :  ö'Jw     JJla  j,   c^Jbc  JsJ>-. 

^xij'  und  dazu  Anm.,  wo  der  ganze  Vers  richtig  übersetzt  ist:  „Ich 
habe  dich  um  Nahrungsmittel  zu  holen  ausgesandt,  und  du  bist  ein 
Jahr  ausgeblieben;  wann  kommt  deine  Hilfe  zu  dem,  dem  du  helfen 
sollst?"  Hamäsa  IIö,  17:  [1.  L+Sylw,  vgl.  oben  S.  869,  19]  UpJm«  IlXA 

S        -  3       O  3  J=  5  >  ,        }    -  ,  ,    , 

*3y£-\  J^JI  o-Ü    ^Jb   ^=.=>-\    ö^JtJj    ä.lj    \3.£*J    j^|    OvXJ»    OfcXJ 

■c^aüs  (j^!  o«.iJ"  ,.w«<  b»5oLi:  jwj  cä^  Als  xXÜti  J»i^.  Lisan 
und  Tag  sub  O^-t 2)  lesen ,  wie  Gauhari ,  ^xij' ,  das  offenbar  er- 
leichternde Korrektur  für  ö*.ij'  ist.  Beachtung  verdient  dabei  noch 
im  Lisän  die  Randglosse:  L^Uaii  £  \SS  uS*±\j£-  ^.jIj  JZ*  ^y> 
\<.<:,-c/     §\   y>jj    ^'^    ^a.jÄj.äj!    j    ^JJlj.      Diese    Variante 


1)  Stammt  aus  dem  Tag,    in    den    sie    aus    dem  Lisan    übergegangen    ist. 
Vgl.  noch  AränT   XVI,   1i   und  MaidänT,  Amtäl,  ed.  Froytag,  I,  p.   236,  zu  dem 

Sprichwort    «ULsSJi    o.**AJ. 

2)  Der  Aqrab  al-mauärid  hat  liier,  wie  meist,  den  MuhTt  al-M.  ausgeschrieben; 
er  liest  also,    wie  dieser,    mit  fehlerhaftem  ü5o*£  statt  \j$s.'S\  «.£:      — jLj      -Ä/« 


/'/scher,  Miszellen.  g71 

(„wann   soll   deine  Hilfe  erhoffen  der,  dem  du  helfen  sollst")  wider- 
legt gleichfalls  aufs  strikteste  die  La.  o«.£j   ..-*. 

Der  Vers  wird  in  den  Wörterbüchern  al-3Ämiri  oder  SÄ'isa 
bint  Sa3d  b.  Abi  Uaqqäs  zugeschrieben.  Ich  habe  den  Eindruck, 
daß  er  zu  den  zahlreichen  gefälschten  sauälu'd  gehört,  die  unehrliche 
alte  Philologen  in  Grammatik  und  Lexikon  eingeschwärzt  haben, 
und  werde  in  diesem  Eindruck  durch  folgenden  Passus   im  Istiqäq 

des  Ibn  Duraid    bestärkt    (S.  ö1,  Mitte):      S<Xi\    Ju^Ji    £>Jü    L»la 
s.t\x2/o  ]jX+xXm1s  Lij.c  ^-V*j  öle.  i^yA  aüsüüüwl    ..I  ,-jkl.s    MlJiil  £ 

Auf  jeden  Fall  aber  ist  von  dem  Götzen  Iarüt  in  dem  Verse 
keine  Rede. 

2.  Feminina  auf  bloßes  t  im  Arabischen. 

J.  Barth  nennt  Nominalbildung  S.  399,  Anm.  2  als  hierher 
gehörig  ^^jj  und  «>**i',  diese  Zeitschrift  48,  17  und  57,  628 
dagegen  vüU.j?  o^i  un^  ,.J-^xi">  wozu  er  endlich  an  letzter  Stelle 
798,  Anm.  1,  nach  dem  Vorgang  von  Brockelmann,  Die  Feminin- 
endung t  im  Semitischen,  S.  3,  noch  Ixif  und  ^^j^ 2)  fügt.  Ich 
glaube ,  daß  die  Zahl  dieser  Feminina  auch  damit  noch  nicht  er- 
schöpft ist,  daß  vielmehr  zum  mindesten  noch  o!3  und  c>JL£  dazu 
gerechnet  werden  müssen. 

ütö  stellt  sich  formell  genau  ebenso  zu  \S,  wie  nNT  zu  n: 
("it)3)  und  1-J""t,  acc.  H"~t"  zu  H4);  es  ist  also,  wie  diese  nur 
mit  t  und  nicht  mit  at  gebildet.     Daraus  erklfnt    sich    auch,    daß 

1)  Der  Sinn  dieses  Passus  ist  klar,  sein  Wortlaut  aber  scheint  kaum  richtig. 

Das    Glied    a.äj  _*aj    ....    L-L-x^vli    wird    hinter    _„^aji     -A/iJl       i    zu 
■j  '    •    '        7  L-  j  ^ 

stellen  sein. 

2)  Vgl.  zu  o^U\  ..LäJL*  und  ,-»aä>L*  Fleischer,  Kl.  Schriften,  1.  36]  f. 
und  dazu  ■/..  B.  noch  Sib.  II,  ^a^,  1 ;  I  USis  I,  f  \1,  5;  AnbärT,  Asrär,  löö,  13  ff; 
Howell,  Grammar,  p.  634 ff.   1372   ö.  und  die  Lexica. 

3)  Die  Ansicht  von  Kautzsch,  Grammatik'-7,  £  .;4,  daß  ~T  (iT)  uus  ~N;" 
verkürzt  sei,  ist  irrig. 

4)  Vgl.  Brockelmann,   diese  Zeitschrift,  oben  521,   Mitte. 


872  Fischer,  Miszellen. 

es  nie  älJ>,  sondern  stets  o!o  geschrieben  wird,  sowie  daß  seine 
Nisba  ^.ilo1)  lautet  und  nicht  jj^ö  2)  oder  etwa  gar  ^5.0.  (Schon 
damit  erledigen  sich  die  Folgerungen,  die  Völlers,  ZA.  XII,  131, 
an  den  Unterschied  zwischen  j'!J>,  von  o!ö,  und  S>Lü,  von  »Li, 
geknüpft  hat.  Nicht  minder  aber  dürften  sich  damit  die  Argumente 
erledigen,  die  Nöldeke,  ibid.  181  =  Beiträge  z.  semit.  Sprach- 
wissenschaft ,  8  f. ,  gegen  diese  Folgerungen  ins  Feld  geführt  hat, 
wenigstens  soweit  sie  sich  auf  'J\3  beziehen.  Wäre  o|J»  nur  eine 
orthographische  Variante  für  eigentliches  ü[j>  und  hätte  man  das  o 
nicht  instinktiv  als  festes  gefühlt,  so  würde  die  technische  Bedeutung, 
in  der  der  gelehrte  Sprachgebrauch  das  Wort  später  verwertet  hat, 
schwerlich  ein  Hindernis  für  die  regelmäßige  Bildung  seiner  Nisba  ge- 
wesen sein.  Stellen  wie  Sib.  II,  A.,  7:  ^^ö  z\5  j!  Sülü^l  ^Jj^j, 
Lisän  XX,  rf  f ,  7  v.  u. :  ^s>  $yü  dö  _.3  ^ajLj  j  ^lil]  ^1% 
J,   ä^lk   LgJb>     Ac  pUJI   ^lX-j   ^y<>  {*%**&  u>.ää^   !J>ls  ^L«  o!3 

(v.Laäj'1  kpj  v£ajüIäJ|  etc.  beweisen  natürlich  nichts  gegen  diese  Aus- 
führungen, denn  das  darin  notierte  8i3  gehört  sicher  gleichfalls  nur 
der  Schule  an.) 

Wie  das  o  von  o!ö  ist  selbstverständlich  auch  das  von  oIlXP 
in  dem  oio  noch  reines  Demonstrativ  ist,  zu  beurteilen.  Freilich 
ist  diese  Form    nur    schlecht    bezeugt;    cfr.  Lisän  XX,  |*fi,  8:  jLä 


1)  So  hat  Iunus  zu  oȣ>5  und 

der  sonst  verzeichneten  (C4.>|  und  (j^j-ÄJ  gestellt  (s.  Sib.  II,  vv,  11.  16.  va,  12; 
Mufassal  11,  19  etc.).  Freilich  gehören  diese  Formen  offenbar  nur  zu  den  leider 
so  zahlreichen  rein  imaginären  Bildungen,  mit  deren  Aufstellung  und  Diskussion 
die  arabischen  Philologen  Zeit  und  Papier  vergeudet  haben;  vgl.  Sib.  II,  va,  19: 

,l\^-I  *Jyü  )$  !l\P,  ic*^}  (jxxs>  ^  i$**t  ^  er*  c)1  d**^-  1*^5 

2)  Die  Lexica  (s.  Lane)  fordern  allerdings    i^jjö ,  aber  dieses  ist  offenbar 
wieder  nur  rein  theoretisch. 


Fischer,  Mizellen.  873 

(ebenso  Tag  X,  ff"f,  16  v.  u.,  aber  mit  dem  Fehler  oUILä/o).  Der 
Lisän  hat  übrigens ,  wie  man  sieht ,  oi <\§> .  und  nicht .  wie  Lane 
(sub  ü)  und  Wright,  Grammar3,  I,  p.  268,  ofJ^>. 

Zu  JJp  vgl.  Sib.1)  IL  u.  14.  w,  18 ff.  vi,  3.  8.  rAr,  1  ö.; 
IGinnI,  Muhtasar  at-tasrrf,  ed.  Hoberg.  26;  I  Iaäis  I.  V1I,  6.  v1f,  ,;. 
II,  SPa.,  12  (=  Mufassal  (vö,  10).  ({"aP,  14  ö. ;  die  Lexica  etc. 
Die    von    de  Sacy ,  Grammaire2,    I,  p.  576,  Anm.  1    verzeichneten 

nidü!  -Formen  -.X.JS  und  s.ajLäI$>,  die  man  natürlich  zu  ^J3> 
stellen  wird  und  nicht  zu  xJj-.  hat  Fleischer,  Kl.  Sehr..  1,  521, 
unter  Berufung  auf  die  Schreibung  sLciP  und  &.aJ.ä;_?  im  MuhTt 
al-Muhlt  in  Frage  gezogen  (sie  fehlen  wohl  nur  deshalb  auch  bei 
Wright,  Grammar3,  II,  p.  89).  Aber  der  Lisän  hat  XX,  fff,  ult. 
und  ffo,  3  v.  u.  y.^jJ-  und  Pfl,  3  xajLäJL^  und  aliUi£>,  und  die 
Nihäja  des  Abu  's-Saiädät  Ibn  al-Atir  s.  v.  hat :  (^>.s^i   -ö*_jJs.5>  ,i.) 

^Ji  q.X-w.j»  s.i>bil  (ebenso  Lisän  XX,  ffl,  10  v.  u.  und  Tag  X.  flf,  18). 

Dahingestellt  mag  bleiben,  ob  das  t  von  o^j3  und  ^>..0  -) 
ursprüngliches  Feminin-^  ist.  Bis  zu  einem  gewissen  Grade  sprechen 
dafür    die    Nebenformen    &jö     K-O    und  eLjO    (vgl.  Sib.  II,  va,  20, 

wo  Jahn  wohl  mit  Recht  :<.jj  für  xj3  liest,  v1,  2.  ipo,  19  <'>.'■'■); 
IGinnI,  Muhtasar  at-tasrif,  27:  Mufassal  vi**,  18;  I  taSTs  1.  5av,  7. 
II,  IS^Af",  3;  Howell.  Grammar,  p.  840  und  die  Lexica;  s.  bei  Eowel] 


1)  Sib.  sieht  in  o.^-?  die   uasl-,    in    \JS    dagegen    die    ""'//-Form  des 
Wortes.     Vgl.  Howell,  Grammar,  p.  1372.    und   al-Lait  im  Lisän  XX,   Pfö,  9: 

tl^Ji    ..g^iJ    .^wVÄc    ^>oii.     |<3i    ä.^P    ^     x^-v^ix;     K-\y*-*'     ^-^  t?**"1 ' 

äJI     'j^Ji    ^JJL*   m    LjLai"   *^li    £    L^JC^ol    Uli. 

2)  Kommen  einfach  nicht  vor,  sondern  stets  nur  gedoppelt  (vüajOj    v^^j-\ 

später    auch    o^Jp    vi>-p  etc.),  s.  z.   15.   .Mufassal  vi",    19    und    Fleischer,    Kl. 
Sehr.,  I,  480  f. 

3)  Hier  das  wohl  nur  theoretische  Deminutiv  \aj.\ 


;S74  Fischer,  Miszellen. 

auch  die  von  Abu  SÜbaida  überlieferte  Nebenform  xxT,    falls   man 

ihr  Glauben  schenken  darf).  Jedenfalls  sind  sie  als  reine  Nomina 
(bezw.  Pronomina)  zu  denken,  wie  weniger  aus  der  dreifachen  Vokal- 
aussprache ihres  o  (s.  die  angeführten  Stellen) ,  als  aus  ihrer  An- 
wendung hervorgeht;  vgl.  Mufassal  vf,  4:  ^>S  K^äi!  ^  \.f3 
ojJ>5  ouöj,  o.*^;  ^'  -^:  x^  CT*  c5^  V-^i  oJlä  y5ol£is 
u^a5.  c^;  I  IaSIs  I,  öav,  10.  14  und  II,  ||*»Arf  4:  y&i  Q/S  W 
o..:3»  c^ji.  ^*^  ^/;  Durra  11,  9:  ^^  ^^S  yö\  ^  ^ 
oj<3j  oo<3  ,.pLs  ^Is» ,  und  die  dazu  in  seinem  Kommentar  der 
Durra  (|fj*,  10)  von  HafägT  angeführte  Stelle  aus  den  Maqämät 
des  Harlri:   ^jj>    .^x>   ^t^ü$\A>\    UiU    o-a^j    o*.*^  Q-»    jj-&H& 


Nöldeke,  Beiträge  z.  semit.  Sprachw.,  14,  Anm.  6  sieht  in  dem 
ö  von  i^>.a5  das  auch  sonst  im  Semitischen  nachweisbare  demon- 
strative ^-Suffix. 

In  gewissem  Sinne  gehören  hierher  noch  allerlei  auf  o  aus- 
lautende Nomina,  deren  o  offenbar  von  Haus  aus  feminine  Bedeutung 
hatte ,    vom  Sprachgebrauch   aber  schon  früh  verkannt  worden    ist. 

Ich    meine  Bildungen  wie    o3-  „Ohr"  (pl.  ol-s-L   Oj.^-1);  neben 

ä»y>'2)    und    s.3>,    pl.   oiy>);    o^P,   »-Jj^,  ^>**!    „Senke"    (neben 

äj.$>)3);    ooäc    „boshaft,  älfrit"  (neben  Jt^^   Kj-äc,   oIjäc,   ^JjLäc 

etc.;    fem.    Süü^äc,    pl.    ^J,Uic)4);    ^v^a^o    „arm"    (pl.    «.^o  U*?, 

neben    ,su^>    „leer    sein"    etc.)    und    die    Nomina    mit    der   Endung 

1)  z.  B.  Lisäa    s.   iC2.>C2.S>.  im  ersten  Verse. 

2)  Das  dem  Tag  s.  ^y>  zufolge  freilich   ein   JaXs-  ist. 

3)  s.  schon  Völlers,  ZA.  XII,  137,  und  dazu  Nöldeke,  ibid.   186. 

4)  Vgl.  STb.  II,  va,  14.  föö,  16.  TaP,  9  ö.;  ferner  Barth,  Nominal- 
bildung, §  250d  und  ZDMG.  48,  17;  Nöldeke,  ibid.  41,  722.  Völlers, 
ibid.  50,  615.  646,  leitet  —  offenbar  zu  Unrecht  —  u^-Jyäc  von  pers.  lXj.Ü 
„ Geschöpf"  (sie!;  ab.  Vielleicht  gehört  auch  der  Ortsname  OJ^jt  hierher 
(vgl.  Bekrl  1ö1;  Iäq.  III,  111;  Slb.  II,  Pöö,  16.  PaP,  10;  Mufassal  tvi,  2; 
I  IagTs  II,  !i*ff ,  21   etc.)  und  i±i*j-xmi     Ö»-a*w.  oi-j-»«.    ^J.+m>   „öde,  wasser- 


Fischer,  Miszellen.  %  ,  5 

üt,    soweit    sie    nicht    Fremdlinge,    sondern    arabischen    Ursprungs 
sind.1) 


3.  Angebliches  caritatives  }^xi  im  Agy ptisch- Arabischen. 

Spitta    verzeichnet    in    seiner    Grammatik.    §   45  e ,    folgende 

caritative    3**s  -  Bildungen :     „'ajüää    schmeichelndes    Deminutiv    zu 

dem  Eigennamen  löMsä\  ebenso  amüne  zu  äminä  oder  amyne, 
fatüma  zu  fätima  (fatme),  zcmübe  zu  zenab.  hadugä  zu  hadygä, 
sanäbe    „ Schnurr bärtchen"     zu    sänäb    „Schnurrbart",    kasüna    zu 

hasan,  hamäda  zu  hämid.a  Auf  diese  Stelle  hat  sich  vor  einiger 
Zeit  Praetorius  bezogen,  diese  Zeitschrift  57.  770.  in  seinem 
wertvollen  Aufsatze  „Über  einige  Arten  hebräischer  Eigennamen". 
Dem  gegenüber  scheint  es  mir  angebracht  darauf  hinzuweisen,  daß 
Spitta  sich  hier  geirrt  hat  und  daß  im  Ägyptisch- Arabischen  das 
betr.  Caritativum  ebenso  wie  in  den  übrigen  bisher  bekannt  ge- 
wordenen arab.  Dialekten  nicht  j»jts  bezw.  &J.jtj  lautet .  sondern 
Sy**,  äJ..xs.  So  hat  mir  wenigstens  s.  Z.  Herr  Abd  er-Rahmän 
Zarlül  versichert,  der  damalige  Lektor  des  Ägypt.- Arabischen  am 
Seminar  f.  or.  Sprachen  zu  Berlin,  der  mir  als  Beispiele  für  diese 
Wortklasse  aufgeschrieben  hat:  SC^Ls,  ä-S^ac,  l\.~j.&i.  wJ>. 
^ov*J;      M.„w.:>    und     ,^Jö.       Und    damit     stimmt    völlig    überein 

Völlers,    der    in    seinem   „Lehrbuch    der  aegypto-arab.  Umg 

spräche",    S.  115    unter  Nr.  16   schreibt:    „fa"ül weiblich, 

besonders  als  Koseform  in  Eigennamen:  Fattämä,  kleine  Fatmä; 
Zannüba.  kleine  Zenab:  'Aijüsti.  kleine  \Esä:  'Azzüza,  kleine  'Aziza; 
männlich  ITammüda* .-)  sowie  Nallino,  der  in  seinem  „L'arabo 
parlato  in  Egitto",  §  94  folgende  hierher  gehörige  Eigennamen 
nennt:  fattüma,  zannüba,  'azzüza,  naffusa,  layyüsa  und  haddüga. 
Ungenau  ist  offenbar  Willmore,  The  Spoken  Arabic  of  Egypt, 
p.  41,  denn  er  hat  „Fatüma  and  Fatüm  Utile  Futma',  „Xanüba 
Utile  Zenab''.  daneben  aber  „'aiyüsha  Utile  Aisha",  „sattüta  (or 
sattüt)  young  ladyu   und   „dallü'a3)  spoilt  ehild* . 

Spitta  ist  hier  wohl  durch  Wetzstein,  diese  Zeitschrift  11,  509, 


und    der   pl. 
»L*»w  Glauben  verdienen.     ^s.j.SJ>   existiert  nur  als   itbäi    zu   c>.J-Ä-£. 

1)  Vgl.    Fleischer,    Kl.    Sehr.,    I,    172  11'.;     Barth,    Nominalbildung, 
§  261e  und  Philippi,  ZDM6.    16,  167. 

2)  So  auch  noch  in  der  von  15urkitt  veranstalteten  engl.  Ausgabe,   p.  128. 

3)  So  auch  Spiro,  Arabic-Engl.   Vocabulary,  s.   «.._v. 


876  Wischer,  Miszellen. 

Anm.  35,  irregeführt  worden,  auf  dessen  Zeugnis  er  sich  in  einer 
Fußnote  beruft.  Daß  dieses  Zeugnis  falsch  war,  hat,  wie  auch 
Praetorius  a.a.O.  erwähnt,  bereits  Landberg  in  den  „Pro- 
verbes  et  dictons"   p.  128  festgestellt.1) 

Spitta's  Ohr  ist  auch  sonst  nicht  immer  ganz  zuverlässig 
gewesen.  Namentlich  seine  „Contes  arabes  modernes"  enthalten, 
wie  zwei  Ägypter  unabhängig  voneinander  mir  gegenüber  betont 
haben,  allerlei  Fehler.  Es  wäre  sehr  verdienstlich,  wenn  einer  der 
Herren  Arabisten  in  Berlin ,  denen  ja  jederzeit  unschwer  der  eine 
oder  andere  Ägypter  zur  Verfügung  steht,  diese  Fehler  einmal  fest- 
stellen würde.  Ich  hatte,  als  ich  noch  in  Berlin  dozierte,  diese 
Aufgabe  mit  auf  mein  Arbeitsprogramm  gesetzt,  bin  aber  nicht 
mehr  dazu  gekommen  sie  zu  lösen. 

Natürlich  sollen  die  außerordentlichen  Verdienste  Spitta's 
um  die  Neuarabistik  durch  die  voranstehenden  Bemerkungen  in 
keiner  Weise  verkleinert  werden. 

4.    Ein  Gesetz  der  Jeziditen. 

§  9  des  von  Lidzbarski  in  dieser  Zeitschrift  51,  592 ff.  ver- 
öffentlichten Katechismus    der  Jeziditen    lautet    (595 ,  9  v.  u.) :    ]j>\ 

&JLw    slXÜ    Jöi    ±6\j£>    [Jüj    S^    yÄ^    [5J^    t'L*«    Ll&jLk    ^a    As>!» 

.jL<j   »Lkcl    <X=^\*  \5\,  ät.xi   xaImu   &a   l\5>I.     Lidzbarski  gibt  dazu 

folgende  Übersetzung:  „Wenn  jemand  von  unserer  Sekte  in  die 
Fremde  reist,  dort  [selbst?]  weniger  als  ein  volles  Jahr  bleibt  und 
dann  in  seine  Heimat  zurückkehrt,  so  darf  er  dann  nicht  wieder 
mit  seiner  Frau  zusammenleben  u.  s.  f."  Zu  übersetzen  ist  natürlich: 
„.  .  .  .  dort  mindestens  ein  volles  Jahr  bleibt  ..'.." 

Ich  veröffentliche  diese  Korrektur  hauptsächlich  deshalb,  weil 
L.'s  Fehler,  wie  ich  vor  kurzem  gesehen  habe,  in  v.  Oppenheim's 
„Vom  Mittelmeer  zum  Persischen  Golf  (II,  151,  Anm.  3)  über- 
gegangen ist,  von  wo  er  vermutlich  noch  weiter  wandern  wird. 
Richtig  hat  Parry  die  Stelle  wiedergegeben,  der  den  Katechismus, 
was  L.  entgangen  war,  bereits  zwei  Jahre  vor  ihm  in  „Six  Months 
in  a  Syrian  Monastery"  (Lond.  1895)  mit  einigen  Auslassungen 
und  kleinen  Abweichungen  in  Übersetzung  mitgeteilt  hatte.  (So 
wenigstens  nach  v.  Oppenheim,  a.  a.  0.  Parry 's  Buch  selbst  ist 
mir  momentan  unzugänglich.) 


1)  „oAbüd*  bei  Meißner,  Neuarab.  Gescbicbten  aus  d.  Iraq,  109, 
korrigiert  Weißbach  in  seiner  Anzeige  des  Buches  (gegen  den  Schluß  dieses 
Bandes)  offenbar  mit  Kecht  in  lAbböd. 


877 


Pfeile  aus  Nab'-Holz. 

Von 

A.  Fischer. 

N  ö  1  d  e  k  e  schreibt  in  seiner  Anzeige  der  Häsimiiät  des  Kurnait, 
ed.  J.  Horovitz,  zu  I,  25  (dieser  Bd.  S.  899):  „Aus  Nab'-Holz 
werden  Bogen  gemacht,  nicht  Pfeile".  Als  ich  die  erste  Korrektur 
der  Anzeige  durchsah  und  dabei  auf  diese  Bemerkung  stieß,  fielen 
mir  einige  Stellen  ein,  in  denen  auch  Pfeile  aus  Nabü-Holz1)  — 
allerdings,  was  ich  nicht  beachtet  hatte,  nur  Spielpfeile   (   L\.s)  — 

erwähnt  werden,  und  da  ich  grade  so  wie  so  an  Nöldeke  zu  schreiben 
hatte,  hielt  ich  es  für  angezeigt  ihn  kurz  darauf  hinzuweisen.  Nöldeke 
hat  mir  darauf  den  Nachtrag  geschickt,  der  seiner  Anzeige  folg! 
(s.  S.  903).  Wie  ersichtlich,  läßt  er  darin  Spielpfeile  aus  Nah  - 
Holz  gelten,  will  aber  an  eigentliche,  als  Waffen  gebrauchte 
Pfeile   ((»L^w)  aus  diesem  Holz  nicht    glauben.     Da    ich    ihm    nicht 

beizupflichten  vermochte,  aber  das  nötige  Beweismaterial  für  meine 
eigene  Ansicht,  derzufolge  die  Araber  auch  wirkliche  Pfeile  aus  Nab  - 
Holz  kannten,  nicht  gleich  zur  Hand  hatte,  habe  ich  ihm  geantwortet, 
ich  würde  die  Frage  an  der  Hand  der  einschlägigen  Literatur  sowie 

*^v.,   _.JÜJ   etc.  notiert  hätte,  noch 

einmal    genau    prüfen    und    das    gewonnene    Resultat    zugleich    mit 

seiner  Anzeige  veröffentlichen.    Letzteres  geschieht  hiermit.     In  der 

Deutung  des   *.jjj\   in  dem  angeführten  Verse  der  Häsimiiät  stimme 

ich  übrigens,  wie  ich  ausdrücklich  hier  hervorhebe,  völlig  mit 
Nöldeke  überein. 

An  Belegen  für  Spiel-  oder  Lospfeile  (genauer  Spielpfeile 
des  Maisir)  aus  NabS-Holz  stehen  mir  jetzt  folgende  zur 
Verfügung : 


1     Zu    *.xi  =  Grewia  populifolia  (Chadara  tenax)    vgl.  Jacob,  Beduinen- 
2,   132.  W 


8  i  8  Fischer,  Pfeile  aus  Nabi-Hols. 


(»-wjJi    u^i*       ^kLo     ^jjüi    _5Jv.ä    ^ 


Ä    JJ     *ibx     ..LjiÜI    Jvc       IJiÜu 


11 


-  von  Duraid  b.  as-Simma  —  „Manch'  gelben  von  den  Lospfeilen 
aus  Nabi-Holz,  harten,  mit  verstecktem  in  Biß  und  Berührung  be- 
stehenden Kennzeichen,  habe  ich  dem  Pfeilschüttler  übergeben,  wenn 
man  bei  den  Kamelreitern  den  Aufgang  jeder  Sonne  verachtete  (d.  h. 
in  der  Leidenschaft  die  Nacht  hindurch  und  noch  in  den  Tag  hinein 
dem  Spiele  fröhnte)"  :  AränT  IX,  |f,  9.  10;  SuSarä'  an-nasräniia 
vIa,  5.  6;1)  der  erste  Vers  allein:  Lexica  s.  »««Jic,  ir-^.  5-*J  un& 
Läi  ;  Huber,  Meisir,  28;  Schwarzlose,  Waffen,  292-)  und  Sacy, 
Chrest.-'.  III,  239  ;*) 

j.»Jw    ^.xaJ!   «.1<-Vi   12*   ^s.ää/5      xälf  ?*4\   1*\<J\   o.^.j   JüSj 

—  von  SAlqama  al-Fahl  —  »Und  ich  habe  Maisir  gespielt,  so  oft 
zur  Abwehr  des  Hungers  dienstbar  gemacht  wurde  ein  mit  Sehne 
umwickelter,  mit  Kerbstrichen  gezeichneter  Pfeil  aus  NabS-Holz"4): 
Six  Divans  p.  ||f ;  Suiarä'  an-nasräniia  ö.I,  ult.  und  Huber  a.  a.  0.  28; 


1)  Vers   1   hier  in  folgender  Gestalt: 

(j*-Xe>»     ->■    ry*    tM^£    *4       ?  £    f-i&\    B-i-*Xä    2A    (sic>  j**o|j 

Vers  2  scheint,  nach  handschr.  Notizen  Thorbecke's  in  seinem  Exemplar  der 
AränT  1.   c.   zu  schließen,  im  Isläh  al-mantiq  auch  folgendermaßen  zu  lauten: 

w^  j>  (La.  ^JllixY  <-}.k*  oLi'JS  J,£     USl-^1'  ^i»  iS2**^  J1  ca*5J 

2)  An  all'   diesen  Stellen  lautet  der  Vers: 

(La.   \^*1jS)     c  .s     *aJLÜ    «,1l\3    jjy»     (La.    „+*h\^)     .s.*o\, 

(richtig  übersetzt  von  Huber  und  Schwarzlose).  Nur  in  den  Lexicis  s.  LäJ 
(ich  sehe  hier,  um  Zeit  zu  sparen,  in  der  Regel  nur  im  Lisän  nach,  neben  dem 
der   Sahäh,    Tag    al-Sarüs    etc.   ja    nur    selten    ein  Mehr    haben)    findet    sich  die 

Variante:  ^ytoj    ^    ^    (.,j.U    &^ • 

3)  Sacy  ist  hier  ein  Lapsus  passiert,  wie  mau  ihm  nicht  viele  wird  nach- 
weisen können.  Er  schreibt  nämlich:  „un  poete  cite  par  Djewhari  dit:  .S.ks\ 
%jjj\    r.\jKi    rr*-     Plus  jaune  que  den  fieches  de  naba.* 

4)  Die  richtige  Übersetzung  des  Verses  schon  bei  Huber,  während  ihn 
Socin    (II,  55)    mißverstanden    hatte    (s.    Ahlw. ,    Bemerkungen,    S.    155).-     Von 


Fischer,  Pfeile  aus  Nabi-Hoh.  879 


(La.   VjAy>)   *jl 
von  Tarafa1)  —   »Und  gar  manches  gelben.'2)    im  Feuer   grade 


lX.4.^  \*Jtf  ^Äcj>fcÄ,wL    .LJi     JLc 


oJJJW  will  Huber,  unter  Berufung  auf  Lane  s.  v.,  eventuell  auch  die  Deutung 
„oft  in  die  Eibäba  zurückgesteckt"  gelten  lassen.    Aber  dagegen  dürften  sprechen 

erstens  das  Nebeneinander    von  ^ßx^  und  ,»»Jw  im  Verse,    das    in    v_^.ä*x, 

entsprechend   dem  Sinne  von  *».£/«,  eine  auf  das  Äußere  des  Pfeils  bezügliche 

Angabe    erwarten    läßt;    zweitens    die    von    Socin    a.    a.    O.    mitgeteilte    Glosse 

-  -  ,       "" 
i_^JbdÜ    l>»i\.m*X    —  A'i    y^^Sjui,  und  endlich  Verse  wie  der  soeben  angeführte 

des  Duraid  (La.),  der  unten  (S.  886)  zitierte  des  Ibn  Abi  SUiaina  und  folgende 
zwei  des  Labld  (oder  wohl  richtiger  des  Näfiä  b.  LaqTt  al-AsadT  oder  des  Näfi 
[Nuuaifio]  b.  Nufaiä  al-FaqoasT  oder  des  Gumaih  b.  at-Tammäh  al-A 


JuoLi   ö*ä|   L-ä^Ji   j.       aul^a    i^uJ! 


Cv" 


■    "  -5  ••     ^    •>  L.  !"      *-*    "  > 

„bis  er  (der  Greis)  infolge  der  Prüfung  einem  Pfeile  in  der  Hand  gleicht,  dessen 
Kerbe  zerbrochen  und  der  seiner  Spitze  beraubt  ist,  einem  zusammengebundenen, 
federlosen,  bei  dem  keine  Kunstfertigkeit  mehr  anschlägt,  dem  weder  das  Be- 
fiedern  noch  das  Umwickeln  mit  einer  Sehne  mehr  nützt" :  Lexica  s.  — ■  .^ 
(in   Lisän   und   Tag  hier    die    ganze,    recht    stimmungsvolle,  QasTda),    (jÄ-Jj   ''" 

Lisän  und  Tag  hier  4  Verse),    5.Ä.0      ^.Ä£.  (vgl.  auch   s.   laI   und    „xP    ;   Lane 

s.    *.Äa^=:  Schwarzlose  299,  :;  v.   u.:  Labld,  ed.  Huber,  Fragmente  X. 

zitierten  Stellen  haben  alle      ixj.-!,    aber  neben  ^^^ÄjtÄ-'   ist  offenbar      ^»J-' 

vorzuziehen;  Huber,  dessen  posthumer  Labld  aucli  sonst  nicht  sehr  korrekt  ist,  hat 

fälschlich  — ^.^  für  J2-A  »n<l  >»  den  zwei  vorhergehenden  Versen  \aaäj,  das  schon 
v  j 

metrisch  unmöglich  ist,  für  xaa&j   und  üJlij    ,*xj  für  xlxj    .*xj  etc.). 

••  j      ••  •••    ^ 

1)  Der  Lisän  hat  befremdlicherweise  s.  „X.*.^- :  <:..j^  l5r?  C^  ~"5 
„,^>.^J*   jß>,     }'Ji    Ajj     aJ    ^qj^x.1     O^wJi     L\'. 

2)  Den  „gelben"  Pfeil  deute  ich  als  Pfeil  aus  NabS-Holz.  Tibrlzl  hat 
allerdings  in  seinem  Kommentar  zu  den  ^lu  all.  a.  a.  <>.:  L>tXä  .ÄO<  IÜ  _-^- 
,;A.w    *\    (Druckfehler    für    <*Jü)     JCaJ     •  ».*    xäSS    -Ä/öi    äd*>    LiW    (ähnlich 

Bd.  LVIII.  57 


ggO  /'/scher,  Pfeile  aus  Nabi-Holz. 

gerichteten  und  gehärteten  (Pfeils)  Antwort  habe  ich  beim  Feuer 
erwartet  und  habe  ihn  niedergelegt  in  die  Hand  eines  mugmid"  : 
MuSallaqät  ed.  Lyall  p.  öl,  ed.  Arnold  p.  1V;  Six  Divans  p.  Uf, 
Nr.  Oj  I.;  Gamhara  1f,  3  v.  u. :  Lexica  s.  ^juö,  lX.*^=-,  ij^*,  \j*J° 
und  ^äc;  Lane  s.  lX^>;  Huber  a.  a.  0.  29  (zu  <\+^>  vgl.  Lane 
und  Huber) ; 

LäJi    ^c^   £^   j-^ä^ j-g-s      *jL*a>   l5>^   4^   ^J^  J^ 

—  von  Ibn  Duraid  —  „Gottesfürchtigen,  dessen  Körper  die  lange 
Dauer  des  Hungerns  zugeschnitten  hat,  so  daß  er  (an  Magerkeit) x) 
einem  Lospfeil  aus  Nabä-Holz  gleicht  und  gekrümmten  Rückens 
einhergeht "  :  Maqsüra  ed.  Boisen  p.  IT,  4  v.  u.  und  Sacy,  Chrest.2 
III,  239,  3  v.  u.; 

—  von  Abu  Qais  b.  al-Aslat  —  „Ich  mache  gerade  seine  Krümmung, 
wenn  er  ein  Freund  krummen  Wesens  ist,  wie  der  (Pfeil-)Schnitzer 
den  Lospfeil  aus  Nab3-Holz  gerade  richtet"  :  Aräni  XV,  Hv,  7  und 
MaSähid  at-tansis,  Kairo  1274,  U1,  92); 

endlich  noch  die  Prosastelle  Hamäsa  Hö,  19  f.:     |jjüi     .fc  ^yb 


der  Komm,  bei  Arnold) ,  aber  bei  gelben  Bögen  und  gelben  Pfeilen  hat  man 
immer  zuerst  an  solche  aus  NabS-Holz  zu  denken;  vgl.  oben  den  Vers  des 
Duraid,  ferner  die  Lexica  s.   JLo  und   jtxi,   Schwarzlose  259   etc. 

1)  So  ist  das  Bild    offenbar    zu    deuten.     Nicht    ohne  Geist,    aber    zu    ge- 
künstelt und  im  Widerspruch    mit    der    gewöhnlichen  Anwendung  von  _l\.S  ist 

die    Erklärung    des    Scholions:    J*4.XJ    (^Äil    Oj.*Ji     *j    J>M     Li?    —tXJLSfj 

.y^i  Ux  Jüübw  (j*yi  aJüolä  (-)-£=3  t?"**^  '^  <3  (e^1-^5*^  ?) 
»Locj    [tf^^'i    L*^9    ZÄjXA    +$    näx'Js    ^15^  Syxi    (3Läj    -j.    LgJC^1"    »Lacj 

2)  Hier   zwei    schlechte    Lesarten:    u^1  für  *.Ä>^c  und  „lAßi    *-&&> 
für   ^.l\s    f*^«     ^7sl-   übrigens  unten  S.  887,   3  ff . 


Fischer,  Pfeile  aus  Nali-Holz.  881 

Diese  Zitate  dürften  keinen  Zweifel  daran  lassen,  daß  für  die 
Maisir -Pfeile  der  alten  Araber  der  Nabi-Baum  vorzugsweise  das 
Material  lieferte.  Nun  sind  die  Lospfeile  aber  keineswegs  von  den 
eigentlichen  Pfeilen  artlicb  völlig  verschieden ,  beide  sind  vielmehr 

eng  verwandt.      Aä  hat  nämlich  auch  die  Bedeutung   „  Pfeilschaft " 

und  im  besondern  „Pfeilschaft,  dem  zu  einem  fertigen  Pfeile  nur 
noch  Spitze  und  Federn  fehlen".1)     Vgl.  die  Verse 

\fikz-   ^o.;>Aj    *J    --oc!5    AjA~ 

—  von  dem  Hudaliten  ad-Dähil  oder  8Amr  b.  ad-Dähil  —  „(Pfeil) 
mit  kräftiger  Spitze .  an  der  die  Form  nicht  abgeglitten  war ,  und 
dessen  Schaft  munter  und  rasch  ist*  :  Asiär  al-Hud.,  ed.  Kosegarten, 
Nr.  tPf,   IP;  Lexica  s.   >r£;  vgl.  Schwarzlose  305,  Anm.  4 ; 

C     -      ^  —  s    ~. 

■ — ■  von  dem  Hudaliten  Abu  '1-Mutallam  —  „ein  energischer,  in  der 
Hand  einen  nach  einer  Seite  geneigten  (Bogen)  und  einen  dünnen 
(Pfeil),  dessen  Spitze  gleichmäßig  im  Schafte  sitzt" :  AsSär  al-Hud., 
ed.  Koseg.,  Nr.  1,  !.; 

—  von  dem  Hudaliten  Sahr  —  „Und  ein  Pfeilschaft,  der  einen 
Ton  gleich  dem  Schreien  der  Gazelle  hören  läßt,  auf  den  ich  eine 
dünne,  feine  (Spitze)  gesteckt  habe":  ibid.   Nr.  I\.   SV; 

^A.i'j    L*J   -,AftJl   iJ.aäjL*'   L^^b       ^j'A>3   «5i    sAÄc      -j^Lj   A*jJ 

—  von  Ibn  Abi  cüiaina  —  „Nach  meiner  üblen  Erfahrung  mit 
ihm,  als  ich  ihn  gefunden  hatte,  hingeworfen  wie  die  Spitze  des 
Pfeilschaftes,  die  noch  nicht  aufgesetzt  worden  ist  ...?":   Mubarrad, 

Kämil  ff f,  2   etc.  (dichterische  Belege  für  diese  Bedeutung  von Vi 

sind  nicht  selten),  und  die  lexikalischen  Aussagen:  Lisän  XV.  p„,  pu.: 

1)  Noch  eine  dritte  Bedeutung  wird  angeführt:  „ Zweig  oder  Holzstück, 
die    sich    zu    einem  Pfeil    oder  Bogen    eignen";   vgl.  Lisän  III,   t*1.,    13:     $13» 

-aääjU     Ojilji     ,-y*    Ot-3    (j:AÜ     J-j^i     .lAJW;   Qämüs  s.  v_ j^Lzi :    &A*»ä5i 

^m    x^s    Ajt-Sf.    !txi    ^a    _A'i  ^  -\_AAjCaiiJi  i  Laues.  K^Cii  gibt  das  _Aä 

dieser  Stelle  wohl  irrtümlich  mit  „arrow-shaft"  wieder);  das  oben  (S.  880,  Anm.  l  » 
mitgeteilte  Scholion  zur  Maqsüra  und  unten  S.  887,  Anm.   2. 

57* 


882  Fischer,  Pfeile  aus  Nabi-Hoh. 

JylJÜJs  <J>JLl!  i$j  La  ^uXäJi  ..Jci    ",^iJU;  III,  H.,  13 ff.:  .  .     JLäJf 
La  $ ^ci^l  JLS jil^  jJLu  J  J^s  rlIJS 

OSLoi     ,Lo    ^5    sJLai     y^^j    etc.:     IDuraid,    Istiqäq,    v!^,    ult. : 

^5U)    ij^-Ji»    i^aJ    M^C    ,.i*aj      c*"5"    ^-*-r^     *•***:*   ^5    •   •   •  .    f*"£-"*^ 
Jö    ^.i:    Ibn    al-Agdabl,     Kifäia,    H,   3;    Harirl,   Durra,    11,  5; 
die  Lexica    s.  _<A'i     *&**.   ,cj   etc.;    Schwarzlose   297  u.  a. 

Nach  allem,  was  wir  über  diese  Dinge  wissen,'2)  müssen  wir 
aber  auch  im  _j*»s  als  Spielpfeil  eine  Art  Pfeilscbaft  oder  Pfeil  ohne 
Spitze    und  Federn    seben.     Da    drängt    sieb    m.  E.  von    selbst  die 


1)  Vgl.  TaSalibT,  Fiqh  al-lura,  Kairo  o.  J.,   Ilo,  ult.:   La    jjjl    viA-JÜi    ,•*£ 

..zi     J^aijj    (jÜ,Lj    c,i    iü     (l.    ^ii)    ^j'lj     ^ov's     I31i     !^fij     ^jl    A**.ä 
cA4..o^t    ^c    ....    bLoj    L^^a«    .La    &LoJ    w>-^j3    U^-)    ^^    ~-<-*äM 

ji.j.    [öLs    (jüj.»    54a   *.'iji   (_>i3-s    l<3la    \J$.\.i£    j^.9   ^J    töls   v^^xi.^ 

ij&.jy«  )-^.  Derartige  Systematisierungen  müssen  allerdings  mit  kritischen 
Augen  angesehen  werden,  denn  die  arab.  Philologen  haben  dem  System  zu 
liebe  nur  allzu  oft  den  Sprachtatsachen  Gewalt  angetan  oder  sie  geradezu  ge- 
fälscht. Aber  was  hier  über  — 1\3  gesagt  ist,  entspricht  offenbar  der  Wirklich- 
em 

keit.  (Dagegen  steht  z.  B.  die  Aussage  über  <~*üJ  im  Widerspruch  mit  Stellen 
wie  Aus  b.  Hagar  Nr.  JV,  öl,  sAlqama,  ed.  Ahlw.,  Nr.  I,  f\,  Nöldeke,  Beitr. 
z.  K.  d.  Poesie,  139,   (1   etc.,  wo  das  Wort  vom  fertigen  Pfeil  gebraucht  wird.) 

2)  Ich  betone  hier  ausdrücklich,  daß  wir  nach  meiner  Überzeugung  nicht 
allzu  viel  darüber  wissen.  Die  arab.  Humanisten  erwähnen  zwar  das  Maisir 
und  was  damit  zusammenhängt  ziemlich  oft,  aber  ihre  Angaben  sind  z.  T.  recht 
unklar  und  widerspruchsvoll,  was  offenbar  darauf  beruht,  daß  man  das  Spiel, 
das  ja  durch  Muhammad's  Baunstrahl  (Sure  II,  2 IG;  V,  92  f.)  ausgerottet  worden 
war,  zu  ihrer  Zeit  praktisch  nicht  mehr  kannte.  Es  ist  daher  nicht  aus- 
geschlossen, daß  wir  den  einen  oder  andern  hierhergehörigen  Ausdruck,  den 
wir  auf  Grund  der  einheimischen  Interpretationen  gut  zu  verstehen  glauben, 
in   Wirklichkeit  völlig  verkennen. 


Fischer,  Pfeile  aus  Nabi-Holz.  883 

Vermutung  auf.  daß  dem  gleichen  Namen  auch  die  gleiche  Sache 
zugrunde  gelegen  haben  wird,  d.  h.  daß  man  zu  Spielpfeilen,  wenigstens 
ursprünglich,  wirkliche  Pfeile,  nur  ohne  Spitze  und  Federn,  benutzt 
hat.  Der  Spielpfeil  hat  aber  offenbar  auch  später,  nachdem  er  eine 
gewisse  selbständige  Entwicklung  genommen  haben  mochte,  in  Ge- 
stalt und  Aussehen  seinen  Ursprung  nie  verleugnet.  Das  geht 
daraus  hervor,  daß  uns  —  abgesehen  von  den  Kerb-  und  sonstigen 
Abzeichen,  mit  denen  der  Spielpfeil  seinem  Zweck  entsprechend 
versehen  werden  mußte  —  weder  in  der  Dichtung  noch  in  den 
Schilderungen  der  alten  Philologen  unterscheidende  Characteristica 
der  beiden  Pfeilarten  entgegentreten.  Ja  noch  mehr:  die  Characte- 
ristica der  Spielpfeile  sind  z.  T.  derart,  daß  sie  besser  für  wirkliche 
Pfeile  zu  passen  scheinen.  Ich  rechne  dahin  Angaben  wie  wir  ihnen  oben 

(878,  Anm.  2.  u.  Z.  12)  begegnet  sind:  (j*yto5  ^Jic  0*  ^Uie  au, 
K^äxA  etc.  Zur  Not  kann  man  natürlich  auch  vom  Spielpfeil  gelten 
lassen,  daß  man  ihn,  um  seine  Dauerhaftigkeit  zu  steigern,  mit 
einer  Sehne  umwickelt  und  daß  man  zur  Feststellung  der  Härte 
seines  Holzes  auf  ihn  gebissen  habe.  Viel  näher  aber  dürfte  doch 
bei  derartigen  Angaben  der  Gedanke  an  wirkliche  Pfeile  liegen 
(vgl.  Schwarzlose  270,2:  298,  Mitte;  304,4  v.u.;  308,  Anm.  9; 
293,  7;  Lexica  s.  ^äc,  '*-*uoj,  V^  un<^  (J*?^)-  Damit  verträgt 
sich  denn  aufs  beste ,  daß  der  Spielpfeil  sehr  oft  geradezu  » g  ~. 
heißt.1)    Vgl.  die  Lexica  s.  v.  (z.  B.  Lisän  XV,  p..,  12    =    i\|,  4: 

&j    c  iäj   ,  cj\i'\   -AäJi    *jl^JL;    s.    auch    z.  B.  II.  \\f,  8:    ,.„j|   A|jj 

üjsuajli  o*..ojJ*)  und  s.  UJ-to,  ferner  Stellen  wie  TibrlzT.  Sarh 
MuSall.,  p.  ol,  4  v.u.:  ,.L^JLj  \->jaj  ^JJl  Li*  A^ii  (1  Zeile 
vorher:  Jj^üJ!  UJlc  iM.j.aäj;  ed.  Arnold  an  derselben  Stelle: 
JlXäJLj  Ojäj  i^Äii  ^UäJi  (jy>5  ....  iX^II);  1  Nnl.at,!.  Sarh 
al-Suiün,  Kairo  1278,  (Tl,  12:  ^y  ^J|  rLpJ|  ^  ^^l  JA; 
Lgj    p  .ääj^   &.Lj.3>   J.;    al-BiqäBT    in    seinem    von  Landberg   in   den 


1)  Dagegen  bezeichnet,  wie  das  ja  auch  die  arab.  Philologen  angeben, 
_l\S  nie  den  ganzen  eigentlichen  Pfeil.  Die  Deutung,  dio  Schwarzlose  305, 
C  ,  ,  öS    O  o 

Mitte  von  dem  Ausdruck   c  _st    „A'J  gibt,  ist  irrig,   denn   c   ,'iS   gehl    nicht  auf 

die   Metallspitze,   sondern   auf    das    Holz    des   Schaftes;    s.    die   Lexica   s.   c  ,s, 
z.   B.    Lisän   X,   |f.,   1. 


g$4  Fischer,  Pfeile  aus  NaU-Holz. 

J'iimeurs  arabes"  I  veröffentlichten  Exkurse  über  das  Maisir,  wo 
^_~  für  „Spielpfeil"  durchaus  vorherrscht:  \".,  6  v.u.;  t%  8.  16; 
IT,  7—10;  t^o,  5;  n,  15.  17.  19;  [*»V|  10—12.  17— i*A,  4  u.  s.  f. 
Auch  in  der  Dichtung  heißt  der  Maisirpfeil  gelegentlich  «■;>—. 
Vgl.  die   Verse : 

—  von  Aus  b.  Hagar  —  «Auf  beiden  Seiten  von  Hubaii  zwei 
Nächte  lang,  als  ob  sie  einem  Unglück  enteilten1)  oder  Lospfeile 
schüttelten":  Aus  Nr.  fj",  o; 

J.ÄJW  v_»*JLs    .L^v.£i   £  (j>.ä*^-^^j        _j  ,Ai2xJ    j)   ü^Laac  vü*.s.i3   L/Sj 

—  von  Imra'  al-Qais  ■ —  „Und  nur  dazu  haben  deine  Augen  Tränen 
vergossen,  daß  du  mit  deinen  beiden  Pfeilen  (den  Augen)  um  die 
Stücke  eines  (von  der  Liebe)  zu  Tode  gequälten  Herzen  spieltest"'2): 
ed.  Ahlw.  Nr.  fA  f.;  MuSall.  ed.  Lyall  p.  \f,  ed.  Arnold  p.  |.  • 
Gamhara  p.  f|;  BiqäST,  a.  a.  0.,  ^f,  2.  H,  4  v.  u. ;  IQutaiba, 
SiSr  ff;  Aränl  VIII,  va,  3  v.u.;  Lexica  (auch  Lane)  s.  ..£.£  und 
Huber  32,  und 


1)  So    übersetze    ich    die  Worte    Law.^     Jß  Jl'J  jetzt,    über  die  ich  mich 

vor  10  Jahren,  als  ich  meine  „Verbesserungen  und  Nachträge"  zum  Aus  schrieb 
(diese  Zeitschr.   49,  85  ff.)  noch  nicht  zu  äußern  wagte.     Geyer  übersetzt:    „als 

ob  sie  den  Abendwind  überholen  .  .  .  wollten".  Aber  rw*.^  hat  in  der  alten 
Dichtung  gewöhnlich  die  Bedeutung  „Unglück"  ;  vgl.  z.  B.  SAlqama  ed.  Ahlw. 
Nr.  li*1,  YY  (von  Socin  falsch  verstanden,  s.  schon  Ahlw.,  Bemerkungen,  z.  St.); 
Nöldeke,  Beitr.  z.  K.  d.  Poesie,  198,  10;  Aränl  XXI,  fA,  15;  Wellhausen,  Reste'2, 

201.   209   etc.     Zu   +frJ.i    (jiaxftJ   vgl.  meine   „Verb,  und  Nachtr.",  S.  132. 

2)  Dieser  Vers  wird  bekanntlich  auch  anders  gedeutet,  ich  stimme  aber 
Tibrlzi  bei,  der  sich  in  seinem  Kommentar  dazu,  a.  a.  O.  p.  If",  7,  folgender- 
maßen   äußert:       Axl\    yvr*»p*».JLj    Ol -tl      .,4.5j     ..!     s*.>jJi    öiÄ?    J>y>-\^ 

o.xj  [j^s>  UiLXs  \*JLä  ^c  L^äJI*J  L***»  L?UCj  J.*>  \i^i  ^^'iJW 

.j-.*.^*»  I;ls.  Vgl.  noch  den  nächsten  im  Text  zitierten  Vers  und  die  Redens- 
art:      .Lw*ft|     ^y/i     2-.IS    Sl\.S>S     ijf)    8,b*Ol*J     (J&'l     ^s*-i$     »X/ii-cl     J,     ^>  .^O 

(  pw^Xi   .»Lg-wO    Lg.A5    LJ,>oaJ^    ;5--?*    Asäs    al-balära    s.     .av-c  ;    vgl.  Lane  s. 


Fischer,  Pfeile  aus  Nabo-Holz.  885 


v_^a5j^      .Ljl   üiL+.z^s        g^i    .Lxi.cS    i9j-§j5   *.^'s 


13! 


„Wenn  die  Liebe  die  Stücke  meines  Herzens  teilt,  so  sind  deine 
beiden  Pfeile  (deine  Augen)  der  Musallä"  und  der  Raqlb  (die  zu- 
sammen sämtliche  Stücke  gewinnen)":  Tag  al-3arüs  und  Lane 
s.  1-rö. ;  Huber  37  (der  falsch  übersetzt:  „Wenn  die  Liebe  mein 
Herz  in  zehn  Stücke  teilt").1) 

Ja,  der  Name  ^M  für  den  Lospfeil  (ganz  allgemein  und  nicht 
nur  in  seiner  Beziehung  auf  das  Maisir  verstanden)  muß  sogar  sehr 
alt  sein,  denn  nur  so  erklärt  es  sich,  daß  *^w  auch  „Losanteil, 
Beuteanteil,  Anteil"   bedeuten  kann  und  daß  sich  die  denominativen 

Verbalformen  finden:  ^*  „beim  Werfen  der  Lospfeile  o.  ä.  über- 
treffen", *?Lw  „mit  jemand  die  Lospfeile  werfen",  ^j.^  „die  Los- 
pfeile werfen  lassen"  etc.-)  (Vgl.  zu  ^.^  „Anteil"  Aus  b.  Hagar 
S.  51,  Anm.  2;  IHisäm,  Sira,  ed.  Wüstenfeld,  fA1,  6.  f1.,  7  v.  u. 
f1l,  9  v.  u.  fip\  3  v.  u.  flf ,  6.  15  und  so  oft  in  der  Literatur  der 
Maräzi  etc.;    zu    ^M  TabarT,  Annales,  I,  va^S  17;    zu    *.PLw  Sure 

37,  14  und  TabarT  a.  a.  0.;  zu  *.5>L*o  Hamäsa  övl,  11;  zu  *.±^\ 
TabarT  a.  a.  0.  III,  liö,  6  (s.  Glossar)  etc.)  Man  wird  annehmen 
müssen,  daß  ursprünglich  bei  allen  Pfeilspielen  und  -Orakeln  — 
mögen  sie  nun ,  wie  wahrscheinlich ,  von  Hans  an  in  einem  Pfeil- 
schießen:;)  bestanden  haben  oder  nicht  —  eigentliche  Pfeile  im 
Gebrauch  waren,  deren  Name  LU^.)  seine  allgemeine  Bedeutung 
jederzeit  behalten  hat,  daß  man  aber  später  für  das  Maisir  _LVs 
(Pfeile    ohne  Spitze    und  Federn)    bevorzugte,    wie    für    das    Pfeil- 


1)  S.  noch  Kassäf,  ed.  Lees,  I,  Ifv ,    11. 

2)  Schon  die  arabischen  Lexikographen  haben,  wenigstens  annähernd,   diese 
Bedeutungsentwicklung  begriffen.     Vgl.   Lisän  XV,  iJ..,   7  ff.:   ^kmoJo)    a-$*vJ) 

_Ä=>     JSS     ^'i     N-*.-l.w     tfJUJi     <\J     ;  4.ÄJ     LyC     Ä.J        _*,w     Ji    _5<>Jül     ,   -^» 

3)  Vgl.  Jonathans  Pfeilschießen   1  Sam.  20. 


886  Fischer,  Pfeile  aus  Nabi-Holz. 

Orakel  J$-.\  (die  natürlich  von  den  _ijö  verschieden  gewesen 
sein  müssen,  in  der  Literatur  aber  mehr  und  mehr  damit  konfundiert 
worden  sind:  vgl.  die  Lexica  s.  *J:  und  Huber  32). 

Wie  dem  auch  sei,  auf  jeden  Fall  dürften  diese  Ausführungen 
gezeigt  haben,  daß  man  sich  Los-  und  eigentliche  Pfeile  nicht  als 
grundsätzlich  verschieden  denken  darf,  daß  vielmehr  der  ^uXs 
direkt  vom  ^^  abstammt  und  daß  er  in  Namen ,  Gestalt  und 
Aussehen  diese  Abstammung  nie  verleugnet  hat.  Da  man  nun, 
wie  wir  gesehen  haben,  den  Jöi  mit  Vorliebe  aus  Nabä-Holz  her- 
stellte,  so  dürfen  wir  folgern,  daß  dieses  auch  für  den  ^*  be- 
nutzt wurde. 

Für  den,  der  diesem  Indizienbeweis  keine  unbedingte  Geltung 
zuerkennen  will,  vermag  ich  glücklicherweise  einige  Stellen  an- 
zuführen, in  denen  ganz  positiv  von  eigentlichen  Pfeilen  aus  Nab8- 
Holz    die    Rede    ist.      Diese    Stellen    sind:    Maidäni,   Amtäl,  Büläq 


G*~^  c^  rAij) 


L^uLj    ^a   ^\S   La   ^J!    l\*£    *i    ,'Sj.i    \j^Jas>3    .^.PJ>    ^ 

#J|  A-ivwl  K^.*i>  LijL/s  Jv*^  (die  ganze ,  nicht  uninteressante  Er- 
zählung fast  wörtlich  ebenso  in  den  Kommentaren  von  Sarlsl  und 
MutarrizI  zu  den  Maqämät  des  Harirl;  s.  SarTsi ,  Büläq  1300,  I, 
Iff,  6  ff.  und  Sacy,  Chr.2  III,  236  ff.1);  vgl.  auch  Sacy,  ibid.  241, 
ult.):    Kämil   rfP,   4: 

—  von  Ibn  Abi  ;Uiaina  —  „Und  ich  steckte  sie  (die  Pfeilspitze) 
auf  einen  Nah: -Schoß  und  versah  diesen  mit  zwei  Oberfedern  eines 
Geiers  und  einem  mit  einer  Sehne  umwickelten  Schaftmittelstück " 
und  AsSär  al-Hud.,  ed.  Koseg.,  Nr.  f     lo: 

v_ajLo    0VllJ|    ^y*    vJ>jZ&*  j**wLj      LiJ    JK'i*    bU,    (C^5*   *$    -JsLo-S 

—  von  Sahr  al-Raij  —   „Er  kreiste    ihn  (den  Steinbock)    ein,    bis 


\)  S.  schon  Schwarzlose  292,  Anm.  1. 


Fischer,  Pfeile  aus  Nab  -Holz.  887 

er  aus  der  Nähe  mit  einem  lohfarbenen *) ,  mit  Doppelspitze  ver- 
sehenen, treffsicheren  Pfeile  nach  ihm  schießen  konnte." 

Möglicherweise  gehören  auch  die  oben  S.  880,  7.  13  zitierten 
Verse  hierher.     Denn  da   diese    sonst    keinerlei  Beziehung    au 
Maisir    enthalten ,    könnte    ihr    «jjül  _Ai    bezw.    £äaJLJI    —Oö    statt 

„Lospfeil  aus  NabS-Holz"  sehr  wohl  auch  „Pfeilschaft  aus  N." 
bedeuten.'2) 

Die  Lexica  s.  «^j  zitieren  keinen  Vers,  in  dem  eigentliche 
Pfeile  aus  diesem  Holze  erwähnt  werden.  Wenn  sie  aber  über- 
übereinstimmend kurz  melden:  ^^ä.l\  &.Jut  o\iÄ.J'  ^\J&  «juüi 
3)*Lg^*J|   LgJLüi-!  ,.y*  J^CsV    und    dann    unbefangen    als    Beleg    für 

letztere  Angabe  den  oben  (S.  878,  Anm.  2)  mitgeteilten  Vers  des  Duraid 
anführen ,  so  steht  zum  mindesten  fest ,  daß  ihren  Verfassern  keine 
Stelle  in  der  alten  Literatur  bekannt  war,  die  gegen  die  Herstellung 
von  eigentlichen  Pfeilen  aus  NabS-Holz  Zeugnis  abgelegt  hätte.  Auch 
ich  kenne  keine  derartige  Stelle ,  und  da  offenbar  auch  ein  so 
hervorragender  Kenner  dieser  ganzen  Literatur  wie  Nöldeke  keine 
kennt,  bezweifle  ich  bis  auf  weiteres,  daß  eine  solche  überhaupt 
existiert. 

Jacob    in    seinem   „ Beduinenleben "-  133   schreibt,    vielleicht 

irregeführt  durch  Stellen  wie  Freytag ,  Lex. ,  s.  ^j^.  und  äuUSo , 
und  Einleitung  258:  „Man  schoß  mit  Rohrpfeilen,  während  die 
Perser  Holzpfeile  verwandten".  Es  kann  m.  E.  gar  keinem  Zweifel 
unterliegen ,  daß  die  alten  Araber  auch  Holzpfeile  kannten ,  und 
zwar  nicht  nur  solche  aus  NabS-Holz,  sondern  auch  aus  verschiedenen 
andern  Holzarten.     Vgl.  Schwarzlose  292  f.,  Tag  I,  fH*1,  4  etc. 

1)  Unter  einem  „lohfarbenen"  Pfeile  verstehe  ich,  allerdings  mit  allem 
Vorbehalt,  einen  aus  NabS-Holz.  Siehe  _.♦.**!  oben  S.  878,  Anm.  2  und  vgl.  noch 
Asäär  al-Hud. ,  ed.  Kosegarten,  Glosse  zu  Nr.  1,  f:  x-oe-o  CP  ^i  iL+s»» 
j+5>i    L^ÄAjy&J»    r,jJ     ^   j*S>i     '-^     ^J^.     U^i     ferner     Li-fm     s.     txi 

(X,  fff.  Mitte):     aJLJt.    Oj.x.i|    jue\    y^jX    *.aJÜ|     tiyt    [ääaa£>  j^S]     }-i 

.+>\  fjjü  \S\.  JyJS  £  aJLJü,  s.  auch  s.  Ja^=Uä  iIX,  IM,  2).  Wie 
hiernach  das  NabS-Holz  im  Alter  rot  wird,  >u  könnte  es  wohl  auch  eine  loh 
farbene  Spielart  davon  gegeben  haben. 

2)  Die  richtigste  Übersetzung  dieses  jütAjlJI  _Jv.S  ist  freilich  vielleicht 
„den  Schoß  des  NabS-Baumes" ;  s.  oben   S.  881,  Anm.  1. 

3)  Vgl.  oben  S.  881,  Anm.  1:    »g^    x-U    JotS?.    «-*J    q*    ,-As. 


Anzeigen. 

Die  Hä s i m ijj ä t  des  Kumait,  herausgegeben ,  übersetzt 
und  erläutert  von  Josef  Horovitz.  Mit  Unterstützung 
der  Kai.  Akademie  der  Wissenschaften  in  Berlin.  Leiden, 
E.  J.  Brill,  1904.     |ÖA,  XXIV,  109  S.  in  8°. 

Kumait  b.  Zaid  vom  Stamme  Asad ,  geboren  um  60  d.  H., 
gestorben  126,  gebort  nicbt  zu  den  hervorragenden  Dichtern  der 
Omaijadenzeit.  Mit  den  drei  altern  Koryphäen  dieser  Periode, 
Farazdaq ,  Garlr  und  Achtal ,  die  doch  auch  nur  Epigonen  waren, 
kann  er  sich  nicht  messen,  geschweige  mit  den  Meistern  der  Früh- 
zeit oder  seinem  Zeitgenossen  'Omar  b.  Abi  Rabi'a.  Und  unter 
seinen  Gedichten  gelten  die  zu  Ehren  Muhammeds  und  seines  Hauses 
gemachten  bei  arabischen  Kritikern  für  weniger  gut  als  seine  andern. 
Aber  doch  verdienen  gerade  diese,  die  HäsimTjät,  durchaus  die 
Herausgabe  als  eine  bedeutsame  Zeitstimme.  Der  Dichter  spricht 
in  ihnen  als  überzeugter,  enthusiastischer  Anhänger  'Ali's  und  seiner 
Familie  und  als  entschiedener  Gegner  der  herrschenden  Dynastie. 
Man  mag  diese  Parteirichtung  verkehrt  finden,  aber  man  muß  die 
ehrliche  Überzeugung  anerkennen.  Freilich  war  Kumait  keine 
Heldenseele.  Tadel  und  Verketzerung  erträgt  er,  aber  er  beklagt 
und  verteidigt  es  nur  schwach,  daß  er  bloß  mit  Worten,  nicht  mit 
den  "Waffen  in  der  Hand  für  seine  Sache  eintritt.  Man  merkt  leicht, 
daß  die  Drohung,  bald  würden  die  Gutgesinnten  mit  Gewalt  die 
Usurpatoren  stürzen  und  die  Berechtigten  auf  den  Thron  setzen 
(IV,  63 ff.),  wenigstens  für  seine  eigne  Person  nicht  sehr  ernst  zu 
nehmen  sei.  Und  so  hat  er  denn  auch,  als  seine  Angriffe  auf  den 
Chalifen  ruchbar  geworden  waren  und  er  sein  Leben  bedroht  sah, 
jene  zurückgenommen  und  den  Herrscher  gefeiert.  Hisäm  war  viel 
zu  verständig,  um  sich  nicht  damit  zu  begnügen  und  den  Dichter 
die    beleidigte    Majestät    fühlen    zu    lassen.1)      Aber    verleugnet 


1)  Die  hübschen  Geschichten  über  die  Proskription  und  die  Rettung  Kumait's 
sind  natürlich  sehr  vorsichtig  aufzunehmen,  zumal  wesentliche  Züge  daraus  auch 
in  anderem  Zusammenhange  vorkommen.  —  Beiläufig,  daß  ich  sehr  bezweifle, 
der  energische  Chälid  alQasrl,  der  sich  nicht  scheute,  der  öffentlichen  Meinung 
zu  trotzen ,  sei  feige  gewesen  (S.  XV) ,  mag  die  Geschichte ,  worauf  sich  dieser 
Vorwurf  gründete,  ganz  wahr  sein  oder  nicht. 


NöldeJce,  Die  Hasimijjat  des  Kumalt,  hrsg.  von  J.  Horovitz.     889 

hat  Kumait  die  'Aliden  doch  nicht,  wie  das  andere  schi'itische  Dichter 
wohl  getan  haben.  Er  war  eben  viel  ehrlicher  als  der  gesinnungs- 
lose Farazdaq,  der  die  jeweiligen  Machthaber  besingt  und  die  Ge- 
stürzten schmäht  und  der  sich  gewiß  nicht  gescheut  hätte ,  die 
Omaijaden ,  die  er  der  Reihe  nach  verherrlicht ,  aufs  gemeinste  zu 
beschimpfen,  wenn  er  ihren  Untergang  erlebt  hätte. 

Kumait  gehört  nicht  zu  den  schi'itischen  Ultras.  Er  hält  zwar 
Abu  Bekr  und  'Omar  für  Usurpatoren,  will  sie  aber  nicht  schmähen; 
vielleicht,  meint  er,  hätten  sie  bona  fide  gehandelt  und  könnten 
sich  einst  vor  Gott  einigermaßen  verantworten.1)  'Othmän  läßt  er 
aber  stillschweigend  fallen.  Daß  dem  'All  und  seinen  Nachkommen 
die  Herrschaft  als  Erbe  gebühre,  ist  die  durchgehende  Voraus- 
setzung.2) Sie  werden  denn  aufs  schönste  gepriesen  als  die  besten 
Menschen,  von  denen  alles  Heil  zu  erwarten.  Doch  hält  sich  Kumait 
dabei  ziemlich  in  den  Grenzen  des  herkömmlichen  ^.jjoc ,  nur  daß 

er  die  lobenden  Ausdrücke  gewaltig  häuft.  Im  Grunde  gehen 
Farazdaq  und  GarTr  weiter,  wenn  sie  die  Chalifen  mehr  oder  weniger 
den  Propheten  gleichstellen ,  ihnen  und  selbst  dem  Ilaggäg  die 
Engel  im  Kampf  zu  Hülfe  kommen  lassen  u.  dgl.  m. ,  s.  Farazdaq 
(Boucher)  103,  4  f.  (Hell)  LIX,  6  f.;  GarTr  I,  16,  12  f.  103.  — 
1 ,  62 ,  1  f.  9,8  u.  s.  w.  Gegen  die  Omaijaden  schleudert  Kumait 
starke  Anklagen,  berechtigte  und  unberechtigte.  ■ —  Merkwürdig,  daß 
er  sich  über  die  Zeitfolge  wichtiger  Vorfälle  aus  Muhammecl's  Leben 
täuscht:  II,  95  setzt  er  den  Tod  Marhab's  (Chaibar)  vor  den  des 
Talha  b.  Abi  Talha  (Uhud).  —  In  späteren  Gedichten,  namentlich 
in  einer  ungewöhnlich  langen  Qaslde ,  von  der  noch  ziemlich  viel 
Bruchstücke  vorhanden  sind,:i)  hat  unser  Dichter  heftig  Partei  gegen 


1)  Der  gut  sunnitische  Cairiner  Herausgeber,  der  auch  Mo'awija  als  „Ge- 
nossen" des  Propheten  das  Üi\a*v  und  \Xz-  aJUI  c^)  zukommen  läßt,  ver- 
wahrt sich  natürlich  gegen   diese  Auffassung. 

2)  Streng  geschichtlich  läßt  sich  diese  Theorie  nicht  rechtfertigen,  aber 
sie  lag  so  nahe,  daß  die  MarwSniden  sich  veranlaßt  sahen,  ihr  eine  andere, 
noch  weit  schwächere,  entgegenzusetzen,  die  wir  aus  Farazdaq  kennen  lernen: 
die  Berechtigung  der  beiden  ersten  Chalifen  ist  selbstverständlich;    da    nun   das 

von  'Omar  eingesetzte  Wahlkollegium  (iS\y£',  ^.«^w./?)  den  Omaijaden  'Othmän 

erkoren  hat,  so  ist  das  Omaijadische  Haus  die  legitime  Dynastie,  s.  Farazdaq 
(Boucher)  S.  106,  12.  108.  150,  4.  208,  5.  219,  15.  Bell)  S.  LXII,  3  (Nr.  394). 
S.  71.  177,  15.  Kumait  spielt  auf  den  Omaijadischen  Erbschaftsanspruch  an 
II,  37.  Die,  welche  jene  Begründung  aufstellten,  haben  gewil.i  dabei  gelächelt, 
aber  ich  möchte  wohl  glauben,  daß  der  gute,  beschränkte  'Omar  II  sein  Gewissen 
eben  damit  beruhigt  habo.  —  Bei  Farazdaq  und  GarTr  linden  wir  auch  sonst 
damals  offiziöse  Redeweisen,  z.  B.  wird  die  feindliche  Partei  mit  dein  religiös 
schwer  tadelnden  Ausdruck  „Heuchler"  .^SöIZa  GarTr  1,34,  1.  16,  19.  107, 
2  u.  s.  w.,  oder  gar  als  „ Götzendiener"  bezeichne!  Farazdaq  (Hell  X.  Nr.  287 
letzter  Vers. 

3)  S.   die  Einleitung  S.   XII. 


890  Anzeigen. 

die  ganzen  „jemenischen"  Stämme  genommen.  Hier  tritt  das  noch 
nicht  hervor.  Doch  macht  die  Aufzählung  II,  48 f.  schon  den  Ein- 
druck, als  sähe  er  auf  gewisse  jemenische  Stämme  sehr  herab.  Und 
auf  alle  Fälle  legt  er  großes  Gewicht  darauf,  daß  der  Prophet  der 
Stammesgruppe  Chindif  entsprossen  sei,  der  auch  er  angehört,  ganz 
wie  Farazdaq  und  Garlr  diesen  und  besonders  die  Chalifen  als 
Stammesgenossen  in  Anspruch  nehmen. 

Die  Hauptteile  der  HäsimTjät  sind  ziemlich  prosaisch.  Die 
langen  Reihen  anpreisender  Epitheta  wirken    nicht   entfernt  so  wie 

ähnliche,    aber    doch    weit    kürzere  in  den  alten  ö|./i.     Und  noch 

weniger  können  die  an  den  Verstand  gerichteten  Darlegungen  seiner 
religiös-politischen  Gesinnung  z.  B.  in  VIII  als  Poesie  gelten. 
Rhetorische  Fragen  wie  II,  12  f.  73.  77.  IV,  19  tragen  nicht  viel 
dazu  bei,  diese  Diskussion  zu  beleben.  Sehr  oft  wiederholt  sich 
Kumait  in  den  HäsimTjät.  Auch  finden  sich  in  den  sonstigen  Resten 
seiner  Gedichte  noch  allerlei  Parallelen  zu  Stellen  in  jenen.  Solche 
Wiederholungen  begegnen  uns  freilich  bei  vielen  arabischen  Dichtern 
in  großer  Anzahl.  Kumait  sucht  aber  doch  seinen  Gedichten  echt 
dichterischen  Schmuck  zu  geben.  Da  kommt  ihm  zu  Gute,  daß 
kaum  eine  gebildete  Sprache  für  einen  mit  einigem  Formtalent 
Begabten  in  dem  Grade  dichtet  und  denkt  wie  die  altarabische. 
So  schildert  er  denn  nach  zahlreichen  Mustern  das  Kamel,  auf  dem 
er  die  mühsame  Reise  nach  Mekka  (II,  122.  140)  zu  den  Gefeierten 
macht,  wTobei  wir  es  unentschieden  lassen,  ob  er  diese  Reise  wirk- 
lich selbst  ausführt  oder  das  Gedicht  durch  einen  Andern  über- 
schickt. Ferner  gibt  er  uns  wieder  die  bekannten  Szenen  aus  dem 
Leben  des  Wildstiers ,  den  er  vielleicht  nie  gesehen  hat ,  und  des 
Qatä.1)  Den  NasTb  und  das  Jammern  an  verlassenen  Wohnstätten 
bringt  er,  so  zu  sagen,  immer  negativ  an,  indem  er  erklärt:  ich  rege 
mich  nicht  ob  neuer  oder  alter  Liebe  auf,  sondern  wegen  der 
Häsimiden.  Er  feiert  diese  besonders  als  wohltätige  Saijids,  die 
den  armen  Beduinen ,  deren  Kamele  wegen  Regenmangels  keine 
Milch  geben ,  reichliche  Nahrung  spenden  und  an  deren  Zelten  die 
Witt  wen  und  Waisen  sich  sättigen.  Sogar  das  von  Muhammed 
verbotene  Maisir- Spiel  läßt  er  sie  veranstalten,  wenn  anders  er  sich 
selbst  über  das  Wort  ,L*ol  II,  80  klar  ist.  Der  Dichter  markiert 
eben  in  üblicher  Weise  den  Beduinen,  während  er  doch  ein  Städter 
war,  ebenso  wie  die  von  ihm  Gefeierten.  Nach  der  gelehrten  Über- 
lieferung hat  er  denn  auch  hier  und  da  in  der  Beschreibung  von 
Wüstendingen  Fehler  gemacht.  Als  poetisches  Mittel  gebraucht  er 
im  III.  Liede,  das  überhaupt  am  meisten  Künstelei  zeigt,  wieder- 

1)  Farazdaq,  der  dem  Wüstenleben  doch  näher  stand ,  hat  nur  je  einmal 
den  Wildesel  (Boucher)  9  f.  und  die  Antilope  26  f.;  bei  Garir,  der  sich  gewöhn- 
lich in  der  Wüste  aufhielt,  fehlen  solche  Schilderungen  ganz.  Kaum  anzunehmen 
ist,  daß   das  erst  in  Folge  späterer  Verstümmelung  der  Texte  geschehen  sei. 


Nöldeke,  Die  Hasimijjat  des  Kumait,  hrsg.  von  J.  Horovitz.     891 

holt  eine  Art  von  Rätsel :  das  und  das ,  aber  nicht  so ,  wie  es  der 
Hörer  zunächst  auffassen  möchte.  Er  schildert  da  die  Herdsteine, 
als  ob  es  Kamele  III,  4 — 8,  den  Pflock,  als  ob  es  ein  mißhandelter 
Mann  III,  9 — 11.  die  Qatä,  als  ob  es  Weiber  mit  Schläuchen  wären 
III,  122—127. 

Als  Schmuck  verwendet  auch  Kumait  allerlei  aus  der  alten 
Poesie  überkommene  Wörter,  die  im  Leben  sicher  nicht  mehr  ge- 
braucht   wurden.      Daß    er    aber    noch    immer    die    ursprüngliche, 

spezielle  Bedeutung  solcher  ykaöücu  wie  *.Ju.ü     *j.^c  I.  96;  >_^.Lc3 

II.  112:  L-^y  II,  124:  ^Joc  VII.  1  u.  s.  w.  gekannt  hätte,  braucht 
man  nicht  anzunehmen.  Auch  einige  Formen  von  schwachen  Wurzeln. 
die  wie  von  starken  gebildet  sind .  sollen  wohl .  als  ungewöhnlich, 
poetisch  schmücken,  nämlich:  ,_*li]  II.  19;  !fcAj.j  (Var.  L.u-j)  II.  34 
—  (jjLiü  in,  2Ü:  ^JiiC*  und  J^jJ.  V.  17.  und  so  '  J^i  III.  21 
is.    unten    S.  894).      Etwas    besonders    Feines    wird    ihm    ,*jwaL>    ^T 

II.  29  gewesen  sein,  ,die  mit  ^beginnenden  Suren4".1)  —Abweichend 
von  den  meisten  Dichtern  seiner  Zeit  benutzt  Kumait  oft  Ausdrücke 
des  Korans  oder  spielt  an  Koränstellen  an.  Der  Hg.  weist  das  fleißig 
im  Einzelnen  nach. 

Trotz  aller  Schwächen  können  wir  es  übrigens  dem  Dichter 
nicht  verübeln,  daß  er  von  dem  hohen  Wert  seiner  Lieder  überzeugt 
ist  IV.  103  ff.  Der  stolze  Schlußvers  spielt  einerseits  auf  den  vom 
Hg.  angezogenen  Arers  des  Ka'b  (Ibn  Qot.,  Si'r  67  und  70).  andrer- 
seits auf  den  an,  in  welchem  Farazdaq  seine  Vorbilder  aufzählt 
Garlr  II,  49  (Ibn  Qot.,  Sir  47:  Agh.  VIII,  63.  XII,  40). 

Der  Text  der  Häsimljät  ist  im  Ganzen  gut  erhalten,  aber  die 
gemeinschaftliche  Quelle  unsrer  jungen  Handschriften  hatte  doch 
schon  einige  schwere  Schäden,  z.  B.  111,53,  wo  das  Metrum  un- 
vollständig ist.  Einige  wenige  offenbare  Versehen  in  der  Stellung 
der  Verse  mögen  schon  den  alten  Räwls  zuzuschreiben  sein  .  wenn 
nämlich  diese  Gedichte  nicht  von  Anfang  an  bloß  schriftlich  tradiert 
worden  sind.  Die  Überlieferung  arabischer  Gedichte  nimmt  ja 
wenig  Rücksicht  auf  den  Zusammenhang  der  Verse,  hat  fasl  immer 
nur  den  einzelnen  Vers  für  sich  im  Auge.  —  Die  kurzen  < iedichte 
am   Ende   der   Sammlung  brauchen    keine    Fragmente   zu   sein.     Denn 

so  ungewiß  es  ist ,  ob  schon  in  der  arabischen  Heidenzeit  oIxLä* 
gemacht  wurden  :  in  der  Zeit  Kumait's  waren  solche  gewiß  schon  häufig. 


1)   Daß    die    Grammatiker    diese    seltsame  Ausdrucksweise    des     lIs    —  -— : 
geltenden  Dichters  für  mustergültig  halten,  darf  uns  nicht  beirren. 


392  Anzeigen. 

Ehe  Horovitz  seine  schon  länger  vorbereitete  Ausgabe  der 
llasiimjät  vollendet  hatte,  erschien  in  Cairo  eine  solche  (1324 
d.  H.).  Mit  Recht  urteilt  er  über  diese  ungünstig.  Sie  ist 
flüchtig  gemacht  und  hat  viele  Fehler,  die  leicht  zu  vermeiden 
waren.  So  wird  denn  eine  ganze  Anzahl  von  Verbesserungen ,  die 
ich  mir  in  mein  Exemplar,  das  ich  Schwally's  Güte  verdanke,  ein- 
getragen habe ,  durch  die  neue  Ausgabe  bestätigt.  Aber  freilich 
macht  sich  auch  wieder  geltend,  daß  ein  gelehrter  Araber  durch 
sein  natürliches  Sprachgefühl  auf  diesem  Gebiet  vor  uns  einen 
großen  Vorteil  hat:  an  manchen  Stellen  ist  die  Lesart  der  Cairiner 
Ausgabe  der  bei  Horovitz  vorzuziehen.  Über  den  Kommentar  jener 
kann  ich  das  Urteil  von  Horovitz  nur  bestätigen :  er  ist  meist  wertlos. 
Demnach  machte  die  ägyptische  Ausgabe  eine  europäische  durchaus 
nicht  überflüssig,  und  wir  sind  dem  jungen  Gelehrten  zu  großem 
Dank  verpflichtet,  daß  er  sich  durch  sie  nicht  abschrecken  ließ, 
sein  Werk  zu  vollenden.  Wir  erhalten  in  diesem  den  Text  mit 
ausführlichen  Scholien ,  einen  kritischen  Apparat  zu  beiden ,  eine 
deutsche  Übersetzung  mit  erklärenden  Anmerkungen  und  eine  lehr- 
reiche Einleitung. 

Der  Text  ist  aus  mehreren  Handschriften  hergestellt.  Dazu 
sind  die  anderweit  aus  diesen  Gedichten  zitierten  Stellen  und  die 
sich  darin  findenden  Varianten  —  allerdings  nicht  vollständig  — 
angegeben.  Ich  kann  diese  Zitate  nur  um  ein  einziges  vermehren: 
III,  123  =  Tab.  H,  867,  9.1) 

Zur  weiteren  Feststellung  des  Textes  mögen  folgende  Vorschläge 
und  Bemerkungen  dienen.  Zum  Teil  werden  sie  allerdings  nur 
Druckfehler  betreffen,  wenn  ich  auch  Druckfehler,  die  sich  gleich 
selbst  als  solche  kundgeben,  ignoriere. 

I,  1.  _a£  (Cairo)  ist  allein  richtig,  vy^  La  .ae.  als  Apposition 
zu  v_-AJLä  undenkbar. 

I,  29.  Nur  der  Akkusativ  äjfö  öl>L*  ist  zulässig,  nicht  auch 
der  Genitiv. 

I,  32  lies  ^  c  (st.  constr.),  da  sonst  der  Genitiv  pLaaii  nicht 
zu  erklären  wäre.2) 

I,  45.    Ich  bezweifle  die  Berechtigung  eines   Singulars  g^itX'i 

und  nehme  Jjüüi   ^/iSlXäJS  als  Plurale. 

I.  4  7   lies   _xi>;  und  ebenso  zweimal  v.  49. 

s  - 
I,  53  lies     -/>lgj.    Prototyp  ist  wohl  r)Uj,  danach  zuerst  ^Lii. 

1)  Vgl.  dazu  Kumait  in  Addäd   103,  3  v.  u. 

2)  Die  falsche  Lesart  der  Cairiner  Ausgabe  I,  35  wird  in  ihrem  Druck- 
fehlerverzeichnis verbessert. 


Nöldeke,  Die  Hüsim/jjat  des  Kumait,  hrsg.  von  J.  Horovitz.     893 

I,  56.      [jn^i\   \-yA    beruht    wohl    auf   einem    Schreibfehler    des 
Hg.'s.    Cairo  richtig  \jh£&\      Jl,  und  entsprechend  die  Übersetzung. 


1,65.  Nur  -jX*  A^c,  erlaubt  (mit  ^  »U).  und  danach  viel 
besser  jJit  .   .  .  A.=>  als  die  Passivkonstruktion. 

I,  76  lies  iü£c:   x^Jis.  x*.l&  ist  xsuo  zu  &=>*  oder  zu  .> 

I,  79  lies   JIÜ,  Attribut  zu  ^J>Jo.     Prädikat  ist   erst   ilsLciJi. 

I,  91.  j.L.^lJ!  ist  allein  richtig,  das  zur  Übersetzung  (S.  19) 
vorgeschlagene  JyMJ\  (ohne  -^-)  wäre  unmetrisch. 

II,  4.  Ebenso  ist  nur  das  im  Text  stehende  oL^'LwJt  richtig, 
nicht  etwa  auch  oLs^LwJl  (zur  Übersetzung  S.  25).  Es  ist  =  Ul   ^S. 

ol^'LwJ!  x+?  cr4^- 

II,  9.  Lü^  wäre  zu  hochmütig;  beschirmen  konnte  er  doch 
die  'Aliden  nicht.     iLs?  ist  richtig. 

II,  28  lies  ^JixäJ. 

II,  88.  Las*  ist  richtig;  nur  dazu  paßt  .A^>t.  „eine  unum- 
gängliche Verpflichtung". 

11,50.      Der    Stamm    heißt    nach    Ibn    Dor. ,    lstiqäq  246 .  10 

_jLs£  (PL  von  s)5_a>>:);   diese  Autorität  ist  viel  größer  als  die  der 

}  &      - 

Lexika,  die  ^jLs?.  geben.1)     Hier  natürlich  jLs?.. 

II,  62.  Nur  ^^>jci:i,  nicht  auch  die  Aktivform  (S.  38  zur  Über- 
setzung) wird  richtig  sein. 

II,  90.  |Jjj  wäre  ebenso  gut  wie  |  jV.  Pur  Süra  89.  2  sind 
beide  Lesarten  überliefert. 

11,96.  Richtig  i^ä*  als  Objekt  von  ^J>\.  (Gegen  S.  96 
zur  Übersetzung.) 

II,  115.      Was  für  ^^jCäJij'  zu  lesen,   ist   mir  unklar. 


1     Wie  nahe  diese  Entstellung  liegt,  sieht  man  daran,   daß  sogar  bei  lbn 
Dor.   238,  5    .jLs?.  gedruckt  ist. 


8D4  Anzeigen. 

II,  131  ist  nach  aller  Analogie  mit  Cairo  oIjLLä,*«.!!  zu  schreiben. 
So    «JLäwi  Farazdaq  (Hell)  XLII  Nr.  394  vorletzter  Vers. 

III,  3  lies  Juu  für  jotj   [y*.     Schreibfehler  des  Hg.'s. 

III,  10.       c>Li  wäre  viel  einfacher  als  das  überlieferte  Llic. 

III,  21  lies  ob>jLJI    ^iWWj  als  v-ilac  an  ^oüJi    ^sAy^]. 

III,  24  lies  ijHJ>  und  II,  29  JtjAaJÜ. 

III,  47.  eLaä»  ohne  Tanwln  undenkbar;  sl^yto  richtig  und  durch- 
aus nicht  gegen  das  Metrum. 

III,  53.     Die   Ergänzung    *j    wäre    metrisch    unrichtig.     Etwa 

III,  56*.  Nur  der  Nominativ  ist  richtig;  der  zur  Übersetzung 
(S.  64)  vorgeschlagene  Genitiv  würde  ein  unerlaubtes  k^ä!o.c.  an  ein 
Possessivsuffix  bedingen. 

III,  59.     o»SS!  (wie  j>^\  im  Scholion)  ist  keine  Form. 

III,  77.     id&l^  scheint  mir  besser. 

III,  102.  Die  Lesart  der  Handschrift  ist  bis  auf  eine  Kleinig- 
keit metrisch  unanstößig,  und  zu  der  gewaltsamen  Veränderung  ist 
keine  Veranlassung.    Nur  muß  ^_0  bH  gelesen  werden.    Dann    .r*A^j. 

III ,  106.      Obwohl    die    Überlieferung    nur    x^sl'S    zu    haben 

scheint,  so  ist  doch  notwendig  ^^sIj  zu  lesen,  denn  «.aäjo  ist  Mask. ; 
s.  Hutaia  22,  12;  Asma'Ijät  34,  6  =  Chiz.  I,  93  paen.  =  Gamhara 
136,  11. 

III,  118  hat  Cairo  richtig  UJLs>J  öväs:  „Wenn  es  heißt:  „haltet 
Mittagsruhe",  dann  (geschiebt  das  nur)  auf  den  Kamelsätteln  (selbst, 
d.  h.  im  Reiten)". 

III,  126  lies  o!<Ä:£üo   „die  sich  von  den  Eierschalen  gleichsam 

Schmuck  machen"  ;  die  Eierschalen,  die  noch  an  ihnen  kleben,  sehen 
wie  schmückende  Bänder  aus. 

III,  127  wird  ^ij|  richtig  sein.  Diese  noch  ganz  jungen  Vögel 
sehen  in  Farbe  und  Gestalt  wie  Nieren  aus. 


Xöldeke,  Die  HaSimijjat  des  Kumait,  hrsg.  ron  J.  Horovitz.      895 

III,  130  lies  \jjJLc  (die  Reiter);    von  den  Tieren  könnte  es  ja 
nur  \j>.aÄ£,   oder  qaää  heißen. 

IV,  2  lies  v_Js..£oyjS ,  wie  v.  21  *.j£^\i.    Das  wäre  wenigstens  nach 

der  grammatischen  Regel ;  wir  können  freilich  hier  wie  in  manchen 
andern  Fällen  nicht  wissen,  ob  für  den  Sprachgebrauch  des  Dichters 
die  Regel  galt. 

IV,  33.    Das  überlieferte  LaÄdÜCJ  ist  ganz  in  Ordnung.    Objekt 

zu  ^>.a/^,   ist  'uu^V    b^to»  .  .  .  ü>Li  (34 ):  „Wie  einst  H.  aus  Geiz 

und  schlechter  Fürsorge  ihrer  Hündin  Bellen  .  .  .  und  (aber  dabei) 

Schläge   .  .   .   gönnte". 

IV.  45.      v^Lä  ist  nur  bei  der  bedenklichen  Annahme  möglich, 

daß   ^P.*P   Adjektiv   sei;  sonst   L»jLc      Dann    «j. 

IV,  56.      ,.Ü3    ist    richtig.      Nicht    von  Wölfen,    sondern    von 

Fliegen  ist  die  Rede ;  auf  sie  paßt  das  c^iLgj  und  die  Umschreibung 
im   Schoben. 

IV,  60   lies   ^~s-^'. 

[V,  73.      ich    schlage    vor    x.    tO.Vygt|t     „und    der.    den    man 
zum  Leiter  nimmt". 

[V,  7  1    ist   eiOÜCL^i   ohne   Zweifel   richtig. 
IV.  96  wohl  ljUL"   (du)   oder  x^lo    l-jUj. 


V.  1.      ^j.j/c  ist  richtig. 

V,  15.     So  viel  ich  sehe,  heißl   es  ^^x, 

V,  19.     Nur  _\.   halte  ich  für  erlaubt,  nicht   auch  das   S.  I«1" 

zur  Wahl  gestellte  o... 

V,  23  lies  nach  Gairo  \=^' .  natürlich  aber  mil  Erweichung  des 

am    Ende.      .  £  für    .yc    zu  setzen  ist  unnötig.      „Von    andern 

muß  ich.  gewaltsam  vertrieb'  ben,  ohne  daß  ich  Tränkung 

erlange". 

V,  27   lies   sULLj  (st.  constr.). 
Bd.  LVIII. 


896  Anzeigen. 

VI.  3   lies   |£jj|  als  Subjekt  von  Jj>|. 

VI,  8   lies  (jtoji  J| ;  Adjektiv,  nicht  Infinitiv. 

VII .  5  lies  Jjj   und    dann  ^&   Jou  ^^ :  „Das  ist  von  mir  nur 

wenig  für  ihn,  aber  die,  welche  danach  kommen,  die  sind  noch  mehr 
geeignet,  für  wenig  zu  gelten".  Sicher  bin  ich  aber  dieser  Auf- 
fassung nicht. 

VII,  6  bessere  ich  ohne  viel  Zweifel  JuJjüj  „Vorwände  vor- 
bringen", hier  um  nichts  zu  geben;  so  auch  IV,  92  JoJL*I»  =  JJbti". 
Die  Var.  Jo3\,j»  (im  Schob)  wird  eine  Konjektur  sein ,  die  zeigt, 
daß  die  Entstellung  JvaJläj  schon  alt  ist,  daß  man  aber  auch  früher 
Anstoß  daran  nahm. 

IX .  1   lies  ,  -  JJ(    i\+=>l      JLc   iÄj    mit  Verwandlung    des  öi+S» 

JoöjJI  in   ^LäJi   äi*P  wie  III,  23  j.^Iii   pj^. 

Die  Scholien  bilden,  wie  das  so  zu  sein  pflegt,  keine  Einheit. 
Sie  stammen  zum  großen  Teil  von  alten  Philologen,  aber  dazu  ist 
allerlei  Jüngeres  gekommen.  Wir  lesen  da  viel  Überflüssiges  und 
werden  bei  schwierigen  Stellen  zuweilen  im  Stich  gelassen.  Ab- 
weichende Erklärungen  stehen  manchmal  nebeneinander,  ohne  daß 
die  Verschiedenheit  deutlich  hervorgehoben  würde.     Mitunter    sind 

die  Erklärungen  auch  ganz  falsch,  z.  B.  wenn  S.  öf,  7  ^5 AP  Zu- 
stand sakkusativ  sein  soll,  oder  wenn  die  sprichwörtliche  Redensart 
vom  Anzünden  eines  Feuers  für  Andere  (sie  vos  non  vobis)  II,  74 
auf  Krieg  bezogen  wird.  Ob  wir  ein  Versehen  wie  1V,  16  .yi  iXaaJ 
X.x.a.  i\  für  Käaj.  ^yi  ^XaaJ  einem  Scholiasten  oder  einem  Ab- 
schreiber zur  Last  legen  müssen ,  mag  dahingestellt  bleiben.  Ein 
alter  Gelehrter  hätte  das  nicht  geschrieben ;  ein  solcher  hätte  auch 
schwerlich  das  verpönte1)  Js.a«.&jI  gesetzt  vf,  8.  Aber  mit  Recht 
hat  der  Hg.  derartiges  nicht  geändert,  denn  es  kann  ja  vom  Ver- 
fasser der  betreffenden  Glosse  herrühren.  Der  Hg.  erkennt  auch 
an ,  daß  in  diesen  Scholien  noch  manches  in  Unordnung  ist.  Ein 
wirklich  korrekter  Text  derartiger  Kommentare  läßt  sich  garnicht 
herstellen ,  weil  sie  eben  nie  als  einheitliche ,  korrekte  Sammlung 
bestanden  haben.  Ich  habe  auf  den  Wortlaut  der  Scholien  viel 
weniger  geachtet  als  auf  den  der  Gedichte,  will  aber  doch  einige 
Bemerkungen  zu  ihrem  Texte  machen. 

S.  v,  2  lies  JüLfJb  mit  r^- 


1)  HarlrT,  Durra  38. 


Nöldeke,  Die  Hasimijjät  des  Kumait,  hrsg.  von  J.  Horovitz.     897 
ff,  11   ist  ^jwJ».  wie  auch  Howell  bat,  viel  wahrscheinlicher 
als  LJLLti. 

\T,  17  lies  ^.s\.  H,  11  lies  jaÜL. 

Der  Vers  ^i\  11   dürfte  zu  lesen  sein 

Wenigstens  wäre  so     -äJü     ^a  ohne  Anstoß. 

t*T,  15  lies  mit  Sih.  Mob  Ui.  ff,  9  lies   "jitic. 

1v,  13.     Vermutlich  will  er   sagen,    daß  _  »j  nur  von   Frauen 

i-sy^>S\  gebraucht  wird.     Ob  aber  für  _,  »J    einfach  „Li    zu    lesen, 
v  .         <r^  > 

oder  ob  etwas  ausgefallen,  möchte  ich  nicht  entscheiden. 

Af,  3  lies  J-*JLs?..  a1,  8  lies  ^jSsi\. 

an,  13.     x>5    „Richtung"?    Ein  so  entlegenes  Wort  wie   >.:>-. 
wird  der  Scholiast  nicht  gebrauchen. 

A1,  13  lies  uL&jEjj.  15,  10  lies  ^jjü. 

v-.  12   lies  ,  cjCüi    mit  Ahlwardt .  Asma'ljät   55:    s.  Ibn  Dur.. 


;jCÜi    mit  Ahlwardt,   Asma'ijat   55; 


Istiqäq   199,  11.   200,  13. 

\.r.  7  lies  &/>U£. 

i.ö,  6   lies  \,£\ÖS'   ^<JiJs.f  wäre  gegen  das  Metrum. 

\\\,  10  lies  im  Reim  sJot^.. 

111,  16  f.  lies  Aj^    ^yJU-J   xi^;   vgl.   BarirT,  Durra   97. 

i'..  14  lies  ^^^Li.  „Ungar"  dürfte  wirklich  die  eigentliche  Be- 
deutung von  jJülw  sein;  sie  paßt  auf  den  alten  Vers,  wo  das  noch 

nicht  ausgetragene  Kind  so  genannt  wird.     Ob   Kumait    aber    noch 
den  genauen  Sinn  des  Wortes  kannte,  ist  fraglich. 

Ifl,  14  lies  cUä:.  Ifl,  14   lies  »J&  J,   xslb. 

In  den  Scholien  werden  viele  CK?\+ä  angeführt.  Für  die 
meisten  gibt  der  Hg.  noch  andere  Stellen  an,  wo  sie  vorkommen. 
Mit  solchen  Nachweisen  wird  jetzt  oft  etwas  Luxus  getrieben.  Finde! 
sich  ein  Vers  z.  B.  bei  Slbawaih ,  so  brauchen  dafür  nicht  noch 
andere  grammatische  Werke  zitiert  zu  werden,  die  eben  direkt   oder 


898  Anzeigen. 

indirekt  aus  ihm  schöpfen;  was  sich  im  Sihäh  findet,  braucht  nicht 
aus  Lisän  oder  Tag  belegt  zu  werden.  Aber  ich  halte  es  doch 
nicht  für  ganz  überflüssig,  zu  einigen  dieser  J<PS^  noch  weitere 
Belegstellen  zu  geben.  Namentlich  wo  ich  ganze  Gedichte  oder  doch 
größere  Stellen  habe ,  zu  denen  die  einzelnen  Verse  gehören ,  wird 
deren  Verständnis  dadurch  gefördert. 

S.  1,  5.     Muchtärät  81,  3   v.  u. 

li,  2  steht  im  Diwan  GarTr's  II,  75,  5,  ist  aber  von  Farazdaq. 
Der  Irrtum  des  Scholiasten  erklärt  sich  so. 

i/.  15.     Der  Vers  Hassan's  wird  noch  mehrfach  zitiert,  überall 

mit  dem  richtigen  ^_^äavJ!,  nicht  dem  falschen  uäa-wJ!  der  Tuniser 
Ausgabe. 

IP,  15.     Vgl.  Hudh.  211   am  Ende  (S.  47). 

II,  1.  Tab.  I,  76.  3,  wo  JLiiJ.  Daß  das  richtig,  ergibt  sich 
aus  der  ganzen  Stelle  in  der  Hamäsa  Buhturi's.  Sie  gehört  zu  der 
berühmten   Qasida  'Adi's,  aus  der  wir  viele  Verse  haben. 

f.,  12.     Agh.  XII,  73. 

ff,  9.     Bekrl  36. 

öö,  17.     ^-JlX^.1!  i3L>Ji  i^i  ist  aus  Näbigha  3,  11. 

1i^,  17  wird  öfter  zitiert. 

1f,  111.     'Omar  b.  AB.  S.  109,  1   (Schwarz). 

vi",  7.  Agh.  XIII,  136:  Diw.  Chansä  (cod.  Berl.)  17b.  Der  Vers 
also   wirklich  von  Duraid  b.  Sirnma. 

%  3.  Ihn  Qoi,  Si'r  417;  3;  Chiz.  II,  135  (die  hier  nicht  aus 
Agh.  schöpft). 

T,  12.  Asma'Tjät  55,  7,  Ibn  Dor.,  Istiqäq  200,  14.  Der  S.  67 
(zur  Übersetzung)  zitierte  Vers  aus  LA.  ist  ein  anderer;  s.  Agh. 
II,  61,  16. 

;.-.  7.     Gamhara  133,  6  v.  u. 

1.1,  3.  Der  älteste  Beleg  für  diesen  ganz  oder  zur  Hälfte  öfter 
zitierten  Vers  ist  für  uns  wohl  Kämil  261,  6. 

I.v.  1.     Der  ganze  Vers  Ibn  Walläd  45. 

La,  13.     Ibn  Qot.,  Adab   184,  3. 

||A)  10  eb.  182,  7. 

|fö,  8.  Die  erste  Hälfte  Slb.  II,  150;  vollständig  in  Jahns 
Erklärungen  dazu. 

Die  zur  Übersetzung  von  VI,  7  angeführten  Worte  J,  (so)    Ja5> 

,c\*£  gehören  zu  MufaddalTjät   12,  5. 


Nöldeke,  Die  Hasimijjat  des  Kwnait,  hrsg.  von  J.  Horovitz.     899 

Die  Häsimljät  sind  zum  großen  Teil  ziemlich  leicht  verständ- 
lich ,  aber  sie  enthalten  doch  auch  manche  schwierige  Stelle ,  und 
ich  bin  nicht  überall  zu  einem  sichern  Verständnis  gelangt.  Die 
Übersetzung  des  Hg.s  ist  mir  jedoch  von  großem  Nutzen  gewesen. 
Ich  habe  sie  nicht  Vers  für  Vers  verglichen ,  aber  sie  doch  viel 
gebraucht.  Dabei  bin  ich  freilich  auf  Verschiedenes  gestoßen,  dem 
ich  nicht  beistimmen  kann.  Einige  Stellen,  von  denen  das  gilt, 
habe  ich  schon  oben  bei  den  Lesarten  besprochen.  Ich  gebe  hier 
Weiteres ,  sehe  dabei  aber  meist  von  solchen  Stellen  ab ,  wo  ich 
nur  gern  eine  Kleinigkeit  im  Ausdruck  anders  hätte,  etwa  die  Bei- 
behaltung einer  Umschreibung  damit  Gemeinten,  wie  II.  134 
„beiden  schwarzen"   statt   „Hürner". 

1.  25.     Aus  Nab'-Holz  werden  Bogen  gemacht,  nicht  Pfeile. 
I.  57.     :jAo   *..w<   ist   ein    , wahrer,   richtiger  Name*    („dessen 

Ruhm  u.  s.  w.*),  nicht    .Name   der  Wahrheit  (Gott)".     *„J»   (Cairo) 

ist  falsch. 

I.  72.  \q<3ji  ist  trotz  der  Lexika,  die  es  .Wurfstein"  erklären, 
nicht  „Wurfgeschoß",  sondern  „Stein  zum  Zerklopfen  der  Dattel- 
kerne oder  anderer  Steine"  Harn.  2o7 ,  2.  417,  3  (»^aS-  _-j./j 
noch  Hudh.  242,  16.     ^J^>  \S  ^3^  Harn.  416  ult.i. 

I,  90  möchte  ich  eng  mit  dem  vorigen  verbinden  und  negativ 
fassen:  „(ich  werde  nicht  als  Zweifler  sterben,)  so  daß  ich  irgend 
einen  von  allen  andern  Menschen  ihm  gleich  stellte :  daran  denke 
ich  garnickt ! " 

I,  95.  JjcS  ist  nicht  der  Speichel  des  Menschen.  Also  wohl 
„Geifer  auf  Geifer". 

I,  101.     oiXix    „indem  sie  sie  nicht    erkennen"    geht   auf  <lie 

Kamelinnen.     Das  Junge  steht  ja   im  Sing.  (v.  100).      So  auch  das 
Scholion. 

II,  18.  „Ich  beunruhige  gewisse  Leute  unter  ihnen  (flöße 
ihnen  Verdacht  ein)1),  und  mich  beunruhigen  gewisse  von  ihnen 
neu    aufgebrachte    Eigenschaften,    die    noch    beunruhigender    sind". 


1)   Der  Unterschied  von   ^'.   und   O1,'   ist   trotz   dein,  was   die  Seholien 
und   andere   Quellen  sagen,  schwer  zu   fassen.    Ob   im  Verse  I  oder   IV   zu 
wird  kaum   zu  entscheiden  sein. 


900  Anzeigen. 

II,  21.  ^Lp»  ist  „hat  die  Aussicht  auf  die  ewige  Seligkeit 
verloren"  Süra  20,  64,  110.  91,  10.  Die  religiöse  Färbung  der 
Partie  ist  zu  betonen,  s.  v.   28. 

II,  45  f.  k^S  vJ  und  ui .  vJ  sind  dem  Sinne  nach  prekativ, 
nicht  berichtend. 

II,  66.  Die  Übersetzung,  wie  schon  das  Scholion,  verkennen 
das  Bild:  „wenn  sie  zwei  Dinge,  Ungerechtigkeit  und  Neuerung, 
verheiraten,  machen  sie  noch  Halt  für  ein  andres,  ganz  arges,1) 
darum  anzuhalten". 

II,  68.  *w>  in  j^i  bezeichnet  nicht  das  Instrument,  sondern 
die  Begleitung  bei  der  Bewegung,  resp.  das  Objekt  des  Kausativs: 
„die  Welt  hat  sie  ausgebreitet". 

II,  71.  (jvjuLb  ist  nicht  Objekt,  sondern  Zustandsakkusativ : 
„treiben  (ihre  Leute)  absichtlich  hinein". 

II,  89  war  der  Dual  ((jväLoiJl)  in  der  Übersetzung  wieder- 
zugeben. Was  soll  der  aber?  für  das  eigne  und  das  feindliche 
Heer  ?     Wunderlich ! 

II,  98.  Die  Übersetzung  ist  mir  unverständlich.  »  ä^  ist 
nicht  speziell  „Schild",  sondern  „Deckung,  Schutz".  „Er  hatte 
zwei  ausgestreckte  Deckungen  und  eine  Hand,  die  mit  dieser  (einen 
Deckung,  nämlich  dem  Schilde)  abwehrte,  und  mit  der  andern  (Hand) 
wurden  die  Speere  (blutig)  gefärbt".  Etwas  unsicher  bin  ich  hier 
allerdings.  Besonders  zweckmäßig  hat  sich  der  Dichter  nicht  aus- 
gedrückt, aber  gewiß  ist  nur,  daß  Schild  und  Speer  (Schutz-  und 
Trutzwaffe)  als  doppelte   „Deckung"   gemeint  sind. 

n,  104.  Hier  und  an  andern  Stellen  hätte  Horovitz  nicht 
schlechtweg  „Kühe",  „Stier"  sagen  sollen  oder  gar  „Ochs"  (S.  50, 
als  ob  es  bei  solchem  Wüstenwild  auch  Kastration  gäbe).  Faute 
de  mieux  muß  man  für  diese  Oryx-Art2)  wohl  „Wildkuh,  Wild- 
stier" sagen  (wie  S.  72  richtig);  am  allerwenigsten  „Waldstier" 
(S.  98)  nach  Freytag's  vacca  silvestris.  mit  völligem  Verkennen  der 
Natur  Arabiens. 

II.  108.  iwVJO«  ist  Gegensatz  zu  J.t-;  es  ist  aber  zu  über- 
setzen, als  stände  da  'äx»  oder  vielmehr  'yja  ♦!:  „Da  begibt  sich  nun 
einer  morgens,  ein  andrer  abends  zu  ihnen  hin". 

11.138.  Dattelkerne  werden  nicht  zermahlen,  sondern  mit 
einem  Stein  oder  Steinhammer  zerklopft.  Zu  dem  Verse  vergleiche 
Asma'Ijät  50,  5. 


1)  Eigentlich    „mit  Doppelguß". 

2)  S.  meinen  Kommentar  zu  LabTd's  Mo'allaqa  v.  36  und  zu  der  Zuhair's  v.  3. 


JXöldele,  Die  ILisimijjat  des  Kvmait,  hrsg.  von  J.  Horovitz.     901 

III,  4.  Direkt  werden  die  Herdsteine  hier  nicht  genannt;  alle 
Ausdrücke  (auch   AJo)  bezeichnen  Kamele. 

III ,  9  f.  Die  Worte  „weder  verheiratet,  noch  Junggesell...., 
reich  (sich  selbst  genügend)  und  (doch)  ohne  Vermögen"  sollen 
nur  das  Rätsel  ausmalen.  Alles  klingt,  als  wäre  ein  Mann  gemeint, 
aber  es  ist  der  Pflock. 

III,  20  hat  der  Übersetzer  das  ^^sajiÄJi  Jots  verkannt:  „wie 
gewaltig  ist  einer,  der".     Natürlich  ironisch! 

III,  22 — 26  gehn  auf  die  Vergangenheit.1)  „Einst,  in  jungen 
Jahren ,  als  ich  noch  reiches  Haar  hatte  (v.  26) ,  trieb  auch  ich 
Liebesscherz,  aber  jetzt  (v.  27  ff.)  bin  ich  gealtert  und  lasse  solche 
Jugendtorheit  fahren " . 

III,  98.     Subjekt  von  ö-?f  „erglänzten"   sind  ^^JüblU    i.^': 

Lzas    geht    auf   ö«.axj!   (v.  97).     Vom    eigentlichen  Blitz    ist    nicht 
die  Rede. 

HI,  112.     ^JlLi.£.      J^x  ist  (gegen  das  Scholion)  wörtlich  zu 

nehmen:   „eine  Seite  hin-   und  herwendend". 

III,  115.  Schwerlich  heißt  ^Jü  je  das  Wandern  selbst.  Es 
isl    das  Vei'schleißen  der  Sohlen,  hier  der  Sandalen. 

IV,  10  spricht  der  Dichter  nicht  von  der  V  er  1  e  t  zu  ng  eines 
Daumenknochens.  U.c.y  ..^  mag  überflüssig  sein,  bezeichnet  aber 
wohl  die  Richtung  der  Handbewegung  beim  Abstreifen  des  Li 

IV,  13  ist  ein  Satz  für  sich;  11  und  15  gehören  eng  zu- 
sammen, denn  zu  vJüuj  ist  ^^a^l/c  Subjekt.  „Ganz  ausgesogen  hat 
die  Euter  des  Lebens,  während  sie  doch  gefüllt  waren,  einer  von 
ihnen,  der  das  Richtige  trifft  ....". 

IV,  20.      p^j'  wird  durch    „Triften"    nicht   gul    wii 

auch   „Täler"   111,19    ist    nicht  genau;    besser  11,86  jütli   »Ufer- 
rand *.     So  viel  ich  sehe,  ist  xxi'S  die   B  des   Wadi. 

IV.  20.     „Einer,  der  weder  (Pfeile)  verkauft,  noch  ein  (ricl 
Pfeilschnitzer  ist",    der   also  aus   ba  igkeit  oder   I 

den  Pfeil   beim  Schnitzen   verdirbt. 

IV,  50.  &**?»  ist  nicht  gut  mit  der  „Herr"  übersetzt.  Am 
besten  wäre  wohl   „der  Alte". 

IV,  100  übersetze  ich  nur  zagend:  „obgleich  ich  in  dem  irdischen 
Objekte,  das  der  Feind  erstrebt  (Js-jj),    ganz    geschäftig  bin".    Die 

spezielle  Bedeutung  von  \+*h»    **,   is1    mir  unklar. 


1)  Über  JoiÄj    lXs  bei  Dichtern  für  Ajläj      M    A*   8.  „Zur  Grammatik" 
§  57. 


902  Aniseigen. 

V.  ■".  verstehe  ich  ^|  nicht,1)  Daß  der  Dichter  es  einfach  für 
»   setze,  ist  doch  kaum  denkbar. 

V,  IIb  ist  wohl  „ohne  daß  ich  dabei  egoistische  Wünsche 
hätte  oder  es  bloß  so  meinte"    (es  ist  eben  eine  Tatsache). 

V,  30  hängt  dem  Sinne  nach  mit  dem  Vorhergehenden  zu- 
sammen. Es  handelt  sich  um  die  Leichen  der  Märtyrer.  „Es  ist. 
als  ob  ihre  (der  getöteten  Häsimiden)  glänzende  Wangen  beim  Hin- 
zerren nach  der  Stelle  des  Schleppens  wären  .  .  ."     Vgl.  II,  103. 

VI,  16  und  17  sind  zu  verbinden:  «...  und  möge  er  (Gott) 
sättigen  den,  welchen  eure  Ungerechtigkeit  hat  hungern  machen, 
und  der  den  unter  seiner  Gemeinde  Einzigen  oifen  verflucht".  Der 
Deutung  auf  Hisäm  und  den  Thronerben  WalTd  b.  Jazld  stimme 
ich  bei.  Letzterer  wird  ursprünglich  auch  in  den  Scholien  genannt 
gewesen.  ^J<i\  J^c  ^  ^V^  ers*  c^urcn  Nachlässigkeit  an  seine 
Stelle  gekommen  sein. 

Ich  knüpfe  hieran  wenige  Bemerkungen  zu  der  Übersetzung 
der  <A?L.ci. 

f",,  10  (zu  II.  8).  _*,J  ist  die  Lanze,  nicht  das  Schwert,  — 
Lu+Xo  ist  allein   richtig. 

ff.  4  (zu  II,  48) :  „Ich  verführe  dem  Manne  seine  Frau,  aber  ..." 

Die  letzten  Worte  des  Verses  S.  51  (Ergänzung  des  Halb- 
verses VI,  2  zu  II,  130)  bedeuten:  „Proviant,  der  sie  nicht  arm 
gemacht  hätte". 

Endlich  noch  einige  Kleinigkeiten  zu  den  Anmerkungen  des  Hg.s. 

S.  35   (zu  II,  50).    Nord-  und  Südarabisch  sind  hier  vertauscht. 

S.  42  (zu  II,  87).  öa,  11  ist  die  Verbesserung  Jw^it  richtig, 
aber  der  Scholiast  hat  gewiß  nicht  jJas  im  Text  gelesen.  Daß  ein 
solcher  Elativplural  nicht  indeterminiert  stehen  könne,  wußte  er  gewiß. 

S.  50  (zu  II,  126).     Bei  Jäqüt    lies    JJ-i,   PL  von    Up.  (das 

lange,    alles    verhüllende    Frauengewand).      „+£>    könnte    hier    ohne 
weitere  Erläuterung  bloß  wirkliche    „Esel"   bedeuten. 

S.  65  (zu  III,  62).  ^JJU!  noch  BaihaqT,  Mahäsin  327,2; 
Jäqüt  III,  473,  9.  o     ■  - 

S.  99    (zu  V.  14).     Die    hier    vorgeschlagene  Konstruktion    ist 

,  ,     ,  c£ 

unzulässig.      Es    könnte    höchstens    heißen    L^gh*^  <^o-iS     ..Lä^>| 
den  Artikel  darf  y^^i  hier  nicht  haben. 

Die  Verweisungen    auf  Agh.  u.  s.   w.    hätten    öfter  durch  An- 


1)  Zu  v_^S>cXli   jJL>l/,  wo  man  JC*.S)tXX!  erwartete,  vgl.  „Zur  Grammatik" 
S.  22f.     So    noch   ^jX&A    Ka5>  'Omar  b.  AR.   171,  11   und  *jy>    ^Ist  Zuhair, 


MO.    .-.v. 


Xöldeke,  Stummes  Malt.  Studien.  —  Malt.  Märchen  etc.        903 

gäbe  der  Zeile  dem  Leser  bequemer  gemacht  werden  können.  Auch 
kommen  namentlich  in  den  Zahlen  mehrfach  Versehen  vor.  Wer 
sich ,  wie  ich ,  ähnlicher  Sünden  bewußt  ist ,  wird  das  nicht  hart 
tadeln.  Der  Hg.  hätte  gut  daran  getan,  beim  Text  wie  bei  der 
Übersetzung  über  den  Seiten  immer  die  Nummer  des  betreffenden 
Gedichts  zu  verzeichnen.  Der  Benutzer  kann  das  freilich  leicht 
mit  Tinte  oder  Bleistift  ergänzen.  Sonst  ist  die  Einrichtung  zweck- 
mäßig. Daß  Druck  und  Papier  sehr  gut  sind,  versteht  sich  bei 
der  Firma  Brill  von  selbst. 

Ich  betone  zum  Schluß  noch  ausdrücklich,  daß  sich  Herr 
Horovitz.  der  gleichzeitig  an  der  Herausgabe  zweier  arabischer 
historischer  Werke  von  besonderem  Werte  tätig  ist,  sich  auch  durch 
diese  Edition  um  die  Geschichte  der  frühislamischen  Zeit  sehr  ver- 
dient gemacht  hat. 

Nachtrag    zu    S.  899,  13. 

Prof.  Fischer  weist  mir  nach,  daß  an  einigen  Stellen  auch 
Pfeile  aus  Kab'-Holz  erwähnt  werden.  Da  handelt  es  sich  aber 
um  Spielpfeile.  Daß  wirkliche,  als  Waffen  gebrauchte  Pfeile  aus 
diesem  Holze  verfertigt  wurden,  bezweifle  ich  noch  immer.  Auf 
alle  Fälle  handelt  es  sich  an  unserer  Stelle  um   den  Bogen.1) 

Th.    Nöldeke. 


Hans  Stumme.  Maltesische  Studien.  Eine  Sammlung 
prosaischer  und  poetischen-  Texte  in  maltesischer  Sprache 
nebst  Erläuterungen.  Leipzig,  J.  ('.  ffinrichs,  1904  (11  + 
124  S.  8°). 

Derselbe.     Maltesische    Märchen ,     Gedichte     und    Rätsel    in 
deutscher   Übersetzung.      ibid.    eod.    (XVI    +    102    - 
(=  Leipziger  semitistische  Studien  hg.  von  A.  Fischer  and 
H.  Zimmern.     I,  4  und  I,  5.)     Mk.  4  +  3.50. 

Stumme,    der    durch    seine    intensive    Beschäftigung    mit   den 
Dialekten    von  Tunis    und   Tripolis    methodisch    und    material    vor- 
züglich vorbereitet    war,    hat    längere  Zeit    an   Ort    und  Stell» 
Sprache  von   Malta  und  Gozo"2)  beobachtet   und    gibt  uns  nun  eine 
Auswahl  von  Texten,  die  er  mit  überaus  sorgfältiger  Beobachtung 


[1)  s.  S.  877    dieses   Bandes.    A.  Fischer.] 

2  Wie  sich  die  arabische  Form  Malta  üliiLs  zum  griechisch-lateinischen 
MsXlvri  Melita  verhält,  ist  unklar.  Die  >«'ebeninsel  nennen  die  Griechen  und 
Römer    von  Hecataeus    (bei  Steph.   Byz.)  an    i'cfv.o,-  b"U  (.'IS.   I,    132,    und 

so    haben  die    offiziellen   Inschriften    CIL.   X.   7502.   7.">o7.   7509    Gaulw,    aber 
die  Form   Favdog  bei  Strabo    1  1.   277.   299    wird  gestützt    durch    das   ai 
'^J±£- ,  heutzutage  'audeä  und  das  immerhin  - 


(J04  An -eigen. 

der  Laute  aus  dem  Munde  von  Eingeborenen  aufgezeichnet  hatr 
sowie  eine  Übersetzung  dieser  Texte.  Jeder  Arabist  kann  sich  nun 
mit  Hülfe  der  Übersetzung  und  der  Erläuterungen  eine  gewisse 
Kenntnis  dieses  Dialekts  oder  vielmehr  dieser  Dialekte  erwerben, 
die  besonders  darum  die  Aufmerksamkeit  des  Sprachforschers  ver- 
dienen ,  weil  sie  ganz  allein  von  allen  arabischen  Mundarten  seit 
hingen  Jahrhunderten  dem  Einfluß  des  höheren  Arabisch,  der  Sprache 
der  muslimischen  Kirche ,  der  Kanzleien,  der  Wissenschaft  und  der 
Bildung  überhaupt  völlig  entzogen  sind.  Ist  erst  Stumme's  malte- 
sische Grammatik  erschienen,  so  läßt  das  sich  allerdings  noch  leichter 
und  vollständiger  machen,  aber  auf  die  Texte  wird  man  doch  immer 
gern  zurückgreifen.  Das  große  Verdienst  der  Grammatik  von  Vassalli 
(zweite  Bearbeitung  Malta  1827)  bleibt  dabei  bestehen.  Ich  muß 
bekennen,  daß  ich  gerade  bei  dem  Studium  dieser  neuen  Texte 
Vassalli  noch  mehr  habe  schätzen  lernen  als  vorher.  Aber  er  nor- 
malisierte sehr  die  Sprache  und  bevorzugte  in  der  Orthographie 
oft  die  Etymologie  vor  dem  wirklichen  Laut.  Da  es  sich  bei  ihm 
um  die  Feststellung  einer  Schriftsprache  handelte ,  so  hatte  er 
namentlich  in  dem  ersten  Punkt  auch  gar  nicht  Unrecht.  Ähnlich 
machen  es  nach  Stumme's  Zeugnis  auch  die  jetzt  zahlreichen  ge- 
druckten maltesischen  Texte,  und  ich  kann  das  nach  meiner,  freilich 
sehr  wenig  ausgedehnten,  Lektüre  bestätigen.  Der  Sprachforscher 
wünscht  jedoch  die  lebendigen  Laute  mit  allen  ihren  Schwankungen 
genau  kennen  zu  lernen.  Hier  erhalten  wir  nun  Stücke  aus  ver- 
schiedenen Lokaldialekten  beider  Inseln  und  dazu  solche  im  „  Misch - 
clialekt"  ,  den  Leute  sprechen,  welche  dort  viel  hin-  und  her- 
gewandert sind,  und  der  dort  überall  ohne  Anstoß  verstanden  wird. 
Besonders  dankbar  sind  wir  Stumme  dafür,  daß  er  für  uns  ganz 
überwiegend  prosaische  Texte  ausgewählt  hat,  denn  solche  geben 
ja  die  wirkliche  Sprache  durchgängig  treuer  wieder  als  poetische.1) 
Der  alte  Wahn,  das  Maltesische  sei  ein  phönikischer  Dialekt, 
wird  nur  noch  von  einigen  Dilettanten  in  Malta  verbeten.  Selbst 
wenn,  was  durchaus  nicht  sicher  ist,  das  Punische  jemals  Volks- 
sprache auf  den  beiden  Inseln  gewesen  sein  sollte,-)  so  ist  es 
doch  äusserst  unwahrscheinlich,  daß  im  modernen  Malxesisch  irgend- 
welche Beste  daraus  geblieben  wären,  denn  es  ist  so  gut  wie  gewiß, 
daß  die  1000  Jahre  römischer  Herrschaft  auf  diesem  dem  Verkehr 
stets  offenstehenden  Gebiete  die  Sprache  Roms  zur  vollständigen 
Herrschaft    gebracht    haben.       Als    die    Muslime    Malta    eroberten, 


1)  Bonelli's  Texte  sind  ganz  überwiegend  poetisch.  Ich  konnte  sie  leider 
nicht  benutzen,  und  ebenso  mußte  ich  auf  den  Gebrauch  von  Falzon's  Wörter- 
buch  verzichten. 

■_'  i  'S'ni  Vinco  v  i  rroiy.ia  Diod.  5 ,  12  oder  anoixog  KaQ%rjdoviav  Steph. 
Kyz.  s.  v.  Mtllzr}  konnte  Malta  genannt  werden,  wenn  auch  die  Ureinwohner 
ihre  Sprache  beibehielten.  Aus  ßttQliccQOi  Acta  28,  2  folgt  allerdings  nichts, 
als  daß  die  Malteser  eine  den  Reisenden  unverständliche  Sprache  redeten;  das 
war  aber  auch   dem  schriftgelehrten  damaligen  Juden  gewiß   das  Punische. 


Nölclelce,  Stummes  Malt.  Studien.  —  Malt.  Märchen  etc.         905 

sprach  man  dort  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  einen  romanischen 
Dialekt,1)  Merkwürdig  ist  es  nun  aber,  daß  deren  etwa  200jährige 
Herrschaft  das  Arabische  dort  völlig  eingebürgert  hat.2)  Aller- 
dings mag  sich  diese  Sprache  auch  noch  in  den  ersten  Zeiten 
der  normannischen  Regierung  befestigt  haben.  Auf  alle  Fälle  ist 
das  Maltesische  rein  arabisch.  Und  zwar  gehört  es,  wie  man  von 
vornherein  erwartet,  zu  der  Gruppe  der  maghrebinischen 
Dialekte.  Ich  muß  das  betonen  gegenüber  Stumme's  Äusserung 
(S.  83),  das  Maltesische  sei  im  Grunde  genommen  gar  kein  Magbreb-, 
sondern  ein  Syro -Arabisch ,  das  nur  durch  die  Nachbarschaft  des 
Maghrebinischen  sehr  viel  Sprachgut  aus  diesem  aufgenommen  habe. 
Stumme  ist  vermutlich  zu  diesem  Urteil  gekommen,  eben  weil  ihm 
als  genauem  Kenner  der  Mundarten  der  nordafrikanischen  Küste 
die  lautlichen  Unterschiede  des  Maltesischen  auffielen,  während  ihm 
die  Übereinstimmungen  mehr  als  selbstverständlich  vorkamen.  Aber 
der  Unterschied  des  Maltesischen  von  den  arabischen  Dialekten 
Syriens  ist  viel  größer  als  der  von  den  bekannteren  Afrikas.  Aufs 
schwerste  fällt  gleich  ins  Gewicht  das  maghrebinische  Schibboleth, 
die  Bildung  der  1.  sg.  Impf,  mit  n,  pl.  mit  n — u.  So  etwas  konnten 
die  seit  der  christlichen  Eroberung  nur  in  oberflächlicher  Ver- 
bindung mit  den  Muslimen  der  Küste  stehenden  Malteser  nicht 
nachträglich  aufnehmen ;  das  war  bei  ihnen  ohne  Zweifel  längst 
eingewurzelt.  Spezifisch  maghrebinisch  ist  ferner  die  Endung  ät 
bei  der  3.  sg.  f.  Perf.  der  Verb.  tert.  ^ ,  » ,  welche  auch  in  Malta 
entweder  direkt  erscheint  oder  die  regelmäßigen  Lautveränderungen 

erleidet  (besonders  £e3),  Vassalli's  y),  z.  B.  halltet  =  maghreb.  c£iL:> 

„sie  ließ"    =  <^J>   der    andern  Dialekte4);    saqskta   „ fragte  sie" 


1)  Auf  den  Grabschriften  CIL.  X.  7498  ff.  finden  wir  die  üblichen  Ver- 
stöße gegen  die  Grammatik:  bone  memorie;  biesit,  bixit.  Also  gehrauchten 
auch  weniger  gebildete  Leute  das  Lateinische.  Daß  die  lokale  Obrigkeit  von 
Gaulos  lateinisch  schrieb  (ib.  7502.  7507.  7509)  wie  früher  phönikisch  -"-"  -" 
CIS.  I,  132),   beweist  allerdings  nicht  viel  für   die  Volkssprache. 

2)  De  Goeje  schreibt  mir  freilich,  daß  Malta  möglicherweise  schon  in  der 
Frühzeit  des  Islams  von  den  Arabern  erobert  worden  sei,  nicht  erst  durch  die 
Aghlabiden.  Doch  ist  mir  das  recht  zweifelhaft.  Die  historischen  Notizen  über 
Malta  bei  den  arabischen  Schriftstellern  sind  leider  sehr  dürftig. 

3)  Stumme  bezeichnet  die  Kürze  des  zweiten  Bestandteils  der  Diphthonge 
immer  durch  «;  ich  darf  dies  Zeichen  wohl  fortlassen,  wie  ich  mir  denn  auch 
noch  einige  unschädliche  Vereinfachungen  und  sonstige  Abänderungen  seiner 
Schreibweise  erlaube;  so  schreibe  ich  '  für  3  =  e  und  lasse  die  Bezeichnung 
des  Akzents    '    fast  überall  weg,  wo  er  die  Paenultima  trifft. 

4)  Da  dies  at  sicher  aus  ät  entstanden,  ät  aber  durch  den  ganzen  Westen 
verbreitet  ist,  so  nehme  ich  jetzt  als  ziemlich  sicher  an,  daß  wir  hier  einen  der 
Fälle  haben,  in  welchen  moderne  Dialekte  altertümlichere  Formen  erhalten 
haben  als  die  klassische  Sprache,  und  daß  es  sieb  hier  nicht  etwa  um  eine 
Neubildung  handelt.  Die  Verkürzung  des  ät  in  Tripolis  ist  also  sekund 
Länge  des  Vokals  zeig!   sich  auch  dort,  noch   in  gewissen   Fällen. 


906  Anzeigen. 

U,j'LaäAM  =  Ux»käÄ>wi  u.  s.  w.    Ferner  gehen  die  maltesischen  Formen 

von  (ji^ji  mit  und   ohne  Präpositionen  (wie  bies,  bis,  bes1)  u.  s.  w. 

=  i^-jLj  ;  'alles,  lds  =  ,  i^j|      Lc)  auf  das  spezifisch  maghrebinische 

äs  zurück  und  deckt  sich  auch  der  maltesische  Gebrauch  dieser 
Formen  wesentlich  mit  dem  in  Tunis  u.  s.  w.  Wie  sonst  im 
Maghreb  wird  das  Relativpronomen  Uli,    li   (und  Nebenformen)    in 

Malta  sehr  viel  als  Konjunktion  gebraucht  (=  La  und  .\  andrer 
Dialekte)  und  steht  Itif  (aus  ^JljS)  als  Konjunktion  der  Zeit 
(=  \j>\,  Li,  (jy>)-  Die  seltsame  Verbindung  der  Zahlwörter  von 
11 — 19  mit  dem  Gezählten  durch  ein  l  wie  tnäS-ilse'a  „12  Stunden" 
s.  34;  hnistas  ilsena  „15  Jahre"  9,  32.  11,  16;  hmistäs  iltifel  41,12 
(vgl.  Vassalli  123)  ist  durchs  Maghreb  verbreitet,'2)  dem  Osten, 
soviel  ich  sehe ,  unbekannt.  Und  so  stimmt  das  Maltesische  noch 
in  allerlei  charakteristischen  Einzelheiten  zum  Maghrebinischen  oder 
doch  zu  einem  maghrebinischen  Dialekte  im  Gegensatz  zu  denen 
der  Ostländer.  Gilt  doch  manches,  was  ich  in  meiner  Besprechung 
von  Stumme's  tunisischen  Märchen  (Wiener  Ztschr.  f.  d.  Kunde  d. 
Morgl.  8 ,  250  ff.)  über  deren  Sprache  ausgeführt  habe ,  geradezu 
oder  mit  geringer  Modifikation  auch  vom  Maltesischen.  Stumme 
legt  bei  einer  Abtrennung  dieses  Dialekts  vom  Maghreb  besonderes 
Gewicht  darauf,  daß  er  keine  „umgesprungenen"  Formen  hat,  also 
z.  B.  qd'ad  „saß"  spricht,  nicht  wie  die  afrikanischen  Dialekte 
q'dd  u.  s.  w.  Aber  eine  solche  einzelne  Erscheinung  kann  hier 
doch  nicht  entscheiden,  zumal  letztere  das  „Umspringen"  beim 
Nomen    auch    nur    teilweise  durchgeführt  haben ,    indem    hier   z.  B. 

in  Tunis    bei  nefs  ,  w-äi  (Stumme ,  Tunis.  Märchen  40) ;    küber  = 

LS  (eb.  42),  in  Marokko  bei  dolm  =  Jlb  (Fischer,  Der  Wortton 

im  Marokkanischen  276)  u.  s.  w.  die  ältere  Akzentuierung  bleibt, 
wie  im  Maltesischen  immer  auch  beim  Verbum.  Die  Betonung  der 
Paenultima    in    den    „aufgesprungenen"    Formen   wie  jahelsu    „frei 

werden"   I^clÜ»1.    5,  14;   johorgu3)   „gehen    heraus"    8,  15    weicht 

allerdings  von  der  im  Maghreb  üblichen  ab;  danach  würde  man 
jdhelsu,  Jöhorgu  erwarten.  Das  ist  auch  das  Ursprünglichere;  die 
Abneigung    des    Maltesischen,    die   Betonung    über    die    Paenultima 


1)  Stumme  bezeichnet  mit  e   einen  Laut  zwischen  c  und  i. 

2)  Siehe  Aug.  Fischer,  Marokk.  Sprichwörter,  40.  Gewiß  mit  Recht  hält 
Marcais,  Dialecte  de  Tlemcen  15'J  die  Deutung  dieses  l  (wofür  in  Tunis  n  er- 
scheint) als  Artikel  für  unzulässig  und  sieht  darin  das  r  von   ,^c 

3)  Stumme's  n  ist  ein  offenes  O. 


Nöldehe,  Stummes  Malt.  Studien.  —  Malt.  Märchen  etc.        907 

hinauszurücken,1)  hat  hier  aber  die  bequemere  Aussprache  hervor- 
gebracht, die  übrigens  auch  in  Marokko  herrscht,  s.  Fischer,  Marokk. 
Sprichwörter  S.  10,  die  also  dem  maghrebinischen  Charakter  durchaus 
nicht  widerstreitet.  Andrerseits  macht  es  für  die  Zuweisung  dieser 
Mundart  nichts  aus,  daß  sie  sich  in  einigen  wenigen  Punkten  alter- 
tümlicher erhalten  hat  als  die  afrikanischen.  Dahin  gehört,  daß 
sie,  anders  als  diese,  bei  den  Zahlwörtern  von  3 — 10  das  Mask.  noch 

durch  das  t  unterscheidet,  z   B.  cdsar  titfdl  „10  Kinder"  =  g^e 

}.slj>\   5,  6  (gegenüber  'attar  snin  =  (jvJLw  -^c  eb.) ;  erba'1)  tijem 

=  *Gi  £*j,'  23,  12;  säb'a  ferriüs  =  u^*»-^  &■****  60,39  und 
öfter3)  u.  s.  w. :  absolut  tlieta  =  &&L2  55,  7.  So  wird  dann  selbst 
von  dem  nach  maghrebinischer  Weise  ganz  als  Zahlwort  für  .Zwei" 

gebrauchten  _  ,-4)  auch  eine  entsprechende  Maskulinform  gebildet 
in  zis-titfdl  „zwei  Kinder"  47.  13,  29:  zduo  tildiep  „zwei  Hunde" 
(v_j!Sb  i  51,  2  u.  s.  w.5)  — ■  Ganz  ohne  jede  Autorität  ist  die  Er- 
zählung eines  beliebigen  palästinischen  Christen  Ztschr.  d.  deutschen 
Pal.-Yer.  24,  38  f.,  daß  die  Einwohner  Malta's  aus  Akko  stammten 
und  von  dort  ausgewandert  seien,  nachdem  Melek-ed-Dahir  [Bibars] 
dessen  Umgegend  verwüstet  habe.  Danach  wäre  das  Arabische  erst 
in  der  zweiten  Hälfte  des  13.  Jahrhunderts  lange  nach  dem  Ver- 
schwinden der  arabischen  Herrschaft  in  Malta  eingeführt  worden! 
Selbst  wenn  damals  arabisch  sprechende  Flüchtlinge  aus  Palästina 
nach  Malta  gekommen  sein  sollten,  so  hätten  sie  doch  ihre  Sprache 
nicht  den  Einwohnern  aufdrängen  können ;  kamen  sie  aber  auf  eine 


1)  Ich  finde  nur  äußerst  wenig  Fälle  wie  emßttiia  „ich  suche  sie"  53,  38 
(wo  man  emfittiSa  erwartete  wie  ifittilia  .er  sucht  sie"  54,  1)  oder  wie  hiseret 
.sie  brach"  61,  32  (dessen  erstes  e  jedenfalls  nur  ganz  kurz  ist,  vgl.  kisret 
63,3)  u.  s.  w.  —  In  den  Versen  wird  aber  die  Akzentuation  ganz  nach  dem 
metrischen  Bedürfnis  eingerichtet.  Der  eigentliche  Wortakzent  tritt  ev.  hinter 
dem  Versictus  zurück;  doch  wohl  immer  nur  in  einem  oder  höchstens  zwei 
Füßen  der  Verszeile. 

2)  Stummes  e  ist  ein  offenes  e. 

3)  Mit  kleinen  lautlichen  Verschiedenheiten. 

4)  Die  ursprüngliche  Bedeutung  von  __»j  =  &vyog,  J^J  -l>aarU>  dle 
von    den    meisten  Grammatikern   verworfen    wird    (Ihn  Qot.,  Ada!.   247; 

240;  HarlrT,  Durra  185,  s.  aber  Qutrub  in  Addäd  1.  e.  und  Ihn  Qol  .  Adab  641), 
hat  sich  also  in  der  Volkssprache  erhalten.  In  der  Schriftsprache  ist  _..;  ja 
durchweg  die  eine  Hälfte  eines  Paars. 

5     Vgl.  Stumme  S.  85.     Ganz    einzeln    tritt    aber  auch  schon  In  i 
dieForm  ohne  t  auf:  hämes  irgiel   „5  Männer"   45,32   in   derselben  Erzählung 
neben     izzis    tarfiiel    ^die    beiden    Männer"     16,    11;     zii,    gii    mehrfach    bei 
Maskulinen.  —   Ein  wirklicher  Vorzug  ist  die  Beibehaltung  jener  Altertümlich- 
keit  übrigens  nicht. 


QQg  Anzeigen. 

schon  arabisch  redende  Insel,  so  hätten  ihre  Nachkommen,  nach 
aller  Analogie  zu  schließen,  deren  Dialekt  angenommen  und  wären 
von  dem  ihrigen  höchstens  schwache  Spuren  geblieben.  Stumme 
selbst  scheint  auch  auf  das  Wesentliche  jener  Nachricht  nicht  viel 
zu  geben,  da  er  die  Übertragung  in  die  „allerfrühste  Zeit  des 
Autkommens  des  Arabischen  in  Syrien"    setzt.     Er  möchte  in  dem 

heutzutage    in   Malta    herrschenden   Ersatz    des     •    durch       ,    des   t 

°  o  c  y 

durch  p.  die  Aussprache  jener   arabisierten  Aramäer   erkennen,    die 

das  ^  und  -=-  richtig  auszusprechen  noch  nicht  gelernt  hätten. 
Aber  eben  dieser  Lautwandel  ist  in  Malta  erst  in  neuester  Zeit 
durchgeführt  worden.  Vassalli  hält  in  beiden  Bearbeitungen  seiner 
Grammatik  noch  stark  auf  die  genaue  Aussprache  des  •  und  £, 
deutet  allerdings  (am  klarsten  in  der  ersten)  an,  daß  manche 
Malteser  die  beiden  harten  Gutturale  nicht  richtig  sprächen.  Daß 
er  sich  hierbei  rein  von  etymologischen  Gründen  habe  leiten  lassen, 
ist  ausgeschlossen.  Warum  hat  er  denn  gar  nicht  versucht,  die 
verloren  gegangenen  Laute  des  [jo ,  _b ,  (jo ,  Ja ,  ö ,  ö  ebenfalls 
wiederherzustellen?  Auch  reichten  seine  arabischen  Kenntnisse 
nicht  so  weit,  daß  er  damit  die  etymologisch  richtige  Unterscheidung 

von   c  und   c ,  j,  und        überall  hätte  treffen  können.     Er  hat  z.  B. 

C  C    o  o  0 

nicht  gemerkt,  daß  gant1),  pl.  gnüt  „Scheide"  lX+c.  ist,  denn  sonst 

hätte  er  mindestens  gand  geschrieben,  aber  das  b  hat  er  darin 
richtig  gehört.  Also  am  Ende  des  18.  und  am  Anfang  des  19.  Jahr- 
hunderts hatten  in  den  für  den  Grammatiker  maßgebenden  Kreisen 
c  und  ±  noch  die  alte  Geltung.  So  sprachen  eben  die  Gebildeteren, 
welche  ja  auch  nach  Stumme's  Angaben  im  allgemeinen  die  älteren 
Spruchformen  fester  halten  als  die  Bauern  und  die  andern  Leute 
geringer  Bildung.  Die,  wie  uns  Stumme  zeigt,  jetzt  durchgeführte 
Erweichung  zu  e,  _  paßt  auch  ganz  genau  zu  dem  sonstigen  Be- 
streben des  Dialekts,  sich  emphatischer  Laute  zu  entledigen.  Auch 
die  in  Malta  sehr  übliche  Verwandlung  des  ö  in  —  darf  nicht  so 
gedeutet  werden,  als  wiese  sie  auf  Abkunft  des  Dialekts  aus  Syrien 
oder  Ägypten  hin,  wo  ja  diese  Lauterscheinung  sehr  verbreitet  ist ; 
denn  da  gerade  die  Gebildeteren  die  alte  Aussprache  des  ö  bei- 
behalten haben,  die  auch  Vassalli  allein  anerkennt,  so  muß  sich 
die  Umwandlung  auf  Malta  spontan  vollzogen  haben,  ganz  wie  das 
vielfach  auch  in  Marokko  und  in  Tlemsen  geschehen  ist,  s.  Marcais 
S.  17.  Daß  in  Gozo  ±6  für  ö  gesprochen  wird,  deutet  auch  darauf, 
daß  das  Maltesische  ursprünglich  nur  das  richtige  q  kannte.  Und 
nun  noch  eins:  Stumme  sagt  (S.  4),  sein  langjähriger  Freund  und 
Reisebegleiter  Si  Hamda  Zwiten  habe  als  Tuniser  das  kuriose  Land- 


1)   Ghant  Job.  18,  11. 


Nöldeke,  Stumme's  Malt.  Studien.  —  Malt.  Märchen  etc.        909 

Maltesisch  natürlicherweise  rascher  verstehen  gelernt  als  er.  Dem 
Manne  aus  Tunis  war  das  Maltesische  eben  seinem  Kerne  nach  eine 
bekannte  Sprache.  Ein  Palästinenser  oder  Ägypter  hätte  dagegen 
diesen  Dialekten  sicher  viel  ratloser  gegenüber  gestanden  als 
Stumme !  —  Wir  müssen  also  annehmen,  daß  die  Arabisierung  der 
Inseln  mit  der  Eroberung  durch  die  Aghlabiden  im  9.  Jahrhundert. 
wenn  nicht  schon  früher,1)  begann  und  wesentlich  durchgeführt 
war,  als  sie  von  den  Normannen  eingenommen  wurden,  mochten  die 
Einwohner  meist  Christen  geblieben  sein  oder  den  Islam  angenommen 
haben.  Im  Anfang  der  normannischen  Zeit  wird  der  Verkehr  mit 
den  muslimischen  Ländern  noch  ziemlich  rege  geblieben  und 
muslimische  Bildung  noch  nicht  verschwunden  gewesen  sein.  Der 
Qäid  Jahjä  xiaJU  ^j>l*a  und  der  Dichter  Ji+^\  .yi  ^'\  O^s. 
J*JLÜ  (Jäq.  4,  396)  fallen  vielleicht  erst  in  diese  Periode.-)    Aber 

im  Jahre  1249/50  wurden  die  Muslime  aus  Malta  vertrieben  (Ibn 
Chaldün  bei  Amari,  Bibl.  arabo-sicula  491),  und  wenn  Malteser  auch 
später  noch  in  manche  Berührung  mit  der  Bevölkerung  muslimischer 
Hafenstädte  kamen,  so  ist  die  Sprache  der  Inseln  doch  schwerlich 
dadurch  irgend  erheblich  beeinflußt  worden.0) 

Die  Sonderentwicklung  hat  dem  Maltesischen  allerdings  eine 
Gestalt  gegeben,  die  von  der  auch  der  nächst  verwandten  Mund- 
arten stark  abweicht ,  wenngleich  diese  und  jene  spezielle  Ver- 
änderung anderswo  Parallelen  hat.  Die  Ausgleichung  der  Konso- 
nanten geht  im  Maltesischen  wohl  noch  weiter  als  in  den  andern 
maghrebinischen    Dialekten.     Ich    weise    hin    auf  Fälle  wie  jahzbu 

=   L**wos£4)    5,  11;    zbieh   =  J-**e    („schöne");  jvpku   =    L\a; 

5,  24,  27;    qalpkom   =   ^.Oi  5,  28;    gbir   =  ^S:    intUlt  = 

obü£i   18, 18;  thol  =  aJ»5  33,  37:  slemphet  =  ^J±zL\  11.  1'.'. 

21,  24;  mbüseh  „ich  küsse  dich"  =  ^<Lw..xj  34,  1;  mbit  =  aaxJ 

25,  12;  dbiddel  =  jÄ^  10,  10.  15.6,11;  gib  zunächst  für  dgib 
=  v_. ^-oi1'  „du  bringst,  sie  bringt"  u.  a.  m.  Bei  enger  Verbindung 
zweier  Wörter  paßt  sich  auch  der  Auslaut    des  ersten   dein  Anlaut 


1)  Siehe  oben  S.  905   Anm.  2. 

2)  Daß  es  im  Jahre   1171    einen  Bischof  von  Malta  gab   (Cusa,   1   diplomi 
greci  ed  arabi  di  Sicilia  484,  6),  hat  nichts  Auffallendes. 

3)  De  Goeje  weist  mich  darauf  hin,  daß  Malta  vorübergehend  noch  einmal 
von    den  Almohaden  erobert,    aber    im   Jahre    1289    wieder    an    den    Köi  i 
Aragonien  abgetreten  wurde  (Amari,   Bibl.   arabo-sicula  345). 

-1 1   Man  wird  es  verzeihen,  wenn  ich  bei  den  Wörtern,  die  ich 
deutlichun^  in  arabischen  Buchstaben   beifüge,  nicht  konsequent   verfahre;    hier 
waren  mehrfach  Kompromisse  zwischen  alten  und  jungon  Formen   zu   schließen. 


910  Anzeigen. 

des  zweiten  an ,  z.  B.  feim-baa  =  cib  ^.b  33,  23 ;  täv-bdä  = 
Üsj  üb'  =  iJo  üyü  18.  35;  libez-gahan  =  a^v>  y^J  39,3; 
tdnd-bdän  „fingen  sehr  (ital.  tanto)  an"  5,24;  iebbted-zbieh  = 
„Lwo  oLLä  19,  27;  hisred-gäuza  =  iPt^s«-  o.^.J'  34,  23;  fteZZw 
=  hfenlu  =  jj  .,1^  „er  hatte"  oft  u.  s.  w.  Eine  ähnliche,  aber  meines 
Wissens  sonst  nirgends  im  Arabischen  vorkommende  Erleichterung 
der  Aussprache  ist  auch  wohl  die  Verwandlung  aller  frei  auslauten- 
den Mediae  in  Tenues.  Man  hat  also  ret  =  o. ;  sdp  =  vjLo  ; 
bat1)  =  lXäj:  belt  =  jJb;  harec  =  ___i>;  Äo/>s  =  ;.*.:>;  jaqbes, 
naqbes,   \d>es    von    i^'i    „springen"    (qabzet    13,6.   16,  35;    'abzet 

54,19)-);  abjat  =  ^cajI  u.  s.  w.  Ähnlich  ist  noch  die  Ver- 
wandlung des  auslautenden  c,  so  weit  es  nicht  einfach  wegfällt, 
in  „  z.  B.  in  ^woÄ  „Hunger"  =  o ».:>-.  Auch  die  Verwandlung  des 
s  in  _.  mag  beim  Auslaut  begonnen  haben ;  Vassalli  erlaubt  sie 
nur  beim  Suffix  der  3.  sg.  in.,  warnt  aber  in  der  ersten  Bearbeitung 
davor,  es  zu  machen  wie  die,  welche  auch  sonst  »  mit  _  sprächen. 
Durchgeführt  ist  diese  Verwandlung  des  »  in  _  auch  jetzt  noch 
nicht,  aber  in  Stumme's  Texten  herrscht  sie  ganz,  jedoch  mit  der 
Ausnahme,  daß  »  im  Anlaut  regelmäßig  zu  _"_  wird;  bei  Vassalli 
1  »leibt  da  das  »  unverändert.  Und  während  das  Maltesische  die 
Verwandlung  des  ö  in  o,  des  J>  in  j»  und  das  Zusammenfallen 
von  (jo  und  Jö  mit  manchen  Dialekten  des  Westens  und  Ostens  teilt, 
ist  ihm  fast  allein  eigentümlich,  daß  es  auch  _b  zu  o,  tj^>  zu  ,w, 
und  Jb,  (__o  zu  j  umwandelt.3)  Ein  maltesisches  d  kann  also  j>, 
3.  (_cr,  -lb  darstellen  und  ein  auslautendes  t  gar  ö,  o,  _b ,  j>, 
3 ,  (ji> ,  Ji .  Ähnlich  ist  die  schon  erwähnte  Aussprache  des  ö 
als  ^  auf  Gozo.  Über  die  Verwandlung  der  Gutturale  habe  ich 
schon  oben  gesprochen.  Da  bei  diesen  noch  manches  in  Fluß  ist, 
so  dürfte  auch  die  Beseitigung  der  unbequemen  Dentale  und 
Spiranten    erst    allmählich    geschehen    sein    und    nicht    etwa   gleich 


1)  Stumme's  q  bezeichnet  eine  Verschmelzung  des  Vokals  mit  c. 

2)  Von  Stumme  richtig  =   iäi  gesetzt.     So  ist  beza  „fürchten"   =  c  j5. 

3)  Bei    den    Beduinen    von    Tripolis    findet    sich    ähnliches,    s.    Stumme, 
Tripolit.  Beduinenlieder   14  ff. 


Nöldelce,  Stumme's  Malt.  Studien.  —  Malt.  Märchen  etc.        9H 

bei  der  Eezeption  der  arabischen  Sprache  durch  die  romanische 
Bevölkerung.  Hat  diese  doch  gerade  die  beiden  unseim  Sprachen 
ganz  fremdartigen  heisern  Gutturale  c  und  beibehalten.  —  Ver- 
einzelt kommen  noch  ungewöhnliche  Veränderungen  von  Konso- 
nanten vor,  z.  B.  in  tarac  für  darac  „Treppe"  und,  wie  schon  er- 
wähnt, bei  den  Wurzeln  p  is  und   däx).     Das  ganz  singulare  silo1) 

=  ^nJLj  22.  9  beruht  wohl  darauf,  daß  die  Malteser  die  Bezeichnuno- 
des  Schnees,  der  bei  ihnen  jedenfalls  äußerst  selten  vorkommt, 
von  den  Afrikanern  empfangen  und  sich  dabei  deren  &  oder  ts 
als  s  mundgerecht  gemacht  haben.  In  sems  „Sonne",  wie  man 
auch  in  Tlemsen  und  an  andern  Stellen  des  Maghreb  spricht 
(Maryais  32),  hat  ein  Ausgleich  des  Anlauts  und  Auslauts  statt- 
gefunden, während  das  gemeinarabische  ^  gerade  durch  Dissi- 
milation entstanden  ist,  denn  nach  ttSKtti  Jny»i  erwartete  man  w.,~*. 
das  auch  wirklich  dialektisch  vorkommt.  Sigra  „Baum"  ist  weit 
verbreitet    und    das    ^  darin  vielleicht    ursprünglicher    als    das     ^ 

von  gy£ui.  —  Abfall  auslautender  Konsonanten  haben  wir  z.  B. 
im  Perf.  hu.  ha  aus  käd,  Impt.  hü  aus  hüd  und  andern  Formen 
von   ^\.i>!.:;)       Ferner     in    manchen    auf    n    ausgehenden    Wörtern 

wie  in  den  Bildungen  von  ^Jt,  z.  B.  mnei  neben  mnein  „woher?"; 
feijäforha  „bei  dem  Galgen"  30,  33;  fejerre  „bei  dem  König" 
54,6:  fehnaril  „zum  Kranken"  52,  17  dicht  neben  fen  elmarit 
52,  14;  lei  dilmdra  =  äi-^Ü  ^cj>  ^jbS  „nach  dieser  Frau  hin" 
25,  32  u.  dgl.  m.  gegenüber  lein  issüq  „nach  dem  Markte"  29,  25, 
und  so  selbst  vor  Suffixen  lei'a  „zu  ihr",  leih,  leeh,  laeh  „zu  ihm", 
leija  „zu  mir",  in  denen  also  nicht  etwa      J|  zu  suchen  ist.4)     Der 

anlautende  Konsonant  fallt  ab  im  Genitivexjjonenten  ta  =  ,-Lä/s  : 
vielleicht  war  dieses  aber  zuerst  in  das  bequemere  ntä1  über- 
gegangen ,  wie  in  Tlemsen .  wo  man  jetzt  natürlich  ntsä1  spricht 
(Maivais   164);    dann   konnte  das  n  leichter  abfallen.     Ferner  wird 

p    stets    aufgegeben     in    ta    und     den    andern    Formen    von       _Ii- 

(=     -la^O-      Dazu    kommen    einige    Zusammenziehungen    wie    juf. 

C      TXT        Qi-ic 

1i  Wäre  das  v_j  hier  durch  Einfluß  der  Formen,  in  welchen  es  direkt 
an  :  stieß,  für  die  ganze  Wurzel  ausgeglichen,  so  hätte  es  ein  v  (deutsches  ir 
gegehen,  kein  h. 

2)  Mtth.  28,  .'3  selg  d.  i.  nel<-. 

3)  Teilweise  dasselbe  in  Tunis  und  Tlemsen  (Stumme,  Tunis.  Gramm.  21; 
Marcais   71). 

4)  Das  Richtige  schon  bei  Vassalli   28. 

Bd.  LVIII.  59 


912  Anzeigen. 

Die  Vokalisierung  ist  ziemlich  bunt.  Wechsel  zwischen  nah 
verwandten  Vokalen,  namentlich  kurzen,  sind  häufig  auch  in  einem 
und  demselben  Text,  und  gar  von  einem  Lokaldialekt  zum  andern. 
Bei    den  Bauern  wird  ä  viel   zu   ä,    ö    und    selbst    üo ,    ü.     Neben 

mar  ,gingu  (Spielform  von  _,:)  haben  wir  so  mär,  mor,  mor,  mür. 
Ganz  besonders  charakteristisch  für  das  Maltesische  ist  der  Diphthong 
ie  (Yassalli  y) ,  der  in  zahllosen  Fällen ,  durch  das  z.  B.  in  Tunis 
bewahrte  a  vermittelt,  aus  altem  ä  entstanden  ist.  Dies  ie,  ie 
wird  wieder  oft  weiter  zu  i,  i,  oder  auch  zu  e,  e.  So  z.  B.  biep 
=  ljLj;    bibien  =  .  ..Lju;  kinu  =  Lili";  wihet  =  Js.5»^;   Men, 

ken  =  ..\S;  qe'et  =  j^cLä  u.  s.  w.  Gestört  wird  diese  Um- 
wandlung namentlich  durch  r,  z.  B.  dar  =  L>,  auch  wohl  durch 
ursprünglich  emphatische  Laute,  aber  diese  Wirkung  ist  nicht  durch- 
greifend. So  steht  styq  Vassalli  64,  stie'  50,  5  neben  häufigerem 
stdq  für  vJjlÄ-i^,  während  das  Impf .  jistieq  ist  26  ,  13.  Und  ein 
und  derselbe  Lokaldialekt  bietet  neben  dimu  bosta  jigru  „sie  liefen 
immer  (L/>1j)"  57,  6  dorn  jimsi  „er  ging  immer"  56,  30,  wo  man 
di'em  erwartete.  U.  s.  w.  Auch  die  Subjektsformen  der  1.  Person 
Jena ,  jina ,  jen ,  Jen ,  jin  wei'den  für  iena  stehn ,  das  dem  äna, 
dne,  äna  andrer  maghrebinischen  Dialekte  entspricht.1)  Die  Ver- 
einfachung der  Diphthongen  resp.  zu  i,  ii,  die  wir  in  kif  =  ^Ji^, 

jam  =  »j.j  sehen,  ist  lange  nicht  so  häufig  wie  z.  B.  in  Tunis. 
Für  ei  kommt  auch  e  vor:  wir  haben  so  für  die  Zahl  „zwei" 
eine  in  48,  35;  itnein;  itnein  29,  20;  tnein  40,  6.  48,  10;  tnöin 
60,  23;  itnei  16,  3  und  öfter  neben  einen  58,  19;  tnen  48,  15. 
Dies  Beispiel  mag  zugleich  zeigen,  wie  in  diesen  Texten  die  kleinen 
Lautvarianten  auftreten. 

Unter  den  grammatischen  Formen  des  Maltesischen  ist  viel 
Interessantes ;  ich  will  aber  nur  weniges  hervorheben ,  um  der 
systematischen  Darstellung  in  Stumme's  Grammatik  nicht  zu  sehr 
vorzugreifen.  Daß  beim  Personalpronomen  und  beim  Verbum  die 
Formen  der  2.  fem.  sämtlich  und  beim  Plural  auch  die  der 
3.  fem.  verloren  gegangen  sind  und  durch  die  Maskulinformen  er- 
setzt werden,  teilt  der  Dialekt  Malta's  z.  B.  mit  denen  von  Tlemsen 

und  Tunis.  —   Über  das  vielgestaltige  p  J*  resp.  Loa  {kein,  sein, 


1)  Einzeln  steht  freilich  auch  sonst  anlautendes  ^  für  JL:  jasar 
„Gefangenschaft";  jisima  „ihr  Name"  22,  37.  23,  3.  55,  32;  ßs?nu  „sein 
Name"   31,  5  f.  37,  9  neben  ismu  24,  20;  esmio  57,  5;    auch  wohl  in  jou,  jou, 

öS 

jäu  (jett  der  Drucke)  =  _»S ,  worin  freilich  auch  ein  vorgeschlagenes  Wörtcheu 
stecken  könnte.     Vassalli  hat  für   „oder"   nur  eu. 


Nöldeke,  Stumme's  Malt.  Stadien.  —  Malt.  Märchen  etc.        913 

n,  sei,  si,  si,  se,  sa,  s)    und  über     i^ji,    di 
bloßem  i'  wird  (z.  B.  in  shen  und  dessen  Nebenformen 


sen,  sin,  sei,  si,  si,  se,  sa,  s)   und  über  j^J,    das  oft  auch  zu 


UV5*   LT^1 

„zur  Zeit,  daß")  ließe  sich  vieles  sagen.  —  Zur  genaueren  Be- 
stimmung der  Tempora  gebraucht  das  Maltesische  die  Hülfsverba 
..jL^j  lX*5,  .Lo.  Verbindungen  wie  Jcien  irit  =  Ajj  ..U' 
29,  16;  ma  hins  jure  ItzRnitu1)  „zeigte  seine  Bosheit  nicht"  •">.  10 
und  wie  kim-bat  =  ^xj     1^   „er  hatte  geschickt"   6.4:   foeneJ 

s«?-e£  .ve££a  „war  eine  Jungfrau"  (:\j».£)  geworden"  9.  33  sind 
ganz  in  der  Weise  der  alten  Sprache:  auch  Fälle  wie  bies  inkun 
nista-mmur  =  ,  ^j  cl.i2.~J  -)  ..  .Xi  ,  ;iob  „damit  ich  gehen 
kann"  13,20;  it;«?*«  li-nkun  qtilt  =  ...JG  (=  La  oder  i)  cjJi  t|.. 
e>JlÄs  „nachdem  ich  getötet  haben  werde"  13,  17  (in  denen  aller- 
dings das  iikün  auch  wohl  fehlen  dürfte)  befremden  nicht.  Ebenso- 
wenig der  Gebrauch  von  Lo  für  die  Richtung  auf  die  Zukunft,  z.  B. 
seijer  isiefer  =  .«L^j  ..;Lo  „will  reisen"  68  nr.  -42,  1 ;  seira  to'öp 
=  i^jLxj  s.jLo  „will  untergehn"  55,22;  sezWw  emmorru  =  .Tj„..o 
Lj+j  „wir  wollen  gehn"  68  nr.  45,  2;  m«  seira  nid  nithols  = 
Jü  J^>i\i  U  »jjUo  xeIj-JI  „soll  ich  (fem.)  jetzt  nicht  eintreten?" 
20,  37  u.  s.  w.  Da  Lo  „werden"  auch  sonst  noch  ganz  lebendig 
ist.  z.B.  seijer  „das  geschieht"  44,  26;  seira  „das  geschieht"  55,  37; 
sär  „wurde"  6,  8  =  sür  56,  23:  sdrn  „wurden"  6,  29;  sirl  „ich 
wurde"  27,  25  =  sert  52,  2,  5;  «'wir  =  sa*2J  -<h'le  geschehe" 
13.  13  u.  a.  m.,3)  so  haben  wir  keinen  Grund,  hier  von  der  nächst- 
liegenden   Annahme    abzugehn ,    die   ja    auch    durch  Fälle  wie    sär 

ihobba  =  Lgy*?.  .Lo  „dazu  kam,  sie  zu  lieben"  22,  L9  bestätigt 
wird.  Also  sind  hier  nicht  Formen  von  Lw,  das  allerdings  in  der 
einfachen    Bedeutung    „gehn"    sehr    gebräuchlich    ist,    und  zwar  so, 

daß  es  die  fehlenden  Formen  von  *  (.yO  ersetzt;  beide  sind  eben 
defektiv.  Höchstens  könnte  man  annehmen,  daß  für  die  Sprache, 
wie    lautlich,    so    auch    dem    Sinne    nach     La   und     Lw   zusammen- 

1)  i9)»l  ist,    soviel  ich  sehe,    das  einzige  erhaltene  Verbum  IV.  Klasse, 
abgesehen  von  einigen  Partizipien.      IJnziii.  ist   im   Maltesischen    „bös<  ". 

2)  Oder  vielmehr  7c.I2.wu,    da   «.ji«    ein   Verbum   I.   Klasse  geworden   ist. 

3)  Speziell  ist   .Lo   „fertig,  gar  werden,  kochen  (intr.)",  /..  1>.  7,  I       Dazu 

das  transitive  saijar   _a/o   „kochte"    39,  ^2   und  sonst. 

50* 


1)14  Anzeigen. 

gefallen  seien.1)  Dies  -ho  u.  s.  w.  wird  nun  aber  oft  sehr  ver- 
kürzt und  zwar  auch  beim  Fem.  und  Plur.  Wir  haben  ser.  sc. 
se.  sa,  z.  B.  ser  jilh'tqom  =  ,gö<al;  .Las  „sie  bald  erreicht  hätte" 
8,  12;  scjoqtolni  „er  wird  mich  töten"  28,  16;  Idenet  se-taqalu 
„sie  wollte  ihm  fallen"  29,  37:  sennislcappa  „werde  ich  ent- 
wischen" (scappare)  64  nr.  17,  3  (parallel  mit  seir  intir  „werd'  ich 
wegfliegen"  1.  4);  sejoqtlu  „wollte  ihn  töten"  7,16;  hont  sanilisira 
„ich  hätte  sie  fast  zerbrochen"  30,  1  u.  s.  w.  Die  Mittelformen  ser, 
se  und  der  Gebrauch  der  vollen  Formen  neben  den  kurzen  ge- 
nügen ,    den  Gedanken    abzuhalten ,    daß  sa ,    se    das  alte  aus  -^_*y~ 

verkürzte  M  sei.  Und  wie  Stumme  erkannt  hat ,  daß  sa ,  se  aus 
seir  entstanden ,  so  müssen  wir  ihm  auch  wohl  darin  beistimmen, 
daß  das  als  Präposition  und  Konjunktion  „bis"  gebräuchliche  sa 
nichts  anderes  ist;  nur  setze  ich  es  nach  dem,  was  ich  oben  ge- 
geben habe,  =  .jLo.  nicht  =  _jL*.  Wie  nun  Juo  die  Zukunft, 
so  bezeichnen  lAclä  und  dessen  Verstümmlungen  den  Zustand,  die 
Gegenwart;  durch  \S  wird  dann  der  Zustand  in  die  Vergangen- 
heit gesetzt:  hien  qe'et  istenrdja  =  lzs.xz^j  «Acl'i  r,b"  „er  er- 
wartete sie"  23,  21;  qel  nistenna  „ich  erwarte"  21,  5;  'c'et  t'aijat 
=  Ja.A*j  lX.cLs  „du  (f.)  schreist"  46,  8;  sdbat  mära  sika.  qeda 
tazel  „fand  eine  alte  Frau  mit  Spinnen  beschäftigt"  9,  36 ;   donnom 

qedln-jisfnu  „als  ob  sie  {^^Jj  Impt.)  gerade  tanzten"  11,  13; 
qeda  imnmt  „ich  (fem.)  bin  im  Sterben"  (o«-iJ)  11,  27;  ''c'eda 
tithaddet  „sie  ist  in  der  Unterredung"  38 ,  32 ;  'äs  leiertet  qeda 
tipin  „warum  sie  weine"   19,  13;   'edin  igibüli  ftit  te  „sie  bringen 

mir    ein   wenig   (c^-aäj-))  Thee"  42,  37 ;    qet  nitwahhas  „ich  (fem.) 

bekomme  Heimweh"  19,  35;  donna  qetiddoq  =  vjjjo  cXcls  Lglb 
„es  ist,  als  ob  sie  spielte"  11,  14;  kif  hienet  qettamel  daura  „als 
sie  dabei  war,  herumzugehn"  12,  29;  we  'ettiehel  =  Jv.cLs  CP. 
JJ'Lj  „als  sie  gerade  beim  Essen  war"  39,  37 ;  ''et  tära  „du  siehst" 
32,    18;     isiba    flishdola    ,dt'allem     „findet     sie     in     der    Schule 

lehrend"    (^Ui*  JccLä)  57,  7  u.  s.  w.      Vgl.    noch    e'ät   naroh    „ich 

(masc.)  sehe  dich"  54,  24  ganz  nahe  bei  'et-t'eidli  calbi  „mein  Herz 


1)  Vassalli  unterscheidet  sie,  s.  64.  70.  80.  &    , 

2)  So  mit  Kecht  Fischer.    Ich  hatte  es  =  O'.aäS  gesetzt. 


Nöldeke,  Stumme' s  Malt.  Studien.  —  Mali.  Märchen  etc.        t)15 

sagt  uair"1)  54,  26.  Der  Gebrauch  vollständiger  und  verstümmel- 
ter Formen  von  _jLo  und  tXclä  neben  einander  hat  in  andern 
arabischen  Dialekten  allerlei  Parallelen.  Hier  erwähne  ich  noch 
das  ha ,  das  einen  Wunsch  ausdrückt :  hammungiblu  y+i  J^s> 
nJ  w-v-F  „ich  möchte  hingehn  und  ihm  geben"  38,  7;  hannureh 
„ich  will  ihm  zeigen"  38,  22;  hansaljdra  „ich  will  sie  braten" 
38,  19.    Mit  Recht  sieht  Stumme  hier  eine  Verstümmelung  von  hallt 

(   -i=>,  Jm>  =  Js3-)  „laß",    das  auch  in  derselben  oder  in  ähnlicher 

Bedeutung  gerade  daneben  gebraucht  wird:  halli  t'ainni  „ich  möchte, 
du  hülfest  mir"  38,  6;  halli  nohodielu  nadifa  „ich  will  sie  ihm 
rein  (&Ä*ki)  bringen"  38,  19.  So  steht  49,  20  halli-nhalli  „laß 
mich  lassen",  „ich  möchte  lassen"  und  in  derselben  Geschichte  in 
gleicher  Bedeutung  49,  22,  26,  30,  36  hanhaüi. 

Die  maltesischen  Partikeln  geben  uns  manches  Rätsel  auf. 
Was  ist  z.  B.  izda  „aber"?  Stumme  möchte  es  aus  (  .,)IJ>  j>\  er- 
klären,  aber  gewiß  nicht  mit  Recht,  denn  diese  Kombination  hätte 
kaum  etwas  anderes  als  idda  resp.  iddän  oder  iddien  ergeben, 
und  für  die  adversative  Bedeutung  paßte  sie  auch  schlecht.  In 
den  Konditionalpartikeln  scheinen  allerlei  Formen  von  15  zu 
stecken,  wie  ja  1/  \  und  bloßes  ,\S  vielfach  dialektisch  „wenn" 
bedeutet.  Wir  haben  so  Irin  „ob"  60,  36  und  oft  ki,  ke,  h  „wenn". 
z.B.  ki-jogbok  ^.jäxj  12  „wenn's  dir  gefällt"  44,  34:  kpnsiba 
.  .  .  kmd-nsibtes  „wenn  ich  sie  treffe  .  .  .  wenn  ich  sie  nicht  treffe 
(  -£  Ux-y^i)"   53,  38;  kessiba  „wenn  du  sie  triffst"  (L^jjwäj)   51,  5; 

kdndek,  kqndek  „wenn  es  bei  dir",  „wenn  du  es  hast"  53,  22. 
60,  25.  Merkwürdig  ist  kteku,  kiku  „wenn"  (meist  irreal),  das 
aber  auch  vor  der  Apodosis  eines  Bedingungssatzes  stehen  kann : 
kiku  kont  'dnja  .  .  .  kiku  täf  kqm  kont  inkün  kuntenta  „wenn 
ich  reich  wäre,  so  würdest  du  erkennen,  wie  zufrieden  ich  sein 
würde"   15,  33.      Beachte    Doch    Fälle    wie    wimtSt   phal-li  kieku 

1)    i JLä    ist    in  Malta   fem.      Die    gleichbedeutenden  Verba  Jus  und   _>.ü 

ergänzen  einander.  Vassalli's  Regeln  darüber  80  f.  bewähren  sich  in  Stummes 
Texten;  doch  steht  7,  10  loiqnl,  wo  man  wVSÜ  erwartete,  und  49,  6  hen 
'adila   „er  hatte  ihr    gesagt",    wo    'Cdila  das    Gewöhnliche    wäre.     oLc    >-^-:V*r! 

ist  =   olcl       *-N.£*j    eigentlich    „wiederholen";    so    Jjj.     «jL    und    dägma   im 

Tigre;  iterare  Hör.,  Carm.  2,  18,  12. 


916  Anzeigen. 

meijet  „und  strecke  dich  aus"  (iXJüsjj)  wie  (  Jdi  S^)  wenn  du 
tot  wärest''  13,  26;  phal-li  kieku  liüni  „zum  Beispiel  wie  Löwen" 
15,  5.  Vgl.  Vassalli  99;  9.  132.  Im  Grunde  dürfte  die  Bedeutung 
ungefähr  auf  „etwa"  hinauslaufen.  Ich  möchte  hierin  m»Xj  ..Li 
sehen:    dafür   spricht   noch   bies ,    kikün    'addei   §i   vapür,  Jardha 

„damit,  wenn  irgend  ein  Dampfschiff  vorbeiführe  (slAc),  er  es 
sähe"  33,  14.  —  Inkella  „sonst"  16,  37.  29,  19.  60,  38;  „oder 
aber"  Acta  24,  20  (incJiella)  ist  wahrscheinlich  bl    .JS    ..!,  obgleich 

da  die  Stellung  der  Negation  auffällt.  Was  das  Ja  davor  in  Vassalli's 
j'an7ceUa,  janhelläe  30.  98,  4  v.  u.  „oder"  ist,  weiß  ich  nicht. 
Dunkel  ist  auch  j'ek.  vor  Vokalen  Jekk.  wofür  55,  21  Jakk  „wenn". 
Vassalli  30  schreibt  jylc.  Wir  werden  so  auf  eine  Grundform  Jak 
oder  äk  geführt.  Diese  mit  Stumme  =  ek  „so"  d.  i.  l/ls»  zu 
setzen,  ist  mir  sehr  bedenklich,  obgleich  einmal  ek  für  „wenn" 
steht  6.  37.  Vassalli  hat  nämlich  „so"  noch  als  hekkae,  liekk  (30, 
in  den  Drucken  hek) ,  und  der  Übergang  von  anlautendem  Ji  in  J 
ist  schwerlich  zu  belegen. 

Das  Maltesische  hat  sich  eine  fast  rein  arabische  Syntax  be- 
wahrt, da  auch  seine  syntaktischen  Neubildungen  nicht  wesent- 
lich die  Bahnen  verlassen,  in  denen  sich  das  Altarabische  bewegt. 
Die  stärksten  Abweichungen  kommen  wohl  beim  Ausdruck  des 
Objekts  vor.  Dieses  wird  nämlich  weit  über  den  altarabischen 
Gebrauch  hinaus  manchmal  durch  die  Präposition  li  (/,  U,  UV) 
bezeichnet.  So  katel  littork  „tötete  den  Türken"  61 ,  12  (Gozo); 
hädet  lilkeila  'ant-missiera  „nahm  Keila  zu  ihrem  Vater"  23,  14; 
sdp  ilsidu  „traf  seinen  Herrn"  14,  9;  qaimet  lilzäuga  „weckte 
ihren  Gatten"  21,  25  u.  s.  w.  Das  Objekt  kann  dabei  auch  noch 
durch  ein  Personalsuffix  bezeichnet  werden:  jardh  lükonti  „sieht 
den  Grafen"  13,  36;  raita  Ibintek  „ich  habe  deine  Tochter  gesehn" 
24,   7;    tlceccza    lübinti    „du    meine    Tochter    wegjagst"    (cacciar) 

24,  15;  ferner  so  lila  jehallija  „sie  läßt  er"  (Lg.xJU*1.)  40,  35;  Uli 
JoHonni  „mich  tötet  er"  (  <öJLääj)  47, 18 ;  Uli  ma-trattaunU  „mich 
haben  sie  nicht  traktiert"  42,  32  u.  s.  w.    Entsprechend  'althi  ihjahan 

39,  12  oder  'altlu-lyahan  39,  17  „sie  sagte  (*J  JlJlä)  dem  Gahan"; 
qalla  lila  „er  sagte  ihr"  30,  38 ;  Ulli  t/ibulu  kikra  te  „ihm  brachten 
sie  (aJ  UjL>0  eine  Tasse  (chicchera)  Tee"  42,  35.  Einzeln  wird 
das  Objektverhältnis  auch  bloß  durch  das  Personalsuffix  ausgedrückt: 
Jena  nsiba  ettifla  „ich  treffe  das  Mädchen"  53,  36;  mnei  giptu 
dalwart  =  j>. J|   jj  *.*+>-  ^j}  ,yi  „woher  hast  du  diese  Böse  ge- 


Nöldeke,  Stummes  Malt.  Studien.  —  Malt.  Märchen  etc.        ^)\  < 

bracht?"  18,  11;  hüda-ddebba  ==  joftXJj  L?Äi>  „nimm  die  Stute" 
49 ,  29.  Alle  diese  Konstruktionen  finden  sich  bekanntlich  auch 
im  Aramäischen.  Meistens  bleibt  übrigens  das  Objekt  Verhältnis 
ohne  besondere  Bezeichnung. 

Schon  früh  fängt  das  Arabische  an,  den  Artikel  vor  das 
Gezählten  voranstehende  Zahlwort  zu  setzen,  also  können  Fälle  wie 
Jerba  bibien  =  r,Lj-o  «j.bSI  „die  vier  Tore"  25,  34  nicht  auf- 
fallen. Entsprechend  izzäuo  sebbiet  =  obLä  _»;.-!  „die  beiden 
Mädchen"  23,  4 1).  So  nun  auch  beim  Ordinale  mällauzoel  i><<s 
„beim  ersten  Q.^i  jc^a)  Schritt11  27,  28;  läuicel  tlit-hweijic  = 
#Jiy>  o^li  jjill  „die  ersten  drei  Dinge"  15,37 — 16,1;  fittieni 
skaffa  „im  zweiten  Regal"  (sicil.  scaffa)  26,22,  36,  37.  Hieran 
schließt  sich  die  Konstruktion  des  Artikels  beim  Elativ:  rnillahjar 
ekel  =  ,\S\  ^=>^i  a-=  „von  der  besten  Speise"  52 ,  24 ;  flizbah 
Icamva  „in  der  schönsten  {^ai\  r\)  Kammer"  10,7;  mellizbah 
übles  =  (j*LJ  f**o$\  r^A  „von  den  schönsten  Kleidern"  52,  23. 

Der  Unterschied  der  zu  einem  determinierten  und  der  zu  einem 
indeterminierten  Nomen  gehörenden  Relativsätze  (&L-JL  ^yo.il 
und  xftAjJl)  wird  bewahrt ;  jene  erhalten  Mi,  //,  diese  haben  keinen 
Exponenten.  Auch  die  Zustandssätze  aller  Art  sind  im  Maltesig 
gut  vertreten.  Dazu  kann  man  die  Abhängigkeit  eines  Verbums 
von  einem  andern  rechnen;  schon  die  oben  besprochenen  Verbin- 
dungen mit  Formen  von  ^  U",  .1*3,  Ax'i  gehören  dahin.  Ferner 
Fälle  wie  beda  jahdem  „fing  an  zu  arbeiten"  2!',  29:  irit  jistri 
„will  kaufen"  30,  34:  mä  statt  nqmel  sein  „ich  konnte  (ojtLuJ) 
nichts  machen"  30.  22,  und  mit  dem  Partiz.  statt  des  Impf,  ü  baqa 
liela  =  2) «.JLLa  Jü  *§>  „er  stieg  weiter"  26.  32.  Vgl.  noch  mär- 
ja'lef  „ging  zu  füttern"  39,  25;  Mn-ihollwm  jibdtu  *.aJ  ..«jCj  ..U 
La*xj  „sie  hatten  zu  schicken,  mußten  schicken"  17,  23:  /?///„/ 
jükellem  „bringt  ihn  zum  Reden"  29,  33  u.  s.  w.  -  Daß  das 
3LÜ  J»  in  Sätzen  wie  qrä'a  'ü  utiela  „er  las  sie,  währe 
stieg"  26,  29  =  liua   utyla   Vassalli  1  :'.•'!  :;i  nach  dem  Subjekt  steht, 

1)  Siehe  oben  S.  907. 

2)  Klassisch  wäre  es  natürlich   .x », 

3)  Eb.  noch  lila  u  njfzlae  =  jdiU      -^j. 


918  Anzeigen. 

bedeutet   keine    starke   Abweichung    vom  Altarabischen:    es    ist  = 
!«JLb  y. . 

Der  maltesische  Wortschatz  enthält  noch  viel  Erbgut  aus  der  . 
Wüste,  aber  von  der  lexikalischen  Hypertrophie  der  alten  Sprache 
ist  bei  ihm  nicht  die  Rede,  wie  wohl  bei  keiner  heutigen  arabischen 
Mundart.  Auch  manche  sehr  gebräuchlichen  Wörter  sind  verloren 
gegangen,  aber  dafür  andere  sonst  kaum  oder  gar  nicht  bekannte 
bewahrt  geblieben.  Dies  und  jenes  uns  fremdartig  anmutende 
Wort  wird  wohl  mit  der  Zeit  bei  genauerer  Kenntnis  der  Laut- 
übergänge enträtselt  werden.1)  Neben  den  Wörtern  arabischen 
Ursprungs  enthält  das  Maltesische  aber  sehr  viele  dem  Italienischen 
entlehnte.  Wir  finden  manche  Stellen,  in  denen  solche  Fremd- 
wörter gehäuft  sind,  wie  in  folgender:  sa-flahhar  waslu  vdalpalats: 
bibien  ta-fidda,  pümi  ta-dep ,  mobil  ta-lebbanu,  purtieri  ta-lim- 
brukkät,  siggfet  induräti,  sodda  li-mä  phäla  —  insomma ,  kollos 

mülizbah-)  =  Aza  c)Ljo  :palazzo  'Ji  |«3  J,  LLo»  y>^i  J,  J-o8) 
imbroccato  Aza  portiere  ;ebano  Aza  mobili  ^.?j>  Aza  pomi  ,Zjas 
_-~  Jo  insomma  LgJLs=]  Lo  ill  BJo«  Jndorate  (PI.  von  seggia)  oL«^ 
^taiS  .y«  „bis  sie  zuletzt  in  dem  Palast  anlangten :  silberne  Tore, 
goldene  Türklopfer  („Äpfel",  „Knöpfe"),  Möbeln  von  Ebenholz, 
Portieren  von  Brokat,  vergoldete  Sessel,  ein  Bett,  das  nicht  seines- 
gleichen hatte;  kurz  alles  vom  schönsten"  19,  37  ff.  Auch  italienische 
Verba  spielen  eine  große  Bolle.  Formen  wie  indüna  „denke  dir"  (in- 
dovinare)  16,  27;  ma-kkonfondiet  „sie  wurde  nicht  bestürzt"  12.  21: 
offendietu  „sie  beleidigte  ihn"  30 ,  39 ;  irrisponddoh  „antworteten 
ihm"  14,35;  tiskansäh  „rettest  ihn"  8,27;  tivvendika  „sie  sich 
räche"  12,  32  und  öfter ;  jittramdu  „unternehmen"  {tramare)  6,  17; 
ikompli  „vollendet"  11,  26.  14,  23;  sengaudi  „ich  werde  mich 
freuen"  20,  30 ;  igaudu  „freuen  sich"  20,  26  und  viele  andere  nehmen 
sich  in  der  semitischen  Umgebung  seltsam  aus.  Und  auch  solche 
Adverbia  wie  allära  „damals"  öfter;  kontra  „entgegen"  37,  20; 
tant  „sehr"  hat  der  Dialekt  aufgenommen.  Dazu  halte  man  listes 
kliem  „dieselbe  (stesso)  Rede"  20,  20;  dik  innär4)  stes  „jenen 
selben  Tag"  15,  18;  peres-li  „darum,  daß"  20,  13  =  per  esso 
Jui    u.  dgl.      Auch    daß    „Vater"    schon    immer    missitr,    missfer 


1)  Ist  Itmieni  „früh,  in  der  Frühe1   vielleicht       i$  1+5"  oder  ^iL  L*X ? 
Das  entspräche  unseren   „zeitig"   =   „früh". 

2)  Die    Abweichungen    der  Vokale    von    der    üblichen   italienischen    Aus- 
sprache (u  für  o,  i  für  e)  gehn  wohl  alle  auf  die  sizilischen  Formen  zurück. 

3)  Siehe  oben  S.  914. 

4,  När  =  ,Ui  ist  fem.;  sonst  stände  nicht  dik  =  ö>Jl>,  sondern  däk. 


Nöldeke,  Stumme's  Malt.  Studien.  —  Malt,  Märchen  etc.        919 

heißt  =  sizil.  misseri.  ital.  messere1),  ist  charakteristisch.  Man 
muß  sich  bei  dem  tiefen  Eindringen  solcher  fremden  Elemente 
wundern,  daß  die  Sprache  ihren  arabischen  Charakter  im  ganzen 
noch  so  weit  bewahrt  hat.  Allerdings  werden  die  meisten  Fremd- 
wörter erst  in  neuerer  Zeit  eingedrungen  sein.  Das  gilt  natürlich 
ganz  besonders  von  englischen  wie  grok  „Grog"  42,23.  43,7; 
pöni  „Pony"  37,  33  f.  38,  10  f.;  grumijet  „Groorns"  10,  23;  port- 
monne  „Portemonnaie"  44,  9.  Bezeichnend  ist,  daß  für  „Polizei" 
in  demselben  Text  neben  dem  arabischen  'assa  öfter  pulizia, 
pxduzia  vorkommt.  Vassalli  hatte  einigen  Grund,  den  unnötigen 
Gebrauch  von  Fremdwörtern  zu  mißbilligen.  Aber  gerade  von  den 
Verben  dürften  manche  dem  Maltesischen  schon  lange  angehören. 
Es  wäre  wohl  eine  lohnende  Aufgabe  für  einen  Romanisten,  zu 
untersuchen ,  welche  italienischen  Wörter  im  Maltesischen  alt  sind, 
und  ob  vielleicht  ganz  einzelne  sich  aus  einem  vorarabischen  roma- 
nischen Dialekt  der  Insel  erhalten  haben.  Dabei  sind  natürlich 
ganz  besonders  die  Dialekte  Siziliens  zu  beachten,  das  immer  in 
naher  Verbindung  mit  Malta  gestanden  haben  muß.2) 

Ich  erlaube  mir  nun  noch  einige  wenige  Kleinigkeiten  an- 
zuführen, die  ich  anders  beurteile  als  Stumme.  Resaq  „langte  an" 
geht    schwerlich    auf    ^s^.    zurück    (S.    109),    sondern    gehört    zu 

s_ÄAii't     =     ou^xJi.        ..ji>    maltesisch    au,     älter    hauni,    Jiaun 

(Vassalli  29)  ist  nicht  =  LiP  S.  86,  sondern  =  LÜlP;  beim 
Demonstrativpronomen  hat  das  Maltesische  allerdings  nur  Formen 
ohne  hä  wie  da  =  1J> ,  f.  dl  =  ,  c3  u.  s.  w.  —  Km.  älter  hem, 
hemm,  hemmae  (Vassalli  30)  ist  schwerlich  durch  einfache  Laut- 
veränderung aus  *.!}  oder  vielmehr  $.+}  (\+±)  entstanden ,  sondern 
durch  haun  und  Jiy7inae,  hyn  „dort"  (Vassalli  eb.)  beeinflußt  worden, 
wie  ich  schon  Wiener  Ztschr.  f.  d.  Kunde  des  Morgl.  8,  251  Anm.  6 
geäußert  habe.  —  Izzl'el  „sie  schmeichelt"    18,  13   wird   doch   wohl 

nach    Falzon's  Schreibung    als    J^cLj    anzusetzen    sein;    i 

das   trügerische,    falsche    Schmeicheln.    —    Ist   sella   .ließ  srüßen" 


1)  Das  ist  aber   nicht   =   „Meister''   (magistrum),    sondern    „mein  Herr" 
{meum  seniorem),  wie  mir  mein  Kollege   Gröber  bestätigt. 

2 )  Stumme  hat  die  sizilischen  Formen  vielfach  herangezogen.  — ■  Ich 
möchte  hier  die  Vermutung  wagen,  daß  bäta  „litt",  Impf,  ib&ti  patir,  wo- 
von Stumme  mit  Kocht  dhatija  „Leiden"  22,  37  ableitet,  in  einer  Zeit  auf- 
genommen sei,  als  das  p  den  arabisch  redenden  Maltosern  noch  anbequem  war. 
Auch  das  beliebte  b/cca  .Stück'1  könnto  so  in  älterer  Zeit  aus  einer  Form  wie 
*piecia  =  pezza  geworden  sein.  Das  unveränderte  pezza  ist  dann 
neue  Entlehnung. 


920  Anzeigen. 

wirklich       Li?     isdlle  lalih  sieht  doch  ganz  aus  wie  ^.Jlc       JUc=. j . 

Das  wäre  einer  der  äußerst  wenigen  spezifisch  muslimischen  Aus- 
drücke, die  im  Dialekt  gehliehen  sind,  wie  frie'n  „stravaganti, 
spiritati"   PI.  von  far'un  (Vassalli  115).1) 

Stumme's  Übersetzung  kann  ich  nur  das  höchste  Lob 
zollen.  Ohne  sie  wäre  ich  auf  Schritt  und  Tritt  ratlos  gewesen. 
Ebenso  muß  ich  noch  einmal  ausdrücklich  anerkennen ,  wie  viel 
ich  seinen  allgemeinen   und  speziellen  „Erläuterungen"  verdanke. 

Hätten  wir  weiter  nichts  Maltesisches,  als  was  uns  hier  Stumme 
bietet,  so  wären  wir  über  diese  merkwürdige  Mundart  immerhin 
schon  sehr  gut  unterrichtet.  Doch  bleibt  ihm  und  anderen  hier 
noch  ein  großes  Feld  der  Beobachtung  und  Forschung.  Gefahr 
im  Verzug  besteht  wohl  noch  nicht  sehr.  Voraussichtlich  wird 
sich  das  Maltesische  noch  ziemlich  lange  halten,  wenn  es  auch  so 
gut  wie  sicher  ist,  daß  es  dereinst  dem  Italienischen  weichen  wird. 
Daß  es  noch  existiert,  ist  für  uns  Sprachforscher  äußerst  erfreulich; 
ob  das  aber  für  die  wechselnden  christlichen  Herrscher  des  Insel- 
paars sehr  rühmlich  sei,  ist  eine  andere  Frage.  Hätten  diese  sich's 
angelegen  sein  lassen,  das  Volk  geistig  zu  heben,  es  in  möglichst 
enge  Verbindung  mit  den  zunächst  liegenden  Quellen  der  Bildung 
zu  bringen,  dann  hätte  sich  die  nicht- europäische  Sprache  in  der 
Nähe  Italiens  kaum  gehalten.  Aber  daß  Stumme  selbst  unter 
Kellnern  und  Gärtnerburschen  analphabete  Leute  fand  (die  für 
seine  Zwecke  natürlich  sehr  wertvoll  waren),  zeigt,  daß  auch  Eng- 
land in  den  hundert  Jahren  seiner,  für  das  materielle  Gedeihen  der 
Malteser  gewiß  segensreichen ,  Herrschaft  sich  wenig  darum  be- 
kümmert hat ,    ihnen    ausreichenden  Schulunterricht   zu  verschaffen. 

Th.  Nöldeke. 


Acta  Pauli  aus  der  Heidelberger  koptischen  Papyrushand- 
schrift Nr.  1  herausgegeben  von  Carl  Schmidt.  Über- 
setzung, Untersuchungen  und  hoptischer  Text.  Dazu  ein 
Tafelband  (=  Veröffentlichungen  aus  der  Heidelberger 
Papyrus- Sammlung  II).  Leipzig,  J.  C.  Hinrichs'sche  Buch- 
handlung, 1904.  Ausgabe  A  (Textband  geheftet,  Tafelband 
in  Umschlag)  M.  36. — . 

Carl  Schmidt,  der  aus  den  Trümmern  der  koptischen  Literatur 
schon  so  manche  verschollene  Schrift  des  christlichen  Altertums 
hervorgeholt  hat,  beschert  uns  in  diesem  Buche  einen  besonders 
kostbaren  Schatz.     Der  von  ihm  veröffentlichte  Papyrus,  von  dem 

3)  Bei  den  Christen  ist  Pharao  nicht  Prototyp  des  Wüterichs,  und  die 
Form   ist  genau  die  koranische      ,^£.5, 


Leipoldt,  Schmidts  Acta  Pauli.  921 

leider  der  weitaus  größere  Teil  verloren  gegangen  ist.1;  enthält 
eine  koptische  Übersetzung  der  Paulusakten.  Diese  wurden  um 
180  n.  Chr.  von  einem  kleinasiatischen  Presbyter  verfaßt,  eine  frei 
erfundene  Erzählung  mit  erbaulichem  Zwecke.  Wir  haben  in  ihnen 
selbstverständlich  keine  Quelle  für  die  Geschichte  der  Apostelzeil. 
aber  ein  einzigartiges  Denkmal  des  Geistes,  der  gegen  das  Ende 
des  zweiten  Jahrhunderts  die  Christenheit  beseelte.  Nur  ganz  dürftige 
Nachrichten  waren  bisher  über  dieses  Werk  bekannt.  Schmidts 
Fund  bringt  uns  erstens  die  Erkenntnis,  daß  drei  schon  längst  ge- 
druckte und  untersuchte  Schriften  aus  der  alten  Kirche  -)  ursprüng- 
lich Teile  der  Paulusakten  bildeten.  Er  schenkt  uns  aber  zweitens 
nicht  unbedeutende  Bruchstücke  der  Paulusakten,  die  uns  sonst  keine 
griechische,  lateinische  oder  orientalische  Handschrift  aufbewahrt  hat. 
Keineswegs  nur  die  Geschichtsforschung  zieht  aus  den  koptischen 
Paulusakten  Nutzen ,  sondern  nicht  zuletzt  auch  die  ägyptische 
Sprachwissenschaft.  Sie  sind  in  einem  bisher  völlig  unbekannten 
Dialekte  geschrieben,  den  ich  im  Anschluß  an  den  Herausgeber  als 
neuahmlmisch  bezeichnen  möchte.3)  Die  Vokalisation  dieser  Mundart 
stimmt,  im  Allgemeinen  mit  dem  Altahmlmischen  überein,  d.  h.  mit 
der  Sprache  der  Steindorff 'sehen  Apokalypsen4)  und  der  bekannten 
Übersetzung  der  kleinen  Propheten.5)  Sie  berührt  sich  jedoch  in 
einigen  Kleinigkeiten  mit  dem  Bohairischen.  Es  fehlt  dem  Neu- 
ahmlmischen  eine  der  hervorstechendsten  Sonderheiten  des  Altahml- 
mischen, das  gestrichene  £,  das  (unter  dem  deutlichen  Einflüsse  des 
Sa'Idischen)  teils  zu  o,  teils  zu  uj  geworden  ist.  Das  Neuahmimische 
nimmt  so  eine  eigenartige  Mittelstellung  ein  zwischen  dem  Alt- 
ahmlmischen und  dem  Sa'Idischen.  Schmidt  scheint  mir  diese 
richtig  zu  erklären,  wenn  er  annimmt:  das  Neuahmimische  i>t  aus 
dem  Altahmlmischen  hervorgegangen:  die  treibende  Kraft  dieser 
Entwickelung  war  das  allmähliche  Eindringen  des  Sa'Idischen  im 
Gau  von  Ahmim.")     Schmidt    hat    selbst    gesehen,    daß    es    solcher 

1)  Die  erhaltenen  Bruchstücke  haben  dem  Herausgeber  noch  genug  Mühe 
gemacht.  Die  Handschrift  bestand,  als  sio  nach  Europa  kam.  aus  etwa  zwei- 
tausend meist  recht  kleinen  Fetzen.  In  jahrelanger,  entsagungsreicher 
Arbeit  hat  Schmidt  die  Stücke  geordnet  und  zusammengesetzt.  Es  ist  ihm  ge: 
hingen,  fast  allen  einen  bestimmten  Platz  anzuweisen.  Doch  ist  nur  ein  einziges 
Blatt  annähernd  vollständig   erhalten. 

2)  Es  sind:  1.  die  Acta  Pauli  et  Theclao ,  2.  ein  Martyrium  des  Paulus 
(bei  R.  A.  Lipsius  und  M.  Bonnet,  Acta  apostolorum  apoerypha  1.  Leipzig  1891, 
S.  104 — 117),  .'5.  der  Briefwechsel  der  Korinther  mit  Paulus  (armenisch  und 
lateinisch   erhalten). 

3)  Vgl.  die  Zusammenstellungen  hei  Schmidt  S.  13 — 20  und  das  Glossar 
S.  57'— 7G*. 

4)  v.  Gebhardt  und  Darnach,  Texte  und  Untersuchungen  zur  Geschichte 
der  altchristlichen   Literatur,  Neue  Folge  II   3  a,   Leipzig   1899. 

5)  Recueil  de  travaux  relatifs  a  la  philologie  et  a  l'archeologie  egyptiennes 
et  assyrionnes  XIX  (III),   1897,  S.  1  —  11'. 

6)  An  sich  könnte  man  auch  meinen,  daß  «lie  allmählich  in  einander 
laufenden  Dialekte  nicht  zeitlich   auf  einander  folgten,  sondern  zu   derselben 


922  Anzeigen. 

Zwischenstufen  zwischen  Altahmimischem  und  Sa'Tdischem  noch 
mehrere  gibt:  die  sa'ldischen  Bruchstücke  der  Eliasapokalypse1) 
sind  so  stark  mit  ahmlniischen  Formen  durchsetzt,2)  daß  man  sie 
als  eine  Übergangsstufe  zwischen  Neuahmimischem  und  Sa'Tdischem 
bezeichnen  muß.  Schmidt  hätte  noch  hinzufügen  können,  daß  das 
Berliner  ahmimische  Genesisbruchstück  3)  eine  Mittelstellung  zwischen 
Alt-  und  Xeuahmimischem  einnimmt.  Hier  ist  in  einzelnen  Fällen 
schon  das  gestrichene  p  dem  uj  gewichen  (ujuine  statt  höpe) ,  das 
a.  dem  e  (efc^A ,  neben  aJWA).  Auch  zwischen  dem  Dialekt  der 
saudischen  Eliasapokalypse  und  dem  reinen  Sa'ldischen  gibt  es  eine 
Menge  Zwischenstufen.  Sa'ldische  Urkunden,  die  fast  rein  ihre 
Mundart  wiedergeben,  verwenden  einige  häufiger  vorkommende  Worte 
und  Formen  in  ahmlmischer  Form.4)  Andere  haben  vom  Alt- 
ahmlmischen nur  die  Vorliebe  für  ä.  statt  o  bewahrt.5)  In  noch 
anderen  erinnert  nur  ein  je  und  dann  entschlüpfender  a- Vokal  an 
die  vergangene  Herrschaft  des  Altahmlmischen.'')  Übrigens  fehlt 
es  nicht  an  Anzeichen,  daß  die  Grenzen  auch  der  übrigen  koptischen 
Dialekte  keine  scharfen  Seewesen  sind.     Wir  haben  sa'ldische  Texte 


Zeit  neben  einander  (in  verschiedenen  Gegenden)  gesprochen  wurden.  Die 
Unsicherheit  so  vieler  Provenienzangaben  und  paläographischer  Datierungen 
käme  einer  solchen  Vermutung  zu  gute.  Sie  scheint  mir  aber  daran  zu  scheitern, 
daß  die  altahmlmischen  Apokalypsen  und  die  sa'ldische  Eliasapokalypse,  zwischen 
deren  Mundarten  das  Neuahmlmische  mitten  inne  liegt  (s.  u.) ,  beide  sicher 
aus  derselben  Gegend  (dem  Weißen  Kloster  bei  Ahmlm)  stammen. 

1)  Steindorff,  a.  a.  O.,  S.  110 — 144. 

2)  Steindorff,  a.  a.   O.,  S.  24—31. 

3)  Aegyptische  Urkunden  aus  den  koeniglichen  Museen  zu  Berlin  heraus- 
gegeben von  der  Generalverwaltung.  Koptische  Urkunden,  erster  Band,  fünftes 
Heft  S.  131  f. 

4)  Ebenda,  sechstes  Heft,  S.  163  ff. 

5)  Paris,  Bibliotheque  Nationale,  Copte   130 5  (Schenoudi  4),  Blatt   139. 

6)  Vgl.  v.  Gebhardt  und  Harnack ,  Texte  und  Untersuchungen  u.  s.  w., 
N.  F.,  X  1,  S.  95  Anm.  4.  — ■  Ein  mir  unlösbares  Problem  bleibt  bei  der  an- 
gedeuteten Entwickelung  bestehen.  Im  Weißen  Kloster  bei  Ahmlm  wurde,  wie 
es  scbeint,  von  Anfang  an  sa'Tdisch  gesprochen  (die  Annahme,  Schenütes  Werke 
wären  erst  aus  dem  Ahmimischen  ins  Sa'ldische  übersetzt,  würde  abenteuerlieh 
sein).  Trotzdem  verdanken  wir  dem  Weißen  Kloster  eine  Menge  ahmlmischer 
Texte  (s.  o.  S.  921  Anm.  G) !  ■ —  Daß  die  Paulusakten  nicht  aus  dem  Sa'ldischen 
ins  Ahmimische  übersetzt  wurden,  scheint  mir  zweifellos.  Erstens  übersetzt 
man  nicht  aus  einem  siegreichen  Dialekt  in  einen  absterbenden.  Zweitens 
wäre  es  bei  einer  solchen  Übersetzung  nicht  ohne  Übersetzungsfehler  abgegangen; 
von  solchen  ist  aber  nichts  zu  spüren.  —  Ich  möchte  bei  dieser  Gelegenheit 
darauf  aufmerksam  machen,  daß  die  ahmimischen  Texte  mit  den  im  Gau  von 
Ahmlm  entstandenen  sa'ldischen  eine  auffallende  Eigentümlichkeit  gemein  haben : 
die  Vorliebe,  die  Präpositionen  pn-  und  e-  durch  ein  vorgesetztes  pp&.J, 
cpp*.J,  epO'Y'H  zu  verstärken  (vgl.  z.  B.  den  aus  dem  Weißen  Kloster 
stammenden  Text  von  I.  Job.  in  Woides  Appendix  mit  dem  Text  dieses  Briefes 
in  der  wohl  aus  der  Thebai's  stammenden  Handschrift  Ms.  Orient,  oct.  408  der 
Königlichen  Bibliothek  zu  Berlin).,  Das  ist  ein  Ahmimismus,  den  das  um 
Ahmlm  gesprochene  Sa'Tdisch  nie  abgestreift  hat.  Ich  zweifle  nicht,  daß  solcher 
Ahmimismen  sich  bei  näherem  Zusehen  noch  viele  finden  werden. 


Leipoldt,  Schmidt' s  Acta  Pauli  923 

mit  einzelnen  faiiümiscken  (mittel ägyptischen)  Formen.1)  Daß  die 
bohairischen  Sprachdenkmäler  nicht  frei  sind  von  einzelnen  sau- 
dischen Formen,  lehrt  ein  Blick  in  Horner's  Apparat  zu  den  bohai- 
rischen Evangelien.'2) 

Carl  Schmidt  hat  den  Text  der  Paulusakten  mit  nachahmens- 
werter Sorgfalt  abgedruckt  und  übersetzt.  Kur  einen  Wunsch  hätte 
ich  gehabt:  die  Ergänzungen  der  Lücken  hätten  hie  und  da  mit 
größerer  Zurückhaltung  vorgenommen  werden  können.  Ein  Beispiel 
genüge:  S.  1*  (2  2)  ev'A  kann  doch  —  falls  man  das  A  überhaupt 
als  einen  Faktor  mit  in  Rechnung  setzen  darf  —  ebensogut  zu 
cvh^'A.  ivA'AcKp/y  Aoc  u.  s.  w.  ergänzt  werden,  wie  zu  */A'A&..  In  der 
Übersetzung  ist  die  Unsicherheit  solcher  Ergänzungen  nicht  immer 
hinreichend  angedeutet. 

Was  Einzelheiten  betrifft .  so  erlaube  ich  mir  folgende  Be- 
merkungen (es  sind  zumeist  Verbesserungen  von  Druckfehlern). 

S.VTII  Z.  12  v.  0.  1.  S.  4  st.  S.  3.  —  S.  G  Z.  17  v.  0.  1.  104 
st.  103.  — ■  S.  24  (2  7)  „an  den  Ort  wo"  pflegt  der  Kopte  ein 
einfaches  o.toi>  wiederzugeben.  —  (2  12)  die  Lesung  ünif-i-JdwKo 
(kann  auch  heißen :  diesen  Untergang)  scheint  mir  gesichert.  — 
(1  2)  scheint  mir  angesichts  der  Interpunktion  vor  e^opHei  nicht 
richtig  ergänzt.  e^pHei  muß  zu  einem  folgenden  Substantiv  mit 
*.-  gehören,  nicht  zu  einem  voraufgehenden  Verbum.  —  S.  25  (1  7) 
1.  etwa  in  der  neunten  Stunde.  Aiimey  n-  wird  gern  das  grie- 
chische rog  umschrieben.  —  (3  22)  1.  erweckt  hat.  —  S.  26  (5  14) 
„sie"  ist  betont  (Schmidt  hat  in  der  Übersetzung  leider  nie  an- 
gegeben ,  wo  ein  Personalpronomen  hervorgehoben  ist).  —  1 5  1  I 
st.  sich  .  .  .  wenden  1.  zurückkehren.  —  (5  10)  1.  da  er  war  st. 
war;  der  Nachsatz  beginnt  (5  21)  er  verschloß.  —  S.  28  (7  y)  str. 
bei  sich  (diese  Worte  müssen  im  Koptischen  stehen:  ihnen  hat 
sicher  kein  griechisches  Äquivalent  entsprochen).  —  (8  1)  1.  noch 
mehr  mit  st,  mit  noch  größerer.  —  Anm.  zu  8  2.  Aus  dem  koptischen 
werte  ist  keinesfalls  zu  schließen,  daß  der  Kopte  auch  im  Griechischen 
cotfra  gelesen  hat.  —  S.  29  Anm.  zu  8  7  scheint  mir  die  Angabe 
über  Ko.  sehr  zweifelhaft,  —  S.  31  (11  2)  1.  eitle  st.  eitle.  —  S.  32 
(11  ie)  1.  tritt  st,  trete.  —  (11  17)  1.  sprich  st.  spreche.  ■ —  S.  35 
(13  12)  1.  was  ist  seine  Lehre?  Verkündiget  u.  s.  w.  —  (13  15) 
Die  Ergänzung  am  Zeilenende  will  mir  gar  nicht  gefallen. 
weiß  aber  keine  bessere.  —  S.  36  (14  10)  1.  auf  st.  vor.  —  S.  43 
(20  20)  str.  unter.  —  S.  45  (22  4)  1.  gegen  sie  st,  hinter  (üben 
ihr.  —  S.  49  (26  3)  1.  gute  Botschaft.  -  S.  51  (28  i)  1.  ihre  st. 
ihre.  —  S.  52  (28  im  str.  mit  Namen.  —  S.  54  (30  19)  1.  so  st. 
ebenso.  —  (30  2s)  1.  Blatt  st.  Seite.  —  S.  55  (31  22)  1.  fremd  und 
klein.    —    (32  4)  1.  schrie.    —    S.  57  (34  7)   1.    und  die  Buhe  und 


1)  Aegyptische  Urkunden  u.  s.  \v.,  sechstes  Heft,  S.  194. 

2)  The  coptic  version  of  the  New  Testament  in  tho  nortbern   dialect  otc. 
Oxford   1898. 


<l24  Anzeigen. 

uns  befleißigen.  —  S.  59  (36  n)  1.  Tische.  —  S.  62  (40  io)  1.  nion 
st.  mon.  —  S.  63  (40  25)  1.  mit  Namen.  —  S.  67  (65  «)  1.  euch 
st.  uns.  —   S.  68   (60  g)  avcdcifißccveö&cu  ist  t.  t.  der  Himmelfahrt. 

-  S.  70  (59  15)  1.  aber  (öi).  —  S.  71  (41  21)  1.  die.  —  S.  89 
(57  9)  1.  nicht  bin  ich.  —  S.  97  Z.  7  v.  0.  Die  Ergänzung  ist 
falsch:  01-  kann  nur  artikellose  Nomina  verbinden.  Vielleicht 
ooAAOit]oiev  oie[ipHHH.  —  S.  101  Z.  8  «S*  statt  k  kommt  auch  in 
koptischen  Worten  vor  (besonders  häufig  -a'e-  für  -kc-).  —  S.  5* 
(8  ö)  1.  n-re"x4"^.iK*.Joc*ynH.  —  S.  6*  (10  5)  1.  &ct  st.  ju^ct.  — 
S.  7*  (11  2)  1.  cyouj  st,  enjvujiuoy.  —  S.  8*  (11  25)  die  Ergänzung 
nee  ist  unmöglich  (nee  müßte  vor  uiteei  stehen).  —  (12  2)  1. 
en-rfe-vjuio'ymujii].  —  S.  10*  (14  12)  1.  rrxncs'irrq  en]ne.  — 
(14  lti)  1.  •seo*yXPiC"x&n':,c]-  —  (14  24)  1.  e.T]e^np.  --  S.  13* 
(20  2)  zu  oTo]oT-j  [e  vgl.  Zeitschr.  f.  äg.  Spr.  u.  Alt.  XXXX,  1903, 
S.  131.  --  S.  17*  (24  s)  1.  e[Tn*]urT.  —  (25  ic)  1.  eiKHK.  — 
S.  22*  (31  3)  1.   rrreivx*eie.    --    S.  24*  (33  12)    1.   ney  st.  ^«eT. 

-  (34  2)  1.  unxtHP^-  —  s-  39*  (45  is)  die  Stelle  ist  verderbt 
(es  fehlt  en  nach  -Trene^q).  —  S.  41*  (47  5.  ü)  1.  a<yvu  st.  xxn.  — 
S.  50*  (58  11)  die  Ergänzung  k[a.t*.,  so  auffallend  sie  inhaltlich 
ist,  scheint  mir  die  einzig  mögliche.  —  S.  76*  links  Z.  17  v.  0.  1. 
S.  st.  B. 

Der  Wert  der  Schmidt'schen  Arbeit  wird  selbstverständlich 
durch  diese  kleinen  Ausstellungen  nicht  beeinträchtigt.  '  Schmidt  hat 
vielmehr  hier,  wie  schon  in  seinen  früheren  Veröffentlichungen, 
einen  glänzenden  Beweis  seiner  philologischen  Genauigkeit  und 
Kombinationsgabe  geliefert. 

Die  Ausstattung  des  Buches  entspricht  durchaus  seinem  inneren 
Werte.  Warum  ein  vollständiges  Faksimile  beigegeben  wurde,  ver- 
mag ich  nicht  einzusehen.  An  schlecht  erhaltenen  Stellen  gewährt 
es  keine  Hilfe,  so  gut  es  auch  gelungen  ist;  an  gut  erhaltenen 
brauchen  wir  es,  dank  der  Sorgfalt  des  Herausgebers,  gar  nicht 
erst  zu  vergleichen.  Das  Faksimile  steigert  nur  den  Preis  des 
Buches  und  verbietet  manchem  die  Anschaffung,  der  es  gern  sein 
eigen  nennen  würde. 

Möge  es  Carl  Schmidt  vergönnt  sein ,  recht  bald  auch  seine- 
übrigen koptischen  Funde  der  gelehrten  Welt  in  so  schönen  Publi- 
kationen vorzulegen.  Sie  stehen  den  Paulusakten  an  geschicht- 
lichem und  sprachlichem  Werte  vielleicht  nicht  nach. 

J.  Leipoldt. 


Goldziher,  HuarVs  Le  Livre  de  la  Creation  et  de  VHistoire  etc.    925 

Le  livre  de  la  Creation  et  de  V  Histoire  de  MotaJihar 
ben  Täliir  el-Maqdisi  attribue  a  Abou-ZS'id  Ahmed 
ben  Sahl  el-  Balkhi,  publie  et  traduit  d'aprüs  le  manu- 
scrit  de  Gonstantinople  par  M.  Gl.  Huart.  —  Tome  III 
Paris  (E.  Leroux)  1903,  VII  +  211  (arab.)  -f  238  (franz.)  SS. 
[Publications  de  l'Ecole  des  Langues  Orientales  Vivantes. 
IVe  Serie  —  Vol.  XVIII] 

Der  vorliegende  dritte  Teil  der  von  Herrn  Professor  H  u  a  r  t 
unternommenen  Publikation,  deren  1.  und  2.  Band  an  dieser  Stelle 
(54,  396 — 405;  55,  702—716)  angezeigt  wurden,  erstreckt  sich  auf 
die  Kapitel  X  und  XI  des  Werkes ,  als  dessen  Verfasser  der  nun 
auch  auf  dem  Titelblatt  genannte  Mutahhar  b.  Tähir  al-Mukaddasi 
festgestellt  ist.  Daß  ihm  palästinische  Verhältnisse  nahe  lagen,  ist 
aus  121,  5  ersichtlich.  Er  bezieht  sich  hier  sehr  oft  auf  sein  früheres 
Werk  Kitäb  al-ma'änl  oder  vollständiger  K.  raa'änl  al-Kur'än 
(s.  Index  s.  v.) ;  vielleicht  kann  dieser  Hinweis  ein  Anhaltspunkt 
für  seine  Identifikation  werden.  Dieser  Teil  des  Werkes  hat  in  dem 
einen  Kapitel  die  Darstellung  der  Prophetenlegenden ,  im  andern 
eine  kurze  Zusammenfassung  der  vorislamischen  Geschichte  der  Araber 
und  Perser,  mit  fortwährender  Rücksicht  auf  die  Synchronistik,  zum 
Gegenstande.  Unsere  Kunde  von  der  islamischen  Überlieferung 
über  diese  Stoffe  wird  durch  die  Mitteilungen  Mutahhar's  kaum 
vermehrt.  Hingegen  macht  er  sich  durch  die  einem  jeden  Abschnitt 
beigegebene  Zusammenstellung  der  abweichenden  Meinungen  sehr 
nützlich.  Durch  das  Hervortreten  der  theologischen  Individualität 
des  Verfassers,  besonders  im  X.  Kapitel,  gewinnt  seine  Darstellung 
auch  persönliches  Interesse.  Er  betont  hier  wiederholt  seinen,  schon 
in  früheren  Abschnitten  (vgl.  hier  55,  703)  den  Traditionen  gegen- 
über dargelegten  Standpunkt.  Es  wird  unbedingter  Glaube  ge- 
fordert für  Wunderlegenden,  die  in  fraglos  gesun  den  Traditionen 
berichtet  sind,  die  ihm  an  Glaubwürdigkeit  mit  dem  Koran  als 
gleichwertig  gelten  (47,  5).  Die  Schöpfung  aus  nichts  sei  ja  selbsl 
ein  Wunder  —  so  argumentiert  er  wiederholt  (vgl.  unten  zu  55)  — ; 
der  Glaube  an  sie  zieht  den  an  die  Zulässigkeit  anderer  übernatür- 
licher, von  Gott  bewirkter  Vorgänge  nach  sich.  In  diesem  Sinne  weisl 
er  die  Zweifel  des  Muhammed  b.  Zakarijjä  al-ßäzi  an  den  Propheten- 
wundern streng  zurück  (110).  Obwohl  er  diese  These  zunächsl 
nur  auf  die  in  Koran  und  gutem  Hadlt  festgestellten  Erzählungen 
anwendet  (43  unten),  ist  er  auch  harmlosen  apokryphen  Legenden 
gegenüber  nicht  von  unbeugsamer  Strenge,  sofern  sie  die  Grenzen 
des  Möglichen  und  Zulässigen   nicht   überschreiten  (4  7.  i).\)     Er  legi 


1)  Er  hatte  schon  früher  (I,  4)  konstatiert,  daß  selbst  gelehrte   Leute  den 

gewinnsüchtigen  Erzählern  (tjo\.*aJi}\    Ä.J0  Lä.^,*')  viele  vernunftwidrige    I 
nachsprechen. 


(,)2()  Anzeigen. 

nicht  viel  Gewicht  auf  sie  und  möchte  nicht ,  daß  man  sich  mit 
ihrer  Kritik  und  Erklärung  viel  beschäftige ,  da  sie  ja  für  das 
religiöse  Leben  nichts  austragen  und  weder  das  Bekenntnis  noch 
die  Religionsübung  normieren  können  (82 ,  g).  Aber  die  Spötter 
wehrt  er  von  ihnen  ab.  Man  möge  diese  Legenden  doch  wenig- 
stens anhören;  damit  vergebe  man  sich  nichts  (144,  1).  Habe 
ja    auch    der  Prophet   gestattet,    die    von    den  Juden   überlieferten 

Legenden    ohne    Skrupel    zu    tradieren    (J^ui^l      Jj    ^c    \yC\.z> 

95,  s;  nicht  „ce  qui  est  arrive  aux  Israelites " ,  Übers.  97.  Zu  dem 
Spruch  vgl.  REJ.  XLIV,  64).  Mit  großer  Entschiedenheit  tritt  er 
aber  mehrfach  gegen  die  zu  seiner  Zeit  sehr  verbreitete  Bätinijja 
(157,  t)  auf,  namentlich  gegen  ihre  Bestrebung,  die  Wundererzäh- 
lungen in  allegorischer  Weise  zu  deuten ;  er  wird  nicht  müde, 
solche  Erklärungsmethode  bei  jeder  Gelegenheit  als  Ketzerei  an  den 
Pranger  zu  stellen  (23;  42,  c;  55,  12;  95,  3  v.  u.;  112,  11).  Dabei 
ist  er  jedoch  selbst  nicht  frei  von  Rationalismus  (33,  3  v.  u.).  Es 
ist  gewiß  interessant ,  zu  erfahren ,  daß  er  zur  Erklärung  des  Be- 
griffs der  Versuchung  (Gen.  22)  eine  rationalistische  Meinung 
anführt  (64,  4  v.  u.),  die  wir  genau  ebenso  bei  Maimüni  (Dalälat  III, 
c.  24,  ed.   Munk  p.  üa)  wiederfinden. 

Die  Informationen  des  Verfassers  gründen  sich  für  die  in  den 
beiden  Kapiteln  behandelten  Stoffe  außer  dem  Koran  und  den 
Traditionen  auf  eine  Übersetzung  des  A.  T.s  (3!  ydi  *..*.:>  .j  26,  1 : 
61,  s),  auf  die  Literatur  der  Prophetenlegenden  ( .1*3-1  v_>L£?l  ^Ol5 
^U-o^t  137,  3  v.  u.),  auf  persische  Historien  (114  ult.  138,  4);  auch 
auf  persönliche  Berichte  von  Reisenden  (36 ,  7).  Außer  Wäkidl, 
Ibn  al-Kelbi,  Ibn  Ishäk  führt  er  häufig  das  Buch  des  Abu  Hudejfa1) 
an;  damit  ist  wohl  das  für  biblische  Legenden  so  oft  zitierte  Kit  ab 
al-mubtada'  des  Ishäk  b.  Bi£r  gemeint  (H.  Ch.  nr.  10458).  — 
Von  Dichtern  ist  neben  A'ää,  wie  in  den  vorhergehenden  Kapiteln, 
zumeist  Omejja  b.  Abi-1-Salt  für  alte  Legenden  mit  vielen  umfang- 
reichen Zitaten  vertreten. 

Der  Herausgeber  scheint  die  sich  aus  dem  Zusammenhang  leicht 
ergebenden  Bemerkungen ,  mit  welchen  wir  in  unseren  früheren 
Anzeigen  zur  Verbesserung  seines  Textes  und  der  auch  bei  guten 
LAA.  desselben  vorkommenden  Irrtümer  seiner  Übersetzung  bei- 
tragen wollten,  —  wie  aus  dem  vorliegenden  Vorwort  wieder  er- 
sichtlich ist  ■ — ,  recht  ungnädig  aufgenommen  zu  haben.  Einige 
derselben  hat  er  in  den  diesem  III.  Bande  S.  215  ff.  beigegebenen 
Additions  et  Corrections  allerdings  sich  zu  eigen  gemacht,  ja  sogar 
zur  Bekräftigung  derselben,    in  einer   sehr    nach  Treppenwitz    aus- 


1)  Jakut  IV,  807    ult.    ist    &.ÄaÄ5>    in    K.äjiÄ5>  zu    verbessern;    das  Zitat 
geht  -wohl  auf  das  Futüli-Werk  des  A.  H.  zurück. 


Goldziher,  Huart's  Le  Liore  de  la  Crmtion  et  de  ÜHistoire  etc.     927 

sehenden  Weise,  den  Ref.  auf  einige  vor  der  Hand  liegende  Stellen 
verwiesen,  auf  die  er  „aurait  pu  renvoyer".  Aber  der  Herausgeber 
findet,  daß  die  in  den  meisten  Fällen  ganz  mühelose  Herstellung 
der  richtigen  LAA.,  wie  sie  versucht  wurde,  ein  gefahrvolles  Unter- 
fangen sei,  und  „les  corrections  les  plus  hardies"  hervorrufe.  Er 
macht  nicht  den  Versuch,  dies  auch  nur  an  einem  Beispiel  zu 
erweisen,  so  wie  er  auch  zu  übersehen  scheint,  daß  ein  großer  Teil 
der  Verbesserungen  nicht  den  Stambuler  Text  betrifft,  sondern 
verkehrte  Übersetzungen,  mit  denen  der  Sinn  desselben  mißverstanden 
wurde.  Es  ist  wirklich  überflüssig,  die  selbstverständliche  Er- 
klärungsart vd'une  certaine  ecole*  —  wir  können  nicht  ahnen,  gegen 
welche  Schule  eigentlich  diese  Ironie  gemünzt  sein  soll  —  gegen- 
über dem  pietätvollen,  freilich  auch  recht  bequemen  Kultus  einer  bösen 
Handschrift,  zu  verteidigen.  Der  vorliegende  Teil  enthält,  trotz  der 
Leichtigkeit  seiner  Prosa,  wieder  einige  schwierige  Einzelheiten,  die 
der  Abschreiber  einfach  als  solche  hinstellt,  und  für  die  er  mit 
einem  ehrlichen  J^bSt  J,  \öS  die  Verantwortlichkeit  ablehnt.  Wir 
haben  keine  Neigung  den  Rätseln  mit  „corrections  hardies"  bei- 
zukommen. Auch  wo  ein  solches  Eingeständnis  nicht  beigefügt  ist, 
werden  dem  Editor  Aufgaben  gestellt.  Der  Herausgeber  hat  auch 
in  diesem  Bande  nicht  unterlassen,  den  augenfälligen  Absurditäten 
seines  Kodex  den  blinden  Gehorsam  zu  versagen  und  mit  Text- 
korrektuten einzugreifen.  Freilich  auch  an  Stellen,  wo  die  Nötigung 
dazu  nicht  vorgelegen  hat.  So  z.  B.  muß  75,  o  das  j^  des  Textes 
bleiben,  allerdings  das  vorhergehende  A,/i»  als  J0.3.  erkannt  werden: 
„alle  Propheten  nach  Ibrahim  und  vor  den  B.  Israil".  Die  Über- 
setzung 77,  10  kann  nicht  gut  bestehen.  —  Ebenso  ist  die  von  ll. 
geforderte  Einschiebung  des  Lz^s  91,  e  nach  dem  Vordersatz  des 
Bedingungssatzes  völlig  überflüssig  und  ungeeignet.  ■ —  Eine  ganz 
unberechtigte  Einschiebung  hat  er  154,  9  vorgenommen  in  der  Er- 
zählung vom  Tode  Alexanders  d.  Gv.  Er  giebt  den  von  ihm  er- 
gänzten Text  so :  [Lc.ol  isuSil  *.Ä^'  *^5=-,Li5  „la  servante  jeta  sous 
lui  une  cotte  de  mailles".  Aber  von  einer  „servante"  ist  hier  gar 
keine  Rede.    Das  Verbum  muß  passivisch  gelesen  werden:  <^^s>.jaz 

Kx^S  »£&',  die  Ergänzung  hat  wegzufallen.  —  Desgleichen  sieht 
man  nicht,  warum  195,  10  das  richtige  J^j^X^  A^s*j  der  Eandschrifl 
in  A,^.^  verändert  wurde;  natürlich  ist  nicht  von  „1111  chameau 
robuste"  (Übers.  197,  o)  sondern  von  „starkern  Angriff"  die  Rede. 
Allerdings  wäre  auf  der  andern  Seite  vieles  von  den  schlechten 
LAA.  der  Vorlage,  oder  der  Art  wie  sie  der  Berausgeber  aui 
hat,    zu   heilen;    dadurch  ergeben  sich  häufig  zugleich   Änderungen 

15(i.   LVIII. 


928  Anzeigen. 

an  der  Übersetzung  des  Herrn  H.1)  —  21,  3  V.  u.  tXPl-w»  lic\$>L£ö 
-AisÄJ  lila  ,.y*  1.  c^äj  Luu.ä  ,.ys.  —  Das  unverständliche,  durch 
die  Erklärung  H.'s  (Übers.  24  Anrn.  8)  durchaus  nicht  aufgeklärte 
.-aj.^J'  ist  am  besten  als  -xi'U.0  zu  verstehen.  —  40,  5  o*J>.jj 
1.  u>js>J»-  —  45,  »5  ls.=>  (Übers,  changeinent)  1.  li_>.  —  46,  r>  Ui" 
1.  »*„'.  —  50,io  ä.j  mv^aj  1.  ^jJUäj,  also  nicht  „que  ces  gens 
connaissaient",  sondern  „an  die  sie  sich  in  ihren  Handlungen  hielten". 

—  51,4  +&  ^v-.\j  Übers.  52,  io  „qu'en  les  brisant";  es  liegt  auf 
der  Hand,  daß  ^-P.aaXj  zu  lesen  ist:  „Abraham  habe  mit  dem  Aus- 
druck a-P-^-O    ».1*3  in  der  zitierten  Koranstelle  (21 ,  ci)   sich  selbst 

gemeint".  —  54,  10  LsJi  &jf,  das  erstere  Wort  1.  äCwJf.  —  55,  penult. 
si^.1!  der  Zusammenhang  zeigt,  daß  dies  ein  lapsus  calami  sein 
müsse,  und  erfordert  an  dieser  Stelle  ein  Wort,  das  „Schöpfung", 
o£Jis>,  bedeutet.  „Die  Hervorbringung  der  Schöpfung  (aus  Nichts) 
ist  dem  Verstände  ebenso  unbegreiflich ;  wer  also  jene  anerkennt, 
muß  auch  die  Wunder  anerkennen  auf  dem  Wege  der  Ana- 
logie. Wer  hingegen  das  Wunder  leugnet,  der  leugnet  zugleich  die 
Schöpfung  der  Welt  (aus  nichts;  vgl.  dieselbe  Motivierung  18,  i)". 
Zugleich  ist  ersichtlich ,    daß    das  als  L**ls  niedergeschriebene  und 

mit     „qu'ils    croient    „imperturbablement"     übersetzte    Wort    L*Ias' 

gelesen  werden  muß.  —  72,  5  aJlii  o.  1.  aJUi  oi,  das  Nomen  kann 

hier  nicht  Objekt  von    Leo  sein.  —  73,  4  )dJ&  1.  liXö?  —  73,  i 

^Jiäj  1.  L$hj.  —  84  penult.  ^ä^j  1.  ^^ j.  —  86,  5  j  1.  ^. 

—  93  penult.    JjuLavI   ^   S^L^j  („la    protection    des  Israelites" 

96,  t)     1.    8;j)L^5     der    Durchzug    der    B.     I.     durchs    Meer.    — 

115,  12    1.    xx^d  tkjL  hy^-    —    HS,  2    ^jsA   1.    ^iXs»)    eine 

der  beiden  Zerstörungen  Jerusalems  (vgl.  211,  5  ^J!   ij±iJ.\   ^_c<A:>0; 

dies    war    die    erste.    —    135,  9   jUiLPjl».  —  136,8  l\*ä.*jI.  — 

..    •  j  ^ 

142,4.5  LcJJ>  li^U  1.  \jzJoa  b»*v«.  —    145,io   \3\   1.   61  — 


1)  Vgl.  auch   die  Bemerkungen  von  D.  S.  Margoli  0  u  th  in  JRAS.,   1904, 
571—578. 


Goldziher,  Huart's  Le  Livre  de  la  Creation  et  de  VHistoire  etc.     f)0() 


147.  i^ 

*>\jS* 

—  152.  i 

ojCii  1. 

> 

-  ibid.  Z.  t  v.  u. 

t***F. 

1.  ,,^<.  - 

—  157,  6 

J  ist  zu 

streichen. 

—  159,io       iL 

1-  rfy 

-164,.  ^L^" 

vie  auch 

die  Über 

s.   voraussetzt.  — 

169,4  ( 

^--.L'  („les 

ruses"    172 

,  »)  1.  , 

<=UU.   — 

1  V-V  .;     -£Ls\JU. 

—  188,  it  nach  KP  ji  scheint  ^JJt  ausgefallen  zu  sein.  —  192,  7 
tLXJiii  ^  ÜUwÄitj  ....  („nous  t'appartenons  ainsi  que  nos  ämes, 
ä  toi  de  nous  appeler"  193,  so);  1.  iLXäJi,  natürlich  ändert  sich 
dabei  die  syntaktische  Stellung  von  LamäjI».  —  193.  7   ».p.   1.   ^,  m 

—  195,  2  Jjüttiy  (conseil)  1.  ujjtilT.  —  203,  9  j^>Ls.  —  ibid. 
Z.  12    Jo^aA.   —   208,  :;    V.    u.    ^>. 

Der  Herausgeber  möge  uns  gestatten,  auch  aus  seiner  Übersetzung 
einige  Stellen  hervorzuheben,  an  denen  er  nicht  das  richtige  getroffen 
zu  haben  scheint.  —  13,  12  das  J^c  des  Textes  (12,3)  ist  mit 
„travail"  nicht  genau  bestimmt:  es  ist  hier  speziell  Tgottwohl- 
gefälliges,  religiöses  Tun".  —  17,  6  „et  de  lä  vient"  1.  „zu  diesen 
Dingen  (die  von  den  Ajüi  J^i  nicht  anerkannt  werden)  gehöri 
ferner";  U^a»,  (Text  15,3)  führt  die  oben  14,3  v.  u.  begonnene 
Aufzählung  (LgjL*)  fort.  —  22,22:  „S'il  y  a  encore  des  habitants 
sur  la  terre  ä  cette  epoque-lä,  ces  habitants  dureront  jusqu'aux 
temps  predits  par  les  livres  divins"  u.  s.  w.  soll  den  Textworten 
21,  lff.  entsprechen:      \S  q^L«    \S.S>    JJU  J.\   ^.Uj      A    jL>   lölj 

jj->5  fwa^tj  ^)5jÄ^5  OlXPU:»   .  .  .   *Ui  ^.JO    *j   — '-\.   Lc  J.|     ,*XmJ| 

„wenn  es  zulässig  ist,  daß  man  sich  bei  ähnlichen  Anschauungen 
beruhige,  so  ist  es  doch  um  so  eher  zulässig,  daß  man  sich  bei  den 
Nachrichten  der  göttlichen  Bücher,  und  dem  Zeugnisse  der  Genera- 
tionen und  Völker  beruhige".  Erst  kurz  vorher  (15  penult.)  hat 
der  Verf.  diesen  Sprachgebrauch  beobachten  können.  —  23,  2  _Lc 
x^5»  £  ..P  Lo  (21,  7)  ist  nicht  „place  sous  sn  domination"  sondern 
„wovon  dasselbe  gilt".  — 34,4  „d'une  valeur  personnelle  moyenne" 
*-giaw» \  (32,2);  richtig:  „der  ausgezeichnetste  an  Wert":  .ya  b 
f^x^s>^  fr&jM  q^  ^\  «^y  1^.\.  LA.  IX,  309,  4;  dasselb« 
von  der  „extraction  mediocre"  39 ,  .1  v.  u.  (Ly*o  *ugixw.J  Text 
37,  :;  v.  u.);  vgl.  de  Goeje,  Gloss.  Tab.  s.  v.  >>^.  —  51,  ia  „reserväe 

par  Dieu"  u.  s.  w.     Mit  Js.>  (50,  -j)  beginnt  die   Apodosis  des  mit 

Gu* 


f)30  Anzeigen. 

UJ  i 'ingeleiteten  Vordersatzes.  —  61,  g  „ce  qui  passa  ä  l'egard  de 
Sodom";  nicht  ' ^  +ks*  J,  (59,  10),  sondern  *.£>:  der  Richter  von 
Sodom  ist  sprichwörtlich.  —  67,  12  „car  vous  n'avez  fait  qu'accomplir 
rna  p<Z7vle'i,  richtig:  „ich  zürne  nicht  ML'i  _xt)  darüber,  was  un- 
getan habt"  (Text  65,  s).  —  72,  19  „Tu  fais  de  bei  ouvrage,  alors 
que  tu  es  inscrit"  u.  s.  w.  Der  richtige  Sinn  ist:  „Du  willst  eine 
(schlechte)  Tat  begehen ,  während  du  bei  Gott  als  Prophet  ein- 
geschrieben bist?"  —  79,  12  lyLaLü  (77,  2)  ist  nicht  „ils  se  crurent 
sauves"  sondern:  sie  schlugen  die  Richtung  nach  rechts  (oder  nach  dem 
Süden)  ein.  —  ibid.  Z.  20  „la  fille  de  Kalamoun  lui  succeda"  2uiJl:> 
..^t-lf  u>.xj;  das  kann  ^L>  III  nicht  bedeuten ;  Chälifa  (X.&.S13») 
kann  hier  nichts  anderes  sein  als  Eigenname  einer  Tochter  des  K., 
die  ihren  Vater  in  diesem  Liede  betrauert ;  sonst  wird  das  Trauerlied 
einer  nicht  mit  Namen  bezeichneten  Schwester  des  K.  zugeschrieben 
(Ta'labi,  'Arais,  Kairo  1312,  99,  <;;  BalawT  I,  75,  10);  im  Vers  an 
beiden  Stellen  i  Li.  —  80,11.  Manche  Leute  erklären  das  voran- 
gehende Hadit  (wonach  Chidr  zu  Du-1-Karnejn  gesagt  hätte :  „Ich 
habe  gesucht  und  du  hast  gefunden")  „dans  le  sens  que  son  existence 
reelle  signifierait  une  science  secrete  que  Ton  recherche".  Man  muß 
den  Text  (SO    ult.)    so    lesen :    ^JS    Ac    Käaä^*    ,-V>'_5      ^ä*-*      J^ 

d.  h.  sie  bezieben  das  „Finden"  (der  Quelle)  auf  das  Finden  der 
Wahrheit  einer  Wissenschaft.  —  123,  23  sie  schrieben  nieder  ^ p  Lo 
Kj)fcÄÜ  ,.yA  (119,  10)  „was  von  der  T.  in  Vergessenheit  geraten  war", 
nicht:  „ce  qu'ils  lisaient  dans  le  Pentateuque".  —  154,22  nicht 
„qui    est    surnomme  Bahrän ä    cause    de  sa  haute  dignite", 

sondern:   „der  erhob  (     .*.^)   den  Bahrain  zu  der  hohen  Würde*.   — 

188 ,  10   v.  u.  „je  desirais  te    voir j'aurais    voulu    que    tu    ne 

me  demandasses  pas  tes  chameaux  et  que  tu  abandonnes  ta  maison, 
qui    est    toute    ta    religion",    ist    völlig    mißverstanden:     „Ich    hatte 

(früher)   Gefallen  an  dir nun  aber  wende   ich  mich  ab.     Du 

verlangst  von  mir  deine  Kamele  und  kümmerst  dich  nicht  um  dein 
(Gottes-)Haus,  das  doch  deine  Religion  ist"  (Text  187,  3 ff.). 

I.  Goldziher. 


Weißbach,  Meißner'«  Neuardbische  Geschichten  aus  dem  Iraq.     931 

Bruno  Meißner ,  Neuarabische  Geschichten  aus  dem  Iraq, 
gesammelt,  übersetzt,  herausgegeben  und  mit  einem  ericeiterten 
Glossar  versehen.  (Beiträge  zur  Assyriologie  und  semitischen 
Sprachwissenschaft  V,  1.)  Leipzig,  J.  C.  Hinrichs,  1903. 
Mk.  10.—. 

Der  arabische  Dialekt  Babyloniens  war  bis  vor  wenigen  Jahren 
der  gelehrten  Welt  fast  unbekannt  geblieben.  An  Reisenden,  welche 
in  jener  Gegend  gewandert  sind  und  sich  monate-  und  jahrelang 
dort  aufgehalten  haben ,  hat  es  nicht  gefehlt.  Aber  selbst  ein 
Oppert,  der  sich  doch  in  den  drei  Jahren  seiner  babylonischen 
Forschungen  gewiß  eine  gute  Kenntnis  des  Dialektes  der  Ein- 
geborenen erworben  hatte,  hat  sich  nicht  veranlaßt  gesehen,  mehr 
als  einige  dürftige  Notizen,  die  diesen  Dialekt  betreffen,  in  sein 
großes  Werk  „Expedition  en  Mesopotamie"1)  einzustreuen.  Unter 
diesen  Umständen  ist  Meißner's  Verdienst,  den  arabischen  Dialekt 
von  Babylonien  den  Gelehrten  Europas  ziigänglich  gemacht  zu  haben, 
kaum  hoch  genug  anzuschlagen. 

Seinen  „Sprichwörtern  und  Rätseln"  (Mitteilungen  des  Seminars 
für  Orient.  Sprachen  zu  Berlin,  Abt.  II2)  Jg.  IV  137 — 174)  und 
seinen  „Neuarabischen  Gedichten"  (daselbst  V  77 — 131;  VI  57 — 125; 
VII  1 — 11)  ließ  Meißner  die  vorliegenden  „Geschichten"  folgen,  nicht 
nur  an  Umfang  die  bedeutendste,  sondern  auch  für  das  praktische 
Studium  die  wichtigste  der  genannten  Publikationen.  Zur  Einführung 
in  die  Sprache  ist  nichts  geeigneter  als  solche  zwanglose  Prosa,  die, 
ohne  nach  seltenen  und  entlegenen  Ausdrücken  und  Konstruktionen 
zu  haschen,  meist  ein  treues  Abbild  der  Umgangssprache  des  ge- 
wöhnlichen Volkes  bietet. 

Die  Einleitung  (SS.  I — VI)  beschäftigt  sich  mit  dem  Inhalt 
der  Geschichten,  Nachweisen  von  Quellen  oder  anderweitigem  Vor- 
kommen ,  Parallelen  u.  ä.  V.  Chauvin  hat  hier  einige  wichtige 
Notizen  beigesteuert.  Folkloristen  von  Fach  werden  diese  Seiten 
besonders  interessieren.  S.  V  Z.  2  ist  das  Zitat  aus  Tantavy  falsch. 
Anstatt  p.  118  lese  man  p.  114. 

Weiter  folgt  ein  „Grammatischer  Abriß"  (SS.  VII — LV).  Einem 
ersten  Versuch,  einen  arabischen  Dialekt  grammatisch  zu  fixieren, 
müssen  zahlreiche  Mängel  und  Unvollkommenkeiten  anhaften,  nament- 
lich wenn  man  auf  seine  Erlernung  nur  die  Mußestunden  eines 
Jahres  verwenden  kann  und  keinen  grammatisch  geschulten  Lehrer 
hat.  Rasid  ec-Cäll,  Meißner's  Lehrer,  bei  dem  auch  ich  nachmals 
Unterricht  nahm,  besitzt  gewiß  eine  gute  Kenntnis  nicht  nur  seines 
eigenen  Dialektes,  sondern  auch  der  benachbarten  Dialekte  und  — 
in  beschränkterem  Maße  freilich  -  des  Hocharabisclen.  Au.  b 
beherrscht    er   mit    verhältnismäßiger    Sicherheit    die   Orthographie, 

1)  T.  1,   113  f.  Paris  1863. 

2)  Im  folgenden  zitiert  als:  Mitt. 


932  Anzeigen. 

deren  Eigentümlichkeiten  (Meißner,  Mitt.  IV  138  ff.)  man  allerdings 
in  Kauf  nehmen  muß.  In  der  Erklärung  von  Texten  und  einzelnen 
Sätzen,  wie  sie  dem  Bedürfnis  des  europäischen  Schülers  angemessen 
ist,  hat  er  mit  der  Zeit  eine  gewisse  Übung  erlangt,  ohne  sich 
jedoch  zur  Vollkommenheit  durchzuringen.  Dazu  fehlt  ihm  die 
Kenntnis  der  grammatischen  Terminologie  und  das  feinere  Gefühl, 
schwierigere  grammatische  Formen  richtig  zu  zergliedern.  Ihn 
systematisch  Formen  (z.B.  Plurale  oder  Grundformen  des  Verbums) 
abzufragen,  ist  nicht  rätlich.  Man  riskiert  dabei  imaginäre,  besten- 
falls schriftarabische  Bildungen  zu  erhalten,  und  sollte  deshalb  solche 
abgefragte  Formen,  wenn  man  sie  nicht  anderweitig  hört  oder  be- 
legen kann,  nur  nach  wiederholter  Kontrolle  als  vollwertiges  Sprach- 
gut ansehen.  Es  sind  das  Erfahrungen,  wie  sie  ähnlich  wohl  jeder 
europäische  Gelehrte  macht,  der  mit  Kenntnis  des  klassischen  Arabisch 
einen  grammatisch  noch  nicht  fixierten  arabischen  Dialekt  in  dieser 
Weise  lernen  will.  Am  meisten  Wert  haben  natürlich  solche  Formen 
und  Bildungen,  die  einem  spontan  entgegentreten.  Es  ist  mir  oft 
genug  begegnet,  daß  Rasid  nach  mehreren  Wochen  eine  abgefragte 
Form  ganz  anders  angab  als  vorher,  so  daß  es  noch  wiederholter 
Prüfung  bedurfte ,  in  einzelnen  Fällen  auch  noch  bedürfen  wird, 
um  volle  Gewißheit  zu  erlangen.  Zu  Nutz  und  Frommen  derjenigen, 
welche  sich  mit  dem  arabischen  Dialekte  von  Babylonien  zu  be- 
schäftigen gedenken,  möchte  ich  einige  Zusätze  und  Berichtigungen 
zu  Meißner's  Grundriß  beifügen. 

§  1.  Die  Namen  der  arabischen  Buchstaben  lauten  in  der 
Aussprache  des  dortigen  Dialektes:  alif,  b$e,  tir.  tir,  gim,  lim,  ha, 
ha,  dal,  dal,  ra,  zie ,  sin,  sin,  sad,  d.ad,  ta,  zg  (sprich  da),  San, 
ran,  fie,  qdf,  käf,  gäf  idgcml,  mim,  nun,  uau,  ha,  ie. 

§  2.  1)  Verdoppelung.  Die  Verdoppelung  der  Konso- 
nanten bleibt  in  der  Aussprache  nur  dann  deutlich  vernehmbar, 
wenn  ein  Vokal  folgt.    Im  Auslaut  oder  vor  folgendem  Konsonanten 

wird  sie  regelmäßig  aufgehoben,  also  dib  (etym.  oö)    „wirf  hin", 

dagegen  richtig  dibba  „wirf  ihn  hin";  dar  „schädlich",  aber  fem. 
därra. 

2)  Mouillierung.  Die  hier  gegebene  Regel  kann  ich  nicht 
bestätigen.  Die  5  Beispiele  umschreibe  ich  dkl,  zien,  lirig.  mir-.. 
teniet.  Sie  sind  nach  dem  unten  zu  §  4  d)  und  e)  bemerkten  zu 
erklären. 

3)  Palatalisierung.  Die  Palatalisierung  der  Konsonanten 
k,  q  und  g  zu  c  und  g  unterbleibt  auch,  wenn  ein  Suffix  mit 
Palatal  angehängt  wird,  z.  B.  dcil  „Essen",  acil-hum ,  aber  fem. 
<d;d,-can  „euer  Essen";  doch  vgl.  unäcic  S.  80  Z.  4  u.  a.  —  Zu- 
weilen dient  die  Palatalisierung  zur  Differenzierung  der  Bedeutung, 
vgl.    (jgeq'd    „er   sitzt"   (von  Jot»  I.) ,    dagegen    ugesid    „er   weckt 


Weißbach,  Meißner's  Neuarabische  Geschichten  aus  dem  Iraq.     933 

auf  (IV.  Stamm):  sekäkin  pl.  von  sikkän  „Steuer  (eines  Schiffes), 
Weiche  (der  Eisenbahn)",  dagegen  secäcin  pl.  von  siccing  „Messer"; 
cte    „wie"    (mit    Abfall    des    -f),    dagegen    kief   „Befinden,  Wohl- 

hefinden";  gtsam  „teilen"  —  g/'sgm  „dividieren":  mglic  {£&a) 
„Engel"  —  malt'k  („^sJU)  „König".  Ob  übrigens  der  Unterschied 
ganz  streng  durchgeführt  ist  —  namentlich  bei  den  letzten  beiden 
Beispielen  —  ist  nicht  völlig  zweifellos.  Hervorzuheben  ist  noch 
die  Aussprache  von  c  und  g  als  t)  bez.  d  vor  s  und  z,  also  iidsim 
(st.  iigsim)  „er  teilt";  adzähäng  (st.  agzähdng)  „Apotheke":  iitsl 
(st.   ifcsl)   „er  bekleidet". 

4)  Assimilierung.  k  nach  h  und  3  wird  leicht  zu  /?,  z.B. 
ruhhwm  „ihr  (eorum)  Geist",  für  rüh-hum;  abillig  „ich  verkaufe 
sie   (eam)",  für  abuha. 

8)  Metathese.  Zu  den  von  Meißner  hier  und  von  Socin, 
Diwan  aus  Centralarabien  III  §  173  angeführten  Beispielen  gesellen 
sich    noch:    uosil  „Neige,    letzter  Best    einer  Flüssigkeit    in    einem 

Gefäß",  klass.  &yä;  sldg.f,  siifad  „Perlmutter";  •;  J  für  äJ. 
„ausgleiten";  ndlal  für  lalan  „verfluchen";  ndjfad  für  ndddaf 
(kl.  v_aix;)    „reinigen". 

§  3.  1)  a)  h)  Die  Aussprache  des  Fath  als  reines  kurzes  e 
ist  im  dortigen  Dialekt,  wenn  sie  überhaupt  vorkommt,  jedenfalls 
sehr  selten.  Die  beiden  Vokale  des  Wortes  sene  stehen  dem  ersten 
Vokal  in  bgrid  „Kälte"  ungleich  näher,  als  etwa  dem  ersten  e  in 
„Schwester"  nach  süddeutscher  Aussprache.  Man  wird  deshalb 
besser  tun,  das  Fath  auch  in  solchen  Fällen  durch  g l)  zu  um- 
schreiben, also  sang,  „Jahr",  cgbir   „groß". 

i)  Umgekehrt  wird  in  manchen  Fällen  bei  zwei  aufeinander 
folgenden  e  (a)-haltigen  Silben  der  2.  Vokal  in  i  oder  i  differen- 
ziert. So  z.  B.  bei  der  Konjugation  des  II.  Stammes.  Man  sagt 
wohl  cgttgf  „er  hat  gefesselt",  aber  cgttifgt  „sie  hat  gefesselt", 
cattifau,  cattifan  „sie  haben  gefesselt";  sgllimgt  (bez.  sSllimet)  „sie 
hat  sich  empfohlen",  Meißner,  Mitt.  IV  15b.  Ferner  bei  der  3.  Sing, 
fem.,  wenn  ein  vokalisch  anlautendes  Suffix  angehängt  wird.  Bei- 
spiele: clgbbgt  „sie  warf  weg",  aber  -\--g,  („ihn")  dabbita  (oder 
wie  Meißner  umschreibt  debbitäh)  S.  20  Z.  14;  ahalat  „sie  hat 
gegessen",  aber  +-g  akglftg  (S.  56  Z.  4),  dagegen  -\--ng  („uns") 
akalgtng  (nach  Meißner's  Umschreibung  akaletnü)  daselbst. 

b)  a)  Vgl.  auch  §  5  d.  Auslautendes  -a  wird  in  der  Um- 
gangssprache fast  durchweg  zu  -g  verkürzt,  einerlei  ob  es  klass. 
ll    oder         '    entspricht.     Man  sagt  also   bäb-lig   „ihr  Tor"    („j.jJ. 


1)  Es  empfiehlt  sich,  die  zur  Unterscheidung  der  Vokalnuancen   dienonden 
Zeichen    unter    die    Vokalbuchstaben    zu    setzen,    um    den    Kaum    darüh 
<.^uantitats-  und  Akzentzeichen  frei   zu   halten. 


934  Anzeigen. 

:dsg  „ Stock"  (Lac);  itrdg  „er  stimmt  zu"  (  gjtoj).  Sogar  aus- 
lautendes s\.  wird  in  dieser  Weise  verkürzt,  z.  B.  hdmrg  „rot" 
(fem.,  tL*.:>),  Sa-ya  „Abendessen"  (tLiXc).  Wo  aber  langes  ü  in 
Prosa  scbeinbar  auslautet ,  ist  ein  virtuelles ,  meist  unhörbares  -h 
am  Schluß  anzunehmen,  z.  B.  sqldh  „Gebet",  mishäh  „Spaten",, 
labäh  „Mantel"  (gtllc).  Bei  a#«Ä  wird  die  2.  Silbe  öfters,  nament- 
lich in  Zusammensetzungen,  verkürzt:  iAbddllg ,  kl.  %ÄbdvHMhi\ 
uallg  „bei  Gott";  ?«//a  „los!,  vorwärts!,  dann".  Werden  dem  aus- 
lautenden -g  Suffixe  angehängt,  so  erscheint  der  ursprüngliche 
Yokal  in  voller  Reinheit  wieder,  z.  B.  iaidk  „dein  Abendessen"; 
asdh  „sein  Stock".  Was  die  einsilbigen  Wörter  anlangt,  so  ist 
folgendes  zu  bemerken. 

iä  (Vokativpartikel)  kann  verkürzt  werden , .  wenn  es  mit  der 
1.  Silbe  des  folgenden  Wortes  zu  einer  geschlossenen  Silbe  ver- 
einigt wird,  z.  B.  iä  Emhdmmad  wird  igmhdmmgd ;  iä  Esnän: 
igsnän,  dagegen  iä  SAU. 

Iä  in  der  Bedeutung  „nein"  wird  meist  la'  ausgesprochen, 
wenigstens  wenn  nichts  weiter  folgt.  In  der  Bedeutung  „nicht" 
(prohibitiv)  behält  es  seine  Länge  fast  immer,  dagegen  können  die 
Vokale  in  Ja  —  ualä  „weder  —  noch"  unter  ähnlichen  Verhält- 
nissen wie  iä  verkürzt  werden,  z.  B.  Iqssqtt  (=  iä  H-satt)  trüb 
iiqlalgdhbg  tetüb  „der  Strom  gefriert  nicht,  und  die  Hure  bekehrt 
sich  nicht". 

mä  bleibt  meist  unverändert;  die  Verkürzung  ist  selten  (s. 
§  5  c).     Über  kl.  tU  =  mqi  s.  §  4  c. 

2)  b)  b)  Daß  i  vor  Labialen  dunkler  (//)  ausgesprochen  werde, 
trifft  nicht  zu.  In  dib  „Wolf",  lif  „Bast",  rimg  „junge  Gazelle" 
/..  B.  lautet  das  i  ganz  rein.  Die  dunklere  Aussprache  in  dalyf 
ist  vielmehr  durch  das  vorhergehende  S  bewirkt. 

3)  a)  d)  „Hochzeit"  heißt  im  dortigen  Dialekt  igris.  Daß 
der  1.  Vokal  als  Damm  aufzufassen  sei,  glaube  ich  nicht.    Vielmehr 

wird    das    Wort    trotz    des    Bedeutungsunterschiedes    kl.    ^  c    ent- 
sprechen. 

b)  b)  sör  „Stadtmauer"  erinnere  ich  mich  nicht,  je  gehört  zu 
haben,  sondern  nur  sür.  In  sorg  „Bild"  hat  der  vorhergehende 
emphatische  Laut  die  Verdumpfung  bewirkt. 

§  4.  Die  Diphthonge  an  und  ei  haben  sich,  mit  Ausnahme 
der  unter  b)  erwähnten  Fälle,  höchstens  in  klassizierender  Aus- 
sprache erhalten.  Die  regelrechte  Vertretung  für  klass.  au  ist 
sonst  du  oder  einfach  ö.     Für  kl.  ai  tritt  entweder  je  (vgl.  schon 


Weißbach,  Meißner 's  Neuarabische  Geschichten  aus  dem  Iraq.     935 

oben  zu  §  2,  2),  oder  ä,  selten  reines  e  ein.  Ganz  scharf  ab- 
gegrenzte Regeln  lassen  sich  noch  nicht  aufstellen,  zumal  da  hier 
offenbar  auch  individuelle  Verschiedenheiten  der  Aussprache  mit- 
spielen. Im  allgemeinen  herrscht  nach  b,  t,  t,  g,  c-,  d,  d,  z,  8,  s, 
f,  A:,  g:  /,  m,  n  der  helle  Diphthong  ie,  nach  r,  sowie  nach  Hauch- 
und  emphatischen  Lauten  ä.  Beispiele:  bicija  „Ei",  bietdr  „Tier- 
arzt", ties  »Bock",  gies  „Heer",  ciela  „Pulverladung,  Schuß",  dien 
„Schuld,  Anleihe",  diel1)  „Schwanz",  zietün  „Ölbaum",  stef  „Schwert", 
steh  „Stammesoberhaupt",  kief  „(Wohl-)Befinden",  gted  „Sommer", 
Itet  „Löwe",  miel  „Neigung,  Schiefe",  niecg  „Coitus".  Dagegen 
hdl  „Kraft",  hdl  „Rosse",  Emrgsid  Dem.  v.  Nurski,  sdf  „Sommer", 
44f  „Gast",  tdf  „Traum",  ign  „Auge,  Quelle",  rdb  „Unsichtbarkeit", 
hdl  „Kardamon". 

Erhalten  geblieben  ist  ai  in  aiman  „rechts"  und  atsar  .links", 
zu  ei  geworden  in  fei  „Schatten"  und  sei  „Sache"  (§  5  e).    Als  reines 

e  erscheint  es  vor  -ig  (kl.  )  z.  B.  rigleig  „meine  beiden  Füße" 
(dagegen  rigl/ek  „deine  beiden  Füße"  u.  s.  w.),  Saleia  „gegen  mich" 
(dagegen  iatirk  „gegen  dich"  u.  s.  w.). 

Vgl.  auch  rat  (kl.  rd<uta)  „du  hast  gesehen";  uen  „wo":  sauudt 
(kl.  süuuüita)  „du  hast  getan".  Das  ä  in  diesen  und  ähnlichen 
Formen  hat  vielfach  einen  Klang  nach  5  hin. 

§  5.  d)  Die  Neigung  zur  Verkürzung  auslautender  langer 
Vokale  beschränkt  sich  auf  -ä,  worüber  das  Nötige  oben  zu  ?;  '■'<. 
1,  b)  a)  bemerkt  ist.  Dagegen  erhält  sich  das  -l  z.  B.  in  hitabtl 
„du  (f.)  hast  geschrieben"  und  das  -ü  z.  B.  in  gümä  „steht  (m.) 
auf!"  recht  deutlich. 

i)  Der  Übergang  des  Imperfekt-Präfixes  ie-  in  t  muß  nach 
dem  zu  §  7  a)  zu  bemerkenden  beurteilt  werden. 

§  6.  a)  Kurze  Vokale  fallen  auch  dann  meist  aus ,  wenn  ein 
verdoppelter  Konsonant  vorhergeht  und  eine  betonte  Silbe  folgt, 
z.  B.  hrnufni  „zeig  mir!",  aber  saufuni  (für  s<^iaufürü)  „zeigt  mir!*. 

b)  Der  Fall,  daß  2  aufeinander  folgende  offene  Silben  mit 
kurzen  oder  kürzesten  Vokalen  zu  einer  geschlossenen  zusammen- 
gezogen werden,  ist  nahezu  Regel;  man  sagt  also  viel  häufiger 
ütldggg  „er  begegnet"    als  ictcldggg   \\.  a. 

Zu  erwähnen  ist  am  besten  gleich  hier ,  daß  anlautendes  Alif 


1)  Socin's  Notiz  (Diwan  III  §  88  e),  der  als  Eigentümlichkeit  der  I  »i  '  m 
(genauer  Deliem,  ldliem)  die  Aussprache  diel,  liet  angibt,  ist  richtig.  Meißner 
(Mitt.  IV  139  Anm.  1)  hat  festgestellt,  daß  die  Bewohner  von  Kujuris  großenteils 
zu  den  MaSämira  und  Deliem  gehören.  —  Der  Diphthong  MS  findet  sich  in  der 
maltesischen  Imäle  wieder;  auch  fehlt  es  in  unserem  Dialekt  nicht  ;m  Analogien 
zu  einigen  der  Ausnahmeerscheinungen,  die  Stumme  Maltes.  Studien  (==  Lpz. 
semit.   Studien  14)   §  IG  boschreibt. 


936  - 1 "  zeigen. 

+  unbetontem  Vokal  in  manchen  Wörtern  ausfallen  kann,  z.  B.  säs 
„Grundlage"  neben  asds:  bü  neben  abü  „Vater";  huuän  „Brüder" 
für  kl.  ihuän;  haudt  „Schwestern"  neben  ahatjdt:  iimmg  „Imame" 
neben  aiimma;  hdmar  „rot"  neben  ahdmar  (=  dhmar ,  s.  unten 
zu  §  7e);  hält  „meine  Angehörigen"  neben  ahdli  (kl.  ähli);  J/dmgd 
=  Ahmad  (die  anzunehmende  Zwischenform  Ahdmad  kann  ich 
allerdings  nicht  belegen!). 

S  7.  a)  Die  Prothese  eines  Vokals  vor  anlautenden  offenen 
Silben  mit  kurzen  oder  kürzesten  Vokalen  ist  überaus  beliebt,  nicht 
nur  beim  Verbum,  sondern  auch  beim  Nomen.  Der  ursprüngliche 
Vokal  fällt  dann  aus.  Einige  weitere  Beispiele :  tktdlgt  „sie  hat 
geschlagen";  itgül  „sie  sagt",  igül  (für  ügül,  dieses  wieder  für 
iiegid)  „er  sagt";  emhiirti  (für  mühurti)  „meine  Stute";  tgrunful 
„Nelke"  (für  gurdnful) ;  "tgbdl  „Berge"  (für  gibdl) ;  ehdüd  „Grenzen" 
(für  hudud);  chdüm  „Kleider"  (für  hudüm);  ehdhd  Dim.  v.  hadd 
„Wange" ;  {sboi  Dem.  v.  sibi  „junger  Mann" ;  odlüiä  „Rippen  (für 
(hilä'd):  izlana  „Mann"  (Nomen  unitatis  von  zÜim).  So  schnell, 
wie  diese  prothetischen  Vokale  erscheinen,  können  sie  auch  in  der 
zusammenhängenden  Rede  verschlungen  werden ,  wenn  das  vorher- 
gehende Wort  auf  einen  Vokal  ausgeht,  z.  B.  lüajtgid  „sie  sagt" ; 
liasboidn  „o  ihr  jungen  Männer". 

c)  Die  Regel,  daß  3  einen  Hilfsvokal  braucht,  beschränkt  sich 
auf  Silbenschluß  und  Auslaut.  Der  Hilfsvokal  ist  nicht  immer  a, 
sondern  auch  dumpfes  o,  namentlich  hinter  ti  und  oi.  Auslauten- 
des -aS  bedarf  keines  Hilfsvokals ,  z.  B.  sabai  „Löwe",  dagegen  ist 
schon   -äi  kaum  ohne  Hilfsvokal  zu  artikulieren ,  also  gdiä  „Erde". 

d)  Wenn  wirklich  Aussprachen  wie  asi(a)h  und  tebe(a)d  vor- 
kommen, können  sie  nur  individuell  sein ;  den  furtiven  Vokal  habe 
ich  in  diesen  Fällen  nie  gehört,  sondern  nur  aseh  und  libid. 

e)  Die  Einfügung  eines  betonten  -d-  nach  dem  1.  Radikal, 
wenn  dieser  ein  Hauchlaut  ist,  findet  sich  nicht  nur  beim  Im- 
perfekt des  I.  Stammes,  sondern  auch  bei  der  Nominalbildung, 
namentlich  in  der  Form  dfial,  z.  B.  ahdmar  „rot"  für  kl.  dhmar; 
ahdciar  „grün";  alduar  „einäugig",  wofür  man  dann  auch  iduar 
hört,  wie  hdmar  für  ahdmar.  Hierzu  gehört  auch  lidla  für  dhlan 
„willkommen"  (die  Zwischenstufen  kann  ich  nicht  belegen,  doch 
vgl.  oben  alidli,  hält). 

§  S.  Die  Akzentregeln  hat  Meißner  im  allgemeinen  richtig 
angegeben.  Nur  zu  den  Ausnahmen  noch  einige  Bemerkungen. 
e)  Eine  Betonung  iiftehim  oder  auch  mit  schwebendem  Ton  uftehim 
bezweifele  ich;  wenn  aber  minheztm,  ninhddar  wirklich  vorkommt, 
dürfte  die  Verschiebung  des  Tones  durch  den  Hauchlaut  veranlaßt 
worden  sein.  Namentlich  hat  2  mit  kurzem  Vokal  die  Neigung, 
in  Wörtern,  die  nur  kurze  Vokale  haben,  den  Ton  an  sich  zu  ziehen. 
Man  hört  sogar  taldk  „er  ist  hinausgegangen"  und  itld'i  „geh  hinaus!" 
für    tdhi     und    ifla  .     Die    unter  f)   angegebene  Beobachtung  kann 


Weißbacli,  Meißner' t>  Neuarabische  Geschiclden  aus  dem  Iraq.     {)}}  t 

ich  nicht  bestätigen ,  da  Formen  wie  f.irab} .  Urahn ,  israben  in 
Prosa  so  gut  wie  nicht  vorkommen  (vielmehr  istrbi,  isirbü,  isirban, 
-.   g  59  a  und  §  60  b  und  die  Bemerkungen  dazu). 

§  10.    c)  Dem  m.  hadöldk  „Uli"  entspricht  als  f.  hadanniu  „illae". 

§  11.  athü  (S.  88,10),  aüdhü ,  idhü  (f.  -hi,  pl.  m.  -hiun. 
f.  -hm)  sind  substantivisch  und  werden  namentlich  dann  gebraucht; 
wenn  das  Nomen  schon  vorher  genannt  war. 

§  1-4.  c)  „niemand1'  im  Akk.  mä — cihad,  z.  B.  mä  liga  dhad 
„er  fand  niemanden" ;  in  prohibitiven  Sätzen  heißt  „niemand1"  lahad. 

§21.     raüüg  „Frühstück",  mit  Tesdid,  gehört  also  zu  §  24  d. 

§   -1.     a)  Doch  wohl  rmrar.  emrdi\  Dem.  v.  murr.    Ebenso  ist 

§  24.  a)  säib  „ungeschälter  Reis"  ohne  Tesdid  anzusetzen, 
wie   Meißner  im   Glossar  richtig  hat. 

b)  sihhät  „Streichhölzer"  wird  im  dortigen  Dialekt  mit  +. 
geschrieben.  Das  Wort  ist  also  wohl  durch  fremde  Vermittlung 
importiert  worden. 

§   26.     d)  und  f)    Über    die  Verkürzung    der  Endung    in    den 

beiden  Femininformen     _ixj  und  ^x.i  ist  schon  oben  zu  §  3,  1  a)  b) 

gesprochen  worden.  Man  sagt  also  kubra  „(die)  größere",  dfaiia 
„Welt",  umna  „(die)  Rechte",  iisrg  „(die)  Linke";  hddra  „(die) 
Grüne",  sfmdg,  „(die)  Schwarze",  loura  „(die)  Einäugige",  fansa  „eine 
mit  eingedrückter  Nase",  darda  „eine  Zahnlose"  u.  s.  w. 

§  29.  e)  „Maulbeerbaum"  ist  tutia.  tut  .Maulbeeren",  n.  u. 
tüta\  Syn.  tiilci,  u.a.  tukiia. 

§  33.  b)  Die  Dualendung  ist  regelrecht  -/tu.  f.  -tien  aus- 
zusprechen. 

n)  Die  Formen  ümarä  „Fürsten"  und  iusarä  „ Gefangene" 
sind  klassizierend.  Von  uezir  „Minister"  notierte  ich  uzara,  wonach 
vielleicht  auch  die  ersten  beiden  Wörter  ausgesprochen  werden 
müßten. 

p)    Anm.  *.     Die    Form    ergüla    „Ehemänner"    ist    siel- 
findet  sich  bei  Meißner  (S.  62,  9)   selbst   und  anderwärts. 

§  38.  c)  Auch  bei  anderen  Wörtern  wird  auslautendes  -h 
(=  urspr.  t)  im  Stat.  constr.  wieder  zu  -t,  z.  1!.  miskdh  „Sputen'". 
aber  mishät  Ehsien   „der   Spaten  Ehsien's". 

§  41.  a)  Bei  den  Possessivsuffixen  liegt  die  Sache  z.  T.  ein- 
facher als  Meißner  angibt.  Das  Suffix  der  3.  Sing.  m.  lautel  bei 
konsonantisch  auslautenden  Worten  -ah  (wofür  gewöhnlich  bloßes 
-a  ausgesprochen  wird),  einerlei  ob  die  vorhergehende  Silbe  a-.  u- 
oder  z-haltig  ist.  Das  Suffix  der  3.  Sing.  f.  und  dasjeni« 
1.  Plur.  lauten  in  Prosa  durchweg  -ha,  bez.  -na.  nur  in  Gedichten 
von  streng  gefestigtem  Metrum  (Housät  und  Houräb)  -Im.  b< 
Das  Suffix  der  1.  Sing,  lautet  -l  nach  Konsonanten,  -/'  nach  ä, 
-n  nach  l,  und  -fa  nach  anderen   Vokalen.      N  spiele: 

mala  „sein  Eigentum":  mälha  „ihr  Eigentum";  mdnna  (für  i 


938  Anzeigen. 

„unser  Eigentum";   iasäh   „sein  Stock"    (von  %dsa)\    dinidk  „deine 
Welt";  raddhum  „ihr  (eorum)  Mittagessen" ;  oobiil  „meine  Mäntel", 
e)    Neben    der   klassizierenden  Aussprache  uöledi  „mein  Sohn" 
ist  noch  das  häufigere  ulidi  zu  erwähnen. 

d)  Von  ab  und  ah  sind  noch  weitere  Formen  belegt.  1.  Pers. 
Sing,  außer  abüig  auch  abüi  und  dbi ;  Vokativ  im  uneigentlichen 
Sinne  (eventuell  sogar  zum  eigenen  Sohn  gesagt !)  i'äba,  auch  igidbg 
(vgl.  iaiummg  „Mutter",  Meißner,  Mitt.  IV  173);  neben  abüh  auch 
abdli  „sein  Vater";  abdhg  „ihr  Vater",  ahui'a,  ahui ',  diu  „mein 
Bruder".  PI.  tihua,  wovon  ahüti  „meine  Brüder",  uhuuthg  „ihre 
(Sing,  f.)  Brüder";  anderer  Plural  huuän;  iä  hauiil  „meine  Brüder". 

e)  Auch  für  die  Anhängung  der  Possessivsuffixe  gilt  das,  was 
oben  zu  §  38  c)  über  alle  Wörter  auf  -h  bemerkt  worden  ist,  also 
sqldta  „sein  Gebet" ;  iabdti  „mein  Mantel" ;  mishätak  „dein  Spaten". 
Neben  Sasäh  „sein  Stock"  kommt  auch  Sasdta  vor,  also  Metaplasmus 

von  Lac  in  »Lac. 

§  43.  a)  farld  ist  unbestimmter  Artikel  (vgl.  §  14  b),  nicht 
nur  für  den  Sing.,  sondern  auch  für  den  Plural,  z.  B.  fgrd  quldd 
„des  enfants" ;  fgrld  udhid  (so,  verkürzt  aus  udhid,  öfter)  „quidam"; 
fgrid  udhdg  „cpaaedam  (Sing.)".  Ein  Femininum  von  farid  wird 
in  solchen  Verbindungen  nicht  gebildet.1)  Das  adjektivische  Zahl- 
wort für  „einer"  ist  udhid,  f.  udhdg.  „Der  Eine  —  der  Andere" 
udhid — udhid.  „Es  war  absolut  niemand  darin":  lä  bihg  dhad  uqld 
mähüd. 

Wenn  ehddias  st.  ehddiaS  (vgl.  §  1)  nicht  bloß  individuell 
nachlässige  Aussprache  ist,  liegt  ein  sehr  merkwürdiger  Lautüber- 
gang vor.  Übrigens  tritt  in  sgbiatdias,  tisiatdias,  und  noch  mehr 
in  arbaitdias,  das  erste  2  sehr  zurück. 

13  heißt  telätdias.  Noch  einige  Beispiele  für  benannte  Zahlen: 
tgVa^grus  „3  Piaster";  tglt^iidm  „3  Tage";  sit  noubät  „6  Mal"; 
sitta^grüs  „6  Piaster";  sgblatj,dral  „7  Ellen";  thngnajgrüs 
„8  Piaster";  timgnjtnutdig  „8  Esel";  timgnt Jidral  „8  Ellen"; 
idsirt^üdm  „10  Tage". 

200  mitten;  100  000  mithalf.  Eine  sehr  große  Zahl  ist  loh 
(nach  Belot  100  Milliarden). 

§  44.  a)  Als  Ordinalzahl  für  11.  nannte  mir  Rasid  hädis. 
Existiert  diese  Form  wirklich? 

§  45.  Neben  rübal  ist  pers.  cärgJc  „1/4"  in  Gebrauch,  nament- 
lich in  Zeitangaben:  cdrglc  säia  „eine  Viertelstunde". 

§  47.  a)  25)  medäir  wird  fast  nur  verdoppelt  gebraucht. 
Der  Unterschied    scheint  darin  zu  bestehen ,    daß  einfaches  medäir 


1)  furdq,  pl.  efrad  bedeutet  1.  „Hinterbacken";   2.  „Wagscbale"  (Meißner, 
Mitt.  IV  168);   3.  „eine  Abteilung  des  Doppelsackes". 


Weißbuch,  Meißner  s  Neuarabische  Geschichten  aus  dem.  Traq.     939 

bedeutet  „innerhalb  eines  Kaumes  ringsherum"  (so  S.  82,  7  nach 
Meißner's  Übersetzung) ,  doppeltes  medäir  dagegen  „außen  herum" 
(so  z.  B.  Meißner,  Mitt.  V  124  Anm.  6). 

b)    2)    liiand   und  liiamm   bedeuten  beide  „nach  —  hin,  zu". 

Zu  den  Listen  der  Präpositionen  und  präpositionalen  Aus- 
drücke ließen  sich  etwa  noch  hinzufügen :  bdtin  „innerhalb";  hauäli 
„neben";  girib  „nahebei";  kerdmgt  „zu  Gefallen,  für";  makän  „an 
Stelle";  rdsban  Zola,  bicidd  „trotz";  ibtol  „gegenüber,  neben"  (Meißner, 
Mitt.  V  102  Anm.  4):  min  beddl  „an  Stelle  von"  (S.  86,  9: 
88,18  u.a.);  min  hat  „wegen";  min  dun  „anstatt":  min  lond, 
min  irjmin  „von  — -  weg";  iala  sän  „wegen,  in  Sachen";  lala  mügib 
„wegen" ;  räd  min  „jenseits,  hinter"  u.  s.  w. 

§   48.      Adverbia. 

3)  sideidug  heißt  nicht  schlechtweg  „  warum ? " ,  sondern  hat 
immer  einen  ]Sebensinn,  z.B.  „warum  so  bald?,  warum  so  lange?, 
warum  so  spät?".  Andere  Verbindungen  mit  es:  esbaled  „wie 
weit?":  eshübra^wie  groß  (bez.  klein)  ist  er!"  (S.  54,  19);  eshddda 
„was  kann  er  (mir  tun)!,  was  fallt  ihm  ein?". 

4)  „gestern"  vielmehr  ilbärha  (z.  B.  S.  60,  2;  64,  17  u.  Glossar); 
l'trltilbärha  „gestern  nacht"  ;  selten  dniis  „gestern1",  auual  drnts 
„vorgestern*. 

13)  idgubbdcir   „übermorgen";  minnajjrddi    „künftighin-. 

14)  „vielleicht*  auch  beilegt;  anstatt  mit  c  auch  mit  k  ge- 
schrieben, z.  B.  bellten  S.  14,  3. 

15)  bell  und  ndiam  (mit  Frageton)  werden  auch  verwendet, 
um  einen  Fragesteller  zur  Wiederholung  einer  nicht  verstandenen 
Frage  zu  veranlassen.  ■ —  embdlg  „doch,  o  doch !"  drückt  den  Wider- 
spruch gegen  eine  von  anderer  Seite  ausgesprochene  Verneinung 
aus  (franz.  si),  z.  B.  „drii  mä  londi  flüs*.  „embala"  „Ich  habe 
kein  Geld".      „Doch!  (du  hast  welches)". 

22)  Ml  auch    „laut,  kräftig,  derb". 

29)  süg  auch  „ebenfalls,  ebenso*;  „zusammen,  gemeinschaftlich" 
auch  pers.  barabär. 

34)  iä  ioHn  „o  daß  doch!*,  daneben  in  rat  (vgl.  Fleischer, 
Kleinere  Schriften  I  468);  ialquudh  dgl.,  aber  wohl  nur  dichterisch. 

41)  cgm  „wie  viele'?".  Wenn  der  gezählte  Gegenstand  schon 
genannt  oder  bekannt  ist,  muß  udhid.  f  udhda  hinzugefügt  v 

47)  Zur  Negation  mä  vgl.  auch  Formen  wie  mähü  „nichl  er"; 
miln  (Sing.),  mihin  (Plur.)   „nicht  sie". 

50)  minndh   „von  hier",    oft    auch    im    Sinne    von    „hi    " 
braucht. 

58)   „wohin?"   genauer  liuön;   „woher?"    imnien. 

60)  idllg  „los!  auf!  vorwärts!",  abgeschwächt  „dann"  im 
Nachsatze. 

61)  „wann?-    Hinillm.   u&mithg. 

63)  iauds  bedeutet  im  dortigen  Dialekt  nur  „halt!",  „langsam* 
istiala  kiefi  (fkefalc  usw.);  dagegen  ibktefl  „nach  meinem  Belieben". 


940  Anzeigen. 

64)  >ßzi  (vgl.  auch  §  78  h).  Die  herkömmliche  Ableitung 
dieses  Wortes  von  ^f>-  (s.  zuletzt  Völlers,  Lit.  Centralblatt  1904 
Sp.  136)  ist  aus  äußeren  und  inneren  Gründen  schwierig.  Aus 
iigzi  würde  im  dortigen  Dialekt  iidzi,  und  selbst  wenn  man  an- 
nehmen wollte,  daß  aus  einem  anderen  Dialekte,  der  g  wie  i  aus- 
spricht, icz'i  eingedrungen  sein  könnte,  bleibt  noch  der  Bedeutungs- 
unterschied „er  belohnt"  anstatt  „er  genügt".  Belegt  sind  außer 
iezi  (mit  Suff,  iezim)  auch  fem.  tiezi,  Part.  IV.  (?)miezi  „genügend". 

£   49.     Konjunktionen. 

3)  und  4)  „oder"  in  der  Doppelfrage  auch  lou —  lou:  lou 
tsilni  lou  asilale  „willst  du  mich  tragen  oder  soll  ich  dich  tragen  ?" 
S.  38 ,  23.  In  der  Doppelfrage  „willst  clu  das  und  das  tun  oder 
nicht?"  heißt  „oder"  lou,  und  das  Verbum  wird  wiederholt.  So 
S.  56,  16:  teiarfünha  lim  mä  teiarfünha  „kennt  ihr  sie  oder  (kennt 
ihr  sie)  nicht?";  vgl.  aber  Z.  20:  teiarfünha  quid  in  gleicher  Be- 
deutung. 

b  2)  lou  mit  f.nna  zu  lounn-  verschmolzen ,"  belegt :  lonnnah 
sarriis   „wenn  du  eine  Sonne  wärest",  Meißner,  Mitt.  IV  158. 

3)  Zu  den  verschiedenen  Ausdrücken  für  „weil"  ist  hinzu- 
zufügen kijnnan,    wohl  aus  kaun  'an    (vgl.  kl.  likaun)  entstanden. 

4)  „damit"  auch  tahdlla ,  maJidüa;  sogar  pleon astisch  mit 
hdttä,  z.  B.  mahdlla  lumman  inämün  hdttä  iebügünhum  „damit 
sie  sie,  wenn  sie  schlafen  würden,  beraubten".  Sehr  beliebt  ist  die 
Umschreibung  mit  magsüd  „Zweck^  Absicht". 

7)  mä  toi,  im  Nominalsatz  mit  pronominalem  Subjekt:  mä 
tönna  (für  tölna)  bhaddär  „so  lange  wir  in  diesem  Hause  (sind)", 
Meißner,  Mitt.  V  126  Nr.  3. 

8)  Zu  bdiad  mä,  idgub  mä  „nachdem"  gesellt  sich  ehläf  mä 
in  gleicher  Bedeutung,  z.  B.  S.  56,  17.  Häufiger  wohl  noch  als 
giddäm  rnä  ist  gdbül  mä  „bevor".  Ferner  Ibdäl  mä,  „anstatt 
daß";  mittl  mä,  tslqun  mä  „wie  auch  immer";  Ms  oder  isktter 
mä  cdn  „wie  viel  (wie  wenig)  es  auch  sei".  Schließlich  dient  mä 
allein  auch  zur  Einleitung  komparativer  Sätze ,  z.  B.  dhsan  mä 
hüa  ugeiod  „besser  als  daß  er  aufweckt". 

§  56.  Zwischen  h)  und  i)  sind  einige  Beispiele  des  IX.  Stammes 
anzuführen:  ehmdrr  „erröten";  ihddrr  „grünen";  isfdrr  „gelb 
werden".     Die  Bildung  ist  also  regelmäßig. 

§  57.  a)  Die  Afformative  des  Perfekts  habe  ich  z.  T.  mit  etwas- 
abweichender  Vokalisation  gehört : 


Singular 

Plural 

■>. 

m. 

— 

-KU 

3. 

f. 

-at 

■an 

2. 

m. 

■it  (-it, 

-Qt) 

•tu, 

2. 

f. 

■ll 

-tan 

1. 

-It  {-it, 

•Qt) 

-na 

Weißbach,  Meißner's  Neuarabische  Geschichten  aus  dem  Iraq.     041 

b)  Die  hier  gegebene  Regel  beruht  auf  richtiger  Beobachtung, 
müßte  aber  ausdrücklich  auf  die  3.  Plur.  m.  und  f.  und  die  3.  Sing.  f. 
beschränkt  werden,  also  esräbmi  (in.),  esrüban  if'.i  „sie  tranken"; 
esrubat  „sie  trank".  Diese  3  Formen  haben  im  I.  Stamme  regel- 
mäßig einen  Vorsatzvokal,  der  natürlich  hinter  einem  Endvokal 
des  vorhergehenden  Wortes  in  der  zusammenhängenden  Rede  wieder 
verschwindet.  (Vgl.  oben  zu  §  7  a.)  Dagegen  ^sardbrt  „ich  trank, 
du  (m.)  trankst". 

§  58.  a)  Auch  vor  den  unbetonten  Imperfekt-Prühxen  je-, 
t<  - .  ne-  erscheint  meist  ein  Vursatzvokal.  Das  e  der  Präfixe  fällt 
aus.     Die  Präfix-'   ie-,  A -.  ih  -   werden  angewendet: 

1.  in  den  Stämmen  II,  III,  V  und  VI  (§  63  b;  64;  66  b;  67; 
doch  vgl.  unten) ; 

2.  bei  den  vierradikaligen  Verben  (§   79); 

3.  bei  den  „aufgesprengten"  Formen  (§   59  a) ; 

4.  bei  den  Verben  mediae  geminatae.    sowie  mediae  u  und  %■ 

5.  bei  den  Verben  primae  i,  h  und  h,  wenn  sie  in  der  unter 
g)  und  h)  beschriebenen  Weise  konjugiert  werden.  Diese  Art  der 
Bildung  ist  jedenfalls  bei  %  die  üblichere;  sie  findet  sich  auch  bei 
Verben  primae  h  und  r.  z.  15.  ihddim  „er  dient".  Da  der  ganze 
Unterschied  zwischen  diesen  Formen  und  dem  IL  Stamm  in  dem 
Fehlen  des  Tesdid  beruht,  sind  sie  in  der  Tat  oft  nicht  leicht  von 
Formen  des  II.  Stammes  zu  unterscheiden.  Was  die  von  Meißner 
gegebenen  Beispiele  anbelangt,  so  sind  ihdttub  „er  sammelt  Holz" 
und  ihdbbis  „er  stößt  Körner"  wohl  sicher  als  II.  Stämme,  ihdrzf 
„er  läuft"  wohl  als  I.  Stamm  zu  betrachten.  Bei  der  Wurzel  lwV_w.=> 
scheint  I.  und  II.  Stamm  in  nahezu  gleicher  Bedeutung  vorzuliegen, 
also  'ihdsib  oder  ihdssib  „er  rechnet".  Über  die  beiden  anderen 
Beispiele  wage  ich  kein  Urteil. 

Da  die  Formen  idi{a)mi  und  ui(a)fü  später  in  ;?  77  nicht 
mehr  erwähnt  werden,  mögen  sie  gleich  hier  besprochen  werden. 
\0  ornl  (wie  ich  lieber  umschreiben  möchte)  ist  IV.  Stamm,  bedeutet 
also  zunächst  „er  blendet".  Der  Imperativ  liegt  vor  S.  64,  32  und 
zwar  ganz  regelmäßig  d$(a)mi;  das  Impf.  Meißner,  Mitt.  V  90  in 
dem  Verse  ttäomi  tuiunl  ut<  rtlck  hdli  Idfit ,  der  so  zu  übersetzen 
wäre:  „daß  du  meine  Augen  blind  machtest,  und  meine  Kraft  schwach 
würde,  fürchtete  ich".  Rasid  selbst  zog  später  die  Lesung  toioma 
(I.  Stamm)  vor,  wonach  also  mit  Meißner  zu  übersetzen:  „daß  meine 
Augen  erblinden"  u.  s.  w.  —  Geschichten  S.  58  ZZ.  11  und  29  stebl 
d$(a)fü,  dazwischen  aber,  Z.  15,  di(a)fi  in  gleicher  Bedeutung  „ich 
werde  verzeihen".  Hier  wechselt  also  I.  und  IV.  Stamm  ohne  Be- 
deutungsunterschied. 

§  63.  a)  In  der  3.  Plur  und  der  3.  Sing.  Fem.  erhält  der 
2.  Radikal  im  IL  Stamme  den  Vokal  /.  Meißner  bietet  richtig 
siüimet  „sie  grüßte".;  danach  auch  cattt'ftnt,  iatlifan  „sie  fesselten*; 
vgl.  oben  zu  §  3,  1  a)  ij. 


942  Anzeigen. 

d)  Das  Präfix  des  Partizips  vom  II.  und  III.  Stamm  hat  meist 
einen  prothetischen   Vokal,  z.  B.  Emhdmmad. 

t  §   66.     b)    Betr.  der  Zusammenziehung  der  Präfixe   iete-,   tete- 

und  neu  -  zu  iit-,  tit-  und  nit-  im  Imperfekt  des  V.  und  VI.  Stammes 
vgl.  oben  zu  §  6  b. 

§  76.  i)  Zu  Jiän,  cdn:  ikün,  tthun  u.  s.  w.  dient  auch  zur 
Umschreibung  von  „müssen"  in  Verbindungen  wie :  ilidsa  Teil  ivmn 
ikun  isir  hddir  issäia  bissitta  „das  Abendbrot  muß  alle  Tage  um 
6  Uhr  fertig  sein".  Eigentümlich  ist  folgender  Gebrauch :  gimdlqt 
teläta  udrbeia  iekünhin(l)  sabia  „wenn  ich  3  und  4  addiere,  ist 
das  Resultat  7". 

Ein  Beispiel  einer  IX.  Form  eines  Verbums  mediae  u  bietet 
ituqll  „er  wurde  schwindlig",  Part,  mituqll  „schwindlig". 

§77.  d)  Die  Endungen  des  Perfekts  bei  den  Verben  tertiae 
infirmae  möchte  ich  lieber  so  angeben : 

Singular  Plural 


3.  m. 

-a 

-cm    • 

3.  f. 

-at 

-an 

2.  m. 

-iet; 

-dl 

-ictü: 

-ätü 

2.  f. 

-/efr 

-atl 

-ietan  • 

-citan 

1. 

4et\ 

-at 

-tena; 

•ana 

Die  Aussprache  mit  d  anstatt  te  tritt  ein  hinter  Hauchlauten, 
emphatischen  Lauten,  sowie  r,  /,  m;  vgl.  oben  zu  g  4.  Selbst- 
verständlich gilt  das  Gleiche  auch  für  die  1.  und  2.  Personen  der 
Verba  mediae  geminatae  (g  71  b  3). 

i)  Für  mäsiiin  PL  m.  von  mäsi  „gehend"  hört  man  fast  aus- 
schließlich mäsin. 

§  78.  e)  drä  ist  zunächst  1.  Sing.  Impf,  und  kommt  so 
Avirklich  vor  in  dem  Sprichwort  lä  dra^lgtrid  ualalgirid  ierdni 
„ich  sehe  den  Affen  nicht,  und  der  Affe  sieht  mich  nicht".  Aber 
auch  in  der  von  Meißner  angegebenen  Bedeutung  finden  wir  drä 
S.  94  Z.  5 :  drä  taf  „er  sah  einen  Traum".  Meißner  scheint  dies 
als  Metathese  für  rd'ä  zu  erklären,  was  angesichts  der  von  ihm 
S  2 ,  8  angeführten  und  von  mir  (s.  oben)  vermehrten  Beispiele 
recht  wohl  möglich  ist.  Denkbar  wäre  auch,  daß  der  IV.  Stamm 
mit  der  Bedeutung  des  I.  vorliegt  (das  Umgekehrte  beobachten  wir 
bei  tdlal  „herausgehen",  aber  auch  transitiv  „herausbringen"),  rät 
im  Parallelismus  mit  Hfit  findet  sich  in  dem  Sprichwort  rdnam 
mä  sifit  haidrür  tnä  rat  „Hast  du  (noch)  keine  Schafe  gesehen, 
hast  du  (noch)  keinen  (Schaf-)Mist  erblickt?"  Über  die  Verwendung 
von  iä  rat  im  Sinne  von  kl.  Irnta  s.  oben  zu  §  48,  34. 

k)  Für  tud'tg,  wenn  VI.  Form,  ist  zu  lesen  tuäi'ag;  so  auch 
S.  26,  C.  wo  fijäüg  .steht.  Die  I.  Form  kommt  gleichfalls  vor: 
tuig  .du  s))iil]>1  aus",  wahrscheinlich  auch  von  der  III.  tuääg  in 
derselben  Bedeutung. 

1)  Die  Verba  mediae  u  und  tertiae  infirmae  bilden  das  Perfekt 


Weißbach,  Meißner's  Neuar ethische  Geschichten  aus  dem  Iraq.     943 

folgendermaßen:    süa    „er  briet4*,    suat    .sie  briet",    suuat   .du    (m.) 
brietest,  icb  briet"  u.  s.  w. 

Impf,  iisul  .er  brät",  dagegen   (isua  „er  ist  wert"  (^5^,  aber 

^  vgl.  §77 f.). 

II.  Stamm  regelmäßig  stujua  „er  tat":  semugb  „sie  tat";  sauuat 
.du  (m.)  tatest,  ich  tat"  u.  s.  w.     Impf.  }s<njui  „er  tut"  u.  s.  w. 

III.  Stamm  nicht  belegt;  ndu>  Mitt.  V  92  f.  Anrn.  9  könnte 
der  Form  nach  Imperativ  III  sein,  ist  aber  Part.  I. 

VI.   Staimn :  tesüuatü  S.  66,  10   „ihr  seid  gleich  geworden". 

VIII.  Stamm:  iistui  S.  78,  ">  „(die  Speise)  wird  gar";  mistui 
„gar"  daselbst  Z.  4. 

m)  Von  dem  Verbum  ^.o>  ist  auch  der  IV.  Stamm  belegt: 
«Ä/ow  „sie  haben  belebt,  kuriert";  Part,  mahl  (für  mghii .  welcbe 
Form  als  Männername  gebräuchlich  ist). 

§  79.  Zu  tariai  als  Quadriliterum  mit  a  als  3.  Radikal  gesellt 
sich  maziar,  IL  temgzigr  „(an  seinen  Fesseln)  rütteln" ;  mit  u  an 
3.  Stelle:  galuah  „über  etwas  springen",  1.  Sing,  galudhvt. 

§  80.  a)  Auch  vor  den  Verbalsuffixen  wird  auslautendes  -ä, 
das  in  der  gewöhnlichen  Aussprache  zu  -a  verkürzt  war,  wieder- 
hergestellt, vgl.  oben  zu  §  3,  1  b)  a). 

c)  und  d)  Daß  die  Endung  der  3.  Sing.  Fem.  -gl  vor  vokalisch 
anlautendem  Suffix  einen  '/-Vokal  (statt  a)  bekommt,  ist  oben  zu 
§  3 ,  1  a)  i)  bemerkt  und  mit  einigen  Beispielen  belegt  worden. 
Anstatt  haddariita  „sie  brachte  ihn  herbei"  möchte  ich  deshalb 
lieber  haddarita  sagen.  S.  20  Z.  9  steht  uudfenetäh  „und  sie 
begrub  ihn",  S.  22  Z.  15  iiudfinetäh;  richtiger  dürfte  uvdfgnita 
sein.  Demgemäß  ist  die  Form  süetäh  für  „sie  briet  es"  sehr  auf- 
fällig ;  S.  62  Z.  23  steht  süitäh  in  gleicher  Bedeutung.  Sollte  nicht 
beides  in  suuita  zu  ändern  sein?  situata  (wie  ich  umschreibe) 
könnte  nur  bedeuten:  „ich  habe  (bez.  du,  m.,  hast)  ihn  gebraten". 
Umgekehrt  kann 

e)  {e)rluh(i)täh  nicht  bedeuten  „ich  habe  ihn  besiegt"  (dies 
vielmehr  raldbia),  sondern  „sie  hat  ihn  besiegt". 

Die  vorstehenden  Berichtigungen  und  Zusätze,  die  sich  übrigens, 
wie  man  sieht,  z.  T.  aus  Meißner's  Material  selbst  ergeben  haben, 
wollen  und  können  nicht  erschöpfend  sein.  Gleichwohl  glaubte  ich 
sie  nicht  unterdrücken  zu  sollen,  damit  Sprachforscher,  die  künftig 
etwa  das  Land  bereisen,  ihre  Arbeiten  auf  möglichst  breiter  Grund- 
fläche aufbauen  können. 

An  den  „grammatischen  Abriß"  reihen  sich  4  Seiten  Tabellen 
von  Paradigmen  und  3  Seiten  „Verbesserungen",  die  sich  fasl  aus- 
schließlich auf  Druckfehler  beziehen.  Dann  folgt  noch  eine  kurze 
Einleitung,  die  unter  anderem  über  die  Personen  Aufschluß  gibt, 
von  denen  Meißner  die  Erzählungen  hat.  Die  meisten  stammen 
direkt  von  Basid;  niedergeschrieben  hat  dieser  alle.  Die  Seiten  2 
Bd.  LVIII.  61 


944  Anzeigen. 

bis  101  enthalten  die  Erzählungen  selbst.  55  an  Zahl.  Mit  vollem 
Recht  hat  sich  Meißner  auf  die  Wiedergabe  des  Textes  in  Tran- 
skription und  die  Übersetzung  beschränkt.  Bei  der  Transkription 
würde  ich  vieles  einzelne  etwas  anders  wiedergeben;  was  aber  die 
Übersetzung  betrifft,  so  beweist  sie,  daß  ihr  Urheber  die  Sprache, 
soweit  nötig,  sich  vollkommen  zu  eigen  gemacht  hat.  Um  dem 
Anfänger  noch  ein  paar  Steine  des  Anstoßes  aus  dem  Wege  zu 
räumen,  sei  es  gestattet,  auch  zu  diesem  Teile  des  Buches  einige 
Bemerkungen  anzuschließen. 

S.  2  Z.  6  u.  ff.  gddbgt  Sodas  besser  „eine  Handvoll  Linsen"; 
vgl.  Glossar.  —  Z.  31  iCdgai  (ohne  Tesdid)  „und  ich  werde  hin- 
fallen'*. 

S.  4  ZZ.  1  u.  2.  gnhddir,  uqnhddir.  —  Z.  16  itstgril  und 
lahdlg. 

S.  5  Z.  1  für  „das  Wasser"  besser  „eine  Pfütze"  (iabdrg, 
vgl.  Glossar). 

S.  6  Z.  14  fehlt  islqun  zwischen  gdl  und  errät;  vgl.  S.  18,  27; 
28,  12  u.  a. 

S.  8  Z.  16  vermute  ich  statt  afarzat,  das  Meißner  selbst  im 
Glossar  als  zweifelhaft  bezeichnet,  afdrrol.  c  j  IL  bedeutet  aller- 
dings speziell  „das  Haupt  entblößen". 

S.  10  Z.  6.  uiandi  {u)giiäde  „ich  soll  eine  schlechte  Frau 
haben  ?"  ist  wohl  etwas  frei  übersetzt  für  „bei  mir  soll  es  Kuppelei 
geben?" 

S.  14  Z.  26  f.  Die  Worte  dgl  idä  tgä  umä  igds  sind  trotz 
der  Übersetzung  und  nachfolgenden  Erklärung  unverständlich.  Man 
lese  dgl  uaidä  igg  rnä^igäs  „ich  werde  kommen,  und  wenn  er 
kommt,  kommt  er  nicht".     Das   -s  am  Schluß  ist  ägyptisierend. 

S.  16  Z.  27  lies  iailg  idhid  izlimg.  —  Z.  35  bihdsg. 

S.  24  Z.  16.  uigeiddau;  nicht  uigeZddau?  —  Z.  38.  selti- 
metäh;  nicht  sgttgtnitg?. 

S.  26  Z.  4.  iirhamün  uiidhum  u.  Z.  5  thham  ulidi.  Meißner 
übersetzt  „stimmen  sie  mit  ihnen  überein"  und  „(wenn)  du  mit 
mir  übereinstimmst".  Im  Glossar  gibt  er  „übereinstimmen,  sich 
anschließen",  aber  mit  Fragezeichen.  Dieses  ist  wohlberechtigt, 
denn  der  Stamm  +g>  bedeutet  sonst  „wiehern"  (vgl.  Socin,  Diwan  III 
S  173)  und  bildet  sein  Impf,  iirliim.  Etwa  iirhamün,  tfrham? 
äj>.  ,<'tre  doux,  agreable"  (Belot),  aber  aus  dem  dortigen  Dialekt 
sonst  nicht  bekannt.  Zur  Not  würde  man  an  *.;=>  denken  können, 
aber  die  Präposition  uiig  spricht  dagegen.     Non  licmet. 

S.  32  Z.  41  besser  uggssiman  oder  uudsimqu  (I.  Stamm,  für 
uugsimau). 

S.  '■'>()  Z.  20.     selemet;  lies  salamit. 

S.  38  ZZ.  17  f.  Die  Worte  üdgjläh  md  sdgjli  etfesrig  hyss 
eddudll  uinnahll  (i)bHit,  welche  Meißner  so  übersetzt:  „er  liebt 
und  ich  liebe  nicht  den  Osten ,    sondern  das  Geräusch  der  Schöpf- 


Weißbach,  Meißner's  Neuarabische  Geschichten  aus  dem   Traq.     (14,') 

räder  und  die  Palmen  von  Hit",  sind  schwierig;  „sondern"  steht 
nicht  da,  und  es  wäre  doch  auch  im  Arabischen  ganz  unentbehr- 
lich. Für  säg  gibt  Meißner  im  Glossar  die  Bedeutung  ,  angenehm, 
lieb  sein";  beruht  diese  noch  auf  einer  anderen  Stelle?  Für  ge- 
wöhnlich    bedeutet   kl.    il&   I.    „mit  Sehnsucht    erfüllen".      1 

„das  Rauschen    der   Sehöpfräder    und    der  Palmen    in   Hit    hat    ihm 

—  nicht  mir  —  Sehnsucht  zum  Strornabwärtsziehen  eingeflößt"? 
tesrig  bedeutet  nicht  schlechthin  „Osten",  sondern  das  „Strom- 
abwärtsziehen". — ■  Z.  19.  jetedommed  bicen  „euch  für  tüchtig 
hält":  das  Glossar  bietet  ,lm<l\  „verbunden  sein(?)".  Besser  wohl 
„sich   verlassen  auf".  —  Z.  20.     ud'nn. 

S.  40  Z.  27.     Für    iadalen   lies   idddalgn    „sie  ei'holten  sich". 

S.  48  Z.  27.  Die  Worte  ueiilbes  (u)hdüm  nisudn  „und  er 
möge  Frauenkleider  anziehen"  sind  in  der  Übersetzung  ausgefallen; 
sie  sind  auch  belanglos.  —  Z.  40.  Ist  die  III.  Form  (e)m.'a/<  sin 
gesichert?     Sonst  heißt   „verzweifeln"    alias  (IL  Stamm). 

S.  54  Z.  2.  Für  essinn  lies  esnin.  —  Z.  7  lies  statl  u  (d)- 
nudüh  den  Imperativ  oiomla;  in  diesem  und  dem  letzten  Wort 
der  Zeile  (tei(d)maläh)  hat  Meißner  das  Suffix  der  3.  Sing.  masc. 
deutlich  als  -a  gehört,  obwohl  die  vorhergehende  Silbe  ein  i-eines 
a  enthält:   vgl.   S.   XXVIII   Anmm.  *   und  **. 

S.  57  Z.  5  lies   „sobald"   statt   „bevor". 

S.  58  Z.  24.      hauäla,    besser    „Wechsel"    (so    auch    <> 
„Check"  als  „Schuldschein".    —    Z.  34.     atahdzzqm    „ich    will  mich 
gürten".   —   Z.  40.    Für  naidset  lies  naiidsit  (II.)  „ich  bin  schläfrig 
geworden". 

S.  04  Z.  26  lies  dmarajj.  —  Z.  27  wohl  lakdgti  ZaUm,  als.) 
eigentlich  „du  bist  mir  nachgelaufen"  (und  hast  mir  keine  Ruhe 
gelassen,  bis  ich  die  Dummheit  ausführte).  —  Z.  32.  Für  tudgga  {<n 
wohl   tudggal    „(oder)   laß   (auf  ihn   Unglück)   fallen". 

S.  68  Z.  17.     Für  us$(u)mäh  lies    usöumg    „und  sein    1' 

—  ZZ.  27  f.  Für  duäsic  lies  duäszg;  vgl.  Glossar  und  Meißner, 
Mitt.  IV  148.  —  Z.  32  lies  gauuäkg  statl  gauuah. 

S.  72  ZZ.  18  u.  19  lies  iiltafit  statl  \Utafet.  —  Z.  21.  ahyrre- 
mäh  ist  eine  [Jnform;  dafür  entweder  ahgrma  (aus  ahdrrima,  tl.) 
oder  (?)ah{rmg   (IV.).  —  Z.  25  lies  lalhalhäl. 

S.  70  Z.  11  lies  ukädg  statt  uhäda.  Ob  die  letzten  3  Worte 
nicht  besser  zu  übersetzen  wären  „Und  das  verstand  Behlül  (ans 
dem  ff)"? 

S.  78  Z.  13.  Statt  minhu  lies  rninna  („von  ihm").  '/..  _'7. 
toubdzit  (1.  Sing.),  dagegen  tuubazat  3.  Sin-,  l.  X.  18.  -  /..  28  lies 
unSddii  für  unsedel. 

S.  80  Z.  18.  lilhafär  „für  das  Begräbnis"?  tch  vermute 
lilhaffär   -für  den  Totengräber". 

S.  84  Z.  24    lies    uäardbit   .und    ich    trank"   statl    ijnsndi\,  \t 

—  Z.  29  lies  ham.std  äs. 


94  t)  Anzeigen. 

S.  86  Z.  5.  hdgla  gemäß  dem  Glossar  „der  weiße  Ring,  der 
unten  um  den  Pferdefuß  herumläuft".  Aber  wie  soll  dann  zu 
konstruieren  sein?  Offenbar  ist  hdgla  Fem.  von  dhgal ,  ahdgal 
und  bedeutet  „mit  weißen  Eingen  um  die  Hufe",  sowie  das  vorher- 
gehende sdbha  Fem.  zu  dsbah  ist.  —  Z.  32  lies  ndf(u)t  für  nuf(u)t; 
auch  im   Glossar  zu  verbessern.     Richtig  dagegen  Mitt.  IV  163. 

S.  94  ZZ.  6  f.  iala Jflcxitre,{i)n  zu  übersetzen  „auf  beiden  Seiten"; 
darnach  auch  im  Glossar  zu  ändern,  wo  lcut(ä)r  fragend  mit  „Reihe" 
übersetzt  ist.  —  Z.  7.  (e)mtabbaqe  min  marmar  und  Z.  9  uamtabbaa 
(so !)  bimarmar.  Natürlich  ist  marmar  etymologisch  =  [id,Q(iaQog 
(s.  Völlers,  ZDMG.  51,  304  Nr.  177);  es  bedeutet  im  dortigen  Dialekt 
fast  jeden  natürlichen  Stein  (vgl.  auch  Glossar) ,  namentlich  Basalt 
und  Diorit ,  aber  gerade  nicht  das ,  was  wir  Marmor  nennen  (dies 
vielmehr  =  nüra,  vgl.  Meißner,  Mitt.  IV  145  Anm.  2).  —  Z.  28. 
lasdnä    ist    mir    unklar.     Meißner    übersetzt    frei   „ich  bitte   dich"; 

im  Glossar  gibt  er  2asä   „es  ist  möglich,  daß"    (also  kl.     J       ^c). 

S.  96  Z.  11  lies  ehdernl  statt  ahdarni  „sei  bei  mir!"  — 
Z.  25  lies  hass  statt  hass.  Danach  ist  auch  im  Glossar  hass  Impf. 
iehiss   „eintreten"  zu  verbessern  in  hass,  Impf,  thiss. 

S.  100  Z.  26.  gir  nicht  „Pech",  sondern  „Asphalt",  vgl. 
Glossar  u.  a. 

Die  SS.  102 — 111  enthalten  Exkurse  über  landwirtschaftliche 
Dinge,  Hochzeit,  Männer-  und  Frauennamen,  Schimpfreden  u.  s.  w., 
im  ganzen  ein  sehr  wertvolles  Material. 

S.  105  Z.  12  lies  „Ärmel"  für  „Schwanz";  was  unter  dem  „Ärmel 
des  Schöpfeimers"  zu  verstehen  sei,  ist  im  Glossar  richtig  erklärt.  — 
Z.  27  lies  „um  seinen  Rücken"  ((i)bdahrah)  statt  „um  seine  Brust". 

S.  109  Z.  21  Nr.  39  lies  lAbbüd.  —  Die  Schimpfworte  Nrr.  3 
und  4  sind  mir  nicht  klar  geworden. 

Die  letzten  37  Seiten  des  Buches  enthalten  ein  Glossar,  das 
außer  dem  Wortschatz  der  Geschichten  auch  noch  die  im  gewöhn- 
lichen Leben  am  häufigsten  vorkommenden  Wörter  berücksichtigt. 
Auch  hier  hat  Meißner  Pionierarbeit  geleistet,  für  die  wir  ihm 
Dank  schulden,  und  wenn  wir  auch  hier  unter  dem  vielen  Treffen- 
den einiges  wenige  als  unhaltbar  ausscheiden  müssen,  so  kann  dies 
dem  Wert  seiner  Arbeit  keinen  Abbruch  tun. 

S.  112a.    Für  iglyr   „Ärmelweste"  lies  iclyr. 

S.  113  b.    Für  bärtüm(?)   „Lippe"   lies  bfrtum. 

S.  114b.     Für  (i)bgär   „durchlöchern"   lies  bügar? 

S.  115  a.    Für    binn    „Kaffeebohnen"   lies   „gestoßener  Kaffee". 

S.  115  b.  (e)trdr.  Über  die  recht  verwickelten  Maß-,  Gewichts- 
und Währungsverhältnisse  verbreitet  sich  der  K.  und  K.  Konsul 
Rappaport  (Berichte  der  K.  und  K.  Konsular-Ämter  über  das  Jahr 
1900.  Bd.  XII  9.  Asien-Türkei-Bagdad,  auch  als  Beilage  zu  der 
Wochenscluift  „Das  Handels -Museum"  erschienen;  die  Gewichte 
SS.    23  f.).       Danach     wiegt     z.    B.     das     iträr    für     Getreide     und 


Weißbach,  Meißner 's  Neuarabische  Geschichten  aus  dem  Iraq.     947 

Datteln  in  Bagdad  2000  kg.  das  ttrur  für  Getreide  in   Basra  etwa 
1600  kg  u.s.w.  —  tefdgg   „Flinte",  ohne  Tesdid. 

S.  118  b.    Für  (i)hsed  lies  hdsad. 

S.  120  b.  hass  bedeutet  , eintreten" ;  sollte  die  von  Meißner 
angegebene  Bedeutung  „mit  den  Fußspangen  klirren"  nicht  auf 
Verwechselung  mit  kass,  ihiss  beruhen  ? 

S.  121  a.  Für  kam  „Leinwand"  lies  „Kattun"  (richtig  über- 
setzt S.  69,  10    „Kattunzeug"). 

S.  121b.     dahhän    „Rauch",  mit  Tesdid. 

S.  121a.    Für  redai{a){?)   „säugen"   lies  rida     „saugen". 

S.  126  b.    Für  sr'sh  V.  lies  srsh  IL 

S.  127  b.  Für  sät  lies  sät  „mit  dem  Löffel  umrühren"  (richtig 
Meißner,  Mitt.  IV  153). 

S.  128b.  särib  wird  fast  nur  im  Plural  gebraucht:  suärib 
„Schnurrbart".  —  Für  sefellah  lies  sefglldh  -Kaper*  (richtig 
Meißner,  Mitt.  IV  169  No.  73). 

S.  130  a.  Für  sabar(?)  lies  siibar;  in  der  folgenden  Zeile  VIII 
statt  VII.  —  sabar  „färben"  dürfte  gleichfalls  mit  zt,  also  stibar 
zu  lesen  sein. 

S.  130b.  stifan  bedeutet  zunächst  „schweigen,  unbeweglich 
sein".  —  sdnnai  auch   „ausstaffieren",  vgl.  S.  24.  2. 

S.  132a.  Für  tohan,  tithan  „mahlen"  lies  tdkan,  Ufhan.  — 
tdrfg  „Tamariske",  nicht  „Terebinthe".  —  tdrma  besser  „Galerie" 
statt    „Balkon",  vgl.  Socin,  Diwan  III  Glossar. 

S.  133a.  Für  2at(a)g(?)   „Zweig  mit  Datteln"   lies  lotig. 

S.  131a.     ladäm    .Knochen"   ist  Plur.     Der  Sing.    ddüm. 

S.  134b.  oagig  „Koralle";  sicher?  ictgig  ist  ein  Edelstein, 
angeblich  mit  wunderbaren  Eigenschaften,  wahrscheinlich  Achat. 
„Korallen"   merijdn.   n.  u.   -a. 

S.  136  a.  razal  „spinnen";  eine  „strickende"  Araberin  erinnere 
ich  mich  nicht  gesehen  zu  haben. 

S.  137  a.  Das  Fragezeichen  hinter  afrär  „Deserteur"  kann 
gestrichen  werden. 

S.  137  b.  fä(S  ist  Rechnungsmünze  für  21  2  Para  (so  richtig 
Meißner,  Mitt.  IV  159).  —  Für  fendr  lies  finar  „Papierlaterne, 
Lampion".  —  fänüs  gewöhnliche  Laterne  mit  gläsernen  Scheiben. 
—  Für  funtisa  lies  fünfzig  (»Rüssel  des  Schweines  und  des  Ele- 
fanten)"; Demin.  ifniefilg  Meißner,  Mitt.  IV  171  Nr.  77.  futii 
deutet  „Aas"  —  fing  ist  das  gewöhnliche  Wort  für  fies ,  fiesg 
„türkische  Kappeu:  tarbüs  ist  eine  hohe  kegelförmige   Mütze. 

S.  138a.  qabärh  „Hinterlader";  Mitt.  "V  L27  Nr.  1  „Vorder- 
lader".    Was  ist  richtig? 

S.  138  I).     girng  die  Hälfte  des   Doppi 

S.  140a.     hdbgr  „Kapernstrauch",  ohne  Tes 

s.  Hol,,  hedü  „unedel"  (Pferd);  Icedisg  „Mähre".  —  Mb  II. 
„als  Lügner  hinstellen".  —  Für  kuri(z)t  lies  kz'rrdt  (mi1  Tesdid) 
.Schnittlauch". 


948  Anzeigen. 

S.  1  Ha.     ceff/ia  auch  „Taschentuch". 

S.  141b.  (i)lbäs  1.  „arabische  Hosen";  2.  „europäische  Unter- 
beinkleider". 

S.  142  a.  laham  „essen"  ist  auch  mir  sehr  zweifelhaft.  Es 
gibt  ein  laham  (auch  IV.  dlham  soll  gebräuchlich  sein)  „befestigen, 
fest  verbinden". 

S.  143b.  mölla  ist  auch  der  Elementarlehrer,  bei  dem  die 
Kinder  Lesen  und  Schreiben  lernen. 

S.  14  4a.     nesle   „Schnupfen",  nicht   „Husten"    (gdhha). 

S.  146  b.  Für  nefah(?)  „anblasen"  lies  niifah.  —  Für  nifed(?) 
„sich  entledigen"   lies  niifad. 

S.  145b.  hedeb  „Wimper",  nicht  „Augenlid"  (gifen).  —  Für 
haff  „schnell  zuschlagen  (?)"  lies  „werfen  (z.  B.  mit  einem  Stein); 
abschlagen  (den  Kopf,  so  S.  48,  37)". 

S.  147  b.  uldY.  bedeutet  „gebären  wollen,  kreißen"  (kl.  IV.); 
für  „gebären"  wird  fast  ausschließlich  gab  gesagt;  s.  S.  84,  22 f., 
wo  der  Unterschied  deutlich  erkennbar  ist.  —  Für  uälam  .  „gegen- 
überstehen (?)"    lies    „begegnen;  passen  (Kleid)". 

Durch  seine  neuarabischen  Arbeiten  hat  Meißner  ein  weites 
Gebiet  linguistisch  erschlossen.  Der  Dialekt,  den  sein  hingebender 
Fleiß  uns  zugänglich  gemacht  hat,  herrscht  —  wenn  man  gering- 
fügige Unterschiede  außer  Betracht  läßt  —  von  der  Mündung  des 
Satt  el-äArab  bis  nach  Tidmür.  Man  kann  die  Stadt  der  Zenobia 
als  Sprachgrenze  zwischen  syrischem  und  euphratensischem  Arabisch 
betrachten;  gehört  wird  dort  beides;  dagegen  ist  Kariaten  schon 
entschieden  syrisch.  Assyriologen ,  die  nach  den  Stätten  ihres  be- 
sonderen Forschungsgebietes  zu  wandern  beabsichtigen,  kann  es 
nicht  warm  genug  empfohlen  werden,  auch  den  modernen  Sprachen 
jener  Gegenden  ihre  Aufmerksamkeit  zuzuwenden ,  durch  emsiges 
Weitersammeln  und  Weiterforschen  die  Kenntnis  der  östlichen  ara- 
bischen Dialekte  zu  vertiefen  und  so  das  von  Meißner  begonnene 
Werk  zu  vollenden..  F.  H.  Weißbach. 


Küchler ,  Friedrich,  Beiträge  zur  Kenntnis  der 
Assi/risch- Babylonischen  Medizin.  Texte  mit 
Umschrift,  (Versetzung  und  Kommentar.  Leipzig,  J.  C. 
Hinrichs,  1904.  VII,  154  Ss.,  XX  Tfln,  4°.  (Assyriologische 
Bibliothek  hsg.  von  F.  Delitzsch  u.  P.  Haupt,  Bd.  XVIII.) 
M.  28,50. 

Diese  unter  der  Mitwirkung  seines  Lehrers  Jensen  zustande 
gekommene  vortreffliche  Arbeit  Küchler's  hat  uns  erstmals  in  zu- 
verlässiger Weise  mit  einer  bisher  noch  so  gut  wie  unbearbeiteten, 
besonders  schwierigen  Gattung  der  babylonischen  Literatur  bekannt 


Zimmern,  Küchler's  Beitr.  z.  Kenntnis  d.  Assyr.-BaLijl.  Medizin.     949 

gemacht,  den  Texten  medizinischen  Inhalts.  Wie  bei  jeder  neuen 
Textgattung,  so  galt  es  auch  hier,  und  zwar  im  Hinblick  auf  die 
zahlreichen  vorkommenden  technischen  Termini  in  ganz  besonderem 
Maße,  die  der  neuen  Textart  eigentümliche  Ausdrucksweise,  Schreib- 
art, Ideogrammverwendung  u.  s.  w.  erstmals  sicher  zu  stellen.  Das 
ist  Küchler,  unter  der  Beihilfe  von  Jensen,  in  der  Hauptsache  aus- 
gezeichnet gelungen ,  so  daß  es ,  nachdem  nun  einmal  diese  erste 
Bresche  glücklich  geschlagen  ist,  von  jetzt  an  nicht  mehr  allzu 
schwer  fallen  kann,  die  zahlreichen  weiteren  noch  unveröffentlichten 
Texte  medizinischen  Inhalts,  die  das  Britische  Museum  birgt  oder 
die  der  dankbare  Boden  Babylonien-Assyriens  noch  hergeben  wird. 
mit  Erfolg  in  Angriff  zu  nehmen.  Abgesehen  von  der  äußerst 
exakten  sprachlichen  Bearbeitung  der  Texte ,  wobei  insbesondere 
auch  die  Identifizierung  zahlreicher  babylonischer  Pflanzennamen 
mit  entsprechenden  aramäischen  hervorzuheben  ist,  hat  Küchler  aber 
auch  für  das  sachliche  Verständis  dieser  Texte  mancherlei  geleistet. 
Hierbei  war  ihm,  wie  er  selbst  in  der  Vorrede  hervorhebt,  von 
großem  Werte  die  Beratung  durch  den  bekannten  Mediko-Historiker 
Baron  von  Oefele. 

Damit  beim  Lobe  aber  auch  der  Tadel  nicht  fehle ,  so  seien 
namentlich  einige  Äußerlichkeiten  an  Küchler's  Arbeit  gerügt,  die 
leicht  hätten  vermieden  werden  können ,  wodurch  dann  besonders 
auch  die  bequeme  Benutzung  der  Publikation  nicht  unbeträchtlich 
gewonnen  hätte.  So  empfinde  ich  es  bei  der  Transkription  der 
Texte  unliebsam,  daß  die  Zeichen  w,  ü  —  su,  sti  —  sa,  sd  — 
as ,  ds  u.  s.  w.  nicht  durch  die  üblichen  Akzente  unterschieden 
werden;  umgekehrt  hätte  Küchler  gerade  in  der  Beibehaltung  des 
akzentuierten  i  statt  e  der  Gewohnheit  seines  Lehrers  Jensen  nicht 
folgen  sollen.  —  Im  Kommentar  werden  mehrfach  sei  es  von 
Küchler ,  sei  es  von  Jensen  Erörterungen  gegeben ,  die  sich  fast 
ebenso  schon  bei  Jensen  in  Keilinschriftl.  Bibl.  VI  1  finden.  In 
der  Regel  wird  hierbei  zwar  auf  diesen  letzteren  Ort  verwiesen ; 
öfter  fehlt  aber  auch  der  Hinweis,  was  ich  nicht  für  methodisch 
richtig  halte.  —  Der  verhängnisvollste  Fehler  in  solchen  metho- 
dischen Dingen  ist  aber  m.  E.  darin  begangen,  daß  der  Verf.  im 
Kommentar  bei  der  Besprechung  eines  einzelnen  bemerkensv 
Wortes  oder  einer  Redewendung  es  vielfach  unterlassen  hat,  die 
sämtlichen  Stellen  zu  notieren,  an  denen  dieses  Wort,  diese  Wendung 
in  seinen  Texten  nochmals  vorkommt,  und  daß  er  auch  bei  den 
im  übrigen  ja  sehr  dankenswerten  Registern  dies  nichi  nachgeholt 
hat,  hier  vielmehr  auch  bei  den  Pflanzennamen  in  der  Regel  immer 
nur  die  Stelle  anführt,  an  denen  sie  zufällig  erstmals  in  seinen 
Texten  begegnen.  Wie  schön  hätte  hier  der  viele  weiße  Raum 
dazu  verwendet  werden  können,  sei  es  in  dem  einen  Falle  sämt- 
liche Stellen  anzuführen  und  dies  durch  ein  Sternchen  "der  sonst- 
wie zu  kennzeichnen,  sei  es  bei  besonders  häufig  vorkotni 
Namen   ein   „u.  ö."   oder  ähnlich   hinzuzufügen. 


950  Anzeigen. 

Das  sind  freilich,  wie  gesagt,  im  Grunde  Äußerlichkeiten,  die 
ich  eigentlich  nur  darum  rüge,  weil  ich  den  Wert  der  Arbeit  ihrem 
Inhalte  nach  sehr  hoch  einschätze.  Gerade  weil  die  Arbeit  es  mir 
besonders  wert  ist,  gebe  ich  im  folgenden  nun  auch  noch  eine 
längere  Liste  von  Bemerkungen  zu  Einzelstellen,  teils  ergänzender, 
teils  berichtigender  Art.  Doch  bemerke  ich  ausdrücklich,  daß  ich 
hierbei  die  ausführliche  und  sehr  lehrreiche  Besprechung  des 
Küchler'schen  Buches  von  Meißner  in  den  Gott.  Gel.  Anz.  1904r 
Nr.  9,  S.  739 — 757  als  bekannt  voraussetze  und  darum  schon 
von  Meißner  Ausgesprochenes,  von  dem  auch  mir  selbst  manches, 
namentlich  soweit  es  Angaben  aus  den  neueren  Bänden  der  Cun. 
Texts  betrifft,  aufgestoßen  war,  nicht  abermals  vorbringe. 

K.  191  etc.  Spalte  I.  Z.  1.  Zu  den  Ausführungen  über  den 
senkrechten  Keil  am  Anfang  eines  Abschnittes  wäre  noch  hinzu- 
zufügen, daß  von  den  Babyloniern  solche  durch  einen  senkrechten 
Keil  eingeführten  Sätze,  sei  es  wie  hier  Krankheitsfälle,  sei  es  wie 
anderwärts  Omina  oder  Vokabularangaben,  als  Namen  (sumu)  auf- 
gefaßt wurden,  vor  die  man,  ebenso  wie  vor  Eigennamen,  den  senk- 
rechten Keil  (eigentlich  die  Ziffer  1)  setzte.  Die  Richtigkeit  dieser 
Auffassung  lehrt,  worauf  schon  Hunger,  Becherwahrs.  68  auf  meine 
Anregung  hin  aufmerksam  gemacht  hat,  besonders  deutlich  der  Brief 
83-1-18,  10  (Harper,  Letters  V  Nr.  519),  wo  in  Rev.  1  durch  su-mu 
an-m'-u  „dieser  Name"  auf  ein  unmittelbar  vorhergehendes,  durch 
den  senkrechten  Keil  eingeleitetes  astrologisches  Omen  Bezug  ge- 
nommen wird.  Darum  bedeutet  auch  das  bekannte  MU  in  den 
Unterschriften  nicht  ohne  weiteres  „Zeile",  sondern  zunächst  sumu 
„Name";  und  nur,  insofern  derartige  „Namen"  z.  B.  in  Vokabularien, 
in  Ominatafeln ,  auch  in  Hymnen  (wo  aber  die  Setzung  des  Keils 
nicht  üblich  ist)  in  der  Regel  —  aber  durchaus  nicht  immer  — 
bloß  eine  Zeile  einnehmen,  kann  man  MU  (sumu)  allenfalls  auch 
durch  „Zeile"  widergeben. 

maräsu  „krank  sein".  Ich  möchte  bei  dieser  Gelegenheit  der 
Vermutung  Ausdruck  geben,  daß  ZliyQi  in  der  Panammu  -  Inschrift 
Z.  16  eine  Safel-Form  zu  517:,  altaram.  für  späteres  r*va  =  y-W 
darstellt:  to;d  *  -QN  "  n73  "  c;n  •  :mi'0  „es  wurde  krank  und  starb 
auch  mein  Vater  Panammu". 

Z.  4.  Zu  (gis)  MA  .  TU  =  malcurru  wäre  noch  die  auch 
von  Jensen  in  KB  VI  1,  533  f.  nicht  berücksichtigte  Stelle  HR  54, 
26  ab  [{dingir)  GIS .  MA]  .  TU  =  Sin  sa  ma-Jcur-ri  zu  er- 
wähnen. 

Z.  21.  SAR  =  napähu  findet  sich  z.  B.  auch  Maqlü  VI  111 
vgl.  mit  103  und  bekanntlich  oft  in  den  astrologischen  Texten.  Ob 
dagegen  in  Spalte  II  15  wirklieh  nap-\hü\  zu  lesen  ist,  erscheint 
mir  doch  recht  unsicher.  Vielmehr  wird  auch  dort  wahrscheinlich, 
wie  hier,  SA[R  .  SAR-hu]  vorliegen. 

SE  .  IR    (bezw.    SA)    dürfte    wohl    zu  SE .  SA  .  [A]    zu    er- 


Zimmern,  Küchler's  Beitr.  z.  Kenntnis  d.  Assyr.-Babyl.  Medizin.     951 

ganzen  sein.  Beachte  zii  SE .  SÄ  .  A  noch  das  unten  zu  Z.  33 
Bemerkte. 

Z.  23.  Die  verunglückte  ehemalige  Lesung  Bezolds  der  Brief- 
stelle 82-5-22,  174  (Bezold,  Catal.  IV  1842;  Delitzsch  AL4  76; 
Harper,  Letters  IV  Nr.  341),  Z.  10  hätte  Küchler  (Jensen)  nicht 
wieder  im  Zusammenhang  mit  KU  —  After  vorbringen  sollen. 
Dort  ist  ja  einfach  zu  lesen :  la  hu-sa-pi  ta-kal  „nicht  einen  Bissen 
ißt  sie". 

Z.  25.  Für  GAZ  könnte  auf  Grund  von  IV  R  26,  44  4.r,  1, 
gerade  in  diesen  Zusammenhängen  statt  hasßlu  sehr  wohl  vielmehr 
das  Verhum  b(py-s(z.  s)  in  Betracht  kommen,  das  Delitzsch  HWb. 
514  b  behandelt  ist. 

Zu  NAM  =  saJjälu  „durchseihen"  ist  wohl  auch  KU. NU. 
NAM  (d.  i.  kernu  la  sahlu?)  in  den  Labartu-Texten  I  Col.  I  23 
=  IV  R  56,  23  a:  III  Öbv.  56  =  IV  R  55,  36  a:  III  Rev.  21  = 
IV  R  55,  21  b  zu  stellen. 

Daß  SAG  .  SA  in  der  Tat  res  libbi  zu  lesen  ist,  lehrt  jetzt 
CT  XVII  5,  48/49;  6,  15/17. 

Z.  33.  Daß  SE .SA.  A  hier  und  an  den  andern  im  Kom- 
mentar genannten  Stellen  (vgl.  auch  oben  zu  Z.  21)  Ideogramm  für 
laptu  „Rübe"  wäre,  ist  mir  nicht  wahrscheinlich.  Es  wird  im  Hin- 
blick auf  K.  55  (Meißner,  Suppl.  3),  Obv.  8  ff.  vielmehr  aalü  (vgl. 
hebr.  ->bp)  oder  labtu  (nrtb)  „geröstetes  Getreide"  vorliegen.  S.  be- 
reits meine  Beitr.  182  f.  Anm.  21  zu  Nr.  66  Obv.  12. 

Spalte  IL  Z.  14.  Zu  den  Formen  wie  tarsan,  tarbak  u.  s.  w. 
(s.  auch  Nachträge  S.  146)  vgl.  aus  Küchler's  Texten  selbst  vielleicht 
noch  K.  71b  IV  36,  wo  die  Gruppe  RI.SUK  statt  tanasuk(-suk) 
vielleicht  besser  ial-pat  zu  lesen  ist.  Sonst  z.  B.  noch  die  Form 
talpap1  wiederholt  in  IV  R  5-".  Nr.  1  (s.  dazu  ZA  XV]  185,  Anm.  L3 
u.  Anm.  10). 

Z.  15.    Zu  dem  angeblichen  nap-[hu]  s.  oben  zu  Spalte  1  '/..  21. 

Zu  qanü  tabu  s.  auch  meine  Beitr.  S.  130,  32  u.  S.  142,  2  I. 

Z.  30.  Hier  und  öfter  im  folgenden  wird  eine  Bezeichnung 
wie  UD  VII  KAN  besser  als  „7  Tage  lang",  wie  als  „am  7.  Tage" 
zu  verstehen  sein;  „am  7.  Tage"  wohl  nur  dann,  wenn  ausdrücklich 
ina  davorsteht,  wie  z.  B.  K.  71b  IV  50:  ina  UD  II  KAN.  Es 
ist  dies  auch  für  das  sachlich''  Verständnis  der  Texte  nicht  ohne 
Bedeutung. 

Z.  42.  Statt  (sammu)  IJAL  Ls1  wohl  besser  (vgl.  auch  Küchler's 
Autographie) :  {sammu)  DIL  mit  nachfolgendem  wagerechten  K<  il 
zu  lesen,  also  entweder  nochmals  (sammu)  I>IL.  />.!('/  |,  oder 
{sammu)  DIL  allein,  das  z.  B.  IV  K  23  Nr.  1.  K-  gleichfalls  hinter 
[{sammn)  S\f .  MAN  genannt  wird  und  das  auch  in  Küchler's 
Texten  selbst  wiederholt  vorkommt  (s.  den  Kommentar  n  K.  l'.'l 
Sp.  IV  50).     Dahinter  folgte  dann  wohl  z[er]. 


952  Anzeigen. 

Spalte  III.  Z.  55.  Eine  Form  von  maräqu  liegt  wahrscheinlich 
auch  vor  K.  1285  (Craig,  Rel.  Texts  I  5  ff.)  Rev.  10:  un-ta-at-ar- 
ru-qu  „ sollen  zerrieben  werden"  o.  ä.  (doppelte  £-Form  ?  oder  Orig. 
un-ta-na-ar-ru-qu?).  —  ta-ma-ra-aq  „du  soltst  zerreiben"  auch 
z.  B.  noch  in  den  unveröffentlichten  Texten  K.  3889.  Z.  8;  K.  4266 
+  K.  8976  (von  mir  zusammengefügt  am  2.  Okt.  1897),  Rev.  25; 
K.  4290  Obv.  12;  [ta]-mar-raq  K.  »452  Obv.  8. 

Z.  62.  Meine  von  der  Jensens  abweichende  Ansicht  über  den 
„gut  babylonischen"  Charakter  des  Namens  (H)ammurabi  habe  ich 
KAT3  480  f.  ausgesprochen.  Für  ammu  ist  jetzt  übrigens  auch 
noch  Ges.  Hamm.  Obv.  IV  54,  sowie  Amarna  KB  V  Nr.  45,  32  zu 
beachten. 

Z.  66.  Zu  dem  eigentümlichen  siptu  ul(-)ja-at-tu(-)un  u.  ä. 
vgl.  auch  noch  King,  Magic  Nr.  61,  20.  Craig,  Rel.  Texts  II  8 
Rev.  11  wird  wohl  einfach  ein  Lese-  oder  Schreibfehler  Craig's  für 
ul{-)ja-tu(-)un  vorliegen.  Meine  Auffassung  der  Gruppe  habe  ich 
bei  Myhrman  in  ZA  XVI  159  zum  Ausdruck  gebracht.  Wieder 
eine  andere ,  aber  auch  nicht  sonderlich  ansprechende  Erklärung 
versucht  neuerdings  Hommel,  Grundriß   131   zu  geben. 

Z.  70.  Die  Ergänzung  von  Sb  370  zu  [par]-si-[gu~]  bewährt 
sich  auf  Grund  des  neuen  Duplikats  (s.  Weißbach,  Bab.  Mise.  30 
u.  Taf.  11)  nicht.  Dagegen  hätte  für  DUR  =  riksu  noch  auf 
meine  Beitr.  S.  113  Anm.  i  verwiesen  werden  können. 

K.  71b.  Spalte  I.  Z.  8.  Zu  läsu  „kneten"  vgl.  außer  der 
schon  von  Meißner  erwähnten  Stelle  CT  XVII  22,  134  auch  noch 
IV  R  23  Nr.  4,  15:  ke-im  ta-la-ds  „Mehl  sollst  du  kneten". 

Z.  11.  GAB  wird  wohl  Ideogramm  für  tuhdu  „Fett"  sein, 
s.  sogleich  und  zu  Spalte  II  Z.  43. 

Z.  22.  Die  Gleichung  NI.[LU]  =  libü  {Ujm)  =  tuh-du 
(vgl.  Delitzsch  HWb.  369)  ergiebt  sich  auch  aus  II  R  43,  27  a— c. 
Daß  der  letzgenannte  Stamm  als  tahädu ,  tuhdu ,  tahdu ,  statt  da- 
hädu  u.  s.  w.  anzusetzen  ist,  beweist  schon  die  Schreibung  tu-uh- 
di-im  Ges.  Hamm.  I  56  und  noch  ausdrücklicher  die  Schreibung 
tn-lni-du  der  Asurnasirpal- Inschrift  Nr.  92,986  (Annais  of  the  Kings 
of  Ass.  I  162  ff.)  Rev.  12. 

Zu  uallat(t,d)  vergleiche  vielleicht  auch  tallut  (tälut)  in  der 
Nergalhymne  bei  BöUenrücher  Nr.  7  St.  II  25  (=  IV  R  30  Nr.  1,  24 
und  Haupt  ASKT  125,  12). 

/>.  2'.K  baslu  „reif"  von  Früchten  ist  auch  anderweit  im 
Assyrischen  zu  belegen  und  zwar  in  der  famosen  „Legend  of  the 
Worin"  (CT  XVII  50),  wo  GIS .  MA  basilta  weder  mit  Meißner 
in  MVAG  IX  (1904),  223  als  „gekochtes  GLS.MA",  noch  gar 
mit  Thompson,  Dev.  and  Ev.  Spir.  II  161  als  „dried  bones"  (is-ma), 
sondern  als  titta  basilta  „reife  Feige"  zu  verstehen  ist.  Daß 
(HS.MA  in   der  Tat  das  Ideogramm  für  tittu    „Feige"    ist,    lehrt 


Zimmern,  Küchler's  Beitr.  z.  Kenntnis  d.  Assyr.-Babyl.  Medizin.     953 

II  B  45,  75  ef:  GIS.  MA  =  t[i-i't-tu\  und  V  B  26,  24  ef  [GIS  . 
HASHU]B  GIS.MA  =  ti-na-nu-u.  Darauf,  daß  auch  Gudea 
GVL  B  III  19  GIS.MA  (tittu)  neben  GIS .  HASHUB  {hashuru) 
vorliegt,  habe  ich  bereits  in  ZA  XIV  (1899),  389  aufmerksam 
gemacht, 

Spalte  IL  Z.  43.  GAB  wird  dasselbe  GAB  sein,  das  auch 
IV  B  59,  22  b  neben  tusamah  vorkommt  und  wohl  Ideogramm  für 
tuhdu  ist  (vgl.  oben  zu  Spalte  I  Z.  11  u.  Z.  22).  Davor  stand 
wohl  N~\I.LU=  Ubü.  wenn  auch  die  Spuren  der  Autographie 
nicht  ganz  dazu  stimmen. 

Z.  55.  Hier  wird  wohl  statt  SE  .GAM '.  GAM .  ME  im 
Original  (EBU)GAM .  GAM .  ME  oder  {EBU)TAG  .  GAM  .ME 
stehen,  dessen  Lesung  und  Erkläruno-  als  sassaru  „Säcre"  Meißner 
in  MVAG  IX  (1904X   234  f.  gegeben  hat. 

Spalte  III.  Z.  55.  Während  Jensen  richtig  gesehen  hat,  daß 
ikku  =  ~n  Gaumen  ist ,  so  ist  dagegen  die  Form  iktanirru  in 
Verbindung  mit  ikku  hier  und  Z.  66  schwerlich  mit  Küchler,  dem 
sich  auch  Meißner  a.  a.  0.  751  anschließt,  von  qaräru  abzuleiten. 
Sie  wird  vielmehr  zu  karü  „kurz  sein",  kurrü  „verkürze!  ' 
hören.  Das  legen  die  Stellen  nahe,  an  denen  ikku  in  Verbindung 
mit  karü ,  küru  wiederholt  in  assvrischen  Briefen  vorkommt,  so 
Em.  76  (Harper  IV  Nr.  3-58)  Obv.  17.  21;  K.  569  (Harper  I  Nr.  78 
Obv.  10;  K.  183  (Harper  I  Nr.  2)  Eev.  5. 

Z.  57.  Zu  Gl.  SAG. TAB  vgl.  auch  IV  B  23  Nr.  1  Obv.  17  a. 
wo  ein  amät  apsl  durch  eine  Eöhre  dieses  Namens  in  das  rechte 
Ohr  des  Stiers  geflüstert  wird. 

Spalte  IV.  Z.  17.  Zu  GIS .  LA  s.  außer  den  schon  von 
Meißner  a.  a.  0.  751  erwähnten  Stellen  auch  noch  die  Labartu- 
Texte  II  Col.II  44  (=  IV  B  58,  44  b);  III  Obv.  29  (=  IV  B  55,  9a). 

Z.   36.     S.  oben  zu   K.  191   Spalte   II  Z.  14. 

K.  61.  Spalte  I,  Z.  34.  Stati  lülänu  ist  wohl  besser  sthlänu 
zu  lesen. 

Z.  39.  Statt  auf  meine  Bemerkung  bei  Gesenius-  Buhl  '  ;  s.  \. 
nbö  hätte  Küchler  vielmehr  auf  meine  Beitr.  S.  183  Aiim.  18  ver- 
weisen sollen. 

Spalte  III.  Z.  4.  Zu  amurriqänu,  )jofyw  'ppT1  und  den 
andern  von  Jensen  KB  VI  1,  516  (vgl.  380.  400)  und  Meißner 
MVAG  IX  (1904).  197  f.  angeführten  Fällen  dieser  An  isl  auch 
der  Personenname  Amurkiki  mit  der  Variante  XJrkiki  bei  Eilprecht, 
Bab.  Exp.  IX  49  zu  stellen,  den  bereits  Eost  OLZ  I  (1898),  355 
richtig  als  Awurkiki  auffaßt.  Über  <m  für  urspr.  w  ließe  sich. 
auch  außerhalb  des  Assyrischen  im  übrigen  Semitischen,  noch 
mancherlei  sagen.  Ich  möchte  hier  nur  noch  der  Vermutung  Aus- 
druck geben,  daß  sich  vielleicht  auch  bian,  das  doch  irgendwie 
das    bab.  abübu    sein    wird,    so    erklärt,      abübu    könnte    auf    ein 


954  Anzeigen. 

*ivabübu  zurückgehen  und  für  l  statt  b  in  bis»  könnte  vielleicht 
an  31ST  b?5  und  BseX^sßovX  als  eine  gewisse  Analogie  erinnert 
werden. 

K.  61.  Spalte  IV.  Z.  7.  Meißner  a.  a.  0.  756  hat,  z.  T.  im  An- 
schluß an  Johns,  Deeds  III  858,  schon  ausgeführt,  daß  eilt  ursit 
das  Synonym  von  amitti  mazukti  (=  JJ^-ä/  Klöppel  und  NroiTE 
Mörser),  der  „ Mörserklöppel "  ist.  Zu  elltu  gehört  nun  natürlich 
auch  hebr.  *b*    „Mörserklöppel«.  H_  Zimmern_ 


Müller,  Dar.  Heinr.,  Die  Gesetze  Hammurabis 
und  ihr  Verhältnis  zur  mosaischen  Gesetz- 
gebung sowie  zu  den  XII  Tafeln.  Text  in  Um- 
schrift, deutsche  und  hebräische  Übersetzung ,  Erläuterung 
und  vergleichende  Analyse.  Wien,  Holder  1903.  286  Ss. 
gr.  8°.  (S.  1 — 244  auch  als  X.  Jahresbericht  der  israelitisch- 
theologischen Lehranstalt  in  Wien  für  das  Schuljahr 
1902/03.)     M.  10.—  =  11  Kr.  80  h. 

Fußend  auf  der  grundlegenden  Veröffentlichung  und  erst- 
maligen Bearbeitung  der  Gesetze  Hammurabi's  durch  Scheil  und 
unter  geschickter  Benutzung  der  weiterhin  erschienenen  Über- 
setzungen und  Bearbeitungen  von  Winckler,  Joh.  Jeremias  und 
Johns ,  sowie  von  Artikeln  mehrerer  Juristen  und  Theologen  zur 
Sache ,  auch  einer  für  das  genaue  Verständnis  mancher  Einzel- 
stellen des  Textes  nicht  unwichtigen  von  mir  zuerst  gemachten 
Beobachtung1)  über  die  Deklination  des  Nomens  bei  Hammurabi, 
legt  Müller  in  diesem  Buche  zunächst  abermals  vollständige  (ab- 
gesehen vom  Prolog  und  Epilog)  Transkription  und  Übersetzung 
des  Hammurabi-Gesetzes  ins  Deutsche  und  sogar  ins  Hebräische 
vor.  Die  Transkription,  „bei  der  insbesondere  Dr.  Friedrich  Hrozny 
den  Verf.  mit  großem  Eifer  und  Verständnis  unterstützt  hat"  (Vorw. 
S.  8),  ist,  abgesehen  von  einzelnen  Verstößen  (u.  a.  qu  oder  qum 
statt  kum,  auch  vereinzelt  noch  tu  oder  ut  statt  tarn,  oder  tarn 
statt  ut,  pi  statt  bi)  und  einigen  mit  übernommenen  Versehen  der 
Scheil'schen  Transkription  (z.  B.  i-na-ad-di-is-sum  statt  in-na-ad- 
di-is-äum    §   30   Z.  68;    isu  statt  i-su  §   134,  36)    im    allgemeinen 


l)  Von  Müller  selbst  ausdrücklich  hervorgehoben  im  Anzeiger  d.  Kais. 
Akad.  d.  Wiss.  (zu  Wien).  Philos.-hist.  Kl.  1903  Nr.  XIV  S.  81  Anm.  3.  Ich 
erwähne  meine  Priorität  in  der  Erkenntnis  des  Plurals  auf  -u  im  Nomin.,  auf 
-i  im  Gen.-Akk.  (ausgesprochen  u.  a.  bei  Hunger,  Becherwahrs.  8)  nur  im  Hin- 
blick auf  die  entsprechenden  Ausführungen  von  Ungnad  in  ZA  XVIII  (1904), 
1  ff.,    der  anscheinend  selbständig    auf   die    gleiche  Beobachtnng  gekommen  ist. 


Zimmern,  Müller''s  Gesetze  Hammurabis  etc.  955 

richtig;  nur  hätte  bei  den  Ideogrammen  nicht  nur  die  Kasus- 
endung, sondern  auch  die  Mimation  konsequent  durchgeführt  werden 
müssen.  Bei  der  Übersetzung  ist  unumwunden  zuzugestehen,  daß 
die  Erfassung  des  syntaktischen  Zusammenhangs  infolge  von  Müllers 
Beobachtung  über  den  Gebrauch  und  die  eigentliche  Bedeutung 
des  postpositiven  -ma  beim  Yerbum ,  sowie  von  u  zwischen  zwei 
Sätzen  (s.  dazu  die  sprachlichen  Exkurse  S.  246  f.,  252  ff.)  bei  ihm 
schärfer  und  richtiger  ist,  als  bei  seinen  Vorgängern  und  Nach 
folgern,  auch  Ungnad  nicht  ausgenommen,  der  bei  seiner  sonst  sehr 
verdienstlichen  Arbeit  über  die  Syntax  der  Gesetze  Hammurabi's 
speziell  in  diesem  Punkte  (§  75,  ZA  XVIII  (1904)  66  f.)  ungenügend 
ist.  Es  dürfte  sich  darum  für  die  künftigen  Übersetzer  und  Be- 
arbeiter der  Gesetze  Hammurabi's  sehr  empfehlen,  gerade  in  dieser 
Hinsicht  der  Übersetzung  Müllers,  wie  in  andern  grammatischen 
Fragen  den  Ausführungen  Ungnad's  die  ernsteste  Aufmerksamkeil 
zu  schenken.  Daß  man  deshalb  mit  Müller  nun  alle  -ma- Sätze 
durch  „nachdem",  „indem",  „sobald"  u.  s.  w.  auflösen  müßte,  soll 
damit  nicht  befürwortet  werden.  Es  klingt  dies  in  der  Tat  im 
Deutschen  in  den  meisten  Fällen  äußerst  schweriällig ,  wenn  es 
auch  grammatisch  richtig  ist.  Viel  eher  hätte  Müller  statt  der 
durchgängigen  Übersetzung  der  Präsensform  durch  das  deutsche 
Präsens  hier  die  durch  den  Zusammenhang  oft  direkt  geforderte 
Nüancierung  durch  „wird",  „darf",  „soll",  „kann"  u.  s.  w.  zur 
Anwendung  bringen  sollen.  Merkwürdig  übrigens ,  daß  Müller 
nicht  auch  in  §  170  das  u  mit  „auch"  übersetzt:  „Wenn  einem 
Manne  seine  Gattin  Kinder  geboren  hat,  [und]  auch  seine  Magd 
ihm  Kinder  geboren  hat".  Hat  so  in  diesen  beiden  syntaktischen 
Punkten  der  Outsider,  als  welcher  eben  doch  Müller  in  der  Assyrio- 
logie  trotz  seiner  gelegentlichen  Betätigung  auf  diesem  Gebiete  zu 
gelten  hat,  den  zünftigen  Assyriologen  in  der  Tat  etwas  gelehrt1), 
so  war  natürlich  im  übrigen  von  vornherein  kaum  zu  erwarten, 
daß  Müller  einzelne  besondere  Schwierigkeiten  des  im  allgemeinen 
ja  völlig  klaren  und  leicht  verständlichen,  darum  auch  schon  von 
Scheu  im  wesentlichen  richtig  übersetzten  Textes  der  Hammurabi- 
Gesetze  seinerseits  nun  beheben  würde.  Wo  die  Vorgänger  nichts 
bieten,  versagt  darum  im  allgemeinen  auch  bei  ihm  die  Erklärung, 
und  wo  die  Vorgänger  Fehler,  z.  T.  direkte  starke  Verstöße  gegen 
die  Grammatik  aufweisen,  finden  wir  sie  mehrfach  auch  bei  Müller. 
So  z.  B.  §  141  e-si-ib-sa.  Ja  e-si-ib-Sa  „ich  entlasse  sie",  „ich  ent- 
lasse   sie    nicht"    statt   „ihre  (Sa,   nicht  -si)  Entlassung  (Inf.),    wo 


1)  Übrigens  ist  doch  zu  erwähnen,  daß  z.  B.  namentlich  Jensen  in  seinen 
Übersetzungen  in  KB  VI  1  die  -??j«-Sätze  öfter  in  der  Weise  von  Nebensätzen 
gefaßt  hat,  und  daß  auch  u  in  der  Bedeutung  „auch''  bisher  nicht  so  völlig 
unbekannt  war  (s.  z.  B.  Delitzsch  11  Wh.  1).  Doch  soll  gerne  zugegeben  werden, 
daß  Müller  dieso  syntaktische  Frage  erst  wirklich  prinzipiell  und  konsequent 
behandelt  hat,  wie  er  selbst  ja  auch  schon  vor  langen  Jahren  diese  Erklärung 
dor  -ma-Sätze  zuerst  gegeben  hat. 


956  Anzeigen. 

freilich  auch  die  neueren  Bearbeiter  immer  noch  falsch  übersetzen.1) 
—  Oder  in  §  45  und  §  48  bibbuluni  ittabal  „den  Ertrag  fort- 
führt" statt  „die  Hochflut  (Nom.)  fortnirnmt",  wie  jetzt  auch  richtig 
Peiser  übersetzt.  —  Oder  ij  191,  wo  noch  bis  heute  alle  Bearbeiter, 
unter  Annahme  einer  monströsen  Nominalform  und  unter  An- 
wendung eines  für  diese  Texte  gar  nicht  zu  erwartenden  Laut- 
wertes tal-hu-zu  ul  ittallak  „er  soll  seines  Weges  gehen"  lesen, 
statl  re-ku-zu  (=  reqütsu,  Wrz.  p*n)  ul  ittallak  „er  soll  nicht 
leer  ausgehen".-)  —  Die  in  $  274  noch  teilweise  erhaltenen  Ideo- 
gramme für  Berufsnamen,  mit  denen  auch  Müller  bezw.  Hrozny 
nichts  anzufangen  wußte,  sind  sicher  nach  dem  [BU]R.GUL  = 
burgullu  „Steinmetz"  in  Z.  29:  \_Z~\ADIM  =  sasinu  „Juwelier" 
in  Z.  31;  [S]I  =  nappahu  „Schmied"  in  Z.  33.  —  §  8  Z.  58 
handelt  es  sich  wahrscheinlich  nicht  um  den  Diebstahl  eines 
„Schweines"  (/SAH),  sondern  eines  „(Esels)füllens"  j^SUL).  —  §  257 
Z.  1  liegt  natürlich  nicht  ein  Ideogramm  AK -\-  SU,  sondern  ein- 
fach APIN  =  errisu  vor. 

Auf  diesen  die  Transkription  und  die  Übersetzung  enthaltenden 
ersten  Teil  folgt  nun  bei  Müller  erst  der  eigentliche  Hauptteil 
seines  Buches,  der  eine  ausführliche  Erläuterung  und  vergleichende 
Analyse  der  Hammurabi  -  Gesetze  enthält.  Zur  Vergleichung  sind, 
wie  bereits  der  Titel  des  Buches  besagt,  vor  allem  herangezogen 
die  „mosaische"  Gesetzgebung,  dabei  hauptsächlich  natürlich  Exocl. 
21 — 23,  sowie  die  römische  XII-Tafel-Gesetzgebung;  ferner  im  An- 
hang auch  das  syrisch -römische  Rechtsbuch.  Sicherlich  enthält 
dieser  Hauptteil  des  Buches  sehr  viel  Richtiges  und  Beachtens- 
wertes, daneben  gewiß  auch  manches  Schiefe  und  Unhaltbare.  In- 
dessen fühlt  sich  Ref.,  dem  es  bei  der  Besprechung  des  Müller'schen 
Buches  an  dieser  Stelle  auch  in  erster  Linie  auf  die  sprachliche 
Seite  ankam,  nicht  kompetent  genug,  um  über  die  hier  aufgeworfenen 
z.  T.  sehr  weitreichenden,  schwierigen  rechtshistorischen  und  kultur- 
historischen Fragen  seinerseits  ein  maßgebendes  Urteil  abzugeben. 
Auch  möchte  er  nicht,  nachdem  bereits  eine  Kontroverse  Müller- 
Kohler,  Müller- Gumplowicz,  Müller-Halevy,  Müller-Lehmann,  Müller- 
Peiser  in  Sachen  der  Gesetze  Hammurabi's  vorliegt,  Veranlassung 
zur  Eröffnung  auch  noch  einer  Kontroverse  Müller-Zimmern  in  den 
Spalten  dieser  Zeitschrift  bieten.  Nur  das  eine  sei  gesagt,  daß  es 
mir,  trotz  Kohler,  mit  Müller  durchaus  möglich  erscheint  und  sogar 
sehr  wahrscheinlich  ist,  daß  das  Hammurabi  -  Gesetz  nicht  nur  mit 
den  israelitischen ,  sondern  auch  mit  den  altrömischen  Gesetzen  in 
wirklichem  historischem  Zusammenhang  steht;  daß  ich  aber  anderer- 
seits die  etwas  naive  Müller'sche  Vorstellung  von  'der  Wanderung 
eines  von  den  Trübungen  babylonischer  Kultur  und  Unkultur  reinen 
„Urgesetzes"    mit    den    Abrahamiden    von  Ur-Kasdim   über    Harran 


1)  Richtig  jetzt,  wie  ich  rachträglich  sehe,  Schorr  in  WZKM  XVIII,  227  f. 

2)  [Richtig'  Delitzsch,  Deutsche   Lit.  Ztg.  1904   Sp.  3030.  —  Korr.-Zusatz.] 


Zimmern,  Martin'*  Textes  religieux  assyriens  et  bäbyloniens.     957 

nach  Kanaan,  seiner  ferneren  Erhaltung  bei  den  Abrahamiden  und 
seiner  Übei-nahrne  durch  Moses,  der  es  reformierte  und  geläutert 
seinem  Volke  vorlegte  und  das  Grundgesetz  der  Menschheit,  den 
Dekalog,  proklamierte'  (vgl.  S.  243)  nicht  zu  teilen  vermag. 

Der  letzte  Teil  des  Buches  enthält  „sprachliche  Exkurse",  von 
denen  die  oben  schon  berührten  grammatisch  -  syntaktischen  mehr 
befriedigen,  als  die  lexikalischen.  tt    y:m 


Martin.  Frangots,  Textes  religieux  assyriens  et 
bäbyloniens.  Transcriptions,  traduction  et  convmentaire. 
Premiere  serie.  Paris,  Letouzey  et  Ane  1903.  XXXII. 
336   Ss.  gr.   8°.      12  fr. 

Verf.  bietet  in  diesem  Buche  Transkription ,  Übersetzung  und 
kurzen  sprachlichen  Kommentar  zu  Craig's  Assyrian  and  Babylonian 
Religious  Texts  Vol.  I,  nachdem  er  in  einer  früheren  Arbeit  (Paris 
1900)  unter  gleichem  Titel  bereits  Vol.  II  der  letztgenannten 
Publikation  ähnlich  bearbeitet  hatte.  Ist  auch  ein  kleiner  Fort- 
schritt in  den  assyriologischen  Kenntnissen  des  Verf.  gegenüber 
jener  Erstlingsschrift  nicht  zu  verkennen,  so  hat  seine  Vertiefung 
in  die  Geheimnisse  der  Assyriologie  doch  noch  durchaus  nicht  den 
Grad  erlangt,  um  ihn  der  von  ihm  unternommenen  Aufgabe  ge- 
wachsen erscheinen  zu  lassen.  Wo  er  gute  Vorgänger  bei  seinen 
Textbearbeitungen  hat,  da*"  sind  natürlich  auch  die  seinigen  nicht 
übel;  wo  aber  jene  fehlen,  da  begegnen  wir  oft  recht  bedenklichen 
Erscheinungen.  Vgl.  z.  B.  die  zahlreichen  Fehler  schon  allein  in 
der  Transkription  auf  der  einen  Seite  64  (=  Craig  p.  17.  Z.  12  ff.): 
Z.  13  taüakti{ti)  sa  (ilu)  GIR.HAT.T1  statl  sepi-ti  iäakkan 
(-an)  ina  ru-pa-tt;  Z.  17  ulabbas  ina  statt  ütabas(-ds);  Z.  18 
ina  asri  limni  ip-pa-  ....  statt  ina  kihulfä  ip-pa-l[a-sah];  Z.  20 
ina  asri  limni-ki  ab-bal-kit  itti  statt  ina  kihvllt-ki  ap-pal-sih-ki; 
Z.  22  sumeli  u  imni(?)-ja  stall  ibassü(-u)  ilti-ja;  Z.  23  zikare  (pl.) 
an-ni  statt  irteda-an-ni.  Im  Einblick  auf  derartige  zahlreiche  arge 
Verstöße  auf  engstem  Räume  verliert  man  als  Rezensent  die  Lust, 
sich  noch  weiter  in  die  Einzelheiten  des  vorliegenden  Buches  zu 
vertiefen,  das  ja  immerhin  dazu  dienlich  sein  mag,  weiteren  Kreisen 
im  großen  und  ganzen  eine  einigermaßen  richiiire  Vorstellung  vom 
Inhalt  der  betreffenden  Texte  zu  geben  und  das  auch  neben  seinen 
vielen  Fehlern  manche  richtige  Einzelbeobachtung  aufweisen  mag. 
Schade  daß  der  jüngsten  Generation  unter  den  französischen  Assyrio- 
logen  nicht  eine  philologische  Akribie,  wie  sie  der  leider  zu  früh 
verstorbene  Amiaud  an  den  Tag  legte,  und  wie  sie  gegenwärtig 
von  Thureau-Dangin  vorbildlich  vertreten  wird,  in  dir  Wieg» 
legt  zu  sein  scheint,  H_   Zimmern. 


958  Anseigen. 

Howard?/ ,  G.,  Clavis  cuneorum  sive  Lexicon 
signorum  assyriorum  Unguis  latina,  britannica, 
germanica  sumptibus  Instituti  Carlsbergici  Hauniensis 
compositum.  Pars  I:  Ideogrammata  praecipua.  Lipsiae, 
Harrassowitz ;  Hauniae ,  Michaelsen  1904.  96  Ss.  gr.  8°. 
M.  5.-—. 

Trotz  der  Bemerkung  des  in  den  Kreisen  der  Assyriologie 
bisher  übrigens  gänzlich  unbekannten  Verfassers  auf  dem  Umschlag 
„der  Zweck  vorliegender  Arbeit  ist  die  assyrischen  Zeichen  mit 
ihren  Bedeutungen  in  kurzer  Zusammenfassung  zum  Gebrauch  für 
Anfänger  und  Fortgeschrittenere  zu  vereinigen  .  .  .  ."  vermag  Ref. 
den  eigentlichen  Zweck  dieser  Publikation  nicht  zu  erkennen.  Dem 
Forscher  bietet  diese  sklavisch  an  Brünnow's  List  und  Delitzschs 
Handwörterbuch  oder  Lesestücke  sich  haltende  Kompilation,  wenig- 
stens soweit  die  bis  jetzt  vorliegende  erste  von  den  ca.  vier  in 
Aussicht  genommenen  Lieferungen  in  Betracht  kommt,  nichts,  aber 
auch  rein  nichts  Neues;  im  Gegenteil  befremdet  ihn  nur  sehr  die 
offenbar  äußerst  geringe  Bekanntschaft  des  Verfassers  mit  der 
neueren  assyriologischen  Literatur  (abgesehen  von  den  genannten 
beiden  Werken  Brünnow's  und  Delitzsch's).  Aber  auch ,  ob  der 
Anfänger  großen  Nutzen  aus  dieser  Clavis  ziehen  wird ,  möchte 
ich  sehr  bezweifeln.  Ich  möchte  vielmehr  glauben ,  daß  sie  nur 
der  Oberflächlichkeit  starken  Vorschub  leisten  wird.  Möglicher- 
weise lassen  die  zu  erwartenden  ca.  drei  folgenden  Lieferungen, 
die  die  „Ideogrammata  rariora ,  nomina  propria  und  zum  Schlüsse 
Anmerkungen,  Belegstellen,  Nachschlageregister "  bringen  sollen, 
das  Unternehmen  in  einem  etwas  günstigeren  Lichte  erscheinen, 
als  es  nach  dieser  ersten  Lieferung  der  Fall  ist.  Die  beigefügten 
hebräischen  Wörter  zeichnen  sich  durch  merkwürdig  viele  Fehler 
aus,  die  auch  nicht  etwa  ausschließlich  dem  Setzer  oder  Korrektor 
zur  Last  fallen  können.  H.  Zimmern. 


959 


Verzeichnis  der  im  letzten  Vierteljahr  bei  der 
Redaktion  eingegangenen  Druckschriften. 

(Mit  Ausschluss  der  bereits  in  diesem  Hefte  angezeigten  Werke.  Die  Redaktion 
behalt  sich  die  Besprechung  der  eingegangenen  Schriften  vor.  Anerbieten  der 
Herren  Kollegen,  das  eine  oder  andre  wichtigere  Werk  eingehend  besprechen 
zu  wollen ,  werden  mit  Dank  akzeptiert.  Die  mit  *  bezeichneten  Werke  sind 
bereits  vergeben.) 

Ana  toi  e.  Zeitschrift  für  Orientforschung.  Unter  Mitwirkung  zahlreicher  Ge- 
lehrter in  zwanglosen  Heften  herausgegeben  von  Waldemar  Beide  und 
Ernst  Lokmann.  Heft  1.  Die  Kelischin-Stele  und  ihre  chaldisch-assyrischen 
Keilinschriften  von  Waldomar  Reich.  Freienwalde  a.  0.  u.  Leipzig,  Max 
Rüger,   1904.     Mk.   9. 

Gebete  und  Hymnen  an  Nergal  von  Josef  Böllenrücher.  [Leipziger 
semitistische  Studien,  hrsg.  v.  A.  Fischer  u.  H.  Zimmern,  I,  6.]  Leipzig, 
J.  C.  Hinrichs,   1904.     Mk.   1,80. 

*(Jheyne,  T.  K.  -  Critica  Biblica  or  Critical  Notes  on  the  Text  of  the  Old 
Testament  Writings.    London,  Adam  and  Charles  Black,   1904.      15   s.   net. 

*Ayles,  H.  H.  B.  -  A  Critical  Commentary  on  Genesis  II.  4 — III.  25.    London, 

C.  J.   Clay  and  Sons,   1904.     5   s. 
Fries ,  Karl  -  Das    philosophische    Gespräch    von  Iliob    bis  Piaton.     Tübingen, 

J.  C.  B.  Mohr  (Paul  Siebeck),  1904.     Geheftet  Mk.  2,80. 
Vogelstein,  H.  -  Notwehr  nach  mosaisch-talmudischem  Recht.     [Sonderabdruck 

a.  d.   „ Monatsschrift  f.  Gesch.  u.  Wiss.  d.  Judentums".]    Stettin  1904.    Im 

Selbstverlag  d.  Verf. 

*Die  arabischen  Bibelübersetzungen,  Texte  mit  Glossar  und  Literatur- 
übersicht. Von  Paul  Kahle.  Leipzig,  J.  C.  Hinrichs,  1904.  Mk.  4, 
geb.  4,C0. 

Grimme,  Hubert  -  Die  weltgeschichtliche  Bedeutung  Arabiens.  Mohammed. 
Mit  einer  Karte  und  60  Abbildungen.  [Weltgeschichte  in  Karakterbildern. 
hrsg.  v.  Fr.  Kampers,  S.  Merkle  u.  M.  Spahn.  11.  Abtlg.  Mittelalter.] 
München,  Kirchheim,  1904.     Mk.  4  in  Leinenbd. 

Perier,  Jean  -  Vie  d'al-Hadjdjädj  ihn  Yousof  (41—95  de  l'hegire  =  661  711 
de  J.-C.i  d'apres  les  sources  arabes.  Bibliotheque  de  l'Ecole  des  Bautes 
Etudes  ....  Sciences  bist,  et  philol.  I51e  fasc]  Paris,  Emile  Bouillon. 
1904.      Fr.    13. 

Die  Häsimijjät  des  Kumait,  herausgegeben,  übersetzt  und  erläutert  von  Josef 
Horovitz.     Leiden,  E.  J.   Brill,    L904. 

Diwan  dos  Regezdichters  Rüba  ben  EVaggäg.  Aus  dem  Arabischen  metrisch 
übersetzt  von  W.    Ahlwardt,     Berlin,   Reutber  &   Reichard,    L904.     Mk.   3 

Bd.  LV11I.  62 


960      Verzeichnis  der  bei  der  Reduktion  eingegangenen  Druckschriften. 

Corpus     scriptorum     ehristianorum     orientaliuin    curantibus    J.-B. 
Chabot,  1.   Guidi,  H.   Hyvernat,  B.   Carra  de  Vaux.     Parisiis:  Carolus 
Poussielgue,  Lipsiae:  Otto  Ilarrassowitz: 
Annales  lohannis  I,   Iyäsu  I,    Bakäffä.     Edidit  [et]  Interpretatus    est 
[gnatius    Guidi     Pars    prima:    Annales    lohannis  I.     [Seriptores 
aothiopici,  ser.  II,  t.  V,  1.]      1903.     2   voll.     Mk.  3  -f  1,G0. 
Vitae     s  an  Ctorum     indigenarum.        Edidit     Karolus     Conti    Rossini. 
I.  Acta  Marqorewos.     [Seriptores  aothiopici,  ser.  II,  t.  XXII, 
1.]      1904.      [Nur  lat.  Übersetzung.]     Mk.   1,60. 
■'■ -Tel ras  Ibn  RaJiib.    Chronicon  Orientale.     Edidit  [et]    Interpretationen!  olim 
ab  ALrahamo    Ecchellensi    institutam    tum    a  I.  S.    Assemanu    revisam 
itorum    ad    fidem    arabici    textus    recognovit  L.    Cheilcho.     [Seriptores 
arabici,  ser.  III,  t.  I.]      1903.     2   voll.     Mk.   7,20  -j-  4,40. 
Dionysius    Bar    Sedlbi.      Expositio    liturgiae.     Edidit    [et]    Interpretatus    est 
Hieronymus  Labourt.     [Seriptores    syri,    ser.    II,    t.  XCIII.]     1903. 
2   voll.     Mk.  5  +  3. 
Chronica  minor a.    Pars  prior.    Edidit  [et]  Interpretatus  est  Ignatius  Guidi. 
[Seriptores  syri,  ser.  III,  t.  IV,  1.]      1903.     2  voll.    Mk.   2  +  0,80. 
The  Canons    of  Athanasius    of  Alexandria.     The  Arabic    and  Coptic  Versions 
edited  and  translated  with  introduetions,  notes  and  appendices  by  Wilhelm 
Riedel  and   W.  E.    Crum.     [Text    and  Translation  Society.]     London    and 
Oxford,  Williams  and  Norgate,   1904. 

Erman,  Adolf  -  Aegyptisches  Glossar.  Die  häufigeren  Worte  der  aegyptisehen 
Sprache  zusammengestellt.  [Porta  Linguarum  Orientalium,  pars  XX.]  Berlin, 
Reuther  &  Reichard,  1904.  Mk.  13,  geb.  Mk.  14,  Chrestomathie  und  Glossar 
zusammen  Mk.  23,  geb.  Mk.  24,80. 
*Recueil  des  Inscriptions  Egyptiennes  du  Sinai.  Bibliographie, 
Texte,  Traduction  et  Commentaire.  Precede  de  la  geographie,  de  l'histoiro 
et  de  la  bibliographie  des  etablissements  egyptiens  de  la  peninsule.  Par 
Kaymond   Weill.     Paris,  Societe  Nouv.   de  Librairie  et  d'Edition,   1904. 

Stcindorff,  Georg  -  Durch  die  Libysche  Wüste  zur  Amonsoase.  [Land  und 
Leute.  Monographien  zur  Erdkunde  .  .  .  hrsg.  v.  A.  Scobel.  XIX.]  Biele- 
feld  und  Leipzig,  Velhagen  &  Klasing,   1904.     Mk.  4. 

Vorträge  türkischer  Meddäh's  (mimischer  Erzählungskünstler).  Zum 
ersten  Male  ins  Deutsche  übertragen  und  mit  Textprobe  und  Einleitungen 
herausgegeben  von  Georg  Jacob.    Berlin,  Mayer  &  Müller,  1904.    Mk.  3,60. 

Smith  ,  Vincent  A.  -  The  Early  History  of  India  from  600  B.  C.  to  the  Muham- 
madan  Conquest  including  the  Invasion  of  Alexander  the  Great.  Oxford, 
Clarendon  Press,   1904.      14  s.   net. 

The  Srauta-Sütra  of  Drähyäyana,  with  the  Commentary  of  Dhanvin.  Edited 
by  J.  X.  Reuter.  Part  I.  [Reprinted  from  the  "Acta  Societatis  Scientiarum 
Fennicse",  t.  XXV,  pars  II.]  London,  Luzac  &  Co.,  1904.  10  s.  6  d.,  für 
Subscribenten  auf  das  ganze  Werk  8s.   Cd. 

Hertel,  Johannes  -  Über  das  Tanträkhyäyika ,  die  KasmTrische  Rezension  des 
Paficatantra.  Mit  dem  Texte  der  Handschrift  Decc.  Coli.  VIII,  145.  [Ab- 
hdlgg.  d.  philol.-hist.  Kl.  d.  K.  Sachs.  Ges.  d.  W. ,  Bd.  XXII,  Nr.  V.] 
Leipzig,  B.  G.  Teubner,  1904.     Mk.  8. 

Schröder,  Otto  -  Maya-Lehre  und  Kantianismus.  Berlin,  Paul  Kaatz  [1904]. 
Mk.    1,25. 

Abgeschlossen   am   2.    1.    1905. 


961 


Autorenregister *). 


525 
243 
799 
238 
250 
431 
395 
587 
262 
161 
379 
207 
492 
238 
455 
518 
505 
386 
245 
208 
667 
680 
877 
245 
797 
117 
37  4 
463 
925 
463 
485 
617 
492 
496 
888 
958 

245 
494 

Sil 
383 
114 

••*■> 

Kluyver    . 

.      .       771. 

147 

»Bacher      .     .     .     . 

«Ballini       .      .      . 

Krcsmärik 
*Küchler    . 
Lehmann,  C.   V 
Leipoldt    . 
Leumann  . 
Lüders 

.     .     .    69. 
.     .       203. 

316. 

815. 

250. 
687 

539 
'148 

Barth,  J 

Baudissin,  Graf 

Baumann  . 

Beer,   G 

.      .       217. 

859 
920 
596 
867 

Belek  .... 

499 

Belloni-Filippi    . 

670 

-Martin       .      . 

957 

.     .      206 
251.  499. 

7l^7 

Blau 

Bloch 

Meißner,   Br. 

-Meißner,  Br. 

245 
931 

Mills     . 

426 

Müller,  D.  11. 
«Müller,  D.   11. 
Nestle .      .     . 
Nöldeke    . 

108.  597. 
4  94.   496. 

601. 

888. 

7s, i 

954 

66  1 

*Derenbourg   . 
Fagnan,  E.    . 

903 

4  85 

Pischel 

24:;. 
».  63; 
634. 

361. 

363 

Fischer,  A.    . 
»Fischer,  A.    .     .     . 
Fraenkel,  S.  . 

.     .       770 

Praetorius    L98. 

Rothstein,  G. 

Schäfer,  11.    . 
»Schäfer,  11.    . 
»Schmidt,  1 

Schmidt,   R.  . 

2C0.461.48 

.715 
776 
268 

22  6 

Ginsburger,  M.  . 
de   Goeje  .      .      .      . 

•.'Ob.   294 

920 
417 
864 

Simonsen  . 
Smith,  V.  A. 
v.  Stackeiberg 
Steinschneider 

So  7 

»Guidi 

Haupt 

llertel  

*ffilgenfeid,  11.    .     . 

...      1 

7  87 

sv; 

299 
670 

»Horovitz,  J.  . 
*Howardy  .     .     .     . 
»Huart 

"Stumme    . 

903 

»Völlers      .     . 

2  17 

Weißbach      . 

931 

*Ignatius  Ephraem  1 
Jacob,  G.       .      .      . 

1.,! 

Zimmern  1  99.  458.  948.  95  1 

.  957 

2  15 

Jolly 

l  i  *  bezeichnet  diu  Verfasser  angezeigter  Werke 


962 


Sachregister, 


Sachregister1). 


Abessinischcn  Dialekte,  Die,  (und 

das  Sabaoo-Miuäische)    .      .      .      2G0 
■'■'Atta  Pauli  aus  der  Heidelberger 
koptischen  Papyrushandschrift 

.Nr.   1 920 

Ägyptologie 268 

-Agada,  Die,  der  Tannaiten  .  .  238 
Alttestamentliche  Studien  .  .  262 
Amitagati's      Subhäsitasanidoha, 

The  Kävyamälä  Edition  of,     .     447 
Astronomischer  Beitrag,  Ein,  zur 
Exegese  des  Alten  Testaments     386 
*Azazai'l,  Histoire  de  Saint,   .     .     499 

Basar- Vesali 206 

*Becherwahrsaguugbei  denBaby- 

loniern 245 

Bhagavadgitä  II,  46    .     .       379.383 
*Catalogus  Catalogorum     .     .     .     243 
*Clavis    cuneorum    sive    Lexicon 
siguorum  assyriorum  unguis  la- 
tina,  britaunica,  germanica  .... 

compositum 958 

Digamma  und  Wau     .     .     .      .     461 
Esinün-äzär-Inschrift,  Zur,     .      .      198 
Fabel    von  Wolf  und    Kranicb, 
Zur, 798 

Oj.xs,    Angebliches    caritatives, 

im  Ägyptisch-Arabischen     .     .875 
Feminina  auf  bloßes  t  im  Ara- 
bischen     871 

"^Geschichten ,  Neuarabische,  aus 

dem  Iraq 931 

gillüllm,  Die    alttestamentliche 

Bezeichnung    der    Götzen   mit,     395 
-Ghvargis  Warda  von  Arbel,  Aus- 
gewählte Gesänge  des,  .      .     .     496 
Gutmann  und  Gutweib  in  Indien     363 
*Hammurabis,  Die  Gesetze,  und 
ihr  Verhältnis  zur  mosaischen 
Gesetzgebung    sowie    zu     den 

XII  Tafeln 954 

Harihara's  Katirahasya   203.  361.  596 
Höhlen,    Indische,    als  Vergnü- 
gungsorte        867 

Hotten  tottische  Laute  und  Lehn- 
worte im  Kafir 727 

Iarüt,  Der  Götze 869 

Jatakas,  Die,  und  die  Epik.     .     687 
Jeziditen,  Ein   Gesetz  der,    .     .     876 
Indian  Kings,  The,  named  Silä- 
ditya,    and    the    Kingdom    of 
Mo-la-p'o 787 


Indologie 282 

Inschriften,  Zwei  türkische,.     .      811 
Inschriften ,    Zwei    unveröffent- 
lichte chaldische,       .     .       815.  859 
Kanon ,    Der ,     der     biblischen 
Bücher  bei  den  babylonischen 
Nestorianern  im  9./10.  Jhdt.  634.  770 
*Kumait,  Die  Häsimijjät  des,     .     888 
Lautlehre,  Zur  hebräischen,       .     518 
^Leipziger    semitistische  Studien     245 
^Lieder,  Die,  eines  ägyptischen 

Bauern 226 

Literatur  der  Araber,  Zur  alchi- 
mistischen,   299 

Literaturgeschichte,  Notizen  zur 

arabischen, 582 

*Livre,  Le,  des  mysteres  du  ciel 

et  de  la  terre 485 

Maghreb,    Notes    concernant  le,     667 
Magnificat,  The  Prototype  of  the,     6 1 7 
^Maltesische  Studien.  —  Maltes. 

Märchen,  Gedichte  und  Kätsel     903 
^Medizin,  Beiträge  zur  Kenntnis 

der  Assyrisch-Babylonischen,  .     948 
Medizin,  Zur  Quellenkunde  der 

indischen, 114 

Mehmed  Emin  Bej,  Neues  von,  117 
Mehri-  und  Soqotri-Glossen  .  780 
Melupum  (Melopum)      597.   799.  807 

Miszellen 869 

-Mohammed  ibn  Toumert  mahdi 

des  Almohades,  Le  livre  de,  .     463 
*Motahhar  ben  Tähir  el-Maqdisi, 
Le  livre  de  la  Creation  et  de 
l'Histoire  de,  attribue  ä  Abou- 
Zeid  Ahmed  ben  Sahl  el-Balkhi     925 
Muniläs  and  Australians  .     .     .      147 
^'■Mutalammis,  Die  Gedichte  des,     217 
Nordbuddhistische  Terminologie, 
Bemerkungen  über  die,  im  Hin- 
blick auf  die  Bodhisattvabhümi     451 

Notizen 797 

*'Oumära  du  Yemen ,    sa   vie  et 

son  ocuvre 208 

Pahlavi  Texts,  The,  of  Yasna  XX, 
XXI,  XXII,  edited  with  all  the 

MSS.  collated 426 

*\Pancasati-prabodha-sambandhah 
o  le  Cinquecento  novelleantiche 

di  SuhhasTla-gani 250 

Pancatantra,  Das  südliche.  Über- 
sicht über  den  Inhalt  der  älteren 
,Pancatantra"-Kezensionen      .  1 


1)  *  bezeichnet  angezeigte  Werke. 


Sachregister, 


963 


Pfeile  aus  Nabo-Holz  .  .  .  .  877 
Phönizische  Namen  auf  "j^TÖ  .  633 
Pluralbildung    des    Semitischen, 

Beiträge  zur, 431 

Psalm   2 587.   864 

Psalm  55,  23,  Eine  Anfrage  au 
Arabisten  über,     .     .     .       664.   797 
*Rechtsurkunden ,      Altbabyloni- 
sche, aus  der  Zeit  der  Ilammu- 

rabi-Dynastie 245 

Resen  in   Genesis   10  .     .      .      .      158 
Kusas'  II  Argistihinis  von  Etsch- 
miadzin,  Die  Steleninschrift,   .      161 

Sabbath 199.   458 

Samskrt-Handschriften      .     .     .     525 
Schützensage,  Die  iranische,      .      853 
Semitische,  Das,  mit  Ausschluß 
des  Sabaeo-Minäischen  und  der 
abessinischen    Dialekte ,    sowie 
der  alttestamentlichen  Studien     251 
Sprachwissenschaftlichen    Werk 
von   1539,  Aus  einem,   .     .      .      601 


Strafrechts,  Beiträge  zur  Beleuch- 
tung des  islamitischen ,  mit 
Rücksicht  auf  Theorie  und 
Praxis  in  der  Türkei    69.   310.   539 

"Studia  syriaca  seu  collectio  docu- 
mentorum  hactenus  ineditorum     494 

Südsomitischen  Alphabet,  Be- 
merkungen zum, 715 

Sütras,  Zur  Exegese  und  Kritik 
der   rituellen, 505 

'Textes  religieux  assyriens  et  ba- 
byloniens 95  7 

Thargum  jeruschalmi,  Neue  Frag- 
mente des, :;7  4 

Theater  in  Indien,  Ein  griechi- 
sches  455 

.Tiele's  Kamer' 294 

*Tlemcen,  Le   dialecte  parle  ä,  .      670 

'Volksdichtung    aus    Indonesien. 

Sagen,  Tierfabeln  und  Märchen     492 

r>Zigeuner,  Lehrbuch  des  Dialekts 

der  deutschen, 680 


Druck  von  G.  Kreysing  in  Leipzig. 


NGi>.     f.  JAN  2  9  1968 


PJ  Deutsche  Morgenland i sehe 

5  Gesellschaft 
DA.  Zeitschrift 

Bd.  58 


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