HANDBOUND
AT THE
UNIVERSITY OF
TORONTO PRESS
Zeitschrift
Deutschen Morgenländischen Gesellschaft.
Herausgegeben
von den Geschäftsführern,
in Halle Dr. Hultzsch, in Leipzig Dr. Fischer,
Dr. Praetorius, Dr. Windiscb,
unter der verantwortlichen Redaktion
des Prof. Dr. A. Fischer.
A c h tu n d f ü nfzisster ßa n d.
o
) 1 J
*
\
Leipzig 1904,
in Kommission bei V. A. Brockhaus.
VD
5
P4
Bd. 51
Inhalt
de# achtundfünfzigsten Bandes der Zeitschrift der Deutschen
Morgenländischen Gesellschaft.
Seite
Nachrichten über Angelegenheiten der D. M. 6. . . . . . I
Verzeichnis der Mitglieder der D. M. G. im Jahre 1904 . . IV
Verzeichnis der gelehrten Körperschaften und Institute , die mit der
D. M. G. in Schriftenaustausch stehen ..... XV]
Personalnachrichten XX XXXIII XLIII LXVI
Verzeichnis der für die Bibliothek eingegangenen Schriften u. s. w.
XXI XXXIV XLIV LXVII
XI Ve Congres International des Orientalistes XXIX
Zur Beachtung XXXI
Allgemeine Versammlung der D. M. G. zu Leipzig .... XLI LH
Zwei Anträge auf Zusätze zu den Satzungen der D. M. G. . . XL II
Protokollarischer Bericht über die zu Leipzig abgehaltene Allgemeine
Versammlung .......... LIII
Extrakt aus der Rechnung über Einnahme und Ausgabe bei der Kasse
der D. M. G. 1903 LX1I
Satzungen des Vereins „Deutsche Morgenländische Gesellschaft" . LXXIV
Aufsätze.
Das südliche Paiicatantra. Übersicht über den Inhalt der älteren „Paiica-
tantra'-Rezensionen bis auf Pürnabhadra. Von Johannes Hertel . 1
Beiträge zur Beleuchtung des islamitischen Strafrechts, mit Rücksicht auf
Theorie und Praxis in der Türkei. Von Johann Krcsmdrik . . 69
Zur Quellenkunde der indischen Medizin. Von Julius Jollij . . .114
Neues von Mehmed Emin Bej. Von Friedrich Giese . . . .117
Mundäs and Australians. By Sten Konow ...... 147
Resen in Genesis 10. Von Eberhard Nestle 158
Die Steleninschrift Rusas' II Argistihinis von Etschmiadzin. Von W. Belch 161
Zur Esmün'äzär-Inschrift. Von Franz Praetorius 198
Sabbath. Von H. Zimmern 199
Bemerkungen zu Harihara's Ratirahasya Von Ernst Leumann . . 203
Basar-Vesali. Von Th. Bloch 206
Anfrage. Von Annette S. Beveridge 207
Zur alchimistischen Literatur der Araber. Von Moritz Steinschneider . 299
Beiträge zur Beleuchtung des islamitischen Strafrechts, mit Rücksicht auf
Theorie und Praxis in der Türkei. Von Johann Krcsmdrik '. . 316
Entgegnung auf Leumanns „Bemerkungen zu Harihara's Ratirahasya1'.
Von Richard Schmidt 3T>1
Gutmann und Gutweib in Indien. Von 11. Pischel .... 363
Neue Fragmente des Thargum jeruschalmi. Von Dr. M. Ginsburger . .i7-l
über Bhagavadgltä II, 4G. Von Dr. Ferdinando Belloni-Filippi . 379
Bemerkungen zu vorstehendem Aufsatz. Von Hermann Jacobi . 383
IV Inhalt.
Seite
Ein astronomischer Beitrag zur Exegese des Alten Testaments. Von C.
V. 1. Chariter ... 386
Die alttestamentliche Bezeichnung der Götzen mit gülulim. Von Wolf
Wilhelm Grafen Baudissin 395
The Pahlavä Tests of Yasna XX. XXI. XXII, edited with all the-MSS.
; j L. II. Mills 426
Beitrage zur Pluralhildung des Semitischen. Von ■/. Barth . . . 431
The Kävyamälä" Edition of Amitagati's Subhäsitasamdoha. By Richard
Schmidt 447
Bemerkungen über dio nordbuddhistische Terminologie im Hinblick auf
dhisattvabhümi. Von Unrai Wogihara .... 451
Ein griechisches Theater in Indien. Xon 'Jh. Bloch .... 455
Nochmals Sabbat Von //. Zimmern 458
Digamma und Wan. Von Franz Praetorium . ... 461
Zur Exegese und Kritik dor rituellen Sütras. Von W. Caland . . 505
Zur hebräischen Lautlehre. Von ('. Brockelmann .... 518
SamskrtrHandschriften. Von Theodor Aufrecht 525
Beiträge zur Beleuchtung des islamitischen Strafrechts, mit Rücksicht auf
Theorie und Praxis in der Türkei. Von Johann Krcsmdrik . . 539
\ d zur arabischen Literaturgeschichte. Von I. Goldziher . . 582
Psalm •_'. Von Lic. E. Baumann 587
Noch ein Wort zu Richard Schmidt's Ausgabe von Harihara's Ratirahasya.
V,.n Ernst Leumann 596
Melnpum. Von Eberhard Nestle 597
Aus einem sprachwissenschaftlichen Werk von 1539. Von Eberhard Nestle 601
Prototype of the Magnificat. By Paul Haupt .... 617
Phönizische Namen auf "b'<25. Von Franz Praetorius .... 633
Der Kanon der biblischen Bücher bei den babylonischen Nestorianern im
9. 10. Jhdt. Von Gustav Rothstein 634
Eine Anfrage an Arabisten über Psalm 55, 23. Von Eb. Nestle [mit Zu-
satz von A. Fischer] 664
■ oncernant le Maghreb, par E. Fagnan 667
Die Jätakas und die Epik. Von Heinrich Lüders .... 687
Bemerkungen zum südsemitischen Alphabet. Von Franz Praetorius . 715
■ottische Laute und Lehnworte im Kafir. Von Carl Meinhof . 727
Zu G. Rothstein, Der Kanon der biblischen Rücher bei den babylonischen
rianern im 9/10. Jhdt. I. Von Siegmund Fraenkel. II. Von
W. Bacher. III. Von Gustav Rothstein 770
Mehri- und Soqo tri- Glossen. Von D. H. Müller 780
The Indian Kings named Siläditya , and the Kingdom of Mo-la-p'o. By
Vincent A. Smith 787
Notizen. Von Siegmund Fraenkel ....... 797
Der hebräische Vokalname Melopum. Von W. Bacher . . . .799
[( lupum". Von D. Simonsen ....... 807
/ rkische Inschriften. Von Georg Jacob ..... 811
/. uiveröffentlichte chaldisehe Inschriften. Von C. F. Lehmann . 815
Schützensage. Von R. v. Stackeiberg .... 853
- blnßwort. Von C. F. Lehmann 859
j. Von Eduard Sievers 864
Indische Höhlen als Wr^nügungsorte. Von Heinrich Lüders . . 867
Miszellen. Von A. Fischer 869
Pfeile aus Nah -Holz. Von A. Fischer 877
Inhalt. V
Seite
Anzeigen.
'Oumära du Yemen, sa vie et son ceuvre par Hartwig Derenbourg.
Tome premier 1897, tome second 1902. Von M. J. de Goeje . 208
Die Gedichte des Mutalammis, arabisch und deutsch. Bearbeitet von K.
Völlers. Von J. Barth 217
Die Lieder eines ägyptischen Bauern. Gesammelt und übersetzt von
Heinrich Schäfer. Von K. Völlers 226
Bacher, W., Die Agada der Tannaiten. Erster Band. Von Ludwig Blau 238
Aufrecht, Theodor, Catalogus Catalogorum. Part III. Von R. Pischel 243
Leipziger semitistische Studien. Herausgegeben von A. Fischer und
H. Zfmmern. I, 1. 2. Von Bruno Meissner .... 245
PaficasatT-prabodha-sambandhah o le Cinquecento novelle antiche di Subha-
sTla-gani, edite e tradotte per cura di Ambrogio Ballini. Von
Ernst Leumann 250
Le livre de Mohammed ibn Toumert mahdi des Almohades. Texte arabe
accompagne de notices biographiques et d'une introduction pari. Gold-
ziher. Von M. J. de Goeje 463
Le livre des mysteres du ciel et de la terre. Texte ethiopien publie et
traduit par J. Perruchon avec le concours de M. I. Guidi. (R.
Graffin. et F. Nau, Patrologia Orientalis, tome I, fascicule I.) Von
F. Praetorius 485
Volksdichtung aus Indonesien, Sagen, Tierfabeln und Märchen, übersetzt
von T. J. Bezemer, mit Vorwort von Prof. Dr. H. Kern. Von
Joh. Hertel 492
Studia syriaca seu collectio doeumentorum hactenus ineditorum. Ex codicibus
syriacis primo publicavit, latine vertit notisque illustravit Ignatius
Ephraem II Rahmani patriarcha Antiochenus Syrorum. Von
Th. Nöldeke . 494
Ausgewählte Gesänge des Giwargis Warda von Arbel, herausgegeben mit
Übersetzung, Einleitung und Erklärung von Heinr. Hilgenfeld.
Von Th. Nöldeke 496
Histoire de Saint Azazail, texte syriaque inedit avec introduction et tra-
duction francaise. Precedee des actes grecs de Saint Pancrace, publies
pour la premiere fois par Frederic Macler. Von C. Brockelmann 499
Le dialecte arabe parle ä Tlemcen. Grammaire, textes et glossaire par
W. Marcais, Directeur de la Medersa de Tlemcen. Von Hans
Stumme 670
Franz Nikolaus Finck. Lehrbuch des Dialekts der deutschen Zigeuner.
Von A. Kluyver 680
Die Häsimijjät des Kumait, herausgegeben, übersetzt und erläutert von
Josef Horovitz. Von Th. Nöldeke 888
Hans Stumme, Maltesische Studien. Eine Sammlung prosaischer und
poetischer Texte in maltesischer Sprache nebst Erläuterungen. —
Derselbe, Maltesische Märchen, Gedichte und Rätsel in deutscher
Übersetzung. Von Th. Nöldeke 903
Acta Pauli aus der Heidelberger koptischen Papyrushandschrift Nr. 1
herausgegeben von Carl Schmidt. Übersetzung, Untersuchungen
und koptischer Text. Dazu ein Tafelband. Von J. Leipoldt . 920
Le livre de la Creation et de l'Histoire de Motahhar ben Täbir el-Maqdisi
attribue ä Abou-Zei'd Ahmed ben Suhl cl-Balkhi , publie et traduit
d'apres le manuscrit de Constantinople par Bf. ('!. Haart. Von
/. Goldziher 925
VI Jnludt.
Seite
Bruno Meißner, Neuarabische Geschichten aus dem Iraq, gesammelt,
übersetzt, herausgegeben und mit einem erweiterton Glossar versehen.
Von F. IL Weißbach ' . . .931
Kiu- hier. Friedrich, Beiträge zur Kenntnis der Assyrisch-Babylonischen
Medizin. Texte mit Unischrift, Übersetzung und Kommentar. Von
//. Zimmern 948
Müller, Dav. Heim-., Die Gesetze Hammurabis und ihr Verhältnis zur
mosaischen Gesetzgebung sowie zu den XII Tafeln. Text in Um-
schrift, deutsche und hebräische Übersetzung, Erläuterung und vor-
ende Analyse. Von //. Zimmern 954
Martin, Francois, Textos religieux assyriens et babyloniens. Transcriptions,
traduetion et commentaire. Von //. Zimmern .... 957
Howardy, G., Clavis euneorum sive Lexicon signorum assyriorum unguis
latina, hritannica, germanica sumptibus Instituti Carlsbergici Hauniensis
compositum. Pars 1: Ideogrammata praeeipua. Von H. Zimmern. 958
Wissenschaftlicher Jahresbericht.
Das Semitische, mit Ausschluss des Sabaeo-Minäischen und der abessinischen
Dialekte, sowie der alttestamentlichen Studien. Von C. Brockelmann 251
Die abessinischen Dialekte (und das Sabaeo-Minäische). Von Franz Prae-
torius 260
Alttestatnentliche Studien. Von G. Beer 262
Ägyptologie. Von Heinrich Schäfer 268
Indologie. Von K. Klemm 283
Nachwort 292
Mitteilung und Bitte „Tiele's Kamer" betreffend. Von M. J. de Goeje 294
Verzeichnis der bei der Redaktion eingegangenen Druckschriften
296. 502. 685. 959
Autoren- und Sachregister
VII
Aufsätze und Anzeigen1) des Bandes
nach den verschiedenen Disziplinen geordnet.
Allgemeine Sprachwissenschaft. Seite
Aus einem sprachwissenschaftlichen Werk von 1539. Von Eberhard Nestle 601
Digamma und Wau. Von Franz Praetorius . . . . 4G1
Semitistik.
AI/gemeine und vergleichende Schriften.
Das Semitische, mit Ausschluss des Sabaeo-Minäischen und der abessinischen
Dialekte, sowie der alttestamentlichen Studien. [Jahresbericht] Von
C. Brockelmann .251
"^Leipziger semitistische Studien. Herausgegeben von A. Fischer und
H. Zimmern. I, 1. 2. Von Bruno Meissner . . . .245
Beiträge zur Pluralbildung des Semitischen. Von J. Barth . . .431
Babylonisch-Assyrisch (und Literatur über die Keilschrift
im Allgemeinen).
*Howardy, G., Clavis cuneorum sive Lexicon signorum assyriorum unguis
latina, britannica, germanica sumptibus Institut! Carlsbergici Hauniensis
compositum. Pars I: Ideogrammata praecipua. Von H. Zimmern. 958
*M ar t i n , Francois, Textes religieux assyriens et babyloniens. Transcriptions,
traduction et commentaire. Von H. Zimmern .... 957
-Müller, Dav. Heinr. , Die Gesetze Hammurabis und ihr Verhältnis zur
mosaischen Gesetzgebung sowie zu den XII Tafeln. Text in Um-
schrift, deutsche und hebräische Übersetzung, Erläuterung und ver-
gleichende Analyse. Von H. Zimmern 954
*Küchler, Friedrich, Beiträge zur Kenntnis der Assyrisch-Babylonischen
Medizin. Texte mit Umschrift, Übersetzung und Kommentar. Von
H. Zimmern 948
Sabbath. Von H. Zimmern 199
Nochmals Sabbat. Von H. Zimmern 458
Die Stelcninschrift Rusas' II Argistihinis von Etschmiadzin. Von U'. Belck 161
Zwei unveröffentlichte chaldischo Inschriften. Von C. F. Lehmann 815
Bin Schlußwort. Von C. F. Lehmann 859
Hebräisch-Phönizisch.
Alttestamentliche Studien. [.Jahresbericht.] Von G. Beer . . . 262
Melupum. Von Eberhard Nestle 597
Der hebräische Vokalname Melopum. Von W. Bacher .... 799
Zu „Melupum". Von D. Simonsen ....... 807
i I>i- Anzeigen macht ein * besonders kenntlich
VUI Inhalt nach den Disziplinen geordnet.
Seite
Zur hebräischen Lautlehre. Von ('. Brockelmann . . . .518
Resen in Genesis 10. Von Eberhard Nestle 158
The Prototype of the Magnificat. By Paul Haupt . . . .617
Psalm -. Von Lie. E. Baumann 587
Psalm 2. Von Eduard Sievers . . . . • ■ .864
Eine anfrage an Arabisten über Psalm 55, 23. Von Eb. Nestle [mit Zu-
satz von A. Fischer] • 664
Ein astronomischer Beitrag zur Exegese des Alten Testaments. Von C.
T. L. Charlier • ■ • • 386
Die alttestamentlicho Bezeichnung der Götzen mit gülviim. \ on Wolf
Wilhelm Grafen lhnuUssm . . . . , • . • - 395
*B ach er. W., Die Agada der Tar.naiton. Erster Band. Von Ludrng Blau 238
Zur Esmün'äzär-lnsdirift. Von Franz Praetorius 198
Phöniziscbe Namen auf "iblö. Von Franz Praetorius .
633
Aramäisch.
Neue Pigmente1 des Thargum jeruschalmi. Von Dr. M. Ginsburger . 374
Notizen. Von Siegmund Fraenkel . . •'''.'■ •' '.'.'' 797
*Studia syriaca seu collectio documentornm hactenus ineditorum. Ex codieibus
syriacis primo publicavit, latine vertit notisque illustravit Ignatius
Epbraem 11 Kali man i patriarcha Antiochenus Syrorum. Von
Th. Nöldeke .494
«Ausgewählte Gesänge des Giwargis Warda von Arbel, herausgegeben mit
Übersetzung, Einleitung und Erklärung von Heinr. Hilgenfeld.
Von Th. NöfdeJce 496
«Histoire de Saint Azaza'il, texte syriaque inedit avec introduetion et tra-
duetion francaise. Precedee des actes grecs de Saint Pancrace, publies
pour la premiefe tois par FredericMaeler. Von C. Brockelmann 499
Arabisch (und Islam).
Zur alchimistischen Literatur der Araber. Von Moritz Steinschneider . 299
Notizen zur arabischen Literaturgeschichte. Von I. Goldziher . . 582
Not. s coueernant le Maghrcb, par E. Fagnan 667
Miszellen. Von A. Fischer 869
Pfeile aus Nah -Holz. Von A. Fischer 877
-Die Gedichte des Mutalammis, arabisch und deutsch. Bearbeitet von K.
Völlers. Von J. Barth .. 217
-Die Häsimijjät des Kumait, herausgegeben, übersetzt und erläutert von
Josef Ilorovitz. Von Th. Nöldeke 888
*'Oumära du Yemen, sa vie et son ceuvre par Hartwig Derenbourg.
Tome premier 1897, tome second 1902. Von M. J. de Goeje . 208
-Le livre de la Creation et de l'Histoire de Motahhar ben Tähir el-Maqdisi
attribue ä Abou-Zeid Ahmed ben Sahl el-Balkhi , public et traduit
d'apres le manuscrit de Constantinople par M. Cl. Huart. Von
/. .Qoldziher 925
*Le livre de Mohammed ibn Toumert mahdi des Almohades. Texte arabe
aecompagne de notices biographiques et d'une introduetion par I. Gold-
ziher. Von M. •/• de Goeje 463
Der Kanon der biblischen Bücher bei den babylonischen Nestorianern im
9./ 10. Jhdt. Von Gustav Rothstein 634
Zu G. ßotbstein, Der Kanon der biblischen Bücher bei den babylonischen
Nestorianern im 9/10. Jhdt. I. Von Siegmund Fraenkel. II. Von
W. Bacher. III. Von Gustav Rothstein 770
-Bruno Meißner, Neuarabische Geschichten aus dem Iraq, gesammelt,
übersetzt, herausgegeben und mit einem erweiterten Glossar versehen.
Von /' //. Weifjbach 931
Inhalt nach den Disziplinen geordnet. IX
Seite
*Die Lieder eines ägyptischen Bauern. Gesammelt und übersetzt von
Heinrich Schäfer. Von K. Völlers 22G
'•Le dialecte arabe parle h Tlemcen. Gramniaire, textes et glossaire par
V\*. fttarcais, Directeur de la Medersa de Tlemcen. Von Hans
Stumme . . . 670
*IIans Stumme, Maltesische Studien. Eine Sammlung prosaischer und
poetischer Texte in maltesischer Snjache nebst Erläuterungen. —
Derselbe, Maltesische Märchen, Gedichte und Rätsel in deutscher
Übersetzung. Von Th. Nöldehc. 903
Beiträge zur Beleuchtung des islamitischen Strafrechts, mit Rücksicht auf
Theorie und Praxis in der Türkei. Von Johann Krcsmdrik 69. 316. 539
Südarabisch und Äthiopisch.
Die abessinischen Dialekte (und das Sabaeo-Minäische). [Jahresbericht.]
Von Franz Praetor ius . . . 260
Bemerkungen zum südsemitischen Alphabet. Von Franz Praetorium . 715
*Le livre des mysteres du ciel et de la terre. Texte ethiopien publie et
traduit par J. Perruchon avec le concours de M. I. Guidi. (R.
Graffin et F. Nau, Patrologia orientalis, tome I, fascicule I.) Von
F. Praetorius 4 85
Mehri und Soqotri.
Mehri- und Soqotri-Glossen. Von D. II. Müller 780
Ägyptologie.
Ägyptologie. [Jahresbericht.] Von Heinrich Schäfer . . . .268
*Acta Pauli aus der Heidelberger koptischen Papyrushandschrift Nr. 1
herausgegeben von Carl Schmidt. Übersetzung, Untersuchungen
und koptischer Text. Dazu ein Tafelband. Von J. Leipoldt . 920
Indologie.
Indologie. [Jahresbericht.] Von K. Klemm 282
■^Aufrecht, Theodor, Catalogus Catalogorum. Part III. Von II. Fischet 243
Samskrt-Handschriften. Von Theodor Aufrecht 525
Zur Quellenkunde der indischen Medizin. Von Jidius Jelly. . .114
Zur Exegese und Kritik der rituellen Sütras. Von W. Caland . . 505
Die Jätakas und die Epik. Von Heinrich Lüders .... 687
Über BhagavadgTtä 11,46. Von Dr. Ferdinando Belloni-Filippi . . .",7:>
Bemerkungen zu vorstehendem Aufsatz. Von Hermann Jacoöi . :',$:'>
Das südliche Pancatantra. Übersicht über den Inhalt der älteren „Pafica-
tantra"-Rezensionen bis auf Pürnabhadra. Von Johannes Hertel . 1
Notizen. Von Siegmund Fraenl.el . . . . . . 7 'J 7
*PancasatT-prabodha-sambandhab o le Cinquecento novelle antiche di Subha-
sila-gani, edite e tradotte per cura di Ambrogio Ballini. Von
Ernst Leumann .......... 250
The Kävyamälä Edition of Amitagati's Subhäsitasamdoha. By Richard
Schmidt 447
Bemerkungen zu Harihara's Ratirahasya. Von Frust Leumann . . 203
Entgegnung auf Leumanns „Bemerkungen zu Barihara's Ratirahasya".
Von Richard Schmidt 361
Noch ein Wort zu Richard Schmidt's Ausgabe von Harihara's Ratirahasya.
Von Frust Leumann . . . . . . . . .596
Bemerkungen über die nordbuadhistische Terminologie im Hinblick auf
die Bodhisattvabhümi. Von Unrai Wogihara . . . .451
Gutmann und Gutweib in Indien. Von R. I'ischel .... 363
x Inhalt nach den Disziplinen geordnet.
Seite
Basu Vesali. Von 'ih. Bloch 206
Ein griechisches Theater in Indien. Von Th. Bloch .... 455
Indische Bohlen als Vergnügungsorte. Von Heinrich Lüders . . 867
The [ndian Kings named SilSditya, and the Kingdom of Mo-la-p'o. By
Vincent A. Smith 787
*F r a n /. N iko 1 a u s F i nck. Lehrbuch des Dialekts der deutschen Zigeuner.
Von A. Kluyver ■ G80
Iranistik.
The Pahlavi Texts of Xasna XX, XXI, XXII, edited with all the MSS.
collated. By L. IL Mills 426
Die iranische Schützensage. Von R. v. Stachelberg . . . .853
Türk-Sprachen.
Zwei türkische Inschriften. Von Georg Jacob 811
von Mehmed Emin Bej. Von Friedrich Giese . . . .117
Anfrage. Von Annette S. Beveridge 207
Afrika-Sprachen.
:ottische Laute und Lehnwoite im Kafir. Von Carl Meinhof . 727
Sonstige Gebiete.
Mundäs and Australians. By Sten Konow 147
*Volksdichtnng aus Indonesien, Sagen, Tierfabeln und Märchen, übersetzt
von T. J. Bezemer, mit Vorwort von Prof. Dr. H. Kern. Von
Jöh. Ilertel 492
Nachrichten
über
Angelegenheiten
der
Deutschen Morgeiiländisckeii Gesellschaft.
III
Zur Beachtung.
Die Mitglieder der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft werden
von den Geschäftsführern ersucht:
1) eine Buchhandlung zu bezeichnen, durch welche sie die Zu-
sendungen der GeseDschaft zu erhalten wünschen, — falls sie
nicht vorziehen, dieselben auf ihre Kosten durch die Post*)
zu beziehen;
2) ihre Jahresbeiträge an unsere Kommissions - Buchhandlung
F. A. Brockhaus in Leipzig entweder direkt portofrei oder
durch Vermittlung einer Buchhandlung regelmässig einzusenden;
:!) Veränderungen und Zusätze für das Mitgliederverzeichnis, na-
mentlich auch Anzeigen vom Wechsel des Wohnortes, nach
Halle a. d. Saale, an den Schriftführer der Gesellschaft, Prof.
Dr. E. Hultzsch (Sehillerstr. 50), einzuschicken;
4) Briefe und Sendungen, welche die Bibliothek und die ander-
weitigen Sammlungen der Gesellschaft betreffen, an die ^Biblio-
thek der Deutschen Morgenlandischen Gesellschaft in Halle
a. d. Saale' (Wilhelmstrasse 36/37) ohne Hinzufügung einer
weiteren Adresse zu richten ;
5) Mitteilungen für die Zeitschrift und für die Abhandlungen
für die Kunde des Morgenlandes an den Redakteur, Prof.
Dr. August Fischer in Leipzig (Mozartstr. 4), zu senden.
Freunde der Wissenschaft des Orients, welche durch ihren
Beitritt die Zwecke der D. M. Gesellschaft zu fördern wünschen,
wollen sich deshalb an einen der Geschäftsführer in Halle oder
Leipzig wenden. Der jährliche Beitrag ist 18 Mark, wofür die
Zeitschrift gratis geliefert wird.
Die Mitgliedschaft für Lebenszeit wird durch einmalige
Zahlung von 240 Mark (= £ 12 = 300 frcs.) erworben. Dazu
für freie Zusendung der Zeitschrift auf Lebenszeit in Deutschland
und Österreich 15 Mark, im übrigen Ausland 30 Mark.
*) Zur Vereinfachung der Berechnung werden die Mitglieder der D. M. 6.,
welche ihr Exemplar der Zeitschrift direkt durch die Post beziehen, er-
sucht, bei der Zahlung ihres Jahresbeitrags zugleich das Porto für freie Ein-
sendung der vier Hefte zu bezahlen, und zwar mit 1 Mark in Deutschland und
Osterreich, mit 2 Mark im übrigen Auslande.
IV
Verzeichnis der Mitglieder der Deutschen Morgen-
ländischen Gesellschaft im Jahr 1904.
I.
Ehrenmitglieder1).
Herr Dr. Theodor Aufrecht, Prof. a. d. Univ. Bonn, Schumannstr. 21 (67).
- Dr. K. 6. Bhandarkar, Prof. am Deccan College in Poona, Indien (63).
- Dr. V. Fausböll, Prof. a. d. Univ. Kopenhagen (61).
- Dr. M. J. de Goeje, Interpres legati Wameriani u. Prof. a. d. Univ.
Leiden, Vliet 15 (43).
- Dr. Ignazio Guidi, Prof. in Rom, 24 Botteghe oscure (58).
- Dr. H. Kern, Prof. a. d. Univ. Leiden (57).
Sir Alfred C. L y all, K. C. B., D. C. L., Member of Council, in London, SW, India
Office (53).
Herr Dr. Theod. Nöldeke, Prof. a. d. Univ. Strassburg i/Els., Kalbsgasse 16 (64).
- Dr. Julius Oppert, Membre de l'Institut, Prof. am College de France
in Paris, 2 rue de Sfax (55).
- Dr. Wilhelm Radioff, Exe, Wirkl. Staatsrat, Mitglied der kais. Akad. d.
Wiss. in St. Petersburg (59).
- Dr. S. L. R e i n i s c h , k. k. Hofrat, Prof. a. d. Univ. Wien, VIII, Feldgasse 3 (66).
- Em. Senart, Membre de l'Institut, in Paris, 18 rue Francois 1er (56).
- Dr. F. von Spiegel, Geh. Rat, Prof. in München, Öttingenstr. 36 (51).
- Dr. Whitley Stokes, in London, SW, 15 Grenville Place (24).
- Dr. Wilh . T h o m s e n , Prof. a. d.Uuiv. Kopenhagen, V, Gamle Konge vei 150(62).
- Graf Melchior de Vogüe, Membre de l'Institut, in Paris, 2 rue Fabert (28).
II.
Ordentliche Mitglieder2).
Herr Dr. W. Ah 1 ward t, Geh. Regierungsrat, Prof. a. d. Univ. Greifswald,
Brüggstr. 28 (578).
- Albrecht, Pfarrer in Budweten (1343).
- Dr. Herman A lmkvist, Prof. d. semit. Sprachen a. d. Univ. Upsala (1034).
- Dr. Carl von Arnhard, in München, Wilhelmstr. 16 (990).
- Dr. Wilhelm Bacher, Prof. a. d. Laudes-Rabbinerschule in Budapest, VII,
Erzsebetkö'rut 9 (804).
1) Die in Parenthese beigesetzte Zahl ist die fortlaufende Nummer und
bezieht sich auf die Reihenfolge, in der die betreffenden Herren zu Ehren-
mitgliedern proklamiert worden sind.
2; Die in Parenthese beigesetzte Zahl ist die fortlaufende Nummer und
bezieht sich auf die nach der Zeit des Eintritts in die Gesellschaft geordnete
Liste Bd. II, S. 505 ff. , welche bei der Anmeldung der neu eintretenden Mit-
glieder in den Personalnachrichten fortgeführt wird.
Verzeichnis der Mitglieder der D. M. Gesellschaft. Y
Herr Dr. Job. Baensch-Drugulin, Buchhändler u. Buchdruekereibesitzer in
Leipzig, Königstr. 10 (1291).
- Lic. Dr. B. Baentsch, Prof. a. d. UdIv. Jena, Lichtenhainerstr. 3 (1281).
- Dr. Friedrich Baethgen, Konsistorialrat, Prof. a. d. Univ. Berlin, in Rohr-
bach b. Heidelberg (961).
- Dr. Otto Bardenhewer, Prof. d. neutest. Exegese a. d. Univ. München,
Sigmundstr. 1 (809).
- Dr. Jacob Barth, Prof. a. d. Univ. Berlin, N, Weissenburgerstr. 6 (835).
- Wilh. Barthold, Prof. a. d. Univ. St. Petersburg, Wassili- Ostrow,
5te Linie 30, Quart. 24 (1232).
- Dr. Christian Bartholoma e, Prof. a. d. Univ. Giessen, Asterweg 34 (955).
- Rene Basset, Correspondant de l'Institut, Directeur de l'Ecole Superieure
des Lettres d'Alger, in Alger-Mustapha, 77 rue Michelet (997).
Dr. A. Bastian, Geh. Regierungsrat, Direktor des Museums für Völker-
kunde u. Prof. a. d. Univ. Berlin, SW, Köuiggrätzerstr. 120 (560).
- Dr. Wolf Graf von Baudissin, Prof. a. d. Univ. Berlin, Hohenzollern-
str. 22 (704).
- Dr. A. Baumg artner, Prof. a. d. Univ. Basel, Ober-Tüllingen (Postamt
Stetten), Baden (1063).
- Dr. Anton Baumstark in Rom, Camposanto dei Tedeschi presso S. Pietro,
17 Villa della Segrestia (1171).
- Dr. C. H. Becker, Privatdocent a. d.Univ. Heidelberg, Keglerstr. 18 (1261).
Lic. Dr. phil. Georg Beer, Prof. a. d.Univ. Strassburg i/El«., Ruprechtsau,
Adlergasse 10 (1263).
- Dr. G. Behrmann , Senior u. Hauptpastor in Hamburg, Kraienkamp3 (793).
- Dr. Waldemar Belck, in Frankfurt a/M., Oederweg 59 (1242).
- Dr. Max van Berchem, Privatdocent a. d. Univ. Genf, auf Chäteau de
Crans, pres Celigny, Canton de Vaud (Schweiz) (1055).
Aug. Bernus, Prof. in Lausanne (785).
- A. A. Bevan, M. A., Prof. in Cambridge, England (1172).
- Dr. Carl Bezold, Prof. a. d. Univ. Heidelberg, Brückenstr. 45 (940).
- Dr. A. Bez zenberger, Geh. Regierungsrat, Prof. a. d. Univ. Königs-
berg i/Pr., Besselstr. 2 (801).
- Dr. Gust. Bickell, Prof. a. d. Univ. Wien, VIII, Alserstr. 25 , 2. Stiege,
1. Stock (573).
- Dr. Th. Bloch, Iridian Museum, Calcutta (1194).
- Dr. Maurice Bloomfield, Prof. a. d. Johns Hopkins University in
Baltimore, Md., U. S. A. (999).
- Dr. Louis Blumen thal, Rabbiner in Berlin, C, An der Schleuse 5 (1142).
- Dr. Alfr. Boi ssier, in Le Bivage pres Chambesy (Schweiz) (1222).
- A. Bourguin, jetziger Aufenthalt unbekannt (1008).
- Dr. Edw. Brandes, in Kopenhagen, Kronprinsessegade 50 (764).
- Dr. Oscar Braun, Prof. a. d. Univ. Würzburg, Sanderring 6 III (1176).
The Rev. CA. Briggs, Prof. am Union Theol. Seminary in New York (725).
Herr Dr. Carl Brockelmann, Prof. a. d. Univ. Königsberg i/Pr. , Dohna-
str. 5 (1195).
- Dr. Paul Brönnle, c/o. Probsthain & Co., London, WC, 14 Bury Streit,
British Museum (1297).
- Ernest Walter Brooks, in London, WC, 28 Great Ormond Street (1253).
- Dr. Karl Brugmann, Geh. Hofrat, Prof. a. d. Univ. Leipzig, Schiller-
st!. 7 (1258).
- Dr. Rud. E. Brünnow, Prof., Chalet Beauval, Vevey, Canton de Vaud
(Schweiz) (1009).
- Dr. theol. Karl Budde, Prof. a. d. Univ. Marburg i/H., RenthufMr. 25
(917).
- E. A. Wallis Budge, Litt. D., F. S.A., Assistant Deputy Keeper of Egyptian
and Oriental Antiquities, lirit. Mus., in London, WC (1033).
- Dr. Frants Buhl, Prof. a. d. Univ. Kopenhagen, Oesterbrogade 28 E (920).
YI Vi rtseichnü der Mitglieder der D. M. Gesellschaft.
Herr Dr. Moses 15 u tt en wieser, Prof. am Hebrew Union College in Cincinnati, O.,
U. S. A. (1274).
Don Leone Caetani, Principe di Teano, in Rom, Palazzo Caetani (1148).
Herr I>i\ W. Ca 1 and, in Utrecht, Buys Ballotstr. 17 (1239).
- Freiherr Guido von Call, k. k. österreich-ungar. Handelsminister, in
Wien (822).
The Kight Rev. L. C. Casartelli, M. A., Bishop of Salford, in Salford
(910).
Herr Alfred Caspari, kgl. Gymnasial-Prof. a.D. in Erlangen, Ostliche Stadt-
mauerstr. 14 (979).
- Abbe Dr. J. B. Chabot, in Paris, 47 rue Claude Bernard (1270).
- Dr. D. A. Chwolson, Wirkl. Staatsrat, Exe., Prof. d. hebr. Spr. u. Litt.
a. d. Univ. St. Petersburg (292).
- M. Josef Ci'zek, Pfarrer in Einsiedl b. Marienbad (1211).
- Dr. Ph. Coli riet, Prof. d. Sanskrit u. d. vergl. Grammatik a. d. Univ.
Löwen (1169).
Dr. Hermann Collitz, Prof. am Bryn Mawr College in Bryn Mawr, Pa., bei
Philadelphia, Pa., U. S. A. (1067).
Dr. August Conrady, Prof. a. d. Univ. Leipzig (1141).
- Dr. Carl Heinr. Cornill, Prof. a. d. Univ. Breslau, Monhauptstr. 12 (885).
Dr. phil. et jur. Graf Heinrich Couden hove-Kalergi , k. k. Legations-
sekretär a. D., Schloss Ronsperg i. Böhmen (1337).
Dr. James A. Cr ich ton, Parish Minister, Annan, Dumfriesshire (Schott-
land) (1310).
- Dr. Sam. Ives Curtiss, Prof. am Theol. Seminary in Chicago, 111., U. S. A.,
81 Ashland Boul (923).
- P. Jos. Dahlmann, S. J., in Luxemburg, Bellevue (1203).
Dr. T. Wittou Davies, Prof. of Semitic Languages, Baptist College and
University College in Bangor (North Wales) (1138).
- Dr. Alexander Dedekind, k. k. Custos der Sammlung ägyptischer Alter-
tümer des österr. Kaiserhauses in Wien, I, Burgring 5 (1188).
- Dr. Berthold Delbrück, Prof. a. d. Univ. Jena, Fürstengraben 14 (753).
Dr. Friedrich Delitzsch, Prof. a. d. Univ. Berlin, in Charlottenburg,
Knesebeckstr. 30 (948).
Dr. Hartwig Derenbourg, Membre de l'Institut, Prof. a. d. Ecole Speciale
des Langues Orientales Vivantes in Paris, 30 avenue Henri Martin (666).
- Dr. Paul Deussen, Prof. a. d. Univ. Kiel, Beseler Allee 39 (1132).
Dr. Otto Donner, Prof. d. Sanskrit u. d. vergl. Sprachforschung a. d.
Univ. Helsingfors, Norra Kogen 12 (654).
The Rev. Sam. R. Driver, D.D., Canon of Christ Church in Oxford (858).
Herr Dr. Rubens Duval, Prof. am College de France in Paris, 11 rue de Sontay
(1267).
- Dr. Rudolf Dvorak, Prof. a. d. böhmischen Univ. in Prag, III, 44, Kleinseite,
Britekengasse 26 (1115).
Dr. Karl Dyroff, Konservator am Antiquarium u. Privatdocent a. d. Univ.
in München, Schraudolphstr. 14 III (1130).
- Dr. Bertliold Edelstein, Rabbiner in Budapest, III, Lajosgasse 9 (1339).
- Dr. J. Eggeling, Prof. d. Sanskrit a. d. Univ. Edinburgh, 15 Hatton Place
(763).
- Dr. Karl Ehrenburg, Privatdocent d. Geographie in Würzburg, Parade-
platz 411 (1016).
- Dr. Adolf Kr in an, Prof. a. d. Univ. Berlin, Steglitz, Friedrichstr. 10/11 (902).
- Dr. Carl Hermann Et he, Prof. am University College in Aberystwith,
Wales, 575 Marine Terrace (641).
- Dr. Julius Euting, Prof. a. d. Univ. u. Direktor d. Univ.- u. Landes-
Bibliothek in Strassburg i/Els., Schloss (614).
- Edmond Fagnan, Prof. a. d. Ecole Superieure des Lettres d'Alger, in
Alger (963).
Verzeichnis der Mitglieder der D. M. Gesellschaft. VII
Herr Dr. VVinand Fell, Prof. a. d. Univ. Münster i/W., Sternstr. 2 a (703).
- Dr. Rieh. Fick, in Neuendorf b. Potsdam (1266).
- Dr. Louis Fi not, Directeur de l'Ecole francaise d'Extreme-Orient in Hanoi'
(Indochine) (1256).
- Dr. August Fischer, Prof. a. d. Univ. Leipzig, Mozartstr. 4 (1094).
- Dr. Johannes Flemming, Oberbibliothekar a. d. Univ. -Bibliothek in Bonn.
Weberstr. 3 (1192).
- Dr. Willy Foy, Direktor des Kautenstrauch-Joest-Museums in Köln a/Rh.,
Lothringerstr. 19 (1228).
- Dr. Siegmund Fraenkel, Prof. a. d. Univ. Breslau, Augustastr. 81 (1144).
- Missionar A. H. Franke, in Leh (1340).
- Dr. R. Otto Franke, Prof. a. d. Univ. Königsberg i/Pr., Mittelhufen,
Hermannallee 5 (1080).
- Dr. Ose. Frankfurter, Legationsrat im Ausw. Amte, zu Bangkok (1338).
- Dr. Israel Friedlaender, Prof. am Jewish Theological Seminary of
America, 371 West 1 16 th Street, New York City (1356).
- Dr. Ludwig Fritze, Prof. u. Seminar-Oberlehrer in Köpenick b. Berlin
(1041).
- Dr. Richard Garbe, Prof. a. d. Univ. Tübingen, Biesinger Strasse 14 (904).
- Dr. M. Gaster, in London, W, 37 Maida Vale (1334).
- Dr. Lucien Gautier, Prof. in Genf, 88 route de Chene (872).
- Dr. Wilhelm Geiger, Prof. a. d. Univ. Erlangen, Löwenichstr. 24 (930).
- Dr. H. D. van Gelder, in Leiden, Plantsoen 31 (1108).
- Dr. Karl Geldner, Prof. a. d. Univ. Berlin, NW, Lübeckerstr. 40 (1090).
- Dr. H. Geizer, Geh. Hofrat, Prof. a. d. Univ. Jena, Kahlaische Strasse 4
(958).
- Direktor C. E. Gernandt, in Stockholm, Strandvägen 43 (1054).
- Dr. Rudolf Geyer, Scriptor a. d. k. k. Hofbibliothek u. Privatdocent
a. d. Univ. Wien, VI/l, Magdalenenstr. 10 (1035).
- N. Geyser, Pfarrer in Elberfeld (1089).
- Dr. Hermann Gies, 1. Dragoman u. Legationsrat bei der kais. deutschen
Botschaft in Konstantinopel, Pera (760).
- Dr. Friedr. Giese, Oberlehrer in Konstantinopel, Deutsche Realschule
(1313).
- D. Dr. F. Giesebrecht, Prof. a. d. Univ. Königsberg i/Pr. , Ziegel-
str. 11 III (877).
- Dr. Eduard Glaser, Arabienreisender, in München, Theresienstr. 93 (1162\
- Dr. Ignaz Goldziher, Prof. a. d. Univ. u. Sekretär der israelit. Gemeinde
in Budapest, VII, Hollö-utcza 4 (758).
- Dr. Richard J. H. Gottheil, Prof. a. d. Columbia University in New
York, 169 West 93 rd Street (1050).
- Dr. Louis H. Gray, Unterbibliothekar u. Privatdocent a. d. Univ. Princeton,
N. J., 53 Second Ave., Newark, N. J., U. S. A. (1278).
- S. Buchanan Gray, M. A., Mansfield College in Oxford (1276).
- Dr. George A. Grierson, B.C.S., Rathfarnham, Camberley, Surrey (1068).
- Dr. Julius Grill, Prof. a. d. Univ. Tübingen, Olgastr. 7 (780).
Dr. H. Grimme, Prof. a. d. Univ. Freiburg i. d. Schweiz (1184).
Dr. Wilh. Grube, Prof. a. d. Univ. u. Direktorialassistent am kgl. Museum
f. Völkerkunde zu Berlin, in Haiensee b. Berlin, SW, Georg Wilhehn-
str. 17 (991).
- Dr. Max Th. Grüner t, Prof. a. d. deutschen Univ. in Prag, II, Sokol-
str. 68 (873).
- Dr. Albert Grünwedel, Prof., Direktoralassistent am kgl. Museum f. Völker-
kunde zu Berlin, in Gross-Lichterfelde b. Berlin, Albrechtstr. 8 (1059).
- Lic. Dr. Herrn. Guthe, Prof. a. d. Univ. Leipzig, Körnerplatz 7 II 919
- Johannes II aar dt, Pastor in Wesel (1071).
cand. phil. J. Haferbier, in Osnabrück, Klusstr. 4 (1354).
stud. phil. or. Preinysl Häjek, in Kralup a. d. Moldau, No. I11 (13
Y1II Verzeichnis der Mitglieder der D.M. Gesellschaft.
Herr Dr. J. Halivy, Maitre de Conferences ii l'Ecole Pratique des Hautes
Stades in Paris, 26 rue Aumaire (845).
- Dr. Ludwig Ha liier, Pfarrer in Diedenhofen (1093).
- Dr. 1'. J. van den Harn, Prof. a. d. Univ. Groningen (941).
- Dr. Edmund Hardy, Prof. in Bonn, Argelanderstr. 118 (1240).
- Dr. A. Harkavy, kais. russ. Staatsrat, Prof. d. Geschichte des Orients
a. d. Univ. St. Petersburg, Puschkarskaja 47 (676).
- Otto Harr assowitz , Buchhändler, Konsul von Venezuela, Leipzig (1327).
Dr. Martin Hart mann, Prof., Lehrer d. Arabischen am Seminar für Orient.
Sprachen zu Berlin, in Charlottenburg, Schillerstr. 7 (802).
- Ur. Paul Haupt, Prof. a. d. Johns Hopkins University in Baltimore,
Md., ü. S. Ä. (15. Mai bis 15. September in Görlitz) (1328).
- Ur. J. Hausheer, Prof. in Zürich, V, Bergstr. 187 (1125).
- Ur. Aug. Hei der, in Greifswald, Steinbeckerstr. 14 (1330).
- stud. phil. or. Ad. Heibig, in Heidelberg, Anlage 53 (1350).
- P. Dr. Joh. Heller, Prof. in Innsbruck, Universitätsstr. 8 (965).
- Dr. Joh. Hertel, Oberlehrer am kgl. Realgymnasium zu Döbeln (1247).
- Dr. G. F. Hertzberg, Prof. a. d. Univ. Halle a/S., Louisenstr. 4 (359).
- Dr. Uavid Herzog, Docent a. d. deutschen Univ. in Prag, Smichow,
Palackystr. 40 (1287).
A. Heusler , V. D. M., von Berlin verzogen, derz. Aufenthalt unbek. (1156).
- Dr. H. Hilgenfeld, Privatdocent a. d. Univ. Jena, Fürstengraben 7 (1280).
- Dr. A. Hillebrandt, Prof. a. d. Univ. Breslau, Monhauptstr. 14 (950).
- Dr. H. V. Hilprecht, Prof. a. d. Univ. von Pennsylvania in Phila-
delphia (1199).
- K. Himly, kais. Dolmetscher a. D., in Wiesbaden, Köderstr. 15 (567).
- Dr. Val. Hintuer, Prof. am akad. Gymnasium in Wien (806).
- Dr. Hartwig Hirschfeld, Privatdocent a. d. Univ. London, NW,
14 Kandolph Gardens (995).
- Dr. Friedr. Hirth, Prof. in München, Leopoldstr. 59 (1252).
- Dr. G. Hoberg, Prof. a. d. Univ. Freiburg i/B. , Dreisamstr. 25 (1113).
- Dr. A. F. Rudolf Hoernle, in Oxford, 8 Northmoor Road (818).
- Pastor P. Holler, in Segeberg in Holstein (1321).
- Dr. Adolf Hol tz mann, Prof. am Gymn. u. a. d. Univ. in Freiburg i/B.,
Moltkestr. 42 (934).
- Dr. H. Holzinger, Stadtpfarrer in Ulm (Württemberg) (1265).
Dr. Fritz Hommel, Prof. a. d. Univ. München, Schwabinger Landstr. 50 (841).
- Dr. Edw. W. Hopkins, Prof. am Yale College in New Haven , Conn.,
U. S. A., 235 Bishop Str. (992).
- Dr. Paul Hörn, Prof. a. d. Univ. Strassburg i/Els., Sternwartstr. 20 (1066).
- Lic. theol. Aladar Hornyanszky, in Pressburg (1314).
Dr. phil. Josef Horovitz, Privatdocent a. d. Univ. Berlin, W, Cushavener-
str. 1 (1230).
- Dr. M. Horten, in Elberfeld, Ludwigstr. 56 (1349).
- Dr. M. Th. Houtsma, Prof. a. d. Univ. Utrecht (1002).
Clement Huart, franz. Konsul, Secretaire-interprete du gouvernement,
Prof. a. d. Ecole Speciale des Langues Orientales Vivantes in Paris,
43 rue Madame (1036).
- Dr. H. Hübschmann, Prof. a. d. Univ. Strassburg i/Els., Ruprechtsauer
Allee 31 (779).
Dr. E. Hultzsch, Prof. a. d. Univ. Halle a/S., Schillerstr. 50 (946).
- Dr. A. V. Williams Jackson, Prof. a. d. Columbia University, 16 High-
land Place, Yonktrs, N. Y., U. S. A. (1092).
- Dr. Georg K. Jacob, Prof. a. d. Univ. Erlangen, Bismarckstr. 30 (1127;.
- Dr. Hermann Jacobi, Prof. a. d. Univ. Bonn, Niebuhratr. 5 (791).
- Dr. Alfred Jah n , k. k. wirkl. Gymnasiallehrer in Brunn, I, Deutsches Staats-
gymnasium (1347).
- Dr. G. Jahn, Prof. emerit. in Berlin (820).
Verzeichnis der Mitglieder der D. M. Gesellschaft. IX
Herr Dr. P. Jensen, Prof. a. d. Univ. Marburg i/H.. Frankfurterstr. 21 (1118).
Dr. Julius Jolly, Prof. a. d. Univ. Würzburg, Sonnenstr. 5 (315).
- Dr. Ferd. Justi, Geheimrat, Prof. a. d. Univ. Marburg i/H., Barfüsser-
thor 32 (561).
- Dr. Th. W. Juynboll, in Leiden (1106).
- Dr. Adolf Kaegi, Prof. a. d. Univ. Zürich, II, Stockerstr. 47 (1027).
Lic. Dr. Paul Kahle, stellvertret. Pfarrer in Braila (Rumänien), Boulevard
Cusa 11 (1296).
- Dr. Georg Kampf fmeyer, Privatdocent a. d. Univ. Halle a /S., Advokaten-
weg 48 (1304).
- Dr. Adolf Kamp hausen, Prof. a. d. Univ. Bonn, Weberstr. 27 (462).
- Dr. Felix Kau ff mann, in Frankfurt a/M. (1320).
- Dr. Emil Kautzsch, Prof. a. d. Univ. Halle a/S., Wettiner Str. 32 (621).
Dr. Alexander von Kegl, Gutsbesitzer in Puszta Szent Kiräly, Post
Laczhaza, Com. Pest-Pilis, Ungarn (1104).
- Dr. Charles F. Kent, Prof. a.d.Tale University in New Haven, Conn. (1178).
- Dr. Frdr. Kern, in Berlin (1285).
Lic. Dr. Konrad Kessler, Prof. d. orient. Sprachen a. d. Univ. Greifs-
wald, Langestr. 10 (875).
Dr. Franz Kiel hörn, Geh. Regierungsrat, Prof. a. d. Univ. Göttingen,
Hainholzweg 21 (1022).
- Dr G. Klein, Prof., Rabbiner in Stockholm, Strandvägen 49 (931).
- Dr. P. Kleinert, Prof. d. Theol. in Berlin, W, Schellingstr. 11 (495).
- Dr. K. Klemm, in Gross - Lichterfelde b. Berlin, Ferdinandstr. 3 (1208).
Dr. Heinr. Aug. Klostermann, Konsistorialrat, Prof. d. Theol. in Kiel,
Jägersberg 7 (741).
- Dr. Friedrich Knauer, Prof. a. d. Univ. Kiew (1031).
- Dr. Kaufmann Kohler, Rabbiner in New York (723).
Dr. Samuel Kohn, Rabbiner, Prediger der israelit. Religionsgemeinde in
Budapest, VII, Hollö-utcza 4 (656).
Dr. George Alex. Kohut, Rabbiner, Prediger in New York, 44 West
58th Street (1219).
- Dr. Paul v. Kokowzoff, Prof. a. d. Univ. St. Petersburg, 3, Rotte
Ismailowsky Polk, H. 11, Log. 10 (1216).
- Dr. phil. et theol. Eduard König, Prof. a. d. Univ. Bonn, Coblenzer-
str. 89 (891).
Dr. Sten K o n o w , Privatdocent a. d. Univ. Christiania, Munkedamsveien 55 B
(1336).
Dr. Alexander Ko väts, Prof. d. Theol. am röm.-kathol. Seminar in Temesvär,
Ungarn (1131).
- Dr. phil. F. Oswald Kr am er, Assistent am alttestam. Sem. d. Univ.
Leipzig u. Pfarrer in Gerichshain bei Machern in Sachsen (1303).
- Dr. J. Krcsmärik, Reichstagsabg., in Budapest, II, Ilona 6 (1159).
- Dr. Johannes Krengel, Rabbiner in Böhmisch-Leipa (1288).
Theod. Kreussler, Pastor in Ursprung, Bez. Chemnitz (1126).
- Rieh. G. Krüger, in Kanea (Kreta) (1326).
- Dr. E. Kuhn, Prof. a. d. Univ. München, Hessstr. 3 (768).
- Dr. Joseph Kuhnert, Curatus in Breslau, VI, am Nicolaistadtgraben 10
(1238).
Dr. Franz Kühnert, Privatdocent a. d. Univ. Wien, IV, Phorusgasse 7
(1109).
Dr. Ignaz Künos, Direktor d. orient. H;u<delsakad. in Budapest, V,
Alkotmäny-uteza 11 (1283).
Dr. Hermann Kurz, Vikar in Winterbach (Württemberg) (1322).
- Dr. Geza Graf Kuun von Osdola, Exe., k. k. Geheimrat, auf Schloss
Maros-Nemeti, Post Deva (Ungarn) (696).
- Dr. S. Landauer, Prof. u. Bibliothekar a. d. Univ. Strassburg i/Els.,
Ehrmannstr. 1 (882).
X Verzeichnis der Mitglieder der D. M. Gesellschaft.
Herr Dr. Carlo Graf von Landberg, kgl. schwed. Kammerherr u. diplomatischer
Agent 7.. D., in München, Akademiestr. 11 (1043).
- Dr. Charles R. Lanman, Prof. d. Sanskrit a. d. Harvard University,
9 Farrar Street, Cambridge, Mass., U. S. A. (897).
- Dr. M. Lauer, Geh. Regierungsrat, Schulrat in Stade (1013).
Dr. Bertbold Lauf er, c/o. Hongkong Shanghai Banking Corporation in
Shanghai (1308).
Hr. S. Lefmann, Prof. a. d. Univ. Heidelberg, Plöckstr. 46 (868).
- Dr. jur. et phil. Carl F. Lehmann, Prof. a. d. Univ. Berlin, Charlotten-
burg 2. Knesebeckstr. 72/73 (1076).
Dr. Oscar von Lemm, am Asiat. Museum d. kais. Akad. d. Wiss. in
St. Petersburg, Wassili Ostrow, Nicolai-Quai 1 (1026).
L. Le riebe, französ. Vice-Konsul in Rabat, Marokko (1182).
- Dr. Ernst Leumann, Prof. a. d. Univ. Strassburg i/Els., Sternwartstr. 3
(1021).
- Dr. Mark Lidzbarski, Privatdocent a. d. Univ. Kiel, Stiftsstr. 19 (1243).
- Dr. Bruno Liebich, Prof. a. d. Univ. Breslau, XIII, Kaiser Wilhelm-
str. 53 (1110).
- Dr. Kniest Lindl, Presbyter in MüncheD, Theresienstr. 39 1 (1245).
- Dr. Bruno Lindner, Prof. a. d. Univ. Leipzig, Cröbern b. Gaschwitz (952).
- Dr. phil. Enno Littmann, Univ. Library of Princeton, N. J., U. S. A.,
14 Nanau Street (1271).
- Warmund Freiherr Loeffelholz von Colberg, in München, Mars-
str. la/4 (1294).
- David Lopes, in Lissabon, R. da Escola Polytechnica 61 (1284).
- Dr. Wilhelm Lotz, Prof. d. Theol. in Erlangen, Landwehrstr. 11 (1007).
- Dr. Immanuel Low, Oberrabbiner in Szegedin (978).
- Dr. H. Lüders, Prof. a. d. Univ. Rostock, St. Georgstr. 4 (1352).
- Dr. Alfred Ludwig, Prof. a. d. deutschen Univ. in Prag, Königl. Wein-
berge, Krameriusgasse 40 (1006).
- Jacob Lütschg, Sekretär d. kais. russ. Konsulats in Bochara (865).
Sir Charles Ly all, K.C. S.I., LL. D., in London, SW, 82 Cornwall Gardens (922).
Herr Dr. Arthur Anthony Macdonell, Prof. d. Sanskrit a. d. Univ. Oxford,
107 Banbury Road (1051).
- Dr. Eduard Mahler, in Budapest, Nationalmuseum (1082).
- Dr. Oskar Mann, Bibliothekar a. d. kgl. Bibliothek in Berlin, N,
Weissenburgerstr. 28 III (1197).
- stud. phil. Traug. Mann, in Berlin, N, Johannisstr. 7 (1345).
David Samuel Margoliouth, Fellow of New College u. Laudian Professor
of Arabic a. d. Univ. Oxford (1024).
- Ernst C. Marre, Schriftsteller, in Leipzig, Brandvorwerkstr. 22 (1311).
- Dr. Karl Marti, Prof. d. Theol. a. d. Univ. Bern, Marienstr. 25 (943).
Michael Maschanoff, Prof. a. d. geistl. Akad. in Kasan (1123).
- Dr. B. F. Matthes, Agent der Amsterd. Bibelgesellschaft im Haag,
Bilderdijkstr. 102 (270)
- Km. Mattson, fil. kand., in Upsala, Sysslomansgatan 16 (1341).
- Dr. J. F. McCurdy, Prof. am Univ. College in Toronto, Canada (1020).
- Norman McLean, Fellow of Christ's College u. Lecturer in Cambridge
(England) (1237).
- Dr. A. P. von Mehren, Prof. in Fredensborg b. Kopenhagen (240).
- Dr. A. M e rx , Geh. Hofrat, Prof. d. Theol. in Heidelberg, Bunsenstr. 1 (537).
- Dr. Ed. Meyer, Prof. a. d. Univ. Berlin, Gross-Lichterfelde, Mommsen-
str. 7/8 (808).
- Dr. Leo Hey er, kais. russ. Wirkl. Staatsrat, ord. Honorarprof. in Göttingen,
IlHUSsenstr. 9 (724).
Dr. theol. L. II. Mills, Prof. of Zend Philology a. d. Univ. Oxford,
19 Norham Road (1059).
- Dr. phil. Engen Mittwoch, in Berlin, NW, Kirchstr. 12 (1272).
Verzeichnis der Mitglieder der D. M. Gesellschaft. XI
Herr stud. phil. Camillo Möbius, in Leipzig, Sternwartenstr. 40 (1312).
- Dr. George F. Moore, Prof. of Theology in Andover, Mass., U. S. A. (1072).
- Dr. J. H. Mordtmann, kais. deutscher Konsul in Smyrna (807).
- Mubarek Ghalib Bey, £xc., in Konstantinopel, Cantardjilar (1170).
- Dr. Ferd. Müh lau, kais. russ. Wirkl. Staatsrat, Prof. d. Theol. a. d. Univ.
Kiel, Beselerallee 53 (565).
Sir William Muir, K. C. S.I., LL. D., in Edinburgh, Dean Park House (473).
Herr Dr. D. H. Müller, k. k. Hofrat, Prof. a. d. Univ. Wien, VIII, Feld-
gasse 10 (824).
- Dr. Edmund Müller-Hess, Prof. in Bern, Effingerstr. 47 (834).
- Dr. C. A. Nallino, Prof. a. d. kgl. Univ. zu Palermo (1201).
- Dr. med. Karl N ar beshube r, in Sfakes, Tunisien (1275).
- Dr. Eberh. Nestle, Prof. am theol. Seminar zu Maulbronn (805).
- Dr. W. A. Neumann, Prof. a. d. Univ. Wien, IX, Garnisongasse 18
(518. 1084).
- Dr. George Karel Niemann, Prof. in Delft (547).
- Dr. W. Nowack, Prof. a. d. Univ. Strassburg i/Els., Thomasgasse 3 (853).
- Dr. Heinrich Nützel, Direktorialassistent bei d. kgl. Museen in Berlin, N,
Elsasserstr. 31 (1166).
Dr. J. Oestrup, Docent d. semit. Sprachen a. d. Univ. Kopenhagen, N,
Nörrebrogade 42 (1241).
- Dr. H. Oldenberg, Prof. a. d. Univ. Kiel, Niemannsweg 92 (993).
- Rob. Olsen, luther. Pfarrer in Hjörundfjord (Norwegen) (1286).
- J. van Oordt, Rechtsanwalt in Kairo, Maison Abst (1224).
- Dr. Max Freiherr von Oppenheim, Legationsrat beim deutschen General-
konsulat in Kairo (1229).
- Dr. Gustav Oppert, Prof. in Berlin, W, Bülowstr. 55 I (1264).
. - Dr. Conrad von Orelli, Prof. a. d. Univ. Basel, Bernoullistr. 6 (707).
- Dr. Felix E. Peiser, Privatdocent a. d. Univ. Königsberg i/Pr., Schön-
str. 18 a (1064).
- Dr. Felix Perles, Rabbiner in Königsberg i/Pr., Hintere Vorstadt 42 (1214).
- Max Pesl, in München, Lessingstr. 9 I (1309).
- Dr. Norbert Peters, Prof. d. alttest. Exegese a. d. b. theolog. Fakultät
in Paderborn (1189).
- Dr. Arthur Pfungst, Fabrikant in Frankfurt a/M., Gärtnerweg 2 (1209).
- Dr. Carl Philipp, in Berlin, NW, Lessingstr. 15 (1316).
- Dr. Bernhard Pick, in Albany, N. Y., 393 Washington Street (913).
- Dr. Richard Pietschmann, Prof. u. Direktor d. Univ.- Bibliothek in
Göttingen (901).
- Theophilus Goldridge Pinches, Department of Egyptian and Assyrian
Antiquities, British Museum, in London, W, 38 Bloomfield Road, Maida
Hill (1017).
- Dr. Richard Pischel, Prof. a. d. Univ. Berlin, W, Passauerstr. 23 (796).
- Dr. J. Pollak, in Prag, I, k. k. Uuiv.-Bibliothek (1317).
- Dr. Oscar Pollak, stud. theol. in Innsbruck, Universitätsstr. 8 (1342).
- Dr. Samuel Poznaiiski, in Warschau, Tlomackie 7 (1257).
- Dr. Franz Praetorius, Prof. a. d. Univ. Halle a/S. , Freiimfelderstr. 6
(685).
- Josef Prasch, Sparkassenbeamter in Graz (Steiermark), II, Leonhard-
str. 143 (1160).
- Dr. Eugen Prym, Prof. a. d. Univ. Bonn, Coblenzerstr. 39 (644).
- Lic. Dr. Alfred Rahlfs, Prof. a. d. Univ. Göttingen, Prinz Albrechtstr. 5
(1200).
Frau Dr. phil. Emma Rauschenbusch-Clough , in Ongole, Madras Presidency,
Indien (1301).
Herr Dr. H. R ecken dorf, Prof. a. d. Univ. Freiburg i/B., Maximilianstr. 34
(1077).
- Dr. Hans Reichelt, in Baden b. Wien, Neugasse 23 (1302).
MI Verzeichnis der Mitglieder der D.M. Gesellschaft.
lim- Dr. theol. et phil. C. Reinicke, Prof. in Wittenberg (871).
- Dr. J. N. K out er, Docent d. Sanskrit u. d. vergl. Sprachwissenschaft a. d.
Univ. Helsingfors, Boulevardsgatan G (1111).
- H. Reuther, Verlagsbuchhändler in Berlin, W, Köthenerstr. 4 (1306).
- Peter Rheden, Prof. am Collegium Vincentinum in Brixen (Tirol) (1344).
P. Dr. Joseph Rieber, Prof. d. Theol. a. d. deutschen Univ. in Prag, 111,
( armelitergasse 16 (1154).
- Dr. Paul Rieger, in Hamburg, Grindelallee 188 (1331).
- Dr. Fr. Risch, Planer in Walsheim b. Landau, Rheinpfalz (1005).
- Paul Ritter, Lektor a. d. Univ. Charkow, Insirumentalstr. 3 (1295).
- Dr. James Robertson, Prof. in Glasgow, 7 the University (953).
- Dr. Joh. Roediger, Geh. Regierungsrat, Direktor d. Univ.-Bibliothek in
Marburg i/II., Barfüsserthor 19 (743).
- Dr. Robert \Y. Rogers, B. A., Prof. am Drew Theological Seminary in
Madiso. ,. N. ,/., U.S.A. (1133).
- Dr. Albert Rohr, Docent a. d. Univ. Bern (857).
- Gustav Rösch, pens. ev. Pfarrer in Biberach a. d. Riss (932).
- Baron Victor von Rosen, Exe, Prof. a. d. Univ. u. Akademiker in St.
Petersburg, W'assili-Ostrow, 7*e Linie, 2 (757).
- Dr. Arthur von Rosthorn, Legationsrat in Peking, k. k. österr.-ungar.
Gesandtsch. (1225).
- Dr. G. Rothstein, Oberlehrer in Friedenau b. Berlin, Kirchstr. 8 (1323).
- Dr. J. W. Rothstein, Prof. a. d. Univ. Halle a/S., Karlstr. 4 (915).
- Dr. Max Rottenburg, in Vizsoly, Ungarn (1212).
W. H. D. Rouse, M. A., Litt. D., Headmaster of the Perse Grammar
Scbool in Cambridge, England (1175).
- D. F. Rudlof, Superintendent in Wangenheim b. Gotha (1048).
- Dr. Franz Rühl, Prof. a. d. Univ. Königsberg i/Pr., Komgsstr. 39 (880).
- Dr. theol. et phil. Victor Ryssel, Prof. a. d. Univ. Zürich, I, Hirschen-
graben 82 (869).
- Dr. Ed. Sachau, Geh. Regierungsrat, Piof. a. d. Univ. Berlin, W,
Wormser Str. 12 (660).
- Carl Salemann, Exe, Wirkl. Staatsrat, Mitglied d. kais. Akad. d. Wiss.,
Direktor d. Asiatischen Museums in St. Petersburg, Wassili-Ostrow,
Haus der Akademie (773).
- Dr. Friedr. Sarre. in Berlin, W, Kurfürstendamm 25 (1329).
- Archibald Henry Sayce, M. A., Prof. a. d. Univ. Oxford (762).
- Dr. Wilhelm Sehen z, Geistl. Rat u. kgl. Lycealrector in Regensburg
(1018).
- Dr. Lucian Scher man, Prof. a. d. Univ. München, Ungereistr. 18 (1122).
- Celestino Sehiaparelli, Prof. d. Arabischen a. d. Univ. Rom, 5 Piazza
dell' Esquilino (777).
- A. Hont um Schindler, General in persischen Diensten, General-Inspektor
der Telegraphen, in Teheran (1010).
- Dr. Emil Schlagint weit , kgl. bayr. Regierungsrat, in Zweibrücken (626).
- Dr. Nivard Schlögl, O. Cist., Prof. d. Theol. in Stift Heiligenkreuz bei
Wien Q289).
- Dr. Nathaniel Schmidt, Prof., Cornell University, Ithaca, N. Y. (1299).
- Dr. Richard Schmidt, Privatdocent a. d. Univ. Halle a/S., Lessingstr. 17
(1157).
- Dr. Leo Schneed or f er , Prof. d. Theol. an d. deutschen Univ. in Prag, I,
Aegidigasse (Dominicaner-Kloster) 9 (862).
- Dr. II. Schnorr von Carolsfeld, Oberbibliothekar d. Univ.-Bibliothek
in München, Giselastr. 7 (1128).
- Dr. Eberhard Seh rader, Geh. Regierungsrat, Prof. a. d. Univ. Berlin,
NW, Kronprinzen-Ufer 20 (655).
- Dr. W. Schräm eier, Admiralitätsrat in Berlin (976).
- Dr. Paul Schröder, kais. deutscher Generalkonsul für Syrien in Beirut (700).
Verzeichnis der Mitglieder der D. M. Gesellschaft. XIII
Herr Dr. Leopold v. Schroeder, Prof. a. d. Univ. Wien, Maximilians-
platz 13 II (905).
- Dr. Friedrich Schult hess, Prof. a. d. Univ. Göttingen, Schildweg 21
(1233).
- Lic. Dr. Fr. Seh wall y, Prof. a. d. Univ. Giessen, Nordanlage 12 (1140).
- Dr. Paul Schwarz, Prof. a. d. Univ. Leipzig, Waldstr. 42 III (1250).
- Dr. Jaroslav Sedläcek, Prof. a. d. böhmischen Univ. in Prag, Smichow,
Hussstr. 13 (1161).
Dr. Ernst Seidel, praktizierender Arzt in Ober-Spaar b. Meissen,
Dresdenerstr. 58 d (1187).
- Dr. Chr. F. Seybold, Prof. a. d. Univ. Tübingen, Eugenstr. 7 (1012).
Otto Siegesmund, Pfarrer in Gross-Mirkowitz bei Stempuchowo (Bez.
Bromberg) (1246).
Dr. Richard Simon, Privatdocent a. d. Univ. München, Kaulbachstr. 87
(1193).
- David Simonsen, Oberrabbiner in Kopenhagen, Skindergade 28 (1074).
- Dr. Rudolf Smend, Prof. a. d. Univ. Göttingen, Bühl 21 (843).
• Dr. theol. Henry Preserved Sm i th , Prof. am Amherst College in Amherst,
Mass. (918).
- Vincent A. Smith, Gwynfa, Cheltenham, England (1325).
- Dr. Christian Snouck Hurgronje, Prof. in Batavia, Java (1019).
- Dr. phil. Moritz Sobernheim, in Berlin, W, Königin Augustastr. 28
(1262).
- Dr. J. S. Speyer, Prof. a. d. Univ. Leiden, Heerengracht 24 (1227).
- Dr. W. Spiegelberg, Prof. a. d. Univ. Strassburg i/Els., Vogesenstr. 22
(1220).
- Jean H. Spiro, Prof. a. d. Univ. Lausanne, in Vufflens-la-Ville, Canton
de Vaud (Schweiz) (1065).
- Dr. Reinhold Baron von Stackeiberg, Docent am Lazarewschen Institut
in Moskau (1120).
Dr. phil. Freih. Alexander v. Stael-Holstein, in Göttingen, Schildweg 36
(1307).
- R. Steck, Prof. d. Theol. a. d. Univ. Bern (689).
- Dr. Mark Aurel Stein, Inspector-General of Education and Archaeological
Surveyor, NW. Frontier Province and Baluchistan, in Peshawar, Indien
(1116).
- Dr. Georg Steindorff, Prof. a. d. Univ. Leipzig, Waldstr. 54 (1060).
- P. Placidus Steininge r, Prof. d. Theol. in der Benediktiner-Abtei
Admont (861).
- Dr. M. Steinschneider, Prof. in Berlin, O, Wallner-Theaterstr. 34 (175).
The Rev. Dr. T. Stenhouse, in Whitfield , Ninebanks Vicarage , Northumber-
land (1062).
Herr Dr. Edv. Stenij, Adjunkt a. d. theol. Fakultät d. Univ. Helsingfors (1167).
- J. F. Stenning, M. A., Wadham College in Oxford (1277).
- Lic. Dr. K. Steuernagel, Privatdocent in Halle a/S., Goethestr. 7 (1348).
- cand. rev. min. Curt Steyer, in Döbeln, Muldenstr. 3 (1353).
- Dr. Josef Stier, Prediger u. Rabbiner d. Israelit. Gemeinde in Berlin, N,
Oranienburgerstr. 39 (1134).
Dr. Theod. Stockmayer, Stadtpfarrer in Geislingen a. d. St. (1254).
- Dr. Hermann L. Strack, Prof. d. Theol. a. d. Univ. Berlin, in Gross-
Lichterfelde, Ringstr. 98 (977).
Dr. Maximilian Streck, Privatdocent a. d. Univ. Berlin, SW, Nostiz-
str. 13 (1259).
- Arthur Strong, M. A., Lecturer a. d. Univ. Cambridge, in London, SW,
Westminster, 36 Grosvenor Road (1196).
- Dr. Hans Stumme, Prof. a. d Univ. Leipzig, Südstr. 115 (1103).
- Georges D. Sursock, Dragoman d. kais. deutschen Konsulats in Beirul
(1014).
XIV Verzeichnis der Mitglieder der D.M. Gesellschaft.
Herr Dr. Heinrich Suter, Prof. am Gymnasiuni in Zürich, Kilchberg b. Zürich
(1248
- Aron von Szilady, reform. Pfarrer in Ilalas, Klein-Kumanien (697).
- Dr. Jyun Takakusu, in Tokio, Kogimachi 35 (1249).
- A. Tappehorn, Pfarrer in Vreden, Westphalen (568).
- Dr. Emilio Teza, ordentl. Prof. a. d. Univ. Padua (444).
- <;. W. Thatcher, M. A„ B. D., in Oxford (1107).
- Dr. G. Thibaut, Principal, Muir Central College in Allahabad, Indien (781).
- Dr. Tsuru-Matsu Tokiwai, p. Adr. Baron G. Tokiwai in Isshinden,
Province Ise, Japan (1217).
- Charles C. Torrey, Prof. in New Haven, Conn., U.S. A. (1324).
- Dr. Fr. T rech sei, Pfarrer in Spiez, Canton Bern (Schweiz) (755).
Fürst Esper Esperowitsch Uchtomskij, Durchl. , Kammerherr Sr. Maj. d.
Kaisers v. Kussland, in St. Petersburg, Schpalernaja 26 (1235).
Herr Kud. Ulimann, Pfarrer in Altenmuhr bei Gunzenhausen in Mittelfranken,
Bayern (1150).
- Dr. J. Jacob Unger, Rabbiner in Iglau (650).
- Dr. J. J. Ph. Valeton, emer. Prof. d. Theol. in Amersfoort (Nieder-
lande) (130).
Dr. Herrn. Vämbery, Prof. a. d. Univ. Budapest, Franz-Josephs-Quai 19
(672).
- Dr. B. Vandenhoff, Privatdocent in Münster i/W., Crefeld, Oberdiessemer-
str. 136 (1207).
- Friedrich Veit, Privatgelehrter, in Tübingen, Hechingerstr. 20 (1185).
- Dr. Ludwig Venetianer, Rabbiner jn Ujpest (Neu-Pest) (1355).
- Albin Venis, Principal, Sanskrit College in Benares (1143).
- Dr. J. Ph. Vogel, Archaeological Surveyor, in Labore, Indien (1318).
- Dr. H. Vogel stein, Rabbiner in Stettin, Falkenwalderstr. 127 (1146).
- Dr. Hermann Vogelstein, Rabbiner in Königsberg i/Pr. , Trazheimer
Kirchenstr. 8 (1234).
- Dr. Hans Voigt, Gymnasialoberlehrer u. Prof. a. d. Nicolaischule in
Leipzig, Hauptmannstr. 4 (1057).
- Dr. Wilh. Volck, kais. russ. Wirkl. Staatsrat, Prof. d. Theol. in Rostock
(536).
- Lic. Dr. K. Völlers, Prof. a. d. Univ. Jena, Westendstr. 33 (1037).
■ Dr. Jakob Wacker nagel, Prof. a. d. Univ. Göttingen, Hoher Weg 12 (921).
- Oscar Wassermann, in Berlin, C, Burgstr. 21 (1260).
The Venerable Archdeacon A. William Watkins, in Durham, The College, (827).
Herr Gotthold Weil, in Berlin, Brückenstr. 10 (1346).
- Dr. F. H. Weissbach, Bibliothekar a. d. Univ.-Bibliothek u. Privat-
docent a. d. Univ. zu Leipzig, in Gautzsch b. Leipzig (1173).
- Dr. J. Wellhausen, Geh. Regierungsrat, Prof. a. d. Univ. Göttingen,
WCberstr. 18 a (832).
- Dr. C. Werner, Rabbiner in München, Herzog Maxstr. 3 (1332).
- Dr. Gustav Westphal, in Marburg i/H„ Wehrdaerweg 7 (1335).
- Dr. J. G. Wetzstein, kgl. preuss. Konsul a. D., in Berlin, N, August-
str. 69 (47).
- Dr. K. F. Weymann, in Hagsfeld b. Karlsruhe i/B. (1279).
- Dr. Alfred Wiedemann, Prof. a. d. Univ. Bonn, Königstr. 2 (898).
- Dr. Fug. Wilhelm, Prof. in Jena, Wagnergasse 11 (744).
- Dr. Hugo Winckler, Privatdocent a. d. Univ. Berlin, in Wilmersdorf
b. Berlin, Bingerstr. 80 (1177).
- Dr. Ernst Windisch, Geh. Hofrat, Prof. d. Sanskrit a. d. Univ. Leipzig,
Universitätsstr. 15 (737).
- Dr. Moritz Winternitz, Prof. a. d. deutschen Univ. in Prag, Kgl. Weinberge,
Manesgasse 4 (1121).
- F. Wogihara, /.. Z. in Strassburg i/Els., Daniel Hirtzstr. 10 (1319).
- Dr. M. Wolff, Rabbiner in Gothcnburg (263).
Verzeichnis der Mitglieder der D. M. Gesellschaft. XV
Herr Dr. James Haughton Woods, Instructor in Philosophy, Harvard University,
in Boston, Mass., U. S. A., 2 Chestnut Street (1333).
The Rev. Charles H. H. Wright, D. D., M. A., Pb. D., in London, SW, 90
Bolingbroke Grove, Battersea (553).
Herr W. Aldis Wright, B. A., in Cambridge, England, Trinity College (556).
- Dr. C. Aug. Wünsche, Prof., Oberlehrer a. d. Ratstöchterschule in
Dresden, Albrechtstr. 15 (639).
- stud. jur. Arthur v. Wurzbach, in Laibach, Rain 10 (1351).
- Dr.Th. Zachariae, Prof. a. d. Univ. Halle a/S., Händelstr. 29 (1149).
- Dr. Joseph Zaus, Prof. d. Philosophie a. d. deutschen Univ. in Prag,
III, 43 (1221).
- Dr. K. V. Zettersteen, Privatdocent a. d. Univ. Lund, Grönegatan 32
(1315).
Dr. Heinr. Zimmern, Prof. a. d. Univ. Leipzig, Johannisallee 11 (1151).
Dr. Jos. Zubaty, Prof. a. d. böhmischen Univ. in Prag, Smichow, Huss-
str. 539 (1139).
In die Stellung eines ordentlichen Mitglieds sind eingetreten1):
Das Veitel-Heine-Ephraimsche Beth ha- Mi drasch in Beilin (3).
Die Kg 1. Bibliothek in Berlin, W, Opernplatz (12).
„ Bibliothek des Benedic tinerstif ts St. Bonifaz in München (18).
Die Bodleiana in Oxford (5).
The Rector of St. Francis Xavier's College in Bombay (9).
Die Grossherzogl. Hof bibliothek in Darmstadt (33).
„ K. K. Hofbibliothek in Wien (39).
Das St. Ignatius-Collegium in Valkenburg (Holland) (35).
Das Deutsche evangelische Institut für Altertumswissen seh.
des hl. Landes in Jerusalem (47).
Die Theologische Lehranstalt in Wien (48).
Das Fürstlich Hohenzollernsche Museum in Sigmaringen (1).
The New York Public Library, Astor Lenox and Tilden Foundations, in
New York, 40 Lafayette Place (44).
„ Owens College in Manchester, England (30).
„ Princeton University Library in Princeton, N.J., U. S. A. (46).
Die Stadtbibliothek in Hamburg (4).
The Union Theological Seminary in New York (25).
Die Kgl. Universitäts-Bibliothek in Amsterdam (19).
„ Universitäts-Bibliothek in Basel (26).
„ Kgl. Universitäts-Bibliothek in Berlin, NW, Dorotheenstr. 9 (17).
„ Kgl. Universitäts-Bibliothek in Breslau (16).
„ Kgl. Universitäts-Bibliothek in Christiania (43).
,, Kais. Universitäts-Bibliothek in Dorpat (41).
„ Kgl. Universitäts-Bibliothek in Erlangen (37).
., Grossherzogl. Universitäts-Bibliothek in Freiburg i/B. (42).
„ Grossherzogl. Universitäts-Bibliothek in Giessen (10).
„ Kgl. Universitäts-Bibliothek in Greifswald (21).
„ Grossherzogl. Universitäts-Bibliothek in Jena (38).
„ Kgl. Universitäts-Bibliothelc in Kiel (24).
„ Kgl. Universitäts-Bibliothek in Königsberg i/Pr. (13).
., Kgl. Universitäts-Bibliothek „Albertina" in Leipzig, Beethoven-
str. 4 (6).
1) Die in Parenthese beigesetzte Zahl ist die fortlaufende Nummer und
bezieht sich auf die Reihenfolge, in der die betreu'. Bibliotheken und Institute
beigetreten sind.
XVI Schriftenaustausch der D. M. Gesellschaft.
Die Kgl. Universitäts-Bibliothek in Marburg i/H. (29).
Kgl. Üniversitäts-Bibliothek in München (40).
Kais. Üniversitäts-Bibliothek in St. Petersburg (22).
K. K. Üniversitäts-Bibliothek in Prag (14).
Grossherzogl. Universitäts-Bibliothek in Rostock (34).
Kais. Universitäts- u. Landes-Bibliothck in Strassburg i/Els. (7).
Kgl. Universitäts-Bibliothek in Utrecht (11).
. Kgl. Universitäts-Bibliothek in Würzburg (45).
Scliriftenanstauscli der D. M. Gesellschaft.
Verzeichnis der gelehrten Körperschaften u. s. w. , die mit der D. M. G. in
Schriftenaustausch stehen, nach dem Alphabet der Städtenamen, mit Angabe
der Veröffentlichungen, welche die D. M. G. von ihnen regelmässig erhält.
* bedeutet, dass die D. M. Gr. als Gegenleistung Zeitschrift und Abhandlungen liefert.
-r bedeutet besondere Abmachungen. Die Körperschaften u. s. w. , denen kein Zeichen
beigesetzt ist, erbalten die Zeitschrift. Mit den Gesellschaften u. s. w. , die in [] ein-
geschlossen sind, schweben z. Z Verhandlungen über die von ihnen an die D. M. G. zu
liefernden Schriften.1)
1. Hei Bataviaasch Genootschap van Künsten en Wetenschappen in Batavia.
Tijdschrift voor Indische Taal-, Land- en Volkenkunde. Bb 901.
Notulen van de Algemeene en Bestuurs-Vergaderingen. Bb 901 d.
Yerhandelingen. Bb 90 in. 4°.
Dagh-Register gehouden int Casteel Batavia. Ob 2780. 4°.
*2. Die Königl. Preuss. Akademie der Wissenschaften in Berlin.
Abhandlungen, Philolog u. historische. Ae 5. 4°.
Sitzungsberichte. Ae 165. 4°.
3. Die Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin, SW, Wilhelmstr. 23.
Zeitschrift der Gesellschaft f. E. zu B. Oa 256. 4°.
I. Das Seminar für Orientalische Sprachen in Berlin, C 2, Am Zeughaus 1.
Mittheilungen des Seminars für Or. Spr. Bb 825.
Lehrbücher des Seminars f. Or. Spr. zu Berlin. Bb 1120.
[5. Die Zeitschrift für afrikanische, ozeanische und ostasiatische Sprachen
in Berlin, W 35, Potsdamer Str. 42. — Bb 935. 4°.]
6. Al-Machriq, Revue catholique Orientale, in Beyrouth (Syrien). — Bb 818.
"t . The Bombay Branch of the Royal Asiatic Society in Bombay.
Journal. Bb 755.
8. La Societe des Bollandistes, 14, rue des Ursulines, ä Bruxelles.
Analecta Bollandiana. Ah 5.
9. Die Magyar Tudomänyos Akademia in Budapest.
Krtckezesek. Ae 96.
Nyelvtudomänyi Közlemenyek. Ae 130.
Rapport sur les travaux de l'Acad. Hongroise des Sciences. Ae 196.
Einzelne jeweilig erscheinende Werke.
10. Die Orientalische Handels-Akademie in Budapest, V, Alkotmäny-utcza 8.
Keleti Szemle. Revue Orientale. Fa 76.
[11. The Kbedivial Library in Cairo.l
1) Die Liste ist nach de.iv Stande der augenblicklichen Ermittelungen gegeben.
Ergänzungen und Verbesserungen bleiben vorbehalten.
Schriftenaustausch, der D. M. Gesellschaft. _\" V 1 1
*12. The Royal Asiatic Society of Bengal in Calcutta.
Journal. Part I und Part III. Hb 7 25.
Proceedings. Bb 725c.
Bibliotheca Indiea. Bb 1200.
13. The Ceylon Branch of the Royal Asiatic Society in Colombo.
Journal. Bb 7G0.
14. Das R. Istituto di Studi superiori in Florenz, Piazza San Marco 2.
Accademia Orientale.
Collezione scolastica. [Diese beiden Publikationen sollen noch
geliefert werden.]
*15. Societä- asiatica italiana in Florenz, Piazza S. Marco 2.
Giornale. Bb 670.
16. Die Königl. Gesellschaft der Wissenschaften in Göttingen.
Nachrichten. Ae 30.
17. Der Historische Verein für Steiermark in Graz.
Mittheilungen. Nh 200 (mit der Beilage: Stiria illustrata, Nh 200 a).
Beiträge zur Kunde steiermärkischer Gcschichtsquellen. Nh 201.
''IS. Das Koninklijk Instituut voor Taal-, Land- en Volkenkunde van Neder-
landsch Indie im Haag.
Bijdragen tot de Taal-, Land- en Volkenkunde van N. I. Bb 608.
19. Teyler's Theologisch Tijdschrift in Haar lern. — Ia 135.
20. Die Gesellschaft für jüdische Volkskunde in Hamburg.
Mitteilungen. Oc 1000.
*21. Die Ecole Francaise d'Extreme- Orient in Hanoi.
Bulletin. Bb 628. 4°.
22. Die Finnisch-ugrische Gesellschaft in Helsingfors.
Journal de la Societe Finuo-Ougrienne. Fa 60. 4U.
Memoires de la Societe Finno-Ougrienne. Fa 61. 4°.
23. Die Revue Biblique Internationale in Jerusalem. — la 125.
*24. [Das Curatorium der Universität in Leiden.
Einzelne Werke.]
25. Die Zeitschrift T'oung-pao in Leiden. — Bb 905. 4°.
26. Der Deutsche Verein zur Erforschung Palästinas in Leipzig.
Zeitschrift des Deutschen Palaestina-Vereins. — Ia 140.
Mittheilungen und Nachrichten des D. P.-V. Ia 140 a.
r2 7. Das Semitistische Institut der Universität Leipzig.
Leipziger semitistische Studien. Bb 1111.
28. Das Anthropological Institute of Great Britain and Ireland in London, W,
3 Hanover Square.
Journal. Oc 175. 4°.
29. The Society of Biblical Archaeology in London, WC, Bloomsbury,
37 Great Russell Street.
Proceedings. Ic 2290.
*30. The Royal Asiatic Society of Gieat Britain and Ireland in London, W,
22 Albemarle Street.
Journal. Bb 750.
*31. The Royal Geographical Society in London, W, 1 Savile Row.
The Geographical Journal. Oa 151.
32. Das Athenee oriental in Löwen.
Le Museon. Af 116.
33. Die Zeitschrift für armenische Philologie in Marburg (Hessen). Redaktion
z. Z. in Charlottenburg. — Ed 135.
b
Will riftenaustausch der D. M. Gesellschaft.
.;i. Die Königl. Bayer. Akademie der Wissenschaften in München.
Sitzungsberichte der philosophisch-philologischen und der histo-
rischen Classe. Ae 185.
Abhandlungon dn- pbilos.-philolog. (.'lasse. Ae 10. 4°.
The American Oriental Society in New Haven.
Journal. Bb 720.
D Ecole speciale des Langucs Orientales Vivantes in Paris, 2, rue
de Lille.
Publications de l'Bcole des L. O. V. Bb 1250. • 8°. 4U. 2°.
Bibliotheque de l'Ecole des L. O. V. Bb 1119
50
37. Das Musee Guimet in Paris.
Annales. Bb 1180. 4°.
Annales (Bibliotheque d'Etudes). Bb 1180». 4°.
Revue de l'Histoire des Religions. Ha 200.
38. Die Revue Archeologique in Paris, 2, rue de Lille. — Na 325.
39. Die Revue de l'Orient Chretien in Paris. Redaktion z. Z. in Fresnes-
les-Rungis (Seine). — Ia 126.
Die Societe Academique Indo-chinoise in Paris.]
41. Die Societe Asiatique in Paris, rue de Seine, Palais de l'Institut.
Journal Asiatique. Bb 790.
^42. Die Kaiserl. Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg.
Bulletin. Ae 65. 4°.
Memoires. Ae 70. 4°. [Bisher nicht vollständig.]
30
Bibliotheca Buddhica. Eb 2020.
BvgccvTiva Xnony.t:. Eg 330. 4°.
Publications du Musee d'Anthropologie et d'Ethnographie de l'Aca-
demie Irnp. d. sciences de St.-Petersbourg. Oc 263. 4°.
Einzelne jeweilig erseheinende Werke.
Die Kaiserl. Russ. Geographische Gesellschaft in St. Petersburg.
H3BicTiH. Oa 42.
OTHert. Oa. 43.
oaimcKii ... Ho oixkieHho 3THorpa<piH. Oa 48.
;;. Die Societe d'Archeologie et de Numismatique in St. Petersburg.]
45. The American Philosophical Society in Philadelphia, 104 South,
jtli Street.
Proceedings. Af 124.
*46. Studi italiani di filologia indo-iranica in Pisa. — Eb 827.
"4 7. Die R. Accademia dei Lincei in Rom.
Rendiconti. Ae 45.
Atti (Rendiconti delle sedute solenni). Ae 45 a. 4°.
Memorie della Classe di scienze morali, storiche e filologiche.
Der Austausch mit dieser Publikation soll demnächst beginnen.]
48. Die Zeitschrift Bessarione in Rom, Piazza S. Pantaleo No. 3. — Bb 606.
[49. Die Direction du Service local de la Cochinchine in Saigon.]
The China Branch of the Royal Asiatic Society in Shanghai.
Journal. Bb 765.
The Tokyo Library of the Imperial üniversity of Japan in Tokyo.
The Journal of the College of Science, Imperial Üniversity of
o, Japan. P 150. 4°.]
he Asiatic .Society of Japan in Tokyo.
Transactions. Fg 100.
\
Schriftenaustaibsch der D. M. Gesellschaft. XIX
*53. Die Königl. Universitätsbibliothek in Upsala.
Sphinx. Ca 9.
Einzelne jeweilig erscheinende Universitätsschriften.
".'.}. Das Bureau of Ethnology in Washington.
Bulletin (bisher in der Bibliothek auf verschiedene sachliche Ab-
teilungen verteilt).
Annual Report. Oc 2380. 4°.
55. The Smithsonian Institution in Washington.
Annual Report of the Board of Regents. Af 54.
*56. Die Kaiserl. Königl. Akademie der Wissenschaften in Wien.
Sitzungsberichte. Philosoph.-histor. Classe. Ae 190.
Archiv für Kunde österreichischer Geschichtsquellen. Nh 170.
Fontes rerum Austriacarum. Nh 171.
.07. Die Numismatische Gesellschaft in Wien, I, Universitätsplatz 2.
Monatsblatt. Mb 135. 4°.
■r>S. Die Mechitaristen-Congregation in Wien, VII, Mechitaristengasse 4.
Handes atnsoreay. Ed 1365. 4°.
Ex officio erhalten je 1 Expl. der Zeitschrift :
Se. Hoheit Prinz Moritz von Sachsen-Altenburg in Altenburg.
Das Königl. Ministerium des Unterrichts in Berlin.
Die Privat-Bibliothek Sr. Majestät des Königs von Sachsen in Dresden.
Se. Excellenz der Herr Staatsminister von Seydewitz in Dresden.
Die eigene Bibliothek der Gesellschaft in Halle a/S. (2 Exemplare).
Die Königl. Universitäts-Bibliothek in Halle a/S.
Die India Office Library in London, SW, Whitehall, Downing Str.
Die Kaiser Wilhelms-Bibliothek in Posen (auch die „ Abhandlungen").
Die Königl. öffentliche Bibliothek in Stuttgart.
Die Königl. Uuiversitäts-Bibliothek in Tübingen.
XX
Personalnachrichten.
Der D. M. G. sind als ordentliche Mitglieder für 1904 beigetreten:
1354 Herr cand. phil. J. Haferbier, Osnabrück, Klusstr. 4,
1355 „ Dr. Ludwig Venetianer, Rabbiner in Ujpest (Neu-Pest),
1356 „ Dr. Israel Friedlaender , Professor am Jewish Theological Serninary
of America, 371 West 116 th Street, New York City, und
1357 ., Dr. phil. Hugo Grimm, Rottenburg a. N. (Württ), Priesterseminar.
Durch den Tod verlor die Gesellschaft die ordentlichen Mitglieder:
Herrn SemiDardirector Dr. Carl Lang in Mettmann, f 3. Januar 1904, und
„ Privatdocenten Dr. Ludwig Nix in Bonn, f 3. Februar 1904,
sowie das Ehrenmitglied:
Herrn Geheimrat Dr. 0. von Böhtlingk, Exe, in Leipzig, f 1. April 1904.
Aus der Gesellschaft schieden aus: Herr Dr. Kurt Berghold in Dresden
(wegen schwerer Erkrankung), Herr Prof. Willy Bang in Löwen und Herr
Gymnasialprof. W. Witsch el in Berlin.
vom (5. April ds. ab: Leipzig, Mozartstr. 4.
XXI
Verzeichnis der vom 1. Dez. 1903 bis 29. Febr. 1904 für die
Bibliothek der D. M. G. eingegangenen Schriften n. s. w.
I. Fortsetzungen und Ergänzungen von Lücken.
l. Zu Ab 360. Cdhcoki KHHnb, npioßpiTeHHHxi. BnßjiioTeKOK) Hiraepa-
TopcKaro C.-fleTepöyprcKaro yHHBepcHTeTa bi 1903 rojiy. No. l.
C.-neTep6ypi-rb 1903. (Von der Kais. Universitäts -Bibliothek, St. Peters-
burg.)
-2. Zu Ae 30. Nachrichten von der Königl. Gesellschaft der Wissen-
schaften zu Göttingen. Philologisch-historische Klasse. 1903. Heft 5. 6.
Geschäftliche Mitteilungen. 1903. Heft 2. Göttingen 1903.
3. Zu Ae 45. Rendiconti della Reale Accaderaia dei Lincei. Classe di
scienze morali, storiche e filologiche. Serie quinta. Vol. XII. Fase. 7° — 8°.
9°— 10°. Roma 1903.
4. Zu Ae 165. 4°. Sitzungsberichte der Königlich Preussischen Aka-
demie der Wissenschaften zu Berlin. XLI — L1II. 22.0ctober — lT.December
1903. Berlin 1903.
5. Zu Af 30. 4°. Centralblatt, Literarisches, für Deutschland. Begründet
von Friedlich Zarncke. Herausgegeben von Eduard Zamcke. 54. Jahr-
gang. Leipzig 1903. (Von Dr. G. Kampffmeyer.)
6. Zu Af 54. Report, Annual, of the Board of Regents of the Smithsonian
Institution, showing the Operations, Espenditures, and Condition of the
Institution for the year ending June 30, 1901. Report of the U. S. National
Museum. Washington 1903. — Dass., for the year ending June 30, 1902.
Washington 1903.
7. Zu Af 116. Mus eon, Le. Etudes philologiques, historiques et religieuses . . .
Fonde en 1881 par Ch. de Harlez. Nouvelle Serie. — Vol. IV. No. 4.
Louvain 1903.
8. Zu Af 124. Proceedings of the American Philosophical Society held
at Philadelphia for promoting useful knowledge. Vol. XLII. No. 173.
Philadelphia 1903.
9. ZuAhö. Analecta Bollandiana. Tomus XXIII. — Fasel. Bruxellis 1904.
Dabei: Index in tomos I— XX, fol. 6—9 (p. 49—80).
10. Zu Ah 5b. Chevalier, Ulysse, Repertorium hymnologicum. Supplementum,
folium 38 (p. 594 — 608).
11. Zu Ah 12. IX. [u.] X. Jahresbericht der israelitisch-theologischen Lehr-
anstalt in Wien für das Schuljahr 1901,1902 [u.] 1902/1903. Voran geht
[IX :] Büchler, Adolf, Das Synedrion in Jerusalem und das grosse beth-din
in der Quaderkammer des jerusalomischen Tempels. Wien 1902. — [X : 1 'i
Gesetze Hainmurabis und die mosaische Gesetzgebung von D. 11.
Müller. Wien 1903.
\ \ 1 1 1 V/-:. der für die Bibliothek der D. M. G. eingeg. Schriften u. s.w.
12. Zu Ali 12. Schwarz, Adolf, Die Controversen der Schammaiten und
Billeliten. I. Ein Beitrag zur Entwicklungsgeschichte der Halachah. Aus-
gehen am 15. October 1893, dem Eröffnungstage der isr. -theol. Lehr-
anstall in Wien. Wien 1893. — II.— V. [und] VII. Jahresbericht
der israelitisch - theologischen Lehranstalt in Wien für das Schuljahr
180-1 9f>. is;»j :u;. is'.m; 97. IS97.;98. 1899/1900. . .. Wien 1895—1900.
Darin (II:) Büchler, Adolf, Die Priester und der Cultus im letzten Jahr-
zehnt des jerusalemischen Tempels. — (III:) Friedmann, M., Onkelos
und Akylas. — (IV:) Schwarz , Adolf, Die hermeneutische Analogie in
der talmudisehen Litteratur. — (V:) Müller, D. H. , Strophenbau und
Responsion. Neue Beiträge. — (VII:) Seder Eliahu rabba und Seder
Kliahu zu tu (Tanna d'be Eliahu). Nach einem vaticanisehen Manuscripte
ediert, kritisch bearbeitet und commentiert von M. Friedmann. (Durch
die Güte der israelitisch -theologischen Lehranstalt in Wien, zur Vervoll-
ständigung unserer Reihe.)
13. Zu Ah 20. Jahres -Bericht des jüdisch- theologischen Seminars
Fraenckel'scher Stiftung. Voran geht: J. Lewy, Ein Vortrag über das
Ritual des Pesach-Abends. Breslau 1904. (Vom jüdisch-theolog. Seminar.)
14. Zu Bb 10. Bibliographie, Orientalische, . . . bearbeitet und heraus-
gegeben von Lucian Scherman. XVI. Jahrgang. Drittes Heft. Berlin
1903.
15. Zu Bb 606. Bessarione. Pubblicazione periodica di studi orientali.
Serie II. Vol. V. Fase. 75. Anno VIII. 1903—1904. Roma.
16. Zu Bb 608. Bijdragen tot de Taal-, Land- en Volkenkunde van Neder-
landsch-Indie . . . Zevende Volgreeks. — Eerste Deel. (Deel LV der
geheele Reeks.) Vierde Aflevering. 's-Gravenhage 1903.
17. Zu Bb 628. 4°. B ull e tin de l'Ecole Francaise d'Extreme-Orient. Tome III?
no. 3. 4. Hanoi 1903.
18. Zu Bb 670. Giornale della Soeietä Asiatica Italiana. Volume 16,
Parte Seconda. 1903. Firenze 1903.
19. Zu Bb 750. Journal, The, of the Royal Asiatic Society of Great Britain
and Ireland. January 1904. London.
20. Zu Bb 765. Journal of the China Branch of the Royal Asiatic Society
for the year 1900—1901. Vol. XXXIII. (Auf d. Umschlag: New Series.
Vol. XXXIII. 1899—1900.) Shanghai, o. J.
21. Zu Bb 790. Journal Asiatique . . . Dixieme Serie. Tome II. No. 2. 3.
1903. Paris.
22. Zu Bb 800. 4°. Litter atur-Z ei tung, Orientalistische. Herausgegeben
von F. E. Peiser. Sechster Jahrgang. 1903. Berlin. (Von Dr. G. Kampff-
meyer.)
23. Zu Bb 818. al-Machriq. Revue catholique Orientale bimensuelle.
Seienees-Lottres-Arts. Bairüt. — VI. 1903. No. 22. 23. 24. — VII. 1904.
1. 2. 3. 4.
24. Zu Bb 901. Tijdschrift voor Indische Taal-, Land- en Volkenkunde,
uitgegeven door het Bataviaasch Genootschap van Künsten en Weten-
schappen . . . Deel XLVI. Aflevering 6. Batavia | 's Hage 1903.
25. Zu Bb 901 d. Notulen van de Algemeene en Directievergaderingen van
het Bataviaasch Genootschap van Künsten en Wetenschappen. Deel XLI.
1903. Aflevering 2 en 3. Batavia | 's-Gravenhage 1903.
26. Zu Bb 901". 4°. Verhandelingen van het Bataviaasch Genootschap
van Künsten en Wetenschappen. Deel LV. 3e Stuk. Batavia | 's Hage
1903.
Verz. der für die Bibliothek der D. JL G. ein geg. Schriften u, s. v:. XXIII
27. Zu Bb 930. Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft.
Siebenundfünfzigster Band. IV. Heft. Leipzig 1903.
28. Zu Bb 1200, s, 33. Anantabhatta , The Vidhäna-Pärijäta. Edited by
Pandita Täräprasanna Vidyäratna. Vol. I. Fasciculus III. Calcutta
1903 [= Bibliotheca Indica. New Series, No. 1057].
29. Zu Bb 1200, s, 172. Gadädhara Räjaguru, Gadädhara Paddhatau
Kälasära edited by Sadäciva Micro, of Purl. Vol. I, Fasciculus VI.
Calcutta 1903 [= Bibliotheca Indica. New Series, No. 1049].
30. Zu Bb 1200, s, 229. Govindänaiuia KnriLaithnnncärya, Cräddha Kryä
Kaumudl. Edited by Pandita Kamaldkrsna Smrtibhüsana. Fasciculus III.
Calcutta 1903 [= Bibliotheca Indica. New Series, No. 1050].
31. Zu Bb 1200, s, 394. [Kumärüa,] Clokavärtika translated from the
Original Sanskrit with Extracts from the Commentaries of SucarTta Micra
(the Käcikä) and Pärthasärathi Micra (the Nyäyaratnäkara) by Gü/ßgänätha
Jhä. Fasciculus IV. Calcutta 1903 [= Bibliotheca Indica. New Series,
No. 1055].
32. Zu Bb 1200, s, 505. Nügembhatta, MahäbhäsynpradTpoddyota by Nagern
Bhafta. Edited by Panclit Bahuvallabha < 'üstri. Vol. II, Fasciculus IX.
Calcutta 1903 [= Bibliotheca Indica. New Series, No. 1052].
33. Zu Bb 1200, s, 535. Narasimha Väjapeji, Nityäcära-PradTpah.
Edited by Pandita Vinoda Vihäri Bhattäcäryya. Fasciculus II. Calcutta
1903 [= Bibliotheca Indica. New Series. No. 105 6].
34. Zu Bb 1200, s, 700. Sa tapa th abr ahm anain. The Catapatha Brähmana
of the White Yajurveda, with the Commentary of Säyana Acärya.
Edited by Panclit Satyavrata Sämacraml. Vol. II, Fasciculus 1. Calcutta
1903 [= Bibliotheca Indica. New Series, No. 1051].
35. Zu Bb 1200, s, 720. Siddharsi, Upumitibhavaprapancä kathä. The
Upainitibhavaprapaficä Kathä of Siddharshi. Originally edited by the late
Peter Peterson and continued by Hermann Jacobi. Fasciculus VI. Calcutta
1903 [== Bibliotheca Indica. New Series, No. 1053].
36. Zu Bb 1225. 4°. HsjiaHifl $aK,yjii>TeTa bocto<ihi>ixi. JI3hkobt> Mmnepa-
TopcKaro C.-DeTepoyprcKaro VHHßepcHTeTa. No. 5, V. 9. 11. C.-HeTep-
ßyprt 1902. 1903. — No. 5, V = TeKcra h pa3ucKauüi no apM^no-
rpy3HHCK0i"i (pHJiojiorin. V. Mapph, H. , KpuTHKa h Mejtrifl CTaTLH. —
9 = Ea±mioAü~h , B., McTopiiK.o-reorpa(pJiqecKiii oo^opi Hpana. —
11 = Mappo, H., TpaMMaTHKa jipeBHeapMflHCKaro fl:sbiKa. BTiiMOJiorifl.
(Von der Kais. Universitäts-Bibliothek, St. Petersburg.)
37. Zu Bb 1242. Mitteilungen der Vorderasiatischen Gesellschaft. 1903.
6. Jahrgang 8. Berlin. (Von der Vorderasiatischen Gesellschaft.)
38. Zu Bb 1285. 8°. Tpyjm no BocTOKOBiÄ-EHiio, isflaßaeMEie Jlasapeß-
CKHM'b IlHCTHTyTOMI. BoCTOIHHXt fl3UKOB'J>. BbinyCK'I, XIII = KpUMCKlÜ, A..
Hctohhhkh Ä-i« HCTopin MoxaMMefla h aHTepaTypa o nein., i. MocKBa
1902. (Von der Kais. Universitäts-Bibliothek in St. Petersburg.)
39. Zu Ca 9. Sphinx. Revue critique embrassant le domaine entier de
l'egyptologie publiee . . . par Karl Piehl. Vol. VII. Fase. IV. Upsala.
40. Zu De 3903. 4°. Al-BattänT sive Albatenii Opus astronomicum . . .
editum . . . a Carolo Alphonso Nallino. Pars prima. Versio capitum
cum animadversionibus. Mediolani Insubrum 1903. = Pubblicazioni de)
Reale Osservatorio di Brera in Milano. N. XL. Parte I. (Von dei
nannten Osservatorio.)
41. Zu Eh 10. 2°. Assam Library. Catalogue of Hooks and Pamphlets
for the quarter ending the 30tJl September 1903.
XXIV 1 rerz. der für die Bibliothek der D. M. G. eingeg. Schriften u. s. w.
42. Zu Eb 390. Hrishikesa Sästri and Siva Chandra Gui, A De-
scriptive Catalogue of Sanskrit Manuscripts in the Library of the Calcutta
Sanskrit College. Xo. 17 — 18. Calcutta 1903.
43 Zu Kl> 4068. -"'• Hultzsch, E., Annual Report on Epigraphy for 1902 —
1903. Government of Madras. G. <>., &c, Nos. 655, 656, 24th July
1903. — Dasselbe, for 1898—99. (Von Herrn Prof. Hultzsch.)
44. Zu Ed 1365. 4". Handes amsoreay. 1903, 12. 1904, 1.2. Wienna.
45. Zu Fa 76. Szemle, Keleti . . . Revue Orientale pour les etudes ouralo-
altai'ques . . . IV. evfolyam. 1903. 3. szam. Budapest.
46. Zu Fi 8t». CöopHHKi. MaTcpia^OBT, ÄJia onacaHifl iiicTHOCTefi h njieMeHi.
KaBKasa. Huiiycm, XXXII. Th»|)jihct> 1903.
47. Zu la 123. 4". Review, Tlic Princeton Theological. Vol. I.
I. October 1903. Philadelphia.
48. Zu la 125. Revue Bibliquo Internationale pubiiie par l'Ecole
pratique d'etudes bibliques . . . Nouvelle Serie. Premiere Annee. No. 1.
Janvier 1904. Paris, Rome. — Tables generales comprenant les Volumes
I— VIII (1892—1899). Paris 1900.
49. Zu la 126. Revue de l'Orient Chretien. Recueil trimestriel. 1903.
No. 4. Paris 1903.
50. Zu la 128. Rivista Cristiana, La. Comitato Direttivo: Emilio Comba
— Enrico Bosio — Giovanni Luzzi. Nuova Serie. Anno Quinto. Dicembre
1903. — Anno Sesto. Gennaio, Febbraio 1904. Firenze 1903. 1904.
51. Zu la 135. 8°. Tijdschrift, Teyler's Theologisch, . . . Jaar-
gang 2. Aflevering 1. Haarlem 1904.
52. Zu la 140. Zeitschrift des Deutschen Palaestina- Vereins. Band XXVII.
Heft 1. Leipzig 1904.
53. Zu Ic 2290. Proce edings of the Society ofBiblical Archajology. Vol. XXV.
Part 8. Vol. XXVI. Part 1. 2. London 1903. 1904.
54. Zu Mb 135. 4°. Monatsblatt der numismatischen Gesellschaft in Wien.
Xr. 245—247. VI. Bd. (Nr. 12. 13. 14). Dezember 1903. Jänner,
Februar 1904.
55. Zu Na 325. Revue archeologique. Quatrieme Serie. — Tome II. No-
vembre-Decembre 1903. Paris 1903.
56. Zu Nf 381. 2°. Report, Annual, of the Archwological Survey, Bengal
Circle, For the year ending with April 1903. Calcutta 1903. (Vom Bengal
Secretariat Book Depot.)
57. Zu Oa 151. Journal, The Geographica!. December, 1903. January,
1904. Vol. XXII. No. 6. Vol. XXIII. No. 1. 2. London.
58. Zu Oa 256. 4°. Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin.
1003. No. 9. 10. 1904. No. 1. Berlin.
59. Zu Ob 2780. 4°. Dagh -Register gehouden int Casteel Batavia . . .
Anno 1676. Uitgegeven . . . onder toezicht van J. A. van der Chijs.
Batavia | s'Hage 1903.
. Zu Ob 2845. 4°. Encyclopsedie van Nederlandsch-Indie . . . samen-
gesteld door P. A. van der Lith en Joh. F. Snelleman. Afl. 35. 's-Graven-
hage — Leiden.
61. Zu Oc 176. 8°. Journal, The, of the Anthropological Society of Bombay.
Vol. VI. No. 6. 7. Bombay 1903.
62. Zu I' 150. 4". Journal, The, of the College of Science, Imperial Univer-
sity of Tokyo, Japan. Vol. XVII, Article 12; Vol. XVIII, Article 4;
Vol. XIX, Article 8. 10. Tokyo, Japan 1903.
Verz. der für die Bibliothek der D. M. G. eingeg. Schriften u. s. w. XX V
II. Andere Werke.
11692. Synodicon Orientale ou Recueil de Synodes nestoriens public.
traduit et annote par J.-B. Chabot . . . Tire des Notices et Extraits
des Manuscrits de la Bibliotheque Nationale et autres bibliotheques.
Tome XXXVII. Paris 1902. De 2648. 4°.
30
11693. Schwab, Moi'se, Le manuscrit hebreu No. 1388 de la Bibliotheque
Nationale (Une Haggadah paschale) et l'iconographie juive au temps de
la renaissance. (Tire des Notices et Extr. . . . T. XXXVIII.) Paris
1902. Qa 110. 4°.
11694. Brockelmann, C. , Verzeichnis der arabischen, persischen, türkischen
und hebräischen Handschriften der Stadtbibliothek zu Breslau. Breslau
1903. (Vom Verf.) Ab 02. 4°.
11695. Mülinen, E. von, Die lateinische Kirche im Türkischen Reiche. 2. ver-
mehrte Auflage. Berlin 1903. K 7.'!.
11696. Boll, Franz, Sphaera. Neue griechische Texte und Untersuchungen
zur Geschichte der Sternbilder. Mit einem Beitrag von Karl Dyroff . . .
Leipzig 1903. P 44.
11697. Traktat über die Neulichtbeobachtung und den Jahresbeginn bei den
Karäern von Samuel b. Moses. Nach einer arabischen Handschrift
mit dem Fragmente einer hebräischen Übersetzung kritisch heraus-
gegeben und ins Deutsche übertragen von Felix Kaiiffmann. Frank-
furt a. M. 1903. Auch mit arab. Titel. De 10281.
11698. Tria opuscula auetore Abu Othman Arnr ibn Bahr al-Djahiz Basrensi
quae edidit G. van Vloten (Opus posthumum). Lugduui Batavorum
1903. (Von der Universität Leiden.) De 4882.
11699. Al-Bachir. Jubile de lTmprimerie Catholique de Beyrouth (Syrie)
1853 — 1903. Beyrouth 15 Decembre 1903. 34 we Annee No. 1624.
De 3891. 2° max.
11700. Eeport, Annual , on the search for Hindi Mannscripts For the year
1900. By Syamsundar Das . . . Allahabad 1903. (Von dem Super-
intendent, Government Press, United Provinces, Allahabad.)
Eb 5270. 2°.
11701. [Neues Testament, in Mandschu übersetzt unter Aufsicht von
S. Lipowzow. St. Petersburg 1835.] 8 voll. Ib 2775 a. 4".
11702. [Altes Testament, mongolisch, nachgeseheu von J. Schmidt, St.
Petersburg, Nov. 1840.] Ib 2783. 4".
11703. The New Testament . . . translated . . . into the Mongolian Lan-
guage, by Edward Stallubrass and William Swan. London 1846.
Ib 2798». 4°.
11704. Abdias Hayaren. Id est: Obadias Armenus . . . primum in Germania
speeimen characterum armenicorum . . . procuratorum ä M. Andrea
Acolutho. Lipsiae 1129/1680. Ib 2030.
11705. Ruete, Said, Ein Fremdenbuch aus Theben. Berlin 1900. (Von
Herrn Professor Dr. G. Jacob.) Ca 530.
11706. Sultan Soliman des Grossen Divan in einer Auswahl mit sachlichen
und grammatischen Einleitungen und Erläuterungen sowie einem voll-
ständigen Glossar herausgegeben von Georg Jacob. Berlin 1903.
(Vom Herausgeber, Prof. Dr. Jacob.) l'a 3018.
10
11707. Jacob, Georg, Zur Vorgeschichte der Null. Aus den „Beiträgen zur
Kenntnis des Orients" Bd. I (Jahrbuch der Münchner Orientalischen
Gesellschaft 1902/03). (Vom Verf.) Na 132.
XXVI 1 rerz. der für die Bibliothek der D. M. G. eingeg. Schriften u. s. w.
11T0S. Huhn, Ferd., Kurukb (Oräo)-English Dictionary. Parti. Calcutta
1903. (Vom Bengal Secretariat Book Depot.) Fe 282.
11709. KhJih, Ernst, Der Einfluss des arischen Indiens auf die Nachbarländer
im Süden und Osten. (Rectorats-Rede.) München 1903. (Vom Verf.)
Na 170. 4°.
1 171i». Joma. Der Mischnatraktat „Versöhnungstag" herausgegeben und erklärt
von Hermann L. Strack. Zweite, neubearbeitete Auflage. Leipzig
1904. (Vom Herausgeber.) Dh 26U0'2.
11711. Kwppuswami Sastri, T. S. , A short History of the Tanjore Nayak
Princes. Tanjore 1903. Auch mit Tamil-Titel. (Von Herrn Professor
Dr. Hultzsch.) Fe 500.
11712. The Tantravartika of Kumarila Bhatta translated into English by
Gangänätha Jim. Fasciculus I. Calcutta 1903. [Bibl. Ind. New
Ser., No. 1054.] = Bb 1200, s, 395.
11713. Winter, Martin, Über Avicennas Opus egregium de anima (Liber
sextus naturalium). Grundlegender Teil. München 1903. (Vom Verf.)
De 7138.
11714. Thommen, Eduard, Die Wortstellung im nachvedischen Altindischen
und im Mittelindischen. (Göttinger Diss.) Gütersloh 1903. (Vom
Verfasser.) Eb _0.
80
11715. Ihn Ginnl's Kitab al-mu:itasab. Arabischer Text mit einer Einleitung
über das Leben und die Werke seines Verfassers. (Diss. von) Edgar
/'rohster. Leipzig 1903. (Von Herrn Prof. Dr. A. Fischer.) De 6296.
11716. Seybold, C. F., Monchique et Arrifana dAlgarve chez les auteurs
arabes. — Lopes, David, Aljezur e Arrifana. (Beide = Separata d'
„O Archeologo Portugues", VIII, Kos 5 e 6 de 1903.) o. O. (Von
Herrn Prof. Seybold.) Ob 3355.
11717. Pich, Hermann, Assyrisches und Talmudisches. Kulturgeschichtliche
und lexikalische Notizen. Berlin 1903. (Vom Verf.) Dh 2015.
11718. Lammens , H. , Le Liban. Notes archeologiques , historiques, ethno-
graphiques et geographiques. Extrait de la revue „Al-Machriq". Premiere
partie. Le Liban septentrional. Beyrouth 1902. Arabisch. (Vom
Verf.) De 7935.
11719. Ihn al-Qlädl Ahmad b. Muhammad b. Muhammad b. Muhammad b.
Abi VAhja (= Ahmad b. All b. Abd ar-Bahmän b. Abi 'l-'Äfija al-
MiknäsT Abu 'l-'Abbäs), Gadwat al-iqtibäs fT man halla min al-a'läm
madlnat Fäs. Fes 1309. De 6832.
11720. Hillehrandt, Alfred (Besprechung von : Caland,W., Ueber das rituelle
Sütra des Baudhäyana. Leipzig 1903.) (A. aus d. Gott, gelehrt. Anz.
1903 Nr. 12.) Eb 1874.
11721. Studien, Leipziger Semitistische, I. 1.2. Herausgegeben von A. Fischer
und H. Zimmern. Leipzig 1903. I, 1 = Becherwahrsagung
bei den Babyloniern nach zwei Keilschrifttexten aus der Hammurabi-
Zeit. Von Johannes Hunger; I, 2 = Altbabylonische Rechtsurkunden
aus der Zeit der Hammurabi-Dynastie. Von Samuel Daiches.
11722. [Nr. 11721, I, 1, bis S. 58 als Diss., Leipzig 1903.] (Von Herrn
Professor Dr. A. Fischer.) Db 393.
117-.'.;. Xr. 11721,1, 2, bis S. 62 als Diss., Leipzig 1903.] (Von dems.) Dh 580.
11724. Kersjes, B. , en C. den Hamer, De Tjandi Mendoet voor de restau-
ratio . . . Batavia, 's Gravenhage 1903. (Von der Bataviaasch Genoot-
schap van Künsten en Wetensch.) Ng 1110. 2°.
Verz. der für die Biblioiheh der D. M. G. eingeg. Schriften u. s. w. XXVI L
11725. Relationes, Genuinae, inter Sedem Apostolicam et Assyriorum orien-
talium seu Chaldaeorum ecclesiam nunc majori ex parte primum editae
historicisque adnotationibus illustratae cura et studio Sarnuelis Gia.mil.
Roma 1902. Auch syr. Titel. (Vom Verleger.) Ie 283. 4".
1172G. Le livre des appareils pneumatiques et des machines hydrauliques par
Philon de Byzance edite d'apres les versions arabes d'Oxford et de
Constantinople et traduit en francais par Carra de Vaux. (Tire des
Not. et Extr. des Mss. de la Bibl. Nat. et autres bibl. T. XXXVIII.)
Paris 1902. De 9549. 4".
11727. Euting , J. , Xotice sur un papyrus egypto-arameen de la Bibliotheque
Imperiale de Strasbourg. (Extrait des Memoires pres. par div. sav. ä
l'Ac. des I. et B.— L. Ire Serie, T. XI, Ile partie.) Paris 1903.
De 806. 4".
11728. Ladakhi Songs. Edited in co-operation with S. Ribbach and
E. Shawe, by H. Francice, Leh 1899. First Series [S. 1—31]. -
(Dass., 2te Serie, S. 32—52. Ghoom 1900.) — (Dass. , 3te Serie,
S. 54—73, o. O. u. J. [1901]). — [Texte zu Reynard the Fox in
Ladakb. Herausgegeben von demselben, o. O. u. J.] — Die Trink-
lieder von Khalatse. [Herausgegeben von demselben.] o. 0. u. J. —
Ladakher Spruch w ü rt er und Rätsel. 2 te Sammlung. Gesammelt
von A. II. Francke. o. O. 1903. (Vom Herausgeber A. H. Francke.)
Ff 1650.
11729. Goldziher, Ignaz, Heinrich Leberecht Fleischer. (SA. aus d. Allg.
Deutsch. Biographie, o. 0. u. J. [1904].) (Vom Verf.) Nk 294.
11730. Silberstein, Emil, Conrad Pellicanus. Ein Beitrag zur Geschichte des
Studiums der hebräischen Sprache in der ersten Hälfte des XVI. Jahr-
hunderts, i. Erlanger Diss.) Berlin 1900. (Von Herrn Prof. Dr.
G. Jacob.) ' Nk 675.
11731. Muimonides' Commentar zum Tractat Bekhoroth im arabischen Urtext
mit verbesserter hebräischer Uebersetzung und mit Anmerkungen ver-
sehen. (Erlanger Diss. von) Julius Löwenstein. «Berlin 1897. Von
dems.) De 66S7
'" '
11732. Kanju Riga, Das Bankwesen Japans. (Leipziger Diss.) Lucka. S.-A.
o. J. [1903J. (Von Herrn Prof. Dr. A. Fischer.) K 800.
11733. Leipoldt , Johannes, Schenute der Begründer der national ägyptischen
Kirche. (Diss.) Leipzig 1903. (Von dems.) Ie 171.
11734. Fleischmann, Otto, Untersuchungen von Gesteinen aus dem nord-
östlichen China. (Provinz Chi-li.) (Leipziger Diss.) Pegau 1903.
(Von dems.) P 73.
11735. EamaHOßi, H. 6., Onarb H^ciijiOBaHifl ypaHxaiiCKaro «3Hua . . .
Ka3äHB 1903. (Von der K. Universitäts-Bibliothek, St. Petersburg.!
Fa 3254.
1173G. PgdaKOßo, A., Marepiajbi no ncTopin KiiTaficKoii Ky.inypn bt. rapHHi.-
ckoh npoBHHii,iH (1644 — 1902 r. r.). Tosit I . . . B.iaAiiBOCTOKi
1903 r. (Von derselben.) Ng 230. 4°.
11737. [Vorlesungs- Verzeichnis der Orientalischen Fakultät der Uni-
versität St. Petersburg im Schuljahr 1903 — 1904.] (Von ders.) Ni 407.
11738. [Personal- Verzeichnis der Universität St. Petersburg. Oktober
1903.] (Von ders.) Ni 4 IS.
11739. Kama-no*, II., UlBe^t $H.iiiimi-IoraHH'fc CTpa.ieHoeprb n Tpyj.u ero no
Poccin ii Ciionpii ua'ia.ia XVIII ßina). ;i,o.in;i;eno uu Ooiuomi.
CoßpaHiü 0. A., II n 3. 30 anpi.i« 1902 r. Von Herrn Prof. Dr.
G. Jacob) Nk 867.
\ \ V 1 1 1 ! <r:. der für die Bibliothek der D. M. G. eingeg. Schriften u.s.w.
11740. Catalogue of Indian Coins in the British Museum . . . London (1886).
1892. - Bde. = 1) Gardner, Perey, The Coins of the Greek and
Scythic Kings of Bactria and India . . . edited by Reginald Stuart
Poole. 2) Lane-Poole, Stanley, Tlio Coins of the Moghul Emperors
of Bindustan . . . edited by Reginald Stuart Poole. (Durch die Güte
der Trustees des Brit. Museum.) Mb 868.
117-11. Sarsowsky, Abraham, Die ethisch-religiöse Bedeutung der alttestament-
lichen Namen nach Talmud, Targum und Midras. (Königsberger Diss.)
Kirchhain N.-L. 1904. (Von Herrn Prof. Dr. C. Brockelmann.) Hb 1463.
11742. Pancritius, Marie, Assyrische Kriegführung von Tiglat-pileser I. bis
uiil" Samsi-adad 111. Diss.) Königsberg i. Pr. 1904. (Von dems)
Nc 168.
1174:5. Seder 'Olam (Cap. 1 — 10) nach Handschriften und Druckwerken
herausgegeben, übersetzt und erklärt. (Königsberger Dissertation von)
Alexander Marx. Berlin 1903. (Von dems.) Dh 5305.
11744. Verhandlungen des XIII. Internationalen Orientalisten-Kongresses.
Hamburg September 1902. Leiden 1904. Bb 992. 8°.
11745. Goldziher, I., Mohammed ibn Toumert et la theologie de lTslam dans
le nord de l'Afrique au Xle siecle. Alger 1903. (Vom Verf.) De 8963.
51
Sehr erwünscht ist der Bibliothek die vollständige Zuwendung der neu-
erscheinenden
orientalistischen Dissertationen, Programme u. s. w.
der Universitäten und anderer Lehranstalten.
XXIX
XIVe Congres International des Orientalistes.J>
Le Congres des Orientalistes de Hambourg , en 1902, a designe Alger
comme siege du XIVe Congres, qui doit avoir Heu en 1905, pendant les conges
de Päques, et M. le Gouverneur General de l'AIgerie a bien voulu accorder
son haut patronage ä cette manifestation scientifique.
Le Comite d'organisation est ainsi compose :
President: M. Rene Basset, Correspondant de l'Institut, Directeur de l'Ecole
Superieure des Lettres d'Alger, 7 7, rue Michelet, Mustapha.
Vice-Presidents : MM. J.-D. Luciani , Directeur du Service des Affaires Indigenes
au Gouvernement General de l'AIgerie.
Mesple, Professeur ä l'Ecole Superieure des Lettres, 17, rue Saint-Augustin,
Alger.
Bou Kandoura, Mufti hanefite d'Alger, Mosquee de la Pecherie.
Secretaire General: M. Edmond Doutte, Charge de cours ä l'Ecole Superieure
des Lettres, Parc de Fontaine-Bleue, Mustapha-Superieur.
Secretaires-Adjoints: MM. Chambige, Adrninistrateur de commune mixte, Chef
de bureau au Service des Affaires Indigenes du Gouvernement General
de l'AIgerie.
Yver, Charge de cours ä l'Ecole Superieure des Lettres, 21ter, rue Clauzel,
Mustapha.
Cherchali, Redacteur au „Mobaeher".
Tresorier: M. David, Chef du Secretariat particulier de M. le Gouverneur
General de l'AIgerie, au Palais d'hiver.
Tresorier-Adjoiut: M. Ettori, Chef du Service du Materiel au Gouvernement
General de l'AIgerie.
Membres du Comite: MM. Delphin, Directeur de la Medersa d'Alger, 25,
boulevard Bugeaud, Alger.
Gsell, Correspondant de l'Institut, Professeur h l'Ecole Superieure des
Lettres, Directeur du Musee d'Alger, 7 7, rue Michelet, Mustapha.
Commandant Lacroix, Chef du Service des Affaires Indigenes et du
Personnel Militaire du Gouvernement General de l'AIgerie, 12, rue
Bourlon, Mustapha.
Waille, Professeur ä l'Ecole Superieure des Lettres, 30, rue Dupuch,
Alger.
Ben Cheneb, Professeur h la Medersa d'Alger.
Ben Smaia, Professeur ä la Medersa d'Alger.
Le Congres comprendra les sections suivantes:
I. — Inde; Langues Aryennes et Langues de finde.
President: M. Senart, Membre de l'Institut, Paris.
Secretaire: M. Victor Henry, Professeur ä la Faculte des Lettres de Paris.
1) Abdruck des ersten dem Vorstand zugegangenen Berichts, mit Ein-
schaltung einer dem Vorstand seitens des Herrn Basset unter dein S. 3. ds.
mitgeteilten Ergänzung.
\\\ AVIV Congres International des Orientalistes.
II. — Langiies Semitiques.
President: M. Philippe Berger, Membre de l'Institut, Professeur au College
de France, 3, quai Voltaire. Paris.
Secretaire: M. Fossey, 1, avenue de l'Observatoiro, Paris.
JH. — Langues Musidmanes (Arabe, Türe, Person).
President: M. Koni' Basset, ( '.irrespondant de l'Institut, Directeur de l'Ecole
Superieure des Lettres d'Alger, 7 7, nie Miehelet, Mustapha.
Secretaire: M. Delphin, Directeur de la Medersa d'Alger, 25, boulevard
Bugeaud, Al^cr.
IV. - Egypte; Langues Africaines; Madagascar.
President: M. Lefebure, Charge de cours ä l'Ecole Superieure des Lettres
d'Alger, !>4. rue de Lyon. Mustapha- Beicourt.
Secrötaires : M. Hericy, Professeur au Lycee d'Alger.
M. Boulifa, Repetileur de langue kabyle ä l'Ecole Superieure des Lettres
d'Alger.
V. — Extreme-Orient.
i.t: M. Cordier, Professeur ä l'Ecole des Langues Orientales vivaiites,
54, rue Nicolo, XVIe.
ire: M. Cour an t, Maitre de Conferences ä l'Universite de Lyon, che-
min du Chancelier, 3, Ecully, (Rhone).
VI. — Grcce et Orient.
President: M. Diehl, Professeur ä la Faculte des Lettres de Paris, Paris, 67,
rue de Seine.
Secretaire: M: Brehier, Professeur ä la Faculte des Lettres de Clermont-
Ferrand.
VII. — Archäologie africaine et Art musulman.
President : M. G s e 1 1 , Correspondant de l'Institut, Professeur ;i l'Ecole Superieure
des Lettres d'Alger, Directeur du Musee d'Alger, 77, nie Miehelet,
Mustapha.
Secretaire: M. le Baron de Vialar, directeur-adjoint du Musee d'Alger.
Les titres des Communications scientifiques destinees ä etre lues au Congres
devront etre envoyes, soit au President de la section ä laquelle elles ressortissent,
soit au Secretaire general ou aux Secretaires-adjoints.
Le montant de la cotisation est fixe k vingt francs-, les femmes ou parentes
de congressistes aecompa^nant ceux-ci auront droit ä une carte de darne du
prix de dix francs. Cette carte donnera droit ä toutes les reduetions et prix
de faveur qui seront (iventuelleraent consentis aux membres du Congres par les
Compagnies de transports et autres, mais eile ne donnera pas droit aux publi-
cations du Congres.
irrespondances et les demandes de renseignements touchant le Congres
devront etre adressees au Secretaire general ou aux Secretaires-adjoints.
Les adhesions peuvent des maintenant etre adressees au Tresorier: elles
doivent etre aecompagnees du montant de la cotisation, faute de quoi elles seront
considerees comme non avenues. Pour la commodite des futurs congressistes,
elles pourront egalement etre adressees:
3 Paris, a M. Leroux, libraire, 28, rue Bonaparte, VIe.
Le President
Le Secretaire General du Comite d'organisation,
du Comite.
Edmoml Doutte.
K ein' B a s s (
XXXI
Zur Beachtung.
Um fortwährenden Inkonsequenzen in der Orthographie unserer Zeitschrift
und einem notwendig daraus resultierenden Plus an Korrekturarbeit und Korrektur-
kosten entgegenzuarbeiten , habe ich die Setzer unserer Druckerei anweisen
hissen, in der Orthographie von jetzt ab den „Buchdrucker-Duden"1') zur Rieht-
schnur zu nehmen. Aus ähnlichen Gründen habe ich bestimmt, dass in Zukunft
in transkribierten Wörtern die einfache Vokalläuge durch den bekannten kleinen
horizontalen Strich über dem Vokal bezeichnet werde, und nicht mehr durch
den Zirkumflex, der für besondere Zwecke reserviert bleibt, z. B. zur Bezeich-
nung der betonten Vokallänge o. ä. Die adoptierte Bezeichnung ist, soviel
ich sehe, bei den Indologen — und wohl auch bei den übrigen Indogermanisten
— heutzutage fast ausschliesslich im Gebrauch (wie überhaupt bei den Indo-
logen, namentlich seit Erscheinen des Bühlerschen Grundrisses, in Transkriptions-
fragen viel grössere Einheit herrscht als beispielsweise bei uns Semitisten) ; sie
dürfte daher auch auf den übrigen Sprachgebieten durchaus am Platze sein.
Natürlich aber möchte ich keinen der Herren Mitarbeiter vergewaltigen,
und somit ersuche ich diejenigen Herren, die ihre Beiträge zur Zeitschrift in
ihrer eigenen Rechtschreibung gedruckt zu sehen wünschen, an die Spitze ihrer
Manuskripte einen entsprechenden Vermerk zu stellen; ihrem Wunsche wird
dann regelmässig entsprochen werden. Nur haben diese Herren dann wohl
auch die Güte ihre Manuskripte so einzurichten, dass sich der Setzer infolge
von Unklarheiten oder Inkonsequenzen, auf die er stösst, nicht schliesslich docli
wieder zur Selbsthilfe genötigt sieht, die dann, wie bekannt, leicht zur Fehler-
quelle wird.
Freilich wage ich zu hoffen, dass ein derartiger Wunsch nur selten ge-
äussert werden wird. In den Rechtschreibungsfragen, die unsere Zeit beschäftigen
(„bewegen" wäre zu viel gesagt), handelt es sich ja doch im grossen und
ganzen nur um Quisquilien, die keinem Einsichtigen lange die Ruhe stören
sollten. Um Quisquilien, die lange, hartnäckige Kämpfe gar nicht wert sind, handelt
es sich aber grösstenteils auch bei den angeblichen Schwierigkeiten , die sich
einer Lösung der Transkriptionsfrage entgegenstellen. Es wäre wirklich an der
Zeit, dass man hier endlich einmal zum Ziele, d. h. zu einer allgemeinen inter-
nationalen Verständigung, käme. _^ „ , ,
Der Redakteur.
1) Rechtschreibung der Buchdruckereien deutscher Sprache. Auf Anregung und unter
Mitwirkung des Deutscheu Buchdruckervereius , des Reichsverbandes Österreichischer
Buchdruckereibesitzer und des Vereins Schweizerischer Buchdruckereibesitzer heraus-
gegeben vom Bibliographischen Institut, bearbeitet von Dr. Konrad Duden, Geh. Regie-
rungsrat, Gymnasialdirektor. Leipzig und Wien, 1903.
xxxin
Personalnachrichten.
Der D. M. G. sind ab 1904 als ordentliche Mitglieder beigetreten:
1358 Herr Dr. Joseph Hell. Privatdocent in München, Wolfratshausener
Strasse 24» II, und
1359 „ J. Preuss, Geistl. Lehrer und Lehramtspraktikant am Großherzogl.
Gymnasium in Karlsruhe.
Seinen Austritt erklärte Herr Prof. Dr. Hans Voigt in Leipzig.
Durch den Tod verlor die Gesellschaft ihre ordentlichen Mitglieder:
Herrn Prof. Dr. Wilh. Volck in Rostock, f 29. Mai 1904, und
„ K. Himly, kais. Dolmetscher a. D. in Wiesbaden, f 1- Juni 1904.
XXXIV
Verzeichnis der vom 1. März bis 81. Mai 1904 für die
Bibliothek der D. M. G. eingegangenen Schriften u. s. w.
I. Fortsetzungen und Ergänzungen von Lücken.
1. Zu Ae 30. Nachrichten von der Königl. Gesellschaft der Wissen-
schaften zu Göttingen. Philologisch -historische Klasse. 1904. Heft 1.
Göttingen 1904.
2. Zu Ae 45. Rendiconti della Reale Accademia dei Lincei. Classe di
scienze morali, storiche e filologiche. Serie quinta. Vol. XII. Fase. 11°— 12°.
Roma 1903.
3. Zu Ae 0 . 4°. Memoires de l'Academie Imperiale de St.-Petersbourg.
Vllle Serie. Tome I No. 1—7; II No. 1. 2; III No. 1—6; IV No. 1—8;
V No. 1. 3—5; VI No. 2—4. St. Petersbourg 1895—1903. (Vervoll-
ständigung unserer Reihe durch die Güte der Kais. Akademie der Wissen-
schaften in St. Petersburg.)
4. Zu Ae 185. Sitzungsberichte der philosophisch -philologischen und
der historischen Classe der k. b. Akademie der Wissenschaften zu München.
1903. Heft IV. 1904. Heft I. München 1904.
5. Zu Ae 190. Sitzungsberichte der philosophisch - historischen Classe
der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Band 146. Wien 1903.
C. ZuAfll6. Museon, Le. Etudes philologiques, historiques et religieuses . . .
Fonde en 1881 par Ch. de Harlez. Nouvelle Serie. — Vol. V. No. 1.
Louvain 1904.
7. Zu Af 124. Proceedings of the American Philosophical Society Leid
at Philadelphia for promoting useful knowledge. Vol. XLII. No. 174.
Philadelphia 1903.
8. Zu Af 155. Skrifter utgifna af Kongl. Humanistiska Vetenskaps-Samfundet
i Uppsala. Band VIII. Uppsala. Leipzig (1902 — 1904).
9." Zu Bb 606. Bessarione. Pubblicazione periodica di studi orientali.
Serie II. Vol. VI. Fase. 76. 77. Anno VIII. 1903 — 1904. Roma.
in. Zu Bb 608. Bijdragen tot de Taal-, Land- en Volkenkunde van Neder-
landsch-Indie . . . Zevende Volgreeks. — Tweede Deel. (Deel LVI der
geheele Reeks.) Eerste en tweede Aflevering. 's-Gravenhage 1904.
11. Zu Bb 720. Journal of the American Oriental Society. Twenty-fourth
Volume, Second Half. New Haven 1903.
1l'. Zu Bb 725. Journal of the Asiatic Society of Bengal. Vol. LXVIII,
1899, Part I, Title page and Index. — Vol. LXX , 1901, Part I, Title
page and Index. — Vol. LXXI, 1902, Part I. Title page and Index. —
Vol. LXXII. Part III, No. 1. 2. 1903. — Part III. Title page and Index
for 1902. — Calcutta 1899—1903.
Verz. der für die Bibliothek der D.M.G. eingeg. Schriften u. s. w. XXXV
. Zu Bb 725c. Proceedings of the Asiatic Society of Bengal. No. VI — X.
June— December 1903. Calcutta 1903. 1904.
. Zu Bb 755. Journal, The, of the Bombay Branch of the Royal Asiatic
Society. No. LIX. Vol. XXI. 1903. Bombay 1904.
Zu Bb 790. Journal Asiatique . . . Dixieme Serie. Tome III. No. 1.
1904. Paris.
. Zu Bb 818. al-Machriq. Revue catholique Orientale bimensuelle.
Sciences-Lettres-Arts. Bairüt. — VII. 1904. No. 5 — 8, 9.
. Zu Bb 901. Tijd schrift voor Indische Taal-, Land- en Volkenkunde,
uitgegeven door het Bataviaasch Genootschap van Künsten en Weten-
schappen . . . Deel XL VII. Aflevering 1 en 2. Batavia | 's Hage 1904.
. Zu Bb 945. Zeitschrift, Wiener, für die Kunde des Morgenlandes . . .
XVII. Band. 4. Heft. Wien 1903.
. Zu Bb 1125 (4). A. Socin's Arabische Grammatik, Paradigmen, Litteratur,
Übungsstücke und Glossar. Fünfte verbesserte Auflage bearbeitet von
Karl Brockelmann [= Porta linguarum orientalium. Pars IV]. Berlin
1904. (Von Herrn Prof. Dr. Brockelmann.)
. Zu Bb 1200, s, 33. Anantabhatta , The Vidhäna-Pärijäta. Edited by
Pandita Täräprasanna Vidyäratna. Vol. I. Fasciculus IV. Calcutta
1904 [= Bibliotheca Indica. New Series, No. 1066].
. Zu Bb 1200, s, 95. Bhäskaramisra Somayäjin, Trikända-Mandanam
by Bkäskara-Micra , Soma-YäjT being an Exposition of the Soma-yäga
Aphorisms of Äpastamba. With an anonymous Commentary entitled Viva-
rana edited by Mahämahopädhyäya Candrakänta Tarkälavkära. Fasci-
culus III. Calcutta 1903 [= Bibliotheca Indica. New Series, No. 1059].
, Zu Bb 1200, s, 229. Govindänanda Kavikankanäciirya, Cräddha Kyyä
Kaumudi. Edited by Pandita Kamalakrsna Smrtibhvsana. Fasciculus IV.
Calcutta 1903 [= Bibliotheca Indica. New Series, No. 1062].
Zu Bb 1200, s, 295. Jlmütavähana, Kälavivekah. The Käla-Viveka
edited by Madhusndana Smrtiratna. Fasciculus VI. Calcutta 1903
[= Bibliotheca Indica. New Series, No. 1060].
Zu Bb 1200, s, 492. Märkandeya Puräna, The. Translated by
F. E. Pargiter. Fasciculus VII. Calcutta 1903 [= Bibliotheca Indica.
New Series, No. 1058].
Zu Bb 1200, s, 505. Nägesabhatta, Mahäbhäsyapradipoddyota by Nägeca
Bhatta. Edited by Pandit Bahuvallabha Cästrl. Vol. II, Fasciculus X.
Calcutta 1903 [= Bibliotheca Indica. New*Series, No. 1063].
Zu Bb 1200, s, 535. Narasimha Väjupeß, Nityäcära-PradTpah. Edited
by Pandita Vinoda Vihäri Bhattäcäryya. Fasciculus III. Calcutta 1904
[= Bibliotheca Indica. New Series. No. 1064].
Zu Bb 1200, s, 700. Satapath abrähmanam. The Catapatha Brähmana
of the White Yajurveda, with the Commentary of Sägana Äcärya.
Edited by Pandit Satyavrata Sämacramt. Vol. II, Fasciculus II. Calcutta
1903 [= Bibliotheca Indica. New ^Series, No. 1061].
Zu Bb 1215. Books, The Sacred, of the East. Translated by various
Oriental scholars and edited by F. Max Müller. Vol. XLVIII. Oxford
1904. (Von dem Secretary of State for India in Council, India Office.)
Zu Bb 1225. 4°. Ü3ÄaHiH $aKy.ibreTa nocTOiHUXb Ü3ukobT) Ilsinepa-
TopcKaro C.-üeTepßyprcKaro YnnBepcHTeTa. No. 14. 15. C.-IleTepoypr],
1903. No. 14 = IUepoamcKoü, 0. II., Teopia no3nairia h lorHKa
no yiemK) no3AHifiinHXT. 6ynjwcTOWh. ^lacTb I. — i.ö = 0ßpa3H,0BUfl
iipon3Beflewfl ocMaHCKofi JaTepaTypn . . . irua.n. B. X CMUpnon.
Auch mit türk. Titel.
XXXV I Fern, der für die Bibliothek der D. M. G. eingeg. Schriften u.
s. ir.
30. Zn Bl> 1242. Mitteilungen der Vorderasiatischen Gesellschaft. 1904.
1 3, Jahrgang 9. Berlin. (Von der Vorderasiatischen Gesellschaft, Berlin.)
81. Zu Bb 1243. Orient, Der alte. Gemeinverständliche Darstellungen
herausgegeben von der Vorderasiatischen Gesellschaft. 5. Jahrgang. Heft 1
W. Mix Müller, Die alten Ägypter als Krieger und Eroberer in
Asien . . . Leipzig 1903. Heft 4 = Fr. H. Weissbach, Das Stadtbild
von Babylon. Leipzig 1904. (Heft 4 vom Verf.)
32. Zu Ca 15. 4°. Zeitschrift für Ägyptische Sprache und Altertumskunde.
Herausgegeben von A. Erman und G. Steindorff. Band XXXX. Zweites
Heft. Leipzig 1903. (Von der Redaktion.)
33. Zu Eb 50. 2°. Bengal Library Catalogue of Books for the Third
Quarter . . . 1903. (Calcutta) 1903. (Von der Königlichen Bibliothek,
Berlin.)
:>4. Zu Eb 225. 2U. Catalogue of books, registered in Burma during the
quarter onding the 30th September 1903. Rangoon 1903. (Von der
Königlichen Bibliothek, Berlin.)
35. Zu Eb 295. 2°. Catalogue of Books registered in the Punjab under
Act XXV of 1867 during the quarter ending the 30 th September 1903.
(Lahore 1903.) (Von der Königlichen Bibliothek, Berlin.)
36. Zu Eb 465. 4°. Kunja Vihäri Kävyatiriha, Catalogue of Printed Books
and Manuscripts in Sanskrit belonging to the Oriental Library of the
Asiatic Society of Bengal. Fasciculus IV. Calcutta 1904.
37. Zu Eb 765a. 2°. Statement of Particulars regarding Books and Perio-
dicals published in the United Proviuces, registered . . . during the Third
Quarter of 1903. (Allahabad 1903.) (Von der Königlichen Bibliothek,
Berlin.)
38. Zu Eb 5270. 2°. Report, Annual, on the search for Hindi Manuscripts.
For the year 1901. By Syamsundar Das. Allahabad 1904. (Von dem
Suptd. Govt. Press, United Provinces.)
39. Zu Ed 135. Zeitschrift für armenische Philologie. Herausgegeben von
Agop Manandian, Franz Nikolaus Finch und Esnik Gjandschezian.
Band 2, Heft 4. Marburg (Hessen) 1904.
40. Zu Ed 1237. 4°. Ararat. 1904. 1—3. 4. Walarsapat.
41. Zu Ed 1365. 4°. Hand es amsoreay. 1904, 3. 4. 5. Wienna.
42. Zu Eg 850. 2°. Inscriptiones antiquae orae septentrionalis Ponti Euxini
graecae et latinae . . . edidit Basilius Latyschev. Volumen IV . . . Petropoli
1901. (Von der Kais. Akademie der Wissenschaften.)
43. Zu Fa 60. 4°. Journal de la Societe Finno-Ougrienne. XXII. Helsin-
gissä 1904.
44. Zu Fa 61. 4°. Memoires de la Societe Finno-Ougrienne. XXII
(H. Paasonon, Mordvinische Lautlehre). Helsingfors 1903.
45. Zu Fa 76. Szemle, Keleti . . . Revue Orientale pour les etudes ouralo-
altaiques ... V. evfolyam. 1904. 1. szäm
Zu Fa 2622. 4°. Annales medicales et Bulletin de statistique de
l'Höpital des Enfants Hamidie . . . IV^nie Annee. Constantinople 1903.
(Von Herrn Chefarzt Dr. Ibrahim Pascha.)
Zu Ha 200. Revue de l'histoire des religions. Tome XLVIII. No. 1. 2.
Paris 1903.
Zu la 123. 4". Review. The Princeton Theological. Vol. II.
No. 5. January 1904. Philadelphia.
Vers, der für die Bi/Jiotliek der D. M. G. einger/. Schriften u. s.w. XXX VII
49. Zu Ia 125. Revue Biblique Internationale pubiee par l'Ecole
pratique d'etudes bibliques . . . Nouvelle Serie. Premiere Annee. No. 2.
Avril 1904. Paris, Rome.
50. Zu Ia 126. Revue de l'Orient Chretien. Recueil trimestriel. 1904.
No. 1. Paris 1904.
öl. Zu Ia 128. Rivista Cristiana, La. Comitato Direttivo: Emilio Comba
— Enrico Bosio — Giovanni Luzzi. Nuova Serie. Anno Sesto. Marzo,
Aprile, Maggio 1904. Firenze 1904.
52. Zu Ia 135. 8°. Tijdschrift, Teyler's Theologisch, . . . Jaar-
gang 2. Aflevering 2. Haarlem 1904.
53. Zu Ia 140. Zeitschrift des Deutschen Palaestina-Vereins. Band XXVII.
Heft 2 und 3. Leipzig 1904.
54. Zulc2290. Proceedings of the Society ofBiblical Arcbffiology. Vol. XXVI.
Part 3. London 1904.
55. Zu Mb 135. 4°. Monatsblatt der numismatischen Gesellschaft in Wien.
Nr. 248. 249. 250. VI. Bd. (Nr. 15. 16. 17) März, April, Mai 1904.
56. Zu Mb 245. Zeitschrift, Numismatische, herausgegeben von der Numis-
matischen Gesellschaft in Wien durch deren Redactions-Comite. Fünfund-
dreissigster Band. Jahrgang 1903. Wien 1904.
57. Zu Na 325. Revue archeologique. Quatrieme Serie. — Tome III. Jan-
vier-Fevrier. Mars-Avril 1904. Paris 1904.
58. Zu Na 425. 4°. 3anncKH ÜMnepaTopCEaro PyccKaro Apxeojoni-
uecKaro OomecTBa. Tom* IX. X [je] BbinycK 3 h 4. HoBan Cepifl.
XI. XII [jej Bun. 1 n 2. 3 n 4 und ITpH-ioxeme zu XII, 3. 1.
C.-IIeTepöypri, 1897—1902.
59. Zu Na 426. 4°. 3anncKH BocTO^Haro OTÄ'BJieHiü HMnepaTopcRaro
PyccKaro ApxeoaorHiecKaro OßmecTBa. Tomi XII. BunycKH II — IV;
Toni XII. XIV [je] Buri. I— IV; Tomi> XV Bbin. I. C. - IIeTep6ypri>
1899—1903.
60. Zu Na 427. 4°. 3anncKH OTxfcjiemfl pyccKoft h c.iaBaaHCKOH apxeo-
.loria HianepaTopcKaro PyccKaro Apxeo.iomHecKaro OömecTBa. Tom b V.
BanycKi. l . . . C.-IIeTepßypri. 1903.
61. Zu Nb 145. 2°. Memoires publies par les membres de la Mission ar-
cheologique francaise au Caire. Tome XIX. — Fascicule IV. Paris 1903.
(Von Herrn Dr. Max van Berchem.)
02. Zu Ne 50. 8°. Berchem, Max van, Notes d'archeologie arabe. Troisieme
article . . . Paris 1904. (Aus Journ. Asiat.) (Vom Verf.)
63. Zu Nf 341 a. 2°. Progress Report, Annual, of the Arcbajological
Survey Circle, United Proviuces. For the year ending 3 Ist March 1903.
(Naini Tal 1903.) Mit den dazu gehörigen- „Photographs and Drawings".
(Von dem Secretary to Government, United Provinces, Public Works De-
partment, Buildings and Roads Branch.)
64. Zu Nf 452. 4°. Epigraphia Indica and Record of the Archaeological
Survey of India. Edited by E. Hultzseh. Calcutta. Vol. VII. Part. VIII.
October 1903.
65. Zu Nh 170. Archiv für österreichische Geschichte. Band 92, 2. Wien
1903.
66. Zu Nh 171. Fontes rerum Austriacarum. Oesterreichischc Geschichts-
Quellen. Zweite Abteilung. Diplomataria et Acta. LVI. Band. Wien 1903.
t;7. Zu Ni 415. OTieT'B o cocTOflniii h ÄiflTeJbHorrn IlMiiepaTopcKaro
C.-IIeTep6yprcKaro yiinnepcHTeTa sa 1903 ro^i, . . . C.-ileTep6yprb
1904. (Von der Universitäts-Bibliothek in St. Petersburg.)
X XX V 1 1 1 I '<>• .: . der für die Bibliothek der D. M. G. eingeg. Schriften u. s. w.
68. Zu Oa 12. IhiirbcTni HMiiepaTopcKai'o PyccKaro Teorpa^aiecKaro
OömecTBa. Tomi XXXIX, 1903, Bhitvckt, IV. V. C.-IIeTep6ypn, 1903.
69. Zu Oa 151. .Journal, The Geographical. December, 1903. January,
1904. Vol. XX1I1. No. 3. 4. 5. London.
70. Zu Oa 256. 4°. Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin.
1904. No. 2. 3. 4. Berlin.
71. Zu Oa 452. 4°. CßopHHKt TpyAOBt OpxOHCKoii aKCHeflHltfH. I.
CaHKTneTepöypri» 1892.
72. Zu Ob 2780. 4°. Dagh- Register gehouden int Casteel Batavia vant
ade daor ter plaetse als over gelieel Nederlandts-India. Anno
1647 — 1648. Uitgegeven . . . onder toezicht van J. de Huller. 's-Graven-
hage 1903.
T.'i. Zu Oc 17 6. 8°. Journal, The, of the Anthropological Society of Bombay.
Vol. VI. No. 8. Bombay 1903.
74. Zu Oc 263. 4°. Publications du Musee d'Anthropologie et d'Ethno-
graphie de l'Academie Imperiale des Sciences de St. Petersbourg. I.
St. Petersbourg 1900.
75. Zu Oc 2380. 4°. Powell, J. W., Twentieth Annual Report of the Bureau
of Ethnology to the Secretary of the Smithsonian Institution 1898 — 99.
Washington 1903.
7t;. Zu P 150. 4°. Journal, The, of the College of Science, Imperial Univer-
sity of Tokyo, Japan. Vol. XVIII, Article 5. 6; Vol. XIX, Article 2.
11—13. Tokyo, Japan 1903. 1904.
II. Andere Werke.
11746. Sc der Eli ah u rabba und Seder Eliahu zuta . . . ediert, kritisch be-
arbeitet und commentiert von M. Friedmann. Wien 1902. Dh 4459.
11717. Archiv für Religionswissenschaft . . . herausgegeben von Ths. Achelis
(von Bd. 7 ab : ... herausgegeben von Albrecht Dieterich und Thomas
Achelis. Bd. 1 — 6. 7, Heft 1 und 2. Freiburg i. B [von 7 ab:]
Leipzig 1898—1904. Ha 5.
11748. Ghazarütm, Mkrtitseh, Armenien unter der arabischen Herrschaft bis
zur Entstehung des Bagratidenreiches. Nach arabischen und armenischen
Quellen. Marburg 1903. SA. aus Ed 135 (II, 2.3). (Vom Verf.) Nf 608.
11749. Katalog der Bibliothek der Kaiserlichen Leopoldinisch-Carolinischen
Deutschen Akademie der Naturforscher. Bearbeitet von Oscar Grulich.
Band 1. 2. Halle 1891—98. (Von der Akademie.) Ab 203.
11750. Louw, P. J. F., De Java-Oorlog van 1825—30 . . . Derde Deel.
Batavia. 's Hage 1904. (Von d. Bataviaasch Genootschap van Künsten
in Wetenschappen.) Ng 1143. 4°.
11751. Brockhaus'' Conversations-Lexikon . . . Dreizehnte . . . Auflage . . .
Band 1 — 16 [u.] Supplementband. Leipzig 1882 — 87. (Von Herrn
Dr. R. Schmidt.) Ai 16. 4°.
11752. Apte, Vaman Shivram, The Practical Sanskrit-English Dictionary . . .
Poona 1890. Eb 1223. 4°.
11753. Völlers, K. , Diodarro = Dewädär. (A. aus: Zeitschr. f. rom. Phil,
hrsg. v. Gustav Gröber, XXVII. 1903.) (Vom Verf.) Eh 330 =Y1.
11754. Koch, Paul, Die Byzantinischen Beamtentitel von 400 bis 700. (Diss.)
Jena 1903. (Von Herrn Prof. Dr. Völlers.) Nh 718.
Verz. der für die Bibliothek der D. M. G. eingeg. Schriften u. s. w. XXXIX
11755. Bälambhattl. A Commentary ou the Mitäksarä . . . svapatnl Laksml-
devlnämnä Bälambhattapäyagundena . . . Vol. J. Fasciculus 1.
Calcutta 1904. = Bb 1200, s, 88.
11 75 6. Hoff mann, A. , Bibel -Babel -Fabel . . . Buenos Aires 1903. (Vom
Verf.) Ia 300 = Y 1.
11757. SNgonmai ladvagspgyalpoi lorgyus, daDg Singpai dmaggi lorgyus. Deutscbe
Übersetzung von A. Theodora Francke. (Mit Text von A. H. Francke.)
[Leb] o. J. [1903?]. (Von Herrn A. H. Francke.) Ff 1G45.
11758. Die Prophetenlegenden des Muhammad ben 'Abdullah al-Kisüi . . .
herausgegeben und mit einer Einleitung und Anmerkungen versehen von
Isaac Eisenberg. Kirehhain N.-L. 1902. (Vom Verf.) De 7885 = Y 1.
11759. Zwei Urkunden vom Imäm aS Safi'l. Von Dr. F. Kern. (Aus: Mitt.
d. Seminars f. or. Spr. z. Berlin.) Berlin 1904. (Vom Herausgeber, i
De 8869 = T 1.
11760. Schmidt, Richard, Liebe und Ehe im alten und modernen Indien
(Vorder-, Hinter- und Niederländisch-Indien). Berlin 1904. (Vom Verf.)
Nf 395.
11761. Zaidän, GurgT, al-Falsafa al-lugawTja wa'1-alfäz al-'arabija . . . at-tab'a
ar-tünija. Kairo 1904. (Vom Veit') De 11829'-.
11762. Fragments de l'exegese biblique de Menahem bar Helbo (Auteur du
Xl-e siecle). Recueillis, edites et annotes par Samuel Poznai'iski. Var-
sovie 1904. (Vom Herausgeber.) Dh 6291 = Y 1.
11763. Poznanski, Samuel, Schechter's Saadyana. (SA. aus: Zeitschr. f. hebr.
Bibliographie Jahrg. VII (1903), Heft 4— 6.) Frankfurt a. M. 1904.
(Vom Verf.) Dh 9052 = Y 1.
11764. A Christian Bahira Legend. By Richard Gottheil. New York
1903. (A. aus Z. f. Ass. XIII— XVI.) (Von Herrn Professor Gottheil.)
De 1669.
11765. Guth , William W., Die ältere Schicht in den Erzählungen über Saul
und David (I Sam. 9 bis I Reg. 2) untersucht. Berlin 1904. (Vom
Verf.) Id 920 = Y 1.
11766. Der Divan Sultan Mehmeds des Zweiten des Eroberers von Kon-
stantinopel , zum ersten Male nach der Upsalaer Handschrift heraus-
gegeben von Georg Jacob. Berlin 1904. (Von Herrn Prot'. Dr. Jacob.)
Fa 2895.
11767. Beylie, De, Le palais d'Angkor Vat, ancienne residence des rois Khmers.
Hanoi 1903. (Vom Verf.) Ng 870 = Y 2. 4°.
11768. Die Gesetze Hammurabis und ihr Verhältnis zur mosaischen Gesetz-
gebung sowie zu den XII Tafeln. Text in Umschrift, deutsche und
hebräische Übersetzung, Erläuterung und vergleichende Analyse. V>>ii
Dav. Ileinr. Müller . . . Wien 1903. (Von Herrn Prof. Dr. D. II.
Müller.) Db 442.
Mi
117 69. Müller, D. H., Die Gesetze Hammurabis und die Zwölf Tafeln. Eine
Erwiderung. Wien 1904. (Vom Verf.) Db 442 = Vi.
'<■'<
11770. Müller, Dav. Ileinr. , Über die Gesetze Hammurabis. Vortrag . . .
Wien 1904. (Vom Verf.) Db W2 Y 1.
55
11771. Müller, D. II., Die Kohler-Peisersche Hammurabi-Übersetzung. (SA.
aus: Zeitschr. f. d. Privat- u. öff. Rech! d. Gegenw., hrsg. v. Grünhut,
Bd. XXXI., Wien 1904. (Vom Verf.) Db H- V 1.
61
X \, I 'erz. der für die Bibliothek der D. M. G. eingeg. Schriften u. s. w.
1177-'. Baumgartner , Adolf, Zur Geschichte und Literatur der Griechischen
Sternbilder. Vortrag . . . Basel 1904. (Vom Verf.) P 31 = Y 1.
1177.".. Ausgewählte Gesänge des Güvargis Warda von Arbel herausgegeben
mit Übersetzung, Einleitung und Erklärung von Heinrich Hilgenfeld.
Leipzig 1904. (Vom Herausgeber.) De 2055. 4°.
11774. Reinisch, Leo, Der Dschäbärtidialekt der Somalisprache. Wien 1904.
(Vom Verf.) Cc 294.
1177.1. rnrie.Uo, Giuseppe, Sui composti sintattici nelle lingue classiche e
specialmente del bahuvrlhi. Torino 1893. (Von Herrn Prof. Dr.
H. Stumme.) Ea 485.
11776. As-saih matlüf . . . M[uhammad] '[Utmän] G[alal]. Kairo 1290.
(Von Herrn Dr. F. Kern.) De 8611.
45
117 7 7. Al-arba' riwäjät min nuhab at-tijäterät. M[uhammad] '[Utmän] G[aläl].
Kairo 1307. (Von demselben.) De 8611.
50a
11778. Surre, Friedrich, Ein orientalisches Metallbecken des XIII. Jahrhunderts
im Königlichen Museum für Völkerkunde zu Berlin. Mit einem Anhang
von Eugen Mittivoch. (A. aus d. Jahrb. der Kün. Preuss. Kunst-
sammlungen 1904. Heft I.) (Vom Verf.) Qb 575 = Y 3. 2°.
11779. Census of India, 1901. Volume I. IA. India. Part I. Report. Part II.
Tables. By H. H. Bisley and E. A. Galt. Calcutta 1903. (Von dem
Secretary of State for India in Council, India Office, London.)
Oc 1610. 2°.
Sehr erwünscht ist der Bibliothek die vollständige Zuwendung der neu-
erscheinenden
orientalistischen Dissertationen, Programme u. s. w.
der Universitäten und anderer Lehranstalten.
XLI
Allgemeine Versammlung
der D. M. G. am 7. Okt. 1904 zu Leipzig.
Die diesjährige Allgemeine Versammlung wird statt-
finden Freitag den 7. Oktober 1904 im Semitistischen Institut
der Universität Leipzig (Universitätsgebäude , Paulinum, I).
Beginn früh 9 Uhr.
Halle und Leipzig, im Juni 1904.
Der t?escliäftsfülireiide Vorstand.
XI II
Zwei Anträge auf Zusätze zu den Satzungen der Ü.M. G.
I.
In Anbetracht der veränderten Bibliotheksverhältnisse beantragt
der Unterzeichnete bei der Allgemeinen Versammlung, für alle Fälle
folgende Einschaltung hinter § VII, Satz 1 der Satzungen beschließen
zu wollen :
Wenn das für die Bibliotheksverwaltung bestimmte Mitglied des geschäfts-
führenden Vorstands neben der Aufsicht über die Bibliothek nicht auch die
eigentlichen Bibliotheksgeschäfte übernimmt, sollen von den für seine Amts-
führung aus der Kasse der D. M. G. ausgesetzten 600 Mark 480 Mark zur An-
stellung eines besonderen Bibliotheksbeamten verwendet werden, der vom ge-
schäftsführenden Vorstand gewählt wird und diesem untersteht.
Leipzig, im Juni 1904. E. Windisch.
II.
Die Allgemeine Versammlung wolle als Zusatz zu § VI der
Satzungen beschließen:
Die Rechte und Pflichten des Bibliothekars werden durch eine be-
sondere Bibliotheksordnung geregelt, die durch die Allgem. Versammlung fest-
zusetzen ist und nur durch die Allgem. Versammlung geändert werden kann.
Anträge auf Beschlüsse, welche Bestimmungen der Bibliotheksordnung
ändern, sind in dem um den 1. Juli auszugebenden (2.) Hefte der Zeitschrift
bekannt zu geben.
Balle a S., im Juni 1904. G. Kampf fmey er.
XLIII
Personalnachrichten.
Der D. M. G. sind als ordentliche Mitglieder beigetreten :
ab 1903:
1360 Herr Cecil Bendali, Professor in Cambridge (England), 105 Castle Street;
ab 1904:
1361 Herr Dr. J. von Negelein, Privatdocent a. d. Univ. Königsberg i Pr.,
Freystr. 7.
Ihren Austritt erklärten die Herren Pfarrer Albrecht in Budweten und
stud. phil. Traug. Mann in Berlin.
XLIV
Verzeichnis der vom 1. Juni bis 5. August 1904 für die
Bibliothek der D. M. G. eingegangenen Schriften u. s. w.
I. Fortsetzungen und Ergänzungen von Lücken.
1. Zu Ae 5. 4°. Abhandlungen, Philologische und historische, der König-
lichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Aus dem Jahre 1903.
Berlin 1903.
•_'. Zu Ae 30. Nachrichten von der Königl. Gesellschaft der Wissen-
schaften zu Göttingen. Philologisch-historische Klasse. 1904. Heft 2. 3.
Geschäftliche Mitteilungen. 1904. Heft 1. Göttingen 1904.
;;. Zu Ae 45. Rendiconti della Reale Accademia dei Lincei. Classe di
scienze morali, storiche e filologiche. Serie quinta. Vol. XIII. Fase. 1 — 4.
Roma 1904.
4. Zu Ae 45a. 4°. Atti della R. Accademia dei Lincei. Anno CCCI. 1904.
Rendiconto dell' adunanza solenne dei 5 giugno 1904. Vol. II. Roma 1904.
5. Zu Ae ~r. 4°. Memoires de l'Academie Imperiale de St.-Petersbourg.
VIII e Serie. No. 6. St. Petersbourg 1904.
6. Zu Ae 74. Calendar, The, [of thej Imperial University of Tokyo. (Tokyo
Teikoku Daigaku.) 2563—64. (1903—1904.) Tokyo 2564 (1904).
7. Zu Ae 165. 4°. Sitzungsberichte der Königlich Preussischen Aka-
demie der Wissenschaften zu Berlin. I — XXIV. 7. Januar — 28. April 1904.
Berlin 1904.
8. Zu Ae 185. Sitzungsberichte der philosophisch -philologischen und
der historischen Classe der k. b. Akademie der Wissenschaften zu München.
1904. Heft II. München 1904.
9. Zu Af 54. Report, Annual, of the Board of Regents of the Smithsonian
Institution, showing the Operations, Expenditures , and Condition of the
Institution, for the Year ending June 30, 1902. Report of the U. S. National
Museum. Washington 1904.
Id. ZuAfllC. Museon, Le. Etudes philologiques, historiques et religieuses . . .
Fonde en 1881 par Ch. de Hartes. Nouvelle Serie. — Vol. V. No. 2.
Louvain 1904.
11. Zu Af 124. Proceedings of the American Philosophical Society held
at Philadelphia for promoting useful knowledge. Vol. XLIII. No. 175.
Philadelphia 1904.
12. Zu Af 160. 8°. Trans actions and Proceedings of the American Philo-
logical Association. 1903. Volume XXXIV. — Boston, Mass.
13. Zu Ah 5. Analecta Bollaudiana. Tomus XXIII. — Fase. II — III.
Bruxellis 1904. Dabei: Index in tomos I— XX, fol. 10—12 (pag. 81 — 112).
Verz. der für die Bibliothek der D. M. G. eingeg. Schriften u. s. w. XL V
14. Zu Ah 5 b. Chevalier, Ulysse, Repertorium hymnologicum. Supplementum,
folium 39 (p. 609—624).
15. Zu Ah 12. XI. Jahresbericht der israelitisch-theologischen Lehranstalt
in Wien für das Schuljahr 1903/1904. Voran geht: Pseudo-Seder Eliahu
zuta (Derech Erec und Pirke R. Eliezer) nach Editio princeps des Seder
Eliahu und einem Manuskripte, hierzu drei Abschnitte der Pirke d'Rabbi
Eliezer Kap. 39 — 41. Kritisch bearbeitet von M. Friedmann. Wien 1904.
IG. Zu Bb 10. Bibliographie, Orientalische, .... bearbeitet und heraus-
gegeben von Lucian Scherman. XVII. Jahrgang (für 1903). Erstes Heft.
Berlin 1904.
17. Zu Bb 606. Bessarione. Pubblicazione periodica di studi orientali.
Serie II. Vol. VI. Fase. 78. Anno VIII. 1903—1904. Roma.
18. Zu Bb 720. Journal of the American Oriental Society. Sixteenth Volume,
Xumber II. New Haven 1896. (Durch die Güte der Am. Or. Society.) —
Twenty-fifth Volume, First Half. New Haven 1904.
19. Zu Bb 750. Journal, The, of the Royal Asiatic Society of Great Britain
& Ireland. July 1904. London.
20. Zu Bb 760. Journal of the Ceylon Brauch of the Royal Asiatic Society,
1903. Volume XVIII. No. 54. Colombo 1904.
21. Zu Bb 790. Journal Asiatique ... Dixieme Serie. Tome III. No. 2.
1904. Paris.
22. Zu Bb 818. al-Machriq. Revue catholique Orientale bimensuelle.
Sciences-Lettres-Arts. Bairüt. — VII. 1904. No. 10. 11. 12. 13. 14.
23. Zu Bb 930. Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft.
Achtundfünfzigster Band. II. Heft. Leipzig 1904.
24. Zu Bb 945. Zeitschrift, Wiener, für die Kunde des Morgenlandes ...
XVIII. Band. 1. Heft. Wien 1904.
25. Zu De 488. 4°. Dcdmun, Gustaf H., Aramäisch-neuhebräisches Wörter-
buch . . . Teil II. Frankfurt a. M. 1901.
26. Zu Eb 2020. (8° und 4°.) Bibliotheca Buddhica III. (Avadänaeataka . . .
Edited by J. S. S})eyer. II.) IV. (Madhyamakavrtti . . . Publie par Louis
de la Vallee Poussin. I.) V. (CoopHnKt 300 BypxaHOBb. Ü3ä. C. $.
0.naeH6ypi"B. I.) St.-Petersbourg 1903. (Von der Kais. Akademie der
Wissenschaften in St. Petersburg.)
27. Zu Eb 4068. 2°. Hultzsch, E., Annual Report on Epigraphy for 1902—
1903. Government of Madras. G. O., &c, No. 1462, 24*h October 1887.
No. 898, 7th November 1889. Nos. 544. 545, 6*h August 1892. Nos. 833.
834, 22id August 1900. Nos. 763, 764, 6*h August 1902. (Von Herrn
Prof. Hultzsch.)
28. Zu Ed 1237. 4°. Ararat. 1904. 5. 6. Walarsapat.
29. Zu Ed 1365. 4°. Handes amsoreay. 1904, 6. 7. Wienna.
30. Zu Eg 330. 4°. Xqovlxcc, Bv^uvxiva. Topos svvarog, Tsv%os */
y.ul d' ; Touog öky.utog, Ttv%og cc xal ß', y Kai <$'. CauKTneTepri} prr,
1902. 1903.
31. Zu Fa 2288. 4°. Radioff, W., Versuch eines Wörterbuches der Türk-
Dialecte. Lieferung 17. St.-Petersbourg 1903.
32. Zu Fi 80. CÖOpHHKI. MaTepiajOBl Ä-IH OIIHCaHÜl M'iCTHOCTC"! II IMCMCIII,
K;iBKa3a. BanycK/b XXXIII. Tmhjinci, 1904.
33. Zu Ha 5. Archiv für Religionswissenschaft . . . herausgegeben von
Albrecht Dieterich und Thomas Achelis. Band 7, Heft 3 und I. I.
1904.
XL VI
Verz. der für die Bibliothek der D. M. G. eingerj. Schriften u.
34. Zu Ia 125. Revue Biblique Internationale publice par l'Ecole
pratiquo d'etudes bibliques . . . Nouvelle Serie. Premiere Annee. No. 3.
Juillet 1904. Paris, Korne.
:;;>. Zu Ia 126. Revue de fOrient Chretien. Recueil trimestriel. 1904.
No. 2. Paris 1904.
36. Zu Ia 128. Rivista Cristiana, La. Comitato Direttivo: Emilio Comba
— Enrico Bo.sio — Giovanni Luzzi. Nuova Serie. Anno Sesto. Giugno,
Luglio 1904. Firenze 1904.
37. Zu Ia 135. 8°. Tijdschrift, Teyler's Theologisch, . . . Jaar-
gang 2. Aflevering 3. Ilaarlem 1904.
38. Zu Ia 140a. Mittheilungen und Nachrichten des Deutschen Palae-
stina- Vereins . . . Leipzig 1902. Tit. Reg. 1903. No. 3—5.
39. Zulc2290. Proceedings of the Society of Biblical Archajology. Vol. XXVI.
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■/.c:i y.niTiv.)]. 'Ev Bo?.tt> 1903. Ie 23.
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erschienen, ausser: Le c uri osi tä di Jocohama. Partei. (A.Severini)
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11825. Bombay Sanskrit Series, No. 1—9, 12. 13, 16—18, 23, 24 Part I. II..
31, 33"— 35, 37, 39—54, 56—63, enthaltend: Apastamba ed. Bühler;
Eleven Ätharvana Upanishads ed. Jacob; Bäna's Kädambari ed. Peterson :
Bhattikävya ed. Trivedi; Dasakumäraeharita Part II. ed. Peterson;
Hemachandra's Desinämamälä ed. Pischel; Kumärapälaeharita by Hema-
chandra ed. Shankar Pandit; Jacob. Concordance; Rekhäganita by
Jagannätha ed. Trivedi; Kalhana's Eäjatarai'igini ed. Durgäprasäda;
Mälavikägnimitra by Kälidäsa ed. Shankar Pandit, second edition; Raghu-
vamsa of Kälidäsa ed. Shankar Pandit, second edition; Vikramorvasivam
by Kälidäsa ed. Shankar Pandit, third edition; Mahänäräyana-Upanishad
ed. Jacob; Paribhäshendusekhara of Nägojibhatta ed. Kielhorn, Part. I.
II.; Hitopadesa by Näräyana ed. Peterson; Nyäyakosa; Navasähasänka
Charita of Padmagupta, Part I., ed. Islämpurkar; Paräsara Dharma
Samhitä, Vol. I, Part I. II; Vol. II, Part I.; Vyäkarana-Mahäbhäshya
of Patanjali ed. Kielhorn, Vol. I.; Patanjalasüträni ed. Bodas; Rigveda
Handbook by Peterson, Part I. IL; Peterson, A second Selection of
Hymns from the Rigveda; The Paddhati of Sarngadhara ed. Peterson;
Mrchchhakatika by Südraka ed. Godabole; Subhäshitävali of Vallabha-
deva ed. Peterson and Durgäprasäda; Väsishthadharma^ästram ed. Führer:
Ekävali of Vidyädhara; Panchatantra ed. Kielhorn and Bühler. [Ge-
schenk auf Veranlassung des Director of Public Instruction Bombay
Presidency durch den Curator, Government Central Book Depot, Bombay.]
Eb 1300.
11826. La Merope, Tragoedia . . . Francisci Scipionis Maffei quam ... in
linguam sacram classicam convertit . . . Samuel Aaron Roiuanelli nunc
primum . . . edita e manuscripto autographo translatoris existente in
bibliotheca privata editoris Thomae Aq. Weikert. Romae . . . 1903
(Umschlag 1904). (Vom Verleger) Dh
11827. Bezold, C. , Die babylonisch-assyrischen Keilinschriften und ihre Be-
deutung für das Alte Testament . . . Tübingen und Leipzig 1904. (Vom
Verleger.) Ia 265.
11828. The Pahlavl Version of Yasna IX edited with . . . a literal transl
into English . . . notes and an introduction by Manekji Bamaüji Davar.
Leipzig 1904. (Vom Verleger.) I L301.
11829. Goeje, M. J. de, Memoires d'histoire et de geographie orientales. No. 3.
Memoire sur les migrations des Tsiganes ä travers L'Asie. Leid
(Vom Verleger.)
50
L I Vre. der für die Bibliothek der D. M. G. eingeg. Schriften u. s. w.
L1830. Deussen, Paul, Erinnerungen an Indien. Mit ... einem Anhange: „On
the philosophy of the Vedanta in its relations to occidental Metaphysics".
Kiel und Leipzig 1904. (Vom Verleger.) Ob 2040.
11831. Das Triadon. Ein Sahidisches Gedicht mit arabischer Übersetzung.
Von Oscar von Lemm. I. Text ... St. Petersbourg 1903. Ca 960.
11S32. Part II of the Lubäbu '1-albäb of Muhammad 'Awfi edited in the original
Porsian, with preface, indices and variants, by Edward G. Browne.
London, Leide 1903. (Persian Historical Texts, Vol. II.) (Vom Ver-
leger.) Ec 2418.
Prolegomena zu einer erstmaligen Herausgabe des Kitäb al-hidäja 'ilä
farä'id al-qulüb . . . von Bachja ihn Joseph ihn Paqüda aus dem
'Andalus nebst einer grösseren Textbeilage. (Strassburger Diss. von)
A. S. Yahuda. Darmstadt 1904. (Von Herrn Professor Dr. Leumann
in Strassburg.) De 3713.
IIS.;-). Krämer, Jacob, Das Problem des Wunders im Zusammenhang mit der
Providenz bei den .jüdischen Keligionsphilosophen des Mittelalters von
Saadia bis Maimüni. (Diss.) Strassburg i. E. 1903. (Von dems.) Hb 1337.
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nach den litterarischen Quellen. (Strassb. Diss.) Naumburg a. S. 1902.
Von dems.) Ie 202.
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und Jeruschalmi) übersetzt und philologisch behandelt nebst Wieder-
gabe des Textes des Jeruschalmi nach dem Leydener Manuscript. (Strassb.
Diss. von) Isaak Levy. Breslau (1891). (Von dems.) Dh 2740.
11837. Heil, Johannes, Die frühchristlichen Darstellungen der Kreuzigung.
(Strassb. Diss.) Leipzig 1904. (Von dems.) Ie 276.
11838. Samuel hen Moses ha-Ma'arabi, . . . Die karaeischen Fest- und Fast-
tage. Herausgegeben nach einer Berliner Handschrift. (Strassb. Diss.
von) Juda Junoiritsch. Berlin 1904. (Von dems.) De 10282 = Y 1.
11839. Die Erzählung oder das Martyrium des Barbaren Christophorus und
seiner Genossen. (Strassb. Diss. von) Johann Popescu. Leipzig 1903.
(Von dems.) De 1989.
11840. Tsuru-Mahu TÖkiwai, Studien zum Sumägadhävadäna. Einleitung zu
einer mit Prof. Leumann vorbereiteten Ausgabe nebst Übersetzung der
chinesischen Bearbeitungen. (Strassb. Diss.) Dannstadt 1898. (Von
dems.) Eb 3530/50 = T 1.
11841. Maimonides'' Commentar zum Tractat Kidduschin. Kritische Edition
des arabischen Urtextes mit verbesserter hebräischer Uebersetzung, Ein-
leitung und Anmerkungen. (Strassb. Diss. von) Aron Bär Nurock.
Berlin 1902. (Von dems) De 6687 = Y 1.
60
11842. Laqueur, Eicardus, Quaestiones epigraphicae et papyrologicae selectae.
(Diss.) Argentorati 1904. (Von dems.) Eg 870.
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I. Lexikalischer Teil. Erste Hälfte (\ — (jo). (Strassb. Diss.) Leipzig
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11844. Köster, August, Die ägyptische Pflanzensäule der Spätzeit . . . (SA.
aus: Recueil de Travaux rel. h la Philol. et ä l'Archeol. egypt. et assyr.
Vol. XXV.) (Strassb. Diss.) Paris 1903. (Von dems.)
Qb 70. 4°. = Y 3. 2°.
11845. Spiegellerg, Wilbelm, Studien und Materialien zum Rechtswesen des
Pharaonenreiches der Dynast. XVIII— XXI (c. 1500—1000 v. Chr.)
Strassb. Diss.) Hannover 1892. (Von dems.) K 842. 4°.
Vers, der für die Bibliothek der D. M. G. eingeg. Schriften u. s. w. LI
11846. Der demotische Teil der dreisprachigen Inschrift von Rosette.
(Strassb. Diss. von) J. J. Hess. Freiburg (Schweiz) 1902. (Von dems.'i
Ca 321. 2°.
11847. Nicolai, Rudolf, Geschichte der römischen Literatur. Magdeburg 1881.
• Eg 1300.
1184S. Colleetion White King. Premiere partie. Monnaies . . . Vente ;'t
Amsterdam le 26 Septembre 1904 et jours suivants sous la Direction
... de l'Expert J. Schulmon ... Mb 50.
11849. Streck, Maximilian, Bemerkungen zu den „ Annais of the Kings of
Assyria, I. (A. aus: ZA. XVIII. Strassburg 1904.) (Vom Verf.)
Db 409 = Y 1.
11850. (Chauvin, Victor,) Genese XV, v. 12. (SA. aus: Museon. X1Ie Serie
V, 1904) (Vom Verf.) Ic 336 = Y 1.
11851. (Chauvin, Victor,) Wunderbare Versetzungen unbeweglicher Dinge.
(A. aus d. Zeitschr. d. Ver. f. Volkskunde in Berlin. Heft 3. 1904.)
(Vom Verf.) G 46 == Y 1.
50
11852. Chauvin, Victor, Les Rapports du Roi de Serendip et de Häroune al-
rachid d'apres l'Histoire de Sindbäd le marin. (A. aus [Wallonia] T. XII.
Nos 2. 3, fevrier-mars 1904.) (Vom Verf.) G 46 = Y 1.
11853. (Köberlc,) Gottesgeist und Menschengeist im Alten Testament. (A. aus:
Neue kirchl. Zeitschr. XIII. 5. 6.) (Von Herrn Professor Dr. G. Jacob.)
Ia 311.
o
11854. En Sang pa Tigre-spraket upptecknad, öfversatt och förklarad af R.
Sundström. ütgifven och öfversatt tili tyska af Enno Ldttmann.
Uppsala, Leipzig o. J. = Skrifter utgifna af K. Humanistiska Veten-
skaps-Samfundet i Uppsala. VIII. 6. (Von Herrn Dr. E. Littmann.)
Dg 770 = Y 1.
11855. as-Salüin , Ahmad b. Hälid an-NäsirT, Kitäb al-istiqsa li-ahbär duwal
al-magrib al-aqsä. Teil 1— IV. Kairo 1312. De 10210. 4°.
11856. 'All b. Ahmad b. Hazm az-Zähiri Abu Muhammad, Kitäb al-faisal ri
'1-milal wa-'l-ahwä' wa-'n-nihal. Am Rande: as-Sahrastänl, Al-milal
wa-'n-nihal. Teil I— V. Kairo 1317—1321. De 3378. 4".
11857. Abu 'n-Nagä' , Häsija 'alä sarh Hälid al-Azhari 'alä matn al-Agur-
rümlja fl 'ilm al-'arablja. Am Rande dieser Kommentar selbst. Kairo
1319. De 5864. 4°.
11858. Muhammad al-Aubäbl, Taqrlrät . . . 'alä Häsijat Abi 'n-Nagä' 'alä
sarh Hälid al-Azhari. Am Rande: Derselbe, TaqrTr 'alä Häsijat Hasan
al-'Attär 'ala 'l-Azharlja. [Kairo] 1319. De 5866. 4°.
11859. Abu 'l-Hasanät Muhammad 'Abd al-Haij al-Luknäwl, Al-fawä'id al-
bahlja fT tarägim al-hanaf Tja ma' ta'liqät as-sanlja 'ala - '1-fawä'id al-
bahlja. Kasan 1321/1903. ' De 2812. 4°.
Sehr erwünscht ist der Bibliothek die vollständige Zuwendung der neu-
erscheinenden
orientalistischen Dissertationen, Programme u. s. w.
der Universitäten und anderer Lehranstalten.
I il
A 1 1 g e in e i n e Versammlung
der D. M. G. am 7. Okt. 1904 zu Leipzig.
Die diesjährige Allgemeine Versammlung' wird statt-
finden Freitag- den 7. Oktober 1904 im Semitistischen Institut
der Universität Leipzig- (Universitätsgebäude , Paulinum, I).
Beginn früh 9 Uhr.
Halle und Leipzig, im Juni 1904.
Der sescliäftsführende Vorstand.
LIII
Protokollarischer Bericht
über die am 7. Oktober 1904 zu Leipzig abgehaltene
Allgemeine Versammlung der D. M. G. *)
Die Sitzung beginnt 9'/4 Uhr im Semitistischen Institut der Universität
Leipzig. Zum Vorsitzenden wird Geh. Hofrat Windiseh gewählt, zum stell-
vertretenden Vorsitzenden Prof. Hultzsch, zu Schriftführern die Herren Dr.
E. Schmidt und Dr. Hertel.
1. Zunächst kommt durch Prof. Hui tzsch der Bericht des Schrift-
führers für 1903/19042) zur Verlesung. Im Anschluß daran beschließt die Allg.
Versammlung : 1) es bei der Eintragung der Gesellschaft in das Vereinsregister
zu Leipzig bewenden zu lassen, so daß nunmehr der endgiltige Druck der neuen
Satzungen erfolgen kann, 2) rückwirkend den Eintritt von Prof. Hultzsch in
den geschäftsführenden Vorstand zu genehmigen, 3) dem bisherigen Schriftführer,
Prof. Praetorius, den Dank der Gesellschaft auszusprechen.
2. Es folgt der Redaktionsbericht von Prof. Fischer.3) Die Ver-
öffentlichung des Gosche 'sehen Jahresberichts in der darin vorgeschlagenen
Weise wird genehmigt. Auf Grund buchhändlerischer Erwägungen wird dabei be-
schlossen, daß er gratis nur an diejenigen Mitglieder abgegeben werden soll, die
sich bis zum 1. Oktober 1906 melden. Ferner wird genehmigt, daß der Redakteur
den von R. Schmidt und J. Hertel bearbeiteten Test des Amitagati,
nebst deutscher Übersetzung, in der ZDMG. veröffentlicht. Da die Arbeit ziemlich
umfangreich ist, soll der Redakteur den Druck nach eigenem Ermessen einrichten.
Eine längere Debatte knüpft sich an den neuen wissenschaftlichen
Jahresbericht (s. den Redaktionsbericht). Prof. Kuhn spricht sich in ein-
gehender Erörterung der Frage energisch- gegen den Jahresbericht, sowie gegen
die vom Redakteur (s. ZDMG. 58 , 293) ins Auge gefaßten bibliographischen
Übersichten aus, besonders weil durch beide Neuerungen die Existenz der „ Orien-
talischen Bibliographie" gefährdet sei. Er beantragt Jahresbericht wie Über-
sichten fallen zu lassen , da andernfalls Prof. Scherman und die Firma Reuther
& Reichard in Erwägung ziehen müßten, ob es sich empfehle die „Or. Biblio-
graphie" in der bisherigen Weise weiterzuführen. Geheimrat Windiseh kon-
statiert den hohen Wert der „Or. Bibliographie" für die morgenländischen Studien
und rühmt die Verdienste ihrer Herausgober, trägt aber Bedenken, einen erst
vor zwei Jahren von einer stark besuchten Allg. Versammlung gefaßton Beschluß
1) Das Verzeichnis der Anwesenden s. in Beilage A.
2) Siehe Beilage B. 3) Siehe Beilage C.
MV Prolokolle)-. Bericht über die Allgem. Versammlung zu Leipzig.
ohne weiteres wieder aufzuheben. Prof. Fischer betont, daß auch die Semi-
tisten den Wert der TOr. Bibliographie " vidi und ganz zu würdigen wüßten,
daß er persönlich es für eine Ehrenpflicht der DM6. halte, ihre Fortdauer zu
sichern, daß er aber in dem Jahresberichte keine Gefahr für sie sehen könne-,
wer letzteres tue. verkenne Zweck und Anlage des Jahresberichts. Die geplanten
bibliographischen Übersichten gäbe er preis. Im übrigen begründet er noch ein-
mal eingehend den formellen Standpunkt des geschäftsführenden Vorstands in
dieser Frage, den er für unanfechtbar erklärt, und verliest zum Schluß einen
Brief Prof. Nöldeke's, in dem sich dieser entschieden gegen die Wieder-
belebung des Jahresberichts ausspricht. Konsul Harrassowitz hat vom buch-
händlerischen Standpunkte aus Bedenken , den Jahresbericht schon ein Jahr
nach seinem Entstehen wieder eingehen zu lassen, und vermag in ihm bei
seiner spezifischen Anlage und Kürze keine Gefahr für die „Or. Bibliographie"
zu erblicken. Prof. Steind orff spricht seine volle Sympathie mit dem Jahres-
berichte aus und beantragt, ihn in der bisherigen Form beizubehalten, von den
bibliographischen Übersichten dagegen abzusehen. Die Versammlung akzeptiert
schließlich diesen Antrag, beschließt zugleich aber, daß dem protokollarischen
Berichte über die Versammlung ein Resume der Ausführungen Kuhn 's sowie
der Brief Jsöldeke's beigefügt werden sollen,1) um eventuell einer späteren
Allg. Versammlung als Material zu dienen, falls weitere Bedenken gegen den
Jahresbericht laut werden.
3. Prof. Fischer erstattet an der Hand der ihm von der Firma F. A.
Brockhaus gelieferten Unterlagen den Kassenbericht.2) Zu Revisoren der
Kassenführung werden Prof. Kuhn und Prof. Zimmern ernannt.
4. Als letzter Bericht schließt sich an der Bibliotheksbericht des
Dr. Kampffmeyer.3) Die Allg. Versammlung spricht Dr. Kampffmeyer,
der sein Amt niedergelegt hat, den Dank der Gesellschaft aus für die ihr, be-
sonders im letzten Jahr anläßlich der Übersiedelung der Bibliothek in die neuen
Räume, geleisteten hervorragenden Dienste. Prof. Fischer beantragt, in den
zur Ausarbeitung der neuen Bibliotheksordnung eingesetzten Ausschuß nach-
träglich noch zur Vertretung der Anschauungen und Rechte des geschäftsführenden
Vorstands ein Mitglied des letzteren zu delegieren. Geheimrat Windisch
unterstützt diesen Antrag und bringt Prof. Fischer in Vorschlag. Dieser wird
delegiert, ferner wird bestimmt, daß der neue Bibliothekar an Stelle Dr. Kampff-
meyer's in den Ausschuß eintreten und darin den Vorsitz führen soll.
5. Beratung der zwei S. XLII dieses Bandes veröffentlichten Anträge
auf Zusätze zu den Satzungen der D. M. G. Geheimrat Windisch
motiviert eingehend seinen Antrag. Dr. Kampffmeyer verliest ein Memorandum,
das ausführlich die Stellung und die Aufgaben des Bibliothekars der D. M. G.
erörtert. Prof. Hultzsch schlägt zu dem Antrage Windisch das Amendement
vor, dem „besonderen Bibliotheksbeamten1' 600 Mk. statt 480 Mk. zu bewilligen.
Prof. Fischer spricht für den Antrag Windisch und befürwortet zugleich das
Amendement Hultzsch. Letzteres empfiehlt auch Prof. Gut he. Es wird darauf
der Antrag Windisch mit dem Amendement Hultzsch angenommen.
l Siehe Beilage D. 2) Siehe Beilage E.
3) Siehe Beilage F.
Protokollar. Bericht über die Allgem. Versammlung zu Leipzig. LV
Da allgemeines Einverständnis darüber herrscht, daß die nunmehr der
nächsten Allg. Versammlung zur Beschlußfassung vorzulegende neue Biblio-
theksordnung auch die Rechte und Pflichten des Bibliothekars regeln soll, erklärt
Dr. Kampffmeyer seinen Antrag damit für erledigt.
6. Die satzungsgemäß aus dem Vorstand ausscheidenden Proff. Fischer,
Hultzsch und Zimmern werden wieder-, für Dr. Kampffmeyer wird Prof.
Praetorius in den Vorstand gewählt.
7. Als Ort der nächsten Allg. Versammlung wird Hamburg-,
der Sitz des allgemeinen deutschen Philologentages von 1905, bestätigt. Um
einem bezüglichen Wunsche des Hamburger Lokalkomitees zu entsprechen,
ernennt die Allg. Versammlung Prof. Hultzsch zu einem der Obmänner der
orientalischen Sektion des Philologentages.
8. Prof. Kuhn berichtet über die Expedition Grünwedel nach Chinesisch-
Turkestan und beantragt, Herrn Prof. Grünwedel den Glückwunsch der Gesell-
schaft zu seinen Aufsehen erregenden Resultaten auszusprechen. Der Antrag
wird angenommen.
Darauf wird die Sitzung vertagt.
Wiedereröffnung der Sitzung Nachmittags 3 30. Dem Kassierer wird
auf Antrag der beiden Revisoren Decharge erteilt.
Beilage A.
Liste der Teilnehmer an der Allgemeinen Yevsamm
lung der D. M. G. am 7. Oktober 1904 in Leipzig.1)
1. A. Fischer, Leipzig. *10. Erw. Ter-Minassian tz , Etsch
2. H. Guthe, Leipzig. miadsin.
3. E. Kuhn, München. 11. Richard Schmidt, Halle a/S.
4. F. H. Weißbach, Leipzig. 12. Joh. Hertel, Döbeln.
5. Johs. Baensch-Drugulin , 13. G. Kampffmeyer, Halle a/S.
Leipzig. 14 F. Praetorius, Halle a/S.
*6. Hans Windisch, cand. theol , 15. H. Zimmern, Leipzig.
Leipzig. 16. E. Hultzsch, Halle a/S.
7. Ernst C. Marre, Leipzig. 17. E. Windisch, Leipzig.
8. R. Löbbecke, Leipzig. 18. Georg Steindorff, Leipzig.
9. Otto II arrassowitz, Leipzig.
Beilage B.
Bericht des Schriftführers für 1903—1904.
Seit dem vorjährigen Berichte (Bd. 57, S. LVIIf.) sind der Gesellschaft
15 Mitglieder beigetreten (Nr. 1347 — 13G1), davon 6 ab 1903 und die übrigen
ab 1904. Dagegen erklärten ihren Austritt die Herren Albrechl
Berghold, Hubert, Philippi, Voigt und Witschel. Gestrichen wurden
die Namen von 6 ordentlichen Mitgliedern.
1 , Ein * bezeichnet die Teilnehmer, die nicht Mitglieder der I >. M. G. sind.
LY1 Frotökollar. Bericht über die Allgem. Versammlung zu Leipzig.
Durch den Tod verlor die Gesellschaft die ordentlichen Mitglieder Herren
Himly, Lang, v. Möllendorff, Nix und Volck sowie ihr Ehrenmitglied
Herrn Geheimrat Dr. Otto v. Böhtlingk, Exzellenz. Der geschäftsführende
Vorstand legte am Sarge des großen Gelehrten einen Kranz nieder und Herr
Geheimrat Windisch widmete dem verstorbenen Freunde und Fachgenossen
einen warm empfundenen, seine hohen Verdienste würdigenden Nachruf.1)
Am 1. Januar 1904 betrug die Zahl der ordentlichen Mitglieder und der
Institute, welche die Stelle eines ordentlichen Mitglieds einnehmen, 457 (6 mehr
als im Vorjahre).
Die Gesellschaft trat in Schriftenaustausch mit dem Semitistischen
Institut der Universität Leipzig, welches die „Leipziger semitistischen
Studien" liefert und dagegen unter den „Abhandlungen für die Kunde des
Morgenlandes" diejenigen mit semitistischem oder verwandtem Inhalt empfängt;
ferner mit dem Archiv für Religionswissenschaft in Leipzig, der
Khedivial Library in Cairo und dem Director General of Archaeo-
logy in Simla.
In Ausführung der Beschlüsse früherer Allg. Versammlungen unterstützte
die Gesellschaft im Laufe des Berichtsjahres die Orientalische Biblio-
graphie, die Zeitschrift für Agypt. Sprache und Altertumskunde
und die Bibliographie Arabe des Herrn Chauvin mit Mk. 500, 400 und
120. Der weitere Vorstand beschloß ferner, der von Sir Charles Lyall geplanten
Ausgabe der Mufaddalijät s. Z. eine den verfügbaren Mitteln entsprechende
Unterstützung zu gewähren.
Im Anschluß an den letzten Jahresbericht (Bd. 57, S. LXII) erklärte der
geschäftsführende Vorstand, die Eintragung der Gesellschaft in das Vereins-
register zu Halle beantragen zu wollen. Seitdem hat sich herausgestellt, daß
diese Eintragung einerseits völlig unnütz sein , und andrerseits nicht nur das
erste Mal, sondern alljährlich allerlei Kosten verursachen würde, da jedesmal
die Anmeldung des neugewählten oder nur wiedergewählten Vorstandes und die
notarielle Beglaubigung der Unterschriften aller elf Mitglieder des weiteren Vor-
standes erforderlich wäre. Der geschäftsführende Vorstand hat daher bisher von
der Eintragung zu Halle abgesehen und empfiehlt der Allg. Versammlung, sich
mit der bereits erfolgten Eintragung in Leipzig zu begnügen.
Am 1. Januar 1904 übernahm der Unterzeichnete — vorbehaltlich der
Genehmigung durch die gegenwärtige Allg. Versammlung — das Schriftführeramt
an Stelle des auf seinen Wunsch ausscheidenden Herrn Prof. Praetorius, der
zehn Jahre lang dem geschäftsfühlenden Vorstand als Schriftiührer angehört und
sich durch seine aufopfernde Tätigkeit große Verdienste um die Gesellschaft
erworben hat.
Vom 57. Bande der Zeitschrift wurden an Mitglieder und gelehrte Ge-
sellschaften 544 Exemplare versandt und an Buchhändler 133 Exemplare abgesetzt,
zusammen 077 (10 mehr als im Vorjahre). Erfreulicherweise hat die Preis-
erhöhung keinen Rückgang des Absatzes an Buchhändler zur Folge gehabt; es
wurden nämlich im laufenden Jahre 140 Exemplare des 58. Bandes bezogen
1) S. Wissenschaftliche Beilage der Leipziger Zeitung, Nr. 46, 16. April 1904.
Protokoll. Bericht über die Allgem. Versammlung zu Leipzig. LVII
(7 mehr als 1903). Der Gesamtabsatz der Veröffentlichungen der Gesellschaft
ergab im verflossenen Jahre Mk. 3658, wovon 31k. 3C5.80 Provision der Firma
F. A. Brockhaus in Abzug zu bringen sind.
Das Fleischerstipendium wurde in der Höhe von Mk. 350 am 4. März
1904 an Herrn Professor Dr. Paul Schwarz in Leipzig verliehen.
Ein Ereignis von großer Wichtigkeit für die Gesellschaft war die Über-
siedelung der Bibliothek in das von Herrn Baurat K o r t ii m erbaute neue
Bibliotheksgebäude der Leopoldinisch-Karolinischen Akademie. Die gediegene
Ausstattung der neuen Räume verdanken wir zum Teile dem hohen Koni gl.
Preußischen Unterrichtsministerium, welches einen außerordentlichen
Zuschuß von Mk. 1643. G5 gewährte, und andrerseits Herrn Geheimrat Freiherrn
v. Fritsch, welcher als Präsident der Leopoldinisch-Karolinischen Akademie
Mk. 1746 zum selben Zwecke beitrug. E. Hultzsch.
Beilage C.
Redaktionsbericht für 1903 — 4.
Heft I von Bd. 58 der Zeitschrift konnte aus Gründen, die ich in
dem Hefte selbst, S. 293, namhaft gemacht habe, erst im Mai ds. erscheinen.
Heft IV von Bd. 57 und Heft II und III von Bd. 58 dagegen sind pünktlich
am Schlüsse der betr. Quartale verschickt worden.
Von folgenden zwei größeren Aufsätzen des laufenden Jahrgangs der Zeit
schrift habe ich Sonderabdrücke in den Buchhandel gebracht:
Das südliche Pancatantra. Übersicht über den Inhalt der älteren „Pafi-
catantra"-Rezensionen bis auf Pürnabhadra. Von Johannes Hertel. 68 S.
2 Mk. 10 Pf., für Mitglieder der D. M. G. 1 Mk. 40 Pf.
Beiträge zur Beleuchtung des islamitischen Strafrechts, mit Rück-
sicht auf Theorie und Praxis in der Türkei. Von Johann Krcsmarik.
133 S. 4 Mk. 20 Pf., für Mitglieder der D. M. G. 2 Mk. 80 Pf.
Der laufende Band der Zeitschrift hat gegenüber den früheren einige
Neuerungen gebracht: 1. Einheitlichkeit in der deutschen Recht-
schreibung und in der Bezeichnung der einfachen Vokal]
in transkribierten Wörtern, 2. regelmäßige Verzeichnisse der bei
der Redaktion zur Besprechung eingeh enden Druckschriften und
3. einen wissenschaftlichen Jahresbericht.
Über die Gründe, die mich zur ersten dieser Neuerungen veranlaßt haben,
habe ich mich auf S. XXXI des Bandes geäußert. Mit der zweiten Neuerung
verfolge ich einen mehrfachen Zweck: die betr. Verzeichnisse sollen erstens gegen-
über den Verlegern oder Autoren, die der Redaktion Werke zur Anzeige zu-
senden, als Quittung dienen; zweitens sollen sie mir die Aufgabe erleichtern,
geeignete Rezensenten zu finden; und drittens sollen sie in Fällen, in denen die
betr. Werke — sei es, weil dieselben nicht wichtig genug, sei es, wei
geeigneten Rezensenten aufzutreiben sind — in der ZDMG. nicht zur i
gelangen können, Verlegern und Autoren wenigstens die Genugtuung gewähren,
LYIII Frotökollar. Bericht über die Allgem. Versammlung zu Leipzig.
daß die Leser der ZDMG. rasch auf ihre Veröffentlichungen aufmerksam ge-
macht werden.
Diese beiden Neuerungen scheinen nirgends Bedenken erregt zu haben,
wenigstens habe ich bisher von solchen nichts gehört. Anders dagegen die dritte
Neuerung, der wissenschaftliche Jahresbericht! Dieser verdankt, wie
unter den Mitgliedern der D. M. G. allgemein bekannt sein sollte und wie ich zum
Überfluß an der Spitze meines „Nachworts'1 dazu (S. 292) noch besonders hervor-
gehoben habe, seine Entstehung, oder, wenn man so will, seine Wiedererweckung,
nicht der Initiative der Redaktion oder überhaupt des geschäftsführenden Vor-
stands, sondern der Tatsache, daß er vor 2 Jahren in Hamburg von einer be-
sonders stark besuchten Allg. Versammlung mit so großer Majorität desideriert
worden ist, daß der geschäftsführende Vorstand in seiner Eigenschaft als aus-
führendes Organ der Allg. Versammlung es für seine Pflicht hielt, diesem Desi-
derium nachzukommen. Der Jahresbericht sollte nach den Intentionen des
geschäftsführenden Vorstands nicht eine möglichst reichhaltige oder gar voll-
zählige Anhäufung von Bücher- und Aufsatztiteln darstellen, sondern, wie ich
es in meinem Nachwort (S. 293) formuliert habe, „die wissenschaftliche Be-
wegung der einzelnen Jahre nur in großen Zügen, gewissermaßen aus der Vogel-
perspektive, zeichnen". Er sollte ferner, entsprechend den in Hamburg ge-
äußerten Wünschen, die Mitglieder unsrer Gesellschaft weniger über die Fort-
schritte auf ihrem eigenen als auf den benachbarten Studiengebieten unterrichten.
Daß der veröffentlichte erste Versuch diesen Anforderungen voll entsprochen
hätte, behaupte ich nicht; auf einige Mängel, die er enthält und die der Kürze
der Zeit wegen nicht mehr abgestellt werden konnten, die aber in Zukunft nicht
wiederkehren werden, habe ich vielmehr selbst in meinem „Nachwort" hinweisen
müssen. Allerlei Kritik aber, die an ihm und im Zusammenhang damit an mir
und dem ganzen geschäftsführenden Vorstande geübt worden ist, scheint mir
auf der Verkennung von Veranlassung und Zweck des Jahresberichts zu beruhen
und deshalb, zum mindesten teilweise, unberechtigt und ungerecht zu sein.
Immerhin habe ich diese Kritik nicht weiter beanstandet, so lange sie intern,
d. h. im Schöße der Gesellschaft, blieb. Bedauert habe ich aber, daß ein Mit-
glied unsrer Gesellschaft den Jahresbericht öffentlich angegriffen hat (Central-
blatt für Bibliothekswesen, 1904, S. 412 ff.), ohne auch nur einen Versuch gemacht
zu haben, seinen Ansichten und Wünschen in dieser Frage auf friedlichem Wege
Geltung zu verschaffen, sei es auf dem Wege einer Korrespondenz mit mir oder
dem geschäftsführenden Vorstande, oder sei es vermittelst eines Antrags bei der
Allg. Versammlung.
Für die Abhandlungen sind mir im letzten Jahre drei Arbeiten, zwei
indologische und eine arabistische, angeboten worden. Mit Rücksicht auf unsere
ungünstige Finanzlage habe ich leider alle drei ablehnen müssen. Die von mir
im vorjährigen Redaktionsbericlite erwähnte Abhandlung M. Stein sehn eider 's
über die europäischen Übersetzungen aus dem Arabischen bis zum Jahre 1550
hat inzwischen in den Veröffentlichungen der Wiener Akademie eine geeignete
Unterkunft gefunden.
In unsrer Druckerei lagern seit mehreren Jahren 100 unvollendet gebliebene
Sonderabdrücke von Socin's großem Aufsatze „Der arabische Dialekt von
Protokollen-. Bericht über die Allgem. Versammlung zu Leipzig. LIX
Mösul und MärdTn", der, 128 S. stark, in Bdd. 36 und 37 unsrer Zeitschrift
erschienen ist. Diese Sonderabdrücke sind noch zu Lebzeiten und auf Wunsch
Socin's hergestellt worden: daß sie unvollendet geblieben sind, hat s. Z. unser
finanzieller Tiefstand verschuldet. Ich habe, da nur noch wenige Seiten zu
drucken waren, den Druck jetzt zu Ende führen lassen, so daß der Aufsatz
demnächst auf dem Büchermarkt erscheinen kann.
Noch viel älter ist ein zweiter Druck, der unvollendet in unsrer Druckerei
lagert, nämlich R. Gosche 's „Wissenschaftlicher Jahresbericht über die morgen-
ländischen Studien 1874 bis 1875", bekanntlich der letzte von Gosche gelieferte
Jahresbericht, eine Arbeit, die unsre Allg. Versammlung in längst vergangenen
Jahren mehrfach beschäftigt hat. Es liegen davon die ersten 3 Bogen in
500 Exemplaren im Reindruck vor. Auf diesen 3 Bogen liest man allerlei, das
nach meinem Dafürhalten mit zum Besten gehört, was in dieser Art aus Gösch e's
Feder geflossen ist, so namentlich meisterliche Nekrologe auf Abraham Geiger,
Ferdinand Hitzig, Constantin v. Tischendorf, Wilhelm Bleek u. a. und vor allen
auf Heinrich Ewald; es ist somit zu wünschen, daß sie noch der Öffentlichkeit
zugänglich gemacht werden. Prof. E. Kuhn hat sich, bereits unter der Redaktion
Windisch, in sehr dankenswerter Weise der Aufgabe unterzogen, die zu diesem
letzten Jahresberichte Gosche's gehörigen Materialien zu prüfen, und schlägt
vor, zur Gewinnung eines leidlichen Abschlusses noch eine halbe Seite zum
Abdruck zu bringen uud das so gewonnene kleine Heft mit einem erläuternden
Vor- und Nachwort und einem Titelblatt zu veröffentlichen. Ich halte diesen
Vorschlag, der uns nur eine minimale Ausgabe auferlegt, für sehr beherzigens-
wert und bitte die Allg. Versammlung mich zu seiner Ausführung zu ermächtigen.
A. Fischer.
Beilage D.
1. Resume der Ausführungen Prof. Kuhn 's.
Anknüpfend an die im laufenden Bande der Zeitschrift veröffentlichten
.Jahresberichte und Professor Fischer's Nachwort entwickelte Professor Kulm
seine Ansichten über die Jahresberichte und die geplanten bibliographischen
Übersichten. Er betont zunächst, daß nach den Erfahrungen mit den frühereu
Jahresberichten, worüber man das ausführliche „Referat über die Jahresberichts-
Angelegenheit'' in ZDMG. 38, XXI — XXXV vergleichen mag, ihn das bei der
Versammlung zu Hamburg wieder vorgebrachte Verlangen nach Jahresberichten
höchlichst überrascht habe, und bedauert nachträglich, seinen Widerspruch da-
mals nicht energisch genug geltend gemacht zu haben. Zu den vorliegenden
Proben übergehend, zeigt er, daß die Mängel, welche seiner Meinung nach
mit solchen Jahresberichten nun einmal untrennbar verknüpft und an seinen
eigenen früheren Berichten ebenfalls leicht nachweisbar sind, Unvollstäiidigkeit
und Phrasenhaftigkeit , auch jetzt wieder unleugbar zu Tage treten. Dem
gegenüber leiste eine einigermaßen geordnete und mit Verweisungen aus-
gestattete Bibliographie dem Einsichtigen weit bessere Dienste, zumal wenn
eine verständige Organisation die möglichst vollständige Ausbeutung dos in
Betracht kommenden Materials verbürge. Von dem Nutzen der geplanten
I,\ Protokollar. Bericht über die Allgem. Versammlung zu Leipzig.
bibliographischen Übersichten, welche sich natürlich auf eine Auswahl des
Wichtigsten zu beschränken hätten, kann Redner sich keine rechte Vor-
stellung machen. Sie würden , da die Zeitschrift in vier Heften erscheint,
gleichfalls vierteljährlich zu erscheinen haben und würden, ebenso wie die
Jahresberichte, kaum mehr angesehen werden, sobald ein neuer Jahrgang der
.Orientalischen Bibliographie1' vollendet vorliege. Es komme hinzu, daß die
allgemein literarisch-kritischen Blätter und ebenso die den Orient näher be-
rührenden Zeitschriften schon jetzt solche Übersichten bringen, von denen die
eine oder andere wohl jedem zugänglich sein dürfte, so daß für eine nur vor-
läufige Information reichlich gesorgt sei. Noch müsse bemerkt werden, daß
ohne Namensregister der Wert der Jahresberichte und Übersichten noch mehr
illusorisch werde, während anderseits solche Register die ohnehin schon nicht
liehen Kosten der geplanten Neuerungen wiederum wesentlich ver-
mehren würden. Weiter müsse darauf hingewiesen werden , daß den Be-
arbeitern der „ Orientalischen Bibliographie" durch diese Dinge nur eine neue
Arbeitslast erwachse, da alles trotz seiner provisorischen und unvollkommenen
Beschaffenheit wieder eingesehen und mit dem sonst vorliegenden Material ver-
glichen werden müsse. Gegenüber der Überfülle bibliographischen Kleinkrams
auf anderen Gebieten möge die Deutsche Morgenländische Gesellschaft es als
einen beneidenswerten Vorzug der orientalischen Studien betrachten, daß sie
ein bibliographisches Zentralorgan besitze, dessen Leitern man nicht durch
fortgesetztes unnützes Nörgeln die Arbeitslust verleiden solle. Viel bedeutsamer
würde es sein, wenn die Deutsche Morgenländische Gesellschaft versuchen wollte,
durch Einführung ständiger Berichte über neue orientalische Drucke', welche
natürlich nur von im Orient selbst weilenden Gelehrten geliefert werden können,
das in erster Linie europäische Material der Orientalischen Bibliographie tun-
lichst zu ergänzen.
2. Brief Prof. Nöldeke's.
Straßb. i. E. 2. 10. 04.
Ich muß ganz entschieden dafür eintreten, daß der neue Versuch von „ Jahres-
berichten" wieder fallen gelassen werde. Im Anfang der Gesellschaft waren
solche an der Zeit. Damals konnte man die Litteratur noch übersehen , und
Fleischer und namentlich Roediger waren treffliche Berichterstatter. Daß Gosche,
der in mancher Hinsicht sich zu einem solchen erst recht eignete (ich habe ihn
sehr genau gekannt!), nicht damit fertig wurde, lag zum größeren Theil aller-
dings an gewissen persönlichen Eigenschaften , aber zum Theil auch an der
Sache. Ganz unzweckmäßig werden m. E. die Berichte, sobald sie unter Mehrere,
Gleichberechtigte getheilt werden. Dies bewies die Erfahrung, und man ließ
sie daher fallen. Daß Einer sie jetzt nicht mehr machen kann, steht fest. Aber
ist heute denn wirklich noch ein Bedürfniß vorhanden? Die „ Bibliographie"
gieht die Litteratur viel vollständiger wieder, als es ein Bericht kann. Die
Berichte, und wenn sich 12 Leute darein theilten, werden immer unvollständig
sein , auch werden sie bei der Vertheilung nothwendig ungleichartig. Dazu
kommt noch ein Wesentliches: die erste neue Sammlung von Berichten enthält
Protokollen-. Bericht über die Allgem. Versammlung zu Leipzig. LXI
eine Anzahl Wer t hurtheile, z. Theil ziemlich scharfe. Das ist das Recht des
sachverständigen Eecensenten auch in der Zeitschrift, so lange er in seinem
eigenen Namen redet; nicht aher erkenne ich ihm das Recht zu, wenn er im
Namen der Gesellschaft redet, und das thut er nach meiner Auffassung
in den Berichten. Bei Büchern, die jeder Kenner für sehr gut oder sehr
schlecht halten muß, mag das gehn, aber wo bloß ein subjektives Urtheil ist,
da ist's hier nicht erlaubt. Daß ich selbst mit diesem und jenem tadelnden
Urtheil in den Berichten nicht einverstanden bin, ist Nebensache; mir scheint
diese ganze Art nicht zulässig.
Ich bitte Sie also, der Generalversammlung meine Ansicht vorzutragen
mit den Gründen, die ich Ihnen kurz dargelegt habe. Könnte ich selbst in
Leipzig zugegen sein, so würde ich noch dies und das sagen, Einzelheiten an-
führen etc.; das läßt sich schriftlich nicht so machen. Auf alle Fälle können
Sie darauf rechnen, daß die Berichte in absehbarer Zeit doch wieder eingehen
Es mag anmaaßend aussehn, daß ich schon wieder eine Einwirkung auf
die Beschlüsse der Generalversammlung auszuüben suche, ohne selbst an ihr
theilzunehmen, aber ich denke, als langjähriger eifriger Mitarbeiter und als eines
der ältesten Mitglieder (ich bin 185G eingetreten) darf ich mir so etwas wohl
erlauben.
Beilage E siehe folgende Seite.
Beilage F.
Bibliotheksbericht für 1903—1904.
Die Bibliothek hat sich, außer durch Fortsetzungen und Ergänzungen vor-
handen gewesener Lücken, um 201 Nummern (Werke, z. T. größere Serien,
Nr. 11C59 — 11859) vermehrt. Ausgeliehen wurden 599 Bände und 15 Hand-
schriften an 58 Entleiher.
Im April d. J. konnte die Bibliothek ihre neuen Räume beziehen. Diese
zerfallen, außer einem Nebenraum, in das Magazin, ein Geschäftszimmer und
ein Lese- oder Arbeitszimmer. Im Magazin ist reichlich Platz vorgesehen. Hin-
sichtlich der inneren Einrichtung des Geschäfts- und Arbeitszimmers ist die
Bibliothek der Preußischen Regierung für eine namhafte Zuwendung (von 1643 Mk.
65 Pf.), der Leopoldino-Carolina für freundliches Entgegenkommen sehr zu Dank
verpflichtet. Nunmehr endlich sind diejenigen Sammlungen unserer Gesellschaft.
die in den Büchergerüsten des Magazins keine Aufstellung finden können (Hand-
schriften, Münzen, Geräte, Inschriften, Abklatsche, Tafel- und Kartenwerke und
dergleichen, ungebundene Lieferungswerke und Zeitschriften u. s. w.) zweckmäßig
untergebracht, und es konnte, was dringend erforderlich schien, gleich von vorn-
herein Raum für Zuwachs ausgespart werden. Die Geschäftsführung kann jetzt
in allen Stücken übersichtlich und zweckentsprechend sein. Im Arbeitszimmer
konnten 12 Arbeitsplätze eingerichtet werden. In den alten ir für
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1.X.IY Protokoll. Bericht über die Allgem. Versammlung zu Leipzig.
Benutzer der Bibliothek überhaupt keine Möglichkeit, in der Bibliothek selbst
zu arbeiten. Joder Arbeitsplatz des neuen Raumes hat eine besonders ver-
schließbare Schublade und über sich eine elektrische Lampe. An den Wänden
ist eine Handbibliothek aufgestellt und sind die neuesten Eingänge von Zeit-
schriften u. s. \\\ ausgelegt. Der Zugang zum Arbeitszimmer ist so eingerichtet,
daß das Arbeitszimmer unter Abschluß der übrigen Räume der Bibliothek be-
treten werden kann. Es können daher, ähnlich wie es bei den Seminaren der
Universitäten der Fall zu sein pflegt, Schlüssel ausgegeben werden, so daß das
Arbeitszimmer über die wenigen Stunden hinaus, während deren der Bibliothekar
auf der Bibliothek anwesend ist, nach Möglichkeit benutzt werden kann. Die
hierdurch geschaffene Arbeitsmöglichkeit ist bereits im verflossenen halben Jahr
gern und fleißig, sowohl von Studenten wie Dozenten, ausgenutzt worden; es
waren 5 Plätze von Studenten und 3 Plätze von Dozenten fest belegt. Es ist
mit Sicherheit zu erwarten, daß, wenn erst die neuen Einrichtungen unserer
Bibliothek bekannter werden, die ausgezeichnete Arbeitsmöglichkeit, die die
Bibliothek der D. M. G. nun gewährt , noch viel mehr ausgenutzt werden wird.
In dem Arbeitszimmer ist ferner durch Aufstellung eines Pultes, durch An-
bringung einer Wandtafel u. s. w. die Möglichkeit geschaffen, im Anschluß an
die Sammlungen der Bibliothek Vorlesungen und Übungen abzuhalten. Bei der
ganzen Einrichtung hatte der Bibliothekar den Grundsatz im Auge, einerseits
die Sammlungen der Gesellschaft so zweckmäßig als möglich unterzubringen,
andrerseits die Bedingungen für eine möglichst große Ausnutzung der Samm-
lungen der Bibliothek zu schaffen.
Bei der großen Arbeitslast, die im vergangenen Jahr auf dem Bibliothekar
lastete, konnte die Katalogisierung eines Restes der Sociniana nur wenig gefördert
werden. Für die Katalogisierung der persischen und türkischen Handschriften
ist Prof. Hörn gewonnen. Wegen der Neuordnung der Münzen schweben Ver-
handlungen mit Herrn Dr. Nu tzel -Berlin.
Die Versicherung der Bibliothek bei der Vaterländischen Feuerversicherungs-
Aktien-Gesellschaft in Elberfeld lief am 9. April 1904 ab. Es bestand die Ab-
sicht, zur Provinzial-Städte-Feuer-Societät der Provinz Sachsen überzugehen, die
günstigere Bedingungen bietet und bei der auch die Leopoldino-Carolina ver-
sichert ist. Aber es erwies sich , daß der alten Gesellschaft hätte gekündigt
werden müssen, was nicht geschehen war. So mußte die alte Versicherung auf
10 Jahre erneuert werden. Die Versicherung lautet auf 40 000 Mk. Nachdem
mit der Städte-Feuer-Societät wegen Versicherung von 50 000 Mk. verhandelt
worden war, wurden bei dieser Societät 10000 Mk. in Deckung gegeben. Die
Versicherungsperiode beträgt hier 3 Jahre.
Die neue Bibliotheksordnung, deren Ausarbeitung in der vorigen Allg.
Versammlung beschlossen war, ist ausgearbeitet worden, aber ihre Versendung
mit dem II. Heft der Zeitschrift, das statutenmäßig vor dem 1. Juli ausgegeben
werden mußte, war nicht zu ermöglichen. Eine vom Bibliothekar beantragte
besondere Versendung dieser Bibliotheksordnung wenige Zeit nach dem 1. Juli
hielt der geschäftsführende Vorstand nicht für empfehlenswert. — Auf die Aus-
arbeitung der Bibliotheksordnung habe ich viel Zeit und Mühe verwandt. So
lauge ich auf der Bibliothek der D. M. G. bin , habe ich mich nach dem Maß
Protokoll. Bericht über die Allgem. Versammlung zu Leipzig. LXV
meiner Kräfte in die Bibliothek einzuleben und ihre besonderen Bedürfnisse
kennen zu lernen bemüht. Seit mehr als 2 Jahren habe ich mir aus der Praxis
unserer Bibliothek heraus Notizen mit Rücksicht auf eine künftige Bibliotheks-
ordnung gemacht. Aus diesen meinen Vorarbeiten sowie aus meinen ganzen,
auch früheren bibliothekarischen Erfahrungen heraus habe ich, unter sorgfältiger
Vergleichung der Bibliotheksordnungen anderer Bibliotheken, eine Bibliotheks-
ordnung ausgearbeitet, die ich den anderen Herren des ernannten Ausschusses
vorlegte. Die Änderungsvorschläge der Herren betrafen im Allgemeinen nur
wenige Punkte und wären der Allg. Versammlung zur Entscheidung vorzulegen
gewesen. In größerem Umfange hat Herr Prof. Pietschmanu Bemerkungen
zu der Bibliotheksordnung geliefert. Er hat in sehr dankenswerter Weise die
gesamte Bibliotheksordnung auf das genaueste durchgearbeitet. Verschiedene
seiner Vorschläge sind wesentliche Verbesserungen ; manche andere, die redaktio-
nelle Einzelheiten betreffen, sind auch dankbar als Verbesserungen des Ganzen
aufzunehmen; in einzelnen Punkten würde ich der Versammlung die Annahme
meiner eigenen Fassung empfehlen, da die von mir ausgearbeiteten Bestimmungen
mehr den besonderen bei uns vorhandenen Verhältnissen angepaßt sind als die
Vorschläge Prof. Pietschmann's , der unseren Verhältnissen doch nicht ganz so
nahe steht. Eine Einigung wäre in den einzelnen besonderen Fragen leicht zu
erzielen. Zu grundsätzlichem Auseinandergehen könnte nur eine allgemeine
Frage Anlaß geben. Herr Prof. Pietschmann glaubt, daß Instruktionen für den
Bibliothekar, die ich in die Bibliotheksordnung aufgenommen habe, aus dieser
auszuscheiden seien. Die Instruktionen an und für sich billigt er. Nun habe
auch ich nichts dagegen , daß meine Ausarbeitung in eine Bibliotheksordnung
und eine Instruktion für den Bibliothekar zerlegt werde. Aber für außerordent-
lich wesentlich halte ich auf Grund der besonderen Bedürfnisse unserer Bibliothek,
daß auch diese Instruktion nicht etwa nur nach Entwurf des geschäftsführenden
Vorstandes oder nach Billigung durch diesen auf der Bibliothek vorhanden sei,
sondern daß sie ebenso wie die Bibliotheksordnung nach Beratung durch Sach-
verständige (wie dies ja schon geschehen ist) vor der Allg. Versammlung er-
örtert, von ihr gebilligt und in der Zeitschrift veröffentlicht werde, und daß
Änderungen auch diesen Weg zu durchlaufen haben. Nur so glaube ich, daß
bei unsern besonderen Verhältnissen die so mühsam erkaufte Ordnung unserer
Bibliothek mit einiger Sicherheit erhalten und weiter gefördert werden kann.
In diesem Sinne empfehle ich der Versammlung, eine Fortsetzung der von mir
angefangenen Bemühungen zur Schaffung einer Bibliotheksordnung und einer
Instruktion für den Bibliothekar beschließen zu wollen.
G. Kampff meyer.
LXYI
Personalnachrichten.
Der D. M. G. sind als ordentliche Mitglieder beigetreten
ab 1904:
1362 Herr stud. phil. E. L ob b ecke in Leipzig, Grassistr. 28,
13G3 Herr Dr. phil. Wilhelm Jahn in Bremen, Parkallee 53;
ab 1905:
1364 Herr Eichard Dietterle, in Firma Dietterle & Logan , Cairo und
Alexandrien.
In die Stellung eines ordentlichen Mitgliedes ist ab 1905 eingetreten:
die Bibliothek der jüdischen Gemeinde in Berlin, N, Oranien-
burgerstr. 60/63.
Durch den Tod verlor die Gesellschaft die ordentlichen Mitglieder:
Herrn Prof. Herman Almkvist in Upsala, f 30. September 1904,
„ Prof. Aug. Bernus in Lausanne,
Prof. Edmund Hardy in Bonn, f 10. Oktober 1904,
„ Eegierungsrat Dr. Emil Schlagintweit in Zweibrücken, t 20. Oktober
1904, und
„ Arthur Strong in London, j 18. Januar 1904.
Ihren Austritt erklärten die Herren Prof. Alfred Caspari in Erlangen,
Eabbiner Dr. Berthold Edelstein in Budapest, Stadtpfarrer Dr. Theod.
Stockmayer in Tübingen und D. Lop es in Lissabon. Dagegen beruht die
im letzten Heft enthaltene Austrittserklärung des Herrn Dr. Traug. Mann in
Zweibrücken auf einem Versehen seines Buchhändlers.
LXVII
Verzeichnis der vom 6. August bis 30. Not. 1904 für die
Bibliothek der D. M. G. eingegangenen Schriften u. s. w.
I. Fortsetzungen und Ergänzungen von Lücken.
1. Zu Ae 24. Alm an ach, Magyar Tud. Akademiai, polgäri es csillagäszati
naptärral MCMIII-ra. MDCCCCIV-re. [Budapest] 1903. 1904.
2. Zu Ae 45a. 4°. Atti della E. Accademia dei Lincei. Classe di Scienze
Morali, Storiche e Filologiche. Serie quarta. Volume I — X. Roma
1885—1893. Serie quinta. Volume 1— X. Roma 1894 — 1903.
3. Zu Ae 45. Rendiconti della Reale Accademia dei Lincei. Classe di
scienze morali, storiche e filologiche. Serie quinta. Vol. XIII. Fase. 1 - G.
Roma 1904.
70
4. Zu Ae ^r. 4°. Memoires de l'Academie Imperiale de St.-Petersbourg.
VIII e Serie. ^Tome VI. No. 5. 6. St. Petersbourg 1904.
5. Zu Ae 96. Ertekezesek a nyelv- es szeptudomänyok körebol
Szerkeszti Gyulai Pal. XVIII. kötet. 6 — 8 szäm. Budapest 1903.
6. Zu Ae 130. Közlemenyek, Nyelvtudomänyi. XXXIII. kötet. 2. 3 —
4. füzete. XXXIV. kötet. 1. tüzete. Budapest 1903. 1904.
7. Zu Ae 165. 4°. Sitzungsberichte der Königlich Prenssischen Aka-
demie der Wissenschaften zu Berlin. XXV — XL. 5. Mai — 28. Juli 1904.
Berlin 1904.
8. Zu Ae 196. Szily, C. , Rapport sur les travaux de l'Academie hongroise
des sciences en 1903. Budapest 1904.
9. Zu Af 124. Proceedings of the American Philosophical Society held
at Philadelphia for promoting useful knowledge. Vol. XLIII. No. 176.
Philadelphia 1904.
10. Zu Ah 5. Analecta Bollandiana. Tomus XXIII. — Fase. IV. Bruxellis
1904. Dabei: Index in tomos I— XX, fol. 13—15 (pag. 113 — 148).
11. Zu Ah 5 b. Chevalier, Ulysse, Repertorium hymnologicum. Supplementum,
folium 40 (p. 625—639).
12. Zu Bb 606. Bessarione. Pubblicazione periodica di studi orientali.
Serie II. Vol. VI. Fase. 79. Anno IX. 1904—1905. Roma.
13. Zu Bb 608. Bijdragen tot de Taal-, Land- en Volkenkunde van Neder-
landsch-Indie . . . Zeveude Volgreeks — Tweede Deel (Deel LVI der
geheele Reeks). Derde en vierde Aflovering. 's-Gravenhage 1904.
14. Zu Bb 628. 4°. Bulletin de l'Ecole Francaise d'Extreme-Orient. Tomo IV,
no. 1. 2. Hanoi 1904.
15. Zu Bb 635. 2°. JJpeBHOCTH BO CTO M 11 I.UI. Tpy,T,hI BOCTO'IIIOli KOM-
MHccia lhinepaTopcKaro MocKOBCKaro Apxeojiora'iecKaro OömecTBa • • •
no^i, pejaKuieü A. E. RpuMCuaio. Tomi BTOpori. Buriycirt III. Mocebb
1903.
LXVIII Yerz. der für die Bibliothek der D. M. G. eingeg. Schriften u. s. w.
IG. Zu Hb 725. Journal of the Asiatic Society of Bengal. Vol. LXXII,
Part I. No. 2. 1903. Calcutta 1904. Vol. LXXIII, Part I. No. 1. 2.
1904. Calcutta 1904. Part III. No. 1. 2. 1904. Calcutta 1904.
17. Zu Bb 725c. Proceedings of the Asiatic Society of Bengal. No. I — V,
January — May 1904. No. XI, Extra No. Calcutta 1904.
18. Zu Bb 790. Journal Asiatique . . . Dixieme Serie. Tome III. No. 3.
Tome IV. No. 1. 1904. Paris.
19. Zu Bb 800. 4°. Li tter atur-Z eitu ng, Orientalistische. Herausgegeben
von F. E. Peiser. Siebenter Jahrgang. Heft 1—11. 1904. Berlin. (Von
Dr. G. Kampft'meyer.)
20. Zu Bb 818. al-Machriq. Revue catholique Orientale bimensuelle.
Sciences-Lettres-Arts. Bairüt. — VII. 1904. No. 15—17. 18. 19. 20. 21.
21. Zu Bb 825. Mittheilungen des Seminars für Orientalische Sprachen
an der Königlichen Friedrich Wilhelms-Universität zu Berlin. Jahrgang VII.
Berlin 1904.
22. Zu Bb 901. Tijd schrift voor Indische Taal-, Land- en Volkenkunde,
uitgegeven door het Bataviaasch Genootschap van Künsten en Weten-
schappen . . . Deel XLVII. Aflevering 3 en 4. 5. Batavia | 's Hage 1904.
23. Zu Bb 901 d. Notulen van de Algemeene en Directievergaderingen van
het Bataviaasch Genootschap van Künsten en Wetenschappen. Deel XLI.
1903. Aflevering 4. Deel XLII. 1904. Aflevering 1. 2. Batavia |
's-Gravenhage 1903, 1904.
24. Zu Bb 901n. 4°. Verhandelingen van het Bataviaasch Genotschap van
Künsten en Wetenschappen. Deel LIII. LXIV, 3eStuk. Batavia | 's Hage 1904.
25. Zu Bb 930. Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft.
Achtundfünfzigster Band. III. Heft. Leipzig 1904.
26. Zu Bb 945. Zeitschrift, Wiener, für die Kunde des Morgenlandes . . .
XVIII. Band. 2. Heft. Wien 1904.
27. Zu Bb 1118. Archiv für das Studium deutscher Kolonialsprachen.
Herausgegeben von . . . Eduard Sachau. Band II. Berlin 1904.
28. Zu Bb 1119. Precis de Grammaire Pälie accompagne d'un choix de
textes gradues. Par Victor Henri/. Paris 1904. = Bibliotheque de
l'Ecole Francaise d'Extreme-Orient, Volume II.
1119
29. Zu Bb -— — . Morceaux choisis en Grec Savant du XIXe siecle reunis et
50 ,
publies par Emile Legrand. Textes en prose. Paris 1903. = Bibliotheque
de l'Ecole des Langues Orientales Vivantes. Tome Troisieme.
30. Zu Bb 1200, p, 26. Abu'l-Fadl 'Allüml. The Akbarnäma of Abu-1-Fazl
translated from the Persian by H. Beveridge. Vol. II, Fase. I. Calcutta
1904. [= Bibliotheca Indica. New Series, No. 1077.]
31. Zu Bb 1200, p, 52. [Guläm Husain Zaidpürl Sallm.} The Riyäzu-s-
salätln. A History of Bengal . . . Translated . . . by Maulavi Abdus
Salam. Fasciculus IV. Calcutta 1904. [= Bibl. Ind. New Series,
No. 1071.]
32. Zu Bb 1200, s, 229. Govindünanda Kavikankanäcärya, (Jräddha Kryä
Kaumudl. Edited by Pamlita Kamalakrsna Smrtibhvsana. Fasciculus V.
Calcutta 1904. [Bibliotheca Indica. New Series, No. 1069.]
33. Zu Bb 1200, s, 395. The Tantravartika of Kumärila Bhatta. Translated
into English by Gangünätha Jha. Fasciculus II. Calcutta 1904. [= Biblio-
theca Indica. New Series, No. 1073.]
34. Zu Bb 1200, s, 492. Märkandeya Purina, The. Translated by
F. E. Pargiter. Fasciculus VIII. Calcutta 1904. [= Bibliotheca Indica.
New Series, No. 1076.]
Verz. der für die Bibliothek der D. M. G. eingeg. Schriften u. s. w. LXIX
35. Zu Bb 1200. s, 505. Nägeüabhatta, Mahäbbäsyapradlpoddyota by Nägeca
ßhatta. Edited by Pandit Bdhuvallabha Cüstri. Vol. II. Fasciculus XI.
Calcutta 1904. [= Bibliotheca Indica. New Series, No. 1075.]
36. Zu Bb 1200, s, 535. Narasliuha Väjapeji, Nityäeära-Pradlpah. Edited
by Pandita Vinoda Vihäri Bhattäcäryya. Fasciculus IV. Calcutta 1904.
[= Bibliotheca Indica. New Series, Xo. 1078.]
37. Zu Bb 1200, s, 705 [war 710]. Satasäh asrikii prajfiäpär amit ä.
A theological and philosophical Discourse of Buddba with his disciples . . .
Edited by Pratäpacandra Ghosa. Part I. Fas. 6. Calcutta 1904.
[= Bibl. Ind. New Series, No. 1068.]
38. Zu Bb 1200, s, 872. Uddyotakara B b är a dväj a , Nyäya-Värttikam.
Edited by Pandit Vmdhyeävarl Prasäd Dube. Fasciculus VI. Calcutta
1904. [= Bibliotheca Indica. New Series, No. 1074.]
39. Zu Bb 1200, s, 878. Tattvärthädhigama. By Umdsvdti. Being in tbe
Original Sanskrit with tbe Bhäsya by tbe Author himself. Edited by
Mody Keshavlal Premchand. Vol. I. Fasciculus II. Calcutta 1904.
[= Bibliotheca Indica, New Series No. 1079.]
40. Zu Bb 1242. Mitteilungen der Vorderasiatischen Gesellschaft. 1904.
4. 5. Jahrgang 9. Berlin. (Von der Vorderasiatischen Gesellschaft, Berlin.)
41. Zu Bb 1247 a. Pubblicazioni del R. Istituto di Studi Superiori pratici e
di perfezionamento in Firenze . . . Collezione scolastica. Le Curiosita di
Jocohama . . . Parte prima. Testo riprodotto in fotolitogratia. Firenze
1878. — La Via della Pieta Filiale . . . Parte prima, seconda. Firenze 1878.
42. Zu Bb 1250. 4°. Abu Zaid Ahmad b. Said al-Balhi , Le Livre de
la Creation et de l'Histoire . . . publie et traduit . . . par Cl. Huart.
Tome III. Paris 1903. Nan- Tchao Ye-Che. Histoire Particuliere du
Nau-Tchao. Traduction d'une Histoire de lAncien Tun-Nan, accompagnee
dune carte et dun lexique geographique et historique par Camille Sainson.
Paris 1904. [= PELOV. IVe Serie. — Vol. XVIII. Ve Serie. — Tome IV.]
43. Zu Bb 1285. 8°. TpyAH no BocTOKOB4,rf>HiK), i.3jiaßaeMi,ie Ja.3apeB-
CKnMt IlHCTOTyTOMt BocToqBHXT. HsuKOBt. BianyeK/f, XVII = TypeiiKifl
eapOÄHHH ntcKH. My3HKa.ibHHe TeKCTH et nepeBOÄOMt h ooi^cHe-
HiasiH Bop. Mujuepa . . . MocKBa 1903. (Von der Kais. Universitäts-
Bibliothek in St. Petersburg.)
44. Zu Ca 9. Sphinx. Revue critique embrassant le domaine entier de
l'egyptologie publiee . . . par Karl Piehl. Vol. VIII. Fase. I. II. III.
Upsala.
45. Zu De 2586. The sixth book of the select letters of Severus . . . by
E. W. Brooks. Vol. II (Translation). Part II. Oxford 1
46. Zu Eb 10. 2°. Assam Library. Catalogue of Books and Pamphlets
for the quarter ending the 30tn June 1904.
47. Zu Eb 50. 2°. Bengal Library Catalogue of Books for the Fourth
Quarter . . . 1903. First Quarter . . . Second Quarter ... 1904.
(Calcutta) 1903. (Von der Königlichen Bibliothek, Berlin.)
48. Zu Eb 225. 2°. Catalogue of Books, registered in Burma during the
quarter ending the 31th December 1903. . . . 31th March 1904. 30th June
1904.Rangoon 1904. (Von der Königlichen Bibliothek, Berlin.)
49. Zu Eb 295. 2°. Catalogue of Books registered in the Punjab under
Act XXV of 1867 during the quarter ending the 31st Decomber 1903 . . .
the 31st March 1904. (Labore 1904.) (Von <lv Königlichen Bibliothek,
Berlin.)
I A X I 'crz. der für die Bibliothek der D. M. G. einrjeg. Schriften u. s. w.
50. Zu Eb -1S5. 2". Memorandum of Books rogistered in the Hydorabad
Assigned Districts [vom 30. Sept. 1903 ab: in Berar] during the quarter
ending 31tb Doeoinber 1903. Nagpur 1904.
51. Zu Eh 7 65a. 2°. Statoment of Particulars regarding Books and
Periodicals published in tlio United Provinces, registered . . . during the
Fourth Qüarter of 1903. . . . during the First Quarter 1904. (Allahabad
1903.) (Von der Königlichen Bibliothek, Berlin.)
52-. Zu Eb 2020. Bibliotheea Buddhica III. Avadänacataka . . . edited by
J. S. Speyer. III. St.-Petersbourg 1904. (Von der Kaiserl. Akad. d. W.
in St. Petersburg.)
:.:;. Zu Eb 4068. 2°. HuUzsch, E., Annual Report on Epigraphy for 1903 —
1904. Government of Madras. G. O., &c, Nos. 678, 679, 12tb. August 1904.
54. Zu Ed 1237. 4°. Ararat. 1904. 5. 6. 7. 8. 9. Wahtrsapat.
55. Zu Ed 1365. 4°. Handes amsoreay. 1904, 8 — 11. Wienna.
56. Zu Fa 76. Szemle, Keleti . . . Revue Orientale pour les etudes ouralo-
altai'ques ... V. evfolyam. 1904. 2. szäm, Budapest.
:>'( . Zu Fa 2622. 4°. Annales medicales et Bulletin de statistique de
l'Hopital des Enfants Hamidie . . . Vme Annee. Constantinople 1904.
(Vom Herrn Chefarzt Dr. Ibrahim Pascha.)
58. Zu Fa 3152. Gibb, E. J. W., A History of Ottoman Poetry. Volume III
edited by Edward G. Browne. London 1904.
59. Zu Fa 4180. Proben der Volkslitteratur der türkischen Stämme heraus-
gegeben von W. Radioff. X. Theil. Mundarten der Bessarabischen
Gagausen. Gesammelt und übersetzt von V. Moschhoff. St. Petersburg 1904.
60. Zu Fg 100. Transactions of the Asiatic Society of Japan. Tokyo.
Vol. XXXI March 1904.
61. Zu Ha 200. Revue de l'histoire des religions. Tome XL VIII. No. 3.
XLIX. No. 1. 2. Paris 1903. 1904.
62. Zu Ia 125. Revue Biblique Internationale publiee par l'Ecole
pratique d'etudes bibliques . . . Nouvelle Serie. Premiere Annee. No. 4.
Octobre 1904. Paris, Rome.
63. Zu Ia 126. Revue de l'Orient Chretien. Recueil trimestriel. 1904.
No. 3. Paris 1904.
64. Zu Ia 128. Rivista Cristiana, La. Comitato Direttivo : Emilio Comba
— Enrico Bo.sio — Giovanni Luzzi. Nuova Serie. — Anno Sesto. Giugno —
Xovembre 1904. Firenze 1904.
65. Zu Ia 135. 8°. Tijdschrift, Teyler's Theologisch, . . . Jaar-
gang 2. Aflevering 4. Haarlem 1904.
66. Zu Ia 140. Zeitschrift des Deutschen Palaestina -Vereins. Band XXVII,
Heft 4. Leipzig 1904.
67. Zu Ia 140a. Mittheilungen und Nachrichten des Deutschen Palae-
stina-Vereins. Leipzig 1903. No. 6. 1904. No. 1. 2. 3. 4.
68. Zu Ic 2290. Proceedings of the Society of Biblical Archajology. Vol. XXVI.
Part 6. London 1904.
69. Zu Mb 13S. i". Monatsblatt der numismatischen Gesellschaft in Wien.
Xr. 252—256. VI. Bd. (Nr. 19—23) Juni 1904.
70. Zu Na 325. Revue archeologique. Quatrieme Serie. — Tome IV. Juillet-
Aoüt, Septembre-Octobre 1904. Paris 1904.
71. Zu Na 126. l". oanacKH BocToinaro OTj.'ijieHifl MiunepaTopcKaro
Pyccjtaro ApxeojorniecKaro OömecTBa. Tomi XI. XII. BHnycKi> I;
Toml XV. Jiuir. II— IV. C.-Ilerepßyprt 1899—1904.
Verz. der für die Bibliothek der D. M. G. eingeg. Schriften u. s. w. LXXI
72. Zu Na 427. 4°. SanncKn OT^i-ieHia pyccEofi n ciaB^aHCKofi apxeo-
jorin IhinepaTopcKaro PyccKaro ApxeojorH^iecKaro OönjecTBa. TomiIII.
C.-IIeTepöypr'b 1882.
73. Zu Nf 381. 2°. Report, Annual, of the Archagological Survey, Bengal
Circle, For the year ending with April 1904. Caleutta 1904. (Vom
Bengal Secretariat Book Depot.)
74. Zu Nf 452. 2°. Archseological Survey of India. New Imperial Series,
Volume XXIX. South-Indian Iuscriptions. Vol. III .. . Part II . . by
E. Hidtzsch, Madras 1903.
75. Zu Oa 151. Journal, The Geographica!. Vol. XXIV. No. 3. 4. 5.
September. October. November 1904. London.
76. Zu Oa 256. 4°. Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin.
1904. No. 7. 8. Berlin.
77. Zu Ob 2845. 4°. En cy clopajdie van Nederlandsch-Indiii . . . samen-
gesteld door P. A. van der Lith en Job. F. Snellman. Afl. 36. 37.
's-Gravenhage — Leiden.
78. Zu Oc 176. 8°. Journal, The, of the Anthropological Societv of Bombay.
Vol. VII. No. 1. Bombay 1904.
79. Zu Oc 1000. Mitteilungen der Gesellschaft für jüdische Volkskunde
. . . herausgegeben von M. Grunwald. Heft I. XIV. Hamburg 1898.
1904.
II. Andere Werke.
11860. Neue Bruchstücke des Sanskritkanons der Buddhisten aus Idykutsari,
Chinesisch-Turkestän. Von R. Pischel. SBA 1904, XXXIX. (Vom
Verfasser.) Eb 2448. 4° = Y 2. 4".
11861. Some Literary Remains of Rim-Sin (Arioch), King of Larsa, about
2285 B. C. by Ira Maurice Price. Chicago 1904. Printed from
Volume V, The University Chicago, The Decennial Publications. (Vom
Verfasser.) Db 575. 4°.
11862. Die Begründung der Kaiser-Wilhelm -Bibliothek in Posen in den
Jahren 1898—1902. Dargestellt von der Verwaltung der Kaiser-
Wilhelm-Bibliothek. Posen 1904. (Von der Verwaltung der Bibliothek.)
Aa 12. 4°.
11863. Chinesische Ansichten über Bronzetrommeln. Von Friedrich llirtli.
(SA. aus den „Mittheil. d. Sem. f. Orient. Sprachen zu Berlin", Jahrg. VII,
Abt. I.) Leipzig 1904. (Vom Verfasser.) Qb 701.
11864. Katalog der Bibliothek der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Ver-
such einer Systematik der geographischen Literatur . . . von Paul
Dirtse. Berlin 1903. Ab 41. 4°.
11865. Annual Progress Report of the Archn?ological Survey of Madras and
Coorg for the year 1903—04. Madras 1904. Nf 383. 2 .
11866. Annali dell' Islam. Compilati da Leone Caetani, Principe di i
Vol. I. Introduzione. Dali' anno 1. al 6. H. Milano 1905. (Vom
Herausgeber.) Ne 34. 2°.
11867. Kbert, Adolf, Allgemeine Geschichte der Literatur des Mittelalters im
Abendlando bis zum Beginne des XI. Jahrhunderts. Erster Band.
(Geschichte der christlich-lateinischen Literatur von ihren Anfängen bis
zum Zeitalter Karls des Grossen. Zweite verbesserte und vermehrte
Auflage. Leipzig 1889. Ad 28.
11868. Handleiding tot de beoefening der Bataksche T.ial door .1 B. Meer-
waldt. Leiden 1904.. Fb 310.
f*
I. XX 1 1 1 'crz. der für die Bibliothek der D. M. G. eingeg. Schriften u. s. w.
11869. A Descriptive Catalogue of the Sanskrit Manuscripts of the Government
Oriental Manuscripts Library, Madras. By the late M. Seshagiri
SdStri... Vol. I. Vedic Literature. First Part. Madras 1901. Eb 755.
11870. Compendious Syriac Grammar by Theodor Nöldeke with a Table of
Characters of Julius Euting. Translated . . . from the seeond and
improved German edition by James A. Crichtöh. London 1904. (Vom
Übersetzer.) De 1419.
11871. Analecta nova ad Historiam renascentium in Hungaria litterarum
speetantia. Jussu Academiae Scientiae Hungarioae ex scriptis ab Eugenio
jibel relictis cum commentariis edidit partimque auxit Stephauus
Hegedüs. Budapestini 1903. Ad 10.
11872. Le Jubilee du Miisee Guimet. Vingt-cinquieme anniversaire de sa
fondation, 1879—1904. Paris 1904. Bb 1180 c.
11873. Catalogus der Munten en Amuletten van China, Japan, Corea en
Annam , behoorende tot de Numismatische Verzameling van het Bata-
viaasch Genpotschap van Künsten en Wetenschappen. Batavia, 's Graven-
hage 1904. Mb 1224. 4°.
11S74. [A. H. FrancTce.] Das Hochzeits-Ritual von Tagmaci'g. o. O. 1904.
(Lith. Vom Herausgeber.) Ff 1450.
11875. Ueber Panislamismus. Von K. Völlers. (SA. aus den Preussischen
Jahrbüchern, Band 117, 1. Heft. Berlin 1904.) (Vom Verfasser.)
Ne 561 = Y 1.
11876. Rosenhainer, Hermann Otto, Verkehrsgeographie der deutschen Schutz-
gebiete in Afrika. I. Deutsch-Ostafrika. [Diss.] Jena 1904. (Von
Herrn Prof. Völlers.) Ob 948 = Y 1.
11877. Das Festgesetz der Samaritaner nach Ibrahim ibn Ja'/cub. Edition
und Uebersetzung seines Kommentars zu Lev. 23. [Jenenser Diss. von]
Siegmund Hanover. Berlin 1904. (Von Herrn Prof. Völlers.)
De 7381.
11878. Baudhäyana Sautra [so!] Sütram. Edited by W. Caland. Fasci-
culus I. II. Calcutta 1904. [== Bibliotheca Indica, New Series,
No. 1067. 1072.] Bb 1200, s, 92.
11879. (Anandabh atta), Valläla Caritam [Edited by] Mahämahopädhyäya
Haraprasad ShästrT. Fasciculus I. (Text only.) Calcutta 1904.
[= Bibliotheca Indica, New Series, No. 1070.] Bb 1200, s, 26.
11880. Etymolgie [so!] Arabo-Syrienne. Mots et Locutions Syriaques dans
l'Idiome Vulgaire du Liban et de la Syrie. Tome premier par Joseph
Hobe'ika . . . avec la Collaboration de l'Editeur son Frere Pierre
Hobe'ihu. Basconta o. J. (Von Prof. Kautzsch.) De 1047/50.
11881. Orientalische Baulegenden. Von Ignaz Goldziher. (SA. aus Bd. LXXXVI,
No. 6 des Globus, 4. August 1904) (Vom Verfasser.)
G 86. 4°. = Y 2. 4°.
11882. Le Livre de Zoroastre (Zarätusht Näma) de Zartusht-i Bahrain ben
Pajdü. Publie et traduit par Frederic liosenberg. St.-Petersbourg,
1904. (Von der Kaiserl. Akad. d. W. zu St. Petersburg.) Ec 2470.
11883. Imperial Library. Catalogue. Part I. Author-Catalogue of printed
books in European languages. With a supplementary list of news-
papers. Vol. I. A— L. Vol. II. M— Z. Calcutta 1904. Ab 250. 4°.
11884. S. P.W. Hoff männ's Bibliographisches Lexicon der gesammten Litte-
ratur der Griechen. Zweite umgearbeitete, durchaus vermehrte, ver-
besserte und fortgesetzte Ausgabe. Erster Theil. A — D. Zweiter
Theil. E— N. Dritter Theil. O— Z. Nebst Nachträgen bis in die
neueste Zeit. Leipzig 1838. 1839. 1845. Eg 910.
Verz. der für die Bibliothek der D. M. G. eingeg. Schriften u.s.iv. LXXIII
11885. Griechisch- Deutsches Wörterbuch für den Schul- und Handgebrauch
von Val. Christ. Friedrich Rost. Zwei Bände. Vierte, gänzlich um-
gearbeitete Auflage, zehnter Abdruck . . . Braunschweig 1882.
11886. Geschichte des Jüdisch-Theologischen Seminars (Fraenkel'sche Stiftung)
in Breslau. Festschrift zum fünfzigjährigen Jubiläum der Anstalt. Von
M. Brann. o. O. u. J. [Breslau 1904.] Ah 20c.
11887. Beiträge zur Kenntnis arabischer Eigennamen. Von Traugott Mann.
Teil I. (Berliner Diss.) Leiden 1904. (Vom Verfasser.) De 6554.
11888. Luzac's Oriental List. London. Vol. XV, No. 1 — 8. Ac 264.
11889. Survey, Linguistic, of India. Compiled and edited by G. A. Grierson.
Vol. III. Tibeto-Burman Family. Part II. Specimens of the Bodo,
Nägä, and Kachin Groups. Vol. V. Indo-Aryan Family. Eastern
Group. Part IL Specimens of the Blhäri and Oriyä Languages.
Calcutta 1903. (Vom India Office.) ' Bb 1841. 2°.
11890. E. Fagnan, Les Tabakät Malekites. (Estudios de Erudieiön Oriental.
Extracto del Homenaje ä D. Francisco Codera en su Jubilaciöh del
Profesorado. Zaragoza 1904.) (Vom Verf.) De 12934. 4°. = T2. 4°.
11891. Cabinet de Monnaies Joh. W. Stephanik . . . Directiou Frederik
Muller & Cie. Amsterdam [1904]. Mb 30. 4U.
11892. Der Baum der Erkenntnis. Eine mythologisch - etymologische Studie
von Bernhard Marr. Dux (1904.) Ha 120.
11893. Federico Consolo , Un poco piü di luce sulle interpretazioni della
parola nbD. Firenze 1904. Dh 320. 4°.
11894. B. 6. MuHOpCKÜc, Hau,ioHa;iLHNfl CTHxoTBopema 3MHHi-Bea bt>
cba3h et hobhmt. HanpaB.ieHieMi ocMaHCKofr nrwsin. 3IocKßa 1903.
(Tpjx Boct. Komm. HMnep. Mock. Apxeo.i. OoiuecTBa II.)
Fa 2694. 4°.
11895. Revanärädhyas Smaratattvaprakäsikä. Von Richard Schmidt. (A. aus
WZKM. XVIII. Wien 1904. Vom Herausgeber.) Eb 3398.
11896. Clement Huart, Une Nouvelle Source du Qorän. Extrait du Journal
Asiatique. Paris 1904. (Vom Verfasser.) De 1737.
11897. Zaidän, Girgl, Särl [Charles] wa-'Abd ar-Rahmän. Riwäja ta'rThija
garämlja. Hija al-halqa at-tämina min silsilat riwäjät ta'rih al-isläm
tatadamman futüh al-'arab fT biläd Ffäiisä ilä difäf nähr L(u)wär [Loire]
bigiwär Türs [Tours] . . . Kairo 1904. De 11834.
11898. Lüdtke, W., Der Bericht des Harun Ben Jahja [bei Ibn Rustah] über
Rom. Aus den Römischen Mitteilungen, [o. O.] (Vom Verfasser.)
De 5413. 4°.
11899. Lady Meux Manuscript No. 6. The Book of Paradise being the histories
and sayings of the monks and ascetics of the Egyptian desert by
Palladius, Hieronymus and others. The Syriac texts, aecording to
the recension of 'Anän-Isho' of Beth 'Abhe, edited with an English
translation by E. A. Wallis Budge. Vol. I. II. London 1904. (Von
Lady Meux./ De 2494. 4°.
Sehr erwünscht ist der Bibliothek die vollständige Zuwendung der neu-
erscheinenden
orientalistischen Dissertationen, Programme u. s. w.
der Universitäten und anderer Lehranstalten.
I.XXIV
Satzungen
des Vereins
„Deutsche Morgenländische Gesellschaft"
in der am 8. Oktober 1903 von der allgemeinen Versammlung zu
Hallf a 'S. angenommenen und am 28. November dess. J. in das Vereins-
register zu Leipzig eingetragenen Gestalt.
I.
Zweck der am 3. Oktober 1844 gegründeten Deutschen
Morgenländischen Gesellschaft ist: die Kenntnis des Morgenlandes
(im weitesten Sinne) nach allen Beziehungen zu fördern. Dem-
gemäss wird sich die Gesellschaft mit den Sprachen und Literaturen
der morgenländischen Völker, ebenso aber auch mit der Geschichte
der betreffenden Länder und der Erforschung ihres Zustandes in
alter und neuer Zeit beschäftigen.
Der Verein soll in das Vereinsregister eingetragen werden.
II.
zu erreichen:
1. durch Sammlung morgenländischer Handschriften und
Drucke und Unterhaltung einer orientalistiscben Fach-
bibliothek,
2. durch Herausgabe, Übersetzung und Ausbeutung morgen-
ländischer Literaturwerke,
3: durch Herausgabe einer jährlich viermal erscheinenden
/ tschrift und Veröffentlichung von Abhandlungen in
zwangloser Folcje,
Satzungen der D. M. G. LXXV
4. durch Anregung und Unterstützung von Unternehmungen
zur Förderung der Kenntnis des Morgenlandes,
5. durch Unterhaltung von Verbindungen mit ähnlichen
Gesellschaften und einzelnen Gelehrten des In- und Aus-
landes.
III.
Die Gesellschaft besteht aus ordentlichen und Ehren-
Mitgliedern. Zu beiden Arten der Mitgliedschaft werden auch
Ausländer zugelassen.
Die Aufnahme als ordentliches Mitglied erfolgt auf den
Antrag zweier Mitglieder durch den geschäftsführenden Vorstand.
Zu Ehrenmitgliedern ernennt der gesamte Vorstand
namens der Gesellschaft, Erforderlich ist dabei Stimmeneinheit
des Vorstandes.
Die ordentlichen Mitglieder zahlen in die Kasse der
Gesellschaft einen jährlichen Beitrag von 1 5 Ji . Dafür
wird ihnen die Zeitschrift unentgeltlich geliefert (aber nicht
portofrei, vgl. S. III der einzelnen Bände der Zeitschrift oder
S. 4 des Umschlags der einzelnen Hefte). Auch steht ihnen die
Benutzung der in der Bibliothek der Gesellschaft vereinigten
wissenschaftlichen Sammlungen unter gewissen dafür festgesetzten
und regelmässig den Mitgliedern bekannt zu gebenden Bestim-
mungen zu. Die Mitgliedschaft auf Lebenszeit wird durch
einmalige Zahlung von 240 J6 = 12 £ = 300 frcs. erworben
(dazu für freie Zusendung der Zeitschrift auf Lebenszeit in
Deutschland und Österreich 15 J(?: im übrigen Ausland 30 Jd).
Im Hinblick auf den erweiterten Umfang der Zeitschrift und
die Verwaltungs- und Betriebskosten der stark anwachsenden
Bibliothek wird vom Geschäftsjahr 1904 ab für die neu ein-
tretenden Mitglieder der Jahresbeitrag auf 18 \M festgesetzt. Die
Mitgliedschaft auf Lebenszeit dagegen soll nach wie vor für 240 Ji
erworben werden.
Jedes Mitglied ist verpflichtet, seinen Jahresbeitrag im Laufe
jeden Jahres kostenfrei an den Kassierer der Gesellschaft (s. zu
S \X) einzusenden. Zahlungssäumige Mitglieder kann
der geschäftsführende Vorstand nach eigenem Ermessen aus deii
Listen der Gesellschaft streichen.
I.XWI Satzungen der 1). M. <■'.
Der E in tri t i wird auf den 1. Januar des Jahres festgesetzt,
für das die Anmeldung erfolgt. Die Mitglieder sind zum Aus-
tritt aus der Gesellschaft berechtigt, dieser ist aber nur am
Schlüsse eines Geschäftsjahres zulässig und dem Schriftführer an-
zuzeigen.
Mitglieder, die, gleichviel ob freiwillig oder unfreiwillig, aus-
scheiden, haben keinen Anspruch an das Vermögen der Gesellschaft.
I las Ges ch ä f1 sj a h r des Vereins beginnt mit dem 1. Januar
und endigt mit dem 31. Dezember.
Die Ehrenmitglieder erhalten ex officio ein Exemplar
der Zeitschrift und haben im übrigen alle Rechte der ordentlichen
Mitglieder.
IV.
Die Gesellschaft hält jährlich eine allgemeine Versamm-
lung ab, in der die anwesenden Mitglieder nach Stimmenmehrheit
Beschlüsse zu fassen befugt sind, welche die ganze Gesellschaft
binden. In ihr werden jedesmal auch Ort und Zeit für die Ab-
haltung der allgemeinen Versammlung des nächsten Jahres bestimmt.
Die allgemeinen Versammlungen der Gesellschaft sollen, so lange
es die Umstände nur immer erlauben, zusammen mit denen der
deutschen Philologen und Schulmänner abgehalten werden. Im Falle
nach der Ansicht der allgemeinen Versammlung ein Zusammentagen
der Gesellschaft mit der Philologenversammlung des nächsten Jahres
unmöglich ist, bestimmt die Versammlung einen Ort, an welchen der
geschäftsführende Vorstand im Einvernehmen mit den dortigen Mit-
gliedern der Gesellschaft die allgemeine Versammlung auf einen Tag
zwischen dem 1. Sept. und 15. Okt. beruft. Stösst dieser Modus auf
Hindernisse, so kann der geschäftsführende Vorstand die allgemeine
Versammlung zwischen dem 1. Sept. und 15. Okt. an einen andern Ort
berufen. Sind Gründe vorhanden, auch diese Zusammenkunft aus-
zusetzen, so hat darüber der Gesaintvorstand zu bestimmen.
Die erforderliche Bekanntmachung von Ort und Zeit der
Versammlung geschieht in dem letzten vor dem 1. Juli ausge-
gebenen Hefte der Zeitschrift.
Antrage' auf Beschlüsse, welche Bestimmungen der Satzungen
ändern, müssen ebenfalls in dem letzten vor dem 1. Juli ver-
sandten Hefte der Zeitschrift bekannt gemacht werden.
Zu einem Beschlüsse, der eine Änderung der Satzungen enthält,
i-t eine Mehrheit von drei Vierteilen der erschienenen Mitglieder
erforderlich. Zur Änderung des Zwecks des Vereins ist die Zu-
stimmung aller Mitglieder erforderlich; die Zustimmung der nicht
i neuen .Mitglieder muss schriftlich erfolgen.
Satzungen der D. M. G. LXXYI1
Auf Antrag von mindestens zwölf Mitgliedern der Gesellschaft
ist der geschäftsführende Vorstand verpflichtet, in kürzester Zeit
eine ausserordentliche allgemeine Versammlung nach
Halle oder Leipzig einzuberufen. Einladung und Tagesordnung sind
an sämtliche Mitglieder der Gesellschaft mindestens 14 Tage vor der
Versammlung abzuschicken. Diese ausserordentliche allgemeine Ver-
sammlung hat dieselben Befugnisse wie die alljährlich wiederkehrende.
Über die in den allgemeinen Versammlungen gefassten Be-
schlüsse ist von den jeweiligen Schriftführern ein Protokoll auf-
zunehmen, das von dem Vorsitzenden und den Schriftführern
unterschrieben wird.
Zum Mittelpunkte ihrer Geschäftsführung und
zu ihrem Sitze bestimmt die Gesellschaft die Universitätsstädte
Halle und Leipzig. Sollte die Eintragung in die Vereinsregister
beider Städte von den betr. Gerichten als unzulässig zurück-
gewiesen werden, so bestimmt sie zu ihrem Sitze nur Leipzig.
Seit dem Jahre 1891 ist gemäss Vertrags mit der KönigL
Preussischen Staatsregierung (s. Ztschr. Bd. XLV. S. XXII) Halle
zum dauernden Sitze der Bibliothek bestimmt. Redaktion der Zeit-
schrift und der Abhandlungen, Kasse und buchhändlerischer Vertrieb
der Gesellschaft verbleiben in Leipzig.
VI.
Die Angelegenheiten der Gesellschaft werden durch einen
Vorstand verwaltet, der aus 11 Mitgliedern besteht. Beschlüsse
dieses Gesamtvorstandes werden aber nur über alle wichtigen An-
gelegenheiten der Gesellschaft erfordert, namentlich über die Ver-
wendung grösserer ausserordentlicher Geldmittel. Mit der Erledigung
aller laufenden und minder wichtigen Geschäfte, sowie mit der Aus-
führung der Beschlüsse des gesamten Vorstandes und der allgemeinen
Versamraktngen wird dagegen ein Ausschuss von 4 Mitgliedern
des Vorstandes beauft ragt . welche als die g e s c n äf t s f ü h r e n d e n
ihren Wohnsitz möglichst zur Hälfte in Halle und zur Hälfte in
Leipzig haben. Durch sie gelangen auch alle Gegenstände, welche
einen Beschluss des gesamten Vorstandes erfordern, an die übrigen
7 .Mitglieder. Bei diesen findet eine Beschränkung hinsichtlich des
Wohnortes nicht statt; doch ist es wünschenswert, dass sich in
Halle und Leipzig je drei Mitglieder des Gesamtvorstandes befinden.
LXXYIII Satzungen der D.M. G.
Alles, was die Geschäftsführung im einzelnen betrifft, nament-
lich auch die Verteilung der Arbeiten unter die einzelnen Mit-
glieder des geschäftsführenden Vorstandes, ist Sache dieses letzteren,
oder, soweit dieser nicht einig sein sollte, des Gesamtvorstandes.
VII.
Der Redakteur erhält jährlich 900 Jt> Vergütung, der Biblio-
thekar 600 JL die beiden übrigen Mitglieder des geschäftsführen-
den Vorstandes je 120 JL Die sonstigen Verwaltungs- und die
Korrespondenzkosten werden ebenfalls aus der Gesellschaftskasse
bestritten. Die Korrekturgebühren werden (mit 6 Ji pro Bogen)
besonders berechnet. Für die Monitur der Jahresrechnung (s. unten
zu § IX) sind 30 JL ausgeworfen.
Im jährlichen Budget der Gesellschaft wird der Höchstbetrag
von 150 JL geführt als Entschädigung für die Kosten der Reise
zweier Geschäftsführer zur allgemeinen Versammlung. Diese
beiden Beamten sollen in der Regel sein der Schriftführer und der
Redakteur, welche dann nötigenfalls die übrigen Zweige der Ge-
schäftsführung mit zu vertreten haben. Sie können aber auch im
Behinderungsfalle einen andern der Geschäftsführer mit ihrer Ver-
tretung betrauen.
Der Kassierer der Gesellschaft (s. unten zu § IX) erhält aus
der Kasse für die laufenden Arbeiten eine jährliche Vergütung
von 150 JL
VIII.
Der Vorstand wird in der allgemeinen Versammlung von
den anwesenden Mitgliedern der Gesellschaft gewählt. Von den
so gewählten Vorstandsmitgliedern scheiden alljährlich diejenigen
vier bezw. drei aus, welche eine dreijährige Amtsführung vollendet
haben: sie können aber von der Versammlung wieder gewählt
werden. Im Falle der Nicht - Annahme der Wahl seitens eines
von der Versammlung abwesenden Mitgliedes tritt das nach Mass-
gabe der erhaltenen Stimmenzahl zunächst folgende Mitglied ein.
Bei gleicher Stimmenzahl hat, wo nötig, das Los zu entscheiden.
Wenn ein Mitglied des Vorstandes auf irgend welche Weise ausser
der regelmässigen Zeit ausscheidet, so wählt die nächste allgemeine
Versammlung für die noch zu erfüllende Amtszeit des Ausscheidenden
einen Ersatz.
Satzungen der D. M. G. LXXIX
IX.
Der Vorstand hat dafür zu sorgen, dass der allgemeinen
Versammlung jährlich über die gesamte Geschäftsführung und
namentlich über die Kassenverwaltung der Gesellschaft ausführlich
Rechenschaft abgelegt werde. Die bezüglichen Berichte sind
umgehend in Verbindung mit den übrigen Verhandlungen der
allgemeinen Versammlung und eventuell mit den in dieser etwa
gehaltenen wissenschaftlichen Vorträgen in der Zeitschrift zu ver-
öffentlichen.
Die Kassenangelegenheiten der Gesellschaft werden, unter Auf-
sicht der Geschäftsführer, von einem durch den geschäftsführenden
Vorstand bestellten Kassierer in Leipzig verwaltet. Alljährlich vor der
allgemeinen Versammlung wird das Hauptkassenbuch mit den Belegen
einem von den Geschäftsführern bestellten Monenten zur Prüfung vor-
gelegt. Die Entlastung der Rechnungsführung erfolgt bei der nächsten
allgemeinen Versammlung in der Weise, dass eine Kommission ernannt
wird, welche die Kassenbücher zu prüfen und über die Ergebnisse der
Prüfung der Versammlung Bericht zu erstatten hat.
X.
Dem Redakteur der „Zeitschrift der Deutschen Morgen-
ländischen Gesellschaft", die z. Z. in einer Auflage von
800 Exemplaren erscheint, bleibt es anheim gegeben, den Band
bis zu 5 5 Bogen stark zu machen; zu einer weiteren Aus-
dehnung soll nur nach Beratung mit den übrigen Mitgliedern
des geschäftsführenden Vorstandes geschritten werden. Von den
Ai'tikeln werden 10 Sonde rabzüge umsonst geliefert, 20 weitere
gegen Anrechnung folgender Beträge: für jedes Exemplar pro
Bogen 0,10 J& , bei besonderer Seitenzählung 0,15 J& , bei be-
sonderem Titel den Herstellungskosten entsprechend mehr. Dagegen
ist der Redakteur befugt, ihm geeignet scheinende Aufsätze nach
freiem Ermessen zum ausschliesslichen Vorteil der Gesellschaft in
Sonderabzügen vertreiben zu lassen. An Honorar zahlt die Ge-
sellschaft für die Artikel der Zeitschrift pro Bogen 24 Jb, wofür
die Verfasser zugleich zur Lesung einer Korrektur verpflichtet sind.
Ausser ihrer Zeitschrift gibt die Gesellschaft grössere Arbeiten
in zwanglosen Heften unter dem Titel: „Abhandlungen für
die Kunde des Morgenlandes" heraus, deren Hefte be-
sonders paginiert, aber mit fortlaufenden Nummern bezeichnet
werden. Über die Druckfähigkeit eingereichter derartiger Arbeiten
haben eventuell die vom Redakteur zu befragenden sachverständigen
LXXX Satzungen der D. M. G.
Mitglieder des Gesarntvorstandes zu entscheiden. Honorar wird
für diese Abbandlungen nicht gezahlt, 6 Jb Korrekturgebühren
pro Bogen ausgenommen , sofern der Redakteur den Verfassern
sämtliche Korrekturen überlässt. Die Auflage soll 300 bis
400 Exemplare betragen, und der Preis so. berechnet werden,
dass ungefähr 200 verkaufte Exemplare die Herstellungskosten
decken. Das Format ist dem der Zeitschrift gleich.
Auch der Preis der von der Gesellschaft s onst ver ö ff ent -
lichten Bücher wird in der Regel in der Weise berechnet, dass
bei dem Verkaufe von ungefähr 200 Exemplaren die Herstellungs-
kosten gedeckt werden.
Der geschäftsführende Vorstand ist befugt, allgemein gültige
Preisherabsetzungen und -Erhöhungen vorzunehmen, wo ihm das
im finanziellen Interesse der Gesellschaft zu liegen scheint.
Die Mitglieder der Gesellschaft erhalten bei direktem Bezug
der Vei-öffentlickungen durch die Buchhandlung der Gesellschaft
eine Preisermässigung von in der Regel 33^3 p. Ct.
Neu eintretenden Mitgliedern werden auf Verlangen frühere
Jahrgänge oder Hefte der Zeitschrift sowie die Jahresberichte zur
Hälfte des Ladenpreises geliefert, sofern davon noch genügende
Vorräte vorhanden sind.
Halle a/S., den 8. Oktober 1903.
F. Praetorius
E. Windisch
A. Fischer
G. Kampffmeyer
E. Kautzsch
K. Völlers
H. Zimmern.
In das Vereinsregister eingetragen am 28. November 1903.
Leipzig, den 4. Dezember 1903.
Der Registerführer des Königl. Amtsgerichts
(LS) 1"' "
Aktuar Viehwesrer.
Abschrift aus dem Ve
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Auflösung;
Entziehung
der Rechts-
fähigkeit;
Konkurs ;
Liquidatoren.
*
28. November 1903.
a., Professor F. Praetorius in Halle,
b., Professor E. Windisch in Leipzig,
c, Professor Dr. Ernst Kuhn in
München,
d., Professor Kautzsch in Halle,
e., Dr. Kampffmeyer ebenda,
f., Professor H.Zimmern in Leipzig,
g., Professor A. Fischer ebenda,
h., Professor Dr. Leo Reinisch in
Wien,
i., Professor Theodor Nöldeke in
Straßburg,
k., Professor Dr. Adolf Ejrman in
Steglitz,
1., Professor Dr. Richard Pischel
in Berlin.
Reg.-Akt. Bl. 15. Viehweger.
.
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28. November 1903. Die
Satzung ist am 8. Oktober
1903 errichtet.
Reg.-Akt. Bl. 15. Viehweger.
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Das südliche Pancatantra.
Übersicht über den Inhalt der älteren „Pancatantra"-
Eezensionen bis auf Pürnabhadra.
Von
Johannes Hertel.
Die vorliegende Arbeit bildete ursprünglich zwei Kapitel
meiner in den AKSGW., ph.-h. Kl. XXII. V erschienenen Abhandlung
„Über das Tanträkhyäyika , die kasmtrische Rezension des
jPancatantra' " . Da ich aus äusseren Gründen gezwungen war.
den Umfang dieser Abhandlung zu beschränken, so veröffentliche ich
die beiden Kapitel hier.
Über das südliche Pancatantra, d. h. den ursprüng-
lichen Sanskrittext des unter diesem Kamen bekannten Aus-
zuges, aus dem der Verfasser des Hitopadesa geschöpft hat, sind
die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen, und fast hat es den
Anschein, als ob angesichts des sehr unbefriedigenden handschrift-
lichen Materials ein einigermaassen ursprünglicher Test überhaupt
nicht mehr vorhanden ist. Trotzdem war es unumgänglich not-
wendig, den Text schon jetzt zu besprechen, weil sonst eine sichere
Beurteilung der bis jetzt vorliegenden „Pancatantra" -Fassungen,
namentlich auch der Nachweis der grossen Wichtigkeit des Tanträ-
khyäyika, ganz unmöglich wäre.
Demselben Zwecke dient die tabellarische Übersicht über
die älteren Fassungen des „Pancatantra u. Bei den starken
Abweichungen der einzelnen Rezensionen unter sich kann man sich
ohne eine solche Übersicht über das Verhältnis derselben zu ein-
ander schlechterdings keine Vorstellung machen. Den Beweis für
diese Behauptung liefert allein schon der Umstand, dass dem
scharfsinnigen Benfey selbst, der nur zwei in Sanskril abgefasste
Prosa-Rezensionen , nämlich den sog. Ornatior oder die Fassung
Pürnabhadras und den sog. Svmplicior vor sich hatte, eine genaue
Scheidung derselben nicht gelungen ist. Eine übersichtliche Tabelle
nach Art der unten gegebenen hätte ihm das Wesen des Kose-
gartenschen textus simplicior enthüllen müssen. Ebenso hätte er,
wenn er Somadeva und die PahlavT- Rezensionen in ein.' Tabelle
2 Jlertel, Das südliche Pancatantra, etc.
eingetragen hätte, den Wert des ersteren erkennen müssen, was
ihm bekanntlich nicht gelungen ist.
Diese Tabellen sind also von grösster Wichtigkeit für eine
Beurteilung der einzelnen Rezensionen. Aber allein betrachtet
würden sie natürlich auch wieder kein richtiges Bild gewähren.
Sie zeigen nur das Gerippe. Wo es sich um den Prosa Wort-
laut handelt, muss man natürlich die Texte selbst vergleichen.
Dies ist in den Anmerkungen zu dem a. a. 0. gegebenen Texte des
Tanträkhyäyika geschehen. Ein Studium der vorliegenden Tabellen
in Verbindung mit diesen Anmerkungen ist also zur Be-
urteilung der einzelnen Rezensionen und ihrer Abhängigkeit von
einander unerlässlich.
Über die Bezeichnung der Quellen bitte ich die angeführte Ab-
handlung nachzulesen. Das südliche Pancatantra musste ich natür-
lich nach Haberlandts Ausgabe zitieren. Aus den den Tabellen
beigegebenen Anmerkungen, in denen ich alle nicht in Haberlandts
Text, aber in Handschriften überlieferten Strophen gebe, wird man
den Bestand rektifizieren können. Nur zu diesem Zwecke sind die
Belegstellen aus dem Hitopadesa (ed. Peterson) beigefügt, aus dem
nur diejenigen Strophen notiert sind, die sich in irgend einer anderen
Pailcatantra-Fassung finden. Unter Syr. sind auch Johann von
Capua (ed. Derenbourg), die jüngere syrische Übersetzung
nach Keith-Falconer, iSymeon Seth nach der Athener Ausgabe und
Wolffs Übersetzung des Calila und Dimna, Stuttg. 1837 zitiert,
wo die ältere syrische Übersetzung lückenhaft ist 1). Pürnabhadras
Fassung (den fälschlich sog. Omatior) zitiere ich nach Schmidts
Übersetzung. Da aber im ersten Buche , wie jetzt nach Bekannt-
werden des besten handschriftlichen Materials feststeht, alle die
Strophen, die Schmidt nach der späteren Hs. K und den Marginal-
nachträgen seiner besten Hs. A gegeben hat, dem Texte abzusprechen
sind, so gebe ich daneben den Bestand der besten Hs. bh, die leider
im Anfang verstümmelt ist, bis zum Ende des ersten Buches. In
den übrigen Büchern existieren keine erheblichen Differenzen. [ ] be-
deutet, dass eine Strophe in der guten Hs. A (= India Office 2643)
fehlt, [+], dass sie am Rande dieser Handschrift nachgetragen ist.
Den sog. Simplicior zitiere ich nach Kielhorn (K) -Bühler (B)
und der Hamburger Hs. H.
Durch Umrahmung der einzelnen Erzählungen ist es auf den
ersten Blick ermöglicht, die Schalterzählungen von den Rahmen-
erzählungen, sowie das Strophenmaterial des Rahmens von dem der
Erzählungen zu unterscheiden. In den ersten vier Büchern ist der
Rahmen des ganzen Buches nicht angedeutet, dagegen ist dies im
1) Die Stellen der PahlavT- Rezensionen, die mit mehr oder weniger
Wahrscheinlichkeit auf metrische Stellen des Sanskrit-Originals zurück-
gehen und die natürlich in der „Übersicht11 keinen Platz finden konnten, sind
am Ende meiner zitierten Abhandlung aufgeführt.
Hertel, Das südliche Pancatantra, etc. 3
fünften geschehen, weil in den Jaina - Rezensionen dieser Rahmen
zerstört ist. Die einzelnen Erzählungen sind unter den Rubriken
der verschiedenen Fassungen stets da aufgeführt, wo sie in ihnen
wirklich auftreten ; Parallelstellen würden die Übersicht nur ge-
t riil »t haben. Diese findet man auf S. 130 meiner Abhandlung
„Über die Jaina -Rezensionen des Pancatantra". Leider sind dort
durch ein Versehen (richtig schon ZDM6. 56, S. 302) die Parallel-
stellen zu Pürn. II, 9. nämlich SP. II. 4 und Ks. II, 4 ausgefallen.
Übrigens ermöglicht der Umstand, dass in den Tabellen die Über-
schriftsstrophen mit einem * bezeichnet sind, sofort die Auffindung
einer Erzählung in anderen Rezensionen.
Abweichungen einzelner Rezensionen jn der Anordnung der
Strophen sind in den Tabellen durch den Druck hervorgehoben.
I. Das südliche Pancatantra
ist bisher nur einmal ediert und zwar von Dr. M. Haberlandt in
den Sitzungsberichten der Wiener Akademie der "Wissenschaften,
phil.-hist. Cl. CVII, I, S. 397 ff. Diese Ausgabe iusst auf zwei
Handschriften, die Haberlandt mit G und D bezeichnet. G ist ein
sorgfältig geschriebenes, im ganzen korrektes Palmblatt-Manuskript
in Grantha, leider undatiert, D eine moderne Papierhandschrift in
Devanägarl. Beide befinden sich gegenwärtig in der Bibliothek
des India-Office: G = I. 0. Burneil 211, D = Bühler Mss.. April
24/88, Nr. 320. Da Haberlandts Angaben über die beiden Hss.
S. 398 ungenügend sind, so lasse ich zunächst eine kurze Be-
schreibung dieser Hss. hier folgen.
(t besteht aus:
a) 66 von verschiedenen Schreibern abwechselnd geschriebenen
Palmblättern. Die Schrift ist durchgängig geschwärzt. Ge-
legentliche Lücken , die wiederholt durch freigelassene Stellen
angedeutet sind, beweisen, dass das Original der Hs. bereits
lückenhaft war. Im dritten Buche fehlten dem Original zwei
Palmblätter1). Unsere Handschrift hat diesen Umstand in der
Paginierung nicht beachtet.
Die Korrektheit des Textes wechselt natürlich mit den
Schreibern; im ganzen aber ist die Handschrift sehr gut. Sie
hat durch Insektenfrass ziemlich gelitten; doch sind in den
weitaus meisten Fällen aus den noch sichtbaren Resten der
irift die Lücken mit Sicherheit zu ergänzen. Am stärl
sind die beiden ersten Blätter beschädigt. Ä.ber dieser Nachteil
wird dadurch ausgeglichen, dass der Handschrift , was Haber-
landt nicht erwähnt,
1) Das meint Haberlandt. wenn er S. 398 sagt, es fehlten „circa
des Textes".
4 Hertel, Das südliche Pancatantra, etc.
b) zwei nicb.1 paginierte Palmblätter jüngeren Datums
beiliegen , die genau denselben Text enthalten , wie die beiden
ersten Blätter der Hs., und zwar lückenlos.
, i Aul' einem weiteren, mit 2 paginierten Blatt ist eine Lücke
der alten Hs. am Ende der Einleitung ergänzt; aber diese Er-
gänzung selbst ist lückenhaft; Haberlandt erwähnt sie nicht.
d) Ferner liegen in der Hs. zwei alte , mit 25 und 26 paginierte
Palmblätter , die einer Hymnensammlung angehört haben. Sie
sind mit geschwärzter Schrift bedeckt und enthalten 18 Sloken,
einen in sich abgeschlossenen Hymnus auf Räma, dessen Titel
die letzten beiden Päda geben :
evam srlRämacamdrasya nämnäm astottaram satam.
Der Text dieses Hymnus ist korrekt und trotz des Insekten -
frasses vollständig herzustellen. In den beiden Bombayer Aus-
gaben des Brhatstotraratnükarah ist er nicht enthalten. Er
ist aber genau nach demselben Schema gearbeitet, wie das in
beiden Ausgaben enthaltene H>rik)\snästottarasatanämastotravi.
Haberlandt sagt nichts davon.
Ausserdem liegen noch vier leere Palmblätter bei , von denen
zwei zu einer Tasche zusammengeklebt sind. In dieser Tasche
liegt — was Haberlandt , wie seine Anmerkungen beweisen , ent-
gangen ist — der abgebrochene linke Rand von Blatt 12 und
von Blatt 16, so dass an diesen Stellen also kein Text verlust zu
beklagen ist.
Der Schluss jedes Buches enthält die Worte: Barth om. Die
Einleitung beginnt auf den unter a und b genannten Blättern über-
einstimmend mit folgenden , bei Haberlandt im Texte wie in den
Anmerkungen fehlenden Strophen :
duklämbaradharam Visnum sasivarnam caturbhujam |
'prasannavadanam dhyüyet sarvavighnopasäntaye ||
parasparaiapassampatphaläyitaparasparau |
prapancamätäpitarau präncau jäyäpati stumah \\
Diese Strophen sind vielleicht nur Schreiberstrophen; aber doch
hätte Haberlandt sie geben sollen. Denn ausgeschlossen ist
es nicht, dass sie vom Verfasser selbst herrühren. Ich habe in
dem ganzen Texte keine Spur gefunden, die gegen die Annahme
spi-äche. dass der Autor ein Vaisnava war. Jedenfalls beweisen
die Strophen I, 36 und II, 44 ed.' Hab. = Hit. Hs. A p. 59 und
I. L05 ed. Peterson, dass er ein Brähmana war, und da in beiden
Visnu genannt ist, so ist die Annahme, dass das S. P. das Werk
eines Visnuiten ist, gewiss wahrscheinlich. Denn dass beide Strophen
dem S. P. angehören, dafür spricht ausser der hs. Überlieferung
(sie fehlen in keinem Ms. des SP.) ihr Vorkommen im Hitopadesa.
Eine ähnliche Strophe haben EF hinter Hab. I, 36. Vgl. den Text
in der Anmerkung am Fusse der tabellarischen .Übersicht". In
llertel, Das südliche Pancata/ntra, etc. 5
D steht am Ende des ersten Buches srlHaragrlväya namah1),
und wie in G , so findet sich in den v. Maiikowskischen Hss. , von
denen ich weiterhin berichten werde, dasselbe „JETarih omu . Vgl.
dazu den Namen des angeblichen Verfassers des Urtextes Visnu-
sannan.
D ist eine moderne , auf blaues und weisses Papier geschrie-
bene Kopie , die , wie viele charakteristische Schreibfehler zeigen,
wie es scheint mittelbar auf ein Grantha-Ms. zurückgeht. Die
Tinte hat einen Teil der Blätter stark zersetzt, sodass sie ganz
brüchig geworden sind und auch durch Ausbrechen einige kleine
Einbussen erlitten haben. Die Hs. besteht aus 45 paginierten
Blättern. Sie ist sehr wenig sorgfältig und ohne jedes Verständnis
geschrieben, enthält ausserordentlich viele Fehler und kleine, meist
nicht bezeichnete Lücken. Davon abgesehen bietet sie fast durch-
gängig dieselbe Rezension wie II, obwohl natürlich der Wortlaut
im einzelnen häufig von dem der andern Hs. abweicht. Die beiden
oben gegebenen Einleitungsstrophen von G hat weder D . noch
finden sie sich in den übrigen Handschriften.
Auf diesen beiden Hss. fusst Haberlandts Ausgabe.
Entspräche diese Ausgabe nach Text und Apparat n u r
einige rmaassen dem handschriftlichen Befunde, so könnte ich
mir hier eine Besprechung derselben ersparen. Nach Haberlandts
eigenen Angaben müsste man einen zwar eklektischen Text er-
warten ; brauchbar müsste dieser Text indessen auf jeden Fall sein,
da Haberlandt selbst sagt: „Durch genaue Führung kritischer Noten
ist mein Verfahren überall der Controle unterstellt". Ebenso müsste
man einen sprachlich korrekten Text erwarten, denn der
Herausgeber sagt (S. 398), dass er bei der Auswahl der Lesarten
„Rücksichten auf die Gleichmässigkeit des Styls der Recension
selbst 2) und auf Correctheit des Sanskrit[so !]ausdruckes überhaupt
walten Hess", und dass er sich „bemühte, einen möglichst lesbaren
und von handschriftlichen Verunreinigungen befreiten Text her-
zustellen". Sodann sagt er selbst mit vollem Rechte von dem
Palmblatt -Ms., da— es „sehr correct" geschrieben ist.
Wenn nun aber in Haberlandts Text gleich die Einleitungs-
strophe mit münave (was Dativ von Manu sein soll) beginnt,
wobei ein Druckfehler ausgeschlossen ist, da die Anmerkung die-
selbe Schreibung enthält, oder wenn in Str. 5 ho 'rtho putrena
steht, während beide Hss. (oder vielmehr alle drei, denn der An-
fang ist, wie erwähnt, in G doppelt überliefert) den richtigen Sandhi
halten, wenn man auf der nächsten Seite pancatanträni liest (wonach
also Visnusarman eine Anzahl Paücatantraf assungen geschrieben
l Am Ende des fünften Buches steht in D: äriPümdwarngäya namah.
2) Dass dies irgendwo geschehen wäre, kann ich trotz, eingehendsten
Stadiums des Textes und seiner handschriftlichen Grundlagen nicht bestätigen.
Die angeführten Worte kann ich schlechterdings nur als rhetorische Floskeln
betrachten.
C Hertcl, Das südliche Pancatantra, etc.
hätte!) and einige Zeilen weiter daksinapade und särdhavähah,
so wird man von Anfang an gegen den Text sehr misstrauisch.
In der That ist dieses Misstrauen nur allzuberechtigt. Die
99. Strophe des ersten Buches z. B., die H. infolge seiner wirren
Zählung mit 106 bezeichnet, lautet bei ihm:
tyajet ksudhärMii inalii.v« smputrarh |
hhllh'te ksudhärfÄä bhujagO svam andam |
bubhuksitaii/ kirn na karoti papam |
kslnä nara niskaruna bhavanti ||
In G, das regelmässig die Konsonantenverdoppelung nach r hat,
während das Devanägarl-Ms. sie nicht zeigt, lautet die Strophe:
tyajet ksudhärföä mahilapi putram
hhn nh'te ksudhärWä bhujagf svamandalam (so !) |
bubhuksita// kirn na karoti päpam
kslnä narä niskarunibhavamti ||
Die einzige varia lectt'o , die H. zu der Strophe giebt : „26 G.
mahisy apiu bezieht sich auf den ersten Päda und ist falsch,
da G eben mahilapi liest. H.'s Lesart Jesudhärthd in a und b
ist eine Probe dafür, wie er „einen möglichst lesbaren und von hand-
schriftlichen Verunreinigungen befreiten Text herzustellen" bemüht
ist (S. 398); denn beide Hss. haben den Fehler nicht. Ebenso
verhält es sich mit bhuJ&te und bhiijago in b. Statt der Korruptel
svamandalam hat D richtig svam andam. Den Fehler bubhu-
IcsitaWl hat H. aus D herübergenommen; in niskarunä (d) folgt
er gleichfalls D.
Haberlandts I, 142 lautet:
na prajnayä visärinyä yo balena dhanena vä |
dhurar vahati blioh'tasya janani tena putrini ||
Dazu keine varia lectio. Das unsinnige na steht in keiner Hs.
G liest: prajnayä hi, D: prajnayä CCl; in b D korrupt baktena.
G in c ganz richtig gotrasya, D blioktrasya. Dazu kommen in
D noch einige weitere Korruptelen.
Die folgende Strophe lautet bei H. :
Apädamülasem6?r«ryah ko 'hftth näma na vidyate |
ntapratipa^?/« tu samyidcto durlabho janah ||
Dazu in den Anmerkungen: „6' G. °mätra° st. °müla°. 7 saih-
yukto fehlt in G. — Vor janah in G. lii khaluL . Was hier von
Zeile 7, d. i. dem vierten Päda gesagt wird, entspricht nicht den
Thatsachen. G. liest khalo. Ausserdem liest G in b hi statt des
sinnlosen ham des Devanägarl-Ms. und in c °pratipattä. Es ist
wohl zu lesen ;
äpädarnülasauwxlaryah ko hl näma na vidyate |
atyantapratipatt/Y tu durlabho hi khalo janah j|
Hevtel, Das südliche Pcmcatantra, etc. 7
„Wer zeigt sich nicht von seiner guten Seite, weil ihm dafür
Lohn winkt! Einen bösen Menschen aber, der bis ans Ende zu-
stimmt (in Eintracht mit uns lebt), giebt es nicht". Der Sinn
der ganzen Stelle erfordert die Fassung der letzten beiden Päda,
wie sie G bietet.
II, 1 5 lautet nach H :
suhrd ayam iti durjane 'sti
käcä hahukrtamayeti guptam etat |
sujana iti puräna esa cabdo
dhanalavamätranibandhano hi lokall ||
Die einzige varia lectio: 19 [d. i. Päda b] D. für guptam:
gulmam. Natürlich sind die beiden ersten Päda zu lesen:
suhrd ayam iti durjane 'sti käsä
bahn kttam asti mayeti guptam etat |
Dies ist die Lesart von G, was H. verschweigt. Das Metrum ist
Puspitägrä. Aber es zeigt sich durchgängig, dass Haberlandt, als
er seinen Text herausgab, ebenso unwissend bezüglich der Sprache
wie der Metrik war. Hätte er nur einige Fühlung mit der Metrik
genommen, so hätte er nicht die Sikharini - Strophen Einl. 7 8,
I, 38/39, 74/75, 110 111 und II, 42/43 oder die Särdülavikridita-
Strophen I, 8/9, 53/54, 61/62, 79/80, 99/100 und II, 40/41, ferner
die HarinT- Strophe I, 85/86 und die Vasantatilakä-Strophe 1, 112 L13
als je zwei Strophen zählen können, trotzdem das DevanägarT- Ms.
diese Strophen richtig zählt und trotzdem Haberlandt auch, wie er
S. 399 ausdrücklich sagt, „durchgehends die Spruchsammlung von
O. Boehtlingk verglichen" hat.
Vier weitere Strophen druckt H. als Prosa. Die erste steht
in der Erzählung Citrängas p. 446, Zeile 16 f.:
vätavrstividliatasya rnrgayüthasya dhävatah \
prsthato (Hab. prsfato) 'niigamisyämi kadä nas tad bhavisyati
Der Sloka ist eine von den interessanten äkhyäna1)- Strophen,
deren das Pancatantra in seinen verschiedenen Fassungen eine ziem-
liche Anzahl enthält. Er findet sich fast wörtlich wieder bei
Pürnabhadra II, 177, und im Tanträkhyäyika II, 132.
S. 451, Z. 13 f., im Anfang des dritten Buches, liest IL:
1) Ich gebrauche vorläufig diesen Ausdruck, obgleich ich es nicht für
ausgeschlossen halte, dass in den sog. Äkhyäna-Hymnen etwas ganz anderes
vorliegt, als in den Äkhyäna -Strophen der Erzähluugslitteratur. Die Akhyäna-
Hymnen scheinen mir dramatische Gedichte zu sein, wirklich in verteilten
Rollen vorgetragen. Sio scheinen mir die ersten Anfänge des indischen Dramas
zu sein. Die Äkhyäna -Strophen der Er z ählun gs li 1 1 er a t ur dagegen,
namentlich wie sio in den verschiedenen Fassungen des „Pancatantra" und im
Jätaka vorliegen, sind violleicht mit den Erzählungsstrophon in unseren Volks-
märchen zu vergleichen. Dass Hymnen epischor Art im Kgveda vorkommen,
soll natürlich damit nicht <releuirnet werden.
g Hertel, Das südliche Pancatantra, etc.
yasyäptas tasya capto 'nyas tasyäpto 'nyo 'sti kaccana \ suguptam
<{/>/' mantram [so!] bhinatty ätmaparamparä \ Setzt man hier
hinter mantram mit beiden Handschriften das notwendige
hi. so ergibt sich ein regelrechter Sloka. Statt des sinnlosen ätma-
paramparä hätte H. äptaparamparä mit D schreiben sollen. H.
freilich gibt es nicht einmal als Variante. Sein Zitat aus D ist falsch.
S. 454, Z. 21 ff. liesl EL: asty atra ksudrqjaniünäm nimajja-
nasdham payah tivrdmgukair abhinnänäm karinäm ca durla-
I >h<i n). Als einzige varia lectio führt H. an: D. tu st. ca. Natür-
lich liegt ein Sloka vor, der nur von H. verderbt ist. In c liest
Gr: tlm-ämkudair abhinnänäm, was einzusetzen ist. H.'s Lesart,
die sich offenbar an das korrupte tammrämsukla0 des DevanägärT-
M\ anlehnt, ist ganz widersinnig, da die Elefanten ja gerade von
der Hitze ermattet sind, wie im Texte ausdrücklich hervorgehoben
wird. Päda d ist in beiden Hss. metrisch richtig. Gr liest:
karinäm (so!) na ca durllabhah, D: karinäm tu sudurlabham.
Die Lesart von D ist die richtige.
Die Strophe ist wieder eine äkhyäna- Strophe. In D ist sie
auch als Strophe gezählt.
S. 468, 21 liest H: tava prayqjanavacäl lohe pritih\X\ tafl
anuvartate \ tvam tu vünaracärdüla nisprcij/ojafiavatsaldh
dazu als einzige Variante: „21 pritas tarn anu° G". Es ist zu lesen:
prayqjanavadäl lolcaJi pritas tarn anuvartate |
tvam tu vänarasärdüla iiisspvlio l) janavatsalah J|
So lautet die Strophe in G (nur b: anuvarttate , c: °särddüla,
d: nisprho). Dies ist wieder eine alte äkhyäna- Strophe, von der
eine Paraphrase in der alten syrischen Übersetzung vorliegt. S. 50,
Z. 2 ff. sagt dort die „Schildkröte": „Denn wenn du auch
zufolge deiner hochherzigen Gesinnung keine Be-
lohnung erwartest, so muss ich mich doch vor mir selbst
schämen. Man sagt ja: Ein Edelclenkender ist gewohnt. Wohl-
thaten auch denen zu erweisen , von welchen er durchaus nichts
zurückerhalten kann, indem er keine Belohnung erwartet.
Aber das Gute, was ihm selbst von anderen erwiesen
ist. vergisst er niemals, sondern vergilt es durch täglich
neuen Dank und reicht besonders den ins Unglück Gestürzten f hilf;
reiche Hand". Die gesperrten Worte entsprechen unserem Sloka,
dessen beide Hälften in der Paraphrase , wie das in den Pahlavi-
Rezensionen häufig vorkommt, umgestellt sind. Der Sinn der Sanskrit-
strophe ist dabei auch nicht ganz richtig wiedergegeben.
inzen entspricht der Bestand an Strophen und Prosasätzen
bei Haberlandt dem unserer Handschriften. Abgesehen von einigen
Prosasätzen, die weder in seinem Texte, noch in den Anmerkungen
1) G und v. Mankowskis ABC sowie E und F schreiben wie Sar. Zisch-
laut vor Zischlaut.
Hertel, Das südliche Paucatantra, etc. 9
stehen, fehlt indessen bei ihm. gleichfalls in Text und Anmerkungen,
eine Strophe hinter III, 78 :
mudam visüdai iaradam himägamah
tamo vivasvän suhrtam krtaghnalä \
satäm mvehad sucam äpadam nayai
Sriyäm samrddhäm api hanti durnayah ||
Dieselbe Strophe haben alle anderen Hss. des SP, ausser D. Sie
findet sich auch in den gedruckten Ausgaben des Hitopadesa . die
Schlegel benutzt hat, in Wilsons Codex, in den Hss. A und C hinter,
in der Hs. Cb. vor Schi. III, 116 = Pet. III. 114. mit einigen
anderen Lesarten im 3. und 4. Päda. Sie gehört also sicher sowohl
dem Texte des SP, wie dem des Hitopadesa an, trotzdem sie in
den „kritischen" Ausgaben beider Texte fehlt.
Als III, 71 hat Haberlandt folgende beide Päda einer Särdü-
lavikrldita- Strophe :
kälinäni na samhrnoty avahitah chidresu jägarti yah \
tasya ivanh cavitasya vagyamanaso /taste sihit&h sampadah 71
In G fehlt die Strophe, weil sie in die oben S. 3 erwähnte Lücke
der Hs. fällt. Dagegen bat D sie vollständig. Die beiden ersten
Päcla lauten :
sampräpte vyasane na sidati manahstddhau na samhrsyati
krodham samharate hsaraäm ca hurute käle na rispandate |
Die Hs. bat in a: sarpprävyasamne , in b: visyamditi. In d ist
natürlich tasyaivamcaritasya zu lesen.
S. 443, Z. 3 ff. lautet Haberlandts Text:
athavä j
tarn alasam daivaparam sdhasäc ca parihitam
pramadevavrddhapatiTh secaty upaguMtum laksmih 65
Dazu die Anmerkung: „athavä und Vers 65 fehlen in i)a. Das
athavä fehlt auch in G, und die Strophe ist in dieser Hs. ganz
korrekt und vollkommen deutlich so überliefert :
{fi'f/(ti'((s((f/inffin alasam daivaparafri sähasäc caparili 1/Yiam
pramadeva vrddJiapatim Herhat;/ upagühifum Laksmih
H. brauchte nur necchaty zuschreiben. Aber er konnte eben
Grantha nicht lesen, als er die Ausgabe unternahm, und nach
dieser Probe kann man sich eine Vorstellung von dem Werte der
Lesarten machen, die er aus dem Grantha-Ms. in den Anmerkungen
gibt. Diese Anmerkungen sind nicht nur sein- anvollständig, sondern
enthalten viele Hunderte von Fehlern. Noch einige Proben
dafür, wie wenig es H. gelungen ist, sich das Grantha- Alphabel
anzueignen. S. 450, 25 liest H.'s Text sinnlos: camsyapraticäm
kurydt. Die Stelle fehlt in D, ist also Q entnommen, und G liest
]li Hertel, Das südliche Pancatcvntra, etc.
ganz richtig: dathasya pratis'atham Jcuryyät. S. 451 ist von den
Krähenministern die Rede. Z. 5 f. lautet bei H. : evam ca nrnäm
jirnänäib matam avadhtirya sa räjä bahuvrttäntadarginam
ciramjivinam äha | Die Stelle fehlt wieder in D. G, dessen
Lesarten der Text also angeblich bietet, hat: evam ca turn am
in a n t rinä m matam a v a d li ä r y y a sa räjä bahuvrttämtadarsi-
nam Cirajivinam äha \ Zu S. 455, 4 wird in den Anmerkungen
gesagt : n G vor atah : tajjalam 1 u . . . kam bliavati usw. Man
denkt natürlich, die Punkte bezeichnen eine Lücke. Dem ist aber
nicht so, denn die Hs. liest ganz deutlicb und korrekt: „tqj jalam
lulitam bhavati". Ebenso verhält es sich in den folgenden Bei-
spielen. Auf derselben Seite zu Z. 11 Haberlandt: „G hat st. yad
bis calitah folgendes: sväminä . ... na yogyah \ talliä ca
Tcaiham eva mama yuktam | evam uktvä yajjnäpayati
s v ä m i tadartha m calitah " . Die Hs. hat aber : sväminä b h r t y a
(lies bhrtyas1)) stotum na yogyah \ tathä ca | katham evam
u c y a t e (Interpunktion fehlt !) s v ä m i n | evam kurv i t y ä j n ä -
panam eva mama yuktam | evam uktvä y a (dann Raum für
einen Aksara) j n ä p a y a t i s v ä m i | tadarttham calitah \ Ich
bemerke . dass die Hs. hier völlig deutlich und unbeschädigt ist.
Zu 462, 16 Haberlandt: „G. st. rätrau bis sthä°: ba . . e . . .
mi . . . kam dattvä rätrdv eva preksitavatl". Die Hand-
schrift: „sambalä.dikam datvä räträv eva preksitavatl".
Das sambalädifcam hat zwar durch Insektenfrass etwas gelitten,
ist aber vollkommen sicher. S. 474, 22 steht im Text: kacläcid
ätvndnam muhur muhur vini . . . mäna dirgham nihcvasya
rätrau suptah \ Einzige Anmerkung: „D. ekadä st. kadäcid".
Statt des Gesperrten hat D : vinimdyahya, G: nimdyamänah, voll-
kommen deutlich.
S. 473 steht gleichfalls im Text Z. 22 ff. : brähmanasya rä-
jagrhadvärät parvacräddha a . . . akah gatah | tarn drstüä
brähmanas sahajadäridryapäravacyäc cintayäm äsa \ so 'j/i
räja . . . ka etc. Auch hier sind beide Hss. vollständig deutlich
und lückenlos. G liest: brähmanasya räjagrliadvarät parvasräddhe
ähväna ägatah — tarn drstvä brähmanas sahajadäridryapä-
ravasyäc cintayäm äsa \ so pi räjähvänakah usw. D: räja-
grhadväre: äkänaka für • ähväna; sahajadäridratayärivamst/äs:
räjähvänaka. Aus dieser Stelle ergibt sich also mit Sicherheit,
dass Haberlandt, der D folgt, noch nicht einmal ordent-
lich Devanägarl lesen konnte, als er den Text heraus-
gab. Die Ligatur IT, die das Devanägarl -Ms. an der zweiten
Stelle völlig deutlich hat, bot ihm unüberwindliche Schwierigkeiten.
Im Grantha konnte er sie erst recht nicht lesen, und so griff er denn
zu dem Mittel, im Texte Punkte zu setzen, die kein Mensch anders
auffassen kann, denn als Zeichen für Lücken beider Handschriften.
1) Vgl. Anm. S. 8.
Hertel, Das südliche Pancatantra, etc. 11
Und dass Haberlandt auch sonst dem DevanägarT- Alphabet ratlos
gegenüberstand, zeigt sich an vielen anderen Stellen. So soll z. B.
nach seinem Kommentar S. 460 die Hs. D statt der Strophe 47
lesen: 9jatha.fiya,ja,m svai?* svair inalisair iti crlfti/fc". Die Hs.
liest aber: „yanätJCfcfa/äyam svaisvair mäsair iti sräti ]| Auf allen
Seiten Hessen sich noch Beispiele für diese Behauptung beibringen.
Aber ich denke , die Ausgabe ist mit den beigebrachten Belegen
hinreichend charakterisiert. Sie bilden nur einen verschwindenden
Bruchteil aus der Gesamtmasse der Fehler, und wenn ich nicht
die positive Gewissheit hätte, dass ich wirklich die Haber -
landschen Handschriften vor mir habe, so würde ich dies einfach
nicht glauben. Denn Text und Anmerkungen enthalten in Haber-
landts Ausgabe Tausende von Fehlern, die der Unwissenheit
und Leichtfertigkeit des Herausgebers ihr Dasein verdanken.
Den Vorwurf der Leichtfertigkeit kann man einem Herausgeber
nicht ersparen , der sich , wie die angeführten Beispiele ergeben,
dessen bewusst sein musste, dass er seinen eigenen Text nicht
verstand, der sich ferner dessen bewusst sein musste, dass er von
beiden Alphabeten das eine nur mangelhaft, das andere gar nicht
beherrschte, der sich endlich dessen bewusst sein musste. dass
er an einigen Stellen, an denen er Punkte setzte, Text üb
schlug und durch die gesetzten Punkte die Benutzer seiner Aus-
gabe irre führte, da diese die Punkte nur als Lückenzeichen deuten
konnten.
Den beiden Handschriften gegenüber, auf denen Haberlandt
seinen Text aufgebaut hat, bilden zwei nicht sehr alte Palmblatt -
handschriften AB und eine von dem seiner Hilfsbereitschaft ■
rühmlich bekannten Pandit T. S. Kuppusväml Sästri in Tanjore ge-
fertigte Papierhandschrift C, die leider nur ein Fragment darstellt,
sowie eine in meinem Besitze befindliche, in Madras gefertigte Ab-
schrift der Hs. G. 0. M. L. 7 — 1 — 5 (= E), ebendort kollationiert
mit der Hs. G. 0. M. L. 3 — 2 — 20 (= F), eine zweite, ursprünglichere
Rezension, und zwar stehen innerhalb dieser Rezension wieder deut-
lich die Gruppen ABC und EF einander gegenüber. Die drei
ersten Hss., die Herr Dr. phil. et jur. L. v. Maiikowski mir zu
leihen die Güte hatte, sind nicht gerade gut: A ist sogar sehr
fehlerhaft; dagegen sind E und F sehr korrekt. Dies wird mir
bezüglich der Originale aus Madras berichtet, und die Abschriften
selbst sind gleichfalls mit grosser Sorgfalt gefertigt. Diese Hand-
schriften und ihre Originale sind aber samt und sonders nicht sehr
alt: keine ist angeblich älter, als 200 Jahre. Ihre Texte
teilweise noch sehr auseinander, und es i>1 mir vorläufig Doch nicht
möglich, einen einigermaassen sicheren Wortlaut zu bieten. Ich
habe also durchgängig in der tabellarischen Übersicht und in den
Anmerkungen zum Tanträkhyäyika . in denen ich natürlich fort-
während zitierend auf Haberlandt> Ausgabe verweisen musste. in
jedem Falle ausserdem alle sieben Handschriften zu Rate g<
[2 Hertel, Das südliche Pancatantra, etc.
Dass GrD wirklich eine erweiterte Rezension enthalten, er-
gibt eine Vergleichung aller Hss. und der anderen Rezensionen
mit Gewissheit. Wir haben aber im Texte dieser beiden Hss. selbst
ein unmittelbares Zeugnis dafür, nämlich zu Anfang der 14. Er-
zählung des ersten Buches. Dieser Anfang lautet nach GD :
asti Jiit.sinimscff paffanc (so!) priyasnhrdan dran vanikputrau va-
satah | täv arthärjanäya Dustabnddhi-Dharmabuddhi-nämänau
deääntaram gatau | tatra Dharmabuddhinä kimcitkäläd eva
dinäraparipürnabhändam präptam | kutah präptam iti cet\
5 tatra nagare /.■arid ganikä bahudravyabhüsanavati tisthati \
Dustabuddhts tasyä grhadväre säyamkäle sthitavän \ tadganikä-
jananl bahir nirgatyämum vaisyasutam aprcchat \ ko bhavän |
kvägata iti \ almin Mahilärüpyanämanagare vaisyatanayah \
Dustabuddhir iti madlyäbhidhänam \ sä ca tathä tadvacanam
io irutvä tasya saundaryapatätopam drstvä tarn grham pravesa-
ilinn äsa | pravistas so ''pi kiyantam kälam tatsutayä saha
kridan sthitah j Dhannabuddhis tu tasminn eva iiagare nadl-
pravähäpasäritam mrttikäyäm dinäraparipüritabhändam apa-
syat | pasyann eva gatvä vijane ilghram grhitavän | grhitvä
15 türnam ägatya sauhärdätisayäd Dharmabuddhinä Dustabuddhir
abhihitah vayasya mayädya sahasradlnäräh präptäh j tän eva gr-
hitvä samam nagaram gacchävah \ tenoktam Dustabuddhinä \ mayä
bhadra dinärä na präptäh aham des äntar am gatvä dhanam ärja-
yitvägamisyämi (so!) | tvam dinärän grhitvä gaccha | märge corä-
20 dhisthite sävadhäno dhanam guptam kurv iti | Dharmabuddhis
tadvacanam s'rutvä jätabhitis san tvam api mayä sahaivägaccha \
dhanärdham tvadlyam ity uhtavän \ ubliäv api svaklyanagaram
pracalitau j
nagarasamlpe Dustabuddhinäbhihitam |
1. D kasmims'cid rne priyasuhrdäpubhä vanikaputrau || G tisthatah
st. vasatah || 2. D dustabuddhisubuddhi0 || 3. D suvuddhinä || D dl-
närasaJm$rapnri'J || D 'bhämde || 5. D bahubhäsanavatl || 6. D tadga-
nikäyäh jananl || 8. D mahiläropyanogare || 9. D mamabhidhänam
D tathaiva tadvacanam || 10. D saudaryakhatä0 || 11. D tatm tathä
snlnt st. tatsutayä sahn 12. D subuddhis tu || 13. G- mrttihä-
nmi/ant [] D dlnärapürita? || 14. D slghram tad grhitavän; G grhitavän ||
15. G ägata || D subuddhinä j 16. G mayastasahasra? || 17. D om.
samam || D Dustabuddhinoktam \ bhadra mayä na präptali dinäräh
19. G gaccha gaccha || 20. D sävadhäne dhanaguptam; G ora. dha-
nam, I» subuddhis || D tadvacanänamtaram || 21. D dhanärtham ||
24. G "abhihitah |]
Die Worte 7<;MtoA präptam iti cet Z. 4 enthalten eine An-
weisung für den Erzähler: „Sollte jemand fragen: „Wie kam
er denn zu dem Gelde?" so erzähle man:" Der Verfasser dieser
Rezension hat also willkürlich ergänzt, und die im Folgenden noch
zu gebenden Stellen verglichen mit den entsprechenden der anderen
Hertel, Das südliche Pancatantra, etc. 13
Rezensionen beweisen, dass er noch mehrere, von seinem Stand-
punkte aus gar nicht üble Erweiterungen eingeflochten hat.
Die zweite Rezension des SP. hat von der ganzen Stelle ebenso-
wenig etwas, wie die anderen Fassungen des Pancatantra. Der
Text lautet in ihr:
asti hasmimscit pattane (so!) priyasuhrdau vanikputrau va~
satah | täv arthärjanäya Ihistalrnddhi-Dharrnabuddhi-nämänau
desäntaram gatau | tatra Dharmabuddhinä
dinärapürnabhändam präptam |
itarena na Jcimeit präptam j atha Dharmabuddhmättsau-
härdäd Dustabuddher abliiliitam \ vayasya \ dinäränam sahasram
präptam rnayä | etad grhitvä nagaram gacchävah | iti nidcitya
rcdtt.au
nagarasamipe Dustabuddhinäbht'hitam \
1. ABEF om. asti || C pattane; BEF hasmimscin nagare || E om. pri-
yasuhrdau, F hat es hinter vanikputrau ]| BCEF nach priyasuhrdau :
dustabuddhidharma(B riunio i,v.ihihi C '-ddlü\nüm~u>au F prativasatah ;
C om. vasatah; A satah; E stoÄ || 2. A tävad artthärjjanä//a; BC £«w dAa-
härjanärtham (B 'rttham) \\ BCEF om. Dusta . . . närnanau; A °subuddhic
3. A om. deääntaram A subuddhinäräpürnnam " Hinter Dharmabuddhinä
EF Jeathamcit, dann E kälena, F tätkäläd eva l| C hinter Dharmabuddhinä:
ashasmäd eva B dlnärapürnnam; E dTnärasahasrapän/ain; F dinära-
sdhasrapürna || 4. B 'ekam vor präptam || F labdham ]| 5. C netarena
kimeit AEF om. itarena bis präptam || A yäcitavän \ tena cätisau-
härddät; EF fe»o cätisauhärdäd ; C dharmabuddhinä cätisauhärdäd
(}. C durbuddher || EF dustabuddhir abhihitah || A om. sahasram; B rZ7/uT-
rabhändam || EF dlnärä mayä präptä " 7. A toi grhitvä Statt etad
grhitvä EF sobravit; dann F ftwi ewo, was in E fehlt: dann EF grhitvä
E grham || ACFF om. ni*eit//a; A prativicalitau; E etoi, F tot, beide
calitau j| il. C flf/i« nagarasamipe ; B nagarasya samlpe [J EF dharma-
buddhir abhihitah
Es fehlt in ABCEF das ganze Stück ed. Haberlandt S. 444. 26
bis S. 445, 24. Diese Stelle hat L. v. Maiikowski S. XYIff. seines
Buches „Der Auszug aus dem Pancatantra in Kshemendras Brhat-
kathämanjari", allerdings zweifelnd, zur Feststellung des terminus
a quo des SP. verwenden wollen. Nach Bekanntwerden des älteren
Textes ist dies nicht mehr angängig. Da das interpolierte Stück
in den Hss. zu fehlerhaft überliefert ist, muss ich auf einen Ab-
druck desselben hier verzichten.
ich gebe nun noch einige Paralleltexte, auf die ich im Kom-
mentar zur Ausgabe des Tanträkhyäyika verweisen musste, und die
erhältnis der Hss. des SP. zu einander beleuchten. Die kürzeren,
rechts stehenden Texte sind die ursprünglicheren.
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2J. Hertel, Das südliche Pancatantra, etc.
II. Übersicht über die älteren Fassungen des
„ Pafi c 11 1 a ntra".
Einleitung.
SP Siropl.
Sär. Hab. HC " D G~ Pürn. | Kielh. | H j T^
EP
1
1 —
■1 1 1 1 :i 2
2 2 2 4 3
3 3 3 — —
4 8 4 6
5 4 5 7 —
— 6568 —
3 114
4____ ___ _
2 2 5 1
g» 7/8 6 7 9 :; 8
S 9 7 — 10
| 10 9 8 11 - —
_ — — — — 3 4 6
§-______ 7_
~ — — — — — — 9 —
4 5 10 3
11 10 9 12 —
5 7 11 4
I. Buch.
Purn. Simpl.
- . Som. Ksem. Syr. | SP | Hit. [' Schm. | bh ' | K | H
l1) 11,1 1 1 1
T - T.19 2 2V.18
1 [1,33 [,95 3 3
? — — — — — — 44
5 5
III. 57 — — 6 6
7 7
8 8
II. 106 | 10
SS 12 10
V,24 13 11Y,23
— Y,22 14 12 V, 21
V. 23 15 13 V, 22
— — 16 14
Y.21 17 15 V. 20
— V,26 18 —
1) In EF lautet die Uberschriftsstrophe: na lücajanasamparTeän naro
bJiadräm paäyati j vrsasimhalci'tä prltir jambukena vinäsitä
Hertel, Das südliche Paucatantra, etc.
25
I. Buch.
Simpl.
Sar. | Som. | Ksem. ] Syr.
1.1
21)
32)
Cf. II, 8
1,118
4 5 HI, 6 11,16
*2 *LX,32ab - *3, 21
*5
*II, 26
Der Affe und der Keil.
-
3 LX,33cd - 3,39
- LX,34ab -
6
11.31
II, 32
Schm.
20.323 17 w
r- 11.150 11.130
18
Der Affe und der Keil.
9
10
11
4 LX,36 3,41 I,8.94) 11,36 12
5 4, 4 10 II, 37 14
6 — — 11 - —
7 - 4,7.62,28 12 11,38 [+13]
— — 4, 11 f.5) 13 — 15
20
[-M6]
4-17
4-18
[+19]
- [+20]
14 11.39 21
[15]6) 22
[+23]
- [+24] 71
25
24
21
25
22
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25
28
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26
30
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29
33
30
34
31
1) Fehlt in E.
2) B hat vor Hab. 4 vier Strophen, und hinter Hab. 4 eine Strophe, die
in den anderen Hss. fehlen. B 4. pibanti nadya{s) svayam eoa nämbhah kh<~i-
danti na sväduphalnni vrksäh \ payodharo na kvacid atti sasyam paro-
pakäräya satäm vibhütih j| B 5. catväro vittadäyädäh dharmägninrpata-
slcaräh \ temin jyesthävamänena trayah hwpyanti sodaräh || B 6 = Simpl.
II, 151 || B 7. paropaharüh prabhavanti vrksäh pavopakärali prabhavanti
nadyah \ paropakäräJi prabhavanti gävah paropakärärtham idam 4ariram
B 9. arthakar//am asatkäryam vyavasäyam vaswni ca \ vancanam
mänarn ca matimän na prakäsayet ||
EF haben vor Hab. 4 die Strophe: tyägabhogavihinena <II<<tne>i<< dhanino
yadi \ bhavamah kirn na tenaiva dhancna dhanino vayam II Hinter Sab. I
haben EF die Särdölavikridita-Strophe : sämopäyanayaprapaneapatavah prä-
natyaye [E präni°, P präna0] bhiravah, Süränäm tu paräkramo bhuvi
pm-aiii miitaifltthaye käranam \ vüphürjadmkäiatavlgajaghatupidaik asam-
curnana-vyäptäv ekarasasya santi vijaye eimhasya leim mantrinalx
3) In C sind 6 und 7 umgestellt.
4) Eine Strophe, aber von H. als zwei gezählt.
5) Dem Original viel näher kommt die jüngere syr. Übers. S. 5, 2 I ff.
6) Fehlt in D A C E.
9(3 Hertel, Das südliche Pancatantra, etc.
I. Buch.
Pürn. Simpl.
Sär. | Som. j Ksem. | Syr. | SP | Hit. | Schm. | biT | ^K | TT
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10 — 4. lii lr, II, 4U 26
11
12 4,22 |*J8f' 11,41 27
16 — 5.7? '2l' [4-28] 44 21 36 33
[ -1- 29] 37 34
[ + 30] 38 35
[+31] M 39 36
[+32] % 40 37
[+33] fr 41 38
[+34] 9 42 39
13 — 4,34 17 11,43 35 43 40
36 44 41
14 LXI, 121 — 4,40 18 11,12 37 14 ^'^ 11,106
19 25 11,56 38 15 63
39 16
40 17
41 18
42 19
15 XVI. 280 4,44 19 11,51 43 20 35 32
5, 10 [20]1) -
16 — - 5,7 21 - 44[+28] 21 36 33
_ _ 45 22 45 42
46 23
— 46 43
— 47 24 47. 350 44. 332
_ _ _ — — — 48 25 48 45
49 46
49 26 50 47
— — — — — — 51 48
— 50 27 52 49
51 28 59 50
52 29 53 51
— 53 30 54 52
54 31 — 53
55 32 55 54
56 33 56 55
— 57 34 57 57
_ _ _ 58 35 58
— 59 36 59
_ _ 60 37 58 56
[22]i)
— — 51 28 59 50
17 232) — 61 38 60 60
18 — 243) 11,55 62 39 61 61
— — — — 62 62
10 25 11,56 3S 15 63
1) Fehlt in A B C E F.
2) Dahinter haben E F die Strophe: satyam brüyat priyam brüyan na
brüyät satyam apriyam priyam ca nänrtam brnyäd esa dharmas sanntanah j
3) Str. 24 — 21 incl. haben E F hinter der S. 27 unter 2) gegebenen Strophe.
Hertel, Das südliche Pancatantra, etc. 21
I. Buch.
Pürii. Simpl.
Sär. | Som. | Ksem. | Syr. | SP j Hit. j Schm. | bh j K j pT
20 — — — 26
21 — — — 27 11,58 63 40
22
71 LX.44? — — 71 11,127 64 41
— — — — — — — — 64 63
23 — — 65 42 65 64
24 — — 5,30
— LX,38 — 5.35 Prosa 66 43
_ _ _ — _ fi.V
67 44Cf.IV,49Cf.IV,47
— 66 66
— — — — — — — — 67 67
25 LX,39 — 5,17? [28]2) 11,47 68 45 68 68
26
— — — — — — 69 46 70 70
— 70 47
71 24] 48 33 30
— — — — — — 72 49
— — — — — — — — 69 69
— — — — — — 73 50
27 — 6,9 29 11,59 74 51 71 71
- [75]
28 6,17 30 11,61
oft - •»- ed. Kos.
29 - <,.}< I63
30 — — 6,26 31 — —
31 — — 6,30 32 11.64 76 52 72 72
77 53 73 73
34 — — — — — 78 54 74 74
32 6,38 333) 11,65 79 55 75 75
33 — — 34 11,66 80 56
34 — — TS 54 74 74
35 — 6,40 — — 81 57 76 76
36 6, 42 II. 35
37 — — 7.5 — — — — —
— — — — — — S2 — 77 77
— 11,62 83 58 78 7^
3 1 5:i
— — — — — — 85 60 71) 79
r + A] 80 80
f A -1 8]
[ + A] 96 -
82 82
363 336 s:;.:{52 83.334
— — 84— S7 Sl S7
— CfXVI,273 -
1) Die Strophe lautet: svalpam a/py upa[\]kurvanti ye 'bhlstä hi mdhl-
•pateli | te vahnäv iva dahyante patangäh päpacetasah ||
2) Fehlt in AC. Dahinter haben EF die Strophe: lubdharn arthena
grhnlyät stabdham aanjalikarmanä \ mürkhcm chandänuvrttyä ca yayä
[1. yathä) tathyena panditam ||
3) EF dahinter die Strophe: abdlü ratnam adho dhatte dhatte vä
ürasä trnarn \ abdher eva hi dosoyam ratnam ratnam trnam trnam
28
Hertel, Das südliche PaTtcatantra, etc.
I. Buch.
•1 Syr. !
SP
Bit. |
Pürn.
Simpl.
Sär. Som. | Ksem
Schm.
bh
1 K
H
89
90
Cf.XVI
273 -
91
92
93
88 l)
89
— 2)
38 — —
7,7
[87j
86. 102
39 — —
6, 4_>
35 3)
11,67
61.76
110
88
62
94
90
40 — —
—
36 4)
A hinter
II, 59
—
—
—
—
41 — —
7. -21
—
—
—
—
—
49 Lx/42cd
7. 27
—
— 89
[-(-Anach
63
95
96
91
92
Simpl.1,81"
— —
—
37
11,68
90
64
97
93
r1
—
—
91
65
98
94
92
66
99
100
95
96*)
97
— —
—
38 f.«)
11,69
—
—
—
—
IL140
11,80
-
93
II. 181
67
II, 92
341
98
Keith-Falc
13, 39
40
A hinter
11,78
227
94
201
68
101
102
—
43
LX,54 —
99
1.7:.
95
69
—
—
96
70
in:;
100
97
71
104
101
98
72
11.170
105
11,152
102
99
73
106
107
103
104
«44
cf.Keith-F
*14,37)
*41
—
*100
*74
*108
*105
Schakal und Pauke.
Schakal und Pauke.
i •>
109
106
1) Die Strophe lautet: na garvam leurute mäne näpamänena tapyate i
svähäram raksayed aas tu sa bhrtyo 'rho [II hi statt 'rho] malübhujüm ||
2) I hat die Strophe.
3) Dahinter EF die Strophe: hsamii data gunagrahi svärrii punyena
labhyate J anuhvlas .neu- dakso räjan bhrtyojji durlahhah ||
4) Dahinter EP: jagatpatis sopi ca närasimhah püjyo Haris sopivarä-
hnrnpiil) nli-iiir mürn/'r utuütnrind'bliih heiinpy upäf/ma /i/iahn,/ hl sädhyam
b) Die Strophe lautet: catuhlearno 'pi bhidyate dril.-unjo naiva bhi-
dyate drikuriiasya tu mantrasya Brahmäpy antam na gacchati ||
6) Eine Strophe, von Hab. als zwei gezählt.
7) In Syr. fehlt die Erzählung infolge einer zufälligen Lücke; in den
anderen PahlavI-Kezensionen ist sie erhalten.
Hertel, Das südliche Pancatantra, etc.
29
I. Buch.
Simpl.
Sär.
39
Som. | Ksem.
Syr.
6. 42
Hit.
II. 67
Schm. |
102. 86
HiM
104
1 I 15
106
bh
16.6I
30
15
*6
8,15
42
[1,78
K
110
111
112
113
114
11,40
115
IL 37
[1,32 11,32 11,35
II, 33 II, 33 II, 30
116
117
118
119
120
121
122
107
108
109
110
111
112
113
-7
III. 22
133
132 II.li;
114
115
116
117
*118
88
89
90
91
*92
123
124
125
126
127.381
128
129
*130
H
107
108
109
110
111
11.41
112
II, 38
113
11.36
114
11,37
115
11(5
117
118
119
120
121
122. 370
123
124
125
127. 35S
127
128
*129
II, 103
I SS
82 LX. 139
18,30 79 f.1) 11,140
Dantila und Gorambha
119
120
121
122
123
124 98
125 99
12i; 100
127 101
128 102
129 103
130 104
131
132
133
134. 239
135
136
137
138
139
140
141-14:]
144
145
14(1
147
148
149
131 . 105
150
130
131
132
l:;:;
134
135
136
137
L38
139
140
141
142
143
144
145
146
132
133
151
106 152 147
107 153 148
1) Nur eine Strophe.
30
Hertel, Das südliche Pancatantra, etc.
1. Buch.
Simpl.
Sär. Som. Ksem. Syr.
SP
Hit.
134 136
344
bh
108
109-111
31S
K
154
H
149
155 157 150 152
137
138
112
113
158
V,4G
159
160
161
*47 *48
139*172 »114*147 «162
153
154
155
156
*157
Drei
selbst-
ver-
s eh u.M.
Qnfälle.
153
(*48
1*47
Vier
Belbst-
ver-
schald.
10. 32
f*ll. 8
1 *9,8
Drei
selbst-
ver-
8Chul(l.
Unfälle.
144
1,45
11,100
Drei selbstverschuldete Unfälle.
140 11^ *^3 ^
14U llö nll8 nl03
141 H6 164 159
11,37 11,37 lb4 15y
142-147 117-122 165-170 160-165
148 123 171 166
149-151 124-126 172-174 167-169
— 175 170
152-157 127-132 176-181 171-176
158.412 133.386 182.405 177.383
— 183
184
159 134 185 178
160 135 195
186
161 136 187 179
162 cd 137 cd 188 180
162ab 137 ab 189 181
163 138 191
164 139 190 182
165 140 192 183
166 141
193
194
160 135 195
167 142 jMJ, 184
168 143 197 185
169 144 198 186
170 145 199
1871)
171 146 200 188
/*172 /*147
1*139 [nu
173 148 201 189
111.74
!14.*23;
206
>1SS.-209 *202
190
*191
1) kampah svedas tathäveksah [1. "fjah] svarahhamgadayas tathu \ cau-
n'is ta eva i:ij?ie;/iifi r/lmair ebhir vicakmnaih [|
Hertel, Das südliche Paucatantra, etc.
31
Sär. | Som. ' Ksem. j Syr. | SP
-52
Buch.
I Hit. I SchrnT
Simpl.
! k
H
Der Weber als
Visnu.
203
192
204
193
111. S7
III, 77
205.420
194
II. 104
11.96
49 —
77.24 III. 74
— 11,23 45
50 —
51 —
Keith-Falc.
S. 21, 30 f.
"44',-
11.43 —
174
175
*12, 13 *46 *II, 106 *176
Zufällige
Lücke
140
*150
20'')
-207
190
*195
Krähe
und
Schi.
—
Krähe und Schlange.
—
Krähe und Schlange.
Cf.
Cf.
177
151
II. 58
1,131
178
152
—
179
153 208
—
180
154
—
—
— — —
—
181
155
— 209 196
*53
—
*12, 27 *47
"IV, lö
*182
*15ß -210 -197
R. u.
K.
vi
Reiher und Krebs.
183-1?
Reiher und Krebs.
5 157-159
110 — 116
186
160 306 2S9
IY,17
ls7
161 —
211-213198 200
260
201.246
IV, !>
IV. 9
54 —
JLX, 91
*107
_ _ _ 188
4^ IV,18
13, ls 49.^)121 J^
-14,1 *50 *II,10^ *189
li 12
*163
2:;:.
'214
«202
Löwe und Häslein.
Löwe unc
Häslein.
190 192 164-166
— —
193 167
215 203
216-218 204 206
194 168
219 207
195 169
220.347 208.329
196 170
222 210
197 171
221 209
1) Fehlt in ABCEF.
2) In ABC auch als III,
32
Hertel, Das südliche Pancatantra, etc.
1. Buch.
Simpl.
gar. | Som. | Ksem. | Syr. | SP | Hit.
Cf.LX,
96cd
| Schm. |
198
•JIM)
201
III. G4
bh
172
173
174
202
176
203
177
204
178
205
206
207
179
180
181
II, 70 II. 70
208
182
209 183
210.346 184.320
211 185
I K
223.348
224.349
225
226
III, 16
227
228
II. 13
229
11,14
230
231
f I, 232
J II, 12
I II, 84
IUI, 49
233.364
III, 3
234
235
236
237.325
238
I H
211.330
212.331
213
214
III, 13
215
216
[1,14
217
II. 15
218
219
I, 220
II, 13
11,77
111,42
221.314
222
223.308
224
IV, 2 IV, 2 IV, 2 225. IV,!
212 186
*213 *187
<214*235 *188*209 *202
Der Weber als
Visnu.
215-2291) 189-203
230-234 204-208
*235*214 *209*188
202
56 LX,lllab
" XVI, 303
57 Lx(};Icd- 15, 21
15, 11 51
15. 1
15, 6 —
|11*
*117
*Keith-Falc.
30,34ff.Vgl. *125
Syr. 15, 32 ff.
Der dumme
u. d. beiden
klugen
Fische.
17,31
56
11,113
"IV. 5
II, 115
236
237
238
122
"343
239
210
211
212
96
213
II, 160
III, 6
*191
*191
11,141
239.134 133
*31S *301
1) 227 = Simpl. I, 101, fehlt in II.
Hertel, Das südliche Pancatantra, etc.
33
I. Buch.
Purn.
Simpl.
Sär.
| Som. |
Ksem.
Syr.
j SP | Hit
Schm.
] bh
~^~
1 H '
59
—
—
53. 541) 11,114
55
57 3)
240
214
240
226 2)
60
241
215
91
—
SS 11.147
242
216
2S5
61
—
—
58 3) II. 118
248
217
241
227
62
68
—
—
59 11.119
244
218
242
228
11.120
245
219
—
64
—
—
60 II, 121
246
220
248
229
—
—
—
[61. 62] 4)
247
221
—
—
65
—
—
—
— —
248
222
—
66
LX. 121
10, 25
635)
249
223
LX,119
16, 2S
250
251
224
225
67
LX, 120
—
—
64 11,122
252
258
226
227
—
68
65 11, 123
254
228
70
—
—
16, 15
666) EI, 124
257
231
—
—
—
—
—
[67]')
[68]«)
70 «0
—
—
69
255
229
244.422
230.396
—
—
—
—
[72]") -
256
230
—
—
70
—
—
16,15
66 11,124
257
281
71
LX.44V
71 II, 127
04
41
—
—
—
90
258
282
91
259
233
92 IT, 148
260
234
93
261
235
—
94
262
263
236
287
—
—
—
— —
*264
*238
—
Die dankbaren
Tiere
and der
undankbare
Mensch.
265
239
III. 157
111.141
IV. 10
IV, 10
IV, 10
IV. 10
1) Eine Strophe, bei H. als zwei gezählt.
2) Fehlt durch zufällige Lücke in IL, aber in I vorhanden.
3) In EP umgestellt.
4) Eine Strophe, bei IL als zwei gezählt. Fehlt in ABC, aber nicht
in EP.
5) Mit verschiedenen Losarten. B hat die Strophe in drei Fassungen
hintereinander, EF davon in der ersten und dritten.
6 Dahinter haben ABC die Strophe Hab. 7u.
7) Fehlt in AB CEF.
8) Fehlt in A B C EF. 9) Fehlt in E 1'.
10) In AB CEF hinter Hab. 6G.
11) Fehlt in ABCE.
Bd. LVI1I. 3
34
Ilcrtel, Dus südliche Paucatantra, etc.
I. Buch.
Simpl.
S
72
7::
74
7---
Som.
Syr. j SP
Cf. 16, 21
16,32
16,37
!•;. im
[73]>)
(TP
|7:,
Hit.
II, 128
n, 129
j Schm. |
266
267
268
269
270
271
272
bh
24H
241
242
243
244
245
246
6. III,
153
11.132
IV. 61 IV. 61
II. 133
245
24(5
247
IV,10S
248
249
250
251
231
232
233
IV. 90
234
235
236
237
*17,8
Laus und Floh.
1,47
*273 *247
*252 *238
Laus und Floh.
274 248
— , —
275 249
— —
276 250
— —
r vor 248
am Rande
H,48i nach-
1 getragen
253 239
II, 60 II, 58
1 11,48
— —
254-257 240-243
258 244
V.99
*7<>
-CT. III,
Der blaue
Schakal.
-
Der bluuel
Schakal. 1 ~~ — "
.5 *[+A]3)
*277
*251
*259 *245
IV, 9
278
Der blaue Schakal.
260 201.246
IV. 9 IV, 9
>52 261 247
IV, 9
81 -
82 LX, 139
18,24
784)
H,
139
279
253
262
263
248
249
IS. 35
—
—
—
— ■
—
18,30
J7'.»'
\80
II
140
127
101
146
141
II
, 1<
280
281
254
255
264
265
266
250
251
252
1) Fehlt in E.
2) Eine Strophe, von II als zwei gezählt. In EF hinter 7G.
3) atmavarggam parityajya paravarggesu ye ratäm (so!) [
te nara nidhanam yämti yathä räjä Kakurddhamah ||
4) Dabinter EF: pranamaty unnatihetor jlvitahetor vimuncati prä-
nän | duhkhayati hi aukhahetoh ho müdhas nevakäd anyah || Da diese
Strophe Hit. II, 23 steht, so dürfte sie zum Texte des SP gehören.
i>) Eine Strophe, von H als zwei gezählt.
Hertel, Das südliche PaJhcatantra, etc.
35
I.
Buch.
Som.
Ksem. j Syr.
SP
] Hit.
P
Irn.
Simpl.
Sär.
| Schm.
bh
1 K
! H
282
256
—
—
—
283
284
257
258
267
268
269
253
254
255
—
—
— —
—
285
286
259
260
—
—
—
—
—
—
—
287
261
270
271
256
257
s3
§
i. in, ;
2
288
262
—
—
—
— —
—
—
—
—
272
—
—
273
—
274-277
258-261
84
— Cf. 19, 16
82
II, 143
289
263
278
262
85
19. 25
33
II, 145
290
264
—
—
279
263
280
264
III, 54
30.-»
279
281
265
III. 200
—
11. 27
II, 28
.
—
—
282
266
86
—
— 19, 25
84
II, 146
291
292
265
266
283
267
87
-
— 19,16
\86
IV. 106
293
267
-
88
—
— —
—
—
—
—
—
— ■
89
cf Keith-Falc
Cf.
Cf.
Cf.
Cf.
40.31-37
III. 62
III, 61
111,70
111.63
90
—
/ 19, 32
1 19, 40
19, 42?
—
—
—
—
284
268
91
88
II, 147
212
216
285 '
269
92
—
— —
89
Schi. Intr.
47
—
—
—
—
93
90
25S
232
94
—
_ _
913)
259
233
—
—
95
92
II, 148
260
234
—
—
96
93
_
261
235
—
—
97
—
— —
94
—
262
236
—
—
98
99
—
— —
96
97
II, 149
294
268
—
—
295
269
296
270
—
—
—
— —
95 '
—
*297
*271
—
Hainsa und Eule.
— ■
— —
—
—
298-300 272-274
—
—
301
275
ioo
—
Cf. 20, 24
98 II, 150
11. als zwei gezäb
302
t.
276
—
1) E
i n e Strophe, von
2) Fehlt in E.
3) Dahinter B C die Strophe :
gunini gunajno ramate nägunaStlasya gunini paritosah |
alir eti vanät kamalam na darduras tv ekaväso 'pi |[
Die Strophe findet sieh auch llitop. ed. Schlegel I, 182.
4) Fehlt in ABC.
3*
36
Som. Ksi
Ihrld, Dan südliche Pancatantra, etc.
I. Buch.
Püi
Simpl.
Syr.
SP
100
Hit.
II, 151
101
111. Tli
102
In:;
104
105
20. 31
20, 37
20, 37
20, 1
III, 54
101
102
103
Sclini.
303 277
304 278
305 279
111,200 111,191
306 280
281
11,2;
265
II. 28
t-l
19. 44
20, 11
—
o
— — —
—
*LX,144? -
*104
* Kamel, Löwe, Panther, Krähe
und Schakal.
106 — — 22,12
[107]1)
107 LX.152 — 22,18
[105] 1
106
— — _ _
108
.
10.- '
hui :;
307
308
309
310
311
312
313
— *314
281
282
284
2*5
287
*288
286
287
*288
270
271
-■>-■>
IV, 60
1. 115
IT, 5S
IV, 61
Kamel, Löwe, Panther, Krähe
und Schakal.
289 273
289 290 274
355 m -
III, 84 1U' '
*IV,
13. 21
315
*IV,
14. 28
*IV,15 *IV,30
316-325 290-299 291-300 275-28^
'326
*300
Stellmacher
und Löwe.
Prosa
LX, 162
23, 26
110
109
HO»1)
111/
BSP
114.127
115
116
Prosa Schm
S. 90, 16
cf '301
cf- \302
285
286
303
287
304
288
305
—
II. 153
1S6
160
306
307
289
290
23,30
[117]°)
III. 22 111,2
327 301
1 11.27 135 III.
1) Fehlt in E. 2) In ABCEF hinter 108; in D dort der erste Päda.
3) Fehlt in ABCE K. 4) Eine Strophe, bei H. als zwei gezählt.
5 ) E i n e Strophe, bei H. als zwei gezählt. Fehlt in ABCE.
6 i Fehlt in D A B C E !•'.
Hertel, Das südliche Pancatamtra, etc.
37
Sär.
111
112
113
*114
Ksem. | Syr.
'— 23,38
SP
118
L19
120
I. Buch.
Hit.
Simpl.
23, 40
13. IS 121. 491) j\
II, 154
II, 155
19
Schm.
328
329
K
30g
309
H
291
292
er. 23. 12
-23. 45
-122
111,37 111,30
310 293
311 294. III.
111,44.127 37. 114
330 304" —
nfn nTio m'13 mn
*382 *306 *312 *295
Str. u.
Str. u.
Str. U.
Str. u.
Str. u.
M.
M.
M.
M.
M.
115
—
24. 20
123
*116
LX.
167 c d
-
-24. 24
-124
D.H.u.
d. Seh.
D.H.u.
d. Soli.
D.H.u.
d. Seh.
D.H.u.
<!. Seh.
D.H.u.
d. Seh.
—
—
—
—
*117
-
*Keith-F.
34, 34.
Syr. 15,32
-125
1 D.a.u.
d.b.kl.
1 F.
I). d.u.
d.b.kl.
F.
D. d. u.
d.b.kl.
F.
D. d. u.
d.b.kl.
F.
-126
C:
TT
o
Die
Hirten-
frau u.
ihre
Lieb-
haber.
Strandläufer und
Strandläufer und
Meer.
Meer.
333-339 307-313
— —
—
— —
313 296
346 320 cd ab
314 297
IV. 57 IV, 56
11,138
340 314
— —
—
341 315
— —
*IY,4
*342 *316
*315 *298
Die Hamsas und
Die Hamsas und
die Schildkröte.
die Schildkröte.
316 299
—
-343 *317
317 300
*IY,5
*318 -301
Der dumme und
Der dumme und
die beiden
die beiden
klugen Fische.
klugen Fische.
*II,102
344 31 S
» .53
11,35
345 319
346 320 cd ab
314 297 '
IV. 57 IV, 56
IV, 99 IV. 85
319 302
.
.
320 303
321 304
—
322 305
3.23.20 anß ,,
V.44 m'r' 1
1
1) In ABC auch als III,
38
Hertel. Das südliche Pancatantra, etc.
I. Buch.
Simpl.
Sfir. | Som. ! Ksem. Syr. ! SP | Hit. | Sehr
— 847.210 821.184
— II, 80 —
848
849
350
851
«352
822
323
324
325
*326
Sperling und Elefant.
353-355 327-329
356
IV, 15
357
358
359
330
IT, 14
331
332
333
*360
*8:U
Der kluge Harosa.
93
II. 181
67
II, 181
*361
^885
I Widder und Löwe.
1,195
1,198
1,199
1,47
362
363
364
365
1,169
1. 172
1. 173
I. 24
336
337
338
339
K
324
32^. 237
326
327
III, 29
328
329
330
V,34
331
*332
H
307
308. 223
309
111.22
310
311
312
313
*314
Sperling und Elefant.
333-335 315-317
336 318
IV, 16 IV, 16
337 319
338 320
339 321
340
341
342
343
344
345
346
347
I. 220
348
1,223
349
1,224
350. 1, 47
351
352. 1. 83
353
354
322
323
324
325
326
327
82*
329
1.208
330
I, 211
331
I, 212
332.1,44
333
334. 1, 83
335
;:;i;
127.114
26, 19
11-
107
366
367
340
341
342
■2-2. IS f. 105 1,115
355
III, 84
III. 76
Hertel, Das südliche Pcincatantra, etc.
39
Som. | Ksem.
119
>120
121
122
123
124
125
126
127
128
129
130
131
134
124
125
183
I. Buch.
SP | Hit.
— 1,31
— Intr. 12
Purn.
Simpl.
| Schm.
». schl
Seh.
127.')1H
128
129 IV. 102
130
26, 26
26. 44
— 131
27,31
27, 35
— 27,40
27, 5
27, 13
132 IT. 11'
27, 35
L32
133
II. 117
| K | H
356
[11,86
357-360 337 340
361 341
11,130 11,115
362 342
363. 382 343. 359
■JOS
182
364. 233
344.221
III. 3
365 345
366 346
369
*370
343 367 347
-344 «368 «348
Der schlaue Schakal.
371
345 369 349
346
370
350
.
371
351
372
373
35J
_
374
—
373
347
375
353
374
348
376
354
375
349
379
356
377
351
380
357
376
350
377
111.129
111,116
378
352
Cf ::7^
Cf.355
379
353
—
—
380
354
—
—
381
355
—
—
382
356
.
115
89
127. 3S1
126. 35S
383
357
—
—
|3M-i
358
J3858
359
375
349
379
356
377
351
380
357
115
89
381.127
358. 126
_
—
882.363 359.343
886
360
383
360
1) Dahinter in A B C der Halbsloka: Satrutvam yänti miträni mitratvam
yünti satravah.
2) Sär. 134 enthält Elemente beider Strophen Pürnabbadras.
40
Hertel, Das südliche Pancatantra, etc.
I. r.iicli.
145
L46
U47
4i;
11-
! 51 1
151
J 52
153
Simpl
Sär.
Ksem. Svr.
SP
Hit.
Sclim.
| bh
1 K
! h
136
— — 28, l
i;;i
_ .
387
361
38 1
361
137
28, 7
P.427,2f
—
388
862
—
—
138
_ _ _
p.427, h'.1
—
389
363
—
—
139
—
—
—
—
—
—
—
1 10
LX,203 XVI,361 28, 1"
L37 ,
—
390
364
—
—
1 11
—
391
365
—
—
1 !•'
138
—
392
366
—
—
143
- 27. 43
—
—
393
367
—
—
111
_ _ _
—
—
394
368
385
362
28, 14
*28. 17
Übel angebrachter Rat.
KOg in
139
— *89:
*3ß'.>
Der verbrannte
Bettelmönch.
Verbrennung der
Schlangenhaut.
396 370
*397 *371
Des Todes Macht
140
*141
398
399
*400
372
373
*374
408
*386
*363
Übel angebrachter Rat.
387
364
365
ms
Cf.111,5 *IV,55 »IV.SSsjvof.ioiW 4
142
1 13
144
»145
Cf.III,6 IV, 56
— IV, 58
401
402
403
404
405
168
*406
IV, 5(5
IV. 58
375
870
877
378
379
14+
»380
Affe u. Sperlings-
weibchen.
391
368
IV, 98
IV, 84
392
369
IV, 100
IV, 86
1, 123
370
I, 122
393
371
394
372
395
197
*3J»6
373
1S5
*374
1) In den Mss. herrscht hier Verwirrung. Bei Haberlandt ist die Stelle
ausserdem voll schwerer Korruptelen, die ihm zur Last fallen. Eine Übersicht
über die hs. Überlieferung zu geben, mangelt aber hier der Raum.
2) Fehlt in E.
Hertel, Das südliche Pancatantra, etc.
41
I. Buch.
146
156
157
"158
28, 14 —
80,38 147
30, 41 —
MO. 4:. 148
159
160
iimpl.
Sär.
Som.
Ksem. | Syr.
SP
Gut-
gesinnt
u. Bös-
gesinnt.
Gut-
gesinnt
u. Bös-
gesinnt.
Gutgesinnt unc
gesinnt.
Bös-
—
—
—
— —
—
—
—
— —
—
—
—
— —
—
—
—
— —
—
III. 49
- •
— 66, 29
III. 39
—
—
— 10, 32
—
*155
Cf.
LX.237
— 30,1
*146
Reiher
u. Ich-
neu-
Beiher
ii. Ich-
neu- 1
Reiher und Ichneumon.
mon.
mon. 1
Hit. j
Schm.
| bh
1 K |
H
-
Gutgesinnt und Bösgesinnt.
_
397
375
—
—
—
398
376
—
—
399
377
—
—
—
400
401
378
379
11.116
II. 101
IV. 132
407
381
402
380
—
408
382
403
381
—
409
383
404
382
II, 100
412. 158 386. 133 405. 182 383. 177
*IY,10
*410
«384
*406
*384
-
Reiher und
Ichneumon.
-
411
3*5
407
385
II. 100 412. 15S 386. 133 405. 1S2 3S3.
408
161
*162
LX, 147 1)
31.3 148a
»31,12.40 »149
Die von den
Mäusen gefressene
eiserne
Wage.
*1K2
LX,247
31,40.*12 *149
163
164
=
—
—
32, 2
32, 3 —
32,13 —
-
399
373
413
:>,
414
388
415
389
410
390
417
391
118
392
419
393
420
394
«421.426 »395.400 »4i.i9.414 »3*7.3H2
Die von den Mäusen gefressene
eiserne
Wage.
422 396
410
388
423 397
411
389
424 398
412
390
425 399
413
391
426*421 400*395
414*409 392.*387
427 401 415
428 402 410
42!» 403
430 404
431 405
393
394
— LX,249?
165 —
32, 8
L50
L51*
—
132
406
166 —
z
z
»433
»407
1) Bei Somadeva nicht Überschriftsstrophe!
2) Dahinter F die Strophe Purn. II, 31.
42
Hertel. Das südliche Pancatantra, etc.
1. Buch
SP
| Hit.
P
irn.
Simpl.
Sär. | Som. | Ksem. | Syr. |
Schm.
bh
1 K
1 H
_ _ _ _
—
*434-
*408
—
—
Einfluss
des Um-
-
-
gangs1).
417
_ _ _ _
*435. 438
*409 412
—
Der edelmütige
D. e. R.;
Räuber;
der iiber-
d. ü.
—
eifrig*
Affe.
A.
436
410
—
—
437
411
418
419
—
420. 205
194
II, 104
II, 96
— — — —
4385435 41
*417
—
439
413
_
_
440
414
—
—
441
415
—
—
167 — — —
442
416
—
—
152
[153)2)
443
417
—
—
.
.
245
231
444
418
421
395
69
255
229
422. 244
396. 230
169
155
II, 161
445
419
423
397
170 — — —
156
II, 165
446
420
424
398
- — 32, 30
—
—
447
421
—
—
— _ — —
157
—
448
422
—
—
171 — — —
158
II, 166
449
423
425
399
450
424
—
—
451
425
—
—
452
426
—
—
453
427
—
—
454
428
—
—
455
429
—
—
456
430
—
—
457
431
— 32, 32
-
-
III. 10S
III, 103
-
-
1) Hinter dieser Erzählung
steht der Päda :
samsargajä dosagunä
bhavanti.
2) Fehlt in D.
Hertel, Das südliche Paucatantra, etc.
43
II.
Buch.
Som.
| Ksem.
Syr. |
SP
1 Hit. 1
Pürn
Schm.
Simpl.
Sär. |
B 1
II
1
—
—
33,2
1
1
1
1
1
—
—
—
—
—
2
2
2
—
—
—
—
—
—
3
3
4
3
4
129
4
5
*6
*
5. 172
III, 169
6
r, ioi. io2
5. 151
III, 151
6
*V. 73
Die \
zwei
ögel mit
Hälsen.
-
Pahl.1)
4 LXI, 69
5
6. 119
34,17
34, 25
34.27
34,30
34, 31
L28
8. 135
— 9
Cf. 8
Cf. 9
I, 204
1.205
10
11
Schi. 1.34 12
4 1,37
5 1,38
6 1,39
Pahl.?3)
34, 45
12
9. 124
10. 109
10
11
11
12
f 12. S4
I, 232
13 77
I. 220
Im. 49
III, 42
13.I/22S 14.1,216
14.1.229
15.1,217
15
16
16
17
17
18
18
19
19
20
20
21
21
22
22
23
23
24
24
25
25
26
26
27
1) S. Anmerkung zu der Parallelstelle in Sär.
2) Die Strophe lautet: aklesäd iva cintitam upatisthati siddham eva
punyavatäm | uddlyäpunyavatäm gacchanti Tcapotakäh jmsi/u Eine
äkh yä n <t - Strophe!
3) S. Anmerkung zu Sär. II, IG.
44 Hertel, Das südliche Pancatantra, etc.
II. Buch.
Simpl.
Som. Ksem. | Syr. | SP | Hit. | Pur?. Schm. | B | H~"
111 . tu — — 111.45 1.305 111.200 27.1,281 28.1,265
23 28 29
20 — — 35,25 U 1,66
21 IA1.7 4 35,24.28 8 1,40
22 LXI,75 35,33 9 [,61
p™ 10 [j62
23 — 35,37 11 [,63
is 12 -
36,11 131) 1,65 24 29.111,24 30.111,11
20 35, 25 14 1, 66
26 15
27 — - 36,15 16
— — 25 30 31
26 31 32
28 36.17 17 {>H™{ 35 42 43
2'.t — — — 18 11,135 27. IT. 13 32.IV,14 33. IV. 14
28 33 34
— — — — — — 29 34 35
30 — — — 19 1,56 — — —
31 — — Pahly-i 20 1,68 —
36,23 21 ^ 30
— — — — F I. 14S 31 —
32 35 36
33 36 87. I. 11(
37.1,115 38.1,1 *
— — — — — — 34 38 39 "
IV, 12 39. IV, 13 40. IV, J
— 1,106 40.1,114 41.Il};
41 12 "
2S - 36.17 17 ?'!??£' 35 42 48
1. 85 Schi.
— 36 43 II
— 37.1,141 1.164 1,159
37 87.17 — — 38 — —
— — 44 45
Cf.50,13 27 39. IV. 11 45. IV 12 46. IV, 12
40 46 ' 47
41 47 4^
1) Dahinter EF: sämavadas sakopasya tasya pratyuta dvpi\F pa\hth I
prataptasyeva saJ/asä sarpisas toyabindavah ||
- 8. Anm. zu Sär. II, 31.
Strophe lautet in IM:
satäm präptapadam mitram ity ahur vibudhä janäh \
balät tvara mitratärn prüpto mama tvarn (srnu tatra vak ||
Wieder eine älchyäna-Stro^he.
Hertel, Das südliche Pancatantra, etc.
II. Buch.
45
Simpl.
Sär. | Som. | Ksem. ] Syr. | SP | Hit. | Pürn. Schm. | B H
— [22-24]') — — — —
35 — — 37,15 " 25 — — —
— — — — —— 48 49
— 19 50
B6. 43 ' — — — 29 — — — —
37 — 37,17 — 38 — _
38 — — 37,22 26 42 50 51
— 43.V.58 V.7S V..-)fi
19—42 — — _—__ _ _
Lücke
1,14
43.3«
LXI.118 — 4,40 1,18 11,12 1,37 bhl.lS 51.121 11,106
— — — — — — 53 52
— — — 44 54 —
— — — 45 55 53
IV. 17 56. IV, 19 54. IV, 19
— — — — — 57 55
46 58 56
— — — — — 47 59 57
[27]*) — 39. IV. 1 1 45. IV. 12 46 I V. 1 2
Hiranyakas Erlebnisse.
44 — ' — — —
—
— — — — . —
—
*45.50 -*XVT,410 *39.10 *30
—
Enthülsten Sesam für unenthülsten.
^ *Ä SS' *39'26 *31
*I, 12
Der allzugierige Schakal.
47 — — _ _
1- — 39, 15 —
-
Hiranyakas Erlebnisse.
48
60.1,253 58.1,239
49
61
59
50
62
—
51
63
60
52
64
61
*53
*56. 7^
*62
Enthülsten Sesam für unenthülsten.
54
—
—
55
66
63
56
67
64
—
68
—
—
69
65
—
70
66
.i,
71
67
58
72
68
»59
*73.77
*69 ;
D
sr allzugierige Schale
3tl.
60
—
61
74
stark ab.
1) Fehlen in ABC E F.
2) Fehlt in A B C E F.
3) Die Lesarten weichen in den älteren Fassungen von denen der jüngeren
46
Hertel, Das südliche Pancatantra, etc.
II. Buch.
Simpl.
—
— —
— —
_ —
32 ')
..... LXI, XVJ
"4" 105.*100 419
*39, 26 *31
49
50. «45
- -
— —
*30
— —
— —
- -
40-41 Z.lu^V)
- -
41, 17 33
41,20 32, Z.3f.2)
— —
Cf.
41,28-44
LXI.116? —
LXI.118? —
41, 24 Cf. 34
Cf. 41, 28 ff. 35
36
51
| Lücke
52
53
54
M 1 1 1 1
M 1 1 1 1
Wolff
1,167, 5 usw. "
37
Cf. 41, 28 ff. —
— 38
- [39] 4)
Hit. |
Purn. Sc!
m. | B
H
62
75
70
—
63
76
71
Cf. Sohl.
1,158
*I, 123
*59
77.*73
*69
Intr. 17
64
-
—
*53
78. *65
*62
65
79
72
66
80
73
III, 181
III, 172
—
67
81
74
—
68
82
75
I, 93
69
83
76
f 84. 12
77. 13
—
70
I, 232
1, 220
Uli, 19
111,42
1,95
—
1,3
1,3
1,94
71
85
78
—
72
86
79
73
87
80
74
88
81
—
89
82
_
—
90
83
_
75
91
84
—
76
92
85
—
77
93
86
—
78
—
—
79
Cf. I, 96
80
—
—
97
81
V, 26
—
82
—
83
—
—
—
[84] 3)
—
—
—
85
—
—
z
86
z
1, 102
89
—
—
—
—
—
—
1) In EF ist das Metrum zerstört: vyadhas caikadinam dve dine
mrgasükarau ksutksämärtham idäräm täm dhanurjyäm bhaksayisyämiti ||
2) Hab. hier nochmals 32; es ist falsch gezählt, und ausserdem sind zwei
Strophen als eine gerechnet!
Fehlt in bh.
■i) Fehlt in ABCEF.
Hertel, Das südliche Pancatantra, etc.
47
II. Buch.
Simpl.
Som. | Ksem. | Syr.
SP
.7.)
70*)
71
41,28-42 40^
41,44 —
3S
Hit.
I, 103
1, 102
_ _ 40,6 42 f.1)
— 44
- 42, 3 [45] 2)
Joh. v. C.
152, 13
Joh. v. C.
[46] 3)
47
[48]*)
42. 32 49
-
-
—
-
—
—
—
72
73
-
42, 37
50
I, 114
I, 104
I, 105
1,107
1, 129
1,109
1,110
I, 113
Purn.
87
88
89
90
91
93
*Ü4
94-98
99
100-102
103
r 104
I, 205
1,420
87-91
92-94
95
96.1,194
405.106.109 —
Was der Mensch haben soll.
95 107
96 108
109*105
106
*94
98
162
100. V, 61
101
102
103
104
105
106
107
117
—
152
133
159
V,S1
139
V. 59
1.10
1) Eine Strophe!
2) Fehlt in A 15 C.
3) Fehlt hier in ABC, die die Strophe übereinstimmend mit Sär. und
Pürn. hinter SP 55 geben.
4) Fehlt in AB.
5) = Paiic. Simpl. ed Kos. II, 161.
48 Hertel, Das südliche Pancatantra, etc.
II. Buch.
Simpl.
Sär. |
Som.
Ksciii
1 Syr. |
13, 11
SP
Hit. |
Pürn. Schni. | B |
H
74
51
108
75
—
—
43, 11
—
_
109
—
—
7.;
—
—
—
52
_
110
—
—
—
—
—
—
53
—
—
—
—
—
_
54
[,52
—
—
77
—
—
43,24
55
!. L28
111
—
—
7-'
79
_
41» -
I. 129
117
_
80
—
—
—
56
Cf. 118
—
—
31«
—
—
—
">7
1,130
119
—
—
'
[58] *)
1,181
—
82
_
—
4:'., 34
59
1, 132
112
120
105
83
—
—
—
—
146
140
124
84
—
—
13,38
60
1,133
113
—
—
—
—
—
—
60a5)
11,5
—
—
—
—
—
—
—
61«)
ab=Hit.
_
—
—
62 6)
[63]')
1,134 cd
—
—
—
—
ab=Hit.
1.134 ;ib
—
—
—
85
-
-
arab.
Recension
64
1, 135
114
115
116
-
-
86
—
—
Joh.v. Capu?
154, 5
[65]*)
11,4
—
—
7!»
—
—
46
1, 129
117
_
—
er. SO
—
—
_
Cf.56
—
118
—
—
Sl
—
—
—
57
1,130
119
120
—
—
-7
—
—
121
—
•-
—
—
43, 28
66
1,136
122
—
—
89
—
—
_
67
123
—
—
90
91
92
-
-
68
124
-
93
94
95
-
=
-
136
125
110
96
—
—
43, 40 p
443,18f.
125
—
—
97
—
—
43,43
69
1, 138
126
114
—
98
—
—
—
—
127
—
—
1) Ind. Spr.2 4369.
_' Die Strophe fehlt in A B C an der ersten Stelle, ist aber an hiesiger
Stelle in denselben Hss. vorhanden. ABC stimmen hier also zu Sär. und
Pürnabbadra. E F wie G D.
Sechs Päda!
4) Fehlt in B.
5) Dahinter C den HalbAloka : sarii/pathärno na seveta padavvm Tchala-
sevitäm
6) In A B C umgestellt. EF haben als einen Sloka Gl cd -f- 62 ab,
während 61 ab G2cd fehlen.
7 Fehlt in A HC. 8) Fehlt in D.
Hertel, Das südliche Paucatantra, etc.
49
II. Buch.
Sär. | Som. | Ksem. | Syr. | SP | Hit.
99 - — —
100 — — — —
116 — — —
82
1,11
*101
LXI, 1.
43.43
43, 31
4,40
69
59
1,18
1, 138
1. 132
II, 12
Der
Weber
Somalika
95
l,s
Intr. V.
1.13
Simpl.
Purn.
128
129
130
131
132
133
126
1,140
112
1,37
*134
Schm. | B
bh 1. 18
15S
13S
—
140
110
97
111
—
112
98
113
99
114
_
115
100
116
101
1,401
I. 379
117
102
118
103
1,163
1, 15S
119
104
120
105
121.51
106
122. 148
*107^
135. 8
136
137
138
139
140
141
142
443. 150
Der Weber Somilaka.
123
124. 9
125
126
127
128
129
130
1,361
131
132
133
134
V.37
135
*136
\ 145. 146
108
109. 10
110
111
112
113
114
115
1,341
116
117
118
119
«120
Der Schakal und die Stiertestikeln.
144
I, 15
145
146
147
1 18
137
138
1,25
139
140
141
142
143
121
122
I 22
123
124
125
126
1) Die beiden ersten Pada lauten in II:
vancito vidhinä labdhadha/no 'pi
Bd. LVIII.
dhitodyamah
50
Hertel, Das südliche Pancatantra, etc.
| Som. | Ksem. | Syr.
121
103
104
105
] Uli
107
108
109
110
111
Lücke
112
113
114
11.
II. Buch.
1 I
Simpl.
1 1 it.
116
117
118
119.6
L20
121
Purn.
149
151 x)
*143
Schm. | B
144
145. *136
146
177
Z.ll1)
15'2
153
154
155
156, fehlt in A
157
158
?0.86a
71
Intr. 19
IV, 19
I, 140
43,45
44.4
1,3
B 1,6
I. 142
159
I. T25 -
— 160
161
*134
I.11S 1,2
48 1. 110 162
130
155
H
127
120
14'
128
148.*122
*107
149
129
150
130
151
131
—
132 2)
152
133
153
—
154
134
155
135
156
136
157
137
1 i So bei Schmidt versehentlich gezählt. Statt 151 müsste es 150 heissen,
und die nächste ungezählte Strophe wäre mit 151 zu bezeichnen.
2) Die Strophe lautet: dltanüdikesu vidi/ante ye 'tra mürkhäh. sukhä-
srayäh ! taptü [beide Hss. tapta] grismena sevante saityärtham te hutäsanam
.>ar.
122
123
124
125
126
127
71
128
129
130
Hertel, Das südliche Pancatantra, etc
II. Buch
Som. | Ksem.
Syr. | SP
Hit.
ntra, etc.
51
Simpl.
Pürn. Schm.
| B | H
132
158 138
.
_
159
139
133
—
140
—
—
—
1. 237
160
III. 6
141
—
161-163
142-1
163
—
—
43,7
_
_
164
—
—
165
—
—
44.18
74
r, 150
bh
—
—
14,14.21
7<i
r. 151
166
77
—
-
-
-
167
168
*169
—
—
111.31
in, 14
Intr. 32
Die Mäuse
befreien die
Elefanten.
170 Cf.IlI.Sl
111,83 III. 7.
45. 26 —
171
172
174
175
176
Cf.
XYI.430
164
145
165
146
—
147')
166
148
167
149
168
150
169
151
5.172
5. 154
IM. 169
III. 152
Citran.
Erzähl.
131
132
133
134
135
136
137
Citran.
Erzähl.
p. 446,
Z. 16 f.
Citrangas
Erzählung.
Intr. 27
Intr. 31
!)S bh
.'!!'
170
>35
i Die Strophe lautet : subhäsitamayam dravi/a[m]samgraJiam na Icaroti
yah | sa hi prastävayajnefu kam pradasya m ti daksinäm
Hertel, Das südliche Pancatantra, etc.
11.
Buch.
Som.
| Ksem
1 Syr. |
SP
Hit.
Purn. Schm.
Sin
pl.
Sar. |
1 B 1
H
_
171
153
129
-
—
—
-
4
172.5
III, 169
154.5
III, 152
—
—
—
—
;78 '
—
—
173
155
138
|.\ 35
179
174
156
L39
—
—
—
—
—
ISO
—
_
11»»
—
—
—
so
—
181. 1,93
1.341
1.98
141
—
—
45, 39
79
—
182
_
_
—
—
—
15,38?
—
11, 112a
183
184
—
—
1 l'J
—
—
46,3
81
1,164
185
175
157
—
—
—
82
I, 165
—
—
—
—
—
_
—
—
—
176
158
14<;
—
—
—
«4 cd
—
104
177
—
151
-
-
-
85
-
186
178
159
IV. SS
143
-
-
Keith-F.
12G, 24
-
-
ls7
-
-
144
—
—
46,6
—
—
—
—
—
145
146
147
148
140
150
151
1 52
Lücke
bis
zum
Schluss
des
Buches.
83
1,166
188
189
190
191
192
-
p. 447,
25 f.
I, 167
193
-
84
-
194
46, 13
f. 46,18
85
-
ISO
-
86
IV, 2
I, 169
195
|sc,a -
Intr.19
70
IV, 1 »
—
[BT]«)
—
196
—
197
—
198
47,4
199
177
178
179
159
IV, 88
160
180-185 101-
1 Fehlt in ABC E F. Die Strophe stobt iu einem sicher interpolierten
Prosastück. Siehe oben S. 13.
2) Fehlt in ABC E F.
Hertel, Das südliche Pancatantra, etc.
53
III. Hucb.
Simpl.
Sär. | Som.
Ksem. | Syr.
— *60, 6
Purn. Schm.
*1
; fehlt in bh1)
i 11.25
11 II. 13
1.117
IV. 25
Cf.IV,28
IV, 32
IV. 23
IIL64
IV, 30
I. 65
I. 237
6
7
8
9
10
11
I, 331
12
13
I. 202
14
15
16
17
18
19
II, 21
20
21
22
23
24-34
35
36
37
3*-41
11.70
42-45
40
47
48
49
50
51
52
-l
2
1.233.364
4
II
*1
2
I. 221
344
4
3
6.111,160 III. 141
ö
9
10
11
12
13
14
15
16
I. 226
17
18
19
20
21
22
23
24.11.29
25
26
27. 135
28
29.1,327
30 1"
41
42
43
44. 127
1,311
15-48
f 49
1.232
[11,12.84
.-,0 53
54. 60
5!»
55
56
57
58
61
02
12
13
1.214
14
15
17
L8
19. IL 30
20
121
21
22
23 33
34
35
36
37.114
I. 294
3^-41
42
1,220
11.13 77
4::-4r,
47
48
49
50
51
52
5:1
51
1) In A fehlt ein Blatt, Str. 1—15, erstes Wort ine).
5 4 llcrtel, Das südliche Pancatantra, etc.
Simpl.
Sär. | Sora. | Ksem. | Syr. | SP \ Hit. | Pürn. Sei
in
I.IICII.
Syr.
1 sp i
Hit. |
Pur»
.
54
55
—
_
56
—
—
—
57
—
—
_
58
.
59
—
60
—
—
—
61
3
4
[5]1)
—
62
-
-
—
[6]1) 1,4
11,16
1,6
7. 1. 76
II. 132
—
— P
.451,13ff.
o
) -
—
61. 25 ff.
o
Pahl.8)
—
—
—
61, 39
65, 1
9. 33
cf.m,8
S4
Pahl.3)
—
—
_
61,42
10
11
_
—
12
Z
61,42
10
13
14
—
—
61,43?
-
-
61,45
15
16
_
—
Pahl. ?3)
-
Pahl. ?3)
—
—
—
17
_
—
18
_
—
194)
IV, 52
—
—
20
21
—
—
23 - - 62,21 [22] 5)
24 — — 20
1 B
H
63.145
55. 130
64
56
65
57
66
58
—
59
67
60
68
61
69
62
70
63
71
—
3 —
43 —
5 —
9 —
6 —
8 —
28 —
24 —
18 —
22 — — — — 1.119 126 125
1) Fehlt in AB CD El'. 2) Hinter dieser Strophe haben
ABC den Sloka SP Hab. I, 49. 121 = Hit. II, 115. IV, 19.
.; i Siehe die betr. Bemerkung zum Texte des Tanträkhyäyika!
•1 1 In C und D beide Päda umgestellt. In E F 17 hinter 19. 5) Fehlt in A.
Hertel, Das südliche PaTicatantra, etc.
•III. Buch.
55
Simpl.
Sar. | Som. | Ksem. | Syr. |
*35
SP
— Pahl. —
Hit. | Püra. Schm. |
II
Der Esel als Tiger
verkleidet.
62
83
l!)1
62
36
—
62
30 V
—
63
3
23
24
25
26
*27
D. E. a.
T. v.
*nr. 9
Die Vögel wählen einen König.
36 LXII.27 — —
37 — — 63,3-1 28
*38
*63, 38 *29
Hase und Elefant.
39LXII,34cd
35 ab
40
41 —
64, 22 ff.
64. 25
Joh. v. C.
172. 19
p. 454.
21 ff.
30
42
13.4
64,3!
65, 1
61, 39
31
32*)
33.9
»in, io
III. 14
in. 15
n ni.s
Die Vögel
wählen einen
König.
63
—
_
—
64
64
72
65
—
73
66
65, fehlt
nbh
—
66
74
67
67
,'<
68
68
76
69
60
77
70
70
78
71
71
79
72
80
72
73
81
73
*74
*82. 90
*74
Hase
und
Elefant.
76
78
79
SO
81
II, 170
83
7">
83, fehlt
in bh
—
—
34
—
1) In C und D beide Päda umgestellt. In EF 17 hinter 19.
2) In D nur die ersten zwei Päda.
56
Hertel, Das südliche Pcincat antra, etc.
III. Buch.
Simpl.
Sär. |
Som. Ksem. | Syr. |
SP
| Hit.
Lücke. — — —
I. 107 22, IS
1, 105
1,115
1 1 1
1 1 1
1 1 1
Lücke
-
1,31
*38 — —
*29
*19
k LXII,4665'25
*34
-
s r~
Rebhuhn, Hase und Katze
—
—
44
35
=
45 — —
-
-
— — XVI, 463 —
—
-
Cf.LXII.
54 cd
-
-
46 Cf-^(J1, - 66>21
36
—
47 66, 24
48 — XVI, 463 —
49 66, 29
50
37
38
39
1,49
IV, 13:
51 66,41
52 LXIL.59 - 67>10
*34
40
-
53
»54
— 67, 12
— Cf.67,15
—
—
Die
hinter-
listige
Kupple-
rin.1)
- - -
-
| Pürn. Schm
1 B
1 H
84. 1, 355
76
—
85
—
—
86.1,356
—
—
87.1,204
77.1,193
—
88
7*
—
89
79
*74
90. «82
-74
*85
*91. 110
*80
Rebhuhn,
läse und Katze.
86
92
81
87
93
82
88
89
94
83
90
95
84
91
—
—
92
96
85
93
97
86
94
98
87
95
99
88
100
89
96
101
90
97
102
91
—
103
92
98
104
93
99
105
94
100
106
95
101
107
96
102
108
97
109
98
1,407
I, 402
I, 3S0
IV, 21
IV, 23
IV, 22
*S5
110. «91
*80
103
111
99
104
112
100
105, fehlt in bh
_
106
113
101
107
=
-
-
1 i Syr., Übersetzung S. 9.
Hertel, Das südliche Pancatantra, etc.
öl
III. Buch.
sar.
55
56
57
| Som. j Ksem. | Syr.
SP
Hit. j Pürn. Schm. |
108
1, 157
Simpl.
*°9 »61.69
13
69. 4. 8 —
69,19
[44]*)
[45]«)
[46]*)
[47]5)
*109
114.11!
102
Der
110
111
112
geprellte Brahmane.
115 103
116 104
117 105
*109
118.*114
*102
113
*114
119
106
Ameisen und
Schlange.
115
116
117
118
119
120
37
121
122
*123
120
107
121
108
122
109
123
110
124
111
125
112
126
113
27.44
114.37
.311
I. 294
Brahmane und
Schlange.
*124
Die gold. Vögel.
*125
15(1
139
140
Der fromme Tauber
126-174«)
1) Eine in allen Fassungen sehr verderbte Upajäti-Strophe.
2) Fehlt in A D E. 3) Fehlt in F.
4) Fehlt in E. In A D C von 45 nur c d, in A B C D F von 4G nur c d.
5) Fehlt in A. 6) In bh 135 und 136 umgestellt; IT') 17 2
incl. fehlen; 173 in Prosa, 174 mit anderen Lesarten.
;.s
Herlel, Das südliche Pancatantra, etc.
III. Buch.
Sar. [ Som. | Ksem.
Syr. |
*69, 31
70,1
SP
*t.li
Der alte Mann, seine junge
Frau und der Dieb.
Cf.62,822)
*70, 6
^O]1)
Brahmane, Dieb und Eaksas
69.*68 — — —
Cf.
,U j
jXII, 100 ~
p
*lxh,
104ab —
-71.1 *51
llfiab
Der betrogene
Ehemann und
sein schlaues Weib.
Simpl.
Hit.
[48]1) -
| Purn. Schm.
*175. 179
*176
Der alte Manu,
seine junge Frau
und der Dieb.
177
17*
179*175
i B |
*IV,76.
79. SO
IV, 77
IV, 78
IV. 7!)
*76.80
H
-IV.
63 66
IV, 64
IV, 65
IV, 66
-63
-ISO
B. D. u. R.
181
*182
Die Königstochter
und der Prinz mit
der Schlange im
Leibe.
183
-111,24 *184
*IV,4S54 IV, 42
D. betr. Ehem.
u. s. schl. Weib.
185
186
187
IV, 51 IV. 44
IV, 52 IV, 45
IV. 53 IV. 46
-74
— -72, 37
*52*)
—
Die Maus als Mädchen.
-
75
53<)
76
541)
—
—
188
189
-l'.HI
-IV.5H.75 -IV. 4*
D. Maus a. Mädch
191-197
198
199
200. 1, 305
201
I, 281
11,27
I, 265
11,28
1) In G eine offenbare Lücke, durch die 48 cd und 49 ausgefallen sind.
In A fehlen die Strophen 47 — 49 und mit ihnen die Erzählung. In E lauten
die beiden letzten Päda von 48: atas corupi hitäkrt sarvadrapyäpahäry api.
49 fehlt in E. In P fehlt 50 cd.
2) Die Uberschriftsstrophe steht aber bei Som. vor der vorhergehen-
den Erzählung. 3) Kurz hinter dieser Strophe bricht das Ms. C ab.
4) Infolge des Verlustes zweier Palmblätter fehlt in G die ganze Strophen-
reihe 53 — 72. Da aber an ihrer Zugehörigkeit zum Texte nicht der geringste
Zweifel bestehen kann, habe ich sie oben nicht eingeklammert.
Hcrtel, Das südliche Pancatantra, etc.
59
III. Buch.
Sär.
Ksem. | Syr. |
— Cf. 73, 15
er. 73, 17
SP
1, 126
I. 331
1.117
65
Purn.
202
II, 129
;,:,',
*203
Der Vogel, dessen
Kot in Gold bestand
1,376
IV. 64
IV. 67
1,265 IV. 10
Simp
Schm. |
128
115
129.1,37-
116
130 L33
117-120
134
—
135. 27
121
136-319
122-125
140
126
IV, 112
IV. 95
141
127
142
128
143
—
144
129
145. 63
130. 55
146
131
147
132
IV, 118
IV. 100
148-152 133 137
153
—
154
138
155
139
156
14H
157
141
IV. 10
IV. 10
158-161
142-145
162
—
163
146
*164. 166
*147
«204.206 *164. 166
*147
Löwe und Schakal und
die
sprechende Höhle.
205 165
148
206. *204 166. *164
«147
207
167 149
208
168 150
209. IV, 22
IV. 24 IV, 23
1 - • 1
169 152
II. 4
11,5.172 11.5 .154
210
170 153
211
171 154
1) Dahinter B die Strophe: durgäni sarvärambhäni krtvä yoddhum
api dvisü \ na, simho'pi gajäkrüLntabhayäd giriguhasrayah ||
2) amitram kurute mitrarn raürara dvesti nihamti vä \ subharn vety
ahbbham väpi bhadram caiva hato narah \\
3) Fehlt in A infolge einer Lücke.
tiO
Hertel, Das südliche Pancatantra, etc.
III. Buch.
Simpl.
Sär.
81
S2
83
84
85
86
87
| Som. ! Ksem. | Syr.
74,81-44
74. 31-44
(5,8
75, 15-22
75. 15-22
7:». 25
bis in
das
4. Buch.
I.s:{
SP
[56]1)
59
61«)
62
63
64
65
EF
66
Hit. | Püni.
212
213
214
215
216
217
218
219
220
221
TU, 114 222
223
«94
*75,34 -67 *IV,65 -224
Die Schlange als Reittier der Frösche.
95
— 226
;68]<)
Der durch Schmelz-
butter erblindete
Brahmane.
172
173
174
175
155
156
157
158
159
162
163
160
161
1643)
165
76, 48
69
228
166
229
176
167
177
168
77. 2
70
71
[72p)I,81
—
230
178
169
1,288
—
—
78 '')
—
231
179
170
77, 24
74
—
—
I, 206
1,190
Cf. 77, 9
iO
—
232
180
171
—
76
—
283
—
—
77,30
—
—
234
—
—
—
—
—
235-238
—
—
77,42
—
. —
239
—
—
—
—
—
240
—
—
1 In E F hinter 58, also wie in den anderen Paficatantra-Fassungen.
2) Sollte 60 sein. In HaberJandts Text falsch gezählt!
3) apamänam puraskrtya(l) mänam krtvä tu prstatah | svärtham
samuddhuret präjnah svärihabhrams'o hi mwrkJiatä |]
4) Fehlt in ABEF und natürlich G. ABEF haben sodann folgende
Strophe: varam fivrämnidhvasto bltavec chara(v. 1. chailä)hato 'pi vü \ na
vipraääpanirdagdho jantur bhüyät kathamcana |j
5) Dafür A B E F die Sragdharä-Strophe : lo'ham hau desakidau sama-
visarnagunäli kr. dvisah ke sahüyüh, kä saktili ko 'bhyupäyah kulam api
in I. iyat lädrii dawasampat \ sampattau ko'nubandhah pratiltatavacana-
syottaram kirn ca rne syät, ity evam käryasiddhäv uvithitamanaso näva-
fädanti santah || (Nach EF; AB haben einige Varianten).
6; Fehlt in D.
Hertel,
Das südliche Pancatantra,
etc.
61
III.
Buch.
1 SP |
Hit.
| Piirn.
Sehm.
Simpl.
| Ksem. | Syr.
| B ] 11
241
V. 67
— —
TT
—
242
y,6s
— 78, 24 ff
—
—
243-245
—
78l)
- -
-
II. 66
181 1T2
II, SO II. 73
—
182-184 173-175
Ein alter
Schwan
rettet eine
schon ge-
—
—
—
—
— —
fangene
Schar von
Schwänen.
Cf. 48, G
Cf. 50,13
11,20
IV. Buch.
12) —
1
2
3
4
5
6
7
8
- -
9
103)
l. 265
II. 27
11
11,39
- -
12
II, 18 II, 135
1,106 cd TV -fi
= Pürn. V'cu
13
II. 27
*14. 28
IV. 14a b
wie SP
1
1
2
2. I. 225
3
3
4
4
5
•">
6
<;
T
T
8
8
9. 1, 260 9. 1. 207
10
10
III, 157
III, 141
11
11
12
12
11.45
ii, 4<;
13
13
II, 39
11,41)
14
14
11.32
11.33
*15.30 *i;
Froschkönig
und Schlange.
15
16
16
1,356
1.336
[,318
—
IT
IT
16
18
1^
IT
1'.)
11.56
19
II. 54
1) Dahinter haben G ABEF noch die oben S. 9 mitgeteilte Strophe.
2) Dahinter A eine korrupte und unvollständige Strophe , beginnend
pitu 7nrtäs[\] sarvvavidyäpi nastä || 3) Fehlt zufällig in bh.
62
Hertel, Das südliche Päncatantra, etc.
IV. Buch.
Sär. Som. | Ksem. | Syr. | SP | Hit.
50. 2
Der be-
strafte
Zwiebel
rlieb.
168,21 f.
11,86
3
4
5
6
Cf. 52, 26 *7
Der Esel ohne Heiz und Ohi
•en.
Lücke —
bis kurz - — —
81)
vor
Schluss
des
Buches.
D. T.
a. K.
Simpl.
Purn.
Schm.
1 B
H
18
20
19
21
20
20
22. 113
21.96
21
23
22
22. III,
209
24
23
23
25
24
—
26
25
24
27. V, 42
26
25
—
—
26
28
27
27
29
28
28
30
1, 169 II, 195
11.179 11,160
•31,86 *29
Der
Esel
ohne
Herz und
Ohren.
29
32
33
30
31
30
34
32
31
35
33
32
36. *31
»29
>:■;:;
-:'m
*34
Der Töpfer als Kriegsmann.
»34. 39 *38. 43 *35
Der Schakal a. Pflegesohn d. Löwin.
35-38 39-42 36-39
39. *34 43. *38 *35
MO
>102. 103
Der Brahmane und seine
treulose Frau.
*41
Zwei Weiber-
knechte.
42
*43
44
*45. 46
1) Dahinter B die Strophe: hastau danavivarjitau sridijmtau särasru-
tadroMnau, netre sajjanadarsanena vimukhe pädau na (irthägatau \ anyä-
yärjüavittapürnam udaram ga(rv)ena tungam siro, bhrätah Icuklcuta munea
munca sahasä räcasya nindyam vapuh
Hertel, Das südliche Faficatantra, etc.
63
Som. | Ksem. | Syi
IT. Buch.
SP | Hit.
*HI, 51 *III. 24 *III, 184
III. 1S5
— III, 186
III, 1S7
IU, 51 *III. 24 III 1S4
Simpl.
Pürn. Sehm. | B
H
Der Esel als Tiger verkleidet
1 Isvara u.
1 seine vier
1 Eidame.
-
-III. 74
-III. 52
III. 190
*m, 74
-III, 52
-III. 48
-III, 48
III. 102
-in. i;m>
«HL175.179
III. 177
III. 17S
III. 17!». 1
III. 136
44
45
46
1,11)7
47
«48.54
*42
Der betrogene
Ehemann
und sein
schlaues Weib.
49
43
50
—
51
44
52
45
53
46
54. *48
*42
55
47
-56. 75
*48
Die Maus a
. Mädch.
57 (',1
49-53
-62. 63
*54
Die Kleider der
Heiligen.
64-68
55-59
69
—
70
71
60
;•_>
61
74
62
75. »56
*4s
76.79.80*63.66
Der alte Mann, s.
j Frau u. d. Dieb.
78
79.80*76
64
65
66. *63
sl
32
67
68
83
69
-1
70.71
=55
72
—
7;!'
86
1. Ulli
1. IM
l) Die Strophe lautet: viävascmti [so II; l visvasamti na kasyäpi
ähyäjnänä nitambini \ gurpjäphalasamah satyam svabhavo yositah parah
64
Hertel, Das südliche Pancatcmtra, etc.
Sär.
IV. Buch.
Som. | Ksem. | Syr. | SP | Hit. |
Simpl.
F —
II 151
11,85
Cf. III, 5
Pürn.
Schm.
1 B
11
47
88
74
—
89
75
48
90
76
49
91
_
*50. 52
«92. 94
*77. 79
Di«
betrogene Buhlerin.
51
93
78
53
95
80
11. 180
II,17S
81.11,159
54
96
82
«55
*97. 101
«83
*I, 390
*I, 307
—
Affe und
Vogelnest
Cf. III, 6
56
98
1,391
84
I. 868
57
99
85
1,346
I, 314
I, 297
-
58
100
I, 392
101. *97
86
I,3Ö9
*83
*55
*III, 40
*I, 103
1,307
—
*102. 10:~
Der Brahmane ur
d seine
treulose Frau.
*87
el. I1)
—
*59
n04. io:
_
1 Das unvorsichl
tige Kair
106
88
89
90
_
60
107
61
108
—
1,247
I. 233
_
_
91
—
*62
«109.114
*92
Der schlaue Schakal.
—
110 93
63
111 94
64
112 95
111,140 111,126
113. 22 96. 21
20
«62
114*109 *92
65
115 97
*66 *
116.117 *98.99
Der Hund in der Fremde
[9]2;
118
III, 147
100
III, 132
1) Str. 59 und die Erzählung sind Purnabhadra abzusprechen. Sie stehen
nur in der aus Simpl. interpolierten Hs. K. 2) Fehlt in A B E F.
Hertel, Das südliche Pancatantra, etc.
V. Buch.
Sär. | Som. | Ksem. | Syr. | SP | Hit. |
Simpl.
*3
Cf.
LXIY, 13
*1 — *53, 6
Pürn. Schm. | B |
*1.12 -1.17
Die beiden Mörder
2
2
2
3
3
—
4
4
3
5
5
—
—
6
4
6
7
8
9
5
z
6
7
10
7
8
11
3
9
12
9
10
13
11
—
14
10
11
15
12
m
16.83
61
12. *1
17. *1
*13
»18
»13
—
Ichneumon und Brahmanin.
14
19
14
—
20
21
*15
*22
*15
Die vier Schatzgräber.
—
23
16
24
16
17
25
17
11,81
26
_
18
—
—
19
20
1,2
r is
19
21
22
23
1,17
I. U
I. 15
/ 20
\I, 15
/ 21
|I, 12
I 22
[l, 13
24
25
I. 13
f 23
11,11
24
26
27
1,18
2:»
26
•2s
27
27
—
28
—
29
29
28
30
30
•".i
Bd. LVIII.
66
Wertet, Das südliche Pancatantra, etc.
V. Buch.
Sar. | Som. | Ksem. | Syr. | SP | Hit. | Püni. Schi
31
Simpl.
B
1,53
IV,131
I, 350
32
*33
31
32
33
34
1,33»
35
*36.3
30
I, 312
31
»32
Die Gelehrten, die den toten Löwen
beleben.
II, HS
*38
II, 134
38
39. *36 *3!
IV, 24
*40. 30
Die Buch-
gelehrten,
41
42
IV, 27
43. *40
>34. 36
44
I, 20. 323
*45. 50
IV. 26
1, 17. 306
*33. 35
I, 344
Die dummen Fische und der kluge
Frosch.
46
1,158
47
33 48 34
49
36. *34 50. *45 35. *33
*37. 45
*51. 59
«36
38
39
40
41
42
43
44
45. *37
Esel und Schakal.
52
53
54
55
56
57
58
59. *51
37
38
39
40
41
42
43
44
«36
*46
*60. 70 *45
Der Weber mit zwei
61
47 62
48 63
49 64
Köpfer
Hertel, Das südliche Pancatantra, etc.
67
Sär.
Ksem. | Syr. | SP |
- m,7:
— *53, 23 *2
Buch.
Hit.
Simpl.
Der Vater des Somasarman.
| Pürn. Schm.
B |
H
50
65
48
51
66
49
III, 241
67
III, 242
68
—
52
69
50
*46
70. -60
*45
*53
*71.72
*51
Der Vater des
Somasarman.
*54
^73. 86
*52
Die Rache
des Affen.
55
74
53
56
75
54
57
76
00
_
77
—
58. H, 43
78
56
59
79
57
60
80
58
61. II, 100
-1
59
62
82
60
63
83.16
61
64
84
62
65
85
63
*54
86. *73
*52
66
87
64
*67. 68
*88. 89
*65
Der Dieb, der
Eäksasa und
der Affe.
90
*69
-91. 100
*66. 72
Der Blinde, der
Bucklige
und
die Königstochter.
92
—
*70
*93. 94
*67
Der Räksa
sa und der
Brahmane.
71
95
68
72
96
69
73
97
70
75
98
99
71
—
[,258
*69
100. *91 72. *6
11,6
»101. 102
*73
Die V
5gel
—
mit zwei
Hülsen.
Hertel, Das südliche Pancatantra, etc.
V. Buch.
Simpl.
Sär.
Snin.
Ksem. |
Syr. |
SP
Hit.
| Purn. Schni.
B | H
—
—
—
—
—
— *104. 106 *75
[d. Kr. a. L.]1)
Der Krebs als
Lebensretter.
r
762)
o
r.
-
—
-
3*
-
105 77
- - - 1
D.beid.
Mörder.
D.beid.
Mörder.
—
[4]3)
5
IV, 101
1) Siebe Seite G4 Anm. 1.
2) = Koseg. V, 90, emendiert von Boehtlingk in den Ind. Spr.
3) In A mit starken Abweichungen.
Zu Band 57 dieser Zeitschrift, 639 ff.
Bei der Korrektur dieses Aufsatzes sind mir folgende Druck-
fehler entgangen:
S. 678, Z. 15 1. pacchänutappati; Z. 23 1. wie bei Pürn.;
„ 679, , 5 1. (1. ^RTT):
„ 687, „ 16 1. der Schakal.
S. 650 hatte ich nach Galanos' Übersetzung Kvcpov nagövrog
vermutet, dass die ursprüngliche Lesart nicht «g^qu , wie Megha-
vijaya liest, sondern ^5^5 war. Da mir jetzt in dem I. O.-Ms.
Bühler Nr. 85 der Sanskrit-Text vorliegt, den G-alanos übersetzt
hat, so kann ich bestätigen, dass sich die vermutete Lesart that-
sächlich in diesem findet. Ich hoffe bald nähere Angaben über
diese Recension zu geben. j ^ Hertel
69
Beiträge zur Beleuchtung des islamitischen Straf-
rechts, mit Rücksicht auf Theorie und Praxis in
der Türkei.
Von
Johann Krcsmärik.
I.
Das grösste Übel der Türkei besteht bekanntlich darin, dass
ihre staatlichen Einrichtungen überwiegend asiatischen Ursprungs
sind, während die politischen Wandlungen, oder, mit anderen Worten,
das sich entwickelnde Leben sie zwingen, sich in den äusseren
Formen des staatlichen und gesellschaftlichen Lebens den durch
die europäische Kultur angenommenen und verkündeten Ideen an-
zupassen. Ja oft liegt eben darin das Hauptübel, dass die euro-
päischen Kulturbestrebungen in der einen oder anderen Manifestation
des türkischen öffentlichen Lebens formell eingebürgert erscheinen.
Da sie jedoch infolge der hemmenden Wirkung irgend einer kar-
dinalen Schwierigkeit nicht Wurzel fassen können . zeigt sich ein
doppelter Nachteil des Versuches : einerseits verliert in der Türkei
die einen unbedingten Fortschritt versprechende Zauberkraft der
europäischen Kultur , andererseits in Europa die in die Reform-
fähigkeit der Türkei gesetzte Hoffnung ihren Kredit.
Und dennoch wissen wir, dass weder die eine noch die andere
Auffassung so im Allgemeinen bestehen kann. Denn die euro-
päische Kultur sichert nirgend einen unbedingten Fortschritt, wenn
auch ihre zahllosen Errungenschaften das Wohl der Menschheit
entschieden fördern, und andererseits ist die Fähigkeit der Türkei,
jede rationelle Reform aufzunehmen und durchzuführen, eine un-
bestreitbare Thatsache . wenn auch bisher zahlreiche darauf ab-
zielende Versuche misslungen sind.
Wollen wir nun die Regenerierungsfähigkeit des türkischen
Reiches , beziehungsweise die Möglichkeit einer derartigen Regene-
rierung beurteilen und uns über die türkischen öffentlichen Ver-
hältnisse klarere Begriffe verschaffen, so ist es unbedingt notwendig,
dass wir mit den wichtigeren Principien des türkischen Rechts-
lebens bekannt werden.
70 Krcsmdrik, Bcitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc.
Im mohammedanischen Osten hat nämlich das Recht sowohl
als Wissenschaft, wie auch als Regulator des menschlichen Lebens
eine viel grössere Bedeutung, als im christlichen Europa; denn
dorl stehl das Recht mit der Religion in engem Zusammenhang
und infolge dieser innigen Verwandtschaft werden mindestens die
entaren Kenntnisse der Rechtswissenschaft, als die auf das Be-
nahmen der Menschen im Leben bezüglichen Regeln, schon in den
Volksschulen unterrichtet.
In Europa kann man ausserordentlich gelehrt oder sonst
hervorragend gebildet sein, ohne dass man in den Rechtswissen-
schaften entsprechend bewandert sein muss. In den mohammeda-
nischen Staaten hingegen und so auch in der Türkei giebt es keine
vollkommene Bildung ohne juridische Kenntnisse.
Das Christentum befasst sich nur mit dem innern Leben der
Gläubigen; seine das praktische Leben betreffenden Lehren bewegen
sich zum grossen Teil nur in Allgemeinheiten. Es fordert wohl
von seinen Anhängern gute Handlungen und verbietet die schlechten
unbedingt, die Bestimmung dessen aber, was im gegebenen Falle
gut. was schlecht ist, überlässt es meistens dem Staate.
Darüber, welches Verhalten die Religion von den guten Christen
als Eltern , Kindern , Ehegatten , steuerzahlenden Bürgern, vertrag -
schliessenden oder processualen Parteien, von dem Zeugen, Richter,
von dem Verbrecher fordert, welche Rechte und Pflichten daher
der Mensch in diesen Lebensverhältnissen hat, lässt das Christentum
die Vernunft oft im Zweifel. Die Religion verfügt über keine
klaren Vorschriften in der Hinsicht, worin eigentlich die strafbaren
Handlungen bestehen , was Diebstahl , Totschlag , Ehebruch ist ; in
welcher Weise das Erbrecht ausgeübt werden kann; inwiefern die
Verfügungen eines Eigentümers für die Zeit nach seinem Tode zu
beachten sind. Denn das Christentum kann z. B. ebensogut mit
der Lehre vereinbart werden, dass der Erblasser das Recht hat,
über sein Vermögen letztwillig zu verfügen, wie auch mit der,
dass dieses Recht ihm nicht zusteht. Es ist möglich, dass eben
dieser Mangel des Christentums seine Hauptstärke bildet. Dies
muss wenigstens aus der Erscheinung gefolgert werden, dass die
bezüglich des praktischen Lebens bestehenden präcisen Lehrsätze
der Kirche oft Quellen heftiger Zusammenstösse waren, wie z. B.,
um nur eins zu erwähnen, die Lehre des Katholicismus von der
Unauflösbarkeit der Ehe.
Gewiss ist, dass wir uns, ohne uns in die Analyse der Sache
vertiefen zu müssen, unmöglich der Erkenntnis der Thatsache ver-
schliessen können, dass bei uns die Lehrsätze der Religion, die
Verfügungen des Rechtes und die sociale Auffassung viel heftiger
miteinander in Widerspruch geraten, als dass hieraus nicht eine
Verwirrung der Begriffe erfolgen sollte. Man entbehrt in seiner
Denkweise und in seinen Handlungen der notwendigen Grundlage,
wenn man bei der Erkenntnis des Guten und des Bösen einen
Krcsmärik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc. 71
sicheren Wegweiser vermissen ruuss. Erfahrungsgemäss besitzt das
Gute nicht immer in sich eine beglückende Wirkung, sondern oft
vielmehr in jener Überzeugung, in jenem beruhigenden Bewusstsein
des Menschen, dass etwas thatsächlich als gut zu betrachten ist.
Wie soll man aber zu dieser Überzeugung gelangen? Durch
den Verstand keineswegs, denn der Verstand ist ein sehr trüge-
rischer Wegweiser und wenn wir sehen, dass selbst kluge Menschen
oft in ihren Folgerungen zu entgegengesetzten Resultaten ^elanaren,
so ist es unmöglich, dass der denkende Mensch sich auf die Thätig-
keit seiner Vernunft vollkommen verlasse. Die zügellose Thätig-
keit der Vernunft führt in ihrem Endresultat leicht zur Anarchie,
während doch das menschliche Zusammenleben ohne gewisse Ver-
einbarungen von zwingender Kraft nicht möglich ist.
Der Europäer steht bei der Erkenntnis des Guten und Bösen
unter verschiedenen Einflüssen ; denn er klassificiert die mensch-
lichen Handlungen nach ganz anderen Regeln, als denen der Reli-
gion oder des Rechts. Die Religion lehrt den im Christentum ge-
offenbarten göttlichen Willen in souveräner Weise, während der
mit Macht bekleidete menschliche Wille : der Staat — je nach der
Verschiedenheit des Ortes und der Zeit — seine durch verschiedene
legislative Foren für bindend erklärten Rechtsthesen in ebenso
souveräner Weise vorschreibt.
Da nun die Quellen verschieden sind, ist auch die Klassifi-
cierung der menschlichen Handlungen verschieden; in gute oder
mindestens indifferente , und in böse d. h. in solche , mit welchen
gewisse Nachteile verbunden sind.
Wir Europäer finden die Widersprüche zwischen Religion und
Recht in ihren auf das richtige menschliche Leben bezüglichen
Weisungen vollkommen natürlich. Wir sind an diese gewöhnt und
erklären sie damit , das Religion und Staat verschiedene Zwecke
und verschiedene Aufgaben haben. Wenn aber die Vernunft aus
irgend einem Grunde weder der durch die Religion, noch der
durch den Staat vorgenommenen Klassificierung der menschlichen
Handlungen zustimmen kann, dann entsteht ein drittes beurteilen-
des Forum der Handlungen , die sogenannte gesellschaftliche Auf-
fassung, welcher der Staat sich in vielen Fällen beugt und der
er eventuell auch ein praktisches Wirkungsgebiet zuweist, wie wir
dies z. B. bei der Institution der Geschworenengerichte sehen.
Der Islam befolgt in dieser Hinsicht ganz andere Wege. Bei
ihm entspringen Religion und Recht einer und derselben Quelle,
und diese Quelle ist der göttliche Wille , oder — richtiger gesagt
— das , was der Islam als göttlichen Willen erkennen will. Gott
ist es, der die Verhältnisse des Menschen zu Gott, zu sich selbst,
zu seinen Mitmenschen, zu seinem Fürsten, zu seinem Feinde vor-
schreibt. Infolgedessen ist das Recht (fikh) , welches göttlichen
Offenbarungen entspringt und aus der Kenntnis der auf das
72 Krcsmdrikf Beitr. s. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc.
praktische Leben bezüglichen heiligen Bestimmungen besteht1), ein
ergänzender Teil der Religion und die hervorragendste Wissen-
schaft, insbesondere in jenem Teile {ustd fikh), welcher lehrt, wie
man aus den göttlichen Kundgebungen auch praktisch bindende, also
auch im Zwangswege vollstreckbare Rechtsnormen ableiten kann'2).
Denn ohne Rechtskenntnisse kann man kein dem Willen Gottes
.■Mitsprechendes Leben führen und dennoch ist es ja das Haupt-
bestreben des Muselmans, dass sein Leben ein gottgefälliges sei.
Kraft ihres gemeinsamen Ursprungs giebt es in der Religion
und im Recht keinen Widerspruch und kann es auch einen solchen
nicht geben. Gutes und Böses sind bei beiden dasselbe und die
Auffassung des Individuums und der Gesellschaft passen sich in-
folge der disciplinierten , einem und demselben Ziele zustrebenden
religiösen und juridischen Erziehung leicht einer Theorie, an, in
welcher sie Befriedigung findet.
Der grossartige Charakterzug des Islams, dass seine leitenden
Ideen nicht nur im religiösen , sondern auch im rechtlichen und
gesellschaftlichen Leben seiner Anhänger zum Ausdruck gelangen,
führt zu dem Resultate, dass im mohammedanischen Orient Religion,
Rechtssystem und gesellschaftliche Auffassung in einer, anderswo
nicht gekannten, Harmonie miteinander stehen.
Das kann aber auch nicht anders sein, denn wie es wahr ist,
dass der Islam das ganze innere und äussere Leben des Menschen
erfasst, also auch seine Denkweise und seine Handlungen, so
trachtet er auch ihn davon zu überzeugen und darüber zu be-
ruhigen , dass die das menschliche Leben regelnden Verfügungen
auf dem Willen Gottes beruhen, und dass derjenige, welcher diese
Verfügungen einhält, nach dem Willen Gottes lebt, ob er nun als
JLilXäj! v^S-j-xj ä.Lv.Jw's KaIa^ÄÄ.)! . 'Otmän ef. , Ter£ümei mirkät, Kon-
> • •• "J "J " "
stantinopel 1288 AH., pag. 8, und § 1 des türkischen bürgerlichen Gesetz-
buches (megelle):
Js.X4.L0 -JXaJUc XficX^ A.jLaw^0 *Ä5 .Jlc .
XjuJJj ^b&\) **ipH *j^ ^ (^% rl*^f ^I| L^Lajl
-.aä-S. cL^Sfc^ltj , Manäfi' nldakäik t'i sarhi maiJrämri 'lhakäik von Abu
Sa'id alChädimi , Konstantinopel 1303 (AH.), pag. 11 u. folg. — Ibid. p. 23:
ä^Uo^l &»lkii v^^. Q^JUS aJUi r1^5>l MjX*i xXjli. u3)
(^^tJJI äu>L*Awj) -^=rj* j^^ic J^JtStj L-gÄ»yw wsaa«.j (^LuJ)
Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. isla/mit. Straf rechts, etc. <3
andächtiger Muselman betet oder fastet, ob er als Geschäftsmann
einen Kauf- oder Verkaufvertrag schliesst, ob er als Soldat die
Waffe führt, oder ob er als Verbrecher die Strafe erleidet.
In diesem Princip , das im Islam einen Gemeinschatz bildet,
liegt eine riesige moralische Kraft. Es verkündet die Einheitlich-
keit der Hauptfaktoren des menschlichen Zusammenlebens und
trachtet dies auch praktisch zu verwirklichen und es ist durchaus
nicht unmöglich , dass unter der Wirkung dieses Princips eine
mohammedanische Nation unter günstigen Umständen sich zu einem
mächtigen Staate emporzuringen vermöge.
Durch all dies will ich nicht beweisen, dass die mohamme-
danischen rechtlichen und religiösen Institutionen vollkommen sind.
Das würde ich auch vergebens behaupten , denn im Laufe dieser
Studie wird an vielen Stellen die Mangelhaftigkeit dieses —
übrigens bewunderungswerten — Systems auffallen. Ich will nur
betonen, dass wir, indem wir uns mit den mohammedanischen
Staaten befassen , nicht einen Moment ausser Acht lassen dürfen,
dass dort die Herrschaft der Religion mehr ausgedehnt ist als bei
uns , dass ferner Religion und Recht derselben Quelle entspringen,
und dass der Muselman die bindende Kraft der Rechtssätze gerne
und mit dem ruhigen Bewusstsein anerkennt, dass dies ein Gebot
Gottes sei.
In der praktischen Justiz verhält es sich daher so, dass es in
Europa möglich ist, unter dem Einfluss irgend einer neuen Theorie
bei der Schaffung eines auf dem Gebiet des öffentlichen oder
privaten oder Strafrechtes notwendig erscheinenden neuen Gesetzes
von ganz neuen Ausgangspunkten auszugehen; demnach eventuell
den Kauf und Verkauf, die Haftung, die Eheschliessung, die
Trennung , die Pflichten des Vaters und Gatten gegenüber seiner
Familie , das Recht der letztwilligen Verfügung anders zu regeln,
die Todesstrafe einzuführen oder abzuschaffen, für jedes Verbrechen
nicht die bisherige, sondern eine anders geartete Strafe auszudenken
und anzuwenden. Wir sehen, dass einzelne Staaten von dieser
Möglichkeit auch ziemlich häufigen Gebrauch machen , manchmal
vielleicht sogar auch ohne zwingende Notwendigkeit. Das grosse
Publikum nimmt von diesen Änderungen in der Regel kaum Kennt-
nis und erst bei der Anwendung der Gesetze ahnt es , dass hier
irgend eine Neuerung erfolgt sein müsse.
In mohammedanischen Staaten ist derartiges vollkommen aus-
geschlossen. Denn dort ist es a priori unmöglich , bei der
Schaffung von Gesetzen von einer andern, als von der bestehenden
Grundlage auszugehen , und wenn es dennoch geschieht , so würde
die Vollstreckung der in das System nicht passenden Gesetze durch
das Kardinalprincip des Islams verhindert werden, dass keine Ver-
fügung bindend ist, welche gegen das göttliche Rechtsprincip Ver-
stoss! Ob dies ein Vorteil des muselmanischen Staatslebens ist
oder nicht, das muss ich unentschieden lassen, (i<>wiss Lsi jedoch,
74 Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtting d. islamit. Strafrechts, etc.
dass es nichts giebt , woraus man folgern könnte , dass für den
Main ans dieser Verschiedenheit der Auffassungen ein Nachteil
oder für die europäischen christlichen Staaten ein besonderer Yor-
teil entstanden wäre. Es ist möglich, dass vom Gesichtspunkt
der Wohlfahrt der Menschheit der Inhalt des Rechtes auch gar
nicht jene Wichtigkeit hat, welche ihm viele beimessen. Es kann
zum grössten Teile indifferent sein, an welche Bedingungen gewisse
rechtliche Folgen geknüpft werden, wenn nur die einwandsfreie
Provenienz der Rechtsvorschriften gerechtfertigt ist und wenn sie
mit dem menschlichen Denken auch sonst nicht in krassem Wider-
spruch stehen. Dies würde bedeuten, dass die richtige Anwendung
der bestehenden Rechtsvorschriften, das, wovon wir schlechtweg
sagen, dass es Rechtens ist, wichtiger ist; dass, wenn bei Eintritt
der Bedingung A die Folge B eintreten muss, dieses B nicht weg-
falle . sobald das A bewiesen ist. Kauft also jemand einen Gegen-
stand von einem andern, der diesen verkauft, so ist es unbedingt
notwendig, dass die Folge hievon sei, dass das Geld Eigentum des
Verkäufers . der Gegenstand aber Eigentum des Käufers werde.
Minder wichtig ist es, an welche Erfordernisse die einzelnen Ge-
setzgebungen das Zustandekommen des Kaufes und Verkaufes
knüpfen, ob an eine einfache Erklärung oder an eine strikte For-
malität, eventuell an die Anwendung gewisser Ausdrücke, an eine
Urkunde, an ein höheres oder niedrigeres Alter der Vertrag-
-eliliessenden u. s. w. Oder wenn jemand einen andern absichtlich
tötet oder in seiner körperlichen Gesundheit verletzt, so ist es un-
bedingt notwendig , dass der Thäter für diese Handlung im Sinne
der Verfügungen des Gesetzes hafte. Minder wesentlich ist es
jedoch, worin diese Sühne zu bestehen habe, ob in der Todesstrafe,
in Freiheitsverlust, in Schadenersatz in Geld, in der Ahndung der
Verletzung durch eine ähnliche Verletzung oder aber eventuell
unter gewissen Umständen in gar nichts.
Xach dem Zeugnis der Geschichte zeigt das Recht je nach
der Verschiedenheit der Zeiten und der Völker die grösste Mannig-
faltigkeit. Und zwar nicht nur in seinem Inhalte, sondern auch in
der Hinsicht, worin die bindende Kraft des Rechtes zu suchen sei.
Dies ist es , worauf ich soeben abgezielt habe , als ich sagte , dass
die Provenienz der Rechtsvorschriften nachzuweisen ist.
Nach der europäischen Auffassung ist ein Rechtssatz dann
richtigen Ursprungs und infolgedessen von bindender Kraft, wenn
er den Willen der über die Gewalt verfügenden staatlichen Fak-
toren, des Fürsten, des Volkes oder beider zum Ausdruck bringt,
in welchem Falle er die Bedeutung eines Gesetzes hat. Die euro-
päische Theorie findet bekanntlich zwischen Recht und Gesetz
wesentliche Unterschiede, da als Gesetz in den europäischen Staaten
das zu betrachten ist, was der zur Gesetzgebung berufene Faktor
Staates als Gesetz erklärt.
Der Islam teilt diese Ansicht nicht, denn nach seiner Auf-
Krcsmärik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc. 75
fassung wäre dazu -wieder ein besonderes Gesetz notwendig , dass
die durch die Gesetzgebung als Gesetz deklarierten Vorschriften
thatsächlich als Gesetz betrachtet werden. Wem steht aber das
Recht zu, ein solches Grundgesetz zu schaffen? Solange aber ein
solches nicht besteht, kann das Gesetz nur ein Ausfluss der Ge-
walt sein und als solches ist es nichts anderes, als der dem Kräfte-
gleichgewicht einzelner oder mehrerer Machtfaktoren entspringende
menschliche Wille. Natürlich hat diese Art der Ableitung nicht
unbedingt auf die Güte der Gesetze eine destruktive Wirkung.
Die Lehren der christlichen Religion selbst nähern sich in
dieser Hinsicht dem Islam, denn nach dem Christentum stammt
die Gewalt von Gott und so ist auch die dem Christentum ent-
sprechende Ausübung der Gewalt eine göttliche Sache. Nur dass
dieses Princip keine so unbedingte und umfassende Geltung in den
europäischen Staaten sucht und findet, wie die Theorie des Islams
in den mohammedanischen Staaten, wenn auch in den letzterwähnten
von einer geistigen oder vielmehr politischen Tendenz, die bei uns
als klerikal bezeichnet zu werden pflegt, nie die Rede war und
auch nie sein konnte.
Der Islam lehrt, dass die Rechte und Pflichten des Menschen
von Gott festgestellt werden und dass jeder Rechtssatz dadurch
und nur insoweit bindende Kraft hat, als dessen Zusammenhang
mit der göttlichen Offenbarung nachgewiesen ist. Nach der mo-
hammedanischen Rechtstheorie hat der Fürst oder das Volk bei
der Bildung des Rechtes nicht jene Rolle , welche diesen beiden
bei uns zukommt. Denn wenn das Gesetz den Willen Gottes, das
Recht aber die Kenntnis der göttlichen Gesetze bedeutet, so ist es
klar, dass das Zustandekommen des Recktssystenis unabhängig von
den Machtfaktoren erfolgen muss, und wenn' auch diese bestrebt
waren, diese Thätigkeit der Wissenschaft zu leiten, so konnten sie
es nur mit Inanspruchnahme derselben Methode thun l).
Da Gott seinen Willen dem Propheten geoffenbart, so führen
zur Erkenntnis des göttlichen Willens der Koran und die Tradi-
tionen des Propheten. Im Falle diese ungenügend sind, schliessen
sich ihnen als Hilfsmittel die übereinstimmende Auffassung (igmäe)
der berufenen Nachfolger und die Rechtsanalogie (Jrijäs) an. Der
mohammedanische Jurist muss daher in allen diesen Wissenschaften
bewandert sein.
Das europäische grosse Publikum befindet sich in dem Irrtume,
dass die gesamte Rechtswissenschaft der Mohammedaner in dem
1) Edouard Lambert bemerkt richtig: Ä l'epoque, oü se soiit fixes
les traits essentiels de la loi musulmane, les khalifes ne puisaient point, dans
leur qualite de souverains, le pouvoir de corriger lo droit traditionnel. Si les
Premiers khalifes ont collabore ;i la construction du Systeme juridique religieux,
dn jujli, c'est seulement en qualite de savants, dcpositaires de la pensee du
prophete. La fonctiou du droit civil comparc I. Paris 1903, pag. 28:")
Anm. 1.
rti Krcsm&rik, Be/'tr. ~. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc.
Koran und in den Traditionen erschöpft sei, während doch das
mohammedanische Becht ein durch viele Jahrhunderte ausgearbeitetes
tiges Rechtssystem ist, welches auch als Wissenschaft zu den
merkwürdigsten Produkten des menschlichen Geistes gehört. Wer
den Koran und die Traditionen liest, wird in diesen eben das, was
nach unserer Ansicht präcisen Gesetzen ähnlich ist, selten finden
und er wird oft — ohne es wahrzunehmen — an einem Ausdruck
vorübergehen, welcher bei der systematischen Ausarbeitung der
entsprechenden Zweige des Rechtes als Grundlage gedient hat. So
z. B. hat die Enunciation im Koran : „ Gott gestattet den Kauf und
den Verkauf, verbietet aber den Wucher" die auf die Regelung
der Darlehensgeschäfte und der Überzahlung bezüglichen Theorien
ins Leben gerufen. Aus dem Satze des Propheten aber: „Wer
gegen den Moslim den Säbel zieht, dessen Blut ist frei", entspringen
die Vorschriften der berechtigten Eigenwehr.
Diese eigentümliche Art der Rechtsentwicklung macht uns auf
zwei Hauptzüge des mohammedanischen Rechts aufmerksam , von
welchen der eine mit dem andern in Widerspruch zu sein scheint.
Der eine Hauptcharakterzug des mohammedanischen Rechtes
ist nach dem Gesagten die Stabilität und die Unveränderlichkeit.
Da von Geboten und Verboten Gottes die Rede ist, versteht es
sich von selbst, dass die Menschen diese nicht ändern können und
dass die Offenbarungen ewige Geltung besitzen. Von diesem Gesichts-
punkte aus ist heute das mohammedanische Recht dasselbe, welches
es zur Zeit der arabischen Chalifen oder in Ungarn zur Zeit der
türkischen Herrschaft war.
Da jedoch die angenommenen Rechtsquellen nicht ein einheit-
liches Rechtssystem bilden , sondern nur stellenweise irgend einen
allgemeinen Rechtssatz oder eine Entscheidung in konkreten Fällen,
Enunciationen, Vorschriften oder Direktiven ohne wissenschaftlichen
Zusammenhang enthalten, welche wieder sehr oft im Ganzen oder
zum Teil einander widersprechen, oder mindestens mit einander in
Widerspruch zu stehen scheinen, so bedarf es der Mitwirkung des
menschlichen Verstandes , damit die Gesetze , welche aus diesen
Rechtsquellen gewonnen werden können und zu gewinnen sind,
mit einander vereinbart und zu Vorschriften ausgearbeitet werden
können, die im praktischen Leben verwertbar sind. Die Mitwirkung
des menschlichen Verstandes ist jedoch gleichbedeutend mit der
grössten Verschiedenheit sowohl in den angewendeten Methoden,
wie in den erzielten Resultaten. Hieraus entspringt jener andere
Hauptcharakterzug des mohammedanischen Rechtes, dass die aus
den Rechtsquellen abgeleiteten Vorschriften nach der Verschieden-
heit der Rechtsschulen von einander ausserordentlich abweichen.
Was nach der einen Schule richtig ist, das kann nach der andern
Schule unrichtig sein. So ist z. Z. zum Kauf und Verkauf das
Angebot des Verkäufers und die Annahme des Angebotes von
Seiten des Käufers notwendig. Was aber als bindendes Angebot
Krcsmärik, Beitr. z. Beleuchtung d. islajnit. Strafrechts, etc. 77
oder als bindende Annahme anzusehen, darüber gehen die Ansichten
auseinander.
Aber auch innerhalb der einzelnen Schulen sind die Ab-
weichungen zwischen den zur Schule gehörenden leitenden Männern
sehr gross. Das türkische Reich gehört zum überwiegenden Teile
zur Schule des Abu Hanifa. Nur dass die Schüler dieses Rechts -
gelehrten, wie Abu Jüsuf, Mohammed u. s. w. , weder mit ihrem
Meister noch mit einander in allem übereinstimmten und in ihren
Forschungen und Entscheidungen oft entgegengesetzten Anschau-
ungen huldigten.
Vom moralischen Gesichtspunkt fühlt der Rechtgläubige die
Wirkung dieser Rechtsunsicherheit nicht, denn wenn seine Kennt-
nisse nicht genügen, um ihm in der gegebenen Lage einen sicheren
Standpunkt zu gewähren, kann er sich an eine anerkannte Autorität
wenden , zu der er als zu einem gottesfürchtigen und gelehrten
Juristen Vertrauen hat und in dessen Antwort das zweifelnde Ge-
wissen Beruhigung findet. Diesem Vorgang verdanken zahlreiche
Rechtsbücher ihr Entstehen , welche im Osten unter dem Namen
Fetwä-Sammlungen bekannt sind.
Im praktischen Leben ist die rechtliche Ungewissheit ent-
schieden von schädlicher Wirkung, wenn auch infolge zahlreicher
Korrektiven die Gerichtspraxis viel einheitlicher ist , als man im
ersten Moment denken würde. In einzelnen mohammedanischen
Staaten wurden Versuche gemacht, aus dem vorhandenen Material
ein einheitliches Gesetzbuch zu schaffen, welches sämtliche auf der
göttlichen Offenbarung beruhende Vorschriften enthalten soll. Der
letzte derartige Versuch erfolgte im ottomanischen Reiche , wo
während der Reformperiode unter 'Abdul'aziz eine zu diesem Zwecke
gebildete Kommission einen Teil des Rechtsmaterials in moderner
Form codificierte. Dieses Gesetzbuch (mei/elle), dessen Anwendung
für die Gerichte obligatorisch ist x) , enthält beiläufig das , was wir
Privatrecht nennen. Das Familien- und Erbrecht ist jedoch darin
nicht enthalten, wie auch die r rituellen, staatsrechtlichen und straf-
rechtlichen Vorschriften des Sari'atrechtes darin fehlen.
Es ist offenkundig, dass der Islam unter der Einwirkung der
europäischen Ideen auf dem Gebiete des öffentlichen Lebens in
vielen mohammedanischen Staaten weichen musste. Wenn auch
das mohammedanische Recht am wenigsten geeignet ist, die euro-
päischen Ideen aufzunehmen, so zeigen sich dennoch auch auf
diesem Gebiete verschiedene Spuren europäischen Einfiusses. Am
meisten ist dies infolge ihrer exponierten Lage in der Türkei be-
merkbar.
Der Zweck der vorliegenden Studie ist die Schilderung des
türkischen Rechtslebens in seinen Hauptzügen und damit im Zu-
1) Die Einleitung und das erste Buch (Kitäb ulbujä') der türkischen
Mi lle ist im Jahre 1285 AH. (1868 a. 1).) erschienen.
78 Krcsmdrik, Beitr, z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc.
sammenhang die Darstellung der riesigen Schwierigkeiten, mit
denen die Staatsmänner des osmanischen Reiches kämpfen müssen,
indem sie einerseits den Anforderungen des Islams entsprechen
wollen, anderseits aber es versuchen, die durch die europäischen
Mächte irr/gierten Reformen zu verwirklichen.
Ich werde, mich hier speciell mit dem Straf recht befassen,
denn da ist der Unterschied zwischen der europäischen und der
n indianischen Auffassung viel auffälliger.
In der Türkei kennt man derzeit zweierlei Strafrechte, näm-
das auf religiösen Grundlagen benihende mohammedanische
Sari'at- Strafrecht und das weltliche Civilstrafrecht. Wenn wir in
die Ausübung der türkischen Strafgewalt einen Einblick thun
wollen, so r müssen wir beide Strafrechte ins Auge fassen.
!>a^ Sarl'atstrafrecht ist ein Teil des Sarl'atrechtssystems —
welches ursprünglich die bei uns übliche Einteilung in Privatrecht,
Staatsrecht und Strafrecht nicht kennt l) , — und als solches ist
es, da es auf der göttlichen Offenbarung beruht, unabänderlich.
Abgesehen von seiner natürlichen Entwicklung ist das Sari'atstraf-
in seinen Grundprincipien noch heute dasselbe, wie vor Jahr-
hunderten. Seine Kenntnis ist nicht nur für den Juristen, sondern
auch für den Geschichtsschreiber und den Politiker ausserordentlich
wichtig, denn als Wissenschaft eröffnet es uns ein sehr beachtens-
wertes Resultat des menschlichen Denkens, und als Komplex solcher
einschneidender Vorschriften , an welchen ein grosser Teil der
Menschheit aus Überzeugung mit Herz und Seele Jahrhunderte hin-
durch festgehalten hat und auch heute festhält, wirft es auf viele
Dinge ein Licht, welche bei oberflächlicher Beobachtung der histo-
rischen Ereignisse sonst unerklärbar erscheinen würden.
Die Civilstrafgesetze enthalten die Strafbestimmungen der je-
weiligen Staatsgewalt und können, ebenso wie sie erbracht wurden,
anch wann immer abgeändert werden.
1) Der moderne türkische Rechtsgelehrte "Ali Hajder bemerkt in seinem
Kommentar zum türkischen bürgerlichen Gesetzbuche (Megelle)
Ali Hajder: Durar ulhukkäm, Sarhu megelleti 'lahlcäm (türkisch),
Konstantinopel 1312 (AH.), I. Bd. pag. 22.'
Bezüglich des Ausdruckes mu'ämelät giebt derselbe Autor folgende Er-
klärung: (_£-ol *Tij-^ iS*"*1?' ^J^k'LxA) ..$•} »AajLj ^JIcLä/i O^el*.*
b.f-jS oojlcj »jL>l jtAJ._j.AJ»! ;^.b! ».JLxi ,.pj$i J-^Ls» «Aä-Uj
,Jj| 3"°-^ 'sAÄÄ.o .axä^v./: a. a. O. pag: 27.
Krcsmärik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc. 79
Das gegenwärtig geltende türkische Civilstrafgesetz ist neueren
Datums; vom wissenschaftlichen Gesichtspunkt hat es jedoch einen
sehr geringen Wert und kann höchstens in kulturhistorischer Be-
ziehung einiges Interesse bieten.
Ich bemerke , dass mit Rücksicht auf seinen Ursprang das
Militärstrafgesetz unter denselben Gesichtspunkt fällt, wie das Civil-
strafgesetzbuch und so stehen denn diese zwei Gesetzbücher dem
Sari'atstrafrechte , wenn sie auch mit diesem nicht in unbedingtem
Gegensatz sind, doch jedenfalls gegenüber.
Das Sari'atstrafrecht wurde in der Türkei durch das Insleben-
treten des bürgerlichen Strafgesetzbuches nicht ausser Kraft gesetzt.
Seine Ausserkraftsetzung ist überhaupt nicht möglich1), denn dazu
hat niemand das Recht. Aber seine Anwendung bewegt sich inner-
halb enger Grenzen, denn die Sari'atgerichte sind nur in gewissen
bestimmten Strafangelegenheiten zu urteilen berufen , während die
bürgerlichen Gerichte bei der Beurteilung der vor sie gewiesenen
strafbaren Handlungen nach den Bestimmungen des civilen Straf-
gesetzes vorgehen müssen2).
Wir nehmen daher in der Türkei die Anomalie wahr, dass es
zweierlei Strafrechte hat und dass über die strafbaren Handlungen
verschiedene , einander nebengeordnete, Gerichte vorgehen. Wie
diese zweierlei Rechtspraxis bei der Judikatur mit einander ver-
einbart werden kann, darauf werde ich später, wenn wir die zwei
Strafgesetze schon besser kennen gelernt haben, zurückkommen.
Für jetzt beschränke ich mich nur auf die Andeutung dessen,
dass in der türkischen Justizpolitik derzeit zwei Richtungen herr-
schen und noch sehr lange herrschen werden. Die eine ist die-
jenige , welche die strengere Anpassung an das göttliche Gesetz.
das ist an das Sari'atrecht verkündet, die zweite aber diejenige,
welche die ausdrücklichere Geltendmachung der modernen euro-
päischen Rechtsprincipien in der Legislative verlangt. Im türkischen
Rechtssystem finden wir Spuren beider Richtungen und zwar —
da es sich in der Regel um die Konkordanz entgegengesetzter
Principien handelt — nicht immer zum grossen Vorteil der ein-
heitlichen Rechtstheorie und Judikatur. Das Resultat der erst-
erwähnten Bestrebungen ist der türkische Privatcodex (Megelle),
1) Vgl. die Bestimmungen des § 1801 der türkischen Meyelle.
2) Oyü=^- r,^yuÄij_ii r,j_j..*£ Ja=> ^LäJ»! ^^L'i sJxii^b'
^I^jia^ ^Uj ^L> o.jy-*5 bS ^ilS Olyo C,^S»I ij^>y^.^ sAsi.P.~
Lr,j_»! v-Ä-Jj-w fr*" u*^tXJ^SI fJ>>*© (j"L"l Jjyi .(Xwjjolij 1jOj&
.i^ *jj* jJJ i3_JiJ« uJü JoLs «JU xj.£j oL.Uj • ,aJ.I , -ä*.*
i ■ •• .3 ~, j s _j- v • •• y . ^yj 3 Ijr •
3.Ä5 ,0 \S y^> o. s. w. Aus der Vorrede zum türkischen Strafgesetz von
J67 AH. Ahmed Lurfi: Mvrati 'adalet, Konstantinopel 1306, pag. 151.
SO Krcsmdrik, Beitr, :. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc.
ein vorzügliches Werk, während das Resultat der letzterwähnten
Richtung das bürgerliche Strafgesetzbuch ist.
In türkischen Juristenkreisen macht sich eine starke Strömung
wahrnehmbar, deren Zweck die Umarbeitung des Strafrechtes, ebenso
wie das beim Privatrechte der Fall war, auf Grund des Sarl'at-
rechtes ist, was jedoch nicht eine vollkommene Beseitigung der
Errungenschaft der europäischen Wissenschaft auf diesem Gebiete
bedeuten will.
Ein Mitglied der türkischen Kodifikationskommission, der so-
genannten Megellekommission, der — wie man berichtet — jedoch
bereits verstorbene 'Omer Hilml Efendi, versuchte es, das Material
des Sari'atstrafrechtes, so wie dieses im ottomanischen Reiche Geltung
hat, wenn ich mich so ausdrücken darf, in Form eines Gesetz-
entwurfes zusammenzufassen. Sein Buch, welches nach moslemitischer
Zeitrechnung im Jahre 1301 (1883 a. D.) unter dem Titel Mi'järi
"adälet in Konstantinopel erschien , ist ein sehr interessantes und
lehrreiches Werk und wird als ein in reformatorischem Geiste ge-
schriebenes richtunggebendes Werk sehr geschätzt.
Im Laufe meiner Studie werde ich mich wiederholt auf dieses
vorzügliche Buch berufen, das man in der Türkei bei der Reform
des Strafrechtes offenbar zum Ausgangspunkt nehmen wird. Es ist
bedauerlich, dass das Werk nicht vollständig ist und nur die gegen
das menschliche Leben und die körperliche Unversehrtheit ge-
richteten strafbaren Handlungen behandelt. Aber auch so bietet
es schätzbare Aufklärungen darüber, wie bisher im ottomanischen
Reiche das Sarl'atstrafrecht angewendet wurde und wie man bei-
läufig die Anwendung dieser Vorschriften in der Zukunft ins
Ausje fasst.
IL
Bevor ich mich auf die Behandlung der einzelnen strafbaren
Händlungen einlasse, erachte ich es für notwendig, jene allgemeinen
Begriffe kurz zu erörtern, ohne deren vorherige Kenntnis die de-
taillierteren Verfügungen des Sari'atstrafrechtes dunkel bleiben
könnten. Einige dieser notwendigen Vorkenntnisse , insbesondere
aber die, streng genommen, theologischen, sind genügend bekannt
und wurden bereits eingehend genug bearbeitet. Doch halte ich
es für zweckmässig, sie mindestens summarisch zu erwähnen, ins-
besondere mit Rücksicht auf jene nichtorientalischen Juristen,
welche ihr Interesse für diesen Zweig des türkischen Rechtslebens
vielleicht zur Lektüre der vorliegenden Studie veranlassen könnte.
Der Islam verlangt von seinen Anhängern, dass sie die durch
ihn verkündeten Lehren glauben und nach ihnen handeln sollen.
Dementsprechend sind der Glaube {iHücdd) und die Praxis oder
der Ritus (lamal) zu unterscheiden.
Ihrem Glauben oder ihrem Ritus nach können die Mohammedaner
Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc. 81
verschiedenen Konfessionen oder Schulen angehören. Die Türken
behaupten von sich, dass sie — hinsichtlich ihres Glaubens —
Anhänger jener Konfessionen seien, welche den Kamen der — im
weiteren Sinne genommenen — Tradition und der Gesellschaft des
Propheten trägt (ehli sunnet welgemä'at), d. h. sie behaupten, dass
sie jenem Glauben angehören, in welchem die Gefährten und die
Angehörigen des Propheten lebten 1). Was aber den Ritus betrifft,
so gehören sie zu der nach Abu Hanifa benannten Schule. Dies
bedeutet, dass sie in ihrem Gottesdienste {'ibädet) und bei ihren
Handlungen ihn als ihr Oberhaupt d. i. ihren Imäm betrachten,
dass sie jene Lehrsätze, welche er nach seiner eigenen Interpretation
aus dem Koran und den heiligen Traditionen (hadif) abgeleitet hat,
als richtig annehmen und bei ihren Handlungen seinem Worte ge-
mäss vorgehen*2).
Wir wissen, dass nach mohammedanischer Auffassung der Be-
griff der Religion einen viel ausgedehnteren Inhalt hat, als bei
dem Christentum. Die Mohammedaner lehren , dass die Religion
oder, besser gesagt, das Glaubensbekenntnis (tmäri), welches darin
besteht, dass der Mensch durch sein Herz bekräftige und durch
seine Zunge äussere, dass all das, was Gott zu dem Propheten ge-
langen liess, die reine Wahrheit ist, — vollkommen gleichbedeutend
mit dem Islam sei. Glaubensbekenntnis oder Islam ist daher genau
dasselbe. Hingegen konkludieren sie dahin, dass die Religion (din)
und die Nation (millet) im Wesen ein und denselben Begriff be-
deuten3). Denn die Religion ist die Verfügung Gottes, welche
durch den Propheten der Menschheit geoffenbart wurde , und an
welche der Mensch glauben muss; das Gesetz (sar/'at) aber ist
<J- •' _J •• ^ Jy^ \ß ■ 3 {_$• j -J-
,A£*j.J »*.J8.:_j! oläXci i3j$ ,C.S=0. Mahmud Mes'üd: ZJsuli 'akäidi
islämijjeden '/'Im/ häli leb/r, Konstantinopel 1312, pag. 11.
,Läa£> V-J._j^b' ...OJuJ» >c>.Jl\S> xLI a.J.^3 ,.JÄi i»^X.JAjI »Ul
,vAx^.j J» ; Mahmud Mes'üd a. a. O.
1* üs
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jJjjO c>wLo» >-*jO näj.x! vjXÄaJ.xj. Mahmud Mes'üd a. a. 0. pag. L2.
Bd. LVIII. C
32 Krcsmärik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc.
ebenfalls eine Verfügung Gottes, welche ebenso durch den Pro-
pheten der Menschheit mitgeteilt wurde und nach welcher der
Mensch handeln muss. Das göttliche Gebot erscheint daher dem
Mn-lini kraft seiner Gehorsam fordernden Kraft als Religion, kraft
der in ihm liegenden zusammenhaltenden und vereinigenden Kraft
als ein nationalisierender Faktor, daher füglich als Nation.
In diesem Grundprincip des Islams, welches für den ersten
Moment nur einen theoretischen Wert zu haben scheint, muss die
Erklärung für die eigentümliche Art und Weise gesucht werden,
nach welcher die mohammedanischen Staaten die staatsrechtliche
Stellung der Nationalitäten anderer Religion geregelt haben und
deren Ausfluss für die nichtmohammedanischen türkischen Unter-
thanen und für die Ausländer die auch heute bestehenden und mit
einem weiten Wirkungskreise — unter andern mit der Jui'isdiktion
in verschiedenen Civil- und Strafangelegenheiten — bekleideten
kirchlichen Gerichtshöfe (patrikhäne) und die Konsulargerichte
bilden. Diese Sondergerichte verdanken daher ihr Bestehen nicht
so sehr den regnicolaren Vereinbarungen und den internationalen
Verträgen, als vielmehr der ihr Zustandekommen erleichternden
Theorie . dass jede Nation , welche der Wohlthat der göttlichen
Offenbarung teilhaftig geworden, von Gott abgeleitete Gesetze haben
muss, und dass die Erkenntnis, die Entwicklung und Anwendung
dieser Gesetze den zuständigen Behörden der einzelnen Nationen
anvertraut werden müsse.
Aus der Geschichte wissen wir, dass die Beobachtung dieser
Theorie die mohammedanischen Nationen daran gehindert hat, einen
im europäischen Sinne einheitlichen Staat zu bilden und zu vielen
Zusammenstössen zwischen der muselmanischen Staatsgewalt einer-
seits, den einzelnen Völkern und ausländischen Staaten aber anderer-
seits Anlass gegeben hat, was um so weniger zu verwundern ist.
als der Islam Lehrsätze enthält, die von allgemeiner Geltung sind,
die er also auch für die Nichtmohammedaner für bindend hält und
deren Einhaltung er von jedem , der auf muselmanischem Gebiete
lebt, fordert, ohne Rücksicht auf die besonderen Vorschriften der
Religion des Betreffenden.
Nach der Lehre des Islams besteht das Leben des Menschen
aus einer Reihe von Pflichten. Das Gute thun und das Böse
meiden muss jedermann, der die nötigen physischen und geistigen
Eigenschaften besitzt, d. i. volljährig und gesunden Verstandes ist
{mukallaf). Was gut und was böse ist, das zu beurteilen ist nicht
der menschliche Verstand berufen. Gott allein kommt das Recht
zu, den Menschen darüber zu belehren, was gut und was böse ist.
Demgemäss ist gut das, was Gott als gut, böse aber, was Gott als
böse bezeichnet hat1). Kraft des heiligen Satzes: „Was die All-
1) Über die Beziehungen des Guten und Bösen zu den göttlichen Ge-
boten und zur menschlichen Vernunft herrseht unter den mohammedanischen
Krcsmärik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc. 83
gemeinheit der Moslims als gut betrachtet, das ist gut1,1) kann
auch die Gesellschaft dafür Stellung nehmen, dass etwas gut oder
böse ist, doch kann dieser Standpunkt natürlich sich nicht zur
göttlichen Quelle in Gegensatz stellen.
Die Religionsphilosophen teilen die menschlichen Handlungen
nach ihrem Werte vom Gesichtspunkte des Guten und des Bösen
in mehrere Hauptgruppen-) ein. Als allgemein angenommen kann
folgende Einteilung bezeichnet werden0):
1. Es giebt Handlungen , bezüglich welcher zweifellose Be-
weise (daltl) bestehen, dass Gott sie angeordnet hat (fard). Solche
Theologen bekanntlich eine grosse Meinungsverschiedenheit, welche zu erörtern
(und auf die verschiedenen Einteilungen des Guten und Bösen einzugehen)
diesmal überflüssig wäre.
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iöjtj ^ää^! J«^}-^ . Manäti' uldakäik, pag. 159.
i) ^^.s> aili lXäc j.^.s li**j> oJ^^' 8'j l'*A (had'i)-
2) Nach Ansicht mancher Rechtsgelehrten giebt es nur vier Haupt-
Gruppen, nämlich fard, wagib, sunnet und nafl (beiläufig = mustahabb).
indem das Jiaräm im fard, das mahrüh im sunnet und das mubäh im ?«?/£
enthalten ist.
«Sy ^ &LwJi c^^-' Jwi>tv>i ».^XU Lojj ,c*-^ J>*^ oo'li *jTjJ
JäÜI j. J.~>b J-kI\3 iU~ »jjXXI. Manäfl' uldakäik, pag. 259. Vgl.
I. Goldziher, Die Zähiriten, Leipzig 1884, pag. 60.
3) Diese Einteilung ist einseitig und bezieht sich nur darauf, ob eine
Handlung gestattet oder verboten ist , welche Unterscheidung eben für das
.Strafrecht notwendig ist.
Nach der von der göttlichen Disposition (aJikäm) und von den Hand-
^4 Krcsmdrik, Beitr, -.. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc.
sind das Gebot zu fasten, für den vermögenden Menschen die
Pilgerfahrl und die Vermögenssteuer. Wer an die bindende Kraft
dieser Handlungen nicht glaubt, wird zum Gottesleugner, und wer
sie nicht befolgt, unterliegt einer Strafe im Jenseits.
hingen der Menschen {af'äl) handelnden mohammedanischen Theorie fügt sich
die im Texte erwähnte Einteilung in folgender Weise in das volle System ein:
Bei den göttlichen Dispositionen können wir viererlei Elemente unter-
scheiden: 1. die disponierende Gewalt (häkim); 2. die Disposition selbst (hukm);
:\. die Handlung, auf welche sieh das göttliche Wort bezieht (muhküm bih)
und 4. das Subjekt der Kochte und Pflichten (mukallaf), an welches das Wort
Gottes gerichtet ist (mahküm 'alejh).
Unter der disponierenden Gewalt ist Gott selbst zu verstehen.
q**J> *&y$- j£ (C--*^ ^ ^"'^ rr-M f*-^58" *^) HZjä pL£=>l
,jU^J>. Ahmed Hamdi: Türkce muhtesar usüli fikh, Konstantinopel
1302 (AH.), pag. 112.
Unter der Disposition verstehen die mohammedanischen Juristen die auf
die menschlichen Handlungen bezügliche Wirkung des göttlichen Wortes, d. h.
das hukm ist nicht das göttliche Wort selbst, sondern dessen Folge, die in
demselben liegende Kraft, durch welche z. B. irgend eine Handlung gestattet
oder verboten, irgend ein Kechtsgeschäft perfekt, vollstreckbar und richtig
wird u. s. w.
^äbCXi ^Usb (jJL*ÄÜ ^JLü all! vjliai.J3I) r^ ^1 (y>3)
<.oJ! J -va^vÜ .1 s-LaüäS^Lj. Manäfi' pag. 258.
xU ^U vjlfc
J_j! / öLiä* »jLxc JLäsI jL* &LI *jC:
c^.^3» o^j *.^L5^ &s>L!5 V^-b Vt^i \£iMi&js ,dß\ ..»^.i
-^ ^o.J *Ae. |»»iij iSÜÜj oLfijÜl^ ..bltajj 0L*O$, 'Otmän ef.,
Tergümei mirkät, Konstantinopel 1288, pag. 6.
Die mohammedanischen Juristen unterscheiden zweierlei „ Dispositionen".
Die eine Art (taklifi) ist, wenn die Wirkung des göttlichen Wortes darin
liegt, dass die Erfüllung einer Handlung für den Menschen obligatorisch ge-
macht (iktidä) oder demselben überlassen wird (tachjir).
Die andere kommt dann zustande, wenn der ersterwähnten noch ein Zu-
satz hinzugefügt wird (wad't) , dass eine Sache mit einer andern in irgend
einem Zusammenhange steht. In die jetzt erwähnte Gruppe der Dispositionen
gehören 1. das konstitutive- Element (rukri); 2. und 3. die Ursache Rillet und
: 4. die Bedingung (sart) und das Kennzeichen der Disposition ('aläme).
Bei dem hukm takliß werden zwei Formen unterschieden, je nachdem
es die Folge (atar) oder die Eigenschaft (sifat) der menschlichen Hand-
lungen ist.
In die erste Gruppe gehören das Eigentumsrecht und die damit zusammen-
hängenden Rechtsverhältnisse. So z. B. besteht das hukm des Kaufes und des
Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc. 85
2. Handlungen, welche Gott wohl angeordnet hat, bezüglich
deren jedoch hinsichtlich der Beweise bei den Gelehrten Zweifel
aufgetaucht sind (iväcjib), z. B. das Almosengeben bei dem Ramadän-
bajräm, das Opfern bei dem Kurbänbajräm genannten Feste. Wer
von diesen Handlungen absieht, dessen harrt eine Strafe im Jenseits.
Wer jedoch nicht glaubt, dass diese bindend sind, wird dadurch
nicht zum Gottesleugner, weil die bezüglichen Beweise zweifel-
haft sind.
3. Handlungen, welche auch der Prophet häufig übte (sicnnet),
z. B. das Beten in der Versammlung, die Circumcision der
Knaben, u. s. w. Wer diese nicht befolgt, der sühnt wohl nicht
im Jenseits , doch verdient er einen Tadel und kann nicht auf das
Wohlwollen des Propheten rechnen.
4. Handlungen, welche der Prophet manchmal geübt hat oder
von welchen er den Leuten , die sie vollführt hatten , sagte , dass
diese eine Belohnung verdienen (mustahabb . nafl , mandub) , z. B.
die nicht verbindlichen Gebete und Almosen. Wer von diesen als
gefällig bezeichneten Handlungen absieht, verdient nach Ansicht
Mancher einen Tadel.
5. Gleichgültige Handlungen [mu/xlln. das sind solche, welche
keine Belohnung verdienen und deren Unterlassen nicht als Sünde
betrachtet wird, wie z. B. das Sitzen, Stehen, Schlafen, Essen u. s. w.
6. Verbotene , das sind Handlungen , welche Gott entschieden
verbietet (haräm), wie das Weintrinken, Widersetzlichkeit der
Kinder gegen die Eltern , Totschlag. Wer eine verbotene Hand-
lung begeht, und seine Sünde nicht bereut, unterliegt einer Strafe
im Jenseits, und wer das Verbotene für gestattet erklärt, ist ein
Gottesleugner.
7. Abstossende (makrüh), das sind Handlungen, welch'1 wohl
begangen werden können , doch handelt der , welcher sie begeht,
schlecht, und infolgedessen entgeht ihm die sonst für gute Hand-
Verkaufes, d. h. das dadurch hervorgerufene Ergebnis darin, dass der Käufer
Eigentümer des gekauften Gegenstandes, der Verkäufer aber der des Verkaufs-
preises wird. Das hukm des Pächters ist, dass der Pächter für die Pacht-
summe berechtigt wird, den gepachteten Gegentand zu benützen. (Mahmud
Es'ad: Telchisi usüli tikli, Smyrna 1302, pag. 322 u. f.)
Untersuchen wir die Handlungen nach ihrer Eigenschaft, so tritt der
Unterschied in den Vordergrund, ob sie eine irdische oder eine überirdischo
Beziehung haben (makäßid dunjavdjje und uchrawijje).
Mit Eücksicht auf ihre irdische Beziehung kann die Handlung eine
1. richtige (mhih); 2. nichtige (bätil); 3. mangelhafte (/W.svV/, ; .1. abgeschlossene
(mun'akid); 5. nichtabgeschlossene ((jajr mun'akid, so ist ■/.. B. v\n mangel
hafter Kauf ein abgeschlossenes Geschäft, aber kein richtiges); G. vollstreckbare
iini/iil I; 7. unvollstreckbare (<jajr nüfid); 8. unauflösbare (läz/'m); 9. auflös-
bare ((jajr läz/'m) sein.
Mit Rücksicht auf ihre überirdische Beziehung ist die Einteilung der
Handlungen, wie sie im Text angeführt wird: far'd, wägib u. s. w.
Die bezüglich des mahhüm l>ili und mahhüm (alejh noch notwendigen
Mitteilungen werden weiter unten folgen.
gß Krcsmärik, Beitr. .-.-. Beleuchtung d. islamit. Straf rechts, etc.
Lungen erwartete Belohnung, z. B. Beten zu ungeeigneter Zeit,
Almosengeben in der Moschee, das Essen von Pferdefleisch u. s. w.
\\ , v gegen dicst' Vorschriften sich vergeht, verdient einen Tadel1).
Das Sari'atstrafrecht hefasst sich mit denjenigen Handlungen,
welche zur Gruppe der verbotenen Handlungen gehören. Das Be-
gehen der verbotenen Handlungen ist nämlich in gewissen Fällen
nicht nur mit einer Strafe im Jenseits verbunden2), sondern der
Verfügung Gottes gemäss ist die That schon in dieser Welt mit
einer entsprechender Strafe zu belegen, damit der Mensch von dem
Begehen des Bösen abgehalten werde3).
Vom Gesichtspunkte des Islams ist das von den Menschen
bewohnte Gebiet entweder ein Rechtsstaat oder ist es nicht. Ein
Rechtsstaat (dar xd'adl) ist dasjenige Gebiet, wo das Gesetz des
Ishuns unbedingte Geltung hat. Der Gegensatz hievon ist der
feindliche Staat (dar ulharb), wo das Gesetz des Islams ausser
Acht gelassen wird.
1) Das maJcrüh ist zweierlei Art; das eine (tanzihi) steht dem Er-
laubten, das andere (tahrimi) dem Verbotenen näher.
J| v_^.j.s j$>2 s+tj^: ^ vV* i?^' *^)-* V^ J^ ^°' »lc\j>
£*Js-, Manäfi' uldakäik, pag. 263.
2) Es giebt eine Reihe von verbotenen Handlungen, welche keine Strafe in
dieser Welt nach sich ziehen. Dieselben werden in dieser Studie, als nicht
zum Strafrecht gehörend , ausser Acht gelassen. Manche Juristen reihen diese
Sorte von Handlungen in die Gruppe des malcrüh {tahrimi)] andere hingegen
sind der Ansicht, dass diese Handlungen wohl haräm seien, jedoch mangels
positiver Bestimmungen (kdti') mit dieser Benennung nicht bezeichnet werden
können.
Die Rechtswissenschaft fasst diese Handlungen unter dem Titel hazr
(wohl auch karähije) zusammen.
J . ■ . . . TT Z» ^ .
^Xi\ JS r)\ ^^ a* issßs hj& uf** & )y*^3 i3t3» pS
^^c» l»tj==» ^^s- / *^3J *J LaLLs LaJ ^aS iA->T. -«.i lo &it bii ftp*
V'j-5^ (*L c^ ^ *— ^yA c^it ^»>.Äs> _j|. Gauharet ulnajjire,
Konstantinopei 1301 (AH.), II, pag. 382.
^<AjI £.lx r,AJ'Jj_c ^j.AÄi' L>i <_5vAJ> JotäJl JutJ. . Targumet ul-
Tahäwl, Konstantinopel 1286 (All.;, IV, 333.
Krcsmärik, Beitr. z. Beleuchtung d. /damit. Strafrechts, etc. 87
Es ist sehr zweifelhaft, ob die unter europäischen Ober-
häuptern stehenden mohammedanischen Staaten als Eechtsstaaten
beteachtet werden können oder nicht. Nicht zwar gerade des-
wegen , weil sie durch Herrscher anderer Religion regiert werden,
sondern weil bei der europäischen Regierung ein grosser Teil der
mohammedanischen Gesetze nicht bestehen kann. Nach den Mahdis
kann auch die Türkei nicht als Rechtsstaat betrachtet werden, weil
auch dieses Reich nicht vollkommen den Gesetzen des Islams ent-
sprechend eingerichtet ist. Wir wissen, dass das Bestreben dieser
kriegerischen Männer darin besteht, einen Staat zustande zu bringen,
welcher ausschliesslich auf den Lehren des Islams beruhen soll.
Vor einigen Jahren, als die Auswanderung der Mohammedaner
in Bosnien und der Herzegowina beunruhigende Proportionen an-
nahm, erörterte der gegenwärtige Ober-Ulema, der hochgelehrte
Mehmed Tevfik Efendi Azabagic, in einer sehr interessanten Studie
die Frage, ob die von Österreich und Ungarn occupierten Provinzen
als ein Rechtsstaat betrachtet werden dürfen oder nicht1). Das
Resultat seiner gelehrten Erörterungen ist, dass Bosnien und die
Herzegowina auch unter der Oberhoheit der österreichisch-ungari-
schen Monarchie selbst vom mohammedanischen Standpunkt aus
als Rechtsstaat zu betrachten seien.
Jedermann, der gesetzlichen Anspruch auf den Schutz des
Rechtsstaates hat, ist, wenn er auch die mohammedanische Religion
nicht anerkennt, unverletzlich (ma'süm). Die Unverletzlichkeit
{'ismet)-) besteht darin, dass im Rechtsstaat die Personal- und Ver-
mögenssicherheit der Bürger gewahrt und durch sämtliche Ein-
richtungen des Islams geschützt werden muss. Die Unverletzlich -
keit ist entweder ständiger oder provisorischer Natur.
Wenn wir daher vom Gesichtspunkte des Strafrechtes die
staatsrechtliche Stellung des Menschen betrachten , was insofern
wichtig ist, als die Strafe nach der staatsrechtlichen Stellung des
einzelnen einer verschiedenen Beurteilung unterliegt, so finden wir,
dass jemand moslemitischer Religion d. i. ein Bürger sein kann,
der auf die Unverletzlichkeit seiner Person und seines Vermögens
infolge seiner Zugehörigkeit zum Islam Anspruch hat. Der mosle-
mitische Bürger wird sämtlicher Wohlthaten des Islams teilhaftig,
zugleich aber empfindet er auch die ganze Schwere der Gesetze
des Islams. Oder es kann irgend ein , einer anderen anerkannten,
z. B. der christlichen, jüdischen Religion angehörender, Unterthan
des mohammedanischen Staates sein. Die wissenschaftliche Be-
nennung dieser Gruppe der Bürger ist „dtmrma . Die Unverletzlich-
1) Die Studie führt den Titel: Higret hakkinda risdle und ist in
Serajewo 1303 (AH.) erschienen.
2) &./> jJ! lXÜc .1 ptiL^5b »Jl/Oj X/O n*aä£ JLIL Jj.äH X*Aa*Ji_5
Badd ulmuhtär. III, 293.
88 Krcsmdrikf Beltr. z. Beleuchtung d. islamit, Strafrechts, etc.
keit des Vermögens und der Person des einer der unerkannten
Religionen angehörenden Staatsbürgers sichert jenes Schutzverhält -
nis i •<//•</ uldimme) , welches zwischen dem betreffenden moham-
medanischen Staate und den einzelnen Nationen bezw. Individuen
bestem*
In Ermangelung einer^ besonderen Vereinbarung sind die all-
gemeinen Vorschriften des Sari'atrechtes massgebend. Zwischen der
Unverletzlichkeit des unterworfenen Bürgers und des Moslim giebt
es gar keinen Unterschied. Beide sind ständiger Natur, doch hat
der unterworfene Bürger für den genossenen Schutz eine besondere
Steuer zu entrichten. Diese Steuer nennen die europäischen Schrift-
steller Kopfsteuer , weil ihre Bemessung beiläufig nach den Vor-
schriften dieser Steuergattung erfolgt. Die mohammedanischen
Juristen nennen diese öffentliche Last „<jizjeu. Die Bedeutung
dieses Wortes steht ursprünglich dem Begriffe der Geldbusse
nicht fern.
Die hanefitischen Rechtsgelehrten halten bei der Regelung der
Rechtsverhältnisse des nichtmohammedanischen Bürgers in mög-
lichst liberaler Weise an dem Ausspruche des Schwiegersohnes des
Propheten, 'All, fest, dass „die Dimmi die Kopfsteuer dafür be-
zahlen, dass ihr Vermögen derart sei, wie unser Vermögen und ihr
Blut wie unser Blut"1). Wir werden sehen, dass diese Bürger,
wenn auch die Unverletzlichkeit ihrer Person und ihres Ver-
mögens mit der des Muselmans vollkommen identisch ist, die
Schwere des Islams vom strafrechtlichen Gesichtspunkte weniger
empfinden.
Es kann ferner jemand der Bewohner eines mohammedanischen
es mit einer zeitweiligen Niederlassungsbewilligung sein (mustu-
min). Als solcher wird betrachtet, wer, obwohl er fremder Staats-
bürger ist, auf Grund einer Erlaubnis vorwiegend internationaler
Natur (amäri) sich im Lande aufhält. Das zeitweilig angesiedelte
Individuum kann eventuell auch ein Muselman sein. Einige lehren,
dass der zeitweilig angesiedelte fremde Unterthan in dieser Eigen-
schaft sich nicht länger als ein Jahr in einem mohammedanischen
Staate aufhalten kann , denn wenn er länger dort bleibt , wird er
ein Dimmi und hat Kopfsteuer zu bezahlen. Ein solcher Bürger
wird er auch dann, wenn er Grund und Boden ankauft und nach
diesem die „chardg" genannte Grundsteuer bezahlt. Die Unverletz-
i) Sy«j (j^ä^' *£ y> jxi> (.,Lüjf <y-^ij o^ ci?"?^' fj*
^j^—täJ ä.j;11 \Jac\ Uil) «£ix£>5 *)Ji ^S Jlc \Z>yaS> .^^
,\Aaäj.^ jyj (woLeA^ aPJLoJj ./.1\^aS Ä-gJlysl. Durer tergiimesi,
II. Auflage, Konstantinopel 1292 (AH.), I, 392.
Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc. 89
lichkeit der Person und des Vermögens des zeitweilig angesiedelten
fremden Bürgers ist ebenfalls eine zeitweilige 1).
Es kann ferner jemand ein vollkommen Fremder (harM, im
wörtlichen Sinne: Feind) sein. Dem gegenüber hat der Islam keinerlei
Verbindlichkeiten.
Alle zu diesen Gruppen gehörenden Personen können entweder
freie Bürger oder^ Sklaven sein.
Nach dem Sari'atrechte können sowohl Menschen als Tiere
strafbare Handlungen begehen2).
Der Mensch ist, wenn wir seine körperliche Entwicklung be-
trachten, entweder gross- oder minderjährig. Bei Kindern können
die Sari'atstrafen {'uhube) nicht angewendet werden0). Darüber,
wann jemand als grossjährig zu betrachten ist, sind die Meinungen
abweichend. Heute wird dies im tirrkischen Reiche durch das
bürgerliche Privatrecht festgesetzt. Darnach ist der Mensch dann
volljährig, wenn sich an ihm die Zeichen der Reife kundgeben.
Die Knaben sind vor ihrem 12., die Mädchen vor ihrem 9. Lebens-
jahre nicht volljährig. Im Alter von 15 Jahren werden jedoch
auch dann beide grossjährig, wenn sie geschlechtlich noch unreif sind.
Mit Rücksicht auf seinen geistigen Zustand kann der Mensch
beim Begehen der strafbaren Handlung entweder mangelhafter Ver-
nunft oder trunken gewesen sein4).
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II, 381.
2) Die strafbaren Handlungen, welche durch Tiere oder an Tieren be-
gangen werden (yinäjet ulbahime, walginäje 'alejhä), werden von den mo-
hammedanischen Juristen im Zusammenhange mit den übrigen Delikten er-
örtert. Da es sich jedoch hierbei zumeist nur um einen eventuellen Schaden-
ersatz handelt, und diese Sorte von strafbaren Handlungen kein kriminalistisches
Interesse bietet , werde ich sie in dieser Studie nur gelegentlich berühren. Es
sei immerhin bemerkt, dass laut § 94 der türkischen Megelle die durch Tiere
hervorgebrachten Delikte und Schäden , im Fall sie wirklich durch die Tiere
selbst d. h. ohne Zuthun und Unterlassen ihrer Eigentümer Zustandekommen,
unbeachtet bleiben Qiadr).
äj&ytp- (.^t ^jt^ <*$^T ^ ^Xxj (uS) ^ (oli^=>)
(y jj&) ^jU^lSlj {^SyaAi ^.l.X=>) ^JL^sJuul. 'Ali Hajder:
Durer ulhukkäm I, 368.
Jotäilj 8l\j>I£II j.P3 iwV:>j! ^iCs» j.L\*i^. Manäfi', pag. 282.
4) Das göttliche Gebot kann nur dann ein entsprechendes Resultat er-
zielen, wenn der Mensch, an den das Gebot gerichtet ist, imstande ist, dio
90 Krcsmär/k, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Straf rechts, etc.
Die Trunkenheit hindert nicht die Zurechnung der strafbaren
Handlung und wenn auch das im trunkenen Zustand gemachte
Geständnis nicht giltig ist, so wird dennoch die in einem solchen
Zustande begangene Unzucht oder der Diebstahl, im Falle sie be-
wiesen werden, ebenso bestraft, als wären sie in vollkommen nüch-
ternem Zustand begangen worden.
Vom Gesichtspunkte der Fähigkeit , sich gegen die erhobene
Anklage zu verteidigen, ist noch die Einteilung der Menschen in
zwei Gruppen zu erwähnen, nämlich in sprechende und in stumme.
Die Stummen können in keinem Falle mit jenen Strafen belegt
werden , welche zu den göttlichen Rechten gehörende bestimmte
Strafen genannt werden und die wir bald kennen lernen werden,
denn es ist möglich , dass sie , wenn sie der Sprache fähig wären,
befreiende Umstände für sich anführen könnten, welche ihre Straf-
losigkeit zur Folge hätten1).
Jene bösen Handlungen . welche eine Strafe nach sich ziehen,
können sich richten :
gegen die eigene Vernunftsfähigkeit des Menschen ('akl), wie
z. B. das Weintrinken im allgemeinen und die Trunkenheit;
gegen die Reinheit der Abstammung (nasab), wie die Unzucht:
hieraus für ihn entspringende Pflicht zu erfüllen. Zum Verstehen des gött-
lichen Gebotes ist geistige Fähigkeit, zum Handeln gemäss dein Gebote körper-
liche Eignung notwendig.
Es können Umstände vorkommen , welche diese Fähigkeit mehr oder
■weniger nachteilig beeinflussen ^awärid). (ik^jJ w° 1-ÄS5 (jto.Lxjlj Oi_Ü
joo'ltÄJi iÜUajl (j-.. Manäfi', pag. 284.) Diese Umstände sind entweder
1. solche, deren Zustandekommen ausserhalb des Willens des Menschen liegt
(samäivijje) , oder 2. solche, auf deren Zustandekommen oder Belassung der
Mensch einen Einfluss hat (muktasabe). In die erste Gruppe gehören: a) der
Wahnsinn (gunün) , b) die Minderjährigkeit (siyar) , c) der Blödsinn ('uth),
d) das Vergessen (nisjäri) , e) der Schlaf (nau?n), f) die Ohnmacht (igmä),
g) die Sklaverei (rikk), h) bei Frauen Menstruation und Wochenbett (hajd
wa-nifäs) , da in diesem Zustand das Gebet und das Fasten nicht eingehalten
werden können , i) die Krankheit (mar ad) , in welchem Zustande der Mensch
unter gewissen Umständen in der Verfügung über das Vermögen beschränkt
ist, k) der Tod (maut).
Die zur zweiten Gruppe gehörenden Umstände können folgendermaassen
aufgezählt werden : a) Unwissenheit (gahl) , b) Trunkenheit {sukr) , c) Scherz
(hazl) , d. h. die Anwendung eines Ausdruckes in nicht ernster Bedeutung,
d) Verschwendung (safah), e) Reise (safar), f) Irrtum {chatä), g) Gewalt (iJcräh).
Manäfi' a, a. O. und folg.
liadd ulmuhtär III, 224, von Ibn 'Abidin, Konstantinopel 1299 (AH.).
S. W.
Krcsmdrik, Be/tr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechls, etc. 91
gegen das Vermögen (mal) eines andern, wie Diebstahl und
Strassenraub ;
gegen die Ehre (cird) eines andern, wie die Verleumdung;
gegen das Leben (nafs) und die körperliche Unversehrtheit
(aträf) eines andeim , wie Totschlag und körperliche Verletzung
und schliesslich
gegen die Ruhe und den Frieden der Bürger im allgemeinen a).
Das Recht , die Bestrafung der bösen Menschen zu fordern,
steht entweder Gott oder den Menschen zu. Diese Einteilung gleicht
der, welche wir bei uns von amts wegen zu verfolgende oder An-
tragsdelikte nennen, sie ist aber dennoch damit nicht gleichbedeutend.
Im allgemeinen kann man sagen , dass die Anwendung der zu den
göttlichen Rechten gehörenden Strafen eine Pflicht des Staatsober-
hauptes aus Achtung vor Gott ist (hakkan h'lldh), während die zu
den menschlichen Rechten gehörenden Strafen nur auf Wunsch der
verletzten Partei, beziehungsweise ihrer Rechtsnachfolger bemessen
und angewendet werden können.
Ein Begnadigungsrecht hat das Staatsoberhaupt weder in dem
einen noch in dem anderen Falle , denn die Anwendung der aus
dem göttlichen Rechte fliessenden Strafen ist ein Gebot Gottes, bei
den zu den menschlichen Rechten gehörenden Strafen aber handelt
es sich um die eigentumsrechtlichen Ansprüche der verletzten Partei,
beziehungsweise ihrer Rechtsnachfolger, und so kann das Staats-
oberhaupt über diese nicht verfügen.
Die Bestrafung der Unzucht, des Weintrinkens, der Trunken-
heit, des Diebstahls und des Strassenraubes ist ein rein göttliches
Recht. Bei diesen strafbaren Handlungen ist zur Einleitung des
Verfahrens nicht notwendig, dass die verletzte Partei mit einer
Beschwerde oder Anzeige auftrete, denn durch das Begehen dieser
strafbaren Handlungen ist ja Gott selbst, dessen zur Ermöglichung
des menschlichen ^Zusammenlebens geschaffene Ordnung der Täter
stört, verletzt. Von dieser Auffassung ausgehend stellt das moham-
medanische Strafrecht den Satz auf, dass, da Gott keine Rechte
suche, ein der eben angeführten strafbaren Handlungen angeklagtes
Individuum sein im Laufe des Verfahrens abgelegtes Geständnis
zurückziehen kann und dass die Verjährung des Verbrechens das
Verfahren hemmt.
Wenn auch die zu den göttlichen Rechten gehörenden Strafen
aus öffentlichen Rücksichten anzuwenden sind, so hat dennoch auch
die verletzte Partei insofern ein Recht, in das Verfahren sich ein-
zumengen, als sie dem Angeklagten, bevor dem Richter die Anzeige
zugekommen ist, verzeihen und dadurch den Thäter von der Strafe
befreien kann. Einige Juristen behaupten, die verletzte Partei sei
l) (Joii _»! ^jjb ^=> jjJej ^l^ l5^ ^ J&* v^V ^ jj*l)
^JiJuJt Vj-^ J- lV°^ j3> IÄP. Kadd ulmuhtär III, 251.
92 Rrcsmdrik, Beitr. e. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc.
solange berechtigt, die Klage zurückzuziehen, als in der An-
gelegenheit kein richterliches Erkenntnis ergangen ist, denn die
Strafe ist nicht so sehr die Folge des begangenen Verbrechens,
als vielmehr des richterlichen Urteils, und solange die Strafe nicht
ausgesprochen wurde, giebt es auch nichts, was dem Angeklagten
erlassen werden könnte1).
Die Strafe der Verleumdung enthält auch ein menschliches
Recht, wenn sie auch, da das göttliche Element in ihr überwiegt,
zu den göttlichen Rechten gehört. Da es sich hier auch um
menschliche Interessen handelt, kann das der Verleumdung an-
geklagte Individuum das einmal abgelegte Geständnis nicht mehr
zurückziehen , denn durch das Geständnis hat die verletzte Partei
schon gewisse Rechte erworben, welche der Angeklagte nicht mehr
einseitig vernichten kann. Auch die Einwendung der Verjährung
kann bei der Verleumdung nicht mehr erhoben werden. Zur Ein-
leitung des Verfahrens ist, wenn auch die Bestrafung der Ver-
leumdung ein göttliches Recht ist, die Klage der Partei notwendig.
Der Totschlag und die körperliche Verletzung können dem
Princip nach nur infolge einer Privatanklage bestraft werden.
Die übrigen strafbaren Handlungen, welche die Ruhe und
den Frieden der Bürger im allgemeinen stören, gehören wohl vom
Gesichtspunkt ihrer Verfolgung zu den menschlichen Rechten, ent-
halten aber zufolge verschiedener Ursachen auch göttliches Recht.
Es wird sonderbar scheinen, dass aus der Reihe der strafbaren
Handlungen , welche durch die auf theologischer Grundlage be-
ruhende Strafrechtstheorie zusammengestellt wurde, die Glaubens-
abtrünnigkeit (irtidäd) fehlt. Die Erklärung dafür ist darin zu
linden , dass die Strafe nicht nur einen abschreckenden , sondern
auch einen läuternden , das ist bessernden Zweck verfolgt 2). Das
letzterwähnte hat jedoch bei dem Gottesleugner , der aus der
Gesellschaft ausgestossen 3) ist, dessen Blut jedermann frei ver-
giessen kann , schon gar keinen Zweck. Dem abtrünnigen Manne
wird der Islam angeboten; hat er einen Zweifel, so wird dieser
1) Radd ulmul.itär III, 193.
2) Die Strafe für die Abtrünnigkeit als solche wird im Jenseits bemessen.
„;Ol>J! ^ »Läj ^ jl£1\ O.^6 L>. Sejchzäde, Sarl.i multakä, Konstanti-
nopel 1240 (AH.), I, 324.
3) liJt SiJ »o^uj bCülj j^xJi J.LUJ LsLüt ur oy0 U
liadd ulmul.itär III, 414.
Der Abtrünnige ist rechtlich als ein Todkranker anzusehen; er hat keine
Nation und keine Schutzgenossen (luküe).
vS^d^ (_o.il u*A«- s,l».Äi>^ ofci! (O» LO./J ssS äjjl.5 *.i^S
Jv.Xi (tfÄff- \X*J£ ^äXJi Jlc a.a.O. «J &JU ^5 >XS.lW a.a.O. p. 4 IC.
Krcsmdrik, Bcitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc. 93
zerstreut; verlangt er Bedenkzeit, so wird er für drei Tage ein-
geschlossen. Bekehrt er sich, dann wird ihm nichts zu leide ge-
than; beharrt er jedoch bei seiner Abtrünnigkeit, so muss er ge-
tötet werden und, falls er in einen fremden Staat flieht, wird er
als bürgerlich Toter betrachtet x). Die Frau wird wegen Abtrünnig-
keit nicht getötet , doch wird sie eingeschlossen gehalten , bis sie
sich bekehrt, Ihre bürgerlichen Rechte bleiben in Kraft,
.Ai^-j "3 Jö-li ..^Ls (hier im Sinne der Schutzgenossenschaft) J»äju' -<<:.
».AaÄJLj JJix^U ,-^iäj ^» a. a. Ü. p. 417.
1) / ö.=> J, öiyai p&z V^.H Ajs| 0a J^s> »LsaJUb *S$
Ofcxi! AL+JO^. Radd ulmuhtär III, 415. Vgl. auch Snouck Hurgronje:
v. d. Berg's Beoefening van het mohammedaansche Recht, p. 57.
Es giebt wohl einige mohammedanische Juristen , die behaupten . dass
manche Formen der Gottesleugnung, wie z. B. die Schmähung eines Propheten
[t.x>.ibS! ,-yA -xi i^.*»j jSLxJl], die zandaka u. s. w., ohne Rücksicht auf
die eventuelle Reue des Thäters unbedingt den Tod als Haddstrafe nach sich
ziehen. Ibn 'Abidin bekämpft diese Theorie mit gewichtigen Argumenten;
und nach den von ihm angezogenen kaiserl. Ottomanischen Verordnungen vom
J. 944 und 955 (AH.) scheint die türkische Gerichtspraxis die mildere Auf-
fassung befolgt zu haben :
^»^i £ v^äJUi»! njLs» 0^*^ LsLäj! &äj.j J**äj ^ »Ä:>! *A*>i
^.^sbS! j»L«^i ,Vüj bi.^^ ^^.a=>» 8j;*L (.sü.<:— -i.}} Jv-Xäj "^ x/t^Lv-U
J, *i iUj^S! ^j ^Lc J^ääj pJPj*r> f-£äj lt'-5 Q^ CJ^- (*' C)^
y^l 1Ä2> j^äj* 1-0 K.;.** u. s. w. Radd ulmuhtär III, 404.
Nach den mir vorliegenden Fetwas haben die Muftis auf diese Ver-
ordnungen keine Rücksicht genommen, und gefunden, dass derartige Ketzer ohne
Verzug zu töten seien, wie z. B.:
j»jj &j sAjj x*«J.ji i_^.** gJu Xi -*as» z»-**3 r»-^! ^3^-^; *.Jl.w./* vAj;
^j-Ü.I ^ jJ^>Lj ^L -^UJ^jJ. ^jj^t, und:
jyty J*53 j*^' ^~? "^vb^- Äj>y r)^ " öJ^j fc**W q*^5
Fatäwii 'Ali ef., Konstantinopel 1289 (AH. . I, 234.
()_{. Krcsm&rik, Beitr. ~. Beleuchtung d. islamit. Straf rechts, etc.
\\ ;i> für den Einzelnen gilt, dasselbe gilt auch im Falle einer
Empörung gegen den Islam für eine grössere Menge. Als Empörer
(bugät) sind solche Anhänger der muslimischen Religion zu be-
trachten, welche dem Staatsoberhaupte (fmäm) den Gehorsam ver-
weigern. Auch diese sind zuerst aufzufordeim , sich zu bekehren,
und wenn sie Zweifel haben , sind diese zu zerstreuen. Ihr Ver-
mögen wird unter Sperre genommen , bis sie sich bekehren , und
wenn sie dies nicht thun. dann können sie getötet werden.
Die Strafen der strafbaren Handlungen hat entweder Gott
selbst (durch den Koran , Sunne oder igmä') festgestellt , oder es
kann sie den Umständen entsprechend und nach seiner besten Ein-
sicht das Staatsoberhaupt, beziehungsweise der durch dieses ein-
gesetzte Richter feststellen. Dementsprechend sind zweierlei Strafen
zu unterscheiden, nämlich bestimmte (ukübe muhaddare), das sind
unabänderliche , und nicht bestimmte , d. h. von der Einsicht des
Richters abhängende Strafen1). Die bestimmten Strafen sind die
von Gott angeordneten rechtlichen Folgen der einzelnen strafbaren
Handlungen. Diese Strafen können daher weder kleiner noch grösser
sein. Was wir bei der Bemessung der Strafe erschwerende oder
mildernde Umstände nennen, ist dort ein ganz unbekannter, weil
unmöglicher Begriff. Es ist jedoch zu bemerken , dass im Falle
eines zu berücksichtigenden befreienden Umstandes der Thäter der
Strafe vollkommen entgeht.
Die zu den göttlichen Rechten gehörenden Strafen haben andere
Normen, als die zu den menschlichen Rechten gehörenden. Mit
Rücksicht auf den kardinalen Unterschied zwischen diesen beiden
teilen die mohammedanischen Juristen , welche die Materie nicht
so, wie die europäischen Kriminalisten, nach den Arten der straf -
J^vav^Ü v^t ,%- n. s. w. Radd ulmuhtär III, 193.
Alfred v. Kremer behauptet in seiner „Culturgeschichte des Orients unter
den Chalifen" (Wien 1875, I, pag. 459), dass die strafbaren Handlungen, „je
nachdem sie gegen das religiöse Gesetz (Koran und Sonna) oder nur gegen die
Vorschriften der Sittenpolizei Verstössen, entweder durch die vom religiösen
Gesetze bestimmten Strafen (hadd) oder durch einfache Polizeistrafen (ta'zyr)
geahndet" werden. Diese Distinktion ist nicht richtig, denn es giebt durch
den Koran und die Sunne verbotene Handlungen, welche keine Haddstrafe
nach sich ziehen wie z. B. der Wucher (ribä) :
soJ>3 iC^' *^y& <— >b:£Jt Lei XJLaJtj u^büüb f\j>- LySf_5
^jA «A=>U ^j° J"^ A"*i *-"^c ^ i5^° *^*' *"*""*^ ^.5 ^
Jw>Ji \^~f.i-.j X..0; ^^vJdlSj c^JLS ,-y* >_\..wS b, Gauhare I, 258
und andererseits kennt man ta'zir- Strafen, welche in Koran und Sunne be-
gründet sind (Targumet ulTal.iäwi IV, 378).
Krcsmärik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc. 95
baren Handlungen, sondern nach den Strafen klassifizieren und be-
handeln , die bestimmten Strafen in zwei Teile. Der eine Teil
umfasst die zu den göttlichen Kechten gehörenden bestimmten
Strafen (hadd). Hierher gehören die Strafen der Unzucht, des
Weintrinkens , der Trunkenheit , der Verleumdung , des Diebstahls
und des Strassenraubs x). Der andere Teil befasst sich mit den zu
den menschlichen Rechten gehörenden bestimmten Strafen {kisäs).
Hierbei- gehören die Strafen für den Totschlag und die schwere
körperliche Verletzung.
Bezüglich der unbestimmten Strafen (ta^zir) bemerke ich vorerst
nur, dass deren Bemessung mit einigen Beschränkungen von der
Ansicht des Staatsoberhauptes oder des durch dieses betrauten
Richters abhängt, und dass dies das Gebiet ist, welches für die
Reform des Strafrechtes in jenen mohammedanischen Staaten, welche
mit der Zeit fortschreiten wollen, ohne dass die Hauptprincipien
des Islams verletzt würden, am meisten geeignet erscheint.
Die Strafen selbst können ohne Rücksicht darauf, ob es sich
um eine bestimmte oder unbestimmte Strafe handelt, aus folgen-
den bestehen:
Einfache Erwähnung der Anklage ;
Rüge oder ein anderes erniedrigendes Verfahren , entweder
selbständig oder im Zusammenhang mit einer anderen Strafe,
z. B. das Ziehen an den Ohren , die öffentliche Kundmachung,
der Pranger u. s. w. ;
Vermögensstrafe ;
Verbannung ;
Haft;
körperliche Züchtigung ;
Verstümmelung (Abschneiden der Hand oder des Fusses);
Hinrichtung (durch Schwert, Steinigung oder Kreuzigung);
die Vergeltung der Verletzung durch eine ähnliche Ver-
letzung, beziehungsweise die für die Verletzung zu bezahlende
Vermögensentschädigung ;
der Verlust des Ei'brechtes.
1) Die Zahl der Haddstrafen ist fünf bezw. sechs, jo nachdem man die
Strafe für das Weintrinken und jene für die Trunkenheit als eine oder als
zwei separate Strafen betrachtet. Die Autoren bieten für beide Auffassungen
Beispiele. Da jedoch die Strafen beider Delikte identisch sind, besitzt die
Abweichung keine Wichtigkeit.
&.A«~*ii O.Ar>- J.4-^5 \_Jujuu! j.Lä/3 *<o.fij LyJ<^- p^b G^)
i&w Uii J..Ö La. Sejchzüde : Sarh multakä I, 282.
96 Krcsmdrik, licitr. %. Beleuchtung cl. islamit. StrafrecJds, etc.
Jene Strafen, welche vornehmlich nur einen theoretischen Wert
haben, wie z.B. die des Thäters im Jenseits harrende Strafe {itm) 1),
die Bitte um Verzeihung (istigfär) . wohl auch in mancher Be-
ziehung die Sühne (kaffäre), erwähne ich hier nur der Vollkommen-
heit der Aufzählung halber.
Ein Hauptprincip des mohammedanischen Strafrechtes ist es.
dass den Strafen jeder zurechnungsfähige Mensch ohne Ausnahme
unterworfen ist. Von dieser Regel ist selbst das Staatsoberhaupt
nicht ausgenommen , das sich also nicht des Privilegs der Straf-
losigkeit rühmen kann, jedoch mit dem Unterschiede, dass die zu
den göttlichen Rechten gehörenden Strafen auf ihn nicht angewendet
werden können. Aber auch dies nur deshalb nicht, weil der Vollzug
dieser Strafen an dem Verbrecher Aufgabe des Staatsoberhauptes
ist, niemand aber an sich selbst eine Strafe vollstrecken kann. Den
zu den menschlichen Rechten gehörenden Strafen ist jedoch auch
der Fürst unterworfen, denn es steht ihm nicht frei, die Menschen
in ihren Rechten zu verkürzen'2).
Es ist eine eigentümliche Erscheinung und ein neuerlicher
Beweis dafür , wie sehr die Extreme sich berühren , aber eine
Thatsache , dass in der Türkei , wo sonst die Censur unerbittlich
thätig ist. die durch die Schüler benützten rechtswissenschaftlichen
Handbücher es offen lehren , dass an dem Chalifen die durch ihn
einem anderen zugefügte Verletzung ebenso vergolten werden kann,
wie an anderen. Also auch ihn verpflichten die Gesetze des „Leben
1) Das Wort „itjn* bedeutet eigentlich „ Sünde", als technischer Terminus
hingegen bedeutet es „Strafwürdigkeit" :
ioJJjJl vlfl^U«! &L*Ji ^JS>\. Radd ulmuhtär III, 64.
Als eine specielle rechtliche Folge der strafbaren Handlung werden wir
das ihn beim Delikt des Totschlages {katl) kennen lernen. Da nun wegen
Totschlages der Sünder (ätim) eine ewige Höllenstrafe zu gewärtigen hat (Durer
tergümesi I, 390) , glaubte ich, um die Begriffe des europäischen Lesers nicht
zu verwirren, das Wort mit „Strafe im Jenseits" übersetzen zu sollen.
Das itm der einzelnen grossen Sünden (Icabäir) ist übrigens verschieden.
OjläXva yL^Joi *.$! ..I £p-*<*», a. a. O.
^Ä^Ui ^J^>. jtXA*J xJUt /££> w\> \ßj dj.\ u\> lÄt S^\
» . \»\ -Aw.äi *[XXi ^\XiS ^u\.*jS .iAI^O ^äj.x£ p^i\kAs>
tJuls>^ (^Ub J^jjjj (j^Xäj^) jO^iSö {j£+* t\s> *xlSl ^j-SpvXii
kJimmJLi} oi-*3 i_jöLaä \jj\ jj-^»\ »Ä.P»L/a aJL»j jJ^Jji (JoLaä
.u\iJO»/.i '♦ *.£:>. Durer tergümesi I. pag. 369.
Krcsmärik, Be/'tr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc. 97
für Leben, Auge für Auge", und auch er hat das Blutgeld für
derartige Verletzungen ebenso zu bezahlen, wie die übrigen Muslims.
Betrachten wir nun , in welchem Zusammenhang der Mensch
mit der strafbaren Handlung, die er hervorruft, stehen kann, so
müssen wir die beabsichtigten vorsätzlichen strafbaren Handlungen
und jene, welche diesen ähnlich sind, unterscheiden, ferner die-
jenigen , welche einem Irrtum entspringen und welche als Irrtum
betrachtet werden können, schliesslich diejenigen, welche dadurch
zustande kamen, dass man dazu Ursache bot. All dieser Unter-
schiede werde ich bei Erörterung der strafbaren Handlung des
Totschlages eingehend gedenken.
Jenen Handlungen , welche dem freien Willen des Menschen
entstammen, stehen diejenigen Handlungen entgegen, welche der
Thäter unter der Einwirkung des äusseren Zwanges begangen hat
(ikrdh).
Die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Thäters kann ent-
weder durch das Geständnis {ilarär) des Thäters, oder durch Zeugen -
beweis (bajjine) festgestellt werden. Nach Ansicht einiger Juristen
ist das Geständnis bei gewissen strafbaren Handlungen nur dann
wirksam, wenn es so oft wiederholt wird, als Zeugen zum Nach-
weis der betreffenden strafbaren Handlung notwendig sind.
Bei den zu den göttlichen Rechten gehörenden Strafen kann
die Zeugenaussage von Frauen nicht berücksichtigt werden , weil
die Frauen zufolge ihrer gesellschaftlichen Stellung bezüglich solcher
strafbarer Handlungen keine richtige Kenntnis erlangen können.
Die Zeugen können nicht gezwungen werden Zeugenschaft
abzulegen und so hängt es gänzlich von ihnen ab, das, wovon sie
Kenntnis haben, zu sagen oder zu verschweigen.
Mit den Zeugenaussagen steht die Verjährung (tdkädum) der
strafbaren Handlungen in Zusammenhang. Die Verjährung einer
strafbaren Handlung hat die Wirkung, dass der Richter, wenn das
Strafverfahren noch nicht eingeleitet wurde, die Zeugen nicht ver-
nehmen, und, wenn schon ein Urteil erbracht ist, die Strafe an dem
Verurteilten nicht vollstrecken kann. Nach der Ansicht der mo-
hammedanischen Juristen kann die Verjährung, welche nichts anderes
bedeutet, als den Ablauf einer bestimmten Zeit nach dem Begehen
der strafbaren Handlung, eigentlich keinerlei Recht aufheben. Das
Recht bleibt auch fernerhin bestehen und kann, wenn die angeklagte
Partei geständig ist, in der Re<?el auch zur Geltung gelangen. Den
Richter hemmt jedoch das Gesetz mit Rücksicht auf gewisse Gründe,
die Klage, beziehungsweise die Aussagen der Belastungszeugen an-
zuhören. Die Zeugen entschliessen sich nämlich entweder zu
schweigen oder auszusagen. Haben sie sieh zum Schweigen ent-
schlossen, dann entspringt die Änderung ihrer Absicht einer feind-
lichen oder einer anderen tadelnswerten Leidenschaft und so wird
ihr Geständnis verdächtig. Wollten sie aber zuerst aussagen und
haben die Aussage unterlassen oder diese verzögert, so haben sie
Bd. LVIII. 7
98 Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc.
eine gottesfeindliche Sache gethan und ihr Geständnis kann als
solches nicht ganz tadelsfreier Menschen nicht angenommen werden.
Bei dem Delikt der Verleumdung steht die Sache anders. Hier
giebt es nämlich keine Verjährung und da die Verleumdung nur
auf Klage einer verletzten Partei verfolgt werden kann, darf man
den Zeugen , wenn sie mit den Aussagen gezögert haben, keinerlei
Vorwurf machen, wenn es ihnen möglich ist, zur Begründung der
Verschiebung ihrer Aussage vorzubringen, dass sie die Anklage der
verletzten Partei abgewartet haben r).
Darüber, welche Zeit zur Verjährung erforderlich ist, weichen
die Ansichten von einander ab. Die zu den göttlichen Rechten
gehörenden Strafen verjähren nach der Ansicht einiger innerhalb
eines Monates , nach der anderen Ansicht binnen sechs Monaten.
Die strafbare Handlung des Weintrinkens verjährt, wenn der Geruch
des Weines an dem Angeklagten verflüchtigt ist. Zu bemerken istT
dass wegen Weintrinkens nach Verjährung der Handlung der Thäter
auch dann nicht mehr gestraft werden kann , wenn er sein Ver-
brechen gestanden hat.
Die Verjährungsfrist der zu den menschlichen Rechten gehören-
den Strafen richtet sich , da hier vermögensrechtliche Interessen
berührt werden, nach den bezüglich der Vermögensrechte bestehenden
Verjährungsvorschriften. Beim Diebstahl sind demgemäss zweierlei
Verjährungsfristen zu berücksichtigen, die eine bezüglich der Sti-afe,
die andere bezüglich der Schadenersatzpflichtigkeit des Diebes. Das
Sari'atrecht kennt mehrere Gründe, welche die Verjährung der
Rechte hemmen. Die Aufzählung dieser Gründe liegt jedoch ausser-
halb des Rahmens dieser Studie.
Die strafrechtliche Verantwortlichkeit kann sich auch auf Andere
erstrecken , nicht nur auf den Thäter selbst. Demnach hat für
irgend eine strafbare Handlung in gewissem Maasse auch der Herr
des Thäters zu haften (wenn die Handlung von einem Sklaven oder
einem Tiere begangen wurde); ferner das Aerar oder diejenigen
Individuen, welche mit dem Orte, wo das Verbrechen begangen
wurde, in territorialer Verbindung stehen (kasäme), oder diejenigen,
welche mit dem Thäter durch Blut- oder moralische Banden ver-
knüpft sind CdJct'le).
Niemand darf jemandem ohne besondere gesetzliche Ermächtigung
etwas Böses zufügen. Die verschiedenen Übel, die wir als die recht-
lichen Folgen einer strafbaren Handlung aufgezählt haben , darf
man einem anderen nur in den durch das Gesetz vorgeschriebenen
Fällen zufüg-en. Auf den blossen Verdacht, auf mangelhafte Beweise
J.äj aJUl / ip> ^5 wJtiii JS ,L ^i. Jiadd ulmuhtär III, 218.
Krcsmärik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc. 99
hin jemandem ein Leid zuzufügen oder- durch Peinigen jemanden
zum Geständnis zu bringen , verstösst gegen das göttliche Gesetz.
Der Vollzug der Strafe ist in der Regel Aufgabe des Staats-
oberhauptes oder des durch dieses betrauten Organs. In gewissen
Fällen können aber dem Thäter auch andere straflos ein Übel
zufügen.
Erstens ist es die Pflicht eines jeden Muselmanns, einen Andern
an dem Begehen einer strafbaren Handlung zu hindern. Wenn
daher der Muslim sieht, dass jemand eine verbotene Handlung voll-
führen will , kann er diesen an der Verwirklichung dieser Absicht
auch mit Gewalt verhindern, ohne dass man ihn dafür zur Ver-
antwortung ziehen könnte. Ebenso verhält es sich, wenn jemand
einen gegen ihn gerichteten Angriff behufs Selbstverteidigung zurück-
schlägt, denn es steht geschrieben: „wer gegen den Muslim das
Schwert zieht, dessen Blut ist frei". Dem Vater kommt gegenüber
seinen Kindern , dem Gatten gegenüber seiner Frau , dem Herrn
gegenüber seinem Sklaven, dem Lehrer gegenüber seinen Schülern
ebenfalls in einem gewissen Maasse die Strafgewalt zu; wenn diese
aber in Ausübung dieser Strafgewalt die entsprechenden Grenzen
überschreiten, so sind sie zur Verantwortung zu ziehen. Der Gatte,
der seine Frau bei einer Unzucht antrifft, der Eigentümer, der den
Dieb bei einem Diebstahl überrascht, können von ihrem Strafrecht
freien Gebrauch machen. Schliesslich steht es bei Vergeltung einer
Verletzung durch eine ähnliche Verletzung der verletzten Partei
frei, bei entsprechenden Cautelen die für die Verletzung gebührende
Strafe an dem Schuldigen persönlich zu vollstrecken.
Ich kann diese allgemeinen Erörterungen nicht schliessen, ohne
noch der administrativen Strafe zu erwähnen. Das Sari'atrecht
stellt es wohl als Princip auf, dass entgegen den göttlichen Ge-
setzen niemand mit einer Strafe belegt werden könne, doch scheint
es, dass es den Freunden der freieren Bewegung zeitlich gelungen
isl . in dieses Princip eine Bresche zu schlagen, indem sie lehrten,
dass es dem Fürsten freistehe, jemanden, der für die muslimische
< resellschaft gefährlich ist, mit Rücksicht auf die Staatsraison auch
in dem Falle unschädlich zu machen , wenn das Sari'atrecht kein
Mittel dazu bietet. Die derart bemessenen Strafen werden politische
oder administrative genannt {sijäse)^).
Schon von dorn Ohalifen 'Omar wird gesagt, dass er jemanden,
weil er auffallend schön war und seine Schönheit die Frauen ausser-
ordentlich reizte, verbannen liess , obwohl, wie der Erzähler des
Vorfalles bemerkt, die Schönheit selbst keine Sünde ist2).
1) Kadd ulmulitär III, 204.
Lit. ^>J v_^ii ^S ,V.ßi [.jnJwbLII .*a\ Li ^i3 U _uJ ALä wl l>.«
100 Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. ialamit. Strafrechts, etc.
Ich brauche wohl nicht zu sagen , dass diese in so gefällige
Form gekleidete Willkür die Quelle zahlreicher Missbräuche war
und wir werden uns nicht wundern, wenn wir sehen, dass das
Wort „sijäsetu (wörtlich „Politik"), das ursprünglich gar keine ab-
schreckende Bedeutung hatte, später gleichbedeutend mit der Arbeit
des Henkers wurde.
III.
Somit kann ich an die Erörterung der einzelnen strafbaren
Handlungen schreiten , wobei ich nach Thunlichkeit jene Methode
befolgen werde, welche bei den mohammedanischen Juristen ge-
bräuchlich ist. Ich halte mich hiernach an nachstehende Reihenfolge :
A) die zu den göttlichen Rechten gehörenden bestimmten
Strafen (hadd);
B) die zu den menschlichen Rechten gehörenden bestimmten
Strafen (kawad, Jasäs);
C) die unbestimmten Strafen (talzir) *).
cläJi ^JM ^-y* J? ?äJ| äy^fli jte S- Radd ulmuhtär III, 204.
1) Die mohammedanischen Rechtsphilosophen teilen die menschlichen
Handlungen, auf welche sich das Wort Gottes bezieht (mahküni bih), vom Ge-
sichtspunkte, ob sich an sie nur allgemeine oder persönliche Interessen knüpfen,
in drei Gruppen ein und zwar:
A) solche, die zu den rein göttlichen Hechten gehören (hukük ullähi
chälisa), welche die Interessen der Gesamtheit berühren;
B) solche, die zu den rein menschlichen Rechten gehören {hukük ul'ibäd
rhnlixa), bei welchen es sich nur um die Interessen einzelner handelt, wie
z. B. das Recht auf Schadenersatz , das Blutgeld , das Recht des Käufers auf
den gekauften Gegenstand und des Verkäufers auf den Kaufschilling;
C) gemischte, das sind solche Handlungen, in welchen göttliche und
menschliche Rechte enthalten sind. Hier können zwei Fälle vorkommen. Entweder
1. sind die göttlichen Rechte überwiegend (hakk ullah f/älib), wie z. B.
bei der Strafe der Verleumdung, wo es sich insofern um ein menschliches Recht
handelt, als sie geeignet ist, die beschämende Anklage der Unzucht von dem
Kläger abzuwälzen, aber dennoch hauptsächlich ein göttliches Recht ist, weil
ihr Zweck die Abschreckung und die Enthaltung von einer ähnlichen Sünde ist;
oder 2. die menschlichen Rechte haben das Übergewicht (hakk ul'ibäd
f/älib) , wie dies z. B. beim kirn* wahrzunehmen ist, welches wohl als Strafe
einen göttlichen Charakter trägt, bei welchem das Recht auf Vergeltung aber
dennoch, weil die menschlichen Rechte überwiegen, ein persönliches Recht ist,
welches auch den Gegenstand der Erbschaft bilden kann.
Die göttlichen Rechte selbst zählen die mohammedanischen Kechtsphilo-
sopben folgendermaassen auf:
1. die rein göttlichen Ehrungen ('ibädät chälisa), wie der Glaube und
seine Abzweigungen, sowie die Gebete, die Vermögenssteuer (zakät) , Fasten,
Pilgerfahrt, Religionskrieg ;
2. die eine öffentliche Last (kulfe) enthaltenden göttlichen Ehrungen;
solche sind die sculakat fitr genannten Almosen;
Krcsmdrih, Beitr. z. Beleuchtung d. /damit. Strafrechts, etc. 101
Schliesslich werden wir dann kurz die Versuche kennen lernen,
mit welchen man im türkischen Reiche mit Umgehung des Sari'at-
rechtes oder, indem man dasselbe als Grundlage nahm, die Schaffung
eines besonderen bürgerlichen Strafrechtes bezweckt hat.
A) Die zu den göttlichen Rechten gehörenden
bestimmten Strafen.
Die Unzucht (zt'nä). Die Unzucht ist nach mohammeda-
nischem Rechte eine der schwersten Imputation unterliegende straf-
bare Handlung. Die für diese festgestellte Strafe gehört zu den
göttlichen Rechten und will der Gesetzgeber durch dieses strenge
Verbot die Lauterkeit der Familienabstammung bewahren. Dem
entsprechend kann von Unzucht nur dort die Rede sein , wo die
Lauterkeit der Familienabstammung in der That durch Handlungen
der Schuldigen gefährdet ist. Einfaches Küssen . Kosen oder Per-
versität stellen die strafbare Handlung der Unzucht noch nicht
fest. Bei Bemessung der Strafe muss untersucht werden, welches
der Familienstand des Schuldigen zur Zeit der Begehung der Un-
zucht ist, denn die Strafe ist dementsprechend zweierlei Art.
In die erste Gruppe gehören jene Thäter, die in einem an-
ständigen Familienstande leben (mühsam,)1). Als solcher wird jeder
3. eine eine göttliche Ehrung enthaltende öffentliche Last, wie z. 13. die
Zehentzahlung ('usr);
4. eine ein Strafelement ('ukube) enthaltende öffentliche Last, z. B. die
char&g genannte Grundsteuer;
ü. Rechte, welche sich zwischen den göttlichen Ehrungen und Strafen
bewegen, wie z. B. die Sühne (kaffa r<>\:
6. reine oder volle Strafen ('ukäbe hämile oder mahda), wie die Strafen
des Diebstahls, der Wegelagerung, der Unzucht u. s. w. ;
7. mangelhafte Strafen ('ukübe käsire), z. B. der Verlust des Erbrechtes
des Mörders;
8. ein selbständiges, mit menschlichen Pflichten nicht verbundenes Hecht
(hahh kühn binafsihi), wie das nach den Bergwerksprodukten Gott zu leistende
Eiinftel (in der Türkei verfügt hinsichtlich des Eigentumsrechtes der im Innern
der Erde gefundenen Metalle u. s. w. der § 107 des türkischen Grundhesitz-
gesetzes, siehe den Kommentar 'Ali Hajder, Sarhi £edid li-känüui lerädi [türkisch],
Konstantinopel 1311 [AH.], paar. 368). Aus alledem ist zu ersehen, dass die1
liadd- Strafen nicht nur ein göttliches Recht und die kisäs- artige Vergeltung
der strafbaren Handlungen nicht nur ein menschliches Recht enthalten. Die
Zusammenfassung der einzelnen Strafgruppen unter der im Texte vorkommenden
Bezeichnung hielt ich behufs leichterer Behandlung der Materie für notwendig.
.2.&\ \j>\ ^säJL/ü ».iJi ^säjL ^S.\\ %. Radd ulmuhtär III, 200.
Man kann das Wort jedoch auch muJtsin aussprechen.
Lfc^tSj OLaJl ^..wJCj (^*a^wU ^^*j), Sejeh/.ade, Sari, nniltal.a 1, 283.
102 Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc.
grossjährige, freie Mann und jede grossjährige, freie Frau, die ge-
sunden Verstand haben, muslimischer Religion sind, und in einer
konsumierten rechtswirksamen Ehe leben, betrachtet1).
In die zweite Gruppe gehören diejenigen, welche ausserhalb
dieser Bestimmung fallen, also die Ledigen, Witwen, die nicht zur
muslimischen Religion gehörenden oder nicht freien Ehegatten.
Der anständige Familienstand (ihsdn) kann auch dann bestehen,
wenn die Ehe schon aufgehört hat. z. B. wenn jemand eine Frau
zur Gattin genommen, sich von dieser geschieden hat und dann
allein lebt.
Die Strafe des Mannes oder der Frau, die in einem anständigen
Familienstande leben, ist im Falle der Unzucht, welches Delikt
hier fast mit dem identisch ist, das die europäische Rechtswissen-
schaft Ehebruch nennt , die Steinigung. Jene Personen , welche
nach der obigen Bestimmung nicht zu den im anständigen Familien-
stand lebenden gezählt werden können, werden im Falle der Unzucht
mit 100 Peitschenhieben bestraft2). Die Sklaven erhalten die Hälfte
dieser Strafe. Die Unzucht kann nur dann bestraft werden, wenn
der Thäter sie ohne Zwang, aus eigenem Entschluss, bewusst be-
gangen hat. Unbewusst ist diese strafbare Handlung dann, wenn
der Thäter darüber, welcher Imputation seine Handlung unterliegt,
im Zweifel war (sublie).
Der Prophet hat nämlich erklärt, dass die Strafe im Falle
eines Zweifels entfällt3). Darüber, was die richtige Definition des
Begriffes Zweifel ist, gehen die Ansichten auseinander. So viel ist
jedoch gewiss, dass dieser Begriff und der Begi-iff des Irrtums {chatä)
einander nicht decken. Nach der einen Definition ist nämlich unter
Zweifel zu verstehen , wenn der Mensch nicht recht weiss, ob die
fragliche Handlung erlaubt oder verboten ist: nach der anderen
l) pJbj J.äe (^ft^KxiU &jp») Kxx<w (*•>_;■! i r)L*ü>!) Ja.jty*}
u^y (.) ^>jj| uvL> u^p jxo) wy3 (t-bJij ^l^sl)
LuojS? jS>^\ 8^-aaoJ. Radd ulmuhtär III, 205.
Säfi'i ist der Meinung, dass der Islam nicht zu den Bedingungen des
ihsän gehöre. Manäfi' 243.
Sejchzäde, Sarh inultakä I, 284.
Ij^Oi (Hadit).
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Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc. 103
Definition , wenn etwas einer feststehenden Sache ähnlich , aber
dennoch nicht feststehend (täbit) ist1).
Die mohammedanischen Juristen unterscheiden bei dem Delikt
der Unzucht dreierlei (manche nur zweierlei) Formen dieses Zweifels -).
Die eine liegt dann vor, wenn eine der zur Ableitung der
praktischen Rechtsvorschriften dienenden Rechtsgrundlagen (dalil)
— nämlich der Koran, die Traditionen, die übereinstimmenden An-
sichten der zuständigen Foren und die Rechtsanalogie — miss-
deutet und hieraus gefolgert werden kann, dass die im Grunde
*Ux\äl (*£a£j Jw^ti J.) ^4J==2^~ (i&b ?\y\ »&& J3>;) yö\
Hierbei fügt noch der Kommentator hinzu, dass unter dem Ausdruck fCl-
mahall die mautiCa d. h. das Weib, mit welchem die Unzucht begangen wurde,
zu verstehen sei. gi-^bjii %$> (jj£ J, »JLS) Eadd ulmuhtär III, 207.
Nach Anschauung der mohammedanischen Eechtsphilosophen gehört der
Zweifel eigentlich in die Kategorie der Unwissenheit. Unter Unwissenheit (gaht)
versteht man das Nichtwissen dessen, der wissen sollte (>j>.aXaJ J._i->
.A.a-vw^>*.JLo ^ix-v^^A^a ,.^»i ...<AüL&). Die Unwissenheit wird je
nach dem Grade der etwa bestehenden Entschuldigungen in vier Klassen geteilt.
In eine dieser Klassen gehört auch der Zweifel.
&^e oUx>! . ,jJU> .,^.i ^JLa &*L! *.**£ eJL5 *.^'i
,AJA1aaSjJ c-^° i'r1?" i-Ä' 5-^^-^ *-^^s ^ J*^?" i^^5-^
ci>J> (x£A-ä> »AI*.:) K«j jlX^LaÄUÜ (\i>.« j^j .J*j,J (jr^ H-*"*"
...lAxiLa-J _j|j xJLä^ä-»-; ,W«Jj ?A> J..O .-i»-^ \±^ v\\L^ S «j
^LTj *;bS ca-? ^ix^v.Av.i' ^1 sAäää.^' eNix^A^. Mahmud Es'ad,
a. a. O., 374.
2) As: Lp! c>-JLc A.s .,t. i\i> «.ä*j La ~a~ &&Li K;*.^1.
^i J^' Uii e^ÄÄli jLs r^» iXÜ <Ä<J ^S La LgJwa jüJUdtj *L5>
»t^> ic Lül o.Jlc. Fatäwä Kädichän, Bfiläk 1282 (AH.), III, 180.
104 Kfcsmdrikf Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Straf rechts, etc.
verbotene Handlung gestattet wäre. So sagt z. B. der Prophet an
einer Stelle: „Du und dein Vermögen , ihr gehört deinem Vater".
Aus dieser Kundgebung, welche es eigentlich ausschliesst, dass der
Gebrauch des Vermögens des Sohnes durch den Vater als verboten
betrachtet werde, kann der Vater folgern , dass er auf den Körper
der ein Eigentum seines Sohnes bildenden Sklavin ein Recht habe,
während dies sich nicht so verhält. Eine derart begangene Unzucht
kann mit Rücksicht auf den begründeten Zweifel des Schuldigen
auch dann nicht bestraft werden, wenn der Vater der Ansicht war,
dass das , was er gethan hat , nicht gestattet war. In diesem
Falle ist es daher vollkommen indifterent, ob der Unzucht treibende
Manu im guten Glauben vorgegangen ist oder nicht. Einer ähn-
lichen Beurteilung unterliegt die Unzucht, welche der Verkäufer
einer verkauften Sklavin vor ihrer faktischen Übergabe, oder die-
jenige Unzucht, welche der Bräutigam an der als Brautgeld an-
gebotenen Sklavin ebenfalls vor der Übergabe begeht; denn da die
vorherigen Eigentümer bis zur Übergabe für diese Frauen dem
Vermögen nach verantwortlich sind, hat ihr Eigentumsrecht noch
nicht aufgehört und so konnten sie im Zweifel darüber sein , ob
ihnen noch das Recht des Beischlafes mit ihnen zukomme, während
dieses Recht infolge des Verkaufes eigentlich vernichtet wurde.
Der Verkehr des Gatten mit seiner Frau bei jener Art der Scheidung,
welche die mohammedanischen Juristen eine Verstossung durch
zweideutige Ausdrücke nennen1), während der bei der Frau vor-
geschriebenen Wartezeit {'idde), unterliegt ebenfalls einem solchen
lockeren Verbot, wenn dies auch rechtlich Unzucht ist.
Diese Form des Zweifels nennen die muselmanischen Krimina-
listen subhe fölmahall, einen Zweifel hinsichtlich der Zulässigkeit'-) ;
man könnte sie auch Zweifel hinsichtlich des Eigentumsrechtsver-
hältnisses nennen3). Aus dem Umstände, dass hier die Gutgläubig-
*\.z> ^.c Liil ^i>.♦JLc i3Ls ..lj <Ar=- *^A~>f. "3 äAxil. Kädichän, a.a.O.
2) Der Zweifel erseheint in diesem Falle vorzüglich deshalb begründet,
weil die Rechtsgrundlage (dalil) , strikte genommen, eigentlich die Auffassung
des Schuldigen unterstützt, indem der oben erwähnte Ausspruch des Propheten
„anta wa-mälulea li-abika" als eine allgemeine Ermächtigung des Vaters, das
Vermögen des Sohnes in beliebiger Weise zu gebrauchen , gedeutet werden
kann, welcher Deutung wohl die konträre Bestimmung des zyma' wider-
spricht. Da es sich nun hier um den Umfang der Rechtswirkung (hukm) des
dalil handelt, wird dieser Zweifel als hukmijje bezeichnet. Der Ausdruck
fi'lmahall wäre daher weniger zutreffend mit „Zweifel hinsichtlich des Ortes"
wiedergegeben. Radd ulmuhtär III, 207. 208.
\l iXIL* m»X , c\ üXLII -ÄX4J ,J^aä.Ü »1 »J bi^JU^o a. a. O.
Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc. 105
keit des Thäters nicht gefordert wird, geht offen hervor, dass man
diese Art der Befreiung von der Strafe nicht richtig einen Zweifel
nennt. Da aber in der mohammedanischen juristischen Terminologie
dies ihr Name ist, konnte ich diesen in Ermangelung eines besseren
Ausdruckes nicht mit einem anderen vertauschen.
Die zweite Form des Zweifels kommt dann zustande, wenn
jemand einen Umstand, welcher keine Rechtsgrundlage (dalil) bildet,
für eine solche nimmt und, von einer falschen Voraussetzung aus-
gehend, des Glaubens ist, dass irgend eine Handlung gestattet sei.
In diesem Falle hat der Angeklagte seine Gutgläubigkeit unbedingt
zu behaupten, d. h. er muss behaupten, dass er des Glaubens ist,
die durch ihn begangene Handlung sei gestattet, denn ohne dieses
Vorgehen wird die vorgeschriebene Strafe auf ihn angewendet. Eine
derartige Behauptung ist ohne jeden Beweis anzunehmen.
Ein Beispiel für diese Form des Zweifels ist, wenn der Sohn,
davon ausgehend, dass die Kinder während des Lebens der Eltern
deren Vermögen dem Usus nach ungestört benützen, glaubt, er dürfe
mit der Sklavin seines Vaters oder mit der seiner Mutter Inzucht
treiben, während dafür, dass die Kinder das Vermögen ihrer Eltern
benützen , keinerlei rechtliche Grundlage vorhanden ist. Für den
umgekehrten Fall besteht die Rechtsgrundlage in dem erwähnten
Ausspruche des Propheten: „Du und dein Vermögen, ihr gehört
deinem Vater". Der ähnliche Glaube des Gatten gegenüber der
Sklavin seiner Frau und der des Sklaven gegenüber der Sklavin
seines Herrn kann auf derselben Grundlage als Entschuldigung
dienen, wie die Gutgläubigkeit des Sohnes, wenn er mit der Sklavin
seines Vaters Unzucht treibt; denn der Gatte benützt in der Regel
mit Recht das Vermögen seiner Frau und der Sklave das seines
Herrn. Kraft des Princips des Zweifels bleibt auch derjenige Gatte
straflos , der sich von seiner Frau nach jener Art der Trennung
getrennt hat, die dreifache Trennung genannt wird, mit seiner Frau
während ihrer Wartezeit verkehrt und behauptet, er habe dies für
zulässig gehalten1). Strafbar ist jedoch die Unzucht dann, wenn
sie jemand z. B. mit der Sklavin seines Bruders oder seines Onkels
treibt; selbst wenn er behauptet, er habe geglaubt, dies sei gestattet,
hat der Zweifel crar keine Besn-ündim^.
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Fetawä
I, 184.
106 Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc.
Dadurch, dass die Gesetzgebung, indem sie einen begründeten
Zweifel honoriert, die Übernahme der rechtlichen Folgen der straf-
baren Handlung dem Gewissen des Angeklagten überlässt und diesem
damit sozusagen die eigene Beurteilung anheimstellt, macht uns das
mohammedanische Strafrecht mit einer eigentümlichen Art der Selbst-
justiz bekannt, deren Variationen wir insbesondere bei dem Delikt
des Diebstahls wiederholt begegnen werden.
Diese zweite Form des Zweifels wird Zweifel in der Handlung
genannt (suhltet ulfi'l, auch subhet ulistibdh).
Ich bemerke, dass die in Unzucht erzeugten Kinder nicht un-
bedingt illegitim sind. Wenn nämlich die Parteien die Unzucht mit
der ersterwähnten Form des Zweifels entschuldigen, dann kann die
Vaterschaft durch Klage festgestellt werden, was bei dem zweiten
Zweifel jedoch nicht der Fall ist. Denn, so sagen die orientalischen
Juristen , selbst wenn der Thäter durch Berufung auf den Zweifel
der Strafe entgeht, so sind dennoch die in diese Kategorie gehören-
den strafbaren Handlungen nichts anderes als wirkliche Unzucht.
Die dritte Form des Zweifels ist diejenige , welche man den
Zweifel hinsichtlich des Verbindlichkeitsverhältnisses nennt (subhet
ul'akd). Dieser Zweifel kommt am häufigsten als Zweifel hinsichtlich
der Eheverbindlichkeit vor und besteht darin, dass jemand mit einer
Frau im ehelichen Verhältnisse lebt, mit welcher er infolge des
zwischen ihnen bestehenden trennenden Ehehindernisses keine Ehe
hätte schliessen dürfen. Behauptet nun der Angeklagte , er habe
von diesem Verbot keine Kenntnis gehabt, so wird er von der Strafe
der Unzucht befreit. Es steht jedoch dem Richter das Recht zu.
die Betreffenden nach seiner besten Ansicht mit irgend einer Strafe
(ta'zir) deshalb zu belegen, dass sie etwas nicht gewusst haben,
was den ordentlichen Umständen gemäss allgemein bekannt ist.
Die Unzucht kann infolge des Princips des Zweifels nicht be-
straft werden, wenn jemandem eine Frau zugeführt wird und man
ihm sagt, sie sei seine Braut. Doch muss der Mann nach dem
Beischlaf die ihr gesetzlich zukommende Brautgebühr bezahlen.
Der Irrtum, die Irreführung oder der Schein derselben sind infolge
der Eigentümlichkeit der mohammedanischen Eheschliessungen, nach
welchen die Verlobten in vielen Fällen einander nicht kennen, leicht
möglich. Doch wird Unzucht begangen und sie ist strafbar, wenn
der Mann in einem eigenen Bette eine fremde Frau trifft und mit
dieser den Beischlaf ausführt, und zwar auch in dem Falle, wenn
der Mann eventuell blind ist, denn der Thäter, der seine Frau
kennen muss, hat die erforderliche Sorgfalt ausser Acht gelassen1).
l) tZs-^j l&Jäh (x-^Li ,J.z. ^>A^>3 »|y*0 s-kjj (. . . . ~\>»)
e>.^>.: 'Jl üJjUj *Xj.:>.5 l3>lcJ \5\ "3\ $y~Xi *J*£+zJ (^•♦c! j-2 j-|.)
.\X>»: *jw.Lj X&li LSI ,\ u. s. w. Kadd ulmulitär III, 213.
Krcsmärik, ßeitr. z. Beleuchtung d. islamit. Straf rechts, etc. 107
Der der Unzucht angeklagte Mann kann nicht bestraft werden,
wenn er behauptet, dass sein Genosse in der als Delikt qualificierten
Handlung seine eigene Frau war, selbst wenn diese Behauptung
nicht wahr ist '). Derselben Auffassung werden wir auch bei dem
Delikt des Diebstahls begegnen, nach welcher dieses straflos bleibt.
wenn der Thäter behauptet, die gestohlene Sache sei sein Eigentum.
Behauptet einer der Schuldigen von sich , dass er unter dem
Einfluss eines Zweifels gehandelt hat, dann geht die Bechtsfolge
des Zweifels, welche in der Straflosigkeit bestellt, notwendigerweise
auch auf die andere schuldige Partei über -).
Die infolge eines Zwanges begangene Unzucht kann ebenfalls
nicht bestraft werden , mit dem Unterschied jedoch , dass, während
der Zweifel als eine innere Thatsache. die ohnedies nicht bewiesen
werden kann , nur behauptet werden muss , der Angeklagte den
Zwang als eine Handlung einer dritten Person zu beweisen hat.
Wenn wir uns nun die bisher geschilderten Kriterien des
Begriffes der Unzucht vor Augen halten, wird uns die Definition
dieses Deliktes von Seite der mohammedanischen Juristen ver-
ständlich, dass eine strafbare Unzucht begangen wird, wenn ein
volljähriger Mann, der gesunden Verstandes ist, aus freier Ent-
Schliessung mit einer Frau, an der er kein Eigentumsrecht hat
und bei der auch darüber, dass er kein Eigentumsrecht an ihr
hatte, kein Zweifel vorlag, mit deren Zustimmung geschlechtlich
verkehrt. Oder wenn wir jenen Teil der Definition weglassen, der
im allgemeinen zum Begriff jeder strafbaren Handlung notwendig
ist, so lautet diese Definition dahin: der Beischlaf mit einer Frau
ohne Eigentumsrecht oder ohne Zweifel bezüglich dieses Kechtes:;).
Infolge des Princips, dass die Strafe nur dort bemessen werden
kann, wo der Islam die Bechte der Souveränität ausübt, bleibt die
strafbare Handlung ohne Strafe, wenn sie in einem fremden Staate
oder auf dem Schauplatz einer Empörung, wenn auch durch einen
muselmanischen Bürger, begangen wurde. In einem mohammeda-
1) Eine nachträgliche Ehe zwischen den wegen Unzucht verklagten Personen
befreit jedoch dieselben von der Haddstrafe nicht:
X>.: oJ'j" lML \Xc lXä- jiä* ^x^-»: Lp! JL-'i _cOi «J.S
AjüJl ^iöj *J 't^JÜ ^ \j^S äüLJi. Sejchzade, Sarh multakä I, 283.
5 ,»,/£> .j>^SI wJ'Jl Jt. Radd almubtar III, 210.
3) iJCiA^j *KLa ^c ^l~> X^'i J, v-äiX« Jk} LiJL. Sejchzäde,
Sarli rnultakä I. 282.
108 Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. islarnit, Strafrechts, etc.
nisclien Staate hingegen wird auch der Schutzbefohlene (r/immi)
wegen Unzucht der strafrechtlichen Verantwortlichkeit unterzogen,
denn nach der mohammedanischen Theorie ist die Unzucht nach
der Lehre jeder Religion eine verdammenswerte Handlung. Un-
zucht , welche in einem mohammedanischen Staate von Personen
begangen wurde, von welchen keine der mohammedanischen Religion
angehört und mohammedanischer Untertan ist {mustämin) , unter-
liegt keiner Strafe , aber nicht deshalb , als würde ihre Handlung
nicht als Unzucht betrachtet, sondern weil auf solche Personen das
Strafrecht des Islams sich nicht erstreckt x).
Es wird nicht als Unzucht betrachtet, wenn ein nicht voll-
jähriger Mann oder ein Mann von nicht gesunder Vernunft mit
einer volljährigen und mit gesunder Vernunft begabten Frau den
Beischlaf ausübt; steht die Sache aber umgekehrt, dann gilt das
Delikt der Unzucht als festgestellt.
Das Delikt der Unzucht ist entweder durch Geständnis oder
durch Zeugenaussagen zu beweisen. Durch Zeugenaussagen kann
dieses Delikt dann bewiesen werden, wenn vier männliche Zeugen
zusammen zur selben Zeit Zeugenschaft über die Unzucht ablegen,
und zwar mit dem klaren Ausdruck , dass die Thäter miteinander
Unzucht getrieben haben2). Zur richterlichen Konstatierung des
Deliktes genügt es daher nicht, wenn die Zeugen nur aussagen,
dass die Angeklagten miteinander geschlafen, gekost haben, sondern
sie müssen direkt die Unzucht beweisen3). Auch der Ausdruck
l) Abu Jüsuf behauptet das Gegenteil und meint, dass der Mustämin,
solang er sich auf muhammedanischem Territorium befindet, die Verfügungen des
Islams, mit Ausnahme des Verbotes des Weintrinkens, zu beobachten ver-
pflichtet sei :
j*M *— >jÄ J, ^Si vA^S li.5 J . Sejchzl.de, Sarh multakä I, 288.
ulmuhtär III, 19C.
Das Urteil kann damit, dass der Kichter persönlich Kenntnis von dem
Begehen des Deliktes habe, nicht begründet werden.
^lil ^J* jjk+j 3'finJL oW l/üb L3^3 LiJl e>.^_5
. -xsL&Jlj .0 . gJ^ -5jlr> SC^Ä iv*-^ *-dle .-3. Sejchzädo, Sarl.i
multakä I, 282.
3) j J^'L-^ '-r^y £ L-r^^ *\+i[) [jJLSj i*£i«3 IjJUj |-3Ls)
Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Straf rechts, etc. 109
verbotenen Beischlafs genügt nicht. Es ist indifferent, in welcher
Sprache die Zeugen aussagen; in dem von ihnen angewendeten
Ausdruck muss jedoch der Begriff' der Unzucht enthalten sein.
Der Richter hat die Zeugen von Amtswegen zu befragen , ob
sie es wissen, worin die Unzucht bestanden, in welcher Weise, wo,
wann und mit wem sie begangen wurde. Ohne Klärung dieser
Fragen kann das Delikt und dessen Rechtsfolgen nicht festgestellt
werden. Darüber, in welcher Weise die Unzucht begangen wurde,
müssen die Zeugen deshalb befragt werden , weil es möglich ist,
dass jene Art des Kosens, welche der Tbäter angewendet hat.
rechtlich keine Unzucht ist. Wo die Handlung geschehen, ist des-
halb wichtig, weil eine auf dem Gebiet eines fremden Staates oder
auf dem Schauplatz einer Empörung, d. h. einem ausserhalb des
Gesetzes stehenden Orte, begangene Unzucht nicht bestraft werden
kann1). Die Zeit, in welcher die That begangen wurde, muss mit
Rücksicht auf die Verjährung festgestellt, während die Frage, mit
wem die Unzucht getrieben wurde , deshalb gestellt werden muss,
weil es möglich ist, dass sich jemand mit einer solchen Frau ver-
gangen bat, von der er im irrigen Glauben war oder sein konnte,
dass er mit ihr geschlechtlich verkehren dürfe (Zweifel).
Die kollektive Aussage der vier männlichen Zeugen ist ein so
wesentliches Erfordernis der Konstatierbarkeit dieses Delikts, dass.
wenn nur drei Zeugen erscheinen und dafür Zeugenschaft ablegen,
dass jemand Unzucht getrieben habe, der Geklagte nicht nur keiner
strafbaren Verantwortlichkeit unterzogen wird, sondern sogar die
Zeugen wegen Verleumdung bestraft werden.
Im allgemeinen kann auch der Gatte als Zeuge gegen seine
Frau angenommen werden. [Als Ausnahme von dieser Regel kann
der Fall gelten, wenn der Mann seine Frau mit Ehebruch ver-
leumdete {hadf). Wenn daher einer der vier Zeugen der Gatte
der angeklagten und von ihm verleumdeten Frau ist , so sind die
anderen drei Zeugen wegen Verleumdung zu bestrafen , und bat
sich der Gatte an Stelle der Haddstrafe für Verleumdung der
Ceremonie des li'dn zu unterwerfen'2).]
fällbare II, 237. 'Omar I. fand das Delikt der Unzucht in einem ihm zur
Entscheidung vorgelegten Falle nicht bewiesen, trotzdem drei Zeugen regelrecht
deponierten, und auch aus der Aussage des vierten Zeugen auf die Schuldig-
keit des Angeklagten gefolgert werden konnte, weil der letztere nur soviel sagte :
Ul>. 0-.jl._3 \ ^—> Ij lyoU LJ-e. -v^SÜ. iüJu w/itA'si vü«.jL
ü5üJ» s.\ ^ La (CjJ»! \ .Us> ^SS sJütc ic. a. a. O. 23G.
1) v ) ^=1- ,lj t LiJÜ Js-S> ^ fci^L Radd ulmuhtär III, 195.
2) cX-'i .«jp ...uXi-io s^v« KÜLaJ pL>, ~»Jl _~iÄs ...t»
' — v i^ _j • • J Q^J - \D-*
~*;*\ -»c^Lj» ,,»0^3£. (jfauhare II, 237. Li'dn ist der vom Ehemanne
HO Kresmdrik, Bcitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc.
Ergiebt es sich nach der Bestrafung des Angeklagten , dass
die Aussagen eines der Zeugen aus irgend einem gesetzlichen Grunde
nicht hätten zugelassen werden dürfen, dann gebührt, wenn die
Strafe in der körperlichen Züchtigung des Unzucht treibenden
Mannes bestanden hat, dafür kein Ersatz. Wurde aber der An-
geklagte gesteinigt, dann können seine Rechtsnachfolger für sein
Leben von dem Ärar Blutgeld verlangen. Zieht dagegen nach der
Steinigung des Angeklagten einer der vier Zeugen sein Geständnis
zurück, dann ist dieser eine wegen Verleumdung zu bestrafen und
hat ein Viertel des Blutgeldes {dijet) zu bezahlen. Zieht aber ein
Zeuge vor der Steinigung des Angeklagten sein Geständnis zurück,
so harrt aller vier Zeugen die Strafe wegen Verleumdung und die
Steinigung des Angeklagten unterbleibt. Giebt es jedoch fünf
Zeugen , dann ist die Zurückziehung des Geständnisses eines der
Zeugen mit keinerlei Folgen vei'bunden.
Sobald der Richter die strafbare Handlung durch ein Urteil
festgestellt hat, hat er die Strafe zu vollstrecken.
Bei der Steinigung wird der Verurteilte auf einen freien Platz
geführt, wo das Volk in Reihen aufgestellt ist, ebenso wie beim
Gebet in der Moschee. Ist eine Frau verurteilt, dann ist diese
behufs Wahrung des Schamgefühls in eine Grube zu stellen , so
dass sie bis zur Hälfte in dieser steht, und dann zu steinigen.
Schwangere Frauen dürfen nur nach ihrer Niederkunft und Ge-
nesung vom Wochenbette gesteinigt werden. Wenn zur Erziehung
des Kindes niemand da ist, ist die Strafe bis zum Zeitpunkte, wo
das Kind der mütterlichen Pflege entbehren kann, zu verschieben.
Mit den Steinwürfen haben die Zeugen zu beginnen , nach
ihnen folgen der urteilende Richter und das Volk1). Wollen die
Zeugen nicht werfen oder sind sie bei der Vollstreckung nicht er-
schienen oder mittlerweile gestorben, so unterbleibt die Strafe und
unter Anrufung Gottes gegen seine Frau ausgestossene Fluch, durch welchen
er dieselbe eines lasterhaften Wandels oder der Geburt eines im Ehebruch
empfangenen Kindes beschuldigt. Tornauw, Das moslemische Recht, Leipzig
1855, pag. 174.
The proper form of lidn is for the judge to begin with the husband,
who should bear witness four times, saying each time, ,1 attest, by God, that
I was a Speaker of the truth when I cast at her the Charge of adultery" and
that he should then say, the fifth time, „The curse of God be upon him if
he was a liar, when he cast at her the Charge of adultery"; and in all this
he should distinctly poiut to her. . . . When both parties have taken the lidn,
the judfcie is to separate them. Neil B. E. Baillie, A Digest of Moohum-
mudan Law, I, London 1875, pag. 338.
1) Wenn sich das Volk weigert den Verurteilten zu bewerfen, so sind zu
diesem Behufe auf Kosten des Arars Leute aufzunehmen.
, *-o»l ..^VÄavI _^*.^-l. » .\ÄJ^I LLic! MjJL*Ji c>v;J. Targumet
ul'I'ahäwi IV, 340.
Krcsmärik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc. \\\
zwar deshalb, weil es möglich ist, dass die Zeugen oder wenigstens
einer von ihnen das Geständnis zurückgezogen hätten , in welchem
Falle das hierauf basierende Urteil nicht bestehen würde.
Der gesteinigte Schuldige wird gewaschen, nach den Vor-
schriften der Eeligion in Leintücher gehüllt und dann betet man
über ihm.
Wurde der Beschuldigte zur körperlichen Züchtigung ver-
urteilt, dann werden ihm, wenn es sich um einen Mann handelt,
die Kleider mit Ausnahme der notwendigsten unteren ausgezogen
und er muss die Peitschenschläge stehend ertragen , welche nicht
an einer Stelle, sondern, mit Ausnahme des Schädels, des Ge-
sichtes u. s. w., an verschiedenen Teilen des Körpers zu applicieren
sind. Die Schläge dürfen weder überaus stark, noch sehr schwach
sein. Die Peitsche darf keinen Knoten haben , denn 'Ali hat , als
er eine solche Strafe anwandte, den Knoten von der Peitsche ent- .
lernt. Von 100 Schlägen darf man dem Angeklagten an einem
Tage nur 50 applicieren, die übrigen müssen auf den nächsten Tag
verschoben werden. Die Frauen legen bei der Züchtigung die
Kleider nicht ab, ausgenommen die pelzartigen, welche die Schläge
unwirksam machen würden, auch erleiden sie die Strafe sitzend.
Die Unzucht kann auch durch das Geständnis des Tkäters als
bewiesen betrachtet werden 1). Das Geständnis zieht dieselben
Folgen nach sich, wie die Aussagen der Zeugen, nur müssen beide
Parteien geständig sein, denn wenn die eine die Handlung leugnet,
kann das Verbrechen nicht festgestellt und die Strafe der Partei
nicht auferlegt werden. Nur Grossjährige und solche, die bei voller
Vernunft sind, können ein rechtsgültiges Geständnis machen. Das
im trunkenen Zustand gemachte Geständnis ist nichtig.
Nach der Analogie der gesetzlichen Anordnung, dass zum Be-
weise der Unzucht vier Zeugen notwendig sind, wurde die Theorie
-aufgestellt, dass der Thäter das Geständnis viermal hintereinander
zu verschiedenen Zeiten vor dem Richter wiederholen muss, da der
Richter es sonst nicht berücksichtigen kann-). Der Richter weisl
den geständigen Thäter zum ersten, zweiten und dritten Mal unter
dem Titel zurück, dass zur Gültigkeit des Geständnisses dessen
1) Das Geständnis eines Dimmi wird ebenso berücksichtigt, wie das eines
Muslims. Nur dass seine Strafe, wie überhaupt, nicht die Steinigung, sondern
die Peitsche ist:
l&ü> J^> £aa3JI iJoyA ^JJ! jSl jis ^l~^i 3ojJLi SX
^N-.l . Sejchzäde, Sarh multakä I, 283.
2) s/j 0.^> &*JIjI ,iJJl »Xj »-O -.-AJui Li: »l\ä? ^j;
' -TJ7 JT' - JJ JTJi >■• V " J -)
är<M)t*i> ö? _^,«jü»I oweLäi Li: <A=> a»Äj,;»i ^l\j; \L\*Xj! ,1'sI
jUaJj! . Fetäwä 'AH ef., I. Bd., pag. 184.
112 Krcsmdrik, Bcitr. z. Beleuchtung d. tslamlt. Strafrechts, etc.
viermalige Wiederholung notwendig sei. Beim vierten Male kann
der Richter den betrettenden Schuldigen nicht mehr zurückweisen,
sondern er verhört ihn bezüglich all der erwähnten Fragen, nämlich
in welcher AYeise, wo und mit wem die Unzucht verübt wurde.
Wann die geständige Person die Unzucht begangen hat, braucht
nicht gefragt zu werden, weil diese Frage nur vom Gesichtspunkt
der Verjährung des Deliktes notwendig ist. Die Verjährung kann
nämlich nur das Anhören der Aussagen durch den Richter hindern,
hat aber darauf, dass das auf Grund des Geständnisses des An-
geklagten eingeleitete Verfahren eingestellt werde , gar keine Wir-
kung1). Die Kenntnis des Eichters oder die Aussage der Zeugen
darüber, dass der Angeklagte die strafbare Handlung vor ihnen
bekannt hat , bildet selbst dann keinen genügenden Beweis , wenn
der Angeklagte vor dem Richter die ihm zur Last gelegte Handlung
ein-, zwei- oder auch dreimal gestanden hat.
Das Geständnis kann wann immer zurückgezogen werden und
die Rechtsphilosophen empfehlen es auch, dass der Richter dem
seine Sünde Gestehenden die Zurückziehung seines Geständnisses
dadurch erleichtere, dass er ihm sage: „Vielleicht war das gar
nicht Unzucht, was du getrieben hast, sondern nur einfaches Kosen,
Küssen u. s. w. und vielleicht warst du im Zweifel darüber, ob du
an die betreffende Frau ein Recht hast"2). Zieht der auf Grund
JS 13! w^j-j aüli nä^Lbl ^JLc ,j^J rölüxl\ liJi C)L? ^ AÜ
.a£>LäJLj ä.^äJ! silj^y f-*-*-i L*if *oLääJ! mI si\j.2~} Jj'sbSlj *Jj-*3
n.s ^J poLäÄJi ^ JjM\ v_j^. jjuü jAjs-txJi 0^. ri iü
-/toläil ic!. -Jl (jJ2»Äj »«AÄc». Sejcbzäde, Sarh multakü I, 283.
Manche Juristen sind der Ansicht, dass der Richter auch die geständige
Person zu befragen habe, wann die Unzucht begangen wurde, weil es immerhin
möglich ist, dass er das Delikt in seiner Kindheit oder im irrsinnigen Zustande
verübte, in welchen Fällen natürlich die Strafe zu entfallen hätte.
*Jb>- ^ .! 8.cIa,o ^ ^i: aii jU->- xJU.~.j aot *,\;o^i ^£i
\L.av.j ,..! .ix-o &,a.>I„«aJ|: a. a. O.
2) Der Prophet verfuhr nämlich mit ähnlichen Sündern auf die an-
gedeutete Weise
U.AjI J-, nL',^C J »Lj 8.*i/« Lj». 8-a.avS L »»»lali &xJt Jwixv« ^
Krcsmürik, Beitr. z. Beleuchtung d. /'damit. Strafrechts, etc. H3
seines Geständnisses Verurteilte vor der Strafe oder auch während
der Anwendung der Strafe sein Geständnis zurück, so lässt man
ihn laufen. Ja selbst wenn er vor der Strafe einfach entflieht,
kann er nicht verfolgt werden, denn aus der Flucht muss gefolgert
werden . dass er sein Geständnis zurückzieht , wozu er berechtigt
ist. Die Ableugnung des Geständnisses gilt ebenfalls als Zurück-
ziehung1).
Den Steinwurf beginnt bei dem auf Grund seines Geständ-
nisses zum Steinwurf Verurteilten, da kein Zeuge vorhanden ist.
der urteilende Richter . gleichsam zur Rechtfertigung dessen , dass
er bei seinem Verfahren entsprechende Gewissenhaftigkeit entfaltet
hat; dann setzt das Volk die Steinwürfe fort.
[Fortsetzung im nächsten Hefte.]
<j5^4-j-> :^jl\äj! _ai Lj» JCj J yAXCJLo . Targumet ulTahäw
1) Es ist zu bemerken, dass das Urteil des Richters sich auf die Aussagen
der Zeugen nur in dem Falle stützen kann, wenn der Angeklagte das ihm
imputierte Verbrechen leugnet. Sobald der Angeklagte seine Schuld bekennt,
sind die Zeugenaussagen als null und nichtig zu kassieren, und wird der Thäter
auf Grund seines eigenen Geständnisses verurteilt. Dieses Geständnis kann
ohne Rücksicht auf die vorangegangene Deposition der Zeugen ebenfalls giltig
•niderrufen oder dadurch -wirkungslos gemacht werden, dass sich der Thäter der
Strafe z. 13. durch Flucht entzieht. Nach einigen Juristen ist auch ein solches
Geständnis viermal zu wiederholen.
A^jOLgjw ^yX^ -i\ ^s+i t^Xj «.^ ^LijJLd ÄJtJ.I B.^c iVg*v »J»
^^ öss>Jjmi UUs-l o*JiaJ l*?j5 jäl 53ls sjU^Jl JJxö bS o5y>
_.s>o *.:>. jj L?Ä5> Ojä^i. Gauhare II, 238.
Man begründet diese merkwürdige Auffassung, durch welche die Tendenz
der mohammedanischen Straftheorie — die göttlichen Strafen in möglichst
seltenen Fällen anwenden zu müssen — ganz deutlich hervortritt, damit, dass
die Beweisführung durch Zeugen nur in Ermangelung eines Geständnisses zu-
lässig sei:
Lgj JhjJI Jus J^&Ji oläs .\js$\ j.Ac »oL^äJ! -bjÄ ^. Radd
ulmuhtär III, 199.
Bd. LVIII.
114
Zur Quellenkunde der indischen Medizin.
Von
Julius Jolly.
3. Ein alter Kommentar zu Susruta.
Die Universitätsbibliothek in Cambridge besitzt eine noch
nicht katalogisierte Papierhandschrift (Add. 2491), die auf dem Um-
schlag als sausrutasäriram tru° (trutitam) bezeichnet ist, nach
den Unterschriften aber das dritte Buch, den anatomischen Teil der
nyäyacandrikä panjikä zu dem sausrutam äyurvcdasästram ent-
hält. Offenbar hat sich in dieser leider am Anfang und Schluss
unvollständigen Hs. ein Stück eines alten Kommentars zu Susruta,
der Panjikä des Gayadäsa, erhalten, die früher nur aus Anführungen,
hauptsächlich in Dallanas schon öfter gedrucktem Nibandhasamgraha
zu Susruta, bekannt war. So citiert Roth in seiner Besprechung
von Jib. Vidyasagaras Ausgabe dieses Werkes, einer seiner letzten
Arbeiten in dieser Zeitschrift (48, 138 ff.), die Einleitung Dallanas,
wonach derselbe für seinen Nibandhasamgraha die Tlkä des Jaijjhata,
die Pafijikäs von Gayadäsa und Bhäskara und die Tippanas von
Mädhava , Brahmadeva u. a. benützt hat , fügt aber hinzu , es sei
bisher von diesen älteren Auslegungen zu Susruta nichts aufgefunden
und nur die zwei Kommentare von Daliana und Cakrapänidatta
auf uns gekommen. Auch in den bisherigen Handschriftenkatalogen
kommt Gayadäsa nicht vor, doch ist Dr. P. Cordier in Indien vor
einigen Jahren, nach brieflicher Mitteilung bei seinen Nachforschungen
nach Candranandanas Padärthacandrikä zu Vägbkata, in den Besitz
eines Stückes der Panjikä, anscheinend des Nidänasthänam,1) gelangt.
Hiezu kommt nun unsere Hs. des Särlrasthänam. Dass dieses Werk
Gayadäsa zum Verfasser hat, seine Panjikä ist, lässt sich, obwohl
sein Name darin nirgends genannt wird, leicht aus den Citaten bei
Daliana darthun. In dem Särirasth. von Dallanas Nibandhas. wird
nach meiner Zählung Gayadäsa oder Gayin einundfünfzigmal citiert,
wobei die allgemeinen Hinweise auf die Meinungen und Lesarten
früherer Erklärer nicht gerechnet sind. So heisst es in adhy. 2
des Särirasth. bei Daliana (p. 542 der Ausgabe von Jib. Vidy.):
1) Cordier in Journ. as. 17, 182, 186 (1.901).
Jolly, Zur Quellenkunde der maischen Medizin. H5
gayi tu catasrsv ity atra caturthim sonitaprakrtibhütavisragandhi-
sonitärtavärtim manyate tasyä eva sädhyatvät. Diesem Citat ent-
spricht in unserer Hs. (f. 16a) die Stelle: sonitaprakrtibhütavisra-
gandkisonitärtavärtih samuccitä | saiva caturthi sädhyatvät tasyäh.
Gleich nachher (p. 543) folgt das Citat: gayl tv atra durgandhi-
kunapagandhini püyasamkäse pütipüyopame rnajjatulye tridosamaline
iti vyäkhyäti. In der Hs. (f. 16a) heisst es ähnlich: durgandhe
kunapagandkini püyasamkäse püritapüyäbhe majjäbhe iti tridosaje.
Ebenso lässt sich die kurz nachher erwähnte Erklärung Gayins von
Susrutas bhadrasriyam mit svetacandanam in unserer Hs. nach-
weisen, und der Schluss dieses Citats wird durch die Hs. erst ver-
ständlich, indem bei Dallana vor gandhä0 die in der Hs. enthaltenen
Worte: na tu raktacandanakvätham ausgefallen zu sein scheinen.
Das Citat über die Sündhaftigkeit der Geburt von Zwillingen und
die Notwendigkeit dieselbe durch eine Busse zu sühnen (p. 549)
findet sich in der Hs. f. 20 b , der nach Gayin aus Käsyapa an-
geführte Sloka auf f. 21 b. Iu adhy. 3 (p. 556) wird eine Aus-
legung Gayins citiert, die auf einem sloka des Bhoja basiert; die
Hs. hat den sl. auf f. 30 a. In adhy. 4 (p. 562) wird aus Gayin
der Satz citiert: vibhajate tasmät kosthät prthakkaroti ; die Stelle
findet sich in der Hs. f. 37 a, nur mit der Variante tat f. tasmät,
ebenso bald nachher die Gayin zugeschriebene Lesart hrdaye pa-
cyamänäm auf f. 38 a, wie auch das lange Citat aus Gayin p. 569 :
tatra svabhävatah suddham ff. wenigstens in seinem ersten Teil
(bis darsanät) in der Hs. f. 42 a wörtlich wiederkehrt, nicht minder
auf f. 45 a Gayadäsas Lesart ausadhikam f. audarikam (p. 571).
In adhy. 5 (p. 575) hat die Hs. f. 47 b wenigstens dem Sinne nach
genau die Lesart Gayins: mahatyo etc. In adhy. 6 (p. 591) ist
Gayins Variante : stanamüle dve u. s. w. und seine auf Bhoja be-
gründete Erklärung derselben im Wesentlichen in der Hs. f. 54 b
nachweisbar. In adhy. 7 am Ende wird Gayin van Dallana (p. 595 f.)
neunmal citiert, doch lassen sich diese Citate in der Hs. nur teil-
weise verificieren, auch liest die Hs. f. 59 a karnayoh pafica panca.
wo in Dallanas Citat die Zahl 16 erscheint: gayi tu karnayoh
sodasa. In adhy. 8 am Anfang ist die Stelle f. 60 a, auf die das
Citat: ksatena etc. (p. 596) offenbar geht, verderbt, dagegen das
Citat: käsasväsayor alpayor märgavisuddhyartham etc. (p. 601) auf
f. 62 a fast vollständig erhalten. Das Citat in adhy. 9 (p. 609)
scheint in der Hs. zu fehlen. Im letzten adhy. ist das Citat :
garbhanädim etc. (p. 613) deutlich ein Auszug aus der Glosse:
vardhayitvä etc. f. 73b, das Citat: desakälauka0 (p. 616) mit dem
charakteristischen Wort oka und der Glosse dazu erscheint auf
f. 74 a, Gayins sanmäsäd statt der Vulgata sanmäsam und seine
Erklärung des Ablativs mit ürdhvam (p. 619) auf f. 77 b, kurz vor
dem folgenden Citat bricht die Hs. ab.
Aus den häufigen Anführungen bei Dallana ergiebt sich das
Ansehen, das Gayadäsa als Kommentator Susrutas genoss und durch
\\Q Jolhj, Zur Quellenkunde der indischen Medizin.
seine vielen eigenartigen Lesarten und Erklärungen und seine grosse
Ausführlichkeit wohl auch verdiente. Auch sonst wird Gayadäsa
in den medizinischen Kommentaren gerne citiert, besonders in den
Kommentaren zum Mädhavanidäna, so im Madhukosa (28, 79 ed.
J. Tricumaji, Bomb. 1901), Ätankadarpana (Aufrecht, Bodl. 314), Ni-
dänapradlpa (Eggeling, I. 0. Cat. 936). Auch mit dem pafijikäkära,
der bei Daliana mehrfach vorkommt, ist jedenfalls Gayadäsa gemeint.
Zweifelhafter ist, ob man auch den öfter genannten candrikäkära
mit unserem Autor identificieren darf, da sein Kommentar den
Titel °candrikä mit anderen medizinischen Kommentaren teilt, doch
kann die Lesart des candrikäkära im Text des Susruta im Madhu-
kosa 296 wohl nur auf Gayadäsa gehen. Über das Zeitalter Gaya-
däsas kann ich einstweilen nur so viel sicher feststellen , dass er
älter sein muss als Dallana, der bekanntlich von Hemädri (c. 1280) 1)
citiert wird und Cakradatta (c. 1060) citiert, also in das 12. — 13.
Jahrb. fallen muss. In Cakradattas Kommentaren zu Susruta und
Caraka, so weit sie mir zugänglich sind, wird Gayadäsa nicht citiert,
doch möchte ich daraus nicht auf seine Posteriorität schliessen, da
Cakradatta überhaupt keinen älteren Kommentator des Susruta mit
Namen zu nennen scheint und da auch Gayadäsa den Cakradatta
nicht nennt, seine Citate überhaupt einen altertümlichen Ein-
druck machen. Arn häufigsten citiert er Caraka, nach ihm Bhoja,
ausserdem : Asvinau , Asvavaidyakam , Käsyapa , Jätükarna , Närada
(die Stelle über 14 sanda, 12, 11 ff.), Bharadväja, Bhälukin, Visvä-
mitra, Vyddhakäsyapa , Susruta, Hiranyäksa u. a. In dem auch
citierten Jadah (dharmä0 iti jadah f. 20 b, ähnlich f. 26 b) steckt
vielleicht der oft in den Hss. verderbte Name des ältesten Kom-
mentators des Susruta. Jejjhata. Unter obigem Bhoja braucht nicht
der bekannte König des 11. Jahrhunderts verstanden zu werden,
da ein berühmter Mediziner Bhoja schon in der buddhistischen
Litteratur auftritt.2) In negativer Beziehung fällt das Fehlen
Vägbhatas unter den in unserer Hs. wie auch in dem in Dr. Cordiers
Besitz befindlichen Teil von Gayadäsäs Kommentar citierten Autori-
täten auf, um so mehr als Cakradatta schon häufig auf Vägbhatas
AtStängahrdaya hinweist, so z. B. in seiner Glosse zu Caraka 1, 1, 20
auf Ast. 1,1,. 3; Leider lässt die Hs., obwohl dem Charakter ihres
NägarT nach ziemlich alt, nicht nur an Vollständigkeit, sondern
auch an Korrektheit viel zu wünschen übrig: möchten diese Zeilen
dazu beitragen, die Aufmerksamkeit der Handschriftensammler auf
etwa noch weitere in Indien vorhandene Hss. dieses wohl ältesten
der erhaltenen Kommentare zu Susruta zu lenken.
1) Das von Cordier aus einem mir unzugänglichen Druck des Ayurveda-
Tasäyana angeführte Citat findet sich auch in der Londoner I. O. Hs. No. 927.
2 Vgl. Cordier und Rhys Davids bei Hardy, Lit. Centralbl. 1902 , 339.
117
Neues von Alehmed Emin Bej.
Von
Dr. Friedrich Giese (Constantinopel).
Mehmed Ernin Bej, über den man jetzt auch Horns Geschichte
der türkischen Moderne S. 58 nachsehen kann, ist dem Abendlande
bisher nur durch den kleinen Band „Türkge si'iier" bekannt ge-
worden. Ausserdem sind noch einige Gedichte von ihm hier und
da in türkischen Zeitschriften veröffentlicht worden, aber ein grösseres
Werk ist seitdem nicht erschienen. Um so interessanter dürften
daher die folgenden Texte sein, die ich der Liebenswürdigkeit des
Dichters verdanke.
Durch Gibb: A history of Ottoman poetry, S. 134 Anm. 1
auf ihn aufmerksam gemacht , wünschte ich seit langem seine
Bekanntschaft zu machen. Dieser AVunsch verwirklichte sich im
vorigen Winter. Seitdem bin ich öfter mit Mehmed Emin zu-
sammen gewesen und habe viel mit ihm über Litteratur im all-
gemeinen und türkische Litteratur im besonderen gesprochen. Einen
hohen Genuss bereitete er mir jedesmal dadurch, dass er mir einige
seiner Gedichte mit seinem wundervollen, äusserst modulations-
fähigen Organe meisterhaft vortrug. Ich gestehe . dass ich erst
durch ihn den wunderbaren Wohllaut der osmanischen Sprache
wirklich kennen gelernt habe. Auf meine Bitte erlaubte er mir
die unten folgenden Gedichte zu veröffentlichen und war so freundlich
mir eine Zusammenfassung seiner Ansichten über Poesie und seiner
Bestrebungen in die Feder zu diktieren (s. Nr. I). Von den Texten
ist bis jetzt nur Nr. II £JS\ _*Jt\JLw.i in Nr. 525 des .. ..äs o»-3.
der besten, sich leider immer mehr verschlechternden türkischen
litterarischen Zeitschrift, gedruckt, dürfte aber wohl dem Abendlande
noch nicht bekannt sein. In der Orthographie, die ein deutliches
Beispiel für die souveräne Verachtung ist, mit der sie von modernen
Türken gehandhabt wird, bin ich in diesem Gedicht der genannten
Zeitschrift gefolgt, in den anderen Proben dem Original des Dichters.
Bevor ich die Texte selber gebe, möchte ich jedoch, obne
eine eingehende Wertschätzung des Dichters — zu der es jetzt
noch nicht die Zeit ist — zu beabsichtigen , einige allgemeine
HS Giese, Neues von Mehmed Emin Bej.
Bemerkungen über ihn und seine litteravische Thätigkeit voraus-
schicken.
Mehmed Emin ist im Jahre 1869 als Sohn eines Fischers ge-
boren und hat heute den Posten eines Direktors im Archiv der
indirekten Steuern inne (^ jO^a oL,»! -^aJLJb* v^oUi öL*jjw.).
Er ist also ein Kind des Volkes, worauf er besonders stolz ist
(cf. Nr. I S. 120). Er hat die ^aJCJU ^äjC* besucht, eine Schule,
auf der die türkischen Civilbeamten vorgebildet werden , und also
eine nationaltürkische , wenn auch den Erfordernissen der Neuzeit
angepasste, Erziehung genossen.1) Das ist für unseren Dichter ein
Vorteil. Da er weder Französisch noch eine andere europäische
Sprache spricht, so ist er vor der heute von den türkischen Schrift-
stellern so beliebten Nachahmung der Franzosen bewahrt geblieben.
Seine Dichtung wurzelt in seinem Volke.
Er ist natürlich ein Kind seiner Zeit und wird von ihren
litterarischen Geschmacksrichtungen beherrscht. Auch seine Werke
stehen, wie die fast aller modernen türkischen Dichter und Schrift -
steller, unter dem doppelten Zeichen des Pessimismus und der
Lehrhaftigkeit. Aber es wäre unnatürlich , wenn die moderne
Litteratur ein anderes Bild zeigen würde. Auf so viel altes hat
die jetzige junge Generation verzichten , so unendlich viel neues
lernen müssen ; das Treiben und Drängen des Auslandes nach Ver-
besserungen hat doch auch in vielen Köpfen — und nicht den
schlechtesten - — ■ die Sehnsucht etwas zu arbeiten und zu leisten
geweckt; die Tastversuche neuen Kulturerfordernissen gegenüber,
dazu die wenig heiter blickende Zukunft vor sich : das alles und
so manches andere hat den Werken der letzten Jahrzehnte den
Stempel des Unbefriedigtseins aufgedrückt. Wir brauchen daher
gar nicht mit Hörn für den Weltschmerz an Anleihe beim Aus-
lande zu denken , er ist durchaus in den heimischen Verhältnissen
begründet. Ein Dichter, der jetzt einen heiteren Lebensgenuss
und Kultus des Schönen predigen wollte, wäre für die Türkei ein
Anachronismus.
Auch Mehmed Emin will lehren. Schon in der Art der An-
lage seiner Gedichte zeigt sich das. Nachdem er uns in den Ein-
leitungsversen die Situation mit wenig Strichen gezeichnet hat,
schliesst sich der Hauptteil — gewöhnlich eine Lehre enthaltend,
die der Dichter seinem Volke giebt — daran an , so z. B. in
Nr. III und IV. Des Dichters Aufgabe ist es seine unwissenden
Brüder zu belehren. Nicht an wenig hochgebildete Männer wendet
er sich — wie die Litteratur bisher that — , nein den Männern
und Frauen aus dem Volke will er Belehrung und Trost bei ihrer
1) Diese türkischen Schulen, die fast sämtlich unter dem jetzigen Sultan
gegründet sind , leisten durchaus gutes. Sie übermitteln — soweit das eben
möglich — eine Bildung, die gleichzeitig modern und doch national ist.
Giese, Neues von Mehmed Emin Bej. 119
Arbeit bieten. Darum erteilt er ihnen den Rat, Reichtum nur von
barter Arbeit zu erboffen (Nr. X), mit der Zeit fortzuschreiten, auf
Dampfschiffen zu arbeiten und die kümmerlichen eigenen Fahrzeuge
aufzugeben (Nr. VIII), darum tritt er der Waldverwüstung entgegen
(Nr. V) u. s. w. Für uns sind das alles altbekannte Dinge, die uns
bei einem Dichter lehrhaft und eventuell langweilig erscheinen, das
ist hier jedoch nicht der Fall. Für einen grossen Teil tüi'kischer
Leser wirken sie geradezu wie eine Offenbarung und haben den
ganzen Reiz der Neuheit für sich.
Das Hauptverdienst Mehmed Emins besteht jedoch darin, dass
er zum ersten Male unter Türken als Dichter den ernsten Versuch
gemacht hat, einen Stil zu schaffen, der edel und einfach, poetisch
und doch dem Volke verständlich ist. Inwieweit er mit seinen
Bestrebungen Erfolg haben wird, muss natürlich die Zukunft lehren.
Jedenfalls verdienten sie in der Türkei weiter verfolgt zu werden.
Auf diesem Boden könnte sich eine wirklich türkische Litteratur
entwickeln. Den Grund dazu hat Emin Bej gelegt. Es ist sicher,
dass nach unserem Geschmack auch bei ihm noch zuviel Freude
am Wort, noch zuviel Vorliebe für wohlklingende Perioden vor-
herrscht , aber daneben finden wir doch auch Stellen, in denen es
ihm in geradezu grossartiger Weise gelingt mit wenig Worten eine
gewaltige Wirkung hervorzurufen. So sind meiner Meinung nach
die Einleitungsverse im Rekruten meisterhaft; ich wüste in keiner
Litteratur etwas, das sich ihnen an die Seite stellen liesse. Dem-
nach wäre den Bemühungen unseres Dichters Erfolg zu wünschen :
aber selbst wenn er in seinem Vaterlande kein Verständnis und
keine Förderung finden sollte , so wird er für uns Abendländer
immer eine interessante Erscheinung unter den türkischen Litteraten
bleiben durch die Treue, mit der er uns das Leben und die An-
schauungen seines Volkes vorführt.
I. (cfr. S. 1.)
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120 Giese, Neues von Mehmed Emin Bej.
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»5 lMbS»l 1 iÜ.A_»l_ 1 iÄ-I;Li ,_X._> XJ( c-lX^-aXO La_^ ' ,_X,X:^ iJ_IjC*J_jI 8.J
^-JjJ.Ajf.AV _jlÄ_^ jJ cM_J-^j! -J--)->l jJ ^.^.LLÄj" ^C.lylyb J^iL-^VÄi"
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ja >^ ^y. 'u^äjO L5ü_> -,55!^ J/i ^jj _üu^3J
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JiJL_> vJ .jUjji Jxi &«,^l k_Ä_>>ftJLijj-Xi_{.aJ _Jil_> _♦! xi.A_".».A_>
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Giese, Neues ron Mehmed Emin Bej. 121
. .<AX+Jp vJLa.Üi^^ äJLXa^ ca.*C _jj _P Joolü» oLajLj
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S.ÄJ icAjX*M.*ij V_Ä^.^^Aj! »J XajJIÄaJ viUiJli» fcj $ (CiXa+Ä^-^!
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1) Gemeint ist der bekannte Seeheld Heireddin Barbarossa unter der
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Giese, Neues von Mehrned Em In Bej, 129
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1) == Charles-Quint.
Kd. LVIII. 9
130 G/'ese, Neues von Mehmed Eutin Bej.
VII.
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Giese, Neues von Mehmed Emin Bej. 131
VIII.
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1) = ^aXjJ bei Samy: cesser, etre ealme. Unter ^»Ly» ist hier der
Wind verstanden. Das ist die gewöhnliche Art, wie von den Naturerscheinungen
gesprochen wird.
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132 Giese, Neues von Mehmed Em in Bej,
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Giese, Neues von Mehrned Ernhi Bej. 133
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134 Gicse, Neues von Mchmed Emin Bej.
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vtXäj! J»£__3«_S x-w.j--3.j_j .As iü <-j->5 j^j—
Übersetzung.
I.
Ich bin von der alten Litteratur in zweierlei Beziehung ab-
gewichen: 1. im Stil, 2. im Metrum.
Im Stile konnte ich ihr nicht folgen , da ich nur , wenn ich
auf diese Art (d. h. nach meiner Manier) schreibe , eine Arbeit
werde ausführen können, die bis jetzt der Gesamtheit des Türken-
volkes gegenüber vernachlässigt worden ist. Auch im Metrum
musste ich mich von ihr trennen , da die Sprache der in meiner
Manier geschriebenen Gedichte sich nur der Silbenzählung fügt.
Ich will es etwas deutlicher erklären. Was bedeutet Stil oder
Schreibart? Es ist die Kunst, eine Reihe von Gedanken und Ge-
fühlen, welche die Natur und Menschlichkeit im Geiste oder im
Gehirn und Herzen erweckt hat, anderen kundzugeben, und diese
(Kunst) entwickelt sich gemäss dem angeborenen (Talente) eines
jeden Dichters und seiner Art, wie er die Dinge, welche ihm sein
Milieu zeigt, auffasst. Auf welche Art musste ich also schreiben?
So wie es sich für einen Fischerssohn passt, dessen Augen beim
ersten Aufschlag an den verräucherten Dachbalken einer Fischer-
hütte hafteten und bei dem das Rauschen der Wellen das Schlaflied,
das die Mutter sang, erstickte ; so wie ein Sohn des Volkes schreiben
muss, der die Gedanken des Volkes im Geiste und dessen Gefühle
im Herzen trägt und bei seinen unwissenden Eltern kein Buch
finden kann, das geschrieben ist, um in die Hand genommen und
gelesen zu werden, und keine Hand finden kann, die ausgestreckt
ist, um sein Gesicht zu streicheln, und keine Kraft findet (eig.
Hilden und sehen kann) , die seinem schwachen Geiste Stärkung
geben kann; so wie ein Türke schreiben muss, dessen Pflicht es
ist das, was das Vaterland ihn gelehrt hat, auch die, welche nichts
gelernt haben, zu lehren und die Leuchte, die in seiner Hand ist,
denen zu zeigen , die in Finsternis geblieben sind und sich nicht
in deren (der Leuchte) Besitz haben setzen können, kurz der die
Absicht hat seinen Landsleuten gegenüber, die seines Blutes sind,
in seiner Sprache reden und mit gleichen Gedanken und Gefühlen
leben, eine Arbeit zu verrichten. Da wir ja die tiefer stehenden
emporziehen wollen, so müssen wir zu der Stufe, auf der sie stehen,
hinabsteigen. Kann wohl unter den bis jetzt geschriebenen and
13(3 Giese, Neues von Mehmed Emin Bej.
gedruckte!] Büchern, mit denen die Bibliotheken angefüllt sind, ein
Buch für diese Leute herausgesucht und gezeigt werden? — Keines-
wegs! Seit sechs Jahrhunderten haben alle Denker auf diesem
Boden nur für eine Handvoll Leute gedacht, haben alle Herzen
nur für eine Handvoll Leute geschlagen, haben alle Federn nur
für eine Handvoll Leute geschrieben, und auf der anderen Seite
sind Millionen Haufen Unglücklicher von allen diesen Dingen fern
geblieben. Und doch was für ein Vorteil würde es sein , wenn
dadurch, dass Bücher für diese Millionen geschrieben würden, diese
Leute aufgeklärt würden ! Diese Leute aufklären bedeutet die
Landwirtschaft aufklären , das Handwerk aufklären , den Handel
aufklären, Armut in Reichtum verwandeln, schlechtes gut machen,
kurz lauter gutes zu schaffen.
Das Zeitalter der Renaissance war für mich auf dem in der
Poesie eingeschlagenen Wege ein sehr guter Führer. Hätte Luther
in jener Zeit nicht das Evangelium in das Deutsche , welches die
Volkssprache war, übersetzt, hätte sich das Volk dann wohl an
das Nachdenken gewöhnt? Wenn der Geist dieses Volkes sich
hieran nicht gewöhnt hätte, hätten dann wohl damals in jener
Sprache und auf eine dem Volke verständliche Weise Bücher für
das Volk geschrieben werden können ? Wenn die nicht geschrieben
worden wären, hätte dann Europa den jetzigen Zustand erreichen
können? Die Äcker wurden gepflügt, der Same wurde ausge-
streut und danach auch die Ernte eingeheimst. Was Luther für
das Christentum that , das möchte ich für die Litteratur meines
Landes thun.
Um nun zum Metrum zu kommen, so ist kein Zweifel, dass
das Gedicht die Sprache der Natur und des Lebens ist. Es muss
also auch sein Metrum ihnen ähnlich sein. Eine lachende Natur
muss mit dem Geflüster der Blumen und ein weinendes Leben
muss mit dem schluchzenden Gemurmel der Wellen geschrieben
werden. Solche Worte, betonte und unbetonte Worte, müssen ge-
funden werden und derart aneinander gereiht werden , dass selbst
ein des Türkischen nicht mächtiger Fremder wissen muss, wenn
ein Gedicht vorgelesen wird: „ja, das ist eine Nacht und das ein
Sturm". Für das Metrum habe ich ausser den aus dem Volksmund
gehörten Liedern nichts gefunden , ebenso wie ich auch für die
Worte ausser den vom Volke in der Unterhaltung gebrauchten
Worten nichts fand. Darum nahm ich sie auf und dichtete meine
Lieder , indem ich ihnen eine gemeinsame Harmonie in der oben
über das Metrum gesagten Weise gab. Im Metrum ist mein Lehrer
nur die Natur, die Stimme der Natur, das Leben und die Stimme
des Lebens.
Ich habe weder einen Geist, welcher der Fee der Schönheit
nachgeht, noch habe ich einen Stolz, der meine Feder von der
Alltagswelt zurückhält, ich habe eine unfeine Stimme, die die
heimlichen Schmerzen der Armen auf einer mit vier Saiten be-
Giese, Neues von Mehmed Emin Bej. 137
spannten Leier in meiner Hand singt, ich habe ein wundes Herz,
das über die Schlechtigkeiten in Wallung gerät, ich habe ein Paar
weinende Augen, das an den Thüren der Waisen Thränen vergiesst.
Das ist alles.
IL Hast Du Dir die Hände verletzt?
, Mutter! Mutter! heb, heb!" —
„Wer ist da?" —
„Ich bin's, steh auf, gieb Geld!" —
„Ach du warst es. Ich habe mich erschrocken!" —
„Auf, zeig' die Stelle, wo es liegt!" —
„Bist du nicht recht gescheit, mein Kind, woher sollte ich Geld
bekommen ?
Von wem sollte eine Witwe, wie icb, Geld erhalten?" —
„So hast du das Erbe aufgezehrt." —
„Das hat dein Vater durchgebracht, als er noch lebte ;
Mit Spiel und Trank, in Saus und Braus hat er es hier und dort
verprasst.
Wenn ich Geld hätte, würde ich dann wohl Handarbeiten anfertigen
Bei trüber Kerze " —
„Erzähl das Märchen einem andern,
Auf. gieb Geld!" —
„Sei nicht so ungestüm, mein Sohn! Fürchtest du dich nicht
vor Gott?
Eine Hand, die sich gegen die Mutter erhebt, " —
„Schweig, lass das Geschwätz!" —
„Halt, schlag nicht!
Höre mich an ! Welche Mutter giebt ihrem Sohne wohl nicht Geld ?
Bei Gott, ich habe nichts. Wenn ich etwas hätte, würde ich es
für dich hingeben." —
„ Auf . sage ich , Geld , Geld ! . . . . Mit diesem Messer ersteche
ich Dich." —
„Bei Gott, ich habe nichts."
„Ach, ich bin verletzt, wehe, wehe, meine Schulter!
Sohn. Sohn, deine Hand, die mich schlug, möge den Fussboden be-
decken ! (d. h. du sollst der Länge nach tot auf der Erde liegen).
Treuloses Kind, war das dein Wunsch? Sieb deiner Mutter Lage!
Ich hatte von dir des Kindes Sorge in meinem Alter erwartet,
Doch du hast mich in rotes Blut gebettet.
Ich war für dich geboren, für dich hatte ich gelebt.
Du warst mein ganzes Denken, du warst mein ganzer Schmerz.
Wenn du nur ein wenig bleicher warst, bei dem creringsten Scbmerzens-
ruf .......
Ach, welche Todescpialen stand ich an solchem Tage aus.
Jetzt steh! das Herz still, das nur für dich schlug.
238 Giese, Neues von Mehmed Em/n Bej.
Das Auge schliesst sich, das (mit dir) weinte, die Lippe wird trocken,
die (mit dir) lachte,
Die Hand wird starr, die (für dich) arbeitete. Magst du nun Frieden
haben überall !
Wer hätte das geahnt, dass du mit deinen Händen, die an meinem
Busen gross geworden sind,
Dies weisse, mit Henna gefärbte Haar packen und mich ohne
Mitleid, ohne Zittern mit diesem Dolch erstechen wüi'dest!
Was für ein Herz! Um Geldeswillen leistet's auf Menschlichkeit
Verzicht.
Was für ein gemeiner Durst, der das Blut der Mutter trinkt!
Wer hat dich so gemacht, du blutiger Henker, du wildes Tier ?
Nein, nein .... Auch die baben noch mehr Gefühl als du.
Deine Hand ist noch gefühlloser als des Henkers Beil,
Deine Hand ist noch gefühlloser als des Tigers Kralle,
Deine Hand ist noch grausamer als alles andere, das da Blut
vergiesst.
Ach, ein Henker erschlägt nur Blutbeladene gleich dir,
Ein Tiger zerreisst andere als seine Mutter.
Drum seien verflucht die Nächte, in denen du mich schlaflos Messest !
Das , was ich bis zum heutigen Tage für dich gethan , soll auf
deinen Augen ruhen ! r)
Statt zu Blut soll zu Eiter werden (die Milch), die du von mir
gesogen ! . . .
. . Was ist das für Blut?
Wessen Blut ist es, das dort aus deiner Hand hervorsickert?
Hast du dir etwa die Hände verletzt, als du mich stachst,
Den Dolch (ins Fleisch) mir bohrend?
Ach meine Schulter schmerzt — die "Wunde ist sehr tief.
Flieh von hier! Man wird jetzt kommen und dich greifen.
In Ketten schlagen und in des Kerkers Dunkel werfen.
Drum flieh von hier mit Vogels Eile !
Ich verzeih dir meinen Mord, verzeih's auch Du. o Gott !
III. Der Rekrut.-)
de, Schade, vergebens haben wir unser Leben zugebracht!
Wie werden wir mit solchem sündigen Antlitz auf Gottes Richter-
platz erscheinen!
Wer so (als Soldat; stirbt, ist ein Märtyrer, nicht wahr?"
.Das ist er."
1) (Gebräuchlicher Fluch.
2 ln> genauere Übersetzung wäre: der Ausgehobene. Während der Reise
der Ausgehobenen in ihre Garnison scharen sich die Leute aus derselben Gegend
um einen, der eine Fahne trägt. Solch ein Fahnenträger ist in diesem Ge-
dichte gemeint.
Giese, Neues von Mehmed Em/n Bej. 139
„Demnach wäre mein Stückchen Erde von dieser Stelle genommen.1)
Was ist zu thun; auf mein kummervolles Haupt war's so ge-
schrieben.
Zuerst Gott, dann euch empfehl ich meine Mutter."
„Sei unbesorgt."
„Pflanzt meine Fahne auf mein Grab,
und nun verzeiht mir alle."
„Es sei dir verziehen."
„Ach, mir ist schlecht. Ach, ach, ach!"
„Sag einen Vers, bekenne deine Sünden, so wird dir leichter, so
wird dir besser sein.
Komm, wollen gemeinsam die Glaubensformel sagen.
vorwärts Bruder. "
„Ich bekenne, dass kein Gott ist ausser Allah."
Ja, das ist's, ein frisches, einsames, schattenloses Grab !
Da, ganz klar, ein in höchster Eile zugeschüttetes (Stück) Erde !
Er ist es, der am Tj-phus gestorbene Fahnenträger!
Dort, sieh am Kopfende die von ihm getragene Fahne !
Ach, welches Auge wird an diesem verwaisten Grabe Thränen
vergiessen ?
Jeder ist nur bereit über seine Toten zu weinen.
Ach, wer wird seine Hand (zum Gebet) öffnen für diesen in der
Fremde gestorbenen Helden !
Was dieser Arme an Verwandten hat, wohnt hinter hohen Bergen.
Heb, Landsmann, hör einmal! holiah! — Ach, er entflieht, der Arme!
Entfliehe nicht , mein Lieber ! Jeder Platz auf dieser Erde ist
ein Grab.
Wohin du auch trittst, ruhen tausend Geschöpfe.
Das Land ist ein Grab, das Meer ist ein Grab. Wohin willst du
fliehen ?
Entfliehen? vor wem? etwa vor diesem Haufen Knochen? Ach,
du Feigling!
Was thut euch der Tote, von dem für euch nur seine Wünsche
bleiben.-)
Die bösen Thaten leben weit entfernt von den Gräbern.
Wenn schon geflohen werden muss, so fliehe weit vor den Lebenden.
1) |W»4.ÄJi .,jL ».j a.x.^.sLj *._> . Nach türkischer Volksanschauung
bringt ein Engel auf Gottes Befehl ein Krümchen Erde, aus dem der Mensch
gebildet wird, vor der Geburt in den Mutterleib, und an der Stelle, von der
diese Erde genommen war, stirbt der Mensch. Daher bedeutet die äusserst
häufige Redensart: „mein Stückchen Erde wurde von dieser Stelle genommen"
soviel wie „hier muss ich sterben".
2) D. h. die Wünsche der Menschen bleiben für die Nachlebenden, während
der Tote davon frei wird. Die Individuen gehen dahin, aber die Gesamtsumme
der Wünsche und Bestrebungen bleibt der Menschheit erhalten.
140 diese, Neues von JMehmed Emin Bej.
Ach, meine Brüder! Auch dieser Held hat den Eifer eines Türken
gezeigt.1)
Sein Gewehr lachte er ebenso an, wie seinen geliebten Pflug.
Als er noch lebte, war dieses Stückchen Erde (in dem er jetzt ruht)
das geliebte Land, das er bearbeitete.
Bei seinem Tode war das, was er zurückliess: eine Fahne.
Diese sind es, die mit Leib und Seele viel arbeiten.
Wenn die Grossen des Landes sagen: „stirb", so sterben sie.
Dafür begehren sie weder Gold noch Ruhm;
eine gute Sache thun sie, weil sie gut ist, und gehen dahin.
Wollen für ihre Seele eine Fätiha beten,
das andere wollen wir Gott überlassen !
IV. „Zehn Para gieb!"
„Bej Effendi, beim Haupte deiner Kinder (bitte ich
dich) gieb zehn Para nur als Almosen, erfreue den Alten!"
„Ach, ich habe die Bettlerschar den ganzen Tag satt!
Gott mag dir's geben!"
„Meine Hand kann nichts fassen, mein Auge kann nicht sehen, es
ist krank."
„Gott mag dir's geben!"
Gott mag es geben, das ist keine Lüge, volle Wahrheit,
ja, Gott wird jedem auf dieser Welt, Gross und Klein,
alles geben, wenn er nur arbeitet,
doch wenn dieser mit seiner Hand nichts halten, mit seinem Auge
nichts sehen kann
und wie ein Bündel Knochen sich dahinschleppt,
wenn die schmutzigen Strassen , die Mauern mit ihren scharfen
Steinen
ihn jeden Tag hinwerfen und ihm Faustschläge versetzen,
so frage ich, was dieser armselige Krüppel für Arbeit verrichten,
was er thun soll?
Die Erde selbst verweigert ihm alles, was sie hat,
und sagt: „Du gehörst nicht zu denen, die meinetwegen
Schweiss vergiessen. Was auch aus dir werden sollte, selbst
wenn du vor Hunger sterben solltest;
hier ist alles, aber dir gebe ich nichts. u
Die Leute stossen, schlagen und schelten ihn.
Niemand sagt: „Auch dies Geschöpf ist ein Mensch,
auch dieses Herz verletzen bittre Worte,
auch dieser hat eine Seele wie jeder andere."
Zehn Para gieb einem Armen, streck die Hand aus,
ein Krüppel sagt „Hilfe" zu den Gesunden,
0 dWj».^ C >-tr- gebräuchliche Redensart, fehlt bei Samy.
Giese, Neues von Melimed Em in Bej. 141
die Armut erfleht ihr Eecht vom Reichtum !
Zehn Para gieb ! Ach, wer weiss, wie viele Kinder
ihn vor der Hütte aus Lehm und Gestrüpp auch
heute wie jeden Tag erwarten!
V. Hüte dich, schlage nicht ab!
Heh, Landsmann, hüte dich, schlage nicht ab! Die Hand, welche
den frischen Baum mit dem Beile abschlägt, gedeiht nicht.
Da ! diese Baumstümpfe , zu denen seit Jahren niemand kommt,
auf die sich kein Vogel setzt,
die schlage ab. Wie jedes Ding, so leben und sterben auch sie.
Sieh, wie schön euer Dorf im Schatten grüner Bäume ist !
Der durch die Blätter wehende Wind erfreut das Herz.
Ist es nicht Schade und Sünde , einen so lieblichen Ort in eine
Wüste zu verwandeln?
Ist es nicht für jeden Gläubigen die erste Pflicht,
Aus einem Samenkorn ein Reis und aus einem Reis einen Wald
zu machen ?
Wenn es nicht so wäre , was für einen Sinn hätte für den Sohn
des Vaters
Mahnung: „Vermehre mein Erbe"?
Hüte dich, schlage nicht ab ! Von jedem Zweige möge ein schöner
Vogel seine Stimme ertönen lassen :
Hüte dich , schlage nicht ab ! In seinem Schatten möge sich der
müde Landmann ausruhen!
Hüte dich , schlage nicht ab ! Über dieses liebliche Dorf möge er
sich ausbreiten.
Hüte dich, schlage nicht ab ! Das liebe Vaterland möge von Tag
zu Ta^e crlücklicher werden !
VI. Barbarossa auf der Fahrt nach S p a n i e n.
(Frühling 949.)
Europas verzweigte südliche Berge erschienen unter grauen
Wolken: in den auf diesen Bergen befindlichen Kirchen wurden
laut die Glocken geläutet. Ungefähr 100 Kriegsschiffe fahren unter
günstigem Winde dahin, indem ihre grünen und roten Kriegsflaggen
flatterten. Die müden Wellen des Mittelländischen Meeres beleckten
den Kiel der Schiffe, gleich als ob sie schmeichelnd ihr Gesicht
und ihre Augen darüber streifen Hessen.
In den Schiffen berichteten alte weissbärtige .lanitscharen. die
so mancherlei erlebt hatten, den helmbedeckten Jünglingen von
alten Kriegen, und die Schiftsleute , mit offener Brust und mit
Knebelbärten sangen folgendes Lied mit Musikbegleitung:
L42 Giese, Neues von Mehmed Em/n Bej.
„Auf dem Meere fahren wir,
Unsern Feind suchen und linden wir,
Immer rächen wir uns,
Man nennt uns die Leute des Heireddin."
Da der Wind umgeschlagen war, hatte auch die Flotte ihre
Richtung geändert und war vom Ufer weit ins offene Meer ge-
fahren. Unterdessen stand Barbarossa, der Kommandant der Flotte,
mit über der Brust gekreuzten Armen am Bug des Schiffes, auf
dem er sich befand , und sah mit seinen Augen , die unter langen
und buschigen Augenbi-auen hervorleuchteten, wie ein Adler in die
Ferne. Wohin wohl? Etwa nach Prevesa, wo er den Andrea
Doria mit seinen 600 Schiffen schlug und in den grössten Kummer
versetzte? Oder etwa nach Algier, wo er 70 000 Mauren vom
dornigen Joch und von blutigen Martern der Spanier errettete und
ansiedelte ? Nein, jetzt war es weder Prevesa noch Algier. Warum
sollte er dorthin blicken ? Leute, die vor zu verrichtenden Thaten
stehen, blicken nicht auf das, was sie ausgerichtet haben, sie suchen
nicht in der kalten Asche, deren Funken erloschen sind und deren
flamrnenloser Rauch sich mit den Wolken vereinigt hat ; sie sagen :
^Wenn wir unsere Augen an den Freuden vergangener Minuten
blenden , werden wir blind den Sorgen kommender Tage gegen-
über werden".
Deswegen blickte er nicht nach diesen Stätten, die hinter ihm
lagen ; vor seinen Augen schwebten andere Thaten , andere, vulka-
nische Flammen, schwebte Spaniens Flotte und das Land Karls V.
Ja, wieder hatte Frankreichs König Franz bei unserem grossen
Padischah Sultan Soliman dem Gesetzgeber Zuflucht gesucht, und
wieder hatte dieser dem Barbarossa Befehl zukommen lassen , ihn
aus der Hand Karls V., des Kaisers von Deutschland und Königs
von Spanien , zu befreien. Um des mächtigen Padischah Befehl
auszuführen, ging er 100 000 000 Leuten entgegen. Diesmal ging
er, nicht um die Krone des Königreichs Frankreich zu retten, sondern
um zu verhindern, dass man sie raube, nicht um Frankreichs
König aus dem Gefängnis holen zu lassen , sondern um zu ver-
hindern, dass man ihn den Henkern sebe.
VII. Der alte Müller.
„Was du mit deiner Hand thust, wird mit dir gehen."
Der Bach floss, grün und rot gefärbt, über die moosigen, braunen
Felsen am Rande eines schönen Parkes. Die aus Lehm gebaute
Mühle des Dorfes drehte sich auf demselben mit Klappern. Ich
ging auf die Mühle zu und fragte einen jungen Menschen, der
die Lasten davontrug, nachdem er sie von den Pferden, die an
ihren Hälsen Glocken trugen , genommen hatte , nach dem alten
Müller. Dieser junge Mann gab mir, wie wenn ich an eine alte
Wunde gerührt hätte, die Antwort: „Der Alte war mein Onkel,
Giese, Xeues von Mehmed Emin Bej. 143
er ist im vergangenen Winter gestorben. Ihnen wünsche ich langes
Leben !"
Der arme Mann ! Vor drei Jahren habe ich mit ihm hier im
Schatten dieser Weiden neben ihm wie Vater und Sohn so manchen
Morgen gemeinsam verlebt. So sassen wir wieder einmal eines
Morgens zusammen. Er berichtete mir von dem letzten russischen
Kriege und zeigte mir die Stellen der in diesem Kriege empfangenen
Wunden. Inzwischen war eine in ein altes Tuch gehüllte, barfüssige,
bejahrte Frau an uns herangetreten , warf ihr Ränzel , das sie auf
dem Rücken hatte, vor uns hin und fing an, den Müller mit folgen-
den Worten anzuflehen: „Meine Kinder und ich hungern seit zwei
Tagen, mahle uns um Gottes willen dieses bischen Gerste". Der
Müller konnte ihre Not nicht mit ansehen, stand auf, nahm das
Kanzel in die Hand und sagte tief aufseufzend, indem er mich an-
blickte: „Die Armut ist eine Wunde, die tiefer geht als die, welche
ich in dem eben genannten Kriege empfangen habe". — Ja, mein
alter Freund! Da! Deine Mühle, die ihre vier Steine treibt, dreht
sich wieder ! Der Kelekitbach murmelt wieder ! Du hast diese und
noch manche anderen Dinge hier zurückgelassen und bist dahin-
gegangen. An den Ort, wohin du heute gegangen bist und wohin
wir alle morgen gehen werden , hast du nur eins mitgenommen :
die Gebete , welche diese arme Frau und ihre vaterlosen Kinder
für dich sprachen , als der Rauch von ihrem warmen Gerstenbrote
emporstieg.
VIII. Was kann der Mensch?
Der Schiffer sass, angelehnt an die glatten Felsen des schwarzen
Meeres, und sah mit gerunzelten Brauen und geschwellten Nasen-
löchern gerade aufs Meer. Inzwischen ballte er unter Zähneknirschen
die Fäuste und seufzte tief athmend. Plötzlich sprang er von dem
Platze, wo er sass, auf, rauchte die dunkelbraun gewordene halbe
Cigarette, die er in seinen schwieligen, sehnigen Fingern hielt, mit
einem Zuge zu Ende und warf sie auf die Erde. Ärgerlich spuckte
er auf die Kieselsteine zu seinen Füssen und begann wuchtig auf
dem Strande , auf den die Schiffe gezogen waren , hin und her zu
gehen. Während des Gehens machte er Halt, wandte sich um.
sah noch einmal auf das Meer, und seinem Munde entfielen folgende
Worte: „Noch immer weht er, noch immer heult er, er hört gar
nicht auf, dieser Wind."
Ja, die Schiffer lieben die Meere! Wie die Landleute ihre
Acker und die Vögel die Wälder lieben, so lieben sie die Meere.
Die Meere, die blauen Meere, auf denen sich die weissen Schaum-
kämme auftürmen, sind ihre blumigen Sommerweiden; die weiten
Himmelsflächen mit den Möven darunter sind ihre nachtigallen-
reichen Pfade. Mögen ihre Schiffe auch auf den tiefen Meeren,
die sie wie die Walfische durchschneiden, schaukeln, mögen die
144 Giese, Neues von Mehmed Em in Bcj.
Segel ihrer Schiffe an jeder Rolle einen anderen Laut geben , —
mögen sie selbst auch auf den Wellen schaukeln und bis auf die
Haut durchnässt sein , — dennoch , dennoch wollen sie nicht auf
dem Lande bleiben, dennoch wollen sie auf dem Meere sein.
Obgleich heute schon der Abend des dritten Tages ist, weilt
dieser arme Schiffer noch immer auf dem Lande, noch immer weht
der Südostwind wie rasend, noch immer schlagen die wilden Wogen
ihre Krallen tief ins Mark der härtesten Felsen, noch immer, noch
immer Sturm !
Da lässt sich nichts machen, mein Lieber. In solchen Dingen
geschieht nicht des Menschen, sondern Gottes Wort. Es geschieht
das, was Gott sagt, der die Winde geschaffen hat, um deine Segel
sehwellen zu lassen, und die Wälder, um die Schiffe daraus machen
zu lassen.
Wenn du willst, so kannst du die Thränen der Waisen stillen,
wenn du willst, kannst du ihre Schmerzen und Klagen lindern, wenn
du willst, kannst du mit deinem Verstände, Herzen und mit deiner
Kraft deinem Vaterlande und deinen Landsleuten viel gutes thun,
aber einen Sturm kannst du nicht stillen , einen Wind nicht be-
sänftigen. Ja du kannst sogar nicht einmal die Flügel des Kolibris,
der nur eine Handbreite über deinem Kopfe fliegt, zum Halten bringen.
Aber du wirst mir sagen, wie kann ich die von dir genannten
guten Thaten verrichten , wenn ich so auf dem Lande bleibe ?
Richtig! Jedoch insoweit, als du, wenn du willst, nicht auf dem
Lande zu bleiben brauchst, sondern dein Schiff auch auf den tiefen
Meeren fahren lassen kannst; das liegt auch in deiner Hand. Denn
Gott, der den Wind für dich geschaffen, hat die Kohle für niemand
anders geschaffen.
IX. Der Hirte.
„Das Glück bestellt im ruhigen Gewissen."
Der Dorf hirte betrat seine kleine , fensterlose , finstere Hütte.
Er zündete seinen irdenen Leuchter, der in dem Rauchfange hing,
an und setzte sich, nachdem er sein Gebet verrichtet hatte, auf das
Fell eines Bären, den er im Winter im Walde mit dem Beile er-
schlagen hatte. Er nahm aus seinem mit Troddeln und blauen
Perlen geschmückten Rucksack ein Stück schwarzes, hartes Brot
heraus und, nachdem er es mit Wasser angefeuchtet hatte, begann
er nach Herzenslust zu essen.
Damit war also seine ganze Arbeit zu Ende. Ja ! wie jeden
Tag hat er auch heute seine Herden , nachdem er sie mit grünem
Gras gefüttert und in den Schatten der wilden Pflaumenbäume
geführt und an der Quelle getränkt hatte , wieder an ihre Stellen
zurückgebracht, ohne dass auch nur ein Lamm sich den Fuss ver-
renkt hätte ; er hat seinen Gottesdienst seinem Gott erwiesen , der
die Sommerweiden mit ihren selben Blumen creschaffen hat , wo
Neues von Mehmed Emin Bej. 145
überall kalte Quellen hervorsprudeln und die Herden weiden; er
hat sich gesättigt mit dem Brote seiner Brüder, der Bauern, welche
unter der glühenden Sonne schwitzten , während er im Schatten
der Bäume Flöte spielte. Was bleibt ihm nun noch? Nur noch
eine Sache: sein Schlaf.
Nun du glücklicher Knecht Gottes ! Geh schnell schlafen, ver-
senke dich sanft in deinen Schlummer, schlaf! Da du deine Tage
verlebst, ohne jemanden zu ärgern und zu betrügen, deswegen giebt
es für dich nichts, was dich um Mitternacht nicht schlafen liesse,
indem es schreckliche Gestalten annimmt. Wenn du schläfst, schläft
dein Gewissen wie klares Wasser, und an deinem Bette bewegt
sich keine hässliche Traumgestalt, nicht wahr? Ach, weisst du,
dass es auf dieser Welt Leute giebt . die für dein Sehnarchen auf
dem Bärenfell unter den verräucherten Dachbalken in dieser finsteren
Hütte wer weiss wie viel, wer weiss wie viel geben würden ?
X. Der Sc h a t z.
„Ohne Arbeit wird dir kein Reichtum zu teil; in dem Maasse, wie du schwitzest,
füllt sich dein Beutel mit Geld/
Es war eine Winternacht. Die Bauern hatten sich wieder in
dem Gastzimmer des Schulzen versammelt. Die in den Herd ge-
steckten Fichtenstämme brannten lustig prasselnd, die emporsteigen-
den rauchigen Flammen gaben dem Zimmer Helligkeit, es wurde
Kaffee getrunken und das Gebet verrichtet. Ein alter Imam hatte
wieder mit seiner Geschichte angefangen. Heute waren die Schätze
an die Reihe gekommen. Er hatte in seiner Jugend gehört, dass
in der verfallenen Burg oberhalb des Dorfes sieben Küp voll
genuesischer Goldstücke vorhanden seien, war in der Hidr Eljäs-
Nacht an den Ort, der mit diesen Goldstücken angefüllt war, ge-
gangen, hatte Asche durchgesiebt und hatte darauf am nächsten
Morgen eine Klaue gesehen , die er nicht mit der irgend eines
anderen Wesens vergleichen konnte. Da er sie nicht finden und
dann abschneiden konnte, so war der Schatz nicht in seinen Besitz
gekommen.1) Das erzählte er.
Die andern hörten kopfschüttelnd mit gespannter Aufmerksam-
keit den Worten des Alten zu. Unter ihnen war mancher, der
sich diesen Schatz mit aller seiner Begier wünschte, sogar so sehr,
dass diese Küp mit ihrem gelben Golde ihm vor den Augen
schwebten; er liess es sich durch den Kopf gehen, dass er, wenn
er den Schatz bekäme, die Quelle, die auf der Sommerweide etwa
30 stark wie die Taille eines menschlichen Körpers entspringe, sogar
1) Er will sich in den Besitz des Talismans setzen , deswegen siebt er
Asche, um auf diese Art aus den Fusstapfon den Geist, der don Schatz, bei
zu erkennen. Leider hat er kein Wesen gefunden, dessen Klauen dem Ab-
drucke glichen, und deswegen den Schatz nicht bekommen können. Di'- Hidr
Eljäs-Nacht ist die Nacht des Frühlingsäquinoctiums.
Bd. LVIII. 10
146 Giese, Neues von Mehmed Emin Juj.
bis ins Dorf leiten würde, und sagte mit einem tiefen Seufzer: „Ach,
wenn ich den finden könnte, der den Talisman dieses Schatzes weiss,
ich würde meinen Acker und meine Ochsen verkaufen und ihm
alles Geld geben."
Glaub's nicht! Lüge, Lüge! Alle solche Dinge wie ein Talisman
für einen Schatz sind Lüge ! Die Menschen sagen, dass die Sachen,
die sie nicht besitzen, an solchen wüsten, finsteren und unbesuchten
( »rtern sind , und lassen an ihren Thüren Schreckgestalten warten,
die den Menschen entstellen,1) damit niemand dorthin gehe. Warum
wohl? Auf dieser Welt giebt es viele Thoren, die immer jemand
suchen , um sich betrügen zu lassen ; sie zeigen nach Lügen einen
Hunger wie nach Brot. Einige arme Kerle denken sich dann, so
wie diese es wünschen, diese Lügen aus, um sie ihnen zu verkaufen.
Wenn du in Wahrheit einen Schatz finden willst , wenn du
seinen Talisman finden willst, so wisse, dass die Schätze für Land-
leute, die ihr seid, nur in den Äckern bestehen, und dieser Schätze
Talismane sind Hacke und Pflug. Wer seinen Acker umgräbt,
bringt den Schatz heraus und schreit auf diesem Boden voller Gold
nicht vor Hunger nach Brot.
Darum gieb acht! Das vergiss niemals, dass ohne Arbeit dir
kein Reichtum zufällt; in dem Maasse, wie du schwitzest, füllt sich
dein Beutel mit Geld , in dem Maasse , wie dein Körper müde ist,
geniesst dein Herz Ruhe.
1) Von Krüppeln und besonders von solchen, die eine Entstellung oder
Verzerrung des Gesichtes haben, sagt man , ci.^j.L^- ^l»! '■^■W t^ > weü nach
der Volksanschauung gute und böse Geister jede Verunreinigung ihres Wohn-
platzes , mag sie absichtlich oder unabsichtlich, z. B. auch durch Ausspeien ge-
schehen sein, dadurch bestrafen, dass sie den Menschen entstellen. Daher ist
es Sitte beim Ausspeien .».X,wJ zu sagen.
147
Muncläs and Australians.
By
Sten Konow.
It is a well-known fact that the population of Northern India
is not uniform. According to Mr. Risley, The Tribes and Castes
of Bengal, Vol. i, Calcutta 1891, pp. xxxi & ff, we can "distinguish
two extreme types of feature and physique , which may be pro-
visionally described as Aiyan and Dravidian".
The principal home of the so-called Dravidian type is Southern
India. The word Dravidian is commonly used to denote a distinct
linguistic family, and I do not think that Mr. Risley was right in
applying it to an anthropological type. The tribes representing
the type speak languages which have usually been considered as
belonging to two different families, one of which is known as the
Dravidian. The application of this name to the anthropological
type is therefore open to the same objection as the use of the
term Aryan to denote the race which is also known as the Indo-
European. It is used in a much wider sense by anthropologists
than by philologists.
Most "Dravidian" tribes speak languages which belong to one
and the same philological family — the so-called Dravidian. About
three millions , however , use several closely connected forms of
speech which appear to be quite different. They have been known
under different names. Messrs. Hodgson and Logan described them
as North Dravidian and as dialects of the Kol language. The name
Kol , however , only comprises a portion of the dialects concerned.
It is, moreover, an ethnical term, and is also applied to tribes Wh..
speak Dravidian languages proper.
Max Müller was the first who clearly distinguished between
the Dravidian languages proper and the dialects in question, which
he i'i-oposed to call the Mundä family. I have retained that
denomination (though it is far from being appropriate), because it
will be adopted in the Linguistic Survey of India, and it is of
no interest for my present purpose whether the denominatinn i>
strictly correct or not. The common name Kolarian was coined by
Sir George Campbell, but it has no foundation whatever. In modern
10*
148 Konow, Mundäs und Australians.
times a fourth name was proposed by the Rev. L. Skrefsrud, and
has been adopted by Prof. Thomsen of Copenhagen. Santhal tra-
ditions assert that the Santhals, MundärTs, Birhor, Bhumij and Ho
once formed one people, and that they were then called Kherwärs.
Messrs. Skrefsrud and Thomsen therefore use the name Kherwärian
to denote the whole family. I have not adopted this name because
some of the dialects belonging to the family are spoken by tribes
which do not appear to have been comprised under the denomi-
nation Kherwär.
The Mundä languages are principally spoken in the Chota
Nagpur plateau. They must, however , have once extended muck
farther to the west, for we find an important Mundä dialect, the
so-called Kürkü, in the Mahadeo Hills, and it is probable that the
Bhils are descended from tribes which once used a Mundä form
of speech.
The principal Mundä languages are, 1. SantälT; 2. Mundäri,
with Bhumij and Birhor; 3. Ho; 4. Türl; 5. AsurI; 6. Korwä;
7. Ködä; 8. Kürkü; 9. Khariä; 10. Juäng; 11. Savara; 12. Gadaba.
SantälT, Mundäri, Ho, Türl, AsurI, Korwä, and Ködä are all
closely connected. They represent the various forms of speech
now used by the descendants of that tribe which the Santhal
traditions call Kherwär.
The Mundä languages have no connexion whatever with the
Dravidian forms of speech. On the other band, there are many
important points in which they agree with the Mon-Khmer langu-
ages of Further India, the dialects of the Sakeis and Semangs in
the Malay Peninsula, and Nancowry.
About ten years ago, Professor Thomsen of Copenhagen tried
to show that connected forms of speech can be traced much farther
to the south and east. In a paper entitled Bemcerkninger om de
kkervariske (kolariske) Sprogs Stälinq, in the Oversigt over det
Kgl. Danske Videnskabs Selskabs Forhandlinger, 1892, pp. 231
and ff., he says, —
"Points of connexion with the Kherwärian languages can be
traced much farther towards the south-east, and, more especially,
I wish to draw attention to a series of very remarkable coin-
cidences between them and several of the .... aboriginal langu-
ages of the southern part of the Australian Continent , such as
Dippil and Turrubul in Southern Queensland; Kamilaroy, Wira-
durei , Lake Maccpuarie , Wodi -Wodi , and others in New South
Wales ; the languages spoken in the neighbourhood of the Encounter
Bay and about Adelaide , and also Parnkalla , spoken to the west
of Spencer's Gulf in South Australia; and, lastly, several languages
of West Australia. These (South) Australian languages cannot,
though they greatly differ from each other , be separated from
each other, but they must be supposed to have some common origin.
The correspondence which has been supposed to exist between
Konon-, Mundäs und Australians. 149
thern and the Dravidian languages , rnust certainly be disniissed
(compare Fr. Müller , Grundriss der Sprachwissenschaft , II , i,
pp. 95 and ff.). On the other band, I think there is unquestio-
nably a certain connexion between tbe Australian and Kberwarian
languages.
It is not only possible to sbow that there are correspondences
in vocabulary, but especial stress rnust be laid on the fact that
the analogy extends to the whole principle of the structure of
the language and to the relations and ideas which haye found their
expression in gramnaatical forms. There seems also to be an un-
mistakable similarity in some details of these forms, if it be allowed
to draw any conclusions in this respect so long as we are quite
ignorant of the phonetical development of the languages in question.
We cannot, however, expect to find any obvious analogy in gram-
matical details throughout, the less so when we rernember how
much the Australian languages themselves differ froni each other
in this respect".
Professor Thomsen thinks that such points of analogy rnust
be explained by the supposition that Indian Mundäs , or some
closely connected tribe, have formerly emigrated to the Australian
Continent.
G. v. d. Gabelentz in bis book Die bprachivissenschaft, Leipzig
1891, pp. 274 k f., also states that there is a connexion between
the Mundä family and the Australian languages. He even thinks
that we are justified in speaking of a "Kolarian-Australian family
of languages". He does not, however, adduce any facts in support
of his view.
In preparing the Mundä portion of the Linguistic Survey of
India, I have had to occupy myself with the supposed connexion
between Mundäs and Australians. I have examined Prof. Thomsen's
arguments, and I have been unable to adopt his view of the matter.
The points of analog}7- which he has found are , so far as I can
see, uncertain, and, at all events, too few and unimportant to prove
anvthing. Moreover, they are of such a kind that similar coin-
cidences can be shown to exist between languages which are in
no way connected with each other. I have had the same materials
at niv disposal as Prof. Thomsen, and I am quite aware iliai thej
are not sufficient for arriving at a final decision. So far as I can
see, however, nothiug is as yet knovvn which contradicts my con-
clusions.
Vocabulary. Prof. Thomsen's first argumerrt is based on
the supposition of a certain correspondence in vocabulary.
In the first place he compares the first two numerals in Mundä
with some forms in Australian languages, viz. Santäli -mit', one,
with Wodi-AVodi rnituh, Kamilaroy mal; Santäli bar, two, with
Lake Macquarie buloära, Kamilaroy, Dippil, Wodi-Wodi bulär \r.
150 Konov, Mundas and Australian*.
The con-espondence is far from being evident, and it is further
weakened by a consideration of the corresponding fonns in other
Australian languages. The most common word for "one" in New
South Wales is wäkul. Other forms are marai, marawa (Tas-
mania) , bur (Victoria); mo , mata, mada, metata (on the Murray
River near Wentworth and Euston) ; ivaichola (middle course of
the Darling); mala (Upper Murray); yalla (Monero Plains); meden-
dal (Moruya); mi'tong (Murrumbidgee); metann (Jervis Bay); metong
(C4oulbourn Plains); mitung (Ulawarra district); mal (Liverpool
Plains); malanda (Wellington); byäda, muray, baja, byäya (Southern
Queensland); motu, warat, icadat (Northern territory of South
Australia) ; numbai (Wiradurei) ; pieya (Kingki) ; Jeunar (Turrubul) ;
kalim (Dippil) ; huma (Adelaide) ; kain, gain (West Australia), and
so forth.
It is difficult to find any form from which all these numerals
can be derived. The base in many of them seems to be ma, which
bears some resemblance to Santäll mit\
Most Australian languages have forms such as bula or bulo
for "two". According to Mr. John Fräser in his curious introduc-
tion to An Australian Language ... by L. E. Threlkeld, Sydney
1892 , "the word bula is universal; with various changes of ter-
mination , it exists from Tasmania in the extreme south , right on
to the Gulf of Carpentaria". Compare Lake Macquarie bidoära;
Wiradurei bula; Kamilaroy, Dippil, and Wodi-Wodi bülär; Wail-
wun bulugur; Kingki büdela; Turrubul büdelä; Lake Tyers bülä-
man: Lake Hindmarsh pullet; River Yarra bolowln; Jajowerong
bülaitsh; Witouro bullait; Toungurong bullarbil. Now I do not
think that the similarity with Santäll bar is unquestionable. It
may reasonably be doubted whether the b of bar is a prefix or
belongs to the root. Compare Lernet or, Khassi ör, two, and the
ar which is used in the dual Suffixes in Khariä.
There is, however, some similarity in the sound of the two
fii'st numerals in Mundä and Australian. The significance of that
fact, however, considerably loses in importance when we remember
that forms which bear the same, or even a stronger, similarity to
the Mundä numerals occur in the heart of Africa. Compare
Herero mue , one ; vari, two ; Maba bar, two. How cautious we
must be in such comparisons is vividly brought home to us when
we remember that ek is "one" in the language of the Mixteques
in America, just as in HindustänI.
Moreover, every trace of analogy disappears when we go beyond
the numeral "two". Most Australian languages only possess nume-
rals so far as "three". In the Mundä family, on the other hand,
we find separate forms so far as "ten", and higher numbers are
counted in twenties. The antiquity of the first ten numerals is
warranted by the close correspondence with the forms in use in
the Mon-Khmer lancmages.
Konow, Mundo* and Au&tralians. 151
I therefore think that we are on the safe side when we con-
sider the similarity in sound between the two first numerals in
Mundä and Dravidian as merely aceidental, at least so long as no
new facts force us to assurne a connexion between both groups.
With regard to pronouns Prof. Thomsen compares SantälT in,
MundärT in, ai/i. I, with forms containing an ü in many Australian
languages, such as neu in Dippil, Turrubul , Kamilaroy, Adelaide,
and Parnkalla.
Now I do not attaeh any importance to the fact that the
characteristic element of the Mundä pronoun probably is a palatal
n , but a velar n in the Australian forms. But I think a com-
parison of the Mundä forms improbable for other reasons. Forms
of the personal pronoun of the first person containing a velar n
are found in many languages which cannot be considered as related,
and, on the other hand, the n of the Australian forms does not
appear to be a necessary part of the pronoun.
I do not propose to give a list of all such languages as have
forms for "I" containing a velar it. It is quite sufficient to mention
Tibeto-Burman na; Melanesian hu, n; Mande (Africa) n; Bullom
(Africa) yan.
Moreover, the element n can apparently be dropped in Austra-
lian. Compare Lake Macquarie ita-toa , I; tia , me ; emmo-un to
me. The final un of emmo-un, to me, is a suffix; compare niro-un,
to thee , Biraban-nun , to Biraban. Similarly we sometimes also
find pronominal Suffixes of the first person singular without the n ;
Uios, Wiradurei na-du, I, to which correspond the Suffixes du and
tu; Encounter Bay nä-pe , nä-te , I, and the suffixed forms ape,
(iji. ii u, ate.
If we compare Lake Macquarie na-toa , I ; nin-toa , thou ;
Wiradurei na-du, I; nin-du, thou, and so forth , we shall find
that the n is also used in the pronoun of the second person.
Bishop Caldwell has long ago compared the Australian forms na,
I; iii, thou, with the Dravidian na-, I; ni-, thou. I do not think
that the comparison proves anything. The bases of the Dravidian
pronouns are probably e or yä, I, and /, thou. The fact, however,
that the n is used in the pronoun of the second person as well
as in that of the first, shows that it is not the characteristic ele-
ment of the pronoun "1". It is probably a prefix of uncertain
meaning, and it also oecurs in forms such as Lake Macquarie im-//.
thi< very; na-la, this; iia-loa, that. In the Mundä languages, on
the other hand, n is the real pronoun and cannot be dropped.
Professor Thomsen further compares Santäli qlvh, he and 1.
with Dippil nu-lin, a-Jen, Kamilaroy nu-le, Wiradurei im-//. Lake
Macquarie (oblique) na-lin , Adelaide and Parnkalla ha-dli, West
Australian na-li, we two, and so forth.
Now alih means "I and he", and Lake Macquarie na-lin, "I
and thou". I do not, however, think lhal that difl'erence is of miu-h
152 KorioWf Mundäs und Australians.
weight. Il is of greater importance that, while the SantälT lin is
the essentia] part of the pronoun. the Australian U seems to be
;hi ordinary dual suffix whieh can be used after other pronouns as
well. Compare Lake Macquarie bn-l! , we two; bu-la, you two;
Encountci- Bay iic-lc we two; nxvr-le, you two.
A similar remark can be made regarding Prof. Thomsen's
comparison of SantälT alä, we, i. e. I and they, and Turrubul
iiu-le, Adelaide na-dlu, we. According to Mr. Fräser iia-dlu is
an indefinite form which can be used both as a singular and
as a plural.
The apparent similarity between the forms for "we two" and
"we" is. I think, outweighed by the fact that the Australian lan-
guages have nothing to correspond to the double set of dual and
plural forms of the personal pronoun of the first pei'son, one in-
cluding and the other excluding the party addressed. Compare
Santäli qlin, I and he; alah, I and thou ; alä, I and they; abon,
I and you. If the person addressed is to be excluded, the Austra-
lian languages suffix a pronoun of the third person to the ordinary
dual. Thus Lake Macquarie halt, we two, i. e. I and thou; ba-li-
nua, I and he; ba-li-boun-toa, I and she.
Moreover, the parallelism between Mundä and Australian does
not extend to the personal pronoun of the second person. Forms
corresponding to Mundä am, thou, are, on the other band, found
in many languages. Compare Melanesian mu, m; Bullom miia,
moa, thou.
Prof. Thomsen also compares SantälT im«, nui, he, this (ani-
mate beings), noa, this: ona, that (inanimate) with Lake Macquarie
noa, he, that; um, unoa, that; Dippil unda, Turrubul wunäl, he,
and so forth. I am afraid that even this point does not prove
much, because the demonstrative pronouns are formed according
to quite different principles in the two families. In Mundä there are
two different sets, one denoting animate beings and another refer-
ring to inanimate objects. On the other hand, there are no different
forms for the masculine and the feminine. The Australians di-
stinguish masculine and feminine pronouns, but use the same form
to denote animate beings and inanimate objects.
Moreover. a comparison of the HindT bases in and un shows
how cautious we must be in such matters. Compare SantälT in-Jan,
these two; un-kin , those two; HindT in-me, among these; un-me,
among those.
In the face of such facts I do not think that we can attach
much importance to Prof. Thomsen's remaining comparisons. They
are as follows.
SantälT vnM \ Kamilaroy, Wiradurei mä, Wodi-Wodi mer, eye.
Santäli mit. Kamilaroy, Dippil mürü, Tun-ubul müro, nose.
SantälT janga , A\'iradurei dinan , Kamilaroy dina, Dippil
jinuh. foot.
Koiiow, Mundas and Australians. 153
Santäli har , Kürkü koro , Lake Macquarie köre, Encounter
Bay körn, man.
Santäli bah, Dippil ba, not.
The nurnber of similar words in both families is apparently
veiy small, and I do not tbink that tbey prove more tban does tbe
curious list of phonetic coincidences in Mandshu and Greek and
Latin whicb bas been printed by Prof. Max Müller in bis Letter
to Chevalier Bunsen on the Classification of tke Turanian Lan-
guages, p. 95.
Moreover, I tbink tbat some of Prof. Thomsen's comparisons
are far from being striking.
Tbe siuiilarity between Santäli mät', eye, and Australian forms
such as mil, mer, is far less tban tbat between tbe Santäli word
and mat , mata , meta , eine , and so fortb , in numerous Oceanic
languages. Compare also tbe word for "eye" in Tibeto-Burman
languages, wbere we find forms sucb as mik, mit, mi, myak, and
so fortb.
The Mundä word for nose is mu. The Australian words
compared by Prof. Tbomsen are probably Compounds. Compare
Lake Macquarie nu-koro, nose, but koro, windpipe.
The similarity between the words for "foot" in the two families
seems to me to be slight. Compare also Laka Macquarie tina. the
toes, the foot.
Lake Macquarie köre, Encounter Bay körn, are strikingly like
Kürkü koro , man. The o of the Mundä words is however open,
tbat of the Australian ones seems to be pronounced almost as a
u, for we also find kuri in the Lake Macquarie dialect. And forms
such as Kamilaroy giwir , Wiradurei gibir , Victoria kid-int, man,
make the probability of a connexion with the Mundä word rather
small. The Lake Macquarie nominative kuri-ko might just as well
be compared with Fulbe (Africa) gor-ko, man.
Dippil ba, not, no doubt resembles Santäli bau. Ba, not, is
however, also found in Hausa; and other Australian negatives such
as Lake Macquarie kora, Wiradurei karia. Kamilaroy kümil, Adelaide
yako, West Australian bart, not, remind us that it is necessary to
be cautious.
I bave now examined all those points in whicb Prof. Thomsen
states that the Australian languages agree with the Mundä family.
I do not tbink that they are numerous or important enough to
make a connexion between the two families probable.
It remains to see whether Prof. Thomsen is right in stating
tliat the strukture of each set of languages follows the same prin-
ciples, and tbat the grammatical forms give expression to the same
ideas in the two families. I regret that my knowledge of the
Australian dialects is very limited, and it is possible that l have
overlooked many important pöints. It is however necessary to
ptate \wy case as best I can.
154 Konoic, Mundas and Australiern«.
Phonology. — The phonetical System of the Australian lan-
guages is extremely simple. There are no aspirates, no sibilants,
ao h. and probably originally no soft mutes such as b, d, g. All
1liat is quite different in the Mundä languages. Those latter forms
of speech possess all the various consonants of the Indo - Aryan
vernaculars, and also a peculiar set of semi-consonants, checked con-
sonants without the off-glide.
Formation of words. — The Australian languages make use
of Suffixes in Order to form new words from already existing bases.
Thus Lake Macquarie bun-ki-ye, a fighting man; bun-to-ara, a
wounded man ; bun-killi-kan, a striker; bun-killi-kan-ne, a cudgel;
bun-kilU-to, the stroke; bun-killi-ta, the striking; bun-Jcilh'-nel, a
pugilistic ring. The use of Suffixes is also a well-known feature
of the Mundä languages. Their number is, however, limited, and
most of them are apparently pronominal. On the other hand, the
Mundä languages to a great extent use infixes in order to form
new words. The same is the case in the Mon-Khmer languages
and others , but nothing of the kind has been shown to exist in
Australian. Compare SantälT dal, to strike ; da-pa-l, to strike each
other : but Lake Macquarie bun , to strike ; bun-hilän , to strike
each other.
I cannot therefore find that the strueture is the same in
Mundä and Australian.
Inflexional System. — Mundä nouns are of two kinds, such
as denote animate beings and inanimate objeets respectively. The
distinetion of the two natural genders, on the other hand, is not
reflected in grammatical forms. Pairs such as kora, boy; kuri,
girl, are. of course, due to Aryan influence and are not a regulär
feature of the Mundä languages.
The state of affairs is apparently different in Australian. There
is a difference between masculine and feminine forms. Compare
Lake Macquarie niu-woa, he; boun-toa, she; makoro-ban, afisher;
makoro-bin, a fisher-woman ; yinäl, son; yinäl-kun, daughter. It
seems, however, as if this difference does not really affect the
grammar. On the other hand, there is apparently no difference
between such nouns as denote animate beings and inanimate objeets,
respectively. In the Minyung dialect, the form of the adjeetive is
sometimes changed so as to agree with the qualified noun. Thus
l:u/iiai. big, large, can be used in connexion with all sorts of nouns.
If the qualified noun denotes a man, it is however more common
to use the form kumai-bm. The corresponding feminine form is
kumai-na-gun, while leumai-nyon is used if the qualified noun
denotes an inanimate objeet. So far as I can see, there is no
parallelism between the Minyung principle and that prevailing in
Mundä.
Both the Mundä languages and the Australian ones distinguish
between three numbers, the singular, the dual, and the plural. The
Konov:, Mundete and Australiaus. 155
Mundä languages usually denote the number by nieans of Suffixes,
at least in the case of animate beings. The rule in Australian,
on the other hand, is to leave the dual and the plural of nouns
umnarked. Thus kuri in the Lake Macquarie dialect means both
'"man" and "men". In Adelaide and Encounter Bay, however, dual
and plural suffixes are used as in Mundä. Thus Encounter Bay
Jcorn, man, dual korn-erik, plural korn-ar; Adelaide nanki, woman,
dual nanki-dla, plural nanki-na.
There is a great difference between Mundä and Australian
languages in the formation of cases. The Mundä languages use
the same form to denote the subjeet of transitive and intransitive
verbs. The Australian forms of speech, on the other hand, distin-
guish the active subjeet of transitive verbs from the subjeet of
intransitives by adding a separate suffix. Thus Lake Macquarie
uni ta tibbin, this is a bird ; but tibbin-to ta-tän, the bird (agent)
eats; natun noa bon yinal-lo ivit/ä, and he him son-by said, and
the son said to him; uni emmoumba yinal tetti kakuüa, this my
son had died.
The Mundä languages have no cases to denote the direct and
indirect objeet but incorporate them in the verb by means of
pronominal infixes. Even the genitive case is often expressed in
the verb in the same way. Compare Santäll apat-täi '-da ac-rän
golam-ko-e met-at'-ko-a, the-father his servants-he said-to-them, the
father said to his servants; apum-da uni posao damkäm-ä gur-
ked-e-a , thy-father the fatted calf-he killed-it , thy father has
killed the fatted calf; mit' har-rän barea kora häpan-kin talui -
kan-tae-a, one man-of two boy child-they-two were-his , a man
had two sons.
The Australian languages, on the other hand, have a dative-
aecusative like the Indo-Aryan vernaculars. Thus Lake Macquarie
makoro bi nuwa, fish thou give ; piriwal-ko, to the chief? iiän-to
bön bün-kulla tetti kidwun? nän-nun? Biraban-nun, whom-by
him smote dead stiff? Whom? Biraban. Who smote him dead ? —
Whom ? — Biraban.
The West Australian genitive suffixes ak and an resemble
the Mundä suffix ak\ I do not, however, think that the corre-
spondence can be anything but accidental.
The Australian languages possess a richly varied System of
verbal forms. In this respect they agree with the Mundä dialects,
but also with languages belonging to quite different linguistic
families, such as Turkish. It is also possible to point to some
suffixes which resemble each other in sound in both families.
Thus the present suffix an in Lake Macquarie, in, un. <~n in En-
counter Bay, can be compared with Santäll en and an. The suffix
e or i of the past tense ia Wiradurei might correspond to Santäll
et\ The pluperfect suffixes äkean in Lake Macquarie, and lain,
256 Konoic, Mkndäs and Austral/ans.
len in Kamilaroy, might be compared with Santäll aJean, len,
respectively. I do not, however, think that such coincidences are
inore than accidental. Santäll an, en, are passive Suffixes, while
tili' Australian an, in, en, is used in an active as well as in a
passive sense.
On the whole, the conjugational principles are, so far as I
can sei', (juite ditferent in the two families.
The Mundä languages have separate forms to denote the passive
and the rniddle voices. Compare Santäll dal-ket'-q-n, I Struck; dal-en-
q-n, I was Struck; dal-an-q-n, I Struck for myself. The Australian
languages distinguish the active from the passive by using various
pronouns as subject or object. Thus Lake Macquarie iian-to bin
bün-hulla, whom-by thee Struck? who Struck thee? nan-nun
bün-hulla, whom Struck? who was Struck?
The Mundä tense bases can be used as nouns, adjectives, and
verbs. No Suffixes are added in Order to change them into relative
participles. In the Australian languages, on the other hand, verbal
nouns and participles are formed by means of special Suffixes.
Both families agree in using pronominal Suffixes in order to
indicate the person of the verb, and those Suffixes are sometimes
added to a word preceding the verb in the Australian languages,
as is the common rule in Mundä. Compare yäp-ap el-in, fuel-I
go , I go to fetch fuel , in the dialect spoken on the Encounter
Bay. The parallelism is, however, of too general a description
to prove anything whatever. Exactly similar constructions are
e. g. also used in the language of the Hottentots; thus, tsl-b ma,
and -he gives. The Australian languages have a double set of such
Suffixes, one denoting the agent and another denoting the subject
of intransitive verbs. It has already been remarked that the Mundä
languages do not make any such distinction.
The ideas expressed by the various forms corresponding to
our tenses are, moreover, quite different in both families.
The Mundä languages have no separate form to denote future
time. There is an indefinite tense which is used as a habitual
present, a future, and so on. The Australian languages possess
an indefinite future , a definite future , and sometimes even more
future forms. Thus Lake Macquarie bün-nun ban, striking-for I,
I shall strike, at some indefinite future time ; bün-hln ban, I shall
strike at such and such time.
The Mundä languages have one perfect; thus Santäll dal-
akad-e-a-e, he has Struck him. There are, on the other hand,
several perfects in the Australian languages. Compare Wiradurei
buin-al-yuain, have Struck: büm-al-äwan, have just Struck; büni-
al-uärin, have Struck to-day; büm-al-guräni, have Struck yester-
day; büm-al-gunan, have Struck a long time ago. It will be seen
that such tenses are in reality Compounds. They are , however,
Konoic, Mundas and Äustralians. 157
formed according to principles which are apparently unknown in
the Mundä forms of speech.
I do not pretend to say that the preceding remarks are con-
clusive. I hope, however, to have shown that Prof. Thomsen's
reasons for assuming a connexion between the Mundä family and
the aboriginal languages of Australia are insufficient. I am well
aware of the fact that it would be necessary to go much deeper
into the matter than my limited time has allowed me to do. I
hope some day to find the necessary leisure for undertaking a
thorough analysis of the materials available about the Australian
languages. I have, however, thought it better to invite discussion
of the matter at onee. I should be happy if some more com-
petent scholar would take up the question so that I could be
able to utilise the results for the Mundä section in the Linguistic
Survey of India.
Errat um.
Vol. LVI (1902), p. 651 1. 4 and 1. 4 froin bottom in note read
"Telugu" for "Tamil". Vincent A. S m i th.
158
Resen in Genesis 10.
Von
Eberhard Nestle.
Was unsere Wörterbücher, Kommentare und Encj^klopädien
über die von Nirarod gegründete Stadt Resen zu sagen wissen, geht
nahe zusammen. Ich nehme die neusten Äusserungen ; von Kittel
im Artikel Nimrod PRE.3 14, S. 103:
„ Wenig gesichert ist jedoch die Lage von Resen. Mehr als
unser Text selbst uns sagt, nämlich dass es zwischen Ninive
und Kelach gelegen sei, wissen wir auch heute noch nicht".
In demselben Werk schreibt Alfred Jeremias im Artikel Niniveh
S. 115:
„Resen ist ebenfalls ein selbständiger Ort, der unter einem
der kleinem Trümmerhügel zwischen Niniveh und Nimrud zu
suchen sein wird ; es wird identisch sein mit dem von Xenopbon
erwähnten Larissa".
Letztere Gleichsetzung hat Bochart aufgebracht, während nach
Pinches, Dictionary of the Bible IV, 229 Byzantiner und Ptolemäus
die sprachlich näherliegende, aber geographisch unmögliche Gleich-
stellung mit Rhesina oder Rhesaina am Chaboras (arab. Ras-el-lain)
vertraten. Seltsamerweise führt nun aber auch Pinches nicht an,
dass es ausser diesem Rhesaina am Chaboras ein zweites, nur eine
Parasange oberhalb Ninive gelegenes Rhesaina gegeben hat, wo
noch heute Kieperts Karte ein Räs-al-'Ain verzeichnet. Und frag-
los ist dies identisch mit dem Reseni, das zuerst Sayce in der
Academy vom 1. Mai 1880 in der Bavian-Inschrift Sanheribs nach-
gewiesen hat. Es sind über 20 Jahre her, dass dies alles von
Georg Hoff mann in den Syrischen Akten persischer Märtyrer
(Abhandlungen unserer Gesellschaft VII, 3, S. 183 f.) bekannt ge-
macht wurde. Ausser Lagard e (Mitteilungen 3, 71) hat aber kein
einziger Forscher, soweit ich sehe, diesen Aufschluss beachtet.
Hoffmann schreibt a. a. 0.:
„Ich kann . . . nachweisen, dass die Syrer ... in den Ruinen
von Horsäbäd die Lage von Resen gesucht haben, durch
folgende Stelle aus Barbahlül, Hs. Socin II:
Nestle, Resen in Genesis 10. 159
öjJioj} wöj o;qd ;z> \j^*l\ jj*^ süjl\/i \u± *±j ^ooi
^■\.*-fi (j*L JL;_U } ~Oj Kasan; Res'ainä, die Stadt Ras al-'ain.
Bar-Srö. Die , welche sich eine Farsah oberhalb Ninwe [d. i.
Kujundschik] befindet. Über diese spricht die Schrift, nicht
über Ras al-'ain in Mesopotamien".
Zur Parasange verweist Hoffmann auf Ritter, Erdkunde 9, 733.
Layard, Nineveh und seine Überreste Kap. 6, S. 83 (deutsch); zu
Kujundschik auf Tuch, De Nino urbe S. 49, al-Mas'üdi 2, 93; zu
Mesopotamien auf Dävidh von Beth Rabban bei de Lagarde,
Praetermissorurn libri duo 1879, S. 246, 69, wo Nir: statt Nim
zu lesen sei. Dann fährt er fort:
„Die Hurustäbädruinen liegen wirklich an einem östlichen
Quellarm des Hösar, an welchem Kieperts Karte ein Ras
al-'Ain verzeichnet. Es ist dieselbe Quelle, die nach Jäqüt
von dem stattlichen Dorfe al-Zarrä'a oder Ras al-Na'ür nahe
bei Bä'aslqä . . . kommt und auch Hurustäbäd bewässert.
Dasselbe bezeugt folgende Glosse aus einer syrischen 4°.
Miscellenhs. des India Office fol. 326 vers0:
vjiau AI ^Qoi fc^Do/ .J^jL ~Ot w.oi ^Sö Kalah =
Hatara oder vielmehr Rasan, Res nä'örä".
Nach einer Richtigstellung dessen, was Jäqüt über Ras al-Nä'ür er-
zählt und was daraus gemacht worden ist, fährt Hoffmann fort :
„Nun vergleiche man mit der obigen Glosse Fletcher [Narra-
tive 1, 284]: ,Haterah, chiefly inhabited by Yezidees north
of Teil Eskof. The Syrian Geographers consider it to be
identical with the Calah of Genesis. Eastward of Teil Eskof
is another village called Kas-el-ain [so] or the head of the
spring from a small rivulet, which takes its rise near it, and
empties itself into the Tigris [via Hösar!] to the north of
the mound of Kuyundjik'. Fletcher kann seine Ansicht über
Hatar eh -Kalah, welches nach ihm [2, 76] Apräm's Hatra ist,
so wie die, dass jenes Rasalain eine Corruption
von Resen in der Genesis sei [2,77], wohl nur aus
dem Munde christlicher Qäsä's an Ort und Stelle haben".
So Hoffmann 1883. Seither ist die Stelle aus Barbahlul von
Duval veröffentlicht worden (1896, im fünften Faszikel Sp. 1907)
ohne wesentliche Variante; nur fehlt bei ihm der Hinweis auf
Bar Srö; ebenso von P. Smith im Thesaurus Syriacus (1897.
Sp. 3940), wieder ohne „Bar Srö", ebenda auch schon aus B[ar|
A[li], wodurch diese Gleichsetzung noch ein höheres Alter erhält.
In The Book of the Bee findet sie sich gleichfalls (p. 37). nur,
dass dort nicht gesagt ist, welches Res-'ainä gemeint sei. Merk-
100 Nestle, Resen in Genesis 10.
würdig ist, dass Hieronymus in den Quaestiones in Genesin den
Namen ganz übergeht. Er sagt dort nur:
regnavit autem [Nimrod] et in Arach, hoc est in Edessa, et
in Achad, quae nunc dicitur Nisibis, et in Chalanne , quae
postea verso nomine a Seleuco rege est dicto Seleucia, vel
certe, quae nunc Kxi]6i(p(bv appellatur.
In den Onomastica folgt er der Lesung der Septuaginta Dasem,
übersetzt aber hebräisches resen mit frenum. Dieselben drei Städte,
Edessa, Nisibis und Seleucia, auch bei Barhebraeus , Book of the
Bee 37 und sonst; Maribas (ed. Macler, Journal Asiatique, mai —
juin 1903, S. 515) nennt Edessa, Ras el-'Ain und Nisibis.
Als Ergebnis ist demnach zu sagen, dass wir die Lokalisierung
und Identificierung von Resen den syrischen Lexikographen (Bar
'Ali [?] und Barbahlul) , Eletcher , Sayce und Hoffmann zu ver-
danken haben. Auch auf der Karte, welche der obengenannten
deutschen Bearbeitung von Layarcl beigegeben ist, findet sich Ras
ul Ain eingetragen. Dass die Umschreibung -jD"i sprachlich höchst
lehrreich ist (o = s ; Verlust des 3>) , braucht kaum betont zu
werden.
161
Die Steleninschrift Rusas' II Argistihinis von
Etschmiadzin.
Von
Waldemar Belck.
Herr C. F. Lehmann hat über dieselbe eine längere Abhandlung
in dieser Zeitschrift, Bd. 56 (19G2), S. 101—115 veröffentlicht,
welcher eine nicht gerade besonders deutliche autotypische Wieder-
gabe einer Photographie der Steleninschrift beigefügt ist. Aber
schon fast ein Jahr vorher hat W. Golenischeff in den Berichten
der Kaiserl. Euss. Archäologischen Gesellschaft Bd. 13 (1901) eine
treffliche Abhandlung über denselben Gegenstand publiciert. Über
letztere und den Inhalt der Inschrift selbst habe ich dann gleich
darauf in den Verhandlungen der Berliner Anthropol. Gesellschaft
(Sitzung vom 20. April 1901) referiert (ib. S. 223), eine Abhandlung,
die seit vielen Monaten gedruckt in Herrn Lehmanns Händen l)
sich befand, als seine diesbezügliche Abhandlung zum Druck ge-
langte. Somit kannte Herr Lehmann damals nicht nur den Inhalt
meines Berichtes ganz genau , sondern war durch denselben auch
auf Golenischeffs Publikation aufmerksam gemacht worden, die ihm
in den grossen Berliner Bibliotheken ohne Schwierigkeit zugänglich
war. Diesen Thatsachen gegenüber ist es einigermaassen über-
raschend zu sehen, dass Herr Lehmann unsere beiden Veröffent-
lichungen erst ganz am Schlüsse in einem kurzen Nachtrage be-
spricht, gleichsam als ob ihm dieselben erst beim Lesen der Kor-
rekturen bekannt geworden seien und nicht schon ca. 6 Monate
vorher. Ein Hinweis im Text, gleich vorne an der Spitze, auf
diese Abhandlungen wäre unter diesen Umständen wohl am Platze
und leicht einzufügen gewesen; das gegenteilige Verfahren und die
offenbare Nichtbenutzung und -beachtung von Golenischeffs Publi-
kation entspricht wohl kaum den litterarischen Gewohnheiten, lässt
auch die Sorgfalt vermissen, die bei einer solchen Abhandlung, wie
sie Herr Lehmann darbietet, zu beachten gewesen wäre. Und das
ist um so bedauerlicher, als bei Beachtung der Golenischeffschen
1) Herr Lehmann ist Mitglied der Berl. Anthropol. Gesellschaft.
Bd. LVIII. 11
162 Beide, Die Steleninschrift Rusas' II etc.
Abhandlung Herrn Lehmann mehrere recht grobe Irrtümer in seiner
Abhandlung erspart geblieben wären.
Wenn ich jetzt zu der genannten Inschrift nochmals das Wort
ergreife, so geschieht es, weil durch Herrn Lehmanns Abhandlung
in vielen Fällen eine arge Verwirrung angerichtet wird, deren
Xichtbeseitigung die Forschung auf recht bedenkliche Irrwege leiten
könnte.
Ich will hier nicht auf Kleinigkeiten eingehen, aber doch hätte
Herr Lehmann z.B. seine Angabe (S. 112), die Ausgrabungen in
den Ruinen der Kirche Surp Grigor seien von einem x-beliebigen
Pater des Klosters Etschmiadzin ausgeführt worden, auf Grund der
nichtbeachteten Publikationen dahin korrigieren sollen, dass dieselben
im Auftrage des armenischen Katholikos (Papstes) ausgeführt
worden sind (cf. Verb. d. Berl. Anthropol. Ges. 1901, S. 224).
Wichtiger ist zunächst, dass die von Herrn Lehmann gebotene
Transskription des Textes mehrere recht bedenkliche Fehler enthält,
auf die ich noch zu sprechen kommen werde. Dass Herr Lehmann
vielfach Ermittelungen , die vor ihm von anderen Forschern ge-
macht worden sind , übersieht , ist allgemach ebenso bekannt ge-
worden, wie die Thatsache, dass er das Inschriftenmaterial nur
ungenügend beherrscht; beide Thatsachen dürften lediglich in einem
Gedächtnisfehler ihre Ursache haben.
Nur so ist es z. B. zu erklären, dass er S. 107 sagt: „Das
landläufige assyrische Zeichen a"M| $ kommt hier (d. h. in
Z. 14 W. B.) und in Z. 46 zum ersten Male1) in der chaldischen
Epigraphik vor, sonst findet sich nur |:^||| el Solches nach-
trägliches l) Auftauchen assyrischer Schriftzeichen und Eigenheiten
erklärt sich am besten aus fortlaufenden , auch schriftlich bethä-
tigten Beziehungen , über deren Bestehen ohnehin kein Zweifel
ist, u. s. w."
Herr Lehmann irrt mit dieser ganzen Angabe und Ansicht.
Das angeblich neue Zeichen il tritt hier durchaus nicht zum
ersten Male in der chaldischen Epigraphik auf; es kommt z.B.
in einem Text vor , dessen (im übrigen recht unzuverlässig aus-
ausgeführte) Transskription und Inhaltsbestimmung Herr Lehmann
auf S. 111 ausdrücklich für sich in Ansprach nimmt, nämlich auf
dem Thontafelbrief des Sagastara, Königs von Iskigulus (= Gebiet
von Alexandropol) , an Rusas II Argistihinis, den Urheber unserer
Steleninschrift. Dort findet sich dieses Zeichen in dem Landes-
resp. Gaunamen Kilbanis, in dem Worte Ki-el-ba-ni-ta, wie Herr
Lehmann irrig liest, da das von ihm ta gelesene Zeichen etwas
ganz anderes bedeutet, und auch nicht das Zeichen el (siehe oben),
sondern il mit aller wünschenswerten Deutlichkeit dasteht. Im
1 \ un mir hervorgehoben.
Belch, Die Steleninschrift Rusas1 11 etc. 163
Vertrauen auf die Richtigkeit dieser Lesung Lehmanns , der mit
Vorliebe in seinen Publikationen mir gegenüber immer betont, dass
er von uns beiden der einzige des Assyrischen Kundige sei, habe
ich dann in meinem Bericht über die vorliegende Steleninschrift
dieses Silbenzeichen ebenfalls el statt il gelesen. Das war sicherlich
ein Fehler von mir, der mir, seitdem ich in Jensens Kritik des
Lehmannschen Buches: „Zwei Hauptprobleme der altorientalischen
Chronologie" gelesen habe, dass Lehmann keinen Anspruch
darauf macht Philologe zu sein, so leicht nicht wieder passieren
kann , da ich aus diesem Grunde eben alle seine philologischen
Angaben durch gewiegtere Philologen nachprüfen lassen werde, ehe
ich sie als Grundlage für meine Studien benutze. Aber trotz alle-
dem ist es nicht berechtigt, wenn Lehmann auf S. 115 bemerkt:
„Z. 14 und 46 verwechselt Belck (indem er an ersterer Stelle mit
Recht Golenischeffs Lesung sar verwirft) das Zeichen il, das hier
zum ersten Male im Chaldischen auftritt1), mit eZ",
denn meine Lesung el statt il beruhte eben auf Lehmanns Autorität
als Philologen resp. Assyriologen.
Ebenso irrig ist Lehmanns Anschauung, dass es sich bei diesem
Silbenzeichen um „ein nachträgliches Auftauchen assy-
rischer Schriftzeichen und Eigenheiten (S. 107)"
handelt. Denn dieses Zeichen il findet sich in genau der-
selben Form schon in einer Inschrift vor, die ca. 150 Jahre
vor der Stele Rusas' II zur Aufstellung gelangte , nämlich in der
von Ispuinis gegen 820 v. Chr. errichteten Kelischin-Stele, in Z. 41
des chaldischen Textes, und zufällig auch in derselben Wort-
komposition, nämlich zi-il-bi. Da in dieser bilinguen Inschrift eine
Menge neuer Schriftzeichen vorkommen, so wird es sich empfehlen,
künftighin etwas vorsichtiger mit der Behauptung, es handle sich
um „nachträglich eingeführte assyrische Schrift-
zeichen und Eigenheiten", zu operieren.
Auf weitere derartige Irrtümer Lehmanns werde ich noch
mehrfach zurückzukommen haben.
Ich werde jetzt die Inschrift nach ihren einzelnen Abschnitten
und Zeilen kurzA durchgehen.
Z. 6 : JMATU) Ku-arlini huhu". Lehmann übersetzt: „das
Land Kuarlini habe ich erobert".
Ich wäre Herrn Lehmann sehr dankbar, wenn er mir irgend
eine chaldische Inschriftstelle nachweisen wollte, in welcher das
Worl „hubi" unzweifelhaft „ich er ober te " bedeutet. Ich kenn»'
diesen Ausdruck in erster Linie von Kanalbauten her und halte
ihn für einen bautechnischen. Lehmann freilich lässl un-
gerechtfertigter Weise die Chalderkönige wie früher (vgl. Verb. d.
Berl. Anthrop. Ges. 1900, S. 620 und dazu nieine Erwiderung
ib. 1901. S. 302) so auch jetzt ihre Kanalbauten, Anlagen von
]) Von mir gesperrt.
1(34 Belck, Die Steleninschrift Rosas1 II etc.
Wein- und Obstgärten u. s. w. in „erobertem Terrain" (vgl.
S. 106, Z. 6; 108, Z. 16) ausführen. Dass schon Menuas das ganze
Land am Nordabhange der Araratkette erobert und den Araxes
zur Nordgrenze seines Reiches gemacht hatte , und dass dann
Argistis I alles Land nördlich vom Araxes bis zum Antikaukasus
hin eroberte, die Argistihina - Armavir gründete, Tempel und Paläste
dort anlegte , übersieht Lehmann. Und wenn Argistis I dort,
reichlich 100 Jahre vor Rusas II, grosse Kanalbauten im Gefilde
von Argistihina -Armavir ausführt , wenn sein Sohn Sardur III in
Armavir grosse Tempel errichtet, und spätere Herrscher dort eben-
falls Heiligtümer erbauen , so dürfte es doch wohl kaum angängig
sein, dieses Gebiet, nachdem es ca. 100 Jahre im Besitze und in
der Verwaltung der Chalderkönige gewesen war , als von Rusas II
„erobertes Gebiet" zu bezeichnen. Selbst wenn zu des letzteren
Zeiten die einheimischen Fürsten einen neuen Aufstand insceniert
haben sollten , so würde der Chalderkönig darüber in seinen In-
schriften doch höchstens berichten : „Ich schlug die Empörer nieder",
nie aber: „Ich eroberte das (mir seit 100 Jahren gehörige) Land".
Unklarheit in an und für sich ganz klaren geographisch-
historischen Verhältnissen trifft man leider häufig bei Herrn Leh-
mann an.
Wenn Lehmann auf S. 105 bemerkt: „Es heisst aber stets
ini (ABNU) pulusi kugüni (kmtü[ni?]) und ini ^m^VM
zadüni (vgl. Z. 38 unserer Lischrift) oder terüni, nie ini pulusi
zaddni oder terüni", so zeugt dies nur abermals von seiner un-
genügenden Vertrautheit mit dem Inschriftenmatei'ial. Die Verbal-
formen auf tu kommen ausserordentlich häufig in den Inschriften
vor und entsprechen, wie Parallel-Inschriften aufs deutlichste be-
weisen, den sonst gewöhnlich auftretenden Formen der Vergangen-
heit, z. B. leirtu = teruni (oder teirtuni), hutaitu = hutaadi u. s. w.
So heisst es denn auch in der Inschrift von Charagonis einfach
Tcuitü (nicht etwa huitu-ni) statt des sonst üblichen kuguni.
Des weiteren findet sich in keiner einzigen Inschrift die von
Lehmann angeführte Phrase: „ini DÜP.TE. zaduni", vielmehr
heisst es stets und immer: ini DUP.1E. teruni". Wenn Leh-
mann sich hierbei auf Z. 38 unserer Inschrift bezieht, so übersieht
er dabei, dass in der Phrase:
37: aluse ulise tiulie
Wer, ein anderer (?), behauptet
38 : iese zadübi
ich habe (dies) gethan
das Verbum zadü (= machen, vollenden) sich doch nicht blos auf
die ziemlich nebensächliche Errichtung der Inschriftstele, sondern
vor allen Dingen und hauptsächlich auf die Anlage des Kanals,
der Obst- und Weingärten , des Tempels (= gi) u. s. w. bezieht.
M. E. ist bei dem Ausdruck zadu der Gedanke an die Er-
Belch, Die Steleninschrift Rvsas1 II etc. 165
richtung des Schriftsteins selbst geradezu aus zu -
schliessen, denn wie könnte wohl jemand fälschlich von sich
behaupten, die Stele mit ihrem Inhalt beziehe sich auf ihn, während
in der Inschrift fünfmal der Königsname Rusas erscheint, und zwar
viermal gefolgt von den Namen seines Vaters Argistis (II) ?
Es bleibt also dabei, dass die Phrase „ini DUP.TE. zaduni*
in den chaldischen Inschriften überhaupt nicht vorkommt.
„Im Namen des von Rusas eroberten Landes Ku-ar-li-ni ist
das zweite Zeichen ^^ ! für das Chaldische bekannt aus der
Inschrift von Novo Bajazet. Dass es dort den Lautwert ar hat,
habe ich, Z. f. Assyr. IX, S. 348 erwiesen, es bildet dort die erste
Silbe des Patronymikons m- Ar-gis-te-M-ni-se — Sardur III (II)
wird so bezeichnet als Argistis' I Sohn", sagt Lehmann auf S. 106.
Das ist alles ganz richtig bis auf den einen Punkt, dass nicht
Lehmann, sondern ich, und zwar schon lange vorher, behauptet
habe, dass diese Inschrift von Sardur III Argistihinis herrührt. So
schon in meinem Vortrage „Archäologische Forschungen in Arme-
nien", den ich am 21. Januar 1892 in der Berliner Anthropolo-
gischen Gesellschaft gehalten habe (vgl. deren Berichte 1892, S. 76
und ib. 217), und Lehmann selbst betont an der von ihm citierten
Stelle, dass ich schon wiederholt kurz auf diese Thatsache hin-
gewiesen hätte. Da nun auf Grund der vorhandenen vorzüglichen
Photographie und meiner Kopie der Inschrift die Lesung des
Patronymikums als . gis-te-ln-ni-se unbedingt feststand , so war
durch meine Behauptung implicite auch ohne weiteres ausgedrückt,
dass das erste Zeichen als ar zu lesen sei. Dass Lehmann an der
citierten Stelle diese Behauptung in eine besondere Satzform ge-
kleidet hat, ist richtig, aber ob er nun derjenige gewesen ist,
welcher herausgefunden hat, dass es sich in dieser Inschrift weder
um einen Sardur, Sohn des Rapis (so früher Sayce), noch um einen
Sohn des Ipitus (so Nikolsky) handelt, sondern vielmehr um einen
Sohn des Argistis, kann ich damit wohl dem Urteil der Fach-
gelehrten überlassen. Nicht verfehlen aber will ich darauf hin-
zuweisen, dass meine Behauptung, es handle sich in dieser Inschrift
um Sardur III Argistihinis, vollinhaltlich bestätigt wird durch den
Text der von mir in der Kirche Surp Pogos in Van freigelegten
grossen Sardur-Stele, in welcher dieser Feldzug fast mit denselben
Worten erzählt wird (vgl. Verh. d. Berl. Anthrop. Ges. 1901, S. 3.01).
Ganz unverzeihlich aber ist es , dass Lehmann bei dieser Ge-
legenheit eine irrige alte geographische Angabe, die von mir in
unseren früheren gemeinsamen Publikationen schon längst berich-
tigt ist, aufs neue ausgräbt und in die Wissenschaft einzuführen
versucht. Er spricht nämlich mit Bezug auf diese- Dokumenl ah
von einer Inschrift von „Novo Bajazet"; eine solche giebl es
überhaupt nicht, und die Ihschrifl vmi Atamchan (am Süd-
ufer des Goektschai - Sees belegen) als eine Inschrift von No o
166 Beide, Die Steleninschrift Rusas1 II etc.
Bajazet bezeichnen zu wollen, bedeutet etwa dasselbe, als wenn
mau z. B. eine westlich und in der Nähe von Potsdam ge-
fundene F e 1 s - Inschrift als eine Inschrift von Berlin bezeichnen
winde. Derartige unzutreffende Angaben sind natürlich nur ge-
eignet, die leider schon so vielfach vorhandene Unklarheit auf dem
der alten Geographie noch zu vergrössern.
/. 8: Lehmann liest am Ende ma-nu-di; in der Inschrift ist
das letzte Zeichen lädiert, man sieht nur noch — ||§5:; was keinen-
falls zu di, wohl aber zu ri ergänzt werden kann. Das Wort
heisst also manuvi.
Z. 9 : su-Ja am Anfange dieser Zeile ist sicher ; das Wort ist
auch sonst schon in den chaldischen Inschriften belegt, so z. B. in
der Inschrift von Hagi und Tscheiabi Baghi.
Ebendort findet sich auch die Verbalform u-bar-du-ni, welche
augenscheinlich Beziehungen zeigt zu der hier vorkommenden Verbal-
form u-bar-du-du-ni.
Z. 10: i-ese ini (GLS) xddie ist von ganz besonderem Interesse,
da hier zum ersten Male das Wort iese in einer nicht zur
Fluch formel gehörenden Phrase vorkommt, und zwar in einem
solchen Zusammenhange, dass jede andere Deutung als „ich" aus-
geschlossen erscheint. Wohl ist schon immer in der Fluchformel
die Phrase „iese zadubi" mit „ich habe vollendet (gemacht)" über-
setzt worden, aber an und für sich hätte man doch auch z. B. die
oben angeführten Z. 37 und 38 unserer Inschrift deuten können:
„Wer, ein anderer (also Unberechtigter, demnach „fälschlich")
behauptet, er habe (dies alles) gemacht". Dabei bildet die auf bi
endigende Verbalform (= zadu-bi) keinerlei Schwierigkeit, denn,
was ich seit Jahren Lehmann gegenüber stets , wenn auch trotz
aller augeführten Beweismittel erfolglos , behauptet habe , dass
nämlich bi lediglich das für alle Personen geltende Suffix
einer Zeitform sei , ist durch die Bilingue der Kelischin-Stele in-
zwischen zur Gewissheit erhoben worden1). Wenn dadurch auch
einer der scheinbar sichersten bisherigen Deutungen der chaldischen
Schriftsprache der Boden entzogen wird, so gewinnen wir anderer-
seits doch wieder dadurch Anschluss an eine der grösseren kauka-
sischen Völkergruppen, und mein Freund, der Archimandrit Galust
Ter Mkrtchian in Etschmiadzin dürfte schliesslich mit seiner Gleich-
setzung des chaldischen Suffixes bi mit dem Aorist-Suffix bi der
I rden doch wohl Becht behalten (vgl. Verh. d. Berl. Anthrop. Ges.).
Z. 10/11: „(GIS) uldie terubi KAR(GIS) use (G1S) zari\
Lehmann bezieht sich bei der Erörterung dieser und anderer
1) Hierzu wolle man meine Ausführungen in der Zeitschrift „Anatole",
Organ der Deutschen Gesellschaft für die wissenschaftliche Er-
forschung Anatoliens, Heft I, Sp. 59 und 60, vergleichen.
Belck, Die Steleninschrift Rusas' II etc. 167
Fragen vornehmlich und in erster Linie auf den von ihm er-
statteten Bericht über die Ergebnisse der von Dr. W. Belck und
Dr. C. F. Lehmann 1898/99 ausgeführten Forschungsreise in Arme-
nien (Sitzungsber. d. Berl. Akad. d. Wiss. 1900, Nr. XXIX [Bericht J
S. 619 — 633; ergänzt und zum Teil berichtigt durch Literarisches
Centralblatt 1900, Nr. 42—43, Sp. 1744 f. und 1794—96 und durch
Anthrop. Verh. 1900, S. 141, Anm. 1 und S. 612 ff.).
Dieser Bericht nun wimmelt derartig von Irrtümern und Text-
fehlern (ganz abgesehen von den zahllosen Druckfehlern) , dass ich
schon wiederholt Veranlassung genommen habe, darauf hinzuweisen
und meinerseits jede Veranlassung abzulehnen für den Inhalt des
dort Gebotenen, der in den meisten Fällen schwer irreführend ist.
Wer meine Ausführungen in den Verh. d. Berl. Anthrop. Ges. 1900.
S. 443 ff. und ib. 1901, S. 284—328 gelesen hat, wird begreifen,
dass ich es ablehnen muss, einen derartigen Schriftsatz bei meinen
Ausführungen überhaupt zu citieren. In meinem Protest habe ich
bei weitem nicht alle falschen Angaben Lehmanns korrigiert, son-
dern mich nur auf die Hauptpunkte beschränkt, und ich hebe des-
halb nochmals hervor, dass der Fachgelehrte, welcher seine Studien
auf den Inhalt dieses Berichtes basiert, sehr in die Irre gehen
kann, zumal mit der Topzauä-Bilingue, deren Text vielfach das
Gegenteil von dem zu besagen scheint, was Lehmann in dem
erwähnten Bericht geboten hat.
Lehmanns Stärke liegt in der richtigen Auffassung ver-
wickelter historischer Verhältnisse; darin kann er Hervor-
ragendes leisten, und hat er auch schon geleistet; als Philologe
wird er von der Mehrzahl seiner Fachgenossen nicht ernst ge-
nommen, und dass es ihm an geographischem Verständnis
mangelt, weiss er so gut wie ich. „In der Beschränkung zeigt
sich der Meister!" Und geradeso wie es nur nützlich ist, wenn
Lehmann mir bei einem unbedachten philologischen Exkurs einen
Hieb erteilt, geradeso ist es gut für ihn, wenn man ihn ständig
auf seine schwachen Seiten hhrv
er lieber nicht beai'beiten solle.
Man verzeihe, wenn ich hier einen Moment ziemlich persönlich
geworden bin, indessen ich glaube, dass so sehr auch vielleicht die
mittlerweile zwischen Lehmann und mir platzgegriffene Dissonanz
im Interesse der schnellen Publikation der Ergebnisse unserer
Forschungsreise nach Armenien bedauerlich sein mag, die Wissen-
schaft als solche nur einen absoluten Vorteil davon haben wird.
Denn es ist sicher ein grosser Unterschied, ob zwei auf demselben
Gebiete arbeitende Forscher gemeinschaftlich etwas veröffentlichen,
oder ob sie als Gegner, stets unter der Lupe fachmännischer Kritik
der anderen Gelehrten, selbständig vorgehen.
Hier will ich zunächst nur hervorheben, dass Lehmanns Lesung
von Z. 19 der Rusas-Stele vom Keschisch-Göll (am Ende): (GIS)
za[ri-e], die er auf S. 107 und besonders in der auf mich ge-
168 Beide, Die Steleninschrift Ruscus II etc.
münzten Anmerkung vertritt, eine absolute Unmöglichkeit
ist. Nach Lehmann ist dort zu lesen:
„(GIS) KARÄNU (G1S) KISTU KAR u-äe (GlS) za-[ri-e\\
Ich sehe ganz davon ab, dass der Raum hinter Lehmanns za nicht
ausreicht für die Ergänzung der Zeichen ri-e, ja selbst nicht ein-
mal für das vi — übrigens ein weiterer Beweis, dass Lehmann
die Methode der Ausmessung gar nicht praktisch anzuwenden ver-
steht, was sich ja auch schon bei der Topzauä-Bilingue ergeben
hat, — wohl aber muss mit Nachdruck hervorgehoben werden, dass
dort nicht
£:| !! sondern ^lll • • ♦ • steht,
GLS za DAN
und zwar als ein gar nicht misszuverstehendes einheit-
liches Zeichen, so aufgefasst von hervorragenden Assyriologen und
sogar — von den im Berliner Museum beschäftigten Laien. Die
Zeile lautet eben am Schluss: (GIS) DAN. (NU.).
Ich kann mich deshalb hier auch nicht auf eine Diskussion
der diesbezüglichen Lehmannschen Ansichten einlassen, umsoweniger,
als ich alles darauf Bezügliche mit Angabe aller Inschriftstellen
schon reichlich 1\2 Jahr früher (teilweise schon 2J/4 Jahr früher)
publiciert habe , worauf Lehmann wieder unterlassen hat hinzu-
weisen (vgl. Verh. d. Berl. Anthrop. Ges. 1901, p. 308—311).
Gänzlich falsch und irreführend aber ist es, wenn Lehmann
(vgl. S. 106, Z. 2 von unten) immer wieder von den grossen „Stau-
seen" spricht, welche in den betreffenden Inschriften erwähnt sein
sollen. Allerdings lag es nahe , und ich selbst habe auch diese
Schlussfolgerung gezogen, dass z. B. Rusai-sue (cf. Keschisch-
Göll-Stele) Rusas-See bedeutet; aber inzwischen habe ich mich
längst davon überzeugt und es auch (Verh. d. Berl. Anthrop. Ges.
1901, S. 308) öffentlich ausgesprochen, dass sue nicht „See", son-
dern ganz allgemein „Wasser, Gewässer" bedeutet, also dem Sinne
nach identisch ist mit dem gleichlautenden turanisch - türkischen
Wort. Warum Lehmann nun immer wieder mit dem „Stausee"
kommt, ist mir um so unverständlicher, als in dem gesamten Ge-
biete von Hagi und Tscheiabi Baghi, und zwar auf 30 — 50 Kilo-
meter im Umkreise , d. h. soweit wie überhaupt Flüsse und aus
ihnen abgeleitete Kanäle in Betracht kommen können, irgendwelche
Stauanlagen absolut nicht existieren , wohl aber umfangreiche Be-
wässerungsanlagen. Sonach ist also das scheinbar so feststehende
Rusai-sue = Rusas-See zu streichen und dafür zu setzen „Rusas-
Gewässer", wobei darunter zugleich der aus dem See abgeleitete
Bach verstanden werden kann, der heute noch wie vor 2600 Jahren
die Gärten von Van bewässert und schon durch seinen blossen
Namen anzeigt, dass er nicht der Natur oder dem Unternehmungs-
geist irgend eines Privaten , sondern vielmehr der staatlichen
Beide, Die Steleninschrift Riesas' II etc. 169
Autorität seine Entstehung verdankt, denn dieser Bach heisst
heute noch: „das R egierun gs wasser".
Wie unzuverlässig Lehmanns orographische Angaben sind, be-
weist dann wieder einmal seine auf den von Menuas für seine Frau
Taririas angelegten Weingarten bezügliche Bemerkung S. 107, Z. 4
von oben: „Noch heute ist deutlich zu erkennen, wie das Terrain
dort künstlich bearbeitet und planiert worden ist, nördlich bis
dahin, wo der Steilabfall nach dem Ufer des Van-
Sees beginnt"1).
Es giebt an jener Stelle des Van-Seeufers nämlich gar keinen
Steilabfall , vielmehr treten die Berghänge , welche am westlichen
Ende des Fleckens Artamid bis unmittelbar an das Gestade des
herrlichen Alpensees heranreichen , plötzlich zurück , eine reichlich
1 — l1 2 Kilometer breite und 1 Kilometer tiefe, fast halbkreis-
förmige Schlucht bildend, deren Boden vom Seeufer her langsam
ansteigt. Der Schamiramsu-Menuas-Kanal umgeht diese wie alle
anderen Schluchten , indem er an den Berghängen entlang läuft,
mit ihnen einen grossen nach Norden geöffneten Halbkreis be-
schreibend, an dessen innerstem Punkt, also gut einen Kilometer vom
Seeufer entfernt, der betreffende Weingarten von Menuas angelegt
worden ist. Und zwar liegen die Verhältnisse dort so : Der Menuas-
Kanal läuft an jener Stelle an einem nur massig steilen Teile des
Berghanges hin, sodass demgemäss auch die Stützmauer des Kanals
nur geringe Dimensionen aufweist. Die Höhe der Kanalsohle über
dem Weingarten beträgt ca. 5 Meter, und letzterer selbst reicht
bis an den Fuss der Stützmauer des Kanals heran, unmittelbar an
dem sich auch der grosse rötlich ausschauende Felsblock befindet,
auf dem die auf die Anlage des Weingartens bezügliche Keilinschrift
des Menuas eingegraben ist. Der Weingarten selbst zieht sich in
einer Länge von 100 Metern am Fusse des Menuas-Kanals hin und
ist 70 Meter breit; die Bewässerung desselben aus dem Menuas-
Kanal war unter diesen Umständen sehr leicht zu bewerkstelligen,
z. B. durch eine kleine Rinne und Schöpfeimer, eine dafür be-
stimmte Extra- Ableitung aus dem Kanal existiert heute nicht mehr,
könnte aber wohl früher dort vorhanden gewesen sein. Im übrigen
liegt dieses Terrain heute völlig brach. „Schliesslich möchte ich
noch auf das interessante Faktum hinweisen, dass der Inschriftfels
(eben der auf diesen Weingarten bezügliche) in der Breitseite eines
nicht unbeträchtlichen Stück Landes liegt, das noch heute deut-
lich erkennen lässt, dass es künstlich erhöht und für diesen Zweck
hergerichtet worden ist. Von diesem Weingarten der Taririas aus
hat man übrigens einen wundervollen Blick auf den Yan-See und
den etwa in Nordrichtung liegenden Sipan Dagh"; so schrieb ich
1901 in den Verh. d. Berl. Anthrop. Gesell, p. 311. Auch Lehmann
sagt 1/2 Jahr später (p. 107): „Noch heute ist deutlich zu erkennen,
1) Von mir gesperrt.
170 Belck, Die Steleninschrifl Bwas1 II etc.
wie das Terrain dort künstlich bearbeitet und planiert worden ist."
Und: „Von dieser Terrasse aus geniesst man einen herrlichen Aus -
und Niederblick auf den Van-See." Dass die nahezu völlig über-
einstimmende Ausdrucksweise Zufall sei , wird niemand glauben ;
mir ist sie jedenfalls ein Beweis dafür, dass Herr Lehmann meine
oben citierte umfangreiche Abhandlung nicht nur gekannt, sondern
auch stellenweise, wo es ihm passte, für seine Abhandlung benutzt hat.
Was demnach Lehmann zu Zeile 10 und 11 bemerkt, findet
man ausführlicher und mit vielen Belegstellen versehen in meiner
oben citierten Abhandlung.
Z. 12: Das hier und in Z. 13 auftretende Wort suhi(e) fasst
Lehmann im Nachtrag (S. 115) auf als den chaldischen Ausdruck
für „Stadt". Einen Beweis für diese von ihm vermutete Bedeutung
führt Lehmann nicht, denn was er dort zur Unterstützung dieser
Idee sagt: „Vgl. „Aschrut Darga" Z. 4 su-lu-na-si-e (Suffix na\)a,
ist eher geeignet stutzig zu machen und Bedenken zu erregen,
denn na (ina) heisst im Chaldischen ja ebenfalls „Stadt", sodass
suhi-nasie ein Pleonasmus sein würde. Freilich sind wir noch
lange nicht genügend in die Kegeln und Gebräuche der chaldischen
Sprache eingedrungen , um über eine derartige , anscheinend un-
logische Wortbildung ein endgültiges Urteil abgeben zu können.
Dagegen gewinnt Lehmanns Vermutung durch eine andere That-
sache sehr an Wahrscheinlichkeit; im Georgischen nämlich ist sihe
ein häufiger Ausdruck für Stadt (vgl. JJplis-sihe, War-sthe, Achal-
sihe u. s. w.), für den wir im Chaldischen bei der nahen Verwandt-
schaft beider Sprachen einen ähnlich klingenden Ausdruck
zu finden erwarten dürfen. Zu sihe würde nun su-he (das Wort
kommt in dieser Form wohl noch häufiger vor, als wie in der-
jenigen von su-hi oder su-hi-e, so z. B. in der Meher Kapussi-In-
schrift) recht gut stimmen; denn die Differenz von s und s kann
kaum wesentlich ins Gewicht fallen , ist doch auch das lazische
Wort sili = Frau augenscheinlich identisch mit dem chaldischen
silaie (vgl. Verb. d. Berl. Anthrop. Ges. 1901, S. 311).
Z. 14 und 15: pili (NABU) Il-da-ru ABNU-ni agübi
vmesini tini ist besonders interessant und wichtig. Lehmann über-
setzt hier (S. 107): „Einen Kanaldamm vom (zum) Flusse Ildaru
habe ich angelegt aus Steinen, deren Namen umes (int) ist", und
bemerkt dazu: „Der Fluss heisst Ildaru. Wenn Basmadjian
das Ende der Zeile 14 ni-a-ni liest und diese dann
konsequenter Weise zu demFlussnamen zieht: Il-da-
r u -ni-a-ni, so wird dadurch eine der wichtigsten An-
gaben der ganzen Inschrift ausser Geltung gesetzt.
Es ist absolut sieher, dass dem ni des Zeilenendes das
Ideogramm AB NU „Stein" vorausgeht. Die Photo-
graphie zeigt es deutlich, und wer noch Zweifel hegt,
überzeuge sich durch den Augenschein und durch
Messung davon, dass überall in unserer Inschrift das
Belck, Die Steleninschrift Kusus' II etc. 171
Zeichen n « + Zwischenr au m -f folgendem schmälsten
Zeichen weit mehr Raum beansprucht, als hier zur
A'erfügung steht, dass also auch deshalb das eine
Zeichen nicht in zwei , ni-a, zerlegt werden k a n n a *).
Und in dem Nachtrage bemerkt er auf S. 115 in Bezug auf
meine Behandlung unserer Inschrift: „Dass er (Belck) Z. 14 Il-da-
ru-ni-a-ni statt Ildaru ABNU-ni liest, wird dieselben Ursachen
haben, wie bei Basmadjian (Unvollkommenheit der Vorlage). Umesini
ist konsequenter Weise für Belck der Name des Kanals. Wäre dies
richtig gewesen, so hätte darin eine Abweichung von dem ständigen
Brauche der Chalder gelegen, wasserbautechnische Anlagen (Kanäle,
Stauseen) mit Namen ihrer königlichen Schöpfer zu bezeichnen".
Hier hat sich nun Lehmann wieder einmal ordentlich fest-
gerannt, und das Gegenteil von dem, was er behauptet und schreibt,
ist so ziemlich überall das Richtige und Zutreffende. Zunächst sei
bemerkt, dass mein Bericht über diese Inschrift in der That auf
Golenischeffs ganz vorzüglicher Publikation beruht, dem augenschein-
lich ein Abklatsch der Inschrift zu Gebote gestanden hat, kaum
aber auch eine Photographie der Stele, die er sonst wohl unbedingt
seiner Abhandlung beigegeben hätte. Golenischeff nun liest, wie
Basmadjian, an der betreffenden Stelle nicht ABNU-ni, sondern
ni-a-ni. Da aber irren menschlich ist, so habe ich auch Einsicht
genommen in eine ausgezeichnete Photographie der Stele, — und
zwar ist es augenscheinlich dieselbe Aufnahme, welche auch
Lehmann seiner Arbeit zu Grunde legt, — welche mir Herr Dr.
Messerschmidt in bekannter Liebenswürdigkeit zugänglich machte.
Wir haben dann gemeinsam festgestellt, dass Lehmann mit seiner
Behauptung gründlich irrt, denn die Photographie bestätigt die
Abklatschlesung Golenischeffs (und damit auch meine Auffassung
der ganzen Stelle) ebenso wie die Basmadjians durchaus ; es ist
auch nicht der geringste Zweifel möglich, dass dort ganz klar und
deutlich ni-a-ni geschrieben und eine Zusammenfassung von ni-a
zu AD NU ganz ausser Frage steht.
Demgemäss heisst also der Fluss Hdaruniani, Lehmanns Lesung
ABNU-ni ist falsch, und damit werden alle Folgerungen, welche
er auf sie und seine Übersetzung derselben aufbaut, hinfällig. Damit
ist auch zugleich evident, dass umesini der Name dieses Kanals ist.
Wenn Lehmann von einem ständigen Brauche der Chaldei
spricht, wasserbautechnische Anlagen (Kanäle, Stauseen) mit Namen
ihrer königlichen Schöpfer zu bezeichnen, so muss das als irre-
führend zurückgewiesen werden. Nur wirklich hervorragende der-
artige Anlagen belegte der erbauende König mit seinem Namen,
während unbedeutende oder leicht auszuführende Anlagen namenlos
blieben. So benennt Menuas nach sich den grandiosen Schamiramsu
bei Van, den interessanten Kanal von Bersrri und die Kanäle bei
1) Von mir gesperrt.
172 Belch, Die Steleninschrift Rusas' II etc.
Marmos, Mfelasgert (Ada) und Chotanlu, während Rusas dem von ihm
angelegten Keschisch Göll seinen Namen (Riisaisue) verleiht. Ohne
Namen dagegen lässt Menuas den in der Inschrift von Agthamar
erwähnten Kanal und ebenso den Kanal von Arzwapert, Argistis I
legt dem grossen Kanal, welchen er für Argistihina-Armavir aus
dem Araxes ableitete, nicht seinen Namen bei, und Argistis II ver-
fährt in gleicher Weise mit dem sue und sonstigen hydraulischen
Anlagen bei Ardjisch. Auch sein Sohn, unser Rusas II, hält seine
Kanalanlage nicht für grossartig genug, um ihr seinen eigenen
Namen zu verleihen, er nennt sie einfach umesini (vielleicht = Be-
fruchter, Bringer der Fruchtbarkeit, nach dem Muster assyrischer
Inschriften '?) , ein Wort , von dem ich nicht begreife , weshalb es
Lehmann wenig chaldisch anmutet (vgl. S. 108), sodass er es als
ein assyrisches Lehnwort (von umäsu) betrachtet.
Wenn ich hier eingehender, als es manchem nötig erscheinen
möchte , Lehmanns falsche Lesung ABNU-ni zurückgewiesen und
berichtigt habe, so geschieht es , weil Lehmann dieselbe als Stütze
und Beweis für eine weitere irrige Ansicht benutzt, nämlich für
seine Übersetzung von pili mit „Damm, Kanaldamm". Er sagt
nämlich auf S. 108 : „Da nun hier in Verbindung mit der Kanal-
anlage , auf die das Wort pili zweifellos Bezug hat (s. Zeitschrift
f. Ethnol. 1892, S. 136, Verh. Anthrop. Ges. 1895, S. 595), Steine
genannt werden, über die wir sodann noch Näheres erfahren, so
wird meine Vermutung (WZKM. XIV, 1900, S. 4 f.) , dass
pili nicht sowohl den Wass erlauf, als vielmehr den
Damm, die Stützmauer des Kanals bezeichne, zur Ge-
wissheit erhoben. Sie gründet sich zunächst darauf, dass die
Armenier selbst beim Menuaskanal {Schamiram-suy) den „Damm
des Flusses" ambartak getoyn (Thomas Arzruni III § 36 und dazu
WKZM. a. a. 0. S. 5 Anm. 1) bewundernd nennen. Dass die riesige
Stützmauer die Hauptsache ist, kann jetzt auch ich aus eigener
Anschauung bestätigen".
Ich füge hier noch gleich mit an , was Lehmann in WZKM.
a. a. 0. S. 5 Anm. 1 zu ambartak getoyn bemerkt: „S. Thomas
Arzruni, Buch III, § 36. Dass hier eben der bei Moses von Chorene I
beschriebene Semiramis- Kanal gemeint sei, war bisher nicht erkannt
worden, wie bei Brosset, Collection d'Historiens Armeniens I, p. 237
n. 2 ersichtlich".
Herr Lehmann hat ganz recht, diese Thatsachte war bisher
nicht erkannt worden von den anderen Forschern, aber auch von
Herrn Lehmann nicht, dessen obige Bemerkung wohl kaum
so abgefasst ist, dass jedermann sofort aus ihr ersehen muss, dass
ich es war, der diese Feststellung schon vor Jahren gemacht hat
und dieselbe nebst einigen anderen interessanten Daten in einer
Abhandlung über „Die Erwähnung chaldischer Bauten, insbesondere
des Schamiramsu-Menuaskanals bei den späteren armenischen Schrift-
stellern" fein säuberlich zu Papier gebracht und Herrn Lehmann
Beide, Die Steleninschrift Riesas' II etc. 173
im Jahre 1896 oder 1897 zugeschickt habe, damit er sie der An-
thropologischen Gesellschaft zum Abdruck einreiche. Diese Ab-
handlung ist dann wie noch mehrere andere vorläufig liegen ge-
blieben und befindet sich mit einigen Randbemerkungen Lehmanns
versehen bei meinen Akten ! So viel zur Feststellung der Wahrheit.
Zur Sache selbst ist zu bemerken , dass Lehmanns Ansicht,
pili bezeichne nicht den Kanal als solchen (also den Wasserlauf
und was drum und dran hängt), sondern den Kanaldamm, die Stütz-
mauer , ganz unhaltbar ist. Lehmann verfügt ja über keinerlei
Ingenieur-Kenntnisse, aber so viel müsste er doch wissen, dass bei
einem Kanal eine Stützmauer oder ein Kanaldamm durchaus nicht
etwas Principielles , sondern etwas sehr Accidentelles ist , das man
in den meisten Fällen vergeblich bei einem Kanal suchen wird.
Lehmann braucht sich doch nur den Zweck einer solchen Stütz-
mauer klar zu machen , um sofort einzusehen , dass er sich auf
falscher Fährte befindet; eine „Stützmauer" soll etwas stützen, also
z. B. den an einem abschüssigen Hange hinlaufenden Kanal , der
ohne eine solche infolge von Erdrutschen und Terrainunterspülungen
durch das eigene Wasser sehr bald schon bis zum Fusse des Hanges
sich hinabsenken würde. Wo aber nichts zu „stützen" ist, wird
es doch auch kaum einem vernünftigen Menschen einfallen , eine
„Stützmauer" anzubringen, und deshalb fehlt eine solche auch bei
den in ebenem Terrain verlaufenden Kanälen. Der weit über
20 Kilometer lange Menuaskanal von Bergri hat z. B. nur auf
einer Länge von wenigen hundert Metern eine solche Stützmauer,
dasselbe gilt von den Kanälen von Ada und Chotanlu; gänzlich
fehlen die Stützmauern bei den Kanälen in der Ebene von Ardjisch
und bei dem von Argistis I angelegten grossen Araxeskanal. Auch
beim Schamiramsu hören die Stützmauern auf, sobald sie über-
flüssig sind, nämlich gleich hinter Artamid.
Da also der Ausdruck pili auch von Kanälen gebraucht wird,
die weder Stützmauer noch Kanaldamm besitzen , so bezeichnet er
auch nicht, wie das von vorn herein vorausgesetzt werden konnte,
nur diesen oder irgend einen andern Teil des Kanalwerkes, sondern
vielmehr die gesamte Anlage, also den „Kanal". Lehmanns Ansicht
würde ungefähr auf dasselbe hinauslaufen , als wenn in späteren
Zeiten irgend ein Fremder an der Holtenauer Schleuse des Kaiser
Wilhelm-Kanals eine Inschrift entdecken würde: „Ich, Wilhelm,
Deutscher Kaiser und König von Preussen, habe diesen „Kanal"
gebaut, Kaiser Wilhelm- „Kanal" heisst er", in der er dann das ihm
unbekannte Wort „Kanal" mit „Schleuse" übersetzen wollte, da
die Schleusen thatsächlich das grossartigste an dem Nord-Ostsee-
kanal sind. Dann hätte also Kaiser Wilhelm diese „Schleuse"
gebaut, Kaiser Wilhelm- „Schleuse" heisst sie. Dass dabei der Bau
des Kanals selbst einem ganz anderen zugeschrieben werden könnte
und werden würde, sei nebenbei- bemerkt ; dasselbe gilt natürlich
auch vom Menuaskanal, von dem nach Lehmann Menuas nur die
174 Belch, Die Steleninschrift Rusas' II etc.
Stützmauern erbaut haben würde. Die Anlage des Kanals selbst,
für die erhebliche und schwierige Nivellierungsarbeiten vor-
zvmelimen waren , da es sich ja zumeist um unübersichtliches ge-
birgiges Terrain handelt, die Fassung der Quelle, die Überführung
des Kanals über den Choschab u. s. w. kämen danach dann anderen
Herrschern als Menuas zu.
Das dürfte genügen , um das Unhaltbare von Lehmanns An-
sicht, pili bedeute weniger den Kanallauf, als vielmehr den Darum
des Kanals, klar zu legen.
Z. 20 : Das erste Zeichen in dieser Zeile ist von Lehmann
falsch wiedergegeben, es ist nicht IZ'^l, sondern vielmehr dasselbe
Zeichen wie in Z. 24 das vierte, nämlich ^^r, welches hier etwas
von der sonst in den chaldischen Texten üblichen Form ^>-v ab-
weicht. Es ist das Ideogramm für „opfern", das wir hier vor uns
haben, dessen phonetischen Gegenwert im Chaldischen die Ableitungen
der Wortwurzel urpu darstellen, wie ich das schon Verh. Anthrop.
Ges. 1900, S. 444 nachgewiesen habe. Es bedeutet also z. B. urpue
= Opfer, urpuasi = der Opfernde (ob auch „Priester" oder nur
den opfernden „Laien" muss ich einstweilen noch dahingestellt sein
lassen), urpuali = hat (haben) geopfert u. s. w.
In Zeile 22 liest Lehmann am Anfange [a ?]-,*?; ich bemerke
dazu, dass der vorhandene Raum nur zur Ergänzung von a oder
eines ebenso kleinen Zeichens ausreicht. Gesichert wird die Er-
gänzung zu a durch die Satzkonstruktion Z. 13 bis 25, die Lehmann
nicht richtig erkannt hat; m. E. ist so zu konstruieren:
Z. 13: Nachdem die dafür bestimmte (= istini) {ALU) suM
satüli (= eingerichtet?) war,
Z. 14/15: erbaute ich einen Kanal vom Flusse Ildaru her,
Umesirii genannt.
Z. 16: Die inukahinie m Rusäinie legte ich an(?) (= Imbi).
Nunmehr Absatz und neue Periode:
Z. 17: Wenn die Kapelle (= gi) , der Tempel (= ase) und
die Kanäle (Plural !) kiduli (gereinigt, ausgeräumt, geöffnet ?) werden,
Z. 18 — 21: so sollen den Göttern die und die Opfer dar-
gebracht werden.
Z. 21/22: (Und) wenn die Kapelle, der Tempel und die Ge-
wässer (e)siasiuli (geschlossen?)1) werden, so sollen dieselben Opfer
den Göttern abermals dargebracht werden.
Dass hier so zu konstruieren ist, beweist deutlich die Meher
Kapussi-Inschrift Z. 29 ff., in der dreimal wiederholt wird: Wenn das
and das mit dem uldie, dem zarie und dem ase geschieht, so sind
dem Chaldis und der Gesamtheit der anderen Götter die und die
Opfer darzubringen.
1) Da es in jeuer Gegend im Winter recht kalt ist, so erscheint es nicht
ausgeschlossen , dass die praktischen Chalder die Kanäle anfangs November
schlössen und Anfang März oder April wieder öffneten.
Belck, Die Steleninschrift Rusas' II etc. 175
Zu Z. 20 und 25 ist zu bemerken, class die Lesung „Ardinis"
als Name des Sonnengottes bei den C haldern einstweilen noch
nicht unbestritten sicher ist. Aller Wahrscheinlichkeit nach führte
der Sonnengott diesen Namen bei dem Volke von Musasir,
dessen Hauptstadt ja ebenfalls so hiess und in der Meher Kapussi-
Inschrift direkt als dem Sonnengotte geheiligt bezeichnet wird. Das
legt übrigens die Vermutung nahe, dass die ursprüngliche
Bevölkerung Musasir's den Sonnengott als oberste Gottheit ver-
ehrte, und dass der dortige berühmte Tempel des Chaldis erst
erbaut wurde, als die Chalderkönige sich jenes Gebietes bemächtigt
hatten und die Stadt Ardinis-Musasir vorübergehend zum religiösen
Mittelpunkt ihres Reiches machten.
Lehmanns Lesung (ILU) Aniku in Z. 21 und Z. 25 ist als
richtig anzuerkennen, Golenischeff und Basmadjian irrten, indem sie
das in Z. 21 dem Namen folgende gie hinzuzogen und so einen
Gottesnamen Anikugie lasen.
Dagegen trifft Lehmanns Vermutung (S. 108), dass wir es hier
mit einer Lokalgottheit zu thun hätten , nicht zu , denn wie ich
schon Verh. Anthrop. Ges. 1901, S. 291 ausgeführt habe, wird der-
selbe Gott auch in dem 150 Kilometer südlicher, am Nordufer des
Van-See belegenen Gebiete von Ardjisch und Tscheiabi Baghi verehrt.
Z. 26 — 30 enthalten die Titulatur des Königs.
Z. 28: Sowohl in (MATU) Su1)-ra-v-e. wie auch in Bi-a-i-
na-a-u-e ist das u durch den Winelhaken wiedergegeben , den
Lehmann nach dem Vorgange von Sayce künftighin mit o trans-
skribieren wollte (vgl.Verh. Anthrop. Ges. 1900, S. 572, Anm. 3).
Lehmann fasst Suvas als einen Landesnamen auf; das ist
die frühere übliche, aber auch irrige Auffassung,
denn erilas Suraue entspricht in Parallelinschriften dem Ausdruck
„ König der Länder", wie ich das schon Verh. Anthrop. Ges. 1901T
S. 312 nachgewiesen habe. Und in der Bilingue der Keiischin-Stele
entspricht dem Chaldischen ^erilas Suraue* das Assyrische: „sar
kissati* , wodurch auch die vielumstrittene Bedeutung dieser assj
rischen Phrase endlich festgelegt ist (alles Nähere darüber in Heft I
der Anatole, Organ der Deutschen Gesellschaft für die Wissenschaft -
l'rforschung Anatoliens). Ebendort findet sich auch der Nach-
weis, dass alusi (Z. 39) assyrischem Saknu = Statthalter entspricht.
Hervorzuheben ist, dass in Z. 27 hinter erilas alsuini einmal
das Ideogramm — — = erilas ausgelassen worden ist vom Stein-
metzen.
Z. 30: Zu der Gleichung patari — ALU vergleiche man
meine Nachweise in Verh. Anthrop. Ges. 1901, S. 225 und 294.
Zu der Fluchformel (Z. 31 — 47) ist folgendes zu bemerken :
Meine Auffassung von Z. 35 und 36: „Wer [sie (die Stele)] mil
Erde bedeckt (bezw. sie unter der Erde versteckt), wer sie ins
1) Bei Lehmann zweimal irrtümlich Sit statt Su.
176 Beleb, Die Steleninschrift Rusas' II etc.
Wasser wirft" (so Verh. Anthrop. Ges. 1901, S. 225), teilt auch
Lehmann. Bei Z. 35 : aluse ERSITIM nie pulie will Lehmann
das nie als phonetisches Komplement des Ideogramms ersitim ==
„Erde" betrachten, das dann auf ein im Stamme aufm auslautendes
Wort für „Erde" im Chalclischen schliessen lasse. Demgegenüber
gebe ich anheim, ob nie hier nicht ebensogut eine Form des Pro-
nomens nxe{s) darstellen und auf die Stele zu beziehen sein könnte,
also: „Wer sie (die DUBTE resp. ihn = den Stein) mit Erde
bedeckt". Es erscheint das um so wahrscheinlicher, als das Objekt
des Satzes wechselt und andernfalls ausgelassen sein würde :
Z. 32 : Wer diese Inschrifttafel
Z. 33: fortnimmt, wer (sie) versteckt (?) ;
Z. 34: wer die Inschrift zerstört,
Z. 35 : wer in der Erde sie (die Tafel) vergräbt.
Z. 36 : wer (sie) ins Wasser wirft u. s. w.
Das führt uns nun sogleich zu einer anderen Streitfrage. Leh-
mann sagt (S. 109): „Vor dem, der das Dokument mit Erde be-
deckt oder ins Wasser wirft, wird in den assyrischen Flucbformeln
entsprechenden Tenors derjenige bedroht, welcher die Inschrift zer-
stört, beschädigt oder ihren Standort ändert. Diese Dreiheit
geht auch im Chaldischen voraus: Z. 32: cause ini DUPPU. TE-e,
Z. 33: tulie cause intulie, Z. 34: cause esüni (suil von Lehmann
ausgelassen) duli. Dadurch wird meine Übersetzung (Bericht S. 622,
sub 57) der letzteren Wendung „wer ihren Standort verändert"
(ass. lü asarsu unakkaru) aufs schlagendste bestätigt".
Lehmann polemisiert dann noch gegen meine „ganz unzutreffen-
den, den Kern der Sache gar nicht berührenden" Ver-
suche , die alte Übersetzung von est „Inschrift" zu vertreten , und
bezieht sich dabei, wie schon früher, so auch jetzt auf die Bilingue
von Topzauä.
Zunächst muss ich gegen irgend eine Heranziehung der letzteren
Inschrift in der von Lehmann gebotenen Lesung ein für allemal
Protest erheben, denn diese Lesung ist, wie an so vielen anderen
Stellen, so auch hier eine „Verlesung" Lehmanns.
Im übrigen liegt hier das interessante Faktum vor, dass ich
selbst früher die Phrase: aluse inipulusiesinisuiduliew.it: „Wer
diesen Schriftstein von seinem Standort entfernt", übersetzt habe
(vgl. u. a. Verh. Anthrop. Ges. 1900, S. 446), diese Auffassung aber
späterhin als nicht zutreffend erkannt und demgemäss fallen gelassen
habe , während Lehmann dieselbe jetzt zur seinigen gemacht hat
und sie gegen mich verteidigt.
Lehmann übersetzt nun so zu sagen mechanisch die chaldische
Fluchformel nach der assyrischen und teilt demgemäss in der von
ihm angegebenen Reihenfolge den drei verschiedenen Verben die
Bedeutung von zerstöi-en (= tu-lie), beschädigen (= pitu-lie) und
„entfernen" (= suidu-lie) zu. Dabei ist ihm aber entgangen, dass
die Reihenfolge dieser Verben in den chaldischen Fluchformeln durch-
Beide, Die Steleninschrift Elisas' II etc. 177
aus nicht immer die gleiche ist, dass vor allen Dingen in sehr
vielen Fällen die Reihenfolge ist: pitulie, tulie u. s. w. Wäre
nun Lehmann mit dieser Untersuchung zufällig an eine Inschrift
geraten mit der letzteren Reihenfolge der Verben, so würde er
vermutlich pitu-lie als „zerstören", tu-lie als „beschädigen" und
suidu-lie als „entfernen" gedeutet und damit wenigstens die Be-
deutung des ersten Verbums getroffen haben.
Die Bedeutimg von tu-lie lässt sich in einwandfreier "Weise aus
den Inschriften erschliessen. Eine der häufigsten Phrasen in den
chaldischen Inschriften nach der Aufzählung der Kriegsbeute lautet
nämlich: {MATU) Biainaidi parubi, die unmöglich anders übersetzt
werden kann, als wie: „(Diese Beute) führte ich weg nach dem Lande
Biaina". In dieser Phrase wird das Verbum paru-bi auch sehr
häufig ersetzt durch agu-bi, mitunter aber auch durch siu-bi oder
tu-bi. Eine andere häufige Phrase lautet: '-se (>SAL) lu-tu tubixx. s. w.",
die allgemein und wohl auch richtig übersetzt wird mit: „Die Männer
und Frauen führte ich weg". Im übrigen ist die Bedeutung des
Verbums tu kaum verschieden von derjenigen des Verbums du,
die in Paralleltexten und -phrasen alternativ für einander gebraucht
werden, und Lehmann selbst übersetzt du mit „wegnehmen", so
z. B. Verh. Anthrop. Ges. 1895, S. 597 : alus a'ine'i inili duli mit
„Wer den Stein zum Palastbau wegnimmt". Nach alledem kann
die Bedeutung von tu als „einnehmen, wegnehmen, wegführen, ent-
fernen u. s. w." als feststehend betrachtet werden, während Lehmanns
Ansatz „zerstören" sich aus den Inschriften in keiner Weise ab-
leiten lässt.
Auch für die Bedeutung von pitu-lie ergeben sich aus den
Inschriften Anhaltspunkte genug. Wie ich in Verh. Anthrop. Ges.
1895, S. 598, LT. Absatz bis S. 600, I. Absatz eingehend nachgewiesen
zu haben glaube (jener gesamte Abschnitt unserer gemeinsamen
Arbeit einschliesslich der Anmerkungen rührt von mir, nicht etwa
von Lehmann her , worauf ich noch zurückkommen werde) , be-
deutet pi = „Verderben, Vernichtung". Demgemäss würde für
pitu -lie eine Bedeutung wie „beschädigen, zertrümmern, zer-
schlagen u. s. w." sehr gut passen.
Und nun kommen wir zu dem von Lehmann so viel umstrittenen
dritten Ausdruck (Z. 34) : „aluse esiini suidulie* . „Entfernen (vom
Standort)" kann es nicht heissen, da diese Bedeutung schon durch
tu-lie gegeben ist, ebensowenig „beschädigen, zertrümmern", denn
das liegt in pitu-lie, also bleibt nur „zerstören" übrig. Und so
arg es auch Lehmann betrüben mag, ich muss auf meinem Stand-
punkt beharren, dass esini hier = „Inschrift, Schrift" ist, und
suidu „zerstören" bedeutet. Diese Bedeutungen ergeben sich in
nicht weiter anfechtbarer Weise aus der KeHschin-Bilingue (vgl.
Anatole Heft I, Sp. 65 und 66), wo suidulie dem assyrischen
ida'ip (= vernichten) entspricht. Alles weitere über diesen Punkt
möge man in dieser meiner Abhandlung nachlesen; hier genügl
Bd. LVIII. 12
178 Beide, Die Steleninschrift Itusas1 II etc.
es mir zu konstatieren , dass abermals eine der mit der grössten
Bestimmtheit vorgetragenen philologischen Behauptungen Leh-
manns als mit den Thatsachen unvereinbar festgenagelt worden ist.
Vielleicht veranlasst das den Historiker Lehmann sich künftig-
hin in Bezug auf philologische Dinge etwas vorsichtiger aus-
zudrücken.
In Zeile 38/39 würde demgemäss die Phrase: „aluse tinini
tulieu, zu übersetzen sein: „Wer die Namen (Plural!) entfernt".
Weshalb Lehmann hier tinini als Acc. Sing, von tini = „der
Name" auffasst, das in Z. 40 auftretende tini aber als denselben
Kasus (noch deutlicher in Z. 44 mei tiini = seinen Namen), wird
wohl, wie mir, so auch allen anderen Forschern unklar bleiben.
Wie von dem Worte pili (se?) z. B. der Acc. Sing, pili, der Acc.
Plur. aber pili-ni lautet, so von tini (He?) tini und tini-ni1). Der
Plural erklärt sich hier doch sehr einfach durch die Mehrzahl der
vorkommenden Eigennamen überhaupt und der Personennamen :
Rusas und Argistis.
Z. 39/40: „masie tini teli-i". Basmadjian, dem sich Lehmann
anschliesst, wird mit seiner Übersetzung „(wer) seinen eigenen
Namen einsetzt" wohl das Richtige getroffen haben. Die Wortform
masie kommt auch sonst in den chaldischen Inschriften vor, das
Verbum tc bisher aber nur als Kompositum.
Z. 40 : e-a-i und ebenso in Z. 41. Lehmann lässt es (S. 110)
unentschieden , ob das e nicht event. noch zu dem vorhergehenden
Worte gehöre, so dass also event. nur a-i zu lesen sei. Hier will
ich nur daran erinnern, dass, wie ich schon Verh. Anthrop. Ges.
1901, S. 308 ausgeführt habe, die Existenz einer Wurzel e durch
die Inschriften von Hagi und Tscheiabi Baghi gesichert ist, von
der e-a-i als Ableitung wohl denkbar ist. Da e' — e' wohl zweifels-
ohne mit „sowohl — als auch" richtig gedeutet worden ist (schon
von Sayce), so würde dazu ne-a-i — e-a-i = sei es, sei es", recht
gut stimmen.
Z. 41: (MATU) Bi-a-i-ni-se. Basmadjian, dem sich Lehmann
auch hier anschliesst, übersetzt das mit „Biainäer" d. h. Einwohner
(Angehöriger) des Landes Biaina, und Lehmann (S. 110) folgert
aus dieser Wortform noch weiter, dass das na in Biaina das be-
kannte chaldische Lokativ- Suffix na sei, somit nicht zu dem eigent-
lichen Namen gehöre und deshalb abgetrennt werden könne.
Nun wird im Gegensatz zu (MÄTU) Biainise in Z. 42 ein
{MATU) Lulu-inise = „ein Luluäer" genannt; ist nun Biainise
richtig mit „Biainäer" übersetzt, so kann sich für Lulu-inise nur
fragen: war Lulu zu jener Zeit ein Teil des Reiches Biaina, oder
war es das nicht?
1) Dass manini unmöglich „ihn" bedeuten kann, wie Lehmann stets mit
Nachdruck behauptet (1. c ), sei hier nebenbei erwähnt.
Belcl-, Die Steleninschrift Rustos1 II etc. 179
Hierbei muss vor allen Dingen hervorgehoben werden, dass
das Land Lulu gemäss der Inschrift von Topzauä und in Über-
einstimmung mit den Berichten Asurnasirapal's noch südlich resp.
südöstlich und südwestlich von Rowanduz gelegen war. und dass
ein Reisender bei normalem Marschtempo mindestens 21 — 25 Tage
gebraucht . um von Lulu in die Gegend von Etschmiadzin zu ge-
langen. Wenn nun Lulu , ein zur Zeit der Abfassung unserer In-
schrift (ca. 680 v. Chr.) in den assyrischen und anderen Berichten
kaum noch genanntes, anderen Völkern (den Assyrern , Chaldern,
Manniiern u. s. w.) unterworfenes Gebiet, damals nicht zu Chaldia -
Biaina als Teil des Reiches gehörte , weshalb wird dann hier als
ein möglicher Zerstörer der Inschrift gerade dieser unbedeutende,
in so weiter Ferne wohnende Grenznachbar genannt, während doch
andere, mächtigere und mehr zu fürchtende Feinde (wie die Etiuni-
Utier, die Diauhini-Taocher, die Mannäer u. s. w.) in viel grösserer
Nähe sassen ? Und wäre in solchem Falle eine Zerstörung der
Inschrift nicht viel eher durch die Assyrer z. B. zu befürchten
gewesen?
M. E. kommt die an und für sich ja denkbare Möglichkeit,
dass Lulu zu jener Zeit nicht zu Chaldia gehört habe, kaum ernst-
lich in Betracht, vielmehr werden wir es als einen Teil des Chaldia -
Biaina-Reiches aufzufassen haben.
Wenn aber Lulu damals zu Biaina gehörte, warum sollte es
dann in der Fluchformel so besonders hervorgehoben, ja geradezu
in einen Gegensatz zu Biaina gestellt sein? Waren die Bewohner
von Lulu etwa so berüchtigt als Inschriften-Zerstörer, dass sie
selbst eine Monats reise nicht scheuten, nur um an eine zu zer-
störende Inschrift zu gelangen und ihrem Sport zu huldigen?
Aber heisst denn Biainiie auch wirklich Biainäer? Wenn wir
von Lulu-inise das Suffix inise abstreichen, bleibt Lulu übrig, und
wenn wir von Bia-inise dieses Suffix abstreichen, erhalten wir Bia
als Landesnamen. Und ein solches Land existiert, wird
sogar in den chaldischen Inschriften als ein erobertes Land genannt,
und zwar von Argistis I in seinem gegen Diauhi(-Taocher) gerichteten
Kriegszuge ! Danach lag also dieses Land im Nordwesten des Chaldi-
schen Reichsgebietes. Und nun liegt es nahe bei unserer Inschrift
an eine rein geographische Anordnung zu denken, anzunehmen,
dass das wichtigste südöstlichste und nordwestlichste chal-
dische Gebiet darin genannt worden sei, eben Lulu und Bia. Aber
auch eine andere Möglichkeit ist in Betracht zu ziehen. Vielleicht
waren die Fürsten von Lulu, — von dem wir aus den assyrischen
Inschriften zur Genüge wissen, dass es in früheren Zeiten ein mächtiges,
weitausgedehntes Reich gewesen sein muss, — damals arge Nebenbuhler
und gefährliche Konkurrenten der Chalderkönige in dem Kampfe
um die Suprematie über die Alarodier. Vielleicht galt dasselbe
von den Fürsten des Reiches Bia; und wenn Rusas II befürchtete,
dass vielleicht späterhin einer derselben den Thron von Chaldia
12*
182 Belch, Die Steleninschrift Rusas1 II etc.
trä glichen Auftreten von Schriftzeichen (z. B. il) von
ihm gezogenen Schlüsse. Denn, wie schon mehrfach von mir betont,
lehnt sich diese Fluchformel eng an diejenige der Inschrift Sayce 31
(Stele des Ispuinis und Menuas) an, die ca. 150 Jahre alter ist als
unsere vorliegende Inschrift, und sogar noch weit ausführlicher ge-
halten ist als letztere. Die ausführlichste Fluchformel finden wir
in der Kelischin- Stele , welche einen fast dreimal so. langen Text
liefert.
Bei der Erörterung der aus der Inschrift zu erzielenden
historischen Ergebnisse bemerkt Lehmann S. 112: „Über die ander-
weitig durch Tiglatpileser III bekannte chaldische Südwestgrenze
(Euphrat und Euphratbrücke in der Gegend von Izoly) hinaus
nach Patin werden wir geführt durch die Inschrift von Kal'ah bei
Mazgert (s. zuletzt Verh. Anthrop. Ges. 1900, S. 615, Anm. 1), im
Westen und Nordwesten zu den Moschern und Hethitern, seien sie
nun alle als Feinde oder mehr oder weniger gezwungene Bundes-
genossen genannt (Bericht, S. 630 f.)."
Lehmann trägt hier abermals Ansichten vor, die unhaltbar sind,
wie ich das in Verh. Anthrop. Ges. 1901, S. 304 und S. 312—320
nachgewiesen habe. Allerdings glaubte ich früher auf Grund meiner
Studien annehmen zu müssen , dass die von Tiglatpileser III er-
wähnte Euphratbrücke, bis zu der er Sardur III verfolgt, und die
er als dessen Reichsgrenze bezeichnet, sich bei Izoly befunden habe.
Ich teilte diese Anschauung Lehmann mit und ersuchte ihn an Ort
und Stelle Nachforschungen nach dem Standort und den etwaigen
Resten dieser Brücke anzustellen; aber Lehmann hat doch, wenn
nicht früher, so doch mindestens aus meiner oben citierten Ab-
handlung erfahren, dass ich diese meine frühere Ansicht als
unhaltbar, als mit den thatsächlichen Verhältnissen unvereinbar
aufgegeben , mich vielmehr davon überzeugt habe , dass die von
Tiglatpileser III erwähnte Brücke in der Gegend von Samosata
zu suchen ist. Warum publiciert er nun die falscbe Ansicht ruhig
weiter? Will er etwa auch hier Belcks Ansicht gegen Belck ver-
teidigen? Eine Diskussion über diesen Punkt ist unnötig, es
genügt wohl , wenn ich sage , dass ich das Schlachtfeld genau,
ganz genau aufgefunden und festgestellt habe , auf welchem im
Jahre 743 v. Chr. der Kampf zwischen Assur und Chaldia zum
ersten Male zur Entscheidung gelangte. Tiglatpileser III berichtet
uns , dass er die Truppen Sardurs III auf den (an anderer Stelle :
„mitten zwischen den") Gefilden von Kistan und Halpi, Gebieten
des Landes Kuramuh (= Commagene) bis zur Vernichtung schlug
und den zur Nachtzeit auf einer „Stute" fliehenden Sardur bis zur
Brücke des Euphrat , der Grenze seines Landes , verfolgte. Nun,
diese beiden Lokalnamen existieren im Gebiete des alten Kummuh-
Commagene noch heute fast unverändert fort als „Küschtam"
und „Chalfat", beide nur wenige Kilometer von einander entfernt,
ersteres etwas westlich vom Euphrat, letzteres unmittelbar am
BelcJc, Die Steleninschrift Rusas' II etc. 183
Euphrat selbst und etwa 20 — 30 Kilometer abwärts von Samosata
gelegen.1)
Mit der "Wiederauffindung dieses Schlachtfeldes ist aber auch
die Lage der Brücke als s ü d 1 i c h vom Taurus gegeben , denn
daran, dass Tiglatpileser den sich zurückziehenden Sardur etwa über
den wilden, hier besonders schwer zu überschreitenden und von un-
botmässigen Völkerschaften bewohnten Taurus bis nach Malatia und
Izoly hin, d. h. mehrere Tagereisen weit, verfolgt haben sollte, ist
gar nicht zu denken. Dazu wäre auch die Situation in Nordsyrien
viel zu gefährlich für den Assyrerkönig gewesen, ganz abgesehen
davon , dass es Sardur III sehr leicht gewesen wäre , sich in den
Engpässen des Gebirges gegen den nachsetzenden Feind zu ver-
teidigen. Es kann sich demnach nur um eine Brücke südlich
vom Taurus und nördlich vonHalfat-Halpi handeln, d i e
also in der Nähe, resp. dicht bei S am osata gelegen haben
muss. Und mit dieser Feststellung kommt eine bisher vielfach
angezweifelte Angabe Strabos zur Geltung, der uns direkt sagt, dass
bei Samosata ein Zeugma über den Euphrat sei. Das haben
Ritter und andere niemals als genaue Angabe ansehen wollen , das
„bei Samosata" immer als eine grössere Entfernung betrachtet und
detngeinäss dieses Zeugma beiRumkaleh oder gar bei Biredjik
gesucht. Auch die gleichlautende Angabe Ammians, dass die römi-
schen Truppen „bei Samosata" über die Euphratbrücke gegangen
seien, wurde stets in derselben Weise interpretiert und dabei immer
an die genannten beiden Orte Rumkaleh resp. Biredjik gedacht,
höchstens wurde noch die Möglichkeit in Betracht gezogen , dass
damals vielleicht in der Nähe von Samosata eine von den Römern
geschlagene Schiffsbrücke existiert haben könnte.
So liefert uns denn Tiglatpileser III den Beweis,
dass schon im hohen Altertum eine feste Brücke über
den Euphrat bei Samosata existiert hat, und hilft
uns dadurch das eine Zeugma der Römer und Griechen
definitiv festzulegen. Damit dürfte nun wohl die alte
Belcksche Hypothese der Euphratbrücke bei Izoly als „Süd-
Avestgrenze des Chal der -Reiches" auch für Lehmann
definitiv begraben sein. Das Chalderreich erstreckte sich eben viel
weiter südlich , als bisher allgemein angenommen wurde. Schon
Menuas erobert nicht nur Ulliba und Sophene , sondern auch das
Land Asurini, d. i. das Til Asuri der Assyrer, das spätere Tela
1) Demnach ist Tiglatpilesers III Ausdruck „ mitten zwischen den Gefilden
vdii Kistan und Halpi" liier wörtlich, also dahin zu verstehen, dass jene
grosse und blutige Schlacht zwischen den Orten Kiischtam und Chalfat statt-
gefunden hat. Eine derartig genaue Lokalisierung eines wichtigen antiken, ausser-
europäischen Schlachtfeldes, wie sie hier gelungen ist, ist zum mindesten etwas
ganz aussergewöhnliches; zukünftige Reisende und Forscher werden gut thim,
die Ebene zwischen den genannten Orten daraufhin genauer zu untersuchen,
wobei Nachgrabungen wohl sicher auch manches Kriegsgerät aus jener Zeit
zu Tage fördern dürften.
184 Bdck, Die Steleninschrift Jiusas1 II etc.
Antoninopolis am Südfusse des Karatscha Dagh, und der viel-
genannte Staat Supria,.in dem noch Asarhaddon und unser Rusas II
Argistihinis kollidieren , der von ersterem im Zusammenhange mit
den Kimmeriern des öfteren erwähnt wird, lag gleich westlich von
TilAsuri; sein Name hat sich in demjenigen der Stadt
Suwerek bis heute erhalten.
Dass wir mit der Festlegung dieses Zeugma zugleich auch
höchst wahrscheinlich die spätere Einbruchslinie der armenisch-
kimmerischen Horden nach dem nördlichen Mesopotamien ermittelt
haben, sei hier nur angedeutet; Ausführlicheres darüber demnächst.
Damit soll nun aber bei Leibe nicht gesagt werden, dass etwa
bei Izoly früher keine Brücke existiert habe ; im Gegenteil, ich bin
von deren Existenz fest überzeugt, und die Tradition der dortigen
Uferbewohner, von der uns Huntington in seiner vortrefflichen Ab-
handlung (Zeitschrift für Ethnologie 1901, S. 195) berichtet, beruht
sicher auf guter Grundlage. Nur ist es nicht diese Brücke, von
der uns Tiglatpileser erzählt und auch wohl nicht gut erzählen
konnte, weil sie m. E. zu seiner Zeit noch nicht existierte, sondern
erst ca. 750 Jahre später erbaut worden ist. Letzteres lässt sich
aus den Berichten über den Feldzug des Lucullus gegen Tigranes
von Armenien und dessen Hauptstadt Tigranocerta folgern. Denn
es steht absolut fest, dass Lucullus den Euphrat in der Nähe von
Izoly, wohl etwas oberhalb, überschritt, und zwar an einer Furt-
s teile, ein keineswegs leichtes Beginnen, da der Fluss stark an-
geschwollen war. Sicherlich aber würde Lucullus zu diesem
Übergange eine Brücke benutzt haben, wenn eine solche sich damals
in der Nähe befunden hätte. In späterer Zeit aber ist dann hier
eine Brücke erbaut worden, nicht unwahrscheinlich von den Hörnern
selbst (die ja auch den Goeksu in der Nähe durch eine prächtige,
von Moltke wiederaufgefundene Bogenbrücke überspannten) , und
schon Plinius erwähnt V 20, 2 diese Brücke an der Enge des Euphrat,
dort, wo er in den Taurus hineinstürzt.
Über die Inschrift von Kal'ah bei Mazgert habe ich eingehend
in den Verh. Anthrop. Ges. 1901, S. 312—320 gehandelt und dort
nachgewiesen, dass das Land Patin in keinerlei Beziehung zu der-
selben steht. Wenn Lehmann der Ansicht ist, dass eine unhaltbare,
irrige Ansicht dadurch annehmbarer wird, dass man sie ohne Bei-
bringung neuer Beweismittel und Widerlegung der gegnerischen
Nachweise einfach wiederholt , so ist das seine Sache ; ich meiner-
seits halte es für überflüssig, meine zu diesem Punkte 1. c. gemachten
ausführlichen Darlegungen hier nochmals zu wiederholen, verweise
für alles Nähere vielmehr auf die genannte Abhandlung.
Für ebenso zwecklos halte ich es, der Vorliebe Lehmanns für
den Namen des Königs von Iskigulus, den er (S. 112) durchaus
Sa-ga-as-tar lesen möchte , hier nochmals entgegen zu treten ; ich
habe 1. c. S. 320/321 eingehend bewiesen, dass der Name Sagastara
lautet.
Belcfr, Die Steleninschrift Rusas' II etc. 1^5
Auf die topographischen Ausführungen Lehmanns (S. 113 u.
114) will ich ebenfalls nicht weiter eingehen; Lehmann kennt das
in Frage stehende Gebiet gar nicht, und da ist es ja sehr erklär-
lich , dass Fehler , Ungenauigkeiten und direkte Unmöglichkeiten
mit unterlaufen. Was in dieser Beziehung alles geleistet werden
kann durch untersuchende Laien, beweist am besten die auf S. 113
konstatierte Existenz eines , Kanaldammes (= Stützmauer)" in der
Nähe der Kirche. Da wir es bei Etschmiadzin mit einer grossen
Ebene zu thun haben , so hat dort weder eine Stützmauer , noch
auch ein Damm irgend einen Zweck , kann nur in der Phantasie
der Laien -Berichterstatter existieren. Das Gleiche gilt von den dort
angeführten „ Felsenburgen " auf den „nächstliegenden" Hügeln :
man muss schon recht lange reiten, bis man an einen Burghügel
kommt, und gar chaldische Burgbügel kenne ich in jener Gegend
nördlich vom Araxes nur bei dem ca. 30 Kilometer westlicher
gelegenen Armavir.
Und was der Leiter der Ausgrabungen über den Kanal und
dessen Lauf berichtet, ist derart, dass auch Lehmann und Thopjian
es z. T. für unwahrscheinlich halten. Dass der Kanal nach Nordosten
in den Hrastan (= Sanga auf den modernen Landkarten , die die
armenischen Namen nicht kennen) hineingeht, ist sicherlich
nicht richtig, zum mindesten falsch ausgedrückt. Vielleicht will
der Berichterstatter sagen, dass der Kanal von der Sanga abgezweigt
sei und nach Südwesten verlaufe? In der That zweigt sich ein
ausgedehntes Kanalsystem von der Sanga halbwegs zwischen den
Dörfern Sarwanlar und Djafar abad ab, dessen Hauptarm nur
ca. 3 — 4 Kilometer östlich von der Kirche Surp Gregor vorbei-
läuft, so dass also ein Nebenarm sehr wohl bis in die Nähe der
Kirche und um dieselbe herumgeführt worden sein kann. Anderer-
seits aber nehmen ausgedehnte und sehr verzweigte, nach Südosten
laufende Kanalnetze auch ihren Anfang an dem Flusse Kasach ober-
halb Etschmiadzin, namentlich beim Dorfe Tochs und Ailanly, deren
Verästelungen sich ebenfalls bis zu unserer Kirchenruine erstrecken.
Und wenn der Historiker des 9 — 10. Jahrhunderts ausdrücklich
erwähnt (Thopjian bei Lehmann S. 113), dass Katholikos Nerses
den Kanal vom Kasach abgeleitet habe, so ist nach dem lokalen
Befunde an der Richtigkeit dieser Meldung nicht zu zweifeln.
Leider aber wird dadurch, selbst wenn wir mit Lehmann annehmen,
dass die Stele ursprünglich schon auf oder nahe bei der Stätte der
Kirche Surp Gregor von Rusas II aufgestellt worden sei, nichts
zur Lösung der Frage beigetragen , welchem der beiden Flüsse
Kasach oder Sanga-Hrastan nun der alte chaldische Name Ildaru
zukomme. Denn dass der Katholikos Nerses III bei seiner Kanal-
anlage ein altes chaldisches Kanalbett benutzt haben werde, ist
eine durch nichts bewiesene Hypothese Lehmanns , die in einem
Gebiet, das der Anlage von Kanälen so gar keine Sehwi<
keit darbietet, gar nichts Wahrscheinliches für sich hat. Zudem
186 Beide, Die Steleninschrift Rusas' II etc.
wird die Eriwansche Ebene schon zur Chalderzeit ein sehr aus-
gedehntes Kanalnetz (eher grösser als kleiner wie heute) besessen
haben , und selbst wenn nun Nerses III unwahrscheinlicherweise
ein altes chaldisches Kanalbett für seine Anlage benutzt hätte , so
brauchte das noch lange nicht gerade der Kanal, resp. einer der
Kanäle Rusas' II zu sein. Hierbei wird es gut sein daran zu
erinnern, dass Rusas in seiner Inschrift in Z. 17 von pili-ni, also
von einer Mehrheit von Kanälen , d. h. also von einem Kanalnetz,
wie es deren viele in der Eriwanschen Ebene giebt, spricht.
Nun hatte ich in meiner Besprechung unserer Inschrift (Verh.
Anthrop. Ges. 1901, S. 224) die Vermutung geäussert, dass Ildaru
auch vielleicht der alte Name des Araxes sein könnte. Das schien
um so erwägenswerter, als nur etwa neun Kilometer südlich von
der Kirchenruine ein langer und sehr grosser , vom. Araxes aus-
gehender Kanal mit zahlreichen Verzweigungen sich hinzieht, frei-
lich nur bis zum Kasach, an dem er endigt, sodass also in diesem
Falle die Inschrift an jenem alten Kanäle gestanden hätte und
späterhin bei der Erbauung der Kirche herbeitransportiert und
mithineingemauert worden wäre. Dass die Stele sich heute nicht
mehr an oder nahe ihrem ursprünglichen Aufstellungsorte befindet,
ist auch jetzt noch meine Ansicht; dagegen bin ich inzwischen
zu der Überzeugung gekommen, dass der alte Name des Araxes
nimmermehr Ildaru geheissen haben kann, dass uns vielmehr in
dem uns durch die altarmenische Tradition überlieferten Namen
„Aras" der uralte vorarmenische, bei den Chaldern und vor ihnen
wiederum bei den Etiuni-Uden gebräuchliche Name dieses grossen
Flusses vorliegt. Sicherlich hängt derselbe mit dem gutbeglaubigten
turanischen Gottesnamen Aras zusammen , der auch im chaldischen
Pantheon vorkommt.
Somit ist für Ildar nur ein nördlicher oder südlicher Neben -
fluss des Araxes in Betracht zu ziehen. Auf dem südlichen Ufer
strömt dem Araxes in jener Gegend heute überhaupt kaum noch
Wasser zu , denn der Fluss von Igdir , mit welchem Lokalnamen
ich Ildar in Beziehung zu setzen geneigt war, ist vollständig in
die Kanäle abgeleitet, so dass seine Wasser nur bei heftigen Regen-
güssen-Wolkenbrüchen oder zur Zeit der Frühjahrsschneeschmelze
den Araxes erreichen. Von letzterem zweigen dort vielmehr auf
einer Strecke von ca. 10 Kilometern nicht weniger als neun mäch-
tige Kanalsysteme auf der Südseite ab.
Als nördliche Nebenflüsse des Araxes können hier wiederum
nur der Kasach (resp. Karasu oder einer seiner Quellbäche) oder
die Sanga (Hrastan) in Betracht kommen. Die Entscheidung zwi-
schen diesen beiden wird erleichert durch die Thatsache, dass sich
an der Sanga uralte Kanalanlagen nachweisen lassen.
Die Sanga und ihre Quellflüsse entspringen auf den Abhängen
der Randgebirge des Goektschai Alpensees ; ein Quellbach entspringt
ganz in der Nähe des Westufers dieses mächtigen Sees, dessen Ab-
Beide, Die Steleninschrift Rusas' II etc. 187
fluss nach den modernen Karten, namentlich auch nach der russi-
schen Generalstabskarte , in diesen Quellfluss der Sanga einmündet.
Es handelt sich indessen hier keineswegs um einen natürlichen
Abfluss des Sees, vielmehr um einen gegrabenen Kanal,
dessen Anlage und Beschaffenheit am besten aus meinen dies-
bezüglichen Bemerkungen in einer Abhandlung über ,Die Niveau -
Schwankungen des Goektschai - Sees" , Globus 1894 (Bd. LXV),
S. 301 ff. hervorgeht, die ich zunächst im Wortlaut hierhersetze:
„Ich komme nunmehr zu dem so vielfach behaupteten und
ebenso oft bestrittenen Abflüsse des Sees an seinem westlichen Ufer,
wenige Minuten nördlich von dem heutigen Molokaner Dorfe Ele-
nowka, welcher unter dem Namen Sanga auf manchen Karten ein-
gezeichnet ist und einen der Quellflüsse des bei Eriwan vorbei-
fliessenden und bald darauf in den Araxes mündenden Sangaflusses
darstellen soll. Ich bemerke hierzu, dass das Ufer des Goektschai
an der betreffenden, von mir genau untersuchten Stelle nur wenige
Meter hoch ist, und dass sich das daran anschliessende Land anfangs
sehr allmählich , dann aber ziemlich rasch westlich herabsenkt,
schlieslich begrenzt durch einen etwa 21 2 bis 3 km vom See ent-
fernten , bewaldeten , in nordsüdlicher Richtung streichenden Berg-
zug, der etwa 18 km weiter südlich sich mehr und mehr ver-
flachend an der in der Nähe von Nowo Achti vorbeifliessenden
Sanga endigt.
Die lokale Untersuchung ergab nun zur Evidenz , dass wir es
hier mit keinem natürlichen Abflüsse, sondern mit einem künstlich
angelegten Kanäle zu thun haben, welcher bei hohem Niveaustande
des Goektschai einen verhältnismässig geringen Teil des Seewassers
vermittelst der sich aus der natürlichen Bodenbeschaffenheit er-
gebenden Abflussrinne der Sanga zuführt. Als ich am 16. August
1891, und zwar bei beginnender Dunkelheit (es war 8 Uhr abends)
diesen Kanal passierte, führte er noch ein wenig Wasser, so dass
ich ihn als „Rinnsal" in mein Tagebuch eintrug. Bei meinem
zweiten Besuche aber, am 1. September desselben Jahres, lag der
Kanal schon fast ganz trocken, so zwar, dass das Niveau des Sees
an und für sich schon einige Centimeter tiefer lag, als die Kanal-
sohle , und demgemäss bei Windstille kein Wasser aus dem
See mehr abfloss, wohl aber warfen damals bei etwas starkem,
östlichem Winde die Wellen des Sees noch etwas Wasser in den
Kanal hinein. Im Frühjahre aber, wenn der AVasserspiegel des
Sees um etwa 1 m höher liegt wie die Kanalsohle, findet man hier
einen ganz stattlichen Bach vor. Je nach der Jahreszeit also , in
welcher die Reisenden diese Stelle passieren, werden sie die Existenz
eines Abflusses konstatieren, resp. leugnen können. Die Veranlas
zur Anlegung dieses Kanales liegt ziemlich klar auf der Hand;
man wollte mit Hilfe des Sees den Wasserreichtum der Sanga,
welcher gerade während der kritischen Monate Juni und Juli bei
weitem nicht für die Bewässerung der Getreidefelder und Wein-
188 Beide, Die Steleninschrift Rusas' II etc.
gärten in der Eriwanschen Ebene genügt, vermehren. Vielleicht
hat hierbei aber auch noch ein anderer, weniger national-ökono-
mischer Grund mitgespielt, der späterhin erwähnt werden soll.
Wenn nun auch dieser Kanal selbst zur Zeit des höchsten
Niveaustandes im See kaum die Hälfte desjenigen Wasserquantums
wegführt , welches allein schon durch den Abfiuss des Gillysees in
den Goektschaisee hinein gelangt, so ist dessen Einfluss doch nicht
ganz zu vernachlässigen hinsichtlich des Betrages der periodischen
Niveauschwankungen dieses Alpensees, welcher nach allen mir darüber
gewordenen Nachrichten im allgemeinen bei weitem nicht so be-
deutend ist, wie beim Vansee".
Und weiterhin füge ich noch hinzu :
„Ich möchte hierbei erwähnen, dass vielleicht auch die Furcht
der dicht am See wohnenden Dörfler vor den drohenden Über-
schwemmungen dieselben zur Anlegung des Abflusskanales bei Ele-
nowka (der sogenannten Sanga) veranlasst hat; jedenfalls giebt es
nur einen solchen Kanal und nicht, wie es nach Siegers Notiz
(Globus, Bd. 65, S. 74, Anmerkung 4) scheinen könnte, zwei Kanäle;
General Koljubakin hat wahrscheinlich nur den angeblich von Schach
Abbas dem Grossen angelegten, späterhin zugeschwemmten Kanal
wieder in stand setzen lassen. Dieser Kanal befindet sich, wie
schon gesagt, kaum 1 km nördlich von Elenowka, welches seiner-
seits etwa 7x/2 km südlich von dem Inselkloster dicht am See-
ufer liegt."
Wenn ich 1894, mich vorsichtig ausdrückend, sagte „angeb-
lich von Schah Abbas dem Grossen angelegt", so hat sich dieser
Zweifel mir inzwischen bestätigt, denn dieser künstlich geschaffene
Abfiuss des Goektschai-Sees , der einen natürlichen Abfiuss
überhaupt nicht besitzt, sondern nur 24 perennierende Zuflüsse,
existierte schon zur Zeit des Ptolemaeos, der uns be-
richtet, dass der Lacus Lychnitis, d. i. der Goektschai - See,
mit dem Araxes in Verbindung steht. Für eine solche
Verbindung bietet sich aber dem sonst überall von 3000 Meter
hohen und noch höheren Gebirgen eingeschlossenen Alpensee die
einzige Möglichkeit durch den zur Sanga führenden Kanal, der
demgemäss schon in sehr alter Zeit angelegt worden sein muss.
Glücklicherweise sind wTir in der Lage diese Zeit etwas zu
umgrenzen , insbesondere nach oben hin ; denn es erscheint aus-
geschlossen, dass dieser Abfiusskanal vor 800 v. Chr. angelegt
worden ist. Dafür sind folgende Gründe maassgebend: Die Zweck-
bestimmung des Kanals war augenscheinlich die Zuführung grösserer
Wassermassen zur Sanga, um mit deren Hülfe die Eriwansche Ebene
ordentlich bewässern zu können. So lange nun das Ufergebiet am
Goektschai -See bei Elenowka-Ordaklu und die von der Sanga durch-
strömten Gefilde sich in den Händen ganz verschiedener Herr scher
und vielleicht auch Völkerschaften befanden, war doch gar nicht
an die Anlage eines solchen Kanals zu denken, dazu hätte es die
Beleh, Die Steleninschrift Ixusas' II etc. 189
Eifersucht der Fürsten auf- und untereinander schwerlich kommen
lassen. So aber lagen thatsächlich dort die Verhältnisse bis zum
Jahre 800 v. Chr.; eine grosse Zahl kleiner Teilfürsten herrschte
in der Eriwanschen Ebene, auf den Abhängen des Ararat, zwischen
Eriwan und dem Goektschai und an den Ufergebieten des letzteren
selbst, von denen uns Menuas, Argistis I, Sardur III und Rusas I
eine ganze Reihe in ihren diesbezüglichen Inschriften nennen.
Erst als unter Argistis I (nach 800 v. Chr.) die Chalder be-
gannen , den Araxes zu überschreiten und die nördlich davon ge-
legenen Gebiete zu erobern und ihrem Reiche einzuverleiben , da
war mit der dadurch geschaffenen Beherrschung des ganzen Ge-
bietes durch eine Hand auch die Möglichkeit für die Anlage des
Goektschai-Sanga-Kanals gegeben. Demgemäss bin ich der Ansicht,
dass letzterer frühestens unter Argistis I (ca. 780 v. Chr.) entstanden
sein kann. Die untere Grenze bildet die Zeit des Ptolemaeos, also
etwa der Anfang des IL Jahrhunderts n. Chr. , aus dem spätestens
die uns von Ptolemaeos übermittelten Nachrichten stammen werden.
Während dieses ca. 900 Jahre betragenden Zeitraums ist also m. E.
der genannte Kanal erbaut worden , und zwar entweder von den
C haldern oder aber von den Armeniern. Letztere hatten
zufolge Xenophons uns in der Anabasis überlieferten Nachrichten ums
400 v. Chr. den Araxes noch nicht erreicht, siedelten damals vielmehr
noch südlich von dem heutigen russisch - türkischen Grenzgebirge.
Um spätestens 200 v. Chr. dagegen war die Eriwansche Ebene be-
reits im Besitze der Armenier, denn damals erbaute Artaxias nach
den Plänen und Angaben des zu ihm geflohenen Hannibal am
linken Ufer des Araxes seine neue Hauptstadt Artaxata, die, weil
in der Ebene gelegen, sicherlich nicht von der alarodischen
Urbevölkerung, sondern von den Armeniern angelegt worden ist.
Wir werden also kaum wesentlich fehlgehen, wenn wir die Er-
oberung der Gebiete nördlich vom Araxes durch die Armenier auf
ca. 300 v. Chr. ansetzen.
Entweder also ist der Sanga-Kanal zwischen 800 und 300 v. Chr.
von den Chaldern, oder aber zwischen 300 v. Chr. und 100 n. Chr.
von den Armeniern angelegt worden.
Nun scheinen aber weiter die Armenier keineswegs grosse
Meister auf dem Gebiete der Bewässerungsanlagen gewesen zu sein;
denn wäre das der Fall gewesen, so würde die Volkstradition sicher
nicht gezögert haben, alle die grossen, von den Chaldern angelegten
Kanüle (Schamiramsu, Bergri, Ada- Kanal u. s. w.) einem der grossen
armenischen Könige zuzuschreiben, statt der Semiramis, die man
zu diesem Zwecke extra aus Assyrien herbeieilen lässt, oder gar
einem ganz unbekannten Könige Djino w;i(i)s'). Ich selbst habe
1) Über letzteren vergleiche meine Abhandlung „Die Herrschaft der
Genuosen" Z. f. Ethnologie 1899, S. 23G ff. Dazu Lehmanns Bemerkungen
Verb. Anthrop. Ges. 1900, S. 40 ff., meine ausführliche Entgegnung ib. S. 288
190 Beide, Die Steleninschrift Rosas' II etc.
auf meinen zahlreichen und ausgedehnten Touren in Armenien, bei
denen ich den grössten Teil dieses umfangreichen Gebietes aus
eigener Anschauung kennen lernte und die wichtigsten Landesteile
zwei-, drei- und viermal durchstreift habe, niemals irgend eine
grössere Bewässerungsanlage unzweifelhaft armenischen Ursprungs
gesehen. Im Gegenteil, alle grossen und wichtigen Kanäle doku-
mentierten sich durch Inschriften und Bauart als chaldischen
Ursprungs. Unter diesen Umständen halte ich es für wenig wahr-
scheinlich, dass die Armenier den Sanga- Kanal angelegt haben,
während ein solches Werk von den Chaldern geradezu als selbst-
verständlich erwartet werden kann und werden muss. Wenn wir
z. B. sehen, dass Ai'gistis I, kaum dass er Argistihina-Armavir ge-
gründet hat, dort auch schon einen grossen Araxes-Kanal für die
Bewässerung der Felder anlegt, so dürfen wir erwarten, dass unter
ihm und seinen Nachfolgern auch die rationelle Bewässerung des
übrigen Teiles der Eriwanschen Ebene entsprechende Fortschritte
gemacht haben wird, und dazu bot sich die Benutzung der riesigen
Wassermassen des hochgelegenen (ca. 1000 Meter höher als die
Eriwansche Ebene) Goektschai-Sees ganz von selbst dem aufmerk-
samen Beobachter dar. Und als solche, als vortreffliche Ausnutzer
aller Terrainvorteile haben wir die Chalder unbedingt anzusehen,
deren Könige ja auf ihren nach Norden gerichteten Feldzügen die
üfergebiete des Goektschai aus eigener Anschauung kennen lernten.
Ich nehme deshalb höchste Wahrscheinlichkeit dafür in An-
spruch, dass der Sanga -Kanal von den Chalderkönigen angelegt
worden ist. Dabei ist dann noch folgender Punkt von Interesse.
Der Kanal in seinem heutigen Zustande repräsentiert eine ganz
offene , nicht weiter verschliessbare Binne , durch die das Wasser
bei höherem Niveaustande des Sees ununterbrochen ausströmt. Nun
bedürfen aber die Felder gar keiner Bewässerung während der
Wintermonate und ebensowenig während des regenreichen Früh-
jahrs, also etwa während der Monate November bis April d. h.
5 — 6 Monate lang nicht, und es ist als eine arge Wasservergeudung
zu betrachten, wenn während dieser Zeit das Wasser des Sees un-
ausgenutzt wegläuft. Freilich zur Zeit der periodischen Anschwel-
lung des Alpensees (Näheres darüber in meiner oben citierten Globus-
Abhandlung), in der das Niveau des Sees um mehrere Meter steigt,
hat das wenig zu bedeuten, umsomehr aber während der Periode
des Sinkens des Niveaus, in der es vorkommen kann und auch
regelmässig vorkommt, dass zur heissesten Jahreszeit, in der die
Felder dringend Bewässerung nötig haben , und die ohnehin nicht
sehr bedeutende Sanga zu einem kleinen , den Wasserbedürfnissen
bei weitem nicht genügenden Bache einschrumpft, aus dem grossen
See fast gar kein Wasser mehr in die Sanga abfliesst.
bis 299 und meine Schlussbemerkungen 1. c. 1901, S. 488 — 489, welche diesen
interessanten Punkt wohl zur Genüge aufgeklärt haben.
Beide, Die Steleninschrift Rusas' II etc. 191
Einer derartigen Wasservergeudung unthätig zuzusehen war
nicht Sache der Chalder; dafür haben wir noch heute vorhandene,
sprechende Beweise an dem Staudamm des von Rusas I, dem Gross-
vater unseres Rusas II, um 720 v. Chr. angelegten mächtigen
Rusas-See = Keschisch Göll. Jener Staudamm nämlich, der bei-
läufig gesagt 20 Meter dick, 50 Meter lang, 6 Meter hoch und
aus cyklopischen Felsblöcken errichtet ist, so dass er infolge seiner
äusserst soliden Konstruktion den Jahrtausenden getrotzt hat, be-
sitzt eine aus schönbehauenen Quadern hergestellte reckteckige
Ausflussöffnung von 1,50 Meter Höhe und 1 Meter Breite, an deren
Innenseite sich eine Schleuse in Form einer Steinplatte befand,
durch deren Heben oder Senken der Wasserausfluss vermehrt oder
vermindert, resp. auch ganz abgestellt werden konnte. Durch eine
solche Schleuse konnten also, wenn ganz geöffnet, bei einer Minimal -
gesch windigkeit des ausströmenden, freiherabfallenden Wassers
von 4 — 5 Metern in der Sekunde nicht weniger als 6 — 7l\.> Sekunden-
kubikmeter abfliessen. Und solcher Schleusendämme giebt es am
Rusas-See zwei, durch die also insgesamt 12 — 15 Kubikmeter pro
Sekunde abfliessen konnten. Eine derartige kolossale Wassermasse
war natürlich für die Bewässerung der Ebene von Van nicht nötig,
hätte auch das riesige, ganz gefüllte Bassin von minimal 60 Millionen
Kubikmeter Inhalt in knapp zwei Monaten zum Leerlaufen gebracht.
Vielmehr dienten diese für den normalen Bedarf viel zu grossen
Schleusen gleichzeitig als Sicherheitsventil, wenn infolge eines
schneereichen Winters und regenreichen Frühlings der Stausee über-
zulaufen drohte. Natürlich werden die Chalder mit dem gänzlichen
Aufziehen der Schleusen nicht so lange gewartet haben, bis der
See gestrichen voll war, sondern da sich der Eintritt dieses Er-
eignisses ja an dem ständigen Steigen des Niveaus leicht voraus-
sehen Hess, schon bei Zeiten die Schleusen so weit geöffnet
haben , dass ein Überlaufen des Sees unmöglich gemacht wurde.
Dabei sei hier nur ganz kurz auf die bekannte Thatsache hin-
gewiesen , dass alle Staudämme durchbrochen und weggerissen zu
werden pflegen, sobald das Wasser über sie hinwegfluthet.
Diese weitergehende Bestimmung jener Schleusenthüren als
Sicherheitsventile muss nun wohl in den Kreisen der häufigem
Wechsel unterliegenden türkischen Beamtenhierarchie in Vergessen-
heit geraten sein, denn sonst Hesse es sich nicht erklären, dass die
eine grosse Schleussenthür eines Tages durch Bestampfung mit
lehmiger Erde gänzlich geschlossen, auch die Aufziehvorrichtung
derselben entfernt wurde. Hier muss ich zur Erläuterung bemerken,
dass das Bassin des Keschisch Göll durch zwei gewaltige Staudämme
gebildet wird, von denen der eine und zwar der grössere 100 Mete
lang ist und sich mit seiner Schleusenanlage an der Nordwestecke des
Sees befindet, während der andere, oben erwähnte, nur 50 Meter lange
sich an der Westseite, :}/4 Kilometer nördlich von der Südwesteckt'
des Sees befindet. Das durch die Nordschleuse abfliessende Wasser
192 Belch, Die Steleninschriß Ilusas'' II etc.
läuft nördlich um den Warrak Dagh herum, wobei es die Gärten
und Felder vieler Dörfer bewässert und zahlreiche Mühlen treibt:
so gelangt es schliesslich zur Gartenstadt Van und auch nach To-
prakkaleh und bewässert den nördlichen und mittleren Teil der
Ebene von Van. Dies war der einzige, mir auf meinem kurzen
Besuche 1891 bekannt gewordene Abfluss des Rusas-Sees. Im
Winter 1898 und im Sommer 1899 habe ich dann Gelegenheit
gehabt, die Verhältnisse dieser grossartigen Stauanlage eingehender
zu studieren, und dabei entdeckte ich dann den Staudamm und die
Schleuse nahe der Südwestecke des Sees, deren Abflusswasser ehe-
mals um den S ü d f u s s des Warrak Dagh herumlief und den süd-
lichen Teil der Ebene von Van bewässerte. Ich sage „ehemals",
denn thatsächlich funktioniert diese Schleuse nicht mehr, die tür-
kische Regierung hat sie vor einigen Jahrzehnten in der oben ge-
schilderten Weise ausser Betrieb setzen lassen, um das Wasser des
Keschisch Göll ausschliesslich für die Gartenstadt und den nörd-
lichen Teil der Van-Ebene verwenden zu können. Dann gab es
1891 einen sehr schneereichen Winter, dem ein regenreiches Früh-
jahr folgte, und die Folge war das Überlaufen des Sees und der
Durchbruch des gewaltigen Sperrdammes an der Nordwestecke. Die
aufgestauten enormen Wassermassen ergossen sich in den am Fusse
von Toprakkaleh vorbeifliessenden Angusneertschai , in gewaltiger
Welle dessen Brücke und viele an ihm stehende Häuser fortreissend
und grossen Schaden, namentlich auch in den benachbarten Obst-
und Weingärten, anrichtend. Die furchtbare Gewalt dieser Welle
wird verständlich, wenn man berücksichtigt, dass der Rusas-See
ca. 2500 Meter hoch gelegen ist, der kaum 30 Kilometer entfernte
Van-See aber 1625 Meter, sodass das Wasser mit dem enormen
Gefälle von ca. 3° 0 herabstürzt1).
Später hat dann im Jahre 1894/95 die türkische Regierung
diesen Sperrdamm neu aufführen lassen, aber natürlich bei weitem
nicht in der soliden Bauart der Chalder. Die auf den alten Fun-
damenten aufgeführte Mauer ist bis zu 3 Meter hoch, unten nur
ca. 4 Meter, oben gar nur l1/., Meter dick und so schwach, dass
sie dem Druck des ganz gefüllten Bassins schwerlich zu widerstehen
vermag. In diesem Damm sind 2 Schleusen von 65 X 65 Centim.
Grösse angebracht, die zusammen noch nicht einmal die Hälfte des
Wasserquantums der chaldischen Schleuse durchlassen. Und um
nun die Füllung des Staubeckens und die dadurch gegebene Gefahr
eines erneuten Dammbruchs zu vermeiden , hat die Regierung zu
einem ebenso einfachen wie thörichten Mittel gegriffen: sie lässt
die Schleusen ständig — auch im Winter — offen ! So fand ich
1) Die Inschrift von Kaissaran liegt noch erheblich höher, nämlich in
2780 Meter Höhe und gehört mit der Kelischin- Stele und der Bingöl Dagh-
Inschrift zu den höchsten, in Armenien vorkommenden Inschriften. Die
Keschisch-Göll-Stele befindet sich in einer Höhe von ca. 2380 Meter (resp. be-
fand sich dort, denn jetzt ist sie im Berliner Museum aufgestellt).
Selch, Die Steleninschrift Rusas' II etc. 193
die Verhältnisse und den fast gänzlich trocken gelegten See am
20. Dezember 1898 (natürlich bei vollgeöffneten Schleusen): und
als ich am 12. Mai 1899 wieder hinaufritt, enthielt das Bassin
abermals nur sehr wenig Wasser, und das zu Beginn der heissenZeit!
Hoffentlich besinnt sich die türkische Regierung, welche aus
dem Berieselungswasser des Rusas-Sees grosse Einnahmen bezieht,
endlich wieder auf ihre Pflicht, lässt die andere, die alte chaldische
Schleuse als Sicherheitsventil wieder in Betrieb setzen, den miserablen
neuen Damm in einer den Druckverhältnissen entsprechenden Weise
verstärken und stellt so den alten Zustand wieder her, bei dem die
Bewohner der Van-Ebene keinerlei Mangel an Berieselungswasser
hatten.
Ganz ähnliche Verhältnisse nun haben wir für den chaidischen
Sanga-Kanal anzunehmen. Sicherlich befand sich dort eine Stau-
anlage, wie sie für die Zeiten niedrigen Wasserstandes im See un-
bedingt erforderlich war, um einer nutzlosen Vergeudung des kost-
baren Wassers während der Winter- und Frühjahrsmonate vorzu-
beugen. Und ich bin überzeugt, dass man beim Nachgraben an
jenem uralten Kanal auch sicherlich noch Überreste der alten
chaidischen Schleusenanlage entdecken wird, wenn anders dieselben
nicht schon bei der Anlage der grossen, von Dilijan nach Eriwan
führenden, dicht am Seeufer entlang laufenden Chaussee aufgedeckt
und beseitigt worden sind, worüber ja die bei dem Bau dieser
Chaussee beschäftigt gewesenen Ingenieure und Arbeiter, sowie die
Bauern der benachbarten Dörfer, namentlich Elenowkas, wohl noch
Auskunft geben könnten. Die Festlegung dieses Punktes würde
den russischen Kollegen kaum grosse Schwierigkeiten bereiten und
von der Wissenschaft sehr dankbar begrüsst werden. Auch die
gelehrten Herren in Etschmiadzin , z. B. Erzbischof Mesrop Sem-
batian, Archimandrit Galust Ter Mkertchian , Mesrop Ter Mowsar-
sian u. v. a., könnten sich bequem dieser Aufgabe widmen , zumal
sie unter den alten Mönchen des nahe gelegenen Sewan-Klosters
sicherlich noch einige Augenzeugen und Zeitgenossen des Chaussee-
baues finden werden.
Die Frage, welcher Chalderkönig jenen Sanga-Kanal angelegt
hat, lässt sich z. Z. bei dem gänzlichen Mangel an Inschriften -
Material natürlich nicht mit Bestimmtheit entscheiden. So viel aber
ist doch ohne weiteres klar, dass eine Notwendigkeit für die An-
lage desselben nicht vorlag, so lange man in der Ebene nicht daran
gegangen war, grosse Kanalsysteme aus der Sanga abzuleiten. Ent-
weder also existierte der Goektschai-Sanga-Kanal schon zur Zeit
Rusas' II. war also von einem seiner Vorgänger angelegt, - und
in diesem Falle dürfen wir auf die Auffindung weitei-er Kanal-
inschriften früherer chaldischer Könige in jenem Gebiete hoffen.
oder aber Rusas II machte selbst jenen Durchstich des westlichen
Goektschai- Seeufers, weil er schon bald nach der Anlage seines in
unserer Inschrift erwähnten Bewässerungskanals bemerkt hatte, dass
Bd. LVIII. 13
194 Belck, Die Steleninschrift Rums1 II etc.
es dem Sangafluss im Hochsommer an Wasser fehlte. Damit wird
die Zeit der Anlage des Goektschai-Kanals eingeengt auf die Zeit
von ca. 780 — 680 v. Chr., und zu gleicher Zeit ist dadurch klar-
gestellt , dass in der That nicht die Armenier , sondern vielmehr
die Chalder die Urheber desselben sind.
Und wenn man nun weiter berücksichtigt, dass noch Argistis II
emsig damit beschäftigt war, grosse Bewässerungsanlagen für die
am Nordufer des Van-Sees, im Herzen Chaldias gelegene Ebene von
Ardjisch zu schaffen, so ist es kaum denkbar, dass dessen Vorgänger
sich mit Kanalanlagen im weit entfernten Norden des Eeiches be-
fasst haben sollten, so lange ihre eigentliche Hauptdomäne, das
Ufergebiet des Van-Sees, noch dringend neuer oder erweiterter
Kanalanlagen bedurfte. Der von Argistis I für Argistihina-Armavir
angelegte Kanal kann für diese Argumentation nicht als Gegen-
beweis herangezogen werden, denn hierbei handelt es sich um eine
Ausnahme. Armavir war von Argistis I als Haupt- und Stützpunkt
der chaldischen Macht in einem neueroberten Lande, in gänz-
lich wasserloser Gebend gegründet worden. Weder die Burgbesatzung
noch auch die unter deren Schutze entstehende chaldische Stadt-
ansiedlung konnte ohne ausreichendes Trink- und Berieselungswasser
existieren ; es war also die Kanalanlage für Argistis I eine durch
die politischen Verhältnisse erforderte Notwendigkeit.
Demgemäss wird also wohl der Goektschai - Kanal zwischen
714 v. Chr. (= Datum der Thronbesteigung Argistis' II) und
ca. 680 v. Chr. entstanden sein , genauer noch : nach dem Ausbau
des für die Bewässerung der Ebene von Ardjisch bestimmten Kanal -
netzes, den wir auf ca. 700 v. Chr. ansetzen können. Wir hätten
also nur noch die Wahl zwischen dem Ende der Regierung Ar-
gistis' II und Rusas II selbst. Und da spricht nun die Wahr-
scheinlichkeit doch augenscheinlich mehr für letzteren; wer das für
die Ebene zwischen Eriwan und Etschmiadzin bestimmte Sanga-
Kanalnetz angelegt hat, der dürfte wohl auch den Abfluss des
Goektschai-Sees zur Vermehrung des Berieselungswassers konstruiert
und gegraben haben. M. E. haben wir also in Rusas II (ca. 680)
auch den Urheber des Goektschai-Sanga-Kanals zu erblicken , und
es steht zu hoffen , dass sich noch dereinst eine darauf bezügliche
Inschrift Rusas II in der Nähe des Goektschai-Sees finden wird.
Alle diese Ausführungen aber haben zur Voraussetzung, dass
Rusas II sein Kanalnetz , wie es nach den lokalen Verhältnissen
allerdings am wahrscheinlichsten, aus der Sanga ableitete ; letztere
hätte dann auch in diesem Falle bei der Urbevölkerung den Namen
Ildar oder Ildaru geführt. Es wäre eine weitere dankbare Aufgabe
für die russischen Forscher, festzustellen, ob und in welcher Form
sich dieser alte Name dort vielleicht noch erhalten hat. Hierbei ist
zu beachten, dass die Flüsse Transkaukasiens und Armeniens, wie
übei-haupt Vorderasiens, im allgemeinen nach den Ortschaften —
insbesondere den grösseren — benannt sind , an denen sie vorbei-
Belck, Die Steleninschrift Rusas'1 II etc. 195
fliessen. So dürfte auch wohl der Flussname Ildar auf eine Ort-
schaft oder Landschaft zurückzuführen sein, welche von diesem Ge-
wässer auf seinem Laufe berührt oder durchströmt wird. Vielleicht
kann in dieser Beziehung die Thatsache, dass der in der Nähe der
Sanga und etwa 14 Kilometer nordöstlich von Eriwan belegene be-
deutende Ort Elar — bekannt durch die dort vorhandene Fels-
inschrift Argistis' I ■ — ■ auch Illar gesprochen und geschrieben wird
(laut Ausweis der officiellen russischen Statistik des Kaukasus vom
Jahre 1893), als Fingerzeig dienen. Ein Zusammenbang zwischen
den beiden Namen Ildar und Illar scheint mir jedenfalls nicht un-
möglich. Vielleicht aber hat sich auch der von Rusas II dem neuen
Kanalsystem gegebene Name Umes(ini) bis heute in dieser oder
ähnlicher Form in der Eriwanschen Ebene zwischen Eriwan und
Etschmiadzin erhalten , ein Punkt , der von letzterem Kloster aus
ja sehr leicht festzustellen wäre.
Und nun noch einmal zur Frage nach dem ursprünglichen
Aufstellungsort der Stele.
Von der Sanga ist überhaupt nur ein einziger grosser Kanal
abgeleitet, eben der auf S. 185 erwähnte, und nur dieser kann für
den von Rusas II angelegten Kanal in Betracht kommen. Kaum
21/2 Kilometer hinter der Ableitungsstelle beginnt dann dieser grosse
Kanal sich in eine grössere Zahl von kleinen Seitenkanälen zu spalten,
und ein derartiger, gänzlich unb e d eutend er Wasserlauf kann
auch nahe bei der Kirche Surp Gregor vorüberführen. Bei solchen
Lokalverhältnissen erscheint es mir aber doch sehr unwahrschein-
lich , dass Rusas seine Stele an einem unbedeutenden Seitengraben
aufgestellt haben sollte , vielmehr würde hierfür die unmittelbare
Nachbarschaft der Ableitungsstelle des Hauptkanals aus der Sanga
der geeignetste Platz gewesen sein. M. E. hat dann also die Stele
dort ursprünglich gestanden und ist späterhin , als Surp Gregor
erbaut wurde, die wenigen Kilometer bis zur Baustelle transportiert
worden, um als Schriftdenkmal der „Semiramis" oder der
„ ältesten armenischen Könige" beim Kirchenbau mit ver-
wendet zu werden.
Zu patari(s), dem chaldisch-alarodischen Ausdruck für „ Stadt"
möchte ich noch bemerken, dass Herr Pfarrer Ernst Loh mann schon
vor drei Jahren mir gegenüber brieflich darauf hingewiesen hat,
dass dieses Wort nicht nur in den verschiedenen antiken Städte-
namen Vorderasiens „Patara" (so in Lycien und Cappadocien) ent-
halten ist, sondern dass es auch augenscheinlich identisch ist mit
dem Puteria, wie man früher gelesen hat, resp. Sebiteria, wie Leh-
mann jetzt liest, der Inschrift von Palu, das Lehmann für den alten
Namen von Palu hält. Lohmanns Ansicht ist m. E. auch durchaus zu-
treffend, namentlich wenn wir die Grundform des Wortes als Pteria
oder Ptera annehmen, denn auch der von Herodot angegebene Na lin-
der grossen cappadocischen Stadt, welche Crösus zu Beginn des l'-M-
zuges gegen Cyrus erobert und plündert und die dann sonderbarer
194 Belck, Die Steleninschrift Rusas' II etc.
es dem SangaÜuss im Hochsommer an Wasser fehlte. Damit wird
die Zeit der Anlage des Goektsehai-Kanals eingeengt auf die Zeit
von ca. 780 — 680 v. Chr., und zu gleicher Zeit ist dadurch klar-
gestellt , dass in der That nicht die Armenier , sondern vielmehr
die Ohalder die Urheber desselben sind.
Und wenn man nun weiter berücksichtigt, dass noch Argistis II
emsig damit beschäftigt war, grosse Bewässerungsanlagen für die
am Nordufer des Van-Sees, im Herzen Chaldias gelegene Ebene von
Ardjisch zu schaffen, so ist es kaum denkbar, dass dessen Vorgänger
sich mit Kanalanlagen im weit entfernten Norden des Reiches be-
fasst haben sollten , so lange ihre eigentliche Hauptdomäne , das
Ufergebiet des Van - Sees , noch dringend neuer oder erweiterter
Kanalanlagen bedurfte. Der von Argistis I für Argistihina-Armavir
angelegte Kanal kann für diese Argumentation nicht als Gegen-
beweis herangezogen werden, denn hierbei handelt es sich um eine
Ausnahme. Armavir war von Argistis I als Haupt- und Stützpunkt
der chaldischen Macht in einem neueroberten Lande, in gänz-
lich wasserloser Gegend gegründet worden. Weder die Burgbesatzung
noch auch die unter deren Schutze entstehende chaldische Stadt-
ansiedlung konnte ohne ausreichendes Trink- und Berieselungswasser
existieren ; es war also die Kanalanlage für Argistis I eine durch
die politischen Verhältnisse erforderte Notwendigkeit.
Demgemäss wird also wohl der Goektschai - Kanal zwischen
714 v. Chr. (== Datum der Thronbesteigung Argistis' II) und
ca. 680 v. Chr. entstanden sein , genauer noch : nach dem Ausbau
des für die Bewässerung der Ebene von Ardjisch bestimmten Kanal -
netzes, den wir auf ca. 700 v. Chr. ansetzen können. Wir hätten
also nur noch die Wahl zwischen dem Ende der Regierung Ar-
gistis' II und Rusas II selbst. Und da spricht nun die Wahr-
scheinlichkeit doch augenscheinlich mehr für letzteren; wer das für
die Ebene zwischen Eriwan und Etschmiadzin bestimmte Sanga-
Kanalnetz angelegt hat, der dürfte wohl auch den Abfluss des
Goektschai-Sees zur Vermehrung des Berieselungswassers konstruiert
und gegraben haben. M. E. haben wir also in Rusas II (ca. 680)
auch den Urheber des Goektschai-Sanga-Kanals zu erblicken , und
es steht zu hoffen , dass sich noch dereinst eine darauf bezügliche
Inschrift Rusas II in der Nähe des Goektschai-Sees finden wird.
Alle diese Ausführungen aber haben zur Voraussetzung, dass
Rusas II sein Kanalnetz , wie es nach den lokalen Verhältnissen
allerdings am wahrscheinlichsten, aus der Sanga ableitete; letztere
hätte dann auch in diesem Falle bei der Urbevölkerung den Namen
Ildar oder Ildaru geführt. Es wäre eine weitere dankbare Aufgabe
für die russischen Forscher, festzustellen, ob und in welcher Form
sich dieser alte Name dort vielleicht noch erhalten hat. Hierbei ist
zu beachten , dass die Flüsse Transkaukasiens und Armeniens , wie
überhaupt Vorderasiens, im allgemeinen nach den Ortschaften ■ —
insbesondere den grösseren — benannt sind , an denen sie vorbei-
Belck, Die Steleninschrift Rusas' II etc. 195
fliessen. So dürfte auch wohl der Flussname Ildar auf eine Ort-
schaft oder Landschaft zurückzuführen sein, welche von diesem Ge-
wässer auf seinem Laufe berührt oder durchströmt wird. Vielleicht
kann in dieser Beziehung die Thatsache, dass der in der Nähe der
Sanga und etwa 14 Kilometer nordöstlich von Eriwan belegene be-
deutende Ort Elar — bekannt durch die dort vorhandene Pels-
inschrift Argistis' 1 — auch Illar gesprochen und geschrieben wird
(laut Ausweis der officiellen russischen Statistik des Kaukasus vom
Jahre 1893), als Fingerzeig dienen. Ein Zusammenbang zwischen
den beiden Namen Ildar und Illar scheint mir jedenfalls nicht un-
möglich. Vielleicht aber hat sich auch der von Rusas II dem neuen
Kanalsystem gegebene Name Umes(ini) bis heute in dieser oder
ähnlicher Form in der Eriwanschen Ebene zwischen Eriwan und
Etschmiadzin erhalten , ein Punkt , der von letzterem Kloster aus
ja sehr leicht festzustellen wäre.
Und nun noch einmal zur Frage nach dem ursprünglichen
Aufstellungsort der Stele.
Von der Sanga ist überhaupt nur ein einziger grosser Kanal
abgeleitet, eben der auf S. 185 erwähnte, und nur dieser kann für
den von Rusas II angelegten Kanal in Betracht kommen. Kaum
21/2 Kilometer hinter der Ableitungsstelle beginnt dann dieser grosse
Kanal sich in eine grössere Zahl von kleinen Seitenkanälen zu spalten,
und ein derartiger, gänzlich unb ed eut ende r Wasserlauf kann
auch nahe bei der Kirche Surp Gregor vorüberführen. Bei solchen
Lokalverhältnissen erscheint es mir aber doch sehr unwahrschein-
lich , dass Rusas seine Stele an einem unbedeutenden Seitengraben
aufgestellt haben sollte, vielmehr würde hierfür die unmittelbare
Nachbarschaft der Ableitungsstelle des Hauptkanals aus der Sanga
der geeignetste Platz gewesen sein. M. E. hat dann also die Stele
dort ursprünglich gestanden und ist späterhin, als Surp Gregor
erbaut wurde, die wenigen Kilometer bis zur Baustelle transportiert
worden, um als Schriftdenkmal der „Semiramis" oder der
„ältesten armenischen Könige" beim Kirchenbau mit ver-
wendet zu werden.
Zu patari(s), dem chaldisch-alarodischen Ausdruck für „Stadt"
möchte ich noch bemerken, dass Herr Pfarrer Ernst Loh mann schon
vor drei Jahren mir gegenüber brieflich darauf hingewiesen hat,
dass dieses Wort nicht nur in den verschiedenen antiken Städte-
namen Vorderasiens „Patara" (so in Lycien und Cappadocien) ent-
halten ist, sondern dass es auch augenscheinlich identisch ist mit
dem Puteria, wie man früher gelesen hat, resp. Sebiteria, wie Leh-
mann jetzt liest, der Inschrift von Palu. das Lehmann für den alten
Namen von Palu hält. Lohmanns Ansicht ist m. E. auch durchaus zu-
treffend, namentlich wenn wir die Grundform des Wortes als Pteria
oder Ptera annehmen, denn auch der von Herodot angegebene Name
der grossen cappadocischen Stadt, welche Crösus zu Beginn des Feld-
zuges gegen Cyrus erobert und plündert und die dann sonderbarer-
13*
196 Belck, Die Steleninschrift Rusas^ II etc.
weise von keinem der späteren Schriftsteller wieder genannt wird,
ist augenscheinlich nichts anderes als das patari der chaldischen
Inschriften, demnach überhaupt kein Eigenname, sondern ein Appel-
lativum. Keilschriftlich kann nun Pteria kaum anders denn Pu,
{PI, Pe)-teria wiedergegeben werden, wovon Biteria eine leichte
Nuance ist. Fügt man letzterem Wort das turanische Locativ-
Präfix Sa (Se) an, so erhält man Sebiteria, also den in der Inschrift
von Palu vorkommenden angeblichen Eigennamen. Dass der alte
Name von Palu nicht wesentlich anders gelautet haben kann als
eben Palu , ist aus dem altarmenischen Namen des umliegenden
Gaues zu folgern, der Balahowith lautet.
Auch darin dürfte E. Lohmann recht behalten , dass der an-
gebliche Name der am rechten Euphratufer, an der Mündung der
Sagura gelegenen Stadt Pitru, die nach der herrschenden Annahme
identisch ist mit dem Pethor der Bibel, ebenfalls nur eine Nuance
von Pteria-Patari darstellt.
Dasselbe hat dann aber auch m. E. von den verschiedenen Städten
namens Petra (z. B. in Nordarabien, am Pontus u. s. w.) zu gelten.
Sehr annehmbar erscheint mir ferner E. Lohmanns Ansicht,
dass auch in Eupatoria dieses turanische "Wort Pteria-Patari ent-
halten sei.
Die Ermittelung der Wurzel Ptr , welche uns in den Wort-
formen Pff£V*, Patar\ Pt*ria, P*tt*, PHru , Pet°r, Pafpria u. s.w.
entgegentritt, als turanischer Ausdruck für „Stadt", hat noch einen
ganz besonderen Wert für die vorderasiatische Altertumsforschung,
weil uns damit zugleich eine sichere hethitische Wortwurzel ge-
geben wird. Denn Pitru war bezeugtermaassen eine echt hethitische
Stadt, welche die Assyrer nie anders als Ana-Asur-utir-asbat nennen
mit dem jedesmaligen Beifügen , dass die Hethiter diese Stadt
„Pitru" nennen. Natürlich wurden nur grosse und wichtige Städte
als Ptr bezeichnet. Und da wir gerade bei den hethitischen In-
schriften angelangt sind , so will ich hier gleich eine Beobachtung
mitteilen, die ich soeben, während ich dieses schreibe, gemacht habe.
Sie betrifft das Zeichen I C , welches Peiser als „Sinntrenner«,
Jensen und alle späteren als „Worttrenner " aufgefasst haben.
Freilich ergeben sich dabei gewisse Schwierigkeiten; denn als Wort -
trenn er gehört dieses Zeichen naturgemäss immer zwischen zwei
Worte, am Ende einer Inschrift ist es zum mindesten über-
flüssig, am Anfange einer solchen aber geradezu unerklärlich
und widersinnig. Nun finden wir es aber sowohl am Anfange der
Hadad - Steleninschrift von Babylon , wie auch der Königsstelen-
inschrift von Tyana, die in den Publikationen, weil nach dem be-
nachbarten Städtchen Bor transportiert und dort von Bamsay ent-
deckt, jetzt leider fälschlich als „Inschrift von Bor" figuriert.
Demgemäss würde dieses Zeichen richtiger als „Wortbeginner" denn
als „Worttrenn er" zu deuten sein.
Eine andere Schwierigkeit liegt darin, dass dieses Zeichen mit-
Belck, Die Steleninschrift Rusas' II etc. 197
unter verdoppelt auftritt, so z. B. in der Schaleninschrift, eine That-
sache , die bei der bisherigen Auffassung gar nicht oder doch nur
sehr unbefriedigend zu erklären versucht worden ist. Wer aber
IC als „Worttrenner" auffasst , muss doch auch wohl erwarten,
dass dasselbe in Inschriften , in denen es überhaupt auftritt . nun
auch regelmässig zur Anwendung gelangt, also allemal zwi-
schen je zwei Worten erscheint. Das ist aber durchaus nicht der
Fall , vielmehr würde die Anwendung dieses Zeichens , wenn es
wirklich einen Worttrenner darstellte , eine rein willkürliche
sein. Das geht zur Evidenz aus den Inschriften ohne weiteres
hervor, denn in denselben wären dann Worte von 17 — 20 Zeichen
etwas ganz gewöhnliches, es kämen aber auch solche von 25, 28,
30, ja selbst 47 Zeichen vor, was doch als höchst unwahrscheinlich,
ja geradezu unmöglich bezeichnet werden muss. So befinden sich
in der Schaleninschrift zwischen zwei „Worttrennern" 42 Zeichen.
in der Hadad-Insclrrift Z. 4 : 25 Zeichen, in der Inschrift von
Kirtsch oghlu : 30 Zeichen, in derjenigen von Iskenderum: 31 resp.
33 Zeichen, in der grossen Djerabolus - Inschrift mindestens
(d. h. soweit die Zeilen erhalten sind , es können also auch noch
erheblich mehr gewesen sein) 28, resp. 28, resp. 47 Zeichen u. s. w.
Diesen Thatsachen gegenüber scheint mir die bisher dem Zeichen
I C beigelegte Bedeutung nicht länger aufrecht zu erhalten zu sein.
Allen Schwierigkeiten der Deutung aber entgeht man, wenn man
annimmt, dass durch das vor- resp. übergesetzte I C angezeigt werden
soll, dass das nachfolgende Zeichen (mit den eventuell angefügten
phonetischen Komplementen) nicht als Lautwert, sondern
als Ideogramm zu lesen ist, dass also IC ein „Ideogramm-
Anzeiger" ist. Kommt dann dieses Zeichen z. B. verdoppelt vor,
so heisst das, dass die zugehörigen zwei Hieroglyphen je als Ideo-
gramm zu lesen sind. Und haben wir, wie es in der Löweninschrift
von Mar'asch mindestens viermal vorkommt , die senkrechte
Zeichenfolge: IC. Hieroglyphe x I C, Hieroglyphe ?/ u. s. w. , so
bedeutet das ebenfalls, dass sowohl die Hieroglyphe x wie auch y
als Ideogramm zu lesen sind. Bei Hieroglyphen, welche lediglich
und ausschliesslich als Ideogramme gebraucht werden, ist die Vor-
setzung des Zeichens I C ein überflüssiger Luxus und deshalb auch
fast nie zu beobachten. Zu solchen Zeichen scheint die Hieroglyphe
für „Ich (resp. „ich bin")" zu gehören, ebenso das Zeichen für
„Vater, erzeugen" = der Phallus u. s. w.
Bestätigt sich meine Anschauung von der Bedeutung des
Zeichens IC als richtig, so entfällt damit auch die Möglichkeit,
den Anfang der Inschrift von Tyana (Bor) als „Syennesis" zu lesen,
da diese Inschrift ebenfalls mit dem „Ideogramm-Anzeiger" beginnt,
das erste Zeichen sonach nicht als Laut, sondern als Ideogramm
aufzufassen ist.
198
Zur Esmun'azHr- Inschrift.
Von
Franz Praetorius.
Die in der Esinün'äzär-Inschrift ZI. 4 und 20 stehende Buch-
stabengruppe i»3p wird, soviel ich sehe, allgemein aufgefasst als
.meine Beschwörung". Gleichwohl fühlt man, dass diese Erklärung
etwas fern hergeholt ist. Ob weiter die unmittelbar folgende Prä-
position PN in dem durch diese Auffassung geforderten Zusammen-
hange besonders gut passen würde, erscheint zweifelhaft. Noch
stärkere Bedenken erregt das an paralleler Stelle der Tabnit-In-
schrift stehende rN "'73. Man ist diesen Bedenken dadurch aus dem
Wege gegangen, dass man entweder (trotz der äusseren Ähnlichkeit)
zwei ganz verschiedene Wendungen angenommen hat (T8 ^'??k und
TN "*»), oder dass man in nN -*: eine Nachlässigkeit des Steinmetzen
für PN ""ttzp gesehen hat.
Ich lese ?1N -72 yp „wer immer du Besitzer sein mögest: kein
Fürst noch irgend ein Mensch soll öffnen u. s. w." Das kurzgefasste
_",p entspricht seinem Sinne nach ungefähr dem ausführlicheren
1 "|~Nn mN pcn tt)N der Tabnit-Inschrift „der du diesen Sarg zu
Besitz erhältst". Vgl. ferner in griechischer Grabschrift oßrig el 6
l'ycov tö ywQov , ^rjTtore ^eray.eiv/]6i]g rovtcov xi (Dittenberger,
Sylloge 2 II." Nr. 888).
199
S a b b a t h.
Von
II. Zimmern.
Im letzten Hefte der Proc. of the Soc. of Bibl. Arch. (Vol. XXVI.
Febr. 1904, Tafel hinter p. 56) hat Pinches einen bisher nur
sehr fragmentarisch bekannten Keilschrifttext in bedeutend vervoll-
ständigter Gestalt zugänglich gemacht, der, wie natürlich Pinches
selbst gesehen hat, in seinem jetzigen Wortlaut von grosser Wichtig-
keit für die gerade neuerdings wieder vielumstrittene Sabbath-Frage
ist. Da aber die Lesung und Übersetzung des Textes bei Pinches
an einigen Stellen falsch ist, so haben sich auch in seine auf p. 51- — 56
vorausgehenden Ausführungen über „Sapattu, the Babylonian Sab bat h"
mehrere falsche Aufstellungen eingeschlichen , die , wenn sie nicht
alsbald richtig gestellt werden, leicht weiteres Unheil anrichten
könnten.
Der betreffende Text (K. 6012 -4- K. 10684 aus der Bibliothek
Assurbanipals , vervollständigt durch eine Anzahl von neubabylo-
nischen Duplikaten) behandelt, nach Art babylonischer Vokabulare.
das Wort ümu „Tag" in allerlei Verbindungen: „halber Tag";
„ganzer Tag" (üma-käl)1) bezw. „erster (Monats-)Tag" ; „zwei2)
Tage" bezw. „zweiter (Monats-)Tag"3); „drei Tage" bezw. „dritter
(Monats -)Tagtt ; „vier Tage4" bezw. „vierter (Monats- )Tagu ; „fünf
Tage" bezw. „fünfter (Monats-)Tag" ; „sechs4) Tage" bezw. „sechster
1) Vgl. dazu meine Beitr. z. bab. Rel. 164 f. Anm. 8 zu Nr. 52 und jetzt
auch Schreibungen wie ü-mu ak-lcal (für ana käl) CT XVI 35, 29; XVII 26, 73.
2) Das von Ililprecht, Assyriaea CT ff. mitgeteilte neubabylonische Zahlen-
fragment aus Nippur (Ni. 1893) bietet Si-nu-u statt si-na. Durch dieses Frag-
ment, das sich nunmehr als direktes Duplikat zu unserem Texte herausstellt,
ist auch die Ergänzung zu Ü-mu hinter den Zahlen 2 — 10 gesichert. Pinches
ist die Zugehörigkeit des Nippur-Fragments zum vorliegenden Texte ganz ent-
gangen.
3) Unser Text lehrt, durch den ganzen Zusammenhang wie durch die
Ideogramme, dass man auch im Assyrischen, ähnlich wie im Hebräischen und
teilweise im Aramäischen, bei Angabe der Monatstage die Kardinalzahl, nicht
die Ordinalzahl, gebrauchte, und zwar, gleichfalls wie im Hebräischen und
Aramäischen, bei den Zahlen 3 — 10 mit dor Femininform der Kardinalzahl
neben dem maskulinen ümu.
4) Ni. 1893: siü-sit-ti.
200 Zimmern, Sabbath.
(Monats -)Tag" ; „sieben1) Tage" bezw. „siebenter (Monats-)Tag" ;
„acht2) Tage" bezw. „achter (Monats-)Tag" ; „neun3) Tage" bezw.
„neunter (Monats -)Tag" ; „zehn4) Tage" bezw. „zehnter (Monats-)
Tag". Es folgt nun unmittelbar: 15. Tag = sa-pat-tih),
19. Tag = ibbü6), 20. Tag = esrü, 25. Tag = arhu qa\tü¥\
30. Tag = selasä. Darauf dann endlich eine weitere Anzahl von
Bezeichnungen für bestimmte Monatstage und Festtage , nämlich
bubbulam, uhulgaüum, ümu lem[nit], ümu k[i-is-pu] 8), ümu rimku,
ümu teliltum, ümu isinnu, ümu esiesu, ümu arhu, ümu akltum,
die an und für sich sehr viel Interessantes bieten , deren nähere
Besprechung ich mir aber hier versagen muss.
Die neue inschriftliche Angabe über den babylonischen sapattu
(sabattu)ü)-T&g bringt uns in einer Hinsicht willkommenen neuen
Aufschluss , in anderer Hinsicht lehrt sie uns , dass das Sabbath-
Problem in Wirklichkeit vielleicht noch verwickelter liegt, als wir
es uns bisher vorgestellt hatten. Zunächst erfahren wir jetzt mit
Sicherheit, dass speziell gerade der 15. Tag des (30-tägigen) baby-
lonischen Monats den Name)i sapattu führte. Nach der ganzen
Anordnung des Vokabulars ist es somit, auf den ersten Blick
wenigstens, nicht gerade wahrscheinlich, dass etwa auch der 7.,
14., 21., 28. Tag von den Babyloniern als «opaWw-Tage bezeichnet
worden wären, wie man bisher auf Grund der babylonischen Heme-
1) Ni. 1893: sib-ti, also nicht sib['it] zu ergänzen.
2) Ni. 1893: sa-man-ti, also nicht saman(n)a[tu] zu ergänzen.
3) Natürlich til-ii, während Pinches unbegreiflicherweise bat-ti liest, was
ihn dann zu allerlei seltsamen Spekulationen über einen Zusammenhang mit
sabattu und nubattu und deren angeblich sumerische Etymologie verführt hat.
Schon Hilprecht hatte in seinem Fragment ganz richtig [ti]l-ti gelesen und diese
Form richtig erklärt (= Cdti = tiSti = tisati = tissati = tÜ'ati). Auch
in Maqlü V 83 bedeutet tilti mite gewiss, wie auch schon Meissner, Suppl. 102
zu vermuten scheint, „neun Tage".
4) Hier muss natürlich statt des ganz sinnlosen e-lci-is-ti , das Pinches
bietet, e-Ser-ti auf dem Originale stehen. Die bei einigem Nachdenken freilich
leicht vermeidliche Verlesung erklärt sich dadurch , dass in neubabylonischer
Schrift das Zeichen ser eine ziemlich ähnliche Form hat, wie die Zeichen-
gruppe Tci-is.
5) Somit hatte ich KAT3 593 Anm. 3, als der Text noch ganz fragmen-
tarisch vorlag und diese Zeile bereits hinter sa- abbrach , mit liecht schon zu
sa[battu] ergänzt.
6) D. i. (göttlicher) Zornestag (Jensen, ZA IV 274).
7) So, ar]iu TIL, .[LA] im Sinne von Monatsende, möchte ich am ehesten
ergänzen. Beachte dazu, dass bei der Sechsteilung des Monats (s. im Folgenden)
der Beginn des letzten Sechstels durch den 25. Monatstag markiert wird.
8) So ist natürlich, statt ümu k[iaikki?] (Pinches), zu ergänzen. S. zu
KI. SB. GA = kasäpu, kispu CT XVI 10, 9/10; XVII 37, K. 3372 Obv. 7/9.
9) Im vorliegenden Text ebenfalls Sajiattu geschrieben, wie in der seit
langem bekannten Vokabularaugabe HR 32, 16 ab Um nu[i libbi = SCt-pat-
tum und wie wahrscheinlich auch in Schöpf. Taf. V 18 (s. dazu folgende Seite
Anm. 6); anderwärts sabat-tu mit b (so CT XII 6, 24; 10, 25; 11, 8; vgl.
auch 22 in 38180 Rev. 9). Ob b oder p das Ursprüngliche, lässt sich a priori
nicht entscheiden.
Zimmern, Sabbath. 201
rologien mit der eigenartigen Hervorhebung der Siebener-Tage viel-
fach als nahezu sicher angenommen hatte1). Der 15. Monatstag
als scqxittu-T&g muss nun, nach allem was wir über die Astronomie,
Astrologie und den Kalender der Babylonier wissen , diesen seinen
Charakter notwendig als der V o 1 1 m o n ds tag tragen. So erreicht
ja z. B. nach der von der Sechsteilung des Monats ausgehenden
schematischen Ansetzung des Mondlaufs bei den Babyloniern der
Mond in seiner täglichen Bewegung am 15. Tage gerade 180° -).
So wird z. B. auf K. 170 (bei Delitzsch, Ass. Lesest.1 39) der 15. Tag
ausdrücklich als der Vollmondstag aufgeführt. So begegnen wir
auch in der altbabylonischen Zeit dem 15. Tage als dem Vollmonds-
tage im Gegensatz zum Neumondstage3). Daneben gab es nun
allerdings auch eine auf einer Vierteilung des Monats beruhende
Einteilung, bei der nicht der 5., 10., 15., 20., 25., 30., sondern
der 7., 14., 21., 28. Tag die charakteristischen Monatstage bildeten4).
Bei dieser letzteren Einteilung wird man natürlich, in der Theorie5)
wenigstens, den 14. als den Vollmondstag angesehen und demnach
wahrscheinlich auch als sapattu benannt und behandelt haben0).
Von hier aus wäre es nun allerdings doch recht wohl denkbar, dass
in der Tat bei Vierteilung (statt Sechsteilung) des babylonischen
Monats , wie sie z. B. in den Hemerologien und an Stellen wie
III R 64, 18 = Craig, Astr. 3, 19 vorliegt, zunächst der 14. Monats-
tag als sapattu gegolten hätte und dass von ihm ausgehend auch
der 7., 21., 28., (und 19. als der 7 X 7. des vorhergehenden Monats)
als sapattu-Ta,ge bezeichnet und gefeiert worden wären, so dass
wir also in den vielbesprochenen Siebener-Tagen der babylonischen
Hemerologien doch babylonische sapattu-T&ge zu erblicken hätten.
Aber urkundlich sichergestellt ist das letztere , wie nochmals aus-
1) So noch neuerdings Delitzsch, Bab. n. Bib. I 62, Rückbl. u. Ausbl. 27 f.
Ich selbst drückte mich KAT3 593 (vgl. Keilinschr. u. Bib. 31) etwas zurück-
haltender aus.
2) S. für die Mondlängentafel mit Zugrundelegung des Zirkels von 360°
wie auch für das Folgende das Nähere in meinem Artikel über das Prinzip
unserer Zeit- und Raumteilung in den Ber. d. phil.-hist. Cl. der Ges. d. Wiss.
zu Leipzig LIII (1901), 53 f. Vgl. auch Jensen in Zeitschr. f. deutsche Wort-
forsch. 1 (1900), 150 f.
3) S. z. B. bei Radau, Early Bab. Hist. 315.
4) Mehrfach liegen beide Keinen auch mit einander kombiniert vor, so
dass z. B. der 7., 15., 19., 20., 25., 30. als die charakteristischen Monatstage
genannt werden.
5) In der Praxis gestaltete sich die Sache so, dass, wie die astronomischen
Tafeln lehren, der Vollmond entweder auf den 14. oder 15. eines babylonischen
Monats fiel, eventuell jedoch auch auf den 13 und gar auf den 12.
6) So wird, wie ich schon vor Jahren vermutet habe (vgl. dazu KAT3 593
Anm. 3) und wie jetzt auch Pinches annimmt, gerade auf Grund der neuen
Vokabularangabe über .sapattu auch Schöpf. Tal' V 18 gewiss [i]a-pat-tu, nicht
[ümu] XIVtu zu lesen sein und wird damit der 14. Tag (nicht der 7., wie ich
früher annahm) als Vollmondstag gemeint sein, da vorher der 7. Tag als (lei-
des ersten Mondviertels genannt ist. Doch könnte nach dem Obigen auch der
15. zum 7. treten, unter sabattu also auch hier der 15. zu verstehen sein.
202 Zimmern, Sahbat h.
drücklich betont sei, bis jetzt also noch nicht; vielmehr ist nach
wie vor auch mit der Möglichkeit zu rechnen , dass die Israeliten
von den Babyloniern — wann und auf welchem Wege ist eine
Frage für sich — einerseits den Namen sabattu für einen bestimmten
charakteristischen Tag des Monats (vielleicht ursprünglich nur im
Sinne des Vollmondstags1)), andererseits die Institution der eigen-
artigen Aussonderung der Siebenertage (Mondvierteltage) im baby-
lonischen Kalender übernommen und dann erst ihrerseits dies beides
mit einander kombiniert und zu ihrer spezifischen Sabbathfeier um-
gebildet hätten.
Unter den obwaltenden Umständen erscheint es mir daher
auch geratener denn je , auf eine sichere Etymologie des Wortes
sapattu, sabattu und damit auch des daraus aller Wahrscheinlich-
keit nach doch erst entlehnten nap einstweilen noch zu verzichten.
Es hat daher auch wenig Wert, hier allerlei unsichere Vermutungen
zu erörtern, wie etwa die, ob sapattu eigentlich „Gerichts "tag"2)
heisst, oder ob es, wie dies Delitzsch a. a. 0. (s. vorherg. Seite,
Anm. 1) mit besonderer Energie vertritt, und wie ja auch die her-
kömmliche Etymologie von hebr. nsä die Sache auffasst, „Be-
endigung (der Arbeit), Aufhören, Feiern (der Arbeit)"3) bedeutet.
Als das Wichtigste erscheint mir vielmehr in sachlicher Hinsicht,
dass wir durch die neu bekannt gewordene Vokabularangabe jetzt
sicher wissen , dass der babylonische sapattu {sabattu) , und damit
im letzten Grunde auch der israelitische Sabbath , mit dem Voll-
mondstag verknüpft ist.
1) Es drängt sich hierbei unwillkürlich die Frage auf, ob nicht in der
Gegenüberstellung von Neumond und Sabbath gerade an älteren Stellen wie
Hos. 2, 13; Am. 8, 5; Jes. 1, 13; 2Kön. 4, 23 noch ein Hinweis darauf enthalten
ist, dass auch in Israel ursprünglich der Sabbath ausschliesslich oder in erster
Linie der Vollmondstag gewesen wäre.
2) Sonst ist allerdings gerade vielmehr der Neumondstag der Gerichts-
tag des Mondgottes. Vgl. Schöpf. V 24 und beachte dazu die Ausführungen
von Mabler ZDMG 52, 236 über den Neumondstag bezw. dessen Vorabend
als kleinen Versöhnungstag bei den Juden, an dem Gott Gericht hält. S. auch
King, Magic Nr. 1 , 14 ff. zu Sin als Richter am Monatsende. Dagegen scheint
allerdings Sp. I 131, 13 f. (ZA VI 242) die ganze Zeit des abnehmenden
Mondes, vom 15. bis zum 30. Tage, als Zeit der „ Entscheidung" (purussii)
aufzufassen. Freilich handelt es sich an dieser Stelle zugleich auch um einen
schlimmen Kalauer bei der Erklärung des Ideogramms ES. BAR für purussül
3) S. zu einem assyr. sapcltu im Sinne von „ablassen, aufhören" und
seinem eventuellen Zusammenhang mit Sapattu auch Küchler, Beitr. z. ass.-bab.
Medizin 90 f. Statt an „Ablassen, Aufhören des göttlichen Zorns" könnte man
nunmehr bei Sapattu etwa auch an „Abnehmen des Mondes" denken.
203
Bemerkungen zu Harihara' s Ratirahasya.
Von
Ernst l.ciiiiiiiiin.
Dr. Richard Schmidt hat seine Ausgabe des Textes (im
vorigen Bande dieser Zeitschrift p. 709 — 739) mit einer sehr nütz-
lichen Orientierung (p. 705 — 708) eingeleitet. Wir unternehmen
es hier, nachtragsweise ein paar Einzelheiten zu erörtern.
Was zunächst den Titel betrifft, so sprechen wir besser von
Ratirahasya als von Sriigäradipikä ; denn einstweilen ist eben
nur die Ratirahasya- Partie der Srngäradlpikä — und selbsl sie
vielleicht nicht vollständig — zur Hand.
Die vom Autor sprechende Unterschrift, die jedes der drei
vorhandenen Kapitel beschliesst, harrt noch der Übersetzung. So
viel ist sicher, dass des Herausgebers Auffassung der Stelle sieh
nicht halten lässt. Genau wie sarvavidyanavadya „in jeder Wissen-
schaft untadelig" ist das darauffolgende Compositum sahajasurn-
svatänavach/a „in angeborener Beredsamkeit untadelig" gebildet.
Beides sind anscheinend ehrende Beinamen , die der Autor sich
selber beilegt. Auch die sonst noch vorhandenen Namen werden
sich auf ihn beziehen; dass etwa von Mitarbeitern die Rede sein
sollte, ist kaum anzunehmen. Allenfalls bietet die Tanjore-
Handschrift — die Ausgabe beruht bloss auf einer nach M a d r a s -
Handschriften hergestellten Kopie — eine verständlichere Fassung
des ganzen Zusammenhanges. Anderswoher scheint man keine Auf-
klärung erwarten zu dürfen. Zwar nennen die drei Bände des
Aufrecht'schen Catalogus Catalogorum noch eine ganze Anzahl von
Werken, deren Verfasser ebenfalls Harihara heissen; allein die
Wahrscheinlichkeit ist sehr gering, dass unter diesen Werken eines
durch seine Unterschriften sich als unserem Harihara angehörend
zu erkennen gebe. Nicht einmal der auch bloss in Südindien vor-
handene Kommentar zum Anargharäghava ') dürfte in Betracht
kommen.
Ähnlieh, wie mit jener Unterschrift, steht es nun übrigens
mit dem ganzen Textchen. Man kann kaum einen mehrzelligen
1 BurneU's Classiried Index p. 171b.
•_»()4 Leumann, Bemerkungen zu Hariharä's Ratirahasya.
Zusammenhang lesen, ohne über mindestens eine unsichere oder
falsche oder leer gelassene Stelle zu stolpern. Jedenfalls gilt dies
für das erste Kapitel (das wir allein geprüft haben) und wohl
auch für das dritte; im zweiten Kapitel überwiegt das Sloka-
Metrum, und da wird denn wohl dementsprechend das Gebotene
sich etwas glatter lesen lassen. Angesichts dieses Sachverhaltes
wundern wir uns natürlich ein wenig über die Keckheit des Heraus-
gebers, der es über sich bringt, den Lesern unserer Zeitschrift eine
in der Hauptsache so unbequeme Lektüre vorzusetzen. Hätte er
die Veröffentlichung nicht wenigstens noch ein paar Monate hinaus-
schieben können, um in der Zwischenzeit auch von der Tanjore-
Handschrift sich durch Prof. Hultzsch eine Kopie besorgen zu
lassen ? Mit dieser wäre dann zweifellos vieles in Ordnung zu
bringen gewesen.
Wie es sich nun ferner mit den am Fuss der Seiten an-
gebrachten Lesarten verhält , wird niemandem recht klar. Ge-
wöhnlich steht eine Variante, wobei öfter das Wörtchen „auch"
vorhergeht. Stehen zwei Varianten , so sind sie entweder durch
einen Vertikalstrich oder durch „und" oder durch „neben" ge-
trennt. Da der Herausgeber offenbar beabsichtigt, hiermit eine
neue Art der Varianten - Bezeichnung aufzubringen , durften die
einstweilen noch an die altmodische Bezeichnungsweise gewöhnten
Leser erwarten , mit den nötigen Belehrungen bedacht zu werden.
In den Handschriften werden die Verse nicht numeriert sein.
Dann hätte also der Herausgeber die auf Seite 711 obenan stehende
Sloka-Zeile mitzuzählen vergessen.
Wo die handschriftlichen Materialien tüchtig ausgebeutet und
dem Leser in Text und Varianten durchsichtig vorgelegt sind, macht
es Spass, sich an den übrig bleibenden Schwierigkeiten zu ver-
suchen. Nicht so in unserem Falle. Bloss um an zwei Beispielen
zu zeigen , wie die Ausgabe auch da , wo Richard Schmidt nicht
durch Fragezeichen und Lücken auf Mängel hinweist, aussieht, er-
wähnen wir, dass gleich die erste Strophe zwei Berichtigungen
erfordert1) und dass auch die Schlussstrophe des ersten Kapitels
an zwei Stellen zu verbessern ist2). Ein kleiner Teil der vorhandenen
Fehler geht, wie der Herausgeber am Schluss der Vorbemerkungen
richtig nahelegt, auf den Verfasser zurück. Solche Fehler, die
im allgemeinen nicht mit den Kopisten-Fehlern verwechselt werden
können") , müssen natürlich stehen bleiben ; sie verdienen die Be-
achtung des historischen Grammatikers, der sie zusammen mit den
1) Man lese in c mvrtayas (hier gebraucht wie dehinas) und in d matsya-
dhvajäyänvaham.
2) Es ist zu lesen striyo 'vasäh und strlsv avasatüm.
3) In I57b könnte man allenfalls sa-tamasa als Licenz für sa-tamaska
annehmen; da aber auch so die Stelle nicht in Ordnung kommt, so wird ein
Kopistenfehlor vorliegen. In der That hat man na ramase statt satamase
zu lesen.
Leumann, Bemerkungen zu Harihara's Ratirahasya. 205
epischen, buddhistischen und sonstigen Licenzen einreiht unter die
Erscheinungen derjenigen Sprache , die man im Gegensatz zu dem
unveränderlichen Muster- Sanskrit der Grammatiker und Klassiker
das nach Zeiten und Einflüssen veränderliche Durchschnitts-
oder Vulgär - Sanskrit heissen mag.
Wir schliessen mit dem Wunsche, dass in Zukunft nach dem
Vorbilde der Bibliotheken von Poona, Bombay, Calcutta u. s. w.
auch diejenigen von Madras und Tanjore ihre Handschriften,
wenn der Bedarf vorliegt, leihweise europäischen Bibliotheken an-
vertrauen. Gewiss hätte Richard Schmidt mit den Original-
Handschriften aus Madras eine lesbarere Ausgabe geboten als
mit der von da erhaltenen Abschrift. Bekanntlich giebt es eine
Menge von wichtigen Werken, die nur oder fast nur in Südindien
vertreten sind: abgesehen von den vedischen Schriften, die hier in
Betracht kommen , sei bloss auf das südindische Mahäbhärata und
auf das südindische Paöcatantra hingewiesen. Die meisten dieser
Werke lassen sich nicht endgültig herausgeben und gebührend für
die Forschung verwerten , so lange man aus Madras und Tanjore
nur Kopien und keine Originale erhalten kann.
206
Basar- Vesali.
Von
Dr, Th. Bloch (in Calcutta).
(Aus einem Briefe von ihm an E. Windisch.)
Basar, Distriet Muzatfarpur,
21. 12. 03.
„ . . . Ich bin augenblicklich hier in Basar , im Distriet
Muzaffarpur, mit Ausgrabungen beschäftigt. Vincent Smith hat
ja neuerdings wieder gewichtige Gründe ins Feld geführt dafür,
dass die Lage des alten Vaisali hier zu suchen ist. In dem alten
Furt . nördlich vom Dorfe Basar , das die Leute jetzt Räjä Bisäl
kä garh nennen, und in dem man, falls die Identification von Basar
mit Vaisali richtig ist, die alte Königsburg der Licchavis vermuten
darf, fand ich an einer Stelle, wo nach dem Glauben der Ein-
geborenen der Palast Räjä Bisäl's gestanden hat, eine grosse Anzahl
von Thonsiegeln mit Inschriften, etwa 500 im Ganzen. Sie lagen
etwa 9 bis 10 Fuss tief in einem kleinen Zimmer, 13 Fuss 6 Zoll
im Quadrat, das mit Topfscherben, Knochen, verkohltem Holz und
Reiskörnern und sonstigen Abfällen angefüllt war. Ein Siegel hat,
wie mir scheint, allgemeineres Interesse. Es ist ein Oval, 21/4 Zoll
lang und l3/4 Zoll breit. Oben findet sich die Figur eines sitzenden
Löwen, das Gesicht nach links gerichtet, darunter eine horizontale
Linie, und alsdann folgende Inschrift in 4 Zeilen :
(1) Maliäräjädhiräja-sri-Candragupta-
(2) patnl mahäräja-sri-Govindagupta-
(3) mätä mahädevt sri-Dhru-
(4) vasväminl.
Die Schriftzüge lassen keinen Zweifel daran , dass einer der
beiden Candraguptas aus der sogenannten Imperial Gupta Dynasty
gemeint ist. Für die Frage, welcher von beiden, dürfte ins Gewicht
fallen , dass auf einem anderen ebenda gefundenen Siegel folgende
Inschrift steht:
Sri - Ghatotkacaguptasya.
Dies ist sicher der Vater des ersten Candragupta, der uns aus
den Inschriften als Mahäräja-sri-Ghatotkaca bekannt ist. Ein
zweites , jedoch stark beschädigtes Exemplar des Siegels mit dem
Namen Candragupta hat sich auch gefunden. Es ist klar, dass
das Fort zu verschiedenen Malen bebaut war, da sich bis zu einer
Tiefe von 12 Fuss überall verschiedene Überreste von Backstein-
mauern finden, ohne jeden Zusammenhang unter einander."
207
Anfrage.
Der Redaktion geht durch Vermittlung des Herrn Dr. Johs.
Baensch-Ürugulin, hier, das nachstehende Schreiben zu:
Sir,
Will you be so kind as to belp on the search for a missing
MS. by allowing me to make its loss known in your columns?
It is that copy of the Tm-ki text of the Emperor Babar's
Meinoirs which the Hon. Mountstuart Elphinstone lent to Dr. Leyden
and to Mr. W. Erskine for their translations.
There can be no doubt that it was in the Advocates' Library
of Edinburgh in 1848. No trace of it can now be found there.
If any of your readers has knowledge of the existence of
a copy of the Babar-nama (which is variously entitled also the
Tuzuk-i-babari and the Waqiat-i-babari), he would confer a real
Service by giving news of it to the writer of tbis letter.
Annette S. Beveridge,
Member of the Royal Asiatic Society.
Pitfold
Shotterraill
Haslemere R. S. 0.
208
Anzeigen.
'Oumära du Y einen, sa vie et son ceuvrre par Hartwig
Derenbourg. Tome pr emier 1897, tome second 1902.
Publications de TEcole des Jangues orientales Vivantes.
Paris. Leroux.
DjanadT sagt ('Oumära ©öpf.), dass 'Omära nach Ibn Khallikän
aus Marfan, einer Stadt im Wädi Wasä' gebürtig war, dass er aber
selbst az-Zarä'ib im Mikbläf Solaymänl als seinen Geburtsort nennt.
Letztere Angabe findet sich in 'Omäras Geschichte von Temen, ed.
Kay S. H , mit dem Zusatz , dass diese Örtlichkeit zum Gebiet des
Ibn Tarf gehört, d. h. nach Ibn Hauqal f., 10 'Aththar. Yäqüt
sagt (III, v.v, 3 — 6), dass sie amFusse der'Ukkäd oder al-'Okwatän ge-
nannten zwei Berge lag. Erstere Angabe rührt aber auch von 'Omära
selbst her und zwar liest man sie in seinen Nukat, Derenbourg v, wo
Mortän. Nach dieser Stelle liegt Martän 11 Tage südlich von
Mekka, nach |f, 7 nur 9. Ersteres scheint genauer zu sein. Yäqüt
rechnet das Wädi Wasä' zu 'Aththar, das 10 Tage von Mekka
entfernt ist und nördlich vom Mikhläf der Hakam , des Stammes
'Omäras, liegt. Hamdäni erwähnt in seiner Geographie der Arabischen
Halbinsel keine dieser Örtlichkeiten. Wir dürfen aber schliessen,
dass die Gegend von Martän az-Zarä'ib hiess, und dass der Mikhläf
Solaymäni (vgl. öfi) zum Mikhläf Hakam gehörte. Die daselbst
wohnenden Araber hatten nach 'Omäras Zeugnis ihre Sprache in der
ganzen Reinheit und Vollkommenheit der Heidenzeit erhalten, da
sie von altersher allen Umgang mit den Stadtbewohnern vermieden
hatten. Graf Landberg hat in seinen Arabica V, 113 f. schon
auf diesen Bericht aufmerksam gemacht. Sie waren ruhige Leute,
die aber die Wissenschaft eifrig pflegten, so dass 'Omära erklären
konnte, dass seine Väter bis zum elften aufwärts alle verdienstliche
Schriftsteller gewesen. Diesen verdankte 'Omära seine grosse litte-
rarische Begabung.
Er war ungefähr 515 geboren, ging 531 nach der Hochschule
in Zabid, und wurde daselbst allmählich ein reicher und angesehener
Mann. Das dauerte bis 549, in welchem Jahre er, für sein Leben
besorgt, nach Mekka ging. Der Emir Qäsim ibn Häshim ibn
de Goeje, Derenbourgs 'Oumära du Yemen. 209
Folayta schickte ihn dann als Gesandten nach Ägypten, wo er 550
ankam , als der Fatimide al-Fäiz Khalif war und Ibn RozzTk sein
allmächtiger Minister. Hier wusste er gleich durch den Zauber
seines Wortes (das Gedicht findet sich rf ff.) , im Grunde eine un-
geheuere Schmeichelei, die Gunst des Khalifen und des Ministers
zu gewinnen. 551 schickte ihn der Emir von Mekka abermals
als Gesandten nach Ägypten. Er wurde anfänglich nicht zugelassen,
da man ihn beschuldigt hatte, die Lehre der Fatimiden angegriffen
zu haben (vgl. I^r)- Er wusste jedoch allen Verdacht von sich
abzuwenden und wurde so gefeiert, dass er beschloss in Ägypten
zu bleiben. Anfangs weigerte er sich , der Fatimidischen Lehre
beizustimmen (ff f., IH f.) , und sagte dass, auch wenn er nicht
überzeugter Sunnite wäre, der Stolz ihn von einem Übertritte ab-
halten würde. Als aber Ibn RozzTk ihn mit einem schmeichelhaften
Gedichte und 3000 Goldstücken dazu einlud , gab er nach (f 1 , 2).
Ibn Khallikän meint, er wäre stets ein eifriger Sunnite geblieben,
und so urteilt auch Kay (Introduction VI), allein wenn man seine
an die Khalifen gerichteten Gedichte liest, ist kein Zweifel möglich
(vgl. öfv, 1), und seine Teilnahme an der Verschwörung 569 würde
sonst unerklärbar sein.
Er wurde jetzt Hofpoet und erhielt dafür ein Gehalt, das ihm
aber nicht genügte , so zu leben , wie er es wünschte. Für das
Mehr war er auf die Geschenke seiner Gönner angewiesen. Dafür
musste er sich freilich ziemlich viel gefallen lassen. Der eine oder
andere grosse Herr schickte dem Dichter, obgleich er ihn nicht
persönlich kannte , einfach ein Geschenk mit der Bitte , dieses mit
einem Lobgedicht zu beantworten (irf). Ein Herr fragte ihn, warum
er in seinen Versen wohl seinen Vetter, nicht aber ihn selbst
genannt hätte , und befahl ihm auf ihn ein Gedicht zu machen.
'Omära antwortete: „Wenn du etwas gemacht hast". Da lachte er
und Hess ihm zehn Goldstücke geben. Der Dichter schickte sie zui-ück
und verneinte, dass ihm damit etwas geschenkt sei. Als der Herr
ihm dann so viel gegeben , als 'Omara anständig fand (a.J
Jsilj La), machte er das verlangte Lobgedicht (iro). Er wurde so
ein Meister in der Bettelkunst (xajLwLJI £ cLJi Joji> f öi) und
fühlte selbst, dass man ihn deswegen kaum als einen ehrenhaften
Menschen betrachtete (iüüUobK ^ KajL-LJI ^X> -f>\ J^äs f Ar
1. Z.). Als Hofpoet musste er bei jeder Gelegenheit ein Gedicht
vortragen ; einmal wurde ihm sogar befohlen eins zu improvisieren
(1a). Er büsste dabei aber nicht ganz seine bessere Natur ein.
Als die Familie RozzTk gefallen war, konnte 'Omära nicht ein-
stimmen in den Chor derjenigen, die ihre früheren Wohltäter
verleumdeten , und sprach das öffentlich aus gegen Säwar . ihren
Bd. LVIII. 14
210 Anzeigen.
Nachfolger, der es recht von ihm fand (v.) und vielleicht dadurch
bewogen wurde der Bitte 'Omäras zu willfahren, dass er künftighin
sein Gehalt nicht länger als Hofpoet erhalten sollte , sondera als
freie Gabe (Av, 3 ; vgl. aP1, 1 ff., a1, 4). Leider geschah die Zahlung
des Gehaltes unregelmässig , so dass der Dichter genötigt war, die
Bettelei fortzusetzen. Bei Saladdin vermochte er sich nicht ein-
zuschmeicheln. Besser erging es ihm mit dessen Ratgeber , dem
Qädl al-Fädil, der seine Bedeutung als Dichter und Schriftsteller
zu würdigen wusste.
Anfang 467 machte Saladdin dem Khalifate der Fatimiden ein
Ende. 'Omära sprach seinen Schmerz über dieses Ereignis in
mehreren Trauergedichten aus, so dass er nach Ibn Doqmäq (Deren -
bourg öo.) mehr als einmal mit dem Tod bedroht wurde und nur
durch al-Fädils Fürbitte entkam. Einige der feurigsten Anhänger
der Fatimiden beschlossen einen ernsten Versuch zu machen , die
gefallene Dynastie wieder herzustellen und 'Omära wurde mit hinein-
gezogen. Sein Anteil an der Verschwörung bestand darin, die Trauer
um die Fatimiden lebendig zu halten und Saladdin von einem grossen
Teile seiner Truppen zu entblössen. Das geschah auf folgende Weise.
Saladdin war zwar Herr von Ägypten, aber nur als Statthalter von
Nureddin , der von seinem Untergebenen unbedingten Gehorsam
forderte und schon durchschimmern liess, dass die zu selbständige
Haltung Saladdins ihm nicht gefiel. Saladdin wusste ihn mit
demütigen Bezeugungen zeitlich zu beschwichtigen , dachte aber
daran , für sich und sein Haus eine Zuflucht zu stiften , für den
Fall, dass Nureddin nach Ägypten kommen sollte. Er hatte erst
das Auge auf Nubien gerichtet, wohin er seinen Bruder Türänshäh
schickte. Diesem aber gefiel das Land nicht. Dann dachte er an
Südarabien. Vielleicht hatte 'Omära ihm dies suggeriert. Jeden-
falls spannte dieser alle seine Energie an, Türänshäh dazu anzufeuern
(HC f., IIa) und zwar absichtlich (IH , 8 f.). Derenbourg schreibt
Avant-propos XXVI, dass Saladdin 'Omära gebrauchte, um Türänshäh
für den Zug nach Yemen zu begeistern „pour le debarrasser d'un
rival en Egypte". Ich bezweifle die Richtigkeit dieses Motivs.
Die Verschworenen waren sowohl mit den Franken als mit den
Assassinen in Korrespondenz getreten und hofften schon ihr Ziel
zu erreichen , als durch Verrat eines der ihren das Komplott ent-
deckt wurde (Weil III, 349). Man erzählt, dass al-Fädil nochmals
versuchte 'Omära zu retten , dieser aber , dem Qädl nicht trauend,
den Fürsten bat, nicht nach al-Fädils Rat zu handeln. Da sagte
dieser: „Bei Gott, er legte Fürbitte für dich ein" (HT). Dies ist
aber unwahrscheinlich nach al-Fädils eigenem Bericht (f1f"ff.) und
nach den Stellen f1A ofv, öö.- Wohl aber scheint historisch, dass,
als man 'Omära zur Hinrichtung abführte , dieser bat ihn an
al-Fädils Wohnunsr vorbeizuführen, und als er dessen Haus ver-
de Goeje, Derenbourgs 'Oumära du Temen. 211
schlössen sah, auslief: „Al-Fädil hat seine Tür verschlossen, jetzt
kann nur ein Wunder noch Rettung bringen". Er wurde gehängt
im Ramadan 569.
Wir besitzen von 'Omära eine Geschichte von Yemen, deren
Ausgabe wir Kay verdanken. Ausserdem sind von seinen Arbeiten
übrig: Berichte über die Ägyptischen Vezire und andere grosse
Herren, die er selbst gekannt hatte, Berichte, die sich grösstenteils
auf sein Verhältnis zu diesen beschränken ; dann verschiedene Briefe
in gereimter Prosa und eine Sammlung Gedichte. Derenbourg
hat sich sehr verdient gemacht , dies alles herauszugeben und
dazu alle noch nicht veröffentlichten Berichte über den Dichter
mitzuteilen. Ich habe alles mit grossem Interesse gelesen, mit Aus-
nahme einer Anzahl Lobgedichte. Denn ob man gleich die Kunst-
fertigkeit des Dichters bewundern muss, der immer neue Variationen
zu dem Thema hervorbringt, so fühlt man doch, dass das Lob nicht
von Herzen kommt und dass das einzige Ziel ist, die Schnüre des
Beutels zu öffnen. Man kann es darum nicht besonders bedauern,
dass ein grosser Teil dieser Verse bei der Feuersbrunst in 'Omäras
Haus umgekommen ist. Einige Gedichte sind schön. Rührend ist
das Trauerlied über seine Gattin pvl ff. Seine erotischen Gedichte
sind bisweilen lasciv, haben aber grössere Originalität als die Bettel-
gedichte. Scbmähverse sind nur wenig da. 'Omära erzählt ff", dass
er seinem Vater geschworen habe gegen keinen Muslim einen
solchen zu machen und dass er diesen Eid gehalten habe, mit einer
Ausnahme , als Ron Rozzlk ihm befahl einem andern Dichter zu
antworten. Die übrigen sind gegen Christen gedichtet.
Die Bearbeitung Derenbourgs verdient alles Lob. Ich habe
nur die folgenden kleinen Verbesserungen vorzuschlagen :
P, 10 iüj kann kaum richtig sein. Man denkt zunächst an
ÄJ-, das aber n. vicis ist. Vermutlich ist »S „Lässigkeit" zu lesen.
I., 10 lies LotX'ä (wie richtig z. B. |f\ 1. Z.J.
II, -r> (jyi.^ lies yyL>.
If", 5 *.L> lies beidemal xls*.
Ia, 7 <u5\\i> jUjuj- Vermutlich ist y^iXs» zu lesen.
rT1, 2. Mit Vergleichung von Anm. 1 ist wahrscheinlich
I^vsuäÜ statt (j-^xä^l zu lesen.
Pv, 13 A^=»-J| a,o yU^U*,Ls. Vermutlich ist Jo-Ji ^ zu
lesen: „und nehmt auf euch die Beschenkung des Mannes".
14*
212 Anzeigen.
f., 16 ^JLw lies jJLl.
ft, 1 lies xjj-sw: „er begnügte sich nicht damit mir Wohl-
taten zu erweisen, sondern verlieh mir auch Würde".
fr, 6 lies L« ^15 J^.ä..
fo, 10 lies ^SSi\ Jsj^vjuj: „und die dreitausend, die ich neben-
bei schicke, sind nur als ein Geschenk zu betrachten".
ot, 1. Ich halte die Lesarten ,-wwLs? und ^-J^c (Anm. 3 und 4)
für richtig.
öf , 10 äA*J lies s^Xxj : „Er galoppierte mit einer Anzahl Lanzen".
1v 1. Z. lies JaJL«\.
vt», 7 lies uüLfÜJi j.
vf", 3 lies (jvj'LaJ; 6: vor *.x* fehlt etwa iAj-j; vorletzte Zeile
lies iL*« „just neun Monate" und .^L^.
vö, 3 ist wohl ^Ls?' b zu lesen : „durch Männer zu improvisieren"
d. h. gleich kampfgerüstete Männer fertig zu haben. Das Wort-
spiel geht bei der Übersetzung verloren.
aI vorl. Z. statt .yj,j> lies ,-tj<->.
aP, 1 lies ^>l^! l\=>? ^a. Vgl. Gl. Tab. unter ö<sA.
aö, 6 LjJlT ist entweder üy' oder mit AB \JiS
zu lesen.
aa, 10 lies mit BC ^ statt .yi,
1., 5 U lies U.
ir, 1 lies mit C jj c^üoicli; 3 lies aj£jjt.
1i^, 7 Jjtää lies Jjcäs: „der dann einen tötet, der besser ist
als sein Vater".
t.l, 3 lies )La\S als Subjekt von 8Uxi ^ ^.v^s-S.
Ut* 2 lies är^jJ.
1.1, 4 lies IäjLw wie richtig f(v vorletzte Zeile.
II!, 4 U3t\s> lies Lü Äi> wie C: „lass uns über etwas
anderes reden".
de Goeje, Derenbourgs 'Oumära du Yrmen. 213
||v 1. Z. Wenn o.&J| richtig ist, muss zwischen ^li' und J
etwas ausgefallen sein, z. B. JJj.
IH", 5. Aus dem Kontext ei-hellt, dass J^> statt ^^», zu
schreiben ist.
IH, 1 i^i^-wj weiss ich nicht zu erklären. Vielleicht ist (vgl.
If. vorl. Z.) (jOlJL.» oder JiXii., vom Singular ä.üCw, zu lesen, äas
auch tff, 10 für bonbonniere (vgl. Ihn Batüta. II, 352) gebraucht wird.
({"., 7 lies yio.
tt**1 , 1 — 2. Zwischen diesen beiden Versen muss ein Vers
(oder mehr) ausgefallen sein, in welchem der Dichter die Bestrafung
des Türwächters fordert.
it^A, 2 lies <t.X^>\ i: „nichts hilft so wie eine xx.;Juo u; 7 : Derenbourg
schlägt öl. vor, mit Vergleichung von 111 1. Z. ^üu^s^ zu lesen.
Ich halte die Lesart des Textes oLäJLo für richtig in der Be-
deutung „feine (auserlesene) Stoffe aus Alexandrien oder Damiette".
S. Ifl, 1 hat man dasselbe Wort. Eher ist III o'Jj-U^w« in oLiäjLfl
zu verbessern.
(f., 7 lies » Lsr ohne teshdld.
Ift, 1 lies &.J...V* »eine Koncubine" ; 7 ^..c. lies *_^-£.
Iff, 9 lies LüLj_e, und 11 <joLc, wie Derenbourg M Anm. 2
vorschlägt.
Ift", 2 lies mit D ^P: „Er ist das Subjekt, sie das Prädikat".
Ifö, 11 LjJut muss getilgt werden, da 10 und 12 zusammen-
gehören: 1. Z. lies Kai..
IfA, 8 tjj: lies iJJ; (Verbum): 9 lies A*^..
\f 1, 8. Ich halte js.^o für die richtige Lesart ; vorl. Z. ist
wahrscheinlich zu lesen ä.xj<\>^JS ^Jj o^i-i. Ich habe auch an
Jus gedacht im Sinne von .,Lo, aber jenes gefällt mir besser.
Iö., 1 lies vi^xJ-.
Iöv, 9 lies \J>S.
- ,£ - l
löl, 5 js.il. ist vermutlich lXxiU zu lesen.
II., 3 lies La^Lj ohne hamza; 4 lies cs.
214 Anzeigen.
Hl, 1 lies aJOtoy
Hl1, 2 lies ^^as. „ich habe mein Wort gehalten".
Ho, 3 lies ocA*j.
Ha, 3 lies JOLJ oder ju*o!.
tvf, 5 lies SütAöJ.
öS
Ivl, 6 lies Jilb) ; 10 ^5-ÄJ! J^b ist unmöglich , sehr
wahrscheinlich ist mit B- zu lesen ^.ÜJl O-J Ij.
|Af, 10 ^wj.äj lies (j*^ftj.
U1 1. Z. lieber vJLs*jt.
l*.v, 9 *3S kann schwerlich richtig sein. Man erwartet L-J.J»!
oder etwas derartiges.
rr. vorl. Z. lies u$LoLj.
fAf 1. Z. schlage ich vor zu lesen u^yi £ üc^L-cJ! o.Li^* J,.
tiv, 3 lies UiL^, wie richtig l^v, 4.
|*T1 1. Z. SicLaS: B2 hat iC&Ltzä, was mit Vergleichung von
Paö, 1 die richtige Lesart scheint.
M*1., 3 vi>JL> muss wohl nach B- o»«Jb>. sein.
fTö, 11 \J*&f?. ües u*^-*^1. .
rfi, 3 lies *#».
PVI vorl. Z. Vor y<UuS ;_&£** ist vermutlich o^j ausgefallen.
I^va, 5 ist cL-ü mir unverständlich. Man erwartet ein Wort,
das Schmerz oder Beraubung bedeutet : vielleicht A£i ?
H1 vorl. Z. lies Jäi
1^0,2 ^jjj des Textes ist richtig, nicht „^L's oder ,aaJs, wie
Derenbourg &H vorschlägt. Es ist das Subjekt von .!$>: „Sage
zu 'Ali ibn ab! Tälib : Qanbar wird , nachdem du ihn verlassen
hast, geringschätzt". (Vgl. Tab. I, j*Töv, 9.)
ft*"i, 11 c\Xftc lies ^jJLc: „so möge ich in der Wüste von
de Goeje, Derenbourgs 'Oumära du Yemen. 21ö
'Aydhäb durch Verschmachten am Weitergehen verhindert werden".
Nur der JwaLc spricht beim Schwören von sich selbst in der 1. Person;
12 ist gewiss, wie Derenbourg vorschlägt, sLjSUo zu lesen;
13 oL**jL*J^ ist wohl Schi-eibfehler für .L*Ju*J\j.
fft", 6 lies ^L* ^clXj.
ff% 8 Li» lies Läj-,
ffA, 11. Ist ..Lmj>_j dialektische Form für ..Laj»'j oder
Schreibfehler? Letzteres ist mir wahrscheinlicher, da sonst bei
'Omära überall ^>-i>) geschrieben ist ; 1. Z. ist gewiss , wie der
Herausgeber meint, JLiJl zu lesen.
fö., 3 lies *y-^5 (nicht * 3?j, wie öt^l und löf vorgeschlagen wird).
f öP, 4 lies M.t. ; 6 ^k^i lies JL**s ; 8 -s> j, lies _c> J, .
fb\M, 4 p^Lj lies *"^L ; 1 1 lies xLtol» , wie der Herausgeber vor-
schlägt; 12 ä.^.Ä^/9 lies ä_4.Ä>^x.
föf, 10 ^i'i.JjJ ^5 lies ^_j ^tXjjJ ^3.
flf, 2 JLs ist wahrscheinlich J J,ä zu lesen; vorl. Z. lies
e$Jy^&3, vgl. fAö, 4.
fV, 5 lies ^|. Die Konstruktion ist -*i — ,.j ^^| oü>5 ..t».
fv. vorl. Z. ,*£**« r,j lies ^^j ,Jt.
M, 7 jsis lies jjö.
fvf 1. Z. ^ £+.b? vielleicht ^CjK+*o ?
fvö, 5 lies v^oiL*!; vgl. fA1, 5 ^LJlXj.
fAA, 4 ^+J.\ Jbäljj lies ^I^| u^^.
o.l, 1 lies J.fcn , denn die Dauha ist ein hoher Baum; 5 ^.i
lies ^J; 10 lies mit G ._£>. ,
olv 1. Z. jo lies .-w^- In (len Handschriften werden beide
sehr oft verwechselt.
ovl, 5 JU? lies JL>\
övf, 8 «.äJLi* lies eÄJLi.
216 Anzeigen.
ovl, 6 ist La5. zu behalten, vgl. die Ausgabe von Rhodoka-
nakis S. 150.
o1. , 7. Ich halte die Lesart der Hs. ,^A\ für richtig. Diese
wäre dann auch oll, 6 herzustellen. — 12. Ich kann aus jüsLä» nichts
machen und verstehe darum den Satz nicht.
elf 1. Z. und IPö, 6 lies *.ääÄj. (Das Verbum jJjäj wird mit
^ oder Lc der Person und mit . * des Buches konstruiert.)
ir, 5 ^yuLc j^ lies ^yjLc U.
I.ö, 7 ic,^" ist mir unverständlich. Vielleicht ist (55-P
, Verschwörer" zu lesen, nach As äs: ic*-^' ^S5» d. h. 15 w^' A^>l
und Fäiq I, 436, wo es erklärt wird durch J^ „ajl\äjI £ <2U=4jLj.
II., 2 KjO. . Ich ziehe das einfache K.jl>. , schlecht" vor.
IIP, 2. Die Lesart **wJ| ol-ic ist besser, da der J>j> die
angesprochene Person ist; 3 ^a| vielleicht _3|?
Ein Teil dieser Verbesserungsvorschläge betrifft nur Druck-
oder Schreibfehler. Einige kann der Herausgeber vielleicht noch
verwerten für die Biographie des Dichters, welche diese stattliche
Ausgabe beschliessen und krönen soll.
Zugleich mit dem zweiten Bande 'Oumäras erhielt ich die erste
Lieferung des zweiten Bandes vom Katalog der Arabischen Hand-
schriften im Escorial. Diese Lieferung enthält die Bücher über
Moral und Politik. Wir sind Prof. Derenbourg sehr dankbar auch
für diese Gabe und sprechen die Hoffnung aus, dass er seine zweite
wissenschaftliche Reise nach Spanien bald unternehmen und so den
Katalog zur gehofften Vollendung bringen könne. Die Einleitung
zu dieser Lieferung enthält eine Liste von Addenda und Emendanda
zum ersten Band. M j de Goeje.
Barth, Völlers1 Gedichte des Mutalammis. 217
Die Gedichte des Mutalammis, arabisch und deutsch.
Bearbeitet von K. Völlers. Leipzig 1903. J. C. Hinrichs'sche
Buchhandlung. 83 S. 8°. (S.-A. aus „Beiträge zur Assyrio-
logie und semit. Sprachwissenschaft" , herausg. von Friedr.
Delitzsch und P. Haupt, Band V.)
Mutalammis , dessen Gedichte Völlers mit einer Einleitung,
Übersetzung und sehr umsichtig aus der arabischen Litteratur ge-
sammeltem Anmerkungsmaterial herausgegeben hat, ist durch die
blutige That des 'Amr b. Hind (nach Nöldeke 554—68 oder 69)
gegen Tarafa, dessen Genosse unser Dichter gewesen und gegen den
sich ebenfalls die Verfolgung des Königs richtete , zeitlich fixiert.
Väterlicherseits gehörte er zu demjenigen Teil der B. Dubei'a aus
den Rebl'a- Stämmen, welche den Beinamen Adgam trugen und unter
diesen wieder zu den KiiJ ^\ (Dfw. I, 4; VII, 71)), deren Stamm-
baum auf Wahb b. Gulajj b. 'Ahmas zurückgeführt wird.'2) Als
Clan des Dichters nennt der Recensent des Diwans die B. Kiläba;3)
aus der betreffenden Stelle (VI, 17 b) geht nur hervor, dass es der
seines Neffen (durch seine Schwester) Tarafa war. Er hält sich
aber nicht unter seinem väterlichen Stamm auf,4) von dem er immer
mit hoher Achtung spricht, weilt vielmehr unter den Bekr b. Wä'il
(Gedicht I. IV. XII, gewiss auch VII), nach 'Atram speciell unter
den B. Jaskur, die er als seine AL:>I bezeichnet.6) Der Über-
lieferer des Diwans nimmt daher an, dass seine Mutter, die nach
den Gedichten einem anderen Stamm als den Dubei'a zugehörte
(I, 4; VII, 8), eine Jaskuritin war; Völlers schliesst sich ihm an.
Aber der Inhalt von Gedicht I scheint mir mit dieser Annahme
nicht vereinbar (s. unten zu Gedicht I), die wohl erst aus der Be-
zeichnung ,M»„>.| erschlossen ist. Richtig scheint vielmehr die An-
gäbe Ibn al-Sikklt's,11) dass seine Mutter zu den B. Därim, speciell
dem Clan Salmä, gehörte (Nr. XXXIX). Aber der Dichter hielt
sich auch bei ihnen nicht auf, sondern bei Bekriten , den Jaskur,
die er als angenommene Oheime AL;>t nennt.7) Diese verhöhnten
ihn wegen seiner Mutter und ihres Stammes8) (I, 1; XXXIX I; er
2) Agh. 21, 187, 5f.
3) Einleitung zu Gedicht VI.
4) Auch nicht dann, als er sie in Gedicht XIII zum Widerstand gegen einen
Feind auffordert; s. Vs. 1 a.
5) Siehe I. 9; VII, 8, wo freilich die Jaskur nicht genannt sind.
6) Von Völlers zu Fragment XXXIX beigebracht und treffend mit
Fragment XXXIII verglichen.
7) Für den Sprachgebrauch siehe zu Gedicht I.
8) Mit seiner Nichtzugehörigkeit zu den Bekr fiele auch die von Nöldeke
218 Anzeigen.
aber rühmt sich ihrer mit edelra Stolze (I, 2). Er klagt wiederholt
über ungastliche, höhnende Behandlung bei ihnen (I. IV, 18), und
nur einmal, wo er endlich sich von ihnen trennen will, lobt er un-
gastliches Benehmen (VII, 8). Auch mit ihrem Verhalten Feinden
gegenüber ist er unzufrieden ; wiederholt fordert er sie auf, mehr
kriegerische Energie zu beweisen und sich an Beispielen der Ver-
gangenheit ein Muster zu nehmen (IV. XII). Die Ermahnung zu
kriegerischem Widerstand gegen Feinde widmet er einmal auch
den väterlichen Verwandten, den B. Dubei'a, die ihre den HanTfa
gegebene Bürgschaft einlösen sollen (XIII). Leider gestattet der ver-
bliebene Teil der Gedichte keinen klareren Einblick in die Motive
und das genauere Verhältnis dieser Stammeskämpfe.
Bekannt geworden ist unser Dichter besonders auch durch den
Vorgang mit dem heimtückischen Brief des 'Amr b. Hind , dem
Tarafa, des Mutalammis Genosse und Neffe, zum Opfer fiel. Be-
stätigt wird diese KäA^-Geschichte durch II, 2b; die genauere Art
der Tötung Tarafa's erfahren wir aber nicht. Der Angabe in der
prosaischen Erzählung von Cod. BM (S. 45), dass ihm die Pulsadern
aufgeschnitten seien , widerspricht X , 2 , wonach seine Rippen mit
dem Wurfspiess durchbohrt wurden. Nach dieser blutigen That
gegen Tarafa (xslj'id VI. 10) zieht Mutalammis, um sich vor 'Amr's
Drohungen zu retten, der ihm den Eingang in den 'Iräq verschworen
hat , nach Syrien , schleudert zornige Gedichte gegen 'Amr und
reizt die B. Kiläba zur Blutrache für ihren hingemordeten Stammes-
bruder auf (VI, 12 — 18). — Sonst ist nur noch ein Lobgedicht auf
den Jemeniten Keis b. Ma'dlkarib hervorzuheben (XIV).
Die Ausgabe Völlers' beruht auf der Handschrift von Kairo,
die sich (in der Überschrift) als Recension des 'Atram und 'Abu
'Obeida im Namen 'Asma'i's bezeichnet1), und einer Kollation des
Cod. des Brit. Mus/s (BM), die Völlers der Liebenswürdigkeit Bevan's
verdankte; einiges, wie Gedicht XV. XVII, fehlt in BM. Neben
Citaten aus Thorbecke's Nachlass kamen noch solche aus den un-
erschöpflichen Schätzen Geyer's hinzu. Sehr fleissige Umschau nach
Citaten und Parallelen hat Völlers selbst jahrelang gehalten.
Die Gedichte sind zumeist in recht unvollständigem Zustande
überliefert und das Verständnis des Zusammenhangs oft sehr schwierig.
Es ist mit besonderem Dank anzuerkennen , dass Völlers trotzdem
eine Übersetzung beigegeben und oft in schwierigen Fällen treffende
Auskunft gegeben hat. Unter dankbarer Anerkennung des von
ihm Gebotenen möchte ich im folgenden nach der Reihenfolge
ZA. XVII, 404 mit anderer Folgerung hervorgehobene Schwierigkeit weg, dass
das j£-*^ ^y^r ^^' ^ n'cht passe, wenn er selbst Bekrit wäre.
1) Der Scholiast verweist einmal auf sein -,S>LäjJ *»»jLXj (zu XIII, 6).
Barth, Völlers'1 Gedichte des Mutalammis. 219
der Gedichte einiges zum Text und zum Verständnis der Gedichte
anfügen.
Das Gedicht I hat die Verwandtschaftverhältnisse des Dichters
zum Gegenstand. Sein Inhalt ist mit den genealogischen Angaben
der prosaischen Einleitung dazu (S. 18 = 166) schwerlich in Ein-
klang zu bringen. Nach diesen wäre er väterlicherseits von den
B. Dubei'a, mütterlicherseits von den B. Jaskur, bei denen er
sich auch aufhielt, abgestammt. Aber in dem Gedicht klagt er,
dass man ihn wegen seiner Mutter schmäht (Vs. 1) und nennt als
Schmähenden den Härit (nach der prosaischen Einleitung Härit b.
al-Tau'am dl- Jaskur i), der doch zu dem Stamm seiner Mutter ge-
hören würde. Auch in Vs. 9 heisst es, dass seine mütterlichen
Oheime (3l«3»h ihn heruntersetzen wollen, er aber seine Mutter
nicht verlassen (10) und kein Anhängsel des Stammes der Spotten-
den werden wolle (15). Es ist nicht glaubhaft, dass die B. Jaskur,
wenn seine Mutter wirklich zu ihnen gehört hätte, ihn gerade
wegen dieser Mutter geschmäht hätten, und Vs. 15 bliebe zudem
ohne Sinn. Diese Momente bekräftigen vielmehr die andere Über-
lieferung,1) nach welcher der Dichter mütterlicherseits zu den 1>.
Salmä von den B. Dar im gehörte und sich nur freiwillig und
fälschlich an die B. Jaskur angeschlossen hatte,"2) die dann ihm
gegenüber seine därimitische Mutter schmähten ; vgl. das x*\ s.ac.
(so lies für »,ac») in der Prosa zu Fragment XXXIX, welches genau
dem ALs>, -xi _5-aäj in Gedicht I, Vs. 1 entspricht. Die B.
u J (-5, i_5V; •
Jaskur nennt er dann, weil er sich an sie angeschlossen hat,
\\*s>\ ;3) nachdem sie ihn aber wegen seiner Mutter verspottet
haben (1, 9) und ihn nur als Anhängsel (ajÜ; Vs. 15 = £>yjt
a. a. 0.) betrachten , erklärt er , von seiner Mutter sich nicht los-
zusagen und beruft sich daneben auf seine väterliche Abstammung von
den B. Buhta (von Dubei'a), bei denen er verharre,4) „wo immer er
1) Fragment XXXIX aus Islal.iu-1-Mantiq. Vgl. Völlers in der Einleitung
S :;, Anna. ***, der noch auf Fragment XXXIII verweist.
2) Vgl. die prosaische Erklärung aus Islähu-1-Mantiq. zu Gedicht XXXIX,
> -
in welcher der Jaskurite al-Härit vom Dichter sagt: LLaS (so lies) Sd^Xa *$> .
Das _bfcix wird mit J»xr>J, £j erklärt.
3) So wird Agh. XIV, 94, 28 = XVI, 22, 30 der A dop ti v erzieher der
Mutter Lebld's der ^L> LebTd's genannt.
4) Vs. 4 übersetze: „Glaubst Du, dass ich mich von den B. Buhta trenne."
220 Anzeigen.
auch sei" (4 b, d. h. wie jetzt unter den B. Jaskur) ; vgl. VII, 7. —
Vs. 18 ist zu fassen: „Wenn der Strick . . . fortwährend gedreht
wird, so reisst er notwendig".
Gedicht II, Vs. 3b meint: „Derer, die man kennt und die
man nicht kennt". — Vs. 4b: „'Urqüb ist ein Beispiel für ihn". —
S. 25. In dem Vs. 2b des Tarafa übersetze: „nicht Hess ich die
Sonne und den Mond sie hüten", d. h. sie ohne Hirten sein. —
S. 26, Z. 13. Ob cUxb durch )LxJu^iA erklärt sein könnte, ist zu
bezweifeln; es wird cLLo, als dialektisches Wort für „Teich", ein-
zusetzen sein.1) — S. 27, Z. 15. Lies ^^ L« „was uns lieb
ist". — S. 28, 2. Lies JJU als Prädikat von U, das = ^^J ist.
In Gedicht III, 1 entspricht dem Zusammenhang äs! »^jütM
wie IQut. und Jäqüt haben , oder ein Synonym davon. Nöldeke
hält freilich für möglich, dass es eine erleichternde Verbesserung für
das dunkle »,Xi\ sei.
Gedicht IV hat zu seinem Kerne (Vs. 6 — 12. 15 — 17) des
Dichters Vertreibung aus 'Iräq durch 'Amr und auf Veranlassung
von Qäbüs (12). — Vor Vs. 6 würde Vs. 20—22 gut als Naslb
passen, weil das isolierte Uj von Vs. 6 durch ä^Ls ^ Vs. 20 seine
Beziehung fände; siehe die Nachträge S. 83. — Wie weit der
andere Teil des Gedichtes mit diesem zusammenhängt, ist nicht
mehr sicher zu ersehen. Jener wendet sich gegen die B. Bekr,
d. h. die Jaskur, denen der Dichter vorwirft, Unrecht feige zu
dulden (1 — 5)'2), gegen ihn selbst als Gast unfreundlich zu sein
(18 — 19).3) „Wären die Unterstämme der Dubei'a4) zur Stelle, so
würden sie sich mutiger benehmen" (13 — 14). Die beiden Teile des
Gedichtes können zusammengehören, falls die B. Jaskur dem Dichter
gerade bei Gelegenheit des Konfliktes mit 'Amr b. Hind den Beistand
verweigert haben (vgl. die letzten Worte der Erzählung in Cod.
BM hinter Gedicht IX , S. 45). — Vs. 5. Lies \^, wie XII. 5,
wegen der gleichen Richtung beider Gedichtsteile. — Vs. 8. Da
man | Li ,v*-ö, nicht LJa5> \j*-*ä konstruiert, so ist (gegen Hibatulläh)
gemeint: „als wäre er ein Feuer, das mit der Hand (vom Brand)
1) Völlers stimmt mir brieflich bei mit dem treffenden Hinweis auf cxÄ*o-
.Holz zum Stauen des Wassers" [vgl. Tab. II, 1521, 15].
2) Wie in Gedicht XII, das wohl derselben Lage angehört.
3) Vgl. Gedicht I, 1 ff. 0 s _ _,
4) Die Wahb Vs. 13 sind die (j*-*-5>i qJ ^i> qJ w*>V .
Barth, Völlers'1 Gedichte des Mutalammis. 221
entnommen ist". — Vs. 9 Druckfehler für .«jSÜj — Vs. 12 b:
.und so lange Du am Leben bleibst11. — 18 b. Für , w».,*o^ lies
, >*..>*3? „ein elender (ärmlicher) Teil" ; vgl. Tab. II, 606, 16. —
Vs. 19 meint: „Wenn ich für meinen Stamm Eure 'Adl [einen
Unterstamm der Jaskur, Wüstenfeld, Tab. C 16] eintauschen würde,
so wäre ich schwachsinnig".
Gedicht V soll sich nach Agh. 21, 187, 23 auf einen feind-
seligen Angriff der B. Duhl b. Ta'laba b. 'Uqäba auf die Dubei'a,
mit denen sie früher verbündet gewesen seien, beziehen. Aus dem
Gedicht selbst ist jetzt nur zu entnehmen , dass es sich um einen
Angriff eines Feindes handelt, gegen den- der Dichter seinen Stamm
zur Gegenwehr anfeuert (1 — 5). Die Lage ist ähnlich oder gleich
der in Gedicht IV: Wenn auch die Hubeib, d. h. Jaskur (V. 13)
nachlässig sind , so werden die B. Dubei'a (Gulajj , 'Ahmas , Nadir
[b. Buhta, s. Agh. 21,188, 15] nicht schwächlich zurückstehen.
Vgl. V, 13. 12 mit IV, 13. 14. Einiges fehlt jetzt. Der Gedanken-
gang von Vs. 9 ab ist etwa dieser : (9) Im Thale von al-'Ird summen
die vielen Fliegen (sind viele Feinde geschaart). Der Dichter
erwartet zunächst von den Hubeib (Jaskur) Hilfe (13); ob die B.
Qurrän (V. 11) ein Zweig von ihnen sind, ist unklar, wie auch
Vs. IIb des Nachsatzes entbehrt.1) Wenn aber die Hubeib nicht
helfen, so sind die Stämme der Dubei'a, die Nadir, Gulajj, 'Ahmas,
dem Dichter ein Schild gegen die Feinde (11). Der Vs. 12
dürfte hinter 13 gehören,-) so dass „die Schaar, die nicht
sitzen bleibt" (13 b), eben die Nadir u. s. w. (12), die väterlichen
Verwandtenstämme des Dichters, sind. — Vs. 1 lies ^ilc\ wegen
der Maskuline in Vs. 2. — Vs. 3 giebt y^lü! keinen passenden
Gegensatz zu -,=^Ji ; es wird mit Harn. 323 , der auch Bückert
(Völlers' Anm. 3) gefolgt ist, (j*lJi zu lesen sein ; der Vers in der
Überlieferung des Diwans bedeutet dann: „Tapferkeit ist nur
das, was die Leute sehen und (als Heldenthaten) weiter erzählen,
Schwäche aber ist . . .". — Vs. 7 : „indem es mit Steinplatten
verblendet und mit Gyps beworfen wurde".
Gedicht VI ist geschichtlich ganz deutlich. Mutalammis schmäht
den Amr b. Hind wegen seiner That an Tarafa (10 — 15) und reizt
1) Falls nicht, was sehr möglich, mit Harn. 324 Vs. 10 hinter 11 gehört
und mit seinem .^Ls nochmals dasselbe Wort von IIb aufnimmt.
2) Ham. 324 folgt er wirklich hinter 13, aber Vs. 11. 1(» stehen noch
dazwischen.
222 Anzeigen.
die B. Kiläba zur Blutrache dafür auf (16 — 18), indem er, vom
'Iräq ausgeschlossen , sich nach Syrien wendet (1 — 9). Gegen den
Naslb ist m. E. nichts einzuwenden. — Vs. 2b: „wenn nur die
lange Liebe (Dir) etwas nützen könnte" ; vgl. das bekannte JJ^ La
IlX£ y5sJLc. — 3b: „wenn aber ihre Liebe mich fernhält" (imperfek-
tisch wegen \j\). — 7. Lies |ÖL, weil es ein wiederholter, gewohn-
heitsmässiger Zustand ist. — IIb. „Und ich glaube, dass Du es
zum dritten Male mit 'Aswad thust", d. h. auch diesen aufgreifst.
- 18. Lies l^Jlxa! ^JOLc jJjtJli (vgl. das ^Xs^O des BM und
Agh.) „und den Knecht bei Euch tötet für Euren Bruder". Es
ist Der, welcher den Tarafa getötet hat. — 17 scheint die von
Völlers S. 69 * übersetzte Lesart des BM, Agh. die bessere zu sein.
In Gedicht VIT will der Dichter von den $ys>\, d. h. den
B. Jaskur, hinweg, deren Gastlichkeit er hier einmal anerkennt (8 a),
zu den B. Dubei'a, seinen eigentlichen Verwandten ( xjJs _.*JJi
7. 8 b), heimkehren ; denn man hört bei den Jaskur nicht auf seine
Aufforderungen (5. 6). Hierzu vgl. oben zu Gedicht IV. V. — Vs. 1.
Lies ]j>\ jc5 „welchen von meinen beiden Verwandten (in 1 a)
soll ich folgen"? — In 4b ist wegen des femininen c^ob^ ein
Plural nötig; entweder (Cj3- «die öden Stätten der 'Auf" oder
^c^> „die Thäler", was Nöldeke (brieflich) bevorzugt. Die Ent-
scheidung zwischen beiden liegt in dem dunklen «.JLLj. Auch dessen
etwaige Fassung nach IoUj *JLb = Jo^ä (Lane nach al-Sagänl):
„ehemals zog man vielfach GcILi') zu den öden Stätten (Thälern)
der 'Auf" genügte nicht recht. — 10 b. Für das unbefriedigende
y*j_b |j£.-c> ^ vermute ich (j*»J=- „m einem Heer tapferer,
hineinstürmender (Krieger)"; der Dichter gebraucht auch in
Fragment XXX ^«..^Ui L^j! u5ü JJ Jö ^ das Verb in der Be-
deutung, die Gauh. dafür anführt: g^Ci *L_«j ^S ^5 jd! i^_cr .11 (wy>bH ;
Asma'i daselbst: JydJb v )"^Lb ^\ i_^\ys- u*U^ *Jf- Dies passt
Barth, Völlers' Gedichte cles Mutalammis. 223
auch hier vortrefflich, und graphisch ist es leicht verständlich, dass
eine senkrechte Falte im Papier für den senkrechten Strich des _b
gehalten worden ist.
Gedicht VIII ist ein Fragment, das den ursprünglichen Zweck
nicht mehr erkennen lässt. — Vs. 2 b. ^gj v3*>» »und sie zur
Eile antreibt" ; \^j steht ungewöhnlich für den Accusativ. — Vs. 5
ist der Nominativ (_>£_£. des ISikkit (Völlers, Anm.) als Prädikat
und Gegensatz zu jL&L&j richtiger.
Gedicht XI, 2. Lies ^aasäs. — In Vs. 4 ist der Umschlag
in die dritte Person und die freundliche Stimmung gegen den Sohn
im Gegensatz zu 3b zu unvermittelt; es fehlt wohl etwas vorher.
In Gedicht XII sucht der Dichter, wie in IV, die Bekr (Jaskur)
aus feiger Zurückhaltung aufzurütteln. Die Vergleichung von XII, 1
mit IV, 1 , der Hinweis auf das gleiche Ereignis in XTT , 6. 7 wie
IV, 4. 5 in der nämlichen Tendenz berechtigt dazu . die gleiche
Lage wie bei IV zu vermuten ; siehe zu Gedicht IV. — Im Schob
o -
zu XII, 1 lies s^aaij: er erkennt die Erniedrigung, d. h. „er erträgt"
sie. — Vs. 8: „In den Ländern draussen ist, wenn man (hier)
Feindseligkeit fürchtet, ein Ort, wo man von Denen fern ist, die
Böses besorgen".
Gedicht XIII fordert er einmal die B. Dubei'a aus der Ferne
(1 a) zur Gegenwehr gegen Feinde und Einhalten der Bürgschaften
, s
für die B. Hanifa (5) auf. — Vs. 3 lies ^?^ys|: „besser als die
Leute , die sich ihrem Führer widersetzen — schämt Euch , mein
Stamm! — sind herumsitzende "Weiber". — Vs. 5 würde ich ^fcäj!
lesen (vgl. Afcäj in BM) : „Soll er (der Verleumder, 4 b) sagen, sie
haben den Hanifa ihr Recht nach der Verbürgung verwehrt , oder
(soller sagen,)1) sie haben (diese) vergessen?" — Vs. 6a ist, wenn
nichts ausgefallen ist, LJljtS* *J zu lesen; vgl. Vs. 2. 3. „Wissl
ihr nicht, dass Baihas . . ?"
Gedicht XIV, Vs. 1. Statt jjjj*) (oLuLiJi ^Lo) hätte
1) Hinter *! ist J«Äj aus a zu subintelligieren, weil +\ . . . \ — hieran
erinnerte mich Prof. Nöldeke — sich entsprechen muss.
2) Es ist jj^xX-j zu vokalisieren: „wenn die Bande angeknüpft (eig. ver-
mocht i werden" und zu vergl. mit Ibn Qeis al-Ruqejj. LVIII, '-> : (Ich empfehle
224 Anzeigen.
man ein Wort wie „schwach werden" erwartet; vgl. Zuh. 9 , 3 :
Uli- lltfj L^x jL.il gi3*>i sowie den ^ers Tab. II, 1781, 3. -
of G -
Vs. 2 lies sLob mit BM. — Vs. 7 ist das überlieferte _ i Us
gewiss unrichtig; denn wie sollte es ein Lob des ^J^a sein, dass
er beim Kommen eines Gastes (davon ist in a die Rede) nicht
„übermütig" (Völlers, Anm. z. St.) sei? Man lese daher j ^Ls
(den Gegensatz zu s; vgl. auch Beid. II. ,\1, 1): „Keis ist nicht
betrübt, ärgerlich, und nicht mürrisch (über meinen Besuch)".
Als Gegensatz dazu vgl. z. B. den Vers Tahdlb aö, 5 : „Wenn er
mich (als Gast) kommen sieht, wird er ärgerlich (Li^S), geht unter
seinen Tieren herum und ruft sie zu sich heran". — Vs. 8. Lies
ctjö ^s.=>-j: er nahm mich „mit Weite des Arms", d. h. mit weitem
Arm auf; vgl. s-aoJLj LÜjLij Tab. I, 951, 1. Das xjU*^ x/to,! ^
ist wohl von diesem ^j^j abhängig, obgleich .y* etwas hart ist:
„mit einer Weite des Arms (so gross), wie sein Land und sein
Himmel". — 10b. Besser y^x^r. mit BM.
Gedicht XV. Das Drohgedicht gegen 'Amr, im Namen eines
Stammes gesprochen , wird , wie Völlers nachweist , in einzelnen
seiner Teile auch auf andere Dichter zurückgeführt, fehlt in BM,
ist also zweifelhaften Ursprungs. — Vs. 3. o^jju cLo sind wohl
Orte (vgl. Völlers, Anm.) ; zu der Übersetzung „ an Spielplätzen" u. s. w.
würde das ys kaum passen. — Vs. 7 lies oL>JdS». — ^ilxJU,
i^ÄPJi „und der eingeholte Gefangene" (kollektiv); s. Schol., d. h.
obgleich wir solche verloren haben, besitzen wir doch noch (8)
Rosse u. s. w. — ■ Vs. 12 übersetze: „und eine ausgedehnte Lager-
stätte, an deren Seiten die Fahnen wehen".
Gedicht XVI, 2 (Fragment) lies mit der Hs. jj : „Es schützen
meinen 2 Söhnen) l+^L^1, xJLa5=» ,^111 Li*. .yC L-*3j (J^H (J1-^ iM 9*-«
Nur erwartete man vor unserem Vs. 2 eher „wenn die Bande schwach",
als „wenn sie angeknüpft werden".
Barth, Völlers Gedichte des Mutalammis. 225
sie (die Schaar 1 b) , dass sie nicht zurückgetrieben werde . aus
Stammeseifer die Reiter u. s. w."
Gedicht XVII. An den Hauptteil 1 — 8 schliessen sich fragmen-
tarische unerklärliche Elemente an (9 — 12). Vs. 12 wird bedeuten:
„Da fürchtete er sich; sie hatte aber in seinem Herzen die Stelle eines
Gewaltigen eingenommen, den die Lage an die Spitze gestellt hat*.
Gedicht XX b vokalisiere <*jjj.
Gedicht XXXI übersetze: „0 Tadler der Armut, wirst Du
nicht einhalten ? Der Fehler des Reichtums ist grösser, wenn Du es
bedenkst. Die Erhabenheit und der Vorzug der Armut vor dem
Reichtum ist — wenn Du richtig schaust — dass man sich Gott
widersetzt, um Reichtum zu erlangen, aber nicht, um arm zu werden'".
Gedicht XXXIV. Ein kurzer, sehr scharfer Riga gegen 'Amr b.
Hind. der zu des Dichters Lage gut passt. In Vs. 1 ; jj^ ,vj . .+*.. "iJi
v^aä/i ,ac passen die zwei letzten Worte weder als £a>o („der nie
errötet", Völlers), weil i^JwOa -ÄiJi oder 'xi\ .±.b. nötig wäre.
noch als V.> zu dem Dual "$3. Es ist Vokativ: „(Sprecht
zu 'Amr:) Du Schamloser!" Dass das Li davor fehlt, aber im
nächsten Glied steht, darf man der • ,J| ä,»_/to zu Gute halten. —
3a: „so wärest Du ein solcher mit Streifen".
Gedicht XXXVI a. „Wer einen Arm hat, erlangt das ihm ge-
waltsam Entrissene wieder".
Gedicht XXXIX. Vgl. über diese gute Überlieferung oben
zu Gedicht I.
Es ist im Obigen zumeist nur das Abweichende in Bezug auf
die handschriftliche Überlieferung oder die Auffassung der dichte-
rischen Stellen zur Sprache gekommen. Das viele Treffliche . das
Völlers in der Übersetzung für das Verständnis der oft recht dunkeln,
unvollkommen überlieferten Gedichte, wie durch seine reiche Um-
schau nach Parallelen und Citaten in der arabischen Litteratur. von
der die Anmerkungen beredtes Zeugnis ablegen, geboten hat, konnte
hierbei nicht erwähnt werden. Dies sei zum Schluss ausdrücklich
mit gebührendem Danke für die wertvolle Gabe hervorgehoben.
J. Barth.
LVIII.
226 Anzeigen.
Die Lieder eines ägyptischen Bauern. Gesammelt
und übersetzt von Heinrieh Schäfer. Leipzig, J. C. Hinrichs,
1903, 8°, XV, 149 S.
Die 134 Lieder dieser Sammlung wurden vom Herausgeber
im Winter 1900/1 während der Ausgrabungen bei Abu Sir1) nieder-
geschrieben. Seine Gewährsmänner sind ein schwarzer Bursche,
dessen Familie aber schon lange in Ägypten ansässig war, und der
Wächter bei den Ausgrabungen, Mahmud el-'Itr ('Etr), nach dessen
Diktat alle Lieder, auch die des Südäni, aufgezeichnet wurden.
Beide stammten aus dem benachbarten Saqqära (Saqqära)2). Der
Herausgeber gesteht , ohne arabistische Vorbildung zu sein , er hat
daher sein Buch auch nicht für gelehrte Zwecke bestimmt, sondern
für gebildete Nilfahrer, die mit Hilfe dieser Lieder in die neu-
ägyptische Volksseele eindringen wollen. Indessen bat Prof. Dr.
A. Fischer die Übersetzung (und damit natürlich zugleich auch
die Texte) von Schäfer durchgesehen, und wer die zahlreichen
Klippen, die bei einer solchen Arbeit aufzutauchen pflegen, kennt,
wird mit mir vermuten, dass wir es hauptsächlich dieser Mitarbeit
zu danken haben, wenn das Buch in einer auch die Arabisten be-
friedigenden Form der Öffentlichkeit übergeben werden konnte. In
jedem Falle aber gebührt Schäfer unsere Anerkennung für den
Fleiss, mit dem er, der Ägyptologe , sich in das Vulgärarabische
Ägyptens eingearbeitet und die Sammlung der vorliegenden Lieder
sich hat angelegen sein lassen.
Inhaltlich zerfallen diese Lieder in mehrere Gruppen. 1 — 13
gehören der sogenannten Ma<^"Ä-Litteratur an, d. h. das Lob Gottes,
des Propheten und der lieben Heiligen wird hier gesungen. 14 — 23
beziehen sich meist auf das Familienleben und verschiedene kleine
Anlässe. Hierbei kann man 16 — 19 als Regenlieder ausscheiden.
Die Stücke 28 — 38 beziehen sich auf Freud und Leid der zwar
schweren , aber im Vergleich mit der alten Frone (s j<uJ|) doch
so vorteilhaften Ausgrabungsarbeiten. 39 — 62 enthalten Varia, der
Schluss 63 — 134 behandelt die Erotik in mannigfacher Färbung.
Von den Stoffen , die wir in Bauernliedern erwarten dürfen , fehlt
also nur das paränetisch - asketische Element (j^pJ! Joe Ji) > das
man in den Städten vorzugsweise aus dem Munde blinder Bettler
vernimmt; andererseits sind von den Lascivitäten der populären
Erotik, die hier nach dem Satze „Naturalia non sunt turpia" be-
urteilt werden müssen , einige Auswüchse als für die Sammlung
nicht geeignet ausgeschieden worden.
1) BusTr gegenüber dem altberiihmten Heluän , nicht aus dem südlicher
gelegenen Büslr, nach dem der Dichter der Burda und der Hamzlja seine Suhra
erhalten hat.
2) Zur Namensform vgl. diese Zeitschr. 41, 381 (unten).
Völlers, Schäfers Lieder eines ägyptischen Bauern. 227
Auf die musikalische Seite der Sache ist der Herausgeber
nicht eingegangen und ich bedauere , diese Lücke nicht ergänzen
zu können. Aber auch die andere Frage , ob und wie weit hier
eine gebundene Sprachform vorliegt, ist von ihm nicht be-
rührt worden. Hier möchte ich einige meiner Beobachtungen mit-
teilen; auch für den Text der Lieder ist diese Frage keineswegs
nebensächlich. Da es sich hier um echt volkstümliche Erzeug-
nisse handelt , verlasse ich mich vor allem auf mein durch lange
Übung erworbenes Sprachgefühl. Beziehungen auf die Formen,
Regeln und Licenzen der Metrik der alten Kunstpoesie und ihrer
Ausläufer vermeide ich , selbst da , wo Berührungen nahezuliegen
scheinen. Wer imstande ist Erzeugnisse dieser Art unbefangen zu
prüfen, wird bald erkennen, dass diese Poesie so gut wie die echte
Volkssprache ihre eigenen Wege geht. Sehr häufig ist die einfache
Form der Wiederholung eines Fusses. So finde ich in Lied 1
Frrilatun Fä'ilätun, ebenso in 4. 13. 57; ferner Mustaf'ilun
Mustaf'ilun in 2. 6. 25. 33, seltener drei Mustaf'ilun , das Ilegez,
in 83; weiterhin Mustaf'ilätun Mustaf'ilätun in 3. 16. 26. 29.
31. 54. Diesen Formen stelle ich die rhythmisch gemischten Reihen
gegenüber. So glaube ich Mustaf'ilun Fa'ülun (Maf'ülun, Fä'ilun)
in 9. 12. 15. 17. 18. 53. 58. 80. 81. 111 zu finden; oder Fä'ilätun
Mustaf'ilätun in 30. 73. 111; oder Mustaf'ilätun Fä'ilätun in
28; oder Mustaf'ilun Mustaf'ilun Fa'ülun in 47. 72. 120; oder
Mustaf'ilun Mustaf'ilätun in 79, vgl. 111. 112; oder Mustaf'ilun
Fa'ü in 21. 80; oder Mustaf'ilätun Mutafä'ilätun in 10. Die
aus der metrischen Lesung sich ergebenden Abweichungen von
Schäfers Text werde ich unten bei der Besprechung des Textes
und der Übersetzung namhaft machen.
Mit Recht hat Schäfer darauf hingewiesen (S. XII) , dass wir
bei einigen Liedern eine weitere Verbreitung annehmen dürfen.
Kehren doch sogar gewisse Stücke in verwandter Form in Dalmans
Palästinischem Diwan wieder (Nr. 9. 10. 17. 76, vgl. Nr. 120 mit
Dalman S. 216 f.). Anders wird es mit der Gruppe der Aus-
grabungslieder stehen; sie dürften alle oder zum grössten Teil
lokale Improvisationen sein. Auf andere Stücke wird durch Parallel-
texte einiges Licht geworfen. So ist eins der Regenlieder, Nr. 18,
trotz aller Verschiedenheit im ganzen dasselbe Lied, welches Gold-
ziher um 1873 in Kairo hörte (Zeitschr. 33 , 612). In derselben
Sammlung von Goldziher finden wir (S. 627 f.) ein Stück, in dem
zwei bei Schäfer getrennte Lieder (Nr. 62 Totenklage, und Nr. 21
Schlechte Andacht) durch ein drittes bei Schäfer fehlendes Stink
verbunden werden. Hier wie in dem obigen Fall wird teils durch
<li< Varianten, teils durch die neue Anordnung die Frage nach
dem Znsammenhange und der Tendenz der Lieder eher erschwert
als der Lösung näher gebracht. Wir können nur hoffen, von neuen
Aufzeichnungen oder von weiterer Erschliessung der Volkslitteratur
befriedigende Auskunft zu erhalten. Die zwei Zeilen von Nr. 73
228 Anzeigen.
sind nur der Anfang eines Liedes, das ich mir im Jahre 1890 in
l'suan aus dem Munde eines blinden Matrosen in folgender Form
aufzeichnete :
[habbetak hälis)1)
iom mä suftaJc habbttalc hdlis
wesä'et Iah biluidd el-hdlis
1:1 Jn (kachi)2) el-'azül [wafa]3) lansi mar am
welä habibi mä jinsäni.
* *
güd bilwisdl iabn el-haldl
•uh'ni habibi asl el-gardm
habb-el-gamil wü-ward wdhid
itnen biliv:>) suhbä savöd.
„Am Tage, als ich dich erblickte, habe ich dich aufrichtig
lieb gewonnen und habe mich um dich mit lauterer Zuneigung
bemüht. Den Tadler haben wir überlistet, (aber) das Verlangen
will ich nicht neu aufkommen lassen und auch mein Geliebter wird
mich nicht vergessen Gewähre doch die Vereinigung, du
Trefflicher, denn die Augen meines Geliebten sind die wahre Quelle
meines Liebeskummers. Habb-el-gamTl und die Rose sind eins in
ihm, und bilden zusammen eine enge Vereinigung".
Der Ausdruck habb-el-gamil scheint hier, wie der synonyme
Ausdruck habb-el-'aziz, cyperus esculentus, eine Blume oder Pflanze
zu bedeuten , die in ihrer Art typisch wie die Rose ist. Nehmen
wir an, dass es, wie habb-el-'aziz. eine wohlschmeckende Frucht
war, so sagt der Schluss des Liedes, dass alle Vorzüge, der edelste
Wohlgeschmack und der feinste Duft, in diesem Geliebten vereinigt
sind. In einem andern von mir aufgezeichneten Liede ist habb-el-
gamil geradezu der Name oder doch die symbolische Bezeichnung
der geliebten Person.
Getäuschte Hoffnung.
Habb-el-gamil fir-Regpb we-tül es-Halabdn
falabte ininnu_wisdl, [galli]: fi dhlr er-Ramddn!
1) Ich betrachte diese Worte nur als einen Versuch des Rhapsoden, einen
*.i.-2/« zu gewinnen.
2) Doppelformen dieser Art sind nicht selten. Zum Ausdrucke vergleiche
Schäfer 80, 2.
3) Metrisch entbehrliche Worte bezeichne ich mit eckigen Klammern;
metrisch erforderliche Zusätze mit •( } .
4) Ich bediene mich der Sterne, um den in den Volksliedern so häufigen
schroffen Übergang, hier von der ruhigen Ergebenheit in die nouaufflammende
Leidenschaft, anzudeuten.
5) Kompromiss zwischen hihi und hu (Luh).
Völlers, Schäfers Lieder eines ägyptischen Bauern. 229
subhit1) el-'id: kulljä-'dm bil-heirl
sabb lo'jun ed-dawäbil we-'amal ez-za'länl
, Schon im Monat Eegeb und den ganzen Sa'bän hindurch bat
ich Habb-el-gamTl um eine Vereinigung. Sie sagte mir: Ja, wenn
der Ramadan zu Ende ist! Am Morgen des ersten "Festtages
wünschte sie mir ein gesegnetes Neujahr, vergoss Thränen aus
den matten Augen und spielte die Traurige (oder: die Ver-
stimmte)!"
Bisweilen legen rhythmische Gründe uns nahe, an der Voll-
ständigkeit des Stückes zu zweifeln. So möchte ich glauben, dass
der Anfang von 20 fehlt, ferner dass in -s7 zwischen Z. 2 und 3
eine Lücke ist. Aber man vergesse nicht, dass wir mit der philo-
logischen und poetischen Bearbeitung dieser Litteratur noch in
den Anfängen stehen und daher allen Grund haben . vorsichtig zu
urteilen.
Die Sprache ist fast durchweg vulgär. Dass einige Aus-
drücke im gewöhnlichen Leben anders lauten würden als hier im
Liede, ändert an dem Grundcharakter der Sprache nichts. Die
seltenen Fälle, wo die Schriftsprache vorzuliegen scheint, haben
alle wie das oben angeführte biliu etwas Fetzenhaftes , wie 69, s
häza-l-Me oder 17, l, wo 'Abdulle nur dem folgenden ulle zu
Liebe gewählt ist. Der Vokalismus weist Erscheinungen auf, die
ich nicht philologisch verwerten würde , ohne die Formen an Ort
und Stelle gehört zu haben, z. B. 3, 2 guhannim (vielleicht nubisch-
dongolanische Aussprache); 4, o gcibäli; 41,2 labbdsü; 9b,t;Jehau-
wan; 33,2 und 35, i mi'äd; 93,6 alagga/m. In 25,2 ist die Um-
schrift von reiskum schwerlich treue AYiedergabe der Aussprache.
Das a in 10, i. 3 scdab , Stricke, und 15, 3 bala ist gewiss mit
mehr oder weniger Imtda zu denken ; ebenso das e vieler Formen,
wie 28,2 lemütu; 43, 1 ben; 61, 1 (tefe; 61, 2 ßfe; 85.2 rehe;
105,3 heb, nicht als unser geschlossenes e, sondern mehr nach ai
hingeneigt. Da Schäfer in mi'en 2,i, d.h. mu'in, den Einfluss
des p auf die umgebenden Vokale so energisch zum Ausdruck
bringt, hätte ich 93, 5. 97, 6 auch 'ejün, 'ejüni erwartet. Andere?
Differenzen können auf lokalen Abweichungen beruhen, z. B. wenn
70,4 fi-'urdak, aber 84, e fi-'ardik steht, oder 69.5. 112,2. 122,2
smlr, aber gewöhnlich sadr und in dem von mir angeführten Liede
sidr. Das min 106, u ist nicht mit dem in 106, 10 auf eine Linie
zu stellen. Während die fragende Form vulgär gedehnl i-t. kenne ich
die substantivische Form von ..yQ nur kurz, also min. ha- m von
ma'güm 22,3 für ma'gün i>t wohl aus dem folgenden b zu er-
klären. Das n von Fatne, 20,:;. kann auf Volksetymologie be-
ruhen. Auffällig ist die Form melän, voll. 25, 1: bekanntlich
1) Sehriftmässig: SubJüjat.
230 Anzeigen.
isi die jetzt herrschende Form median (meliän). Da man malet,
difit, hirlt sprach, so bildete man auch meliän; defiän, warm;
huricrn, cacans; Feigling. Eine seltene direkte Weiterbildung von
maVän ist mallän, das ich in Ägypten gehört habe. Lesen wir
in dem angegebenen Verse Mxistafilun Mustaf'ilun, so mag melän
als eine durch Verszwang motivierte Nebenform von meliän gelten.
Ist aber die Form melän auch im gewöhnlichen Leben üblich, so
hat sie aus der älteren Sprache Pai-allelen an qurän für qurän ')
und sanän für sarCän in einem oft angeführten Verse des Erotikers
al-Ahwas, nämlich2):
$Aii. ^LjLCiJl ,3 xaJ ^ Ml» zÄ-CCÖ. JJ.J La bif fj^xj\ La^
„Das Leben ist nichts anderes als Geniessen und Begehren, mag
auch der missgünstige Hasser [mich] darum tadeln und schelten!"
und in einem Verse des Nagä&I3).
Wie in anderen Erzeugnissen dieser und verwandter Litteraturen
finden wir auch hier häufig Wortspiele. So in 43 haije, als
Deminutiv von &.*:>!, Band, Schlinge, neben hai/e, Schwesterchen;
in 55 ruzz, Reis, neben guzz, Türken; in 81 hawa, Wind, neben
hawa, Liebe; in 69 Lele als Eigenname neben lele, Nacht. Dies
Spiel mit dem Namen der Sängerin erinnert mich an ein Liedchen,
welches ich mir in Söhäg (Söhäg) aus dem Munde einer iüiLe auf-
zeichnete, die ich weiss nicht mehr ob Latifa oder Zarifa hiess:
'ismi lafif ü-zeirif wcä-hasr^rahif!
"elbi zarif ü-latif atdraggäki!
„Mein Name ist nett und reizend, und die Taille schlank;
mein Herz ist lieblich und reizend: darum bitte ich dich!"
Die Anrede ist zunächst an eine ihrer Kameradinnen gerichtet.
Bilder wie die Bezeichnung der Aufseher bei den Aus-
grabungen als zulläm, Unterdrücker (25, 3) , oder der Arbeiter als
katäkit, Küchlein (28, 1 , vgl. 38, 2), sind geeignet, uns gewisse
Bilder der Psalmen verständlicher zu machen. Andererseits ver-
gleiche man diese Auffassung mit unsern sozialen Verhältnissen :
welch ein Abstand! Ein noch lebender, aber politisch abgethaner
ägyptischer Staatsmann hatte guten Grund, den Diplomaten, die
als übertriebene oder unverständige Lobredner europäischer Ver-
hältnisse auftraten , entgegenzuhalten , dass der grosse Vorteil des
Orients der sei, keine soziale Frage zu besitzen. Er hätte noch
auf andere Gebiete hinweisen können.
1) Nöldeke, Geschichte des Qoräns (1860) S. 25.
2) Agänl 11, 23,22; 13 , 158 , 3 und 159 , 21 ; LA 1,95,21; Bistänl
3) Zeitschr. 54, 445, 4.
Völlers, Schäfers Lieder eines ägyptischen Bauern. 231
Ich gehe nunmehr zu den einzelnen Liedern über. Um
in 1 die metrischen Anstösse zu beseitigen , lese ich Z. 3 'dl-bäb
und Z. 4 lä-haul wälä " üwalläbak ! Desgleichen in 2 Z. 2 wirgäl,
Z. 3 wirmet; in 3 Z. 2 man'it. In 4, n ist dire-l-fid nicht mit
„Bohnenkraut" wiederzugeben. Denn dire, schriftmässig ic.ö, ist
auf dem Lande eine primitive Einfriedigung der Felder: man
könnte also „Bohnenfeld" oder „Gehege des Bohnenfeldes" sagen.
Das „silberne Schloss" in 8, 4 ist für den dieser Sprache Unkundigen
irreführend. Denn es ist hier nicht eine Burg, sondern ein Thür-
schloss gemeint. Bei mezauwa" 8,5 ist nicht an künstlerischen
Schmuck , sondern an elende grellfarbige Malerei zu denken. Ich
glaube nicht , dass man in das von frommer Phantasie erfüllte
Lied 10 den logischen Gegensatz von „starken Ketten" und „zarter
Seide" hineintragen darf. Vielmehr dürften seläsü und harlr zu
verbinden sein , da ein solches Bild an gewissen Beschreibungen
der Bäume des Paradieses im Hadit deutliche Analogien hat. Die
Umschrift des grossen Heiligen von Büläq mit abu-l-'ele (13) ist
ungenau; es ist abu-l-'elä d.h. s-^kx.]\ »jj gemeint1). In 14 ist
durch lehne ein Missverständnis hervorgebracht. Wie dehne Z. 5
aus da ebne, so ist Z. 3 — 4 lehne aus lä ebne, nicht wir, entstanden,
so dass sich der Sinn ergiebt: „Wir beide sind ja nicht wie Glas
und nicht wie zerbrechliche Eier, sondern wie solide goldene Ringe".
Ein ähnliches Versehen liegt in 96, 9 vor. Metrisch ist die Caesur
hinter das zweite lehne zu setzen und vor beda ein zei oder ha
einzuschieben. In 16. 3 ist ßrhas und aus metrischen Gründen
'amhe zu lesen. In 18,5 ist tir'a besser mit „Kanal" als mit
„Graben" wiederzugeben. In dem ganzen Adersystem der ägypti-
schen Berieselung bezeichnet tir'a die grössten Kanäle. Li 20
würde ich V. 1 ein ja semise, V. 7 we: V. 8 liha, V. 9 ein kahk
el-'ld streichen. Auch so sind V. 2 — 3 noch nicht glatt zu lesen;
aber ich wage sie nicht mit Sicherheit zu berichtigen. Der Ge-
brauch von helu in dem 24, 2 (vgl. 122, 1) angegebenen Sinne ist
nicht nur bäuerlich , sondern auch städtisch. Besser sagt man :
„mit dem zarten (weissen) Kacken"; man vergleiche damit den
sonnengebräunten und gehärteten Nacken eines echten Fellahen.
Die zu 25, 1 gemachte Bemerkung, dass ahdar nicht nur „grün",
sondern auch „feucht" bedeute, bedarf, um Miss Verständnisse zu
vermeiden, einiger Ausführung. Die hier vorliegende Übertragung
ist nicht Sondergut der ägyptischen Bauern, sondern gehört schon
der alten Schriftsprache an. Der Ausgangspunkt liegt in der
Qualität des grünen essbaren Gemüses oder Krautes: „weich, zart,
frisch, saftig", wie bei Schäfer 48, 1. 49, 1 Rettiche; 14, 2 Saubohne.
So ist ein _*2~>\ v_jLi ein junger Mann in den ersten Jahren der
1) es-Sa'räni's TabaqSt (1299) 2, 119 f.; 'All Mubarak'* Tlitat 4, 151 f.
232 Anzeigen.
Reife, eine s\^as> äo»» neue, zarte Freundschaft, die noch der
Pflege bedarf. Der ägyptische Landmann nennt eine junge Gans
wizze hadra (schon im ^yc£\'sl\ i>), und feuchte Erde, die noch
die Spuren des >c. trägt, turäb akdar (Gegensatz: näsif). So
wird bei Schäfer Nr. 25 auch der volle Krug oder die aufgehängte
Wäsche und 114, 4 die noch frische Tätowierung ahdar genannt.
Ein anderes aus dieser Gedankenreihe abgeleitetes Bild ist das der
Fülle, des Reichtums, der Freigebigkeit, z. B. bei Schäfer 8, 3 die
dem Seijid el-Bedewi zukommende 'ataba hadra, ganz wie in dem
Namen des Kairener Palastes. Eine jüngere Auffassung deutet auch
die ursprünglich die Farbe anzeigende Verbindung äjOlil -*2aj>S
auf Adel und Freigebigkeit1). Auch an die erweiterte Form
,^2~> darf hier erinnert werden. Eine o-anz andere Seite der Ent-
wickelung des Begriffes ^as>\ bezieht sich auf das „Dunkel" der
Farbe: 21,2 werden Tauben so genannt, anderswo Pferd und Esel;
al-Huärazmi übersetzt i] sqv&qu &aXa66a mit >Aöi>^! ^J*\. Alle
diese Nuancen des Begriffes gehen gewiss auf die im Süden so
häufige dunkelgrüne Färbung gewisser Blätter zurück. Übrigens
kann man die Frage aufwerfen, ob die Bedeutung „grün" nicht
erst sekundär und aus den Qualitäten der jungon, frischen Kräuter
abzuleiten ist. In 26, 1 möchte ich higgi für higgi lesen. Denn
das aus ^P entstandene -), jetzt in Ägypten, Syrien und Arabien 3)
gebräuchliche ^J> bezeichnet ein ängstliches Davonlaufen und kann
hier kaum passend genannt werden. Aber ich gebe gern zu, dass
mein Vorschlag hypothetisch ist und sich auf kein Zeugnis, sei es
aus der Litteratur, sei es aus den Mundarten, stützen kann. In
26, 2 b würde ich aus metrischen Gründen lesen lä fik vafä'a,
ohne wa. Das in der Anmerkung erwähnte nslje habe ich Zeit-
schrift 50, 636 zu den unklaren und verdächtigen Wörtern des
ägyptischen Sprachschatzes gestellt. Hinzufügen möchte ich hier,
dass der Ausdruck schon in dem Jacut 1, 404, 19; 497, 17 er-
wähnten Ortsnamen des Delta vorzuliegen scheint und noch jetzt
als Ortsname in Nubien vorkommt. In 29, 2 muss we-savcäb [meist
sawäb] 'and Alla als überschüssig gestrichen werden. Es steht
inhaltlich auf einer Stufe mit den zahlreichen Erweiterungen, die
man bei einer metrischen Bearbeitung der Psalmen und ähnlicher
Erzeugnisse ausscheiden muss. In 30, 2 ist genauer tnasdrln zu
1) In dem Verse des Fartl b. al-'Abbäs: Agänl 14, 178, 20 vgl. 179, 10
und vgl. al-Hafägl's JjJLiJl .tlä-ä 25, 17 S.
2) Vgl. die Zeitschr. 49, 493 genannten analogen Formen.
3) In Arabien nach Socin und J. J. Hess.
Völlers, Schäfers Lieder eines ägyptischen Bauern. 233
lesen. Das hier vorliegende Bild von der Unruhe der Eingeweide
beim Hunger erinnert mich an ein anderes, mit dem das Gegen-
teil ausgedrückt werden sollte. Als ich einmal mit einem Halb-
Beduinen, der schon Ackerbau trieb, über das Verhältnis von
Beduinen zu Bauern sprach, drückte er das Gefühl der Sättigung
und allgemeinen physischen Behaglichkeit nach dem Übergänge
zum ^LäÄ^i mit den derben Worten aus: darat fi bapü el-hamira,
„die Hefe (der bessern Ernährung) hat in meinem Leibe das Ge-
räusch des Windes (crepitus) hervorgebracht". Eine Analogie zu
'afdlla, Feierabend (31, 1. 32, 1. 33, 2. 34, i. 35, i), bietet faragdlla
d.h. jjjj _J, die aus nachgeahmten Münzen oder Glasperlen be-
stehende Kette , die jeder gute Eseltreiber seinem geliebten Grau-
tier um den Hals hängt. In 32, i wird min rädi mit „dort"
wiedergegeben; genauer wäre „von drüben", „von jenseits", d. h.
hier „vom Westen". Über den räumlichen Gebrauch von I^Xc
vgl. Zeitschr. 50, 333 f. In 41, i ist loaldumo ohne an(e) , ferner
bihuäje , 41,2 lehdäje und 41,3 wohl so zu lesen: wa'düwit
ummu raidä liatdje. Der ägyptische Bauer sagt (so schon im
:^y&M J<?) ladam für ^i (Zeitschr. 41, 376, 20; 33, 622, 9). Die
dritte Zeile deute ich so: „Während die Feindin seiner (des Kindes)
Mutter meine Verfehlung wünschte". Trifft diese Deutung das
Rechte , so drückt das Liedchen die unaussprechliche Freude einer
einfachen Frau über die Geburt eines legitimen Jungen aus. Der
in 42 als Erfinder des Sadüf gefeierte Sälth Zabädi ist nicht als
S. , Sohn des Z. , zu erklären , sondern nach den bekannten Ver-
bindungen: Sa'idu kurzin, der Ranzen- oder Hirtentaschen - S. ;
Qaisu quffata, der Korb-Q. ; Zaidu baftata, der Flaschen - Z. r).
Denn zabädi, pl. von zibd'y'e, bezeichnet die für Milch, Eier
u. s. w. erforderlichen Schalen und Näpfe ; so ist Sälih zabädi,
der Näpfe - S. , hier die Verkörperung des fleissigen , wohlhaben-
den Bauern, dessen Gedeihen auf der Berieselung des Bodens be-
ruht; der arme unwissende Bauer als Pechvogel im Verkehr mit
Städtern wird in dem bekannten Abu Sädüf des Serbini symboli-
siert. In 44, 1 ist rakb für ragb zu lesen. Das Stück 47 bietet
einige Schwierigkeiten. In V. 1 möchte ich 'al-el-fas'tja , in 2
wvrmaä, in 5 'al-el-rarib lesen. Das "ullij'e in V. 3 ist mir un-
klar; vermutlich ist es ein Gehörfehler für 'ellije , Obergemach",
dessen Plural 76, 1 genannt wird. Die Anmerkung zu 48, 0 Lässi
das Verständnis für solche Wendungen vermissen. Ich sehe darin
nur einen der Erotik eigenen Übergang von den Rettichen des
Ausrufers zu dem, was sein Herz bewegt. In 49, 2 halte ich die
Beziehung von mkassar auf die Rettiche für. ausgeschlossen. Viel-;
1) Hinzufügen könnte man Baihasun Na'ämatu, der Straussen-15., Muta-
lammis V, 4. 5.
234 Anzeigen.
mehr ist mkassar auf den feddän zu bezieben ; nach ägyptischem
Sprachgebrauch will dieser Vers besagen : der Ausrufer hat zwar
einen Morgen Landes mit Rettichen bebaut, aber die Hälfte vom
Wert des Grundstücks ist belastet, sei es, dass er den ursprüng-
lichen Kaufpreis erst zur Hälfte abgetragen hat, oder dass er das
Grundstück schon wieder zur Hälfte verpfändet hat. Zu 49, 5. 74, 3
ist Cant. 5. <; zu vergleichen. In 53, 2 ist kohle, in 53, 1 besser
we-hosne-Jusif zu lesen. Die in der Anmerkung zu 54 genannte
Form Damjät (Damjät) für Damiette hat Schäfer schwerlich aus
dem Munde eines Eingeborenen gehört; die herrschende Form ist
Dumjät. Der spöttische Ton, mit dem in 55 vom Soldaten der
alten Zeit geredet wird , erinnert mich an das von A. v. Kremer a)
mitgeteilte Liedchen , das . wie ich glaube , in folgender Form ge-
lesen werden muss:
La'säkir el-masrije voiddnulimn marhije,
min "älet es-sarfije tallcCum en-niswdn.
„Die ägyptischen Soldaten lassen die Ohren2) (wir würden
sagen : die Köpfe) hängen ; weil sie zu wenig Löhnung ausgezahlt
erhalten, haben sie ihre Frauen entlassen müssen".
Das Lied muss in der Zeit des 'Abbäs oder des Sa'Id ent-
standen sein , als mehrere Umstände , nicht zuletzt die Verworfen-
heit der Herrscher , die öffentlichen Zustände stark geschädigt
hatten. In 57, 4 ist ag'ibo ungenau und darum die Übersetzung
falsch verstanden; es ist agib bu zu lesen und zu übersetzen:
„und für den Rest kaufe ich [mir] eine Schweisskappe". Die Zeile
62, « ist mir trotz der oben angeführten Parallele Zeitschr. 33,
627 f. nicht ganz klar. Denn hüsa bezeichnet nicht nur das an
den Seiten und an der Spitze scharfe Ende des Palmblattes, sondern
auch eine Art Messer , das wenigstens im Sinai , insbesondere bei
der Arbeit des ^ajüj', der künstlichen Befruchtung der Datteln,
gebraucht wird. Leider war es mir bei meiner Reise im Sinai
im Jahre 1889 nicht möglich, das Messer abzuzeichnen3). Soll
nun bei Schäfer 62, «5 gesagt werden, dass das Messer des Kriegers
so scharf wie ein Blatt ist oder dass es dem hüsa genannten
Messer gleicht?4) Eine andere Schwierigkeit liegt in marsüsa
(62,t). Denn ^o. bedeutet weder „vergraben" (Schäfer) noch
„plätten" (Goldziher), sondern „aufschichten, anordnen", wobei ent-
weder der Begriff der Ordnung, oder als Resultat der der Menge
zum Ausdruck kommt. Zeitschr. 33, 619, wo rass mit „auslegen"
1) Ägypten 1, 81.
2) Das Bild ist vom ägyptischen Esel entlehnt , ganz wie i^lüpFl , der
Ausdruck der prophetischen und didaktischen Litteratur des Alten Testamentes.
3) Ch. Doughty und J. J. Hess hörten den Ausdruck in Arabien:
WZKM. 16, 59.
4) Zu vergleichen ist noch 68, 7 sikk'inetah fadda.
Völlers, Schüfers Lieder eines ägyptischen Bauern. 235
wiedergegeben ist, liegt eine Verwechselung mit rassa1 vor, dessen
Infinitiv durch Vermittelung der Italiener sich in der Sprache
unseres Kunstgewerbes (tarsia, Intarsia) erhalten hat. In 64, 3
und 97, 4 deute ich ka'b auf die weibliche Brust. Das Stück 66
ist offenbar ein Lokallied zum Lob der dortigen Schönen. Dass
der Gewährsmann keine klare Voi-stellung von den kufür hatte,
wundert mich nicht, da es meines Wissens keine Dörfergruppe
giebt, die diesen Namen star' l^oy^v führt. So wie kufür hier
gebraucht wird , gehört es der oberägyptischen Volkssprache an,
die in diesem Falle kefr, Dorf, mit kufr, Unglaube, begrifflich
vermengt und die Bezeichnung allen ganz oder halb verfallenen
Stätten beilegt, die der Volksglaube eben auf Grund jener logischen
Unklarheit in die vorislamische Zeit verlegt. Alles was auf oder
neben solchen Stätten sich befindet, erhält das Beiwort kufri oder
kafari. bisweilen auch guhli; so die kleinen Siedelungen, ins-
besondere die sehr salpeterhaltige, jenen Stellen entnommene Dung-
erde. Eine alte verfallene &a3L«, deren Erbauer man an Ort und
Stelle nicht mehr kennt, hörte ich als kufri bezeichnen. Ich zweifle
daher nicht, dass die kufür hier entlegene, verfallene Ruinenstätten
im Gegensatz zu den blühenden Dörfern et-Tarfäje und el-Meimün ')
bezeichnen und dass radi hier mehr ethischen als ästhetischen Wert
hat. Über das Wortspiel mit Lele in 69 wurde schon oben ge-
sprochen. Die Ähnlichkeit der Zeilen 5 — 6 mit der Sprache des
Canticum giebt mir Anlass, hier ein von mir aufgezeichnetes Lied-
chen mitzuteilen, in dem auch der aus dem Canticum (2, 10. 5, 1.
6, 11. 7, 13. 8, 11) so wohlbekannte wo genannt wird, der mir hier
geradezu mit .jmJCJI, pudendum muliebre, erklärt wurde.
Treue junge Liebe.
x - 2) di hubbe minsän sabbün[i\ la'wäzü fili,
we-kattarum bilfitan lagl aghuru xcanfih,
saija'te-lu a'ullu kalam ennäs mahnäs fih,
we-saya'-li tve-"alli 'abdak wessiä gerdk '.
rummdn sidristawä mä "aliibos gerak!
'atabak <iekünyz) 'alelkarm iza hatr4) la'wäzü fih!
„ . . . das ist eine wohlbewahrte Liebe, deretwegen die Tadler
mich gescholten haben, und sie haben es an keiner Verhetzung
fehlen lassen, damit ich ihn (die Geliebte) aufgebe und verleugne.
Ich schickte zu ihr, um ihr zu sagen : mit dem Gerede der Leute
1) Beide Dörfer werden schon im Mittelalter erwähnt: Publ. de la
Biblioth. Khediviale 10, 140, 18; 141, 18.
2) Hier fehlen zwei Silben.
3) Von mir ergänzt.
4) Schriftmüssijj
236 Anzeigen.
haben wir nichts zu schaffen ! Da schickte sie zu mir und Hess
mir sagen: ich bin dein Knecht; ist der Herr ein anderer als du?
Die Granatäpfel meiner Brust sind zur Reife gediehen und niemand
ausser dir hat sie geprüft (gekostet)1); dein Vorwurf wird ,den
Garten' (die Pflanzung, den Weinberg) treffen, wenn der Wunsch
der Tadler sich darauf gerichtet hat!"
Man mag diese Sprache derbe nennen, aber es wäre verkehrt,,
sie als roh zu bezeichnen. Denn die ihr zu Grunde liegende Auf-
fassung ist nicht vereinzelt, sondern allgemein; daher fehlt auch
das Bewusstsein des Unpassenden ; ebensowenig kann man hier von
einer Tendenz aufs Lüsterne sprechen. Demselben bäuerlichen An-
schauungskreise gehört es an , wenn das sitzengebliebene Mädchen
in Ägypten wie in andern Provinzen als „Brachland" betitelt wird
oder wenn man die „Entjungferung" (o^juJI x>j l\:M) als eine
Art „Abrahmen" (..yJLJt *:>•., lX:>Q bezeichnet. In 71, 5 wird eine
überjährige Tochter mit einer brünstigen jungen Stute verglichen.
Der dabei gebrauchte Ausdruck tsl' ist mir unklar. Ich vermute
tsih, alt werden, oder tsll, nämlich ed-del. In 72, 1 würde ich
lesen: lähi"kalli, in 72,3 lele und fegre , in 74,4 iccujü. Das
Lied 73 habe ich oben bereits ergänzt. Mit 74, 3, wo windet zu
lesen ist, vergleiche man 49, 5. Das 75, 1 erwähnte Gericht beide
hat seinen Namen daher, dass man ungemahlene Cerealien in Wasser
legt und kochen lässt. Vermutlich war auch das b^bs der Hebräer
ursprünglich nichts anderes. Die Tradition über das Wort lässt
zu wünschen übrig. In 79, 1 ist 'al-el-bedaioije, in 79, 4 we-hallet
zu lesen. In 82, 2 muss mälja dreisilbig (mälüa) gelesen werden,
in 83,2 hull-el-lubibin viersilbig, also hullabibln. In 84,4 ist
lamma überflüssig. Das 86, 4 vorkommende didlele kenne ich nur
als delele, was hier auch metrisch vorzuziehen ist. In 88, 6 stimmt
nihdir nicht mit der Übersetzung überein. Man lese nekdar; oder
nekaddar, wir wollen klar machen, und dann wingurr. In 91, 1
ist tuhgurü zu lesen. Das 92, 3 gebrauchte Bild, sinn il-lawähiz,
ist nicht vom „Zahn", sondern von der Lanzenspitze oder einem
ähnlichen Gegenstande entlehnt. Die Form dabäli 94, 3 ist mir
unbekannt. Ich betrachte sie als Spielform von dem Zeitschr. 50,
620, is genannten dabülän, Madapolam. In 94, .; ist aus sprach-
lichen und metrischen Gründen wasattah zu lesen. Denn nur
sattak, nicht satah, bedeutet „sich schlafen legen". Daher testlka,
ein Schläfchen. In 95, 2. 4. 6 würde ich 'aleh vorziehen. Das in
96, 9 liegende Versehen wurde schon oben zu 14 , 3 angedeutet.
Man übersetze: „so würdest du nicht am Tragkorb (mit Erde)
schleppen". Mit 97,4 ist 64,3 zu vergleichen. In 102,4 ist
1) Das Bild ist von der Thätigkeit des Geldwechslers entlehnt.
Völlers, Schufers Lieder eines ägyptischen Bauern. 237
irüHlü genauer mit „tragt, transportiert" wiederzugeben, denn als
„Kranker" kann er nicht gehen. In 107. c ist banäni für bannüni
zu lesen; der Singular ist mir unbekannt; er würde wohl binnije
oder bunnye lauten. In 108, io wird die berberische Sprache oder
die arabische Mundart der Mararba als rutän bezeichnet. Von den
Ausdrücken, die unser „Kauderwelsch" bezeichnen, ist dies wohl
der jetzt in den Mundarten am weitesten verbreitete. Bei den seit
alter Zeit gebräuchlichen Synonymen kann man solche unterscheiden,
die ganz allgemein die Haltung des Mundes oder die Bewegungen
der Zunge im Auge haben, wie ^ und mehrere Derivate von
oiJLi, und andere, die ausser menschlichen Lauten auch tierische
Töne bezeichnen, wie jj, von Ziegen und Löwen; +z+§> vom Bind
und Elefanten; auch J<z+L>, das ausser der himjarischen Sprache
auch einen gewissen Schlag südarabischer Schafe bezeichnet. Bei
.jj kann der Ursprung von den Barabra nicht zweifelhaft sein;
darf man bei rrb an die Retennu der alten Ägypter denken ?
Unzweifelhaft vom Tier entlehnt ist der neuere Ausdruck bartam,
nämlich entweder vom Rüssel des Elefanten oder des Schweines.
Als die Araber in Ägypten eindrangen , nannten sie die fremde
Sprache der Kopten oder Griechen _^>" „schnarchen, näseln"1), was
auch von den Lauten mehrerer Tiere gebraucht wird. Andere Aus-
drücke bezeichnen die den Nicht -Arabern auffälligen und schweren
Laute des Arabischen , so .«.'s die laryngale . vjs A^S die laterale
Artikulation.
In lll.i ist Ja asmar getrennt zu lesen; in 111. i und
112, 4 signän zweisilbig zu fassen. „Wie die Tollen" ist eine un-
genaue Wiedergabe ; man sage „etwas Tolles, eine tolle Geschichte" ;
Verbindungen dieser Art mit p ^ sind in Ägypten sehr beliebt -).
Das "asr 'all in 113, 5 bezeichnet ganz wie Zeitschr. 33, G23, r>
nicht einen hohen Söller, auch keinen bestimmten Palast3), sondern
ein solid gebautes Gebäude mit Obergeschoss. Neben den elenden
Bauernhütten wird auf dem Lande ein Haus, wie es in den Städten
die bürgerlichen Klassen besitzen, schon als gasr bezeichnet. Es
entspricht im übrigen ungefähr dem qönäq der türkischen Provinzen,
bis zu einem gewissen Grade auch dem mittelalterlichen Gebrauch
unseres „Hauses". Ma "ulte Iah 116, 3 ist nicht „was habe ich dir
gesagt", sondern „habe ich es dir nicht gesagt?"; dementsprechend
auch in 131, i. 60, i. Das Lied 120 ist zu lesen, wie folgt: 1. jan-
güm el-Jile u. s. w., 2. mmnäm el-lcl üläbü u. s. w., •">. ja rnd beutet
'Aljä 'alba Zed il Hildll oder mahlcet u. s. w., ohne Ja. In 123. i
ist iddäni nicht „geschenkt", sondern „gegeben, leihweise über!
1 1 Aimalos At-Tabari I 5, 2583, 5.
■-' Mein „Lehrbuch" § 12, 3.
3) Die dabei genannten negef sind die Kronleuchter.
238 Anzeigen.
Dill in 130.3 ist besser mit „ Schutz, Hut" wiederzugeben. Bei
jesabsabni 133, 3 ist an abergläubische Gebräuche zu denken, die
dem Alten die Liebe der jungen Frau zuwenden sollen.
K. Völlers.1)
Bacher, W., Die Agada der Tannaiten. Erster Band. Von
Hillel bis Äkiba. Von 30 vor bis 135 nach der gew.
Zeitrechnung. Zweite verbesserte und vermehrte Auflage.
Strassburg 1903. Karl J. Trübner. Preis 10 Mark.
Der Talmud und der Midrasch, die zwei grossen Sammlungen.
die die Geisteserzeugnisse der jüdischen Schriftgelehrsamkeit des
ersten halben Jahrtausends unserer Zeitrechnung in sich vereinigen,
sind wohl seit etwa 13 Jahrhunderten schriftlich fixiert, aber trotz
dieser Form keine Litteratur werke. Sie wurden Jahrhunderte hin-
durch von Mund zu Mund überliefert und auf menschliche Hirne
eingezeichnet. Bücher waren indes diese Gehirnsammlungen nicht,
denn es fehlten ihnen nicht nur die äusseren Merkmale, sondern
auch die inneren Eigenschaften eines Buches. Diese Auszüge aus
Schuldiskussionen und Synagogenvorträgen , aus Gesprächen und
Erzählungen , die sich Jahrhunderte hindurch von Geschlecht zu
Geschlecht fortpflanzten und wie ein Baum in seinem Wachstum
immer neue Ringe und Zweige ansetzten, sind aneinander gereihte
Bruchstücke , die auch in ihrer ursprünglichen Gestalt keine litte-
rarische Form besassen. Die Urheber der einzelnen Sätze und die
Redaktoren der zusammenhängenden grösseren Stücke dachten nie
an Leser, sondern ausschliesslich an Hörer und formten ihre Sprüche
und ihre Sammlungen nach den Bedürfnissen von Zuhörern und
memorierenden Schülern. Bestimmend ist das Bedürfnis des Augen-
blicks, und die Sprache desselben ist eine frische und lebendige.
Bei den einzelnen Autoritäten Systeme zu suchen , wäre ver-
gebliche Mühe, denn kein einziger hat ein solches geschaffen. Die
Schriftgelehrten sind Arbeiter, die vereint an einem Riesenbau
thätig sind und deren Material vorzüglich Geistesblitze sind. In
dem ersten vor- und nachchristlichen Jahrhundert, in denen die
hervorragendsten Lehrer der jüdischen Tradition lebten und wirkten,
deren Werk der Grundstock derselben ist, gab es noch in Palästina
ein frisch pulsierendes litterarisches Leben, das freilich ausschliess-
lich Schriften religiösen Inhalts oder wenigstens mit religiöser Ten-
denz hervorbrachte, aber diese Schriften haben nicht die Autoritäten
der Tradition, die führenden Geister des jüdischen Volkes, zu Ver-
fassern. Es ist überhaupt nicht wahrscheinlich, dass irgendwelches
[1) Einige Stellen in dieser sehr gediegenen Rezension Völlers' haben mich
nicht überzeugt. Ich werde mich im nächsten Hefte der Zeitschrift dazu äussern.
Der Redakteur.]
Blau, Bachers Agada der Tannaiten, I'2. 239
Apokryphon oder Pseudepigraphon von einem Tanna , einem an-
erkannten Lehrer des offiziellen Judentums , verfasst worden ist.
Die anonymen Autoi'en mögen dem Kreise der Schriftgelehrten
angehört haben , wie denn die erwähnten litterarischen Produkte
zum weitaus grössten Teile echt pharisäischen Geist atmen , aber
kein einziger Schriftgelehrter, der in Talmud und Midrasch als
Schulhaupt oder als sonstige anerkannte Autorität genannt wird,
dürfte seine Hoffnungen und Meinungen , seine Ideen und Schrift-
auslegungen zu einem Buche geformt und niedergeschrieben haben.
Sie waren Männer des Lebens und der That , der Lehre und des
Lehrhauses, aber keine Schriftsteller. Die religiöse Schriftstellerei
— und eine andere gab es nicht, denn auch die nationale
Geschichte gehörte in diesen Kreis — galt zumindest seit der
Redaktion des Predigers, wo 12, 12 vor dem vielen Büchermachen
gewarnt wird, im offiziellen Judentum nicht als eine fromme,
sondern als eine verbotene Handlung. Es muss daher jeder Ver-
such, irgendwelches Werk einem anerkannten Lehrer der jüdischen
Tradition zu vindizieren, von voi'nherein mit Misstrauen aufgenommen
werden. Die Mündlichkeit dieser Tradition kann ja ebenfalls nur
aus der Scheu vor jedem Schriftlichen , das sich wenigstens der
äusseren Form nach den biblischen Schriften an die Seite stellt,
erklärt werden. Thatsächlich trägt die jüdische Tradition ihrem
Ursprünge entsprechend sowohl in ihrer Form als in ihrem Inhalt
den Charakter des Unlitterarischen , um nicht zu sagen des Anti-
litterarischen an sich.
Was zunächst die Form betrifft, so herrscht schon in den älte-
sten auf uns gekommenen Bestandteilen die mündliche Diskussion, die
in der Regel im Lehrhause öffentlich geführt wurde. Der Charakter
des Gespräches drückt sich sogar dem Geiste jedes einzelnen auf,
sodass er seine eigene Schriftauslegung oder Beweisführung in
diese Form kleidet. Vollends unlitterarisch ist die Ungebunden -
heit, mit der die verschiedensten Themata in einem Atem behandelt
werden. Eine derartige Schrankenlosigkeit der Ideenassoziation ist
in einem Litteraturwerk , das nach irgendwelchem Vorwurf aus-
gearbeitet wird, nicht denkbar.
Nach den hier kurz skizzierten Gesichtspunkten ist die „münd-
liche Lehre" des Judentums im allgemeinen, somit auch Bachers
grosses Agadawerk, das einen bedeutenden und für die Wissenschaft
interessanten Bestandteil derselben zur Darstellung bringt, zu be-
urteilen. In dem in zweiter Auflage vorliegenden ersten Bande
der „Agada der Tannaiten" sind in 12 Kapiteln insgesamt 47 Lehrer
behandelt, deren über ein weites Gebiet zerstreute Aussprüche ge-
sammelt sind. Wo die Reichhaltigkeit des Stoffes es einforderte
und gestattete, sind die losen Sprüche unter eigenen Überschriften
aneinandergereiht worden. Diese mosaikartige Arbeit hat indes,
wie man sich leicht überzeugt, nur die Übersicht erleichtert, aber
keine festgefügten Systeme und keine abgerundeten Anschauungen
240 Anzeigen.
hervorgezaubert. Es sind nur versprengte Reste sichtbar und aus
den wenigen übriggebliebenen Bausteinen ist gewöhnlich nicht ein-
mal ein Schluss auf die Beschaffenheit des ehemaligen Baues möglich.
Nach unseren Ausführungen über den Ursprung aller dieser Bruch-
stücke, die als solche zur Welt gekommen sind, ist es nur natürlich,
dass fast bei allen Lehrern dieselben Rubriken zur Gruppierung
des Stoffes in Anwendung gebracht werden konnten. Die Rubriken
sind z. B. bei Akiba : Sentenzen , Israel , Polemisches , Studium des
Gesetzes, Exegetisches, zu den biblischen Erzählungen, Homiletisches,
Gott und Welt , Eschatalogie , Pseudepigraphisches. Diese Auf-
schriften geben jedoch keine richtige Vorstellung von der Mannig-
faltigkeit des Stoffes, der hier zur Sprache kommt. Auch das
reiche Sachregister, das dem zweiten Bande beigegeben ist, er-
schöpft nicht vollständig den verschiedenartigen Inhalt. Einheitlich
ist hier nur die Form, nämlich die Schriftauslegung, in die alles
gekleidet ist oder wenigstens einmündet, die Materie wechselt un-
aufhörlich. Die Geschichte des religiösen Denkens und die all-
gemeine Kulturgeschichte findet hier überreichen Stoff, weil alles
aus dem Leben geschöpft ist. Besonders für die Kenntnis des
Treibens der orientalischen Welt im Altertum ist Talmud und
Midrasch , mithin auch Bachers Werk, eine unerschöpfliche Fund-
grube. Soviele Inschriften , wie hier in Menschenhirn eingegraben
waren , können gar nicht gesammelt werden. Das Register wäre
nach dieser Seite hin zu erweitern.
Die in dem vorliegenden Bande behandelten hervorragenden
Tannaiten sind: Hillel (30 v. Chr.), Jochanan ben Zakkai
(blühte 70 n. Chr.), Gamliel IL, Eliezer ben Hyrkanos,
Josua ben Chananja, Eleazar aus Modiim, Eleazar
ben Aza r ja, Ismael ben Elischa, Akiba ben Joseph.
Diesen Lehrern werden eigene Kapitel gewidmet, das grösste Akiba,
der der fruchtbarste Gesetzeslehrer war, die meisten Schüler hatte,
die Seele des Bar-Kochba'schen Aufstandes war und um 135 den
Märtyrertod starb. Durch ihre Agada werden die Gesetzeslehrer
als Persönlichkeiten charakterisiert. „Die Weltansicht, die Lebens-
anschauung der alten jüdischen Lehrer lehrt uns ihre Agada kennen"
(Bacher, Agada der palästinensischen Amoräer, I. Band, Seite XII).
An derselben Stelle (S. IX) äusserte sich der Autor selbst über
das Ziel seiner Arbeit folgendermaassen : „Mir galt und gilt es
zunächst, die Geistesarbeit der Agadisten, soweit wir ihre Namen
erwähnt und soweit wir ihre Aussprüche an ihre Namen geknüpft
finden , in einzelnen Abschnitten darzulegen und was von jedem
bisher über ein weites Litteraturgebiet zerstreut war, zu einem
nach Möglichkeit abgerundeten Ganzen zu vereinigen. Durch diese
erstmalige Feststellung sollte ein gleichsam intimerer Ein-
blick in die Gedankenwelt dieser Männer, der führenden Geister
des Judentums durch eine Reihe von Jahrhunderten, gewährt, ihre
Individualität genauer umgrenzt, ihr Anteil an dem Wachstum der
Blau, Bachers Agada der Tunnaiten, I'2. 241
agadischen Litteratur nachgewiesen werden". In diesem Betracht
hat der Autor sein Werk mit Recht als einen Beitrag zur Ge-
schichte des heiligen Landes bezeichnen dürfen.
Was das Verhältnis dieser zweiten Ausgabe zur ersten, die
im Jahre 1884 als Sonderabdruck aus der „Monatsschrift für Ge-
schichte und Wissenschaft des Judentums" erschienen ist. betrifft,
springt in erster Reihe die gefälligere äussere Ausstattung in die
Augen. Der Umfang ist trotz vieler Zusätze und Bereicherungen der
gleiche geblieben. Da grössere Streichungen selten vorgenommen
wurden (z. B. S. 139 und 394, Anm. 4 der 1. Ausgabe = 133
und 391, Anm. 1 der 2. Ausgabe), ist dies, wie der Autor selbst
bemerkt, nur durch korapresseren Satz erreicht worden. Die
bessernde Hand bemerkt man fast auf jeder Seite , in der Regel
in kleinen Berichtigungen und Zuthaten , oft aber auch in aus-
führlicheren Zusätzen, namentlich in den Anmerkungen, viel seltener
im Texte. Eine Zusammenstellung der wichtigeren oder längeren
Zusätze dürfte den Benutzern des Werkes nicht unwillkommen
sein. Der Kürze halber gebe ich nur die Seitenzahlen der neuen
Ausgabe, wo übrigens am inneren Rande die Seitenzahlen der ersten
Ausgabe angegeben sind. Die zweite Ziffer bezieht sich auf die
Anmerkungen.
4; 6. 2: 17. 4: 23, 2; 24. 4: 27, 1 (ganz neu); 77, 1; 7'.». I
(Text und Anm.): 82. 6; 92 (Text und Anm. 2); 94 (T. u. A.);
150 (1. Aufl. 156. T. u. A.): 152, 3; 190, 1 (Literaturnachweis
über die Polemik Eliezers aus Modiim gegen die Gnostiker) ;
190. 7 (grosser Zusatz); 193, 2 (längere Anmerkung gegen Schwarz
über die Aussprache des *n»m bp , Schluss a minori ad maius et
a maiori ad minus) : 247 unten (T. u. A.) : 249 , 4 (auch T.) :
251, 3 (auch T.); 252, 2 (auch T.); 253, 3 (auch T.); 258, 4;
262, 1 ; 265, 4: 272 (Anmerkungen): 273 (T. u. A.) : 274: 277, 3;
288, 2: 312 (T. u. A.); 331 (T. u. A.); 336 (Anmerkungen): 339,
3. 4: 341, 3 (ganz neu): 342, 2 (ganz neu); 352, 2 (g. n.); 352, 4:
355,4 (T. u. A.): 364 unt.; 365,1; 366 (Anm.); 370,8: 378;
379 (auch A. 2): 384.1: 386 (A.); 389 (T. u. A. 3): 390 (T. u.
A.); 391,1; 392 (T. u. A. 2) : 409,4; 412, 1 u. 4; 414 (Anmer-
kungen); 422, 1; 427 (T. u. A.); 430 (T. u. A.); 432, 1; 4:'.:» (An-
merkungen); 436,4; 438 (T.); 442—449 (stark umgearbeitet).
Diese Zusätze, Erweiterungen und Berichtungen gehen zurück
zum Teil auf des Autors eigene Werke (Agada der palästinensischen
Amoräer, 3 Bände, und Älteste Terminologie der jüdischen Schrift-
auslegung), zum Teil auf die seit 1884 neuentdeckten Midrasch-
werke (Midrasch Hagadol etc.), die Isr. Lewy, Hoffmann, Schechter
und Buber ans Licht gezogen haben. Verarbeitet sind ferner Eoff-
manns Forschungen (Zur Einleitung in die halaehischen Midraschim),
Rosenthals Vier apokrypkische Bücher, Lazarus' Ethik des Juden-
tums u. a. Soweit ich sehe, ist nichts Bedeutenderes überga
worden. Der Druck ist korrekt. An Druckfehlern sind mir auf-
Bd. LVIII. 16
242 Anzeigen.
gefallen S. 19, N. 2 (statt 1); 362 N. 4 (st, 1); 289 am Rande
207 (st. 297); 365, N. 5 Ende ist statt „Quellen der Mischna" zu
lesen „Quellen der Halacha".
Nun möchte ich in möglichster Kürze auf einige Details ein-
gehen. S. 37 f. erwähnt Bacher, Jochanan hen Zakkai habe einem
Heiden das Gesetz über die Asche der roten Kuh „durch eine
Analogie aus seinem (des Heiden) Anschauungskreise verständlich"
gemacht. Es wäre daran zu erinnern gewesen, das derselbe Exor-
cismus sich bei Josephus (Antiq. VIII ,2,5) als von Juden geübt
erzählt findet (siehe Jewish Encyclopaadia V, 306 a).
S. 57, Anm. 2 bemerkt Verf. richtig, dass die Zahl 22 eine
runde Zahl sei, die vom Alphabet hergenommen ist. Ich verweise
auf meine Schrift „Zur Einleitung in die heilige Schrift" (Strass-
burg 1894) S. 8 und Jewish Encycloptedia III, 142 b. — Zu S. 198,
Anm. 5 vergleiche meine Bemerkungen in „Steinschneider-Festschrift"
32 f. — Zu S. 258, N. 4 siehe mein „Althebräisches Buchwesen"
92, N. 5 und 48 f:; Jew. Encyclopsedia V, 668 f. An letzterer Stelle
ist nachgewiesen, dass der Talmud in der ersten Hälfte des zweiten
•lahrhunderts nach der richtigen Lesart nur ein Evangelium kennt.
— Zu S. 266, wo von der Thätigkeit Akiba's als Ordners des
Traditionsstoffes die Rede ist, verweise ich auf die ungarische Zeit-
schrift „Magyar Zsidö Szemle" X (1893), 365—368. — Seite 333
trägt Bacher die Meinung vor, dass das „Eingehen ins Paradies"
(Chagiga 15 b und Parallelstellen) eine bildliche Bezeichnung des
Studiums der Geheimlehre sei. Schon in meinem „Altjüdischen
Zauberwesen" 114 f. habe ich diese von Grätz ausgehende Ansicht
bestritten. Die Äusserungen der Kirchenväter, der Zauberpapyri und
des Neuen Testaments lassen keinen Zweifel darüber zu, dass das
„Eingehen ins Paradies" wörtlich zu nehmen ist. Die Termino-
logie dieser Gnosis findet sich schon bei Philo und der talmudische
Bericht lässt ebenfalls keine andere Erklärung zu, was B. auch
nicht entgangen ist. Der Kommentar Raschi's bemerkt in der
That ausdrücklich , die vier Gelehrten hätten sich durch einen
Gottesnamen in den Himmel versetzt (siehe die Beweise im Artikel
Gnosticism in Jew. Encyclopsedia V, 683 b). Vgl. noch bei
Bacher S. 424, Anm. 1. — Zu S. 338, Anm. 2 (über die ausser -
kanonischen Schriften) vgl. Jew. Encycl. III, 148a. — Die fünf
Endbuchstaben des hebräischen Alphabets werden im Talmud gegen
die Reihenfolge der Buchstaben als ^säWO geordnet und erklärt:
~£jt *,":. Ich halte meine Vermutung, in dieser Anordnung sei
ursprünglich eine Anspielung auf ihre Verwendung als Endbuch-
staben enthalten gewesen: Tjcc "12 (it wurde wie o ausgesprochen)
trotz der Einwendung des Verfassers (381, N. 4), das Suffix der
-. Person sei unverständlich, auch jetzt aufrecht. Ein in der Volks-
schule entstandenes und als Mnemonikon dienendes Wortspiel ist
ja keine Schriftstelle und auch kein juridischer Lehrsatz. Die Er-
klärung tjEk "j/2 von deinen Propheten kann deshalb nicht
Pischel, Aufrechts Catalogus Catalogorum, III. 243
richtig sein, weil nach ihr die Entstehung dieser Anordnung nicht
aufgehellt wird. Man wird doch nicht auf Grund eines solchen
Einfalles statuiert haben: die Propheten haben die zweierlei Schrei-
bung eingeführt. Erst die Amoräer haben , nachdem sie die An-
spielung auf rpo (Endbuchstaben) nicht herausgefühlt baben , den
prophetischen Ursprung statuiert. Ausführlich in „Zur Einleitung
in die heil. Schrift" 100 ff.
Als Anhang ist dem Bande beigegeben eine Abhandlung über
den Ursprung des Wortes Agada, die 1891 in der Jewish
Quarterly Review, und eine andere über die drei Zweige der
jüdischen Traditionswissenschaft, die 1899 in der Revue des
Etudes Juives erschienen ist. Seite 477, Zeile 5 von unten
wird statt irt:t3733 zu lesen sein tt3.TT723. Da in späterer Zeit 7i2'Ci2
die Mischna in unserem Sinne bezeichnete, fand man es unverständ-
lich, dass die hliöM ■•b^a sich mit mir.Ni msbn ibttü und nicht
mit rr.W3 beschäftigen. Man emendierte also m~n"J in jidiöW oder
man setzte tniiöTa ein. Die Einführung des Wortes Nip?: scheint
demnach überflüssig zu sein (vgl. 478, Z. 14 und 28; ferner 479,
Z. 5 v. u., wo ebenfalls n:ca in che zu emendieren ist).
Ein Register der erwähnten Tannaiten und Amoräer erhöht
die Brauchbarkeit des Werkes. Ludwig Blau.
Aufrecht, Theodor, Catalogus Catalogorum. An Alpha-
betical Register of Sanskrit Works and Authors. Part III.
Printed with the Support of tbe Academies of Göttingen,
Leipzig , Munich and Vienna. Leipzig , Otto Harrassowitz,
1903. pp. IV, 161. 4°.
Mit dem vorliegenden dritten Bande des Catalogus Catalogorum,
dessen erster Band 1891, der zweite 1896 erschienen ist, schliesst
das grosse Sammelwerk ab. Der dritte Band verzeichnet die Hand-
schriften aus Listen und Katalogen, die seit 1896 erschienen sind,
oder deren Kenntnis Aufrecht privaten Mitteilungen verdankt.
Im ganzen sind es 22 Nummern. Von grösseren Arbeiten konnte
nicht mehr benutzt werden Bendall's Catalogue of the Sanskrit
Manuscripts in the British Museum, London 1902. Sonst wird
man nichts vermissen. Ein grosser Teil der von Aufrecht be-
nutzten Verzeichnisse ist den meisten Sanskritisten überhaupt nicht
zugänglich, so dass für sie der Catalogus Catalogorum die einzige
Quelle bildet. Wie wertvolle Dienste er auch den Indern bei der
Nachforschung nach Handschriften geleistet hat, davon legen die
neueren indischen Kataloge beredtes Zeugnis ab. Was ich bei der
Besprechung des ersten Bandes bemerkt habe, dass das Werk zu-
gleich ein unentbehrliches Hilfsmittel für das Studium der Sanskrit -
16*
244 • Anzeigen.
Litteratur sei (Centralblatt für Bibliothekswesen IX, 137), hat sich
im Laufe der Jahre durchaus bestätigt. Besonders verdienstlich
und bei der Art der Quellen auch besonders schwierig ist der Ver-
such , unter dem Namen des Verfassers alle Werke desselben zu-
sammenzustellen. Hierbei waren Irrtümer ganz unvermeidlich, die
bereits zum grössten Teil im zweiten Bande verbessert worden
sind. Es wäre zweckmässig gewesen, diese noch einmal am Schlüsse
des ganzen Werkes zusammenzustellen, ebenso Verbesserungen, wie
die unter AppayyadTksita, wo die Zeit des Autors in Frage kommt.
Der Verfasser des Mallikämäruta heisst nicht Uddandaranganätha,
wie I. 66. 434 angegeben und nicht verbessert ist, sondern Uddandin,
Sohn des Ranganätha, wie ich gezeigt habe (Rudrata's Snigäratilaka
p. 15). Upendraharipäla, der mit einem ? bezeichnet und als Ver-
fasser des Gaudavadhasära angegeben wird (I, 69), ist der Kom-
mentator des Gaüdavaha und liegt gedruckt vor in der Ausgabe
von Shankar Pändurang Pandit (Bombay 1887). Die Angabe unter
Ksemisvara (I, 135), dass dieser Verfasser eines Naisadhänandakävya
sei, ist irrtümlich. Richtig steht I, 306 Naisadhänandanätaka, und
zu streichen ist Bühler 554. Ganavyäkhyäna (I, 142) ist nicht
Name eines Werkes , sondern bezeichnet Vardhamänas Kommentar
zu seinem Ganaratnamahodadhi. Das Citat Mallinäthas zu Kumära-
sainbhava 1, 26 z. B. steht 1, 8 p. 23 in der Ausgabe von Eggeling.
Der Verweis „Preface to Patanjalicarita p. 21" unter Nllakantha-
diksita (II, 65) stimmt nicht. Eine Zusammenstellung der Werke
des Nllakanthadlksita findet sich Kävyamälä XI, 77 Anm., wonach
der Artikel bei Aufrecht zu revidieren sein dürfte. So Hesse
sich noch manches anführen , was unverbessert geblieben ist. Der
dritte Band bringt, wie die beiden ersten, neben dem blossen Ver-
zeichnis der Titel wieder eine Reihe Angaben, die für die Litteratur-
geschichte von Wert sind. Unter Kesavamisra (III, 28) wird er-
währit, Kesavamisra habe auch ein Väkyaratna verfasst, und III, 118
wird dieses Werk aufgeführt. In der That liest die Ausgabe
Benares samvat 1923 fol. 6b, 5 und fol. 30 b, 2 Väkyaratna, die
Ausgabe in der Kävyamälä Nr. 50 (Bombay 1895) aber liest zwar
12, 3 Väkyaratna, aber 72, 12 Kävyaratna, und so lesen auch an
der ersten Stelle die vorzüglichen MSS. in Pünä, die ich kollatio-
niert habe. Das wird also der richtige Titel sein. Hier hätte
auch erwähnt werden können , dass Kesavamisra auch ein Alam-
kärasarvasva geschrieben hat (III, 7), worauf ich bereits 1885 in
den GGA. p. 767 aufmerksam gemacht habe. Dass der Nalodaya
wieder einem Kälidäsa zugeteilt wird (III , 60) ist doch zu vor-
sichtig. Es kann als sicher gelten , dass sein Verfasser Ravideva
ist (Bhändarkar, Report for 1883/84, Bombay 1887, p. 16;
Peterson, Third Report p. 394. 395 No. 310. 311; vgl. Cat. Cat
TL 60) , derselbe Mann , der das Kävyaräksasa oder Räksasakävya
verfasst hat, das von Hoefer, Sanskrit-Lesebuch p. 86 ff. heraus-
gegeben worden ist. Dass zum Nalodaya auch ein Kommentar des
Meissner, Leipziger sernitisttsche Studien, I, 1. 2. 245
Ravideva erwähnt wird (Cat. Cat. 1 . 280 , wo Kh. 84 zu streichen
ist; 11,60), spricht nicht dagegen, da Ravideva ja auch einen
Kommentar zu seinem Kävyaräksasa geschrieben hat, das, wie der
Nalodaya , zuweilen auch dem Kälidäsa zugeschrieben wird. Die
ganz gleiche geschmacklose Art der Dichtung lässt keinen Zweifel,
dass beide Werke denselben Verfasser haben, der nur Ravideva ge-
wesen sein kann. Darauf sei hier nochmals hingewiesen , wie es
bereits ZDMG. 56, 626 geschehen ist, was offenbar Aufrecht nicht
überzeugt hat. Die Neuaufführung von Werken zeitgenössischer
Autoren wie Rämasubrahmanyasästrin (III. 111; vgl. 161) wäre
besser unterblieben. Schlägt man nicht immer gleich unter dem
Verfasser nach , so kann man leicht zu ärgerlichen Irrtümern ver-
führt werden. Den Schluss des Bandes bilden einige kurze Extracts,
die Nachrichten über die Verfasser oder Anfang und Ende des
Werkes geben und Additions and Corrections zu allen drei Bänden.
In dem Extract aus dem Anargharäghava ist zu lesen '^•T^'^T^T-
^T*5T^J, wie bei Hultzsch richtig steht. Ob in dem Extract
aus der GopälatapanTyopanisad mit Recht U^t^«^ bei Kathavate
schweigend in TT^cfSI«^ geändert worden ist. ist sehr zweifelhaft.
Eine Reihe wichtiger Kataloge von Bhändarkar . Bühler , Peterson
macht der Catalogus Catalogorum natürlich nicht überflüssig, aber
viel leichter benutzbar. Die D. M. G. , wrelche die Mittel zu den
beiden ersten Bänden gewährt hatte, konnte leider aus finanziellen
Gründen den Schlussband nicht unterstützen. Um so mehr ver-
dienen die Akademien von Göttingen, Leipzig. München und Wien
den Dank aller Sanskritisten , dass sie durch einen Zuschuss es
dem Verleger Herrn Harrassowitz ermöglichten , das Werk ohne
Verzug zu veröffentlichen. Der indischen Philologie hat Aufrecht
einen unschätzbaren Dienst geleistet. -p p ■ „ _ ^ p i
Leipziger semit istische Studien. Herausgegeben reu
A. Fischer und H. Zimmern. I, 1. 2. 1. Becherwahr-
sagung bei den Babyloniern nach zicei Keilschrifttexti n
aus der Hammurabi-Zeit von Johannes Hunger, cand.
theol. und Dr. phil. 80 S. 2,80 M. 2. Alibabylonische
Rechtsurhunden aus der Zeit der Harnmurabi- Dynastie von
Samuel Daiches, Dr. phü. 100 sT 3/20 M. Leipzig. J. C.
Hinrichs'sche Buchhandlung 1903.
Die beiden ordentlichen Professoren für semitische Sprachen
und Direktoren des semitistischen Institutes der Universitäl L<
Fischer und Zimmern, haben sich entschlossen, eine neue, fort-
laufende Publikation unter dem Namen , Leipziger semitistische
246 Anzeigen.
Studien" herauszugeben. Sie „sollen in erster Linie ein Sammel-
organ für Arbeiten sein . die von Mitgliedern des semitistischen
Instituts der Universität Leipzig geliefert werden." Daneben werden
aber auch die Direktoren des Institutes und andere Gelehrte, „ins-
besondere solche, die der Universität Leipzig angehören oder von
ihr ausgegangen sind", mit Beiträgen vertreten sein. „Der Name
semitistisch soll dabei nur a potiori gelten , sodass also auch
Arbeiten der Nachbargebiete , wie des Sumerischen , Elamitischen,
Persischen. Türkischen, Hamitischen etc. Aufnahme rinden können."
Mehrere Hefte, die im übrigen völlig selbständig und auch einzeln
im Buchhandel zu haben sind , sollen zu einem Bande vereinigt
werden.
Dieses neue Unternehmen ist gewiss mit Freuden zu begrüssen;
denn auf diese Weise wird nicht nur eine Anzahl gediegener Pro-
motionsschriften nicht so verschwinden, wie es bisher der Fall war,
sondern es werden auch von älteren Gelehrten Aufsätze , die als
Zeitschriftenartikel zu umfangreich waren, hier eine würdige Stätte
rinden. Die Namen der beiden Herausgeber bürgen dafür, dass die
Studien nur Gutes bringen werden.
Die erweiterten Dissertationen der beiden Schüler Zimmer ns,
welche ich hier zu besprechen habe, sind in jeder Beziehung lobens-
wert und machen Schülern und Lehrer alle Ehre. Herr Hunger
hat zum Gegenstande seiner Untersuchung zwei altbabylonische
Thontafeln gemacht , die von Ölorakeln handeln. Es sind Omen-
texte, die die Zukunft erschliessen wollen aus den Formen und
Gestalten , die in Öl gegossenes Wasser oder in Wasser gegossenes
Öl annimmt. Wenn jemand krank war oder eine geschäftliche
Aktion unternehmen wollte etc., so Hess er von einem Seher (bdru)
das Orakel befragen. Beide Tafeln müssen ungefähr gleich alt sein
(sie stammen etwa aus der Zeit der ersten babylonischen Dynastie),
rühren aber dennoch gewiss nicht von demselben Schreiber her.
Denn es ergeben sich bei näherem Zusehen allerlei thatsächliche
Differenzen, derart, dass der Vordersatz in beiden Texten überein-
stimmt, die Bedeutung des Omens jedoch verschieden ist; dann aber
wirft der Verfasser von A häufig die Personen (1. und 3. Person)
durcheinander und beachtet auch die Regeln der Grammatik nicht
so genau wie der Schreiber von B. Die grammatische Seite hätte
überhaupt von H. noch etwas mehr berücksichtigt werden können ;
z. B. sind die Texte für die Konstruktion der Bedingungssätze sehr
wichtig. Speciell in letzter Zeit ist so viel neues Material aus altbaby-
lonischer Zeit veröffentlicht worden, dass es gewiss zur Bearbeitung
einer altbabylonischen Grammatik ausreicht. Wie man immer deut-
licher sieht, fällt in diese Zeit Cd. h. etwa 2000 v. Chr.) die Blüte
der babylonischen Litteratur ; denn die Texte , auf die wir bisher
unsere Grammatik aufgebaut haben , schrieben schon ganz anders,
als man damals sprach. Gewiss wurden nicht erst zur Seleuciden-
zeit, wie es jetzt durch die äusserst wertvollen Publikationen von
Meissner, Leipziger semit ist /'.sehe Studien, I, 1.2. 24 (
Pincbes erhärtet wird, die Endungen der Nomina abgeworfen,
sondern waren es schon viel früher.
Unsere Becherweissagungen sind recht schwierig zu verstehen.
Besonders eine Anzahl technischer Ausdrücke sind noch dunkel.
Hungers treffliche Übersetzung hat schon viele Schwierigkeiten
weggeräumt, manche bleiben aber noch bestehen. Vielerlei ist auch
noch unsicher und mit den vorhandenen Hilfsmitteln nicht zu ent-
scheiden. So kommt es, dass man mehrfach eine andere Auffassung
haben kann, ohne sie beweisen zu können. Ich begnüge mich daher
mit einigen Kleinigkeiten.
S. 3. Zu den Zeugnissen über Lekanomantie bei den Griechen
füge noch hinzu Pseudo-Kallisthenes I, 1, wo König Nekta-
nebos kleine Schiffchen in einem Gefäss schwimmen lässt und durch
deren Behexung die feindlichen Flotten verhindert, in Ägypten zu
landen. Für talmudische Lekanomantie vgl. Blau. Das altjüdische
Zauberwesen S. 42.
S. 10, 8. Der Lautwert BIR(?) ist meines Wissens durch
nichts gerechtfertigt; dagegen hatte das Zeichen sicher den Laut-
wert MA$; vgl. Scheil in Masperos Rec. XIX, 56; MVAG. 1903,95.
A, 6 vielleicht : wird Samas die Sonne (jenem) Manne zu seiner
Belebung schenken. Zu erösu vgl. auch B. 47, 65.
A, 7 vielleicht zu lesen: sarap (ü) Samswn la-bi-ru eil awtlim
ibdii = lasten alte Schulden (?) des Sonnengottes auf diesem Manne.
Vgl. aes alienum.
A, 19 ist vielleicht is-ta-la-la = sich wegzieht zu lesen.
A, 39 wohl ga-ri-a-at = wird die Unternehmung, zu der der
Mann auszieht, unglücklich ausfallen.
A, 40: pitrustu ist eventuell von paräsu, paräsu abzuleiten,
das dann die Bedeutung „Entscheidung, Prozess" hätte.
In der Unterschrift bedeutet MU-BI- IM wohl nicht „Spruch",
sondern wie MU-AS-AS „Zeile".
B, 2. marälam steht wohl einfach für toaräkim; denn auch
in dieser Zeit werden die Trc-Zeichen neben v !»- zum Ausdrucke
von i angewandl.
B, 8. takaltu bedeutet gewiss „Eingeweide" resp. einen Teil
der Eingeweide; s. MVAG. 1904, 138.
B, 14 ist doch wohl zu verbinden a-hi ta-na-an-di-i-ma
wenn du einen als männlichen, einen als weiblichen Teil hin
B, 21 wohl: Sturz des Widersachers d. h. des Prozessgegners.
B, 23 ist eventuell aufzufassen: wenn der Rand des Öles etwas
grünlich ist (wenig in Bezug auf Grünlichkeit).
B, 47 ist wohl zu übersetzen: dem Menschen wird sein Gotl
das, um was er bittet, gewähren. Vgl. A, 6.
B, 60. Zu burbuhutu ist vielleicht K. ;». Recto 29 (ZA. W II
268) bur-bu- '-a-tum zu stellen.
248 Anzeigen.
B. 61 ist jedenfalls zu lesen assat awelim wa-zu(l)-u-tam
illah = die Frau des Mannes wird (das Haus) verlassen. Vgl. A, 16.
Auch die zweite Abhandlung bietet viel des Interessanten.
Daiches giebt uns eine grosse Anzahl Kaufverträge (a. Grund-
stücke, b. Sklaven) aus der Zeit der ersten babylonischen Dynastie
in Umschrift und Übersetzung nebst ausführlichem philologischen
Kommentar. Diese Verträge sind nicht nur für den Assyriologen
und Rechtsvergleicher wichtig, sondern sind auch eine wahre Fund-
grube für den Historiker und Religionsforscher. So zeigt Daiches,
dass der bekannte Immeru zur Zeit des Sumula-ila regierte und
zwar als Unterkönig oder Usurpator in Sippar. Auch Namen anderer
Usurpatoren aus dieser Zeit werden bekannt gemacht: Bunguni-ila
und Anmanila. Seit der Zeit Zabus erscheint dann Sippar pacifi-
ciert und endgültig Babylon unterworfen.
Die Eigennamen dieser Zeit, deren Studium Ranke so schön
in Angriff genommen, sind wiederum für den Religionsforscher von
grosser Wichtigkeit. Aber auch dem Philologen bringen sie zu-
weilen eine unverhoffte Freude, z. B. dadurch, dass sich Worte als
Eigennamen erhalten haben , die als Gattungsnamen verloren ge-
gangen oder uns noch nicht bekannt geworden sind. Der häufige
Eigenname Samarah (Bu. 88-5-12, 222, 14 in MAP. 37) und Su-
muräh (B. T. IT, 39, 1; 50, 7) wird von Pick, Assyrisches und
Talmudisches S. 15 sicherlich mit Recht zu dem nabatäischen Eigen-
namen mwia gestellt. Es ist gewiss nichts anderes als das bisher
unbekannte babylonische Äquivalent von arab. jj^-^-Ä, jj.L+*o. Noch
heute nennt man im Iraq die männliche Blütenrispe sarmüh. Gewiss
ein bezeichnender Name für einen jungen Sohn !
Ich lasse einige Bemerkungen folgen:
S. 13. Reisner hat die altbabylonischen Flächenmaasse
(SBAW. 1896, 417 ff.) nach Telloh-Tafeln bestimmt. Dass seine An-
gaben auch für unsere Zeit zutreffen, beweist z. B. Bu. 88-5-12, 186
(B. T. II, 8), wo ^^ GAN (d. i. 400 SAR) + ■. GAN (d. i. 200 SAR)
= »— < GAN (d. i. 600 SAR) gesetzt werden. So ist diese Rechnung
natürlich aufzufassen. Von beiden Stücken Landes wird ein be-
sonderer Zins verlangt; daher ist Z. 21 auch — — , nicht *— « zu lesen.
S. 13 unten. Daiches' Ausführungen über den Namen Ja-
jri-um sind wichtig; denn sie zeigen gegenüber Delitzsch, dass
dieser Name jedenfalls nicbts mit mr^ zu thun hat.
S. 20, 6. Das Zeichen ist weder SAL noch IJI, sondern, wie
man jetzt aus dem Hammurabi-Codex weiss (s. a. S. 43) , ein aus
SAL -f- VIS gebildetes Zeichen mit der wahrscheinlichen Aus-
sprache as.satu.
S. 31, 1. tap{w)irtu = Umgebung, Flur, wofür in späterer
Zeit tamertu geschrieben wird, ist jedenfalls von einem Stamme
-r abzuleiten; vgl. ZA. XVII, 247.
Meissner. Leipziger semitistische Studien, I, 1. '2. 9-W
S. 42, 1 scheint mir die Lesung lu-ga-nim empfehlenswerter,
weil daneben auch ha-ga-nim (MAP. 49, 6) vorkommt.
S. 45, 8 ist vielleicht U(\)-bar-La-ma-zt zu lesen; vgl. S. 42, 30.
S. 47 zu Z. 24. Die Verwandlung von k in g hei einer Li-
quida findet sich also schon in so früher Zeit. Ein zweites sicheres
Beispiel ist Bu. 88-5-12, 184, 12 (B. T. IV. 12): swmka u zi-gi-ir-ka
für zikirka. Aus späterer Zeit erwähne ich nur isankanga =
iSakanka, guhlu = Kbiro, Tukulti-apal-Esarra = ^iDNbEnban etc.
S. 60. Bei dem Gottesnamen Pir ist vielleicht an den, be-
sonders aus assyrischen Freibriefen bekannten Gott Bir zu erinnern.
S. 95. Nr. 26 ist ein interessanter Vertrag. Ein Ehepaar kauft
einem Vater seine Tochter ab , mit der Bestimmung , dass das
Mädchen dem Manne als Nebenfrau, der Gattin als Magd dienen
soll. Gewöhnlich brachte die Ehefrau schon eine Dienerin als Neben-
frau ihres Mannes in die Ehe mit. Auf Bu. 91, 5 — 9, 2176 A
(B. T. II, 44), einem Texte, den schon Pinches, JRAS. 1897, 607 als
Bu. 88-5-12, 21 (MAP. 70) entsprechend erkannt hat, wird auch
bestimmt, dass die Magd und Nebenfrau Iltani ihrer Herrin Taräni-
Sagila dienen soll: (17) u Il-la-ni si-bl sa Ta-ra-am-Sag-ila
i-mi-zi-i1) (is)kiissa-sa a-na bit i-li-sa i-na-si zi-nl sa Ta-ra-
am-Sag-ila {m)Il-ta-ni i-zi-ni sa-la-mi-sa i-sa-lim lcu-nu-ki-sa
u-ul i-bi-te 2) = und Iltani soll die Füsse der Taram-
Sagila waschen, ihren Stuhl in das Haus ihres Gottes tragen, die
Taram-Sagila (Acc.) soll Iltani (Nom.) schmücken (frisieren)8), sich
um ihr Wohl kümmern, was sie versiegelt, nicht öffnen ....
Als weitere Hefte der Studien sind in Aussicht genommen :
Pröbster, Ibn Ginni's Kitäb al-Mugtasab herausgegeben; Stumme,
Maltesische Studien ; ders. , Maltesische Märchen , Gedichte und
Rätsel in deutscher Übersetzung4); Böllenrücher, Gebete und
Hymnen an Nergal; Fischer, Symmicta arabica I; Zimmern,
Die babylonischen Lehnwörter, insbesondere im Hebräischen und
Aramäischen. Wünschen wir dem neuen Unternehmen schönen
Erfolg und guten Fortgang ! Bruno Meissner.
1) Vgl. dazu K. 1G4, Vs. 2, 19 (BA. II, 635 f.); IV K. 44, 22b.
2) Die letzte Zeile ist mir unverständlich. Die Bestimmung übrigens für
den Fall, dass Taram-Sagila und Iltani zu ihrem Manne sagen: Du bist nicht
mein Mann, lautet: is-tu AN(?)-ZAG(?)-GAR-KI i-na-du-ni-ili-na-t',
soll man sie von dem . . . herabwerfen. Ich vermutete gleich, dass AN-ZAG-
GAR hier = [AN]-ZA-KAR = dimtum 11 R. 7, 30) wän-. wie Jensen.
KB. II, 212 scharfsinnig ergänzt. Dass meine Vermutung richtig war, bestätigt
Bu. 91,5 — 9, 407, ll (B. T. VI, 25) : AJi-hu-a-ia-bi i-zi-ir-Su-ma ii-tu di-im-
tim i-na-du-ni-ii-ii = wenn Ahhuaiabi ihn feindselig bebandelt , soll man sie
vom Pfeiler (etwa: Thurm auf der Stadtmauer? berabwerfen.
3) Vgl. arab. ^.
4) Inzwischen als Beft I. 5 erschienen.
250 Anzeigen.
Pancaiati-p>rabodha-sambandhah o le Cinquecento
novelle antiche di Subkasila-gani. edite e tradotte per cura
di Ambrogio Ballini. Firenze 1904.
Es liegt von der Schrift — was das Titelblatt in keiner Weise
andeutet! — einstweilen nur ein erstes Heft vor (mit IV -f-
83 Seiten). Darin sind Text und Übersetzung der ersten 50 Er-
zählungen enthalten. Das Heft bildet einen Separatabdruck aus
Pulle's Studi Italiani di fdologia indo-iranica. Wenn der italie-
nische Titel die Erzählungen als „alt" (antiche) bezeichnet, so
darf man das nicht ernst nehmen. Von den 50 vorgelegten Stücken
sind fast alle nichts weiter als neuere (meist ganz einfältige)
Anekdoten aus dem 13. bis 15. Jahrhundert (die Sammlung
selber ist abgeschlossen worden im Jahre 1464 A. D.). Alt sind
sicher die Nummern 1 und 44 (beide stammen aus den Ävasyaka-
Erzählungen a) , vermutlich auch noch ein paar andere Nummern.
Man beachte die Torengeschichten 24, 25 und 48; vielleicht finden
sich da Berührungen mit den Torengeschichten des Kathäsaritsä-
gara oder anderer älterer Texte. Von Nägärjuna handelt 26, von
Krsna-Dvaipäyana 46. In 28 erweckt der Refrain tasmäj jätir
akäranam den Eindruck alter Herkunft.
Ballini hätte die Arbeit noch zurückhalten können, bis er im
Sanskrit und Präkrit etwas sicherer geworden wäre. Man findet
ausser den Druckfehlern öfter Anfänger- Verstösse ; z. B. ersetzt er
p. 5 die handschriftliche Lesart visismiye durch visismiye; statt
ajänan (Nom. Sing.) druckt er p. 2 ajnänan und p. 5 ajanan,
statt paräbhava p. 22 und p. 23 paräbhäva. Am schlimmsten
kommen natürlich die Präki-it- Stellen weg. Ganze Fehler-Nester
sind z. B. der Text und die Sanskrit-Paraphrase sowie die Über-
setzung der in der Nägärjuna - Geschichte vorkommenden Gäthä
(p. 23 Mitte und Note 1, sowie p. 63).
Da wir nach vieljährigen Bemühungen nunmehr seit dem Genfer
< »rientalisten-Kongress eine einheitliche Transkription des
Sanskrit (und Präkrit) besitzen, die unter anderm bereits von
Anfang an in Bühler's Grundriss zur Anwendung gekommen ist,
so wäre zu wünschen, dass sie auch von möglichst Vielen befolgt
würde. Zumal jüngere Gelehrte, die nicht durch ältere Gewohn-
heiten beeinflusst sein können, haben keinen Grund, sich dem Con-
sensus zu entziehen. Ballini mag in späteren Heften seine Tran-
skription umso eher preisgeben , als er dann ja wohl auch über
sein gegenwärtiges Anfänger- Sanskrit hinauszukommen wünscht.
Ernst Leumann.
1) Nr. 44 findet man in den Abbandl. für die Kunde des Morgenl.
X. Band, Nr. 2, p. 14—19.
251
Wissenschaftlicher Jahresbericht
über die morgenländischen Studien im Jahre 1903.
Das Semitische
mit Ausschluss des Sabaeo-Minäischen und der abessinischen Dialekte,
sowie der alttestamentlichen Studien.
Von
C. lirockeliiiann.
Die vergleichende Grammatik der semitischen
Sprachen muss leider noch immer als ein Stiefkind unserer
Wissenschaft bezeichnet werden. Während auf dem Nachbargebiet
der idg. Sprachwissenschaft die Forschung alljährlich reiche Früchte
zeitigt, harrt hier noch ein fast jungfräulicher Boden der Arbeiter.
Die in früheren Jahrzehnten wohlberechtigte Klage über Mangel an
Stoff zu vergleichender Betrachtung ist heute längst hinfällig ge-
worden, wenn auch das Material der einzelnen Sprachen bei weitem
noch nicht so gründlich verarbeitet und so bequem zugänglich ist
wie auf idg. Gebiet. Das ist vielleicht eher ein Vorzug für den
Semitisten , dass er sich den linguistischen Stoff fast überall erst
durch philologische Arbeit selbst erwerben oder doch zurüsten muss;
das wird ihn vor manchen Gefahren einseitiger Arbeitsrichtung be-
hüten. Ein Mangel aber, der sich immer wieder fühlbar macht
und z. Z. noch jeden wirklichen Fortschritt zurückhält, ist der einer
allseitig anerkannten, auf den Erfahrungen der allgemeinen Sprach-
wissenschaft basierten Methode der Forschung. Während auf idg.
Gebiet jeder Arbeiter, der ernst genommen werden will, von den
feststehenden Ergebnissen der sprachgeschichtlichen Prineipienwissen-
schaft d. h. der Sprachpsychologie sich leiten zu lassen hat (Brug-
mann, KVG. p. 30). glaubt man in der Semitistik das klippenreiche
Meer der Sprachvergleichung noch ohne diesen Kompass befahren
zu können. Nur wer sich darauf beschränkt, das bekannte Material
hübsch säuberlich zu gruppieren wie J. Lajciak (Die Plural- und
Dualendungen am semitischen Nomen. Diss. Leipzig L902), mag
252 Wis&enschaftliohetr Jahresbericht.
nicht so scheitern wie Ungnad mit seiner Erklärung der hebr.
Segolate (ZA. 17, 333 ff.). Völlers (ZA. 17, 305 ff.) sucht das
Verhältnis von il und iläh , das er als Vokativ nimmt, das Qätil-
Particip, das er zum III. Stamm des Arab. stellt, und die arab.
IWunderungsformeln neu zu erklären; aber so lange die Er-
forschung des semitischen Vokalismus noch zu keinen festen Resul-
taten geführt hat, fehlt jeder Formerklärung der sichere Untergi-und.
Der Versuch des Ref., wenigstens an einem Punkte Einblick in die
Gesetze des Vokalismus zu gewinnen, musste natürlich den energischen
Widerspruch des Hauptvertreters der Formerklärung ohne phone-
tischen Unterbau (s. Barth, diese Zeitschr. 57, 628 ff.) erregen.
Auf babylonisch-assyrischem Gebiete steht mit Recht
die von der französischen Expedition in Susa gefundene Gesetzes-
sammlung des Hammurabi im Vordergrunde des Interesses. Der
Ausgabe und französischen Übersetzung von S c h e i 1 (Delegation en
Perse. Memoires t. IV) ist alsbald die Verdeutschung von Win ekler
(Der alte Orient, 4. Jahrg. Heft 4) gefolgt. Auf die schon recht
zahlreichen an diese beiden Übersetzungen sich anschliessenden mehr
oder weniger populären Darstellungen (z. B. von C. H. W. Johns,
Lagrange, G. Cohn, S. Öttli, J. Jeremias) kann hier nicht näher
eingegangen werden. Recht verdienstlich ist der Versuch von
Ungnad (ZA. 17, 333 ff. w. f.), die Syntax dieses längsten altbaby-
lonischen Textes darzustellen. Eine neue deutsche und hebr. Über-
setzung mit einer rechtsvergleichenden Einleitung hat D. H. Müller
soeben geliefert. Eine Neuausgabe des Textes mit englischer Über-
setzung stellt R. F. Harper in nahe Aussicht; von Peisers deutscher
Übersetzung mit juristischen Erläuterungen von Kohler ist eben der
1. Band erschienen. Einen Teil des für die Würdigung dieser Gesetze
unentbehrlichen gleichzeitigen Urkundenmaterials hat S. Daiches
(Leipziger semit. Stud. I, 2) höchst sorgfältig bearbeitet. In eine
z. T. noch ältere Zeit führt uns Thureau Dangins aus den Funden
von Telloh stammender Recueil de tablettes chaldeennes (Paris 1903).
Demselben Gelehrten verdanken wir den Anfang einer höchst sorg-
fältigen Umschrift und Übersetzung des Cylindei'S A von Gudea,
eines der wertvollsten Denkmäler des Sumerischen (ZA. 16, 344
— 62). Äusserst lehrreich ist ein Vergleich mit der Bearbeitung
dieses Textes von Oppert (Compt. rend. 1901, 112—128, 1902,
360 — 412). Aus den Funden von Telloh stammen auch die von
Ch. Virolleaud (Comptabilite chaldeenne. 2 voll. Poitiers 1903)
mitgeteilten Texte.
Die Leiter des British Museum haben ihren unsterblichen Ver-
diensten um die Assyriologie ein neues hinzugefügt, indem sie durch
Budge und King eine Neuausgabe der bisher hauptsächlich in den
z. T. veralteten Bänden der WAL vorliegenden Annalen der assy-
rischen Könige mit Umschrift und engl. Übersetzung veranstalten;
der erste glänzend ausgestattete Band der Annais of the Kings of
Assyria (Lond. 1902) reicht bis zu Assurnäsirpal einschliessli.ii.
Brockelmann, Das Semitische. 253
Während dieses Werk gewisserinaassen als krönender Schluss-
stein eine erste Periode assyriologischer Forschung zu einem glück-
lichen Ende führt, regen sich in freudigem internationalen Wett-
bewerb zahlreiche Kräfte , die noch unermesslichen Schätze der
religiösen und gelehrten Litteratur des Zweistromlandes zu er-
schliessen. Einen Teil der von Craig kopierten religiösen Texte
hat F. Martin (Bibl. de l'ecole des hautes etudes fs. 130) um-
schrieben, übersetzt und z. T. auch erläutert. Sein Lehrer Ch. Vir ol-
le au d (L'astrologie chaldeenne fs. 5 — 8) setzt das von Epping einst
so glücklich inaugurierte Studium der „chaldäischen" Weisheit fort.
In die Sphären des niederen Heidentums führen uns die von R. Camp-
bell Thompson (The Devils and Evil Spirits of Babylonia, vol. I.
Lond. 1903) mitgeteilten Texte. Dem Scharfsinn Fr. Hroznys ist
es geglückt, in einem schon längst als „Hymnus an Ninib" (Winckler-
Abel p. 60) bekannten Texte ein episches Fragment zu erkennen
und dies mit verwandten Stücken aus den Sammlungen des Brit.
Mus. zu kombinieren (Sumerisch -babyl. Mythen von dem Gotte
Ninrag [so ist nach H. für NIN-IB zu lesen] MVAG. 1903 Nr. 5):
aus dem mythologischen Exkurs sei nur erwähnt, dass er die schon
zu Gudeas Zeit hochverehrte Göttin Bau, die Tochter des Himmels-
gottes Anu. auf den Regenbogen bezieht. In das Reich der Mantik
führt uns die fleissige Arbeit von J. Hunger (Becherweissagung bei
den Babyloniem nach zwei Keilschrifttexten aus der Hammurabi-
zeit. Leipz. sein. Stud. I, 1). Wie gefährlich es ist. babyl. und
hebr. Religionswesen allzu vorschnell zu vergleichen, zeigt recht
deutlich eine zwischen J. D. Prince und Fossey (s. zuletzt JA.
s. 10 t. II p. 133 ff.) geführte Polemik über den angeblichen Sünden-
bock der Babylonier, in der Fosseys vorsichtige Zurückhaltung nur
zu billigen ist. Von rein sprachlichen Untersuchungen ist nur noch
die von P. Leander (Die sumerischen Lehnwörter im Assyr. Upsala
1903) zu nennen. .
Von M. Jastrows Darstellung der Religion Babyloniens und
Assyriens, die als erste Zusammenfassung eines sehr weitschichtigen
Materials dankenswert ist, aber nicht ohne Vorsicht benutzt werden
darf, erscheint jetzt eine vielfach umgearbeitete deutsche Über-
setzung (Lief. 1 — 4. Giessen 1902/3). Wertvoller und verlässiger
ist die leider durch die stete Rücksicht auf das zu vergleichende
biblische Material beschränkte Schilderung des bab.-ass. Religions-
wesens von H. Zimmern in der 3. Aufl. von E. Schraders „Die
Keilinschriften und das A. T." Einen für weitere Kreise berechneten
Auszug aus diesem Werke giebt Zimmern in „Keilinschriften und
Bibel nach ihrem reUgionsgeschichtlichen Zusammenhang" (Berlin
1903), einer der wenigen erfreulichen Früchte der Babel- Bibel-
Affaire: 29 weitere aus demselben Anlasse entstandene Broschüren
bespricht Jensen, LCbl. 1903 v. 12. Dez., Sp. 1699 ff. Gleichfalls
für weitere Ki-eise berechnet ist die namentlich auch der treffli
Illustrationen wegen höchst empfehlenswerte Monographie von ('.
254 Wissenschaftlicher Jahresbericht.
Bezold „Ninive und Babylon" (Bielefeld u. Leipzig 1903). Das
unternehmen der renommierten Harlemer Kunstfirma Kleinmann
k Co., die assyrischen Skulpturen der Museen zu London und Paris
in sehr gelungenen und wohlfeilen Lichtdrucken zu reproducieren,
ist leider noch nicht über die 4. Lieferung hinausgekommen.
Durch die Jahrhundertwende ist Hilp rechts „Explorations in
Bible Lands during the 19th Century" (Edinburgh 1903) veranlasst.
Den grössten Raum nehmen natürlich die assyr.-bab. Ausgrabungen
ein und unter diesen wieder der Bericht über die, trotz mancherlei
vielleicht nicht wieder gut zu machender Fehler ausserordentlich
ergebnisreichen, Arbeiten der amerikanischen Expedition zu Nuffar.
In vier Anhängen schildern Benzinger die Palästinaforschung,
H o m m e 1 die archäologische Erschliessung Arabiens, Steindorff
die Ägyptologie, Jensen die Erforschung der hittitischen Denkmäler.
Für das Gebiet der semitischen Epigraphik können wir
auf die erschöpfende und zuverlässige Berichterstattung in M. L i d z -
barskis „Ephemeris" (II, 1, Giessen 1903) verweisen und uns mit
der Erwähnung einiger besonders wichtiger Arbeiten und Funde be-
gnügen. Ein seines billigen Preises (16 s.) wegen namentlich auch
für Vorlesungszwecke sehr geeignetes „Textbook of North-Semitic
Inscriptions" hat G. A. Cooke (Oxford, Clarendon Press) geliefert.
In Phönicien sind am Esmüntempel bei Sidon vier gleich-
lautende Bauinschriften des Königs Bod-Astart, Enkels Esmünazars L,
gefunden. Beiträge zur Erklärung dieses z. T. noch recht dunkeln
Textes sowie eine neue ebenda gefundene Inschrift desselben Königs
giebt C. C. Torrey im Journ. of the Americ. Or. Soc. 24, 211 ff. Über
eine gleichfalls in Sidon von H. Winckler entdeckte altaramäische
Bauinschrift liegen noch keine näheren Berichte vor.
Unsere Kenntnis des älteren Aramäisch fördern einige von
A. Cowley (Proc.SBA. 25, Nr. 8 ff., 259 ff.) publicierte Papyrus-
urkunden aus Ägypten. Historisches Interesse bietet auch das von
J. Euting (Notice sur un papyrus egypto-arameen de la Biblio-
theque Imperiale de Strassbourg, Mem. pres. par div. sav. ä TAcad.
des Inscr. et Belles-Lettres , Paris 1903, vgl. Halevy, Rev. Sem.
XII, 67 ff., Clermont-Ganneau, CR. 1903, p. 364, Spiegelberg, OLZ.
1904 Sp. 10) publicierte Fragment, das von einem um d. J. 14
des Darius 411/10 ausgebrochenen Aufstande meldet.
Für das Studium des J ü d i s c h - A r a m ä i s c h e n hat Gins-
bürg er mit seiner Ausgabe des PseudoJonathan zum Pentateuch
nach der Londoner Hds. Br. Mus. add. 27 031 eine wichtige Quelle
erschlossen. Nach dem Vorgang von Praetorius haben L. Wolf söhn
(Das Targum zum Propheten Jeremias, Diss. , Halle 1902) und
S. Silbermann (Das Targum zu Ezechiel, Diss., Strassburg 1902)
weitere Stücke aus der durch ihre supralineare Punktation wert
vollen Berliner Hds. aus Südarabien vorgelegt. Kleine Beiträge
zum targumischen Wörterbuch bietet S. Fraenkel in der Festschrift
zum 70. Geburtstage A. Berliners.
Brockelmann, Das Semitische. 255
Für das seit Kohn's Untersuchungen leider allzusehr vernach-
lässigte s am a ritanische Pentateuchtargum teilt P. Kahle (ZA.
17, 1 ff.) neue Fragmente mit. Die spätere Geschichte der Sama-
ritaner war uns bisher hauptsächlich aus drei arabischen Chroniken
bekannt; einen neuen Text der Art haben E. Adler und M. Selig-
mann (Rev. et. juiv. t. 45 p. 253 ff., t. 46 p. 123 ff.) veröffentlicht.
Die Erforschung des christlich-palästinischen Dialekts
hat Fr. Schulthess, „Lexicon Syropalaestinum" (Berolini MCMIII)
zu einem vorläufigen Abschluss gebracht; er verzeichnet vollständig
das Sprachgut nicht nur der bisher gedruckten Texte, sondern auch
das der von Br. Vi ölet in der Umaijadenmoschee zu Damaskus ge-
fundenen Hdss., deren Veröffentlichung durch den glücklichen Ent-
decker noch zu erwarten ist.
Die syrische Philologie kann auch auf das abgelaufene Jahr
als ein ertragreiches mit Befriedigung zurückblicken. Die Lösung
einer ihrer wichtigsten Aufgaben , eine kritische Bearbeitung der
Pesitä zum A. T. , gehört freilich immer noch zu den frommen
Wünschen, deren Erfüllung aus hier nicht zu erörternden äusseren
Gründen leider noch immer in weitem Felde zu stehen scheint. So
können denn auch Untersuchungen zu einzelnen Büchern, vor denen
als z. Z. keinen Erfolg versprechenden Themen zu Erstlingsschriften
schon vor Jahren Schulthess mit Recht, aber leider vergeblich, ge-
warnt hat, wie sie J. Holtzmann zur „Weisheit" (Freiburg 1903)
geliefert hat, nur relative und ephemere Werte schaffen. Als Vor-
arbeit für eine solche Ausgabe dankenswert, aber auch für Gram-
matik und Lexikographie sehr lehrreich sind die Mitteilungen aus
der jakob. und nestor. Masora, die G. Die t trieb 1899 zu Jesaias
und jetzt zu Ruth (ZATW. 22 , 193 ff.) gemacht hat. Grösseren
Erfolg verspricht z. Z. das Studium der neutestamentlichen Schriften,
für die schon ein reiches Material vorliegt. In die Anfänge der
syr. Litteratur führt uns A. Hjelt („Die altsyrische Evangelienüber-
setzung und Tatians Diatesseron", Forsch, z. Gesch. d. neutestam.
Kanons und d. altchristl. Lit. v. Th. Zahn VII, 1), während W. Bauer
(„Der Apostolos der Syrer in der Zeit von der Mitte des 4. Jahrb.
bis zur Spaltung der syr. Kirche", Giessen 1903) die allmähliche
Vollendung des neutestamentlichen Kanons schildert. G. Hoff-
mann hat die beiden berühmten Hymnen aus den Thoroasakten
(ZNTW. 4, p. 273—309) neu herausgegeben, übersetzt und in
einem feinsinnigen Kommentar erläutert. Aus der altchristlichen
Übersetzungslitteratur lieferte Mrs. G i b s o n eine neue Ausgabe
der Didascalia Apostolorum mit Übersetzung (Horae semiticae 1 1.
London 1903). Eine sorgfältige, auf erneuter Kollation der ein-
zigen Londoner Hds. beruhende Untersuchung über den Text von
Eusebius' Theophanie mit einem dankenswerten syr.-griech. <ilos>ar
gab H. Gr essmann (Gebhardt u. Harnack, Texte u. Unters., N. F.
VIII, 3). Eine Ausgabe der Briefe des Patriarchen Severus von
Antiochia in der syr. Übers, des Atbanasius von Nisibis bat E. W.
256 Wissenschaftlicher Jahresbericht.
Brooks (I. 1. Lond. 1902) begonnen. Die profane Übersetzungs-
litteratur ist durch P o g n o n s Ausgabe der Aphorismen des Hippo-
crates vertreten (Leipzig 1903). Die syr. Serie des Corpus scrip-
torum christianorum orientalium wird würdig eröffnet mit Guidis
Ausgabe und Übers, der Chronica minora, der edessenischen und
der von ihm selbst 1891 zuerst herausgegebenen anonymen nesto-
rianischen Chronik a. d. J. 670 — 80. Die im J. 1895 mit Parisots
Aphraatesausgabe eröffnete Patrologia syr. ist glücklich zu einem
2. Bande gediehen, in dem Kugener (Vie de Severe par Zacharie
le Scholastiopie, Paris 1903) die von Spanuth im Kieler Gymnasial-
programm für 1893 veröffentlichte Biographie in Text und Über-
setzung von neuem vorlegt. Dem unermüdlichen P. Bedjan
verdanken wir eine vollständige Ausgabe der Homilien des Isaak
von Antiochia (t. I. Leipzig 1903), deren Veröffentlichung Bickell
vor 26 Jahren mit dem 2. Bande hatte liegen lassen müssen. Aus
der so unendlich reichen hagiographischen Litteratur hat F. Macler
die Histoire de St. Azaza'il publiciert, über die in dieser Zeitschr.
demnächst genauer zu berichten sein wird. Eine reiche Quelle zur
Geschichte der ostsyrischen Kirchenlehre und -Verfassung eröffnet
J. B. C h a b o t s Synodicon Orientale (Not. et Extr. d. mss. d. 1. Bibl.
Nationale, t. 37. Paris 1903). G. Diettrich („Die nestorianische
Tauf liturgie, ins Deutsche übers, und unter Verwertung der neuesten
handschr. Funde hist.-krit. erforscht", Giessen 1903) hat einen wich-
tigen bisher nur aus unvollkommenen Drucken bekannten liturgischen
Text mit Hilfe von fünf Berliner und einer Londoner Hds. mannig-
fach gebessert; seine Untersuchung aber über die Geschichte dieses
Textes , den er für viel zu jung hält und in den er ganz haltlose
dogmengeschichtliche Voraussetzungen hineinträgt, muss mit Baum-
stark, Or. Christ. II, 219 ff, als verfehlt bezeichnet werden.
Die Arabistik hat noch aus dem Vorjahre einen wichtigen
archäologischen Fund zu verzeichnen. K. Dussaud (vgl. Rev. arch.
1902, II, p. 409 ff.) entdeckte in en-Nemära, südöstl. von Damaskus,
eine Grabinschrift eines in griechischer und arabischer Überliefe-
rung sonst ganz unbekannten Königs Mar'alqais ibn 'Amt (den
P eiser, OLZ. Juli 1903, gegen die einfachsten Regeln historischer
Methode mit dem gleichnamigen Fürsten von Hira identiticieren
will) aus d. J. 328 n. Chr. Der Verstorbene wird als König aller
Araber, der die Krone getragen und beherrscht hat die beiden Asad
und Nizär und die Könige, bezeichnet; dann meldet der noch nicht
in allen Einzelheiten verständliche Text von seinen militärischen
Erfolgen und seinen Beziehungen zu Rom. Die Schrift zeigt den
späteren nabatäisch-sinaitischen Typus und steht dem älteren Arabisch
sehr nahe (M. Lidzbarski, Eph. II, 34). Die Sprache zeigt schon
durchaus schriftarabisches Gepräge mit nur leichtem dialektischen
Einschlag. Eine ausgezeichnete Übersicht über den jetzigen Stand
unserer Kenntnis der Zustände im alten Arabien nach den litte-
rarischen Quellen und den Denkmälern giebt F. Buhl in der sehr
Brockelmann, Das Semitische. 257
ausführlichen Einleitung seines Muhammeds Liv (Köbenhavn 1903);
die Biographie selbst, die mit gründlicher Quellenkritik liebevolles
Verständnis für die religiöse Entwicklung des Propheten verbindet,
wird man als die z. Z. beste Darstellung des Themas bezeichnen
dürfen. Als Vorfrucht der akademischen Ibn Sa'd- Ausgabe beschenkt
uns Sachau (SBBerl.Ak. 1902 Nr. 15 S. 292 ff., 1903 Nr. 3 S. 16 ff.)
mit einer Charakteristik der beiden ältesten Chalifen , wie sie in
der frommen Erinnerung des 2. Jahrh. d. H. lebten. Wellhausen
(„Das arabische Reich und sein Sturz", Berlin 1902) verdanken wir
die erste wahrhaft kritische Geschichte der Umaijaden mit einer
grosszügigen Einleitung über die Urgeschichte des Islams. C. H.
Becker behandelt im 2. Heft seiner „Beiträge zur Geschichte Ägypten s
unter dem Islam" (Strassburg 1903) die Anfänge der arabischen
Herrschaft, namentlich in gründlicher und förderlicher Untersuchung
die Steuerverhältnisse, sodann die Geschichte der ersten selbständigen
Dynastie Ägyptens, der Tülüniden, auch hier mit verständnisvoller
Berücksichtigung clerWirtschaftsgeschiehte. Für die spätere Geschichte
des Islams sind namentlich noch Amedroz' dankenswei'te Studien
über die Geschichte der Stadt MaijäfäricjTn zu nennen (JRAS. 1902,
785 ff, 1903, 123 ff). Um die Popularisierung unsrer Studien hat
sich I. P i z z i durch seinen geschickten, wenn auch nur auf sekun-
dären Quellen fussenden, Überblick über die Staaten- und Kultur-
geschichte des Islams (L'islamismo , Manuali Hoepli 333/4, Milano
1903) verdient gemacht.
DesRef. Stoffsammlungen zur arabischenLitteraturgeschichte
haben auch bei unsern romanischen Nachbarn den Anstoss zu zu-
sammenfassenden Darstellungen gegeben. Auf Cl. Huarts „Litterature
arabe" (Paris 1902) ist nun Pizzis „Letteratura araba" (Man. Hoepli
335/6) gefolgt,
Die Erschliessung der altarabischen Poesie hat auch in diesem
Jahre erfreuliche Fortschritte gemacht. Die Gedichte des Muta-
lammis, des Oheims von Tarafa, hat K. Völlers arab. und deutsch
bearbeitet (SA. aus BAss. V, 2). P. Schwarz hat seine Ausgabe des
'Omar b. ab! Rabl'a im Text vollendet und ausserdem noch die
Gedichte des Ma'n b. Aus vorgelegt; Nachträge und Verbesserungen
dazu bietet mit bekanntem Sammelfleiss R. Geyer (WZKM. 1 7. 246 ff. i.
Das wichtigste und erfreulichste Ereignis endlich ist die Vollendung
von W. Ahlwardts „Sammlungen altarabischer Dichter" (s. Nöldeke
diese Zeitschr. 57, 203 ff.) ; in rascher Folge sind auf den 1. Band
zwei weitere gefolgt mit den Diwanen der Regezdiehter al-'Aggäg
und az-Zafajän sowie Ru'ba, Alle Freunde arabischer Poesie werden
zum Abschluss der musterhaften Ausgabe dieser ebenso schwierigen
wie wichtigen Texte dem hochverdienten Bearbeiter wie sich selbst
freudig Glück wünschen.
Auf dem Gebiete des Ad ab, der philologischen Belletristik,
ist G. van Vlotens Ausgabe dreier Werke des Gähiz, über die tür-
kischen Prätorianer der 'Abbäsiden, über den Vorzug der Schwarzen
Bd. LVIII. 17
258 J ' 'issenschaftlicher Jahresbericht.
vor den Weissen und eines seltsamen Pamphlets gegen einen sonst
unbekannten Litteraten Ahmad ibn 'Abdalwahhäb , zu verzeichnen.
Leider, ist es dem Herausgeber, den der Tod in der Blüte der Jahre
dahingeraffi hat, nicht vergönnt gewesen, diese Arbeit noch voll-
u sehn. Hoffentlich gelingt es seinem Lehrer M. J. de Goeje,
der auch die letzten Bogen dieses Buches durch die Presse geführt
hat. van Motens grossartigen Plan einer Gesamtausgabe der Werke
des (>ähiz doch noch zu Ende zu führen. Von des Ref. Ausgabe
der 'Ujün al-ahbär Ibn Qotaibas ist Teil II als Beiheft zum 17. Bde.
der ZA. erschienen. R. Basset giebt (JA. s. 10 t. II p. 43 ff.)
mit bekannter Gelehrsamkeit eine ausführliche Inhaltsangabe zweier
Pariser Hdss. des Erzählungswerks von den 7 Veziren.
Für das Studium der Theologie und Jurisprudenz haben
uns die Kairiner Pressen einige hochwichtige Quellen erschlossen.
Mit dem 30. Bde. (Kairo 1321, Maimanija) liegt nun der freilich
nicht gerade musterhafte Druck von TabarXs grundlegendem Qor'än-
kommentar nach der Hds. der vicekgl. Bibliothek vollständig vor.
1 )as in der gleichen Bibliothek aufbewahrte einzige Fragment des
K. Ihtiläf al-fuqahä' desselben Autors hat Fr. Kern (Kairo 1320)
sachkundig ediert. Von dem Buche des spanischen Zähiriten Ibn
Hazm über die Sekten des Islams (Al-faisal fi 1-milal wa'1-ahwa wa'n-
nihal) sind die beiden ersten Bände (Kairo 1317 — 20) erschienen.
Für die Geschichte der exakten Wissenschaf ten ist Ibn
al-Qiftls Ta'rTh al-hukamä', auf Grund der Vorarbeiten A. Müllers
hrsg. von J. Lippert (Leipzig 1903), zu nennen. Da uns dies Werk
leider nicht im Original, sondern nur in dem nicht ganz einwand-
freien Auszug des Zauzani erhalten ist, so wäre es vielleicht zweck-
mässiger gewesen , nur die Abschnitte , die noch nicht aus seiner
Hauptquelle, dem Filmst, und seinem Ausschreiber Ibn abl Usaibi'a
bekannt waren, drucken zu lassen. Von C. Nallinos Opus astrono-
micum des al-Battäni ist der 1. Teil der Übersetzung (Pubbl. del
R. Osservatorio di Brera in Milano XL, p. 1) mit einer sehr lehr-
reichen Einleitung erschienen. Reiches Material zur Geschichte der
Medicin legt P. de K o n i n g in den „Trois traites d'anatomie arabes
par Muhammed ibn Zakariyyä al-RäzT, 'Ali ibn al-'Abbäs et 'Ali
ibn Sinä" (Leide 1903) in Text und Übersetzung vor; ein Glossar
der termini technici erhöht die Brauchbarkeit des Buchs für den
philologischen Leser. Über das älteste arabische Lehrbuch der
Augenheilkunde , das nicht erhalten und nur noch durch Auszüge
des Hunain b. Ishäq bekannt ist, handelt J. Hirschberg, SBBerl.Ak.
1903, XLIX. Carra de Vaux hat eine vollständige arabische Über-
setzung der Pneumatik und Hydraulik des Philo von Byzanz, die,
im griechischen Original verloren , bisher nur in einem stark ver-
kürzten lat. Auszug aus dem Arab. bekannt war, herausgegeben
und übersetzt (Not. et Extr. d. mss. de la Bibl. Nat. t. XXXVIII).
Für die arabischen Geographen , die uns namentlich durch
M. J. de Goejes Verdienst fast vollständig vorliegen, ist nunmehr
Brockelmann, Das Semitische. 259
die Zeit der Verarbeitung gekommen. Wie viel neues hier, freilieb
nicht für jedermann, noch zu holen ist, zeigen wieder die hier nicht
im entferntesten zu würdigenden „Osteuropäischen und ostasiatischen
Streifzüge. Ethnologische und historisch-topographische Studien zur
Geschichte des 9. u. 10. Jahrh." von J. Marquart, ein neues Denk-
mal der bewundernswürdigen Gelehrsamkeit und der glänzenden
Combinationsgabe ihres Verfassers. Ganz dankenswert ist Else
Reitern eye rs „Beschreibung Ägyptens im Mittelalter, aus den
geogr. Werken der Araber" (Leipzig 1903); hauptsächlich auf MaqrTzT
fusst R. Guest und E. T. Riehmond 's „Misr in the 15* Cen-
tury" (JRAS. 1903, 791 ff.).
Für die christlich-arabische Litteratur ist in diesem Jahre
nichts geschehen, was besondere Erwähnung verdiente; wir ver-
weisen dafür auf die Berichte des Oriens Christianus.
Die arabische Litteratur der Juden hat M. Steinschneider
(Frankfurt a. M. 1902) in einem erschöpfenden bio-bibliographischen
Grundriss dargestellt. Aus dem Wörterbuch Tanchum Jerusehalmis
hat W. Bacher (Strassburg 1903) auch für die arabische Lexi-
kographie dankenswerte Mitteilungen gemacht. Die eschatologischen
Kapitel des Maimonides hat M. Wolff zum 2. Male arab. -deutsch
(Leiden 1903) vorgelegt.
Auch auf dem bisher ziemlich vernachlässigten Gebiet der
islamischen Kunst beginnt es sich mehr zu regen. Der bisher
hauptsächlich der Erforschung römischer Reste zu gute gekommene
Service des monuments historiques de l'Algerie wendet jetzt auch
den arabischen Denkmälern seine Aufmerksamkeit zu. W. und
<r. Marcais liefern in „Les monuments arabes de Tlemcen" (Paris
1903) eine meisterhafte, auf gründlichen Quellenstudien beruhende
und vortrefflich illustrierte Baugeschichte ; besondere Erwähnung
verdient noch die Einleitung, die für die Geschichte der islamischen
Architektur neue und fruchtbare Gesichtspunkte eröffnet. Über
die spanisch-maurischen Lüsterfayencen des M. A. und ihre Her-
stellung in Malaga handelt F. Sarre, unter Mitwirkung von E. Mitt-
woch für die arabischen Quellen, im Jahrb. der Kgl. Preuss. Kunst-
sammlungen 1903. IL
Das fast für alle Zweige der Seniitistik gleich wichtige Studium
der arabischen Dialekte, als der wichtigsten lebenden Be-
tätigung semitischen Sprachgeistes, kann auch in diesem Jahre
wieder eine erfreulich reiche Ernte halten. Xeuarabische Geschichten
aus dem 'Iräq mit einem erweiterten Glossar teilt Br. Meissner
(BAss. V, 2) mit. Nach dem Diktat einer in New York leb
Beiruterin publiciert E. Littmann „Le chant de la belle niere" (JA.
s. 10 t. 2 p. 97 ff.). „Lieder eines ägyptischen Bauern" hat
H. Schäfer gesammelt und übersetzt (Leipzig 1903). Aus Nord-
iiika verdanken wir E. Doutte „Un texte arabe en dialecte
oranais" (Mem. d. 1. soc. ling. de Paris I, 12 p. 335 if.). W. Marcais'
„Le dialecte arabe parle ä Tlemcen, grammaire, textes et glossaire*
260 Wissenschaftlicher Jahresbericht.
(Paris 1902) beruht auf langjähriger praktischer Kenntnis. Über die
Säuia in Marokko handelt mit gewohnter Gründlichkeit G. Kampi'f-
meyers 4. Beitrag zur Dialektologie des Arab. (M. Sem. or. Spr.
VI, II, 1—51).
Die abessiniseken Dialekte (und das Sabaeo-Minäische).
Von
Franz Praetorius.
Zur äthiopischen Sprachkunde, Litteratur, Geschichte sind
in den letzten anderthalb Jahren grössere und kleinere Ai-beiten
in ziemlich erheblicher Menge erschienen. Seitdem Italien nahe
Beziehungen namentlich zum Norden Abessiniens unterhält, kommt
aus dem bis dahin ziemlich abgeschlossenen, unbekannten Lande
reichere Kunde; wissenschaftliche Arbeiten auf dem Gebiete des
Äthiopischen, vor 15 Jahren und früher nur vereinzelt, erscheinen
in wachsender Anzahl. Unter allen Arbeiten des Berichtszeitraumes
ist mir indes keine bekannt geworden, die nach irgend einer Richtung
hin zusammenfassend oder abschliessend wäre, so dass eine kurze
Verweisung auf sie allein genügen könnte.
Das Gebiet ist nach verschiedenen Richtungen hin gepflegt
worden. In dem immer weiteren Hervortreten aller neuäthiopischen
Sprachen, namentlich des Tigrina (tigrai) und Tigre ist eine recht
unmittelbare praktische Folge der italienischen Besitzergreifung zu
erkennen. Aber auch darüber hinaus ist das Interesse am Neu-
äthiopischen gewachsen und hat Material erschlossen , das auch
früher erschliessbar gewesen wäre. Bald wird das rein gelehrte
Interesse zu zusammenfassenden Darstellungen schreiten können, wo
bisher keine vorhanden waren ; früher gegebene Darstellungen werden
erweitert und vertieft werden können. Es seien genannt Litt-
manns Aasgabe der amharischen Chronik des Debtera Zaneb,1)
L'ambasciata francese a Neguse;-) Littmanns Tigrina-Texte im
Dialekte von Tanben (WZKM., Bd. 16), die Apologhi ed aneddoti
volti in lingua tigrinna des Abessiniers Ghebre-Medhin Dighnei
(Roma 1902), die von Conti Rossini gesammelten Canti popolari
tigrai (ZAss., Bd. 17), desselben Leggi tigrai (Ricordi u. s. w. S. 59
— 66); desselben Tradizione Beni Amer, Algheden e Sabderat in
1) The Chronicle of King Theodore of Abyssinia . . by Enno Littmann.
Part 1, Amharic Text. (Princeton, New York, Leipzig 1902.)
2) In Carlo Conti Rossini, Ricordi di un soggiorno in Eritrea (Asmara
1903) S. 43—57.
Praetorius, Die abessinischen Dialekte (u. d. Sabaeo-Minüische ) . 261
Tigrespracke (Ricordi u. s. w. S. 67 — 78). Bald werden wir auch
eine umfangreiche Sammlung von Tigreliedern besitzen.3)
Die äthiopische Litteratur wimmelt von Lebensbeschreibungen
frommer Männer und Frauen, Märtyrer und Märtyrerinnen. Zunächst
auf fremdem Boden, meist in Ägypten, entstanden, wurden sie durch
Übersetzungen den Abessiniern übermittelt. Solcher Übersetzungen
bringt Esteves Pereira wiederum etliche: Martyrio de santa
Emerayes (Lissab. 1902), Yida de Santa Maria Egypcia (Lissab.
1903), Yida de S. Paulo de Thebas (Lissab. 1903)," Martyrio de
Abba Isaac de Tiphre (Lissab. 1903: Coimbra 1903). S. auch
G o o ds p e e d in Amer. Journ. Sem. L., vol. XIX. Aber in Abessinien
gelangte dieser Litteraturzweig auch zu eigener ' Entfaltung ; indem
er sich an einheimische Klöster, einheimische Priester und Missionare
anlehnte, werfen diese Lebensbeschreibungen hin und wieder einiges
trübes Licht auf die Religions- und die weltliche Geschichte des
Landes. Vgl. Conti Rossini. II Gadla Sädqän (Ricordi u. s. w.
S. 7 ff.), II Gadla Libänos (ibid. S. 23 ff.), Besu'a Ainläk (Rendiconti
Lincei 1902), Gli atti di Abbä Yonäs (ibid. 1903).
Unsere Kenntnis der äthiopischen Geschichte beginnt bekannt-
lich erst mit Yeküno Amläk gegen Ende des 13. Jahrb. n. Chr.
Sein Aufkommen, der Ursprung und Untergang der ihm voran-
gehenden Dynastie der Zagäer ist noch von der Sage verhüllt.
Begreiflicherweise richtet sich das Interesse mit Yorliebe auf diesen
zweiten Anfangspunkt der äthiopischen Geschichte , um das über
ihn ausgebreitete Dunkel zu erhellen. Conti Rossini hat hierzu
einige neue äthiopische Dokumente veröffentlicht (Ricordi u. s. w.
S. 5 f., Rev. Semit. X, S. 373 ff.), deren geschichtlicher Wert indes
auch nicht erheblich sein dürfte. Und seine Auseinandersetzungen
Rev. Semit. XI. S. 325 ff. , lassen deutlich erkennen, wieviel hier
noch zweifelhaft, wiewenig sicher ist. — In spätere, hellere Zeiten
führt Guidi's Ausgabe und Übersetzung der Annalen des Kaisers
Johannes I, A'läf Sagad (Corpus Scriptoruni Chfistianorum Orien-
talium, I, 1, 1903).
Das bibel- und religionsgeschichtliche Interesse (fast das
einzige Interesse , das frühere Jahrhunderte an der äthiopischen
Litteratur nahmen) regt sich auch jetzt noch lebhaft. Durch die
sehr wenig treue Bewahrung und Überlieferung der ursprünglichen
alten Bibelübersetzung sind schwierige textkritische Fragen auf-
geworfen worden, die Aug. Heider (Leipzig 1902) und X. Roupp
(ZAss., 16. Bd.) erörtern. — Fast so lange wir die äthiopische
Sprache überhaupt kennen, ist auch die grosse Vorliebe der äthio-
i Kirche für apokalyptische, angelo- , dämonologische und
ähnliche Schriften bekannt. Mit der Übersetzung der hl. christ-
lichen Bücher lernten die Äthiopen derartige Schriften früh kennen,
1) Vgl. Specimens of the Populär Literature of Modern Abyssinia. By
Dr. Enno Littmann. (J. Am. Orient. Soc, Vol. XXIII.)
262 Wissenschaftlicher Jahresbericht.
schätzen und bewahren. Ein den Athiopen überkommenes Werk
dieser Art liegt vor in dem Buche der Jubileen , das Charles
nach seiner Ausgabe des äthiopischen Textes nunmehr ins Englische
übersetzt hat (London 1902). Die Athiopen haben dann aber nach dem
übernommenen Muster auch selbständig ähnliche Bücher fabriciert.
Das tritt eigentlich jetzt erst in helles Licht durch die späten und
ganz späten Machwerke, die Perruchon (Le livre des mysteres
du ciel et de la terre. Paris [1903]) und Li ttmann (Am. Journ.
of Semit. Lang., vol. XIX „Abyssinian Apocalypses") veröffentlicht
haben. Freilich haben diese jüngeren Schriften nicht entfernt den
Erfolg gehabt, wie jene altererbten. Ähnliche Geschmacksrichtung
zeigen die von Halevy herausgegebenen und übersetzten Bücher
der abessinischen Juden: Te'ezäza Sanbat u. s. w. (Paris 1902).
Grammatik und Lexikographie des Äthiopischen sind nur ver-
treten durch einen Aufsatz von Praetorius in dieser Zeitschrift,
Bd. 57, S. 271 ff. , der einige neue Zusammenhänge zwischen dem
äthiopischen und dem sabäischen Wortschatz nachweist.
Auf dem Gebiete des Sabäischen selbst ist im Berichts-
zeitraum sehr wenig erschienen. Nur vereinzelte kleinere Arbeiten
und wenige neue Funde , von deren Aufzählung hier abgesehen
werden muss.
Alttest amen tliche Studien.
Von
(4. Beer.
Dass man theologischerseits die Notwendigkeit eines, durch
die zunehmende Verästelung der semitischen Wissenszweige jedoch
immer schwieriger werdenden, im Zusammenhang Bleibens der alt-
testamentlichen ja der theologischen Studien überhaupt mit den
semitisch - orientalischen fühlt , kommt in dem Theologischen
Jahresbericht, in dem dem Vorderen Orient seit kurzem ein
besonderer Abschnitt gewidmet ist, zum charakteristischen Ausdruck.
Um so erfreulicher ist nun auch umgekehrt die Absicht, die alt-
testamentlichen Studien in die in dieser Zeitschrift erscheinende
Übersicht über die Fortschritte der semitisch- orientalischen Wissen-
schaften zu ziehen, in der freilich auch das Neue Testament nicht
fehlen sollte, um dessentwillen , als des Hauptträgers der Kultur
der occidentalischen Völker, unser Interesse letztiglich bewusst oder
unbewusst am Orient haftet.
Die alttestamentliche Wissenschaft hat den Zenith des ihr in
den letzten Jahren das eigenartige Gepräge gebenden encyklopädi-
Beer, Alttestamentliche Studien. 263
sehen, lexikalischen, koinnientatorischen, hancl- und lehrbuchartigen
Auf- und Zusammenarbeitens der Erträgnisse der jüngsten Ver-
gangenheit überschritten: in diesem Jahre ist die von Cheyne
und Black herausgegebene Encyclopsedia Biblica beendet worden,
hat Guthe's Bibelwörterbuch das Licht der Welt erblickt, naht
das von Brown, Driver und Briggs bearbeitete hebräische
Lexikon dem Ausgang und hat der von Nowack geleitete, durch
das Erscheinen von Baentsch' Numeri vollständig gewordene
Sammelkommentar den konkurrierenden Marti'schen, von dem
nur noch das Doclekapropheton fehlt, um Nasenlänge geschlagen,
während in dem Erscheinen der alttestamentlichen Hand- und Lehr-
bücher und der Hefte der Haupt 'sehen Regenbogenbibel eine Art
Erholungspause eingetreten zu sein scheint. So sind viele Kräfte
für die neuen Aufgaben der alttestamentlichen Wissenschaft frei
geworden, die ihr zum Teil durch Anregung von aussen inzwischen
gestellt worden sind und an deren Lösung sich einzelne Kräfte
schon in der jüngsten Zeit mit Erfolg versucht haben. Das in
der Gegenwart überwiegende religionsgeschichtliche Interesse am
Alten Testament und die zu Tage getretene Uneinigkeit der Semi-
tisten über gewisse Grundlagen der vergleichenden semitischen
Grammatik dürften mitverschulden , dass auf dem Gebiet der
hebräischen Grammatik von alttestamentlicher Seite im ganzen
kein erheblicher Fortschritt zu verzeichnen ist. Die für Strack
eingesprungene Steuernagel'sche hebräische Grammatik (1903)
ist wohl ein recht brauchbares Studentenbuch , dürfte aber die
Diskussion über schwebende Fragen der hebräischen Grammatik
kaum wesentlich fördern und das Bedürfnis nach einer historischen
hebräischen Grammatik und einer historischen hebräischen Syntax
nicht befriedigen , für welche letztere freilieh so gut wie jede
Vorarbeit von theologischer wie philologischer Seite fehlt. In das
Wesen der babylonischen Masora und in die Geheimnisse des Päseq
verdanken wir Kahle (1902), bzw. Kennedy (1903) fördernde
Einsicht. Die alljährlich sich mehrenden Hand- und Inschriften-
publikationen haben ein umfängliches Material für das semitische
Lexikon zu Tage gefördert, das zur Fruchtbarmachung für die
einzelnen semitischen Sprachen in einem Thesaurus linguarum semi-
ticarum kritisch aufgestapelt werden müsste. Solange die alt-
testamentliche Wortforschung nicht durch energischer be-
triebene Text- und Versionenkritik, die freilich durch das fehlende
LXX -Lexikon in der Luft schwebt, eine fester«' l!asi> als bisher
erhalten hat, so werden besonders die anu'E, yoerpöueve; des A. T.
ein Spielplatz bleiben, auf dein Assyriologen, Arabisten und Agypto-
logen ihre kleinen Lieblinge — nur zu häufig die Kinder -eb
Augenblicke — sich tummeln lassen, für die sie dir Adoption durch
die alttestamentliche Wissenschaft verlangen. Die von Kautzsch
in lexikalischer Hinsicht bearbeiteten Aramaismen im A. T. (1902)
bedeuten den glücklichen Anfane zu einem historischen hebrä-
264 Wissenschaftlicher Jahresbericht.
ischen Lexikon. Mit einem Erfolg versprechenden Programm für die
Eerstellung der ca. 300 v. Chr. gelesenen hebräischen Bibel ist
Kittel (1902) hervorgetreten. Die Zeit zur Inangriffnahme einer
historischen hebräischen Textbibel, die uns die Entwicklung des
hebräischen Textes der einzelnen Schriften von seinen erkennbaren
ersten Anfängen bis zur Erstarrung in der Masora veranschaulicht,
scheint noch nicht gekommen. Unter der fruchtbaren Anregung,
die Sievers' Metrische Studien (1901) auf die alttestament-
Liche Wissenschaft geübt haben, haben zuletzt Erbt den Jeremia
(1902) und gesetzliche Partien des A. T. (1903), Baumann den
Arnos (1903), Löhr Deut. 32 (1903), und am gründlichsten Roth-
stein Ei. 5 (1902/3) behandelt. Mögen dabei auch noch nicht
allgemein befriedigende Resultate gezeitigt worden sein , so wird
bei dem von Sievers selbst empfohlenen fröhlichen Probieren an
den verschiedensten .Stellen des A. T. etwas Erspriessliches schon
herauskommen, sei's auch nur die befreiende Erkenntnis eines
„Ignoramus" ! Unter den vielen vortrefflichen, obwohl nicht an
die Gründlichkeit der International Critical Commentaries reichen-
den Kommentaren der jetzt vollendeten oder fast vollendeten
X o w a c k ' chen und Marti' sehen Sammlung , aus der insgesamt
der Philologe freilich nicht allzuviel Nutzen für Grammatik und
Lexikon ziehen und an deren Durcheinander von formaler und
sachlicher Kritik er oft Anstoss nehmen dürfte, seien hier besonders
hervorgehoben die trotz ihres starken Subjektivismus in das psycho-
logische Verständnis tief einführenden D u h m ' sehen Erklärungen
des Jesaja (bei Nowack) und des Jeremia (bei Marti), sowie der
Gunkel'sche Genesiskommentar wegen der geschickten religions-
geschichtlichen, oft auf Z i m m e r n als Paten zurückgehenden Ver-
wertung assyriologischer Erkenntnisse für die biblische Urgeschichte.
Nachdem durch Kautzsch' alttestamentliche Apokryphen und
Pseudepigraphen (1900), denen sich jetzt die neutestamentlichen
Apokryphen von Henn ecke (1904) anschliessen , eine bequeme
Grundlage für die Erforschung dieser Litteratur geschaffen und
Schür er in seiner Geschichte des jüdischen Volkes (1898 — 1901)
die kritischen Leistungen auf diesem Gebiet sorgfältigst gesammelt
und verarbeitet hat, hat besonders Charles das Studium der alt-
testamentlichen Pseudepigraphen gefördert, indem er durch seine
Ascensio Jesajae (1900) und seine Jubiläen (1902) teils einen besseren
Text dieser Bücher, teils, namentlich für die Jubiläen, im Sinne
B o h n s ein richtigeres historisches Verständnis angebahnt hat.
Ähnlich hat sich Flemming um den Text des äthiopischen
Henoch (1901/2) sehr verdient gemacht. Endlich ist auch von
dir syrischen Baruchapokalypse ein griechisches Stück (12, i — 13,2.
13,n — 14,3) entdeckt worden (cf. De issmann, Theol. Lit.-Zeit.
1903, Sp. 594). Der von Strack peinlich genau herausgegebene
und für Studenten berechnete hebräische Text der Sprüche Jesu
b. Sira (1903) möge Smend an den von ihm versprochenen Kom-
Beer, Alttestarnentliche Studien. 265
mentar erinnern. Seit dem Erscheinen von Hatch-Redpath'
LXX-Konkordanz (1897) und der seinen LXX-Abdruck abschliessen-
den Introduction von Swete (1900) scheint im Betrieb der LXX-
Forschung eine Ermüdung eingetreten. Eine Ausbeutung der
Papyrusfunde für das LXX- Lexikon ist inzwischen noch nicht er-
folgt. An die in vieler Hinsicht wünschenswerten LXX-Kommen-
tare der einzelnen Bücher der griechischen Bibel will sich vorab
niemand wagen. Über die religionsgeschichtliche Bedeutung der
LXX belebrt ansprechend, wenn auch gegen das Judengriechisch
allzu skeptisch, der Deiss mann 'sehe Vortrag „Hellenisierung des
semitischen Monotheismus" (1903). Seitdem Graf Baudissins
Einleitung ins Alte Testament (1901) der gegenwärtigen Einseitig-
keit, die alttestarnentliche Literaturgeschichte als ein Reper-
toire kritischer Einzel beobachtungen anzusehen, mit Recht die Auf-
gabe gegenübergestellt hat, die Komposition der einzelnen Bücher
zusammenhängend zu erfassen, und die Eigenart der einzelnen Schrift-
steller und Litteraturgattungen zu beschreiben, ist eine nennens-
werte alttestarnentliche Literaturgeschichte diesem Ideal , hinter
dem Baudissins eigenes dickes Buch selbst zurückbleibt , nicht ge-
recht geworden. Treffliche Winke zum Verständnis der jetzigen Ge-
stalt der alttestamentlichen Prophetenschriften giebt Stade (ZA TW.
1903, 153 ff.). Eine israelitisch -jüdische Geschichte, durch
die die bekannten Werke von Wellhausen, Stade und Guthe rück-
ständig gemacht würden, ist auch in der Gegenwart nicht ge-
liefert worden. Wincklers Ausführungen über diesen Gegenstand
in „Keilinschriften und Altes Testament" mögen zwar die gangbare
wissenschaftliche Auffassung hie und da durchlöchern, sie als Ganzes
aber nicht entwerten, man müsste denn ein Freund seines Dogmas
sein, dass jede orientalische Erzählung sich des mythologisch-astralen
Stoffes zur Einkleidung bediene. Soll doch gar alle Metrik aus
den Verhältnissen der Planetenbewegung zu erklären sein (Arabisch
— Semitisch — Orientalisch 180). Wie wäre es also, wenn man die
hebräische Metrik aus dem Hinktanz des Astralgottes Jakob ab-
leitete, Gen. 32, 23 ff. 1 Kön. 18, 26?? Wincklers Versuch, in
seinem soeben citierten anregenden Buch „Arabisch etc." (1901)
die vorislamischen Araber aus Nomaden zu babylonischen Kultur-
menschen umzustempeln, sollte den Alttestamentier veranlassen, die
Nachrichten der hebräischen und griechischen Bibel über die Araber
zu sammeln und zu prüfen. Für die älteste Geschichte Israels
schafft Steuer nageis „Einwanderung der israelitischen Stämme"
(1901) beachtenswertes Material herbei. In der Erkenntnis der
Genesis des Judentums sind in dem Pele-Mele der Meinungen
noch keine klaren Einsichten gewonnen. Für die biblische Geo-
graphie bleiben die neuen Auflagen von Baedekers Palästina
(1900) und Ägypten (1902) tonangebend. Auch in Wincklers
Darstellung der Geographie Palästinas und seiner Nachbarländer
(in KAT.:i) wird neue Weisheit zu linden sein. Auf archäo-
266 Wissenschaftlicher Jahresbericht.
logischem Gebiet haben besonders die Nachrichten über die
Ausgrabungen Sellins in Ta'annek die Geister gespannt gemacht.
Was bisher der Öffentlichkeit bekannt geworden ist, bestätigt, was
wir schon früher wussten : vor der Einwanderung Israels war
Palästina das Kreuzungsterrain ägyptischer und babylonischer Kultur.
Eine recht anschauliche, viel Gutes und Neues enthaltende, obwohl
zu sehr nur auf eigene Beobachtung sich stützende, zwischen Dorf
und Stadt nicht genügend scheidende und die Äusserungen der
primitiven Religion etwas stiefmütterlich behandelnde Schilderung
des Volkslebens im Lande der Bibel hat jüngst Bauer (1903)
gegeben. Sein Werk ist neben Dalmans „Palästinischem Diwan"
(1901) und Littmanns „Neuarabischer Volkspoesie" (1902) eine
neugeöffnete reiche Fundgrube für biblische Altertümer und Kom-
mentare. Der an die bekannten zwei Vorträge Delitzsch' ge-
knüpfte und einschliesslich der Hammurabi-Moses-Episode schon bis
zur Langeweile geführte Babel - Bibelstreit, bei dem von Seiten der
Assyriologen die babylonische Religion zu sehr durch die biblische
erhellt, und die biblische Religion zu sehr durch die babylonische
verdunkelt worden ist, während von Seiten der Theologen zu häufig
das Gegenteil geschah, bedeutet eigentlich mehr einen buchhändle-
rischen als einen wissenschaftlichen Erfolg, hat aber für die alt-
testamentliche Religionsgeschichte wenigstens den positiven
Gewinn abgeworfen, dass sich die Vertreter dieses Fachs mehr
auf das Eigenartige der israelitisch - jüdischen Religion besinnen
mussten, indem jetzt für die ruhige Abwägung des Babel und
Bibel Gemeinsamen und Trennenden namentlich durch den von
Zimmern bearbeiteten religionsgeschichtlichen Teil von Schraders
KAT.3 gute Vorspanndienste geleistet sind. Nur rächt sich bei
Zimmern wie bei Gunkel die Vornehmthuerei gegen die historische
biblische Kritik und verführt ihn zuweilen zu Konstraktionen und
Kombinationen gewagter Art. Wie verwickelt die sachlichen und
historischen Probleme liegen , belehrt für den Fall der biblischen
Paradiesesgeschichte der Aufsatz von Stade (in ZATW. 1903,
172 ff.). Solange es den Assyriologen u. a. nicht gelingt, die An-
fänge des Jahwismus aufzuklären, oder für die Bedeutung des
hebräischen Opfers als Gemeinschaftsmahles zwischen Gottheit und
Verehrer, oder für die Erscheinung der pi-ophetischen Religion die
babylonische Parallele und ältere Vorlage aufzuweisen , oder das
Hauptkennzeichen des Juden, die Beschneidung, oder die Entwick-
lung des Judentums zur Kirche aus Babylonien abzuleiten , ist die
Auffassung der Bibel als einer dekadenten Provinz Babels ein Zerr-
bild von Babel und Bibel. Wenn von modernen babylonischen
Sybillen die Ansicht geäussert wird, dass die Theologen erst Assyrio-
logen werden müssten, um das A. T. richtig zu verstehen, so zeigen
die Blossen, die sich fortwährend Assyriologen im alttestamentlichen
Fach geben, die Notwendigkeit einer selbständigen alttestament-
lichen Wissenschaft. Und sollte nicht ähnlich auch der Arabist,
Beer, Alttestamentliche Studien. 267
für den das babylonische Fangnetz auch schon bereit ist, neben
dem Assyriologen noch sehr „existenznötig" sein ? Vielleicht finden
sich Ägyptologen, die, durch das Beispiel von Babel -Bibel auf-
merksam gemacht, demnächst das dankbare Thema „Ägypten und
das Alte Testament" in Erwägung ziehen. — Kompromissarbeit kann
hier allein fördern ! Den Zettel der alttestamentlichen Religions-
geschichte hat der Jahwismus gegeben, den Einschlag dazu lieferten
ägyptische, babylonische, persische, griechische und römische Kultur,
allgemeines, semitisches und besonders arabisches Heidentum. Vieles
ist davon ausgeschieden , der Jahwismus selbst veredelt worden.
Nur inuss man sich Einwirkungen und Ausscheidungen nicht äusser-
lich , sondern innerlich vollzogen denken (cf. T i e 1 e , Einl. in die
Religionswissenschaft 1899—1901). Aus dem Ganzen sind Talmud
und Evangelium heiworgegangen. Haben Schwallys „Semitische
Kriegsaltertümer" (1901) von neuem gezeigt, wie viel aus dem all-
gemeinen, semitischen und arabischen Heidentum für das Verständ-
nis der israelitischen Religion auf einem bestimmten Gebiet ab-
fallen kann, so lehrt Curtiss' Primitive Semitic Religion to-day
(1902, jetzt auch deutsch 1903), wie wichtig das moderne religiöse
Volksleben Palästinas für das Studium der primitiven und höheren
Elemente der biblischen Religion ist und ergänzt recht glücklich
R. Smith' „Religion of the Semites" und Wellhausens „Reste
arabischen Heidentums". Marti hält in der neuen Auflage seiner
„Geschichte der israelitischen Religion" (1903) den früheren Stand-
punkt fest, die Entwicklung der alttestamentlichen Religion von
innen aus zu beschreiben. Darin verfährt er der Hauptsache nach
recht, nur unterschätzt er dabei den für das innere Wachstum
der Religion von aussen stammenden Regen und Sonnenschein. An
der Auffassung der prophetischen Zukunftshoffnungen als Postulaten
der nachexilischen Gemeinde und in der Betonung, dass die Pro-
phetenschriften stark im erbaulichen Interesse überarbeitet seien,
wird ihm im Prinzip zuzustimmen sein. Mit einer Leistung ersten
Ranges ist Bousset in die Lücke zwischen alt- und neutesta-
mentlicher Theologie durch seine „Religion des Judentums" (1903)
getreten , an die sich eine an den Streit zwischen Holtzmann und
Geiger erinnernde Debatte mit den auf ihr talmudisches Besser-
wissen pochenden jüdischen Bearbeitern dieses Stoffes geschlossen
hat. Ahnliche Tendenzen wie Bousset , wenn auch im engeren
Rahmen, verfolgen Baldensp erger s „Messianisch-apokalypti-'l^
Hoffnungen des Judentums" (1903, I. T.), während Friedländers
„Geschichte der jüdischen Apologetik" (1903) sich unbewusst zu einer
tendenziösen Apologie des Judentums ausgewachsen hat. Der gegen-
wärtige Betrieb der alttestamentlichen Religionsgeschichte drängt
immer mehr von selbst dahin, Altes und Neues Testament orga
zu verbinden und die Scheidung in alt- und neutestamentliche
Theologie nur von praktischen Gesichtspunkten und im Inter
der Arbeitsteilung zu billicren: damit wird zu dem [deale and der
268 Wissenschaftlicher Jahresbericht.
Praxis der Ewald, Beuss, Wellhausen und Stade ein-
gelenkt. In den Dienst dieser nützlichen Bestrebungen stellen sich
die von Bousset und Gunkel (seit Herbst 1908) redigierten
„ Forschungen zur Beligion und Literatur des Alten und Neuen
Testaments". Nur sollte Gunkel seinen babylonischen Chaosdrachen
Dicht allzu kräftig mehr füttern, um ihn unter der Bewunderung
kritikloser Anhänger das biblische Gebiet weiter unsicher machen
zu lassen.
Ä g y p t o 1 o g i e.
Von
Heinrich Schäfer.
Der hier vorgelegte Bericht umfasst die drei letzten Jahre
ägyptologischer Arbeit, etwa vom Herbst 1900 bis zum Herbst des
Jahres 1903. Bei wichtigeren Fragen ist aber, wo es zum Ver-
ständnis und zur Abrundung nötig erschien , noch weiter zurück-
gegriffen worden.
Es wird der Versuch gemacht, nur d i e Entdeckungen heraus-
zuheben, die die Entwicklung unserer Wissenschaft wirklich um
ein wesentliches Stück gefördert haben. Die grosse Masse der
Arbeiten musste unerwähnt bleiben1), obgleich sie ja, jede in ihrer
Art, meist auch Fortsehritte in unserer Erkenntnis darstellen. Man
findet sie vollständig aufgeführt in den vortrefflichen Berichten,
die der Egypt Exploration Fund in besonderen Heften jährlich
herausgiebt 2) , und die begründet sind und geleitet werden von
F. LI. Griff ith. Jeder, der auf unserem Felde arbeitet, wird
dem trefflichen Manne dankbar sein für die Sorgfalt, die ruhige
selbstlose Sachlichkeit und den weiten Blick , mit dem er diese
mühsame Arbeit des Registrierens nun schon seit zehn Jahren
neben seinen zahlreichen anderen Arbeiten durchführt. Dass seine
Nachweise auch für diesen Bericht benutzt sind, brauche ich kaum
zu sagen. Im Hinblick auf Griffith' Berichte enthalten die im folgen-
den gegebenen litterarischen Nachweise meist nur das Allernötigste.
I. Sammelwerke.
Der Begründung neuer Zeitschriften sehen wir im allgemeinen
nicht mit besonderer Lust zu, aber von allen Kennern der Ver-
1) Es mag sein , dass auch manche erwähnenswerte Arbeit weggeblieben
ist, weil" ich sie nicht kennen gelernt habe.
2) Egypt Exploration Fund. Arch.tological Reports. Begonnen mit dem
Bericht über 1892—1893.
Schüfer, Ägyptologie. 269
hältnisse ist die neue Zeitschrift des Service des antiquites1) mit
Freude begrüsst worden. Sie war das einzige Mittel zu verhindern,
dass die Ergebnisse der zahllosen kleinen Ausgrabungsarbeiten, die
der Service durch seine Beamten jährlich unternehmen lässt, ein-
fach zu Grunde gehen. Geplant ist die Zeitschrift durch L o r e t ,
aber von llasperos organisatorischem Talent erst in die richtigen
Bahnen geleitet worden.
Unter den neuentstandenen Sammelpublikationen ist vor allem
das gewaltige Unternehmen des wissenschaftlichen Katalogs des Mu-
seums von Kairo"2) zu nennen, das nach einem Plane L. Borchardts
von de Morgan eingeleitet und unter Maspero 1901 in die
Öffentlichkeit getreten ist. Das Werk soll archäologisch und
philologisch genügende Publikationen des gesamten Bestandes des
Museums geben. Bei dem Entwerfen des Planes hat man sich
zwar etwas stark übernommen, wenn auch nicht in dem Masse
wie bei seinem Gegenstück , dem de Morgan' sehen Katalog
sämtlicher in Ägypten vorhandener Denkmäler; aber selbst wenn
auch das neue Werk ein Torso bleiben sollte, so werden doch
seine luxuriös ausgestatteten Bände immer eins der wichtigsten
Werkzeuge für den Ägyptologen bilden. Das Berliner Museum hat
sich vorläufig bescheidenere Ziele gesteckt. Es veröffentlicht durch
Schäfer in schlichter Form vorerst nur die Inschriften seiner
sämtlichen Schätze 3). Auch die kleineren deutschen Sammlungen
treten allmählich hervor. Unter Spiegelbergs Leitung sind
bisher Grab- und Denksteine veröffentlicht4). Die Blüten aus den
öffentlichen und privaten Sammlungen aller Länder sollen in zwang-
loser Folge in Caparts Tafelwerk5) gesammelt werden. Die
Herausgabe des Textes zum Lepsius'schen Denkmälerwerk nach
Lepsius' Tagebüchern6) schreitet langsam aber ständig fort, ein
Inventar alles dessen, was der preussischen Expedition der vierziger
Jahre auf dem ägyptischen Boden für unsere Wissenschaft wichtig
erschienen ist, und ein würdiges Denkmal für ihren grossen Leiter.
Die sehr mühevolle und gewissenhaft von Sethe geleistete Arbeit
1) Annales du service des antiquites de l'Egypte. Erscheint seit 1900.
2) Catalogue general des Antiquites Egyptiennes du Musee du Caire. Bis
jetzt sind erschienen: Ostraca (Daressy) — Metallgefässe (v. Bissing) — Fayence-
gefässe (v. Bissing) — Tombes de Maherpra, Amenophis II (Daressy) — Tombes
d'Amenophis II et de Thoutmosis III (Daressy) — Coptic Monuments (Crum)
— Grab- und Denksteine des mittleren Reichs (Lange und Schäfer) — Greek
moulds (Edgar) — Textes et dessins magiques (Daressy) — Sarcophages ante-
rieurs au nouvel empire (Lacau) — Greek Papyri (Grenfell und Hunt).
3) Ägyptische Inschriften aus den Kgl. Museen zu Berlin. Erschienen
sind zwei Hefte seit 1901.
4) Ägyptische Grabsteine und Denksteine aus süddeutschen Sammlangen.
Erschienen sind seit 1902 zwei Bünde, die umfassen: Karlsruhe, Mülhausen,
Strassburg, Stuttgart, München Glyptothek und Antiquarium.
5) Kecueil de Monuments Egyptiens I. 1902.
6) Denkmäler aus Ägypten und Äthiopien. Text. Herausgegeben von
E. Naville, bearbeitet von K. Sethe. Erschienen sind seit 1897 Bd. I, III, IV.
270 Wissenschaftlicher Jahresbericht.
hätte vielleicht noch nützlicher gemacht werden können, wenn sie,
noch mehr als es geschehen ist, zu einer Konkordanz der grossen
Publikationen ausgestattet worden wäre. Ragt hier noch eins der
Riesenwerke aus der Zeit der Anfänge der Ägyptologie in die
unsere hinein , so sind die Denkmälerpublikationen der englischen
Gesellschaften x) durchaus modern. Nach einigen weniger gelungenen
bastenden Versuchen haben sich ihre jährlich erscheinenden Bände
unter der Leitung von Petrie und Griff ith zu Mustern —
wenn auch natürlich noch immer nicht Idealen — von Publikationen
herausgebildet, was Anlage und Solidität der Ausführung anbetrifft.
Ein gutes Hilfsmittel, vor allem für den Historiker, verspricht die
von Steindorff ins Leben gerufene Sammlung kritisch be-
arbeiteter Texte der wichtigeren Inschriften-) zu werden. Werke
wie Piehls Inschriftensammlung3), von der der Schlussband er-
schienen ist, und die mit zu den zuverlässigsten Textpublikationen
gehört, die wir haben, möchte man sich mehr wünschen. Am
Schluss dieses Abschnittes muss nun aber noch eines Werkes ge-
dacht werden, das , so unscheinbar es ist , doch unter den Händen
seines Herausgebers Steindorff mit jeder Auflage mehr zum
unentbehrlichen Handbuch und Führer für den Ägyptologen ge-
worden ist, des Baedekers4) von Ägypten. Benedites Reisehand-
buch5) hat im einzelnen manche Vorzüge, doch wird es noch einige
Auflagen brauchen , ehe es an Handlichkeit und praktischer Ein-
richtung dem Baedeker gleichkommt.
IL Grammatik und Lexikographie.
Es ist beschämend zu sehen, dass noch immer, 75 Jahre nach
der Geburt unserer Wissenschaft, die Mehrzahl der lebenden Ägypto-
logen sich damit begnügt, den Bau der Sprache, deren Denkmäler
sie behandeln, nur in den allergröbsten Zügen zu kennen, und sonst
sich auf eine durch vieles Lesen von Texten erworbene Routine
zu stützen. Gewiss macht Kenntnis der Grammatik allein noch
keine brauchbaren Interpreten und andrerseits kann man auch ohne
sie meist den historischen und kulturcreschichtlichen Inhalt der
1) Memoirs of the Egypt Exploration Fund. Seit 1883/84. Zuletzt er-
schienen: Royal tombs of the lirst dynasty at Abydos , 2 Bde. (Petrie) — Der
el-bahri (Naville) — Diospolis parva (Petrie) — Abydos, 2 Bde. (Petrie) —
El Amrah and Abydos (Mac Iver-Mace). — — Publications of the Egyptian
Research Account. Seit 1895. Zuletzt erschienen: El Arabah (Garstang) —
Maliasna and Ket Khallaf (Garstang) — ■ Temple of the kings (Caulfield). — —
Archaeological Survey of Egypt edited by F. LI. Griffith. Seit 1890/91. Zu-
letzt erschienen: The rock tombs of Deir el Gebrawi, 2 Bde. (Davies).
2) Urkunden des ägyptischen Altertums herausgegeben von G. Steindorff.
Erschienen sind seit 1903 zwei Hefte, bearbeitet von Sethe.
3) Inscriptions hieroglyphiques. Erschienen in drei Serien seit 1886.
4) Die neuste Ausgabe ist die französische von 1903.
5) Collection des Guides- Joanne. Egypte. 1900.
Schäfer, Ägyptologie. 271
Texte in grossen Umrissen erfassen, auch manche lexikographische
Beobachtung sammeln. Aber man müsste sich doch wenigstens
bewusst werden , dass dieses Vorgehen ein Wandeln auf einem
Sumpfe ist, der viele tückische Stellen birgt, vor allem aber, dass
es eigentlich alles andere ist als Wissenschaft. Es herrschen hier
zum Teil Zustände, die man auf jedem anderen Gebiete unbegreif-
lich finden würde.
Man hat die Arbeit in der ägyptischen Grammatik so gut wie
ganz Adolf Er man und denen die ihm folgen überlassen. Nach-
dem Erma n in seiner neuägyptischen Grammatik *) die Syntax der
Sprache des neuen Reiches behandelt hatte, legten seine Epoche
machenden Aufsätze in der Zeitschrift für ägyptische Sprache -) den
Grund zur Erkenntnis der Formenlehre des Ägyptischen, und 1889
fasste er die bisherigen Ergebnisse zum ersten Male in seiner
Grammatik zum Papyrus Westcar3) zusammen. 1894 -veröffentlichte
er in der Porta linguarum die erste Auflage seiner ägyptischen
Grammatik4). Jetzt ist der Schlussband von Sethes Verbum5)
erschienen und damit ist ein Werk erstaunlicher Arbeitskraft und
durchdringenden Scharfsinns beendigt, das weit mehr bietet, als
sein Titel andeutet. Es giebt kaum eine Frage der ägyptischen
Lautlehre, Formenlehre und Syntax, die darin nicht berührt würde.
Auf lange Jahre hinaus wird es die Basis für die Weiterarbeit ab-
geben, wenn auch gewiss mancher Teil des Baues wird umgebaut
oder gar abgerissen und von neuem aufgeführt werden müssen.
Ermans Besprechung von Sethes AVerk(;) und sein schöner Auf-
satz ') über die Entstehung der jüngeren Flexion des Verbums wiesen
neue Wege zum Vorwärtskommen und 1902 hat Er man in der
zweiten Auflage seiner ägyptischen Grammatik^) selbst wieder ein-
mal den derzeitigen Stand der Arbeiten klar und bestimmt um-
rissen, zu deren Unterstützung übrigens Stein dorffs Thätig-
keit auf dem Gebiete der koptischen Grammatik9) wesentlich bei-
getragen hat. Die Basis der ganzen grammatischen Arbeiten bildet
und muss bilden die Erkenntnis der konsonantischen Natur der
1) Neuägyptischo Grammatik. Leipzig 1880.
2) Die tonlosen Formen (1883) — Spuren eines alten Subjunktivs (1884)
— 'h'n und die ihm analogen Formen (1889) — Eine neue Art der ägyptischen
Konjugation (1889) u. s. w.
3) Die Sprache des Papyrus Westcar. Eine Vorarbeit zur Grammatik
der älteren ägyptischen Sprache. 1889.
4) Ägyptische Grammatik. 1884.
5) Das ägyptische Verbum im Altägyptischen, Neuägyptischen und Kop-
tischen. 3 Bde. 1899 und 1902.
6) Die Flexion des ägyptischen Verbums. Sitzungsberichte der B.erl. Akad.
1900, S. 317.
7) Zur Entstehung der jüngeren Flexion des Verbums. Zeitschr. für
äg. Spr. 1901, S. 123.
8) Ägyptische Grammatik. 1902.
9) Zuerst gesammelt in der Koptischen Grammatik (Porta linguarum
1894. Neue Auflage im Erscheinen).
2 72 Wissenschaftlicher Jahresbericht.
Zeichen *\ ft^ Jf , die schon vor rund 50 Jahren von Genies
wie Brugsc-h und Hincks gewonnen, aber seitdem unbenutzt
geblieben war ').
Es ist nur zu begreiflich, dass die strengere Zucht, die ein-
geführt wird, nicht überall mit Freude begrüsst worden ist. Aber
es verdient doch, schon um der Männer selbst willen, hervorgehoben
zu werden , dass die letzten der Patriarchen der Ägyptologie,
Heinrich B rüg seh und Georg Ebers, die Arbeiten der
„ Grammatiker", deren Anfänge sie noch erlebt haben, als eine ge-
sunde Weiterentwicklung freudig begrüsst haben. Dagegen scheint
leider, mit wenigen Ausnahmen, eine Verständigung über gramma-
tische Fragen mit den jetzigen Vertretern der älteren Richtung so
gut wie ausgeschlossen. Das zeigt unter an denn recht deutlich
eine Reihe von Artikeln in den Proceedings -) , in denen sie aus-
geschüttet haben, was sie gegen die „Grammatiker" auf dem Herzen
haben. Bei aller Achtung vor den sonstigen Arbeiten der Schreiber
muss man doch sagen, dass da zum Teil recht wunderliche Dinge
zu Tage gekommen sind. Dass aber jemand, natürlich gerade der,
der sich am wildesten gebärdet3), unter anderem wieder die hiero-
glyphischen Schreibungen der römischen Kaisernamen paradieren
lassen würde zum Beweise dafür, dass ägyptische Buchstaben nicht
w (u) und j (/), sondern schon im Altägyptischen immer Vokale
bezeichnen , das war doch mehr als man erwarten konnte. Aber
was P i e h 1 in seiner Erregung offen ausspricht , liegt im Grunde
mehr oder weniger deutlich auch allen anderen im Sinn. Unglück-
licherweise ist ja die Entzifferung der Hieroglyphen rein zufällig
von diesen Ptolemäer- und Kaisernamen ausgegangen. Hätte der
Zufall anders gespielt und hätten Worte
clb' = 3?3S«,
und andere mehr,
niemand, der die orthographische Entwicklung der semitischen Spra-
chen kennt, ein Zweifel daran gekommen, dass die nun so vielgequälten
1, k. -1. *
ägyptischen Buchstaben ^ , J^. , , jf ursprünglich Konso-
1) Darum werden auch Masneros Arbeiten in seiner Artikelreihe „ä
travers la vocalisation" , die er seit 1893 im Rec. de trav. veröffentlicht, als
verfehlt bezeichnet werden müssen , wenn sie auch gewiss im einzelnen viele
richtige Beobachtungen enthalten mögen.
2) Proceedings of the society of biblical arehreology. Bd. XXIV und
XXV. In den Indices unter Transliteration.
3j Piehl in seiner Zeitschrift Sphinx VII, 121.
Schäfer, Ägyptologie. 273
nanten sind , die erst in spätesten Stadien der Schriftentwicklung
in weiterem Umfang zur Andeutung von Vokalen benutzt werden.
Der Neid der Götter hat Champollion statt dessen eine Bilinguis
mit Ptolemäernamen in die Hände gespielt und darum beharrt man
noch heute dabei, statt i, N, y , l überall a, ä, ü, e, i, u zu
lesen. Wie würden die Arabisten wohl jemand ansehen, der etwa
aus der Art, wie arabische Zeitungen europäische Namen umschrei-
ben , ihnen immer wieder beweisen wollte , dass \ und _. und ^
keine Konsonanten sind? Würden sie sich wohl die Mühe geben,
da mit Gründen widerlegen zu wollen '? So werden auch die
„Grammatiker" unter den Ägyptologen ohne zu polemisieren, un-
beirrt, aber unter steter Selbstprüfung, auf dem bisher als gangbar
erprobten Wege weiterarbeiten.
Und es regen sich schon auch im Auslande immer mehr
thätige Hände zur Hilfe an dem Bau. Griffith, Cr um.
Gardiner und Thompson in England, Lange in Dänemark.
Breasted und Reisner in Amerika, Lac au in Frankreich,
v. C a 1 i c e in Österreich erweisen sich wenigstens durch ihre
Arbeiten als vorsichtig prüfende und positiv helfende Mitarbeiter
am Werk, ganz abgesehen von einem Manne wie Graf H. Schack
und der gesamten jüngeren Generation in Deutschland.
III. Geschichte.
Obgleich sie eigentlich nicht mehr in die Zeit gehört, die
unser Bericht umfasst, muss doch die neue Bearbeitung von
Masperos Geschichte1) hier an den Anfang gestellt werden. Sie
ist zu drei mächtigen Bänden angewachsen. In majestätischem
Flusse zieht die Geschichte des Nilthals und der Euphratländer an
uns vorüber. Farbenprächtige Kulturschilderungen sind in Fülle
eingestreut und ein reicher Schmuck von Abbildungen dient der
Veranschaulichung. So mancher mag beim Lesen des Textes mit
leiser Sehnsucht an die schlichtere und präcisere erste Auflage
denken; ein wirklich ernster Mangel aber ist es, dass durch die
Unübersichtlichkeit des Werkes und das völlige Fehlen von Indices
die Ausnutzung der hier überall aufgehäuften Schätze fast unmög-
lich gemacht ist.
Leider konnte Maspero nicht mehr die grossen Entdeckungen
in seiner Geschichte verarbeiten, durch die in den letzten Jahren
unsere durch gleichzeitige Denkmäler urkundlich gesicherte Kennt-
nis der ägyptischen Geschichte um fast 1000 Jahre weiter hinauf-
gerückt worden ist. Petries Auffindung der Statuen des Gottes
Min in Koptos2) Hess schon ahnen, was wir noch vom ägyptischen
1) Histoire ancienne des peuples de l'Orient classique. 3 Bde. von
1895—1899.
2) Koptos by W. M. Flinders Petrie. London 189G.
Bd. LVIII. 18
274 Wissenschaftlicher Jahresbericht.
Boden erwarten konnten. Aber als in Oberägypten bei Balläs und
Negade ') die ersten grossen Nekropolen mit ihren Massen von
technisch vollendeten Stein- und Thongefässen , Feuersteinmessern
und rätselhaften Schieferplatten, aufgedeckt wurden, stand man doch
anfangs diesen Funden ratlos gegenüber. Allmählich kam Licht in
die Sache. De Morgan2) erklärte zuerst die Funde für ur-
ägyptisch und Steindorff wagte es3), gewisse Schieferplatten
mit Reliefs aus stilistischen Gründen mit Bestimmtheit als Vor-
läufer der Kunst des alten Reichs anzusprechen. De Morgan
fand-1) bei Negade ein grosses Fürstengrab mit vielen Beigaben
und bald darauf Quib eil 5) in der uralten Stadt Hierakonpolis
ein wahres Nest der kostbarsten Kunstwerke , deren Stil keinen
Zweifel daran liess , dass sie den frühesten Zeiten der ägyptischen
Geschichte angehörten. Inzwischen war näheres bekannt geworden
über die von Amelineau0) seit einigen Jahren bei Ab}Tdos be-
triebenen Ausgrabungen, und die Überzeugung verdichtete sich, dass
man hier am Kernpunkt der Frage stände. Amelineau hatte gross
angelegte, offenbar Königen gehörige Grabbauten mit den Grabsteinen
der Könige und reichen Beigaben, gefunden. Sicherheit kam in das
Gewirr von Vermutungen aber erst, als Sethe7) und im Anschluss
an ihn Erman Königsnamen, die sich auf den von Amelineau
entdeckten Denkmälern fanden, mit Namen der ersten manethoni-
schen Dynastien identifizierte und als Maspero -) und Borchardt1')
gleichzeitig den Namen des Menes in dem von de Morgan ge-
fundenen Fürstengrab von Negade nachwiesen. Es ist als ein
grosses Glück zu betrachten, dass Petrie sich die Mühe nicht
verdriessen liess, die von Amelineau nur ungenügend ausgeführte
Arbeit noch einmal zu machen. Seiner Energie , seiner Sorgfalt
und seinem Scharfsinn haben wir es zu danken , dass diese un-
schätzbar wichtige Königsnekropole der Wissenschaft gerettet wor-
den ist. Petrie1") hat die zeitliche Ordnung der Gräber im ganzen
richtig bestimmt und ihre Inhaber in den Namen der bekannten
1) Naqada and Ballas 1895 by W. M. Flinders Petrie and J. E. Quibell.
London 1896.
2) de Morgan, Recherches sur les Origines de l'Egypte, 2 Bde. Paris
1896 und 1897.
3) Aegyptiaca, Festschrift für G. Ebers. 1897, S. 122 ff.
4) de Morgan im zweiten Bande seiner Recherches.
5 Quibell, Hierakonpolis, 2 Bde. Egyptian research account 1898
and 1899.
6) E. Amelineau, Les nouvelles fouilles d'Abydos. Erschienen sind 1899
und 1902 zwei Bände über die Arbeiten von 1895/96 und 1896/97. —
Amelineau, Le tombeau d'Osiris 1899.
7) Sethe, Die ältesten geschichtlichen Denkmäler u. s. w. Zeitschr. f. äg.
Spr. XXXV, S. 1 ff. Darin Ermans Identifizierung des Semempses.
8) Revue critique vom 15./ 12. 97.
9) Sitzungsber. d. Berl. Akad. 1897. XLVIII.
10) Eg. Explor. Fund. Petrie, Royal tombs und Abydos.
Schäfer, Ägyptologie. 275
Königslisten nachgewiesen. Sethes1) peinlich genaue Nachprüfung
hat nur verhältnismässig wenig richtig zu stellen gefunden.
Immer mehr uralter Nekropolen kommen seitdem ans Licht 2)
und, wie sich auf der einen Seite die Verbindung mit der bisher
als ältesten wirklich bekannten Dynastie, der dritten, herstellt").
so wird immer klarer, dass ein grosser Teil dieser Nekropolen noch
weit in die Zeit zurückgeht, die vor Menes liegt, für uns also durch
Zahlen noch nicht zu fassen ist. Auch hier hat der unermüd-
liche P e t r i e 4) durch die Aufstellung einer wenigstens relativen
Chronologie (seiner „secpience dates") Ordnung zu schaffen gesucht.
Dass durch diese Funde allen Seiten der Ägyptologie, der
eigentlichen Geschichte wie der Kultur- , Kunst- , Religions- und
Schriftgeschichte, bisher ungeahnte neue Wege geöffnet sind, leuchtet
ein. Natürlich leben auch die nie ganz eingeschlafenen Fragen
nach der verwandtschaftlichen Stellung der Ägypter zu ihren Nach-
barn5) wieder frisch auf, sind aber von einer Klärung noch weit
entfernt.
Auch die Überlieferung der späteren Ägypter über ihre Ur-
zeit muss nun wieder geprüft werden. So hat Sethe0) die Nach-
richten über die „Horusverehrer", d. h. die Könige der noch ge-
trennten Reiche, vor der Vereinigung durch Menes, zusammen-
gestellt und gedeutet. Die gemeinsame Arbeit von Borchardt,
Schäfer und Sethe7) bat die längst bekannte, aber unverstan-
dene, Inschrift des „Steines von Palermo" als das Bruchstück von
Annalen erwiesen , die in der 5. Dynastie geschrieben sind, und
die bei der Urzeit nur die Namen der Könige , von Menes an
aber jedes einzelne Jahr verzeichneten. Masperos) und Sethe1')
zeigten aus dieser Inschrift und andern Denkmälern, dass die älte-
sten Ägypter die Jahre noch nicht wie später mit Zahlen, sondern
wie man es in den Euphratländern that, nach Ereignissen benannten.
Unsere Kenntnis des eigentlichen Alten Reichs , der Zeit der
4. bis 6. Dynastie, ist durch die Publikationen der englischen Ge-
sellschaften auch diesmal nach vielen Richtungen gefördert worden,
1) Sethe, Untersuchungen III, Beiträge zur ältesten Geschichte Ägyptens,
S. 22 ff.
2) Unter anderen sind auch bei Sakkara an der Pyramide des Unas Denk-
mäler der ersten Dynastie gefunden. Maspero - Barsanti , Annales du service
III, S. 182—190.
3) Egypt. res. Account 1901. Garstang, Mahasna and Bet-khalläf.
4) Eg. Explor. Fund. Petrie, Diospolis Parva.
5) Unter anderm vor allen die Texte zu Petries Publikationen. — Naville,
Kecueil de trav. XXII, G5. — Luschan, Globus 1901 vom 4. April. — Erman
in der „Flexion des ägyptischen Verbums" s. o. — Mac Iver, The earliest
inhabitants of Abydos, u. a. m.
6) Sethe, Untersuchungen III, Beiträge zur ältesten Geschichte S. ?, ff,
7) Ein Bruchstück altägyptischer Annalen. Anhang zu den Abhdlgn. d.
Berl. Akad. 1902.
8) Revue critique, Nouv. ser. 51, 1901, S. 381.
9) Im Bruchstück altägyptischer Annalen (s. o.).
18*
276 Wissenschaftlicher Jahresbericht.
vor allem auch durch die Bände des Archgeological Survey, die
aus den Händen von N. de Cr. Davies hervorgegangen sind, und
sorgfältige , stilgetreue Reproduktionen mehrerer Privatgräber ge-
bracht haben. Aber auch sonst sind einzelne wichtige Denkmäler
bekannt gemacht worden , wie z. B. die Gräber von Tehne durch
Fräser und Maspero1). Im Mittelpunkt stehen aber hier
natürlich die umfassenden Ausgrabungen an den Pyramiden und
Tempeln der memphitischen Nekropole. Dem Berliner Museum hat
v. Bissing2) die für die Religionsgeschichte wichtige Freilegung
des Sonnentempels des Königs Ne-user-re' bei Abusir ermöglicht,
die in drei Arbeitsjahren von Borchardt und Schäfer durch-
geführt worden ist. Die Deutsche Orientgesellschaft3) wird in
diesem Winter mit der dritten Campagne die Aufdeckung des
Totentempels desselben Königs beenden, die wieder von Borchardt
geleitet wird. Der Service des antiquites hat durch Barsanti
den Totentempel des Königs Unas bei Sakkara ausgraben4), sowie
Untersuchungen an der Pyramide von Sauijet el-'Arjän5) anstellen
lassen und Chassinat0) hat für das französische archäologische
Institut in Kairo zwei Jahre an der Pyramide des Königs Dedefre'
bei Abu-Roäsch gearbeitet. Alle diese Arbeiten haben unsere An-
schauungen von dem Alter der ägyptischen Architektur- und Kunst-
formen , von der Entwicklung des Tempelbaus ganz gewaltig ge-
fördert. Eine rechte Würdigung ihres Wertes wird aber erst
möglich sein, wenn der überwältigende Eindruck der Entdeckungen
aus den ersten Dynastien , der verläufig noch fast alles andere er-
drückt, etwas gemildert ist.
In der Geschichte des mittleren Reichs schlägt die Erörterung
über das von Borchardt7) in einem Berliner Papyrus entdeckte
Sothisdatum , das eine chronologische Fixierung der Regierung
Senwosrets III ermöglicht, noch immer ihre Wellen.*) Doch scheint
Borchardts Berechnung bisher durch die Anzweifelungen nicht
gefährdet zu sein. Dass wir altgewohnte Namensformen wie Weser-
tesen o. ä. aufzugeben haben und dafür Senwosre(t) lesen müssen,
hat S e t h e !l) bewiesen , und wahrscheinlich gemacht , dass dieser
Name die Grundform von Sesostris ist, dem Namen, der zum Mittel-
punkt des glänzendsten Gebildes der ägyptischen Sage, zur Ver-
1) Annales du serv. IN, G7 — 7G. 121—138.
2) Vorläufige Berichte in der Zeitschr. f. äg. Sprache 1899, 1900, 1901.
3) Mitteilungen d. Deutsch. Orient- Gesellschaft Nr. 14 und Nr. 18 ent-
halten vorläufige Berichte.
4) Vorläufige Berichte in den Annales du Service unter dem Titel Fouilles
autour de la Pyramide d'Ounas.
5) Vorläufiger Bericht Annales du service III, S. 92.
6) Vorläufiger Bericht in Griffith' Keport von 1900/01, S. 15 IT.
7) Zeitschr. f. äg. Spr., 1890, S. 89 ff.
8) Wiedemann, Or. Litt. Ztg., III, 322. — Lieb lein, Proc. soc.
bibl. arch., XXII, 352.
9) Set he, Untersuchungen, II, S. lff.
Schäfer, Ägyptologie. 277
körperung aller Grösse des Reichs geworden ist. Aber S e t h e s
Versuch nun alle Züge der Sesostrissage in dem wenigen, was wir
vun den Senwosrets zufällig wissen, nachzuweisen, wäre besser unter-
blieben. Er war nicht ohne Zwang möglich und beweist nichts.
Eine von Garstang in Abydos1) gefundene Inschrift erzählt
ganz unerwartet einen Feldzug nach Palästina in der 12. Dynastie.
Der Zeit des mittleren Reichs scheint die Abfassung einer Schrift
anzugehören, die Lange in einem in Leyden befindlichen Papyrus
entdeckt hat,*2) Ägypten befindet sich in einem Zustand völliger
Verwirrung , an der der König selbst nicht ohne Schuld ist. Es
tritt ein Prophet auf, der den König warnt und das Erscheinen
eines Retters aus dem Wirrsal weissagt.
Die alte crux des Historikers, die Hyksosfrage, hat in letzter
Zeit einiges neue Material, aber kaum wesentliche Klarheit gewonnen.
M. Müller hat kurz vor unserer Berichtszeit das bisher bekannte
kritisch zusammengestellt,3) Beachtenswert erscheint sein Hinweis
darauf, dass die Eroberung Ägyptens wohl ein Palästina oder gar
Syrien umfassendes Reich als Basis voraussetze.
Eine archäologische Beobachtung Borchardts hat die Ein-
ordnung des vielbesprochenen Königs Chijan o. ä. unter die Hyksos
neu gestützt.4) Es ist derselbe König, dessen Name vor langen
Jahren auf einer aus Bagdad stammenden Löwenfigur und nun auch
zn allseitiger Überraschung in einem der alten Paläste auf Kreta
gefunden worden ist.5) Die Grösse des Einflusses, den Ägypten auf
die „Inseln im Meere" schon um diese Zeit ausübte, hat die Dar-
stellung eines ebenfalls in Kreta gefundenen und gearbeiteten Gefässes
beleuchtet, in der ein geborener Ägypter mit einem Sistrum den Chor-
führer bildet bei einem religiösen Feste der kretischen Jugend.1)
Die Abtragung einer alten Schuld des Museums von Kairo
hat v. B i s s i n g 7) auf sich genommen dadurch , dass er die viel-
besprochenen aber nie genügend abgebildeten Waffen und Schmuck-
sachen der Königin Aah-hotep in würdiger Form und Genauigkeit
veröffentlicht hat.
Im Kampf der Meinungen über die Wirrungen in der Familie
Thutmosis I ist ein Stillstand eingetreten. Es ist zwar wieder
einiges neue Material hinzugekommen,0) aber es scheint doch, als
1) Garstang, -El Arabali S. 32 (Eg. res. acc.)
2) Sitzungsber. d. Berl. Akad., 1903, S. 601.
3) Mitteil. d. Orient. Gesellsch. , 1898, Heft 3. Aus der Inschrift von
Stabl Antar liest er gewiss zu viel heraus.
4) Zeitsehr. f. äg. Sprache, 1895, S. 142; 1902, S. 95.
5) Notiz in Griffith' Report. 1900/01, S. 37.
6) Monuinenti anticlii, XIII, Tai. 1 u. 3. Text S. 86 u. 120. Das Gefäss
ist bei den italienischen Grabungen in Haghia Triada gefunden.
7) v. Bissing, Ein thebanischer Grabfund aus dem Anfange des neuen
Reichs. Berlin 1900. 1901.
8) Breasted in Sethos Untersuchungen II, 27 ff. — Legraiu in den
Annales du serv. II, S. 272 lf.
278 Wissenschaftlicher Jahresbericht.
ob mit den jetzt bekannten Mitteln nicht zu einer endgültigen
Entscheidung zu gelangen wäre. Dass in dem Grabe der Hatschep-
sowet, dessen Lage festgestellt ist, und dessen Eröffnung bevor-
steht , sich grade für diese Frage neue Thatsachen finden werden,,
ist kaum zu hoffen. Navilles1) stattliche Publikation des Tempels
von Der-el-bahri ist bis zum 4. Bande gediehen. Das neu auf-
gefundene Grab Thutmosis IV hat eine Reihe schöner und wichtiger
kunstgewerblicher Gegenstände geliefert, vor allem einen mit präch-
tigen Darstellungen verzierten Streitwagenkasten. Und zwar zeigen
die Bilder schon ganz den Typus des grossen Schlachtbildes,-) dessen
Entstehung man bisher frühestens in die Zeit des Haremhab glaubte
setzen zu können. In der Entdeckung neuer Königsgräber und
Königsmumien sind nach langer Pause die letzten Jahre wieder
recht glücklich gewesen. So hat Loret 1898 die Gräber Thut-
mosis' III und Amenophis' II gefunden.3) In dem letzteren waren
die Mumien Thutmosis' IV, Amenophis' III, Merenptahs, Sethos' II,
Siptahs, Setnachts und des IV. bis VI. Ramses im Altertum vor
Grabräubern geborgen worden, ähnlich wie die bei dem bekannten
grossen Funde in einem Felsspalt bei Der-el-bahri entdeckten
Königsmumien.
Sonst ist für die Zeit der 19. und 20. Dynastie verhältnis-
mässig wenig neues zu berichten. Breasted4) hat das Empor-
kommen des Gründers der 19. Dynastie, des Haremhab, behandelt
und in einer sorgfältigen Monographie die berühmte Schlacht bei
Kadesch am Orontes untersucht. Als ein wichtiger Zeuge der Aus-
dehnung des Reichs in Palästina hat sich neben dem heute Hiob-
stein genannten Denkmal Ramses' II ein Denkstein mit einer In-
schrift Sethos' I gefunden,5) und Calice hat nachgewiesen, dass noch
im alten Testament sich ein Ortsname „Brunnen des Menephthah"
erhalten hat.'1)
Die Aufregung über die Auffindung der thebanischen Sieges-
inschrift des Menephthah mit der Erwähnung der Israeliten in
Palästina macht sich ein wenig noch am Anfang unserer Berichts-
zeit bemerkbar.7) Ermanss) Beschäftigung mit dem als Papyrus
Harris bekannten Regierungsbericht Ramses' DJ hat zu neuen, für
die Beurteilung des Dokuments wichtigen Anschauungen über seine
Entstehung geführt. Vor allem wird aber auch von Er man der
früher weit überschätzte Besitz der thebanischen Amonspriester auf
1) Publ. d. Eg. Explor. Fd.
2) Xach mündlichen Mitteilungen v. Bissings und Breasteds.
3) Bulletin de l'Institut Egyptien 1899, S. 91.
4) Zeitschr. f. äg. Spr., 1900, S. 47. — The Decennial Publ. of the Univ.
of Chicago Bd. V.
5) Athenäum C. Juli 1901. Acad. des Inscr. 18. Okt. 1901.
6) Orientalist. Litterat.-Zeit. 1903, 224.
7) z. B. Piehl, Sphinx, IV, 125. Virey, Rev. Bibl., 1900, Okt.
8) Sitzungsberichte der Berl. Akad., 1903, 456.
Schafer, Ägyptologie. 279
das richtige Maass zurückgebracht. L o r e t und M o r e t haben die
merkwürdigen Inschriften eines Privatgrabes veröffentlicht und be-
handelt,1) das Loret im Jahre 1898 in Sakkara gefunden hat.
Die langen Inschriften beziehen sich auf einen unter Ramses II
geführten Prozess zwischen Mitgliedern einer Familie um Grund-
besitz und sind für die Geschichte der Besitzverhältnisse und der
Verwaltung des neuen Reichs von grosser Wichtigkeit. Die That-
sachen, die zur Sprache kommen, gehen bis in die Zeit des Ahmosis
zurück.
Das unschätzbare Denkmal aus der Zeit des Ausgangs des
neuen Reichs, das Golenischeff entdeckt und zuerst vortrefflich
übersetzt hat , ist von E r m a n -) und M. Müller 3) noch einmal
behandelt worden. Es ist der Bericht eines gewissen Wen-amön
über seine Reise nach Phönizien, die er im Auftrage des Smendes
unternommen hat , um Holz zum Schiffbau zu holen. Ob das
interessante Schriftstück wirklich der Bericht des Wen-amön ist,
ob es ein litterarisches Produkt ist, jedenfalls stellt es uns mit
packender Lebendigkeit und gewiss auch mit grosser Treue jene
für Ägypten so traurige Zeit vor Augen.
Die Spätzeit des Reichs, die Zeit von der 25. Dynastie an,
ist noch immer recht stiefmütterlich mit neuen Funden bedacht.
Zwar haben besonders die Arbeiten des eifrigen L e g r a i n in
Karnak4) manches neue gebracht, und haben die Grabungen B a r -
santis 5) in Sakkara uns neue Riesengräber der Zeit kennen gelehrt,
aber doch bleibt eigentlich noch immer die „Naukratisstele" das
einzige nennenswerte neue Denkmal.0) Es ist der schöne, in Naukratis
gefundene Denkstein, auf dem Nektanebos II dem Neittempel in
Sa'is einen Anteil an den Eingangszöllen und an den Abgaben der
Fabriken in Naukratis schenkt.
Die Schicksale der ägyptischen Kultur in dem politisch seit
der Mitte des 7. Jahrhunderts von Ägypten völlig losgelösten oberen
Nilthal, dem Reiche von Napata und Meroö, hat Schäfer") in
seiner Bearbeitung des grossen Berliner Denksteins des Königs
Nastesen verfolgt. Er findet unter anderm in der Inschrift eine
Erwähnung des bekannten unglücklichen Zuges des Kambyses.
Die westlichen Vorposten Ägyptens, die abgelegeneren Oasen
der libyschen Wüste, haben in Steindorff zum ersten Male einen
ägyptologisch gebildeten Besucher gefunden. Was er über den
1) Zeitschr. f. üs. Spr. 1901, S. 1 ff.
2) Zeitschr. f. äg. Sin-., 1900, S. 1 ff. Golenischeffs Publication im
Rec. de trav. 21, S. 74 ff.
3) Mitteil, der vorderas. Ges., 1900, I.
4) Berichte in den Annales du Service und dem Kec. de trav.
5) Berichte in den Annales du Service.
6) Maspero, Une stüle de Nectanebo II (Comptes rendus de l'Academie
des inscr., 1899, S. 79311'.). — Erman- Wilckon, Zeitschr. f. äg. Spr.. L900,
S. 127.
7) Die äthiopische Königsinschrift des Berliner Museums, 1901.
•J^Q Wissenschaftlicher Jahresbericht.
Zustand der, übrigens sümmtlich der Spätzeit angehörigen, Denk-
mäler von Siwa berichtet,1) ist betrübend. Es scheint viel seit den
Reisen Minutolis u. s. w. zerstört zu sein. In der kleinen Oase
Bahrlje war Steindorf f so glücklich das Grab eines Fürsten der
I läse aus der 19. Dynastie mit interessanten Darstellungen zu finden.
IV. Religion und Mythologie.
Die Forschungen über die ägyptische Religion liegen noch sehr
im argen. Es ist auch hier, trotz der Arbeiten Brugsch', Lefe-
bures, Lepage Renoufs, Masperos, Morets, Wiedemanns u.a.
doch eigentlich noch so gut wie alles zu thun. Es giebt noch
keine wirklich befriedigende Darstellung, und so wie die Dinge
liegen wird eine solche auch noch auf lange Jahre hinaus unmög-
lich sein. Vorläufig giebt es ja nicht einmal Monographien, die
kleinere Teile dieses ungeheueren Gebietes einigermassen erschöpfend
behandeln. Es liegt in der Natur unserer ägyptischen Denkmäler,
dass fast jede neue Publikation neues Material zur Geschichte der
Religion und des Kultus beibringt, und fast jede Bearbeitung eines
Textes eine oder die andere Beobachtung enthält. Ich möchte daher
hier nur einiges wenige hervorheben.
Amelineaus Grabungen haben in Abydos das schon von
Mari et te, aber vergeblich, gesuchte berühmte Osirisgrab auf-
gedeckt. An der Thatsache kann, wie die hier in späteren Zeiten
niedergelegten Weihgeschenke zeigen , kein Zweifel sein. Über-
raschend war aber die Entdeckung, dass die Ägypter, als der Osiris-
kult in Abydos eingeführt wurde , eines der Gräber ihrer alten
Könige für das des Gottes erklärt haben.*2) Wiedemann3) scheint
endlich die richtige Antwort auf die oft gestellte Frage gefunden
zu haben , welches lebende Tier dem mythologischen Tiere des
Gottes Set entspricht. Er findet es in dem Okapi, das man vor
kurzem im Innern Afrikas entdeckt hat.
P e tr i e s 4) Arbeiten im Osiristempel haben die Existenz dieses
Tempels schon zur Zeit der ersten Dynastie erwiesen. Auch Petrie
kommt jedoch, ähnlich wie es schon Maspero früher vermutet hatte,
zu dem Schlüsse, dass die Stätte nicht von Anfang an dem Osiris
geweiht gewesen ist. Sethes gute Monographie über Imhotep
behandelt das Thema von den vergötterten Menschen.5) Sie zeigt,
dass Imhotep unter dem Könige Zoser der 3. Dynastie gelebt hat.
Die oben erwähnten Ausgrabungen im Sonnenheiligtum des
Königs Ne-user-re' bei Abusir haben es uns endlich ermöglicht, uns
1) Berichte der Kgl. sächs. Gesellsch. der Wissensch., 1900, 209.
_' i A melineau , ie tombeau d'Osiris, 1899. Petrie, Koyal tombs Grab O.
(Eg. expl. Fd.)
3) Die Umschau, VI. Jahrg., Nr. 51, S. 1002.
4) Petrie. Abydos (Eg. expl. Fd.).
5) Untersuchungen, 11, 95 ff.
Schäfer, Ägyptologie. 281
eine klare Vorstellung von diesen ungewöhnlichen Heiligtümern
zu machen, die grade für die Zeit der 5. Dynastie charakteristisch
sind. Die Heiligtümer liegen auf dem Rande des westlichen Wüsten-
plateaus. Der Kultus geht nicht in einem Tempel, sondern im
Freien, am Fusse eines gewaltigen Obelisken, vor sich.
Graf S c h a c k x) veröffentlicht und behandelt ein neues reli-
giöses Buch, das in Niederschriften aus dem mittleren Reich erhalten
ist, und wieder einmal die Hadeslitteratur um ein Werk voller
Rätsel vermehrt.
Spiegelberg'2) behandelt ein sehr interessantes Bruchstück
aus dem Astartemythus , nach einer Handschrift des neuen Reichs.
Einen wichtigen Beitrag zur Zauberlitteratur . die ja grade beim
Studium der ägyptischen Religion eine so bedeutende Rolle spielt,
hat Erman durch die Veröffentlichung und Bearbeitung der Zauber-
sprüche für Mutter und Kind geliefert.3)
Zum Schluss dieses Abschnitts sei endlich bemerkt . dass die
von Lepage Renouf begonnene Übersetzung des sogenannten
Totenbuchs durch Naville beendet worden ist.4) Damit ist eine
achtungswerte, übrigens beinahe tollkühne, Arbeit abgeschlossen, die
gewiss als Vorarbeit ihren Nutzen hat, von der man aber nur
wünschen kann, dass sie nicht von Nichtägyptologen als Quelle be-
nutzt wird. Denn bei einem Gegenstand, wie dieser ist, treffen ja all
die allgemeinen Bedenken in erhöhtem Grade zu, die wir bei den
beiden Kapiteln Grammatik und Religion haben äussern müssen.
Demotisch.
Heinrich Brugsch würde seine helle Freude daran haben,
wenn er sehen könnte, wie sein Kind, das immer sein Lieblingskind
gewesen ist, das Demotische, jetzt anfängt aufzublühen. Wie besorgt
ist er doch in den letzten Jahren seines Lebens um dessen Schicksal
gewesen! Jetzt folgen sorgfältige und gut durchgearbeitete Publi-
kationen von litterarischen Handschriften und Urkunden einander
Schlag auf Schlag. 5) Neben Revillout stehen G r i f f i t h , Hess,
Krall, M. Müller, Spiegelberg, Thompson u. s. w., und
durch ihre Arbeiten wird der Weg denen gebahnt, die bis jetzt
sich noch scheu von diesem dornigen Gebiet zurückgehalten haben,
das aber doch schliesslich von jedem Ägyptologen durchmessen
1) Das Buch von den zwei Wegen des seligen Toten (Zweiwegebuch), 1903.
2) Proc. Soc. Bibl. Arch. XXIV, 41.
3) Abh. der Berl. Akad., 1901.
4) Proc. Bibl. arch., 1902 (Bd. XIV
b> In den Berichtsjahren sind erschienen: Spiegelberg, Ag. und griech.
Eigennamen. — Dcrs., Die demotischen Papyrus der Strassburger Bibliothek. —
Demotische Papyrus aus den Kgl. Museen zu Berlin, herausgegeben von der
Generalverwaltung, bearbeitet von W. Spiegelberg, 1902. — He.->>. Der
demotische Teil der dreisprachigen Inschrift von Rosette. — Revillout, Corpus
papyrorum Aegypti, IV.
282 Wissenschaftlicher Jahresbericht.
werden muss , wenn ihm nicht das wichtigste Verbindungsglied
zwischen dem alten Ägypten und der koptischen Zeit fehlen soll.
Kunstgeschichte.
Auch hier gilt das, was eigentlich bei jedem Abschnitt zu be-
merken ist, dass nämlich fast jede Publikation im Text ihrer Ein-
leitung oder des Kommentars Beobachtungen enthält, die hierher
gehören. Doch ist in den letzten Jahren nur eine selbständige
Arbeit erschienen, die sich zum Ziel setzt, ein grösseres Gebiet der
Kunstgeschichte erschöpfend darzustellen, das ist Borchardts
„Ägyptische Pflanzensäule B1). Er hat in der Sonderung der Typen
und ihrer Benennung endlich einmal Ordnung geschaffen, die Ent-
wicklung der einzelnen Formen gezeigt und auch seine paradoxe
Schlussthese zum mindesten sehr wahrscheinlich gemacht, dass der
Ägypter sich seine Pflanzensäulen als freie Endigungen dachte. In
einem zweiten Aufsatz'2) hat er dieser anfangs gefährlich zugespitzten
These das beängstigende genommen durch die Erklärung, dass da-
mit nichts über die Entstehung der Säulenformen gesagt sein solle,
d. h. also, dass die „freien Endigungen" doch erst sekundäre Auf-
fassung sein könnten.
Doch wir sind am Ende dieser schon fast allzulangen Musterung.
Blicken wir aber zurück auf das Aufgezählte, so werden wir uns
doch darüber freuen , dass wir so viel zu berichten gehabt haben,
trotzdem noch viel tüchtige Arbeit hat ungenannt bleiben müssen.
Hapert es auch, wie wir manchmal haben konstatieren müssen, hier
und da, so ist das ja kaum anders denkbar bei einer Wissenschaft,
die noch immer im Zeitalter der Entdeckungen steht. Da er-
scheint dem Einzelnen oder ganzen Gruppen nicht zu allen Zeiten
die Arbeit auf allen Gebieten gleich wichtig. Verderblich bleibt
ja solche Anschauung immer, wenn sie auch erklärlich ist. Im
Ganzen aber können wir uns freuen, dass die Neigungen, und viel-
leicht auch Begabungen, der verschiedenen Gruppen von Mitarbeitern
am "Werk einander so ergänzen, dass wir, alles in allem genommen
• — und so müssen wir es doch auch nehmen - — ein frisches Vor-
wärtsschreiten in unserer Wissenschaft konstatieren können. Wir
wollen hoffen, dass wir das nächste Mal wieder über eine so reiche
Ernte berichten können wie diesmal. Darin liegt auch der Wunsch,
dass uns der Boden Ägyptens, oder das Glück, ebenso reich wie
in den letzten Jahren mit neuen Funden beschenken möge , wenn
auch der Einzelne oft sich seufzend gestehen muss, dass der Atem
kaum ausreicht, um dem eiligen Laufe dieses Glücks zu folgen.
1) Borchardt, Die ägyptische Prlanzensiiule. Berlin 1897.
2) Zeitschr. f. äg. Spr., XXX, S. 36»'.
Klemm, Indologie. 283
Indologie.
Von
K. Klemm.
Nicht ohne inneres Widerstreben unterzog sich Referent der
Aufgabe das neue Buch von Tilak1) zu lesen, welches als Fort-
setzung seines „Orion" anzusehen ist. Nachdem aber die ersten
Kapitel überwunden waren, in denen der Verfasser aus den Lehren
der Geologie und der Astronomie die einstige Existenz eines cir-
cumpolaren Kontinents mit mildem Klima als wahrscheinlich hin-
stellt, gewann bald das Interesse an den weiteren Ausführungen
Tilaks die Oberhand. Anzuerkennen ist, dass gerade die ältesten
Überlieferungen der Indo-Arier vom Standpunkt einer arktischen
Heimat aus in ganz anderer Beleuchtung erscheinen als unter dem
bisher üblichen Gesichtspunkt. Man denke nur an die horizontale
Bewegung der Himmelskörper innerhalb 24 Stunden, den beständigen
Mondschein 14 Tage hindurch, den Aufgang der Sonne im Süden
(Sürya, Daksinäs Sohn), den langen Tag und die Polarnacht, endlich
an die Dämmerungserscheinungen der höchsten Breiten, welche sich
bis zu 60 Tagen ausdehnen können , die sich aber keineswegs auf
einen Teil des Horizontes beschränken, sondern innerhalb 24 Stunden
den ganzen Gesichtskreis umwandeln. Solche Erscheinungen machen
die genauen Beobachtungen begreiflich , die rege Anteilnahme an
den Himmelserscheinungen, den Einfluss, den von den ältesten Zeiten
ab das vedische Volk den Gestirnen auf seine Geschicke zusprach.
Unter indischen oder centralasiatischen Verhältnissen ist namentlich
die hohe Schätzung der kurzen Morgenröte , wie sie sich in den
altertümlichen Liedern an die Usas ausspricht, schwer verständlich,
sie wird erst begreiflich, wenn man an die Dämmerung einer langen
Polarnacht denkt. In diesem Rahmen versteht man , wie sie in
drei oder fünf verschiedene Abschnitte zerlegt werden konnte, wie
Rv. 7, 76, 3 sogar von Tagen die Rede sein kann, welche zwischen
dem ersten Aufleuchten der Lsas und dem Aufgang der Sonne
verfliessen. In Indien vergehen zwischen der Morgenröte und dem
Erscheinen der Sonne nur wenige Augenblicke, und doch ordnet
das Ritaal für diesen Zeitraum die Recitation von 1000 Versen,
ja unter Umständen des ganzen Rgveda an; solche Bestimm \
können daher nur zu einer Zeit getroll'en sein, in der die Morgen-
dämmerung als Erlöserin nach langer banger Nacht begrüsst wurde.
Eine Nacht von wenig mehr als zwölf Stunden aber konnte un-
möglich die Angst einflössen, welche sich in der vedischen Litteratur
zu erkennen <nebt. In langen Nächten wurden die rätrisattras
1) Bai Gaugädbar Tilak: The Arctic Home in the Vedas, being als.)
a new Key to the Interpretation of inany Vedic Tests and Eegonds. Bombay,
Kamchandra Goviud & Sons, 1903. XXIV, 500 S. Mit Holzschn. u.
284 Wissenschaftlicher Jahresbericht.
gefeiert, um Indra in seinem Kampfe gegen Vrtra beizustehen.
Während die am Tage gehaltenen sattras für die Zeit der Brähmanas
ein Jahr von zwölf Monaten voraussetzen, lassen die Angaben über
die nur auf zehn Monate beschränkten Sattras ein älteres Jahr von
zehn Monaten vermuten. Auf den Nordpol weist auch Tai. Br.
3, 9, 22, 1, wo das Jahr ein Tag der Götter (also sechs Monate
Tag, sechs Monate Nacht) genannt wird. Dazu vergleiche man
ferner, was Tilak über den Berg Meru, den er mit dem Nordpol
identifiziert, über die Ädityas, Devayäna und Pitryäna, catvürimsyäm
saradi, sagt, und man wird eine Fülle von Anregung empfangen.
Mag man auch im Einzelnen noch so weit von Tilak abweichen,
so wird man doch mancherlei Berührungspunkte mit anderen Forschern
finden und nicht umhin können, seine Argumente genauer Prüfung
zu unterziehen. Hatte er schon vorher die älteste vedische Periode
um 4500 v. Chr. angesetzt, so würde die urarische Zeit noch um
nahezu 4000 Jahre weiter zurückreichen. Bei aller Bescheidenheit,
welche den Arier zieret , wird es sich empfehlen , auch diesen
Schätzungen Tilaks näher zu treten. Mit Rücksicht auf die weite Aus-
breitung der Arier und ihre weitgehende Differenzierung muss eine
lange Zeit der Entwickelung angenommen werden und die Völker
Europas wie ihre Stammesgenossen in Asien dürfen wohl erwarten,
dass man ihrer Vorgeschichte mindestens die gleiche Aufmerksamkeit
zuwendet, wie sie so manchem verschwundenen oder verkommenen
Volke einer fabelhaften Vergangenheit entgegengebracht wird.
Mit dem JRgveda und seiner Exegese beschäftigt sich Arnold1),
der nochmals das 2. Mandala und 7, 18 behandelt. Auf einzelne
Stellen lenken Windisch2) und Henry3) die Aufmerksamkeit,
Wortdeutungen liefern Oldenberg4) und Meillet5). Beiträge
zum Atharvaveda sind von Pischel0) und L a n m a n ') zu ver-
zeichnen. Über Prakritismen im Altindischen handelt Wacker-
nagel*). Garbe9) giebt eine Reihe, z.T. schon veröffentlichter,
Aufsätze heraus, welche sich mit den interessantesten Fragen der
1) E.V.Arnold: Tho second Mandala of the Rigveda. Kuhns Zeitschr.
38, 293 — 294. — Rigveda VII, 18. Ebda. 491—496.
2) Ernst Windisch: Die Gespanne der Götter. Album Kern. S. 139 — 140.
3; V. Henry: Dadhikrä-Dadhikrävan et l'evhemerisme en exegese vedique.
Ebd. S. 5—12.
4) H. Oldenberg: Kränä, kräna im Rgveda. Ebd. S. 33—36.
5) A. Meillet: Sur l'etymologie de l'adjective vedique ninyäh. Ebd.
S. 121 — 122.
6 R. Pischel: Atharvaveda 7, 106. Ebd. S. 115—117.
7) Charles R. Lanman: Atharva-veda: critical notes; with some
account of Whitney's commentary. Ebd. S. 301 — 307.
8) Jakob Wackernagel: Prakritismen im Altindischen. Ebenda
S. 149—152.
9) Richard Garbe: Beiträge zur indischen Kulturgeschichte. Berlin,
Gebr. Paetel, 1903. 268 S. M. 6.—. (4. auch in D. Rundschau, Bd. 114,
S. 417 — -436. Dazu Marie v. Bansen: Zur indischen Witwenverbrennung.
Ebd. 115, S. 458—461.)
Klemm, Indologie. 285
indischen Kultur beschäftigen. Ihre Titel sind: 1. Die Weisheit
des Brahmanen oder des Kriegers ? 2. Die sechs Systeme indischer
Philosophie. 3. Der Milindapanha, ein kulturhistorischer Roman
aus Altindien. 4. Die Witwenverbrennung. 5. Über die Thugs.
6. Über den willkürlichen Scheintod der indischen Fakirs. 7. Leben
der Hindus , eine Skizze. In dem an die Spitze gestellten , zuerst
1893 erschienenen Aufsatze hatte Garbe darauf hingewiesen, wie
im Satapathabrähmana und in den älteren Upanisaden die Könige
sich den Brahmanen an Tiefe der Erkenntnis so weit überlegen
zeigen, dass sie in aller Form von den Brahmanen als Lehrer an-
genommen werden. Er schloss daraus, dass aus der Kriegerkaste
die belebende Kraft auf spekulativem und religiösem Gebiet hervor-
gegangen sei, welche schliesslich auch die Brahmanen in ihren Bann
zwang. An dieser Anschauung hält Verf., trotz erfahrenen Wider-
spruchs, fest, da der grosse Umschwung in dem Geistesleben Alt-
indiens doch nicht durch Brahmanen, sondern durch Ksatriyas be-
wirkt worden ist. Als klassische Beispiele dafür kann er die Stifter
dreier Religionen anführen , der Jainas , der Buddhisten und der
Bhägavatas, alle drei Ksatriyas. Den ersten Versuch, diesen Ge-
danken praktisch zu verwerten, unternimmt R h y s Davids1), indem
er die Reiche und Republiken , welche von Buddhas Zeit bis auf
Kaniska bestanden, ihre sozialen Verhältnisse, religiösen Anschauungen,
Sprache und Litteratur schildert , von denen die brahmanischen
Schriften so wenig wissen, wie unsere scholastische Litteratur von
der Geschichte ihrer Zeit. Das Buch ist ausgestattet mit guten
Abbildungen von Denkmälern jener Zeit.
Der Einführung in das Mahäbhärata wollen zwei Schriften
dienen. Fausboll'2) beabsichtigte seine Mythologie des Mahäbhä-
rata vom Standpunkt des Historikers zu schreiben, er hielt es daher
für geboten an dem Klassifikationssystem des vorliegenden Textes
festzuhalten. Daraus erklärt sich seine Einteilung in die Klassen
Asuras, Suras und Yaksas und die Zuweisung der Apsaren , Gan-
dharven, Pitrs , Rsis, Siddhas , Välakhilyas u. a. zu den Suras.
Rücksicht auf die erstrebte Objektivität gab vermutlich Anlass zu
der alphabetischen Anordnung der den beiden ersten Klassen zu-
gewiesenen Wesen. Eine grosse Hilfe für das Studium des Mahä-
bhärata hat J a c o b i 3) durch seine praktisch angelegte Inhaltsangabe
des grossen Epos geschaffen. Aus der typographischen Gestalt der
Kapitelzahlen erkennt man sofort, ob der betreuende Abschnitt zur
eigentlichen Mahäbhärata- Sage gehört, ob er didaktische Partien
1) T. W. Rhys Davids: Buddhist India. London, T. FLsher ünwin,
1903. XV, 332 S. 5 sli. Mit Karte und 56 Abbldgn.
2) V. Faus 1)011: Indian Mythology according to the Mahäbhärata , in
outline. London, Luzac & Co., 1903. XXXII, 206 S. 9 sh.
3) Hermann Jacobi: Mahäbhärata. Inhaltsangabe, Index und Con-
cordanz der Calcuttaer und Bengaler Ausgaben. Bonn, F. Cohen, 1903.
IV, 257 S. M. 14.—.
286 Wissenschaftlicher Jahresbericht.
oder erzählende Episoden enthält. In ähnlicher Weise ist angedeutet,
in welchem Versmaass der betrettende Adhyäya abgefasst ist oder
wo Prosa vorkommt. Der beigefügte Index giebt jede gewünschte
Auskunft über alle Personen des Riesenwerkes, ihre Genealogien
und die Stellen an denen die einzelnen Namen erscheinen.
Vincent Smith1) unterzieht die geographischen Angaben
Mc Crindles über die Sitze der Völker, welche sich Alexander dem
Grossen entgegenstellten, einer Nachprüfung. Nach der Besiegung
des Porös stellten sich ihm die Malloi entgegen, die Cunningham
und Mc Crindle , lediglich auf Grund einer falschen Etymologie,
in der Gegend von Multän suchen. Der Name Malloi entspricht
Skr. Mälava oder einer Präkritform davon und bezieht sich jeden-
falls auf das von der Brkatsamhitä in den Norden gesetzte Volk
dieses Namens. Nach Arrians Angaben müssen die Malloi an beiden
Ufern des Hydraotes (Rävl) von Shorkot im SW. bis Lahore im
NO. gesessen haben. Ihr Gebiet schloss den grösseren Teil des
Distrikts von Jhang und den Nordwesten des Montgomerydistrikts
ein. Der alte Lauf des Hyphasis dürfte die südöstliche Grenze
der Malloi gebildet haben. Nördlich von ihnen, am linken Ufer des
Hydraotes, wohnten die Kathaioi. Im Osten der Kathaioi, am Hyphasis
(Biäs), befanden sich die Sitze der Oxydrakoi, in den heutigen Be-
zirken von Amritsar, Gaurdäspur, Kängra und Hosbiärpur. Hier an
dem ältesten Bett der Biäs, nicht weit von Gaurdäspur, sind auch die
zwölf Altäre zu suchen, welche Alexander errichtete. Der Name Oxy-
drakoi, Sydraci bei Plinius, entspricht Skr. Ksudrakä im Mahäbhärata
und ist wohl identisch mit dem der Ksudraminas bei Varähamihira.
Für die Kunde von dem Verkehr nach dem Osten, insbesondere
über die Ausbreitung indischer Religionen nach Hochasien und
China, sind von hohem Werte die Ergebnisse der Ausgrabungen
Steins und die Quellenforschungen von Pelliot. Pelliot2)
widmet eine ausführliche Abhandlung dem Königreich Punan, einem
hinduisierten Staat im Mündungsgebiet des Mekong. Mit bewunderns-
würdiger Kenntnis der chinesischen Geschichtsschreiber schildert er
die Verhältnisse jenes Staates, welcher seit dem 3. Jahrhundert
n. Chr. ein Bindeglied zwischen Occident und Orient, zwischen
Indien und China gebildet hat, seitdem Funan im Jahre 243 den
ersten Tribut an den chinesischen Hof sandte. Da Funan vom
3. — 7. Jahrhundert in lebhaftem Verkehr mit dem Reich der Mitte
stand , drei ausführliche Berichte über Funan aus jener Zeit vor-
liegen, so war es möglich, ein anschauliches Bild über die Kultur-
zustände jenes vorgeschobenen Postens des Hindutums zu entwerfen
1) Vincent A. Smith: The Position of the Autonomous Tribes of the
Panjäb conquered by Alexander the Great. With a map. J. Royal Asiatic S.
1903, S. 685—702.
3) P. Pelliot: Le Fqu-nan. Bulletin de l'Ecole Franc. d'Extreme-Orient.
3, 248 — 303. (Vgl. dazu: E. Aymonier in Journal asiatique. 10. serie. t. 1,
109—150 u. 2, 333—341.)
Klemm, Indologie. 287
und uns über die Bedeutung des kleinen Staates zu unterrichten.
Um die Mitte des 3. Jahrhunderts ordnete der König von Funan
eine Gesandtschaft nach Indien ab, welche den Ganges hinauf fuhr
und von dem indischen Herrscher wohl aufgenommen wurde. Er-
staunt rief dieser aus : „ Also auch an den äussersten Ufern des
Oceans giebt es Menschen!" Dann Hess er den Fremdlingen sein
Reich zeigen und entliess sie mit Geschenken für ihren Herrn,
darunter auch vier Rosse aus dem Lande der Yue-tche. In Be-
gleitung zweier indischen Gesandten traf die Botschaft aus Punan
nach vier Jahren wieder in der Heimat ein. Dort war inzwischen
ein Thronwechsel eingetreten. Die Hindus aber lernten bei dieser
Gelegenheit nicht nur Funan kennen, sondern traten auch in direkten
Verkehr mit Chinesen. Denn soeben waren zwei Würdenträger aus
China K'ang Tai und Tchou Ying eingetroffen, von denen der erste
Specialbericht über Funan und seine mythische Vorgeschichte her-
rührt, 245 — 50. In der Folge gestaltete sich der Verkehr zwischen
Funan und China immer lebhafter. Die Übersendung von Tribut
an den Kaiserhof erwies sich als gewinnbringendes Geschäft, wieder-
holte sich daher in immer kürzeren Zeiträumen , denn die Gegen-
gaben fielen stets kostbarer aus und obendrein wurden wertvolle
Geschenke, wie z. B. Elefanten, als unnütz und lästig zurückgegeben.
Sehr ausführlich sind namentlich die Nachrichten aus dem Ende
des 5. Jahrhunderts, welche über die Regierungszeit des Königs
Jayavarman von Funan berichten. Dieser entstammte dem Ge-
schlecht der Kaundinya und wurde 503 vom Kaiser mit dem Titel :
„General des beruhigten Südens, König von Funan" begnadet. Als
Apostel zeichnete sich der Säkya Nägasena, eine in Indochina sehr
populäre Persönlichkeit aus, von dem eine Predigt über den Ma-
hesvara erhalten ist , die er im Jahre 484 vor dem Kaiser von
China hielt. Aus Funan stammten auch die beiden Mönche San-
ghapäla und Mandrasena, welche um die Wende des 5. und 6. Jahr-
hunderts in China an der Übersetzung des Tripitaka arbeiteten.
Jayavarman starb 514, ihm folgte ein illegitimer Sohn Rudravarman,
nachdem dieser den rechtmässigen Thronerben ermordet hatte. Später
wurde Funan von einem Nachbarreiche überwältigt und ging in
dem Königreich Camboja auf.
Obwohl nicht auf Funan selbst, sondern nur auf einen seiner
Vasallenstaaten bezüglich, sei noch eine Stelle bei Pelliot hervor-
gehoben. Es heisst da in einem chinesischen Bericht: „In diesem
Lande giebt es 500 Hou-Familien aus Indien , zwei Fo-t'ou und
mehr als tausend Brahmanen aus Indien .... Wenn sie krank
sind, geloben sie „in Vögeln bestattet zu werden". Mit <■
und Tanz geleitet man sie aus der Stadt und dort werden sie von
Vögeln verschlungen. Die übrig gebliebenen Gebeine verbrennt
man , schliesst sie in eine Urne und wirft diese ins Meer ....
Die Feuerbestattung besteht darin, dass man sich ins Feuer stürzt ....
Es giebt dort einen Weinbaum, welcher der Granate ähnelt; seine
288 Wissenschaftlicher Jahresbericht.
Blüten sammelt man und thut den Saft in einen Krug. Nach Ver-
lauf einiger Tage verwandelt er sich in einen angenehm schmecken-
den, berauschenden Wein." Wem kämen da nicht die Parsen in
den Sinn , ihr dakhma und der, allerdings sonst nicht als lieblich
geschilderte, Haoma? Pelliot freilich denkt offenbar an solche
Beziehung nicht , wiewohl er weiss , dass unter Hou im engeren
Sinne die Völker Mittelasiens, mit Ausschluss der Hindus, zu ver-
stehen sind. Und in der That muss man anerkennen, dass im
5. Jahrhundert , dem Pelliots Quelle Fu nan ki angehört , von
Parsen aus Indien kaum gesprochen werden kann , so weit unsere
Kenntnis ihrer Geschichte reicht.
Der Zeit, welcher sich die eben besprochenen Untersuchungen
zuwenden, parallel geht das neueste Werk von Stein1) über die
im Sande vergrabenen Ruinen von Khotan. Auch Khotan vermittelte
den Buddhismus zwischen Indien und China. Aus dem reichen
Inhalt an neuen Ergebnissen seien nur die Nachrichten über die
Ausbeute an Handschriften hervorgehoben. In die ersten Jahr-
hunderte unserer Zeitrechnung reichen die Holztafeln und Rollen
von Schafleder zurück, wie Schrift, Sprache, die an den Fundorten
zerstreuten Münzen und andere Zeugnisse beweisen. Sie bestätigen
die einheimische Überlieferung, wonach Khotan ungefähr zwei Jahr-
hunderte v. Chr. von Taxila aus durch indische Einwanderer be-
siedelt worden ist. Denn Taxila ist der Mittelpunkt der Kharosthl-
Schrift , in welcher die meisten Urkunden geschrieben sind. Ihre
Sprache ist altes Prakrit mit starker Beimischung von Sanskrit-
Ausdrucken. Diese wiegen besonders in den einleitenden und förm-
lichen Ausdrücken der Briefe und Aktenstücke vor, also genau da,
wo auch der moderne Inder Anlehnung an das klassische Vorbild
liebt. Dem Inhalt nach handelt es sich in der Hauptsache um
amtliche Akten : Briefe, Berichte, Steuersachen, Rechnungen u. dgl.
Die Titel, wie maliürüja, devaputra u. a., stimmen auffallend zu
denen der Kusanas, der indo-skythischen Fürsten, welche während
der ersten Jahrhunderte unserer Zeitrechnung den Nordwesten Indiens
und Afghanistan beherrschten. Auch die Namen der genannten
Personen sind meist rein indisch, ja es kommt sogar ein Kusanasena
unter ihnen vor. Einzelne Beamte führen jedoch auch nichtindische
Titel. Für die Zeit der Kusana sprechen die kursive KharosthT-
Schrift, welche der der Kusana-Inschriften entspricht, ein Täfelcben
mit Brähml - Charakteren derselben Periode und eine chinesische
Inschrift aus demselben Fundorte, deren Datum auf das Jahr 269
n. Chr. hinweist. Auch die Funde chinesischer Kupfermünzen weisen
in jene Zeit . denn keine von ihnen reicht über die Periode der
späteren Han-Dynastie, welche mit 220 abschliesst. Endlich werden
einzelne Personen in den ausgestellten Pässen als „Ta-Yue-chi",
1) M. Aurel Stein: Sand-buried Ruins of Khotan. With a map anc
numerous illustr. London, T. Fisher Unwin, 1903. XLIII, 524 S. sh. 21.—
Klemm, Indologie. 289
d. i. Indo - Skythen bezeichnet. Paarweise ineinandergeschobene
Holztäfelchen wurden zur Korrespondenz verwendet; wo die Briefe
geschlossen sind, erscheint die Tinte so frisch wie von gestern.
Die Briefe wurden mit Bindfaden umwickelt und mit einem Ton-
siegel geschlossen. Diese Siegel zeigen häufig klassisch schöne
Darstellungen der Pallas Athene, des Eros und Herakles, aber auch
Porträts von Männern und Frauen in klassischem Stil, jedoch mit
barbarischen Gesichtszügen. Am gleichen Orte fanden sich Hand-
schriften auf Schaf leder, die ersten Dokumente dieser Art. In
sauberer Schreiberhand geschrieben, noch ganz frisch, beginnen sie
nicht selten mit der Formel: „Mahanuava mahäroya lihati*,
Se. Hoheit, der Mahäräja, schreibt.
Während sich an den Fundorten dieser ältesten Periode kein
Blatt Papier findet, ergaben andere Ausgrabungen zahlreiche Hand-
schriften auf Papier mit Wasserlinien. Solche waren besonders
zahlreich in dem Hu-Ko-Kloster vertreten, das sich in Li-sih befand.
Li-sih lag, nach den Urkunden, in dem „Bezirk der Sechsstädte ",
eine alte chinesische Bezeichnung für Khotan , welche noch heute
bekannt ist. Ausser zahlreichen Privatverträgen , Schuldverschrei-
bungen und öffentlichen Akten in der Landessprache fanden sich
viele Handschriften buddhistischer Werke, darunter ein vollständiges
Manuskript der Vajracchedikä , jenes Sütras der Mahäyäna-Schule,
welches bisher nur teilweise bekannt war. Diese Handschriften
sind in schöner Brähml- Schrift vom Gupta-Typus des 7. Jahrhunderts
geschrieben und spätestens im 8. Jahrhundert abgefasst. Die chi-
nesischen Urkunden vom gleichen Ort fallen in die Jahre 781 — 787.
Auch für die Beurteilung der vorliegenden Redaktion des Kanjur
ergab sich wertvolles Material durch die Entdeckung einer tibetischen
Version des Sälistambasütra. Dieses Manuskript, älter und besser
als alle bisher bekannten Quellen, bildet einen unschätzbaren Prüf-
stein für die Kritik, wie für die Geschichte der Sprache. Die
daran sich knüpfenden Fragen sind von Barnett1) behandelt. —
Auf eine chinesische Übersetzung des Sälistambasütra beziehen sich
die Bemerkungen von Takakusu-). Nachrichten über einen von
der Universitätsbibliothek in Leiden erworbenen Abdruck des chi-
nesischen Tripitaka und seine Geschichte giebt de V i s s e r 8). Die
Holzblöcke aus dem Jahre 1681, von denen diese Ausgabe ab-
gezogen ist, werden in einem buddhistischen Kloster bei Kyoto
bewahrt. Die Sammlung enthält nicht weniger als 1662 Werke
in mehr als 2100 Bänden, der Katalog von Bunyiu Nanjio (1883)
1) L. D. Barnett: Preliminary Notico of the Tibetan Manuscripts in
the Stein Collection. J. Iioyal Asiatic S. 1903, 109 — 114. (Vgl. dazu:
W. W. Kockhill. Ebda. S. 572— 575 und Barnett S. 821— 823.)
2) J. Takakusu: Notes on Chinese Buddhist Books. J. Royal Asiatic S.
1903, 181—183.
3) M. W. de V isser: The Canon of Chinese Buddhism. Museum,
Maandblad voor Philologie. Jaarg. 11. No. 1 (Okt. 1903,). Sp. 1
Bd. LVIII. 19
2i)0 Wissenschaftlicher Jahresbericht.
bezeichnet davon nur 198 als noch im Sanskrit- Original vorhanden.
— Eine buddhistische Bibliographie auf Grundlage der Bibliotheken
von Philadelphia hat Edmunds1) zusammengestellt.
Für die Geschichte des indischen Dramas ist eine Feststellung
von Wert, welche wir Winter nitz -) verdanken. Nachdem schon
Levi die einzige Stelle im Mahäbhärata, welche das Schauspiel
erwähnt, als interpoliert erkannt hat, weist Winternitz nach, dass
an der entsprechenden Stelle der Malayälam-Handschrift das nätakam
(Schauspiel) ganz ausfällt. Auf die schon längst von Windisch
behaupteten griechischen Einflüsse weisen auch die Untersuchungen
von Sylvain Levi3) hin. Dieser sucht nämlich den Ursprung
der indischen Schauspielkunst am Hofe der Ksatrapas , die in den
ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung im nordwestlichen Indien
herrschten. Als Beweis für seine Behauptung dienen ihm die im
indischen Drama üblichen Formen der Anrede des Kronprinzen,
der königlichen Prinzen und des Königsschwagers , wie auch die
Einführung der königlichen Ahnen mit „sugrhita-nüman" , wie sie
ausschliesslich bei den Ksatrapas in Gebrauch waren. Als weiteres
Argument verwendet Levi die Thatsache, dass das Sanskrit zuerst
in der Kanzlei jenes Königshauses angewendet worden ist.
Ist zwar ein abschliessendes Urteil nicht möglich, so rückt
doch die Kälidäsa- Frage ihrer Lösung erheblich näher. Alle
Umstände sprechen für die von Kielhorn wiederholt verfochtene
Ansicht , Kälidäsa sei früher anzusetzen , als man gemeinhin an-
nimmt. Nachdem Kielhorn schon 1890 auf einen Vers in der
Mandasor-Inschrift vom Jahre 472 n. Chr. hingewiesen, welchem ein
solcher im Rtusamhära des Kälidäsa zum Vorbild gedient hat, zeigt
Chakravarti4) am Raghuvam&a , dass die darin angegebenen
Grenzen des Reiches der Raghu mit denen des Guptareiches zu-
sammenfallen. Aus anderen Werken Kälidäsas ergiebt sich ihm als
die Periode Kälidäsas die Regierungszeit des Guptakaisers Skanda-
gupta , 452 — 480 , der ja auch den Namen Vikramäditya führte.
Zu jener Zeit sassen am Oberlaufe des Indus die ' Hunnen , mit
deren Erwähnung in Candragomins Grammatik sich Kielhorn5)
und L i e b i c h ,J) beschäftigen.
1) Albert J. Edmunds: A Buddhist Bibliograph)', based lipon the
Libraries of Philadelphia. Journal Päli Text S. 1902 — 3, 1 — 60.
2) M. Winternitz: The Mahäbhärata and the Drama. J. Royal Asiatic
S. 1903, 571—572.
3) Sylvain Levi: Sur quelques termes employes dans les inscriptions
des Ksatrapas. J. asiatique. 9. serie. t. 19, 95 — 125.
4) Monmohan Chakravarti: The Date of Kälidäsa. J. Royal Asiatic S.
1903, 183—186.
5) F. Kielhorn: The Jarta conquered the Hünas. (Epigraphic Notes 10.)
Göttinger Nachr. 1903, 305 — 307.
6) Bruno Liebich: Das Datum Candragomins und Kälidäsas. Breslau,
<•. P. Aderholz' Buchh. HS. 60 Pfg. (Aus: Jahresber. der Schlesischen
fies, für vaterländische Kultur.)
Klemm, Indologie. 291
W. Jones hatte in den Kompositionen des Somanätha die
Originalmelodien zu dem Gltagovinda des Jayadeva vermutet. Davon
kann nach Simons1) Untersuchungen nicht mehr die Rede sein,
die Praxis der indischen Musik schliesst vielmehr den Begriff von
Originalmelodien zu den für den Gesang bestimmten Liedern des
Jayadeva aus. Der Rägavibodha des Somanätha, welcher jene
Kompositionen enthält , ist zudem nach der eigenen Angabe seines
Verfassers erst im Jahre 1609 abgefasst. Damit fällt das hohe
Alter , welches Jones und nach ihm zahlreiche Musikgeschichten
dem Werke zugesprochen, dahin. Die 50 darin enthaltenen Kom-
positionen sind für die vinä , die indische Laute , bestimmt. Die'
einzigartige Bedeutung des 5. viveka , in dem sie enthalten sind,
besteht darin , dass hier der individuelle Vortrag eines kenntnis-
reichen Künstlers festgehalten ist. Denn vor Somanätha begnügte
man sich damit, nur die allgemeinen charakteristischen Umrisse
eines Musikstückes in Tradition und Lehre zu übernehmen , die
feineren Einzelzüge und Schattierungen aber dem individuellen
Takt und der musikalischen Produktivität des Vortragenden zu
überlassen.
Mit Hilfe von Liebichs Ausgabe des Cändra-Vyäkarana er-
weist Franke2) seine Behauptung, dass Candragomin die Haupt-
quelle für die Päli - Grammatik des ceylonesischen Thera Moggal-
läna geworden ist. Doch dürften sich aus dem Studium Moggallänas
nicht nur Korrekturen für Candra, sondern auch Berichtigungen
für die Pänini-Exegese Böhtlingks ergeben.
J o 1 1 y 3) liefert eine wörtliche Übersetzung der Mitäksarä,
soweit sich diese auf das Strafrecht bezieht. Die Mitäksarä, welche
sich hohen Ansehens in einem grossen Teile Indiens erfreut , ist
ein auf umfangreichen Quellenstudien fussender Kommentar der
alten Lehren des Yäjnavalkya. Der Verfasser, ein Bettelmönch
Vijfiänesvara, lebte im 11. Jahrhundert zu Kalyänapura unter der
Herrschaft des Königs Vikrarnänka. Die Übersetzung beruht auf
der guten Bombay er Ausgabe von 1882, die zahlreichen Citate aus
alten Gesetzbüchern u. s. w. sind nach Möglichkeit verificiert.
Die Zahl der modernen Sprachen Indiens nach dem Census
von 1901 veranschlagt Grierson4) auf 147. Derselbe4) be-
handelt gewisse Suffixe der neueren indo-arischen Volkssprachen.
1) R. Simon: Die Notationen des Somanätha. Mit 2 Tafeln. Sitzungsber.
d. Ak. München. S. 447 — 469.
2) Otto Franke: Moggalläna's Saddalakkhana und das CSndra-Vyäka-
rana. J. Päli Text S. 1902 — 3, S. 70—95.
3) Julius Jolly: Das altindische Strafrecht nach der Mitäksarä. Zschr.
vergl. Rechtswissenschaft, 16, S. 108— 178. Dazu J. Kohler: Das altindische
Strafrecht. Ebda. S. 179-202.
4) George A. Grierson: Languages of India. J. Royal Asiatic S.
S. 425 — 427. — On certain Suffixes in the Modern Indo-Arian Vernaculars.
Kuhns Zschr. 38, S. 491 — 496.
19*
292 Wissenschaftlicher Jahresbericht.
Dem Magill- Dialekt in Chittagong widmet Konow1) eine Ab-
handlung, die Geheimsprache einer Diebeskaste im Panjäb bebandelt
Bailey2). O'Brien3) hat einen Abriss der Grammatik und ein
Wörterverzeichnis der Sprache des Kängra-Distrikts zusammengestellt.
Von Davidson4) erhalten wir die erste eingehende Nachricht über
die Katir-Sprache. Die Verwandtschaftsveilnältnisse der Hindukush-
Dialekte bespricht Kuhn5).
C o w e 1 1 6) bringt einige Auszüge seiner Übersetzung der Candl
eines bengalischen Dichters Mukunda Rani CakravartI, der zur Zeit
des Kaisers Akbar lebte. Die Dichtung verschafft uns einen Ein-
blick in das unverfälschte bengalische Landleben des 16. Jahr-
hunderts, das noch von jedem fremden Einfluss unberührt war.
Für ein vollständiges Verzeichnis der Litteratur des Jahres
1902 sei auf Schermans Orientalische Bibliographie 7) verwiesen,
einen Bericht über die Erscheinungen aus dem Gebiete der Ge-
schichte und ihrer Hilfswissenschaften liefert Klemm s).
Nachwort.
Mit dem vorliegenden Wissenschaftlichen Jahresberichte wird
einem 1902 zu Hamburg von der Allgemeinen Versammlung unserer
Gesellschaft ausgesprochenen Wunsche zum ersten Mal Folge ge-
geben (s. die protokollarische Notiz Bd. LVI der Zeitschrift, S. XL VIII,
Mitte). Die Zukunft wird lehren, ob sich der Jahresbericht in dieser
neuesten Gestalt eines längeren Daseins erfreuen, oder ob er das
Geschick seiner verschiedenen Vorgänger teilen, d. h. sich wie diese
als ein Fehlschlag erweisen wird (zur Tragödie oder, wenn man
so will , Tragikomödie unsrer Jahresberichte vgl. namentlich das
1) Sten Konow: Notes on the Maghi Dialect of the Chittagong Hill
Tracts. ZDMG. 57, S. 1—12.
2) T. Grahame Bailey: The Secret Words of the Cühräs. J. Asiatic
S. Bengal. Vol. 71, Part 1, S. 14—20.
3) Edward O'Brien: Notes on the Dialect of the Kangra Valley, with
Glossary of words peculiar to the Kängra District. Ebda. S. 71 — 98.
4) J. Davidson: Notes on the Bashgali (Käfir) Lauguage. Ebda.
Extra No. 1. XIII, 195 S.
5) E. Kuhn: Die Verwandtschaftsverhältnisse der Hindukush- Dialekte.
Album Kern. S. 221—223.
6) Three Episodes from the old Bengali Poem „Candl", translated by
E. B. Co well. J. Asiatic S. Bengal. Vol. 1, Part 1. Extra No. 2. (1902)
VIII, 46 S.
7) Orientalische Bibliographie. Hrsg. und bearb. von Lucian Scher-
in an. Bd. 16 (für 1902). VIII, 324 S. Berlin, Keuther & Reichard, 1903.
M. 10.—.
8) K. Klemm, Inder (bis zur Gegenwart). Jahresberichte d. Geschichts-
wissenschaft. Jahrg. 25, I, S. 23—43.
Nachwort. 293
Referat Gildemeisters in Bd. XXXVIII der Zeitschrift, S. XXI ff.).
Da der neue Bericht die wissenschaftliche Bewegung der einzelnen
Jahre nur in großen Zügen, gewissermaßen nur aus der Vogel-
perspektive, zeichnen soll (vgl. die Anm. zuZDMG.Bd.LVI, S.XLVIII),
so empfiehlt es sich vielleicht, ihn durch bibliographische Über-
sichten zu ergänzen , die am zweckmäßigsten mit den einzelnen
Heften der Zeitschrift zu verbinden sein würden, Übersichten, die
natürlich nicht bezwecken könnten, die „Orientalische Bibliographie"
oder ähnliche Unternehmungen zu ersetzen, die vielmehr an Art
und Umfang etwa den bibliographischen Listen in C. Bezold's „Zeit-
schrift für Assyriologie" zu entsprechen haben würden. Ich gedenke
diese eventuelle Neuerung, die allerlei mir in letzter Zeit seitens
einiger Mitglieder der Gesellschaft ausgesprochenen Wünschen ent-
gegenkommen soll , unsrer nächsten Allgemeinen Versammlung zur
Begutachtung zu unterbreiten — zugleich mit einer weiteren Neue-
rung, die darauf abzielen wird, die Leser der ZDMG. in Zukunft
möglichst regelmässig und rasch über neue Funde und Entdeckungen
auf orientalischem Boden zu unterrichten.
Gegen den vorliegenden Jahresbericht läßt sich — abgesehen
davon, daß Schäfer in der Zeit weiter zurückgegriffen hat als seine
Mitarbeiter , wodurch natürlich auch ein grösserer Umfang seines
Teilberichts bedingt worden ist — der Vorwurf erheben, daß seine
einzelnen Teile , namentlich hinsichtlich der Art wie sie die Titel
der besprochenen Werke wiedergeben, die nötige Einheitlichkeit der
Form vermissen lassen. Dieser Mangel , der übrigens nicht allzu
schwer wiegen dürfte , wird im nächsten Jahr verschwunden sein.
Ihn in diesem Jahr noch zu beseitigen ging nicht an, weil ein Teil
der betreffenden Manuskripte — allerdings aus verzeihlichen Gründen
— sehr spät bei mir einging, so spät, daß das Erscheinen dieses
Heftes dadurch so wie so schon arg verzögert worden ist.
Von einem unsrer verdientesten Iranisten war mir auch ein
Bericht über die iranischen Studien zugesagt worden; leider
aber sah sich der betreffende Kollege durch eine anhaltende Er-
krankung an der Einlösung seiner Zusage gehindert. Auf diese
Weise mußte das Iranische diesmal ausfallen. Eine Ausdehnung
des Jahresberichts auf sonstige Gebiete war zunächst nicht in Aus-
sieht genommen worden. Der Eedakteu r.
294
Mitteilung und Bitte „Tiele's Kamer" betreifend.
In der ersten Plenarsitzung des Orientalisten -Kongresses zu
Hamburg habe ich die untenstehende Mitteilung gemacht und dem
Schriftführer schriftlich überreicht. In die Verhandlungen ist sie
jedoch zu meiner Verwunderung nicht aufgenommen worden. Da
mir viel daran liegt, dass die am Ende an die Fachgenossen ge-
richtete Bitte zu deren Kenntnis kommt, bin ich dem Herrn
Redakteur der Zeitschrift sehr dankbar dafür, dass er sie hier ab-
drucken lässt.
„Unser tief betrauerter Freund und Kollege Tiele besass eine
reiche und wohlunterhaltene Bibliothek, deren Kern die religions-
wissenschaftlichen Werke bildeten. Seine Witwe hat dem Wunsche
ihres Gatten gemäss diesen Kern der Universitätsbibliothek zu
Leiden geschenkt, unter der Bedingung, dass er vereinigt bleibe
und auf der Höhe der Wissenschaft erhalten werde. Zu diesem
Zwecke ist in einem Nebengebäude der Bibliothek ein Zimmer für
diese Sammlung angewiesen worden , und dieses Zimmer ist auf
Kosten der Frau Tiele so eingerichtet, dass es dem Studierzimmer
ihres Gatten ganz ähnlich ist. Sein Schreibtisch steht da mit
seinem Sessel, als ob er ihn gleich einnehmen werde. Nur unter-
scheidet sich das neue Zimmer durch ein wohlgelungenes Bild
Tieles in Öl.
Das Zimmer hat den Namen „Tiele's Kamer" erhalten. Hinten
und rechts stossen daran andere Zimmer, die Raum lassen für Zu-
wachs. Denn Frau Professor Tiele hat sich nicht damit begnügt,
diese kostbare Schenkung zu machen, sondern auch eine bedeutende
Summe angewiesen, um aus deren Zinsen die Sammlung zu unter-
halten und zu vermehren, so dass Tieles Bibliothek für Religions-
wissenschaft, und speziell auch für Assyrisch, Alt-Persisch und alles
was die alte Geschichte Vorderasiens und Ägyptens betrifft, eine
der bedeutendsten Sammlungen werden wird. Als erste Verwalter
sind der Direktor der Universitätsbibliothek, Di\ J. G. de Vries, und
ich selbst angewiesen. Ich habe jetzt die Ehre im Namen der
Witwe, Frau Professor Tiele, ein Verzeichnis der Bibliothek dem
Kongresse zu überreichen. Es enthält eine Abbildung von „Tiele's
de Goeje, Mitteilung und Bitte TTiele's Körner"- betreffend. 295
Kamer" und einen von Dr. Ritter, einem ehemaligen Schüler Tieles,
dazu geschriebenen Aufsatz. Die Mitglieder, die es zu besitzen
wünschen, werden gebeten sich zu diesem Zweck an den hier an-
wesenden Direktor des Hauses Brill, Herrn de Stoppelaar, zu wenden.
Ich bitte um die Erlaubnis, noch eine dringende Bitte an die
Mitglieder des Kongresses und alle Fachgenossen richten zu dürfen.
Bücher werden wir kaufen können , allein die Auszüge aus Zeit-
schriften, von welchen Tiele eine reiche und schöne Sammlung be-
sass, können wir nur durch Ihre freundliche Mitwirkung erhalten.
Wenn Sie uns die künftighin schenken wollten, werden wir dafür
höchst dankbar sein, und schliesslich wird das Ihnen allen auch
wieder zugute kommen , da so die zerstreuten Schätze hier wohl-
geordnet zusammengestellt und jedem Gelehrten zugänglich sein
werden-" M. J. de Goeje.
296
Verzeichnis der in den letzten Monaten bei der
Redaktion eingegangenen Druckschriften.
(Mit Ausschluss der bereits in diesem Hefte angezeigten Werke. Die Redaktion
behält sich die Besprechung der eingegangenen Schriften vor. Anerbieten der
Herren Kollegen, das eine oder andre wichtigere Werk eingehend besprechen
zu wollen , werden mit Dank akzeptiert. Die mit * bezeichneten Werke sind
bereits vergeben.)
Jellineh, Artur L. (Wien) - Bibliographie der vergleichenden Literaturgeschichte.
1. Bd. Berlin, Alex. Duncker, 1903.
Archiv für Religionswissenschaft. Unter Mitredaktion von H. Usener,
H. Oldenberg, C. Bezold, K. Tb. Preusz hrsg. von Albrecht Dieterich und
Thomas Achelis. 7. Bd. Prospektheft. Leipzig, B. G. Teubner, 1904.
*Curtiss, Samuel Ives - Ursemitische Religion im Volksleben des heutigen
Orients. Forschungen und Funde aus Syrien und Palästina. Deutsche
Ausgabe. Nebst einem Vorwort von Wolf Wilhelm Grafen Baudissin.
Leipzig, J. C. Hinrichs, 1903. Mk. .9, geb. 10.
Bezold, C. - Die babylonisch-assyrischen Keilinschriften und ihre Bedeutung
für das Alte Testament. Ein assyriologischer Beitrag zur Babel-Bibel-Frage.
Tübingen und Leipzig, J. C. B. Mohr (Paul Siebeck), 1904. Mk. 1,50.
*l\Iüller, Dav. Heinr. - Die Gesetze Hammurabis und ihr Verhältnis zur mosa-
ischen Gesetzgebung sowie zu den XII Tafeln. Text in Umschrift, deutsche
u. hebr. Cbersetzg., Erläuterg. u. vergl. Analyse. Wien, A. Holder, 1903.
Mk. 10.
*Mcvrtin , Fr. - Textes religieux assyriens et babyloniens. Transcription , tra-
duction et commentaire. Ire serie. Paris, Letouzey et Ane, 1903.
*Kiichler, Frdr. — Beiträge zur Kenntnis der assyrisch-babylonischen Medizin.
Texte mit Umschrift, Übersetzg. u. Kommentar. (Assyriol. Bibliothek, hrsg.
v. Fr. Delitzsch u. P. Haupt, Bd. XVIII.) Leipzig, J. C. Hinrichs, 1904.
Mk. 28,50.
Nielsen , Ditlef - Die altarabische Mondreligion und die mosaische Ueberliefe-
rung. Strassburg, Karl J. Trübner, 1904. Mk. 5.
Oppert, Gustav - Tharshish und Ophir. Berlin, Julius Springer, 1903. Mk. 2.
Relief telowitz, J. - Arisches im Alten Testament. Teil II. Sonderabdruck aus
der , Monatschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judenthums". Berlin,
S. Calvary & Co., 1903. Mk. 2.
Verzeichnis der bei der Redaktion eingegangenen Druckschriften. 297
Thirtle, James William - The Titles of the Psalms, their natiire and meaning
explained. Henry Frowde, London etc , 1904. 6 s. net.
Didaskalia, Die Syrische, übersetzt und erklärt von Hans Achelis und Johs.
Flemming. Leipzig, J. C. Hinrichs, 1904. Mk. 12.50.
Dussaud, Rene - Notes de mythologie syrienne. Paris, Kniest Leroux , 1903.
* Macler, Frederic - Histoire de Saint Azazail, texte syr. inedit avec introd.
et trad. franc. Precedee des actes grecs de Saint Pancrace , publies pour
Ia premiere fois. Paris, Bouillon, 1902.
Ausgewählte Gesänge des Giwargis Warda von Arbel. Herausgegeben mit
Übersetzung, Einleitung und Erklärung von Heinrich Hilgenfeld. Leipzig,
Otto Harrassowitz, 1904. Mk. 7.
*Dussaud, Rene, avec la collaboration de Frederic Macler - Mission dans les
regions desertiques de la Syrie Moyenne. (Extrait des Nouvelles Archives
des Missions scientifiques, t. X. Paris, Ernest Leroux, 1903.
*ul-Djahiz, Abu Othman Amr ibn Bahr - Tria opuscula auctore Basrensi
quae edidit G. van Vloten (opus posthumum). Lugd. Bat., E. J. Brill, 1903.
lMohammed ihn Toumert - Le livre de mahdi des Almohades. Texte
arabe [publik par Mohammed ben Mustapha Kamat], accompagne de
notices biographiques et dune introduction par I. Goldziher. (Gouvernement
gcneral de l'Algerie.) Alger, Pierre Fontana, 1903. [Bei Otto Harrassowitz,
Leipzig zum Originalpreis von fr. 6 erhältlich.]
* Neu arabische Geschichten aus dem Iraq. Gesammelt, übersetzt,
herausgegeben und mit einem erweiterten Glossar versehen von Bruno
Meissner. (Beiträge z. Assyr. u. semit. Sprachw. V, 1.) Leipzig. J. C. Hin-
richs, 1903.' Mk. 10.
Maltesische Märchen, Gedichte und Rätsel. In deutscher Übersetzung
von Hans Stumme. (Leipziger semitistische Studien, hrsg. v. A. Fischer
u. H. Zimmern, I, 5 ) Leipzig, J. C. Hinrichs, 1904. Mk. 3,50.
Muhammad 'Awfi Part II of the Lubäbu'l-Albäb of - Edited . . . by
Edward G. Browne. (Persian Historical Texts, vol. II.) London and Leide.
Luzac & Co. and E. J. Brill, 1903.
Omar Khaijijam bish ta dui gilia chide are volshitika romani ehib -John
SamjJsonestar dikimangriasa Augustus Johnestar. Lundrati, David Nutt.
1902
Negelein, Julius von - Das Pferd im arischen Altertum. (Teutonia, Arbeiten
zur germanischen Philologie, hrsg. von Wilhelm Uhl, 2. Heft.) Königs-
berg i. Pr., Gräfe & Unzer, 1903. Mk. 7,50.
Deussen, Paul - Erinnerungen an Indien. Kiol und Leipzig, Lipsius & Fischer,
1904. Mk. 5, eleg. geb. Mk. (I.
Ketth, A Berriedale - A Catalogue of the Sanskrit and Präkrit MSS. in the
Indian Institute Library Oxford. Oxford, Clarendon Press, 1903. 4 s.
6 d. net.
Oldenberg, Hermann Die Literatur des alten Indien. Stuttgart und Berlin,
J. G. Cotta'sche Buchhandlung Nachf., 1903. M. 5.
Jacobi, Hermann Mahäbhärata. Inhaltsangabe, Index und Concordanz der
Calcuttaer und Bombayer Ausgaben. Bonn, Friedrich Cohen, 1903.
Mk. 14.
298 Verzeichnis der hei der Redaktion eingegangenen Druckschriften.
Goeje, M. J. de Meinoires d'histoire et de geographie orientales. No. 3.
Memoire sur los migrations des Tsiganes ä travers l'Asie. Leide, E. J. Brill,
L903.
fflnck, Franz Nikolaus - Lehrbuch des Dialekts der deutschen Zigeuner. Mar-
burg, N. G. Elwert, 1903. Mk. 2,85.
Bezemer, T. J. - Volksdichtung aus Indonesien, Sagen, Tierfabeln und Märchen.
Haag, Martinus Nijhoff, 1904.
Leist, Arthur - Das georgische Volk. Dresden, E. Pierson, 1903. Mk. i>.
Abgeschlossen am 30. 3. 1904.
299
Zur alchimistischen Literatur der Araber.
Von
Moritz Steinschneider.
Mit dem großartigen Werke von Berthelot: La Chimie du
nioyen-äge (1893), dessen 3. Band die arabische Chemie, bez. Al-
chimie, behandelt und einige der ältesten arabischen Schriften mit
französischer Übersetzung von 0. Houdas enthält, mögen Physiker,
die sich für Geschichte ihrer Wissenschaft interessieren, den Gegen-
stand für erschöpft halten; ja auch diejenigen, welche die Kultur-
geschichte der Araber und deren Bedeutung für die Geschichte des
Mittelalters nicht unterschätzen , dürften die Resultate Berthelots
als für ihren Zweck ausreichend ansehen und ohne weitere For-
schungen verwerten. Für den Orientalisten und Forscher auf dem
Gebiete der mittelalterlichen Literatur, insbesondere der Bibliographie,
ist aber noch eine eigentümliche Seite des massenhaften , durch
Übersetzungen, Entstellungen und Unterschiebungen verwandelten
Stoffes weiter zu verfolgen, als es Berthelot ohne eigene Studien
auf dem weiten Gebiete der arabischen Literatur, und der von un-
abhängigen lateinischen tun mochte oder konnte.
Im 28. Bande der ZDMG. (S. 453—59) habe ich unter der
Überschrift: „Orientalische Übersetzungen aus dem Arabischen im
Mittelalter" auf ein Desideratum hingewiesen, nämlich eine Biblio-
graphie der Übersetzungsliteratur aus jener Sprache, ohne Unter-
schied des Stoffes , deren Bedeutung ich dort auseinandergesetzt
habe und hier nicht wiederhole. Seit den seitdem verflossenen
30 Jahren ist manches Einzelne dafür zusammengetragen worden,
wovon ich Leclercs unvollständige und wenig kritische kurze Auf-
zählung im 2. Bande seiner Hist. de la medecine arabe (1876)
erwähne. Wüstenfelds Abhandlung: Die Übersetzungen arabischer
Werke in das Lateinische, Göttingen 1877, hieße genauer: die
Übersetzer, nach welchen der Stoff chronologisch geordnet ist;
die ungenannten Übersetzer , etwa 2/3 der ersteren , die direkten
Übersetzungen in andere Sprachen, z. B. ins Spanische, sind aus-
geschlossen, auch manche Übersetzer übergangen. Seit einem Jahre
bin ich damit beschäftigt, sämtliche europäische Übersetzungen,
mit Ausnahme der hebräischen, welche ich in dem allgemeineren
Bd. LVIII. 20
300 Steinschneider, Zur alchimistischen Literatur der Araber.
"Werke (Die hebr. Übersetzungen des Mittelalters) möglichst erschöpft
habe , zusammenzuordnen , und zwar unter zeitlicher Ausdehnung
bis Mitte des XVII. Jahrhunderts. Unter den aus dem Arabischen
stammenden Schriften nehmen die alchimistischen einen ver-
hältnismäßig beträchtlichen Raum ein; allein die Autorität oder
Autorschaft, resp. der Ursprung vieler dahin gehöriger Schriften,
insbesondere viele angebliche Autornamen, sind sehr zweifelhaft, so
daß Berthelot sich mit der nötigen Vorsicht von ihrer Deutung
zurückhielt. In meiner Preisschrift habe ich den Versuch der
AViederherstellung griechischer Namen von Alchimisten einem
Anhang überwiesen (ZDMG. 50, 356 ff.). Es sind aber auch die
Namen arabischer Autoren noch nicht genügend erkannt, viel
weniger die Schriften in bezug auf ihren Ursprung sichergestellt.
Auch meine nach Vollständigkeit trachtende Übersicht der euro-
päischen Übersetzungen wird manches unerledigt lassen müssen,
namentlich ungenügend beschriebene Handschriften; andererseits
müssen verwickelte Fragen daselbst auf die vorläufigen Resultate
in der Hauptsache beschränkt und die eingehenden Erörterungen
besonderen Artikeln überlassen bleiben.
Als Specimina der letzteren Art wollen die hier folgenden
Notizen gelten, welche in einer skizzenhafteii Fassung des Materials
zeigen, wie verschiedenartige Forschungen damit zusammenhängen.
I. Maria, die Alchimistin.
1. Quellen bei Wolf, Bibl. Hebr. I, 799 n. 1504; Fabricius
Cod. pseudepigr. Vet. Test. p. 869; neuere in meinem: Zur pseud-
epigr. Lit. S. 59 A. 9, S. 63/64; in Kobaks Jeschurun (deutsch)
11,84; Hebr. Bibliogr. XIX, 13 (zu Kayserling, Frauen); Rohlfs,
Archiv f. Gesch. d. Medicin I, 442; ZDMG. 50, 358. — Ich weiß
nicht, ob ein Zusammenhang besteht zwischen meinem Thema und
dem ,, Colloquium Sanctae Mariae virginis", erwähnt „in catalogo
membranarum et laminarum quae ex Arabico versae latine traduntur
repertae anno 1595 in cavernis Granatensibus" (nach Jo. Chr. Wolf,
Mulierum graecarum etc. fragmenta etc. p. 391 unter Maria ohne
Spezialquelle).
2. Wer soll diese Maria sein '? Sie wird als Prophetin, Schwester
Mosis, im Gespräch mit „Aron" aber auch als „Koptin" bezeichnet.
Mosis Schwester heißt aber arabisch ^Zif, d. h. die robuste (Weil,
Bibl. Legenden, S. 182 vgl. 141; meinen Artikel über bibl. Legenden
im Magazin f. d. Lit. d. Auslands, 1845, S. 188, in Frankeis
Zeitschr. für die Inter. d. Jud., 1845, S. 273, zur deutschen Über-
setzung eines Kapitels aus der Chronik des Hamza al-Isfahani) !).
1) Diese Übersetzung mit den Anmerkungen blieb unbeachtet in Gottwaldts
lateinischer, welche Bacher benutzt in seiner Abhandlung: Bibel und bibl. Ge-
schichte in d. muhammed. Lit. (Kobaks Jesch. VIII, 1 ff. 38 ff.). — Ich bemerkte
Steinschneider, Zur alchimistischen Literatur der Araber. 301
Der Namen Maria für die Schwester Mosis beruht offenbar auf Identi-
fizierung der letzteren mit der Mutter Christi , welche fast überall
auf Muhammed selbst zurückgeführt wird; auch Grimme (Tduhammed,
Münster 1892, I, 99) nimmt den „krassen Anachronismus" an,
welchen, wenn ich mich recht erinnere, Pautz dem Propheten nicht
zutraut und mit künstlicher Auslegung abzuweisen versucht. Die
„Prophetin Maria" soll ohne Zweifel Mirjam sein, wenn auch in
ihrem Gespräch mit „Aron" dieser Namen erst in den Übersetzungen
aus Aros geworden scheint (s. unten 5.). Moses befiehlt der Maria.
das „philosophische" Feuer anzuzünden (Allegoria Sapientum, Dist. III,
p. 74) ; hängt diese Allegorie mit dem brennenden Dornbusch zu-
sammen ? Nach muhammedanischen Legenden heiratet Mirjam den
Kor ah, dessen Reichtum in alten jüdischen Quellen sprichwörtlich
geworden, also durch die Alchimie seiner Gattin.
Maria die Koptin (*aI2aäj() oder Ägyptei-in (Fihrist , p. 353,
354. 360. französisch bei Berthelot III, 29, 30, 40. H. Kh. V, 276,
ZDMG. 20, 487, Catal. Er. Mus. p. 465) ist schwerlich ohne
weiteres von Mirjam abzuleiten. Sollte hier die „heilige Maria
aegyptiaea" gemeint sein, welche mit dem Presbyter und Mönche
Zosimas in den Versen des Erzbischofs Hildebertus Cenomanensis
(gest. 1139, Fabricius, Bibl. Lat. inf. III, 239) gefeiert wird, und
über deren vermutliche Zeit man nicht sicher ist ? Ich konnte mich
nicht entschließen, die weitläufigen Erörterungen in den Acta Sancto-
rum zum 1. April (ed. Antwerpen 1675 p. 67 f.) de S. Maria et
Zosimas, durchzugehen, wo p. 83 das Gedicht Hildeberts und zu
Anfang über Maria neptis Abrahae auf den 16. März verwiesen
wird. Über den Alchimisten Zosimus (s. auch Rosinus, Rosmus u. s. w.
ZDMG. 1 , 365) spreche ich mehr in der erwähnten Abhandlung.
Die Koptin Maria heißt auch die Frau Muhammeds , Mutter Ibra-
hims (Grimme I, 141). Die Koptin in der Alexandersage (bei
Spiegel S. 49) ist vielleicht von der Alchimistin abzuleiten ? Als
Tochter des Königs von Saba erscheint die Alchimistin in einer
jüngeren arabischen Quelle (französisch bei Berthelot III, 125. ein
Fragin. bei Rosen, Catal. etc. de lTnstitut des langues or. p. 150, 15)
vielleicht unter Einfluß der Legende von der Königin von Saba,
die allerdings arabisch Balkisa heißt1). Maria „Sicula" (woher?)
in Catal. Lugd. III, 196 bei 'Habib erledigt sich von selbst.
3. Über Maria als Alchimist in s. Schmieder, Geschichte
der Alchimie S. 48— 50, Hoefer, Hist. de h Chimie 1,271; Kopp,
1. c. , dass +Jsl£ eine Ableitung von D^IH aus *-"- beweise; dasselbe meint
auch Fraenkel, s. Jew. Quart. IX, 607, XIII, 640.
1) Diesen Namen möchte ich (in Frankeis Zeitschr. , 1S45 , S. 273)
aus Malika Saba erklären; vgl. Nicoll, Catal. Add. zu p. 154, Anm. 6, auch
über LxSjij, das ich 1. c. S. 327 irrtümlich in D^bS verändern wollte; s. das.
S. 448 u. and.
•J.i*
o02 Steinschneider, Zar alchimistischen Literatur der Araber.
Beiträge zur Gesch. der Chemie II, 1869, S. 406, 411; Borellius,
Bibl. Chim., Heidelberg 1656, p. 146 und 232, scheint wenigstens
zwei dieses Namens zu unterscheiden, s. unten 4.; Carini, Rivista
Sicula t. VII (1872), der von einer alchimistischen Literatur der
Kabbinen und Kabbalisten träumt, die er studieren müsse, fand
die Erwähnung von Maria und Aron (für Aros, p. 161, 179) und
erlaubt sich (p. 44) die unerkennbare Einschiebung „a suo fratello"
und die Auslegung Aronne ! Er hat zwar Höfer gelesen l) , aber
nicht von demselben gelernt oder angenommen , daß der Verfasser
ein polemisierender Christ war, und Maria vielleicht für Isis sub-
stituierte. Allerdings schließt Höfer mit den Worten: nLe champ
est ouvert aux cory'ecturesu . — Bei Berthelot erscheint Maria oft
genug, d. h. in seinen syrischen (Bd. II, 243, 281 Zosimus und
Demokrit), arabischen und lateinischen Quellen, die Indices zu Bd. I
und III geben 14 und 80 Stellen an — so daß man sich wundert,
bei Höfer I, 242 zu lesen: „aucun des philosophes de l'art sacre
ne fait mention des ecrits de Marie sur la pierre philosophale" ;
ich hebe das Wort ecrits hervor; es gilt hier im beschränkten
Sinne von Titeln bestimmter Schriften. Die Frage ist aber
schärfer zu fassen: Ist Maria als angebliche Verfasserin von
Schriften überhaupt anzusehen ?
4. Ich habe nicht alle Stellen bei Berthelot nachgeschlagen 2),
aber so viel ich gesehen habe , geht alles auf ein Gespräch
zwischen ihr und einem Alchimisten Aros zurück, über welchen
ich unten (5.) das Nötige heranbringe. Die ältesten Quellen darüber
sind wohl griechisch - christliche (Zosimus, Syncellus) , die wahr-
scheinlich aus syrischen Quellen (Berthelot II, 243, 281) in arabische
übergingen3). Wie sich dazu das Fragment des Gespräches verhalte,
welches lateinisch erhalten ist, könnte nicht ohne genaue Vergleichung
des gesamten Stoffes, vielleicht auch nach einer solchen nicht mit
aller Sicherheit ermittelt werden; sind doch die Nachrichten Höfers
und selbst Berthelots nicht einmal über die lateinischen Drucke
hinreichend. Ich beschränke mich also auf eine Notiz über die
mir zugänglichen zwei Drucke und einige Mss.
1) Nach p. 161 Anm. hätte Höfer die Turha philosophorum ediert, welche
im Ms. Speciale (p. 177) sub Stefrino [lies Stefano? s. ZDMG. 50, 365] zu-
sammen kommt; Anf. : dixit Theotorus (so) rex etc. — wann und wo? Im
Art. Höfer der Biogr. univers. steht nichts darüber. In der Hist , I, 291, fertigt
er dies gedruckte Buch so ab, daß eine Ausgabe kaum denkbar erscheint.
2) In der Übersetzung aus dem Fihrist (S. 353 Z. 27 zwischen Stephanos
und Djabir, s. II, 190, S. 357 Z. 5) setzt Berthelot III, 35 (vgl. S. 29) hinter
'Harabi in Parenthese Maria mit Fragezeichen. Dieser Namen dürfte vielleicht
J.L^> zu lesen, und Salim al-'Harrani gemeint sein, der bei Nicoll, Catalog p. 206
vorkommt; vgl. Salim (fJL*) b. Faradj, Fihrist S. 353 Z. 28, bei Berth. III, 28.
3) Berthelot III, 180 bezeichnet Maria als „personnage gnostique", wundert
sich aber über die Worte: „notre seigneur le Messie" in dem arabischen Texte;
er verweist auf seine Collection des alchim. grecs, französische Übersetzung
p. 90, 235, 385.
Steinschneider, Zur alchimistischen Literatur der Araber. 303
Ein alchimistischer Dialog zwischen Maria der Alexanch-inerin
und Aros soll aus einem arabischen Ms. in Paris übersetzt sein
in dem anonymen , aber von Jos. Taylor verfaßten Buche : Lives
of Alchymistical philosophers, London 1815, p. 362, nach Nicoll
(Catal. p. 206 — nach Catal. impr. libr. in Bibl. Bodl. I, 37 ist
das Buch 1805 gedruckt; die hiesige K. Bibliothek besitzt es nicht).
Ist jenes Ms. etwas anderes als die von Berthelot benutzten, worin
Stellen aus jenem Dialog zitiert werden ? so namentlich III, 83 ff.
aus 'Habib (ebenso Ms. Leiden), der wohl aus Zosimus schöpft. —
Lateinisch besitzen wir eigentlich nur eine kleine Abhandlung,
zuerst, so viel ich weiß, in der Sammlung : Artis auriferae cpiam
Chemiam vocant vol. I, Basil. (1572) 1593, p. 319 — 24, anfangend:
„Convenit Aros philosophus cum Maria prophetissa sorore Moysi (so);
dem Ende (propter vasis Hermetis ignorantiam) folgen 6 lateinische
Verse (secprantur versus), anfangend: „Maria mira sonat breviter",
wahrscheinlich von einem Kopisten herrührend, darauf: „Explicit
über Mariae sororis Moysi (so). In dieser Schlußformel kann man
nicht mit Sicherheit die Annahme finden, daß Maria Verfasserin
des Buches sei. P. 320 Z. 4 und 322 1. Z. wird „Hermes in
(omnibus) libris suis" angeführt. Bis p. 320 Mitte handelt es sich
um Alchimie überhaupt. P. 323 werden die Stoici erwähnt.
Zu meiner nicht geringen Überraschung fand ich einen wört-
lichen Abdruck dieses Dialogs mit unbedeutenden Varianten, z. B.
am Ende : propter eorum ignorantiam, die Verse ohne Überschrift,
das Explicit und der Titel fehlend, da dieser Dialog als „Distinctio
(für Kapitel, arabisch Jo^ai ?) vigesima septima" eingerückt ist in
die „Allegoriae sapientum", welche im Theatrum Chem. V und in
Mangets Bibl. Chem. I, p. 94—96 (Ed. I, n. 27) abgedruckt sind. Erheb-
lich ist allerdings die Variante Aron für Aros (s. unten 5.), die nicht
etwa ein einmaliges Versehen, sondern in den einführenden, hier
durch Kursivtypen hervorgehobenen Worten : Dixit A. durchaus
wiederkehrt. — Der VI. Band des Theatr. Chem. (Argentor. 1661,
p. 479) enthält Excerpta ex interlocutione Mariae prophetissae,
sororis Moysis et Aaronis habita cum aliquo philosopho dicto
Aros de excellentissimo opere trium horarum. Dieses Exzerpt
beginnt: Accipe gummi album et rubrum quod est Kibric (vgl.
Ed. 1593, p. 320: Recipe alumen de Hispania gummi album et
rubrum) und endet p. 480 : „non est vas ignorantium sed est
mensura ignis tui". Darauf folgt Othelii explicatio verboruni Mariae
bis p. 487 Z. 2. Der Abdruck dieses Torso in anderer Rezension
1) Berthelot I, 255 schreibt die Allegorien (sans doute) einem Juden
zu, ohne Grund, wie ich anderswo erörtere. Was er als eine kürzere und ältere
Rezension derselben bezeichnet, sind die XV Exercitationes in turbain , in
Bibl. Chem. I, 494, schon in Artis aurif. I, 154, anscheinend verschiedene
Schriften; die Allegoriae super librum Turbae, daselbst p. 139 — 45 sind von
beiden verschieden. — Nachträglich fand ich bei Borellius p. 1: „Aar*
in Allegoriis sapientum laudatur" ohne Hinweis auf Aros.
304 Steinschneider, Zur alchimistischen Literatur der Araber.
geschah vielleicht wegen Othels Kommentar (Othelius fehlt bei
Borellius). Höfer p. 272 zitiert zuerst die Ausgabe des Fragments
(ohne Jahreszahl) und fügt hinzu: „Ce dialogue est reproduit" dans
Artis aurif. etc. 1610; das erklärt vielleicht, warum Berthelot III, 12
nur die Excerpta zitiert, übrigens ohne darauf näher einzugehen.
Handschriften werden schwerlich wesentlich anderes enthalten,
wie z. B. die Epistola Marie profetisse (so) ad aron de toto ma-
gisterio, Ms. Speciale bei Carini, Riv. Sic. VII, 179 n. 47, wovon
oben (3.) die Rede war; Conversio Aros cum Maria profetissa.
Ms. Bodl. Ashmol. 1416 -9 (Black, Catal. p. 1132), 1448 4, 1472
p. 906—909, englisch daselbst n. 1487 5 und 1492 8 (Black,
p. 1375); in Ms. Wien IV, p. 141 n. 5309 f. 252/3 und nochmals
f. 336/7 : Liber interrogationum et responsionum Aaron (so) et
Mariae; anfangend „Convenit", Ende „ignorantia vasis". Auch Bo-
rellius p. 146 hat Maria prophetissa, Epistola Chimica ad Aaronem
(so) ex Ripleo (dessen Schriften p. 189 aufgezählt sind); Epistola
ling. Catalaunica etc. (so) valde anticpia aliudcpie ejus opus
chimicum prolixius, leider ohne Quellenangabe. Von einem aus-
führlichen Werke der Maria ist mir sonst nichts bekannt. Un-
mittelbar darauf folgt : Mariae , Moisis sororis dicta Chimica in
allegoriis sapientum et in arte (lies Artis) Auriferae extant. Dann :
In Mariae proph. opusculum , Commentaria Anonimi (so) , cum
Comment. ejusdem in Sendivogium, in 8°. Germanice. Dieser
deutsche Kommentar findet sich nicht unter Sendivogius (Michael)
p. 199; unter (dem identischen) Cosmopolite p. 64: Anonimi Comm.
Germanica in ejus 12 capitula et Epilogum. Vide Sendivogium.
Diese vagen Notizen kann ich jetzt nicht weiter verfolgen; sie ge-
nügen als Beweis, daß Maria auch nach Deutschland gedrungen
ist. Bei Borellius folgt noch p. 146: La Pandecte de Marie selon
le Trevisien; ein so betiteltes der Maria beigelegtes Buch hat schwer-
lich existiert. Pandecte ist wohl Lesefehler für Practica. Im
Nachtrag p. 232 hat Borellius noch Mariae Judeae Epistola vel
Dialogus et(!) Practica ex Nasari; dieser so oft zitierte Autor,
auch Giov. Bapt. Nazari, verfaßte verschiedene Schriften (p. 157);
bei Borellius ist wohl die Concordanza di (so) Philosophi, Brescia
1599, 4°, gemeint, die mir nicht zugänglich ist. Epistola, Dialogus
und Practica haben sich als Titel desselben kleinen Schriftchens
erwiesen.
5. Der Namen des Philosophen , d. h. Alchimisten , der das
Geheimnis der Kunst von Maria lernen will , lautet in allen mir
bisher bekannten Quellen LwJ und ist meines Wissens in denselben
nicht Aveiter identifiziert. Wenn 'Habib (bei Berth. III, 89) ihn
auch als König bezeichnet, so hat das keine Bedeutung für die
Enträtselung dieses fremdartigen Namens, da auch andere Alchi-
misten, wie Khalid b. Jazid, zu Königen erhoben wurden (s. unten IL).
In einem verdächtigen Prolog zum arabischen Osthanes erscheint
Steinschneider, Zur alchimistischen Literatur der Araber. 305
der Namen abu Schaddad Khalid ibn al-Jazid , *,t. Der Leidener
Katalog (III , 392) erörtert die Frage , ob dieser Xanien den be-
kannten Alchimisten bezeichne1); Berthelot (III. 13) berührt diese
Frage nicht: die Zusammenstellung ist nur als Zeugnis für die
Gedankenlosigkeit des Erfinders zu verwerten. Abu Schaddad ist
so selten, daß diese Kunja im Fihrist und ibn al-Kifti gar nicht,
in Hadji Khalfa einmal für ibn Schaddad vorkommt; Khalid war
kein Übersetzer, also ist ,w.| ohne Zweifel vom angeblichen Ge-
nossen Marias genommen und hier beigefügt, um die Autorität des
Buches zu erhöhen, wofür Analogien auf diesen Gebieten nicht fehlen.
In der That findet sich ^\ ^J im Fihrist S. 353 Z. 28 vor
Khalid und erledigt sich hiermit die Konjektur Ahron bei Flügel
II. 190 und meine^Bemerkung ZDMG. 50. 363 Z. 9 v. u.; vielmehr
ist ^w^äJI eine falsche Konjektur im Fihrist , die zu begründen ist.
Berthelot, im Index zu Bd. III. p. 244, trennt „Ares ou Aros"
von „Ares Elqiss", der nur p. 29 vorkommt. Im Index Bd. II,
p. 375 kommt nur Ares für Mars oder ein dem Planeten ent-
sprechendes Metall vor. In ZDMG. 50, 364 unter Osthanes hätte
ich auf „Die hebr. Übersetzungen " S. 653 und die dortigen Zitate
verweisen sollen (vgl. auch S. 236), und will hier noch berichtigen,
daß im Index S. 1050 an der angegebenen S. 604 Anm. von Ares
[Variante: Haly] bei Albertus Magnus die Rede ist, der ein astro-
logisches Introductorium verfaßt haben soll, anfangend: Signorum
alia sunt masculini generis ; hinzufügend : excepto (?) cpiod in secundo
tractatu agitur de interrogationibus 2). Ich habe in der Zeitschr.
für Mathem. gemeint, Ares könne da Alzarkali bedeuten, später
dachte ich an Aristoteles. Ich verzichte auf jede weitere Konjektur,
sehe aber keinen Zusammenhang mit dem Aros der Maria, welcher
mit Khalid zusammengebracht ist. Solche eklatante E r f i n d u n g e n
sind für die Kritik der Überschriften von großem Werte. Die
Variante Aron braucht nicht gerade die Konjektur des lateinischen
Übersetzers oder eines Kopisten zu sein ; ein arabisches ,j* am Ende
des Wortes kann auch wie .. ausgesehen haben. Ein Araber kann
aber nicht an Ahron gedacht haben , welcher bekanntlich durch
Harun wiedergegeben wird. — Kopp, Beiträge II, 411 hat für
Aros Arsas; im lateinischen Morienus (ed. Basil., p. 26) liest man:
1) Einen späteren spanischen Christen Khalid b. Jazid b. Ruma erwähnt
O'seibia II, 41. — Der Alchimist wird auch „der Inder" genannt.
2) Diese Bemerkung (Zeitschr. für Mathem. XVI. 388) hinter Zahel, habe
ich (Arab. Lit. d. Juden, 1902, S. 26) wohl irrtümlich auf Zahel bezogen.
Wie oben beginnt ein Anonymus, de Signis zodiaci tractatus, Ms. Bodl.
Digby 38b, auch Ms. Amplon. Qu. 37413 (p. G26 Schum): Liber Aristotelis
de Signis et planetis; anfangend: „Signa etc. masculnia" etc.; Ende: Praecipue
causaut ventos.
306 Steinschneider, Zur alchimistischen Literatur der Araber.
Arsicanus ad Mariam ; dieses Zitat, ohne Angabe der Stelle, ver-
anlaßt Borellius p. 31 (mit Einschiebung von forsan affricanus) zu
einer konjizierten Identifikation von Arsicanus mit ähnlichen Namen
in der Turba philosophorum. Ich habe (ZDMG. 50, 360) diesen
Namen auf Archigenes zurückgeführt; die obigen Erörterungen
führen zur Überzeugung , daß Arsicanus in diesem Falle aus ,w.f
direkt oder durch eine arabische oder lateinische Mittelquelle ent-
standen sei, die Existenz eines Africanus in arabischen Quellen
ist mir dabei sehr fraglich geworden. Borellius p. 4 nennt Africanus
aus der Turba; ich finde aber in meinem alphabetischen Register
aus allen drei gedruckten Rezensionen dieser Kompilation mit allen
Varianten Africanus nicht, sondern nur aus Borellius. Berthelot
I, 243 zählt die von Morienus genannten Alchimisten auf, darunter:
„Marie, Africanus (Arsicanus)"; woher diese Erklärung gekommen,
ist nicht gesagt; sie ist unbegründet und offenbar falsch. Eben-
sowenig finde ich Africanus in zwei Namen im Fihrist S. 353 Z. 24.
i w^le-.sl soll nach Berthelot III, 28 vorl. Z. (oder dem französischen
Übersetzer Houdas?) Africanus sein, wo dem Araber Jüi^f so
nahe gelegen hätte. Wer soll überhaupt der von Stephanus ge-
nannte Afrikaner sein? Unter 10 Traktaten (o^Uw) Djabirs, welche
sich auf ältere Autoren beziehen und als oL^L^Um (Emendationen,
emendierte Rezensionen?) bezeichnet werden (in der französischen
Übersetzung bei Berth. III, 35 ist das Wort nicht wiedergegeben),
nennt Fihrist 357 Z. 4 (j*Jli5'.t oL^L^Uo«. In Berthelots Über-
setzung III, 35 Z. 5 wird zu Arkaghanis Africanus als Konjektur
mit Fragezeichen hinzugefügt ; hier liegt Archigenes gewiß näher. —
Auch ein Bruder des Aros hat sich gefunden, d. h. ist erfunden;
bei Borellius p. 158 liest man: „Nephandin frere d'Aros, autheur
(so) chimique", ohne Angabe der (französischen) Quelle.
Wer ist Aros? Zunächst ist zu erinnern, daß nicht einmal
die Aussprache des Namens durch Vokale gesichert ist 1). D'Herbelot,
Art. Orous (Orus in der deutschen Übersetzung, Ausg. Halle 1789,
III, 717), behauptet, die Araber gebrauchen diesen „griechischen"
Namen für Hermes! Ein Beleg dafür fehlt und existiert schwer-
lich. Chwolsohn (Ssabier II, 801, auch angeführt in Catal. Mss.
Lugd. Bat. III, 801) erklärt ihn als Orpheus; für Berthelot ist
die Identität mit dem ägyptischen Horus eine so abgemachte
Sache , daß er dem Namen Aros stets den letzteren in Parenthese
beifügt, ohne Höfers Maria für Isis heranzuziehen. Ich habe (ZDMG.
1) Der Leidener Katalog III, 192 setzt den Vokal '; die Zusammenstellung
mit Theodorus (s. unten) ist für den ursprünglichen Vokal nicht beweisend;
s. Rosen, Catal. de l'Instit. etc. p. 131.
Steinschneider, Zur alchimistischen Literatur der Araber. 307
50, -'163, wo noch Orfoleus bei Borellius und Morfoleus in der
Turba auzufübren war) bemerkt, daß beide Erklärungen eine un-
gewöhnliche Namensverwandlung voraussetzen, und obwohl weitere
Forschungen sehr gewaltige Umgestaltungen ergeben, sind doch bei
solchen, wenn sie überzeugend sind, auch vermittelnde Übergänge
vorhanden , welche zugleich erklären und beweisen ; ich darf wohl
auf Maserdjaweih hinweisen, dessen Entstellungstabelle in der
ZDMG. 53 , 430 gegeben ist. Nach diesem Unglaubensbekenntnis
sollte ich eigentlich mit einer zuverlässigeren Erklärung schließen,
allein ich lasse lieber ein — Unwissenheitsbekenntnis folgen.
Um das Material über Aros zu vervollständigen, mag hier noch
ein Zitat folgen, welches ich bei Berthelot vermisse. In der Be-
schreibung des von Berthelot edierten Ms. (von al-'Habib) wird auf
p. 80 ein »LaÜ i^ä^u^s zitiert, worüber (?) König Theodorus
(iw.iLü) den Weisen ^ | fragte (^Lw unklar). Der Katalog fügt
hinzu, daß dasselbe Zitat sich in Ms. 1272 finde; letzteres enthält
den Kommentar des Djildaki zu einem Werke von zweifelhaftem
Autor ; es wäre daher noch zu untersuchen , ob das Zitat dem
Kommentator oder dem kommentierten Buche angehöre. Der edierte
Text und die französische Übersetzung (Berth. III, 76 ff.) geben die
Seitenzahlen des Ms. nicht an; man kann also nicht kontrollieren,
wo jene Stelle zu suchen wäre ; die Lücken und unleserlichen
Stellen, von denen Houdas in seiner Notice spricht, sind im edierten
Text durch Punkte bezeichnet. Auch abu '1-Hasan al-'Halabi, über
welchen ich nichts Näheres finden kann, in seinem alchimistischen
ö^>\y^\ (Ms. Bodl. bei Nicoll p. 206 n. 250) tadelt insbesondere
^w.i, Verfasser des »LaÜ i~>lzf, welcher dem König Theodorus
(arabisch wie oben) allerlei vorgefaselt habe (alucinatur). Wir haben
hier die in morgenländischen Sagen (Prinz und Derwisch, aus dem
Leben Buddha's, Anuschirwan u. s. w.) x) typische Zusammenstellung
eines Weisen und eines Königs, wie Morienus und Khalid b. Jazid;
und wie Aros auch als König bezeichnet wird, so erscheint Theodoi-us
auch als Autorität; zu den Zitaten in ZDMG. 50, 365 (Carini auch
p. 177 und unter Markos S. 363) kommen noch bei Berthelot I, 89,
II p. II, III und 32; Zosimus schreibt an Theodorus grie-
chisch, III, Noten zu p. 69, 71 (70 im Index p. 254 ist Druck-
fehler), 109. Muhammed b. Umeil (oder Amjal) al-Tamimi, in
seiner gereimten und von ihm selbst kommentierten Epistel (xJL*.)
der Sonne an den Mond (d. h. des Goldes an das Silber)-), zitiert
1) Mehrfache Beispiele habe ich anderswo gegeben; Safandja König von
Said und Markusch, König von Ägypten, nach Berthelot III, 124 Markus
graecus, vgl. ZDMG. 50, 363 und weiter unten Muhammed b. Umeil (bei
Kosen 1. cit, p. 132 Saafadja).
2) Epistola chimica Solis et Lunae, ohno weitere Angabo bei Borellius p. 83.
308 Steinschneider, Zur alchimistischen Literatur der Araber.
Stellen aus dem Gespräche des Weisen Aros mit König Theodorus
((j^.ö^aj). Ms. li»8 des Petersburger Institut des langues Orient.;
in einer solchen (in Rosens Katalog p. 135) wird als Quelle aus-
drücklich *-w_5; , d. i. Zosimus, genannt und ist von den sieben
Bildern (..LLol) a) und Osiris (, w a^!) die Rede. In einem anonymen
(.^\ lXjA^' ^Jl aU^JÜi ^u (daselbst n. 201 '2 Rosen p. 139)2)
wird ij« \ im oLxü ^JL^aj^* zitiert, höchstwahrscheinlich aus dem
soeben erwähnten Buche des Muhammed b. Umail, dessen Namen
Rosen selbst unter den zitierten angibt.
6. Zur Ergänzung und Begründung des oben angedeuteten
Zusammenhanges zwischen Kor ah und der Schwester Mosis, der
erst später durch islamitischen Eklektizismus der biblischen Legen-
den zu erklären ist, gebe ich nach den jüdischen Quellen die hier
in Betracht kommenden Charakterzüge in Küi'ze; auf eine Unter-
scheidung der Quellen kommt es dabei nicht an ; sie sind : Talmud
Jerus., Traktat Synhedrin Kap. 11, § 5 in dem Komm, des Samuel
Jafe, wo Korah der Schatzmeister (■p-)DD"in) des Pharao genannt
wird; Talmud Babli Synh. K. 11, f. 109b, 110, Tr. Pesachim 119;
Midrasch Rabbot zu 4. B. M. K. 18 gegen Anf. , f. 202 d, 203
Ed. 1732.
Nach diesen Quellen war Korah gescheit (nps), ja weise (DDn);
sein Reichtum war so groß , daß die Schlüssel zu seinen Schatz-
kammern 300 Maultierlasten (!) wogen; er war Pharaos Schatz-
meister; er fand einen der Schätze, die Joseph verborgen hatte —
ob hier altägyptische, mit den Pyramiden zusammenhängende
Legenden einwirkten? vgl. L'Abrege des Merveilles ed. Carra de
Vaux (ZDMG. 57, 504), wo öfter von geheimgehaltenen Schätzen
ägyptischer Könige erzählt wird. — Korah tat bei dem drohenden
Ende Buße ; man streitet darüber , ob er zu den Versenkten oder
Verbrannten gehöre. Korah holte sich Rat bei seiner Frau, auf
welche die Torheit in Spr. Sah 14, 1 angewendet wird, vielleicht
vermöge einer Analogie von Seresch (Hamans Frau, bei den Juden
noch heute Bezeichnung einer niederträchtigen Frau, ohne andre
Begründung als ihre Gattenschaft). Die jüdische Legende weiß
auch nichts von einer Verbindung Mirjams mit Korah oder dem
Stein der Weisen, für welchen ich überhaupt keine hebräische
Bezeichnung oder Erwähnung vor der neuern Zeit kenne.
1) Vgl. das alchimistische und astrologische Buch de Imaginibus oder
de Luna, worüber s. Zeitschr. f. Mathematik XVI, 171 ; ZDMG. 50, 192 n. 8.
2) über die Wage bei den Alchimisten (vgl. Jeschurun, her. von J. Kobak,
IX, 85) s. Berth. I, 337, 338; III, 19, 131, 139 Übersetzung einer arab. Schrift
von Djabir. — Die Fragen (Probleme) bei Aristoteles, Djabir und Alfarabi
(III, 151) dürften parodiert sein von Abraham ibn Esra, Ed. Dav. Kahana,
A. b. E , Warschau 1898, Bd. II.
Steinschneider, Zur alchimistischen Literatur der Araber. 309
Die Legenden der Muhammedaner über Korah sammelte schon
d'Herbelot (Artikel Caroun, II, 123/24 der deutschen Ausgabe
1785), s. auch G. Weil, Bibl. Legenden u. s. w. S. 181/82; Uli-
mann, Koran 28, 76, S. 335. Korah heißt in der Bibel b. "ina^
b. nnp; Weil gibt arab. Jassllar b. Fahit, offenbar ein Lesefehler
für Kahit ; d'Herbelot gibt : Masaab b. Jasib (wiederum für Kahit),
Gemahl der Kolthum ; dieses Masaab für Ja'shar hat nichts zu tun
mit dem Namen des zweiten Pharao, bei d'Herbelot H, 204; vgl.
Walid b. Muss'ab bei Dieterici , Der Streit S. 270. — Korah als
unglücklichen Alchimisten erwähnt schon Bazi in seinem \M\
bei Fleischer, Catal. Lips. p. 509 b , wo die Alchimie auf Adam,
Seth, Idris [= Henoch], Abraham, Moses. David, Alexander, Mu-
hammed, Ali zurückgeführt wird.
IL A v i c e n n a.
Avicenna bildet ein diametrales Gegenstück zu Maria der
Prophetin. Wir befinden uns hier betreffs der Person auf histo-
rischem Boden , während die beigelegten Schriften der kritischen
Untersuchung bedürfen. Die Quellen über Avicenna beginnen
mit einer kurzen Biographie , redigiert und fortgesetzt von einem
Schüler desselben , die wir im arabischen Original und in einer
lateinischen Übersetzung aus dem XVI. Jahrhundert besitzen1).
Die jüngsten Quellen sind: Brockelmann, Gesch. d. arab. Lit. I, 452
und Carra de Vaux, Avicenne, Paris 1900 (in der Sammlung: Les
grands philosophes) ; beide kennen nicht meine, an Hanebergs Ab-
handlung ,Zur Erkenntnißlehre von Ibn Sina und Albertus Magnus1"
(aus den Abhandl. der k. Bayr. Akademie I. Gl. Bd. XI, 1. Abt.
S. 191 — 269) geknüpften Auseinandersetzungen in der Hebr. Biblio-
graphie X (1870) S. 16—23, 53—59, 72—78, wo ich unter anderem
{S. 54) bemerke, daß man das Werk „al- Nadja" nicht einfach als
ein Kompendium von „al-Schifä" bezeichnen sollte; — Carra de
Vaux schreibt noch immer: II en fit un abrege. — Die gegen-
wärtige Notiz hat es mit Avicenna nur als Alchimisten zu
tun ; es wird sich allerdings dabei ergeben , daß diejenige Schrift,
an deren Echtheit am wenigsten zu zweifeln ist , auch für den
Philosophen und Arzt zu verwerten wäre.
Man ist aber in bezug auf die Quellen nicht am besten daran.
Selbst von arabischen Titeln ist nur ein einziger bekannt, von ara-
bischen Mss. , wie es scheint , kein einziges ; bei den lateinischen
1) Die lateinische Übersetzung (s. Hebr. Bibliogr. X, 78) ist nicht von
Massa selbst, sondern von Marcus Fadella (Wüstenfeld, Die Latein, i t*
S. 125); in welchen Ausgaben des lateinischen Kanon sie aufgenommen sei, be-
darf noch der Erörterung. Alb. Haller, Bibl. med. pract. I, 384, bezeichnet
eine Ed. 1535 mit einem Asteriskus, also nach Autopsie: bei dem so ge-
nauen Choulant (Gesch. u. Lit. der älteren Med. 1841, S. 365) rindet sich diese
Ed. nicht, die Vita erst in Ed. 1582.
310 Steinschneider , Zur alchimistischen Literatur der Araber.
gedruckten Schriften, welche den Namen Avicenna führen, hat man
eine zweifache Möglichkeit der Unterschiebung zu erwägen,
die auf diesem Gebiete nicht selten ist, nämlich eines arabischen
Originals einer lateinischen Übersetzung oder einer lateinischen
Schrift eines Anonymus. Eine ausreichende Zusammenstellung der
betreffenden Drucke und Mss. ist mir nicht bekannt; für die hier
folgende kurze Aufzählung benutze ich hauptsächlich den Oatal.
impr. libror. in Bibl. Bodl. I p. 148; Borellius, Bibl. Chim. p. 34;
AVüstenfeld , Gesch. d. arab. Aerzte S. 73 und einige Kataloge von
lateinischen Mss. , die ich hier nicht näher angebe , weil diese Auf-
zählung nur dazu dienen soll, etwaige Ergänzungen von Seiten der
(wahrscheinlich wenigen) Leser hervorzurufen.
1. Lib. Animae; 2. Portae elementorum , vor n. 1 gedruckt;.
3. Epistola ad regem Hasen (ob die Risala an den Rai's Abu'l-
Hasan Sahl b. Muhammed etc. bei Wüstenfeld 1. c. S. 72 n. 39 ?)r
im Theatrum chemicum IV, Argentor. 1613 — dieser Band fehlt
leider in der hiesigen Kgl. Bibliothek ; 4. Lapidis philosophici
declaratio filio suo (!) Alboali, im Theatr. ehem. IV; 5. Tractatus
de tinetura metallorum in Opuscula de alchemia veterum philo-
sophorum, Francof. 1550, 4°, in der Kgl. Bibliothek nicht vorhanden;
6. Tractatulus (de Alchimia) in Artis auriferae etc. I, 405; 7. Aquae
rubeae ad tingendum 4 spiritus sublimatos, in Verae alchemiae etc.
Basil 1561 fol. , auch eingeschaltet in Aristoteles, De perfecto
magisterio; 8. Lumen novum ab Avicenna extractum, Borel. p. 232
ohne nähere Angabe; 9. De Congelatione etc., worüber s. CentralhL
für Bibliothekswesen, 12. Beiheft, Leipz. 1893 S. 84 (§ 66 der
arab. Übers, aus d. Griech.).
Carra de Vaux hat es zunächst mit dem Philosophen zu tun;
man begreift, daß der Alchimist ihm außer dem Wege lag und
daher mit einer Note (p. 154) abgefertigt wird, wonach ein Buch
„Turba philosophorum * oder Auriferae artis etc. Basel 1572 (C.
scheint Turba mit der ganzen Sammlung zu identifizieren) J), einen
tractatulus und de Congelatione von Avicenna enthalte. Daß aber
diesem Gelehrten das bedeutende Werk seines Mitbürgers Berthelot,
worin syrische und arabische Texte abgedruckt sind, ganz unbekannt
geblieben sei, ist kaum denkbar, und doch bietet Berthelot (I, 293
— 305) über Avicenna ein besonderes Kapitel (VI. L'alchimie
d'Avicenne), und zwar hauptsächlich nach dem interessanten Buch
de Ani'ma, zu dessen Druck Bas. 1572 das alte Pariser Ms. 6514
f. 144 ff. (worüber Leclerc, Hist. II, 500 nicht recht Bescheid weiß)
benutzt wurde. Es kann nicht meine Absicht sein, hier einen Aus-
zug jenes Kapitels zu geben, um so weniger, als Berthelot nach
1) Der Titel lautet ungenau: Auriferae artis quam Chimiam vocant etc.
sire Turba philosophorum; in der Ausgabe Basel 1593 riebtiger: Artis auri-
ferae, quam Chemiam vocant volumen primum quod continet Turbam pbil.
aliosque antiquissimos autores (so).
Steinschneider, Zur alchimistischen Literatur der Araber. 311
der Beschaffenheit seines Werkes den chemischen Stoff im Auge
behalten muß, allerdings ohne die literarhistorischen Mitteilungen
desselben außer acht zu lassen, welche ich hier hervorheben werde,
nachdem ich einige kurze Bemerkungen über Einteilung und Form
des Buches vorausgeschickt habe.
Dasselbe besteht aus 10 ,,dictionesu (Makalät) von sehr ver-
schiedenem Umfange, und es scheint fast, als ob die vorangehende
Porta Elementorum eine Einleitung dazu verträte. Die Behandlung
des Stoffes geschieht teilweise in Form von Belehrung eines Sohnes
(Berth. meint, es bedeute soviel als Schüler, gegen den Wortlaut
z. B. p. 45, 59, 160, 358), teils in Form eines Dialogs zwischen
„Abnaly Abincine4- und dem Sohne „Abuzalem", oder ,Abinzalemifc ] ),
nicht ohne Humor und Ironie. Einige Kapitel sind speziell der
Charakteristik und Widerlegung von Vorgängern gewidmet, nament-
lich Jahie Abindinon (?), Geber, Abumazar (abu Na'sr = al-Farabi,
die Stelle gebe ich anderweitig) , Maurienus (vulgo Morienus).
Abubecher . . . Arazi (für al-Razi); ob das Zitat „Senior dixit"
(VI C. 17 p. 317) aus „Zadith" genommen und für die unsichere
Zeit dieses alchimistischen Autors zu verwerten ist? Die Bezeich-
nung Senior (;?^u*JQ läßt vermuten, daß hier eine Interpolation,
etwa des unbekannten lateinischen Übersetzers, vorliege, wie wir
dergleichen bald sehen werden , nämlich aus der in I C. 6 p. 68
eingeschobenen Liste von Alchimisten, die ich unten mit Benutzung
der wenigen Varianten, welche Berth. I p. 301 ff. aus Ms. Paris
6514 darbietet, aus dem wohl schon selten gewordenen Drucke
mitteile.
Philosophisches und Physikalisches hervorzuheben, ist meine
Absicht nicht, aber eine vermeintliche persönliche Bemerkung (bei
Berth. p. 295) ist für die Geschichte von Sentenzen interessant.
Avicenna, wegen seines Wissens befragt, antwortet: Ich habe
mehr an Öl gebraucht, als andere an Wein genossen
(VI C. 17 p. 310); das wird schon von Plato erzählt und steht
in der Perlenauswahi , welche von dem spanischen Zeitgenossen
Avicennas Salomon ibn Gabirol herrühren soll '-).
Anhang.
Nomina magistrorum istius artis (De anima I, 17 p. 66).
Modo dicä tibi tili Abuzalemi , qui fuerüt magistri, quos ego
audiui , aut vidi , et sunt vsq. in hodiernum diem ä quibus multa
1) Vgl. Abuhali seu Hasen fil. Hali, bei Borellius p. 2 ; Alboali als Sohn
Avicennas s. oben S. 308 n. 4. — Ein Sohn abu Salim ist nicht bekannt.
2) S. mein „Manna" Berlin 1847, S. 88 u. 107; vgl. Collectio Salemitana
III, 100; Geiger, Gabirol S. 136; Choice of Pearls p. 137; De Gubernatis,
Zoological Mythology II, 261; Eppenstein in Monatsschr. f. Gesch. u. Wiss. d.
Jud. 1896/97, S. 119.
312 Steinschneider, Zur alchimütischen Literatur der Araber.
poteris addiscere. Et elige ex eis bonos siue malos, Adam, Noe,
Iariz1), Ar am us, S q uili-arupiz 2) leuf. nulluni prophetam
dicam tibi. Rex :!) G a 1 u d de Babilonia , R e b i 1 o g a r beba-
z u r i a , I s a a c Iudeus de moiros , ümbre a b e 1 b a t a 4) , alias
abnabitalui. Et ante istos alij gentiles. Aramus medianus
et alius vltimus Zucrat5). Bucras6) flatö: Clarö7), Plinus0),
Zaib, Zu baibar, Aristo tel. , Alexander, Casta fi lde-
luc a 9) , Batlanunz10), Geber Abenhae11), Abimezer1-)
Alfarabi, Iabie Abendenon: Mahomet de (!) Razi.
Pizagros18), Nitafors14), Abul, Caradisse15), Maurien16),
Jacob Almonü., Abumazar, Albateli, Alaua, Rezini17),
Cotahiua, Higer Gebe, et multi alij , qd tibi dicere non
potui: de Christiailis18) Johan. Euangelista, Prior alexandrie,
Garsia cardinalis, Gilebert Cardinalis Hug. apostolicus 10) vel
vniuersalis arcbiep. , Penus monachus, Dur and us monacbus,
V i r g i 1. almortid , Dominicus, Egidius, magister bospitalis
Ierosolomitani , qui traxit*20) librü de 125. Lapidibus, Epis-
copus, Antroicus, Dominus-1) de ponderibus. Et iste episcopus
docuit me magnum magisterium in Africa: et dixit quod acciperem
aurum viu [lies vivum]. (Hier folgt Sachliches, das ich weglasse.)
(Pag. 68) Et Iacob alhartarne '--) Iudaeus docuit me
multas res, qui erat acuti ingenij : et adhuc dicam tibi, quod me
docuit, Deo volente, corrigo te. Si tu vis naturaliter esse philo-
sophus , dico tibi per sensum , et , ex parte legis vbicunque sis :
quod audias hominem sapientem , ut eas et discas ab eo cuius-
cunque legis sit. quia lex et propbetae dicunt: Non interficias, nee
furtum facias: non facias fornicationem : quod tibi vis alij velis
et ne sis maledicus. Modo finiemus capitulum istucl. et finitum
est, Deo gratias.
Bemerkungen zu dieser Liste.
Im allgemeinen ist zu bedauern, daß Berthelot nur eine Reihe
von Namen meist in französischer Form aus dem Ms. mitteilt,
ohne Rücksicht auf die lateinische Ausgabe und auf das Zitat bei
Vincenz von Beauvais, unter welchem er kurz vorher (p. 280) in der
Aufzählung von zitierten Arabern auch Avicenna, de Anima erwähnt,
allerdings ohne Angabe der Stelle, welche näher oben angegeben
ist ; J. Guttmann hat in seinem Artikel : Die Beziehungen des
Yincenz von Beauvais zum Judenthum (Monatsschr. f. Gesch. u. Wiss.
d. Jud. 1894/95, S. 214, auch aufgenommen in desselben: Die
Scholastik des 13. Jahrhunderts in ihrer Beziehung zum Juden-
thum u. s. w., Breslau 1902, S. 229) dieselbe besprochen, allerdings
ohne auch nur von dem gedruckten Buche Notiz zu nehmen oder
Berthelots Besprechung zu kennen. Die Vergleichung dieser drei
Quellen führt zu vorläufigen Resultaten.
Befremdend ist die fast gänzliche Verschiedenheit dieser Liste
von der Aufzählung alchimistischer Autoren im Fihrist p. 351
Steinschneider, Zur alchimistischen Literatur der Araber. 313
(französisch bei Berth. III, 28/29), die auch Flügel zum großen Teil
unerklärt lassen mußte (Fihrist II, 186). In den folgenden An-
merkungen sind die Bemerkungen oder abweichenden Lesarten mit
B., die des Vincenz mit Vz.1) bezeichnet. Ich habe auch nur einige
Namen zu enträtseln gewagt , worunter zwei jüdische , die mich
nicht wenig überrascht haben , aber unzweifelhaft sind ; vielleicht
stammen sie von dem Juden Jakob, der Avicenna allerlei gelehrt
hat. Ich habe die Form von Noten zu einem Texte für die be-
quemste gehalten.
1) Idris, Moyses (B. p. 301), letzterer Namen vielleicht für
Ar am us, was jedoch aus Abrahamus geworden sein könnte.
der bei Razi (oben Ende I) auf Idris folgt.
2) Ob Aeskulapius'?'? B. u. Vz. : Sqlia, dann Cora,
M o y s e s.
3) B. identifiziert ohne Bedenken den vermeintlichen König
von Babylon mit „Kaled" (Khalid, s.. oben I) des Morienus, der
aber König von Ägypten sein soll. Ich lese ohne Bedenken : Res
(für Resch) und übersetze „Haupt des Exils von Babylon", c-
Nmbj , arabisch äUillL (j*f . , eine bekannte Würde , worüber hier
eine Verweisung auf eine Monographie genügt (Die Häupter der
Vertriebenen, von Felix Lazarus, in N. Brülls Jahrbücher für jüd.
Gesch. u. Litt. X, Frankf. a. IL 1890). Ich lese den darauffolgen-
den Namen: Rabbi Elazar ben Azarja, ein Lehrer in der Mischna,
mit welchem der Reichtum ausgestorben sein soll (W. Bacher, Die
Agada der Tannaiten, Straßburg 1884, I, 220); danach gehen dem
Juden Isaak, über welchen ich mich jeder Vermutung enthalte,
zwei andere voraus. „Bubachar" (d. i. der berühmte Arzt al-Razi,
s. oben) bei B. scheint eine Variante (vielleicht vermeintliche Be-
richtigung) des befremdlichen „bebazaria". — Für de moiros, wohl
Ortsnamen, scheint B. demones („les demons") im Ms. gefunden
zu haben , wohl wiederum eine vermeintliche Berichtigung , über
deren einfache Wiedergabe ohne Rücksicht auf den Druck man
sich wundern darf.
4) Ohne Zweifel Omar ben (?) al-Khattab, der 2. Kalif;
„alias" 1. Ali ibn abi Talib (vielleicht aus Abnabitalill für A-iv?),
vgl. abu Zeid, ed. Huart, frz. I, 163.
5) Dafür scheint B. „Ostanes (?), Zoroaster" (?) zu setzen; ein-
facher ist Sokrates, der mehrfach belegt ist, auch in der Turba vor-
kommt; s. ZDMG. 50, 305, wo Z. 1 aus Bor. lies: Acsubofes, Suboserus.
6) Ohne Zweifel für Bucrat (wie spätlatein. Hippocras), das
Fragezeichen B.'s ist überflüssig-, „Sukrat und Bukrat" stehen schon
1) Guttmann zitiert Speculum naturale, VII C. 87, wovon ich die Ed.
Colon. Agripp. 1494 vergleichen konnte; hingegen ist eine undatierte Inkunabel
in Kiesenformat anders eingeteilt und das Aufsuchen sehr schwer. Guttmann
zitiert auch das Speculum doctrinale XI, C. 107; in der Ed. Nürnberg 1486
konnte ich an diesem Orte das Zitat aus Avicenna nicht linden.
314 Steinschneider, Zur alchimistischen Literatur der Araber.
wegen der Paranomasie zusammen, als imponierende Namen bei
Gazzali, Tabafut al-Pilasifa, Einleitung: Sukrat und Bukrat, Plato
(hier Flato , d. i. Flaton für Inatun) und Aristoteles ; s. Die hebr.
Übersetz. S. 329; vgl. P. Cassel, Miscble Sindabar S. 19; Hebr.
Übersetz. S. 888 und abu Sa'd. in Catal. mss. Orient. Lugd. Bat. III,
274 n. 1386.
7) Dafür wohl C a t o n (?) bei Vz. und B., sehr unwahrschein-
lich; es muß ein griechischer Name sein.
8) Offenbar Baiinas (d. i. Apollonius) mehr als aus-
reichend bezeugt; s. ZDMG. 50, 359 (Hebr. Übersetz. S. 845), wozu
ich weitere Belege aus alchimistischen Schriften geben werde.
Apollonius wird, wahrscheinlich zur Unterscheidung von dem Mathe-
matiker (Perg.), als ^^ILJ! v_/.:>Lo bezeichnet; es liegt also nahe,
in dem hier folgenden Zaib v_^.s>Lo zu suchen ; aber mit Zubaibar ist
ohne Variante wohl nichts anzufangen, auch wenn es ein selbständiger
(griechischer) Namen sein sollte. Vz. und B. scheinen dafür Virgil
zu setzen, den Avicenna selbst wohl nicht gekannt hat.
9) Costa ben Luca , welchem das Buch de Physicis ligaturis
beigelegt wird, identisch mit de Incantatione, angeblich von Galen
oder Honein, gedruckt unter dem Namen des Constantinus Africanus
als Epistola ad filium (s. Centralbl. für Bibliotheksw. 1893, S. 65).
10) Ptolemäus.
11) Ibn 'Haj jan.
12) Abu Na'sr.
13) Pythagoras, ZDMG. 50, 364.
14) Dafür wohl bei B. „Theophraste'' (?); wahrscheinlicher ist
Stephanus (Istafanus), der schwerlich gänzlich fehlte (vgl. ZDMG.
50, 365).
15) Nach Abul fehlt wohl ein Eigenname, oder Abul ist mit
Kardissa zu verbinden. Ich kenne nur ein ähnliches Gentilicium
-.äs^jL^ im Fihrist. B. bietet hier nichts mehr, Vz. springt von
Abimazar zu Joh. Evangel.
16) Morienus, s. oben.
1 7) Wenn man in dieser ungeordneten Liste zwischen
Arabern an einen Griechen denken dürfte, so wäre hier Zosimus,
auch i»^«, latein. Rosinus, zu vermuten (vgl. ZDMG. 50, 365),
der schwerlich fehlte.
18) Diese Liste (mit Ausnahme von Joh. Evang. — für Garsia
hat Vz. Garsius, B. Guarcia) ist nach B. entschieden eine Inter-
polation, wahrscheinlich des Übersetzers — der also kein Jude
war; ich kann hier auf B. verweisen, der erst hier (p. 302) zwei
Namen bei Vincenz herbeizieht.
19) apostolicus zitiert auch Guttmann aus Vz., die Ed. 1494
liest Huck appellatus, wonach Huck ein Beinamen oder vulgärer
Namen des hier eingeschobenen Guilelmus wäre, daher
auch die nachfolgenden Worte : „vel universalis archepiscop.", fehlen,
Steinschneider, Zur alchimistischen Literatur der Araber. 315
aber Penus monaclius, der offenbar Petrus heißen muß und mit
Durandus (Duranaus bei Guttmann Druckfehler) bei Vz. erst hinter
Jacobus nachgebolt wird; beide Mönche nennt Borellius p. 80 in
umgekehrter Reihenfolge aus Quei-cetanus. Virgil almortid (wofür
Punkte bei B.) fehlt bei Vz., s. folg. Anm.
20) extraxit Vz., wohl richtig, auch wenn Dominicus voran-
geht, „ont traduit" bei B. schwerlich richtig, das Buch über
125 Steine, wenn übersetzt aus dem Arabischen, wäre in meiner
Abhandlung: Arabische Lapidarien (ZDMG. 49) nachzutragen.
21) Dafür bei Vz.: Dominicus et Iacob Aranicus ludaeus, qui
me in ista arte non pauca docuerunt.
22) B. übersetzt (p. 302) : la loi du philosophe dit ; soll das
im Pariser Ms. für „et prophetas" stehen, oder ist es ein Versehen?
Der Jude Jacob heißt in unserem Texte alhartame, was B.
einfach ignoriert, anstatt die Lesart des Ms. anzugeben ; er heißt bei
Vincenz: Aranicus, und so bei Borellius aus dem Rosarium cum
figuris. Guttmann meint, das Zitat aus Avicenna könne sich nicht
auf die Stelle erstrecken, wo Jacob zwischen Christen genannt sei,
folglich ist Jacob ein Zeitgenosse des Vincenz. Wir finden ihn in
unserem Texte am Schluß des Kapitels. Berthelot nimmt auch
keinen Anstand, diesen Jacob als achte Anführung Avicennas an-
zusehen. Wer Dominicus sei, das ist eine Frage, deren Beantwortung
ich andern überlassen muß.
Nachträglich. (April 1904.)
S. 300. (Mirjam und Maria) Rob. Falke, Buddha, Muhammed,
Christus, 2. Aufl., Gütersloh 1898, I, 13, glaubt nicht bloß an eine
Konfusion, sondern geht so weit, zu behaupten (S. 14): „Muhammed
besaß gar keinen Wahrheitssinn !"
S. 310. Die Practica der Maria erschien in deutscher Über-
setzung durch Philipp Morgenstern „Islebensem" (aus Eisleben)
in seiner alchimist. Sammlung in 2 Bdn. , Basel 1613, I, 269 — 73,
beginnend mit der Turba. Im Vorwort heißt es: „Durch die Mühe
und Fleiss Gulielmi Grattaroli Medici" seien die latein. Originale
gesammelt. In der Tat entspricht dies Buch der Auriferae artis etc.
Bd. I (Basel 1572, 1593, 1610). — Die Practica beginnt: „Aros
der Philosophus stimmt überein mit..." (für: convenit cum!).
S. 310. Kopp, Beitr. III, 56—58 behauptet, das Buch de
Anima, wovon die Porta Elementorum ein Teil sei, habe Avicenna
gar nicht verfaßt; für Zitate bei Vincenz und Roger Baco gibt er
nicht die Stellen an.
Ich benutze diese Stelle zur Berichtigung von Zeitschr. 57, S. 507, wo
für Sah Buber lies Kubin, dessen ntTSOM TlO aus inülri Band V, Wien
5634 aber noch 1873 erschien; vgl. auch die Abhandl. desselben über Setirot
in ha-Eschkol, her. v. Asriel (Dr. J.) Günzig, Bd. IV, Krakau 1902, S. 29.
Bd. LVIII.
316
Beiträge zur Beleuchtung des islamitischen Straf-
rechts, mit Rücksicht auf Theorie und Praxis in
der Türkei.
Von
•Johann Krcsniärik.
IV.
Die Verleumdung (karff)1). Wer einen anständigen (mnhsari)
Mann oder eine anständige Frau mit deutlichen 2) Ausdrücken oder
im Zorne mit solchen Ausdrücken, welche, obwohl ursprünglich
zweideutig oder unklar, dennoch den Sinn einer derartigen Be-
pU>^b *-liJb ^oJi LfV"^ ^yb *^ ^ *5lX^ä üäJjLj IjjLj
0^J1 ^ ^1*11 yL^ ^ij ^j-^äil Q/o ».axj ^J! ^ö
.LiJb 0vaÄ^° ^.iö_5 O^üJ! ^ ZxiJ J^Ä^i ^.Pj xJi S^Ütf
Gauhare II, 248. Dem Wortlaute nach bezieht sich der eben erwähnte göttliche
Ausspruch nur auf die verleumdeten Frauen-, doch meinen die Schriftgelehrten,
daß diese Sentenz, kraft des in ihr enthaltenen Hinweises {dalälet ulnass)
auf ihre Rechtswirkung (huhm) sich auch auf die Männer erstreckt. .^Ls
v_»l\äj! r,^S q£*"> Uijj £*■*■£■ (»*ri j^j jL*Jt V^ S-yr-J-^ (J^
,.~.J ,*_cblt ,3, a. a. O. Die Subsummierung der Männer unter diese göttliche
Verfügung geschieht somit nicht auf Grund einer Analogie (kijäs) , was die
Juristen vorzüglich deshalb betonen, weil ja die Analogie zur Begründung einer
Haddstrafe ungenügend wäre. Siehe Manäfi' 127.
2) Deutlich (sarih) ist ein Ausdruck, wenn sein bezweckter Sinn vom Ge-
sichtspunkte des Sprachgebrauches vollkommen offenkundig ist. (*^o.;cJ) Lfi)*,
(^U*X^) LcLj UuO \jygb ^\ (LUj *j oUt) ^Xxi\ (j$ Ui
Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Straf rechts, etc. 317
leidigung wirklich enthalten '). der Unzucht zeiht, begeht eine Ver-
leumdung. Der zornige Zustand des Täters unterstützt nämlich
die Annahme , daß er diesen Ausdruck in verletzendem Sinne an-
wenden wollte.
Die mohammedanischen Juristen unterscheiden , ob von der
Anständigkeit bei der strafbaren Handlung der Unzucht oder bei
der der Verleumdung die Rede ist, denn die Bestimmung der An-
ständigkeit ist entsprechend verschieden. Bei der Verleumdung
ist nämlich jemand als anständig zu betrachten, wenn er volljährig,
gesunden Verstandes und moslemischer Religion ist und von der
Anklage der Unzucht frei ist. Es wird nicht gefordert, daß er im
Ehestand lebe.
Das Delikt der Verleumdung ist entweder durch Geständnis
des Angeklagten oder durch das Zeugnis von z.wei männlichen Zeugen
^a5 xxls-* JL+xaavJ 'ijS £•«>- rj* 5 ; »-^ .-i^ l5^- Solche Ausdrücke,
deren beabsichtigter Sinn , mit Rücksieht auf den Sprachgebrauch , verborgen
bleibt, nennt man hinäje. Manäfi' pag. 122 u. f. Beleidigungen durch eine
einfache hinäje bieten keinen genügenden Grund zur Bemessung der Haddstrafe
für Verleumdung. Lf-^* XjLaXJIj u. a-^1. bS »S$ ^Liiil ^;o_xiJ ,\[ii L*jL
i^lXäj! ^ ^\j.a2.j i/Hr *J^ o>SlX/0. Gauhare II, 248.
1) Solche Ausdrücke sind z. B. J.a.6- ^ o'J: ; kann bedeuten ebenso
„du bist auf den Berg gestiegen", als auch „du hast am Berge Unzucht ge-
trieben". Ferner die Ausdrücke: ^>*aJj) <^>«amJ „du bist nicht deines Vaters"
und ..i^Lä i-y^J vü^jwJ „du bist nicht der Sohn des N. N. (Vaters des Ver-
leumdeten)". Die Undeutlichkeit dieser beiden Ausdrücke besteht darin, daß
sie neben einer Anspielung auf den unzüchtigen Lebenswandel der Mutter des
Angesprochenen auch bedeuten können, daß der Sohn hinsichtlich seiner Talente,
moralischen Eigenschaften u. s. w. dem Vater nicht gleichkommt, v.^üi ,j,»
-Xj^ ^SjmlXaA 0».Xa3 Li: SiXiWjl X*y«t\ji (JL&J »«.ÄJ üAi..>
-a:>Lo sJv.a^5* ,'»^L>i ca5" i^ULj .O ^s.~.b J> »l£»l oN-i -r-r
jj-^' ^Ü-ajO (j>XmJJ J. Tergumet ulTahäwi IV, 360. Nach Abu Jüsuf
enthält der Ausdruck (^Saj^ ^>..wJ unbedingt eine Verleumdung. jLä J^%
yÄit ,3, üN-« > ,.%U ^i«Äs aüi ua*iJ -j! ,-»ü ^iN^A' ^>-»**J S-r~-J
^lto> ^f. Fatäwä Kädichän III, 491.
21*
318 Krcsmärik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc.
zu beweisen , und seine Strafe besteht , wenn der Täter ein freier
Mann ist . aus S<>. wenn er ein Sklave ist, aus 40 Peitschenhieben.
Aus der erwähnten Definition der Verleumdung könnte ge-
folgert werden, daß jemand, der kein Muslim ist, überhaupt nicht,
oder daß ein Moslem nur mit Unzucht verleumdet werden kann.
Die Sache verhält sich jedoch nicht so, denn auch solche Ver-
letzungen gelten als Verleumdung, nur daß bei einer Verleumdung,
bei welcher nicht ein Muslim die verletzte Partei ist, oder wenn
die Verleumdung, auch wenn der Verletzte ein Muselman ist, nicht
in der Anklage der Unzucht besteht, nicht die bestimmte Strafe
der Verleumdung, sondern eine dem Ermessen des Richters über-
lassene Züchtigung (ta'zir) angewendet wird und daß nach der
mohammedanischen Methode auch ihre wissenschaftliche Behandlung
zu jenen strafbaren Handlungen gestellt wird, mit welchen eine un-
bestimmte Strafe verbunden ist.
Verleumden kann man nur-, indem man der verletzten Partei
die beleidigenden Ausdrücke ins Gesicht sagt x) ; demzufolge kann die
Verleumdung nur dann bestraft werden, wenn sie in Form einer
Ansprache begangen wird. Sagt jemand Dinge , die sonst die
Kriterien der Verleumdung an sich tragen, hinter dem Kücken
eines andern, so kann dies eine böswillige Erfindung, eine Klatscherei,
aber keine Verleumdung sein.-) So ist der ein Verleumder, der
einem andern ins Gesicht sagt: Du Bastard; doch begeht derjenige
keine Verleumdung, wer in Abwesenheit der verletzten Partei von
einem andern sagt, daß dieser oder jener im Ehebruch oder von
einem Mädchen geboren wurde. Die Verleumdung kann nur dann
bestraft werden, wenn jemand einen andern einer solchen Unzucht
zeiht , die selbst eine strafbare Handlung bildet , denn wenn sich
die Verleumdung auf eine Unzucht bezieht, für welche infolge eines
eventuell vorliegenden Zweifels (subhe) eine Strafe nicht bemessen
werden konnte, so wird auch der Verleumder straflos.
Die Strafe gehört wohl zu den göttlichen Rechten , doch ist
sie kein rein göttliches Recht, weil zum Teil auch menschliche
Rechte in ihr enthalten sind. Der cremischten Natur der strafbaren
1) Ich halte mich hierbei an die mildere türkische Praxis; denn es gibt
sehr ansehnliche Quellen, nach welchen eine Verleumdung auch in Abwesenheit
des Verleumdeten stattfinden kann. Vgl. Eadd ulmuhtär III, 234.
^/0 JCxAt AL^- .~>b5 ^+*;*-K *.*■*.**
(^SlXäII j, )LfjJ.\ ^f»->) &.J^i oLuwai» ^J-*tH Q-J^'b (C^J' *-V*
Fetäwä 'Ali ef. I, p. 189 und 195.
Krcsmärik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc. 319
Handlung entspringen jene wesentlichen Abweichungen, welche hei
den hinsichtlich der Verfolgung der Delikte der Unzucht und der
Verleumdung bestehenden Vorschriften wahrnehmbar sind.
Zur Einleitung des Verfahrens ist die Klage der verleumdeten
Partei notwendig. Von Amts wegen kann niemand wegen Ver-
leumdung unter Kriminalklage gestellt werden. Der Sohn kann
seinen Vater nicht anklagen wegen einer Verleumdung von Seite
der Mutter. Hat aber die Mutter auch von ihrem früheren Gatten
einen Sohn, so steht diesem das Recht zu, gegen den Stiefvater
die Anklage zu erheben.
Nach Säfi'i geht das Recht auf die auf Verleumdung gesetzte
Strafe im Falle des Ablebens der verletzten Partei auf deren Rechts-
nachfolger über. Nach der Schule Abu Hanlfas erstreckt sich das
in der Strafe dieses Delikts liegende menschliche Recht nicht so
weit und es kann auch infolgedessen nicht vererbt werden. Ja,
diese Schule huldigt sogar der Theorie , daß der Kläger zur Zeit
des Vollzuges der Strafe am Leben sein muß, denn wenn er früher
oder während des Vollzuges der Strafe stirbt , ist diese zu unter-
lassen und seine Erben haben nicht das Recht, die Fortsetzung der
Strafe zu verlangen. "Werden Tote verleumdet, so sind die Rechts-
nachfolger (Eltern, Großeltern, Kinder, Kindeskinder u. s. w.) wohl
berechtigt, gegen den Schuldigen die Klage zu erheben, doch kommt
ihnen das Klagerecht nicht durch Erbschaft, sondern durch un-
mittelbare Interessiertheit zu.1)
Verleumden einander zwei Personen gegenseitig, so sind beide
zu bestrafen.'2)
Es ist verboten . hinsichtlich der Strafe einen Ausgleich zu
schließen, beziehungsweise für die Verletzung einen Ersatz in <ieM
oder andrer Art zu bedingen, und Vereinbarungen ähnlichen Inhalts
sind unwirksam. Eigentlich kann die verletzte Partei dem An-
geklagten auch unentgeltlich nicht verzeihen. ;;j Die Freisprechung
1) Dementsprechend wird das Klagerecht wegen Verleumdung eines Toten
dem Nachfolger auch in dem Falle zuerkannt, wenn er vom Erbrecht aus-
geschlossen ist. »*.s^.+l. O-xi^ '\\~.» jl*Ji XJ ä^Ij ,-»« O-^J
U-P.xi» • .it. .äX.'.j Ö^i -Yi. Sejchzäde: Sarh multakä I, 293.
(J • J " o ■> L> J " J w -J KJ-*
Sejchzäde a. a. O.
3) Die Strafe ist selbst in dem Falle zu verhängen, wenn der Verleumder
das Delikt infolge Aufforderung des Verleumdeten verübt hatte. (.-»tj •^'•-^
320 Krcsmdrik, Beitr. ». Beleuchtung d. islamit, Strafrechts, etc.
des Angeklagten bedeutet nur, daß — so behaupten die moham-
medanischen Kriminalisten — der Angeklagte nicht deshalb straflos
bleibt, weil der Kläger ihm verziehen hat, sondern weil dieser die
Klan'.' fallen ließ, während der Richter bei der Verleumdung ohne
die Klage der verletzten Partei nicht vorgehen kann. In dieser
Hinsicht sind jedoch die Ansichten der Juristen sehr verschieden.
Auch dem zeitweilig angesiedelten fremden Untertan ist die
bestimmte Strafe für jene Verleumdung aufzuerlegen , welche er
auf moslemischem Gebiete begangen hat. Denn er hat durch diese
Handlung menschliche Rechte verletzt und der Fremde verpflichtet
sich, indem er zur Niederlassung im mohammedanischen Staate die
Bewilligung erhält , die menschlichen Rechte zu achten. Anfangs
bekannte sich wohl Abu Hanifa zu der Ansicht, ein fremder Untertan
könne mit einer bestimmten Strafe nicht bestraft werden, doch hat
er diese Meinung später geändert und gelehrt, daß für eine Ver-
leumdung dem fremden Untertan dieselbe Strafe gebühre, wie dem
muselmanischen Bürger.1)
Der Angeklagte kann sich mit der Unkenntnis des Gesetzes
nicht verteidigen, denn die Unzucht unterliegt bei jedem Volke
gleichermaßen einem Verbot und infolgedessen ist es natürlich und
jedermann offenkundig, daß man einen andern nicht ohne Grund
einer solchen Handlung anklagen darf. Hat der Angeklagte seine
Tat gestanden, so kann er sein Geständnis nicht mehr zurückziehen,
denn durch das Geständnis hat die verletzte Partei schon gewisse
Rechte erworben, welche der Angeklagte nicht mehr einseitig auf-
heben kann.-) Wir haben gesehen, daß bei den reinen göttlichen
Rechten dies sich nicht so verhält, und daß dort der Zurückziehung
des Geständnisses keinerlei Hindernis im Wege steht.
Der Richter fordert den Angeklagten auf, jene Beweise vor-
zubringen, durch welche er seine verleumdenden Behauptungen unter-
stützen kann. Beweist nun der Angeklagte entweder durch Aussage
von vier männlichen Zeugen oder durch das Geständnis des Klägers,
daß seine Behauptungen wahr sind, so wird er von der Anklage
der Verleumdung freigesprochen und der Kläger wird wegen Un-
zucht zur Verantwortung gezogen. Die Beweise dürfen sich nicht
in Allgemeinheiten bewegen, sondern müssen sich auf konkrete Tat-
sachen beziehen. Die ersterwähnten Beweise heißen in der wissen-
lue 3 ».äs ^^_» *&>■ ^J^ (joUaäil .J3.Ä.W.J i£*a> «OÄÄ5. Radd
ulmuhtär III, 234.
1) a. a. O. III, 231.
2) *.Ai Läo ^jjjJüJJ r,b) J^aäj fj *.>. ,».$ ^jÄäj ji\ q*
c «->Ji <3 W AXaJ . Sejchzäde: Sarh multakä I, 293.
Krcsmärik, Beitr. z. Beleuchtung d. isla mit. Strafrechts, etc. 321
schaftlichen Sprache mugarrad, das heißt abstrakt, die letzterwähnten
zusammengesetzte Beweise, vnurakkab.1) Die Zeugenschaft also,
daß X. Y. nach Kenntnis dieser und jener Leute faktisch ein un-
züchtiges Leben führte , hat keinerlei Wert und nur die Aussage
solcher Zeugen kann berücksichtigt werden, die dafür Zeugenschaft
ablegen, daß der Kläger in einer gewissen bestimmten Zeit mit
einer gewissen bekannten Person Unzucht getiieben hat.
Der Angeklagte muß die Beweise zur Hand haben , denn der
Richter kann ihm zur Stelligmachung der Zeugen nur bis zum
Schluß der Sitzung Aufschub gewähren. Stehen ihm die Zeugen
bis zu diesem Zeitpunkt nicht zur Verfügung, dann ist die für die
Verleumdung zu bemessende Strafe dem Angeklagten aufzuerlegen.
Der Antrag des Angeklagten, für sich einen Bürgen zu stellen, bis er
die Zeugen bringen kann, darf vom Richter nicht angenommen
werden, sondern er sperrt den Angeklagten ein und betraut einen
andern damit, die Zeugen aufzusuchen und stellig zu machen.
Bei der Anwendung der Strafe werden dem Delincpaenten nur
die Oberkleider ausgezogen , die andern aber werden ihm belassen.
Sind jemandem aus verschiedenen Gründen bestimmte Strafen auf-
zuerlegen , dann muß in erster Reihe die Strafe der Verleumdung
vollstreckt werden, denn hier handelt es sich um menschliche Rechte
und diese haben den Vorzug. Die Reihenfolge der übrigen Strafen
hängt von dem Belieben des Richters ab. Gelangt jemand wegen
mehrfacher Verleumdungen unter Anklage, dann kann die Strafe
nur einmal bemessen werden, denn die Vorschrift ist, daß für
gleichartige Delikte nur eine bestimmte Strafe ausgesprochen
werden kann.2)
Auf die praktische Verwertung der eben erörterten Prinzipien
wirft folgende Anekdote ein interessantes Licht. Der Richter der
Stadt Kufa, Abu Leilä, hörte eines Tages beim Tore der Moschee,
wie ein Mann dem andern sagte : Du , Kind zweier Ehebrecher !
Da der Kadi davon ausging, daß es sich hier um die Verletzung
zweier Menschen handelte, ließ er den Verleumder sofort verhaften,
ihn in die Moschee führen und ihm dort zweimal 80, also 160
Peitschenhiebe für die Verleumdung der Eltern des Angesprochenen
versetzen. Als Abu Hanifa von diesem Vorfall Kenntnis erhielt,
wunderte er sich außerordentlich über das Vorgehen des Kadi und
sagte , es sei ganz merkwürdig , daß der Richter seiner Stadt in
i) ua* e,Ljo ^L (b.js^) Käaxj'-j (xj'Lol) oöLäii (j>\J ^Ls)
(x*a*J b$). Radd ulmuhtär III, 252.
^.ic sö$£i J^.s>\, }S ^JX6 ,\ HA>U £jl>^ &cl*> ^JXi s-\y«
Js.^1» ,^=> ,t L*x*> Ur*!a5> A»^ äA>. FatawS Kädichän III. 493.
322 Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc.
einer Angelegenheit fünf Fehler begangen habe. Denn erstens hat
er die für die Verleumdung entfallende bestimmte Strafe ohne Klage
der verletzten Partei bemessen; zweitens hat er die beleidigende
Person zu einer zweifachen Strafe verurteilt, während, wenn jemand
auch tausenderlei Verleumdungen ausspricht, dennoch nur eine einzige
Strafe bemessen werden kann; drittens hat er die Strafe auf ein-
mal vollstreckt, während eine solche köi-perliche Züchtigung auf
mehrere Tage verteilt werden muß ; viertens ließ er die Strafe in
der Moschee vollstrecken , wo doch der Prophet gesagt hat , daß
man sich vor der Vollstreckung in Gotteshäusern zu hüten habe,
und fünftens endlich habe er nicht eruiert, ob die zwei verleumdeten
Personen am Leben sind oder nicht, während doch davon die Fest-
stellung dessen abhängig gewesen wäre, ob ihnen oder ihren Kindern
das Klagerecht zukommt.
Wer einmal wegen Verleumdung bestraft war, kann nie mehr
vor Gericht als Zeuge vernommen werden , selbst wenn er seine
Tat bereut hat.1)
Wegen Wiedei-holung derselben Verleumdung kann man grund-
sätzlich ein zweites Mal nicht bestraft werden , weil durch den
einmaligen Vollzug der Strafe ihr Zweck, nämlich die Zurück-
weisung der der beschimpften Person zugefügten Schande , bereits
erreicht wurde.2)
V.
Die Verletzung des Trinkverbotes (surb). Unter dem
Trinkverbot ist zu verstehen, daß man Wein überhaupt nicht trinken
darf, von andern geistigen Getränken aber nicht so viel, daß man
davon betrunken wird.
1) Der wegen Verleumdung bestrafte Käfir hingegen, der sich nachher
zum Islam bekehrte, ist als Zeuge sowohl gegen Käfir's als auch gegen Muslime
anzunehmen. l_. >li" ..|j »J\>Lg«Sl kl>.^.2.»* L-JlXäÜ £ ^.L^il iAi> löj»,
aüolg.Ü (^JUä fJLvf j*3 v_»lXäJ| J, jLXJI l\s> .f», .... Säfi'i ist
der Meinung, daß die Zeugenschaft dessen, der seine Tat bereut, anzunehmen
sei. r-j^XÜ ^ JLstJ üJjüi V-jIj |v3I aj(->Lg»Ä J-aäJ -*sLäJf tXJLfij
Lu, Oauhare II, 254 — 255. Die Hanafiten berufen sich zur Begründung
ihrer Lehre auf den Koranspruch IlXjI b'OLgjw *.^,j IJLaäj ^5. Vgl. Durer
tergümesi I, 374.
2) LiJL 8-AäXI , JIä iXzXi U 8-jO Lj! ,J , C», U */.S \*3$L
JsiL^ J, i^Jo Axj ^äj ^JS vJijfc&Jtli tWxJl jj-^äJ j+z. 8t\L>3
LcUj>I &JtLw*II O.Lwj Ä.-'».i jJI . Eadd ulmuhtär III, 244.
Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit, Strafrechts, etc. 323
Wer also Wein trinkt, wenn auch nur einen Tropfen, der
begeht eine strafbare Handlung. Doch kann die Strafe dem An-
geklagten nur in dem Falle auferlegt werden, wenn zur Zeit seiner
Detinierung der Weingeruch an ihm noch wahrzunehmen war und
seine Tat entweder von zwei männlichen Zeugen bewiesen wird oder
er selbst sie im nüchternen Zustande gesteht.1) Wenn der Wein-
geruch sich verflüchtigt hat, kann der Täter weder auf Grund
von Zeugenaussagen, noch auf sein eigenes Geständnis hin bestraft
werden. Denn nach der übereinstimmenden Ansicht der Genossen
des Propheten verjährt mit dem Sichverflüchtigen des Weingeruchs
die Strafbarkeit der Handlung.
Ebenso begeht eine strafbare Handlung, wer an einem andern
geistigen Getränk sich betrinkt, so daß infolgedessen seine Vernunft-
tätigkeit aufhört. Zur Strafbai'keit einer von andern Getränken
als von Wein stammenden Trunkenheit wird nicht gefordert, daß
der Geruch des Getränkes an dem Geklagten wahrnehmbar sei.
Der Richter hat im Laufe des Verfahrens folgende Umstände
von Amts wegen zu eruieren.
Wie hat der Angeklagte getrunken, freiwillig oder infolge eines
Zwanges? Denn nur die beabsichtigte Handlung kann bestraft
werden. Derart kann die Tatsache an sich, daß an jemandem ein
Weingeruch zu spüren ist, nicht die Grundlage des Verfahrens
bilden ohne entsprechende Zeugenaussagen, oder Geständnis, denn
man kann nicht wissen , ob die Handlung eine absichtliche war.
Wann hat er getrunken ? Es ist möglich , daß die Strafbarkeit
der Handlung verjährt ist. Zu bemerken ist, daß bei Feststellung
davon , ob der Geruch des Weins wahrnehmbar ist , nicht jener
Zeitpunkt maßgebend ist, wo der Angeklagte vor den Richter ge-
langt, denn der Sitz des Richters kann ja von dem Schauplatz des
Trinkens so weit entfernt sein, daß der Weingeruch sich vollkommen
verflüchtigen konnte, sondern jener Zeitpunkt, wo die Zeugen den
Täter beim Trinken ertappt haben. Wo hat er getrunken? Denn
wenn der Angeklagte nicht auf moslemischem Gebiete getrunken
hat, ist seine Handlung nicht strafbar.
Kann jemandem nicht in einer jeden Zweifel ausschließenden
Weise das Trinken bewiesen werden, dann kann auch die bestimmte
Strafe auf ihn nicht angewendet werden ; doch steht es dem Richter
frei , den Betreffenden nach seiner besten Einsicht mit einer un-
bestimmten Strafe zu belegen.
Die für die Verletzung des Trinkverbots entfallende bestimmte
1) Nach Abu Jüsuf und Zufar ist das Geständnis zweimal abzulegen.
SjAi xaJLc. Sejchzäde: Sarh multaka I, 291.
324 Krcsmärik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc.
Strafe ist bei einem freien Mann 80, bei einem Sklaven 40 Stock-
hiebe. Diese Strafe kann an dem Schuldigen nur in nüchternem
Zustande vollstreckt werden. Das Schlagen erfolgt in derselben
Weise wie bei der Unzucht. Es werden also dem Schuldigen die
Kleider ausgezogen und die Schläge an verschiedenen Teilen des
Eörpers appliziert.
Der Angeklagte kann in manchen Fällen der Strafe entgehen,
wenn er behauptet, daß er von dem Verbote keine Kenntnis hatte.
Personen, welche aus einem fremden Staate sich erst neuerlich nieder-
gelassen haben oder erst vor kurzem zum mohammedanischen Grlauben
übergetreten sind, können diese Einwendung mit Erfolg erheben.1)
Ähnliche Entschuldigungen eines in einem muslimischen Staate Ge-
borenen jedoch werden nicht in Betracht gezogen.
Personen, welche nicht der moslemischen Religion angehören,
können wegen Verletzung des Trinkverbots nicht zur Verantwortung
gezogen werden.
VI.
Der Diebstahl (sarika). Es werden zwei Formen des Dieb-
stahls unterschieden und zwar eine, die einer minderen Einschätzung
iinterliegt und einfach Diebstahl , und eine andere , schwerer im-
putierte, welche Wegelagerung (Jcat' ultarih) genannt wird.2) —
Die Definition des Diebstahls ist folgende: Diebstahl begeht, wer
einem andern einen unter Verwahrung gehaltenen und einen Wert
von 10 geschlagenen Dirhem repräsentierenden Gegenstand im Ge-
heimen wegnimmt.")
&Lc AS .% w.> LiJl lJ^L^. Eadd ulmuhtär III, 225.
^^ ^mi fijb hs& r)Ai\ rw$ ^ a^ ^^jüi &,
Radd ulmuhtär III, 2G5.
3) Im Kanz uldakäik (Kitäb ulsarika) finden wir folgende Definition des
Diebstahls: äjr^> Kj.-a^s ^l»0 ä.^c .As &£&£» LJt-JXa js.~>! -P
JäsL> »i .rX+J. Zur Begründung der Wertgrenze (ni-säb) beim Diebstahl
beruft man sich auf eine Aussage des Propheten. .»^L-wJ!» äJL*aji ^.Ic ^Y*")
Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc. 325
Der Diebstahl darf nicht mit jener Art der Entfremdung ver-
wechselt werden, welchen die mohammedanische Theorie Usurpation
{(jcisb) nennt. Ein Usurpator ist nämlich derjenige der eine Sache,
welche einen Verkehrswert hat, ohne Erlaubnis des Eigentümers,
aber nicht im Geheimen , wegnimmt. Der Gegenstand der Usur-
pation kann sowohl eine physische Sache, wie auch ein Recht sein.
Ein Recht usurpiert derjenige, der den Diener oder das Gut eines
andern ohne Zustimmung des Eigentümers zu seinem Vorteil ver-
mietet. Nach § 881 des türkischen Privatrechtes heißt usurpieren,
das Vermögen eines andern ohne dessen Erlaubnis wegnehmen und
behalten 1). Die Usurpation ist wohl eine Erwerbungsart , deren
Rechtstitel zu verwerfen ist, die aber doch nur mit einer Ver-
antwortung im Jenseits verbunden ist. Eine weltliche Strafe be-
stimmt das Gesetz dafür nicht. Der Usurpator hat jedoch den
entfremdeten Gegenstand, wenn er noch vorhanden ist, seinem Eigen-
tümer zurückzugeben, wenn er aber nicht mehr vorhanden ist, Ent-
schädigung zu bezahlen. Der Usurpator hat als faktischer Besitzer
dritten Personen gegenüber auf den Schutz des Gesetzes keinen
Anspruch.
Es ist ferner ein Unterschied zu machen zwischen Diebstahl
und einer solchen Entfremdung, die durch List erfolgt. Eine solche
Entfremdung kann ein Betrug sein , wird aber nie als Diebstahl
betrachtet. Für Betrug gibt es keine bestimmte Strafe.
Nach mohammedanischer Auffassung ist es ein wesentliches
Kriterium des Diebstahls, daß die Wegnahme des fremden Wert-
gegenstandes im Geheimen, das heißt mit Umgehung der Kenntnis
des Eigentümers, beziehungsweise dessen Stellvertreters, erfolgt. Als
Stellvertreter des Eigentümers gilt der Wächter, der Pfandeigen-
tümer, Depositär etc.
Es wird ferner dazu, daß die Entfremdung als Diebstahl quali-
fiziert werde, gefordert, daß der Dieb einen Gegenstand wegnehme,
welcher unter Verwahrung (hirz) steht. Das mohammedanische
Recht betrachtet den Menschen , so wie er sich nach Erfahrung
^lXJu). Durer tergümesi I, 379.
1) § 881 der türkischen Megelle lautot im Original folgendermaßen:
326 Krcsmärik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc.
zeigt. Der Durchschnittsmensch ist der Sklave seiner Sinne, der
seinen Begierden, insbesondere wenn die Umstände für deren Be-
friedigung günstig sind, schwer widerstehen kann. Die empirische
Tatsache, daß die Gelegenheit den Dieb macht, berücksichtigt die
Gesetzgebung auch praktisch und indem sie den Diebstahl als eine
streng zu bestrafende Handlung qualifiziert, fordert sie im Interesse
der Aufrechterhaltung der Rechtsordnung zugleich auch von den
Bürgern , daß sie auf ihr Vermögen entsprechend achtgeben und
ihre Mitmenschen nicht in Versuchung führen. Deshalb wird die
Entfremdung solcher Gegenstände , welche nicht entsprechend be-
hütet sind, nicht als Diebstahl betrachtet.1)
Wann man sagen kann, daß ein Gegenstand entsprechend be-
wacht wird, das unterliegt je nach den Umständen einer verschie-
denen Beurteilung. Die Bewachung besteht in der Regel darin,
daß entweder der Herr ständig sein Vermögen hütet, beziehungs-
weise dieses behüten läßt, oder daß er es an einem entsprechenden
Orte verwahrt. Infolgedessen kennen die mohammedanischen Juristen
zwei Arten der Bewachung: Bewachung durch den Wächter und
durch den Ort. Die Bewachung des Vermögens durch gute Pla-
zierung wird für eine stärkere Bewachung gehalten, als die Be-
Avachung durch einen Wächter. Befindet sich der wertvolle Gegen-
stand in einer Wüste oder in einem solchen Gebäude, welches
nicht den Zweck hat, daß Menschen dort ihr Vermögen unter-
bringen , wie z. B. die Moschee , dann muß man den Gegenstand
ständig vor Augen halten. Hält aber jemand sein Vermögen an
einem geschlossenen Orte, dann genügt dazu, daß dieses Vermögen
als gut behütet betrachtet werde, die gewöhnlich übliche Aufsicht.
Schläft jemand in der Wüste oder in der Moschee auf seinen
Kleidern, oder legt er seine Wertsachen unter seinen Kopf, dann
befinden sich diese Gegenstände unter Obhut. Diese aber hört auf,
sobald der betreffende im Schlafe von ihnen herabgleitet.
Der Stall ist ein guter Platz zur Behütung des Viehs; er ist
aber kein guter Platz für die häuslichen Einrichtungsgegenstände
und für Kleider. Hinwieder ist der Hof ein guter Platz für die
Hausgegenstände und für die täglichen Kleider, aber nicht für
Feiertagskleider, Juwelen oder Geld.
Das Vermögen befindet sich nur dann unter entsprechender
Obhut, wenn dessen Herr, beziehungsweise Wächter die Fähigkeit
hat. die Tätigkeit des Diebes entweder durch Gewalt oder durch
Hilferufe abzuwehren. Das von der Gemeinde abgesondert erbaute
Haus kann nur dann und insolange als entsprechender Ort be-
1) Es ist gleichgültig, ob die gestohlene Sache Eigentum einer einzigen
oder mehrerer Personen ist, nur muß das Gut zusammen aufbewahrt gewesen
sein. t-> J, u>Jl^ \0\ SUL^ *\ lX^. ä$UU --iJ^xl] v^oU' s-\y*
Jw>U . Gauhare II, 256.
Krcsmärik, Beitr. z. Beleuchtung d. idam.it. Strafrechts, etc. 327
trachtet werden , wenn es einen starken Wächter hat und dieser
nicht schläft. In diesem Falle bleibt es sich dann gleich, ob das
Haus geschlossen ist oder nicht.
Ein in einer Häusergruppe befindliches Haus gilt als bewachter
Ort, wenn es geschlossen ist und einen Wächter hat. Es bleibt
sich gleich, ob dieser wacht oder nicht. Ist aber das Haus offen
und schläft auch der Wächter, dann ermangelt das Haus der Auf-
sicht. Zu dem in der Wüste befindlichen Vieh ist ein Wächter
notwendig, was aber bezüglich jenes Viehs nicht der Fall ist, das
sich in einem versperrten Gebäude befindet, wenn dieses Gebäude
zu einer Häusergruppe gehört.
Das muselmanische Strafrecht verfügt, daß der Diebstahl durch
Verstümmelung bestraft wird. Die Verstümmelung besteht darin,
daß dem Diebe im ersten Falle die rechte Hand, im Falle wieder-
holten Diebstahls aber der linke Fuß abgehackt wird. Sollte der
betreffende noch zum dritten Male stehlen, dann ist er einzusperren
und wird solange gefangen gehalten , bis er sich bessert. Es gibt
Gelehrte , die behaupten , daß dem Diebe beim dritten Diebstahl
die linke Hand und beim vierten der rechte Fuß abzuhacken sei.
Die Schule Abu Hanlfas ist nicht dieser Ansicht, denn schon der
Schwiegersohn des Propheten, 'Ali, sagte, er würde sich vor Gott
schämen, daß ein Mensch nach gar nichts mehr greifen könne, weil
ihm keine Hand geblieben sei, und daß er nicht gehen könne, weil
er keinen Fuß habe.1) Die Hand des Diebes wird beim Unterarm
abgehackt. Die Verstümmelung unterbleibt jedoch , wenn dem
Diebe schon vorher die andere Hand abgenommen wurde oder diese
verkrüppelt ist oder wenn der Daumen oder zwei Finger der andern
Hand oder der rechte Fuss verkrüppelt sind oder ihm abgenommen
wurden. Bei großer Hitze oder großer Kälte darf die Verstümmelung
nicht vollzogen werden.
Zum Beweise des Diebstahls ist entweder die Aussage von
zwei männlichen Zeugen oder das Geständnis des Angeklagten not-
wendig.-) Das Geständnis kann zurückgezogen werden und Flucht
1) Es scheint, daß der Kalif Abu Bakr auch die linke Hand der Diebe
abhauen ließ ; wenigstens wird ihm seitens der Parteigänger des 'Ali so etwas
vorgeworfen. Die Verteidiger des Kalifats des Abu Bakr finden es notwendig,
diese Anklage entsprechend abzuschwächen. ,y üüjtA.5 .Lwoüi «jaS W»)
( J^i ^ y>3) Säj-Jl a* (XäM) Bit (J, «T, .\ o^l iaJLc
s-UJjdi o>5. Sarh ulmawäkif, Kairo 1266, pag. 610.
2) Abu Jüsuf verlangt, daß das Geständnis, nach Analogie des ikrdr bei
der Unzucht, auch beim Diebstahl wiederholt werde. 'wi^J ?J) iAÄc»
Js^Li XjÜUj ,Lät ,\S ...15 Liii! Jlc U.as i^>V -üj ...1 Jo bJ
328 Krcsmärik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc.
vor der Strafe gilt als Zurückziehung des Geständnisses. Der
Richter hat durch an die Zeugen gerichtete Fragen aufzuklären,
was der Dieb gestohlen hat, wo und wann der Diebstahl geschah,
welchen Wert der gestohlene Gegenstand besitzt und wen der Dieb
bestohlen hat. Auch bei dem Geständnis ist die Untersuchung auf
dieselben Fragen auszudehnen, nur daß die Feststellung des Zeit-
punktes des Diebstahls hier nicht notwendig ist, weil die Ver-
jährung beim Diebstahl nicht in Betracht kommt, wenn der Täter
geständig ist.
Nur wenn die derart klargestellte Handlung der Definition
des Diebstahls klar entspricht, kann der Richter die Verstümmelung
des Diebes aussprechen.
Dem Dieb wird die Hand nicht wegen eines Diebstahls solcher
Gegenstände abgeschnitten , welche man nicht behüten kann oder
welche nicht wert sind, behütet zu werden, weil sie im Lande in
großer Menge vorkommen. Diese Gegenstände werden in der wissen-
schaftlichen Sprache indifferente Geringfügigkeiten (täfih) genannt.
Solche sind dürres Holz, Gras, Heu, Schilf, Wild, Fische, Kalk u. s. w.
Ferner wegen solcher Gegenstände , welche rasch zugrunde gehen,
wie Milch, Fleisch, frisches Obst.1) Die mohammedanische straf-
rechtliche Theorie hat daher schon vor Jahrhunderten jenen Stand-
punkt eingenommen, nach welchem die unter den Begriff der feld-
polizeilichen Übertretungen fallenden Entfremdungen nicht als Dieb-
stahl zu betrachten sind. Hingegen wird dem Diebe für das Stehlen
wertvoller Pflanzen und Mineralien oder solcher Industrieartikel,
welche wohl aus gewöhnlichem Holz oder Lehm hergestellt sind,
bei denen aber nicht das Material , sondern die Arbeit die Haupt-
sache ist, die Hand abgeschnitten, wenn der Wert des Gegenstandes
die gesetzliche Summe erreicht.
Der Diebstahl ist nicht strafbar, wenn die Gattin von ihrem Manne
oder der Mann von seiner Gattin stiehlt, selbst wenn der Gatte sein
Vermögen unter besonderer Obhut hält, denn die strenge Absonde-
rung des Vermögens der Ehegatten ist undurchführbar. Der Dieb-
l\>!» . Sadr ulsari'a, Commentar zur Wikäje (nach einer in meinem
Besitze befindlichen Handschrift), fol. 100.
1) Nach Säfi'i wird die Hand des Diebes auch wegen solcher Gegen-
stände abgeschnitten. £■ -j&J| ,«.^3 «.LiäjI *-*+J ^ -xiUiJ! lXäc»,
j,lL*Ji» äJLaJI x-JLc aJyij .*£->- ^\ xsLxil s~ £+j\ J, sSl\ dy*j
,i ^ .+3 ,% «Jaäj "$ -^LvJU äJLaJf *J.c aJö. taIxII A jtLüj "$
Sadr ulsari'a a. a. O., fol. 101.
Krcsmärih, Bextr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc. 329
stahl ist ferner nicht strafbar, wenn der Sklave seinen Hen-n oder
die Gattin seines Herrn oder der Gast seinen Gastgeber bestiehlt.
Straflos bleibt der Dieb, wenn er einen seiner nahen Verwandten
(du rahim mahram) bestohlen hat, selbst wenn der gestohlene Gegen-
stand eventuell das Vermögen eines Fremden bildete; doch wird
dem Diebe für einen solchen Diebstahl die Hand abgeschnitten,
welchen er wohl zum Schaden seiner Verwandten , aber in dem
Hause eines Fremden begangen hat.
Für den Diebstahl von Gegenständen, welche keinen Verkehrs -
wert haben , wird dem Diebe die Hand nicht abgeschnitten , selbst
wenn der gestohlene Gegenstand sonst einen großen Wert besitzt.
Als solche gelten vom moslemischen Gesichtspunkte die geistigen
Getränke , aber nur , wenn der Diebstahl zum Schaden eines Mo-
hammedaners erfolgt ist, denn wenn z. B. der Mohammedaner von
einem Christen Wein stiehlt, so ist dem Diebe die Hand abzu-
schneiden; ferner Spielzeuge, Kreuze, auch wenn sie von Gold sind,
Koranexemplare , freie Kinder. Selbst das ändert an der Sache
nichts, wenn das gestohlene Kind eventuell wertvolle Schmuck-
sachen an sich hatte, denn diese kommen als Zubehör des Kindes
nicht in Betracht. Wird ein majorenner Sklave gestohlen, dann
wird dies ebenfalls nicht als Diebstahl betrachtet, sondern entweder
als Usurpation oder als Betrug.
Wegen Veruntreuung kann die Hand des Täters nicht ab-
geschnitten werden , weil bei der Veruntreuung die zum Begriffe
des Diebstahls notwendigen konstitutiven Elemente fehlen. Auch
kann sie wegen Ausraubung von Toten nicht abgeschnitten werden,
weil die in den Gräbern untergebrachten Gegenstände nicht unter
Obhut sind.1)
Da es notwendig ist, daß die gestohlenen Gegenstände aus
dem Eigentum eines andern weggenommen werden, wird die Weg-
nahme eines solchen Gegenstandes nicht als Diebstahl betrachtet,
an welchem der Dieb auch selbst einen Anteil hat. Er konnte in
der Hinsicht einen Zweifel hegen, welche Bechte ihm an dem, zum
Teil auch sein Eigentum bildenden, Gegenstande zukommen. Des-
halb kann der Diebstahl an gemeinsamer Beute, an dem Ärar,2)
oder ein zum Nachteil einer solchen Person begangener Diebstahl,
gegen die der Dieb eine Forderung hat, nicht durch Verstümmelung
bestraft werden. Es bleibt sich gleich, ob diese Forderung fällig
ist oder nicht , ferner ob das , was der Dieb gestohlen hat , einen
1) Über den Unterschied zwischen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit
des gewöhnlichen und des Gräberdiebes (nabbäs) siehe die feine Distinktion
in Manäfi' p. 75.
2) {$g4L*l\ $La jüli M ^,aj i3Loy>3 (K^U ,}La, .w)
*.Ä.>L> Aäj *as / äü jj o„o _Lä;>' löjj *»gjLd fcP. . Radd ul-
muhtär III, 276.
330 Krcsmärilc, Beitr. z. Beleuchtung d. tslamit. Strafrechts, etc.
solchen Wert repräsentiert, wie seine Forderung ausgemacht hat,
oder mehr.
Da nur dann von einem Diebstahl die Rede sein kann, wenn
die Wegnahme im Geheimen geschieht, so kann derjenige nicht
durch Verstümmelung bestraft werden , der einem andern plötzlich
etwas aus der Hand reißt. Der Diebstahl wird nur dann beendet,
wenn der Dieb den gestohlenen Gegenstand wegträgt. Infolgedessen
wird die Hand des Diebes nicht abgeschnitten, wenn er wohl etwas
gestohlen hat, den gestohlenen Gegenstand aber nicht aus dem
Hause hinaustrug, oder, wenn er wohl in das Haus hineinging, den
gestohlenen Gegenstand aber sein außerhalb des Hauses wartender
Komplice weggetragen hat. Hat aber der Dieb den Gegenstand
aus dem Hause hinausgeworfen und dann fortgetragen oder mit
Hilfe eines Lasttieres wegtragen lassen, so hat er einen durch Ver-
stümmelung sü'afbaren Diebstahl begangen.
Der Dieb kann nur auf Wunsch der geschädigten Partei be-
straft werden. Hat aber der Richter das Urteil bereits ausgesprochen,
so kann der Kläger nicht mehr von dem Vollzug des Urteils mit
der einfachen Erklärung abstehen , daß er dem Verurteilten ver-
ziehen hat und daher seine Bestrafung nicht wünscht.1) Denn die
in der Verstümmelung des Diebes bestehende Strafe ist ausschließ-
lich göttliches Recht und seine Umgehung in solchen Fällen , wo
Kläger und Beweis vorhanden sind, ist verboten. Dennoch gibt es
mehrere Wege dafür, daß der Dieb auch nach Fällung des Urteils
der Strafe entgehen könne. Ein solcher ist, wenn die geschädigte
Partei vor dem Richter erklärt, daß der durch den Dieb weg-
getragene Gegenstand nicht ihm gehöre, sondern dem Diebe selbst,
insofern er ■ — der Kläger — diesen Gegenstand nur unter Obhut
hielt, oder wenn er behauptet, daß seine Zeugen nur infolge Zwanges
zu Lasten des Diebes ausgesagt haben.
Der Dieb kann nicht bestraft werden, wenn er den gestohlenen
Gegenstand vor Einlangen der Klage zurückgibt oder dieser unter
einem Rechtstitel, z. B. durch Schenkung, sein Eigentum wird. Er
kann ferner auch nicht bestraft werden , wenn er hinsichtlich des
Eigentums an der gestohlenen Sache in Zweifel war oder sein
konnte, und diese Entschuldigung vor dem Richter geltend macht.
Über den Zweifel habe ich bereits gesprochen und dort erwähnte
ich, daß, wenn die Frau ihrem Gatten, der Gatte seiner Frau, der
Sklave seinem Herrn etwas stehlen, dies nicht mit der Strafe der
Verstümmelung verbunden ist. Die muselmanische strafrechtliche
Theorie geht jedoch noch weiter und gelangt in ihren Folgerungen
dahin, daß der Richter den Dieb nicht zu einer Verstümmelung
verurteilen kann, wenn dieser einen eigentumsrechtlichen Anspruch
1) ^c^1 5J2ÄJI ^1 . . . fiJaä}\ JJao ,J &Äc Ojää ^Lij.i Ut
JLäj XÄ>. Badd ulinuhtiir III, 2G9.
Krcsmärik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc. 331
auf die gestohlene Sache erhebt, indem er sagt, die Sache gehöre
ihm. selbst wenn er diese Behauptung nicht zu beweisen vermag.1)
Es ist klar, daß diese Verfügung des Gesetzes jedermann, der diese
Art der Verteidigung anwenden will , Gelegenheit bietet , dieser
schweren Strafe zu entgehen. Es ist dies ein beachtenswertes Bei-
spiel der bei dem Delikt der Unzucht bereits erwähnten Selbst-
justiz. Überhaupt werden wir wahrnehmen, daß die mohammeda-
nische Strafe dadurch, daß es oft von dem Belieben des Angeklagten
abhängt, ob er die Rechtsfolgen seiner Handlungen auf sich nimmt.
in vieler Hinsicht den Charakter einer Poenitenz hat.
Diejenigen, die zusammen gestohlen haben, büßen auch ent-
weder alle zusammen für die begangene strafbare Handlung oder
sie werden zusammen freigesprochen. Es ist nicht möglich, daß
von den gleichmäßig schuldigen Angeklagten einer, der sich in
dieser Weise verteidigt hat , wie sich der andre nicht verteidigen
wollte oder konnte , der Strafe entgehe , der andre aber die Strafe
zu erleiden habe. Haben also zwei Personen zusammen einen Dieb-
stahl begangen und beide ihre Tat gestanden , doch behauptet der
eine der Diebe , daß der gestohlene Gegenstand ihm gehöre , dann
kann auch der andre Dieb nicht bestraft werden. Wenn hinwiederum
mehrere Diebe waren, so wird jedem die Hand abgeschnitten, voraus-
gesetzt, daß der Wert der gestohlenen Sachen insgesamt sovielmal
10 Dirhem ausmacht, als Diebe waren, selbst in dem Falle, wenn
nur einige der Diebe die gestohlenen Gegenstände weggetragen haben.
Was die dem Diebstahl entspringende Schadenersatzpflicht des
Diebes anbelangt, so ist der Ausspruch des Propheten maßgebend,
daß den Dieb, wenn ihm die Hand abgeschnitten worden, keinerlei
weitere Verbindlichkeit belastet. Aus dieser Enunziation folgert
das mohammedanische Recht den Satz, daß die auf die Verstümme-
lung des Diebes und auf Schadenersatz eingereichten Klagen in-
kompatibel sind. Ist also der gestohlene Gegenstand, nachdem dem
Diebe die Hand abgeschnitten worden, in natura noch vorhanden,
so ist er dem Beschädigten zurückzustellen: ist er aber nicht
mehr vorhanden, dann hört die weitere Haftung des Diebes auf
und es kann gegen ihn keine Schadenersatzklage angestrengt wer-
den.2) Aus dieser Enunziation wird ferner gefolgert, daß der Dieb
xi.^vJj x.Jl£. \JS.^ w^Axj »Low (ä-äaj ^j *J CJ+ xXs. ^.liÄ-"'
iXÜ v-r ^~ Ji ,--
Uauhnre III, 265.
Bd. LVIII.
332 Krcsmärik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc.
für das neuerliche Stehlen desjenigen Gegenstandes, für welchen
ihm schon die Hand abgeschnitten wurde, wenn der Gegenstand
mittlerweile keine Veränderung erfahren hat, nicht nochmals be-
straft werden kann. Die Schadenersatzklage ist übrigens nach den
allgemeinen Vorschriften zu beurteilen , nach welchen auch die
Zeugenaussage von Frauen angenommen werden kann.
Bei der Feststellung des Wertes des gestohlenen Gegenstandes
ist jener Wert zu bestimmen , den dieser zur Zeit des Diebstahls,
wie auch zur Zeit der Verstümmelung des Diebes repräsentiert hat.
AVar die gestohlene Sache am Tage des Diebstahls keine 10 Dirhem
wert, so konnte das Verfahren gar nicht eingeleitet werden; ist
aber der Wert des Gegenstandes, welcher ursprünglich mehr wert
war, zur Zeit wo die Verstümmelung vollstreckt werden sollte,
unter 10 Dirhem zurückgegangen, so unterbleibt die Strafe.
VII.
Der Straßenraub (hat' ultarik). Der Straßenraub ist eine
einer schwereren Einrechnung unterliegende Form des Diebstahls.
Die Wertgrenze {nisäb) ist auch hier, wie beim Diebstahl, 10 Dirhem.
Nach der mohammedanischen strafrechtlichen Theorie wirkt
der Straßenräuber, ebenso wie der Dieb, im Geheimen und kann er
nur dann für die Wegnahme eines Gegenstandes besü-aft werden,
wenn dieser unter Obhut war. Diese Bedingungen können jedoch
bei dem Delikt des Straßenraubes nur durch Fiktion gefunden
werden , denn der Straßenraub , der darin besteht , daß der Täter
einen Beisenden angreift und ihm einen Wertgegenstand wegnimmt,
schließt ja eigentlich den Begriff des Handelns im Geheimen aus.
Es wird nun folgender Schluß aufgestellt. Es ist die Pflicht des
Fürsten und seiner Organe , über die Sicherheit der Person und
des Vermögens im Lande zu wachen, insbesondere auf den öffent-
lichen Straßen und in den Gemeinden. Da jedoch der Straßen-
räuber sozusagen hinter dem Bücken des Fürsten, beziehungsweise
der berufsmäßigen Polizeiorgane desselben seine Umtriebe ausübt,
kann die Tätigkeit des Straßenräubers als eine geheime angesehen
LjUv ,.y*Ai;j ^S. Kauz uldakäik (im Kapitel fi kejfijjeti "lkat'i wa-itbätihi),
und £ c£ }»\ .3 I ..»jwJji i\*c- *£ S* ...»»maJj
xJ>x»».j\ fj^^zJi o^-J't ^*^ *^"t^ r^ Cf^**° x<Ws^ d^^ je
.jjsul J^.r*» }ii (&Äa*.j. Durer terg. 1,384.
Kcrsmärik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc. 333
werden. Hieraus folgt, daß wenn jemand mit offenem Trotz und
Widerstand gegenüber der Staatsgewalt raubt und mordet, dieser
nicht mehr ein Straßenräuber, sondern ein Empörer {bägi) ist.
Es folgt ferner, daß ein Straßenraub nur auf einem solchen Ge-
biete und an solchen Personen begangen werden kann , welche
unter der Souveränität des Staates stehen. Es kann daher nicht
von dieser strafbaren Handlung die Rede sein, wenn der Straßen-
raub nicht auf moslemischem Gebiete erfolgt, ferner wenn der
Täter oder sein Opfer nicht Bürger sind und der Staat sie daher
weder in ihren Handlungen zu kontrollieren hat, noch gegen An-
griffe schützen muß ; kurz , das Delikt des Straßenraubes kann nur
eine unverletzliche Person an einer andern unverletzlichen Person
begehen.1)
Die Strafe des Straßenraubes ist je nachdem, ob nur geraubt,
oder mit dem Raube zusammen auch gemordet wurde, verschieden.
Hat der Straßenräuber ohne zu morden einen Gegenstand weg-
getragen, dessen Wert mindestens 10 Dirhem ist, oder, wenn mehrere
tätig waren, ebensovielmal 10 Dirhem als Täter waren, dann ist
die Strafe des Schuldigen das Abschneiden der einen Hand und
des auf der entgegengesetzten Seite befindlichen Fußes. Hat er
aber gemordet, ohne daß er auch geraubt hätte, dann ist der Täter
hinzurichten. In diesem Falle wird die Todesstrafe als bestimmte
und unabänderliche Strafe (kadd) des Straßenraubes bemessen und
es steht dem Rechtsnachfolger der durch den Straßenräuber er-
mordeten Person nicht das Recht zu, dem Verurteilten die Strafe
zu erlassen oder sich mit ihm in einem Blutgeld auszugleichen.
Anders steht die Sache, wie wir dies bald sehen werden, wenn es
sich nicht um einen mit Straßenraub verbundenen Mord handelt.
Straßenräuber, die zusammen gehandelt haben, sind auch zu-
sammen zur Verantwortung zu ziehen, selbst in dem Falle, wenn
die strafbare Handlung nicht von allen , sondern nur von einem
von ihnen begangen wurde. Denn sie halfen einander, als Störer
der durch Gott festgestellten Rechtsordnung, durch gemeinsame
Kraftentfaltung und deshalb sind sie alle verantwortlich. Hat da-
her auch nur ein Mitglied der Straßenräuberbande jemanden er-
mordet, so muß dafür die ganze Bande zum Tode verurteilt werden.'-)
Hat der Straßenräuber gemordet und geraubt, dann besteht die
Strafe aus der erwähnten Verstümmelung und zugleich aus der
Hinrichtung des Schuldigen. Die Reihenfolge, ob erst die Ver-
stümmelung und dann die Todesstrafe anzuwenden sei oder iini-
Ckz> "Üs (J^JLaÜü^XI . Radd ulmuhtär III, 293.
2) *Lv*.äj! \Xi (-yJ-3 .,O.JLit\jl ,»./a ,*oj ...LXÄJ-IaJi *.!?.*..
■• ^ LJ7^- t < > •• j^j <_* ••>• LI) v \Z
jj~*Jjl owü»! l\.5> ».: J -**dS, Durer terg. I, 38G.
22*
334 Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. Islamit. Strafrechts, etc.
gekehrt, stellt der Richter nach eigenem Ermessen fest, ja, da
nach der Hinrichtung des Schuldigen das Abschneiden der Glieder
nicht mehr viel Sinn hat, steht dem Richter das Recht zu, von
der Verstümmelung gänzlich abzusehen.
Die Hinrichtung des Raubmörders kann auch durch Kreuzigung
erfolgen. Der Prophet sagt nämlich: „Wer raubt, der ist zu töten,
wer mordet und raubt, der ist ans Kreuz zu schlagen." Die Kreu-
zigung wird an dem Schuldigen entweder nach seiner Hinrichtung
oder bei lebendigem Leibe vollstreckt. Im letzterwähnten Falle
wird der Bauch des Verurteilten mit einer Lanze aufgeschlitzt.
Den Gekreuzigten läßt man drei Tage lang an dem Kreuz, dann
wird sein Leichnam behufs Bestattung ausgefolgt. Aus öffentlichen
Rücksichten darf der Verurteilte nicht länger als drei Tage an
dem Kreuze belassen werden.
Über dem zum Tode verurteilten und hingerichteten Straßen-
räuber wird nicht gebetet.
Aus dem Gesagten geht hervor, daß für den Straßenraub nur
dann eine bestimmte Strafe bemessen werden kann, wenn der
Straßenräuber dem Angegriffenen etwas wegnimmt oder ihn er-
mordet hat. Deshalb bleibt jedoch auch die einfache Wegelagerung
nicht straflos. Das mohammedanische Strafrecht lehrt nämlich,
daß , wer mit Absicht der Wegelagerung (ohne Rücksicht darauf,
ob mehrere beisammen waren oder der Wegelagerer allein war,
wenn er nur stark genug war, diese Absicht auszuführen) einen
andern angreift , wenn er gefangen wird , bevor er etwas weg-
genommen oder jemanden getötet hat, einzusperren oder solange
gefangen zu halten ist, bis er sich bessert. Eine solche Wege-
lagerung wird nicht als ein Versuch des Straßenraubes betrachtet,
denn nach der mohammedanischen Auffassung ist mit dem Ver-
suche keine Strafe verbunden, sondern als eine besondere strafbare
Handlung, die deshalb zu verfolgen ist, weil sie den Verkehr un-
sicher macht und die Öffentlichkeit schädlich beeinflußt.
Es kann geschehen, daß der Straßenräuber jemanden aus-
geraubt und ihm auch eine körperliche Verletzung zugefügt hat.
In diesem Falle handelt es sich um eine strafbare Handlung doppelter
Natur, um den Straßenraub, dessen Strafe zu den göttlichen Rechten
gehört, und um die körperliche Verletzung, deren Ahndung ein
menschliches Recht bildet. Wenn auch in der Regel jede beson-
dere strafbare Handlung eine besondere Strafe nach sich zieht, so
wird dennoch in diesem Falle der Schuldige nur wegen Raubes
verurteilt, während die körperliche Verletzung ungeahndet bleibt.
Denn nach der mohammedanischen Strafrechtstheorie hören die
menschlichen Rechte dort auf, wo das göttliche Recht geltend ge-
macht wird.1) Andererseits leben die menschlichen Rechte dann
Jw> «J'USj l\=- Ljj .Cu<X$> (c*J-^"'»;'-j y&üJaJl %h\j%
Krcsmärik, Beitr. z. BeleucJdung d. islamit. Strafrechts, etc. 335
wieder auf, wenn die für die Delikte entfallende bestimmte Strafe
aus irgend einem Grunde nicht angewendet werden kann.
Die bestimmte Strafe des Straßenraubes kann in folgenden
Fällen nicht angewendet werden : wenn der Straßenräuber, ohne daß
er etwas weggetragen hätte, jemandem eine körperliche Verletzung
zugefügt hat; wenn er gemordet hat, geraubt, seine Tat aber be-
reut und sich gebessert hat, denn es steht im Koran, daß die, die
sich bekehren , bevor sie gefangen werden , von der bestimmten
Strafe zu befreien sind ; 1) ferner wenn in der Straßenräuberbande
eine minderjährige oder wahnsinnige Person sich befindet, denn
kraft des Prinzips der kollektiven Verantwortlichkeit müßte die
bestimmte Strafe auch an dieser vollzogen werden , während Kinder
und Wahnsinnige nicht zu bestimmten Strafen verurteilt werden
können ;
ferner: wenn einer der Straßenräuber ein naher Verwandter
einer der angegriffenen Personen ist (du rahim mahram) ; es wurde
nämlich schon beim Diebstahl erwähnt, daß die Wegnahme eines
Gegenstandes nicht als Diebstahl zu betrachten ist, wenn der Dieb
und die geschädigte Partei mit einander in verwandtschaftlicher
Verbindung in einem gewissen Grade stehen , denn der Dieb
konnte der Meinung sein , daß ihm infolge des Verhältnisses , in
welchem er zu dem Eigentümer des weggenommenen Gegenstandes
steht , das Recht zusteht , über das Vermögen des Verwandten zu
verfügen ;
wenn die strafbare Handlung darin besteht, daß einige der
"Reisenden selbst mit der Absicht des Straßenraubes die übrigen
.Mitreisenden angreifen, denn bei dieser strafbaren Handlung fehlen
die Kriterien des Straßenraubes;
wenn die Täter das Delikt des Straßenraubes bei Nacht
ausgeführt haben , denn die Behörden sind nicht imstande , bei
Nacht genügend über die Sicherheit der öffentlichen Straßen zu
wachen ;
wenn der Straßenraub bei Tage, aber in einer Gemeinde er-
folgt, denn hier ist die Hilfe zur Hand ; waren jedoch die Straßen-
räuber bewaffnet, dann ist ihnen die Strafe des Straßenraubes auf-
^.w.äi m\«.:> -ij^XJ.i J&>- tDiAxc *.^v.j! , cAJ»l ^.>l. ...*j sXi
(g-*jT ^äjlXJj! JasLw ^Lfl ^>.*-o£ ^.^aio (j:i_X.i»S JaäL« z+^z.
Jd»\ *.*Ä^ «..li's xLu xJliU^ Lj:. Durer ten>. I, 38G.
1) xaJLc ,^Xäj |JLs »Lo^i xxi.!_ri J.*! Js.z>'» »Jjtai! *--ii ry*_5
I^j'wJ qjÄ.'I b5i ör JL*j »JjiJ w\^- xäc Jaü« LajLj j-L> ~*=^
<->*■-=*- xÄ£ Jaä^j +j, Öauhare II, 267.
o36 Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechis, etc.
zuerlegen ; wobei zu bemerken ist , daß es als Waffe betrachtet
wird, wenn die Straßenräuber einen Stein oder einen Stock in der
Hand haben; schließlich
wenn der Straßenraub zwischen zwei solchen Gemeinden er-
folgt, die nicht weit von einander entfernt sind, und zwar schon
aus dem erwähnten Grunde, daß die Angegriffenen leicht um Hilfe
rufen können.
Obwohl in dem Falle, wenn die angeführten Entschuldigungs-
gründe vorliegen, die Schuldigen von der Anklage des Delikts des
Straßenraubes und deren Folgen freigesprochen werden, 'so folgt
hieraus dennoch nicht, daß sie nicht unter einem andern Titel zur
Verantwortung gezogen werden können. Denn es ist für die be-
gangene körperliche Verletzung ein Blutgeld,1) für den absicht-
lichen Totschlag die Todesstrafe oder ebenfalls ein Blutgeld aus^-
zusprechen , nur daß diese Strafen ausschließlich auf eine private
Anklage hin festgestellt werden sollen und der verletzten Partei
oder ihrem Rechtsnachfolger das Recht zusteht, die Klage zurück-
zuziehen, sich mit dem Täter auszugleichen oder die Strafe zu er-
lassen , in welchem Falle der Straßenraub tatsächlich ungeahndet
bleiben muß.
Der Straßenräuber hat den geraubten Gegenstand, wenn dieser
noch vorhanden ist, ebenso wie der Dieb zurückzugeben. Ist aber
dieser Gegenstand nicht mehr vorhanden, so ist der Straßenräuber
nicht schadenersatzpflichtig. Es bleibt sich gleich, ob der be-
treffende Gegenstand von selbst zugrunde gegangen ist, oder ob
ihn der Täter absichtlich vernichtet hat.2) Wird die für den
Straßenraub bemessene bestimmte Strafe auf den Schuldigen nicht
angewendet, dann steht der verletzten Partei, ebenso wie beim
Diebstahl, das Recht zu, für den weggenommenen Gegenstand von
dem Schuldigen Schadenersatz zu fordern.
Öauhare II, 267.
0VjCi ty./^ 5-^^ c)^-^ Kj*^- j^ Ü^*"*0 (JTlXa^äj^ O^J'i
:JS *\$ .,U/to. Durer terg. 1,386.
Krcsmarik, Beitr. z. Beleuchtung cl. islamit. Straf rechts, etc. 337
B) Die zu den menschlichen Rechten gehörenden
bestimmten Strafen.
Die rein menschliche Rechte verletzenden strafbaren Hand-
lungen werden nach der mohammedanischen Strafrechtsterminologie
mit dem Kollektivnamen cjinäjet bezeichnet. Dieser Ausdruck be-
deutete ursprünglich allerlei durch das Gesetz verbotene Handlungen,
ob diese nun sich gegen das Leben , gegen die körperliche Un-
versehrtheit, gegen das Vermögen oder die Ehre des Menschen
richteten.1) Derzeit versteht das Sari'atstrafrecht unter yinrfjet nur
diejenigen strafbaren Handlungen , welche sich gegen das Leben
oder gegen die körperliche Unversehrtheit eines andeni richten.-)
Die die menschlichen Rechte verletzenden strafbaren Hand-
lungen können nämlich in zwei Hauptgruppen geteilt werden. In
die erste Gruppe zählt man den Totschlag, in die zweite die körper-
lichen Verletzungen. Die letzteren werden nach der juridischen
Terminologie strafbare Handlungen „außer Bereich des Lebens" ge-
nannt (mä dun alnafs).
Die Strafen sind zweierlei Isatur. Entweder wird die der
verletzten Partei zugefügte Verletzung nach dem Prinzip „Leben
!) ij^*5 l3j5 **£=> ,A^^i ^Sm ji c^S»i j.i-5* IcjZ
Lj sJuJ-kzsA IäJUi* Li au.-~.ai läi.^ Lj sJutajC b sJuLa Lj y5oL*J|
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(0im) bl a.^1 *;p\ <->ÖS J\ J.+J (^-^) LT! x^} jyi.\
Krimizäde magmü'asi, Konstantinopel 1288, pag. 2.
2) gäjj 0Us Q^ b^Lxc ^äJ| Jj ^lXxäJI iUJÜI J iuLil
oLbbJlj (j^.äxil J, Gauhare II, 204. Die gegen die Regeln der Pilger-
fahrt verstoßenden Handlungen, welche unter dem Namen ginäjät ulharjg be-
kannt sind, gehören nicht in diese Kategorie. / idxÄJ *J ,««Jl öbLus!
xjU.11 UaLc pUäsJ! itlbi «.x fci_b ^. ->o5i! , ~jLo Kadd ul-
muhtär V, 466.
338 Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. /'damit. Straf rechts, etc.
für Leben, Auge für Auge, Zahn für Zahn" mit einer ähnlichen
Verletzung geahndet, oder der Schuldige wird angehalten, der ver-
letzten Partei nach einer gewissen Skala eine Entschädigung zu
leisten. Bei der Behandlung der die menschlichen Kechte ver-
letzenden Delikte werden wir dieser Einteilung entsprechend den
Totschlag und die körperliche Verletzung, dann die Vorschriften
der Vergeltung der Verletzung durch eine gleiche Verletzung und
die Modalitäten der Entschädigung für die Verletzung besonders
besprechen. Schließlich werden wir die eigentümliche Einrichtung
des mohammedanischen Strafrechts kennen lernen, nach welcher für
eine begangene strafbare Handlung diejenigen zur Verantwortung
gezogen werden können , die mit dem Schauplatze , auf welchem
die strafbare Handlung begangen wurde, in territorialer Verbindung
stehen (hasdme) , oder diejenigen , welche mit dem Täter durch
Blut- oder durch andere Bande verknüpft sind ('äkile).
VIII.
Der Totschlag (Jcall). Die mohammedanischen Juristen
unterschieden anfangs dreierlei Arten des Totschlags, nämlich die
absichtliche Tötung ('amd oder Jcasd) ; einen aus Irrtum begangenen
Totschlag (chatä); und einen dem absichtlichen ähnlichen Tot-
schlag (sibh 'amd). Später teilte Abu Bakr Räzl (f 370 AH.)
diese strafbare Handlung in fünf Klassen ein und nach seiner Ein-
teilung kann der Totschlag sein :
ein absichtlicher ('amd);
ein dem absichtlichen ähnlicher (sibh 'amd) ;
ein aus Irrtum erfolgter (chatä) ;
ein dem irrtümlichen ähnlicher (mä garä magrä 'Ichatä)
und der verursachte Totschlag (bisabab).1)
Die neueren Juristen halten sich an die letzterwähnte Klassi-
fikation. Ebenso hat auch 'Omer Hilmi in seinem erwähnten Werke
Mi'järi 'adälel diese Klassifikation als Grundlage angenommen.
Die am meisten gebräuchlichen Definitionen des absichtlichen
Totschlags sind die folgenden. Absichtlicher Totschlag ist, wenn
jemand einen andern vorsätzlich mit einem Instrument tötet, welches
vom Gesichtspunkt der Zerstückelung der Körperteile als Waffe
gilt. Oder nach 'Omer Hilmi ist absichtlicher Totschlag, wenn
M_».i>Ux. JjCä xJLa**» jgJwr» \X*»\.^ s\Has>2 ^^2^>* A^s ».^^
-LlXL! ,Lyü>! ^yt Durer terg. I, 389.
Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. [damit. Strafrechts, etc. 339
jemand mit einem verletzenden Instrument eine Person , deren
Tötung nach dem Gesetze verboten ist, mit Willen tötet.1)
Nach der mohammedanischen Auffassung kann von einem ab-
sichtlichen Totschlag nur dann die Rede sein, wenn es zweifellos
offenkundig ist, daß der Täter sein Opfer töten wollte und diesen
Zweck auch erreicht hat. Diese Idee soll durch jene in der De-
finition des Begriffes des Totschlags vorkommenden Worte zum
Ausdruck gebracht werden, daß der Täter „vorsätzlich", „mit
Willen" tötet, welche Worte gemischt und abwechselnd mit dem
Ausdruck „absichtlich tötet" angewendet werden.
Da jedoch die Absicht oder die Intention zu den inneren
Handlungen des Menschen gehört, deren Beweis, wenn keine äußeren
Umstände vorhanden sind , nicht möglich ist , so nimmt bei der
Beurteilung der strafbaren Handlungen die Stelle der Absicht in
der Regel die Anwendung von totbringenden Instrumenten den
Platz ein , wobei vorausgesetzt wird , daß jemand , der das Leben
eines andern mit mörderischen Instrumenten vernichtet hat, diesen
töten wollte.'2) Andererseits folgt aus alldem, daß derjenige, der
1) Es wird nicht uninteressant sein , einige der geläufigeren hanefitischen
Definitionen des Totschlags zu reproduzieren. Der vorsätzliche Totschlag (katl
id\: OtX^uJL/ sL^-^SI / äjJu ,t ?>4.->V _^LwU X.1..0 iA*ä.j -x ..P»
dJU, r^=*j u^CiJL ^ Kanz uldakäik (im Kitäb ulginäjät).
tAc=- > tii^-bfl , 4-1 -äj (i -Um »j^Ü !iAxaä ,yOi \jä ..P.
Durer terg. I, 389. lXaoäj ,\ kP»
■ _»^ Sejchzäde, Sarh multakä II, 296.
^y: iXX.SsUU' Ls*bfi Gauhare II, 204. (-X+c)
,A,C*.äj$ Jjö Ii>j«i5 'Omer Hilini a. a. O. 5.
XAjyiJl Ä.AlIiJl öpbtXi J, rJlyAx »Uw Radd ulmuhtär V, 466.
Demgemäß behaupten einige Juristen, daß die wirkliche Absicht des Täters
eigentlich nebensächlich sei und seine Entschuldigung, daß er sein Opfer nicht
töten wollte, nicht berücksichtigt werden kann. .\ caä;^0 £ }ji jjjj
340 Krcsmärik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc.
dem Leben eines Menschen nicht durch verletzende Instrumente,
sondern in anderer Weise, z. B. durch Erwürgen, Vergiftung ein
Ende macht, nicht die strafbare Handlung des absichtlichen Tot-
schlages begeht, oder, richtiger gesagt, nicht wegen voi-sätzlichen
Totschlages bestraft werden kann.
Unter verletzenden Instrumenten (älät yäriha) werden Gegen-
stände verstanden, welche imstande sind, die Teile des Körpers von
einander zu trennen, wie z. B. das Schwert, ein Messer, ein Pfeil,
ein scharfer Stein, Feuer u. s. w., also solche Instrumente, welche
Waffen sind oder als solche betrachtet werden können.
Wegen absichtlichen Totschlags kann der Mörder nur dann
zur Verantwortung gezogen werden, wenn er zur Zeit, wo er die
strafbare Handlung beging, volljährig und bei voller Vernunft war,
ferner wenn die Person des Opfers den Charakter der Unverletzlich-
keit hatte. Die Unverletzlichkeit muß ständiger Natur sein, wie
die des Muselmans oder eines einer andern Religion angehörenden
tributpflichtigen Bürgers. Die Unverletzlichkeit eines provisorisch
angesiedelten Ausländers ist ebenfalls nur eine zeitweilige.
Die Unverletzlichkeit kann auch relativ sein. Dies bedeutet,
daß der sonst unverletzliche Mensch seine Unverletzlichkeit unter
gewissen Umständen verliert. Ein solcher Pall tritt ein, wenn
jemand einen andern mit einer Waffe angreift, denn dann kann
der Angegriffene den Angreifer, der infolge seines Attentates seine
Unverletzbarkeit verloren hat, töten, ohne strafbar zu sein, denn
es steht geschrieben, daß „wer gegen den Moslem das Schwert
zieht, dessen Blut frei sei". Wurde aber der Angriff zurück-
geschlagen, ohne daß der Attentäter getötet worden wäre, dann
lebt die Unverletzbarkeit des Angreifers neuerlich auf und niemand
hat das Recht, ihn nach dem Geschehenen zu töten. Ein Wahn-
sinniger und ein Kind können ihre Unverletzbarkeit unter keinen
Umständen verlieren, selbst dann nicht, wenn sie jemanden mit
einer Waffe angreifen, denn ihre Handlung kann in Ermangelung
der nötigen Vernunft nicht als Widersetzlichkeit gegen das Gesetz
qualifiziert werden. Tötet der durch solche Personen Angegriffene
den betreffenden Wahnsinnigen oder das Kind, so hat er das für
das Leben desselben entfallende Blutgeld zu bezahlen. Auch ein
nützliches Haustier ist unverletzbar, und wenn jemand ein ihn an-
greifendes Tier, z. B. ein Kamel tötet, so ist er dessen Eigentümer
gegenüber schadenersatzpflichtig.
Bei der Feststellung des Deliktes des absichtlichen Totschlages
i^.a-5?. m\ J. tfJJO j£>» #J| \j*+£. iÜjjC -b-&J J*"Ä^ J»*Ä^ tX*3J>
^i. co>i 3IS5 ß y Lc ^SiJ?. jjbö iXoS! ^J JöLäii dy d~&>.
^ijbSi ^U £-*£%& a. a. O.
Krcsmärik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Straf rechts, etc. 341
muß untersucht werden, ob die Unverletzbarkeit des Opfers gegen-
über dem Mörder bestanden bat.1) Wenn z. B. A den B absichtlich
getötet hat, so kommt dem Rechtsnachfolger des B dem A gegen-
über das Recht auf Vergeltung der Verletzung zu. Wird nun der
A durch eine dritte Person getötet, dann liegt der Fall der relativen
Unverletzbarkeit vor. Die Person des A ist gegenüber den Rechts-
nachfolgern des durch ibn getöteten B nicht unverletzbar, denn diese
haben ein Recht, ihn zu töten. Gegenüber X, als einer unbeteiligten
Person aber , hat A das vollkommene Recht , als unverletzbar zu
gelten. Eine weitere Bedingung des absichtlichen Totschlages ist,
daß zwischen dem Mörder und seinem Opfer nicht ein Band der
Geburt oder des Besitzes oder ein Schein dieses Bandes bestehe,
d. h. daß der Täter weder der Vater noch der Herr des Getöteten
sei. Dies ist vom Gesichtspunkte der Ausübung des Vergeltungs-
rechtes wichtig. Denn der Prophet hat erklärt, der Sohn habe
kein Vergeltungsrecht gegenüber dem Vater. Wenn also der Vater
seinen Sohn oder der Herr seinen Sklaven tötet , so können diese
wegen dieser Handlung nicht aus dem Titel des absichtlichen Tot-
schlages zur Verantwortung gezogen werden.
Die Folgen des absichtlichen Totschlages sind:
die Strafe im Jenseits (Um) ;
die Vergeltung der Verletzung (kawad 'ajnan) durch eine
ähnliche Verletzung, d. h. der Tod des Mörders, wenn nur der-
jenige , der auf das Vergeltungsrecht Anspruch hat , ihn nicht
erlassen oder sich mit dem Täter in einer gewissen Ablösungs-
summe verglichen hat, und
der Verlust des Erbrechtes (Irirmän ulirt), denn der Prophet
sagte, der Mörder hat kein Erbteil.-)
Der Fall des dem absichtlichen ähnlichen Totschlages liegt
1) Radd ulmuhtär V, 470.
2) Zur Begründung der Strafe im Jenseits und des Taliorecbtes beruft
man sich vorzüglich auf Stellen im Koran, wogegen der Verlust des Erbrechtes
aus einem Spruche des Propheten deduziert wird: -.*.£>• \<£jS.S )_\.*.c»
-siL.=5? \<X+3LK* IjLcL* JwXfiJ ry**) Ü^A-LjtJ» XJw^Uv i '^ x'AäI»{ A.SS
342 Krcsmär/l, Beilr. z, Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc.
vor, wenn jemand einen andern, wohl absichtlich, aber mit einem
Werkzeuge tötet, welches nicht zu den erwähnten Waffen oder
wallen artigen Instrumenten gezählt werden kann , wie z. B. mit
einem Stock, mit einer Peitsche, mit einem kleinen Stein.1)
Die Definition 'Omer Hilmi's ist die folgende : wenn jemand
einen Menschen, dessen Tötung nach dem Gesetze verboten ist, nicht
mit einem verletzenden, sondern mit einem andern Instrument tötet,
begeht er einen dem absichtlichen ähnlichen Totschlag.
Die mohammedanischen Juristen haben diese strafbare Handlung,
welche wir auch kurz als Halbabsicht bezeichnen können, deshalb
der Absichtlichkeit ähnlich genannt, weil die Absichtlichkeit der
Handlung, insoweit der Täter mit den von ihm angewendeten In-
strumenten sein Opfer schlagen oder beschädigen wollte, offenkundig
ist. Die Handlung enthält aber auch einen Irrtum, weil der Täter nicht
morden wollte. Die von ihm benützten Instrumente sind keine
todbringenden, der kluge Mensch aber kann, wenn er etwas tut,
nicht alles wollen, sondern nur das, was mit dem bei der Tat in
Anspruch genommenen Werkzeug vollbracht werden kann. Der
Umstand, daß jemand nicht jene Werkzeuge benützt hat, die zur
Ausführung der Tat notwendig sind , also anstatt eines Schwertes
einen Stock, dient zum Beweis, daß er nicht töten wollte und daß
seine Tat das Ergebnis eines der Absichtlichkeit ähnlichen Irrtums ist.
u. s. w. _j y£Jbö iA*£ ifjS ,*■£> jjLii^l j^^3 (c^i v-v"0-5*^)
y^^UJij S^LaJi j^JLc &y»j ^tXüXjt s>}^ k'^} l5^° kJ*^"
.. «.äjI JliJ» A»JJ CJoUJ oLax b!) Durer terg. I, 390.
1) | »^ L«j iO./£> <A*ääj ..! K.ÄAÄ=- cj! \\Xz. lX^xj! xxUi»,
..\ L^JLe lX**Ü ^ Jl«Jl «5-^ , o! La ^, _^L^>
LdLc. J^Äflj bS L*J W^3 uX^xäj Gauhare II, 205. ,.| *$>} *-§+*"5
.i _> La .axj ^.J^ir ^Wxäj Kanz uldakäik a. a. O. iA**j| ».-^ La!»
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j5J La .a*J iJ^AflJS aJLö kP. Durer terg. I, 390. . JbCä (lX+c M-~)
•JOC+äj! S^-S IuXa^JJ 'Omer Hilmi a. a. 0. pag. 6. A*.c x^ 3! xÄ-io!
.jJUä LX*aä aJU ^5-ac ^J.^ y.^>,\ ^jLä ».Ju«Uw »^vLwjj xj^Lwi
.Ljicl Jow (j^äi .AJij Aaü ^JLäs x^i>»_j ;<->.|» l\a2.s xixs »lXJjJ
. jdu«»> xäXjA^äj^ Krimizäde a. a. O. pag. 3.
Krcsmärik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc. 343
Die rechtlichen Folgen dieser strafbaren Handlungen sind:
die Strafe im Jenseits;
die Sühne (kaffäre) , welche in der Befreiung eines mosle-
mischen Sklaven besteht, wenn der betreffende Täter hierzu fähig
ist; wenn er aber keinen Sklaven hat, in ununtei'brochenen zwei-
tägigen Fasten; — das Erb verbot,1) und schließlich
das verschärfte (miujallaza) Blutgeld zu Lasten des Täters
und seiner Angebörigen {'äküe).
Eine Vergeltung der Verletzung hat hier nicht statt. Für
einen solchen Totschlag kann daher in der Regel die Todesstrafe
nicht ausgesprochen werden. Eine Ausnahme bildet jener Fall,
wenn jemand wiederholt in einer der Absichtlichkeit ähnlichen Weise
das Delikt des Totschlages begeht, denn dann kann der Täter als
ein für die Öffentlichkeit gefährlicher Mensch administrativ hin-
gerichtet werden.
Zu bemerken ist, daß ein mit nicht verletzenden Werkzeugen
erfolgender Totschlag nur dann als ein dem absichtlichen ähnlicher
Totschlag anzusehen ist, und nur dann durch Bezahlung des Blut-
geldes gutgemacht werden kann, wenn der Täter dem Opfer keine
Wunde beigebracht hat. Denn hat der Täter den erschlagenen
Menschen verwundet , dann ist der Totschlag als absichtlicher zu
betrachten und kann die Verletzung mit einer ähnlichen Verletzung
vergolten werden. Schlägt daher jemand einen andern so lange
mit einem Stocke , bis er stirbt , hat er ihm aber keine Wunde
beigebracht, dann zahlt er Blutgeld. Wird jedoch an irgend einem
Gliede des Opfers eine Wunde vorgefunden, dann ist die Folge der
Tat die Todesstrafe.-)
Die Halbabsicht wird nur bei den gegen das Leben gerichteten
strafbaren Handlungen berücksichtigt. Bei körperlichen Verletzungen
gilt die Halbabsicht für volle Absicht.
Ein Irrtum liegt dann vor, wenn jemand einen andern nicht
absichtlich, sondern infolge eines Fehlers tötet.3) Es werden zweierlei
Formen des Irrtums unterschieden.
Der eine ist der in der Absicht (kasd) oder besser gesagt in
der Meinung (zanri) des Täters vorkommende Irrtum. Ein solcher
Fall liegt vor, wenn jemand einen Moslem niederschießt, indem er
glaubt, dieser sei ein wildes Tier oder ein Feind.
1) Die Gründe, warum eine Sühne beim vorsätzlichen Totschlag nicht ge-
fordert wird, siehe Radd ulmuhtür V, 4G7.
2) 'Omer Hilmi a. a. O. p. 9.
3) Der Irrtum gehört nach der Lehre der mohammedanischen Rechts-
philosophen zu den erworbenen Akzidenzien des Menschen {'aicärid mulctasaba,
siehe Anmerkung auf Seite 22 Heft I) und wird als eine ohne Absicht vollzogene
Handlung, bezw. eine Handlung deren Gegenteil beabsichtigt wurde, definiert:
Aj .1 Lfl K^&&£> ^Is. £■ -.ÄJi ej.Äj Manäfi' pag. 297.
;>44 Krcsmäi-ik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc.
Die zweite Form ist der in der Handlung (fi'l) des Täters
vorkommende Irrtum, z. B. wenn jemand ins Ziel schießt und einen
Menschen trifft, oder wenn jemannd seine- Schießwaffe reinigt, die
Waffe plötzlich losgeht und dadurch der Tod eines andern Menschen
verursacht wird.1)
Wollte jedoch der Täter einen Körperteil seines Opfers durch
einen Schuß oder ein Messer verwunden, hat er aber nicht diesen
Teil, sondern einen andern getroffen und dadurch den Tod des be-
treffenden Menschen verursacht, so wird dieser Fall nicht als Irrtum
betrachtet, da der menschliche Körper eine einheitliche Schöpfung
ist, sondern ein absichtlicher Totschlag, wofür dem Rechtsnachfolger
des Opfers das Recht der Vergeltung zukommt.
Irrtum und Absicht können auch zusammenfallen, z. B. wenn
jemand absichtlich eine Person erschießt, die Kugel aber zufällig
jemand anders tödlich trifft, dann ist für die erste Handlung die
Todesstrafe, für die andere aber Blutgeld auszusprechen.
Die absichtlichen Handlungen von Wahnsinnigen und Kindern
werden als Irrtum betrachtet und das für das Leben und für die
körperliche Verletzung des Opfers entfallende Blutgeld haben die
Angehörigen des Täters zu bezahlen. Solche Täter verlieren ihr
Erbrecht nicht, denn dies wäre eine Strafe, während weder Wahn-
sinnige noch Kinder einer Strafe unterzogen werden können. Später
werden wir sehen , daß gegenüber Kindern unbestimmte Strafen,
das sind sogenannte Züchtigungen angewendet werden können.
Der Totschlag gleicht dem irrtümlichen oder wird als dem
Irrtum entsprungen betrachtet, wenn er durch eine nicht vom Willen
des Menschen abhängige Handlung zustande kommt -), z. B. wenn
ein schlafender Mensch auf einen andern niederfällt oder im Schlafe
1) ryA,C*.;<jf Jjci ^oi -J s-Uas> •j.kaIjI rV»~ä/> si^lS (IL?»)
^Lxcyjj »JuJLj (jjXJlcLs -.w.a£J.I .<X+m^6 -Jol Lai> yi .iXj.Lac
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pag. 6. La^Uä ^Aß (.s\ jS>3 L\aoäJ! J, s\5a£> ^-^>-» ^1* pUaii-j
^jAji ^j! j^j JotftJi £ sXOas*} .... ^Oi j.P löli !A>yo aJLlaj
LwOl w^jucaS L/to -i Gauhare II, 206.
..... ^
2) Jas y ^Ulji ^Läs>I JJÖ ^1 j^La- «JLwL^ \lu>
Krcsmärik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc. 345
vom Hausdache herunterstürzt und einen Vorübergehenden tötet,
oder wenn jemandem eine auf seinem Rücken getragene Last ohne
seinen Willen herunterfällt und dadurch den Tod eines andern ver-
ursacht. Diese Tat des Schuldigen kann eigentlich nicht als Irrtum
betrachtet werden — sagen die Kommentatoren1) — denn der
Schlafende hat ja überhaupt keine Absicht, es kann daher auch in
seiner Absicht kein Irrtum vorkommen. Da aber tatsächlich ein
Totschlag erfolgt ist, so haftet der, der die Tat begangen hat, für
den entstandenen Schaden ebenso, wie auch ein minderjähriger Täter
für eine Handlung Schadenersatz schuldig ist, für welche er sonst
nicht zur Verantwortung gezogen werden kann. Dennoch werden
derartige Totschläge zu den Irrtümern gerechnet, weil der Irrtum
ihnen strafrechtliche Schuldlosigkeit sichert.
Die rechtlichen Folgen des Totschlages, der aus Irrtum oder
einer dem Irrtum ähnlichen Absicht begangen wurde, sind dieselben
und zwar vor allem eine Strafe im Jenseits, die ohne Zweifel milder
ist,2) als beim beabsichtigten Totschlag. Die Strafe im Jenseits
wird von den Rechtsphilosophen auch hier damit begründet, daß
der Täter bei seiner Handlung nicht die erforderliche Vorsicht ent-
faltet hat. Jene Handlungen nämlich , welche kraft ihrer Natur
indifferent sind , d. h. keinem strafrechtlichen Verbot unterliegen,
sind wohl gestattet, jedoch unter der Bedingung, daß aus ihnen
keine Verletzung für einen andern entspringe. Entspringt daher
für jemanden infolge einer solchen indifferenten Handlung ein Schaden,
dann hat der Täter offenbar nicht die notwendige Vorsicht vor
Augen gehalten und dafür ist er Gott verantwortlich.
Fernere juridische Folgen des Irrtums und der Irrtumsähn-
lichkeit sind die Sühne , das zu Lasten der Angehörigen zu be-
messende Blutgeld und das Erbverbot; das letzterwähnte deshalb,
weil der Täter möglicherweise die Absicht hatte, die Erbschaft zu
beschleunigen.
Der Fall verursachten Totschlages liegt vor, wenn jemand zur
-^^♦.äj! v_ sX'S -aj^ww »\ sl\j».a.ä«sj xÄJ.t^i (jd-^Uv u. s. w. 'Omer
Hilmi a. a-. O. J^>-, J*c- ^JIäaJ ^jLäJI JJO« tLLil ^.^ ^5->! ^3
^Iääas Gauhare II, 207.
,J>.»<Äx/3 jS Durer terg. 1,391.
2) JjÜÜI ^\ c,.0 f£$\ . Radd ulmuhtär V, 4G9.
346 Krcsm&rik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc.
Tötung eines andern dadurch Ursache gibt, daß er eine Sache her-
vorbringt, welche erfahrungsgemäß die Vernichtung der Menschen
hervorruft.1) Wenn jemand z. B. auf der Landstraße oder auf dem
Grundstücke eines andern ohne Erlaubnis eine tiefe Grube gräbt
und jemand in diese hineinfällt und infolgedessen stirbt, oder wenn
er einen großen Stein in den Weg legt und jemand über den Stein
fällt und stirbt.
Die rechtliche Folge des verursachten Totschlages ist das den
Angehörigen des Täters aufzuerlegende Blutgeld.-) Sühne und Erb-
verbot sind mit dieser Handlung nicht verbunden.
Auch das Blutgeld kann in einem solchen Falle nur unter
zwei Bedingungen von dem Täter gefordert werden.
Die erste Bedingung ist, daß der Täter die den Tod eines
andern verursachende Handlung widerrechtlich ausgeführt habe,
denn wenn der Täter zu der betreffenden Operation das Recht hatte,
dann kann er für den hieraus entspringenden Unfall nicht zur
Verantwortung gezogen werden. Gräbt daher jemand auf dem
Grundstücke eines andern ohne Bewilligung des Eigentümers einen
Brunnen und fällt jemand in diesen hinein und ertrinkt, so hat
der Brunnengräber das Blutgeld des Opfers zu bezahlen. Hat aber
der Täter den Brunnen auf seinem eigenen Grundstück gegraben
und ist so jemand hineingefallen, dann kann er für den aus seiner
berechtigten Handlung entspringenden Todesfall nicht zur Verant-
wortung gezogen werden. Auf solche und ähnliche Fälle bezieht
sich jene durch die mohammedanische Rechtstheorie aufgestellte
kardinale Vorschrift, welche in nicht leicht verständlicher Weise
1) slXaä« _j m &Ju»-Ä .cX-äI»,! »_>./.*« a»il.X2 iJ>-*u>i -j JsÄä Laajmo*
(Joti jj cy^**1 c^** vv-}J* ^jl^I»! ^__äJLj solxJ! ^_5 -•> c-J^ ^/of _j
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'Omer Hilmi a.
a. 0.
p. 7. «jto
* *
y+i\
*iCJU .At J, j&^>-
Gauhare II
20
7.
2) Man lehrt, daß das Sühngeld nicht als Strafe für die den Tod ver-
ursachende Handlung (z. B. das Graben einer Grube) sondern als Äquivalent
für die zerstörte Existenz zu zahlen sei: JlXj v^-JÖ ..b) iüiAi! u-*-^?. r»AJ
Lc f\£ J^j ^u L<0.^\ y\ (y^> 0UäÜ \y> y udztt
.yLÜ 3 ^JiUi U c,U^it ^yCj *läfcl| y£ ÄftJi ,jCll XäLtoi cy<*j
Somit wenn jemand einen andern in eine Grube hineinwirft, so ist zur Ent-
richtung des Schadenersatzes für das Leben des Betreffenden nicht jene Person
verpflichtet, welche die Grube aushob, sondern diejenige, welche ihn hinein-
geworfen hat. Manäfl' 270. Siehe auch 'Ali Hajder, Durer ulhukkäm I, 357.
Krcsrnarik, Beitr. z. Beleuchtung d. islarnit. Straf rechts, etc. 347
der folgende Satz ausdrücken will: „Die gesetzliche Freiheit ist
mit der Schadenersatzpflicht nicht vereinbar". Diese Vorschrift
ist übrigens auch in den § 91 des türkischen Privatrechtes auf-
genommen.1)
Die andere Bedingung ist, daß zwischen die Handlung des
die Ursache des Todes hervorrufenden Individuums und die Tat-
sache des Todes keine andere freiwillige Handlung dazwischenfalle,
denn wenn dies geschieht , kann der Täter nicht zur Bezahlung
des Blutgeldes verpflichtet werden. Gräbt daher jemand auf dem
Grundstücke eines andern ohne Einwilligung des Eigentümers eine
Grube und springt jemand absichtlich in diese hinein und stirbt.
oder geht jemand, der die Gefahr kennt, dort vorüber, oder wirft
jemand einen andern hinein , dann kann derjenige , der die Grube
gegraben hat , nicht zur Verantwortung gezogen werden , denn es
kam eine freiwillige Handlung dazwischen, welche den unmittelbaren
Zusammenhang zwischen der Grube und dem Tode gestört hat.
Schließlich halte ich es für notwendig, auch noch derjenigen
Totschläge zu gedenken, welche überhaupt nicht als verbotene
Handlungen gelten.
Für einen in berechtigter Notwehr begangenen Totschlag oder
für eine derart begangene körperliche Verletzung kann niemand
bestraft werden. Die berechtigte Notwehr nennt das Strafrecht
des Islams Abwendung des Schadens (daf uldarar). Darüber, wie
weit die sich verteidigende Person bei der Abwehr des gegen sie
sich richtenden Schadens gehen kann , geben die folgenden Vor-
schriften Aufklärung.
Man muß unterscheiden, ob der Angriff bei Tag oder bei Nacht,
in einer Gemeinde oder außerhalb einer solchen erfolgt. Zieht
jemand gegen einen andern das Schwert, so kann der Verteidiger
den Angreifer frei töten, ohne Bücksicht darauf, ob der Angriff
bei Tag oder bei Nacht , in einer Gemeinde oder auf einem öden
Platze erfolgt, denn dieses Recht des Verteidigers beruht auf dem
Ausspruche des Propheten. Auch derjenige kann nicht zur Ver-
antwortung gezogen werden, der jemanden tötet, der in einer Ge-
meinde zur Nachtzeit oder außerhalb einer solchen bei Tag mit
dem Stock ihn angreift. Greift aber jemand einen andern in einer
Gemeinde mit dem Stock an , so darf deshalb der Angreifer nicht
getötet werden, denn der Angriff ist nicht mit einem todbringenden
Werkzeuge erfolgt und in einer Gemeinde kann man das Übel leichi
auch anderweitig abwenden, indem man um Hilfe ruft.
Als berechtigte Notwehr qilt. wenn der Eigentümer des Ver-
l) »Aä£JU fjzJjS \S>-*j>\ .j ^lioa »jJLI J.-^ xi~«.o , c^-y** ;^~?"
. ..L«./to x.wJ»S v_ÄJlj Uv^i ♦-> ,_il •-*.;> e5^ÄJ.J x-!fc>.'.i _xjAJ»I vv^-i
j-*SS *:bi. § 91 der türkischen Megelle.
Bd. LVIII. 23
348 Krcsmdrih, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc.
mögens den Dieb, welcher den gestohlenen Gegenstand nachts aus
dem Hause trägt, während der Verfolgung tötet, wenn festgestellt
wird , daß die Tötung des Diebes behufs Rettung des gestohlenen
Gegenstandes erfolgt ist. Der Prophet sagte nämlich: „Töte den-
jenigen, den du bei deinem Vermögen triffst". Der Eigentümer
des Vermögens kann den Dieb auch dann töten, wenn er ihn an
der Ausführung seiner Absicht zu stehlen nicht anders als durch
Tötung hindern kann.
Der Hausherr kann jede Person töten , die bewaffnet in das
Haus tritt, wenn der Hausherr überzeugt ist, daß sie ihn töten will.
Beim Schutze der Ehre des Mannes und der Frau verkündet
das moslemische Strafrecht möglichst liberale Lehren. Die Frau
kann straflos jeden Mann töten, der ihr Gewalt antun will, wenn
sie sich von dieser Gewalt nicht anders befreien kann. In diesem
Falle ist die Straflosigkeit der Frau an gewisse Bedingungen ge-
knüpft. Wenn aber ein Mann in seiner eigenen Wohnung sieht,
daß jemand mit seiner Gattin oder mit einer ihm nah verwandten
Frau (mahdrira) mit Zustimmung der Frau Unzucht treibt, dann
kann der in seiner Ehre verletzte Mann den Mann und die Frau
unbedingt töten. Ein derart im Zustande der Entrüstung tötender
Mann braucht zur Rechtfertigung seines Vorgehens keinerlei Beweis
vorzubringen, sondern ist, wenn er seine Behauptung, die aber mit
den Umständen des Falles übereinstimmen muß, durch Eid erhärtet,
von jeder weitern Verantwortlichkeit frei.1)
IX.
Die körperliche Verletzung (mä dun alnafs). Körper-
liche Verletzung oder, wie das mohammedanische Strafrecht sagt,
die Strafhandlung außer Bereich des Lebens kann ebenso wie der
Totschlag absichtlich, aus Irrtum, irrtumsähnlicher Weise oder durch
1) Die Tradition beruft sich hinsichtlich der berechtigten Notwehr auf
folgende Sprüche des Propheten : Wer sein Schwert gegen Mosleme zieht, dessen
Blut ist frei (x/O J*5»f <Xsb y\-dLw.ii cJLc U^y* _£.& ,^ye) und: Töte
den, den du bei deinem Vermögen findest (\j5^Ls (-)3^ J^-3^)- Dieser letztere
Satz wird in nachstehender Weise erklärt: *a\ ,iAäju xicLäxi Aj'lS
.l\X*ji> xLI J~Xs tfi^ji siAJlX^c Durer terg. I, 394. &**+fif ji
-jx-Lw/..*.^ »! sA^lXäj! J»äs CJ».J.M*.+^ „'-—t±C> si_\.xJji^ |^i_X.-ü
j>\ 8jüJL> ^^t. r^y V^y o*j°^ 4; *kji rA+^^°
Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. hiermit. Strafrechts, etc. 349
Veranlassung einer Ursache begangen werden. Eine Halbabsicht
gibt es jedoch bei der körperlichen Verletzung nicht.1)
Eine absichtliche körperliche Verletzung begeht, der mit Willen
jemanden, den er nicht verletzen darf, entweder mit einem ver-
wundenden Werkzeug oder in anderer Weise verwundet.
Man muß zwischen solchen Verletzungen unterscheiden , bei
welchen die Verletzung darin besteht, daß der Täter ein Körper-
glied eines andern abschneidet oder ganz unbrauchbar macht, und
zwischen solchen, bei welchen die einzelnen Körperteile infolge der
Verletzung wohl nicht ganz unbrauchbar wurden, aber bei dem
Verletzten nach der Heilung der Wunde irgend ein Mangel, wie
z. B. Schwäche oder irgend ein Schönheitsfehler, zurückgeblieben ist.
Die Strafe der absichtlichen Körperverletzung besteht darin,
daß die verletzte Partei die Verletzung durch eine ähnliche Ver-
letzung vergelten kann. Von den nicht absichtlich verursachten
körperlichen Verletzungen sind diejenigen, welche die vollkommene
Unbrauchbarkeit eines Körperteils ergeben, mit einem für jeden
Körperteil besonders mit einer bestimmten Summe festgestellten
Schadenersatz an Vermögen zu bestrafen, während für solche körper-
liche Verletzungen, bei denen die Brauchbarkeit der Körperteile
nur vermindert, oder nur ein Schönheitsfehler verursacht wurde,
eine schätzungsgemäße Entschädigung zu bezahlen ist.
Die Kopf- und Gesichtsverletzungen2) werden in dem Sari'at-
0U=>5 S-y# 8lXjj.J *\ Si_X.ÄjLa5» Oj-ÄÄ/S X*+.jJ> ^Ol\Äj$ JjCS ., J-^u!
,L\£j..L*./i {jicsd Li i 'Omer Hilmi a. a. 0. 57.
1) Ua:> *\ 1lX*ä jS> Uj! i\«.c \^i \j*JdH\ (.S*J> Las jwuJj
Gauhare II, 211. ..tXsJji?! (j*JLul ..**£ ^-H&) ^+& M-^ ( *%)
.OlX^-c (l\*£-) 8lXÜ»0 I/o ^Ä^äj Durer terg. I, 391.
2) Die Verletzungen am Kopf und Gesicht heißen arabisch sagge pl. sigdg.
Die muhammedanischen Kriminalisten unterscheiden zehnerlei solcher Ver-
letzungen, wie: 1. XJ^^OyA 2. ».+£}*& 3. jJUu/s 4. &a\ 5. Xao.I»-
6. xx*\j> 7. \^\j> 8. xX/toL 9. x*5»^lXa 10. »L^W*« 'Omer Hilmi C7.
U
Radd ulmuhtär V, 510. ä^jJLj (joÄ^1' äJ5 ^-ÄJtJ (.-^£ _L?UiJjj)
&.>!_> *J ^Iäj ,LiU Gauhare 11,218.
350 Krcsmdrik, Beitr. '-'. Beleuchtung d. /'damit. Strafrechts, etc.
strafrecht besonders behandelt und wird hier für einen Teil dieser
Verletzungen Schadenersatz in einem fixen Betrage festgestellt,
während die Feststellung des Schadenersatzes für andere Teile der
richterlichen Schätzung (hukümet 'adl) anheim gestellt wird. Da-
für, welche Wunden in die eine oder andere Gruppe gehören, gibt
es genaue Instruktionen.
Die wegen körperlicher Verletzung zu verhängenden Strafen
kann der Richter solange nicht bemessen, als die Wunde nicht
geheilt ist, denn die Strafe kann je nach dem Ergebnis der Heilung
eine verschiedene sein. Ist die Wunde vollkommen geheilt und an
dem Körper keinerlei Spur der Verletzung zu sehen, dann hat kein
Schadenersatz in einem fixen Betrage, sondern nach der Schätzung
platzzugreifen. Dies gilt so sehr, daß wenn der Täter und die
verletzte Partei sich hinsichtlich der Verletzung geeinigt haben,
der Vergleich nichtig wird, wenn keine Spur der Verletzung sicht-
bar ist. Es steht jedoch der verletzten Partei das Recht zu, die
Heilungskosten, wie auch unter dem Titel von Zeit- und Erwerb-
verlust während der Dauer der Krankheit einen gewissen ent-
sprechenden Betrag zu Lasten des Täters aufzurechnen.
Mit Rücksicht auf andere namentlich privatrechtliche Fragen,
welche aus der Verletzung entstehen können, auf die ich mich hier
aber nicht einlassen kann, werden noch Verletzungen unterschieden,
bei denen nicht zu hoffen ist, daß der Verwundete auch nur noch
einen oder zwei Tage am Leben bleibe (mutchin), und solche,
welche den Tod verursachen {muhlik).1)
X.
Die Vergeltung der Verletzung (kawad, kisäs). Die
Bestrafung des Schuldigen auf Grund des Vergeltungsrechtes be-
deutet, daß derjenige , der gemordet hat , getötet werde , und daß
derjenige , der einen Körperteil des andern zugrunde gerichtet hat,
einen ähnlichen Körperteil verliere.
Der Islam findet, daß das Vergeltungsrecht der rationelle
Gegenwert der strafbaren Handlung sei, weil es auf den psycho-
logischen Gesetzen beruht, daß Böses mit Bösem vergolten werde.
Bekanntlich nannte man in Europa dieses strafrechtliche Prinzip
Blutrache, wenn auch, wie wir sehen werden, diese Benennung in
der Anwendung auf das moslemische Vergeltungsrecht nicht ganz
richtig ist.
Hingegen nennen die Gelehrten des Islam die aus der straf-
baren Handlung fließende Entschädigung der verletzten Partei an
• Ass-jS* r)^M t5^P" "*** ^ ^J=>*>y^ i^Ux 'Omer Hilmi a. a. O. 4.
Krcsmärik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Straf rechts, etc. 351
Vermögen, d. b. das Blutgeld, keinen rationellen Gegenwert der
strafbaren Handlung,1) indem sie der Ansicht sind, es sei den
Regeln der Vernunft gemäß durchaus nicht begründet, daß der-
jenige, der einen andern tötet und verstümmelt, anstatt der natür-
lichen Sühne seine Tat durch eine Entscbädigung an Vermögen
gutmache. Daß diese Strafe dennoch angewendet werden muß,
kommt daher, weil sie auf einer Verfügung Gottes beruht.
Um die Vorschriften des Vergeltungsrechtes verstehen zu
können, müssen wir stets die Lehre des mohammedanischen Rechtes
vor Augen halten, daß das Recht des Menschen auf sein eigenes
Leben und auf seine eigene körperliche Unversehrtheit ein persön-
liches Recht sei und daß infolgedessen für die gegen das Leben und
die körperliche Unversehrtheit des Menschen sich richtenden straf-
baren Handlungen kein anderer als die verletzte Partei oder ihre
Rechtsnachfolger zur Verantwortung ziehen können und daß das
Recht, zur Verantwortung zu ziehen, ebenso vererbt wird, wie eine
andere Berechtigung privatrechtlicher Natur.
Der Mörder kann auf Grund des Rechtes der Vergeltung nur
in dem Falle getötet werden, wenn er beim Begehen der Tat voll-
jährig und gesunden Verstandes war; wenn er ferner einen Menschen
absichtlich erschlagen hat, der den Charakter der Unverletzlichkeit
hatte. Wir wissen, daß der Totschlag nur dann ein vorsätzlicher
ist, wenn er mit Werkzeugen ausgeführt wurde, die zum Morde
geeignet sind, wie ein Messer, ein Schwert, ein eiserner Hammer,
d. h. also mit verwundenden Werkzeugen , denn — so lehrt die
mohammedanische strafrechtliche Theorie — die verwundenden
Werkzeuge vernichten den Menschen außen und innen , die nicht
verwundenden aber nur den inneren Teil desselben, den äußeren
nicht, während zum Bestand des Körpers sowohl dessen innere als
äussere Unversehrtheit notwendig ist.2) Infolgedessen ist mit Tötung,
die durch Erwürgen , Vergiftung , Ertränken hervorgerufen wurde,
die Todesstrafe nicht verbunden. Wirft jemand einen andern von
einer Erhöhung hinab und stirbt der Hinabgeworfene, dann kann
der Täter nur in dem Falle mit dem Tode bestraft werden, wenn
dieser Sturz aus der Höhe unter sfewöhnlichen Umständen tot-
1) Jjüui ^,lVj "3 r,L.J (3jä*/s ;ac JJUj \J&3? *Lxaä IvoU,
Lä£ ]3\ Las) (jöLoäJU tLaä y (}dl -yaJÜ SÜlXöJLj ) sdäHi
Jjö .\ yd\ ^Jlc ]y^Lo *\ 3U! ^äUi j^Mj SjXäI\ slJj! J^>i
»jj-o bS L-£aaj älSL*^ ^ (joLaäJI ^c "$\\l ^U! l\S>I c -~ ^\2_5
cÄjw ^!» Manäfi' pag. 157.
2) Durer terg. I, 394.
352 Krcsm&rik, Beitr. s. Beleuchtung <I. (damit. Straf rechts, etc.
bringend war. Denn ist dies nicht der Fall, dann hat der Täter
nur Blutgeld zu bezahlen.
Die Absicht muß in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise
bewiesen sein, sonst kann die strafbare Handlung nicht als vor-
sätzlich betrachtet werden. Das Geständnis ist ein mangelhafter
Beweis und hat nur für den Geständigen eine rechtliche Wirkung.
Sagt der Angeklagte aus , er habe mit einem andern Komplicen
zusammen einen Mord begangen, und leugnet dieser Komplice, dann
muß in Ermangelung anderer Beweise auch der Angeklagte, der
sich auf einen Komplicen beruft, von der Anklage enthoben werden.
Die Zeugen müssen bezüglich der Zeit und des Ortes des
Mordes und der angewendeten Werkzeuge gleichförmig aussagen,
denn sonst kann ihre Aussage nicht als Beweis angenommen werden.
Nur die Aussage eines solchen Zeugen hat beweisende Kraft, der
von der strafbaren Handlung durch Augenschein unmittelbare
Kenntnis hat. Die Vorschrift des mohammedanischen Rechtes, man
könne auch über eine Sache Zeugenschaft abgeben, von der jemand
nur durch Hörensagen Kenntnis hat, erstreckt sich auf das Delikt
des Totschlages nicht. Auch die Aussage von Frauen kann nur
bei solchen Handlungen als Beweis angenommen werden, von
welchen ein Mann keine Kenntnis haben kann und für welche nicht
der Tod, sondern nur ein Blutgeld als Strafe angesetzt ist.
Das mohammedanische Strafrecht hält bis aufs äußerste kon-
sequent an dem Prinzip fest, daß der Mensch selbst über seinen
Körper verfüge. Verwundet daher jemand einen andern tödlich
und stellt der Verwundete in Abrede , daß dieser ihn verwundet
habe, so ist jener auch dann freizusprechen, wenn Zeugen dafür
vorhanden sind, daß diese Person tatsächlich die strafbare Handlung
begangen hat.1)
Die Absichtlichkeit des Totschlages kann sehr schwer bewiesen
werden, wenn zwei oder mehrere einen Mord begehen. Haben zwei
Mörder die den Tod hervorrufenden Verletzungen auf einmal in
einer und derselben Zeit verursacht, dann sind beide zum Tode zu
verurteilen. Kann jedoch nicht festgestellt werden, wer dem Opfer
den Todesstoß zugefügt hat, dann hat jeder von den Tätern nur
je die Hälfte des Blutgeldes zu bezahlen. Es kann auch geschehen,
daß zwei nach einander dem Opfer Stiche beigebracht haben und
daß beide Stiche tödlich waren. In einem solchen Falle ist der-
jenige Mörder, der zuerst gestochen hat, zum Tode zu verurteilen,
während des andern Täters eine unbestimmte Strafe harrt.
Die auf dem Rechte der Vergeltung beruhende Todesstrafe
muß von den Rechtsnachfolgern des Opfers verlangt werden. Ohne
dies kann die Todesstrafe nicht vollstreckt werden.2)
1) Radd ulmuhtär V, 478.
2) .XId.JJ* (cJuäj! \jo\-jai _U-3 e^Äwo,^ e^^j-Äiw 'Omer
Hilmi 21.
Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. idarnit. Strafrechts, etc. 353
Bei der Vollstreckung der Todesstrafe müssen die Rechts-
nachfolger des Ermordeten, beziehungsweise diejenigen, denen das
Vergeltungsrecht zukommt, anwesend sein. Ist nur einer der Be-
rechtigten ferne, so kann die Strafe nicht vollstreckt werden, denn
es ist möglich, daß der Betreffende deshalb ferngeblieben ist, weil
er dem Schuldigen verziehen hat.1) Die Strafe selbst muß nicht
von dem Berechtigten selbst vollzogen werden, er kann auch einen
andern damit betrauen, doch muß er beim Akte anwesend sein.
Hat die ermordete Person nur einen Rechtsnachfolger, so kann
dieser den Mörder auch vor dem richterlichen Urteil hinrichten,
ohne daß er dafür den Rechtsnachfolgern des Mörders verantwortlich
wäre. Bei den zu den göttlichen Rechten gehörenden Strafen ver-
hält sich die Sache anders. Dort bildet die Strafe ausschließlich
die Aufgabe des Fürsten, und wer eine Person, die auf Grund des
göttlichen Rechtes zum Tode verurteilt wurde, tötet, zahlt den
Erben der ermordeten Person ein Blutgeld. Gibt es mehrere Rechts-
nachfolger, die alle eines Sinnes sind, dann werden sie als eine
Person betrachtet. Ist jedoch ihre Wille verschieden und verlangt
ein Teil den Tod des Mörders, während der andere geneigt ist,
sich mit dem Blutgeld zufrieden zu geben , dann unterbleibt die
Todesstrafe endgültig und alle können nur auf eine Entschädigung
an Vermögen Anspruch erheben.
Das Vergeltungsrecht ist ein unteilbares, einheitliches Ganzes.
Man kann daher nicht nur einen Teil desselben nachsehen , denn
wer einen Teil nachsieht, der sieht das Ganze nach.2) Auf der-
artige Fälle bezieht sich der § 63 des türkischen Privatrechts, in
welchem es heißt: einen Teil einer unteilbaren Sache zu erwähnen,
heißt soviel, als die ganze Sache erwähnen. Hat jemand mehrere
Personen ermordet, so können die Rechtsnachfolger des einen Opfers
1) -M++ijyi y/öLs" _^X'J'.» llX+>- \^JyXÄA öiXaoLaOÄ (JV-S»
v~
^r.J ..i\j.Lfci ^i^ ij>Oj.ääx
iy>-l (joLxi's aJLuJlb ^JÄ.i._. jL* x^.sl\I»5 „ols> ^*/» »^ «uvJÜu
-JLt.ÄS») / ö*aAJ ,jÜ«»*JCj) ».äc sA/J.-cJ (J,.t-> yNxjl£ &.\i*.z>- lä&JUjI
jJ>.\* 'Omer Hilmi 25.
2) S5 ^xlS" «^.4.äjJ S5 ^axi üNa^ -j ^jLaI»!
ju\jkA^> &A+AJ] Jj-J-S ^-:--
l_>
i>J> \jol*aJS A.5a.Äi .
jliji *_aAääx xäjJ> _jwiiXeLa 'Ali Hajder I, 248.
354 Krcsmärik, Bcitv. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc.
ebenfalls den Tod des Mörders nicht verlangen, wenn die übrigen
das Blutgeld wollen.
Das Vergeltungsrecht geht wohl auf die Rechtsnachfolger des
Ermordeten nach den Vorschriften der Erbfolge über, doch bildet
dieses Recht dennoch ein Urrecht und kommt den Rechtsnachfolgern
nicht als Erbe zu.1) Stirbt nun der Berechtigte vor dem Vollzug
der Strafe, dann geht das Recht auf dessen Erben über. Es kann
sich auch ereignen, daß der Mörder selbst zum Teil ein gegen ihn
gerichtetes Vergeltungsrecht erbt. In diesem Falle kann natürlich
von der Todesstrafe keine Rede sein und greift die Ausgleichung
der strafbaren Handlung durch Bezahlung Platz.
Die Rechtsnachfolger des Ermordeten haben in der Regel das
Recht der Vergeltung in natura zu üben, d. h. den Mörder hinzu-
richten oder hinrichten zu lassen. Es wird daher nicht ihrem
freien Willen anheimgestellt, das Vergeltungsrecht oder Blutgeld zu
fordern. Dazu, daß die Todesstrafe in Blutgeld verwandelt werden
könne, ist die Einwilligung des Mörders notwendig.
Stirbt der zum Tode verurteilte Mörder vor dem Vollzug der
Todesstrafe oder wird er durch eine dritte Person ermordet, so
geht das Vergeltungsrecht verloren und man kann auch das Blut-
geld aus der Hinterlassenschaft des Betreffenden nicht fordern.
Bei den zu den göttlichen Rechten gehörenden bestimmten
Strafen findet ein Beweis durch Eid nicht statt. Die Vorschriften
des Vergeltungsrechts räumen auch dem Eid einen Platz ein. Kann
der Ankläger seine Anklage nicht anders beweisen, so kann er dem
Angeklagten den Eid antragen. Legt dieser den Eid ab, dann wird
er von der Anklage freigesprochen , legt er ihn aber nicht ab , so
wird er wohl nicht hingerichtet, aber so lange gefangen gehalten,
bis er entweder schwört oder ein Geständnis ablegt. Bei jenen
strafbaren Handlungen, welche ein Blutgeld nach sich ziehen, wird,
falls der Eid nicht abgelegt wird, zu Lasten des Angeklagten das
Blut^eld zu^eurteilt.
1) Die mohammedanischen Juristen stellen hierbei feine Distinktionen
zwischen der Erbschaft (irt, wiräta) und Nachfolge (chüäfe) auf. L^äaj » .äj'3
\y&l\ Jlc JöläJi ^lXäc! löi Jj&Si cäs sA*s x*L3i j »^ pLä*
,.>X: j>Lc XÄ.C **).£: (j^AXci U JJU.J &yJ&l\ (JTlXÄXJ (.J /a^ols
x'S. »j\ JS Sadr alsari'a a. a. 0. fol. 222. Einer andern Meinung hinsichtlich
der „chilafe" ist Mahmud Es'ad, Telchisi usüli fikh pag. 371.
Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. idamit. Strafrechts, etc. 355
Das Vergeltungsrecht erleidet durch den Umstand keine Ände-
rung, ob im Falle eines absichtlichen Totschlags der Tod des Ver-
wundeten sofort oder infolge der Wunde später eingetreten ist.
Denn wenn die Wunde sichtbar ist oder wenn Zeugen beweisen,
daß der Beklagte das Opfer verwundet hat und daß dieses infolge-
dessen bis zu seinem Tode krank darniederlag, so verdient der
Täter die Todesstrafe.
Der Mörder ist hinzurichten , wenn er eventuell etwa auch
individuell oder infolge seiner gesellschaftlichen Stellung mehr wert
ist, als der Getötete. Angesehene mohammedanische Juristen sind
anderer Ansicht.
Das hanefitische Strafrecht forscht nicht nach dem Werte des
Opfers und seines Mörders. Nach diesem Strafrecht sühnt der
mohammedanische Mörder durch den Tod für die Tötung eines
Schutzbefohlenen Bürgers anderer Keligion und vice versa. Die
Gelehrten dieser Schule berufen sich in dieser Beziehung darauf,
daß es im Koran heiße : , Leben für Leben1", welcher Ausdruck, da
er eine absolute Bedeutung hat, keine Einschränkung duldet. Sie
berufen sich ferner auf die von dem Propheten befolgte Praxis
und auf den Ausspruch 'Alis, daß der Schutzbefohlene Bürger durch
Bezahlung der Kopfsteuer hinsichtlich seines Vermögens und seines
Lebens dem Moslem gleich wird.
Diejenigen, die anderer Ansicht sind, wie Säfi'i, basieren ihre
Theorie auf den Ausspruch des Korans, daß „der Freie für den
Freien, der Sklave für den Sklaven gerichtet wird1", welcher Aus-
spruch es nach ihrer Ansicht ausschließt, daß ein freier Bürger für
einen Sklaven das Leben verliei-en könne. Sie berufen sich ferner
auf die Tradition, nach welcher der Prophet sagte: „Der Gläubige
wird wegen eines Ungläubigen nicht gerichtet".
Für die Tötung einer zeitweilig angesiedelten Person kann
selbst nach der hanefitischen Theorie die Todesstrafe weder gegen-
über einem Moslem, noch einem Schutzbefohlenen Bürger be-
messen werden, aber der freie Mann wird getötet wegen Er-
mordung eines Sklaven, der Vollsinnige wegen der eines Wahn-
sinnigen, der Großjährige wegen der eines Kindes und der Gesunde
wegen der Tötung eines Blinden , eines Krüppels , eines Lahmen,
weil Leben für Leben geht. Die Deszendenten werden wegen
der Ermordung ihrer Aszendenten (Vater, Mutter, Großeltern) hin-
gerichtet, aber nicht umgekehrt, wie auch der Herr wegen der
Tötung seines Sklaven oder des Sklaven seines Sohnes nicht hin-
gerichtet werden kann, weil der Vater und der Herr der Meinung
sein konnten, sie hätten auf das Leben ihres Sohnes, bez. ihres
Sklaven, kraft ihrer väterlichen, resp. ihrer Herrengewalt ein RecW
(Zweifel).
Die auf Grund des Vergeltungsrechts erfolgende Hinrichtung
des Mörders kann nur durch das Schwert vollzogen werden , ohne
Rücksicht darauf, wie dieser das Leben seines Opfers vernichtet
356 Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc.
hat. Denn der Prophet hat gesagt, daß das Vergeltungsrecht nur
mit dem Schwerte geübt werden könne.
Der hinzurichtende Schuldige darf selbst dann nicht gepeinigt
werden, wenn er sein Opfer eventuell gepeinigt hat. Peinigt jemand
eine zur Todesstrafe verurteilte Person bei der Hinrichtung, so ist
er hierfür mit einer unbestimmten Strafe zu belegen.
Das mit dem vorsätzlichen Totschlag verbundene Vergeltungs-
recht hört auf, wenn jemand dieses gegenüber seinem Vater erbt,
denn dann hätte er das Recht , seinen Vater zu töten , was ein
naturwidriger Gedanke ist. Es hört ferner auf, wenn der Mörder
stirbt oder wenn einer der Rechtsnachfolger des Opfers dem
Schuldigen verzeiht oder sich mit ihm vergleicht. Hat einer dem
Mörder verziehen , oder hat er sich mit ihm verglichen , oder ihm
überhaupt die rechtlichen Folgen der Strafe nachgesehen, so hat
er gegenüber dem Mörder keinerlei . weitere Rechte. Sind aber
mehrere Erben vorhanden , dann ist denjenigen , welche dem Ver-
geltungsrechte nicht entsagt haben , die entsprechende Quote des
Blutgeldes auszufolgen.
Derjenige, der einem andern die rechtlichen Folgen der straf-
baren Handlung nachsehen will, muß die Verfügungsfähigkeit be-
sitzen. Die Rechte der minderjährigen Kinder oder der Personen
mit verminderter Vernunft üben der Vater, der Vormund oder der
Richter aus. Diese können sich wohl im Interesse ihres Mündels
oder ihres Curanden vergleichen, doch haben sie nicht das
Recht , dem Täter einfach zu verzeihen , denn dadurch würden sie
die durch sie vertretenen Personen in ihren Vermögensinteressen
kürzen. Es ist zu bemerken, daß wenn es unter den Erben Groß-
jährige und Minderjährige gibt, die Ersterwähnten den Mörder,
auch bevor die Minderjährigen großjährig werden, hinrichten lassen
können.
Das Vergeltungsrecht solcher Personen, die keine Erben hinter-
lassen haben , übt der Fürst aus. Auch diesem steht nicht das
Recht zu, die Strafe zu erlassen, denn dies würde nach dem Islam
gegen das öffentliche Interesse verstoßen, aber auch der Fürst darf
sich mit dem Mörder vergleichen.1)
Die oberste Pflicht des Moslems ist es, sich die Kenntnis der
göttlichen Gesetze zu verschaffen. Diese Gesetze werden denn auch
in möglichst ausgedehnter Weise unterrichtet. Fromme Gläubige
machen zu dem Zwecke Stiftungen , daß die göttlichen Gesetze
durch berufene Personen erörtert und unentgeltlich unterrichtet
werden. Trotzdem bleibt der Mensch nur ein schwaches Wesen
zäde 43.
Krcsmärik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc. 357
und niemand vermag das ganze Material zu wissen. Von dieser
Auffassung ausgehend findet in mohammedanischen Staaten das
europäische Rechtsprinzip , daß die Unkenntnis des Gesetzes nicht
als Entschuldigungsgrund dienen könne , nicht so unbedingte An-
wendung, wie in Europa, obwohl dort der Rechtsuntericht in un-
vergleichlich höherem Maße erfolgt als bei uns. Daß Unwissen-
heit in gewissen Fällen Straflosigkeit sichert, haben wir schon bei
dem Delikt der Unzucht gesehen.
Nach all dem Gesagten wird uns der Ideengang des moham-
medanischen Strafrechts in folgendem Beispiel verständlicher. Ge-
langen zwei Personen A und B durch Erbschaft zu dem Rechte
einen Mörder hinzurichten, und hat A dem Mörder verziehen, dann
hat auch das Vergeltungsrecht des andern Kointeressenten B auf-
gehört und er hat nicht mehr das Recht, den betreffenden Mörder
zu töten. Hatte B Kenntnis davon, daß das Verzeihen des A sein
Vergeltungsrecht aufhebt, dann verdient er, falls er den Mörder
getötet hat, die gesetzliche Strafe. Hatte er aber davon keine
Kenntnis, so kann ihn dafür keine Strafe treffen.1)
Das Vergeltungsrecht kann sich auch auf etwas anderes, nicht
bloß darauf beziehen, daß der Schuldige durch den Tod sühne. Für
den Fall, daß das Vergeltungsrecht nicht darin besteht, daß der
Täter hingerichtet werde , sondern darin , daß die verletzte Partei
die erlittene körperliche Verletzung durch eine andere vergelten
könne, schreibt das Gesetz bezüglich der Auslegung dieses Rechtes
andere Regeln vor.
Das auf die körperlichen Verletzungen bezügliche Vergeltungs-
recht kann nur innerhalb der Grenzen der Gleichheit (musäwät)
geübt werden.2) Hier gilt also nicht die Vorschrift, welche bei
dem unter der Bezeichnung „Leben für Leben" bekannten Ver-
geltungsrechte maßgebend ist, daß nämlich der Mörder auch für
die Ermordung einer solchen Person hingerichtet werden kann,
welche in staatsrechtlicher, gesellschaftlicher oder individueller Be-
ziehung einen minderen Wert hat als er. Haben die Schuldieren
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a. a. O. 62.
358 Krcsmdrik, Beitv. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc.
und die verletzte Partei nicht den gleichen Wert, dann kann der
Täter für die von ihm verursachte körperliche Verletzung nicht
damit bestraft werden , daß an seinem Körper die durch die ver-
letzte Partei erlittene Verletzung vergolten wird.
Von diesem Gesichtspunkt aus betrachtet das Strafrecht des
Islams den Mann mit der Frau, den Minderjährigen mit dem Groß-
jährigen, den freien Bürger mit dem Sklaven nicht als gleichwertig.
Hat daher die Frau die Hand eines Mannes abgeschnitten, so kanu
der Mann für diese körperliche Verletzung nicht wieder der Frau
die Hand abschneiden, denn das würde gegen das Prinzip der Gleich-
heit verstoßen.
Der Bürger moslemischer Religion ist mit dem Schutzbefohlenen
Bürger nichtmoslemischer Religion gleichwertig. Die Sklaven können
einander gegenüber das Vergeltungsrecht wegen körperlicher Ver-
letzungen nicht üben, weil der Wert der Sklaven bekanntlich sehr
verschieden ist.
Für die unter ungleichwertigen Personen vorkommenden Ver-
letzungen ist der verletzten Partei das Blutgeld zuzuurteilen.
Haben zwei Personen eine körperliche Verletzung begangen,
so kann diese der Täter nicht an beiden Tätern vergelten, denn
es wäre ungerecht, für eine Verletzung zwei zu bestrafen. In
einem solchen Falle haben die beiden Täter je eine Hälfte des
Blutgeldes zu bezahlen.
Bei der Vergeltung der körperlichen Verletzung ist es eine
weitere wichtige Regel, daß die Verletzung nur dann an dem Täter
vergolten werden kann, wenn dies in der Weise, wie es der Täter-
getan hat, möglich ist. Dies ist das Prinzip der Ähnlichkeit (rnu-
mätcde).1) Die Hand und der Fuß können nur beim Gelenk ab-
geschnitten werden, wenn auch der Angeklagte so gehandelt hat.
Hat aber der Angeklagte die Hand und den Fuß des andern nicht
beim Gelenk, sondern z. B. zwischen Faust und Ellbogen entzwei-
geschnitten oder ihm das Auge ausgeschlagen , dann kann die
Verletzung nicht vergolten werden, weil es unmöglich ist, die
Ähnlichkeit einzuhalten. Es könnte nämlich leicht geschehen,
daß die verletzte Partei dem Schuldigen bei der Vergeltung der
Verletzung ein größeres Übel zufügte , als dieser ihm zugefügt
hatte.
Deshalb gibt es kein Vergeltungsrecht hinsichtlich des Knochens.
Der Prophet hat übrigens deutlich gesagt, daß es hinsichtlich des
Knochens keins gebe. 'Omar und Ibn Mas'üd aber haben hinzu-
gefügt, es gebe kein Vergeltungsrecht hinsichtlich der Knochen, aus-
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Krcsmürik, Beitv. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc. 359
genommen die Zähne. Bei den Zähnen kann nämlich das Vergeltungs-
recht frei geübt werden.
Man darf nicht für die rechte Hand die linke und für die
linke die rechte Hand abschneiden, oder für einen Zahn des Ober-
kiefers einen Zahn des Unterkiefers ausschlagen. Zieht der Zahnarzt
irrtümlicherweise statt eines schmerzhaften Zahnes einen gesunden,
so kann er deswegen nicht zum Verlust des betreffenden Zahnes
verurteilt werden, weil bei seinem Vorgehen die Kriterien der straf-
baren Handlung nicht vorhanden sind, aber er hat ein Blutgeld zu
bezahlen.
Die Strafe ist sofort anzuwenden, sobald die strafbare Hand-
lung erwiesen ist. Oft scheint die Strafe eine doppelte zu sein,
während das Verfahren nach der Vorschrift des mohammedanischen
Strafrechts, daß für jede strafbare Handlung die gesetzliche Strafe
unverzüglich anzuwenden sei, nur konsequent ist. So z. B. wenn A
die Hand des B abschneidet, B dies beim Bichter beweist, und in-
folgedessen auf Grund des von dem Richter zugeurteilten Ver-
geltungsrechts auch A die Hand abgeschnitten wird. Stirbt nun
B infolge der Wunde, dann wird A wegen Totschlags hingerichtet,
obwohl er schon einmal für das Abhauen der Hand gesühnt hat.
Für solche Fälle , wo das Verbrechen einer Person darin be-
steht, daß sie zwei Menschen die Hände abgeschnitten hat, und zwar
einem die rechte, dem andern die linke Hand, verfügt das Gesetz,
daß dem Täter beide Hände abzuhauen sind. Hat aber der An-
geklagte beiden Personen nur die rechte Hand abgehauen, so kann
er nur zu dem Verlust der rechten Hand verurteilt werden, während
er für die andere Verletzung Blutgeld zahlt. Dafür, welcher von
von den zwei verletzten Parteien das Vergeltungsrecht zukomme
und welcher das Blutgeld , besteht die Vorschrift , daß , wenn die
Verletzten zu gleicher Zeit Klage erheben, dem Angeklagten die
rechte Hand abgehauen wird und die verletzten Parteien sich in
das Blutgeld teilen. Reicht aber einer unabhängig von dem andern
die Klage ein, dann ist auf Wunsch der Pai-tei, welche die Klage
früher eingei'eicht hat, die Hand des Täters abzuhauen, und muß
sich der später Meldende mit dem Blutgeld zufrieden geben. Denn
die Rechte des sich früher Meldenden müssen befriedigt werden
und die Rechtshilfe kann nicht auf die Zeit verschoben werden,
bis sich auch die übrigen verletzten Parteien melden. Die Rechte
desjenigen, der sich früher meldet, stellt nämlich das Gesetz deutlich
fest. Es liegt daher kein Grund für den Aufschub vor. Überdies
ist es auch möglich , daß die andere verletzte Partei keine Klage
erheben will oder sich mit dem Täter verglichen hat.
Nach Abu Hanifa darf der Verletzte dem Täter kein größeres
Übel zufügen, als welches dieser jenem zugefügt hat. Wird daher
auf Grund des Vergeltungsrechts die Hand des Schuldigen ab-
gehauen und dadurch dessen Tod verursacht, so hat der Verletzte
für den verursachten Tod Blutgeld zu bezahlen. Die Schüler
360 Krcsmärik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc.
Abu Hanifas und Säti'is sind anderer Ansicht. Vorkommenden Falls
entscheidet daher über Fragen ähnlicher Natur der Richter, wobei
er natürlich sein Urteil in der Regel durch die Ansichten der
Autoritäten seiner eigenen Schule unterstützt.
Der verletzten Partei steht das Recht zu, der Strafe, welche
mit der von ihm erlittenen Verletzung verbunden ist, zu entsagen
{'afw) , sich mit dem Täter zu vergleichen (sulh) oder diesem die
für die Verletzung zugeurteilte Entschädigungssumme zu erlassen
(ibra), ebenso wie auch die Rechtsnachfolger des Ermordeten dieses
Recht haben.
Gegenüber einem Aszendenten kann' der Deszendent das Ver-
geltungsrecht wohl nicht üben, doch hat er einen berechtigten An-
spruch auf Blutgeld.
(Schluß im nächsten Hefte.)
361
Entgegnung auf Leumanns ..Bemerkungen zu Hari-
hara's Ratirahasya" (oben S. 203 ff.).
Von
Richard Schmidt.
Herr Professor Leumann wundert sich ein wenig über meine
Keckheit , weil ich einen so fragmentarischen Text wie den des
Harihara herausgegeben habe. Er gestatte mir, ein paar Worte
darüber zu sagen. Zunächst freue ich mich , daß er in meinem
Unterfangen einen Beweis von Wagemut sieht: es ist so hübsch,
von sachlicher Seite bestätigt zu sehen, daß man noch nicht zu alt
ist, um keck zu sein! Dieser mein Mut war hier freilich sehr
nötig, und noch mehr Geduld. Denn drei Jahre hat es ge-
dauert, ehe ich die gewünschten Handschriften be-
kam — trotz der guten Worte von Hultzsch und der sehr reich-
lich gespendeten Eupien des Herausgebers. Daß die Originalhand-
schriften aus Madras nicht ausgeliehen werden , ist eine für mich
sehr bittere Wahrheit, die ich schwarz auf weiß besitze. Man
schrieb mir s. Z. , daß nur mit Bühler einmal eine Ausnahme ge-
macht worden sei.
Zu den Ausstellungen , die Leumann nun noch macht , habe
ich folgendes zu bemerken. Die Deutung des Kolophons , wie ich
sie versucht habe, mag falsch sein; über ein non liquet kommen
wir vorläufig hier nicht weg. Aber das zweimalige nämähka wie
das ganze Gefüge des Kompositums läßt mich einstweilen bei meiner
Auffassung stehen bleiben.
Die Zusätze bei den Varianten „auch", „und" oder „neben"
sollen nach Leumann unklar sein, resp. ich soll beabsichtigen,
„hiermit eine neue Art der Varianten -Bezeichnung aufzubringen".
Daran habe ich nun ganz und gar nicht gedacht. Da nur eine
Handschrift vorliegt, die von einem Schreiber stammt, sind obige
Zusätze meiner Meinung nach ganz klar. Jedenfalls bleibt es völlig
gleichgiltig, ob der Schreiber des Ms. eine Variante über oder unter
oder neben die Zeile gesetzt hat.
Leumann macht auch Verbesserungsvorschläge zu verschiedenen
Strophen: sie sind ansprechend bis auf die zu I, 70. Hier will
;ili'J Schmidt, Entgegnung auf Leumanns „Bemerkungen etc.1'
Leumann striyo 'vaääh und strlsv avasatäm lesen. Meine Fassung
ist aber die allein richtige. Wir müssen dabei nach I, 69 zurück-
gehen. Die hastini etc., heißt es da, gerät ins Wanken infolge
der Kenntnis der kalä seitens des Mannes; aus dem Wankend-
werden ergibt sich der moha. „Ist aber die Geliebte erst betört,
dann erfolgt sicher liämasiddhi; weiter aber: ist die Liebe erst
perfekt geworden, so sind die Frauen ohne weiteres gewonnen;
sind aber die Frauen erst botmäßig geworden , so ist das Glück,
welches das kämasästram verleiht, erlangt." Nur so bekommen
wir einen befriedigenden Sinn.
Ich kann nur meiner Freude darüber Ausdruck geben, daß
mein Entschluß , Harihara's Text zu veröffentlichen , für Herrn
Prof. Leumann Veranlassung zu seinen anregenden Bemerkungen
gewesen ist. Besonders belehrend wäre es aber gewiß , wenn er
sich einmal der verschiedenen im IL sarga gebrauchten Kunst-
ausdrücke annehmen wollte, die ich in den mir zu Gebote stehen-
den Wörterbüchern vergeblich gesucht habe.
308
Gutmann und Gutweib in Indien.
Von
R. Pischel.
Mironow teilt in seiner Dissertation: „Die Dharmaparlksä
des Amitagati", Leipzig 1903, S. 20 ff. vier Erzählungen von vier
Narren mit, die bisher in der Sanskritliteratur nicht gefunden
sind. Vier Narren begegnen einem Asketen aus der Sekte der
Jaina, der ihnen seinen Segen erteilt. Uneinig darüber, wem der
Segen gegolten habe, beschließen sie, den Heiligen selbst zu fragen,
der erklärt, der Segen gelte dem dümmsten unter ihnen. Jeder
will nun der dümmste sein. Auf Veranlassung des Asketen gehen
sie nach der Stadt und legen den Bürgern ihren Streit zur Ent-
scheidung vor. Die Bürger fordern sie auf, ihren Anspruch darauf,
der dümmste zu sein, zu begründen. Jeder der vier Narren erzählt
nun eine Geschichte. Über die des dritten Narren hat M i r o n o w
das Folgende: „Der dritte Narr lag einmal mit seiner Frau im
Bette. Da beschlossen sie nach seinem Vorschlag, daß derjenige,
der zuerst spräche, zehn süße Kuchen dem andern geben müsse.
Als sie so still lagen, kam ein Dieb in das Haus und nahm alles,
was zu stehlen war. Als der Dieb schon auf das Untergewand
der Frau seine Hand legte, sprach die Frau den Mann an: „„Was?
Wirst du auch jetzt ruhig zuschauen ?uu Da verlangte der Mann
die versprochenen zehn Kuchen, weil sie zuerst das Schweigen ge-
brochen hatte. Darauf bekam er den Spitznamen vJjofa*L (der Lahme
oder Sklave?)."
Die Erzählung hat besonderes Interesse dadurch, daß sie die
bis jetzt nachweisbar älteste Fassung einer weitverbreiteten volks-
tümlichen Geschichte ist, die durch Goethe bei uns sehr bekannt
geworden ist. Goethes Gedicht führt in den gebräuchlichsten
Ausgaben den Titel „Gutmann und Gutweib" , z. B. Sämmtliche
Werke, Stuttgart 1874, I, 115 f. Goethe selbst aber hatte es
seiner Quelle entsprechend1) „Altschottisch" betitelt, und unter
1) Die Angaben über Goethes Quelle, die auch den Nachweis weiterer
orientalischen Fassungen enthalten, verdanke ich den Herren Erich Schmidt
und Burdach.
Bd. LVIII. 24
3(54 Fischet, Gutmann und Gutweih in Indien.
diesem Namen steht es auch in der Weimarer Ausgabe 4, 336 ff.
Der Sanskrittext der Dharmaparlksä wird von Herrn Mironow
in der Bibliotheca Indica in Calcutta veröffentlicht werden, worüber
noch eine lange Zeit vergehen wird. Da eine Übersetzung nicht
beigegeben werden wird, würde die Sanskritfassung weiteren Kreisen
nur schwer bekannt werden. Deswegen wandte ich mich an Herrn
Mironow in St. Petersburg, der die Berliner Handschriften der
Dharmaparlksä zur Zeit zur Benutzung geliehen hat, mit der Bitte,
mir den Originaltext mitzuteilen. Herr Mironow hat diese Bitte
bereitwilligst erfüllt. Der Text beruht auf vier Handschriften, von
denen zwei aus der Königlichen Bibliothek in Berlin, zwei aus der
Bibliothek des Deccan College in Poona sind. Amitagati, der Ver-
fasser der Dharmaparlksä, war ein Jaina aus der Sekte der Dig-
ambara. Er stammte aus Mathurä , wo , wie uns die Inschriften
zeigen, eine blühende Jainagemeinde sich befand, und schrieb sein
Werk im Jahre 1014 n. Chr. Wir kennen von ihm noch ein
zweites, im Jahre 994 n. Chr. verfaßtes Werk, den Subhäsitasamdoha,
ein didaktisch-polemisches Kompendium der Ethik der Digambaras,
über das zuerst Hertel Mitteilungen gemacht hat.1) Es wird jetzt
in der Kävyamälä gedruckt.
Unsere Erzählung steht Dharmaparlksä IX, 4o — 45 und lautet
in Text und Übersetzung folgendermaßen:
f*T*T^f7T f%^t TTtTT f^fft^ f^T^ *fa I
<?fft*fr srrf*rcfr f^n *uf*rä rrt n^sm 11 8? 11
*mreT*t w. u^rr wrfaTwrärrr**: n 88 h
T^T ^"PTT-) T^T *T*JT ^ftcTT *R:fWT I
WP3F<ft faftl TftWT ^*fte*j^ift II 8M II
WT^f< ^UTW: ^fq^f^^rrf^cTT: 11 8$ H
^j^Tf^f^ **$$ ÜTfa JTfrTf^TT II 8 0 II
iTf^^i *ra?t ^ ^iXmvfX vf^XK ii 8C ii
1 Wiener Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes XVII, 105 ff.
2 v. *. wjt, *rr*;t.
Pischel, Gutmann und Gutweib in Indien. 365
i ^f fi ^ -mw ^rn jT^f4 *j% i
f^i; ff ^TT^KWT ^T^ffi TWfäWfH II 8Q II
*tf%rä T ITT^TT ^ f^iTT^Ttarq^^ || MO ||
^nirt * s^rft^ tfv «* *ft^f% ^ uz i
Wtfärfcg ^taTTT HTOfafTWRfa II M=l II
cT^H ^*T ^^T fäf ^ *rfWft *TCT I
ITfTft ITf^ft ^>T^ 3T^*t ^flJTrT ^^T II HR II
^t^t ^rfq^T f*rar: nfrr^Trrr: ^*i ?TCT I
Tjiprrf^ ^n^n i^^^j **t ^rrera*; 11 M3 ii
T$ *n?ffi wi?* *T^fa $^ f TfTfll I
^ ^Tf^rT ^3* ^"R \ltf*I*^ II M8 II
Tieft1) TtZ T^ ^IT(lW--i *TT*T *T*f: IrtT^ I
fcTgJcRT T ^T^f^T rrcft fTOTfWTT*ra: II MM II
„Als der zweite so seine Geschichte erzählt hatte und schwieg,
fing — Glück auf! — der dritte Narr an, sie (d. h. seine Ge-
schichte) mitzuteilen. „,0 Bürger, jetzt will ich euch von meiner
Dummheit erzählen ; höret mit aufmerksamem Geiste zu ! Einst
sprach ich zu meiner Herzensgeliebten , die ich geheiratet hatte,
nachdem ich in das Haus der Schwiegereltern gegangen war, als
sie in der Nacht schweigend auf dem Lager lag: „Wer von uns
zuerst spricht, der verliert, o Schlanke, bestimmt zehn mit Butter
und Zucker eingerührte Kuchen." Darauf sprach meine Geliebte:
„So sei es ganz sicher!" Edle Frauen widersprechen nie den
Worten ihres Gatten. Als wir so gewettet hatten und uns (ruhig)
verhielten , kam ein Dieb ins Haus und nahm unsere ganze Habe
weg. Der Dieb ließ nicht ein einziges Stück im Hause zurück.
Wo eine Öffnung ist, werden ja Buhlen und Diebe stark.'-) Als
1) Mironow schreibt mit der Mehrzahl seiner Handschriften 7T<?T.
2) Mironow schreibt mit den Handschriften TgJTrj ^PR, woraus ich keinen
Sinn gewinnen kann.
3) D.h. Buhlen und Diebe erreichen schnell ihre Absicht, wenn ihnen
erst die Möglichkeit gegeben ist, ihr Vorhaben auszuführen. f^jf „Loch",
24*
366 Pischel, Giltmann und Gutweib in Indien.
der Dieb sich anschickte , meiner Geliebten das Unterkleid weg-
zunehmen, sprach sie (zu mir): „He, du schlechter Mensch, siehst
du auch jetzt noch ruhig zu? Wie lebst du, Falscher, (noch), ob-
wohl mir das Unterkleid weggenommen wird? Für edle Männer
hört die Möglichkeit zu leben auf mit einer Beleidigung (die) ihrer
Gattin (angetan wird)." Als ich ihre Worte gehört hatte, sprach
ich lachend: „Verloren, verloren, o Geliebte! Du hast zuerst ge-
sprochen. Gib mir jetzt, o Lotosäugige, die zehn mit Zucker und
Butter vermischten Kuchen, die du versprochen hast!" Sehet diese
Dummheit, durch die ich um all mein Gut gekommen bin, das ich
mir früher erworben habe , das schwer zu erlangen ist und das
Glück guter Werke gewährt.1)"" Darauf wurde ihm von den Leuten
der seiner Erzählung entsprechende Name bota („Dummkopf; s. u.)
gegeben. Welchem Spott setzt sich ein Mensch nicht aus, wenn
er von falschen Voraussetzungen ausgeht?"
In Indien war uns die Geschichte bisher nur aus volkstümlicher
Überlieferung in Übersetzungen bekannt. Zuerst hat sie aus dem
Süden von Indien mitgeteilt der Abbe J. A. D u b o i s in seinem
wertvollen Werke : Moeurs , institutions et ceremonies des peuples
de l'Inde (Paris 1825) II, 165 ff.2) Sie bildet dort, wie bei Ami-
tagati , die dritte von vier Erzählungen , die vier Brahmanen vor
„Öffnung" ist sprichwörtlich, wie in T9?5» te(»T^JT «|3;<q|+|qf«t| „wo (erst)
eine Öffnung ist, da mehrt sich das Unglück" (Indische Sprüche2 1383, wozu
Böhtlingk zu vergleichen ist) und im Kathäsaritsägara 28, 181 JH7Q\ JT^T<?Y
*lf^äM«T^rf ^TOtT ^f^fTT^ „Wahr ist das Sprichwort, daß, wo erst
eine Öffnung ist, das Unglück sich mehrt." Eine Ausnahme von der Richtig-
keit läßt ein Anonymus in der Subhäsitävali 2351 zu: T9?5» ^•TETT «I|.Jj<?U~
*re^ ff ^ js*wv II
2) Vgl. dazu z. B. Ksemendra, Caturvargasamgraha 1, 3 "Vfä\ SF*J HT^
%f ^ ^WIK mit 2> 2 ^TTTf^R: f?ff?l7i >**R I Eämäyana 6, 83, 39
ed. Bomb. = Mahäbbärata 12, 8, 21 (mit kleinen v. 1.) ^: SRTTI^ <%fe&
\*r: srt^: *i*fr ^w. i ^rof^mfT *Trfrr ir<I#t ^TTftro 11
Mahäbharata 5,72,23 ^HTI^ ^t ^ ^ *T$ Wfäföd^ 1 Milhs-
bhärata 12,8,12.13 ^ f^fff yZ^fÜtEnW^l^ U«^ II V*t *T-
fT^f cT^I >äR fTfH *J^I W* I Hitopadesa, Prast. 5 ed. Peterson
tTR?WT*rofrf>T ^1T^^ I n. s. w.
2) Darauf hat bereits Clouston hingewiesen: Populär Tales and Fictions,
tbeir Migrations and Transformations (Edinburgh and London 1887) II, 23 ff.
Pischel, Gutmann und Gutweib in Indien. 367
den Häuptern der Stadt Darmapoury d. h. Dharmapuri vortragen,
um ein jeder für den Dümmsten erklärt zu werden. Bei D u b o i s
führen die Erzählungen die Überschrift: Les quatre Brahmes fous.
Sie sind wieder abgedruckt worden in seinem Pantcha-Tantra ou
les cinq ruses (Paris 1826) p. 351 ff. Auch die Einleitung bei
D u b o i s gleicht der bei Amitagati. Vier Brahmanen, die sich zu
einem Feste begeben, treffen unterwegs einen Soldaten, der sie
höflich grüßt. Sie können sich nicht darüber einigen , wem der
Gruß gegolten habe. Der Soldat erklärt auf Befragen, er habe
beabsichtigt, den zu grüßen, der der größte Narr unter ihnen sei.
Um diese Frage zu entscheiden, begeben sich die Brahmanen nach
Dharmapuri. Die drei andern Erzählungen sind bei Dubois von
denen Amitagatis ganz abweichend. Auch die Erzählung des dritten
Narren stimmt zu der bei Amitagati nur ganz allgemein in den
Grundzügen. Der Brahmane Anantaya sagte zu seiner jungen Frau
einst beim Schlafengehen , die Frauen seien Schwätzerinnen. Sie
antwortete ihm , sie kenne auch Männer , die ebenso geschwätzig
seien, wie die Frauen. Der Brahmane fühlte sich dadurch getroffen.
Sie wetteten, wer zuerst sprechen werde, und bestimmten als Ge-
winn der Wette ein Betelblatt 1). Darauf schliefen sie ein , ohne
ein Wort zu sprechen. Als sie am nächsten Tage sich nicht außer
dem Hause zeigten und auf Rufen und Pochen die Tür nicht öffneten
und keine Antwort gaben , ließen die Leute die Tür durch einen
Zimmermann erbrechen, weil sie glaubten, das Ehepaar sei während
der Nacht plötzlich gestorben. Nach Öffnung der Tür fand man
Mann und Frau mit gekreuzten Beinen vollkommen gesund dasitzen.
aber der Sprache beraubt. Alle Mittel, sie zum Sprechen zu bringen,
blieben vergeblich , so daß man an eine Yerhexung glaubte. Die
Eltern des Mannes ließen einen berühmten Zauberer kommen, der
das Ehepaar für einen hohen Preis zu entzaubern versprach. Als
er sich dazu anschickte , erklärte ein befreundeter Brahmane , es
handle sich nur um eine natürliche Krankheit, die er ohne Kosten
heilen wolle. Er machte ein Goldstäbchen an einem Kohlenfeuer
heiß und stieß es dem Manne in die Fußsohlen, unter die Ellbogen,
in die Herzgrube und schließlich in den Scheitel des Kopfes. Der
Mann ertrug die Schmerzen , ohne einen Laut von sich zu geben.
Als aber der Brahmane das glühende Goldstäbchen an die Fuß-
sohlen der Frau brachte, zog sie schnell das Bein zurück und rief:
„Genug, genug!" Sie erklärte sich für besiegt und reichte dem
Manne das Betelblatt, der nun seine Behauptung bestätigt fand.
daß die Frauen Schwätzerinnen seien.
Auf zwei andere indische Fassungen hat Clouston hin-
1) l'ber die Wertschätzung des Betels vergleiche man J. J. Meyer
in seiner Übersetzung der Samayamätrkä, S. 80, Anm. 1 und dos KutfanTmata
S. 149. Bhoja gibt seinen Hofdichtorn Betel (Bhojaprabandha od. Parab [Bombay
1896] p. 44,29), Mülaräja seinem Diener (Prabandhacintamani 48,7). Botel-
biichsenträger folgten den Königen (/.. B. Prabanähac. 82, 7. 13; 95, 1).
368 Pischel, Gutmann und Gutxoeib in Indien.
gewiesen im Afchenaeum 1893, I, 346 f. Die eine stammt, wie die
bei Dubois, aus dem Dekhan und steht bei NatesaSästri,
Folklore in Southern India, III, 277 ff. (Bombay 1888) und bei
Mrs. Howard Kingscote and Natesa 8 äs tri, Tales of the
Sun: or, Folk-lore in Southern India (London 1890) p. 280 ff. Der
Preis der Wette sind hier, wie bei Amitagati, Kuchen. Die Frau
eines Bettlers hat fünf Stück einer bestimmten Sorte von Reis-
kuchen (muffins) gebacken. Da ihnen der Gedanke, daß die Hälfte
von fünf zweieinhalb ist, nicht kommt, geraten sie bei der Teilung
in Streit. Sie einigen sich schließlich dahin, daß sie sich schlafend
stellen wollen, und daß der, der zuerst ein Auge öffnet oder spricht,
zwei Kuchen, der andere drei Kuchen bekommen soll. Als sie
drei Tage lang nicht im Dorfe erschienen waren und die Haustür
sich als von innen verriegelt erwies, stiegen zwei Dorfpolizisten
durch das Dach ins Haus und fanden Mann und Frau scheinbar
tot daliegen. Auf Kosten der Gemeinde wurden sie nach dem
Verbrennungsplatz geschafft und auf zwei Scheiterhaufen gelegt,
die man in Brand steckte. Als das Feuer seine Beine erreichte,
hielt der Bettler es doch für ratsam, die Wette aufzugeben. Während
die Dorfbewohner fortfuhren die Totengebräuche zu vollziehen, rief
er plötzlich : „Ich bin mit zwei Kuchen zufrieden", und vom andern
Scheiterhaufen antwortete sofort die Frau: „Ich habe die Wette
gewonnen; gib mir die drei!" Entsetzt liefen die Bauern davon,
weil sie glaubten, die Toten kämen als böse Geister wieder. Nur
ein beherzter Mann hielt stand und erfuhr schließlich von den
Bettlern die Geschichte. Da man Leute, die auf der Totenbahre
und dem Scheiterhaufen gelegen hatten, nicht mehr ins Dorf hinein-
lassen wollte , weil das den Untergang des ganzen Dorfes bedeutet
hätte, so baute man für die Bettler eine Hütte außerhalb des
Dorfes auf einer einsamen Wiese, und alte Frauen und Kinder
pflegten ihnen die Kuchen zu bringen, die sie so sehr liebten. Das
Ehepaar wurde seitdem der Kuchenbettler und die Kuchenbettel-
frau genannt.
Die zweite der von Clouston a. a. 0. erwähnten indischen
Fassungen steht bei Charles Swj^nnerton, Indian Nights' Enter-
tainment; or, Folk-tales from the Upper Indus (London 1892)
p. 14 f. unter dem Titel: The farmer, bis wife, and the open door
Sie stammt aus dem Panjäb und ist aus dem Panjäbl übersetzt.
Zwischen einem armen Bauern und seiner Frau entstand , als sie
nach getaner Arbeit beim Abendbrot saßen , ein Streit , wer von
ihnen die Tür schließen solle, die ein Windstoß geöffnet hatte. Auf
Vorschlag des Mannes einigten sie sich dahin, daß der es tun solle,
der zuerst ein Wort spräche. Mitten in der Nacht erwachten sie
von einem Geräusch und bemerkten, daß ein wilder Hund ins Zimmer
gekommen war und eifrig daran ging, ihren geringen Vorrat an
Nahrungsmitteln zu verzehren. Trotzdem sprachen sie kein Wort,
und der Hund lief wieder fort, nachdem er alles beschnuppert und
Fischel, Gutmann und Gut/reib in Indien. 369
sich satt gefressen hatte. Am nächsten Morgen ging die Frau aus,
um etwas Getreide zum Mahlen zu bringen. In ihrer Abwesenheit
kam der Barbier und fragte den Mann, warum er so allein dasäße.
Der Mann gab keine Antwort. Der Barbier schor ihm den Kopf,
den halben Backen- und Schnurrbart und bewarf ihn schließlich
über und über mit Lampenruß. Trotzdem blieb der Mann stumm
wie ein Fisch. Der Barbier hielt ihn für verhext und machte sich
schleunigst davon. Kaum war er fort, als die Frau heimkehrte.
Beim Anblick ihres Mannes rief sie entsetzt aus: „Unglücklicher,
was hast du getan?" Darauf erwiderte der Mann: „Du hast das
erste Wort gesprochen. Gehe und schließe die Tür!"
An Stelle des Diebes bei Amitagati ist hier ein Hund getreten.
Auch in der türkischen Version , die sich in den Vierzig Vezieren
findet (Clouston, Populär Tales and Fictions II, 22 f.) , sind es
Hunde, die in das unverschlossene Haus dringen. Die handelnden
Personen sind hier Bang-Esser. Die PanjäbT-Fassung ist unter den
bis jetzt bekannten indischen Erzählungen die einzige, in der vom
Schließen der Tür die Rede ist, wie in den meisten andern zahl-
reichen orientalischen und europäischen Fassungen. Bei Amitagati,
Dubois und Swynnerton verliert die Frau, bei Natesa Sästri der
Mann, wie in den meisten andern Versionen. Eine reiche Literatur
hat zuerst 1871 Beinhold Köhler beigebracht (Jahrbuch für
romanische und englische Literatur 12, 348 ff.), der auf Sercambi,
Straparola, d'Ouville, die Farce d'un chauldronnier, das zweite Pickel-
heringsspiel im ersten Teil der Englischen Comedien und Tragedien,
das Zwischenspiel in Ayrers Schauspiel „Vom König in Cypern"
und die schottische Ballade verweist, die jetzt am zugängli'
ist bei Child, The English and Scottish Populär Ballads (Boston
and New York 1894. 1898) V, 96 ff. Dazu hat dann Clous ton
a.a.O. a.a.O. neues Material hinzugefügt, außer den erwähnten
indischen noch zwei arabische , eine türkische und eine englische.
Ferner hat Child V, 304 außer auf Köhler und Clouston
noch auf Rene Basset, Revue des traditions populaires VII, 189,
Anm. 3, wo unter anderem auf mehrere arabische Versionen auf-
merksam gemacht wird, und die BalüSlerzählung bei Longworth
Dames, Folk-Lore IV, 195 ff. hingewiesen, deren Anfang zu
Amitagati und Dubois stimmt. Goethe lernte, wie man
annimmt, die schottische Ballade aus Herd, Ancient and Modern
Scottish Songs, Heroic Ballads, etc. In two volumes. Edinburgh
1776, 2, 159 f. kennen, eine Ausgabe, die sich seit langer Zeit
auf der Großherzoglichen Bibliothek in Weimar befindet. Über
die Veränderungen, die er vorgenommen, hat Düntzer, Goethe's
Lyrische Gedichte II :J, 307 gehandelt. Sie betreffen vornehmlich
den Schluß. In der schottischen Ballade begnügen sich die „two
gentlemen" nicht damit, die weißen und schwarzen Puddii
essen, sondern der eine will noch dem „goodman" den Hart ab-
scheren (vgl. die Panjäbi-Fassung), der andere das „goodwife" küssen.
370 Pischel, Gutmann und Guticelb in Indien.
Bei Goethe trinken die Wanderer zuletzt den Schnaps Gutinanns,
was zu den Fassungen B und C bei Child stimmt. In B heißt
es, daß sie die Puddings aßen und „drank o the liquor sae strong,
and syne they drank o the vill", in C: »Ye 've eaten my bread,
ye hae druken my ale", aber auch „and ye '11 mak my auld wife
a whore". Ob Goethe wirklich ganz selbständig geändert hat,
ist mir zweifelhaft. Die Fassung C erschien nach Child 1792 in
Johnson's The Scots Museum IV, 376, No. 365, mitgeteilt von
Robert Bums. Johnson befindet sich zwar weder auf der Groß-
herzoglichen Bibliothek, noch in Goethes Privatbibliothek, wie
ich den gütigen Mitteilungen der Herren Geheimräte v. Bojanowsky
und Kuland in Weimar entnehme, aber Goethe könnte immerhin
auch die Fassung C kennen gelernt und sie mit der bei Herd
verschmolzen haben. In den Scotish Songs, die Jos. Ritson
London 1794 herausgegeben hat, ist I, 226 ff. die Fassung von
Herd abgedruckt. In den Fassungen B und C führt der Mann
den Namen Johnie oder John Blunt, und eine gleiche Bedeutung
werden wir auch in dem Beinamen bota vermuten dürfen, die
bei Amitagati die Leute dem Manne geben.
Mironow nimmt für bota zweifelnd die Bedeutungen „der
Lahme oder Sklave" an. Für „lahm" dachte er wohl an kJwta,
für -Sklave" an potä, votä „Dienerin", „Sklavin". Diese Bedeu-
tungen passen jedoch nicht. Bühler hat zuerst hervorgehoben,
daß die Kenntnis des Sanskrit bei den Jainas nicht weit her war,
und daß selbst die größten Jainagelehrten wie Abhayadeva, Herna-
candra und Malayagiri nicht imstande waren, ein vollständig rich-
tiges und idiomatisches Sanskrit zu schreiben. Auch bei ihnen
kämen hie und da wirkliche grammatische Fehler vor, und vom
Präkrit beeinflußte Redeweisen sowie vom Präkrit ins Sanskrit
zurückübersetzte Wörter seien häufig (Bühler bei Weber, Panca-
dandachattraprabandha p. 102; vgl. Epigraphia Indica 1, 373 ff.).
Für die Sprache Amitagatis bezeugt die Präkritismen die Zusammen-
stellung bei Mironow p. 8. Es ist daher wahrscheinlich, daß
auch bota ein aus dem Präkrit zurückübersetztes Wort ist. Hema-
candra, Deslnämamälä 6, 96 führt ein boda an, das nach ihm „ge-
recht", „tugendhaft", nach andern „jung", „zart" bedeutet. In der
Päiyalacchi 258 wird bodatkera (so wohl zu lesen; s. Bühler s. v.)
als Name der Pflanze alambusa angegeben. Weiter führt uns
Häla 550 ed. Weber = 6, 49 ed. Durgäprasäd and Parab:
bodasunaho, wie mit der v. 1. zu lesen ist. Die Scholiasten er-
klären boda mit dustas chinnakarno vä, oder dusfatvät kartita-
harnapucchah und bezeichnen boda, als Provinzialismus (desi).
Bhuvanapäla zu Häla 562 (Indische Studien 16, 190) gibt boda
direkt als Name einer bestimmten Hundegattung an : bodäbhidhä-
nam svänam. bodasunaha ist ein Hund, dem man Ohren und
Schwanz gestutzt hat, also der curtal (curtail) dog Shakespeare's.
In boda liegt mithin der Begriff „abgeschnitten", „beschnitten",
Plschel, Gutmann und Gutweih in Indien. ',\i\
„verschnitten". Dasselbe ergibt sich aus Avasyaka II, 60, 2 ed.
Leumann. Dort wird gesagt , es gäbe vier Arten von Krügen
(kudä): chiddakude bodakude khandakude und sampunne. chidda
sei ein Krug, der ein Loch {chidda = chidra) im Boden habe,
boda einer, der keine Lippen habe (bodo jassa ötthä nattlü): dem
khanda fehle ein Lippenrand, der sampunna sei ganz vollständig.
Was in den chidda gegossen wird, läuft heraus; im boda bleibt
nicht so viel (als man Irineingießt'? oder: als der Krug an und für sich
fassen kann ?) (bode täva'iyam na tthäi) ; beim khanda läuft es
auf einer Seite heraus, und, wenn man ihn braucht, nimmt der
khanda nur wenig in sich auf.1) Das ist der Unterschied zwischen
boda und khanda (esa viseso bodakhandänam). Der sampunna
faßt alles. Sehr klar ist die Beschreibung nicht, und sie wird
noch unsicherer dadurch, daß in den bei Leumann S. 40, 33 ff.
gegebenen Auszügen offenbar die Reihenfolge gestört ist, und der
boda und khanda ihren Platz getauscht haben. Es ist dort wohl
sicher zu lesen : bodakudo näma jassa kannä boijiyä. so Pnayarn
päniyam genhai; khandakudo näma jassa päse kavälabheo. tattha
vi thovain thäi. Die v. 1. bhinno beruht wohl auf einer Glosse zu
boda oder bodiyä. Vgl. die Anmerkung 40, 43 ff. Was an der
zweiten Stelle vom bhinna gesagt wird, wird an der ersten dem
khanda zugeschrieben. Vom bhinna heißt es: bhinno näma jassa
päse kavälabheo; tattha vi thovam thäi „bhinna (ist ein Krug)
an dessen Seite (päse) ein Scherbenbruch ist; auch in ihm bleibt
wenig (thovain)" ; und in der Beschreibung des khanda an der
ersten Stelle, deren Übersetzung ich vorher versuchsweise gegeben
habe, kommen ebenfalls die Worte päsena und thovena vor. Andrer-
seits entsprechen offenbar den Worten jassa ötthä nattlü an zweiter
Stelle jassa kannä bodiyä. Auf jeden Fall ist an der ersten
Stelle der boda ein Krug, der keine Lippen hat, d. h. dessen
Schnauzenränder abgeschlagen sind. Und an der zweiten Stelle
können die Worte jassa kannä bodiyä nur bedeuten: „dessen
Henkel abgeschlagen sind". Die letzte Beschreibung passt ent-
schieden noch besser, da die Henkel doch niedriger liegen werden
als die Schnauze, also der Krug noch weniger fassen kann. Selbst-
1) Am nächsten liegt ohne Zweifel die Übersetzung: „Wenn man will; so
kann man schon mit wenig verstopfen, beim khanda.* Aber offenbar entspricht
doch dem thovena vi rubbha'i das tattha vi thovam thäi auf S. 40, Anm.
Der khanda soll nicht mit dem sampunna verglichen werden, sondern dem
boda, wie ja ausdrücklich der Unterschied dieser beiden festgestellt wird. Des-
wegen fasse ich khande als Nominativ, nehme also die Form der AMg. an,
wie dies ja sicher auch 40, 4. 5 der Fall ist, wenn man nicht khande mit
Haribhadra überhaupt weglassen will. Wie ich schon Grammatik dor PrSkrit-
Sprachen § 20 bemerkt habe, erschwert der Mangel eines Kommentars das
Verständnis des Avasyaka ungemein, so daß vieles leider dunkel bleibt. Übrigens
ist der Vergleich zwischen Töpfen und Schülern , der hier vorliegt , auch
buddhistisch, aber anders gewendet als bei den Jaina; z. B. AnguttaranikSya
I, 3, 30 (S. 130 f.); II, 103 (S. 104); Puggalapannatti IV, 11 (S. 45).
372 Pischel, Gutmann und Gutweib in Indien.
verständlich wird angenommen, daß bei dem Abschlagen der
Schnauze oder der Henkel Löcher im Kruge entstanden sind. Die
Worte jassa kannü bodiyä entsprechen der Beschreibung des
Hundes oben: chinnaJcarnah oder kartttakarnapucchah. Das Wort
boda bedeutet also „abgeschnitten", „abgeschlagen", „abgebrochen",
„abgerissen". Das ist auch die Ansicht von Leu mann, da er zu
dem Eigennamen Bütahnrna bei R. Schmidt, Das Pancatantrarn
(Textus ornatior) . . . übersetzt S. 151 , auf unser boda verweist
und es = bhinna setzt (Verhandlungen des XIII. Internationalen
Orientalisten-Kongresses. Hamburg September 1902. Leiden lUO-i,
5. 28 , Anmerkung *)). boda und khanda sind fast Synonyma.
Und wie khanda „angebrochen", bhinna „zerbrochen* substantivisch
„ Stück", „Teil" bedeuten, so dürfen wir das auch für boda an-
nehmen. Eine engere Bedeutung hat botä in der Sprache der
Bauern von Azamgarh. Hier bedeutet es „logs oder pieces of
wood"1), also „Holzscheit", „Holzblock", „Stumpf". Wie nun eng-
lisches „block" auch im Sinne von „blockhead", französisches buche,
russisches noJI'hHOBKa von no.liHO „Holzscheit" für „Dummkopf"
gebraucht wird, so wird in der Rede des Volkes auch bota „Block".
„Klotz" = „Dummkopf" gewesen sein. So gebrauchen ja auch
wir „Klotz", der Däne „Klods", der Russe qypöan.'B für einen un-
beholfenen Menschen , einen Tölpel , und Sanskrit sthida ist =
„klotzig" und „dumm". Die Leute gaben also dem Narren den
Namen „Dummkopf" , der ja in der Tat seiner Erzählung ent-
spricht und sich genau in zwei Fassungen der oben erwähnten
schottischen Volksballade als John Blunt oder Johnie Blunt und bei
Sercambi als Stoltarella wiederfindet. Von den Bedeutungen , die
Hemacandra in der Deslnämamälä für das Wort boda anführt, ist
die Bedeutung „jung", „zart" (taruna) leicht verständlich. So be-
deuten auch bäla, bälisa, mugdha „jung" und „dumm", arbhaka
„Knabe", „Junges eines Tieres" und „Dummkopf", „Einfaltspinsel".
Auch die Bedeutung „sehr tugendhaft" (dharmistha) , „tugendhaft"
(dhärmika) ist nicht ganz unvereinbar, wenn man erwägt, daß
mugdha nicht bloß „dumm" bedeutet, sondern auch „naiv", „un-
schuldig". Wahrscheinlich ist sie aber nicht; eher erwartet man
das Gegenteil, wenn die Grundbedeutung von boda „abgerissen" u.dgl.
ist. So ist bhinna auch = „vom Normalen abweichend* ; chidura
„leicht reißend" ist auch = „betrügerisch", chidra „Loch" auch
„Gebrechen", „Blöße", chinnä auch „Hure". Im Präkrit ist chinno,
chinnälo = „Buhle", chinnä, chinnall „Hure" (Pischel, BB.
6, 97 f.). Ebenso bedeutet im Präkrit muriam „zerbrochen", „zer-
rissen" (trutitam) und mural „die unkeusche Frau" (asati) (Desi-
nämamälä 6, 135). Zu muriam und mural gehören auch Vedisch
1) J. R. Reid, Reports on the Settlement Operations in the District of
Azamgarh and also in Parganas Sikandarpur and Bhadaon (Allahabad 1881),
Appendix Xo. III, p. 72.
Pischel, Gutmann und Gutweib in Indien. 373
müra = [.icÖQog, morus und Sanskrit märJcha, dessen Gleicksetzung
mit gotisch -malsks nicht befriedigt. Wahrscheinlich haben wir
auch im Sanskrit das Suffix -kha anzunehmen, das ich im Präkrit
reichlich belegt habe (Grammatik der Präkrit -Sprachen § 206). Es
liegt auch wohl vor in sukha, duhkha, mayükha, deren Herleitung
bisher nicht genügend ist. Zu derselben Sippe wird Vedisch mür,
d/iuir gehören (Geldner, Vedische Studien 2, 16 ff.). Ich ziehe
alle zu mr himsäyäm, wovon Vedisch mürnd „zerbrochen", wie
muriam = trutitam. Die Bedeutungsentwicklung ist dann ganz
dieselbe wie bei bodo „abgebrochen", „Stumpf, „Dummkopf. Mit
dem Begriff des „Brechens", „Zerbrechens" verbanden die Inder
aber auch den der „Falschheit", „Schlechtigkeit", wie die angeführten
Beispiele bhinna, chidura, chldra, chinnü, Präkrit chinno, chznnälo,
chinnäli, mural zeigen. So ist auch bhanga „Zerbrechen" =
„Falschheit", „Hinterlist", bhahgura ist „zerbrechlich", bliahgurävat
„tückisch". Auch für boda werden wir daher eher die Bedeutung
„schlecht", „betrügerisch" erwarten, als die Bedeutung „fromm",
„tugendhaft". Und in der Tat geben ja, wie vorher angeführt,
die Scholiasten zu Häla 550 dem Worte boda die Bedeutung
„schlecht", „böse" {dusta). Wahrscheinlich liegt also bei Hema-
candra wieder eines seiner zahlreichen Versehen vor, auf die Sieg-
fried Goldschmidt, Deutsche Literaturzeitung 2, 1109, und ich,
Grammatik der Präkrit-Sprachen § 36 aufmerksam gemacht haben.
Er fand vermutlich in seinen Quellen bodo dhärmike , was als
bodo 'dhärmike zu fassen war.
Inschriftlich findet sich bota im Personennamen Botaka, im
Territorialnamen Vota und am Ende des Klosternamens Rankabota
(Fleet, Corpus Inscriptionum Indicarum 3, 31, Anmerkung 1).
Auch der Personenname Bhotavarmadeva (Kielhorn, A List of
the Inscriptions of Northern India No. 594) gehört vielleicht hier-
her. In Territorialnamen kann bota = „Abschnitt" = „abgegrenztes
Gebiet" sein. Als Eigenname ist Botaka wohl dem Sinne nach
= Brutus.
bota bedeutet also 1) abgeschnitten , abgebrochen , abgerissen
2) gerissen, durchtrieben, schlecht 3) rissig, brüchig, schwach, zart,
jung 4) m. a) das abgebrochene Stück, Scheit, Stumpf, Klotz
b) Dummkopf, Tölpel.
374
Neue Fragmente des Thargum jeruschalmi.
Dr. M. Ginsburger.
Im Gedenkbuch zur Erinnerung an David Kaufmann bat
M. Gaster unter mehreren Geniza-Fragmenten auch ein Bruchstück
eines Thargum jeruschalmi veröffentlicht (Nr. V). Dasselbe wird
auf Seite 226 folgendermaßen beschrieben: „Papier ein Blatt, 17 cm
lang und ursprünglich mindestens 12 — 13 cm breit, die rechte Hälfte
ist aber fast ganz weggerissen und nur einige Zeilen haben sich
ganz erhalten. Die Schrift ist ebenfalls kursiv." Es ist ganz un-
zweifelhaft, daß wir es hier, wie Gaster richtig hervorhebt, mit
einem Stücke des sogenannten Fragmententhargum zu tun haben,
da öfters Textstellen aus der Mitte oder dem Ende eines Verses
angeführt werden. Bei einem vollständigen Thargum hingegen
würden höchstens die Anfangsworte eines Verses zitiert werden.
Es dürfte nun nicht überflüssig sein, diese Fragmente auf ihr
Verhältnis zu den uns bekannten Versionen hin zu prüfen und die
hieraus sich ergebenden Schlußfolgerungen bezüglich der Thargum
jeruschalmi-Frage überhaupt zu ziehen. Da jedoch Gaster nur eine
Abschrift des ihm zu Gebote stehenden Textes gibt, müssen wir
denselben zunächst , soweit als möglich , zu ergänzen und zu ver-
bessern suchen. Ich lasse daher denselben nochmals hier folgen,
nachdem ich ihn nach denselben Prinzipien behandelt habe, die auch
in meinem Fragmententhargum (Berlin 1899) zur Anwendung ge-
langten. Die in eckige Klammern eingeschlossenen Satz- und Wort-
teile sind Ergänzungen aus den uns erhaltenen Versionen des pal.
Tharcrum , statt der Zitate des Textes sind die Verszahlen gesetzt.
Deuteronomium.
Kap. I.
-y] -psim rtaiNi btf^ii^ ba as> [nizw b^ba-n fifwams 'pb^N (1
[wN-n--:a] nbn ■pnb ^:to mon •>& [wmi na*]a pa^m [iirm
3NK1 R"h»ö[3i] bfina* "»aa »n^iw "pab narrn« -ooi tmiaa
->■=> ['m ana^na "prp] ba> -rzyra ■piaai yc: rttss yob rrcnc"^
Ginsburger, Neue Fragmente des Thargum jeruschalmi. 375
n-:- ':[;• iwip] -pnra-iR ta^ao brb [-in] -j-jrx p püiacrR
snmw [-1:] inbniDR -h R-'b-bn p*D3> '"■■ rpci r»i by yrz—z-
■jinlER vj p">oa> ban bR'niB-n R3^Rb -pb^-n Rbn -pa^a» irr,] pRsn
n-nxnai [ynn -paa ^at] b-bp mba^:[-i] -pin j-rtsnba Rpa'ü -jcc:
f-p-Va^a 172N pmaan Rba->3>] p'Di' b^T mra-a v ba> -—--;.•: bsa
pannaR er [2"p] ii [etta^p -pab isnen ibib-« pam] i-Parnmab
TT-iNT ntnwb [pirnam n:-:t pcm apy] :;'i pnaf aa* wns« n*
br -£'n n:[^:o »ama rrm pn^cm] ri"[iaa] -prpba» -- «ja^p
.... (7 .... pnaaaTiR ^aip yinpjnKi "pmam .... (2 i-pa-oin
pnO-imi] .... (41 . . . . aba pb« (36 (28 misis babi
.... Rn^s-na» .... (44 (43 :RTiüb p:c-:b
Kap. IL
(13 i-.'-ma (11 (10 jnbaairi (8
.... «ipiiop ]» ips: -n ■«pmBp (23 (20 .... Rma 'mn: m
m ... (34 . . . . p rraib rp tppm rrm-i m 'n rypR .... (30
.... ■»T'^np ba
Kap. III.
'jct Rma ... (9 ... «iita .... (5 .... n:-2— j .... (4
hwsn ... (16 .... [oJnp-'DRi «ii'iip mnri 13> . . . . (14 ni-pca
ynawi v-"""" (18 : Rna-HM p snn'nEB] (17 Rbna
■n br p^Rün br p*rnrtan p-ain ba» p^aa [Rn]->bna pnoi (29
:--;■•: Rrm'ü [">nböb ppans]
Kap. IV.
■jiobm (9 . . . rra-ra [-p-snln Rbi ... (2 .... [bR^ur pnai (1
**ra yr,[am nain] ... (26 ?R-<niz}a oiir -h ... (17 ... yinm
. . . ["prR]l BUH« p
Kap. V.
[BTBca] n-wi imbDi sman D-»bst (8 .... iirn Rb (7
. . . . K3H»b mnn p Rina [rvfim 3Hbn Ry-iR]a rvR"n b^bn
,-,:p fib^R panbR '- Rin R3R DTW T:cr Rb (9
376 Ginsburger, Neue Fragmente des Thargum jeruschalmi.
Bemerkungen.
Zu 1, 1: Statt i:y lese ich mit Fragm. (edd.) ■>:? ; cod. Vat.
T,:y . Statt nbrt würde man mit den anderen Versionen Nbn er-
warten , doch wird in diesem Stücke auch sonst noch oft ti statt
n gebraucht; vgl. nut-iba, mura, nb^n, inDiD^ü, ":n. Die
Worte bNlü)"1 "^n fehlen in den übrigen Versionen und sind ver-
mutlich auch liier nur auf Rechnung des Abschreibers zu setzen.
mffi'nSN gibt hier keinen Sinn ; cod. Vat. und cod. Par. lesen
nU5"isrPN, edd. und Ps. Jon. mü^Enfct; der Abschreiber hatte wohl
die spätere Form nunEPN vor sich. p2n ist offenbar verschrieben
aus fiEö. Auch die Form !"HiU3> Ti-in läßt die verhältnismäßig
späte Abfassungszeit bezw. die Unkenntnis des Abschreibers ersehen ;
cod. Vat. hat ->-i02> "rnn, cod. Par. u. edd. ~\py iin. Nach "^-iüdn,
wofür die anderen Versionen ttlttON haben, muß unbedingt in resp.
N-- hinzugefügt werden. Hierauf folgt in cod. Vat. tt^UJ bwb
ü^C'. Nach dem zweiten p"<D3> ist vielleicht ND73 zu ergänzen.
■jmb^' ist nach cod. Par. in 'prpby zu emendieren. Übrigens scheint
dieser Fehler schon sehr alt zu sein, so liest cod. Nor. "pDnb^ "H,
woraus die Ausgaben *p^nbi» ^1 und cod. Vat. -pom-nN "H ge-
macht haben. Die Schlußworte '"pr^mn b» ncoi sind durch die
im Sifre z. St. sich findende haggadische Auslegung veranlaßt, nach
welcher 2!~;t "H auf das goldene Kalb zu beziehen ist. Diese Aus-
legung gibt auch Ps. Jon. in den Worten biP3> nmn br ■i"b "IED1
Nnrn. Da jedoch in unserem Bruchstück gerade der entscheidene
Ausdruck weggelassen ist, so ist auch dieser Umstand wieder ein
Beweis dafür, daß der Abschreiber eine ältere Vorlage benutzt aber
nicht verstanden hat.
Zu 1, 44: Statt NrP"»3>T)3 liest Ps. Jon. wohl richtiger Nni^^lN.
2, 13. Ps. Jon. liest N^Tnü statt Nvna.
2, 23. N-'pmsp ist verschrieben aus ■'Npmsp „die Kappadokier".
2, 30. "üJpi und rppm ist in ■'TüpN und Eppm zu verbessern,
und "p gehört noch zu diesem Verse.
2, 34. Bei v^"p fehlt ein Jod am Schlüsse.
3, 4. n ist wohl in b umzuändern und dieses zu Nb zu ergänzen.
3, 14. Das 73 in -ip^oi ist verschrieben aus N.
3, lti. Auch die ganz unmögliche Forcn niriiro zeigt wiederum
die Unwissenheit des Schreibers; es muß natürlich myxn heißen.
4, 26. TD ist zu emendieren in ]"]" . . . und zu ergänzen in
"jTOin, während "p-ns verschrieben ist aus yv-\z ; Onkelos hat ^i^sa.
5, 9. In laon fehlt natürlich das n.
Wenn wir nun dieses Bruchstück mit dem entsprechenden Ab-
schnitte in den uns bekannten Versionen vergleichen, so gelangen
wir zu folgendem Ergebnisse : Es enthält, rein äußerlich betrachtet,
manche Übersetzungen, die in unseren Fragmententhargumen fehlen,
während andere in unseren Versionen sich findende dort vermißt
werden. Der zweite Vers des ersten Kapitels war vermutlich auch
Ginsburger, Neue Fragmente des Thargum jeruschalmi. 377
in dem Bruchstücke ursprünglich vollständig übersetzt. Dagegen
fehlt hier das Thargum zu 1, 24; 3, 2. 23;" 4. 7. 24. 44. 48, das
sich in cod. Vat. und den edd. vollständig findet, vollständig ist
in diesen Versionen ferner übersetzt 2, 8 ; 3, 17; in unserem Bruch-
stücke dagegen nur fragmentarisch. Fragmentarisch übersetzen unsere
Versionen 1, 3; 3, 11. 24: 4, 18. 20. 33. 34. 42: wo unser Bruch-
stück kein Thargum hat, Dagegen hat resp. hatte unser Bruchstück
eine (fragmentarische) Übersetzung zu 1,7. 28 36. 41. 43: 2, 10.
11. 13. 20. 23. 30. 34; 3, 4. 16. 18; 4, 1. 2. 9. 17. 26; 5, 7
wo in unseren Versionen keine Übersetzung mehr sich findet.
Cod. Par. übersetzt bei dem betreffenden Abschnitte überhaupt
nur 1. 1. 2 und 3, 29 vollständig und 3, 11 fragmentarisch. Unser
Bruchstück stimmt also quantitativ mit keiner der uns erhaltenen
Rezensionen überein.
Auch bezüglich des qualitativen Verhältnisses haben wir schon
oben einige Verschiedenheiten hervorgehoben. Hier ist noch Folgen-
des hinzuzufügen : Zu 2 , 8 hat unser Bruchstück nur das Wort
nb:.:ir, das vermutlich ursprünglich einem Tharg. jer. , welches
"lia TPSS3> beibehielt, als Variante hinzugefügt war, spätere Alt-
schreiber hingegen nahmen diesen Vers vollständig in ihr Fragmenten -
thargum auf. Ebenso verhält es sich mit 3, 17, wo 8H3172 ~" Nr-:- ' "
in N-r-n: yz Nnra-ua N7:;rp rTO-'BUJ mn zu ergänzen sein wird.
Auch diese Variante wurde von einem späteren Abschreiber aus
Onkelos vervollständigt, da Ps. Jon. ganz verschieden übersetzt.
(Vgl. Einleitung zu meiner Ausgabe des Ps. Jon. pag. XIV.)
Der Umstand, daß an acht Stellen unser Bruchstück kein
Thargum hat, während sich ein solches in einigen unserer Versionen
findet, bildet wiederum einen Beweis dafür, daß es verschiedene
Rezensionen des Thargum jeruschalmi gegeben hat. An sieben
Stellen fehlt auch das Thargum in cod. Par. , und was die achte
betrifft (3, 11), wo dieser Kodex die Var. "p Di es 3 hat, so ersehen
wir aus Ps. Jon., daß das in Frage kommende Textwort n3"i auch
in manchen Handschriften des Tharg. jer. wie bei Onkelos nicht
übersetzt wurde. Ganz ebenso wird es sich wohl auch mit den
übrigen Stellen verhalten. Hier zeigt sich übrigens auch deutlich,
daß die Annahme, als hätten wir in den Fragmententhargumim nur
Variantensammlungen aus dem Thargum jeruschalmi zu Onkelos zu
sehen , nicht stichhaltig ist , da das Fehlen so vieler Varianten in
zwei so verschiedenen Texten wie unseres Bruchstückes und des
cod. Par. gar nicht zu erklären wäre. Ein solches Faktum kann
unmöglich bloß auf der Nachlässigkeit der Abschreiber beruhen.
Hingegen erklärt es sich uns ganz leicht, wenn wir annehmen, daß
diese fragmentarischen Übersetzungen die Varianten ("psibTl) ver-
schiedener Rezensionen des Thargum jeruschalmi darstellen. Da
nämlich die von den beiden Abschreibern benutzt <'ii Rezensionen
mit einander übereinstimmten an den in Rede stehenden Stellen,
lag für die Anführung einer Variante ein Anlaß nicht vor.
378 Ginsburger, Neue Fragmente des Thargum jeruschalmi.
Umgekehrt muß der Schreiber unseres Bruchstückes an allen
den Stellen , wo er eine (fragmentarische) Übersetzung hat resp.
hatte, auch in den ihm bekannten Kezensionen des Thargum jeru-
schalmi verschiedene Lesarten vorgefunden haben, die er sich dann
notierte. Es wird sich der Mühe verlohnen auf diese Fälle etwas
näher einzugehen. Sie lassen sich unter folgende Kategorien zu-
sammenfassen:
1. Verschieden sowohl von Ps. Jon. wie von Onk. sind:
1, 7 (■'TlB'O Ps. Jon. ifcVHJ Onk. ■'iTpa'ö).
2, 11 ([?"p^] -pnnxi Ps. Jon. = Onk. »■»"Ina).
2, 34 (iTmp Ps. Jon. = Onk. ^Smp C,"n1"ip))-
4, 9 (-prrm -psbrn Ps. Jon. ■pansibm Onk. yirsminm).
4, 17 (öiü"1 Ps. Jon. «ms Onk. ms).
5, 8 (rnnn Ps. Jon. = Onk. snb?:).
5, 9 (iirp Ps. Jon. -jN:p Onk. N3p).
2. Gleichlautend sowohl mit Ps. Jon. wie mit Onk. sind:
1, 36 Ojnbfc); 1, 41 (pio^b yirmffli); 5, 7 (^irr ab).
3. Gleichlautend mit Onk. und verschieden von Ps. Jon. sind :
2, 30 (rrrrn Ps. Jon. rrrrm R-iSf).
3, 4 (nriina Ps, Jon. fiWiinB).
4, 26 (y^B oder snnsü Ps. Jon. N^-imöä).
5, 9 (naon (vgl. a. cod. Par. zu Ex. 20, 1) Ps. Jon. -p-iaor.).
4. Gleichlautend mit Ps. Jon. und verschieden von Onk. sind :
2, 13 ((«irnö) smü Onk. -iit).
2, 23 (S^p-nBp Onk. N^püisp).
3, 16 (nvatn Onk. na).
3, 18 (-pma Onk. i?nTtt).
4, 1 (ins Onk. -i-D).
4, 2 (-p^ssn Onk. -pr;7:r).
Daß die unter 2 und 3 zusammengestellten Fälle keine Vari-
anten zu Onkelos darstellen können, liegt klar auf der Hand.
Dagegen ist es sehr wohl denkbar, daß manche Rezensionen des
Thargum jeruschalmi in allen diesen Fällen verschiedene Lesarten
hatten. Die unter 1 und 4 erwähnten Übersetzungen finden sich
zum überwiegenden Teile auch sonst in den Fragmententhargumim.
Jedenfalls dürften diese kurzen Bemerkungen einen genügenden
Beweis dafür bilden , daß es im höchsten Grade wünschenswert
wäre, wenn auch die übrigen aus der Geniza stammenden Thargum -
fragmente möglichst bald einem weiteren Publikum zugänglich ge-
macht würden.
379
Über Bhagavadgita, II, 4G.
Dr. Ferdinando Belloni-Filippi.
yävän artha udapäne sarvatah samplutodalce |
tävän sarvesu vedesu brähmanasya mjänatah \
In den „Melanges Kern. Leide 1903, S. 141 — 143u lesen wir
eine neue, von Prof. Pavolini vorgeschlagene Interpretation dieser
Stelle. So scharf und geistreich ist sie, daß es fast unmöglich ist,
auf den ersten Blick nicht davon überzeugt zu sein. Unterzieht
man sie aber einer eingehenden Prüfung, so wird dem Philologen
nicht entgehen, daß dieselbe eine Künstelei verrät, die sich mit der
klassischen Einfachheit des epischen Stils kaum verträgt.
Wir wollen unsere Auffassung der in Frage stehenden Stelle
derjenigen Pavolini's entgegenstellen. Sie stützt sich ebenso auf
philosophische und grundsätzliche, wie auch auf philologische und
grammatikalische Kriterien : wir werden mit den ersten anfangen.
Es ist eine stete und hervorragende Eigentümlichkeit der phi-
losophischen Systeme Indiens , in ihrer historischen Entwicklung.
den neuen Wein in alte Schläuche zu füllen, so daß wir eine un-
unterbrochene Folge von Systemen vor uns haben, die alle, selbst
das atheistische Sämkhyam , als orthodox gelten wollen. Sri es,
daß die Anhänger der neuen Systeme sich unter den Schutz der
vedischen Flügel flüchteten, sei es, daß die Priesterschaft die neuen
Lehren an den schweren Wagen des Wissens anzuspannen suchte,
soviel bleibt doch gewiß, daß Altes und Neues zu einem homogenen
Ganzen zusammengefügt wurde.
In solchem Verhältnis steht nun die Bhagavadgita, ein höchst
orthodoxes Werk, zur früheren Vedenlitteratur. Wie „der G
des Erhabenen" die wesentlich verschiedene Lehren des Sämkhyaii
und des Yoga zu vereinen sucht, so verknüpft er sich selbst mit
dem früheren vedischen Wissen, dessen Autorität er nicht bestreitet,
obschon er keinen Nutzen darin sieht, wenn es nicht richtig erklärt
und verstanden wird. Demgemäß, obgleich er das Wori des Veda
„puspitäm väcam (II. 12a)" nennt, bezeichnet er doch als navi-
paäcitas11 nur diejenigen, die „Nichts anderes (außer dem-
Bd. LVIII.
380 Belloni-Fttippi, Über Bhagavadgltä 11,46.
selben) ist" sagen, womit keineswegs behauptet wird, daß auch
diejenigen navipascitasu seien, die das Wort des Veda nach den
Absichten des Yoga verstehen und ergänzen. Ist nicht im XV. adh.
(22 — 23) gesagt, daß, wer die Anweisungen der Sästra's, der kano-
nischen Werke, verwirft, nicht die Vollkommenheit und demnach
nicht das höchste Ziel erlangt?
In gleicher Weise beachte man, mit wievielem Takt der Verfasser
sich benimmt, wenn er von den Kasten spricht, einem schwierigen
Gegenstand, weil sie zu stürzen Ketzerei, sie unbedingt beizubehalten
Verleugnung der eigenen Grundsätze gewesen wäre. „Auch die-
jenigen", heißt es (IX, 32), „deren Geburt die Folge in früherem
Dasein begangene]- Sünden ist, d. h. Weiber, Vaisya, Südra, erlangen
das höchste Ziel, wenn sie sich auf mich stützen." Die Worte:
„Auch diejenigen (t/e 'pi)* zeigen, daß es sich nicht um ein plötz-
liches Umstoßen der vorigen Anordnungen, sondern um ein Ausdehnen
der Vorrechte der oberen auf die niederen Kasten handelt.
Aus diesem Grunde meinen wir, daß Prof. Pavolini mit seiner
Interpretation: „Conie quando si puo disporre di una massa sovra-
bbondante d'acqua , nessuna utilita viene da una piccola cisterna,
cosi a chi e immerso nella contemplazione del Brahman , gioia
suprema e infinita. nessuna utilita viene dai Veda, piccolo ricetta-
colo di gioie limitate e radicate nel karman* nicht das Richtige
getroffen habe, wenn er seine Auslegung auf die enge Verknüpfung
des 46. sl. mit dem 45. gründet, und diesen letzteren im Sinne
einer Verwerfung der vedischen Lehre auffaßt , welche ihres trai-
gunyavisayatvam wegen nur zur Erlangung des karmaphalam
dienen kann. Das beabsichtigt, wie uns scheint, der Verfasser nicht.
Von dem 40. sl. an hat Krsna, wie er selbst im 39. sl. angekündigt,
über den Grundcharakter des Yoga zu sprechen angefangen, dessen
Praxis nach Aufhebung des Bewußtseins der Vielheit
strebt. Durch den samädhi, Absorption, worin Subjekt und
Objekt, Seele und Gott, so völlig ineinander fließen, daß das Be-
wußtsein des eigenen Subjektes ganz erlischt, erlangt man dieses
Ziel. Um sich eben in samädhi zu versenken, soll Arjuna nistrai-
gunya werden, d. h. sich dem objektiven Dasein der Tätigkeit und
den Geschäften desselben entziehen. Deßhalb meinen wir, daß dieser
4-"). sl. vielmehr mit dem 44. logisch verbunden werden soll, weil
in diesem letzteren die noch mit Genuß- und Herrschbegierde
(d. h. mit den Antrieben der guna, der eigenen angeborenen Kräfte)
behafteten Menschen, für des samädhi unfähig erklärt werden. Dem-
zufolge setzt der 45. sl. die Kennzeichnung des Yoga fort und läuft
nicht etwa auf die Geringschätzung der Vedalehre hinaus, sondern
betont die Tatsache, daß der yogin, nicht der Vedaanbänger nistrai-
gunya sei: Also ist der 46. sl. selbständig und verleiht dem ganzen
Inhalt der sll. 41 — 45 einen sehr wirksamen Abschluß, indem er
sie in einem Bilde zusammenfaßt.
Ist es uns, wie wir hotten, gelungen, den Charakter der Bhag.
Belloni-Filippi, tjber Bhagavadglta II, 46. 381
im Verhältnis zur früheren Yeclenlitteratur darzustellen, so springt
der Sinn der in Frage stehenden Stelle von selbst in die Augen.
Eben weil aus einer entgegengestellten Voraussetzung ausgegangen,
hat Prof. Pavolini, wie wir meinen, nicht das Richtige getroffen.
Verleitet von dem Gedanken, daß für denjenigen, welcher zur Atma-
lehre gelangt ist, die Vedalehre absolut nicht nützlich sei, ist er
gezwungen worden , udapüne in dem Sinne von alpodapäne auf-
zufassen, während udapäna ein „großer Brunnen" ist, wie es sich
auch aus MBh. V, 46, 26:
yathodapäne mahati sarvatah samplutodake \
evam sarvesu vedesu ätmänam anujänatah \\
nachweisen läßt, worin offenbar udapäne und mahati untrennbar sind.
Allerdings umgeht Prof. Pavolini in dieser letzten Stelle die
Schwierigkeit, indem er nach yathodapjäne ein Komma setzt {ya-
thodapäne , mahati sarvatah samplutodake) ; aber niemand wird
diese willkürliche Interpunktion gutheißen, da die Pause, von Natur
aus, am Ende des ersten päda mit der Cäsur zusammenfällt und
den Halbsl. in seine natürliche Hälfte zerteilt :
yathodapäne mahati \\ sarvatah samplutodake \
Außerdem bezeichnet das Adj. maliant keine Quantität, sondern
Dimension, und seine Bedeutung ist „groß", nicht „viel". In
diesem letzten Sinne würde der indische Verfasser vielmehr das
Adj. bahu oder bhüri angewandt haben.
Übersetzen wir aber udapäna mit »großer Brunnen", so paßt
das Bild eines großen Brunnen durchaus zum Veda, dem unendlichen
Ozean der aus den verschiedensten Quellen zusammengeflossenen
Lehren. Wie hätte der Dichter diese ungeheuere Masse mit einem
kleinen Brunnen vergleichen können ?
Wir meinen dagegen, daß das Bahuvrihi-Kompositum saijijiln-
todake sich ganz natürlich als abhängig von udapcme ergebe, weil hier,
abgesehen von den oben angeführten Gründen, der absolute Lokativ
überaus hart klingt, wie denn auch den indischen Kommentatoren,
Samkara, Bämänuja, Nllakantha, nie eingefallen ist, samplutodake
vom udapäne abzutrennen. Nach unserer Meinung ist der Sinn
des in Frage stehenden Verses: „Wie viel Nutzen (d. h. wenigen
Nutzen) man aus einem (großen) Brunnen, worin Wasser von allen
Seiten zusammenfließt, ziehen darf, ebensoviel ist aus allen Veden
vnin Kenner des Brahman's zu ziehen". Das will sagen, daß. wer
zur Brahmanerkenntnis gelangt ist, nur einen kleinen Teil des un-
geheueren Vedeninhalts benutzen kann, d. i. jenen Teil, der der
eigenen Weltanschauung entspricht, gerade wie man auch alles
Wasser eines großen Brunnen nicht benutzen kann , sondern nur
soviel davon nimmt, als dem eigenen Bedarf entspricht.
Damit wird die Annahme bestätigt, dal.i die Vedas vifl In
;;<-_> Belloni-l'iUppi, über BhagavadgUa II, 46.
nutzes enthalten , woraus aber der Weise den sära auszuziehen
weiß, dem Spruche1) entsprechend:
anubhyaJ ca mahadbhyas ca sästrebli ydh kudalo narah \
sarvatah säram ädadyät puspebhya iva satpadah \\
Ond daß diese Interpretation mit den indischen Ansichten im Ein-
klang steht, beweist auch der Spruch2):
upakartum yathä svatyah samartho na tathä mahän \
prayah küpas trsäm hanti satatam na tu väridhih \\
Übrigens steht unsere Interpretation mit denjenigen von Eämänuja
und Nllakantha in Einklang, wenn sie auch von allen europäischen
und von manchen indischen Erklärungen abweicht.
So am Ende unserer Argumentation angelangt, wollen wir die
angeführten Gründe der Reihe nach kurz zusammenfassen :
I) Die Bhag. ist ein orthodoxes Werk, das die vedische Lehre
nicht geringschätzt; sie knüpft dagegen an früheres Wissen an und
sucht Neues auf Altes zu pfropfen.
II) Der 46. sl. ist nicht mit dem 45. verknüpft, vielmehr bildet
er, sozusagen, den Schlußsatz der in den sll. 41 — 4-5 enthaltenen
Bestimmung des Yoga.
III) In dem in Frage stehenden sl. ist udapäna nicht als ein
„ kleiner Brunnen" aufzufassen; die Parallelstelle MBh. V, 46, 26
beweist dagegen durch ihren „udapäne maltaü* , daß es sich hier
um einen „ großen Brünnen" handelt.
IV) Endlich ist samplutodahe als der natürliche bahuvrihi des
vorangehenden udapäne und nicht mit Prof. Pavolini als absoluter
Lokativ aufzufassen.
1) Böhtlingk, Ind. Spr.2 121.
2) ib. 1271.
383
Bemerkungen zu vorstehendem Aufsatz.
Von
Hermann Jacobi.
Zu vorstehendem Artikel Herrn Dr. Belloni's, der mir in der
Hauptsache das Richtige getroffen zu haben scheint, sei es mir ge-
stattet einige Bemerkungen hinzuzufügen.
Der erste Päda des in Rede stehenden Verses geht auf einen
Jonicus a minori aus : udapäne. Dieser Ausgang ist verhältnismäßig
selten, cf. Gurupüjäkaumudl p. 51, und verlangt nach dem für alle
selteneren Vipulä- Arten geltenden Gesetze vor sich Cäsur und schwere
Silbe. Letzteres Erfordernis ist vernachlässigt; der Vers ist also
metrisch anstößig. Wir dürfen ihn darum nicht verwerfen, noch
„verbessern", aber wir dürfen fragen, warum der Autor dem Vers-
maße Gewalt auzutun sich nicht gescheut habe. Betrachten wir
nun den von Pavolini zum Vergleich herangezogenen Vers Sanatsu-
yätiya VI, 26 (yatho \lapäne mahali sarvatah sainplutodake \ evam
sarvesu vedesu ätmänam anujanatah), so fällt die gleiche elliptische
Sprache bei Verwendung gleicher Ausdrücke auf. Diese Umstände
legen die Annahme nahe, daß der Autor auf ein damals bekanntes
Sprichwort Bezug genommen und einige Stichwörter desselben in
seinen Vers hineingezwängt habe, unbesorgt, ob Metrum und Kon-
struktion litten. Denn der dem Leser bekannte Sinn des Sprich-
wortes ließ ihn das nur andeutungsweise Gesagte leicht verstehen
und aus sich ergänzen. Dieser Sinn aber dürfte wohl derselbe ge-
wesen sein , der in der von Belloni angeführten Strophe enthalten
ist, und daraus ergibt sich dann als Sinn unserer Stelle : wie jemand
aus ''inem Gewässer nur soviel entnimmt wie er gebraucht, so auch
der erleuchtete Brahmane aus allen Veden.
Damit ist nun nicht gesagt, daß die Veden viel Unnützes ent-
hielten, sondern nur, daß der erleuchtete Brahmane nichl alles
gebraucht . was der Veda lehrt ; ebensowenig wie jemand a lies
Wasser eines Sees gebraucht, das darum doch nicht unnütz ist,
weil er es nicht gebrauchen kann. Es fragt sich also: was soll
der erleuchtete Brahmane aus dem Veda nehinin ?
In der Beantwortung dieser Frage dürfen uns die einheimischen
Kommentatoren nicht ohne weiteres als Gewährsmänner dienen.
;',S4 Jacobi, Bemerkungen zu vorstehendem Aufsatz.
Denn die Stifter der großen Sekten, wie Samkara, Rämänuja, Madkva,
hatten oder setzten sich die Aufgabe, die Upanisaden, Brahma-Sütra,
Bhagavadgitä und andere Werke so zu erklären, daß sie mit ihren
eigenen Lehren zusammenstimmten ; namentlich mußte die Bhaga-
vadgltä zu dergleichen Bestrebungen herausfordern, weil sie ja das
Textbuch einer Sekte war, aus der diejenigen des Rämänuja etc.
hervorgegangen sind; daher denn auch die übrigen Erklärer sektarisch
befangen der Bhagavadgitä gegenüberstehen und folglich ihren An-
sichten, wo es sich um prinzipielle Punkte handelt, wenig objektiver
Wert beizumessen ist. Wir müssen also versuchen den Zusammen-
hang der Stelle, in welcher der fragliche Vers vorkommt, aus sich
selbst zu verstehen, nicht aber ganz „ voraussetzungslos ", sondern
auf Grund der in der Bhagavadgitä vorausgesetzten philosophischen
Ideen. Diese waren die in philosophischen Sütra's niedergelegten.
Denn 13, 4 beruft sich der Srlbhagavän auf die Brahmasütrapada's ;
das Uttara-Mlmämsä Sütra bestand also, und a fortiori auch die
Pürva-mimämsä. Daß auch die Lehren des Sämkhya-Yoga (des
philosophischen, nicht des epischen) im MBh. vorausgesetzt werden,
habe ich GGA. 1897 S. 268 ff. gezeigt1); doch kann hier davon ab-
gesehen werden. In unserer Stelle handelt es sich um eine Frage,
in welcher Pürvä und Uttarä Mimämsä weit auseinandergehen.
Die Pürva -Mimämsä stellt bekanntlich den Grundsatz auf, daß der
einzige Zweck des Veda sei, die „ Werke" zu lehren: ämnäyasya
kriyärthatväd änarthakyam atadarthänäm I, 2, 1 (cf. Samkara zu
V. S. 1,1, 3); für sie sind also die Werke das Höchste, was der
Veda lehrt, und der Lohn der Werke das Höchste, was man durch
ihn erreicht. Hiergegen behauptet die Uttara -Mimämsä, daß die
Brahmaerkenntnis das Höchste sei, was der Veda lehre, und daß
für den, der sie erreicht hat, die Verpflichtung der Werke aufhöre.
Die neue Lehre, die in der Bhagavadgitä vorgetragen wird, suchte
zwischen diesen einander widersprechenden Ansichten, die beide eine
gewisse Autorität besaßen, zu vermitteln, soweit dies bei absolutem
Widerspruch möglich ist. Sie erkannte also den Grundsatz der
Mlmämsaka's nach seiner praktischen Seite an 11,47, karmäny
evä ,dhikäras te, „du hast die Verpflichtung zu Werken"; aber
der Lohn der Werke ist darum nicht das Höchste, denn du sollst
nicht nach diesem streben : mä phalesu kadäcana -) ; auch soll der
versprochene Lohn nicht die Veranlassung zu den nötigen Werken
sein mä karmaphalahetur bhüh. In diesen drei Pädas des 47. Vei>es
ist die Polemik gegen die Mlmämsaka's resümiert, die mit Vers 42
beginnt: yäm imäm puspitäm väcam pravadanty avipascitah
1) Auf die grundlegende Wichtigkeit dieses Beweises muß immer wieder
hingewiesen werden; denn wenn der epische Sämkhya selbst den philosophischen
als ursprünglich anerkennt, so wird keine Überredungskunst uns veranlassen,
diesen aus jenem abzuleiten.
2) Man konnte sagen: es heißt zwar ^jyotistomeua svargakämo jajeta11 ,
nicht aber „svargalömo bhavet* etc. doch zeigt das mä, daß ein Verbot gemeint.
Jacobi, Bemerkungen zu vorstehendem Aufsatz. 385
vedavädaratäh Partita nänyad astltl vädlnah || Aber trotz dieser
teilweisen Ablehnung der Mlmärpsä-Lehre pflichtet die BhagavadgTtä
doch nicht dem Vedänta bei, bezüglich des naiskarmanya-, denn
jener Vers 47 schließt mit den Worten: mä te saiigo 'stv akar-
mani1). Zwischen der Polemik gegen die Mimämsä-Lehre 42 — 45
und dem Verse 47 steht nun unser Vers yävän artha udapäne etc.
Er muß also, wenn er nicht den Zusammenhang der ganzen Stelle
sinnlos zerreißen soll, etwa folgenden Sinn haben : ein erleuchteter
Brahmane nimmt aus den Veden das Nötige, (abgesehen von der
Offenbarung des Brahma) die Verpflichtung zu Werken ; aber er
kümmert sich nicht um die Verheißung des Lohnes, der ihm gleich-
gültig ist. Er handelt, weil der Veda (bez. die Pflicht) es so will,
nicht aus einem eigennützigen Motiv. Dies „handle, weil es Pflicht
ist, nicht um des Erfolges willen" ist ja der Gedanke, der den
Ausgangspunkt für die ganze BhagavadgTtä bildet.
Bei der vorgetragenen Erklärung fällt der Verdacht weg, daß
die BhagavadgTtä den ganzen Veda mit Ausschluß des jnänakhända
verwerfe; sie tritt auch nicht geradezu feindlich gegen den karma-
märga und den jrtänamärga auf, sondern nimmt von beiden soviel
als nötig ist, ohne ihnen bis zu abstrusen Konsecpienzen zu folgen.
Um zu diesen nicht gezwungen zu werden, weist sie einen neuen
Weg, den bhaktimärga, der der einzig gangbare für das praktische
Leben ist ; und es ist natürlich , daß die Darstellung der neuen
Heilslehre zunächst sich mit den beiden bestehenden Heilsmethoden,
dem karmamärga und jnänamärga, auseinandersetzte, wie es auch
im Anfang der BhagavadgTtä geschieht.
1) Dieser Gedanke wird im 3. Adhyäya weiter ausgeführt.
386
Ein astronomischer Beitrag
zur Exegese des Alten Testaments.
C. V. L. Ckarlier,
Professor der Astronomie zu Lund.M
Einleitungsweise möchte ich über die Orientierung der Kirchen
und Tempel einige Tatsachen erwähnen, die vielleicht nicht all-
gemein bekannt sind.
Die christlichen Kirchen des Mittelalters sind , wenigstens in
vielen Fällen, nach der Sonne orientiert, und zwar so, daß die Achse
der Kirche (Richtung vom Altar zum Eingang) gegen denjenigen
Punkt am Horizont gerichtet ist, wo die Sonne am Gedenktag des
Schutzheiligen der Kirche untergeht. Diese Orientierung ist, wie
Verf. gezeigt hat2), bisweilen so genau, daß man mit ihrer Hülfe
astronomisch das Alter der Kirchen bestimmen kann.
Diese Orientierungsweise , die beim ersten Anblick künstlich
und eigentümlich vorkommen könnte, findet ihre einfache, und höchst
interessante, Erklärung, wenn man die Orientierung der vorchrist-
lichen Tempel näher untersucht. Eine solche Untersuchung ist von
Nissen und Lockyer in bezug auf verschiedene solche Tempel
vorgenommen worden, und besonders hat Lockyer hinsichtlich
der altägyptischen Tempel umfangreiche Untersuchungen angestellt.
Es hat sich dabei ergeben , daß die altägyptischen Tempel (und
Pyramiden) in bestimmter Weise zum Aufgangspunkte (oder Unter-
gangspunkte) der Sonne oder der Sterne orientiert sind. So war
z. B. ein Isistempel gegen den Aufgangspunkt des Siriussterns ge-
richtet, ein Tempel, der dem Sonnengott Amon-Re gewidmet war,
war mit seiner Achse gegen den Aufgangspunkt der Sonne bei der
Sonnenwende gerichtet u. s. w. Es hat sich außerdem bei diesen
Untersuchungen herausgestellt, daß die Erklärung dieser Orien-
tierungsweise im Bedürfnis einer genauen Kenntnis der Länge des
[1) Ich bin weit davon entfernt, jede Annahme zu unterschreiben, die
dieser Aufsatz enthält, hielt aber seine Ausführungen über die Beziehungen des
israelitischen Hauptheiligtums und seines Kults zur Sonne für beachtenswert
genug, um ihm hier Aufnahme zu gewähren. Der Redakteur.]
_' i Vierteljahrschrift der astronomischen Gesellschaft 1902.
Charlier, Ein astron. Beitr. z. Exegese d. Alten Testaments. 387
bürgerlichen Jahres — des Jahreszeitjahres — zu suchen ist. Im
besonderen lag es den Ägyptern am Herzen, den Zeitpunkt der
Überschwemmungen des Nüs (welche bei der Sonnenwende statt-
fanden) kennen zu lernen. Die alten Tempel sind deswegen als
die ältesten Sternwarten zu betrachten, und die Tempelpriester in
Ägypten und Babylon sind die ältesten Astronomen, welche den
Grund zu unserer jetzigen Kenntnis des Weltgebäudes gelegt haben.
Die astronomischen Entdeckungen, welche die Priester gemacht
hatten, waren indessen zu kompliziert, um in ihrer wahren Form
dem Volk mitgeteilt zu werden. Andererseits lag es im Interesse
der Priester , um ihre Macht zu bewahren , die Methoden zu ver-
heimlichen, welche ihnen gestatteten, das Eintreffen gewisser Natur-
ereignisse — wie das Steigen des Nils — vorauszuberechnen. So
kam es. daß die astronomischen Wahrheiten in mythologischer Form
mitgeteilt wurden . und es gehört viel Geschicklichkeit und viel
Geduld dazu, um aus den mythologisch-religiösen Verkleidungen
die zu Grund liegenden astronomischen Begriffe herauszufinden.
Besondere Aufmerksamkeit verdienen die Zeremonien , welche
mit der Verkündigung des Steigens des heiligen Flusses verbunden
waren. An einem bestimmten Tage wurden der König und das
Volk vor den Tempel des Sonnengottes gerufen. Sowie die Sonne
aufging, zeigte sich dabei tief im Inneren des Tempels — im Naos,
im Allerheiligsten — der Sonnengott selbst, und verkündete damit,
daß das Steigen des Nils bevorstand 1). Es unterliegt keinem Zweifel,
daß diese Manifestation des Gottes durch die Sonnenstrahlen, welche
längs der Achse des Tempels fielen , hervorgerufen wurde. Die
große Länge der Tempel (der große Tempel des Amon - Re in
Karnak hat eine Länge von 400 — 500 Meter) -) machte die ägyp-
tischen Tempel zu ganz vorzüglichen Fernrohren und erlaubte den
Zeitpunkt für den Aufgang der Sonne in der Richtung des Tempels
mit großer Schärfe zu bestimmen. Die Klappen und übrigen An-
ordnungen längs der Tempelachse ermöglichten die Erscheinung des
„ Gottes" im Naos in prachtvollster Weise zur Ausführung zu bringen.
Nach dieser Einleitung gehe ich zum eigentlichen Zweck dieses
Aufsatzes über. Es liegt, nach den eben gemachten Erörterungen,
der Gedanke sehr nahe, für die Orientierung des Tempels der
Hebräer eine Erklärung in der ägyptischen Orientierun -weise zu
suchen, und in der Tat hat Lockyer3) auf diese Schlußfolgerung
schon aufmerksam gemacht. Ich habe den Gedanken Lockyers
weiter verfolgt, und zwar indem ich die Stellen des Alten Testa-
ments, welche mit dieser Frage in Zusammenhang stehen, unter-
sucht habe.
Bekanntlich war der Tempel der Hebräer — sei es. dal.) es
sich um die Stiftshütte in der Wüste oder um die verschiedenen
1) Lockyer 1. c. Kap. X. 2) Ebd. 1. c. S. 100.
:;. Ebd. 1. c s. 92.
388 Charlier, Ein astron. Beitr. z. Exegese d. Alten Testaments.
Tempel in Jerusalem handelt — mehr oder weniger genau von
Ost nach West orientiert. Da, wie es scheint, die Kommentatoren
hierüber einig sind, so mag es hier genügen, auf die Beschreibung
der Stiftshütte Exod. 26 und des Salomonischen Tempels in 2 Chron. 4
hinzuweisen. Wenn der Tempel in Ost-West steht, mit dem Eingang
gegen Ost, so können die Strahlen der aufgehenden Sonne an zwei
Tagen des Jahres längs der Tempelachse fallen, nämlich am Früh-
lingsäquinoktium und am Herbstäquinoktium.
Gibt es nun in den Schriften der Hebräer einige Andeutungen
oder Beweise dafür, daß man im religiösen Kultus sich dieser Orien-
tierung des Tempels in bezug auf die Sonne bedient hat?
Um diese Frage zu beantworten , müssen wir die Lage der
Äquinoktialtage im hebräischen Kalender bestimmen. Meine Ver-
suche, diese Bestimmung auszuführen , waren indessen anfangs fast
vergebens , da die Kalenderangaben in der Bibel sehr auseinander-
gehen. Erst als ich die Ergebnisse der Bibelkritik zu Hülfe nahm,
und somit die verschiedenen Verfasser im Pentateuch auseinander-
halten konnte, war es mir möglich, die Widersprüche zu erklären.
Die Priester schrift bildet eine Hauptquelle der Kenntnis
des hebräischen Kultus , und es war mir deswegen vor allem von
Gewicht, diese Quellenschrift aus der Bibel auszuscheiden. Infolge
meiner mangelhaften Kenntnisse der Resultate der modernen Bibel -
kritik habe ich mich einer solchen Bibelausgabe bedienen müssen,
wo die genannte Quelle besonders bezeichnet ist, und zwar habe
ich zu diesem Zweck den von Strack und Zö ekler heraus-
gegebenen „ Kurzgefaßten Kommentar zu den heiligen Schriften
Alten und Neuen Testaments" benutzt. Der Inhalt der Priester-
schrift ist daselbst mit Schwabacher-Schrift besonders hervorgehoben.
Es ist mir nicht bekannt, inwiefern diese Bibelausgabe dem Stand-
punkt der modernen Pentateuchkritik entspricht. Indessen zeigt die
innere Übereinstimmung der Angaben über das Kalenderwesen, daß
die Ausgabe wenigstens in dieser Beziehung völlig befriedigend ist.
Für die Beurteilung der Kalenderangaben der Priesterschrift
ist die Festlegung des ungefähren Zeitpunktes des Niederschreibens
dieser Schrift von Bedeutung. Es scheint , daß man in bezug auf
diesen Zeitpunkt insofern einig ist, als man ihn wenigstens nicht
v o r das Exil verlegt. Soweit ich gesehen habe , nimmt man im
allgemeinen an, daß der Hauptteil der Priesterschrift ungefähr um
500 v. Chr., also in nachexilischer Zeit verfaßt ist. Hieraus kann
man den für die hier vorliegende Untersuchung wichtigen Schluss
ziehen, daß der Verfasser der Priesterschrift mit dem Kalender der
Babylonier vertraut war, und man könnte sogar a priori erwarten,
daß er sich bei den Zeitangaben dieses Kalenders bedienen wird.
In der Tat ist dies auch der Fall. Die Babylonier haben ein sog.
gebundenes M o n d j a h r benutzt 1). Das gewöhnliche Baby -
1) Vergleiche B. M. Lersch, Einleitung in die Chronologie, S. 187
Gharlie/r, Ein astron. Beitr. z. Exegese d. Alten Testaments. 389
Ionische Jahr war ein Mondjahr mit 354 Tagen, aus zwölf Monaten
bestehend, die abwechselnd aus 29 und 30 Tagen bestanden. Um
die Übereinstimmung mit dem Sonnenjahr zu erhalten und um den
Äquinoktialtagen eine annähernd feste Stellung im Kalender zu
geben , hat man zu geeigneten Epochen einen Schaltmonat ein-
geschaltet.
Ähnlich ist der Kalender der Priesterschrift. Unter einem
Jahre versteht sie einen Zeitraum von 354 Tagen. Über die Methode,
einen Schaltmonat einzuschieben , scheint sie zwar nicht im klaren
zu sein , jedoch war eine solche Einschaltung notwendig , da man
bestrebt war , die religiösen Feste zu bestimmten Jahreszeiten zu
feiern.
"Wenn die Priesterschrift über die Begebenheiten alter Zeiten
berichtet , so bedient sie sich dieser Chronologie , genau wie man
heutigen Tages beispielsweise die Daten der römischen Geschichte
nicht nach dem römischen Kalender, sondern nach dem christlichen
angibt. Ein bekanntes Beispiel dieser Art1) ist der Bericht der
Priesterschrift über die Sintflut, die nach dieser Quelle vom 17. Tage
des zweiten Monats bis zum 27. Tage des zweiten Monats im fol-
genden Jahre dauerte (Gen. 7, 11 und 8, 14). Das macht ein Jahr
(Mondjahr = 354 Tage) und 11 Tage (also zusammen 365 Tage)
für die Dauer der Flut, und diese Zeitbestimmung findet ihre
natürliche Erklärung in der Annahme, daß eine alte Tradition be-
standen hat, nach welcher die Sintflut ein Jahr (Jahreszeitjahr =
Sonnenjahr) gedauert haben sollte-). (In der unten zitierten Archäo-
logie von Benzinger wird auf die chronologische Bedeutung des
Sintflutberichtes aufmerksam gemacht. Indessen zieht er merk-
würdigerweise daraus den Schluß , daß das älteste hebräische Jahr
nach der Anschauung der Priesterschrift ein reines Mondjahr
gewesen sei , eine Erklärung , die offenbar die Sachlage auf den
Kopf stellt.)
Was die Lage der Äquinoktialtage im Kalender von P3) be-
trifft, so war man offenbar bestrebt, den Anfang des Jahres un-
gefähr auf das Frühlingsäquinoktium zu verlegen. Es war offen-
bar nicht möglich, eine solche Übereinstimmung genau zu erhalten,
wenn man ein (gebundenes) Mondjahr anwandte. Die Monate wurden
in P nur mit Zahlen bezeichnet , und wir können also davon aus-
gehen, daß das Frühlingsäquinoktium ungefähr auf den ersten Tag
des ersten Monats fiel4). Dies angenommen, ist es leicht, den Platz
des Herbstäquinoktiums im Kalender von P zu bestimmen. Der
Zeitraum zwischen Frühlingsäquinoktium und Herbstiiquinoktium
1) Vergleiche Benzinger, Hebräische Archäologie, S. 198.
2) Dieser Bericht ist auch eine Stütze für die Annahme , die ich sehr
plausibel finde, daß der vor exilische Kalender (wenigstens der Mosaische Kalen-
der) auf dem Sonnen jähre beruhte.
3) Ich bezeichne im folgenden nach üblicher Sitte die Priesterschrit't mit P.
4) Vergleiche Exod. 12, 2.
390 Charlier, Ein astron. Beitr. z. Excr/ese cl. Alten Testaments.
— den man gewöhnlich als das Sommerhalbjahr bezeichnet
- wechselt etwas infolge gewisser astronomischer Verhältnisse.
Jetzt beträgt das Sonnenhalbjahr 186,5 Tage und zur Zeit der
Niederschrift von P (also um 500 v. Chr.) hatte es eine Länge von
186,i Tagen1). Da ein halbes Mondjahr 177 Tage beträgt, so
mußte also, nach der gemachten Voraussetzung über das Frühlings-
äquinoktium, das Herbstäquinoktium auf den 10. Tag
des siebenten Monats fallen.
Nach diesen einleitenden astronomisch -kalendarischen Unter-
suchungen kehren wir zur Frage der Orientierung des hebräischen
Heiligtums zurück. Der Tempel war in Ost- West orientiert, und
die Strahlen der aufgehenden Sonne konnten am Frühlingsäqui-
noktium oder am Herbstäquinoktium längs der Tempelachse fallen.
"Wenn die Orientierung religiöser Bedeutung war, so ist wahrschein-
lich, daß man bei einer dieser Gelegenheiten, oder bei beiden, ein
größeres religiöses Fest gefeiert haben muß. Dies ist auch tat-
sächlich der Fall. Der große Versöhnungstag der Hebräer wurde
nämlich — und wird noch in unseren Tagen — am 10. Tag des
siebenten Monats gefeiert (Lev. 16, 29; 23, 27; 23, 32 u. a,). Es
ist also aus kalendarischen Gründen wahrscheinlich , daß das Ver-
söhnungsfest zur Feier des Herbstäquinoktiums eingerichtet war.
Ich werde im folgenden versuchen, diese Behauptung durch
andere Gründe zu erhärten, und zwar indem ich den Beweis führen
will, daß am Versöhnungstage die Strahlen der Sonne
längs der Tempelachse in das Aller heiligste gefallen
sind und daß eine Offenbarung Jahwes (ein „ Leuchten
des Angesichts Jahwes") damit in Verbindung gestanden hat.
Erstens war es nur an einem Tage, und zwar am Versöhnungs-
tage, dem Hohenpriester erlaubt, in das Allerheiligste einzutreten
(Exod. 30, 10, Lev. 16, s. auch Josephus „De Bello Judaico1" Lib. VI,
Cap. VI). Dies Gebot ist sehr natürlich, wenn das Versöhnungs-
fest mit dem Aufgangspunkt der Sonne am Horizont in Verbindung
stand. Tatsächlich hätte man zweimal im Jahre ein solches Fest
feiern können. Daß es nur einmal im Jahre gefeiert wurde , ist
aus der Schwierigkeit, zu dieser Zeit den Zeitpunkt der Äquinoktien
genau zu bestimmen , leicht erklärlich. Vielleicht wurde von den
Priestern der Zeitpunkt, wann die Strahlen der Sonne im Frühling
längs der Tempelachse fielen, durch direktes Beobachten fixiert,
und aus früherer Erfahrung wußte man dann , daß das Herbst-
äquinoktium — und somit das Versöhnungsfest — 186 Tage später
gefeiert werden konnte. Es war offenbar von einer natürlichen
Vorsicht geboten, sich auf ein solches Fest im Jahre zu beschränken.
Im Zusammenhang hiermit steht das Gebot: „Wer der Wohnung
Jahwes sieh nähert, stirbt" (Num. 17,28). Von den Söhnen Aarons,
1) Vergleiche die Schrift des Verfassers: „Contributions to the Astrono-
mical Theorv of an Ice-aee". Plansch III.
Charlier, Ein astron. Beitr. ~. Exegese d. Alten Testaments. ■ 391
Nadab und Abihu. wird erzählt, daß sie ihm „fremdes Feuer" dar-
gebracht hätten. „Da ging- Feuer von Jahwe aus und verzehrte
sie" (Lev. 10.3). In Num. 4 wird sehr ausdrücklich vor dem
Hineingehen in das Allerheiligste. sogar davor, ihm zu nahen, ge-
warnt. „Aaron und seine Söhne sollen das Heiligtum und alle
Geräte des Heiligtums beim Aufbrechen des Lagers vollständig be-
decken", damit die Träger „nicht an das Heiligtum rühren und
infolgedessen sterben". Die Schätze des Heiligtums müssen ein
Geheimnis der Priester bleiben. „Nicht aber sollen sie (die Träger)
hineingehen, um auch nur einen Augenblick das Heilige zu sehn,
und infolgedessen sterben".
Zweitens: Wenn in der Bibel von einer Offen-
barung der „Herrlichkeit Jahwes" vor dem Volke die
Rede ist, so ist es immer, soweit ich habe konstatieren können,
am V e r s ö h n u n g s t a g e , vorausgesetzt nämlich . daß man den
Zeitpunkt überhaupt näher bestimmen kann. Bei der Einführung
Aarons in sein Priesteramt, die am Versöhnungstage stattfand, heißt
es, nachdem die verschiedenen Opfer dargebracht waren, daß Mose
und Aaron in das Offenbarungszelt hineingingen. „Als sie heraus-
traten, segneten sie das Volk. Da erschien die Herrlichkeit Jahwes
dem ganzen Volke , und Feuer ging von Jahwe aus und verzehrte
auf dem Altar das Brandopfer und die Fettstücke. Und das ganze
Volk sah es; da jauchzten sie und fielen auf ihre Angesichter"
(Lev. 9, 23. 24).
Im Bericht über die Empörung Qorachs (Num. 16) wird er-
zählt, daß „die Herrlichkeit Jahwes der ganzen Gemeinde erschien"
und daß „Feuer von Jahwe ausging und 250 Männer verzehrte".
Aus den Versen Num. 17, 11. 12 (Aaron nahm das Räucherwerk
und schaffte Sühnung für das Volk) kann man schließen, daß diese
Erzählung auf einen Versöhnungstag verlegt ist. Die Einweihung des
Salomonischen Tempels geschah am Versöhnungstag (IlChron. 7, 7 ff.).
Auch bei dieser Gelegenheit zeigte sich die Herrlichkeit Jahwes.
Von dieser Regel, daß Jahwe nur am Versöhnungstage sich
dem Volk offenbart hat, gibt es in Exod. 40, 34 eine scheinbare
Ausnahme. Bei der Aufrichtung und Einweihung des Heiligtums
in der Wüste wird erzählt, daß die Herrlichkeit Jahwes die Wohnung
erfüllte, so daß Mose nicht in das Offenbarungszelt zu kommen ver-
mochte. Diese Einweihung geschah indessen (Exod. 40,17) „im
ersten Monat im zweiten Jahre, am ersten des Monats", also beim
Frühlingsäquinoktium und nicht am Versöhnungstag (Herbstäqui
noktium). Da aber auch beim Frühlingsäquinoktium die Sonne im
Osten aufgegangen ist, so war es, wie schon hervorgehoben wurde.
kein Hindernis, auch dann mit Hülfe der Sonne eine Offen-
barung Jahwes zu erhalten. Diese Ausnahme ist also nur eine
Bestätigung der Regel.
Die Worte der priesterlichen Segensformel „Jahwe lasse sein
'.\\)'2 Chariter, Ein astron. Beitv. z. Exegese d. Alten Testaments.
Angesicht zu dir hin leuchten" (Num. 6, 25) bilden einen Wider-
klang der Offenbarungen Jahwes am Versöhnungstage.
Drittens weiß man. daß beim Versöhnungsfest wirklich etwas
geleuchtet hat, offenbar durch die Bestrahlung der Sonne. Man
findet dies in einer beachtenswerten Stelle bei J o s e p h u s aus-
drücklich gesagt. Er schreibt1): „Ex lapillis enim quos Pontifex
in humeris gestabat (sardonyches erant quorum naturam nulli non
notam narrare supervacnum puto) micabat alter quoties
litatum esset, is qui dextrum humerum occupabat, tantum-
que fulgorem e mittebat, ut proculetiam intuentibus
conspiceretur, idque praeter naturam suam et consuetudinem.
Quod certe admirationem meretur apud omnes, nisi si qui ex con-
temptu religionis sapientiae opinionem aucupantur. Sed mirabilius
est quod nunc dicturus sum. Per duodecim gemmas, quas in pec-
tore pontifex insutas esseni gestat, in bello victoriam prse-
nunciare Deus solebat. Nam priusquam exercitus se
moveret tantus fulgor ex eis e micabat, ut toti popolo
facile innotesceret, adesse Deum, opemque et auxilium
suum invocantibus allaturum, qua propter Grseci qui a nostra reli-
gione non abhorrent cum hoc miraculum pro compertissimo habeant,
ita ut negari non possit, essena vocant logion, hoc est, oraculum".
Nicht weniger interessant sind die folgenden Zeilen desselben
Kapitels: „Desiit tarn essen quam sardonyx fulgorem
emittere annis ducentis ante quam haec commentare-
m u r , i r a t o D e o propter 1 e g u m suarura prgevarica-
tionem".
Es kann kaum als zu kühn oder als unberechtigt betrachtet
werden, wenn man mit Lockyer, der auf diese Stelle bei Jo-
se p h u s aufmerksam gemacht hat , annimmt , daß dies sonderbare
Leuchten der Steine auf der Brust des Oberstpriesters durch die
Bestrahlung der Sonne hervorgebracht wurde. Lockyer gibt auch
(1. c. S. 93) eine einfache Erklärung der von Josephus im letzten
Stück behaupteten eigentümlichen Tatsache , daß die Steine die
letzten zweihundert Jahre vor Josephus nicht geleuchtet hatten.
Ich komme unten auf diese Frage zurück.
Viertens gibt Ezechiel (43,1 ff.) eine Schilderung der
Offenbarung Jahwes, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig-
läßt: „Da hieß er mich nach dem Tore gehen, dem Tore, das in
der Richtung nach Osten schaut, Und siehe, die Herrlichkeit
des Gottes Israels kam des Weges von Osten daher ! Und
ihr Schall war gleich dem Schall mächtiger Wasser, und die Erde
leuchtete von seiner Herrlichkeit .... Da fiel ich auf mein An-
gesicht. Und die Herrlichkeit Jahwes zog in das Haus ein auf
dem Wege des Tores, das in der Richtung nach Morgen schaut.
1) Antiquit. Judaic. Lib. III, Cap. IX. Es steht mir nur eine alte Aus-
gabe der Werke von Josephus vom Jahre 1617 zur Verfügung.
Charlier, Ein astron. Beitr. z. Exegese d. Alten Testaments. 393
Da hob mich der Geist empor und brachte mich nach dem inneren
Vorhofe, und siehe, es erfüllte die Herrlichkeit Jahwes das Haus".
Wer kann bezweifeln , daß man hier vor einer Schilderung
eines äquinoktialen Sonnenaufgangs steht, der in direkten Zu
sammenhang mit der Offenbarung Jahwes im Tempel gesetzt wird !
Das Buch vonEzechiel enthält eine Fülle von interessanten
Einzelheiten, die mit der hier behandelten Frage im Zusammen-
hang stehen. Meine mangelhaften Kenntnisse der Bibelkritik und
auch Mangel an Zeit haben mir indessen nicht erlaubt, auf diesen
Punkt näher einzugehen, obgleich die Arbeit ohne Zweifel eine sehr
lohnende wäre. Ich kann indessen diejenige Ansicht sehr wohl
verstehen, die aussagt, daß der unbekannte Vei'fasser der Priester-
schrift und der Verfasser des Buches Exechiel einander nicht allzu
fremd sein können.
In welcher Weise hat man das Leuchten des Angesichts
Jahwes zustande gebracht? Die Frage ist nicht leicht zu be-
antworten, indessen scheint es nicht unwahrscheinlich, daß man sich
zu diesem Zweck eines Hohlspiegels bedient hat. Dafür sprechen
die Erzählungen (Lev. 9, 24, Num. 16, 35, II Chron. 7, 1), wie am
Versöhnungstage Feuer von Jahwe ausgegangen ist und das Brand-
opfer auf dem Altar verzehrt hat. Das Kunststück des Propheten
Elia (I Kön. 18, 38) in seinem Wettkampf mit den Baalspriestern
vor dem König A h a b , wo er das Brandopfer mit Hülfe des Feuers
Jahwes verzehren läßt, ist leicht zu erklären, wenn er die Wir-
kungen eines konkaven Spiegels gekannt hat oder wenn sogar zu
dieser Zeit der (hypothetische) Hohlspiegel des Salomonischen Tempel
in seinem Besitze war. Die vom Propheten Samuel (I Sam. 10)
veranstaltete Losung, durch welche Saul von Jahwe als König aus-
erlesen wurde , kann mit einem Spiegel ausgeführt worden sein.
(Das Volk war „vor Jahwe" gerufen und stand wahrscheinlich,
wie gewöhnlich, im Vorhofe oder vor dem Eingange des Tempels.)
Die U r i m und die Tummim, von denen in Exod. 28, 30
berichtet wird : „Und in den Brustschmuck der Entscheidung lege
die Urim und die Tummim ; und sie sollen auf dem Herzen Aarons
sein, wann er hineintritt vor Jahwe" (vergl. Lev. 8, 8, Deut. 33, 8),
und der verwandte (oder identische) Ephod (I Sam. 23,9 und
30, 7 u. a.) sind für die Aufklärung der vorliegenden Frage von
der größten Bedeutung. Sowohl Urim und Tummim wie der Ephod
hatten die Aufgabe, die Antworten Jahwes auf gewisse Fragen zu
geben , und zwar wurden diese Fragen am Versöhnungstage
gestellt, was ich daraus schließe, daß im (babylonischen) Talmud
die Vorschriften über Urim und Tummim im Traktat Joma, der
vom Versöhnungstage handelt, mitgeteilt werden1). Schon der
Name Urim deutet auf etwas leuchtendes hin. Die ("iottossprücht'
1) Der babylonische Talmud in seinen ha»gadischen Bestandteilen, heraus-
geg. von Wünsche, 1886, I., S. :^T'.> u. a.
394 Clutrlicr, Ein astron. Beitr. z, Exegese d. Alten Testaments.
durch Urim und Tummim wurden also wahrscheinlich beim Herbst-
äquinoktium mit Hülfe der Strahlen der aufgehenden Sonne und
einem Spiegel oder einem Edelstein erhalten. Man könnte geneigt
sein , die Hypothese aufzustellen , daß im Salomonischen Tempel
(und vielleicht auch in der Stiftshütte) im Allerheiligsten ein ver-
hältnismäßig großer konkaver Spiegel aufgestellt war, mit Hülfe
dessen die Offenbarungen Jahwes am Versöhnungstag und die be-
gleitenden AVunder (Verzehrung des Brandopfers u. a.) zustande
kamen, und daß dieser Spiegel bei der Eroberung Jerusalems (oder
in anderer Weise) zerstört wurde und ■ — nach dem Exil — durch
einen Sardonyxstein (oder einen Brustschild), wie es Joseph us
erzählt, ersetzt wurde.
Daß , wie Josephus 1. c. erzählt , der Brustschild und der
Sardonyxstein die letzten 200 Jahre vor Josephus nicht ge-
leuchtet haben, ist sehr natürlich, wenn man die für diesen Zweck
sehr ungeeignete Zeitrechnung der Hebräer nach dem Exil in
Betracht zieht. In einem gebundenen Mondjahr wechseln die Data
für die Äquinoktien um einen ganzen Monat, und es konnte als
ein wahrer Zufall betrachtet werden, ob am zehnten Tag im siebenten
Monat die Strahlen der aufgehenden Sonne in das Allerheiligste
fallen würden oder nicht. Ein verhältnismäßig kleiner Fehler im
Kalender mußte genügen, damit die Lichteffekte am Versöhnungs-
tage ganz ausblieben.
Die Art und Weise, in welcher die Offenbarungen Jahwes am
Versöhnungstag in vorexilischer Zeit zustande gebracht wurden, muß
wohl vorläufig als eine offene Frage betrachtet werden. Ich erachte
es indessen durch die obigen Auseinandersetzungen als bewiesen,
daß der Versöhnungstag zur Feier des Herbstäquinoktiums eingesetzt
war , daß die Orientierung des hebräischen Tempels in Ost -West
mit diesem Fest im Zusammenhang stand, und daß die Offenbarung
Jahwes (am Versöhnungstage) durch die Strahlen der zur Zeit des
Herbstäquinoktiums aufgehenden Sonne erzeugt wurde.
Auf eine Schwierigkeit hat mich Dr. S. A. Fries in Stock-
holm aufmerksam gemacht, daß nämlich der Versöhnungstag nur
in der Priesterschrift und nicht in den älteren Quellen erwähnt wird,
was auf ein relativ junges Alter dieses Festes zu deuten scheine.
Ich habe zwar meine eigene Hypothese, um diese Anomalie zu er-
klären, glaube aber klüger zu tun, wenn ich die Erklärung der
letzteren den Fachgelehrten überlasse.
395
Die alttestameutliche Bezeichnung der Götzen mit
Von
Wolf Wilhelm Grafen Baudissin.
Zu der Erklärung des Wortes D^blbä einen neuen Beitrag zu
liefern, gibt mir Veranlassung, daß das aus einer griechisch-palniy-
renischen Bilinguis schon seit lange bekannte palmyrenische Nbba
bisher noch nicht dafür verwertet woi'den ist. Dies Wort ist aller-
dings identisch mit dem schon von Gesenius für die Deutung von
Ö^biba herangezogenen biblisch-aramäischen bba Esi\ 5, 8; 6, 4. Aber
der Umstand, daß in der Bilinguis Nbbü und bx^h] \i&Lv}) einander
entsprechen, nötigt zu weitern Erwägungen. Indem ich ihnen nach-
ging, sah ich, daß auch die Übertragungen des Wortes D">blbjl in den
alten Übersetzungen einer Untersuchung bedürftig sind. Die Prüfung
der griechischen Übersetzungen ergibt jedenfalls negativer Weise,
vielleicht auch positiv, ein Resultat, das nicht ohne Belang ist für
die Annahme einer alten Tradition über die Bedeutung des Wortes.
Das an und für sich nicht eben besonders wichtige Verständnis
der Bezeichnung der Götzen mit D">bnba dient, wenn ich richtig
sehe, zur Bereicherung unserer Kenntnis von einer bestimmten Vor-
stellung derjenigen Religionen , mit welchen die alttestamentliche
gekämpft hat, um ihre Eigenart zu entwickeln, obgleich sie — und
zwar auch mit Bezug auf diese einzelne Vorstellung — aus dem
selben Boden heraus erwachsen war wie jene Dienste der „Götzen".
1.
Das Wort D^blba läßt sich in sicher vorexilischen Stellen des
Alten Testamentes nicht nachweisen. Von den 48 Belegen fallen
39 auf Ezechiel (c. 6, 4. 5. 6. 9. 13 [zweimal]; 8, 10; 14, 3. 4 [zwei-
mal]. 5. 6. 7; 16, 36; 18, 6. 12. 15; 20, 7. 8. 16. 18. 24. 31. 39
[zweimal]; 22, 3. 4; 23, 7. 30. 37. 39. 49; 30, 13; 33, 25; 36, 18.
25; 37, 23; 44, 10. 12), 6 auf das Königsbuch und zwar auf Stellen,
welche der Redaktion angehören (1 Kön. 15,12; 21,26; 2 Kön.
17, 12; 21, 11. 21; 23, 24); einmal kommt das Wort im Deutero-
nomiuru vor, in der deuteronomistischen Stelle c. 29, 16, einmal in
Bd. LVIII. 26
396 Baudissin, Die alttestam. Bezeichn. der Götzen mit gilluhm.
dem Schlußabschnitt des Heiligkeitsgesetzes Lev. 26, 30 und einmal
im Buche Jeremia in einem nachexilischen Abschnitt c. 50, 2.
Bei diesem Sachverhalt ist es an und für sich nicht unmög-
lich, daß das Wort ö^b-iba von Ezechiel, der es so oft gebraucht,
geprägt worden ist; denn die Stellen im Königsbuch könnten etwa
einer nachezechielischen Redaktion angehören ; auch für Lev. 26, 30
ist nachezechielische Abfassungszeit möglich und für Deut. 29, 16
nicht ausgeschlossen. Es ist aber doch kaum anzunehmen, daß das
Wort so spät gebildet wurde, da Ezechiel es als ein allgemein ver-
ständliches verwertet. Eine verächtliche Bedeutung, die ihm in
der Zusammenstellung mit den Götzenbezeichnungen O^l^a „Scheu-
säler" (Deut. 29, 16; Ez. 20, 7. 8; 37, 23) und niarin' „Greuel"
(2Kön. 21, 11; Ez. 6, 9; 14, 6)1) offenbar beigelegt wird, konnte
aus der alttestamentlichen Anwendung des Stammes bba und seiner
andern Derivata für ein neugebildetes Wort kaum von vornherein
deutlich erkennbar sein.
Von der vorliegenden Punktation D^blbä und D^bba (letzteres
nach der Masora Deut. 29, 16 und überall im Königsbuch-)) ist
für die ursprüngliche Wortform abzusehen. Die Punktation ent-
spricht derjenigen der andern Götzenbezeichnung D^SFljvTZp und beruht
wahrscheinlich auf erst später entstandener Aussprache. Auch mit
einem dritten Nomen derselben Form, d-'S'Öj? , das nur einmal vor-
kommt (Jes. 57, 13), scheinen die Götzen gemeint zu sein. Die
ursprüngliche Aussprache des jedenfalls zunächst nbbs geschriebenen
Wortes läßt sich nicht mehr ermitteln. Eine Vermutung darüber
wird erst am Schlüsse dieser Untersuchung am Platze sein.
2.
Die LXX hat nicht mehr ein sicheres Bewußtsein der ur-
sprünglichen Bedeutung des Woi'tes gehabt. Da ihre Übertragungen
unter einander sehr erheblich differieren , kann höchstens in einer
derselben oder in einer bestimmten Reihe eine auf die alttestament-
lichen Schriftsteller zurückgehende Tradition vorliegen.
In den beiden Pentateuchstellen (Lev. 26 , 30 ; Deut. 29,16)
wird das Wort mit ei'öcola wiedergegeben, ebenso 10 bis 13 mal
in Ezechiel (Ez. 6,5 bei Ar, c. 33, 25 bei A, c. 36, 18 bei A,
fehlt in andern Handschriften), daneben in Ezechiel 15mal iv&v-
[iifjliccTa, 7 mal i7tirr}ÖEVfiara , 2 mal öiavorj^ara , lmal öiuvoiu und
in A lmal ßöelvyfiara (c. 30, 13). Unter den 6 Stellen des Königs-
buches haben 4 Stellen ei'öcokcc (2 Kön. 17, 12; 21, 11. 21; 23, 24)r
1) Der Parallelismus Ez. 30, 13 mit der Götzenbezeiclmung ö-OVN, die
jedenfalls, welchen Ursprung sie immer gehabt haben mag, im Alten Testament
in verächtlichem Sinne gebraucht wird, kommt nicht in Betracht, da der Text
allem Anschein nach verderbt ist.
2) S. Baer zu 1 Kön. 21, 2G.
Baudissin, Die alttestam. Bezeichu. der Götzen mit gillüUm. 397
eine iTtixrjöiv^iccxa (1 Kön. 15, 12) und eine ßöeXvyfxaxci (1 Kön.
21, 26). Jer. 50, 2 fehlt das Wort in LXX.
Älteste Übertragung ist zweifellos die der Pentateuchstellen
ei'ScoXa. Neben dieser hat die Übersetzung des Ezechiel, die sie
teilweise beibehielt, selbständig die andern iv&vfxrj^ara , iuix^-
Ö£V[icaa, öucvorjfxaxa, öidvota; das einmalige iTtirrjdev^caa für D^biba
im Königsbuch 1 Kön. 15, 12 ist wohl von der Ezechielübersetzung
abhängig.1) Es ist nicht etwa an verschiedene Hände in der Ezechiel-
übersetzung zu denken, von denen eine mit el'dcoXa, andere mit den
andern Ausdrücken übersetzt hätten; denn el'öcoXcc und die andern
Übersetzungen gehen in denselben Abschnitten bunt durcheinander :
c. 6, 4. 6 el'öcoXa; 6, 9 S7Tizr]Ö£V(icaa; 6, 13 ei'öcoXa; — c. 18 , 6
iv&V(nq(iara', 18,12 ei'öcoXa; 18,15 iv&V(iiq narcc *) ; — c. 23, 7. 30.
37 iv&vntfuccTa; 23, 39 ei'ScoXa; 23, 49 ivd-vfirjuurcc; — c. 44, 10
iv&v[iijn<xT(z; 44,12 ei'öcoXa. Die Einheitlichkeit der Übersetzung
wird dadurch noch wahrscheinlicher, daß, wie weiter unten gezeigt
werden soll, mit gutem Bedacht zwischen den Übertragungen ev-
&v(ii^(icaa, inirif}dev[iata, öiavorjfxara, öiavoia einerseits und ei'öcoXa
andererseits gewählt worden ist.
Bei der Übersetzung mit iv&v(iri[iaza u. s. w. hat der Ezechiel-
übersetzer schwerlich willkürlich gewählte Bezeichnungen der Götzen
gegeben, mit denen er, wie Gesenius meinte3), die „vanitas" der
Götzen zum Ausdruck bringen wollte. Man könnte sie damit etwa als
ein „Erdachtes" bezeichnet finden wollen. In diesem Sinne vielleicht
gibt Hieronymus in seiner „Explanatio in Ezechielem prophetam"4)
1) Die äthiopische Übersetzung hat 1 Kön. 15,12 §7tirri&8V[l{XTa nicht
wiedergegeben, sondern dafür /i^^A^"^ „Götter", was sie sonst im Königs-
buch und Pentateuch für D^blb} bietet, wo die LXX si'dcoXa hat; nur 2 Kön.
21, 11 hat Äth. sidmXoig avx&v als dovXoig avx&v, /\°2*fK.*rt"{J,0^'
verlesen (Dillmann z. d. St.). Daraus ist vielleicht, indessen bei der Besehaffen-
heit der äthiopischen Übersetzung mit keinerlei Sicherheit, zu schliessen, daß
dem Ath. ein LXX-Text vorlag, der 1 Kön. 15, 12 ebenfalls ei'öcoXa bot. In
1 Kön. 21, 26 entspricht dem xcbv ßdeXvyuäxav der LXX /~jf 'fY^Fl i>'lm~
puritas". Statt i%ixr\öev \iax a hat 1 Kön. 15, 12 nur Complut. xa ßötXvyuaxa,
und Slav. gibt anscheinend yeyXv[i^,eva oder „sculpta" wieder (bei Parsons),
vielleicht aber in freier Übersetzung ei'öcoXa oder „simulacra".
2) Der Wechsel der Übersetzung in c. 18, 6. 12. 15 ist durch die Vetus
Latina bezeugt: c. 18,0 „desideria", 18,12 „siniulacra", 18,15 „desideria'1
(vgl. unten S. 398); dagegen hat der altlateinische Text in „ Augustini Speculum"
(ed. Weihrich, Corp. Script. Eccles. Lat. XII, S. 105 f.) an allen drei Stellen
„idola". Der Wechsel des Ausdruckes in LXX ist hier um so auffallender als
es sich in den drei Versen um dieselbe Phrase mit geringer Variation handelt;
die verschiedene Übersetzung hängt damit zusammen, daß v. G und 15 von ta
iv^v[ir][Luxu oi'xov 'IoqcciJX die Rede ist, v. 12 von xä ei'öcoXa ohne den Zusatz
dieses Genetivs (vgl. zur Erklärung der Übersetzung unten S. 401 f.).
3) Thesaurus s. v. D-'blb.'.
4) Opp. ed. Vallarsi Bd. V.
2G*
39 8 Baudissin, Die alttestam. Bezeichn. der Götzen mit gillvMm.
das iv&vii}j(iarci und im,tvj6ev(iatcc der LXX für D^blbs mit der
Übersetzung „adinventiones" (zu Ez. 20, 7. 8. 39; 23, 7. 37) oder
„cogitationes" (zu Ez. 18, 6; 20, 18. 24) wieder. Einmal (zu Ez.
20, 39) hat er für htwr\§ev{ittTU „studia". In der Erklärung von
Ez. 14,3 übersetzt Hieronymus D^blba schwankend mit „immun-
ditiae"1) und, entsprechend dem Siavoiq^axa der LXX, mit „cogita-
tiones" ; er scheint hier an die Götzen überhaupt nicht gedacht zu
haben, da er zu: „posuerunt immunditias suas in cordibus suis, sive
cogitationes" wie etwas davon sachlich Verschiedenes hinzufügt:
„et juxta Symmachum et Theodotionem idola".2)
Jedenfalls ist „adinventiones" keine korrekte Wiedergabe von
i%i,vridsv(iava. In LXX werden £7ti,xi]ösv^axci und sv^vfi^ficcta, wo
sie nicht für D^blba stehen, in der Bedeutung „Anschlag" oder
„Tat" gebraucht, als Übersetzung von n5£3>i?3, fib^b? u. dgl., beide
Wörter speziell auch von der schlechten Gesinnungs- oder Handlungs-
weise als Übersetzung von niT^lö . Die Vetus Latina hat ivd-vfirj-
fiata der LXX Ez. 18, 6 3) und c. 18, 15 4) mit „desideria" und
Ez. 20, 18 5) iTCLtTjdevfKxra mit „[stujdia" wiedergegeben.1')
In dem einen Falle, wo in Ezechiel für O^bibs steht öiuvoux
(c. 14, 4), zeigt der Zusammenhang, daß der Übersetzer überhaupt
nicht an die Götzen dachte : a,TtOKQL&7]60(iai avxco iv olg ive%Etcu i)
diuvoiu uvxov. Ebenso macht Ez. 20, 16: otxlöcü xav ivd-v^^iäxov
KUQÖiag avx&v inoQ£vovxo der Genetiv Kugöiag (gegen den hebräischen
Text) deutlich, daß die Götzen nicht gemeint sind. Demnach nimmt
der Übersetzer zweifellos an, daß D^biba die Bedeutung ölccvoicc u. s. w.
wirklich habe. Der Übersetzer von 1 Kön. 15, 12 hat bei seinem
ETttxr]öcV^axa wahrscheinlich ebenfalls nicht an die Götzen gedacht,
sondern an „Handlungen", nämlich schlechte, welche die Väter
Asas ausgeführt hatten.
Vielleicht hat der Ezechielübersetzer geradezu überall , wo er
mit iv&vfitffxccxcc , e7tirrjdsv(icixa , ömvorj^iaxa übersetzt, das D^blba
nicht als Bezeichnung der Götzen verstanden, sondern im eigentlichen
Sinne von Bestrebungen u. s. w. , nach dem Zusammenhang aller-
dings öfters von solchen Bestrebungen , die sich im Götzendienst
kund tun. Diese Beurteilung ist nicht ausgeschlossen für zwei
Stellen, wo es zunächst anders zu liegen scheint. Ez. 16,36 elg
1) Über die Entstehung dieser Übersetzung s. unten S. 404.
2) Vgl. zu c. 23, 7 für iv&vu7]U(X6i.v „immunditiis (sive adinventionibus)".
3) Fragm. Weingart, bei E. Ranke, Fragmenta versionis S. S. latinae
antehieronymianae, Marburg 1860.
4) Fragm. Weingart, bei E. Ranke, Antiquissimae V. T. versionis Latinae
fnigmenta Stutgardiana, Marburger Universitätsprogramm 1888.
5) Fragm. Weingart, bei Ranke, Fragm. Stutgardiana.
6) Vgl. „studia" bei Hieronymus in der „Explanatio" als Übersetzung des
zweiten lmxrfihv\iv.xu. der LXX Ez. 20, 39. — Ez. 18, 12 gibt die Vetus Latina
ci'doAu wieder mit „simulacra" (fragm. Weingart, bei Ranke, Fragm. Stutg.),
ebenso Ez. 37, 23 (fragm. Wirceburg bei E. Ranke, Par Palimpsestorum Wirce-
burgensium, Wien 1871).
Baudissin, Die alttestam. Bezeichn. der Götzen mit gillulim. 399
nuvxu xu eu9-vj.uji.iata xcov avo(ii&v Gov nal iv xoiq ul'fiuGiv xiov
xexvcov Gov äv edcoy.ag uvxoig scheint das uvxoig zu zeigen, daß mit
xu iv&V(ii]fi(xrcc die Götzen gemeint sind; aber avxoiq kann sich
ebensogut auf das vorhergehende iquGxug Gov „deine Liebhaber",
d. i. deine Götzen, beziehen. Ez. 20, 7 f. scheinen xu inirrjöeviiara
Aiyvnxov, welche die Israeliten „nicht gelassen haben", in Parallele
mit xu. ßöslvynuxu xav 6cp9cd[i(xiv uvxäv die Götter Ägyptens zu
sein. Es ist aber doch sehr wohl möglich, daß die „Handlungs-
weise" Ägyptens und die Greuel, d. i. die Abgötter, hier neben
einander gestellt werden. Auch der Wechsel zwischen iv&v(it'}fiaxu
und ei'daku in ein und derselben Phrase Ez. 18, 6. 12. 15 !) zeigt,
wie weiterhin erörtert werden soll, nicht, daß iv&v(iij[iuTa als Be-
zeichnung der Götzen gedacht ist. Dagegen stände Ez. 23, 37 iv-
-frufU/'fiaT« von den Götzen nach der Lesart: ra ii'Q-vutjuuxu avxwv
ifioi/ävxo, y.ui xu xiv.vu uvxeäv . . . önjyuyov uvxoig dt hmvocov —
es wird aber nach der Übersetzungsart in Ezechiel , die weiterhin
erörtert werden soll, mit A zu lesen sein uvxu statt uvxoig; letzteres
ist eine Korrektur nach dem freilich zweifellos bessern masoretischen
Texte.
Wahrscheinlich kam man zu der Auffassung, daß D-'biba iv-
&V(i^fi<xtcc oder i7rix^öevj.iuxu bedeute , durch Identifizierung der
Stämme bba und bb» auf Grund der Aussprache des y als y, sodaß
Ö^blbü als eine andere Form für nib^b^ „Handlungen" angesehen
wurde.'2) Symmachus und Theodotion haben nach Syro-Hexaplaris
1 Kön. 14, 10 bb.'rt übersetzt mit 6 xalafMOfisvog3) (^XTÜDJ OO)
J.tqX). als ob sie gelesen hätten bbi'n in dem Sinne von b'-"""-
„der Nachlese Haltende" ; auch sie haben offenbar das 3> von bb"
wie ein y ausgesprochen und daraufhin den Stamm bb;. mit 5br
verwechselt. In der Umschreibung der Eigennamen in LXX steht
allerdings , so weit sich urteilen läßt , y für y in den Fällen . wo
dieses dem arabischen t entspricht,4) für y in dem Werte von c
dagegen der Spiritus lenis oder asper. Das hebräische bb" in der
Bedeutung „sich mit etwas beschäftigen", wozu nb">by gehört, ent-
spricht arabischem J^c; man sollte also hier eine Verwechselung
des y mit a nicht erwarten. Die von der LXX gegebene griechische
Aussprache der Eigennamen, besonders der Ortsnamen, stammt aber
zweifellos zum Teil aus älterer Zeit; den LXX-Übersetzern selbst,
wenigstens dem Ezechielübersetzer , wird die Unterscheidung eines
1) S. oben S. 397 Anm. 2.
2) Klostermann, der zu dem C'bbs 1 Kön. 15, 12 bemerkt: . S j'rrir/,
dtvaura d. i. D^bb^E) ", scheint an eine andere Lesart der LXX zu denken.
3) S. Field zu d. St.
4) S. de Lagarde, Orientalia II, 1880 S. 37; Mittbeilungen I, 1884 S. 19G;
II, 1887 S. 76 f.; Uebersicht über die . . . Bildung der Nomina, Abhandl. Gott.
Ges. d. Wiss. 1888 S. 76 f.; Driver, Text oi the Books of Samuel, 1890 S. 105 f.
400 Baudissia, Die alttestam. Bezeichn. der Götzen mit gillällm.
zweifachen y, die das Aramäische nicht kennt, nicht mehr deutlich
bewußt gewesen sein. Die Verwechselung von bby und bbs zeigt
aber, daß der Übersetzer von einem härtern y = e noch wusste.
Dazu kommt, daß das Hebräische neben jenem bby einen im Ara-
mäischen häufigem zweiten Stamm bbr kennt, „hineintun" oder
„hineingehen" (wovon Vy „Joch"), der arabischem J.£ entspricht;
beide Stämme können in der Aussprache verwechselt worden sein.
Der Übersetzer des Ezechiel jedenfalls hat D^biba als gleich-
bedeutend mit mb-'b? angesehen, da er, wie an vielen Stellen ü^bibs,
so auch mb">b3> c. 14, 22 f. und c. 24, 14 mit iv&vfiijfiaza über-
setzt. Anderwärts hat er mbiby mit E7tixt]dEV(icacc wiedergegeben :
c. 20, 43 f.; 21, 29; 36, 31 (c. 24, 14 in Hexapla unter 0' die
Lesart iTtLZ)jdsv^icaa für mb-'br). Außerhalb des Buches Ezechiel
kommt in LXX ETttxijÖEVfKx häufig als Übersetzung von rtb^br
oder bb^73 vor, Evd-vfxr]^c{ aber in der gleichen Verwendung (für
rtbib") nur in den angeführten Ezechielstellen.
Der Ezechielübersetzer hat offenbar mit Bewußtsein zwischen
der Übersetzung d'dcoka einerseits und Öiavoicc, Öiavorj^iaxcc, ev&vjxt]-
ficcta . ejz u)jd ev [icau andererseits unterschieden. Wo zu D^biba ein
Suffix oder ein Genetiv hinzutritt mit Beziehung auf Personen,
hat er meist mit Ev&vjx/jnaxa, ETtixrjdsvnaxa, diccvoijficcxa oder öiccvoia
übersetzt (c. 6, 9; 14, 3. 4. 5. 6. 7; 16, 36; 18, 6. 15; 20, 7. 8. 16.
18. 24. 31. 39; 22,4; 23, 7. 30. 37. 49; 44, 10). Es geschieht dies
offenbar deshalb , weil das Suffix oder der Genetiv eine subjektive
Beziehung der damit bezeichneten Personen zu den a^bibä nahelegt.
In den nicht zahlreichen Fällen, wo in Ezechiel D"«blba durch
eYÖoAu verbunden mit einem Genetiv wiedergegeben wird, nötigt
der Zusammenhang unbedingt dazu , unter den D^bnbü etwas dem
Menschen objektiv Gegenüberstehendes, Götterbilder oder Abgötter,
zu verstehen. C. 6, 4 xal yMxaßaloo xquv^axiaq v[i(av EvcoTtiov xäv
cido'ilcöv vi.i(ov läßt ivcörtiov nur zu, an etwas äußerlich Gegenüber-
stehendes zu denken. C. 6,6 wird von xa si'doila v[iö)v gesagt :
övvxQißrjaovxai. C. 6,13 findet sich: ev fte'ffw xcov eiÖcoXcov vjxcov
und wird gesagt, man hätte Räucherungen dargebracht tcccöc roiq
EidoAoig avxiov. C. 8, 10 ist von xa eI'öcoXu ol'xov ^IöQtxijl als dict-
yEyncc^ivu die Rede. C. 23, 39: sie haben ihre Kinder geopfert
xoig EiSdAoig avxüv. C. 44,12 in 7tQo TtQoOomov x&v Eiöoiliov
ccvxcbv läßt das ngb TtQOöcoTtov nicht zu, an eine Gesinnung oder
Handlungsweise zu denken (während dies eben vorher v. 10 in
dem 7tXavü6&ai . . . v.uxöitiG&Ev rrov ivd-v^i^camv avxtbv möglich
war; vgl. c. 6, 9 ; 20, 16). Ebenso wrird zu beurteilen sein c. 36, 25,
wo von einer Reinigung u.no 7tdvx(ov x&v siöcoloov vpcov die Rede
ist, die voraussetzt, daß es sich um etwas von außen Heran-
gekommenes handelt, und c. 37, 23, wo umgekehrt von einer Ver-
unreinigung des Hauses Israel Iv xolq sldcakoig avxwv, d. h. durch
ihre eigenen Ei'öcoka, die Rede ist, während c. 20, 18 gesagt werden
Baudissia, Die alttestam. Bezeichn. der Götzen mit gilbdim. 401
kann: xoig lTtixr}öev^aßLv avxüv . . . fi?j {ludi'sa&e, weil die initrj-
Sev(iara hier nicht die eigenen sondern die der Väter sind, auf
welche das avxcov sich bezieht (vgl. c. 20 , 7 ; 23 , 7. 30 ; anders
c. 22,4 iv xoig evd-v^i]^a6iv öov oig tnoüig ifiiaivov, wo das
inouig den Gebrauch von iv&vfirjficact ermöglicht : die Verunreinigung
wird bewirkt durch die aus den Gelüsten , den iv&vfirjfiuxct , ent-
standenen Taten).
Ohne eine genetivische Beziehung auf bestimmte Personen
steht c. 18, 12 ü'öcolu in dem Satze: ug xa ei'öaka k'&ero rovg
öcp&cd(iovg avrov, dagegen mit einer solchen Beziehung iv-d-vfi^^iaxa
c. 18, 6. 15 in derselben nur verneinten Aussage: rovg oy&akfxovg
avrov ov (irj indoy Koog (ovx e&sro eig) rd iv&v^7\^iaxa olkov 'iaqur'jk
— zu den iv&v^.y]^axa des Volkes kann jemand als zu einer ihm
gegenüberstehenden Macht die Augen erheben (vgl. c. 20, 24), aber
nicht zu den ev&vnjjfiaxa in abstracto; v. 12 mußte also D^bibr.
etwas Objektives wie ei'dcoka bezeichnen. Dagegen c. 22, 3 nocovaa
ivd'Vf.uj^iaxa xa& txvxfjg denkt der Übersetzer offenbar nicht, wie
der hebräische Text, an die Verfertigung von Götzenbildern, sondern
an die Ausübung von Gelüsten. Ebensowenig hat wahrscheinlich
die einzige Stelle außerhalb des Buches Ezechiel, welche nicht mit
ii'öcoka oder ßdslvyfiava übersetzt, 1 Kön. 15, 12, mit to: i7tix)jdev-
{iccxu, cl iiiohjGav an die Verfertigung von Götzenbildern gedacht.
In Ezechiel kommen drei Stellen mit teilweise bezeugtem ei'öcoka
wahrscheinlich für LXX nicht in Betracht , c. 6 , 5 , wo AI-1 das
eiöoikcov avxav vermutlich aus Theodotion , c. 33,25, wo A das
l'dcoka vjx&v wahrscheinlich ebenfalls aus Theodotion, und c. 36, 18,
wo A das iöcokocg uvxcov vermutlich aus Aquila und Theodotion
herübergenommen hat. An der dritten Stelle würde der LXX-
Übersetzer nach seinen Prinzipien £TCixr}dEVfiaxa statt eidcaka an-
gewendet haben. Er hat ausnahmelos das hebräische D^bibü mit
iv&vj.i}]{iaxa , iTttxrjdsvjxaxu , öicci'oijficcrcc oder öidvoia übersetzt, wo
das überhaupt möglich war, und nur da, wo es sich notwendig um
einen Gegenstand der abgöttischen Verehrung handelt, mit el'öcoku.
Hätte man diese verschiedenen Übei-setzungen alle als Bezeich-
nungen der Götzen selbst, nicht des götzendienerischen Verhaltens
aufzufassen, so würden die Götzen vom Übersetzer mit n-'bib} be-
zeichnet gedacht werden etwa in dem Sinne „das Beliebte" oder
„das Betriebene". Diese Auffassung muß doch wohl dem Über-
setzer für o^biba in der Tat da im Sinne gelegen haben, wo er es
mit ei'dcoka übersetzt, es also als direkte Bezeichnung der Götzen
ansieht; denn es ist nicht wahrscheinlich, daß er zwei Wörter D^blb."
statuierte, die verschiedene Bedeutung gehabt und sich doch über-
einstimmend auf den Götzendienst bezogen hätten, nämlich das eine
auf die Götzen als den Gegenstand der Verehrung und das andere
auf Bestrebungen und Handlungen, die sich im Götzendienst geltend
machen. Das ist namentlich wenig wahrscheinlich mit Rücksicht
auf die dreimal , mit einmaliger geringer Modifikation , wiederholte
402 Baudissin, Die alttestam. Bezeichn. der Götzen mit gillTdlm.
Phrase Ez. 18, 6. 12. 15, wo der Übersetzer doch wohl die Identität
des Wortes D^bibs erkennen mußte und trotzdem mit ev&vfitjficacc
iind si'öcoXa wechselte. Er hat also gewiß in D-'biba, wo er es als
si'dooku verstand, die Anwendung einer Bezeichnung des Verhaltens,
das sich im Götzendienst geltend macht, auf die Götzen selbst ge-
sehen, in seiner Übersetzung aber nach Möglichkeit diese Fälle von
den andern unterschieden, wo er jene Anwendung nicht fand.
Zu einzelnen Stellen wird sich die Berechtigung der soeben
gegebenen Auffassung der Übersetzung und ihrer Veranlassung be-
zweifeln lassen; sicher ist aber das Allgemeine, daß dem Ezechiel-
übersetzer bestimmte Prinzipien in der Übertragung dieses einzelnen
Wortes vorgeschwebt haben und daß er in ihrer Anwendung eine
Konsequenz gezeigt hat, die über unsern sehr speziellen Gegenstand
hinaus bekundet, daß der Übersetzer mit großer Gewissenhaftigkeit
gearbeitet hat.1) Er hat sie freilich geltend gemacht zu Gunsten
einer sehr abstrusen Vorstellung von Sprachgebrauch und Be-
deutungswandlung.
Die nur vereinzelt vorkommende Übersetzung der LXX von
Ö^blba mit ßöelvy^azu beruht auf einer Verwechselung oder Identi-
fizierung mit der Vorstellung , die in ni^"in ausgedrückt wird ;
ßdek vyficaa ist gewöhnlich Wiedergabe für dies Wort. Das einzige
Mal, wo in Ezechiel eine Lesart ßöekvyfxcaa für D^blba bietet,
Ez. 30, 13 A, ist diese Lesart zweifellos eine Verschlechterung des
richtigen Textes von B, der DTSiba überhaupt nicht ausgedrückt hat.
Zum Verständnis des hebräischen O^blbi können die Über-
tragungen der LXX direkt kaum verhelfen, da das hebräische Wort
die ihm von LXX beigelegten Bedeutungen bei einer Herkunft
vom Stamme bbi „wälzen" von Hause aus nicht besitzen kann.
Die offenbar älteste Übersetzung si'öala scheint mit D'Oib}
irgendwelche Darstellungen der Abgötter bezeichnet zu denken.
Darin könnte etwa eine Erinnerung an eine wirkliche, wenn auch
jedenfalls nur sekundäre, Bedeutung des Wortes vorliegen. Sicher
ist das freilich nicht ; denn diese Übersetzung kann , ohne eine
Kenntnis der Wortbedeutung, lediglich auf dem Urteil beruhen, daß
die Abgötterei überhaupt in Bilderdienst bestehe, wie denn auch
"*"'£ von LXX vereinzelt mit si'öcoXov übersetzt wird (1 Kön. 11, 7[5])
und D^biJ fast immer mit %siQonoir\ra (z. B. Jes. 2, 18), obgleich
doch davon keine Rede sein kann, daß die hebräischen Wörter diese
Bedeutung wirklich gehabt hätten, auch die LXX-Übersetzer dies
nicht angenommen haben werden.
Die andern Übersetzungen von ü^blba in LXX sind nach unserer
Erklärung nicht zu Gunsten einer Tradition zu verwerten , welche
1) Schon nach diesem einzelnen Falle darf man vermuten, daß der Über-
setzer den hebräischen Text, der ihm vorlag, überhaupt nicht inkorrekt wieder-
gegeben hat, wenigstens nicht aus Nachlässigkeit. Daraus ist freilich nicht zu
entnehmen, daß oder inwieweit sein Text besser ist als der masoretische.
Baudissin, Die alttestam. Bezeich n. der Götzen mit gilluUm. 403
damit die Götzen als minderwertig , nichtig oder verächtlich be-
zeichnet gefunden hätte. Irgendwelche auf das hebräische Altertum
zurückgehende Tradition kann hier schon deshalb nicht gesucht
werden, weil diese Übersetzungen teils — ßöelvypuxa — auf einer
Verwechselung, teils auf einer Identifizierung von bba und bby
beruhen, die nur für das hellenistische Judentum möglich war.
Eine von den Rabbinen, so von Aben Esra1), vertretene Deutung
des Wortes Ö^blbü leitet es ab als eine den Götzendienst schmähende
Bezeichnung von b?*, plur. constr. ^bb." -) „Kot" oder von dem
verwandten bbs „Kot" oder „Kehricht".' Auch der Graecus Venetus
übersetzt mit cpoqvxwixcau (Lev. 26, 30) und cpoQvraöig (Deut. 29, 16)
„Kehricht". Ebenso haben unter den Neueren das Wort verstanden
Hitzig , Hengstenberg , 3) Thenius 4) , Smend 5) , Siegfried- Stade 6),
Bertholet, Kraetzschmar,7) Baentsch8).
Diese Auffassung des Wortes läßt sich bis auf Aquila zurück-
verfolgen in seiner Wiedergabe von cbib^ durch yM&ccQfxcaa „Kehricht"
statt des ei'öcofoc der LXX. Sie ist bei Aquila zu belegen in den
Stellen Deut. 29, 16 ; 2 Kön. 23, 24 9); Ez. 6, 4.10) Nach Field findet
sich zu Lev. 26, 30 „in marg. Codd. X, Lips." neben dem rwv
siöoilcov der LXX: "AkXog" ^vösqiov („der Kotigen").
Aquila mag bei seinem Ka&aQ(iara speziell an das Wort bba
gedacht haben. An den beiden Stellen , wo es vorkommt , 1 Kön.
14, 10; Zeph. 1, 17, würde die Bedeutung „Kehricht" passen, be-
sonders bei Zephanja, wo D^bba etwas bezeichnet, das ausgeschüttet
oder weggeschüttet wird wie der Staub ("i£"')- Allerdings hat Aquila
bbs 1 Kön. 14, 10 mit KonQog übersetzt; für Zeph. 1, 17 fehlt ein
Beleg seiner Übersetzung (vgl. aber Symmachus Ez. 4, 15 für 'bb-.:
rav Cxvßülm>).
Wie dem sei, jedenfalls scheint Aquila sich in der Auslegung
des Wortes □"»b'iba nicht sicher gefühlt zu haben , da Hieronymus
(zu Ez. 20, 7) angibt, in Aquilas „prima editio" sei übersetzt „in-
quinamenta" (ohne Frage = Kad-uQpcacc), in der „secunda" dagegen
wie bei Symmachus und Theodotion „idola". Die Wiedergabe mit
el'daka findet sich bezeugt für Aquila Ez. 14, 3; für Aquila, Sym-
machus, Theodotion Ez. 20,16; 23,37; für Aquila und Sym-
machus Ez. 20, 39; für Aquila und Theodotion Ez. 36, 18; für Sym-
machus und Theodotion Ez. 30, 13 (nach Q Theodot. ßöelvyficcta) ;
für Symmachus 1 Kön. 15, 12 (ei'öcolu xal ßdskvyfiara); Ez. 14, 4;
20, 24; 23, 39; 44, 10; für Theodotion Ez. 6, 5; 33, 25. Dagegen
1) Zu Lev. 26, 30. 2) So, nicht ""bbä, nach Baer zu Hiob 20, 7.
3) Zu Ez. 6, 5. 4) Zu 1 Kön. 15, 12. 5) Zu Ez. 6, 5.
6) Wb. s. v. 7) Zu Ez. G, 5. 8) Zu Lev. 26, 30.
9) In den Fragments of the Books of Kings ed. Burkitt.
10) Auch Ez. C, 13 Cod. 86, s. Field zu Ez. 6, 4.
404 Baitdissin, Die alttestam. Bezcichn. der Götzen mit gilhd/m.
gab Theodotion nach Qmg Jer. 50, 2 D^biba durch ßdsXvy^iixxtx wieder,
nachdem ebenda unmittelbar vorher ei'öfola als Übersetzung für
D^niry verwendet worden war. Ferner haben „ Ol I7' " der Hexapla,
d. i. doch wohl Aquila , Symmachus und Theodotion , D^biba mit
Eiöiola übersetzt Ez. 14, 3. 4 (Qms) ; 18, 6; 20, 7 ; 23, 30.
Die uns erhaltenen Belege für Aquilas Übersetzung des Wortes
scheinen nach jener Angabe des Hieronymus auf seine beiden Aus-
gaben verteilt werden zu müssen , wenn wirklich zwei eigentliche
Ausgaben anzunehmen sind.1) Aber auch wenn etwa die von
Hieronymus so benannte „zweite Ausgabe" nur in einzelnen Rand-
Korrekturen bestand , müßte man doch nach dem ausdrücklichen
Zeugnis des Hieronymus annehmen , daß Aquila die Übersetzung
xa&ccQfiara später wieder fallen ließ.
Für Symmachus und Theodotion ist mit der einen für Theo-
dotion angegebenen Ausnahme (Jer. 50, 2), die eine wirkliche Aus-
nahme nicht ist, nur die Übersetzung mit ei'öcolcc bezeugt. Sie
haben also mit Aquilas „zweiter Ausgabe" die älteste Septuaginta-
Übersetzung wieder zur Geltung gebracht , worin , wie es scheint,
die D^bibs aufgefaßt werden als Darstellungen der Götter. Jeden-
falls ist das spätere Aufgeben der Übersetzung xa&KQ(iara bei
Aquila, der nach einer möglichst wörtlichen Übersetzung strebte,
ein Zeichen dafür, daß die Kombination mit b;;* „Kot" oder bba
„Kehricht" zu seiner Zeit noch nicht als feststehend angesehen
wurde. Sie scheint also erst um die Zeit Aquilas aufgekommen
zu sein und ist vielleicht von ihm selbst aufgebracht worden. In
LXX findet sich keine Spur dieser Auffassung, obgleich die alexan-
drinischen Übersetzer sich doch zum Teil bemüht haben, die Götzen -
bezeichnung yi~C wörtlich wiederzugeben, nämlich mit izqo6Öyj&Lß^u
(z. B. 2Kön. 23,' 13).
In einigen Stellen der Vulgata findet sich die Übersetzung
„immunditiae" (2 Kön. 17, 12; 21,11.21; 23,24; Ez. 14,3. 4;
23,7; 33, 25) und einmal (Deut. 29 , 16) dafür das erklärende
„sordes, id est, idola". Auch in der „Explicatio in Ezechielem"
gibt Hieronymus wiederholt für D^blbs „immunditiae" (c. 14, 3. 4;
23, 7; 33, 25) und einmal (c. 36, 25) „inquinamentis sive immun-
ditiis". Hieronymus wird sich hier wie auch sonst'2) an Aquila
angeschlossen haben, und zwar in diesem Fall an dessen „erste
Ausgabe". Meist übersetzt die Vulgata mit „idola" (wie auch die
„Explicatio in Ezechielem") und zweimal (Ez. 6 , 5 ; 30,13) mit
„simulacra" (ebenso dreimal die „Explicatio" c. 6,4.5; 30,13).
Die Targume haben für ü'bibs mit einer Ausnahme ständig
»m^Ü „Irrtümer", die gewöhnliche Bezeichnung der Götzen, woraus
1) S. über diese beiden „editiones", die nur bei Hieronymus genannt
werden, Field in den Prolegomena zu „Origenis Hexaplorum quae supersunt"
S. XXIV ff.
2) Vgl. für die Vulgata: Swete , Introduction to the Old Test, in Greek
S. 476.
Baudissin, Die alttestam. Bezeichn. der Götzen mit gülülim. 405
sich für die Etymologie nichts ergibt. Nur einmal, 2 Eon. 17, 12,
steht dafür NÄb"'3 „die Baale". Eine bestimmte Etymologie liegt
auch den Übersetzungen der Peschitto nicht zu Grunde. Sie bietet
meist J^ok2>, eine ebenfalls allgemeine Bezeichnung für die Götzen,
die, von dem persischen jLo herstammend, ursprünglich „Bilder"
bedeutet. Daneben kommt in der Peschitto einige Male als Über-
tragung von D^blba vor Jl&llj „Gegenstände der Verehrung", ein-
0 0
mal (Ez. 18, 6) beide Wörter neben einander und einmal (Jer. 50, 2)
^öi-V „ Schnitzbilder ", nachdem J-^blsO) unmittelbar vorher für
Bi33p> gebraucht war.
Unter den alten Übersetzungen steht also Aquilas „erste" Aus-
gabe und ihre teilweise Nachahmung in der Vulgata isoliert mit
ihrer Auffassung. Aus keiner der andern Übertragungen ist eine
bestimmte Etymologie zu ersehen , und nur das verschiedentlieh
nachgeahmte sl'öcoXa der LXX könnte etwa auf einer überkommenen
Tradition beruhen.
Für die masoretische Punktation Ü^blb? läßt sich , wenn man
in Betracht zieht, daß sie der Form yipiB „Scheusal" und nament-
lich, daß sie dem analogen bl^T, biaf „Mist", einer Bezeichnung
des Götzenopfers im talmudischen Hebräisch, entspricht, mit einiger
Wahi-scheinlichkeit annehmen, daß sie die Auffassung „Kotige"
voraussetzt. Hieronymus (zu Ez. 20, 7) umschreibt "^"iV-j mit „gelule".
Bas sieht aus, als hätte er ausgesprochen "»blbs von einem Singular
blbä oder bibs ; es ist aber jedenfalls inkorrekte Wiedergabe der
von der Masora vertretenen Aussprache, da Hieronymus unmittelbar
daneben "'Slp'ttJ genau entsprechend mit „secuse" umschreibt und
wir keine Veranlassung haben, yiplü für die Umwandlung eines ur-
sprünglichen yiplU oder yipffl anzusehen. Danach ist also die Aus-
sprache D"lblbs immerhin älter als die schriftliche Fixierung der Masora.
Trotzdem scheint die Erklärung von c-b-.b;. mit „die Kotigen"
nach dem vorliegenden Sachverhalt keine alte, bis auf die biblischen
Autoren zurückreichende Tradition für sich zu haben. Das Schwanken
Aquilas in seiner Übersetzung spricht dagegen.
Daß die Bezeichnung der Götzen mit D'bibs oder D^bba von
bä*, ibbä „Kot" oder von bba abzuleiten ist, wird, obgleich die
Masora sie so verstanden haben mag, durch deren Aussprache nicht
gerade nahe gelegt. Die Form kittäl kommt vorzugsweise vor als
Intensivform für Nomina, die vom Pi'el des Verbums gebildet
sind mit der Bedeutung von Begriffswörtern, wie D^ei^a „Hohn-
gerede", D-'blVn „Festjubel", p^n „Händefalten", D^EE „Sühnung*,
406 Baudissin, Die alttextam. Bezeichn. der Götzen mit gillvl'tm.
CS?" .Füllung", D^pn; „Tröstung", hins „Gravierung", D^tVibiÜ
„Entlassung", Dlblü „Vergeltung", 'ppttj „Gegenstand des Abscheus",
eigentlich gewiß „Abscheu".1) Daneben kommt die Form kittül
vor in intransitiver Bedeutung für Adjektiva wie n-T" „stark",
Trab „lernend", Ifnisa „frühe (Feige)".'2) Unter die zuletzt an-
geführten Bildungen kann D^blba als dem transitiven Verbum bbs
„wälzen" zugehörend nicht zu stellen sein. Man könnte nur etwa
annehmen, von b.'* sei ein denominatives blbs* „kotig" nach Analogie
dieser Formen gebildet worden. Eine entsprechende Denominativ-
bildung ist aber nicht nachweisbar. Die Form Q-iblVä könnte also
wohl nur, abgeleitet von einem nicht vorkommenden Pi'el bba, ur-
sprünglich ein Abstraktum sein, das der Bedeutung des Qal ent-
sprechend etwa in dem Sinne von „Wälzung" zu verstehen sein
würde und dann übergegangen sein könnte in die konkr-ete Be-
deutung „Gewalztes".
Zu Gunsten einer Ableitung des Wortes blb.-* von b;* läßt
sich nicht etwa talmudisches bl^T, biaf geltend machen; denn
dieses wird kaum als eine direkt aus neuhebräischem bnj =^3J
Ajt entstandene Bildung anzusehen , sondern abzuleiten sein von
dem denominativen Pi'el bsp* „düngen" in der Bedeutung „Düngung",
oder wenn doch ersteres anzunehmen ist, so ist diese Form künst-
lich gebildet nach Analogie von yijrtä neben yj>XÖ, indem man von
Anfang an bl3T „Mist" metaphorisch vom Götzenopfer verstand.
An eine Ableitung der Form d^blba als einer in dieser Aus-
sprache dem althebräischen Sprachgebrauch angehörenden von bä*
oder auch bbs wird demnach nicht zu denken und die masoretische
Aussprache wahrscheinlich als von den Schriftgelehrten nach Analogie
von Vlpttj künstlich gebildet3) anzusehen sein. Wegen der Analo-
gieen yi/JTä und bl3T (vgl. noch blitS „unreines Fleisch") ist kaum
anzunehmen, daß blbä* eine direkt vom Stamme gebildete Neben-
form von bf* ist und aus der Bedeutung „Wälzung" = „Gewalztes"
in irgendwelcher Weiterentwickelung die Bedeutung „Kot" erhielt.
Eher wäre denkbar, daß die Aussprache D"bibs an die Stelle einer
altern getreten ist, welche die Bedeutung „Kot" oder „die Kotigen"
zum Ausdruck gebracht hatte.
Von den drei Stellen, wo b."* vorkommt, gehören zwei im
Plur. tbba dem Ezechiel an (c. 4, 12. 15), die dritte, ibba, dem
1) Vgl. Olshausen, Hebr. Sprache § 186b; Ewald, Hebr. Sprache § 156a;
Stade, Grammatik § 228; J.Barth, Die Nominalbildung in den semit. Sprachen
S. 155 f. 2) Barth S. 53.
3) Wahrscheinlich ist auch die Punktation der wirklichen oder doch ver-
meintlichen Gottesnamen DISO und "Jl"!? Am. 5, 26 nach derselben Analogie
gebildet, so Torrey, On the text of Arnos V, 26 etc., Journal of Biblical Litera-
ture, Bd. XIII, 1894 S. 61 f.
Baudissin, Die alttestam. Bezeichn. der Götzen mit güluUm. 407
Buche Hiob (c. 20, 7). Das Wort bbs kommt einmal im Singular
vor, 1 Kön. 14, 10, und einmal im Plur. D^bbs, Zeph. 1, 17. Die
Bedeutung ist hier nicht ganz so zweifellos wie für b.".. Es könnte
nach dem Zusammenhang an beiden Stellen „Kehricht" bedeuten;
aber auch die Bedeutung „Kot" paßt beide Male. Im Königsbuch
ist vom Wegwerfen oder auch Verbrennen (^rn3?S, ")30?) des bb-1
bis zu seiner Beseitigung die Rede, um völlige Vernichtung bildlich
zu bezeichnen. Das „Verbrennen" könnte sich beziehen auf die
arabisch-palästinische Sitte , die Fladen von Rindermist als Brenn-
material zu benützen.1) Das arabische gella als Bezeichnung dieses
Brennmaterials 2) scheint dem hebräischen bä* zu entsprechen , das
demnach wohl als ein altes Wort anzusehen sein wird.3)
Eine Bezeichnung der Götzen als der Kotigen wäre dem
Geschmack des Alten Testamentes, namentlich dem Ezechiels, wohl
angemessen, wobei noch ins Gewicht fällt, daß das Wort "»bbs
gerade von Ezechiel gebraucht wird. Man vergleiche das schon
erwähnte talmudische bist „Mist" und by[ „misten" als Bezeich-
nung für das Götzenopfer, womit vielleicht die Umwandlung des
Gottesnamens nat byn in biST 'a, Bsel&ßovl zusammenhängt.
Für diese Bedeutung von D^blbs läßt sich geltend machen,
daß bei Ezechiel neunmal von der Verunreinigung (N73I2) durch die
Gillulim die Rede ist (c. 20, 7. 18. 31; 22, 3 f.; 23, 7. 30; 36, 18;
37, 23). Aber diese Ausdrucksweise ist doch keineswegs ent-
scheidend, da der Götzendienst überhaupt, auch wo nicht die Gillulim
genannt werden , als verunreinigend gilt. Jer. 2,23 ist von Ver-
unreinigung ("TiN73ü:) durch das Wandeln hinter den Baalen her
die Rede, und Hos. 5,3; 6, 10 ist „Verunreinigung" parallel mit
„Hurerei", ohne Erwähnung eines Götzennamens, Bezeichnung für
die Abgötterei. Der Verunreinigung durch die Gillulim entspricht
1) So Franz Delitzsch zu Hiob 20, 7.
2) Wetzstein in Franz Delitzschs lob2, 1876 S. 261 f.
3) Wie bil zu der Bedeutung „Kot" gekommen ist, bleibt bei Ableitung
vom Stamme 323 „wälzen" zweifelhaft. Schwerlich wird damit der Mistfladen
nach seiner runden Form bezeichnet, weil das nur auf den Mist einzelner Tiere
passen würde. Eigentlich wird damit wohl der „Klumpen" der Exkremente
bezeichnet, wie sich aus Ez. 4, 12 zu ergeben scheint: ETSri nNl! "Objja,
LXX iv ßolßlroig y.ÖTCQOV ccv&Qomivr\g. Die Bedeutung „Klumpen" könnte
sich entwickelt haben aus der ursprünglichen „Gewalztes, Gerolltes"; vgl.
E33 „zusammenrollen" und Ü?.ä* Ps. 139, 16 „Foetus", eigentlich „Klumpen".
Demnach könnte auch blb.i „Wälzung" = „Gewalztes" etwa eine selbständige
Bildung vom Stamm in dem Sinne „Kot" sein. Der Anklang an "p"u wäre
dann zufällig-, das ist aber doch wenig wahrscheinlich. Überhaupt hat 33
und das, worauf mich Professor A. Fischer aufmerksam macht, sehr alte arabische
Ä.L> vielleicht mit --3 ..wälzen" nichts zu thun, da es einen Stamm ^S»-
dieser Bedeutung im Arabischen nicht gibt. Die Nomina können sehr wohl
primär sein
408 Baudissin, Die alttestam. Bezeichn. der Götzen mit gillidlm.
die Reinigung (ihüN) von den Gillulim Ez. 36, 25; aber daß dem
Worte arpbibs vorangestellt ist DS/niKMü zur Bezeichnung dessen,
was durch Reinigung beseitigt werden soll, spricht eher dagegen
als dafür, daß Ezechiel bei D^blbii an „Kot" dachte, da die Götzen
als die , Kotigen" schon in DDTHSMSEa einbegriffen sind. Ebenso
ist in dem Ausdruck "-f-riinrin ''blba Ez. 16, 36: „deine greulichen
Gillulim" die Ableitung von b** nicht gerade wahrscheinlich, da
in einem darauf zurückgehenden Worte die Vorstellung der m^ir,
des „Greulichen", schon an und für sich liegen würde. Da rnyin
nicht nur vom Götzendienst vorkommt, sondern für sich allein auch
als Bezeichnung des Götzen (2 Kön. 23, 13), bedeutet der Ausdruck
Ez. 16,36 vielleicht: „die Gillulim deiner Greuel", d. h. deiner
Götzen, und kann dann so verstanden werden, daß mit n^biba hier
Abzeichen oder Bilder der Götzen gemeint sind. Cornill, Toy,
Kraetzschmar sehen die Worte als eine Glosse an, wie mir scheint,
ohne ausreichende Begründung ; ein Glossator würde schwerlich auf
die sonst nicht vorkommende Verbindung 'n -bnbs verfallen sein,
sondern eher geschrieben haben: *prnnr"im ^pblbä. — Es läßt sich
also aus dem Sprachgebrauch nicht nachweisen, daß sich mit D^bib^
in noch anderer Weise als auch mit allen andern Bezeichnungen
der Götzen die Vorstellung der Um-einheit verbindet.
Gegen die Kombination von blbs oder einer dieser Aussprache
zu Grunde liegenden altern Form mit b.-* als eine ursprüngliche,
d. h. den alttestamentlichen Schriftstellern bewußte , ist , wie man
sich auch die Kombination denken möge, eine allgemeine Einwendung
zu machen. Als ein künstlich von bji* gebildeter Spottname wäre
cblb.* nicht deutlich genug für die Bedeutung „die Kotigen", da
von dem Stamme bba verschiedene Wörter sich ableiten , die der
Bedeutung nach mit ba* nichts zu tun haben. Andererseits würde
blb** oder eine ihm zu Grunde liegende ursprüngliche Form, wenn
diesem Worte von Hause aus die Bedeutung „Kot" eignete, die
Beziehung auf die Götzen ebensowenig wie jener vermutete künst-
liche Spottname hervortreten lassen. Das könnte nur dadui-ch ge-
schehen, daß wie der Spottname tnb^bN an bN, ebenso D^blbs an
einen bekannten Gottesnamen erinnerte ,' was aber nicht der Fall
ist. Die Beziehung auf die Götzen wird erst deutlich durch die
Analogie von yi~w. Solche lediglich auf der Punktation beruhende
Analogie-Bildungen aber sind, wie die Aussprache von Götzennamen
nach der Vokalisation von ntps, das Werk der Schriftgelehrten,
nicht der lebendigen Sprache. Anders wird bei yipffl die Beziehung
auf die Götzen von vornherein dadurch nahe gelegt , daß y~ c
speziell das kultisch Unreine bezeichnet.
Ebenso wenig oder noch weniger als die Kombination mit bä*
können einige andere Erklärungen von D^biba in Betracht kommen.
Baudissin, Die alttestam. Bezeichn. der Götzen mit gilluUm. 409
Unmöglich ist Ewalds1) Ableitung von bb.;* in einer aus dem
Stamme bl'S erschlossenen Bedeutung „ verwerfen", da es nicht be-
rechtigt ist, bba und bsa als „ verwandt" zusammenzustellen; aller-
dings ist Lev. 26, 30 in (""TöBS) nbj'3 vielleicht ein Wortspiel mit
DS^blb^ beabsichtigt. Später' hat Ewald2) ö^blba erklärt: „wahr-
scheinlich puppen (wickelkinder)" als ein „wizwort", was nicht minder
unannehmbar ist, da bbü nicht vom Wickeln der Kinder gebraucht
wird und die Gottesbilder der alttestamentlichen Zeit nach dem,
was über sie bekannt ist , kaum mit Wickelkindern zu vergleichen
waren.
Besser dachte Joh. Jahn3) an eine Ableitung von bb3 in dem
Sinne „wälzen" und fand mit ü^biba die Götzen verächtlich be-
zeichnet als „Klötze, die man wälzen kann".4) Daran anknüpfend
hat wohl noch richtiger Gesenius5) D"bnb:i zusammengestellt mit
einem aramäischen Derivat des Stammes, mit bbä in bbä ",3N „lapides
magni". Auch er dachte dabei an eine verächtliche Bezeichnung
der Götzen, nämlich als Steinblöcke, „dei lapidei". Ähnlich ver-
glich später Hitzig0) ba „Steinhaufen", meinte aber, das Wort
„möchte in dem gleich formirten D^Äiaj? Jes. 57, 13 seine Erklärung
haben". Letzteres Wort hat Hitzig") in der Bedeutung „Haufen"
verstanden, also — wie es scheint — hier und dort eine verächt-
liche Hinweisung auf die Menge der Götzen finden wollen. s)
Ich habe früher meinerseits9) Gesenius und Hitzig beigestimmt
mit der Modifikation, daß ich, ohne in dem Worte die Andeutung
eines bestimmten Stoffes zu finden, es auffaßte in der Bedeutung
„Haufen, Klotz" (eigentlich „Gewalztes"), also als eine Hinweisung
auf das unbelebte Götzenbild.10)
Ich habe jetzt gegen die zuletzt genannten Erklärungen ebenso
wie gegen die alte Deutung „die Kotigen" einzuwenden, daß das
Wort als ein künstlich gebildeter Spottname nicht deutlich genug
den beabsichtigten Sinn hervortreten lassen würde.
1) Geschichte3 I, S. 170.
2) Lehre der Bihel von Gott II, S. 264.
3) Biblische Archäologie, Teil III, 1805 S. 482.
4) Zugleich dachte Jahn an „eine Anspielung auf b . * die runden kugel-
förmigen Excremente einiger Thiere".
5) Thesaurus s. v. D^blb* (1835).
G) Zu Jer. 50, 2 (2. Aufl. 186G). 7) Zu Jes. 57, 13 (1833).
8) Entweder in dem Sinne von Gesenius oder in dem von Hitzig wird
zu verstehen sein die Angabo bei Fürst-Ryssel , Hwb. s. v. bl;3: „eig. Stein-
haufe, -masso (in demselben Sinne D^SSIS]; Jes. 57, 13), -mal (vgl. bbS und
bS; talm. bb3 Stein); aber dann als verächtlicher Ausdruck coner. Götzenbilder,
Abgötter".
9) Studien I, 95.
10) Von Dillmann zu Lev. 26, 30 akzeptiert; vgl. König, Hebr. Sprache II,
S. 151.
410 Baudissin, Die alttestam. Bezeichn. der Götzen mit gilluhm.
Es muß doch wohl für ü^blba oder ursprüngliches ü^bbs eine
Bedeutung angenommen werden, welche die Beziehung des Wortes
auf die Götzen zweifellos machte.
Das der Herkunft nach wahrscheinlich verwandte bs bezeichnet
den Steinhaufen, Gen. 31, 46 — 48 den heiligen Steinhaufen, wofür
der Parallelbericht v. 45 von einer HSSU, einer heiligen Stele, redet.
Das ebenfalls der Ableitung nach wohl verwandte bäba, stets mit
dem Artikel gebraucht, also eigentlich als Appellativum zu ver-
stehen , ist Name mehrerer Ortschaften , von denen eine bei Betel
als Kultusort bekannt ist. Zu Gilgal am Jordan standen zwölf
Steine , nach der in zweifacher Rezension erhaltenen Überlieferung
von Josua errichtet zur Erinnerung an den Durchzug durch den
Jordan (Jos. 4 , 3 ff. 20 ff.). Sie waren zweifellos nach ihrer ur-
sprünglichen Bedeutung nicht Denkmäler sondern , wie wohl alle
altpalästinischen Menhir- und Kromlechsteine, heilige Steine, Gottes -
steine, von denen eben der Ort seinen mit bs zusammenhängenden
Namen „der Gilgal" trug. Demnach werden auch an dem als
Kultusort bekannten andern Gilgal heilige Steine gestanden haben
und ebenso, wenn mehr als zwei Orte desselben Namens anzunehmen
sein sollten, auch an den übrigen.
Ich habe erst vor kurzem den Namen Gilgal nach dem Vor-
gang Guthe's und anderer erklärt in dem Sinne von „Kreis", sodaß
der heilige Steinkreis, der Kromlech, damit bezeichnet wäre.1) Es
ist mir jetzt wahrscheinlicher, daß damit die „Zusammenrollung",
nämlich kollektivisch die „zusammengerollten" Steine, sei es des
Haufens, sei es des Kromlechs, bezeichnet wurden, da das Pilpel
des Verbums Jer. 51,25 „rollen" oder „wälzen" bedeutet.-) Das
nahe verwandte Nomen bsb> bezeichnet das Rad schwerlich als das
runde, sondern eher als das 'rollende.3) Eben dies b:\bJiwirdPs. 77, 19
mit Bezug auf den Donner gebraucht, indem es hier entweder den
wirbelnden Wind bezeichnet, der den Donner begleitet, oder das
Rollen des Donners selbst. Daß es auch hier „Rad" bedeute und
zu verstehen sei von dem Rade des göttlichen Kriegswagens , das
den Donner verursacht,4) halte ich bei dem Fehlen einer nähern
Bestimmung zu diesem bab| für unwahrscheinlich. Dagegen be-
zeichnen b"*bs und rtb-oa allerdings den Umkreis , Landstrich , also
1) Artikel „Malsteine" in Herzog-Haucks Real-Encyklopädie 3 XII, S. 131,
28ff. Ich finde die Erklärung „Steinring?" zuerst bei Reuß , Gesch. d. heil.
Schriften Alt. Testaments2, S. 117.
2) Jos. 5,9 wird der Name b|b,3 abgeleitet von 'Tfij.ä „ich habe ge-
wälzt" (nämlich „abgewälzt die Schmach Ägyptens" durch Vollziehung der
Beschneidung). Das ist nicht mehr als ein Wortspiel, zeigt aber doch, daß
man bei dem Namen an das Verbum bbj in der Bedeutung „wälzen" dachte
und nicht an eine Bedeutung „rund sein".
3) Vgl. Ewald, Hehr. Sprache § 158b.
4) So Baethgen zu Ps. 7 7, 19.
Baudissin, Die alttestam. Bezeichn. der Götzen mit gilluUm. 411
eigentlich das Runde. Die Bedeutung „rund sein" für den Stamm
bba in diesen und vielleicht noch in andern Derivaten desselben
ist wahrscheinlich sekundär: das Gewälzte wird als solches zum
Runden.1) Daraus daß der Plural nib^Ä Jos. 18, 17; 22, 10 an-
scheinend die selbe Örtlichkeit bezeichnet, welche sonst bsbsij ge-
nannt wird,2) ist nicht zu schließen, daß bä'b-ü ebenfalls den Kreis
bezeichne ; dann wäre der Plural mbiba als identisch mit diesem
Singular auffallend. AVie bä den Steinhaufen und babs eine Mehr-
heit von Steinen bezeichnet, so ist im Biblisch- Aramäischen bb;, in
der Verbindung bb$ "j^N Esr. 5, 8 ; 6, 4 Bezeichnung der Bausteine,
speziell wie es scheint der Quadersteine. Eigentlich wohl bedeutet
bbs „das Gewalzte", d. h. die Last, die gewälzt werden muß, und
wird deshalb, wie es scheint, zunächst von großen Steinen gebraucht;3)
gewiß nicht wird damit der Stein als der „runde" bezeichnet,4)
was eine zu enge , für den Gebrauch in Esra und ebenso auch im
Talmudischen nicht passende Bedeutung wäre. Das Verbum bba
1) Im Neuhebräischen ist 53, im Syrischen JU^ Name der Schildkröte,
und schon für das Althebräische ist diese Bedeutung anzunehmen , wie Nestle,
ZAW. 1903 S. 133 f. gezeigt hat. Die Schildkröte heißt so schwerlich als die
runde, da das Rundsein doch nicht recht zutrifft ; eher vielleicht bezeichnet der
Name das Gerollte , Gewälzte im Sinne des Ungeformten , Massigen, Klumpigen
(vgl. oben S. 407 Anm. 3). Schwerlieh darf für diese Benennung der Schild-
kröte an das arabische J^>- „Decke", nämlich an das Schild der Schildkröte
als ihre Decke gedacht werden, da gull im Arabischen, worauf mich Professor
A. Fischer aufmerksam macht, ein Fremdwort zu sein scheint. — Die Grund-
bedeutung von bb". in der Verbindung von bba£ als Präposition „wegen"
läßt sich auf verschiedene Weise vermuten, aber ohne daß ein sicherer Anhalts-
punkt zu finden wäre, sodaß für die Bedeutung des Stammes nichts daraus zu
erschließen ist. Überhaupt ist es schwer möglich, die verschiedenen Anwendungen
des Stammes bba in den semitischen Dialekten auf eine gemeinsame Grund-
bedeutung zurückzuführen; man wird besser darauf verzichten. Wie die Be-
deutung des arabischen J».> „groß sein" mit den Bedeutungen zusammenhängen
könnte, die für den hebräischen Stamm nachweisbar sind, muß dahingestellt
bleiben. Möglicherweise ist „groß sein" hier entstanden aus „gewichtig sein,
schwer sein" und dies aus „gewälzt werden", nämlich als eine Last, wie bb."»
„großer Stein" anscheinend aus „Wälzer, Last". Im Assyrischen entspricht der
arabischen Bedeutung gcdlu „groß"; daneben aber ist gallu = „wogend" und
gdlu „Welle" von einer Bedeutung des Stammes „rollen". — Die Bedeutungen
„rollen, wälzen" und „rund sein" gehen auch im Indogermanischen in einander
über. Neben Trota, Rad" steht litauisch rütas = „Rad" von ritu = „ich
rolle, wälze", und von rota, rotula leitet sich ab rotundus (s. Fick, Vergl.
Wörterbuch1 II, 231 f.). Hier ist zweifellos die Bedeutung „rollen, wälzen" die
ursprüngliche.
2) S. Dillmann zu Jos. 22, 10.
3) So Gesenius und Buhl s. v. bbs.
4) So Reckendorf, ZDMG. 42, 399.'
Bd. LVIII. 27
412 Baudissin, Die alttestam. Bezeichn. der Götzen mit gilluUm.
wird im Alten Testament speziell vom Wälzen großer Steine ge-
braucht (Jos. 10,18; 1 Sam. 14,33). Da bbs im Talmudischen
konkret den Stein bezeichnet und ebenso im Palmyrenrechen Nbba
die steinerne Stele, ist in bbs ^N wohl nicht ein Genetivverhältnis
zu erkennen „Stein der Wälzung ", sondern bba wird als Apposition
zu "2X hinzutreten: „Stein Wälzer", d. i. Wälzerstein. Nach allem
vermute ich, daß nb-'b.'. in Jos. 18, 17; 22, 10 den einzelnen großen
Stein bezeichnet und daß der Plural dort gebraucht wird, um die
Mehrheit von heiligen Steinen zu bezeichnen, die sonst kollektivisch
bsb.* genannt wird.
Wie dann nb^ba eine Bezeichnung des heiligen Steines ist,
nämlich als des gewälzten oder großen, nicht als des runden,
so scheint mir ebenfalls in D^blYs, D^bbs eine Bezeichnung der
heiligen Steine zu erkennen zu sein. Es wäre dann eine andere
Benennung der Kultus-Stelen neben der gewöhnlichen mit FlüSta.
Letzteres Wort bezeichnet, so wenigstens in späterer Zeit bei den
Hebräern und ebenso rQSfctt bei den Phöniziern, den künstlich be-
hauenen Stein, der bei den Phöniziern und wohl auch bei den
Hebräern in eine pyramidale Spitze auslief.1) Es läßt sich etwa
annehmen, daß unter den heiligen Steinen speziell Naturblöcke die
Bezeichnung Stb^ba oder bbä* trugen.
Der Gottesstein durfte in der ältesten Zeit von Menschenhand
in seiner ursprünglichen Beschaffenheit nicht verändert werden. Auf
dieser Anschauung beruht das Gebot , die Altäre Jahwes aus un-
behauenen Steinen zu erbauen (Ex. 20, 25; vgl. Deut. 27, 5 f. ;
Jos. 8, 31), das hohem israelitischen Altertum angehört.
Eine weitere Verschiedenheit im Gebrauch der Bezeichnungen
!*lb"<ba oder bbä* (o^bbs) einerseits und inaiM andererseits käme,
wenn' unsere Voraussetzungen richtig sind , hinzu : sie würde nicht
außer Zusammenhang stehen mit der soeben vermuteten. Mit fiaSM
bezeichnete man, wenigstens in späterer Zeit, die eigentlichen Gedenk-
oder Votivsteine ; dagegen würden die Steine , welche man 7ib">b.n
oder bbä* nannte , ausschließlich solche gewesen sein , welche die
Gottheit selbst repräsentierten , eigentliche Bätyle in dem alten
Sinn einer Gottesbehausung.2) Daraus würde sich erklären, daß das
Alte Testament D-'bbs als Bezeichnung der Götzen gebraucht.
Direkt von den heiligen Steinen auf die Götzen ist übrigens
das Wort schwerlich übertragen worden, sondern es wird noch eine
vermittelnde Bedeutung anzunehmen sein , von der weiterhin die
Bede sein soll.
1) S. Artikel „Malsteine" a. a. O., S. 133, 46 ff.
2) Zu der antiken Vorstellung vom Wohnen des Numens in dem Steine
vgl. den interessanten von S. I. Curtiss (Ursemitische Religion 1903 S. 92 f.)
berichteten modernen Volksglauben, daß die Gefährten des Propheten in dem
Felsen von Kursi el-Aktäb wohnen.
Baudissin, Die alttestam. Bezeichn. der Götzen mit gitlülvm. 413
Der bei Ezechiel und sonst im Alten Testament höhnisch ge-
meinten Benennung der Abgötter nach ihren Steinen könnte eine
auch von den Verehrern der heiligen Steine gebrauchte Benennung
der Gottheit nach dem Steine zu Grunde liegen. Es wäre das ganz
der selbe Vorgang wie die Entstehung des keil schriftlich bezeugten
„westländischen" Gottes Ba-ai-ti-ile, des Bcdxvlog bei Philo Byblius
(vielleicht auch identisch mit dem Patriarchennamen bNina), aus
dem als bisrra „ Gotteshaus " bezeichneten heiligen Steine.' Eine
Analogie würde der Beiname „Animudates" für den Gott Elagabal
sein , wenn er wirklich , wie J. H. Mordtmann vermutete , l) von
Oj.*£, TTH3> „Säule" abzuleiten sein sollte.2) Analog wäre auch
der Name des Gottes Terminus. Wieder auf semitischem Gebiet
wäre etwas Ähnliches der Zsvg Maößcqog in den Inschriften von
Dschebel Scheich-Berekät bei Aleppo. Da ihm in einer Inschrift
von dem in der Nähe gelegenen Dschebel Bärlscha ein Zevg Bcoiiög
zu entsprechen scheint , ist der Name wohl verstanden worden als
-z~". d. i. hebr. inatW „Altar", also „Zeus Altar", :J) wenn auch
vielleicht nur eine volkstümliche Etymologie hierin zu erkennen ist.4)
Nachträglich sehe ich, daß D^blV-lJ mit ba und bäba als synonymen
Bezeichnungen schon früher kombiniert worden ist* doch ohne ein-
gehendere Begründung. Hävernick 5) erklärte D^blba als „Stein-
denkmäler, Steinmassen, Steinhügel" und verwies dafür auf b|l
„Steinhaufen". Ebenso denkt an einen Zusammenhang mit b| und
auch mit bsb.*. „heiliger Steinkreis" Kittel.0) Nach Wellhausen7)
„scheint Gill'ul (Götze) mit Gelal (Stein) zusammenzuhängen".
1) ZDMG. 31, 97.
2) Die Erklärung empfiehlt sich , da Elagabal in einem Steine verehrt
wurde , durch ihre Einfachheit vor der um ihrer Kompliziertheit willen wenig
wahrscheinlichen von G. Hoffmann, Zeitschr. f. Assyriol. 11, 245. 247. Schwierig-
keit macht nur die vorausgesetzte Form f-ni}33>, &>^+£, die m. W. nicht
nachzuweisen ist. Auch palmyrenisch nur N"!"", "p"!"i?2". — Sollte etwa in
dem TI73S der Wolken- und Feuersäule bei J und E Ex. 13, 21 f.; 33, 9 f. eine
alte Bezeichnung der heiligen Steinsäule stecken, in der die Gottheit wohnt?
also eine Kombination des Steindienstes mit der Verehrung des Gewitter
der in Wolke und Feuer gegenwärtig ist. Die „Säule" ist nicht eine nahe-
liegende Erscheinungsform gerade für die Wolke oder das Feuer, ist also doch
wohl aus einem von diesen Offenbarungsweisen des Gewittergottes verschiedenen
Gebiet entlehnt (Eicht. 20, 40; Joe. 3, 3; Hohesl. 3, 6 ist die Säule andersartig).
Auch die beiden ehernen Säulen des Salomonischen Tempels, Nachbildungen
der heiligen Säulen in den phönizischen Tempeln, werden mit TI733| bezeichnet
lKön. 7, 15 ff.
3) So Clermont-Ganneau , Recueil d'Archeologie Orientale Bd. IV, 1901
S. 164 f.
4) So Lidzbarski, Ephemeris II, 81 nach Isidore Levy; vgl. G. Hoff mann
a. a. O., 246 f.
5) Zu Ez. 6, 4 [1843]. 6) Zu lKön. 15, 12 [1900].
7) Israelitische u. jüdische Geschichte2, 1895 S. 93 (in Ausg. 1 nicht, auch
in Ausg. 5, 1904, so viel ich sehe — S. 99 — nicht).
414 Baudissin, Die alttestam. Bezeichn. der Götzen mit gillullm.
Wie er das meint, zeigt seine Vergleichung mit der mandäischen
Benennung der Dämonen als Iggura „der heilige Steinhaufe ". Daran
anknüpfend meint Buhl,1) daß n^biba „vielleicht Weiterbildung von
bjj" sei — letzteres ist, wie mir scheint, kaum anzunehmen; eher
ist hti* oder ein dieser masoretischen Form zu Grunde liegendes
anders ausgesprochenes Nomen , so wie bb.n , anzusehen als eine
selbständige Bildung direkt vom Stamme. — Auf dem von den
eben Genannten eingeschlagenen Wege war schon Venema,2) der
blbs* als „lapis voluminosus seu statua ex lapide magnae molis in
formam humanam effigiata" auffaßte.
Man wende nicht gegen die Beziehung des Wortes D-'bibü auf
die heiligen Steine den Umstand ein , daß sich eine direkte An-
wendung des Wortes auf die heiligen Steine nicht vorfinde, daß
diese immer nur mit nSäE bezeichnet werden und das Wort D^biba
oder ü^bb^ überhaupt erst in der nachdeuteronomischen Literatur
auftaucht. Dagegen ist einmal zu bemerken, daß für das mit
D^bibn gewiß der Ableitung nach verwandte nib"*b.$ in Jos. 18, 17;
22, 10 allerdings eine Anwendung auf die heiligen Steine vorzu-
liegen scheint. Ferner ist das Fehlen einer direkten Beziehung
von Q-iblb} auf die heiligen Steine kaum auffallend. Die altheiligen
Steine der Hebräer werden in der Darstellung der alttestament-
lichen Erzähler alle umgedeutet in Denkmäler , die von Menschen
errichtet worden seien zur Erinnerung an ein bestimmtes Ereignis.3)
Für solche Denkmäler brauchte man am passendsten den Namen
irn^'r, wie für das Aufrichten dieser Steine ^^17 gebraucht wird.
Wo in andern Stellen des Alten Testamentes ausdrücklich von Kultus-
steinen die Bede ist, kommen ebenfalls nur solche in Betracht, die
von Menschen aufgestellt waren ; es wird dabei durchweg oder
doch zumeist an Stelen zu denken sein, die eine künstliche Form
erhalten hatten. Auch für diese Stelen war die Bezeichnung !"5!3&tt
die geeignetere ; sie war ebenso in verwandten Dialekten gebräuch-
lich. Die heiligen Steine kommen im Alten Testament, ausdrücklich
als solche , fast ausschließlich in der Polemik der spätem Gesetz-
geber (seit dem Deuteronomium) und Propheten (vielleicht schon
seit Micha, wenn nämlich Mich. 5, 12 ihm angehört) und der von
beiden beeinflußten Geschichtschreiber vor. Zerbrochen oder be-
seitigt werden konnten nur die von Menschenhand aufgerichtete!*
Masseben, nicht die Felsblöcke. Deshalb kommen diese in der
Polemik nicht weiter zur Geltung und werden lediglich umgedeutet.
An mehreren alttestamentlichen Stellen ist die Rede von einer
ilbina "JSN , wo anscheinend an einen heiligen Naturblock zu denken
ist (1 Sam. 6, 14; 2 Sam. 20, 8; vgl. Deut. 27, 2; Jos. 24, 26;
1) In Gesenius" Handwörterbuch13, 1899 s. v. D",b*lb.". ; in Aufl. 12: „vie
Weiterbildung von bf;".
2) Zu Ez. 6, 5 [l790].
3) S. Artikel „Malsteine" a. a. O., S. 131 f.
Baudissin, Die alttestam. Bezeiehn. der Götzen mit gilbdha. 415
1 Sam. 14, 83). Die Bezeichnung TibTlä ",2N entspricht dem aramä-
ischen und neuhebräischen bba „Wälzer, großer Stein". Es ist zu
beachten , daß 1 Sam. 14 , 33 Saul von der Aufrichtung einer p«
rtbrm als Opferstein sagt 'a ja« . . . ib« iVä ; dieser heilige Stein
wird also „gewälzt", ist somit das, was im Aramäischen bba genannt
wird. Vielleicht ist durch die unverfängliche Benennung' mit p«
JnbTlji eine ursprüngliche mit bbä* verdrängt worden. Dies Wort
wurde etwa im illegalen Kultus als Terminus technicus angewandt
und war dadurch anstößig geworden. An ein eigentliches Kultus-
objekt sollte bei dem umschreibenden Ausdruck nbi~5 p« nicht
mehr gedacht werden.
Im Alten Testament ist demnach, nicht ohne Absicht der
Schriftsteller, von den als Gottessteine angesehenen Natursteinen,
die man nach unserer Vermutung D^bbü nannte, überhaupt nicht
oder doch nur in verhüllter Weise die Rede, abgesehen von dem
als Ortsname verwendeten nib"lb/.. Es lag also keine Gelegenheit
vor, das Wort D^bba in diesem Sinn anzuwenden.
Wohl aber haben wir weiter im alttestamentlichen Sprach-
gebrauch eine Anwendung des Wortes D^blbs zu erkennen, welche
sich am einfachsten aus der Bedeutung „Gottesstein" ableiten läßt.
In Lev. 26, 30, wo die Drohung ausgesprochen wird , daß die
Leichname der ungehorsamen Israeliten auf die Leichname ihrer
D^blbä gelegt werden sollen, scheint noch die Anschauung durch-
sichtig zu sein , daß das Wort speziell die Bilder oder Zeichen
der Abgötter benennt, deren Trümmer sich als Leichen vorstellen
ließen. An die heiligen Steine ist hier allerdings kaum gedacht :
mit den Gillulim, die hier als drittes neben den Bamot und Cham-
manim genannt werden, sind anscheinend die Götzen selbst, nämlich
in ihren Bildern, gemeint im Unterschied von den ihrer Verehrung
dienenden Bamot und Chammanim. Ebenso liegt es in der Parallel-
stelle Ez. 6, 4, und auch Ez. 6, 6 scheinen die Gillulim Götzenbilder
zu sein; denn nachdem hier zuerst allgemein von den Bamot die
Rede war, wird dann paarweise gehandelt als von ihrem Zubehör
von den Altären und den Gillulim, den Chammanim und den Bild-
werken (D^iöSJW), die Gillulim scheinen also etwas den Bildwerken
Entsprechendes zu sein. Die Gillulim selbst werden einmal bei
Ezechiel, c. 22, 3 f., geradezu dargestellt als etwas, das man ge-
macht habe (rvc"); ebenso sonst nur noch 1 Kön. 15, 12. Um
Steinblöcke handelt es sich also hier nicht. Deut. 29, 16 ist sogar
von den Schikkusim und Gillulim nicht nur aus Stein sondern
auch aus Holz, Silber und Gold die Rede.
Immerhin ist es für die ursprüngliche Bedeutung des Wortes
wichtig, daß es an diesen Stellen deutlich die konkreten Abzeichen
der Götter benennt. Dies waren zweifellos in der ältesten Zeil
416 Buudinsin, Die alttestam. Bezeichn. der Götzen mit gillüllm.
die heiligen Steine, erst später die Götterbilder, wie man noch in
der Hadad-Statue von Sendschirli deutlich die Entwickelung der
Statue aus der Stele beobachten kann. In den Sendschirli- Inschriften
wird das steinerne Bild des Gottes Hadad und das des Königs
Panammu geradezu mit ^i£2 bezeichnet, dem selben Worte, welches
im Phönizischen von der Votiv-Stele gebraucht wird. So ist es
sehr wahrscheinlich , daß auch sonst noch eine Bezeichnung des
Gottessteines in späterer Zeit als die des Gottesbildes diente.
Nach jenen Anwendungen des Wortes D^blba ist es naheliegend,
die älteste Übersetzung in LXX mit ei'öcoXa als auf alter Tradition
beruhend anzusehen.
Der späte Verfasser von Jer. 50, 2 allerdings ist sich vielleicht
der Bedeutung „Götterbilder" für ö^bibii nicht bewußt gewesen, da
er die Gillulim neben den D^StÄP nennt, worunter stets die Bilder zu
verstehen sind; aber die Nebeneinanderstellung läßt sich auch als
synonymer Parallelismus auffassen.
Auch die Aussage , daß die Gillulim zerbrochen werden —
115X02 — , die einmal Ez. 6, 6 vorkommt, bezieht sich auf Götzen-
bilder oder -Säulen, nicht auf eigentliche Gottessteine, Menhir- Steine,
die kaum zerbrochen werden konnten. Aber die Menhir- Steine und
die heiligen Stelen scheinen nicht immer unterschieden und auch
jene mit InSSM und den entsprechenden Wörtern der verwandten
Dialekte bezeichnet zu werden (Gen. 28, 18; 31 , 45 ; vgl. ZDMG.
57, 830). Deshalb mag es für einen Zusammenhang der Gillulim
mit den Masseben Beachtung verdienen, daß, jenem Vn:nö3 Ez. 6, 6
entsprechend, "isuö der stehende Ausdruck ist für das Zertrümmern
der Masseben (Ex. 23, 24; 34, 13; Deut, 7, 5; 12, 3; 2 Kön. 18, 4;
23, 14; Jer. 43, 13; 2 Chron. 14, 2; 31, 1) und einmal vorkommt
für das Zertrümmern der als d^färi bezeichneten Gottessäulen
(Ez. 6 , 4). Daß "lSiü 2 Chron. 34 , 4 auch von der Zerstörung der
Ascheren, die aus Holz waren, der ü^ÖS und der Gußbilder (niSDtt)
gebraucht wird, will nicht viel besagen, da der Chronist alle diese
Namen der Götzenbilder durcheinander wirft. Aber schon in der
exilischen Stelle Jes. 21, 9 wird i'z'ä gesagt von den D"|b"'??) worunter
ursprünglich hölzerne , später auch gegossene Bilder verstanden
wurden. So ist allerdings das TirnzJj bei Ezechiel in seiner ein-
maligen Anwendung auf die Gillulim kein sicherer Hinweis dafür,
daß dabei gerade an steinerne Gotteszeichen zu denken sei.
Wohl aber scheint in der Aufzählung 2 Kön. 23, 24 noch durch-
sichtig zu sein, daß wVjfÄ nicht von Hause aus allgemeine Be-
zeichnung der Götzen war,' wie n-^ipu:, sondern eine spezielle Art
der Abgötter bezeichnete: es werden hier aufgezählt als von Josia
entfernt „ die Obot, die Jideonim , die Teraphim , die Gillulim und
alle Schikkusim"; D^bba steht hier also auf einer Linie mit den
vorher genannten einzelnen Formen der Abgötterei , und diese
werden erst durch das „und alle Schikkusim" abgeschlossen als
durch eine Bezeichnung der Abgötter überhaupt. Am natürlichsten
Baudissin, Die alttestam. Bezeichn. der Götzen mit güluUm. 417
wird man auch hier neben den Teraphim, den Penatenbildern , für
D^bbä an eine Bezeichnung eines die Gottheit darstellenden Gegen-
standes zu denken haben.
Das Wort D^bbü scheint also zur Bezeichnung der Götzen ge-
worden zu sein nicht direkt aus seiner von uns angenommenen
Grundbedeutung „großer Stein" für den Gottesstein, sondern durch
Vermittelung der Bedeutung „ Gottesbild •" . Wie die Verwendung
der Bezeichnung des heiligen Steines (bb:i*) als Götzenname durch
die oben besprochene Identifizierung des heiligen Steines mit der
Gottheit, die in außeralttestamentlichen Vorstellungen nachweisbar
ist, nahe gelegt werden konnte, so ist vielleicht auch der mit jener
Verwendung zusammenfallende Gebrauch einer Bezeichnung für die
Götzenbilder (ü'bbs) als Götzenname durch die Anschauung der
Bilderverehrer selbst veranlaßt zu denken. In den Keilinschriften
finden sich Stellen, „an denen salmu ,Bild' auf dem Punkte zu
stehen scheint, direkt als Gottesname gebraucht zu werden".1) Hier-
her oder sonst zu dem Gebrauch der Namen für die heiligen Steine
als Gottesnamen würde der assyrische, vielleicht aber aus einem
nichtsemitischen Worte gebildete , Gottesname Üsu oder Usü ge-
hören, wenn er wirklich, wie P. Jensen vermutet-), .Diorit" bedeutet.
Gemeint kann dann damit nur sein entweder der aus Diorit be-
stehende heilige Steinblock oder, da bei diesem die Bezeichnung
der Steinart auffallend wäre, eher die aus Diorit hergestellte Gottes-
statue — letzteres um so wahrscheinlicher deshalb, weil der Stein
usü (worauf mich Jensen weiter aufmerksam macht3)) in den In-
schriften von Telloh vorkommt als das Material für Statuen.
Die Verwendung der Bezeichnung des Gottesbildes als Gottes-
name beruht auf der Identifizierung des Bildes mit der Gottheit.
Nicht erst die alttestamentlichen Propheten haben im Kampfe mit
dem Heidentum diese Identifizierung vollzogen,4) sondern sie und,
ihnen nachfolgend, andere alttestamentliche Schriftsteller haben sich
in dieser Identifizierung eine Anschauung angeeignet , welche im
Heidentum vielfach verbreitet war und von da aus noch im Bilder-
dienst innerhalb der christlichen Kirche nachgewirkt hat, nur daß
die volkstümliche Anschauung das Bild als belebt,5) die Propheten
die Götter als leblose Bilder denken.
1) Zimmern in Schraders Keilinsehr. u. d. Alte Test.3, S. 476. Ob "-!£•
das in den Inschriften von Teima im wüsten Arabien als Gottesname vorkommt
und sich anscheinend auch als phönizischer Gottesname rekonstruieren läßt
(Baethgen, Beiträge zur semit. Religionsgesch. S. 57, 80f. ; G. Hoffmann, Zeitschr.
f. Assyriol. 11, 244 f.), das „Bild" als Gottheit bezeichnet oder etwa bedeutet
„der Dunkle" (vielleicht vom Planeten Saturn gemeint, s. Zimmern a. a. O.,
S. 475), muß zunächst dahingestellt bleiben.
2) In meinem Artikel „Edom" in Herzog-Haucks RE.3 V, S. 1CG, 23ff.
3) Daneben allerdings auch darauf, daß uiü zugleich Name ist für einen
Baum mit hartem Holz. 4) S. meine Studien I, 79 f.
5) S. viele Beispiele aus ältester und neuerer Zeit für den Glauben an
ein Belebtsein von Götter- und Heiligen-Statuen bei L. Radermacher, Aus Lucians
418 Baadissin, Die alttestam. Bezeichn. der Götzen mit gillüllm.
Nach den oben angeführten Stellen ist das Eine zweifellos, daß
mit D^bib; speziell die Bilder der „andern" Götter bezeichnet wurden.
Das Wort kann aber keinenfalls, wie es bei der andern Bezeichnung
für die Götzenbilder EP-S-jg? der Fall ist, von Hause aus „Bild"
bedeuten; denn von der Bedeutung des hebräischen Stammes bbs
„wälzen, rollen" (oder auch von der Bedeutung „rund sein", wenn
man sie annehmen wollte) kommt man auf keinem direkten Wege
zu der Bedeutung „Bild". Es muß also dieser eine andere voran-
gegangen sein, aus der sie entstehen konnte. Als das vorausgehende
Moment wäre nach unserer Darstellung die Bezeichnung des heiligen
Steines zu erkennen.
Im Arabischen bezeichnen die Wörter 'Sv und ^o (obat,
eigentlich x) das Geschnitzte) zunächst das Bild, nämlich das Gottes-
bild, und dann ganz allgemein den Götzen.-) Hier findet sich also
eine genaue Parallele zu der für das alttestamentliche D^bibs an
zweiter Stelle angenommenen Bedeutungsentwickelung.
8.
Die oben erwähnte palmyrenische Bilinguis, der schon oft er-
klärte vö^iog reXavixog vom Jahre 448 der Seleucidischen Ära, d. i.
137 n. Chr.,3) bietet den bis jetzt einzigen Beleg für das Wort
Nbba im Palmyrenischen. Im griechischen Texte steht dafür crrjfo]
h&ivtj. Der griechische Text der Einleitung der Inschrift, der
dem palmyrenischen voransteht, ist als das Original, der palmyre-
nische als die Übersetzung anzusehen. In dem griechischen wird
Z. 11 angegeben, daß das durch palmyrenischen Senatskonsult be-
schlossene Steuergesetz geschrieben werden soll samt dem alten Gesetz
iv Gr-tjkr) kt&ivrj rfj ovGy ävTiKQvg [i]sq[ov] Xeyofiivov PABA2EIPH,
und entsprechend bietet der palmyrenische Text Z. 9 f. i*i Nbbjte
N-POiO"i "H NbD">n bnpb. Also die Inschrift wurde angebracht auf
einer G%r\ht\ Xl&lvt] oder &*bb3.
Über die Beschaffenheit des Steines bin ich informiert zunächst
durch freundliche briefliche Mitteilungen von Professor Euting, der
im August 1883 zusammen mit Huber das Denkmal ausgraben ließ,
aber nur die Erlaubnis erhielt, die Vorderseite mit der Inschrift
soweit bloßzulegen , bis die Schrift sichtbar wurde. Er schreibt
Lügenfreund, in der „Festschrift Theodor Gomperz dargebracht" 1902 S. 197
— 202; vgl. auch Studien I, 80.
1) S. Nöldeke, ZDMG. 40, 733 f.
2) S. Wellhausen, Keste arabischen Heidentums2, S. 102. Die Frage der
Entlehnung, die für +X*3 von Fraeukel, Die aramäischen Fremdwörter im Ara-
bischen 1886 S. 273 und Wellhausen bejaht, von D. H. Müller, Wien. Zeitschr.
f. d. Kunde d. Morgenl. 1887 S. 30 verneint wird, kommt hier nicht in Betracht.
3) S. die im Jahr 1882 von dem Fürsten Abamelek-Lazarew entdeckte
Inschrift und die Literatur darüber bei Lidzbarski, Nordsemit. Epigraphik S. 463 ff.
Baudissin, Die alttestam. Bezeichn. der Götzen mit gillullm. 419
mir unter dem 29. Nov. 1903: „Ich hatte den Eindruck, daß der
Stein mit Eücksicht auf seine vollkommen wagrechte Lage sich in
situ befinde , und kann mir auch heute nur denken , daß er bei
einer Länge von etwa 5 Metern und einer Höhe von 2 Metern
nicht aus einer dünnen Platte bestehen kann . sondern mindestens
80 cm dick sein müßte. Bei der ständigen Überwachung war eine
spezielle Untersuchung nach dieser Richtung ausgeschlossen. . . .
Die viereckigen Löcher, welche in Feld 1 und Feld 4 hineingeschlagen
worden sind, betrachte ich als Dübel-Löcher, zum Zweck, über
Feld 1 und Feld 4 (oder gar über Feld 1 bis Feld 4) eine neue,
mit Zapfen einzulassende Holz- oder Bronzetafel zu befestigen, die
einen jüngeren, den alten Steuersatz ungültig machenden Tarif zu
tragen hatte."
Diese Angaben werden, was die Vermutung über die Dicke
des Steines betrifft, etwas modifiziert durch eine genaue Beschreibung,
die mir Professor Paul von Kokowzoff in St. Petersburg unter dem
1/14. März und 11 24. März 1904 gütigst zur Verfügung gestellt
hat. Er hat den Stein, der sich seit kurzem als Geschenk des
Sultans in St. Petersburg befindet und in der kaiserlichen Ermitage
seinen Platz erhalten soll, auf meine Bitte hin sorgfältig untersucht
und selbst gemessen. Ich gebe auch seine Beschreibung, obgleich
einzelne ihi-er Angaben über den Rahmen meiner Untei'suchung
hinausliegen, vollständig wieder, weil sie neu und für die Beur-
teilung des wichtigen Denkmals überhaupt von Wert ist: „Die In-
schrift befindet sich auf einem großen Monolith. Seine ganze Höhe
betrug bei der Ausgrabung 2,40 Meter. Diese Angabe ist mit-
geteilt von Herrn Th. Usspenski in den Nachrichten des Russischen
Archäologischen Instituts in Konstantinopel, Bd. VII, 1902 S. 122.
Die Maße des Steines sind im Querschnitt folgende1):
1. a b = 0,260—0,265 m
2. cd = 0,475—0,480 m
3. a c (die beschriebene Fläche) = ursprünglich 2.40 m,
jetzt beinahe 2 m.
„Die ursprüngliche Höhe des Steines in seinen ver-
schiedenen Teilen ist jetzt leider direkt nicht mehr
zu ermitteln , da wegen der Ungeheuern Schwere des
Steines der nicht beschriebene untere Teil mit aller
Vorsicht, um die Inschrift nicht zu beschädigen, ab-
gesägt worden ist. Dagegen ist der hintere Teil des
Steines, wie ich mich überzeugen konnte, unversehrt
geblieben. Wie sich bei der Ausgrabung herausgestellt
hat, stand das Denkmal ganz frei, ohne Sockel, auf dem
Lehmboden, indem eine Anzahl untergelegter länglicher
Steinstützen es verhinderte, nach vorne zu fallen, während
1) In der Figur ist die Dicke des Steines zu groß im Verhältnis zur Höhe.
420 Baudiesin, Die alttestam. Bezeichn. der Götzen mit gillülim.
seine größere Dicke am untern Rand ein Umfallen nach rück-
wärts nicht zuließ. Da der Stein also ganz frei auf der Straße
von Palmyra stand, konnte er mit vollem Recht in der griechischen
Inschrift als öxrjlr] Xi&ivri bezeichnet werden. Wie der obere Teil
des Denkmals ursprünglich aussah, ist jetzt nicht mehr zu ersehen.
Bei der ungleichen Höhe der obern Ränder der verschiedenen Teile
des Steines ist es denkbar, daß er einstmals von einem künstlerisch
verzierten Karnies bekrönt war. Es sind aber in dieser Hinsicht
nur Vermutungen möglich."
Man könnte, von dieser Beschreibung absehend, zunächst zweifel-
haft sein, ob dieser einzelne Stein mit dem 6xi]ky der Inschrift be-
zeichnet werden soll, ob er nicht etwa zu dem Fundament einer
großen darauf aufgebauten Säule gehörte und dann eben diese, nicht
der noch jetzt vorhandene einzelne Stein, mit Gxr\h] und Nbb^ be-
zeichnet wäre.1) Das ist aber schon ausgeschlossen , nicht zwar
durch den Wortlaut des palmyrenischen , wohl aber durch den des
griechischen Textes. Wäre von der Anbringung der Inschrift auf
einer bestimmten an der angegebenen Stelle vorhandenen Säule die
Rede, so müßte es, wie ich mir von einem Gräcisten bestätigen
lasse, doch wohl lauten : iv xy ßxyly li&Cvy xy ovöy. Was wirk-
lich dasteht: iv öxylij ki&ivy xy ovüi] ließe sich etwa so verstehen,
daß der Tarif geschrieben werden soll auf eine 6xyly von Stein,
und zwar soll als Material benützt werden diejenige Cxrjky, welche
sich gegenüber dem Tempel Rabaseire befindet. Ein dazu geeigneter
Stein wäre dann schon vor dem Beschluß des Senates an dem
betreffenden Platze vorhanden gewesen , wie auch der palmyre-
nische Text mit seinem bapb ">1 voraussetzen könnte : „auf dem
(N)bba, welcher gegenüber — ". Unbedingt schließt die von Herrn
v. Kokowzoff gegebene Beschreibung des Steines mit dessen ver-
schiedenen Maßen der Dicke und der Art seiner Aufstellung aus,
daß er eine Platte an einer Säulenbasis gewesen wäre. Der Stein
hat für sich allein frei dagestanden , und es kann keinem Zweifel
unterliegen, daß eben der Stein von 5 Metern Länge und 2 Metern
Höhe die öxyky oder Nbbs repräsentiert.
Nach den Angaben des Herrn v. Kokowzoff ist dieser Stein
keinenfalls ein abgeschliffener Felsblock, der an dem von der Natur
gegebenen Standort sich befand, sondern eine von Menschenhand
aufgerichtete Steinplatte. Wenn man nicht annehmen will, wozu
keine Veranlassung vorliegt, daß der Stein vor dem Steuertarif eine
andere Inschrift trug, die abgeschliffen worden wäre, um dem Tarif
Platz zu machen, so bleibt, wie mir scheint, nichts anderes übrig,
als den Ausdruck xy ovörj avxr/.obg (bnpb *n) trotz des Artikels zu
1) Eine Stele mit einer Basis von den Höhe- und Länge-Dimensionen des
palmyrenischen Steines könnte wohl angenommen werden. Die Maße der Basen
der beiden in Petra befindlichen pyramidalen Säulen schwanken zwischen 1,83
und 3,65 Metern (G. L. Kobinson, Mittheil. u. Nachr. d. Deutschen Pal.-Vereins
1901 S. 24).
Baudisain, Die alttestam. Bezeiclin. der Götzen mit gillüUm. 421
verstehen in dem Sinne : „ (eine steinerne Stele,) welche ihren Platz
haben soll gegenüber". Der Stein scheint also erst für die Ver-
öffentlichung des Steuertarifs aufgestellt worden zu sein, nicht etwa
— was für die Auffassung der Bedeutung des Wortes Nbbs wichtig
sein könnte — schon früher zu einem andern Zweck an der Stelle
dem Tempel gegenüber gestanden zu haben.
Der Verfasser des palmyrenischen Textes, der für Gx)\h] h&Cvr]
setzte Nbbs, war sich bei der sonstigen genauen Übereinstimmung
beider Texte gewiß dessen bewußt, daß man nicht jeden großen
Stein Nbbü nannte, sondern speziell einen Stein, der sich als ortfXi]
bezeichnen ließ. Esr. 5, 8 ; 6, 4 werden Bausteine (im Unterschied
von Bauholz) nicht schlechtweg mit bbs bezeichnet, sondern mit
bbj; pN. Das Wort bbs drückt also jedenfalls hier im Aramäischen
und wahrscheinlich auch dort im Palmyrenischen eine besondere
Beschaffenheit eines Steines aus. Erst im talmudischen Hebräisch
und ebenso im Mandäischen bezeichnet bb." ganz allgemein einen
Stein.1)
Die LXX hat für bba pN Esr. ß 5 , 8 U&oig iylcKxotg; 6, 4
(66[ioi) Xi&woi (A Xi&ivoi KQcacuoL L [döfioug] Xi&Cvovg xQcacdovg)
und Esr. a 6, 9 = Hebr. 5, 8 Xi&ojv '^vaxav (xcä) noXvxsXav ; 6. 25
= Hebr. 6 , 4 (ödjtirov) Xi&ivcov £,v6xCov. Die Zusätze ixXe'/.xoig,
'/.Qaxcuoi, tioXvxeX&v beruhen wohl nicht auf irgendwelcher Etymo-
logie, sondern nur darauf, daß man unter bbs pN große Steine
verstand. Auch der Zusatz ijixfrwv ist schwerlich mit Gesenius'2)
etymologisch zu rechtfertigen und auf eine Ableitung von !^L>
„glätten" zurückzuführen, da hebräisches üba und aramäisches isbs
in dieser Bedeutung nicht vorkommen. Sie liegt allei'dings dem
alttestamentlichen "p^SA „Tafel", d. i. das „Geglättete", zu Grunde;
aber es ist nicht wahrscheinlich, daß der griechische Übersetzer in
Esr. a diese Bedeutung des Nomens erkannt und bba damit kom-
biniert hat. Eher hielt er sich lediglich an den Sprachgebrauch,
der wohl wirklich mit bbä „polierte" oder überhaupt bearbeitete
Steine bezeichnete. In dein Zusammenhang der Esra-Stellen wird
an Quadersteine zu denken sein. Ebenso setzt die Identität von
«bbs und Gxr\Xr\ Xi&ivy\ in der Bilinguis voraus, daß man unter
N^b3 einen bearbeiteten Stein verstand. Einen etymologischen An-
haltspunkt hat diese Bedeutung nicht. Sie wird lediglich aus einer
Wandlung im Sprachgebrauch zu erklären sein.
Im Palmyrenischen wurde anscheinend Nbbs synonym gebraucht
1) Reckendorf und Nöldeke, ZDMG. 42, 399. Mit bbs wird im Talmudischen
auch ein „Körnchen" Salz bezeichnet (Jac. Levy, Neubebr. Wb. s. v.) • das ist
wohl nicht von einer Bedeutung „Kugel" abzuleiten (also „Kügelchon"), sondern
> v
aus dem „Stein" wurde ein „Steinchen , Körnchen". Ob im Syrischen JJLS^^
„Welle" auch die Bedeutung „Stein" hat, ist zweifelhaft, s. R. Payne-Smith s. v.
2) Thesaurus s. v. bbä.
422 Baiudissva, Die alttestam. Bezeichn. der Götzen mit gülülim.
mit fcöltn, dem palmyrenischen Pendant für hebräisches Sias»,
das am meisten dem griechischen 6ri]lr] entsprechen würde. LXX
gebraucht arrjk)} für !"i:3£72, und in der phönizischen Kranzinschrift
vom Piräus steht rniT73 genau ebenso wie in griechischen Inschriften
ar/jhj oder 6Ttjfo) li&ivi] von einem ehrenden Gedenkstein. Der
Verfasser des palmyrenischen Textes hat das Wort Nni£72 wahr-
scheinlich deshalb vermieden, weil man dai-unter einen Stein von
einer besondern Form verstand, die der Stein mit dem Steuertarif
nicht hatte.1) Zu einem Synonym mit Nasa kann das Wort Nbb5,
das seinem Etymon nach sich wesentlich davon unterscheidet, wohl
nur dadurch geworden sein, daß man mit ihm ebenso wie mit N3X73
heilige Steine bezeichnete. Mit bbs wäre nach unsern Vermutungen
ursprünglich der in einem Naturblock („Wälzer") bestehende Gottes-
stein bezeichnet worden; aber zwischen den Menhir-Steinen oder
den Blöcken eines Kromlechs und den künstlich bearbeiteten heiligen
Steinen unterschied die spätere Zeit nicht mehr. Zum Synonym
mit frO£72 oder Gvr\h] geworden, wurde dann bbs in weiterer Ent-
wickelung. wie die Esra- Stellen zu zeigen scheinen, als Benennung
jedes bearbeiteten Steines, auch im profanen Gebrauch, verwendet.
Nach unserm Versuch, die Bedeutungsentwickelung zu rekon-
struieren, wäre in den ältesten Zeiten das Nomen bba als Bezeich-
nung des Gottessteines auf den unbearbeiteten Naturblock , zuletzt
dagegen, ohne diese kultische Bedeutung, auf den behauenen Stein
angewandt worden. Der Gegensatz der Bedeutung kann unsern
Versuch nicht, wje es zunächst den Anschein hat, widerlegen : bbs hat
weder die Bedeutung „unbehauener Stein" noch die andere „be-
hauener Stein" gehabt; es war überall zunächst der „große Stein",
und nur die nähere Bestimmung, die man hinzudachte , wäre nach
unserer Vermutung eine wechselnde gewesen. Als Bezeichnung für
den großen Stein scheint bba spezifisch aramäisch -hebräisch zu sein;
ein entsprechendes Wort eben dieser Bedeutung gibt es im Arabischen
nicht und ist im Phönizischen, auch — soweit mir bekannt — im
Assyrischen nicht nachzuweisen.
Durch unsere Kombination läßt sich in dem Nbbü der Bilinguis
eine Bestätigung dafür erkennen, daß bbs ursprünglich den Gottes-
stein bezeichnete. Eben dies könnte man vielleicht aus einer andern
Angabe in der Bilinguis noch bestimmter entnehmen. Der darin,
als Nbba bezeichnete Stein lag einem isqov gegenüber. Es ist doch
1) Mit N2£"- bezeichnete man wohl zu Palmyra in der Regel,
wie mit P22S72 und !3l£3 im Phönizischen, einen pyramidal zugespitzten Stein.
So geformte Säulen befinden sich auch in Petra; diese sind neuerdings von
G. L. Robinson (Mittheil. u. Nachr. d. D. Pal.-Vereins 1901 S. 23 f.) und Curtiss
(Ursem. Religion S. 274 f.) in Abbildungen bekannt gemacht worden. In dem,
so viel ich weiß, einzigen Falle, wo palmyrenisches N3l£73 vorkommt, wird
damit eine kleine rechteckige Stele bezeichnet, die dem „guten Gott" Schadrapa
zu Ehren errichtet ist (s. die Abbildung bei D. H. Müller, Wiener Zeitschr. f.
d. Kunde des Morgenlandes VIII, 11 ff.).
Baudissin, Die alttestam. Bezeichi. der Götzen mit gillnUm. 423
möglich , daß der Stein in irgendwelcher Beziehung zu dem uqöv
stand.1) Die von uns vermutete alte Anwendung von bba als Be-
nennung des Gottessteines würde dann hier noch durchschimmern.
Obgleich davon schon in den Esra-Stellen nichts mehr zu ei'kennen
ist, könnte doch auf palmyrenischem Boden diese Bedeutung sich
länger erhalten haben. Der Inhalt der Inschrift hat allerdings
keinerlei gottesdienstliche Bedeutung ; es ist aber sehr wohl denkbar,
daß man den Steuertarif auf einem Steine , der vor einem Tempel
aufgestellt war, deshalb anbrachte, damit er unter den Schutz einer
Gottheit gestellt werde. Der Stein wurde dann angesehen wie
ein Kultusstein und vielleicht speziell mit Bezug darauf als Nbba
bezeichnet.
Als Endpunkte einer irgendwie vorangegangenen Bedeutungs-
entwickelung sind für das Wort Nbb.*, im Neuhebräischen die Be-
deutung „Stein", für Dibiba oder D^bbs im Alten Testament die
Bedeutung „Götzen" zu konstatieren. 'Beide Wörter können, da
das zweite ursprünglich anders ausgesprochen worden sein mag, in
einem noch nähern Verwandtschaftsverhältnis stehen als dem der
Ableitung von demselben Stamme. Sie scheinen ursprünglich iden-
tisch zu sein.
Für ein Nomen bb} von unbekannter Aussprache , eigentlich
„Wälzer", d. h. „Last", dann „schwerer Stein", wäre nach der oben
gegebenen Darstellung aus dem verwandten rnb">ba als ältester
Gebrauch anzunehmen der von dem heiligen Steine ,' dem Gottes-
stein. Wie es scheint, wurden speziell die einzelnen Steine, welche
zusammen einen bltba, d. h. heiligen Steinkreis, bildeten, so genannt,
dann aber doch auch wohl die isoliert liegenden heiligen Steine,
die Menhir- Steine. Von da aus hätte sich die Bedeutung nach
zwei Seiten hin entwickelt.
Als gottesdienstliche Steine verwendete die spätere Zeit solche
Steine, die in Stelenform bearbeitet waren. So wurde bbs, wie es
uns in dem palmyrenischen Nbb^ entgegentritt, Bezeichnung für
eine OTijkr) lt,&ivr( oder, wie wir es im Aramäischen des Buches Esra
finden , in der Verbindung bba "ISN für einen bearbeiteten Stein
überhaupt, in Esra für den als Baustein verwendeten Quaderstein.
Das Neuhebräische gebraucht dann zuletzt Nbb.|i für jeden Stein.
Aus dem Gottesstein — also nach unserer Annahme dem bbs
— worin man die Gottheit als in ihrem Hause wohnend dachte,
sodaß der Stein als ihr Repräsentant galt, entstand durch Ver-
mittelung der bearbeiteten Stele in späterer Zeit das Gottesbild :
aus der schmal emporragenden und oben zugespitzten Stele ging
hervor die Darstellung der Gottheit in Menschengestalt, worin man
1) Über den noch von keiner Seite befriedigend erklärten Namen dieses
Uq6v oder Nb2T! enthalte ich mich der Vermutung. Ein Gottesname ist darin
schwerlich zu erkennen.
424 Baudissin, Die alttestam. Bezeichn. der Götzen mit gilluUm.
ebenso wie im heiligen Steine die Gottheit gegenwärtig glaubte. Auf
diese Bilder übertrug man die Bezeichnung D-'bbs ; aus einer Reihe
alttestamentlicher Stellen läßt sich noch erkennen, daß unter D^blb?
die Bilder der Abgötter verstanden wurden, und die älteste Über-
setzung der LXX ei'dcoXa hat mit oder ohne Bewußtsein die richtige
Tradition bewahrt. Ezechiel und andere alttestamentliche Schrift-
steller wählten dies Wort, um damit die Götzen selbst zu bezeichnen.
Sie verwandten es als einen Spottnamen, der zum Ausdruck bringen
sollte, daß die fremden Götter nichts anderes seien als Bilder oder
Steine, unbelebt und ohnmächtig wie diese. Wenn die Benennung
der Götzen ursprünglich ebenso ausgesprochen wurde wie die Be-
zeichnung der heiligen Steine, so mußte der von den alttestament-
lichen Schriftstellern beabsichtigte Spott jedem Zeitgenossen unmittel-
bar verständlich sein.
Die Form blbs* könnte nun etwa in dieser überlieferten Aus-
sprache und mit der dafür möglichen Bedeutung „Wälzung, Ge-
walztes" Bezeichnung des Menhir- Steines gewesen sein. Ist aber
unsere Annahme richtig, daß das aramäische bbs direkt mit einer
althebräischen Bezeichnung der Menhir- Steine zusammenhängt , so
ist es wahrscheinlicher, daß diese entweder ebenso ausgesprochen
wurde (von der Grundform kttäl1)) oder auch bbs (wie hebräisch
■)32 neben aramäischem "p"*, *y52>). Dann wäre D^blbs, zunächst
geschrieben D^bb?,, die nach Analogie von y*]]?iü gebildete Umwand-
lung von ursprünglichem t^bba. Um so näher lag es für Aquila,
wenn er diese Aussprache noch kannte ,2) dabei an das Wort bbs
mit der Bedeutung „Kehricht, Kot" zu denken.
Gillül wäre also entweder die ursprüngliche oder eher die
willkürlich in der Vokalisation geänderte Form einer uralten Be-
nennung des heiligen Steinblockes und dann des steinernen Gottes-
bildes. Davon , daß erst Ezechiel das Wort geprägt hätte , kann
bei dieser Auffassung keine Bede sein. Wohl aber bleibt zweifel-
haft, ob zuerst Ezechiel oder schon ein Früherer diese Bezeichnung
für heilige Steine und Bilder auf die Götzen übertragen hat.
Ist unsere Entwickelung der Wortbedeutung richtig, so bietet
sie einen weitern Beleg für die Ausbreitung des Steindienstes auf
palästinischem Boden. Nur wenn der Menhir ein allgemein ver-
breitetes Zeichen der Gottheit war, konnte man seinen Namen ver-
wenden als Allgemeinbezeichnung zunächst der Gottesbilder und
dann der „andern" Götter neben Jahwe. Von der großen Menge
der Masseben auf altisraelitischem Boden sieben uns die neuesten
1) Vgl. Kautzsch, Grammatik § 84a 10.
2) Aquila hat die der Punktation DTpl;5 analoge masoretische Aussprache
DISO Am. 5, 26 noch nicht gekannt, sondern dies Wort anscheinend gelesen
nl3D, da er mit 6VG7au6[iovg übersetzt. Noch Hieronymus (zu Am. 5,26)
las „Sochoth".
Baudissin, Die alttestam. Bezeichn. der Götzen mit gillulim. 425
Ausgrabungen in Palästina mehr und mehr eine Vorstellung;1) nicht
minder zahlreich werden im höchsten Altertum der in Palästina
ansässigen semitischen Völkerschaften die Menhir- und Kromlech-
Steine gewesen sein, die als Vorbilder der künstlichen Masseben
anzusehen sind.-)
1) S. unter anderm über die Ausgrabungen Schumachers auf dem Teil el-
Mutesellim: Mitteilungen d. Deutsch. Orient-Gesellschaft n° 20 S. 6 (1903) und
ganz besonders über die höchst merkwürdigen Masseben von Tell-es-Säfi F. J.
Bliss, Palestine Exploration Fund, Quarterly statem. 1899 S. 318 ff., und über
die von Gezer R. A. Stewart Macalister, ebend. 1902 S. 321 f., 1903 S. 25 ff.
Vgl. auch Curtiss, Ursemitische Religion S. 90 ff. über heutige Heilighaltung von
Steinen in Syrien, besonders S. 94 über die drei abgebrochenen Säulen vor dem
Heiligtum des Nebi Eijüb in Büsän in den Drusenbergen, deren mutmaßliches
Alter leider aus dem Mitgeteilten nicht zu ersehen ist.
2) S. Material für die besonders auf ostjordanischem Boden gefundenen
Menhir- und Dolmen-Steine Artikel „Malsteine" a. a. O., S. 133, 21 ff.; 135, 3G ff.,
weiteres in Lidzbarski's Ephemeris I, 231 — 233.
426
The Pahlavi Texts of Yasna XX, XXI, XXII,
edited with all the MSS. collated.
By
L. H. Mills.
Yasna XX.
A Commentary upon the Asem. Vöhü formula.*)
Früh gövesnlh1 yehvünt l- Aüharmazd: aharäylh avädlh
pährüm alt' ; baras3 {ahmäi vöhü vahistem) av valä avädlh l
pährüm cäst' yehvünet' [aeyas nevaklh patas hart* yehvünet]
man zag l xves xves-rövesnlh (sie) [vebedünärid aey zag % aväyat'
yehabünt'2 barä yehabünef] pavan 'vöhü3 vahistem astl'3 [vohük*
vahistem* astlk* (so)] aetün dätöbarlh**) angartzgih5 (sie) yehvünt'
[aeyas roesä yehvünt].
nevak' rövesnih1 (sie) i2 harvispgün aharüvän [yal aväyat'
yehvüntan] va3 harvispgün l* aharüvän barä5 cäst' yehvünet6;
[aeyas6 nevaklh patas hart' yehvünet'] man gabrä astesnih1
[xveskärlh] 28 harvispgün aharüvän [yal aväyat kartan] yaP
harvispgün' aharüvän'10 barä cäst' yehvünet' [aeyas nevaklh
patas hart' yehvünet'].
baras (asäi vahistäi . .) cäst' yehvünet' harvisp [kär va kir-
fak' i'1 pavan rnänsar1 petäk2] yal- valä harvisp mänsar [man
avestäk' va zand narm aey zag l harvisp mänsar2 hamäk2 kär
va kirfak' l pavan avestäk3 (so) va zand petäk vebedünänd],
man av'3 aharäylh xvatäyih* (so)2 [aey pätaxsahlh3 pavan
frärün'ih vebedünyen havaP dätistänlh" aes aey9 pavan frärün'ih10
xvätäyih11] cäset'12 [aey pätaxsahih12 (so) pavan frärün'ih13
yaxsenünet],
i man'id av valä karltüntär1 aharüv rästlh cäset' [aey vijlr
i- rast' vebedünyen],
I man'ic av'* leküm2 rästlh cäset' aey sütemand3 [havet* aey
*) The words within Square brackets are the glosses; those within paren-
thetical curves are my additions. **) Is it clät' bär'ih'i
Mills, The Pahlavi Texts of Tasna XX, XXI, XXII etc. 427
dätöbarih rast'5 vebedünyen] [III- dätöbarih yehvünt , aeyas
vijlr IIIZ bayen yehvünt*].
7 harvisp gövesn fräz1 gövesnih [yehvünt] hamäk- gövesn
zag l3 aüharmazd [yehvünt*].
Catechetical Addition to the Commentaiy.
8 Aüharmazd fräz guft'. (Question) mas rat fräz güft' ?
(Ans.) aharüv l- mlnavad va sti'h [nevaMh i" minavad va* stlh
rät].
9 (Question) mä1 kämaklhas1*) (sie) rät fräz as2 güft' [mä*3
aväyast' (sie) räl* fräz as güft] ? (Ans.) aey vad zag z5 vaxse-
n'itär6 salitäih (or -yih (so)) [yehvünät] I7 valä l härndk* (sie)
xvätäl (?. oi" -tiya).
10 (Question) cand**) aharüvän rät1 [yal2 aväyat güftan']?
(Ans.) aey vad vaxsenxtär yehvünet' zagic l akämak' xvatäl (or
-tiyä) [ae1 man ae väj' yal2 petäkenet3 aey gada i* kayän aetün"0
cegön^ levatä hüxvatayän aetün'1 io l1 levatä düs-xvatayäri^.
«e9 levatä hüxvatayän '8 pavan hanä9 kär aey10 vad nevaklh ves
vebedünänd11 va12 levatä düsxvatayän pavan ae kär13 aey10
vad anäklh kam1* vebedünänd]15.
Yasna XXI.
Introduction to Y. XXI (from Y. IV).
Commentaiy upon the Yen'hya1 (so, hardly Yen'he '?) Hätam.
The Yen'hya Hätam (here inserted from Mss. at the close of Y. IV.
Man min altün aetün pavan yazesn me'im [av valä-
saplr2 aey yazesn zag sapir l- aüharmazd i xvatäl (-tiyä?)
rät vebedünyen] aüharmazd äkäs min aharäyih aväkih cigämcät
[kär va kirfak' t2 as* kart' yegavlmünet' pavan mihi' va
pätdahesn äkäs yehabünet].
hanjamanlgän'1 (sie) zakarän'2 va vagdän yezbexünam
[amesöspendän***) nie1 im zakar valäsän sapir havan'd va vagd'
valäsän].
Commentaiy.
1 Yazesn gövesn yehvünt (l)-\) aharüv zartüst' '. man min1
altän aetün pavan'1 yazesn me'im latamä zagas V' aüharmazd*
*) Here we have alternative treatment, „c* pointed to the interrogative;
and the rest of the word was taken as väs = ind. väne1 = „to desin
also Y. XIX, 57.
**) No trace of Icämalc was seen in evantem , doubtless owing to the
disappearance of the „s" which appoared in öväs.
***) Is ameSö- ame* '-? t) See also Ner.
Bd. LVIII. 28
428 Mills, The Palliar! Text of Yasna XX, XXI, XXII, etc.
yazesri cäst yehvünet', [aey zag l1 volar vebedünänd3] man
(Inf' / aüharmazd, [aeyas4 dät l frärüri marir°as yazesri all'
as- cäst' yehvünet'' aey zag l1 valä'1 ves vebedünyen].
2 man bästäri3 (sie) [ansütääri] zäyesri4 xvahisnlh6*) (so)
[afsäri zag mindavam yemalelünet amat särie saplr tüväri
zwlstan1].
latamä as zag ll aharüväri 2 [zakarän - va3 vagdäri4] pavan
böndt ig menesnlh l fratüm yazesri barä cäst' yehvünet'.
3 man' nlyäyesri l amesöspendäri1 [aey aüstöfrit' (so) i- amesö-
spendän vebedunyen3] III dätübarlh yehvünt, aeyas vijlr III
\bayen yehvünt] harvispgün gövesri yazesri [yehvünt] nie'im vah
man yazesri \ yehvünt]5 (i6) amesöspendäri1 pavan zag yazesri.
The „Ustä Ahnaäi" cited.
4 Afas güft' aüharmazd aey rievalc valä man' min zag i
valä3 nevakih hatärcäl [nevakih6].
5 afas pavan hämalc1 pätaxsah'di- yehabünet aüharmazd
[pavan aväyast' l3 valä].
Catechetical Addition.
6 (Question.) mä pavan zag saxüri [gövesnih pasuxv güft ]
mä zag mindavam mä- güft].
7 (Auswer.) nevak rövesnih1 pasuxv güft' nevak rövesnih i-
harvispgüri aharüväri mariic liavand , mariic yehvünt havand3,
va mariic yehvünd,
8 i1 vaxsenltär [zag gabrä] pavan vaxsenitärlh pasuxv - güft
rnozd pavan vaxsenitärlh i3 aüharmazd pasuxv güft' zag vaxse-
nitärlh l4 aharüv'5 [yemalelünam] mari vaxsenitärlh6 av
aharüväri .
Yasna XXII.
Invocations for the Sacrifice.1
1 Pavan barsöm i me'im yedrünt- [av barsom-däri bürt '■'•
yegavtmünet] levatä zöharalc i* dätär i aüharmazd i5 räye-
äömand i gadä-äömand lls amesöspendän räl1 [säxt yega-
vimünet],
2 denä hörn pavan aharäylh lälä yehabünt' l [aey1 pavan
frärürilh- säxt yegavtmünet] bavlhünam av denä yazesri .
3 denä bisrayä1 l jlvari- i2 pavan aharäylh lälä yehabünt'
[aey pavan frärürilh6 säxt' yegavtmünet] bavlhünam av denä
yazesri4.
*) Interesting etymology.
Mills, The Pahlavi Texts of Yasna XX, XXI, XXII, etc. 429
4 denä aürvar l hadnapatäk1 l pavan ciliar üyih lälä yeha-
bunt [aey pavan frärünlh2 säxt' yegavimünet'] bavlhünam av
denä yazesn ' .
5 ll mayä i sapir [aey mayä l sapir rät säxt' yegavimünet']
valäsän zöhar-äömand höm-äömand2 (i) bisrayä-äömand r5 had-
napäk-* (so here; read hadnapatük-(so))5-äömand V' pavan aha-
räylh läla1 yehabünt [aey pavan frärünlh^ säxt' yegavimünet]
baviliunam av denä yazesn .
6 l1 mayä l saplr [man'2 (so) mayä i sapir räi säxt' yegavi-
münet'2] va maya'c ls hömigän bavlhünam av denä yazesn'*.
7 zagiä l asimin'1 hävan bavlhünam av denä yazesn va2
zagte l aslnln* hävan'* bavlhünam av denä yazesn .
8 zagte l1 aürvarin- barsöm i2 mat' yegavimünet' pavan rat'
fravämesnih va3 hösmüresnih va* varzesnih l den 1° saplr i
mazdayastän 6 (read -yasnän*)),
9 zagic l gäsän sräyesnlh1 dahesn [i2 dehak] l mat' yega-
vlmünft' pavan rat' fravämesnih T' aharüv l aharäyih* rat',
10 denä hezom1 (better aesm) va- böl bavlhünam av denä
yazesn i- lak ätaxs i aüharmazd berä rät [säxt' yegavimünet'].
11 harvispic1 avädlh l aüharmazd- dät' man'1 min aharäyih
petäkih bavlhünam av denä yazesn ,
12 pavan snäyenltärih1 i aüharmazd va amesöspendän [pavan
snäyfnltärlh2] r' srösaharih (sie for srösaharüv, hardly „sroSyä-
r/h" here) va* ätaxs l aüharmazd [berä] va rat' l'° büland man
aharüv'.
13 baviliunam av denä yazesn osni/i1 i2 aharäyih rat'8 pavan
hävan* l aharüv l aharäyih rat' .
[aetün cegön pavan srösdrön nipist' vad asahya5 (not asahe)
raß- ö berezat' vad ra& ö2 (so)**).]
24 pavan snäyenltärlh^ l aüharmazd l2 räye-äümand:i i* gadä-
äö?nand:1 l5 amesöspendän1'' l~ [hüxvatäyän l hüdehakän']9,
25 (i) mitr1 l frehgäöyot'2 (so here, better frehgaoyöt') va''
rämesnic* xvaharüm5 (so ?),
26 i/) xvarxset'1 i amarg l rüye-äömand l arvand-äsp [aeyas
äsp'1 i3 nevak* ait' man'5 aetün yemalelünet '6 havat äsp'~ P
nevak barä yehabünet \.
27 va {t) väe1 l avarkär va2 turvenitärtüm min zag-hans (so)
dämän aetün lak väe l man* lak alt' [aey5 nafsä5 havih5]
(f)6 spünäk nünavad [nafsä1 havih],
*) So the Munich Parsi-pers. MS. for the most part translates -yasnän.
**) From Yasna XXII, 14 to 23 inclusive are repeated from Xasna XXII,
to 10 inclusive.
480 Mals, The Pahlavi Texte of Yasna XX, XXI, XXII, etc.
28 (i) rajistak'ic1 i farzänalc i aüharmazd-dät' va- dm l
veh3 i mazdayastän (read -yasnän'4),
29 (i) mänsarspend i1 aharüv i* kämaJc -aocüs-(sic)-dät' t yuit-*
sedäb-dät' l zartüst va1 (i) der-avar-rövesnlh [i 2 minavad* i*
spend5] i(j den i saplr l mazdayastän (-yasnän)"' [**] va (l)
äkäsih) l1 mänsarspend* va asn'-xrat' i aüharmazd-dät' va9
gös'-srüt'10 xrat ~i aüharmazd-dät' ,
30 (i) ätaxs i aüharmazd berä va1 (l) Iah ätaxs2 i aüharmazd
berä man :i pavan denä yazesn havih* levatä harvispgün5 ätaxsän,
31 (l) g/'r l hüsdätär i aüharmazd-dät'1 l- aharäyth-xvärih,
32 (i) harvtsp'1 yazadän (so here) % aharüvän2 l minavadän
va stihän '.
83 (l) aharüvän fravähar1 (i) cirän l avarvljan l pöryötkesäri
fravähar i2 nabänazdistän fravähar i2 güftsem l3 yazatk (so here).
431
Beiträge zur Pluralbildung des Semitischen.1)
Vor.
J. Barth.
I. Das ai des Status constructus.
Der Status constructus zum maskulinen Plural Im des Hebrä-
ischen, In des Aramäischen und der Me&a-Inschriffc endigt überein-
stimmend auf hebr. i— = aram. ■'— , syr. w— , und die moabitische
Endung in ■"73'', ^NDS (Mesa 8. 23) hat man ebenso anzusetzen. Seine
Bildung gehört der Zeit der nordsemitischen Sprachgemeinschaft an.
Es herrscht Übereinstimmung darüber, daß diese Endung nicht der
lautgesetzlich zu erwartenden entspricht, welche vielmehr l (aus
l-ma mit Abwurf der letzten Flexionssilbe im Stat. constr. wie im
Arabischen) hätte lauten müssen. Von andern, nicht ernstlich in Be-
tracht kommenden Versuchen abgesehen, hat man dies ai mehrfach
als Übertragung des Constructus des Duals auf den des Plurals er-
klärt.-) während Praetorius3) in ihr die selbständige Feminin-Abstrakt -
endung d (^5—) sieht und diese als Stat. constr. zum emphat. J - ,
der in Wirklichkeit ein Stat. absolutus sei, betrachten will. Es
wäre jedoch — was letztere Ansicht betrifft — nicht abzusehen,
wieso sich im Syrischen dieselbe Endung ic— beim Stat. constr.
als Diphthong ai, beim Emphaticus als Monophthong e darstellen
sollte. Im Hebräischen gar existiert bekanntlich eine Pluralendung
e überhaupt nicht, und es würde gegen alle sonstige Analogie ver-
stoßen, daß für den Stat. constr., der sonst die ursprünglichen
1) Es sei mir gestattet, zu bemerken, daß die nachfolgenden Unter-
suchungen vor 10 Jahren niedergeschrieben worden sind. Über die Emphaticus-
Endung e, ajjä (S. 436 und Nr. II des folgenden) hat inzwischen Praetorius
in dieser Zeitschrift Bd. 56, 687 f. dieselben Ergebnisse vertreten, zu denen ich
gelangt war, j»i_X.ÄÄ^.U A^jaÄJlj. Wegen der Momente, die von Praetorius
noch nicht berührt .sind, zu denen auch die Beziehung zum Assyrischen gehört,
habe ich auch diesen Teil beibehalten.
2) So Olshausen, Hebr. Gramm. § 16 b Anm.; Wright, Lectures S. 151;
König, Lehrgeh. § 124; Lindberg, Vergl. Gramm. I, 95 [, Nöldeke in rV<
zur sem. Sprachwissenschaft" 1904, die mir erst während der Korrektur zugehen].
3) Amhar. Gramm. § 133a; ZDMG. 56, 686.
432 Barth, Beitrage zur Pluralbildung des Semitischen.
Formen, nur in eigenartiger Betonung und ev. Verkürzung, erhalten
hat, hier allein eine fremde Abstraktendung verwendet worden wäre.
Dieser fremdartigen Annahmen bedarf es nicht, cd ist von
vornherein Endung des masc. Stat. constr. Plur. gewesen, nur nicht
bei den starken , sondern bei den Nomina u 1 1. / , die im
Singular auf e, bezw. ai, endigten, und ist von ihnen
aus auf die starken Nomina übertragen worden. Der
mask. Plural jener Nomina auf e, cd ist in dem Casus obliquus, der
im Hebräischen und Aramäischen allein vorliegt, aus ai-lna schon
in ursemitischer Zeit zu ai-na verkürzt worden, wozu dann der
Stat. constr. ai lautete. Vgl. im Arabischen von den Participia
pass. {J^ , [S^ den Stat. absol. Plur. (JÜl-s?, yvl^°, und hieraus
Constructus Jbir , J^r • Ebenso erhielten im Aramäischen passive
und reflexive Partizipien wie J^y 7y> bezw. tnruöTa im Plural statt
ai -f- in, e -j- in die Endung ain, daher J^^sa, "p'n1^7? (Dan. 5, 6).
Über ihren Stat. constr. vergleiche weiter unten. — Dasselbe gilt
von den hebräischen Substantiven mit gleicher Singularendung:
n^WlZJ und dem Biliterale D1^1), die von einem Singular sairiaß, mäj
ausgehen; die Pluralendung ai + im ist auch hier zu aim ver-
kürzt. Ihr Stat. constr. hat von Anfang an, wie jetzt noch, auf
ai geendigt: ^%, ">73, wie syr. «.sdjl, «.33.
Die gleiche maskuline Pluralendung aim mußten die Substan-
tive mit dem Wortausgang n— , der urspünglich ^5— war, bilden.
Wie zu dem poetischen ">~b ein Plural *□*"■£ gehört haben muß,
so entsprach auch der Parallelform !"HtB2) lautgesetzlich ein gleicher
Plural. — Im Arabischen würde der äußere Pural von LÜ lauten
(Nom. .,yLs), Gen. ^JLä, der von ** würde Cm***) ^väx sein.
Ebenso mußte im Hebräischen und Aramäischen der herrschende Casus
obliquus Plur. von !npj? , }lo lautgesetzlich S^p , aram. qenain, der
zu aram. J^\>o und dem verlorenen Singular des hebr. ^V12 im Hin-
blick auf arab. x* aram. me'ain, hebr. ü^V'2 lauten, und wirklich
1) Der Vokal i nachj ist selbstverständlich nur Hilfsvokal, wie in y"?J? =
C-o, 5o.
J2£i • "f.? = {^fc£- 1. S. W.
2) Daß dies ~— lautgesetzlich dieselbe Flexion wie der Diphthong hat,
zeigen die Singulare mit Suffix ^j?» Jes. 30, 23, DtTFUÖW Jes. 5, 12, VTv
1 K. 2, 26 u. a. m. — G.-K. S 93, ss.
Barth, Beiträge zur Pluralbildung des Semitischen. 433
hat die Miscbnasprache auch noch den Plur. S^Vll bezw. yVTß er-
halten (z. B. Erub. 41 b, Chull. 50 a, 56 b, Levy, Nhbr.WB. III, 185).
Ebenso mußte SITU, J^, „Brust", sofern es als *^i\> anzusetzen
ist, mSW = «xc, — *"!?'-) ji^O im Hinblick auf U»* und alle
Bildungen dieser Art urspr. Plurale auf üm— , aram. --— bilden.
Im Stat. absol. Plur. sind freilich diese Formen auf aim,
mit Ausnahme von S^ttü?, D?M, dem Partizip D? ritt 72 (Jes. 25, 6),
im Hebräischen verdrängt worden, ebenso im Aramäischen bei den
betreffenden Substantiven, aus dem leicht ersichtlichen Grund,
weil sie rein äußerlich mit dem gleichen Kasus des
Duals zusammengefallen waren. Einesteils wurden sie
öfter durch die Femininendungen ersetzt; vgl. tiTri: rnin, — "T*-1
nrrä, — irti (^5>ö: n'"r lind nix: (Stat, constr.), — j-tij?: tri:*
(neben aram. Pluralen)1). Wurde aber der maskuline Plural ge-
bildet, so wurde er eben darum im Stat, absolutus nach Analogie
des starken Nomens behandelt, z.B. Q">5^ und ^j.&: — B^Tp und
io, ^2k20, w*20J „Wert" von einem Sing. *j^j u. a. , was
das Hebräische sogar beim Adjektiv und Partizip durchgreifen ließ,
vgl. fnäp: Drip, — n:v B^t"1, ' — ")??'? : B"1?:**:. Es braucht
nicht erst ausgeführt zu werden, daß dieses im, aram. in nicht die
primären Endungen der Plurale von Nomina mit der Endung e
(«/) -f *wi) bezw. in gewesen sein können. Das Zeugnis von D^TC,
D"?72, deren Endung mit dem «.— , y— der Partizipien und Ad-
jektive des Aramäischen, wie mit dem .^a — des Arabischen völlig
übereinstimmt, erweist, daß ihr ursprünglicher lautgesetzlicher Plural
auf n;— , aram. ■p— endigte. Ihre Verdrängung bei den Sub-
stantiven durch die Endung im, in der starken Nomina gehörl
in der Hauptsache schon der Zeit der hebräisch-aramäischen Sprach-
gemeinschaft an, wie die oben Zeile 16 stehenden Beispiele erweisen.
Sie ist im Hebräischen ganz durchgedrungen, im Aramäischen da-
gegen auf die Substantive beschränkt, weil bei ihnen allein
eine Konkurrenz des Duals vorkam und zur Formdiffe-
renzierung drängte. Bei den Adjektiven und Partizipien, wo ein
Dual nicht existierte, sind im Aramäischen die alten Pluralendungen
auf "p— , en erhalten geblieben. — Im Stat. constr. ist aber
sowohl im Hebräischen wie im Aramäischen die ursprüngliche laut-
gesetzliche Endung ai auch beim Substantiv erhalten geblieben
"lP.j5 = «Iß, — *"OM = wJi2D u. S. w.
1) Hierüber vergleiche unten S. 441.
434 Barth, Beiträge zur Pluralbildung des Semitischen.
Nachdem so bei den Substantiven auf In—, ).— im Plural
der jüngere Stat. absol. auf Im, in neben dem alten Stat. constr.
auf ai sieb regelmäßig etabliert hatte und hierdurch das ursemi-
tische Verhältnis von Constructus ai zu Absolutus ai?n(a) , ain(a)
im Nordsemitischen zerstört worden war, brachte das nunmehrige
Verhältnis bei den ">"h -Nomina von Absol. im, in zu Constr. ai eine
umfassende Analogiebildung schon in der nordsemitischen Sprach-
periode hervor. Es trat nunmehr zu allen Pluralibus absolutis
auf im, in, auch zu denen der Nomina und Adjektive der starken
Stämme, der Stat. constr. ai regelmäßig hinzu. Wie beim Stat.
absol. die Form im . in der starken Nomina die der i"b-Wurzeln
verdrängt hatte, so beseitigte im Stat. constr. die Form ai der
">"b-Nornina auf n— = ^$-~ die der starken Wurzeln. Es fand
somit bei den Substantiven eine durchgreifende Ausgleichung der
Formen der starken und schwachen Wurzeln in den beiden Status
des Plurals statt.
Ein klarer Beweis für diesen Ursprung der Endung ai ist
das Verhältnis des Stat. emphat. ajjä im Aramäischen, über den
schon Praetorius ZDMG. 56 , 685 zutreffend geurteilt hat , daß er
ursprünglich nur zu den Nomina ult. w et j auf e gehört, wie es
noch immer im Syrischen der Fall ist, und erst sekundär im
Westaramäischen sich auch über die festen Nomina ausgebreitet hat.
Nach den Bildungsgesetzen für den Stat. emphat. tritt ä hinten
an die ursprüngliche Form des Nomens im Singular wie im Plural.
Also weist der Stat. emphat. Plur. aiiä auf einen pluralen Stat.
constr. ai als seinen Ausgangspunkt.1) Das sind aber eben die
obigen Pluralformen der i"b-Stämme wie
Absol. Constr.
samai-m samai
(ebenso) mai-tn tnai
und die vorauszusetzenden ursprünglichen Plurale *0?ij?, *On272,
das mischn. ü"3>73 „Eingeweide" u. s. w. Da nun das Syrische diese
Stat. emphat. aiiä nur von den Nomina ult. w et / aus bildet und
der Constructus auf ai die notwendige Voraussetzung zum Em-
phaticus auf aiiä ist (wie im Feminin Pluralis äth zu äth-ä),
so liegt hier ein deutliches Zeugnis der Sprache dafür vor, daß
der Ursprung der ai- Endung bei den Nomina auf j. — = !"j—
liegt. Wie sodann dieses aiiä des Emphaticus im Westaramäischen
sich über alle Masculina Plur. ausgebreitet hat, so hat sich schon
in der hebräisch-aramäischen Sprachperiode das ai des Stat. constr.
über alle, auch die festen Nomina, ausgedehnt.
1) Die Schürfung des i war nach aramäischen Lautgesetzen notwendig,
weil sonst ejä entstanden und die Formen mit dem Emphaticus des Singulars
zusammengefallen wären.
Barth, Beiträge zur Pluralbildung des Semitischen. 435
Das so entstandene Verhältnis von In zu ai im Plural masc.
hat nun im Aramäischen bei den Adjektiven und Partizipien Anlaß
zu einer Neubildung gegeben. Vergleicht man die Pluralformen
Absol. Constr. Etnphat.
x^s^o ~A^N>o J-A^K»
untereinander, so zeigt sich, daß die Endungen des Absol. en (= ai-n)
und des Emphat. aii-ä einander entsprechen, daß dagegen zu ihnen
ein andei'er Constructus : methgall-ai, nicht methgalli-ai, ursprüng-
lich gehört haben muß.1) Diese letztere Neubildung ist leicht zu
verstehen. Nachdem bei den Substantiven der Constructus auf ai
nicht mehr, wie ursprünglich, nur zum Absolutus der ->"5 -Nomina
ai-n, en, sondern zu dem für sie neuentwickelten In gehörte, also
in dem ai nunmehr nichts mehr von dem ">"b- Ursprung dieser
Endung empfunden wurde, hatte die Sprache das Bedürfnis, bei
den Pluralen der Adjektive auf en, deren i"b-Ursprung noch offen-
sichtlich war, das radikale i auch im Constructus hervortreten zu
lassen. Wenn zu in ein Constructus ai gehörte , so bildete sich
folgerichtig zu en, das noch als ai-ln gefühlt wurde, ein Constructus
i-ai (= urspr. ai-ai) nach Analogie der Formen des starken Nomens,
wo der dritte Wurzellaut vor der Endung ai immer zum Aus-
druck kam.
Jener Ursprung der Constructusendung ai lehrt nun weiter
die rätselhafte Form des maskulinen pluralen Nomens mit Suffix der
3. P. sing, verstehen,'2) die allen sonstigen Erklärungsversuchen
trotzt: die gemeinaramäische Form anki, wie . .t»Q^Vr> . bibl. "fliir:,
"-1";:, die sogar vereinzelt als Aramäismus in das jüngere Hebräisch
in "flibwari Ps. 116,12 Eingang gefunden hat. Das Aramäisch*'
kennt für die 3. P. sing. masc. nur ein Suffix hl, nirgends ein hü ;
es ist also ausgeschlossen, daß hier in der Endung au irgendwie
das Suffix der 3. P. sing, nochmals als hü versteckt sei, wie es auch
lautlich und graphisch ausgeschlossen ist , daß malkau etwa aus
malkai + hü komponiert wäre. Die Endung von malkau ist
vielmehr die Endung des Nominativus Pluralis derselben
Nomina, von denen ai der Casus obliquus ist, wie der
arabische Stat. constr. ^äo^a zu .,y£>.x verglichen mit >£../* zu
\$J&** u. s. w. Die Verwendung des Nominativs au statt des sonst
herrschenden Casus obliquus ai war hier bewirkt durch Dissimi-
lationstrieb wegen des folgenden hi, um das harte aihi zu vermeiden.
Daß der Nominativ Plur. der i"b- Nomina sich hier noch behauptet
lj Wie beim Substantiv <fnai zu (fnaii-ä u. s. \v.
2) Mit dem folgenden komme ich auf meine ZDMG. 56, 240, Z. 7 v. unt.
gegebene Verweisung zurück.
436 Barth, Beiträge zur Pluralbildung des Semitischen.
hat, kann nicht befremden, da ja auch im Stat. constr. Sing, der Ver-
wandtschaftswörter das Aramäische die Nominative 'abü, ,ahü u. s. w.
gegenüber dem im Hebräischen alleinherrschenden Casus obliquus
'abi, 'ahi erhalten hat.1) Auch dieser Stat. constr. des Nominativus
Plur. der *"b - Nomina vor dem Suffix lu hat sich dann im Ara-
mäischen über die gesamten Nomina Plur. vor demselben Suffix
ausgebreitet,
II. Das e des E m p h a t i c u s Plur.
Zum mask. Plur. gehört im Syrischen der Stat. emphat. auf e.
Ebendahin ist die Pluralendung i auf der Hadad-Stele in ">?2tfj p"!N,
■■j- p-iN, ■ns'io pi», (Z. 5. 6) -nit -ibsn csa (30) ^nsa (31) u. s. w.
zu rechnen, die nicht als Verkürzung von In angesehen werden
kann, weil der Stat, absol. auf in in pnm "pVö (Bau-Inschr. 9. 12)
daneben steht. Auch im babylonischen Talmud und im Mandäischen
ist e die Endung des Stat. emphat. Pluralis ; da aber hier der
Stat. absol. Plur. in sein n verloren hat, so fallen in der Schritt
der Stat. absol. und emphat. zusammen , und es ist nur aus den
syntaktischen Verhältnissen der jeweilige Status erschließbar. —
Im Westaramäischen erscheint das e regelmäßig nur bei den Genti-
lizien auf ö/, sonst nur in sporadischen Fällen im Targum, wohl
infolge der babylonischen Endredaktion.
Daß dieses e aus ajjä verkürzt sein sollte , halte ich , wie
Praetorius ZDMG. 56, 658, für nicht annehmbar. Eine Kontraktion
dieser Art wäre im Altaramäischen ohne Analogie. Positiv wird
es dadurch widerlegt, daß bei den ">"b- Nomina und Biliteralen im
Syrischen das ajjä allein den Emphaticus bildet und es unerfindlich
wäre, warum die Kontraktion zu e gerade bei diesen unterblieben,
bei den übrigen Nomina aber vollzogen sein sollte.
Ein anderes muß dagegen erwogen werden. Da im Syrischen
ajjä an die i"b-Nomina gebunden, e dagegen den starken Nomina
eigen ist, so scheint es nahezuliegen, daß dieses e aus dem Stat.
constr. der starken Nomina masc. nebst der Emphaticusendung,
also aus i -J- ä, kontrahiert sein könnte. Im Äthiopischen ist
bekanntlich ein aus i -j- a entstandenes Schluss-p, wie z. B. gabäre
als Akkusativ von gabäri -f- Akkusativendung a, ganz gewöhnlich.
Auch im Neusyrischen wird wurzelhaftes j im Sing. + Emphat. -
Endung ä zu e verbunden, z. B. Jio/ «die Krippe", j*,i/ ^die Mühle",
I^DQ.00 -das Pferd" u. s. w.-) — Aber im Altsyrischen tritt diese
1) Auch das partikelhafte )f>Q>\ verglichen mit hebr. "'Sb geht vom
Nominativ fü „Mund" aus; das Wort wurde dann im Stat. constr. nach der
Analogie von demü-th, sebü-th behandelt.
2 Nöldeke, Neusyr. Gramm. S. 123 und S. 55.
Barth, Beiträge zur Pluralbüdung des Semitischen. 487
Art von Vokalverschmelzung nirgends auf; darum ist sie auch hier
m. E. nicht annehmbar.
Es bestand also keine Möglickeit , aus der Endung des Stat.
constr. Plur. i + ä eine Endung für den Emphaticus herzustellen.1)
Während nun das Westaramäische die Schwierigkeit durch die Über-
tragung des i"b - Emphaticus ajjä auf alle Nomina beseitigte, ver-
wandte das Ostaramäische die Abstraktendung e (= ,g — ) an
Stelle der fehlenden emphatischen Pluralendung. Dieses Afformativ
e (/c— ) dient im Südsemitischen nicht nur zur Abstrakt-, sondern
auch im Arabischen in größerem Umfang zur Pluralbildung bei
den gebrochenen Pluralen JLsti , Jlxs. Im Aramäischen wurde
es zur Funktion des Emphaticus differenziert, die es im We>t-
aramäischen bei den Gentilizien in den Fällen der syntaktischen
Anwendung des determinierten Status auch tatsächlich aufweist.
Mit dieser Endung ist die assyrische maskuline Plural-
en d u n g e als identisch zusammenzuhalten. Die Lesung e hat
Delitzsch'2) durch die vielfachen Schreibungen i..e (sa-di-e . ni~
qi-e , qu-ra-di-e und die häufige Hinzufügung des phonetischen
Komplements e zu ideographischen Pluralen äußerst wahrscheinlich
gemacht, so daß auch für die Fälle der Schreibung des Plurals
mit i (mal-ki, ar-hi u. s. w.) jenes e als die ursprüngliche Lesung
anzusehen ist. Der Hinblick auf sonstige assyrische Pluralendungen,
wie an, üt{i), welche ursprüngliche Abstraktendungen sind, bestärkt,
wenn es dessen bedürfte, auch für das aramäische und assyrische e
diese Annahme. Übrigens mag das Aufkommen des emphat. -pluralen e,
im Aramäischen nach anderer als der sonstigen Bildungsart des
Emphaticus mit ä einer Einwirkung des Babylonisch-Assyrisrhrii
auf das Aramäische seine Enstehung verdanken. — Der Abstraktums-
ursprung dieses e erklärt es weiter auch, daß im Neusyrischen
dieses e bei den Adjektiven unterschiedlos für den maskulinen und
femininen Plural gebraucht wird,3) wie im Babylonisch-Assyri^ h. m
die Adjektive und Partizipien beider Geschlechter ihren Plural mit
der Abstraktendung ütu, üti bilden.
III. Ära m. ä w wäth <l z u m m a s k. Sin g. ja.
Es dürfte zweckmäßig sein, einen Umblick über die Verbreitung
des pluralen ät der Untersuchung des maskulinen äwwäthä im Aramä-
ischen vorauszuschicken, für den jene zum Teil in Betracht kommt.
1) Eine einfache Verbindung beider würde mit dem singularischen
|_» zusammengefallen sein.
2) Assyr. Gr. S. 75; s. auch S. 181. Auch Zimmern, Vgl. Gr. S. 17 1
nimmt dio Lesung e an; er fügt hinzu, die Länge des <' sei nicht gesichert.
Aber einen kurzen Vokal als Pluralendung hat das Semitische nirgends.
3) Nöldeke, Neusyr. Gramm. § 67.
438 Barth, Beiträge zur Pluralbildung des Semitischen.
Die plurale Femininendung ät hat sich im geschlechtlichen
Gegensatz zu dem maskulinen üna, Ina, bezw. in, im, beim Adjektiv
und Partizip mit der Singularendung at, t im Arabischen, Ara-
mäischen, Hebräischen fest behauptet.1) Beim Substantiv trat sie
schon in ursemitischer Zeit naturgemäß auch an begriffliche
Feminine, die keine formale Femininendung des Singulars hatten,
an,2) wofür ein ursemitisches Beispiel das arab. oLtoJ, hebr. nis'iN,
aram. jfc^V zum Singular 'ard, 'ars ist. Vgl. weiter als heraus-
gegriffene uralte, durch mehrere Sprachen3) verbreitete Fälle z. B.
rriiüSS, jkji2)j, ass. napsati zu naf.s. — rny*5 „Quellen", JfcaxjL,
ass. matt,4) — nin^N, Jfcwio/ „Wege" zu 'urh, — nisrp, j^SJ^o
zu katif u. v. A. — Vielleicht sind solche Fälle , wo das plurale
ät formell nicht zu einem singularen at gehörte, der Anlaß gewesen,
daß es auch — in den einzelnen Sprachen in verschiedenem Um-
fang — an Sachwörter maskulinen Geschlechts angefügt wurde,
wie z. B. bei nibip = äth. und amh. qälät, — ni^SS = ass.
epräti, — rrnn; = ass. näräli — jLoio^J5); — ™12* (Stat. constr.)
= jfcODCU ~ ass. ümät, — ninb = J) c>y und zahlreiche andere.
Zum Teil haben hier gewiß auch begriffliche Kategorien ohne Rück-
sicht auf grammatisches Geschlecht die Pluralbildung uniformiert.0)
In weit bedeutenderem Umfange hat sich in den a b e s s i -
nischen Sprachen dieses ät , welches im Äthiopischen noch
beim Adjektiv an das Feminin gebunden ist, beim Substantiv über
beide Geschlechter verbreitet. Im Äthiopischen tritt ät der
Regel nach bei allen Substantiven, gleichviel welchen Geschlechts,
an , sofern sie einen äußeren Plural bilden. Das ät ist hier die
alleinige substantivische äußere Pluralendung geworden, während
beim Adjektiv der ursemitische geschlechtliche Gegensatz durch
ein neuentwickeltes mask. an gegenüber fem. ät sich behauptet
hat. Im T i g r i n a hat der Nivellierungsprozeß auch die Adjektive
1) Im Äthiopischen im Gegensatz zum maskulinen an beim Adjektiv
und Partizip.
2) Es ist für das Folgende gleichgültig, ob noch daneben die maskuline
Pluralendung im einzelnen Falle vorkommt oder nicht.
3) Das Arabische hat bekanntlich die äußere Pluralbildung bei den Sub-
stantiven ohne singulare Femininendung fast durchweg durch die gebrochenen
Plurale verdrängt und kann darum nicht verglichen werden.
4) Vgl. Delitzsch, Ass. Gr. S. 188—89.
5) Die besondere Ausgestaltung der Endung im Aramäischen (vgl. unten)
ist hier für unsere Frage belanglos.
G) Bekanntlich kommen auch eine Reihe von maskulinen Pluralendungen
zu femininen Singularen vor, wozu wir bei einem Teil noch die Ursache er-
mitteln können. Doch gehört dies nicht in diesen Zusammenhang.
Barth, Beiträge zur Pluralbildung des Semitischen. 43')
erfaßt: Cd ist hier nicht nur bei den Substantiven die herrschende
Pluralendung , auch bei Adjektiven und Partizipien wird an nur
noch im kirchlichen Gebrauch verwandt, sonst ist ät das gewöhn-
lichste Pluralafformativ für beide Geschlechter; neu tritt hier da-
neben für bestimmte Bildungen, wie gabüri, das Nom. instrum. mit
m-Präfix u. a. , die Endung ö, öl unterschiedslos für beide Ge-
schlechter auf.1)
Die plurale Femininendung ät hat also, nachdem sie schon in
ursemitischer Zeit beim Substantiv auch für grammatisch-geschlecht-
liche Feminine ohne Singularendung at, sodann, vielleicht in weiterer
Fortentwickelung hieraus, z. T. auch durch Kategorienbildung, im
Nordsemitischen für Sachwörter männlichen Geschlechts Verwendung
gefunden, in den abessmischen Sprachen beim Substantiv die Maskulin -
Eine Reihe von maskulinen Substantiven mit der Endung e.
Emphat. ja bilden im Syrischen abnorme Plurale auf ^q — -); auch
das Mandäische 3), das Westaramäische der Bibel4) und der Targumlm5)
bieten eine Reihe gleicher Formen; ebenso liegen sie im Neu-
syrischen vor 6) ; die Bildung ist also gemeinaramäisch. Da der
Plural meist an die Singulare auf e, ja gebunden ist, so muß eine
umfassende formale Analogiebildung nach irgendwelchen Vorbildern
mit der Singularendung e vorliegen , und da er weiter auf Sub-
stantive beschränkt ist, so ist es von vornherein nicht wahr-
scheinlich, daß partizipiale Fälle, wie rä'jä, 'äsjä, die ebensogut
adjektivischer wie substantivischer Anwendung fähig sind, den Aus-
gangspunkt der spezifisch substantivischen Plurale gegeben hätten.7)
1) Vgl. Praetorius, Tfia-Gramm., S. 198; Schreiber, § 63—70. — Über
das Verhältnis dieser Endungen zueinander im Amharischen vgl. Praetorius,
Amh. Gr. § 151; im Harärl ist nach § 151c ät in lautlich modifizierter Form
„das ziemlich ausschließlich herrschende Pluralbildungsmittel für beide Ge-
schlechter und sämtliche Nominalformen ".
2) Eine umfassende Sammlung von sicher belegten Fällen giebt Nöldeke.
Syr. Gramm.2 § 79 A. [vgl. jetzt noch Beiträge z. s. Sprachw. 55 f.],
3) NÖldeke, Mand. Gramm. S. 166.
4) IV?1"}? von N??^?> ^tt"^ vS]- hebn r"'"~^-
5) Z. B. *|*^'2, ljölD, "'"»' ";"" u. a. m.; siehe Dalman, Aram.
Gramm. S. 153 (von mir aus der supralin. Vokalisation transkribiert).
6) Nöldeke, Neusyr. Gramm. § 71.
7) Was Praetorius, ZDMG. 56, 688 ff. in einer Erörterung über diese
Plurale annimmt. Dies um so weniger, als gerade Wörter wir N*"~. ^""^
in den Targumen mit supralinearer Vokalisation im Plural nicht äwißän, wie
die übrigen jä-Nomina, sondern eiuän haben; siehe Dalman, S. 154. Auch
anderen Annahmen von Praetorius über diese Plurale vermag ich nicht zu
9 ,
folgen. So der Gleichsetzung des inneren arabischen Plurals öle.. S-ä-v.,
440 Barth, Beitrüge zur Pluralbildung des Semitischen.
Vielmehr ist m. E. der Ursprung von vornherein in einer un-
bedingt substantivischen Klasse zu suchen.
Der Plural awwän, awwäth{a) gehört lautgesetzlich zu einem
Singular äth.1) Unter den Nomina mit der maskulinen Endung
N— , Emphat. N">, die diesen Plural bilden, findet sich eine ge-
mischte Gesellschaft vereinigt; solche mit: 1. ursprünglichem aj,
(oder monophthong. e), z. B. \MJ) ? )*iJO, }*^D, J»»t~ (vgl- °hen
S. 433), sXX, Emph. fc£. vgl. mit JLJ (hier Frauenname)2);
2. urspr. ij in substantivischen Partizipien des Peal }*qd/ J-M
die jedoch im Targum diesen Plural nicht bilden (s. vorher) ;
3. urspr. ja im Emphat. einsilbiger Maskuline, wie \s£ „Haufen"
(= misch, i'-p) , LjQJ „Schaf und vereinzelt die gleiche Endung
bei anderen maskulinen Bildungen, wie beim Fremdwort J^qdiqd
„Thron", joioo „Kranich" u. a.3)
Von diesen Klassen gehört der Plural awwän lautgesetzlich
nur zur ersten auf e, ai\ nur ist zu den maskulinen Sachwörtern
der Plural aus der entsprechenden Femininform des Sing, gebildet
worden. Die Ursache , welche hier der maskulinen Pluralendung
hindernd im Wege stand, ist schon S. 433 dargelegt; sie würde
im Hebräischen und Aramäischen genau so, wie der Dual, gelautet
der doch mit dem Plur. fract. äJIxs der starken Wurzeln korrespondiert und
demnach eine andere Form als qätil hat, mit dem äußeren Plural von qätil:
0 V? P V 0 _._.
vQikV vQÄJL des Aramäischen. — Partizipien des Qal wie saqiw , ra'ito
mit w kennt das Semitische nirgends, behandelt vielmehr alle Partizipien der
Verba ult. w nach Analogie der ult. j. Auch die weitere Annahme der Um-
bildung des behaupteten *säqiw u. s. w. zu mqciw nach Analogie des intransi-
tiven Qal-Imperfekts e (das doch = «/, nicht == aw gewesen wäre) verstärkt
noch die anderen Schwierigkeiten.
,.0 0 0 V °, " G . '- ,.O0 0 v
1) Vgl. JM2D : ^12D; wie sU* ; O^Jwa, — jtSiD [ >$1D, targ.
N~T;" : VÖy . Ebenso im Arabischen »Lc. ; <^>\*ut, — »Lü '. o|*äS
TT -I >T--i j ^J » _r
u. a. m. — Die Schärfung des 10 im Plural des Syrischen ist sekundär; das
Biblisch-Aramäische hat dafür Dehnung: "jT — ■; vgl. auch S. 439, Anm. 5. —
Vgl. auch im Hebräischen rH^tt (dem Aramäischen entnommen, mit dissimi-
liertem j statt W vor ö) von dem Singular n272.
2) Auf die Zusammengehörigkeit dieser beiden hat mich einmal Prof. Nöldeke
aufmerksam gemacht.
3) Im Arabischen wurde die Endung der beiden letzteren als ijj gehört:
Barth, Beiträge zur Pluralbüdung des Semitischen. 441
haben: hebr. Ü?3p, aram. "*:~; hebr. u*")2 ('wie im Mischnischen).
aram. "pS>?3; hebr. Q?Vb, aram. "pV'b und so überall. Diesem Zu-
sammenfall des Plurals mit dem Dual hat aber das Nordsemitische
aufs Energischste entgegengewirkt. Das eine Mittel bestand, wie
oben S. 433 besprochen ist. in dem Abwurf der vokalischen Singular-
endung e vor dem Plural äff ormativ (W1^, wJlO ; d. h. einer Plural-
bildung nach der Analogie des starken Noniens). — Ein zweites
nachweisliches Mittel war das , den Plural femininisch zu
bilden. So bildet das Hebräische von 7V~\p (nicht D^Ti; oder
D^b, sondern) rrrrö, — von sitn : nim, — von -;- : n:~
(Stat. constr.), — von iib^b1) : rnb-b, — von J-nD : ni: und nix:
(Stat. constr.). — Denselben Weg ist das Aramäische gegangen.
Im Aramäischen wird nur (wie im Arabischen) bei den V'b-Nomina
vor der antretenden Femininendung nicht, wie im Hebräischen, der
lange Vokal, mit dem das Maskulin schließt, verdrängt, sondern
er behauptet sich als langes ä vor ihr.'2) Es bilden daher die
obigen Maskuline mit Endung N— , Emph. io , ihren Plural von
den zu ihnen gehörigen Femininen aus : zu J^j nicht von >
sondern vom Fem. äb>y Plur. jLaLv') , — von «S^L jl^Ss, wie
von *sXJ: Plur. JLq^J£ = hebr. nib^b , — von fc+L , wie
von *s|lXo: den Plur. JloJ*. = hebr. mm, — von rr^N, wie von
s
*äL.5: Plur. NlTP'iN, wie hebr. ni-nN u. s. w. Die aramäischen
Plurale entsprechen ganz den hebräischen. Diese feminine Art der
Pluralbildung gehört (wie die maskuline D^ip = ya.o) der gemein-
nordsemitischen Periode an; sie ist darum auch durch alle aramä-
ischen Dialekte verbreitet.
Dadurch nun, daß im Aramäischen mit diesem maskulinen e,
ja. welches = ^ — ist, maskuline Endungen e und ja, welche
anderen Ursprungs waren, im Singular äußerlich gleich waren (S. 440).
zog jene Art der Pluralbildung Analogiebildungen auch von diesen
1) Dessen unbetonte Endung ä bekanntlich nicht die des Feminina ist; es
ist eine Form *^LaJ, die dem arabischen X+.. parallel geht.
,,pp
targ. nStp mit hebr. T'2.~ u.
:;, Dal.i daneben noch die maskuline Pluralbildung mu»9, wie oben S. 433,
bestehen kann, versteht sich.
442 Barth, Beiträge zur Pluralbildung des Semitischen.
Klassen nach sich.1) Sehr hezeichnend ist es, daß die letzteren sich
auf d i e Bedeutungskategorie beschränkt haben , von welcher die
Bildungsweise ihren Ausgang genommen hat: auf Substantive,
speziell konkrete Substantive. Daher bilden auch Partizipien des
Peal nur dann diesen Plural , wenn sie als Substantive gebraucht
werden, wie Ja.* »Hirt", \+Co} „Arzt", j~fln „Schenk", aber nicht
im rein partizipialen Gebrauch, weil es keine adjektivischen
Vorbilder auf aß mit diesem Plural gab. Im Westaramäischen sind
nicht einmal diese substantivierten Partizipien in die Analogiebildung
einbezogen worden (siehe S. 439 Anm. 7) , ein deutlicher Beweis,
daß sie auch im Syrischen nur die letzten Ausläufer der Analogie-
bildung, nicht ihr Ausgangspunkt gewesen sind.2)
[Korrektur-Zusatz: G. Hoffmanns Deutung der Plur. awwän
als Plurales pluralis vom Plur. e aus (ZDMG. 32, 753), der auch
Nöldeke, Beitr. 57, zuneigt, läßt die hauptsächlichste Zahl derselben
unerklärt : die vom Sing, e , ja, ausgehenden ; denn diese besaßen
naturgemäß keinen Plural auf e.]
IV. Das plurale an (und äni).
Ein plurales an findet sich sowohl im Süd-, als im Nord-
semitischen. Aber es ist nicht so weit und nicht in gleichmäßigem
Gebrauch, wie mask. üna, In, im, fem. ät, verbreitet, es fehlt in
der äußeren Pluralbilduncf des Arabischen und im Hebräischen:
.P V
1) So von einsilbigen Nomina der Form qatl, qitl, z. B. J-»^D „Haufen"
PV (P 7) P v
= mischn. ^I'D , Plur. >OVO, — J*JQJ „Schaf, Plur. ^OQJ ; bei Partizipien
.o ? .o p, s
des Peal die Endung e = ZJ, z. B. \*\1, J-»QD(> vereinzelt ^ß- , wie in
Lo^QD, vgl. S. 440. — Bei syr. yjt( ist der Singular das verkürzte
Nomen, wie das hebr. "^N, dagegen der Plur. Jz.O*V, NrH^N (im Kasseler
Kodex Nri*P'"}N, siehe Hoffmann , ZDMG. 32, 753 Anm.) geht vom volleren
Singular mit Endung e ITP/IN aus, der in Dan. 7, 4 vorliegt.
2) Die wenigen maskulinen Substantive im Syrischen, die einen Plural
auf awwän bilden, ohne im Singular die Endung e, ja zu besitzen, wie
jiL/ JJ*** u.s.w. (Nöldeke, Syr. Gramm.2 § 79 B, 1), sind vermutlich durch
irgendwelche Bedeutungsanalogie gefolgt. Daß es bei ihnen auf späterer Ent-
wickelung beruht, erweist sich daraus, daß in den Targumlm und im bab.
Talmud keines der syrischen, außer &OM3, den Plural auf awwän bildet.
[Auch die von Nöldeke, Beiträge 56 aufgeführten Fälle erscheinen fast aus-
nahmslos nur in Einzelsprachen des Aramäischen.] — Im Neusyrischen
ist die Endung awwäthe durch Analogiebildung auch bei Stämmen anderer
Art schon viel weiter verbreitet, vgl. Nöldeke, Neusyr. Gr. § 71.
Barth, Beiträge zur Pluralbildung des Semitischen. 443
seine geschlechtliche Funktion im Äthiopischen ist der im Ara-
mäischen geradezu entgegengesetzt.
Im Äthiopischen tritt es nur bei Adjektiven und Partizipien
auf, ist ausgesprochene Maskulin endung und steht als solche
dem femininen ät gegenüber.1) — - Im Aramäischen erscheint
es bekanntlich als Endung des weiblichen Status absolutus
des Plurals bei Substantiven wie bei Adjektiven, während für den
Stat. constr. dasselbe ät fungiert, das im Arabischen, Hebräischen
und Assyrischen die Endung für beide Status des Plurals für die
Nomina mit sing, ät ist. — Auch im Assyrischen findet sich
ein plurales an stets als Feminin endung konstruiert,'2) aber, wie«
es scheint, in seltenerem Gebrauch.
Läge nur der aramäische und assyrische Gebrauch für das
Femininum plur. vor, so würde die Vermutung von Praetorius,
daß dies an möglicherweise aus der Verbalform XfcQj stamme, :Jj
sehr einleuchtend sein, zumal, da auch die entsprechende Verbalform
im Äthiopischen {Jengera) und im Assyrischen (iksudä[ni]) die
gleiche Endung beim femininen Plural des Impf.'s aufweisen. Aber
im Äthiopischen ist an ausgesprochen maskulinen Charakters, dem
femininen ät gegenüberstehend. Es geht schwerlich an, diese süd-
semitische Pluralendung von der nordsemitischen dem Ursprung
nach zu trennen, um so weniger, als an hier wie dort zu dem
femin. ät in enger Beziehung steht, im Äthiopischen als Äquivalent
des Maskulins , im Aramäischen als das des ihm entsprechenden
Stat. absolutus. Vielmehr führt dies zu dem Schluß, daß an seinem
Wesen nach keine ausgesprochene geschlechtliche, wohl aber eine
allgemein plurale Bedeutung gehabt haben wird. Vermöge
der letzteren war es geeignet, Lücken der Plm-albildung sowohl
beim Maskulin, wie beim Feminin auszufüllen, die durch die Sprach-
entwickelung eingetreten waren.
Im Aramäischen war durch den allgemeinen Abfall der Flexions-
endungen mit Nunation oder Mimation im femininen Plural der
uralte Unterschied zwischen Stat. absol. und Stat. constr. aufgehoben,
der sonst noch sowohl im femininen Singular (ä : ät), wie im maskul.
Plural (in : ai) durch Differenzen in den Endungen beider Status
weiter bestand. Das ursemitische ät , welches alle übrigen semi-
tischen Sprachen als einzigen Plural zum singularischen ät auf-
weisen , diente darum im Aramäischen nur noch für den einen
Status vor dem Genitiv. Dieser Status hat hier, wie im Singular
1) Vgl. oben S. 438 ff.
2) Delitzsch, Assyr. Gramm. S. 182.
3) ZDMG. 56, 686. — Aber auch bei der Annahme eines anderen Ur-
sprungs der Endung kann für ihre Differenzierung zum Feminin jene
verbale Einwirkung angenommen werden.
Bd. LVIII. 29
444 Barth, Beiträge zur Pluralbildung des Semitischen.
in atl), die ursemitische Endung erhalten. Für den Stat. absol.
wurde eine neue Endung in unserem an gewonnen, welches auch
im Assyrischen, aber hier nur sporadisch, für den femininen Plural
fungiert.2)
Es ist schon die Vermutung geäußert worden,0) daß für die
Differenzierung von an für das Feminin die Übereinstimmung des
Nasals mit dem maskulinen in von Einfluß gewesen sein mag. Man
hat mit ebensogutem Grund auch auf die Vok al assonanz von
an : ät für den Anlaß ihrer Verknüpfung verwiesen, welche es zu-
gleich erklärt, daß dasselbe an im Äthiopischen als Endung des
»Maskulins neben das feminine ät getreten ist.4)
Im Äthiopischen ist mit der Ausbreitung der gebrochenen
Plurale über fast alle maskulinen triliteralen Substantive die ur-
semitische Pluralendung des Maskulins üna, Ina erloschen,5) so daß
selbst männliche Eigennamen und die Bezeichnung männlicher Würde-
personen die Pluralendung ät annahmen/') Als Folge dessen darf
es vielleicht angesehen werden, daß nun jenes üna, Ina gänzlich,
auch beim Adjektiv und Partizip, aus der Pluralbildung verschwand.7)
Das Eintreten von an bei den männlichen Adjektiven und Partizipien
beruht auch hier auf einem sekundären Akt der Sprache , welche
bei diesen, dem ursemitischen Zustande zufolge, auf eine Scheidung
nach Geschlechtern hindrängte. Daß unter den dafür geeigneten
Afformativen dem ät des Feminins gerade ein maskulines an ent-
gegengesetzt wurde, dürfte durch die schon genannte vokalische
Assonanz bedingt gewesen sein.
Dieses plurale an muß nun, gemäß seiner gegensätzlichen ge-
schlechtlichen Verwendung im Aramäisch-Assyrischen einer- , dem
Äthiopischen andererseits geschlechtlich indifferenten Cha-
rakters gewesen sein. Für seine Beurteilung geben uns eine Reihe
klarer korrespondierender Erscheinungen in der Pluralbildung die
Unterlage. Das Pluralafformativ e des Assyrischen und Aramäischen
ist eine Abstraktendung; deßgleichen das üt(u) im Assyrischen,
welches bei allen Adjektiven den Plural — den maskulinen wie
1) Die Lautassonanz von ät mit ät , das nur noch im Stat. constr. er-
halten war, mag darauf eingewirkt haben, daß sich ät im Plural für den
Stat. constr. differenzierte.
2) Hier liegt wohl wieder ein alter sprachgeschichtlicher Zusammenhang
zwischen dem Babylonisch - Assyrischen und dem Aramäischen vor , wie beim
maskulinen e (S. 437) und äni.
3) Vgl. König II, 1 S. 430; siehe auch Lajciak, Die Plural- und Dual-
endungen am semitischen Nomen S. 33.
4) S.König; selbstverständlich soll damit nur die Paarung des an mit
ät, nicht sein Ursprung erklärt werden.
5) Ein Rest derselben ist in dem pluralischen % vor Suffixen von Praetorium,
Äthiop. Gramm. § 129 erkannt.
6) Vgl. oben S. 438.
7) Ebenso ist im Assyrischen mit dem Aufhören des tn bei den Sub-
stantiven es auch in der Adjektiv-Partizipialflexion erloschen. Nur wurde dann
bei den letzteren die geschlechtliche Scheidung überhaupt aufgehoben.
Barth, Beiträge zur Pluralbüdung des Semitischen. 445
femininen — bildet. Ferner sind abstrakten Ursprungs die Plural-
endungen ö, dt des Tigrina und auch noch als Abstraktendungen
im lebendigen Gebrauch. Die „innere" Pluralbildung hat bekanntlich
in dem Gebrauche der Abstrakt- (Kollektiv-) für die Pluralformen
ihren Ursprung. Auf Grund dieses vielfach betätigten Sprachtriebs
sind wir berechtigt, in diesem sekundär auftretenden, geschlechtlich
von vornherein indifferenten äw-Afformativ des Plurals die bekannte
ursemitische Abstraktendung Cm in kollektiver Bedeutung anzu-
erkennen.
Daß diese stark zur Verwendung in der Pluralbildung neigte,
erweist auch das Arabische, welches sie nicht in die äußere Plural-
bildung übergeführt hat. Hier sind bekanntlich Abstrakte , bezw.
Kollektive mit äw-Endung in weitestem Umfang als Plurales fracti
in Verwendung, das Afformativ an hat den Formen Kollektiv- und
Pluralbedeutung gegeben und sie haben dann nach Art dieser Plural-
bildung sich für bestimmte Formen der Singulare als Mehrheits-
form etabliert.1) Dieser Abstrakt- , bezw. Kollektiv-Ursprung der
Endung machte sie geeignet, an Singularformen affigiert, im Abessi-
nischen maskuline , im Aramäischen und Assyrischen feminine, im
Arabischen unabhängig von den Singularformen , als unabhängige
Kollektive Plurale jeder Art zu bilden."2) Mit dieser Auffassung
befinden wir uns auf dem Boden gesicherter Tatsachen in der
Pluralbilduncr.
Auch der maskuline Plural am des Assyrischen, wie hursani
„Berge", süqüni „Straßen", bübäni „Tore",3) deßen syrische, man-
däische, neusyrische Korrespondenzen änln (auch "pr, ^jq.) Nöldeke
ausführlich gesammelt hat4) und die auch in den westaramäischen
1) Für den Einzelnachweis vgl. Nominalbildung S. 317 — 18. 450. 459.
469; über Spuren dieser Bildung im Hebräischen S. 318.
2) Ebenso sind die Kollektive mit Afformativ ^ — im Arabischen Plurales
fracti, im Aramäischen und Assyrischen ist das Afformativ ein spezielles Mittel
der maskulinen Pluralbildung. — Die Abstraktendung üt, ursprünglich aus-
gesprochen femininen Charakters, ist beim assyrischen Adjektiv geschlechtlich
indifferente Pluralendung geworden.
3) Vgl. Delitzsch, Assyr. Gramm. S. 182. 189. Nach Delitzsch linden
sich aber auch Schreibungen änu daneben, wie Ijur-sa-a-nu, — sal-J/ia-a-nu
.Bilder" u. e. a. Ob in letzteren Fällen ungenaue Schreibung vorliegt, wofür
manche Parallelschreibung Eni bei demselben Wort spricht, oder un(u) allein
als maskuline Pluralendung gelten solle, wäre noch durch vollständigere Material-
sammlung zu erforschen. Eine Pluralendung dni steht jedenfalls für eine Anzahl
Maskulina fest.
4) Die syrischen Fälle der Form jliQiQCD, jjiQQQ^, Joi u. A. mit
den entsprechenden Fällen des Mandäischen u. s. w. Syr. Gramm. *? 74, Mand.
Gramm. S. 169, Neusyr. Gramm. S. 136 f. — Nöldeke hat schon Mund. Gr.
446 Barth, Beiträge zur Pluralbildung des Semitischen.
Dialekten vorliegen,1) ebenso wie im phön. D^jbN „Götter" -) vgl.
mit assyr. iläni, erklären sich aus der kollektiven Bedeutung des an,
auf welche nur noch eine weitere maskuline Pluralendung gepfropft
ist. Es sind Plurales pluralis, wie im Neusyrischen die Plurale
mit der Endung äth-e, jäth-e, wäth-e. Die Bildung ist schwerlich
im Babylonisch-Assyrischen und im Aramäischen unabhängig von-
einander entwickelt, sondern wohl aus einem dieser Sprachgebiete
in das andere übernommen worden.
a. a. O.) die assyrischen und die wenigen hebräischen Fälle Ö^S^? HL. 2, 12,
D"^iw72£ Prov. 24, 31 verglichen. Diese können sehr wohl Aramaismen sein;
sie erscheinen auch gerade in der Differenzierung für Gewächse, die das Ara-
mäische häufig aufweist.
1) Außer einer Reihe der im Syrischen vorkommenden Fälle vgl. z. B.
targ. N-Oymy „Frösche".
2) Es gehört zur Bedeutungsgruppe von JJ^I , JjAxXft. des Aramäischen.
447
The Kavyamala Edition of Amitagati's Subhäsita-
samdoha.
By
Eichard Schmidt.
Up to this day, Jaina literature and its exploration have
remained, to a certain extent, step-children of German Sanskrit
scholars. Besides the editions and translations of Jacobi, Leumann
and Windisch , very few papers conceming Jainism have been
written so far. Now the editors of the Kävyamälä series have
just published an edition of Amitagati's Subhäsitasamdoha, the
well-known didactic poem which has been surnamed by Aufrecht
— not quite correctly — a „concoction without salt". But alas !
this book is a true pendant of the Kävyamälä edition of Srlvara's
Kathäkautukam, which on a previous occasion I could not help
condemning in the strongest terms ; nay, it seems to be no more
than a mere reprint of an inferior manuscript, füll of misprints
and grave blunders. It would have been better, if the editors had
thoroughly studied the doctrine and terminology of the Jains.
before spending time and labour in editing such an intricate work
as Amitagati's. To begin with minor matters: why do they call
the book Subhäsitaratnasamdoha instead of Subhäsitasamdoha ?
Dr. H e r t e 1 has pointed out, that this is the true title, indicated
in the poem itself, st. 920. And why do they number the verses
through to the end of the work, while all the manuscripts, which
I have exarnined with Dr. Hertel , have a separate numbering of
the verses in each chapter?
I shall now proceed to comment on some individual passages.
Str. 16: 5R*lffT ^T^fft ^jftvt fT^:^
Read W\ Vpt and ^ffrT I
Str. 25: ^: ^TT%^ f^fT^rffT ^ W*W.
448 Schmidt, The Kävyamala Edit. of AmitagatVs Subhasztasamdoha.
*ft W ^t Sfa ?I*T*f f^^VTH^ftn: II
Of course fa^JTcJ^ is an impossible form: read UfäVRJ^.
Str. 104:
The third line is complete nonsense ; read ^ft^j^ ^•ft^TT-
Str. 126:
ITOTOlft Vfrft ^^f»TW ^f^fTT t^TT *T fa^f: II
Read JTf>f?TT*IW and ^TCTWW^ft.
Str. 134:
TTCftsjct ^T*TT *K$*fä *T%^ fxiTl^THTf^% ^T% I
r\^ cTtST f*R<fa*rf^«T: HrfttrfTOT^fjflr fWT^ II
Separate *T*ft *JrT! Similarly Str. 135: ^frJf^T'rT^: 1T£-
T<ft is to be written °WiqifT<Jt.
Str. 142:
Here the ten äkütus are referred to; accordingly the correct
reading is ^STWJtlT^.
Str. 165:
^fiTtffT *R* f^Tf^Ht ^tt ^TT^^TO^W II
I would be extremely glad to receive a translation of this
stanza from the moutb of the editörs! Of course we must read
Schmidt, The Kävyämala Edit. of Amitagati's Subhasüasämdoha. 449
Str. 175:
fTcT^fTTTgiraTTf^JT-R^T V?f«i V?n WrftT^t (?) ^f% II
An Indian Pandit, being acquainted with the mjsteries of slesa,
yaniaka etc.. would not hesitate, I tbink. to write T^ft ^«JY!
Str. 287: f^RcT^t H^r^T^TfTffT^W^^i
Read ^f^cT^W^ and UTOT *TRT.
Str. 295:
There is 110 subject in this stanza? No! Read ^f^TTT^^lt
w !!
Str. 396:
«fit TT* TF&: *fiH ^3T^^t^T^ VW. II
An Äryä stanza with two chandobhangas ! Read ^T^I^ifT^f"
^TffT and ^T for *TT*T.
Str. 406:
tffa'SN fäfa^i f%"W* f^WT W* f^TT f^TT^I II
Complete nonsense! Read f^*r^ and f^rlt^T*^^.
Str. 460: <f*üT f^% H^^ffT *t ^T'WTf^iftfa
«ftfH f% f^ffl f*TO^ *fa^ tff^tfa I
450 Schmidt, The Kavyamälä Edit. of Amitagati's Subhäsitasarndoha.
What could be , according to the editors , the grammatical
construction or the sense of the first line V ! Read *?WT fip^
[and °^T 1. 4].
Str. 461: f^TTT^Tf^3I^fw=i: ^ft^ffmm'rrf^
Read f^TTT^Tf^ 3WTfä*J^!
str. 564: ^r^^s^ *ry*frTRT^r*ra-m: I
Awful! Read *T^ft ^W°. rT^T^lf: and ^^T^fV0 II
But ^1 ^Wfaf^^fT'O' ' I am not able to quote here all faults and
misprints, which amount to about two hundred and fifty, but shall
do so in a critical edition of the Subhäsitasarndoha, which I have
just finished in Company with my friend Dr. Hertel.
451
Bemerkungen über die nordbuddhistische
Terminologie im Hinblick auf die Bodhisattvabhümi.
Von
Unrai Wogihara.
Bekanntlich hat der nördliche Buddhismus eine so lang an-
dauernde selbständige Entwicklung durchgemacht, daß zu dem Grund-
stock von Gemeinsamkeiten, die ihn mit dem südlichen Buddhismus
verbinden , eine übergroße Fülle von Besonderheiten hinzugetreten
sind. Diese Besonderheiten, soweit sie der Terminologie an-
gehören . erfordern immer noch die angespannte Aufmerksamkeit
der Gelehrten, die sich eingehender mit dem nördlichen Buddhismus
beschäftigen. Es sind eben doch erst ein paar der terminologisch
wertvolleren Werke — zu denen natürlich Legendensammlungen
n i c h t zu rechnen sind — ausreichend untersucht worden. Nun
haben ja freilich die Nordbuddhisten selber ein terminologisches
Wörterbuch größeren Stils, die Mahävyutpatti, hervorgebracht, und
man sollte meinen, daß es nur darauf ankäme, dieses zu benutzen.
Allein einmal enthält es nur die leicht klassifizierbaren Ausdrücke,
nicht die ebenso zahlreichen Einzelausdrücke besonderer Art. Und
sodann sind die Bedeutungen, die bei der Verarbeitung des
Mahävyutpatti- Wortschatzes im Neuen Petersburger Wörterbuch an-
gesetzt worden sind , durchaus nicht immer ausreichend bestimmt
oder überhaupt zutreffend. Die Bedeutung eines Ausdrucks läßt
sich eben da, wo die Klassifikation der Mahävyutpatti nicht als
solche einen ganz bestimmten Fingerzeig gibt, bloß aus Literatur-
stellen, deren oft mehrere erforderlich sind, genau ermitteln. Beispiels-
weise soll Cicärya-musti (wörtlich „die Faust des Lehrers") dem
Neuen Petersburger Wörterbuche zufolge „Zwang" bedeuten;
allein , wie aus der Bodhisattvabhümi zu entnehmen ist . hat das
Wort vielmehr den Sinn von „heimliche Aufbewahrung,
Geiz ".
Die Unzulänglichkeit dessen , was bisher in der Feststellung
der nordbuddhistischen Terminologie erreicht worden ist, kam mir
wie auch meinem verehrten Lehrer Professor Leumann besonders
zum Bewußtsein, während wir im Lauf der letzten zwei Jahre
gemeinsam eine Ausgabe von Haribhadra's Kommentar zur As^asa-
452 Wogikara, Bemerk, über die nordbuddhistische Terminologie.
hasrikä Prajfiäpäramitä vorbereiteten. Und da mir aus dem chine-
sischen Tripitaka die Bodhisatt vabh ümi als ein Text bekannt
war, der geeignet wäre, vielfach Auskunft zu gewähren, so be-
mühten wir uns zunächst, die Cambridger Handschrift des Werkes
in die Straßburger Universitätsbibliothek geliehen zu erhalten. Weil
indessen besagte Handschrift in Europa als Unikum gilt — in
N e p a 1 dürften wohl noch weitere Exemplare zu finden sein —
so mußte ich mich zum Studium des Textes persönlich nach
Cambridge verfügen, habe dann aber daselbst beim Oberbibliothekar
Mr. Jenkinson das liebenswürdigste Entgegenkommen gefunden.
So bin ich in Stand gesetzt, von der Bodhisattvabhümi eine Aus-
gabe versprechen zu können. Einstweilen werden ein paar An-
gaben über das mir zu Gebote stehende Material nicht unwill-
kommen sein.
Das Cambridge-Manuskript der Bodhisattvabhümi befindet sich,
weil es eine der ältesten nordbuddhistischen Handschriften ist , in
etwas verwahrlostem Zustande. Vielfach fehlt der Rand samt der
Paginierung und daher haben denn zahlreiche Blätter bis zu meinem
Eintreffen in Cambridge an falscher Stelle gestanden. Unter Zu-
ziehung der chinesischen Übersetzungen gelang es , die
Reihenfolge der Blätter vollständig zu sichern und zugleich fest-
zustellen, daß die Handschrift ursprünglich 151 Blätter gehabt und
davon am Anfang 3 und im Verlauf 4 weitere (nämlich das 20.,
30., 41. und 51.) verloren hat. Gegenüber diesen bedauerlichen
Mängeln darf mit hoher Befriedigung darauf hingewiesen werden,
daß im übrigen die Handschrift als eine vorzügliche gelten mag,
so daß nur selten ein Fehler vorkommt.1)
Von gleichem Wert wie die Güte der Handschrift ist die Güte
einer der drei chinesischen Übersetzungen. Diese Über-
setzungen zu ermitteln war mir bereits in Straßburg (während des
Sommers 1903) möglich gewesen an der Hand der fünf Seiten, die
Professor Bendali in seinem Catalogue of the Buddhist Skt. MSS.
in the Univ. Library Cambridge der in Rede stehenden Handschrift
gewidmet hat. In Bunyiu Nanjio's Catalogue of the Chinese
Tripitaka findet man die Übersetzungen unter folgenden eine Identi-
fikation des gemeinten Werkes wenig begünstigenden Titeln:
No. 1086. rBodhisattvacaryä-nirdesatt oder „Bodliisattvabhümidhara-sütra1'.
No. 1085. „Bodhisattvacaryä-nirdesa" oder „BodhisattvabhadrasTla-sütra".
No. 1170. „Saptadasabhümi-sästra-yogäcäryabhümi" oder „Yogäcäryabhümi-
sästra". — Von diesem Werk kommt nicht das Ganze in Betracht.
1) Man würde dies nicht vermuten, wenn man die Stellen liest, die Pro-
fessor Ben da 11 in seinem Cambridge-Katalog p. 192 — l'JG abgedruckt hat.
Er hat sich nämlich ungemein oft versehen, was das altertümliche Alphabet und
die Schnelligkeit, mit der der Katalog ausgearbeitet wurde, entschuldigen mögen.
Auch die Folio-Angab en von Professor Bendall treffen nicht zu, insofern die
Blätter immer auf der Vorderseite, nicht (wie er auf Grund der sonst üblichen
Praxis annahm) auf der Rückseite, numeriert sind.
Wogihara, Bemerk, über die nordbuddhistische Terminologie. 453
Anerkennung verdient vor allem die dritte dieser Über-
setzungen, die im Jahre 646/47 n. Chr. von Hiuenthsang an-
gefertigt wurde. Man weiß, daß Hiuenthsang als Übersetzer einen
ausgezeichneten Ruf genießt. Und da er in Indien insbesondere die
Lehren der Yogäcärya-Schule studiert hat und eben aus
dieser unsere Bodhisattvabhümi hervorgegangen ist, so braucht es
keines weitern Beweises . um die Zuverlässigkeit seiner Arbeit zu
erhärten. — Wie es mit der tibetischen Übersetzung der Bodhi-
sattvabhümi steht, vermag ich nicht anzugeben. Sie wird von andern
Gelehrten geprüft werden müssen. Nur so viel sei hier beigefügt.
daß sie mit Hülfe der chinesischen Übersetzungen ermittelt
wurde. "Weil nämlich die Büchertitel oft etwas schwanken und
weil im Übrigen bei unserm Text aus besondern Gründen bloß der
Anfang (nicht zugleich das Ende) für eine Identifikation zu ver-
wenden war , gerade der Anfang aber im Sanskrit fehlt , so über-
setzte ich ihn aus dem Chinesischen ins Englische und gab
damit Professor Bendali Gelegenheit, im Tanjur dem Text auf die
Spur zu kommen.
Vielleicht erwartet man hier noch ein paar Proben aus dem
terminologisch-lexikalischen Gewinn, den die Bodhisattvabhümi ver-
spricht. Obschon eine Auswahl schwer ist , setze ich mindestens
folgendes her.
adhyäpadyate „er vergeht sich".
(isublut im Sinne von asvbha-bhävanä als Bezeichnung eines Samädhi.
Man vergleiche die im NPW. aus der Unterschrift von Mahä-
vyutpatti 52 (gedruckt in der Einleitung p. VII) zitierte Be-
zeichnung asubha-bhävanäh „fromme Betrachtungen über das
Unerfreuliche des Lebens". Aus der Jaina-Dogmatik käme eine
der zwölf Anupreksäh oder Bhävanäh in Betracht („asucitva"
in Umäsväti's Prasamarati 149 b, Premchand's Ausgabe p. 16).
ävedha „ Einwirkung " .
udgunßikä. Das NPW. bietet unter Berufung auf die Mahävyut-
patti udgunthilcaya „mit verschleiertem Gesicht". In der
Bodhisattvabhümi finden wir folgende Serie von Dativen :
1. uccatarake äsane nisannäya. 2. glänäya.
3. udgunthikä-krtäya. 4. purato gacchate.
Offenbar bezeichnet udgunthikä die durch das Hochziehen oder
Überziehen des Gewandes1) entstehende Verhülltheit des
K o p f e s.
uddäna. Statt der Bedeutung „Inhalt" setzen die Nachträge des
NPW. genauer „Inhaltsangabe". Man findet die beiden
beigegebenen Belegstellen in Kern's Ausgabe der Jätakamälä
p. 245a Mitte und p. 247b unten. Als dritte Stelle komml
1) Daher richtig ud-, nicht ava- wie das NPW. erwartet.
454 Wogihara, Bemerk, über die nordbuddhistische Terminologie.
im selben Text hinzu p. 252 a 5. Jedesmal folgt die Inhalts-
angabe in Form eines Sloka. Ganz ebenso begegnet uddänam
mit einer nachfolgenden Inhaltsangabe, die jeweils einen Sloka
ausfüllt, am Anfang vei-schiedener Kapitel der Bodhisattvabhümi.
upanisad. Das Wort begegnet bei den Buddhisten in folgenden
drei besondern Verwendungen , von denen im NPW. die erste
in üblicher Weise gebucht und die zweite nur durch einen
Hinweis auf Pänini - S. 479 (sollte heißen 477) angedeutet ist:
1. in dem öfter begegnenden Ausdruck upanisadam api na ksamate „es
verträgt nicht einmal eine an die Seite Stellung" d. h. es verträgt (weil
ganz geringfügig) überhaupt keine Vergleichung (mit dem andern). Das
Stein'sche (in der Wüste Taklamakan ausgegrabene) MS. der Vajracche-
dikä bietet die ältere (präkritische) Lesart upanisüm, wie man auf
Tafel V von Stein's Preliminary Report sehen mag.
2. im Sinne von hetu-bhäva bei Haribhadra oder von Icärana bei Ceylo-
nesen und Tibetern.
3. in der Bedeutung „Grad, Stufe" in der Bodhisattvabhümi: tasyaibhir dasa-
bhir äkäraih kusala-sanigräbaka-sila-vyavasthitasya ksipram eva kusala-sam-
graho bhavati sarväkäras ca yad uta dänopanisadä sllopanisadä ksänty-
upanisadä vTryöpanisadä dhyänöpanisadä pancäkärayä ca prajiiayä.
Eine Ableitung und genetische Anordnung der drei Bedeutungen
ist mir einstweilen noch nicht gelungen.
rtlyate „er schämt sich". So lautet die korrekte Form des Verbums.
Die Bodhisattvabhümi schreibt stets ri statt r. Andererseits
finden wir in der vom PW. verzeichneten SaddharmapundarTka-
Stelle in altertümlich-unregelmäßiger Weise das Aktivum statt
des Mediums.
gaha „Nische". Es ist wahrscheinlich, daß diese der Bodhisattva-
bhümi zu entnehmende Bedeutung auch in Pänini IV, 2, 138
vorliegt; die hier geforderte Ableitung gahlya würde also
heißen „in einer Nische befindlich".
bliandita „verhöhnt" zu belegen aus der Bodhisattvabhümi.
sämici. Das NPW. gibt ohne Literaturbelege die Bedeutungen
^vandanä* und (in den Nachträgen) „Anständigkeit, Ordent-
lichkeit, Höflichkeit". Die erste Bedeutung begegnet in der
Bodhisattvabhümi :
. . . buddhänäm mahäbhümi-pravistänäm ca . . . bodhisatt-
vänäm sämicim krtvä.
pädayor nipatya sämicim krtvä.
Dies Wenige möge genügen. -Es bleibt nur übrig, hinzu-
zufügen , daß Professor Leumann zu seinen vielen Verdiensten
um mich noch das eine hinzugefügt hat, daß er mir für den vor-
stehenden Aufsatz seine vielfach bessernde und ergänzende Feder
zur Verfügung stellte.
455
Ein griechisches Theater in Indien.
Von
Th. Bloch.
(Aus einem Briefe von ihm an E. Windisch.)
Indian Museum, Calcutta,
30. 4. 1904.
„ . . . Meine letzte Reise galt dem Ramgash Hill im Sirguja
State , dem größten der Tributary States of Chota Nagpur. Von
den beiden Inschriften in den Höhlen im nordwestlichen Teil dieses
Berges waren bisher nur die von Cunningham im ersten Bande de^
Corpus Inscriptionum veröffentlichten Facsimiles zugänglich. Die
Erklärung beider macht noch erhebliche Schwierigkeiten, und ich
weiß nicht . ob es mir gelingen wird , das Rätsel zu lösen. Die
letzte Zeile der einen Inschrift in der sogenannten Jogimara-Höhle
lautet: Devadine nama \ lupadakhe . d. h. Devadalto näma
rüpadaksah \ . Die Decke der Höhle ist mit Resten alter Malerei
bedeckt, und aus der Inschrift erfahren wir, daß Devadinna der
Name des Malers war. Freilich darf man nach diesen Resten sich
keine allzu hohe Vorstellung von der Geschicklichkeit dieses Malers
machen. Wie sollte man das auch in so abgelegener Gegend, einem
Vorposten arischer Civilisation , erwarten ? Die Figuren sind in
rotbraun auf weißem Grunde angebracht. Elefanten, Bäume und
anderes sind mit derselben Farbe gemalt. Bei menschlichen Figuren
sind die Umrisse des Körpers mit schwarzen Linien gezeichnet, die
Augen weiß und schwarz und das Haar schwarz und auf der linken
Seite in einen Knoten gebunden , eine Haartracht , die sich noch
jetzt in jener Gegend findet. Bekleidete Teile des Körpers sind
weiß gelassen, nur die Umrisse wurden in roten Linien angedeutet.
Auf den ersten Blick könnte man geneigt sein, diese Malereien für
modern zu halten. Sieht man jedoch genauer zu, so findet man
vieles für die alte Kunst charakteristische , z. B. das bekannte
Caitva-window, einen Wagen mit Pferden, ganz im alten Stil, und
vieles andere, was man in späterer Zeit sicher nicht so dargestellt
hätte. Hält man die Inschrift dazu, so scheint es unbedenklich,
456 Bloch, Ein griechisches Theater in Indien.
die Malerei für gleichzeitig zu nehmen, d. h. sie ist über 2000 Jahre
alt. Der Anfang der Inschrift lautet: Sutanukä nama | devada-
iikyi \ d. h. Sutanukä näma thvadüsiki J und das folgende bezieht
sich dann entweder darauf, daß Sutanukä die Höhle stiftete, oder
es erklärt die über der Inschrift gemalten Scenen, doch macht die
zweite Zeile noch Schwierigkeiten. Der Anfang der zweiten In-
schrift in der sogenannten Sitabenga-Höhle ist ebenfalls klar. Er
lautet: Adipayainti hadayam | sabhävagarukavayo. Das erklärt
man doch am natürlichsten als : ädlpayantl hrdayam svabhäva-
guru-kavayah „es entflammen das Herz die von Natur verehrungs-
würdigen Dichter". Was folgt, ist dann allerdings schwierig, aber
wenn eine Inschrift so anfängt, so darf man in ihr doch wohl einen
Lobpreis der Dichtkunst erwarten, und wenn ein derartiger Hymnus
sich an der Wand einer künstlich aus dem Felsen gehauenen Höhle
findet, so kann er dort doch nur deshalb angebracht sein, weil das
Gebäude dazu diente , um Werke der Dichtkunst einem größeren
Publikum vorzutragen. Und dazu eignet sich auch die Anlage
vortrefflich. Im Halbkreis, terrassenförmig übereinander, sind eine
Reihe Sitze ausgehauen , die durch strahlenförmige Linien wieder
abgeteilt sind , ganz nach Art eines griechischen Theaters. Von
jedem dieser Plätze aus hatte man einen bequemen Überblick über
eine unterhalb gelegene natürliche Plattform, die Platz genug bot,
eine kleine Bühne aufzuschlagen. Natürlich ist das Amphitheater
nur en miniature ; es mochte für 30 Zuschauer Platz haben , doch
läßt sich seine Anlage nach klassischem Muster nicht verkennen.
Über den Sitzen befindet sich eine viereckige Kammer, mit breiten
Bänken die Wände entlang. Hier zog man sich offenbar zurück,
wenn die Kälte der Winternächte den Aufenthalt im Freien unan-
genehm machte. Man findet noch am Eingang tiefe Löcher im
Steinboden, in die man die Balken fügte, die den Vorhang hielten,
durch den man die kalte Luft abschloß , und drinnen war Raum
genug für eine solenne „nautch-party".
Ich hoffe , daß dieses alles klar wird , wenn ich meine Pläne
und Photographieen veröffentlicht habe. Ich schreibe einen Artikel
über diese beiden Höhlen, für den nächsten Band des Ai-chseological
Annual, einer neuen Veröffentlichung, die jährlich von dem Director
General of Archseology herausgegeben wird, und illustrierte Artikel
über Archaeologie in Indien im weitesten Sinne enthalten soll. Für
den jetzt im Druck befindlichen ersten Band habe ich einen Artikel
beigetragen über Restauration alter Baudenkmäler in Bengalen,
wesentlich eine Übersicht über alles , was in den letzten 5 Jahren
in dieser Richtung getan ist, nebst geschichtlichen u. s. w. Notizen
über die betreffenden Monumente, soweit sie von allgemeinerem
Interesse sind.
Vielleicht habe ich Ihnen noch nicht mitgeteilt, daß man nun
endlich daran geht, die Asoka- Säule in Rampurwa, die nördlichste
im Distrikt Champaran, wieder aufzurichten ....
Bloch. Ein griechisches Theater in Indien. 457
Es arbeitet jetzt hier ein junger eingeborener Gelehrter an
einem Wort-Index der Asoka-Inschriften. Er bezieht eine sogenannte
Government Research Scholarship, ein Stipendiuni, das die Regierung
jährlich an mehrere Eingeborene verteilt, um zu wissenschaftlichen
Arbeiten anzuregen. Da er Asoka-Inschriften als sein Thema ge-
wählt hatte , so schlug ich ihm diese Arbeit vor . . . Der Name
des jungen Mannes ist Ganga Mohan Laskar, ein Brahmane aus
Bikrampur bei Dacca, dem Hauptsitz brahmanischer Gelehrsamkeit
im östlichen Bengalen. Laskar ist ein Titel . den seine Vorfahren
von den muhammedanischen Herrschern dieses Landes erhielten, ähn-
lich wie Sirkar, Majumdara u. a."
458
Nochmals Sabbat.
Von
H. Zimmern.
Als meine Notiz über Sabbat oben S. 199 ff. bereits gedruckt
war, erschien noch vor Ausgabe des betr. Heftes der Zeitschrift
ein Artikel von Delitzsch im „Zeitgeist" (Beiblatt zum Berliner
Tageblatt), Nr. 16 vom 18. April 1904, über den assyrisch-baby-
lonischen Sabbat. Delitzsch handelt darin, veranlaßt durch einen
in derselben Zeitung vorausgegangenen und gegen ihn gerichteten,
in der Form und auch sachlich anfechtbaren Artikel, gleichfalls im
Anschluß an den von mir oben besprochenen Pinches'schen Text
über die Sabbatfrage, unter ausführlicher Erörterung verschiedener
hier in Betracht kommender sprachlicher Einzelheiten. Da die
Ausführungen von Delitzsch mehrfach auch anderweit in die Tages -
presse, selbstverständlich mit entsprechenden Entstellungen und
Mißverständnissen, übergegangen sind, und da auch der Referent
in der Zeitschriftenschau der Orient. Litt. - Zeitung von Delitzschs
Argumentation überzeugt worden zu sein scheint (vgl. OLZ 1904
Sp. 204), so sehe ich mich bei der Wichtigkeit der Frage ver-
anlaßt, hier mit wenigen Worten noch einmal auf die Sache zurück-
zukommen , zumal ich in der Hauptfrage , um die es sich hier
handelt, mit Delitzsch durchaus nicht übereinstimmen kann, sondern
bei meinen obigen Ausführungen verharren muß.
Nachdem Delitzsch , entsprechend wie ich oben , mehrere Irr-
tümer und Verlesungen in der Ausgabe und Transkription von
Pinches richtig gestellt hat,1) stellt er die These .auf, daß die Be-
1) Wobei freilich Delitzschs Lesung ümatan statt Pinches' wmu kal
nicht als Verbesserung betrachtet werden kann; s. oben S. 199 Anm. 1. Übrigens
bietet das oben erwähnte Duplikat Ni. 1893 an dieser Stelle statt ümu kal
vielmehr ümu(-mu) ak-kal. S. dazu die vollständigere Veröffentlichung dieses
Konstantinopeler Fragmentes durch Scheil in dessen Note XXVII im Recueil
de Travaux XIX (1896), auf die mich Scheil im Anschluß an meinen obigen
Artikel persönlich aufmerksam gemacht hat. Zwar bietet Scheil selbst hier
SAG-DAN; es ist aber kein Zweifel, daß SAG hierbei nur auf einer Ver-
lesung der sehr ähnlichen neubabylonischen Zeichen SAG und AG beruht.
Für „halber Tag" hat dieses Fragment mi-ffl ilmu(-mu), für „dritter Tag-1
nach Scheils Angabe se-lal-sü-nu.
Zimmern, Nochmals Sabbat. 4ÖU
Zeichnung des 15. Tages des (30-tägigen) Monats durch sa pal ti
in diesem Texte zu verstehen sei als: sa pat-ti „der (Tag) des
2)attu (seil, des Monats)" d. i. als „der Tag des Einschnittes, der
Teilung, der Scheide" des Monats. Über diese Lesung und Auf-
fassung der Gruppe sa pat ti durch Delitzsch, wenn sie mir auch
keineswegs als gesichert oder auch nur als besonders einleuchtend
erscheint, läßt sich immerhin reden : ich hatte oben S. 202 ja aus-
drücklich erklärt, daß mir die Etymologie von sapatlu. sabattu
und damit auch von nsraj unsicherer denn je geworden sei. Da-
gegen ist es mir ganz unmöglich , Delitzsch nun in dem weiteren
Punkte Recht zu geben , daß diese Bezeichnung sapatti bezw. sa
patti für den 15. Tag des Monats und ebenso [s]a-pat-tu bezw.
[s]a pal- tu Schöpf. V 18 , wie Delitzsch ebenso wie ich hier liest,
völlig zu trennen sei von dem in den Vokabularien vorkommenden
sapattum, sabattu m , sabattim, welch letzteres nach ihm allein
mit dem hebräischen rölü zusammengebracht werden dürfe. Ich
bin fest überzeugt, daß Delitzsch hier nur durch die polemische
Situation , aus der heraus sein Artikel entstanden ist , zu solcher
hyperskeptischen Auseinanderreißung von Zusammengehörigem ge-
trieben wurde und daß er bei erneuter Prüfung der Sachlage
selbst davon wieder zurückkommen und die Identität von sapatti.
[s]apattu einerseits und von sapattum, sabattum, sabattim anderer-
seits unumwunden anerkennen wird. In lautlicher Hinsicht sei
dabei noch bemerkt, daß das Schwanken zwischen b und p in
diesem Worte möglicherweise nach den Ausführungen Jensens in
Zeitschr. f. Ass. 14 (1899), 182 (p für urspr. b in Wörtern mit
s davor oder dahinter) zu beurteilen ist.1) Sachlich finden die Be-
denken Delitzschs gegen den 15. des Monats als babylonisch-assy-
rischen Sabbat ihre Erledigung in dem von mir oben besprochenen
Nebeneinanderbestehen der beiden Systeme einer Sechsteilung und
einer Vierteilung des Monats, wonach das eine Mal der 15.-), das
andere Mal der 14. als der Vollmondstag und darum als kultisch
besonders wichtiger Tag gegolten haben muß. — In bezug auf
die Siebener-Tage der assyrischen Hemerologien und ihr Verhältnis
zum hebräischen Sabbat sind wir ja beide im übrigen so ziemlich
gleicher Ansicht.
Ich benutze die sich mir hier bietende Gelegenheit, um darauf
aufmerksam zu machen , daß sich meine obigen Erörterungen über
den Sabbat als ursprünglichen Vollmondstag. ohne daß ich darum
wußte, in mehrfacher Hinsicht berühren mit den Ausführungen
1) S. dazu bereits bei Küchler, Beitr. z. ass.-bab. Medizin 90 f. (vgl. auch
schon oben S. 202 Anm. 3).
2) Für den 15. als Vollmondstag scheint mir u. a. auch die vielerörterte
Stelle Gilgam.-Epos X Kol. III 49 (= KB VI 1, 220,221) in Betracht zu
kommen: mülah arhi u UD XV-KAN, wo gegen die bisherigen Erklärungen
(irlji und UD XV-KAN (d. i. SapatLi) vielmehr Gegensätze, Neumond
Neulicht) und Vollmond, bilden worden.
Bd. LVIII.
4 liO Zimmern, Nochmals Sabbat.
von Ditlef Nielsen in dessen Schrift: Die altarabische Mondreligion
und die mosaische Überlieferung, Straßburg 1904. Vielen in dieser
Schrift sich findenden kühnen Aufstellungen vermag ich freilich
nicht zu folgen. Speziell kann ich mich auch nicht mit der da-
selbst S. 69 und S. 87 f. nach Hommels Vorgang gegebenen Er-
klärung von sabattum (und danach von nau;) als einer sprach-
lichen Variante von subtu in der Bedeutung „(Mond)station" (von
aui"') und der Reklamierung von sabattum als eines altarabischen
Fremdwortes im Assyrischen (aus l>rjjß ä.a.5) befreunden. Immer-
hin ist anzuerkennen, daß die Schrift Nielsens für das Verständnis
des altorientalischen Mondkultus und damit auch für das Sabbat-
problem manche Förderung bringt. Auch in der Schrift Friedrich
Bohns: Der Sabbat im Alten Testament und im altjüdischen reli-
giösen Aberglauben, Gütersloh 1903, findet sich, so wenig dieselbe
im übrigen das Sabbatproblem im Alten Testament richtig be-
handelt, doch gerade für die Frage nach dem ursprünglichen Zu-
sammenhang der Sabbatfeier mit den Mondphasen mancherlei Be-
achtenswertes. Verl, auch Böklen im Archiv f. Religionswissensch. 6
(1903), 19.
4(51
Digamma und Wan.
Von
Franz Praetorium.
Ein ungelöstes Rätsel ist immer noch das griechische Digamma
(lat. F). Es steht im griechischen Alphabet an der Stelle, wo im
kanaanäischen Alphabete das Wau steht und entspricht diesem dem
Laute nach vollständig; auch führt es — als Zahlzeichen wenigstens
— den gleichen Namen ßav. Aber die Gestalt des Digamma
steht der des kanaanäischen Wau recht fern , wenn auch versucht
worden ist, beide Gestalten mit einander harmonistisch in Einklang
zu bringen. Dazu kommt noch, daß das kanaanäische Wau in fast
unveränderter Gestalt als T dem griechischen Alphabete schon in
frühester Zeit angehängt worden ist.
Ein ungelöstes Rätsel ist gleichfalls die Gestalt des süd-
semitischen Wau: äthiop. (D, sab. <D, ganz ähnlich im Lihjänischen,
Protoarabischen und Safä. Auch hier ist zwar versucht worden,
das stark abweichende südsemitische Zeichen von dem kanaanäischen
T abzuleiten (s. D. H. Müller in Mordtmann und Müller, Sab.
Denkmäler S. 106; König, Neue Studien S. 14); indes wird der
Unbefangene nur Lidzbarski beistimmen können: „Wie © zu dieser
vom altsemitischen | so sehr verschiedenen Form gelangt ist, da-
rüber habe ich zu keinem bestimmten Urteil gelangen können"
(Ephemeris Bd. I, S. 127).
Es scheint mir, als habe das südsemitische <D mit dem kanaanä-
ischen T seiner Form nach nichts zu tun, als sei es vielmehr seiner
Form nach identisch mit dem griechischen Digamma.
Man beachte das formale Verhältnis des südsemitischen y, j,
zum kanaanäischen "\. Die beiden parallelen Ansatzlinien links
oben sind zu einem Kreise zusammengefaßt und fügen sich nun-
mehr in dieser Gestalt symmetrisch dem senkrechten Schafte an.
Die Ansatzlinie rechts unten ist fortgefallen, zeigt ihre Nachwirkung
462 Praetorium, D/gamma und Wau.
indes wohl noch in dein etwas verlängerten Schafte. — Wendet
man dieses selbe Prinzip der Weiterbildung auf Digamma, ^ (]),
an, so sieht man ohne Weiteres, daß aus ihm leicht <D entstehen konnte.
Ich lasse es unentschieden, ob die kleine Gestalt des © einiger
südsemitischen Schriftarten mit dieser Entstehung zusammenhängt.
Denn der Kreis entspricht ja nur der oberen Hälfte des zugrande-
liegenden alten Zeichens T-
[st die obige Darlegung richtig, so würde die Übereinstimmung
des griechischen Digamma mit dem südsemitischen Wau darauf hin-
weisen , daß es in ältester Zeit in Kanaan irgendwo ein Zeichen
für w gegeben haben muß, das uns aus Kanaan selbst bisher nicht
überliefert worden ist.
4(38
Anzeigen.
Le livre de Mohammed ihn Toumert mahdi des Almohades.
Texte arabe accompagne de notices biographiques et d'une
introduction par I. Goldziher , Professeur a V Universite
de Budapest. Alger. Imprimerie Orientale Pierre Fontana.
1903. (Avant-propos de M. J. D. Luciani, Directeur des
Affaires indigenes au Gouvernement general de l'Algerie.)
(Zum Originalpreis von fr. 6 erhältlich bei Otto Harrassowitz.
Leipzig.)
In einer dem VII. internationalen Orientalistenkongresse in Wien,
September 1886, vorgelegten Abhandlung, die 1887 in dieser Zeit-
schrift (41, S. 30 — 140) unter dem Titel „Materialien zur Kennt-
niss der Almohadenbewegung" erschien, lenkte Prof. Goldziher die
Aufmerksamkeit auf eine Handschrift der Pariser Nationalbibliothek,
welche die theologischen Schriften des Stifters des Almohadenreiches
im zwölften Jahrhundert, Mohammed ibn Tuniart, enthält. Die
Authentie des Buches ist nicht zu bezweifeln und wir finden in
ihm fast alles wieder , was in verschiedenen historischen Werken
als Inhalt der Mahdi- Schriften angegeben wird. Jede Seite von
Goldzihers gediegener Abhandlung legt Zeugnis ab von der Wichtig-
keit dieser Sammlung als Quelle für die Kenntnis der Almohaden-
bewegung. Die Regierung Algeriens, unter deren Schutz jetzt in
Algier literarisch-historische Studien blühen, die sich weit über die
Grenzen des französischen Gebietes erstrecken . hat sich demnach
durch die Veröffentlichung des merkwürdigen Buches höchst ver-
dient gemacht. Die Ausgabe scheint mit großer Sorgfalt gemacht
zu sein. Die Handschrift hat hier und da ein wenig gelitten , so
daß der Herausgeber Mohammed ben Mustapha Kamal gezwungen
war, einzelne Wörter durch Konjektur zu ergänzen. Er hat darin
eine sehr glückliche Hand gehabt. Alle diese Ergänzungen sind in
Klammern eingeschlossen. In den seltenen Fällen, wo es ihm nicht
gelungen war, die Lesart mit Sicherheit herzustellen, hat er eine
weiße Stelle gelassen. Die wenigen Druckfehler sind am Schluß
verbessert. Ein paar Kleinigkeiten hätten daneben noch Platz finden
können, z. B. daß in den biographischen Abschnitten S. f , 6 v. u.
jxs>»,\ zu sprechen, S. t.,7 v. u. LojJI zu lesen, S. t*T, 8 v. u.
4H4 Anzeigen.
J| statt ^J| und vorl. Z. ^Lc für Jic zu verbessern sei. Da-
gegen ist H , ult. xi»^j» nicht in xi^ÄAajj zu verbessern (wie f |f
vorgeschlagen wird) , sondern in *.j» Jzjj , wie richtig in Wüsten-
felds Ausgabe. Die Anwendung einiger Vokalzeichen, und nament-
lich des tashdld , wäre nicht überflüssig gewesen. Die oben ge-
nannten biographischen Abschnitte sind die dem Buche mit eigener
Paginatur vorangehenden 59 Seiten , welche die Mitteilungen des
Abdalwähid al-MarräkoskT, Ibn al-Athir's, Ibn Khallikän's, Ibn abl
Zar' 's im Qartäs und Ibn Khaldün's über Ibn Tümart enthalten.
Die Regierung hat sich nicht damit begnügt, diese wichtigen
Dokumente zu veröffentlichen, sondern hat Prof. Goldziher gebeten,
eine Einleitung dazu zu schreiben. Diese Einleitung, die mehr als
hundert Seiten füllt, gibt dieser Ausgabe einen ganz besonderen
Wert. Zusammen mit der oben erwähnten Abhandlung, deren Be-
kanntschaft der Verfasser durchgehends voraussetzt, bietet sie uns
ein treffliches Bild der Almohadenbewegung , die , anfänglich rein
religiös, bald einen militanten Charakter annahm und in wenigen
Jahren die Gründung eines Weltreiches herbeiführte.
Der erste Abschnitt handelt über die Chronologie, namentlich
die der Reise Ibn Tümarts nach dem Osten und speziell über seine
Beziehungen zu Ghazäli. Es gibt eine Legende , daß der welt-
berühmte Theologe den jungen Ibn Tümart zu seinem Auftreten
gegen die Almoraviden angefeuert habe , um so Rache zu nehmen
wegen der Geringschätzung seiner Werke durch die westlichen
Schriftgelehrten. Goldziher zeigt, im Anschluß an Macdonald, daß
dieser Legende jede historische Basis fehlt. Chronologisch ist ein
Zusammentreffen Ibn Tümarts mit Ghazäli zwar nicht ganz un-
möglich, aber doch sehr unwahrscheinlich, und das Motiv, das Ghazäli
zugemutet wird , ist völlig unannehmbar. Ibn Tümart mag wohl
indirekt von der Lehre Ghazäll's beeinflußt worden sein und von
dem, was er über den großen Meister erfuhr, einen starken Impuls
empfangen haben, doch ist er nicht zu der Tiefe der Anschauungen
Ghazäll's durchgedrungen und darf nicht als dessen Schüler im
höheren Sinne des Wortes betrachtet werden.
Im zweiten Abschnitt wird uns der Stand der theologischen
Wissenschaft im Westen in der zweiten Hälfte des elften Jahr-
hunderts gezeichnet und historisch begründet. In den Hochschulen
wurde fast ausschließlich die praktische Theologie, die Pflichten-
lehre, studiert, anfangs nach der syrischen Auffassung des Auzä'i,
seit dem Ende des zweiten Jahrhunderts der Hidjra nach der medi-
nensischen von Mälik. Mit vollem Recht bestreitet Goldziher die
bei einigen europäischen Gelehrten herrschende Meinung, als unter-
scheide sich die mediuensische Schule durch ein strenges Festhalten
an der Tradition {hadltli) und eine völlige Ausschließung des indi-
viduellen Urteils {ar-rdy). Tabarl gibt vom Gegenteil ein merk-
de Goeje, Goldzihers Le Uwe de Mohammed ibn Toumert etc. 465
würdiges Zeugnis im Appendix zu den Annalen III, P0.0 f. : , Mo-
hammed ibn ab! Bekr ibn Mohammed ibn 'Amr ibn Hazni (f 132,
72 Jahr alt) war Kadi in Medina. Wenn er nun ein Urteil ge-
sprochen hatte in Widerspruch mit dem HadTth und heimgekehrt
war . sagte zu ihm sein Bruder Abdallah , der ein frommer Mann
war: „Mein Bruder, du hast heute über die und die Frage so und
so Eecht gesprochen?" Wenn Mohammed dies bejahte, sagte Ab-
dallah: „Und wo bleibt der HadTth? Selten wird heutzutage nach
diesem Recht erteilt." Mohammed antwortete dann: „Halt, wo
würde die Praxis bleiben?" Er meinte die in Medina allgemein
geltende Praxis; denn bei ihnen hat die anerkannte Praxis mehr
Bedeutung als der HadTth." Nach dieser Richtung hatte sich im
Westen die Mälikitische Schule so entwickelt, daß man zur Zeit
der Almoraviden sich gar nicht mehr um die Rechtsquellen kümmerte,
sondern sich ganz auf das Studium der Fiqh-Bücher beschränkte,
die den Gelehrten den Stoff lieferten zu ihrer spitzfindigen Lösung
allerlei kasuistischer Fragen. Das schlimmste daran war, daß man
dies als Studium der religiösen Wissenschaft betrachtete. Gegen
diese einseitige , aller höheren Bestrebung bare Richtung kämpfte
GhazälT, und in diesem Sinne wrar Ibn Tümart sein Schüler. Die
Disputation des letzteren mit den FaqThs von Aghmät, die vor
seiner Niederlassung in seinem Geburtsort IdjilTn im J. 514 statt-
gefunden haben muß, hat ausschließlich zum Zweck, jenen zu be-
weisen, daß sie von der Methodologie des Rechts keinen Begriff hatten.
Im Gegensatz zu GhazälT erkannte Ibn Tümart die Autorität
der Modjtahidün nicht an, d. h. der großen FaqThs, wie der Stifter
der Rechtsschulen . deren Entscheidung als endgültig angenommen
wird. Daß zwei verschiedene Beantwortungen derselben Frage
gleichberechtigt sein sollten , dünkte ihm ungereimt. Damit aber
fiel die Anerkennung jener Rechtsschulen und des Anteils der
menschlichen Vernunft an der Bestimmung des göttlichen Gesetzes.
Koran, HadTth und Idjmä' sind nach seiner Lehre die einzigen
Quellen, und der Idjmä' (die Übereinstimmung der Gemeinde in
einer Sitte) wird noch dazu auf die Gefährten des Propheten ein-
geschränkt. Der Qijäs (die Analogie) ist, ganz im Sinne der Zähi-
riten, so gut wie ganz ausgeschlossen. Dies alles wird im dritten
Abschnitt besprochen.
Wichtiger sind der vierte und fünfte. Im Westen galt die
Lehre des Mälik, daß man sich fern halten solle von dogmatischen
Fragen. Der Koran widersetzt sich der Ähnlichkeit Gottes mit
dem Geschöpf, kennt aber Gott die Attribute des Geschöpfes zu.
Man soll beides frommen Glaubens annehmen. Dagegen richtet sich
Ibn Tümart mit allen Kräften. Gott kann keine menschlichen
Attribute haben; der, welcher sie annimmt, macht sich des Anthrc-
pomorphismus schuldig. Ja, die Gottheit kann überhaupt keine
Attribute haben, denn diese müßten ewig sein, was mit der Ein-
heit des Wesens der Gottheit streiten würde. Damit schloß er
4t J6 Anzeigen.
sich ganz der Lehve der Mo'taziliten an, denen er auch das Schlag-
wert Tawhld entlehnte, das die Devise der Bewegung wurde und
wonach die Dynastie den Namen al-Muwahhidün (Unitarier), zu
Almohaden geworden , hat. Alle diejenigen , welche diese Lehre
nicht annahmen, waren Ungläubige (Käfir), deren Bekämpfung Reli-
gionspflicht ist. Da die Masse der Untertanen der Almoraviden
nicht in jenem Sinne Bekenner der Einheit Gottes war und der
Fürst verantwortlich ist für sein Volk, mußte also den Almoraviden
der Heilige Krieg erklärt werden.
Die Beform der theologischen Prinzipien war in Ihn Tümarts
Predigt eng mit der Beform der Sitten verbunden , eigentlich ihr
untergeordnet. Er fing an als Censor morum, oder in moslimischen
Worten, als „Befehler des Guten, Verbieter des Schlechten". Im
Grund ist es, wie Goldziher im letzten Abschnitt ausführt, die
Pflicht jedes einzelnen Moslims, jede Verkehrtheit, die er sieht, zu
bestreiten, entweder mit der Hand oder mit der Zunge, oder, wenn
auch dies unmöglich, wenigstens mit dem Herzen. Eine je einfluß-
reichere Stellung man einnimmt, um so gewissenhafter hat man
diese Pflicht zu erfüllen. An erster Stelle liegt es also der Regie-
rung ob, alles gesetzwidrige mit Wort und Tat zu verbannen, wo-
durch aber der einzelne Moslim seiner eigenen Verpflichtung nicht
enthoben wird, selbst nicht seinen Vorgesetzten gegenüber. Da es
nun stets Unzufriedene gibt und die Grenze der Mißbilligung ge-
wissermaßen willkürlich ist, begreift man, daß jeder Fanatiker, jeder
Streber unter dieser Flagge leicht einen Anhang finden konnte.
„Der Orientale", schreibt Goldziher, „fühlt sich immer unterdrückt
durch die zeitweilige Macht. Autorität und Tyrannei sind für ihn
fast synonyme Ausdrücke. Nirgends ist das Wort von Anatole
France: ,gouverner, c'est mecontenter' so anwendbar als hier".
Daher hat diese Forderung im Laufe der Jahrhunderte unzählige
Aufstände eingeleitet, von denen verschiedene den Sturz einer
Dynastie zur Folge gehabt haben. Keine aber hat eine so große
und so ausgebreitete Wirkung gehabt wie die Predigt des Ibn
Tümart.
Der Kampf gegen die Mißbräuche war ihm heiliger Ernst,
daran läßt sich nicht zweifeln. Schon im Schiff, das ihn von
Alexandrien nach dem Westen zurückführte, und in den Orten, wo
er sich bei seiner Reise nach Marokko aufhielt, wagte er mehrmals
sein Leben durch sein gewalttätiges Auftreten gegen Wein und
Musik. In Marokko hielt er auf der Straße eine Strafpredigt gegen
eine Prinzessin, die, wie es damals Sitte war, mit unverschleiertem
Antlitz ausritt. Mit solchen Mißbräuchen standen die Vernach-
lässigung der theologischen Studien und die anthropomorphistische
Dogmatik auf einer Linie. Auch sie gehörten zu dem Schlechten,
das zu verbieten die Pflicht jedes Moslims sei.
Ibn Tümart wollte, daß seine Lehre allgemein verstanden und
angenommen werde. Daher verfaßte er seine Schriften in der
de Goeje, Goldzihers Le licre de Mohammed ibn Toumert etc. 467
Nationalsprache, dem Berberiscben , oder übersetzte sie in dieselbe,
was mir wahrscheinlicher vorkommt. Leider ist bis jetzt kein
Exemplar davon gefunden. Auch der Gebetsruf und die Glaubens-
formel wurden berberisch gesprochen. Es wurde sogar nach dem
Siege von jedem Beamten gefordert, daß er der berberischen Sprache
mächtig sei. Dadurch ist der Islam erst Xationalreligion in Nord-
afrika geworden, und dies ist das bleibende Resultat der Almohaden-
bewegung.
Goldziher stellt am Schluß dieser Einleitung die Alternative,
ob Ibn Tümart schon bei seiner Rückkehr aus dem Osten die Ab-
sicht gehabt habe als Mahdi aufzutreten , oder ob er erst durch
die grenzenlose, ganz im Geist des Berbertums liegende Verehrung
seiner Person dazu gekommen sei , sich für den unfehlbaren , ver-
heißenen Imäm auszugeben. In seiner Abhandlung hatte er sich
zugunsten der letzteren Auffassung ausgesprochen : hier wünscht
er die Frage offen zu lassen. Ich zweifle nicht im geringsten daran,
daß sieb das Mahdi-Ideal erst allmählich bei ihm herangebildet hat,
und daß der Entschluß, die Almoraviden zu bekämpfen, erst in
Marokko selbst entstanden ist. Sonst wäre — um nur dies zu
nennen — sein langer Aufenthalt in verschiedenen Orten Nord-
afrikas unerklärlich. Auch spricht Goldziher sich nicht entschieden
über die Frage aus, ob Ibn Tümart verdiene, wie Dozy und Müller
es meinten , zu den größten Schwindlern aller Zeiten gezählt zu
werden. Die Historiker erzählen uns von verschiedenen , darunter
gräßlichen Mitteln, wodurch er seinen Anhängern den Glauben an
seine Mahdiwürde beibrachte. Es ist vorderhand nicht möglich,
mit Sicherheit zu entscheiden , ob das alles Verleumdung ist , wie
mir wahrscheinlich, oder auf wirklich Geschehenem beruht. Von
dieser Entscheidung aber hängt größtenteils die Beantwortung jener
Frage ab.
Beim Lesen der Einleitung habe ich ein paar Kleinigkeiten
notiert. Die Übersetzung der Verse 'Omära's S. 2 f. ist nicht ganz
richtig. Mit ^xo3 ist nicht der „crochet du garde-manger" (Fleisch-
haken) gemeint, sondern das Brett oder die Matte, auf welcher das
zerhauene Fleisch liegt, oder die Schlächterbank (.liil .,^3»); vgl.
Mubarrad iJ|A , 12. Tropisch wird aber der Ausdruck ^.i, J^ +Ji
gebraucht von jedem, der wehrlos und schwach ist, Hamäsa vi
unten, \f\ , 3, wo die Weiber so genannt werden, wie in Omar's
Worten xäc ^j .x 9i *./£>» As. ^J- sL*jJ|, Lisän XVI, irs
wo das ausführlich erklärt wird. Vgl. auch Asäs. Im zweiten
Verse ist „qu'il va chercher son souffle jusque dans les etoiles" zu
frei. Wörtlich ist es: ,bis seine Hand dir Sterne an der Kehle
4t iS Anzeigen.
packte, ihnen die Kehle zuschnürte", was in Prosa sein würde:
bis er die Höchstgestellten zur Unterwerfung brachte.
Goldziher schreibt S. 6, daß der Ausdruck shabiba nicht von
einem 27 oder 28 Jahre alten Manne gebraucht werden dai-f. Das
ist aber unrichtig. Ibn Hab Tb (Khizäna I, F11) gibt folgende
Bestimmung: Die Knabenzeit (&y«Jl*JJ) dauert 17 Jahre von der
Geburt ab gerechnet; ebenso lange dauert die Jugendzeit (jüuLa.;üJ|).
Dann folgt das reife Mannesalter (xJL^CJl) von derselben Dauer.
Wenn man 51 Jahre erreicht hat, wird man Greis G^.ü) und bleibt
dies bis zum Tod. Richtig sagt also GhazälT in der Anm. 3 zitierten
Stelle: „Im Anfang meiner Jugendzeit, da ich beinahe erwachsen
war, die 20 Jahre noch nicht erreicht hatte." Ebenso sagt Ibn
Hauqal (c 1. Z.) , daß er seine Reisen angefangen habe im Anfang
seiner Jugendzeit , womit er meint (vgl. Z. 7 ff.) , als er schon er-
wachsen war. Alle stimmen darin überein , daß man i«_jL& heißt
bis man J.^y wird. Bei letzterem fangen die ersten grauen Haare
an sich zu zeigen (Hamäsa ö.)- Einige lassen die Jugendzeit nur
bis zum 32. Jahr dauern, andere dehnen sie bis zum 36. Jahr aus.
Jedenfalls aber widerspricht die Mitteilung, daß Ibn Tümart in
seiner Jugendzeit die Orientreise gemacht habe, nicht der übrigens,
wie es scheint, im allgemeinen richtigen Chronologie des Ibn al-
AthTr. Nach dieser wurde er 51 oder 55 Jahre alt und war sein
Geburtsjahr demnach 469 oder 473. Ibn Khallikän gibt 485 als
sein Geburtsjahr, was gewiß falsch ist. Bei Ibn al-Athir (Biogr.
Kf, 1. Z.) ist natürlich falsch , daß seine Regierung 20 Jahre ge-
dauert habe. Es ist wohl ursprünglich ein Schreibfehler für 10 Jahre.
Denn er sagt ja selbst (Biog. |A, 2, wie auch Ibn Khallikän f*ö, 1),
daß er erst 514 zu seinem Stamm zurückkam. Vgl. auch die
Stelle im Qartäs (Biogr. f1) und unten das Exzerpt aus dem
Holal. Darüber, daß er seine Reise nach Spanien und weiter
nach dem Orient im Jahre 501 (500) anfing, sind alle Biographen
einig. Über die Zeit seiner Rückkehr herrscht wieder Unsicher-
heit, Nach dem Qartäs (Biogr. H, 4) trat er die Rückreise 510
an, nach Ibn al-Qifti (Biogr. fv, 3) ein Jahr später; nach Ibn al-
Athir (II, 2 f.) war er schon 505 in al-Mahdlja, als er von Osten
heimkehrte, und zwar als Jahjä ibn Tamlm daselbst regierte. Letz-
teres hat auch Ibn Khallikän (Biogr. H, vgl. Slanes Übers. IV, 97).
Da dieser Fürst 509 starb (Ibn Khaldün, Berb. I, P.v), würde
man geneigt sein Ibn al-Athir's Angabe für richtiger zu halten.
Allein nach Ibn Khaldün (Berb. I, ft*».) kam Ibn Tümart 512
nach Bedjäja, unter der Regierung des al-'AzIz (vgl. Biogr. oö 1. Z.)
und er kam dahin direkt von al - Mahdlja. Ist Ibn Khaldün's
de Goeje, Goldzihers Le livre de Mohammed ihn Toumert etc. 4()i)
Angabe richtig, so muß nicht nur die Jahreszahl 505, sondern auch
der Name des Fürsten auf einem Irrtum beruhen. Denn von 509
bis 515 regierte zu aJUMahdfja 'All ibn Jahjä. Wie groß die Nach-
lässigkeit in solchen Angaben ist, beweist die Mitteilung Ibn Khal-
likän's (Biogr. PI), daß er in der Biographie des Tamlm ibn Bädis
(Wüstenfeld n. 125) geschrieben und von anderer Seite bestätigt
gefunden habe , daß Ibn Tümart auf seiner Rückreise vom Orient
nach al-Mahdija kam, als Tamim regierte. Dieser starb nämlich
schon 501; die Angabe muß demnach falsch sein. Mit den uns
jetzt zu Gebot stehenden Quellen ist diese chronologische Frage
nicht zu lösen.
Das Sterbejahr Ibn Tümart's 524 scheint festzustehen, obgleich
Ibn Khaldün, I, t*».f*»: 522 hat, im Widerspruch mit I, Vfv, 10. Jäqüt
(1,111) sagt, daß er 534 gestorben sei; das ist aber grundfalsch.
Es ist nicht unwahrscheinlich, daß Fraga erst im Jahre 534 von
den Christen erobert wurde. Wenigstens war es noch nicht in ihren
Händen im Jahre 528, als die Schlacht von Fraga stattfand, in
welcher Alfons „el-Batallador" fiel (Codera , Familia real de
los Benitexufin. p. 24 in der Revista de Aragon 1903). Merk-
würdig ist , daß Jäqüt Ibn Tümart den Mahdi der Almoraviden
nennt. Dies läßt uns den Verlust seiner Geschichte der Almohaden
(I, jJJ|)tw, 16 f.) leicht verschmerzen.
S. 9. Die Verbesserung , welche Goldziher vorschlägt , wird
glänzend bestätigt von Jäqüt II, ö11 , 18. Nur folgt nichts aus
dieser Stelle über ein Zusammentreffen Ibn Tümart's mit GhazälT.
In einer S. 19 angeführten Stelle wird Ibn Tümart einer „von
den Leuten von Salamija" genannt, wozu Goldziher ein Fragezeichen
gesetzt hat. Ich erlaube mir vermutungsweise eine Erklärung vor-
zuschlagen. Salamlja war in der zweiten Hälfte des dritten Jahr-
hunderts das Zentrum der Ismailiten (Qarmaten , resp. Fatimiden)-
Bewegung. Da wurde der Mahdi 'Obaidalläh, der Gründer der
Fatimiden -Dynastie, geboren und erzogen. Diese Ismailiten aber
unterscheiden sich durch die sogenannte allegorische Deutung des
Korans, die sie ta'wil nennen, und durch die Lehre des unfehlbaren
Imäms. In diesen zwei Hauptpunkten stimmte Ibn Tümart ganz
mit ihnen überein. und es ist nicht unbegreiflich, daß man ihn zu
ihnen gerechnet hat.
S. 72 übersetzt Goldziher ein Zitat aus Tabarl, nach Ibn Hazm,
dessen Text er in seinen Zähiriten S. 137 gegeben hat: Le celebre
historien Tabari, qui s'est consacre ä la theologie avec autant d'ar-
deur qua l'histoire, va jusqu'ä enseigner que „tont Musulman qui
a atteint Tage de la puberte et qui ne connait pas Dieu, avec tous
ses noms et tous ses attributs, par le raisonnement, est un Kat'ir
dont la vie et les biens sont horslaloi". Goldziher setzl
dazu, daß selbstverständlich mit dem Worte „raisonnement1' hier
und bei den Ash'ariten die Methoden zu verstehen seien, dir sie
470 Anzeigen.
in ihren eigenen Büchern entwickelt haben. Aus dem Zusammen-
hang würde man jedoch schließen, daß doch eine Art logischer Be-
weisführung gemeint sei. Nach meiner Ansicht ist mit der Be-
gründung (al - istidlöl) nichts weiter gemeint als was Goldziher
S. 83 als Ghazäll's Urteil mitteilt: „Die Beweise, welche der Koran
selbst liefert , genügen vollkommen , die Existenz und die Einheit
Gottes allen Menschen verständlich zu machen." Das gedankenlose
Nachsagen, nur weil man es so gelernt hat, macht den erwachsenen
Moslim dem Käfir gleich. Im selben Sinne sagte Jbn Tümart (diese
Zeitschrift 41, 97): „Die Gesetzübung wird erst durch die bewußte
Kenntnis vollgültig, der Gottesdienst der Unwissenden ist nicht
gültig. "
Die Schriften Ibn Tümart's , welche uns jetzt vorliegen , sind
größtenteils aus seinem Munde niedergeschrieben von seinem Schüler
und Nachfolger Abdalmümin. Der ersten geht eine Einleitung von
diesem voran. Der letzte Teil, das Buch des heiligen Krieges, ist
erst im Jahre 579 unter der Regierung des Abu Ja'qüb Jüsuf ent-
standen , als zum Behuf der Gemeinde die sämtlichen Werke des
Mahdis kodifiziert wurden. Goldziher hat in seinen Materialien
S. 75 ff. eine vortreffliche Analyse des Inhalts gegeben, zu welcher
ich nichts hinzuzufügen wüßte. „Wie weiß doch Goldziher die
langweiligsten Werke auf ihren Kern zu durchforschen und diesen
Kern dann darzustellen!" schreibt mir Nöldeke. Diesen Ausruf der
Bewunderung mache ich von ganzem Herzen zu dem meinigen.
Das Buch al-Holal al-maushija, das Dozy, Abbad. II, 182 ff.
beschrieben hat, enthält einige Notizen über Ibn Tümart und eine
Biographie, die mir wichtig genug scheinen, hier mitgeteilt zu werden.
Letztere enthält nichts von den Betrügereien , welche andere von
ihm erzählen , wohl aber , daß er in Bagdad bei GhazalT war , als
dieser benachrichtigt wurde, wie man sein Buch Ihja al-'olüm im
Westen zur Verbrennung verurteilt hatte. Am Ende des Artikels
werde ich darüber noch ein paar Zeilen schreiben. Seine Autori-
täten sind alt, u. a. Ibn Sähib as- Salat, der Mitglied der Gesandt-
schaft aus Sevilla war, die nach der Eroberung Marokkos (541)
aus Spanien kam um Abdalmümin zu huldigen. Auch enthält sie
das Glaubensbekenntnis der Almohaden, das man al-morshida nennt,
und zwar in einer etwas besseren Redaktion ; weiter ein Gebet und
ein kurzes Gedicht des Mahdis.
Fol. 36 r. Als der Almoravide 'Ali ibn Jüsuf im Jahre 515
eben fertig war mit den Unruhen in Cordova:
3-2JÜ! tLü ..i W$> lXju s-^Ö _jIj Uaav,=> S.lXxJS J! oLxs
de Goeje, Goldzihers he Ihre de Mohammed ihn Toumert etc. 471
Fol. 38 V. f. yvJUaS ^>i J. J^ iyc w> ü v£*JÜÜi j^yj
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Fol. 39 v. f. -i^c «j I x^w ^ s.aLc _*£> .ctXitl .,b A'i.
J.*^ ÄJ! e$03» uÜj't-tJ »»J-fck ^ttXJüi lM^5 *jU.aw-#.3-j (1. b.-^ü)
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ö^LäJI c^cV^'^ --^^ |*Jü ^^J c5-^r^ - r*^3 y^JLiö» ,*^> ^ j^Jl
t^o^Uj XU! y* xx^ü iUU> J. *.-' 3-s» ^ij= [•Xs*Jb (^J^l .ob
1) Der Großvater dos Averroes, s. Brockolm. I, 384. Er starb 520.
2) Fol. 4 r. Abu 'Abdallah ibn Jabjä az-Zohri.
3) Kor. 72, vs. 18.
472 Anzeigen.
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q-< iiLycc JJ>i Lg.U:> lX/*o ^^i. A*j V1^'; ^ ^g^-»*H ^ ^Ä.J--^
1) Am Eande mit ^o .
2) Biogr. |v, vorletzte Zeile .L*ic ^ ,.iLaJ.
de Goeje, Goldzihers Le livre de Mohammed ibn Toumert etc. 473
j-JJÖ^Ü jj-JUii j&S Jü ÜJ Uj rli^ ^äJ! ^ aus LI ^LÜi
U^ÄXiwj q.j i^ä*v»_j q.j -1c oi-ls (j*.Lij| xäxj» 8^*3- ^.xc L*J»
(jöLä5>^! J, ü5ÜÖ Aäc i^cAgiS lXj5>1j e5^ii j-JLc jjüjj Jls xaJLc
'äJJS ^Ui .J au-wS J. A*j <iLj »-Ai> J.U.J» JsjÄäJIj (1. ^IjobSI)
öyt^j k xjLs» yVjS»- Ji _*i aJ ^äÄ^vo ^JLs xaIs. ^lX-j-Ü ^j-r-
Jl J>±c\* *jL*; .i CLOLÜ rys L&J w^» »-*! slJu« 1 clXjILj .."bil
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jJUj *U! *+>, ^Aiii rlüll Fol. 41 r.
,.yj J»».P ,.~J ,-y*^»Ji l\.AC ..yj jUi l\>»£. -yj A*-5^ ^«.P \Awwj
,.*ji JLc jj| w*„w.äjS !ÄP c^aÜ ^äx- »Jlll -X;. ,^JLb -.jI ,.yi
»yaÄrMj mLLäJI ,^jI xää=>» tL*^ iUlü IwjLwoI »-^ui J -)oj.a^.
»aJI«J ^Läj ..Ü . *JUI Axt »j! ä.äx>L5 s^LoJi v_^&*L*o qj! .mI^ **i
i-LuaJl boLäj^S pLvauSI , <=.J-aJ| ..LwJJLj s'jjt/C» *sL*U ,.ixl. o-*.j'
jxya^j Jr'V^-^ »J^i -V- yj& *-'*-' l5^* [x^AÄX^^b] 4)lyü
1) Cf. Biogr. Co, i*v f., öf .
2) Dieser kann nicht, wie De Slane in einer Note zu der Übersetzung
Ibn Khaldün's II, 161 unachtsam geschrieben hat, der bekannte Historiograph
Qairawän's sein, der 4G3 starb.
3) De Slane II, 161 sagt, daß Amghar chef, viedlard, 163 daß Acafou
V ('clatrtur bedeute.
4) Dozy hat dies am Uande aus Cod. Gayangos suppliert. Ibn al-HadhramT
las in Alexandrien, Maqqari I, öli^4.
| , | Anzeigen.
^\ p\M\ J^s. oIlXjLuj x)^*^oJa$\ lXaJjJI [Qjt ^Jo] ^t rL«^l
l»^Xi(_5 «las lj+i$u S4aL ' 's tlgjä r^_j (j^JtXibSi^ U.iil Jt J**oj
£ jJb xiLi '2)ajA*> aji UL- ^5 J-LäJI aj! jLs tU^t *as
JLj» *35_&-b tx.j »j>^Lj JL« Ji v_AJtf» SC\.L>.äj ö-s>t» «JSr^1.
^i „^=>lXs cj^sy! e^iö J. i— >ym oUaj *>l* j^» U -Jlc ot-^bti
ä^LiJ! k_^.^-Lo ^j! l^5* (*-r^"w ,'-ixj(_» f-g-^x ;3W Laa>w .\S *.'i.=>
»tLs? Jl;*Ji lXxI;>- ,_jI (.LsbSl £\aXcJ5 x^.j^+i j>5lX«ju >^>.ä5" (3L'i
i)»a3|j ü.<w.LX.It J>.3»lXs v_iyo Sv.j ; 7i x.*,5. J* jül^JUI vi>.5 J.>.
^S>\ q/o ^Läs J^Jt q*/i ^Us xaJIc ^Xw^.5 l\xL=> jt &^a£J! Jx.
iPjL^iis uäa5" jLs fxi JsL_i üxbji' vi>J3o aJ A,Lä -AoäbJI Vt*-^
yis |j Li A,Ls ^*i jls *Ls>^i ybfe r<ib Jj> Ali ^ ^Lä
aJsLs-lj »,Ai>Ls tyi? La .«JLiuJ xaJIe. *i*5 sLa5> Jw>-J5 c>-*-a2.s *a5
Si.Ai.I2Jt» 5-LcLXJt Ji ^lXj lXa>* *a>» ,axäs ALS ot.> l+f SüaäJb.
«jä*>i LT" ^^Äi.0 v^b Ü^T* "^ f-ir^"0 ^j'8 f"$\ ^1-äi r^-^-
L^jt ^lX^ILj lX*J l^aäIäX! _*«j-A*A.Jt '^r-^J-J' rjJ ^t l\a£ jjt ^'-Ä5
v.,L^d UJÜ xXc JlsLxaS ^clXj -Jl£ a^Jo 0U^r. (Mt «JÜ! o)| rUbSt
^1 goL-ÄJt jLss XbSt JjC^ ^ ^i>T ^lä KäJL^ ^j! rGi lX*^
A^btt xjLcj Joc^.j LccXi .JJlxIl _*.ü S4j^a2.j s„a3»1.s l\aiL> (1. ^.jt)
Jlaäs «Ju ^.JLc äJL*>| ^Jüt «3Lfts xJiJ! iL^i iMt ^tXft! «J $&
S.0L0 j>t'»\ij ^ °yV> o-^ *^' ^c J^' rj^"-5 atLE° i?^*'-1' ^'
1) Auch Ihn ab! Randaqa genannt, f 520; MaqqarT I, ötv f.; Ibn Pascual
ed. Codera, II, otv f.
2) War Kadi von Cordova 490—508, s. Ibn Pascual II, ötP n. 1183.
de Goeje, Goldzihers Le Uwe de Mohammed ibn Toumert etc. 475
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*' — *b51 — J -Axt! *Jj.-w. lX.^.-S? ÜiXÄ*w c-i-c ».JÜi .ffWj »i*X^ ^.ä*/«
Ujl^ [jy>- o^aJU U^p ^A£j La^S l^j^5 ^Uj ^lXÜ ^tXftl
_.^A:i u-w*jü|j ^i ^*-.^ij r,uji y^f ^iUj» Lyfls^s oyai
l\^c &.äa1.ü vi>.x^^v ^.^.aJ! ^j.j1 ^r>r. jj^ j»:^S AJs J^ääÜ 'J0^^^
1) Dieser, plene .aoLüI ,.*j i«-*ajUI ,.jJ -JixJi ist Ibn Hamraad, der
Fürst von Bedjäja. In MahdTja regierte Jalijä ibn Tamlm oder dessen Solm
'Ali. Der Text ist hier stark verdorben.
Bd. LVIII. 31
476
Anzeigen.
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^, _^iü ^Lü ,
5ij iLJLkit ?uUl LAJUaJjj ^*xaJ| J^>5
1) Die IIs. öJ;!; Biogr. f!^ ^U;l , öa t^LwoL Die folgenden
Namen werden in den zwei andern Quellen anders überliefert.
2) Vermutlich ist das » zu streichen.
3) Vgl. Biogr. ff c^i?, öa u>.a£j.
4) ,-y^ muß gewiß gestrichen werden.
b) Hier ^ikii geschrieben.
de Goeje, Goldzihers Le livre de Mohammed ihn Toximer t etc. 477
JJÜj sUJi rP» (1. äfjxJi) ^LxJS jAc e^-Üi i^RJuaJij Joil Jte.
*Lj! OlXc ^-j|i5>S &.x^-w ►£>, . c.j.J! ..LdUb Aa=>^äJLj »U* bLx5"
l\*J ^N-JJ^I ötäLo jS! *«_J Jj' XÄX lX»»l» L-JiS* 3^.ÜJ (V^r^lj &**■»■
-^ ^ (j > (_> ^ ^ ^ CU LT -v
*Ac J^a^^v-j. ^.ibü sJÜ *_^.->r. L*j .1+j^tj ,lXäj!_» s-LosäIj Käaü^:
L*0, 3)ä/>UUj »Um« (1. ^.3-U) yj^ "JAtUJj »U* yM bÜÄ
v.JLsWj. ^^yi iwJJw^i AasJÜI (V^JjäJj i3l£/£% Jacj^iS xJi
..fj 'isj.^i (1. ..Lyclj) l^c-i», ».a«aäxJ *jJIa£}| *-g^* J^^j (*"&?%-^
^j.j Lii _i»JCjÜ! jb bi (w^jwJi Jlj a^JLc *tXä aJC^L^U -~*^-
öL^*! bS -a/sjü »Lj>S x-vi^ (»tXs *.^-* -^f! LüLj L£*wx. a^Jo l\xj
r,.j a^cLo! |fc/5iiJ.5 *-|^?i L« ^^-^ rr^-- A--^*-* Lä^b' LUi ,*.a?Lj5
x^b: ä.j.>1äP ä.ä-.<^» SC^Ji^Ji ^Ä^ •s_£>"«j ,->j -b; «.•^ .♦-^ s-t^.
1) Dieses Buch linde ich nicht.
2) s. roö.
3) s. rfö.
4j Die Bedeutung „ordnen, ausrüsten'' fehlt in den Lezicis.
31*
478
Anzeigen.
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1) = y*L.c! P'este.
2) Ein anderer Spanier mit diesem Namen bei Goldziher, Materialien,
S. 70, Anm. 1.
3) Ich fordere.
de Goeje, Goldzihers Le livre de Mohammed ibn Toumert etc. 481
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482 Anzeigen.
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^ ^b jJiüb ns ^i j^ ^IXti ^ ^ ^ ^LT ^LT
1) Dies ist unrichtig. Der 14. llamadhan war ein Donnerstag. Die
Leste Überlieferung (Biogr. ft unten) hat Mittwoch den 13. Ramadhän.
2) spuSijIt, P. rfif.
3) Diese Worte stehen im Text in einer anderen 'aqlda S. iYI, 4.
4) Im Text fft, 4 v. u. falsch ^vi>c^\j.
de Goeje, Goldzihers Le Ihre de Mohammed ibn Toumert etc. 483
£***Ji yv *y& xliW ^J ^b&ß ^j JJ>.*3\ jüüäJLj bS 0U*Ji
i^sJicLb Jlc Lac! *..ilJ5 xj 5-cAj lMiy ^Äil »jLe.3 ^_»
Lj i^xL^ib «xX^e iüLc, » liSÄiLx! Jjs^-» ^äjs: »LJü! _JLc Licl»
Ja~*sAAX: *.:>jJi» ^awJl* .uXaoJ|», &.<"!/* 'JuC'L »,c— TsAjÜ q,awJLs
jJjü y5U! ^Ji juLcJ .i>i j (1. \jäj) ,m*£j i-j-f ^h
*PUäAs LjpIlXäI ^»Jl*j» LgxaäU LL5\jL^» fJLsüj LP.äiLs \JJjJÖ
& 1 .aajü ^j -ä/. Lxi» y5o _ä3
Fol. 67 v. f. *.äLo» o_**ü «$U1I (q^.11 O^j ^ lM^1' Uij
Liju xäLs» k*aj \!» . «üjü^i ä.j^. «.xol.ll , o*j ,.-x iütJuJi
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^itoUü! *uXäj, xaJLc *X*J| J, *^' M3.s iX^äJ! ä£J<3 ^3 xaJLax^.'
1) Im Text Pf|, 3 v.u. ^^JtlJ.
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«üil jj ^Läs iMJdto ^tj*i! l\*Is> ^i ,.Lc^l jJL^ ij juäJ 3! »T,
•&(jj.s ä-sLa^. q-5^» *JLM &■*.=>> JU.J »A? *.^~>-» q.^ [tf-y^i ry^
Der letzte Passus ist von großem Gewicht für die Ghazäll-
Frage. Für Abdalmüniin ist es eine ausgemachte Sache, daß Ibn
Tümart bei Ghazäli gehört hat. Er muß das wohl von ihm selbst
haben. Gegen das Ende von 499 hatte Ghazäli Bagdad verlassen
und sich nach Naisabür begeben (Macdonald im J. Americ. Or. Soc.
XX, 97). Er kam nicht wieder nach Bagdad, sondern starb 505
in Tüs (ibid.. 104, 107). Ibn Tümart, der 501 oder 500 seine
Reise anfing, kann ihn also nicht in Bagdad gefunden haben und
nicht im eigentlichen Sinne GhazälT's Schüler gewesen sein. Doch
scheint er sich als solchen betrachtet zu haben wegen der Anregung,
die er seinen Werken verdankte, namentlich auch in seinem Streben
die Religionswissenschaften zu neuem Leben zu erwecken. Sein Auf-
treten im Westen war durch Ghazäli veranlaßt. Von hier bis zur An-
nahme einer persönlichen Beeinflussung war nur ein Schritt. Ob der
Mahdl den selbst getan hat, wie ich glauben möchte, oder seine
Jünger, können wir nicht mit Sicherheit entscheiden. Die Legende
muß sich aber schon sehr früh gebildet und verbreitet haben, da im
J. 542 Ibn al-Arabi sagte, daß er davon in Spanien gehört habe.
Als Ibn al-Arabi Bagdad verließ (491 oder 492, Ibn Pascual II,
ojJJf), lehrte Ghazäli daselbst (vgl. Macdonald S. 101). Er hat ge-
wiß geglaubt, daß Ibn Tümart ihn noch als Lehrer angetroffen
habe. Später hat man aus den Äußerungen Ibn al-Arabi's über
den Mahdl geschlossen, daß er sein Gefährte im Orient gewesen
sei (Maqqarl I, fVv), was chronologisch unmöglich ist, da ersterer
schon 493 nach Spanien zurückkam (Ibn Pascual 1. c. , Maqqarl
f™> 3 v-u-)- M. J. de Goeje.
Praetorius, Patrologia Orientalis, tom. I, fasc. I. 485
Le livre des mysteres du ciel et de la terre. Texte Äthiopien
publie et traduit par J. Perruchon avec le concours de
M. I. Guidi (R. Graffiti et F. Nau, Patrologia orientalis,
tarne I, fascicide I.) XII u. 97 SS. gr. 8b. — 40.1)
Die von Zotenbei'g unter Nr. 117 seines Catalogue des manu-
scrits ethiopiens de la Bibliotheque nationale verzeichnete äthiopische
Handschrift ist ein Unikum. Schon Ludolf hat sie gekannt und
namentlich zu seinem Lexikon benutzt; s. die dem Lexikon voran-
gehenden (in meinem Exemplar unnumerierten) Seiten unter „Cata-
logus Librorum". Er nennt die Handschrift, in der bis dahin
irrtümlich das Buch Henoch vermutet worden war, den äthiopischen
Anfangsworten folgend, Liber mysteriorum coeli et terrae. Dillmann
hat dann vielfach Angaben Ludolfs in sein Lexikon herübergenommen,
ohne die Handschrift selbst gesehen zu haben (s. Dillmanns Prole-
gomena XII). Nun hat Perruchon die Handschrift allgemein zu-
gänglich gemacht und das nicht immer leichte Verständnis derselben
durch zahlreiche Textverbesserungen und namentlich durch eine
französische Übersetzung erschlossen. Dem an den Augen leidenden
Herausgeber und Übersetzer kam Guidi zu Hülfe ; leider sind trotz-
dem genug Druckfehler stehen geblieben , namentlich an einigen
Stellen. Nau steuerte eine Geschichte der Handschrift bei und eine
kurze Darlegung des Inhaltes.
Nicht die ganze Handschrift gibt Perruchon, wohl aber das
erste, umfangreichste der vier Stücke, die die Handschrift enthält;
dasjenige, dem eigentlich der Titel Liber mysteriorum coeli et terrae
zukommt, wenn der Verf. diesen Titel möglicherweise auch auf
sämtliche 4 Stücke ausgedehnt wissen wollte. „Ces quatre traites,
quoique distincts par des titres particuliers, paraissent, dans la pensee
de l'auteur, n'avoir du former qu'un seul et meme ouvrage, auquel
s'appliquerait le titre de „„Mystere du ciel et de la terre"". Zoten -
berg a. a. 0.
Über den Inhalt des Buches äußert sich Ludolf im Kommentare
S. 347 f. „tarn crassas ac putidas fabulas continet, ut vix legere
sustinuerim. . . . Libentius de stultissimo hoc libro tacuissemus".
Ich gestehe , daß auch mir derartige Gefühle recht nahe gelegen
haben, und daß ich ähnlich abfällig urteilen würde wie Ludolf.
wenn das Buch nicht eben für würdig erachtet worden wäre, eine
Patrologia orientalis zu eröffnen, und wenn nicht von sachkundiger
Seite die Belehrung käme „La critique moderne juge autrement ces
compositions qui se rattacbent ä la grande litterature apocalyptique
et cabbalistique etc." (S. VII). Dies hat mich freilich nicht ganz
überzeugt, immerhin aber ermutigt, dem Text etwas näber zu treten.
1) Nur auf dorn Umschlag: Librairie de Paris Firmin Didot et Cic . .
Paris. Jahreszahl fehlt gänzlich, indes auf S. IV „Permis d'imprimer. Paris
le 13 juillet 1903".
486 Anzeigen.
lrli will aber nur sehr niedere Kritik üben und nur das Wort-
verständnis des oft recht verzweifelten Textes hie und da etwas
besser erschließen helfen. Die exegesis sublimior, die allgemeine
Schätzung und Darlegung des Werkes, überlasse ich gern Anderen.
Wir haben ein äthiopisches Originalwerk des 15. oder 16. Jahr-
hunderts vor uns (vgl. z. B. S. 16 Z. 3 u. 4); vgl. Conti Rossini,
Note per la storia letteraria abissina § 22 (Rendiconti, Lincei 1899,
S. 269). Einige vom Verfasser benutzte apokalyptische Quellen hat
schon Zotenberg a. a, 0. S. 139 b genannt. Möglichst durchgreifende
Zurückführung der vielen im Buche enthaltenen Zitate und Remi-
niszenzen auf ihre Quellen , auch auf die gewöhnlichen biblischen,
und Vergleichung mit denselben, würde auch dem Wortverständnis
des Buches erheblich zu Gute kommen. Hier kann sicher noch
manches nachgeholt werden. Vgl. z. B. zu S. 13 ZI. 9 — 11 Henoch
60 v. 5 — 7; zu S. 76 ZI. 3 ff. die Andeutungen Dillmanns zu seiner
äthiopischen Genesis Kap. 4, v. 23 ; ein Blick in Bachmanns Jesaias-
ausgabe bestätigt das A^Q"? S. 57 ZI. 1. Freilich ist es dem
Vei'fasser auch nicht darauf angekommen, hie und da ein Zitat
grob zu fälschen.
Daß das Manuskript Nr. 117 Autograph des Verfassers sei,
was Guidi S. VI für nicht unwahrscheinlich hält, scheint mir völlig
ausgeschlossen. Guidi selbst sagt ja ganz richtig „le manuscrit
malheureusement n'est pas correct". Es ist sogar sehr fehlerhaft,
oft genug bis zur Unverständlichkeit ; sehr oft ist man über den
Sinn zweifelhaft und noch öfter schwankt man, wie der Verfasser
einzelne Worte bezogen und verstanden haben wollte. Ich huldige
nun freilich nicht der optimistischen Ansicht, daß ein Verfasser
und zumal dieser Verfasser auch immer klar verstanden haben
müsse , was er geschrieben : Gleichwohl besteht für mich kein
Zweifel, daß mindestens ein verständnisloser, flüchtiger Abschreiber
zwischen dem Autograph des Verfassers und dem verwahrlosten
Texte unserer Handschrift vermittelt hat. — " Man wird es bei dieser
Sachlage entschuldigen, wenn Perruchon in seiner Übersetzung über
manche textliche Schwierigkeit etwas frei hinweggegangen ist
Die Sprache des Buches ist rein äthiopisch. Auch nur ganz
spärlich findet sich mal ein arabischer Ausdruck, wie S. 19 öfters
ftljQjfL. neben dem einheimischen A^^H, S. 20. Vollends ist
die Sprache weit entfernt von jener Nachahmung arabischer Rhetorik,
arabischer Redensarten, arabischer Syntax, die man in einigen äthio-
pischen Originalwerken jener Zeit findet, und die diesen Original-
werken das Aussehen von Übersetzungen aus dem Arabischen ver-
leiht; vgl. Guidi, Gadla 'Aragäwi S. 3; Guidi in Actes du 12. congres
intern, des orientalistes, t. 3*me, prem. partie, S. 111 ff.: Zarncke's
Lit. Centralblatt 1894, Sp. 896.
Der Verfasser des Buchs, Abbä Bahaila Mikä'el, will die von
ihm enthüllten Mysterien erfahren haben von 'f <P^>xi i ." flCflM
Praetorhis, Patrologia Orientalin, tora. I, fasc. I. 48 <
(S. 1 ZI. 4) ; aber diese rätselhafte Persönlichkeit ist lediglich Schreib-
fehler aus dem wohlbekannten ^"T-VJ \ tlCRJE- — AAP '.
cJ^ÖO-f- ■ AUAjD-f-Ö^ (S. 2, ZI. 6) ist von Ludolf, lex. 216
schon richtig übersetzt worden: non est prioritas existentiae eorum.
■ — Die Veränderung des von der Handschrift gebotenen (DÄ^^/C
in (D/\li<Pf£ (S. 5 ZI. 8) scheint nicht richtig. Der Sinn ist
„und die Farben der einzelnen Türen sind von einander verschieden".
— Auch die andere auf S. 5 (Z. 14) vorgenommene Textänderung
scheint unnötig: Das handschriftliche .E'OA kann stehen bleiben.
• — Auf S. 6 ZI. 10 und an der entsprechenden Stelle der Über-
setzung wäre es zweckmäßig gewesen zu markieren, daß mit (DA
*H : fi<aE : HjßzÄP- : höxl-v : ivn7\ der Be
rieht über den 7. Himmel anhebt. — S. 7 ZI. 4 möchte ich ver-
stehen: Und ein Engel erkennt (unterscheidet) den anderen daran,
daß er zu ihm spricht: „Woher bist du gekommen?" Und der
antwortet ihm: „Von dem und dem". — Wie immer der mit
(DYl<7°fl : /\<2°*'? beginnende Satz auf S. 7 ZI. 9 zu verstehen
sein mag, so ist doch die Übersetzung le prince des premiers anges
m. E. unzulässig. — ^J^lfl '. AQÖ^' B. 8 ZI. 14 nicht: Laisse
cela ä un autre, sondern „um wie viel mehr nicht das andere". — Den
auf S. 8 ZI. 16 beginnenden Satz kann ich nur übersetzen „Und
(was betrifft) die Höhe der sechs Himmel , so sind sie doppelt so
hoch als dieser Himmel und diese Erde, welche wir sehen". Der
nun folgende Satz ist mir allerdings seinem Sinne nach unverständ-
lich. Sollte Verfasser vielleicht einen inneren Widerspruch beab-
sichtigt haben, den begreifen zu helfen die folgenden Worte bestimmt
sind: 0 Dieu des forts, nous avons appris toutes tes merveilles? ■ —
Zu dem hier (S. 9 ZI. 1) stehenden MH.£ \ ^JPA*5 vgl.
übrigens Dillmann , Grammatik § 142 , vorletzte Fußnote. — S. 9
ZI. 7 dürfte .PcfcCC zu lesen sein. — S. 9 ZI. 13 möchte ich das
erstere c^P^lI*!^ zum Vorhergehenden ziehn : Und eine Tür
(führt) aus jedem (Magazin). — Auf S. 10 kann in der Übersetzung
von ZI. 8 das in Parenthese gesetzte (?) gestehen werden. Denn
der Sinn ist m. E. unzweifelhaft richtig wiedergegeben. Aus dem
Zusammenhange aber geht deutlich hervor, daß auf ZI. 10 nicht
V"h^, sondern Q'&R* „ein Teil" zu lesen ist. — S. 11 ZI. 5
dürfte wohl zu verstehen sein „Und Setnä'els Natur war stärker
als die Engel". — S. 13 ZI. 2 — 4 sind sicher nicht fehlerlos über-
liefert. Ä^/iJ« hat Ludolf als A/?Z££» gelesen ('s. sein Lexikon
Sp. 600; danach Dillmann Sp. 1320) und für 0)C^ hat er <J>C
'"fic£ eingesetzt. Letzteres gewiß mit Recht; so daß sich das ?
hinter lunatiques in Perruchon's Übersetzung erledigen würde. Da-
gegen i-t AÄ'/IJ. ebensowenig klar, wie AJ?"^f-. b-h möchte
488 Anzeigen.
mich vermutungsweise zu Gunsten letzterer Lesung aussprechen ;
freilich nicht zugleich auch für Perruchons Übersetzung d'autres
quY/s cachaient. Irre ich nämlich nicht, so enthalten die Worte
G)"HQX,7\"t: ." 7**"?H u. s. w. eine Erklärung des dunklen Wortes
J\R*A,b (nicht des unmittelbar vorhergehenden (DC^^S) '• „Und
das bedeutet : Wenn sie nach dir hinblicken, so blicken sie jenseits
und scheinen zu blicken". Da nun J^^,i im Amharischen von
einer Augenkrankheit gebraucht wird (man sehe das Nähere in Guidi's
Vocabolario Amarico-Italiano Sp. 695 ff.), so vermute ich, daß f\Jf**
£f-* hier steht im Sinn eines amharischen A^^^J^f» rendere
tale che non veda bene. — Das von der Handschrift (S. 13 ZI. 18)
gebotene ^CtA^^Y weist noch recht deutlich auf eine Ver-
schreibung aus JB^AöA hin. — S. 15 ZI. 6 dürfte besser
JZ^ATtP^ zu verbessern sein. Ebenda ZI. 7 könnte das von
der Handschrift gebotene ^-"J^lC beibehalten werden. — S. 18
ZI. 2 möchte ich verbessern: (P.Efl A4° ." (DÄJB^'flP.
Letzteres für (DJB^5lO: Bekanntlich ist der Ausfall von A.
vor dem Imperfektpräformativ „B ein sehr gewöhnlicher Fehler der
äthiopischen Handschriften. Ich übersetze demnach „Und jetzt mag
M. ihn suchen, ob er ihn finden wird. Es wird ihm aber unmög-
lich sein, und M. wird ihn nicht finden". — Ich weiß nicht, ob
die Doppelung AfflJ?. ! AlflJ?. im Sinn von einige, wenige
(S. 18 ZI. 14) im Äthiopischen sonst schon bemerkt worden ist.
Vgl. im Amharischen &ZJ*lR*, A'ZJfJ? (amh. Sprache § 270 c).
syr. )}'♦-♦*.. — Was ^flF .' fif (S. 22 ZI. 8) bedeutet, das
Perruchon durch les toitures des maisons übersetzt, weiß ich
nicht. Das rätselhafte, ebenda zwischen f**5/nC'0 und ACAP
stehende AC"fl erklärt sich aber einfach aus Verschreibung : Der
Schreiber wollte ACAP schreiben, fiel dann aber in ^if^C'd
zurück. Mit Unrecht endlich will Perruchon ebenda das von der
Handschrift gebotene J^'.If't* ändern: s. Dillmann, lexic. 935 f. —
Ajßfl^I" (S. 22 ZI. 9) lait caille? Nach den amhar. Lexicis wäre
das AjB"fl ; während A.E A^ andere Bedeutung hat. — Was
PFhA*^ (S. 22, ZI. 15) bedeutet, weiß ich nicht. Perruchon
übersetzt es durch fouet , wohl an amhar. ,P/ji^ Peitsche
*?^^ peitschen denkend. Dagegen wird das folgende, von
Perruchon nicht übersetzte Wort tflC4fl bei Gruidi, Vocabolario
amarico-italiano 530 erklärt durch anello di ferro per il cpaale passa
il vomero nell' aratro. — *\-~Kl\™*VV \ ? lf?^<^ \ A*^
Praetorius, Patrologia orientalis, tom. I, fasc. I. 489
(S. 23 ZI. 10) kann wohl nur bedeuten „Meine Geduld wird für sie
verstummen". Die unmittelbar folgenden Worte übersetze ich „Und
in jenen Tagen wurde viel die Hurerei mit Mauleseln". — Die
Worte (D^JPJF'A.U'tf^ ." S auf S. 24 ZI. 7 bedeuten „und
ihre Buchstaben sind 60". Eine Art masoretischer Bemerkung:
Die Buchstaben der 25 x) vorhergehenden Namen sind gezählt.
Übrigens haben auch die 21 auf S. 25 ZI. 1 — 3 angeführten Namen
zusammen 60 Buchstaben! — S. 24 ZI. 8 ist doch wohl zu über-
setzen „Wie die Tora gesagt hat ..." — Sollte Tf\C\?/ni (S. 26
ZI. 2) nicht zu (D4>Cl" gehören? — S. 27 Z. 11 "hh<7° statt
'KhYl? — Ich möchte glauben, daß die Worte auf S. 35 ZI. 1
(Dfh"Hn I SlCMrJP"?1^ u. s. w. bedeuten sollen: Und
auch die Laien (haben nicht gleiche Anteile), obwohl sie einen Geist
und einen Glauben empfangen. — Den Satz S. 35 ZI. 12 f. so wie
er dasteht, glaube ich übersetzen zu müssen : Aber weshalb weiß
der Mensch nichts über die schwache Seele ? Weil das Denken des
Sterblichen dunkel ist. — Bei "fr CHI (S. 36 ZI. 11) ist natürlich
ein Substantiv ausgefallen. — 7\.I? (S. 37 ZI. 13) dürfte wohl
nach der vorhergehenden Zeile in AQ^*J? zu verändern sein. Ob
aber das handschriftliche QftlCj? (ebenda) wirklich in QftlC
zu verändern ist? — Die Worte hl/XJRAfPR' u. s. w. (S. 41
ZI. 2 f.) schließen sich doch wohl an das Vorhergehende an : ... der
nicht gebraucht törichten Menschenrat. — Das S. 45 ZI. 4 u. 5
vorkommenden ö&Jtf* übersetzt Perruchon durch l'enceinte obscure.
Ich vermute, daß dieses Adjektivum dem mißverstandenen, nämlich
mit n^J verwechselten HAlf ZI. 4 entsprungen ist. -
S. 45 ZI. (if. möchte ich beidemal lesen (DP .' ^f\ statt (DA
'ifl; d. h. „und an manchen Stellen ist dieses tehe . . ., und an
manchen Stellen sagt er . . .". — Das Suffix in <^°/Ti^ (S. 46
ZI. 1) kann unmöglich auf das unmittelbar folgende AÄrflr?. '.
^i.r^"cP deuten l'espace d'un juste, sondern nur auf das vorher-
gehende AÄrtl't • RR- — Auf der folgenden Zeile möchte
ich OH lesen statt OH, und mit (D*hP^>i '. Ä *?<£/££ einen
neuen Satz beginnen. — Ob l\hj>/^f\ A£^ (S. 46 ZI. 7) nicht
vielmehr von ^0^^- abhängt? — Die Stelle S. 47 ZI. 12 f.
möchte ich anders fassen, als sie von Ludolf, Dillmann (lex. 1356
unter ^4,/,^), Perruchon aufgefaßt worden ist. Kur/ vorher
I Denn <2^A P/^ i>t: ln zwoi Namen zu zerlegen
41)0 Anzeigen.
(ZI. 10) ist gesagt worden, daß sich die C"h(ft*i, die Verdammten,
mit sechs Worten (beim Gericht) verteidigen könnten. Nun geht
es in diesem Zusammenhange weiter: „Die Z.flS*l* aber, die
Gottlosen , läßt man gar nicht zu einer Verteidigung zu ; denn es
gibt keine Vergeltung (ihrer Sünden) , bei der sie vor Gericht er-
scheinen dürften; sondern sie gehen zur Hölle, wie Wasser fließend".
Zu rtv£-^«^ vgl. De Vito, vocabolario tigrigna S. 130. — Die
Aufzählung der 5 Namen auf S. 48 ZI. 1 f. ist offensichtlich in Un-
ordnung q-eraten. Vielleicht wird das Ursprüngliche einfach wieder-
hergestellt durch Streichung der Worte HQX"7\"t .' fl\£l '. "X
jft"^B ' HdX*/\"tJ , welche mit ihrem , im Kontext unmöglichen.
H(IF,7\*fc am Anfang und am Ende wie eine in den Text gelockte
Randglosse aussehen. Aber ich denke , der Sinn der unmittelbar
folgenden Worte (D h,£(D* ft\ F* * 7y$f7° wird sein „Und
die G. verschlingt ihn (den Menschen) nicht". — Ich glaube nicht,
daß für ÄJßJt,'SrtV^> S. 49 ZI. 6 zu lesen sei .Ei^^H?^
wie P. meint. Es ist zu übersetzen: „der Sohn hat ihm geschworen,
daß er nicht (in der Hölle) versiegelt werden wird". Das geht
deutlich hervor aus <D Ä^E^/fl <?^ '. QPh'V '. iX^A auf
der folgenden Zeile , wofür zu lesen ist (D A„B"!t"rfl"~t"ö0* !
d^h+ ." l\^A. — Ifl?^ S. 50 ZI. 11 gehört nicht zum
Vorhergehenden , sondern zum Folgenden ; es bedeutet auch nicht
chaque matin , sondern morgen: „Morgen werden wir dich mit
Wasser tränken". Daher dann fl"l"fl^J, „in der Hoffnung (auf
morgen)". — S. 51 ZI. 6 wird zu lesen sein C\tl(fiJBf\ für
Ol'ld^l'lJB „im Himmel aber ist ein Feueropfer". Vorher wird
etwas ausgefallen sein. — Statt fl"H S. 51 ZI. 12 steht in der
Wiederholung der Stelle S. 52 ZI. 17 n2\"?rt'*H , also nicht
dans ce tabernacle. — S. 52 ZI. 3 AflS^ zu lesen? — 'Kl
H.A"flltV)C (ß- 52 ZI. 8) kann unmöglich als Appellativ mit dem
Folgenden verbunden werden. — S. 52 ZI. 17 f. möchte ich genauer
übersetzen : Und wenn er zu dir sagt „und deswegen ist die Hütte
des Zeugnisses vollständig in Bezug auf alle ihre Opfer", (so be-
deutet das :) er macht vollständig durch die Stufen der Priester
die Funktion der Kirche; aber nicht alle vollziehen das Opfer. —
X^/V .' AfY-fL '. je-il-l^P (S. 54 ZI. 11) wird durch Doppel-
schreibung entstanden sein aus ^"Tt'A1 ' AJ?'fl"l~"^iP- — Die
Ähnlichkeit der Zahlzeichen O und V hat S. 58 ZI. 5 Verwirrung
angerichtet. Offenbar ist zu lesen OUf^J?* oder QtyP^R,
Praetor ins, Palrologia orientalis, tom. I, fasc. I. 41' l
worauf der Sinn von ZI. 8 mit voller Entschiedenheit deutet: Und
wenn er „Eine Säule" sagt, so bedeutet das den Einen heiligen
Vater. Als später V verschrieben worden war. glaubten die Schreiber
folgerichtig ÄÖ^?»^.Lh für QP^R. einsetzen zu müssen. —
Auch die erste Ziffer T auf S. 59 ZI. 3 wird in % (7) zu ver-
ändern sein nach S. 58, ZI. 7. Der gleich folgende Ausspruch
iuil\i : <ftp : XsCP : üMOiO : fA^j5^, der
hier den A""Jr"H.P£ '. ^A£^ in den Mund gelegt wird, wird
S. 6 ZI. 12 auf Mli'M zurückgeführt. Ist Ä^"H.P$ (." &1
Af7^») vielleicht aus MH/M verderbt? — Auf S. 60 ist der
Text offensichtlich stark in Unordnung geraten. Es ist die Rede
von einem gegenseitigen Betrug und Kampf der Könige des Südens
(AH»"fl) und des Nordens (ö°flO)- Dazwischen aber wird
durch Pronomina auf ein nirgends genanntes weibliches Wesen ge-
deutet, das — wie ich aus ZI. 12 vermutungsweise schließen möchte
— die Tochter des Königs des Südens sein wird. Im Einzelnen
möchte ich Folgendes bemerken : ftTfrt" ZI. 1 wird aus Q^T"^
verderbt sein. O^Q.U~* ZI. 5 mit seiner hier klar zu Tage liegen-
den Bedeutung als Himmelsgegend, spricht doch sehr dagegen, daß
öZ.[\t\J<^^ S. 25 ZI. 6. 11 anders gedeutet werden könnte. Vgl.
auch S. 66 ZI. 7. Das Folgende lese ich (D.E"hH> '• 7"fl4» '.
ar'h't: : (ppoajd : 2^^-r : <D^"?riA : mp^k
7\ : rh^T : h^ü : (Dh'he^F'l/. : <^k*a »und
jetzt ist er (der König des Südens) sein (des K. d. Nordens) Knecht;
und er wird rebellieren gegen ihn 7 Jahre lang, und zwar 5 Jahre
bevor der mit dem falschen Zeugnis kommen wird und 2 Jahre
nachdem er gekommen ist". Auch Z. 7 und 14 möchte ich
h?^>U*, flf^Ö lesen, desgleichen S. 84 ZI. 10; vgl. Dillmanns
Lexikon Sp. 341. Das im Äthiopischen sonst nicht belegte fllA^°
ZI. 10 wird von De Vito S. 116 in der Bedeutung täuschen,
hintergehen bestätigt. JßflOC ZI. 12 kann unmöglich heißen
La chassera, sondern nur „er wird ihn (den König des Nordens) ver-
nichten". — AÄr70 S. 62 ZI. 1 wird nicht in 0?A^^ zu ver-
ändern sein, sondern in AÄJ?^7^; Vgl. S. 16 ZI. 2. — Der mit
ÄGF* '. Öd beginnende Satz S. 63 ZI. 14 f. kann schwerlich der
Übersetzung Perruchons gemäß verstanden werden. Liegt in ihm
etwa ein seinem Sinne nach an das unmittelbar Vorhergehende an-
knüpfender Euphemismus? — Den Sinn der Worte (DH^B(1> •"
flivM"* : (FLC.¥<?^> u. s. w. (S. 76 ZI. 15 f.) möchte ich ver-
492 Anzeigen.
mutungsweise dahin verstehen: Und daß er gesagt hat „wegen Maria
(ist die ganze Schöpfung geschaffen worden)", wird bis auf das
Geringste im Himmel bestätigt. — Ich glaube nicht, daß "Kflfl '.
4^^.0*3 U"* S. 77 ZI. 9 im Sinne des arab. vjf aufzufassen ist,
sondern verstehe „Und dieses sagte er bis zu seinem Tode'.
Das leitet herüber zu dem unmittelbar folgenden Auftrage Gottes
an ihn, in der Unterwelt dies und jenes zu verkünden. — In dem
auf S. 78 ZI. 9 beginnenden Absätze ist sicher manches nicht in
Ordnung. Ich möchte aber doch einiges abweichend von Perruchon
auffassen. Zunächst möchte ich das falsche */\*t*ty3/i auf ZI. 10
nicht in A.T^t>/ü/ verändern, sondern in T^&^j; denn es steht
doch wohl im Gegensatz zu (DÄ.U^P'^ '. $>£*&> auf ZI. 12.
Sodann ZI. 11 f.: „und man wollte an ihm (diesem Baum) kreuzigen
die zu den Langen gehörten, aber er war zu kurz selbst für die
Kurzen". ZI. 15: „und seines Großvaters Namen nennt man Abaya-
Barakata". — S. 80 ZI. 5 wird nach dem Bedingungssatze (D-fll
7\lX^ '• A/\^° — ^fllTf1,yV der sinngemäße Nachsatz zu er-
gänzen sein; so daß mit (DA/^^3^ ! AAP ein neuer, selb-
ständiger Bedingungssatz anhebt. Ich glaube, diese aus dem Ara-
bischen wohlbekannte Ellipse auch in äthiopischen Schriften öfters
gefunden zu haben, habe mir indes keine Beispiele notiert. — S. 90
ZI. 16 „und diese Erde wird sein so groß wie eine Spur des Fußes
des Gerechten". — S. 91 ZI. 1 „und wann die Bäume des Paradieses
Frucht bringen, bringen auch die Menschen Frucht". — S. 91 ZI. 8
ist nach AÄ'JTlC eme Interpunktion anzunehmen.
F. P r a e t o r i u s.
Volksdichtung aus Indonesien, Sagen, Tierfabeln und Märchen,
übersetzt von T. J. Bezemer , mit Vorwort von Prof.
Dr. H. Kern. Haag, Martinus Nijhoff 1904. VIII und
430 Seiten.
Das Buch gibt in XV Abteilungen eine Auswahl von Erzäh-
lungen aus Indonesien mit Einschluß Neu-Guineas. Meist handelt
es sich um Übersetzungen aus dem Holländischen, die nach bereits
gedruckten Texten hergestellt sind. Einige Nummern hat der Ver-
fasser selbst direkt aus dem Javanischen und Malayiscben über-
tragen. In anderen Fällen sind Nacherzählungen von Reisenden
aufgenommen, denen man an der gewandteren Form sofort ansieht,
daß sie frei gestaltet sind.
Wenn H. Kern in seinem Vorwort zu dem Buche sagl . es
werde . nicht nur den Freunden aller Volksdichtung, sondern auch
Hertel, Bezemers Volksdichtung aus Indonesien. 493
den Ethnologen willkommen sein", so glauben wir dem beipflichten
zu dürfen. In mehreren Fällen können wir hier beobachten , wie
die Märchen noch eine wirklich lebendige Literaturgattung bilden.
Die Helden hantieren z. B. wiederholt mit Kanonen und Flinten.
Mohammedanische, christliche und hinduistische Stoffe treten neben
den autochthonen auf. Auf S. 25 ist eine aus dem Jätaka (Nu. 4 8 |
bekannte Geschichte in eine mohammedanische Jesus-Legende ver-
arbeitet. S. 20 ff. begegnen wir der aus den Grimmschen Märchen
bekannten Fabel vom Wettlauf des Hasen und Igels (bei Bezemer
sind die Tiere der Kantjil und Schnecken). Ferner nenne ich S. 44
eine Episode aus dem Schluß des 1. Buches des Hitopadesa (die
Rettung des in der Schlinge gefangenen Rehs, mit wörtlichen An-
klängen), S. 48 eine auch bei Somadeva erhaltene Geschichte, S. 51 ff.
eine Variante von der im Abendland bekannten Geschichte von
der undankbaren Schlange (hier ein Krokodil) , die alle möglichen
Zeugen dafür aufruft, daß Undank der Welt Lohn ist, schließlich
aber durch eine List unschädlich gemacht wird. S. 139 f. ist nichts
als eine kürze Inhaltsangabe der Sukasaptati , die hier als Schluß
einer Erzählung auftritt. Neben diesen vorder indischen Stoffen, von
denen sich noch mehrere finden, begegnen wir S. 411 einer Variante
der Erzählung von Adam und Eva und dem Sündenfall (aus Neu-
Guinea), der man die christliche Abstammung sofort ansieht. Ganz
seltsam ist gleich die erste Nummer, „Der Bergenschlichter" (so!,
S: 5 ff.), eine javanische Sage über die Entstehung des Berges Batok.
Diese Sage stimmt nämlich in allen Hauptzügen zu der von Gräße
erzählten Sage vom Teufelsgraben bei Großenhain in Sachsen, und
zwar in einer Weise, daß es unmöglich ist, hier keinen historischen
Zusammenhang anzunehmen.
Bezemer selbst verspricht eine „Ausgabe einer möglichst voll-
ständigen Sammlung indonesischer Volkserzählungen", in der er dann
„ausländische Parallelen und Prototypen" beigeben will. Hoffentlich
gibt er dann genauere Angaben über die einzelnen Texte und
läßt europäische Nacherzählungen beiseite. Wo er auf schriftlichen
Dokumenten fußt, muß er diese unbedingt näher beschreiben, auch
namentlich ihr Alter angeben , so weit es möglich ist. Denn so,
wie die Lesestücke in dem hier besprochenen Buche vorliegen, sind
sie wissenschaftlich nicht verwertbar. Daß der Verf. deutsch schreibt,
ist zir billigen. Aber man muß dann von ihm fordern, daß er für
eine Revision durch einen Deutschen Sorge trägt. In seiner „Volks-
dichtung aus Indonesien" wimmelt es von allerlei Verstößen gegen
Grammatik, Lexikon und Stil der deutschen Sprache.
Joh. Hertel.
32*
494 Anzeigen.
Studio, syriaca seu collectio documentorum hactenus ineditorum.
Ex codicibus syviacis primo publicavit, latine vertit notisque
illustravit Ignatius Ephraem II Rahmani patri-
archa Antiochenus Syrorüm. Typis patriarchalibus in semi-
nario Scharfensi in monte Libano 1904. (72, 51 und einige
unbezifferte Seiten. Klein- 4".)
Der gelehrte römisch-katholische Patriarch von Antiochia, der
sich um die syrische Literatur schon mehrfach verdient gemacht
hat, gibt uns hier eine Sammlung kleiner syrischer Stücke ziemlich
verschiedener Art je mit Übersetzung und Einleitung. Die beiden
ersten gehören zum Gebiet der neutestamentlichen Apokryphen ;
wesentlich Neues enthalten sie kaum. - — ■ Dann folgt Einiges von
Ephraim. Ob das Gedicht im Versmaß des Jacob von Sarug
wirklich dem Ephraim angehört , mag zweifelhaft sein ; vielleicht
ward es ihm nur zugeschrieben , weil es , wie manche von ihm,
gegen die Lehre des Bardesanes gerichtet ist. Am Ende ist es
etwas verstümmelt. — Einigen Gedichten des Isaac von Antiochia
stellt der Hg. den Abschnitt aus einem Briefe des Jacob von Edessa
voran, worin dieser 3 syrische Schriftsteller des Namens Isaac unter-
scheidet, 2 orthodoxe (d. h. monophysitische) und einen zum Nesto-
rianismus (d. h. zur Lehre des Chalcedonischon Concils) abgefallenen.
Ob das richtig, bedarf wohl noch genauer Untersuchung. Das auf
S. 23 — 25 abgedruckte Gedicht kann nicht von Isaac oder über-
haupt von einem alten Verfasser sein , da es gereimt , also von
arabischer Kunstform abhängig ist. Dem Reim zu Liebe setzt der
Verf. sogar (24, 4 v. u.) die Form Jilo^Ä für )loox>, das an
der Stelle allein paßt1). Bei einem Syrer der klassischen Zeit
wäre das unerhört. Verstehe ich den Hg. recht2), so nennt die
Handschrift auch gar nicht Isaac als Verfasser. ■ — Eine Stelle
aus dem Psalmenkommentar des David von Sälah zeigt, daß er
541/2 n. Chr. geschrieben hat, also bedeutend älter ist, als man
bis jetzt meinte. — Dann erhalten wir einiges zur Geschichte des
Klosters Mär Mattai, der Hochburg der Jacobiten inmitten der
Nestorianer, und der jacobitischen Diözesen der östlichen Gegenden,
sowie etliche kurze Vitae jacobitischer Asketen. Leider vernach-
lässigen sie ganz die Chronologie und geben auch sonst nicht viel
geschichtliche Belehrung. — Daran schließen sich die Nachrichten
über die Entstehung des von den Jacobiten sehr geschätzten aske-
ne Natur (Christi) bekennt, wird am Ende beschämt werden". jji.O}Z£0
„■wer
heißt aber nur „beschämend".
2) Die Bezifferung der Stücke ist etwas verwirrt
Noldeke, Ignatius, Ephraem II Rahmani's Studio, syriaca etc. 495
tischen Werkes des h. Säbä. Der Einsiedler schrieb seine Gedanken
und Erlebnisse auf allerlei Petzen nur für seinen Bruder, einen
Mönch, dieser aber stellte das Geschriebene zusammen und gab es,
etwas bearbeitet, heraus, gegen das Verbot des Verfassers, aber am
Ende doch wohl nicht gegen dessen wahre Absicht. — Besonders
interessant ist das Schreiben des David, Sohnes des Paulus (2. Hälfte
des 8. Jahrhunderts), über die Männer, welche die syrische Bibel
punktierten. Deutlich ist, daß er das rein syrische System mit
schwarzen Punkten meint, das wir besonders durch nestorianische
Tradition kennen. Freilich handelt es sich hier nicht um die erste
Erfindung der Vokal- und sonstigen Zeichen, sondeim um deren
Einführung, vielleicht auch um die systematische Ausbildung bei
den östlichen Monophysiten. Leider hat die Handschrift gerade
da, wo nähere Mitteilung über diese Punktation zu erwarten wäre,
eine große Lücke.
Den Schluß bilden Auszüge aus einer Schrift, in der den
Harränischen Heiden nachgewiesen wird , daß ihr eigner Prophet
Bäbä Christi Ankunft vorher verkündet habe. Der Hg. sieht die
hier zitierten Sätze Bäbä's als vorchristlich an. Das ist aber kaum
richtig. Allem Anschein nach ist hier ein christliches Apokryphon.
das einem heidnischen Weisen in den Mund gelegt wird , ähnlich
wie einige Orakel bei Malalas und wie die Sibyllinen. Die Stelle
50. 1 (49, 10 der Übersetzung) scheint auf den Aufenthalt Julians
in Harrän und die von ihm dort dem Mondgott (Sin) gebrachten
Opfer (Ammian. 23, 3, 2) zu gehen. Wie der Hg. (S. 70 latine)
mitteilt , führt der Verfasser außer Bäbä noch allerlei andre
heidnische Weise wie Pythagoras, Plotin, die Sibyllen (L \co
Sayae) als Zeugen für die christliche Wahrheit an ; vgl. dazu
Wright's großen Katalog 609. Der Hg. macht darauf aufmerksam,
daß das in diesem Stücke dreimal vorkommende joJ\ auch in dem
Abschnitt des Fihrist über die Harränier genannt wird.1) Es scheint
Name eines Ortes zu sein, nicht eines Tempels.2)
Man sieht, die 50 Seiten Text geben für die Literaturgeschichte
und sonst allerlei Bemerkenswertes. Auch einiges Neue fürs
Lexikon findet sich da. Mir wenigstens war bis dahin unbekannt
Ji,ikQQ2D (fem. sg. st. abs.) „wird syrisiert" (aus der arabischen Form
in eine syrische umgesetzt) 41, 13, sowie das intransitive ^^2) in
^N2)/ JJ? JJL>D -^ V^Q^O „stelle mir einen Wegweiser (eigentlich
„ Meilenzeiger ") auf, daß ich nicht (vom Wege) abbiege" 17, 11
1) Der Hg. zitiert Chwolsohn's Ssabier. Im Text des Fihrist 324, 11.
2) So nahe es läge, dies ;»;£• mit dem ebenfalls bei EFarrSn gel
Jj-c c.Jj Jj-cjJ" BlrünT, Chronol. 205,18; Jäq. 1,837 zu identifizieren, so
ist .las doch nicht wohl zulässig.
496 Anzeigen.
und das in dem eben zitierten Satze vorkommende JJ^^ in der Be-
deutung „Bezeichnung (der Abschnitte?) im Text" 46, 17. 42, 11, 13
hat )^\pQ> die Bedeutung „Pergament", die sich nun auch bei
Petrus Iberus 39, 10, 22. 40, 6 als die richtige ergibt; auffallend,
daß die syrischen Glossare diese Bedeutung nicht kennen.1)
Ich bemerke noch , daß die in einer Handschrift angegebenen
Datierungen Hazirän 1779 Graecorum = 1773 Martyrum = 830
Jezdegerdi nicht zusammen stimmen, wie das ja bei solchen Syn-
chronismen häufig ist. Maßgebend ist natürlich nur das erste
Datum = Juli 1468 n. Ch.
Da der Hg. durchweg nur eine Handschrift zur Verfügung
hatte, so ist der Text nicht immer ganz sicher. Mit so einfachen
Verbesserungen wie Joj2dL für Jojäjl 11 paenult. ; ojkAjQ*» für
O^AjQ*» 23, 15; ^04jD für )o*JD 46, 15 kommt man nicht immer
aus. Was mag z. B. für \ccfr 49, 4 zu setzen sein'?
Das Druckfehlerverzeichnis ist für den syrischen Text nicht
erschöpfend, aber die Versehen (wie verschiedene \. für \ M für „
u. dgl.) können den kundigen Leser nicht stören.
Die Ausführung des Drucks macht der Werkstatt von Scharia
im Libanon (Bezirk von Kesrawän) alle Ehre. Ich möchte aber
empfehlen , bei syrischen Texten die einzelnen Typen immer mög-
lichst fest aneinander zu schliessen und die unnötigen Zwischen-
gliedchen zu vermeiden ; dadurch würde das Äußere noch sehr
gönnen. Th. Nöldeke.
Ausgewählte Gesänge des Giwargis War da von Arbel,
hg. mit Übersetzung, Einleitung und Erklärung von
Heinr. Hilgenfeld. Leipzig 1904. (44, 86 und einige
unbezifferte Seiten ; gr. 8°.)
Giwargis (= Georgios) Wardä, ein nestorianischer Geistlicher
der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, hat viele syrische Kirchen-
lieder gedichtet, die uns im Ktäbä dWardä erhalten sind -) Einige
1) Danach ist also Fihrist 21, 12. 40, 23. 353, C ^L^U.5 zu lesen statt
ML^U.5. An der letzten Stelle lies . *jJ.\ ^L^JLäJI „das mit Kalk (^%j)
behandelte Pergament", vgl. 21, 20. Aus diesen arabischen Stellen ergibt
sich, daß das Wort eben „Pergament" heißt, nicht etwa „Papyrus".
2) Ich habe mich vor Jahren ziemlich stark mit dem Buche beschäftigt
und auch zwei Gedichte daraus in dieser Zeitschrift Bd. 27, 495 ff. herausgegeben;
sie sind etwas älter als Giwargis Wardä.
Nöldeke, Hilgenfelds Ausgewählte Gesänge d. Giwargis Warda. 41*7
wenige davon sind schon veröffentlicht. Heim*. Hilgenfeld, der sich
bereits als tüchtigen Syrer bewährt hat, gibt uns jetzt 9 größere
Gedichte dieses Mannes. Die Mehrzahl ist durch schreckliche Not-
stände veranlaßt. Eine ganze Reihe von Jahren hindurch folgte
in Adiabene eine Landplage der anderen: völliger Mißwachs, Heu-
schrecken, Pest und dazu die Anfänge der Mongolennot, die sich
bei der Einnahme des Ortes Karmelis l) gleich in ihrer ganzen
Schrecklichkeit zeigte. Diesem Ereignis gilt das 5. Lied. Wir
erhalten ein überaus trauriges Bild von den Leiden der armen,
friedlichen Nestorianer. Nur ihre große Bedürfnislosigkeit macht
es begreiflich, daß sich in jenen Ländern überhaupt noch eine
christliche Bauernbevölkerung erhalten hat. — Ein Gedicht spricht
das Entsetzen über den Abfall eines Diakonen zum Islam ans. Zwei
geben den Hauptinhalt alter Märtyrerakten wieder, eines die legen-
darische Geschichte Johannes des Täufers.
Der Dichter zeigt einen ganz kindlichen Glauben. Er redet
treuherzig auf Gott ein wie auf einen Menschen. Die Frage,
warum mit den Sündern so viele Unschuldige geplagt und getötet
werden, löst er in der alten Weise, die naive Gemüter befriedigen
mochte. Dogmatische Erörterungen , die bei den alten Dichtern
eine große Rolle spielen, fehlen glücklicherweise ganz. Auch zeigt
Giwargis keine Neigung zur Maßlosigkeit. Unangenehm berührt
nur. daß dieser Sprecher schwer gedrückter Christen seine Juden-
feindschaft zu erkennen gibt, indem er die Zuhörer Christi, weil
sie eben Juden waren, schon ,Kreuziger*1 u. dgl. nennt. Wenn
Gott, meint er, in seiner Güte selbst jenen Ungläubigen durch Jesu
Wunder geholfen habe , so möge er doch den guten Christen ersl
recht ihre Not erleichtern.
Der Verf. muß sich einer Sprache bedienen , die nicht mehr
wirklich lebendig war. schreibt sie aber ziemlich rein. Grobe Ver-
stöße gegen den alten Sprachgebrauch kommen nur vereinzelt vor.
So findet sich hier nur ein einziges Mal in spät ncstorianischer
Weise •FS. als ganz bedeutungsloses Flickwort (S. 17 Str. 8, 3).
Der Stat. absoi. statt emphafc. (bei manchen nestorianischen Dichtern
beliebt) steht 40, 1, 4 .<q){y>-> w^j und 42, L8, 4 )q^.qj. Das
fehlerhafte L^2>ii j*öao 21, :!. :! für j^^^Zäi j^DQ.0 rührt viel-
leicht nicht vom Verfasser her; die Lesai't der einzigen Handschrift
ist unklar. In der alten Sprache wäre das durch den Reim ge-
sicherte JJCuVo Jj-sO 21, •">. 4 allenfalls zulässig als tautologischer
Ausdruck: sollte da- zweite Wort aber „Zorn erregend" heißen,
SO müßt'' jjj ^*ß stehen.
1) Arabisch v^aJLo Jäq
498 Anzeigen.
ist o£4*D „seine Klage" 28, 25, 2 und der PI. JJJ>b „Klagen1"
28, 11, 2 (zu Jj^). — Lexikalisch zu bemerken ist noch y 1 • p
„nagen ab" 18, 25, 2; PSm. hat zwar dieselbe Stelle mit
yj VOK>: aber das Substantiv jlOV-Ö und der neusyrische Sprach-
gebrauch scheinen für das Peal einzutreten. Ferner Jo.; das 13, 26, 1
in der Bedeutung „dürr werden" keinen Sinn gibt, sondern vom
Ton der jungen Vögel stehen und „piepen, wimmern" heißen muß
wie w.,0/, vgl. talm. ijStfa Levy 4, 177 f. Für ^loiAsa in der
folgenden Zeile kommt man mit der Bedeutung „(laut) flehen" aus,
für die ich eine Anzahl Belege habe. — Da Giwargis für das Ver-
ständnis der Gemeinde oder wenigstens der ungelehrten Geistlichen
schrieb, so mußte er sich einfach ausdrücken und entlegene Wörter
vermeiden. Glossensammlungen werden in diesen neun Gedichten
nicht verwendet. Die Sprache ist durchweg schlicht wie der Sinn.
Die Folge der Gedanken ist klar, aber oft nach einem recht pro-
saischen Schema. Schwung und Originalität fehlen. Das Erbübel
nicht bloß der syrischen geistlichen Rede, große Breite, tritt auch
hier stark hervor. Der Hg. scheint mir den poetischen Wert der
Gedichte zu überschätzen. Freilich gebe ich ihm gern zu, daß
diese Poesie sympathischer ist als das Meiste von Ephraim und
seinen Nachfolgern.
Der Text ist im Allgemeinen sehr gut erhalten. Hilgenfeld
konnte für einige Lieder mehrere Handschriften benutzen, und das
hat er offenbar sehr sorgfältig getan. In der Mitteilung der
Varianten ist er sogar zu ängstlich ; die meisten konnten als zweifel-
lose Entstellungen wegbleiben.1) Mit Recht legt er im Allgemeinen
die Vatikanische Handschrift zu Grunde. Doch hätte er 32, 14, 1
statt des unpassenden Ack. aus der andern Handschrift ^o^ÜO
aufnehmen sollen. Für das interessanteste Gedicht, das schon ein-
mal von Aladär Deutsch herausgegebene über den Einfall der Mon-
golen, hatte er bedauerlicher Weise nur eine Handschrift, die noch
dazu hier gerade mehrfach bedenkliche Lesarten gibt. Vielleicht
könnte die Handschrift der Cambridger Universitätsbibliothek (I, 157
des Katalogs) helfen.2) Text und Sinn der 10. Strophe sind recht
zweifelhaft. Für JJ.VJL hätte der Hg. aber ruhig an beiden Stellen
(24, 39, 1. 40, 1) \Jill setzen sollen. Die Orientalen kennen ja
1) Haben aber wirklich alle Handschriften 2, 18 . .Co.O>) und 5, 39, 5
^y,\ Q V f '' I>as befremdet sehr in nestorianischen Handschriften zumal neben
;g)-U, ohne « 5, 36, 2.
2) Dieselbe Handschrift enthält auch das Gedicht auf Tahmazgard (eb. 158)
und das auf Johannes den Täufer (eb. 153).
Brockelmann, Maclers Histoire de Saint Azazail etc. 499
die absichtliche Entstellung Tartari nicht, wie sie ja auch nichts
vom Tartarus wissen. Und die Tartari wären immer noch nicht
J-.LVL- 25, 54. 2 ist aber }2ujOJLj durchaus richtig: J9), q1,q wäre
ja grammatisch falsch. J.;or>\<) 29, 13, 4 ist wohl Druckfehler
für J.;.(y>\<) . Darf man 44, 37, 1 vielleicht das Metrum durch
Tilgung des zweiten ^ ^S herstellen ?
Der Text ist mit nestorianischen Typen gedruckt, leider aber
ohne Vokalzeichen, die freilich wohl die Kosten noch erheblich er-
höht hätten.
Die Übersetzung habe ich nur gelegentlich verglichen, sie
dann aber fast durchweg sehr gut gefunden, auch bei Stellen, die
leicht mißzuverstehen waren. Einige wenige Verbesserungen kann
ich aber doch geben. 5, 32, 1 darf ~.}OÜ^» nur als Prädikat, nicht
als Attribut gefaßt werden. . o>jra 23. 26, 2 gehört zu . Qiort
(med. gem.), nicht zu . Qxv> (med. i), also „entbrannte". 26. 70. 1
und 2 haben wohl den Sinn: „ich denke, daß sie nicht weiter die
Todesstrafe, d. h. die ewige Verdammnis, erleiden werden, weil
ihre Sünden durch ihren gewaltsamen* Tod gesühnt werden".
Der Hg. hat sich große Mühe gegeben , alle nötigen sach-
lichen Erläuterungen zu geben. Ausgedehnte Gelehrsamkeit stand
ihm dabei zu Gebote.
Der Druck des gediegenen Werkes ist sehr korrekt, die Aus-
stattung vortrefflich. T h_ N ;. } (] ß k e_
Histoire de Saint Azazail , texte syriaque inedit avec intro-
duction et traduction francaise. Precedee des actes grecs
de »Saint Pancrace. publies pour la premiere fois par
Frederic Macler. Paris, E. Bouillon 1902. (Biblio-
theque de l'Ecole des hautes etudes fs. 141.) 64—37 SS. 5 Fr.
Aus einer Papierhandschrift des 1"!. Jahrh. im syrisch-jacobi-
fcischen Kloster zu Jerusalem veröffentlicht Macler das Leben des
heiligen Azazail, dem die syrische Kirche am 12. Mai und am
Montag vor der Assumptio Mariae , dem 2. Montag im August,
Feste feiert. Das 2. Fest ist das seines Märtyrertodes, den er in
Eom i. J. 615 d. Gr. = 304 n. Chr. unter Kaiser Maximianus
erlitt. Am 12. Mai feiert die römische Kirche das Gedächtnis des
heiligen Pancratius, dessen Martyrium gleichfalls ins Jahr 30-1 aber
eben auf den 12. Mai gesetzt wird. An der Identität der beiden
Heiligen ist also nicht zu zweifeln, ebensowenig dar; m. daß Azazail
500 Anzeigen.
eine „ Übersetzung" von Tlayugcaiog sein soll. Mit Recht bemerkt
M. p. 10, daß Azaza'il sonst als Mannesname nicht vorkommt; der
von ihm trotzdem damit identifizierte jüdische Name Hazael ist
natürlich bsm.
Zum Vergleich mit dem syrischen Text teilt M. zunächst aus
zwei Pariser Hss. das griechische Leben des heiligen Pankratius mit.
das weit ausführlicher ist als die lateinische Version in den Act. Sanct.
Mai III, 21. Die p. 17 i vorkommende Ka^iivtavr] vijßog (= insula
= Stadtviertel) kann kaum in Kansvucvi] (porta Capena) oder gar
<PXui.n,vucvii geändert werden. Da M. in dem damit gleichgesetzten
TlQcorolocpog mit Recht den mons Caelius erkennt , so liegt es
doch wohl am nächsten jenen Namen auf die Vallis Camenarum,
die noch in der Kaiserzeit in dem vicus Camenarum fortlebte , zu
beziehen.
Der syrische Text ist nun keine wörtliche Übersetzung des
griechischen, sondern eine ganz freie homiletische Bearbeitung des
gleichen Stoffes, die übrigens, was M. noch hätte hervorheben können,
erst aus arabischer Zc4t stammt; denn sie bedient sich 8 3 des
AVortes J^,jo- In einem Punkte, dem doppelten Festtag und dem
Datum des Todestags, ist die syrische Version aber ursprünglicher
als die griechische. Trotz des schlechten Zustandes der Hds. ist
der Text sehr gut erhalten ; nur ganz selten sind am ursprüng-
lichen Zeilenanfang ein paar Buchstaben verloren. Leider darf nun
aber nicht verschwiegen werden, daß Maclers Bearbeitung des Textes
einiges zu wünschen übrig läßt. Er ist offenbar mit der doch
so einfachen Sprache der syrischen Hagiographie noch nicht ge-
nügend vertraut und er hätte den p. 2 erwähnten Rat seines ver-
storbenen Lehrers A. Carriere besser beherzigen sollen. Die Über-
setzung habe ich nur hier und da verglichen ; von den ziemlich
zahlreichen Druckfehlern sehe ich im folgenden ab. S. 4 5 ^^ojjj
lies ;»jjl- 8 13 j»Qj lies |>OQiO. 10 13 ^jojo von M. nicht mit
übersetzt, lies Vßjo und er kühlte seinen Zorn etwas ab. Eb. 17
jkxAJD J).OxT> M. morts cruelles, lies jJLox*2D Schläge. 15 e Hss.
-.iL^JJ M. lire JJ1.&OJ »pour etre dechire". Lies ^jifcoj wie un-
mittelbar darauf Z. 17 richtig steht, Ib. 15 «ojq^o, das M. in
w.O)Q33Q.. ändern will, ist ganz in Ordnung; die Leiden werden den
^0)Q^Ql der künftigen Welt gegenübergestellt, die ja Hölle und
Paradies umfaßt. 17 2 fc^J2D ist nicht in L]>o zu ändern, wie ja
M. selbst „mort" nicht „mourant" übersetzt, 22 1 jfc\L ^O-OD JO)
M. „voiei trois termes", lies '\, «.20*00 JJ/ „sondern -\ fricra?" für
Person, Wort und Geist des Menschen und nicht, wie es vorher
Broclelmuiiit, Maclers Histoire de Saint Azaza'il etc. 501
heißt, kann jedes für sich allein existieren. 24 7 «o^CuS'^O
M. omoplates, lies wOjOlSb^O und an seinen Seiten. 25 13 Hds.
Ju^Asd ^-J)JX ]~]jo ^5 J? M. : „Tant qu Azaza'il le trompeur sei-a
vivant", lies ^ojfcsj für ao „wenn A. weiter lebt". 28 13 JKiD}
von M. nicht mit übersetzt, lies )k3DJ hoch. Jb 15 wJ^-JQSD ^^Qirt
0)L0JÄ.0)1 ist nicht „la recompense de sa foi", sondern das Siegel
seines Glaubens, als welches der Märtyrertod ja so oft bezeichnet
wird. 29 pu ^üd r>\^^ ^^ ist ganz in Ordnung und nicht in
\\\-^ zu ändern vgl. Act. Mart. ed. Bedjan I 363 11, III 231 7,
Guidi, Testi or. in. s. i sette dorm. 19 5t; und r>\^.^ allein Gen. 50 17,
Anecd. Syr. II 358 10, Barhebr. Kithäbä diyaunä (ed. Cardahi) 105 u.
Den § 87 (p. 35) läßt er mitten im Satz beginnen. Das Datum
0)QQ£0 usw. gehört zur vorhergehenden Erzählung vom Tode des
Heiligen. Erst mit QjacoSo beginnt der neue Satz.
In einem Anhang äußert M. noch einige nicht gerade förder-
liche Gedanken über Kamen und Person des Azaza'il. Den Einfall
ihn mit dem syrischen Gott "Afäog zusammenzubringen , verwirft
er mit Recht . da wir ja von IIcyy.qütLog als dem Original auszu-
gehen haben. Wenn er die Frage nach dem Ursprung diesem aus
Kleinasien stammenden Heiligen Jluyy^äxioq mit dem ursprünglich
nur einem Gotte zustehenden Namen, der freilich wie anderen Götter-
namen auch auf Menschen übergegangen ist, beantworten wollte, so
mußte er nach dem Vorbild von Useners Religionsgeschichtlichen
Untersuchungen sein Augenmerk vor allem auf die Feste richten.
Da muß es schon auffallen, daß die syrische Kirche das Gedächtnis
des Heiligen zweimal feiert, an seinem Todestag, am 2. Montag
des August, des Monats der Weinlese, und am 12. Mai, dem frohen
Monat der Rosen (§ 87). Das legt allerdings die Vermutung nahe,
daß diese Feste des JJc^'^tt'rtog-Azazail an die Stelle je eines der
alten Naturfeste getreten sind, über die zuletzt R. Wünsch , Das
Frühlingsfest der Insel Malta (Leipzig 1902) S. 19 ff. gehandelt hat:
Feste, bei denen man mit dem Erwachen der Natur im Frühling
die Geburt des Gottes feierte und im Herbst mit dem Sterben der
Vegetation seinen Tod beklagte. In der griechischen und der
römischen Kirche ist nur das Fest am 12. Mai erhalten, das dann,
wie bei einem Martyr zu erwarten, als Todestag angesehen wurde.
C. Brocfcelmann.
502
Verzeichnis der im letzten Vierteljahr bei der
Redaktion eingegangenen Druckschriften.
(Mit Ausschluss der bereits in diesem Hefte angezeigten Werke. Die Redaktion
behält sich die Besprechung der eingegangenen Schriften vor. Anerbieten der
Herren Kollegen, das eine oder andre "»richtigere Werk eingehend besprechen
zu wollen , werden mit Dank akzeptiert. Die mit * bezeichneten Werke sind
bereits vergeben.)
Yelics, Anton von - Ueber Ursprung und Urbedeutung der Wörter. (Versuch
einer Systematik.) Budapest, Eigenthum des Autors, 1904.
* Nöldeke, Theodor - Beiträge zur semitischen Sprachwissenschaft. Strassburg,
Karl J. Trübner, 1904. Mk. 8.
Taalcs, Gerhard — Alttestamentliche Chronologie. Mit einer Beilage: Tabellen.
Uelzen 1904. Im Selbstverlage des Verfassers. Mk. 4,50.
Tadks, Gerhard - Zwei Entdeckungen in der Bibel. Uelzen 1904. Im Selbst-
verlage des Verfassers. Mk. 1.
Bacher, Wilhelm - Aus dem Wörterbuche Tanchum Jeruschalmi's. Nebst
einem Anhange über den sprachlichen Charakter des Ma im wni' sehen Mischne-
Tora. Strassburg i. E , Karl J. Trübner, 1903. Mk. 4.
5"IH La Merope tragoedia . . . marchionis Francisci Scipionis Maffei quam ex
italico sermone in linguam sacram classicam convertit . . . Samuel Aaron
Jiomanelli nunc primum cum praefatione et notis in lucem edita e manu-
scripto autographo translatoris existente in bibliotheca privata editoris Thomae
Aq. Weikert. Romae, Frid. Pustet, 1903. Lire 7.
}Q*T-5>3 ,^"i2?3.1 n&i» f-. r^.Vio.l \*T< Mois de Marie par Paul
Bedjan. Paris, rue de Sevres, 95. Otto Ilarrassowitz, ä Leipzig, 1904.
Mk. 8.
Horae Semiticae No. HI. Acta mythologica apostolorum. Transcribed
from an Arabic MS in the Convent of Deyr-es-Suriani , Egypt, and from
Verzeichnis der bei der Redaktion eingegangenen Druckschriften. 503
MSS in the Convent of St Catherine, on Mount Sinai, with Tivo Legends
from a Vatican MS by Prof. Ignazio Guidi , and an appendix of Syriac
palimpsest fraginents of tbe Acts of Judas Thomas from Cod. Sin.
Syr. 30, by Agnes Smith Leicis. — Horae Semiticae No. IV. TheMytho-
logical Acts of the Apostles. Translated with a translation
of tbe palimpsest fragments of the Acts of Judas Thomas by
Agnes Smitli Lewis. London, C. J. Clay and Sons. 1904. 12 s. 6 d und
G s. net.
* Hir schfeld, Hartwig - New Kesearches into the Composition and Exegesis of
the Qoran. (Asiatic Monograpbs. Vol. III.) London, 1902. Royal Asiatic
Society.
*Ibn Sa ad. Biographien Mubammeds, seiner Gefährten und der späteren Träger
des Islams bis zum Jahre 230 der Flucht. Im Auftrage der Königlich
Preussischen Akademie der Wissenschaften im Verein mit C. Brockelmann,
Königsberg; J. Horovitz, Berlin: J. Lipper t, Berlin; B. Meissner, Berlin;
E. Mittwoch, Berlin; F. Schwally , Giessen, und K. Zetter steen, Lund
herausgegeben von Eduard Sachau. Leiden, E. J. Brill. Bd. III, Theil I.
Biographien der mekkanischen Kämpfer Mubammeds in der Schlacht bei
Bedr. Hrsgeg. von Eduard Sachau. 1904. — Bd. III, Theil II. Bio-
graphien der medinischen Kämpfer Mubammeds in der Schlacht bei Bedr.
Hrsgeg. von Josef Horovitz. 1904. — Bd. VIII. Biographien der Frauen.
Hrsgeg. von Carl Brockelmann. 1904.
*Ibn Qotaiba. Liber poesis et poetarum quem edidit M. J. de Goeje. Lugd.-
Bat, E. J. Brill, 1904.
*Weir, T. H. - The Shaikhs of Morocco In the XVI th Century. With Preface
by James Robertson. With a Map. Edinburgh, George A. Morton, 1904.
'Ennon, Adolf - Aegyptische Chrestomathie zum Gebrauch auf Universitäten
und zum Selbstunterricht. (Porta linguarum orientalium, pars XIX.) Berlin,
Reuther & Reichard, 1904. Mk. 12,50.
Schencke, Wilhelm - Amon-Re. En studie over forholdet mellem enhed og
mangfoldighed under udviklingen af det agyptiske gudsbegreb. I kommission
hos Alb. Camtnermeyers forlag, Kristiania, 1904.
Veiten. C. - Praktische Suaheli-Grammatik nebst einem Deutsch-Suaheli-Wörter-
verzeichnis. Berlin 1904, Wilhelm Baensch.
Archaeological Survey of Ceylon. Epigraphia Zeylanica being lithic and
otber inscriptions of Ceylon. Edited and translated by Don Martino de
Zilva Wickremasinghe. Vol. I, part I. London, Henry Frowde, 1904.
5 s. net.
Schmidt, Riebard - Liebe und Ehe im alten und modernen Indien (Vorder-
Hinter- und Niederländisch-Indien). Berlin, II. Barsdorf, 1904. Brosch.
Mk. 10, gebdn. Mk. 11,50, Liebhaber-Ausg. in Quartformat auf Büttenersatz
brosch. Mk. 20.
504 Verzeichnis der bei der Redaktion eingegangenen Druckschriften.
The PahlavT Version of Yasna IX edited with the collation of mss., a literal
translation into English, explanatory and philological notes, and an intro-
duetion by Manekji Bamanji Davor. Leipzig, Otto Harrassowitz, 1904.
Mk. 3.
Bla%og, Kocpccg - H %tQ6ovt]Oog tov Ayiov Ooovg A&co v.ai ai sv avtr]
[LOVUl XCll Ol IIOVUXOL TTcdcCL TU Y.U.I VW. MtlSTT] IOTOQIXT] Kttl XpITlXT].
Ev BoXco, Ttuv&t66aliY.ov tvTtoyQacpbiov A&. Ularaviarov. 1903.
Mk. 5. (Ausserhalb Griechenlands nur von Otto Harrassowitz, Leipzig, zu
beziehen, der vom Verfasser den Kommissionsverlag außerhalb Griechen-
lands erhalten hat.)
Abgeschlossen am 22. Juni 1904.
505
Zur Exegese und Kritik der rituellen Sutras1).
Von
W. Caland.
XLY. Z u u k t lt a m väc- des P. W.
Im Petersburger Wörterbuch in kürzerer Fassung (vol. I, S. 215)
erwähnt Böktlingk ein Wort uktkamväc- f.: „bestimmter Teil
eines sastra" . Seine Belegstellen sind Äsv. srs. V, 14. 26 und
VIII, 16. 3. Daß dieses Wort aber aus dem Sanskrtlexikon zu
streichen ist, geht aus den verwandten Texten zweifellos hervor.
Aus Säiikh. srs. VIII. 16.3: ädrnvate tvoktham aväcindräya er-
hellt, daß in Äsv. uktham väci (nicht ulcthyam väci, wie an der
zuerst zitierten Stelle die Ausgabe der Bibliotheca Indica hat) zu
trennen ist, und daß väci der Passiv-aorist ist. Durch die irrige
Annahme Böhtlingks hat sich offenbar Knauer verführen lassen.
wenn er (Note zu Man. srs. II, 4. 6. 25) vorschlägt eher einen
Stamm ukthamväcin anzusetzen. Glücklicherweise hat er aber im
Text richtig getrenntes uktham väci, das freilich zu dem von ihm
angesetzten Stamme in Widerspruch steht. Sonst hat wohl niemand
an das Böhtlingk'sche ukthamväc- geglaubt , da schon Garbe in
seiner Ausgabe und Übersetzung des Vaitänasütra (21. 5) die Wörter
richtig aafgefaßt hat.
XL VI. Zum Man a va s rautasüt ra.
1. An drei Stellen (II, 5. 1. 10; 42; II, 5. 2. 14) liest Knauer
rasafkrtena sarvarn julioti. Ich meine, daß vielmehr vasatkrte
na sarvarn jiüioti zu lesen wäre. Dafür sprechen grammatische und
sachliche Gründe. Hätte der Autor unseres Sütra sagen wollen:
„nach dem vasat- Ruf schüttet er den ganzen Inhalt ins Feuer", so
würde er auch hier den lok. vasatkrte gebraucht haben, wie sonst;
vgl. II. 3. 8. 6; II. 4. 1. 21; 29;' II, 4. 2. 29; II, 4. 6. 4. I
lehren uns die verwandten Texte, daß vasatkrte na zu trennen is1 ;
zu den ersten beiden Mänavastellen vgl. Äp. XIII, 10. •"> : südavat
und XIII, 13. I: etenaiva sas'esena vaiävadevam .... grhnäti,
1) Vgl. diese Zeitschrift 57, Tic
Bd. LVIII.
506 Caland, Zar Exegese und Kritik der rituellen Siitras.
Baudh. sasese tasrnin grhnäti. Zur letzten Mänavastelle beachte
man die Vorschrift (Man. §rs. II, 5. 2. 15): bhaksam ägnldhräya
prayacchati, wie wäre dies möglich, wenn der Inhalt ganz geopfert
worden war?
2. Nach Knauers Restitution des Textes wird II, 5. 1. 35 die
unbegreifbare Vorschrift gegeben, daß im Märjäliya hinter
dem südlichen Havirdhänakarren die für die Väter be-
stimmten Gaben zu deponieren sind. Die Havirdhänakarren befinden
sich aber nicht im Märjäliya ! Entweder ist daksinasya havirdhä-
nasya paseät zu streichen oder diese Wörter sind noch mit dem
vorhergehenden siddham ä sädanät zusammen zu nehmen , vgl.
II, 4. 1. 47.
3. Unbegreiflich ist mir die Vorschrift : präg uditeh pathyäm
svastim . . . yajati (II, 5. 5. 4). Ohne den mindesten Zweifel
liegt entweder Druckfehler oder schlechte Überlieferung vor. Statt
uditeh ist aditeh zu lesen ; präg aditeh heißt „ vor der (Spende an)
Aditi11. Während bei der präyaniyesti die Reihenfolge der Gott-
heiten, denen gespendet wird, diese ist : pathyä svasti (1), agni (2),
soma (3), savitr (4), aditi (5) (vgl. Man. srs. II, 1. 3. 25), kommt
bei der udayanlyesti die Spende an pathyä svasti unmittelbar
vor dem Opfer an Aditi_(also agni 1, soma 2, savitr 3, pathyä
svasti 4, aditi 5), vgl. Ap. XIII , 23. 4 : tesv eva desesv agnim
äjyabhägänäm prathamam yajati, pathyäm svastim uttamäm
(sc. äjyabhägänäm devatänäm, zu welchen Aditi nicht gehört, ihr
kommt der caru zu), und noch deutlicher Baudhäyana: pathyäm
amutra (nl. bei der präyaniyesti) svastim prathamam yajati, täm
ihopottamäm (sc. sarväsäm devatänäm) yajati.
4. Die Stelle II, 3. 2. 35 liest Knauer so : uduhyädhavaniyam
nnu'trävarunacamasiyäsv avaniya prätahsavanikam avanayati.
Ich glaube eher, daß die Näsikhandschrift und der Kommentar der
Londoner HS. recht haben, wenn sie lesen und erklären: °camaslyä
avaniya. Um diesen Punkt zu beweisen, brauche ich nur die ver-
wandten Texte zu zitieren : maiträvarunacamasam ädhavaniye
''vanayati vasatlvarltrtiyam ca (Käty. IX, 3. 21); athodubjyä-
dhavaniyam sarvada eva maiträvaruniyäh paryasyati ', trtiyam
vasativarinäm avanayati, trtiyam ekadhanänäm (Baudh. VII, 4) ;
ekadhanänäm yathärtham sarväs ca maiträvarunacamaslyä ädha-
vaniye ''vanlya (Ap. XII, 16. 11); maiträvarunacamasxyäs caika-
dhanaikadesäms eädhavanh/e ^ vanlya (Hir. VIII, 11).
XL VII. Zum Vaitänasütra.
1. Das Wort vasüni (11. 20), vasu° (12. 2) ist gewiß nicht
mit Garbe auf „die Betreibung aller weltlichen Güter" zu beziehen,
sondern eher auf die zwölf im Gopathabrähmana (I, 3. 21) auf-
gezählten Punkte oder Verrichtungen, die während der Diksitaschaft
unterbleiben sollen. Es sind:
Caland, Zar Exegese und Kritik der rituellen Sutras. 507
1) na dtksito "'gnihotram juhuyäf,
2) na paurnamäsyena yajnena yajeta,
3) nämäväsyena,
4) näsmini) vasita,
5) na pkryajnena yajeta,
6) «a fotfra gacched yatra manasä jagamiset,
7) nestyä yajeta,
8) wa t-äcä yathäkathäcid abhtbhäseta,
9) na mithunam caret,
10) nänyasya yathäkämam upabhunjita,2)
11) na pasubandhena yajnena yajeta,
12) na feft-a gacched yatra caksusä paräpasyet.
Zu diesen zwölf zu unterlassenden Verrichtungen stimmen nun die
Vait. 12. 1 = Gop. br. I, 3. 22 mitgeteilten sechs Sprüche, zu
1 und 2 der Spruch: agnihotram ca mä paurnamäsas ca yajnah
purastäl pratyancam ubhau kämaprau bhütväksityäs) sahävi-
satam. Zu 3 und 4 stimmt der zweite Spruch: vasatis cämävä-
syas ca yajnah u. s. w. ; vasati bedeutet hier offenbar „das Zu-
bringen der Nacht am Opferherd beim Neumondsopfer", nicht „das
ruhige Wohnen", wie Garbe will. Die diesem Worte entsprechende
Verbalform in der Vorschrift des Gop. br. (vaslla) ist somit wohl
ungenau oder falsch statt vaset. Zu 5 und ti stimmt der dritte,
zu 7 und 8 der vierte, zu 9 und 10 der fünfte und zu 11 und 12
der sechste Spruch.
Auch am Ende der Diksitaschaft soll der Opferherr die ge-
nannten Sprüche hersagen, um sich die Frucht dieser Handlungen,
obschon er sie unterlassen hat, dennoch zu sichern : vasusampaf<<f//e.
2. Mit einer der drei Handschriften, die ihm zur Verfügung
standen, liest Garbe 16. 12: havirdhänam pürvenätt/'/a Ichare
copavisya; die beiden anderen HSS. haben kharam. Ich halte
dies eher für richtig, es würde sonst ca haben fortbleiben können.
Für die Lesart kharam spricht z. B. die Stelle 15. 14: ägnldhrl-
yalaksanam uttarena sadas ca; ganz ebenso hier: havirdhänam
pürvena . . . kharam ca.
3. Das handschriftlich 21. 5 überlieferte sastroktham väcity
aha ist unbedenklich in sastvoktham väci zu korrigieren. „Wenn
er das sastra beendigt hat, so sagt er uktham väciu.
4. Ebenso unbedenklich ist 21.21 evä pählti prasthitayäjyä
in prasihitayäjyäh zu ändern, d. h. „die Yäjyäsprüche (für Brä-
hmanäcchamsin , Potr und Ägnidhra) sind Atli. V. XX. 8. 1 — 3",
vgl. Asv. srs. Y. 5. 19 (erste lliilfte).
5. Das Sütra 22. 21 enthält zwei Sätze: savamyahomäd
indras ca somam pibatam brhaspata iti prasihitayäjyäh \ d. li.
1) So ist wohl statt astnin zu lesen.
2) B. I. -kärnam u yunßta (!)
3) So ist wohl statt Garbes bhütvä lesityä zu lesen.
508 Caland, Zur Exegese und Kritik der rituellen Sütras.
„die Yäjyäsprüche (für die oben unter Nr. 4 genannten Priester)
sind Ath. V. XX, 13. 1— 3«, vgl. Äsv. §rs. V, 5. 19 (zweite Hälfte).
homän aindram maiträvarunam u. s. w. sc. brahmanwm.antra.yate.
Ich vermute auch, daß liier rnaürävarunam falsch statt aindrä-
varunam überliefert ist, man vgl. den zu diesem Prasthitahoma
verwendeten Spruch KV. VI. 68. 10.
6. Im Sütra : havirdhäne yathäcamasam daksinatah svebhya
upäsanebhyas trlmstrin purodäsasamvartän . . . ntprnanti (22. 22)
übersetzt Garbe: .südlich von ihren Sitzen''. Die Sitze befinden
sich aber nicht im havirdhänam, sondern im sadasl Nur an dieser
Stelle soll, auch nach dem P.W. (kürz. Fass.), upäsana diese Be-
deutung haben. Sonst werden die Purodäsa- Stückchen in der Nähe
der Becher (südlich davon oder hinter denselben), die im Havirdhänam
aufgestellt sind, hingelegt (z. B. Ap. XIII, 12. 9). Im Baudhäyana-
sütra (VIII, 12) heißt es nun: camasayacamasäyaiva trlmstrin
purodäSasakalän upäsyati. Dazu lautet das Dvaidham: aupäsa-
nesv iti. sa ha sin'"' Im baudhäyano 'nusamvrajyaupäsanän anu-
rnantrayeta u. s. w. Die hier den Vätern dargebrachten Gaben
heißen also aupäsanäh, so auch Sänkh. srs. VII, 7. 9, Komm. : ya
upäsyante pindäs ta aupäsanä iti. Vermutlich liegt dasselbe
"Wort in unserer Vaitänastelle vor.
7. Das Sütra 23. 21 enthält, nach meiner Ansicht, zwei Sätze:
idäntä (sc. avabhrihestih samtisthate) | anuyä/jäntaike.
8. Unrichtig sind Garbes Konstruktion und Übersetzung der
Sätze 28. 8 — !'. Sie sollten lauteri : udayaniyä präyanlyävat \
pathyäyäs caturtham \ antahstha \ 8 || anübandhyäyam u. s. w. ;
antahsthä (viell. z. 1. antahsamsthäf), „in der Mitte schließend ist
die vdayantyesti11 deutet auf das letzte, das Caruopfer an Aditi,
vgl. oben No. XLVI, 3.
9. Andere Berichtigungen. 9. 4 ist wohl eher nach Säyana
(Ath. V. vol. I p. 387) und Äpastamba (VIII, 11. 8) mit C pürna-
darpyam zu lesen; 11. 14 1.: hasipv ity ädi, es wird auf Kaus.
24. 28 verwiesen; 12. 8 1.: mrasthamsam vgl. Ap X, 13. 11;
13. 8 1.: ayam sahasram ity anumantrayate; 16.11 hat man
wohl statt räjne: räjni zu lesen: rüjny abhisüyamäne, „wenn der
Soma gekeltert wird", so auch Säyana; 18. 11 1.: prasrapsyanto.
XLVIII. Die Zitate aus und die Verweisungen nach der
Väjasaneyin -Literatur im Äpastambakalpasütra.
Bekanntlich wird in den Ritualtexten der Apastambins häufig
ein Väjasaneyakam (sc. brähmanam) zitiert und werden oft die
Abweichungen im Ritual nach den Väjasaneyins angegeben (vaja-
saneyinah samämananti). Einige dieser Fälle^ sind schon von
Eggeling in seiner Vorrede zur Übersetzung des Satapathabrähmana
(S. B. E. Vol. XII. S. XXXIX flg.) untersucht. Da das Sütra der Apa-
stambins zu jener Zeit noch nicht in der trefflichen Ausgabe der
L'aland, Zur Exegese und Kritik der rituellen Sütras. 509
Bibliotheca Indica vorlag, ist es jetzt erst möglich, diese Fälle
gründlich zu untersuchen. Daß es für unsere Kenntnis der vedischen
Texte von Interesse ist, alle diese Zitate zu prüfen und zu unter-
suchen, inwiefern die von Apastamba erwähnten Zitate sich wirklich
in dem uns vorliegenden Texte der Yäjasaneyins nachweisen lassen,
wird niemand bezweifeln.
Zuerst behandle ich diejenigen Stellen, die ein direktes Zitat
aus dem Väjasaneyakam enthalten. Da es möglich wäre, daß hinter
dem Namen Väjasaneyakam etwas anderes versteckt ist . als was
uns unter diesem Namen bekannt ist. zitiere ich, wo es mir mög-
lich ist. auch verwandte Texte.
1. I, 4. 7: prastaram eva mantrena däti tüsnim itarad iti
väjasaneyakam.
In Käty. kommt dieser Punkt gar nicht zur Behandlung.
Baudh. I. 2: tüsnim ürdhvam ayujo mustln lunoti,
2. II, 9. 8: anüyäjärthe präcl ulmuke udühatilt väjasa-
neyakam.
Käty. IL 7. 30: ulmuke udühaty anuyäjäs cet.
Sat. Br. I, 8. 2. 1; te vä ete ulmuke udühanti.
Da aber das udühanam des Käty. unmittelbar vor den anu-
yäjd% erwähnt wird, scheint dem Yäj.- Zitate die Vorschrift des
Hir. I, 26: anüyäjärthe ulmuke udühyähavanlyam kalpayitvä
näher zu kommen, vgl. Bhär. II, 9: atraike *nü~yäjäriham ulmuke
nirühanti. Man beachte das lange u im Väj. -Zitat des Apastamba !
3. IV. 1. 5: apy alpaso lomäni väpayata iti väjasaneyakam.
Weder im Sat. Br. noch im Käty. findet sich entsprechendes,
kesasma.sr:' vapate väsikyam, Käty. II. 1. '.'.
4. V, 1. 3: apy asamlgarbhasyeti väjasaneyakam.
Vgl. Käty. IV, 7. 23: abhäve 'garbhasya, Baudh. II, 6: apy
asamigarbhäm vä (harati).
5. V, 1. 6: na sambhärän sambhared iti väjasaneyakam.
Diese Vorschrift steht in direktem Widerspruch zu Sat. Br.
II, 1. 1. 1 : sa yad vä itas cetas ca sambharati tat sambhäränäm
sambhäratvam. Das Sat. Br. polemisiert sogar gegen die Aus
fl einiger " : naivail:am cana sambhäram sambharet (1. 1. 1. 14).
Nach Eggeling (SBE. XII p. 281) stimmt die Känva- Rezension im
allgemeinen mit dem Sat. Br. überein.
6. V, 15, 1: kamandalupada ädadhlteti bahv^cabrähmanam,
ajasya pada ädadhlteti väjasaneyakam.
Dies stimmt nicht zur Überlieferung der Väjasaneyins : f<im
asvasya pada ädhatte (Sat. Br. II. 1. 4. 24), aivdh purastäd yuvä,
tml abhäve 'yuvääväbhäve 'nadvän. Vgl. aber Bhär.: yady aivo
na syäd ballvarda evaitat karma kuryäd, ajasya /mihi udheyam
iti vijnäyate.
7. V 16. * : vyährtibhzr evodgliham bhavatiti väjasaneyakam.
In Käty. IV, i». 7 nur: gänam adhvaryoh \ brahmä vä veda-
yogüt. Man beachte das lange i in vyährtibhih.
510 (Jaland, Zur Exegese und Kritik der rituellen Svtras.
s. VI, "2. Iti: upavasatha evavnam ähareyur navävasäna
evavnam ähareyur iti väjasaneyakam.
Vgl. Sat. Br. II, 3. 2. 7 sq. vpavasatha evavnam ähareyulr. . . .
navävasite vainam ähareyuh, vgl. Käty. IV, 13. 7, 8.
9. VI, 19. 6: na prätar agnim upa canävarohen na prätar
aMtägniä cana manyetett väjasaneydkam.
Bis jetzt ist es mir nicht gelungen, entsprechendes in den
Väjasaney in- Texten nachzuweisen.
10. VI, 19. 7: bhür bhuvah suvah suprajäh prajayä bhüyä-
sam suvlro vlraih suvarcä varcasä suposah posair ity evopa-
listli eteti väjasaneydka m .
Hier stimmt die Känva-Rezension von Väj. S. III, 37: bhür
bhuvah svah suprajäh prajayä bhüyäsam suvlro vlraih suposah
posaih mehr mit dem von Ap. zitierten Mantra überein als mit
dem der Mädhyarpdina-Rezension, welche suprajäh prajäbhi syäm
bietet, vgl. Sat. Br. II, 4. 1. 1, Käty. IV, 12. 12. Man beachte
wiederum die Wortform suvah im Apastamba-Zitat.
11. VII, 2. 17: tryaratnis caturaratnir vä päläso nirüdha-
paiubandhasyäto 'nyak saumyasyädhvarasyeti väjasaneyakam.
Vgl. Sat. Br. XI, 7. 4. 1 : sa vä esa tryaratnir vaiva catura-
ratntr vä pasiibandhayüpo bhavaty , atha yo Ha ürdhvah sau-
myasyaiva so ''dhvarasya; Käty. VI, 1. 24 flg. : tryaratnis catura-
ratnir vä ; ekäratniprabhrt'in ehe. Man vgl. auch Bhär. VI , 2 :
tryaratnir vaiva caturaratnir vä päläso nirüdhapasubandJiayüpo,
'thetare saumyasyädlwarasyety ekesäm.
12. VII, 11. 10: dvayor adharayor iti väjasaneyakam (sc.
rasanägunayor avaguhati svarum).
Eine nähere Andeutung, wo der svaru einzustecken ist, fehlt
in unseren Väjasaneyin - Texten , Käty. VI, 3. 17: yüpasahalam
(= svarum) asyäm avaguhati/ uttarenägnisthäm , vgl. Sat. Br.
III, 7. 1. 22.
13. VII, 28. 1: istividho vä anyah pasubandhah somavidho
'nyah; sa yatraitad apah pranayati, pürnapätram ninayati,
visnulrramän hrämati , sa istividho; 'to 'nyah soviavidha iti
väjasaneyakam.
Dazu stimmt so ziemlich Sat. Br. XI, 7. 2. 1 : haviryajnavidho
ha vä anyah pasubandhah , savavidho 'nyah • sa haisa havirya-
jnavidho yasrnin vratam upanayati ', yasminn apah pranayati,
yasmin pürnapätram ninayati, yasmin visnukramän kramaty;
atha haisa savavidho yasminn. etäni na Jcriyanie.
14. VII, 28. 8: mämslyanti ha vä agnayo \juhvato yajamä-
nasya: te yajamänam eva dhyäyanti, yajamänam samkalpayanti;
pacanti ha vä anyesv agnisu vrthämämsam ; athaitesäm nänyä
mäinsä.sä vidyate; yasyo caite bhavanti tarn tato nänijänam pa-
sunä samvatsaro ciyät; äyusyo ha vä asyaisa ätmaniskrayana
iti väjasaneyakam.
Vgl. Sat. Br. Xh 7. 1. 2: äyusyo ha vä asyaisa ätmaniskra-
Caland} Zur Exegese und Kritik der rituellen Sütras. 511
yano hhavati: mämstyanti ha vai juhvato yajamänasyägnayas,
te yqjamänam eva dhyäyanti, yajamänam samkalpayanti; pacanti
vä anyesv agnisu vrthämämsam, athaitesäm näto 'nyä märhsäSä
vidyate yasyo caite bhavanti. Zu beachten ist das durch den
Kommentar gesicherte ajuhvato im Zitat bei Äp. gegenüber dem
juhvato der Mädhyamdinas.
15. VIII, 6. 7: häyam ekakapälam adhiirityäpyebhyo nini-
yägni pranayata iti väjasaneyakam.
Entsprechendes habe ich bis jetzt nicht gefunden. Zu be-
achten ist äpyebhyo; die den Mädhyamdinas geläufige Wortform
ist bekanntlich äptya-.
16. VIII, 6. 4: aträpi mesam meslm ca karotiti väjasa-
neyakam.
Die Vorschrift, daß mesa und mesl am Tage vorher zu ver-
fertigen sind, stimmt mit dem Eitual des Kätyäyana (V, 3. 6, vgl.
\. 3. 2) überein. Sat. Br. (Mädhy.) II, 5. 2. 15: taträpi mesam
ca meslm ca kurvanti, (Känva) : mesam ca vä api meslm ca
kurvanti. Dem "Wortlaut nach stimmt also das Zitat des Äp. nicht
mit unseren Texten überein.
17. VIII, 8. 17: [kämam ete väsasi yasmai kämayeyätäm
tasmai dadyütäni] na Iti diksitavasane bhavata iti väjasaneyakam.
Vgl. Sat. Br. II, 5. 2. 47: kämam haite yasmai kämayeta
tasmai dadyän. na hi diksitavasane bhavatah. Da nicht zu unter-
scheiden ist, ob die ersten Wörter im Sütra des Äp. auch zum
Zitat gehören , wäre es möglich , daß hier ein Fall völliger Über-
einstimmung vorläge.
18. VIII, 8. 23: yajno ha vä esa yad varunapraghäsä, na
hy avakalpate yad utfaravedyäm agnihotram juhuyäd iti väja-
saneyakam.
Vgl. Sat. Br. II, 5. 2. 48 : na hi tad avakalpate yad utta-
ravedäv agnihotram juhuyät. Beachte wieder °vedyäm gegen-
über °vedau.
19. VIII, 11. 2: odanayor nimne krtvä taträjyam äniya
tata äjyärthän kuruta äjyasihälyä veti väjasaneyakam.
Vgl. Sat. Br. II, 5. 3. 6: tayor (odanayor) madhye sarpir-
äsecane krtvä sarpir äsincati Der Sache nach stimmt die Be-
schreibung, welche das Sat. Br. II, 5. '■). 6 — 9 und 10 — 15 gibt,
zu den Alternativen, die Äpastamba den Väjasaneyins zuschreibt.
20. IX, 11. 23: api vä trini sastiiatäni paläsavrntänäm
taih krsnäjine purusäkrtim krtvä tarn asyägnibhir daheyur iti
väjasaneyakam?)
Vgl. Käty. XXV, 8. 15: iariranäie trlni sastiiatäni palä-
savrntänäm krsnäjine pürvavat (nl. Sütra 14). Das Brähmana
dazu scheint nicht mehr vorhanden zu sein.
1) Zu dieser Stelle vgl. p. XVIII der Einleitung zu The Pitrmedhasutras
of Baudh., Hir. and Gautama.
512 Caland, Zur Exegese und Kritik (Ja- rituellen Sütras.
21. X, 3. 4: prägvamdasya madhyamam sthünäräjam ära-
bhya japatlti väjasaneyakam.
Die Angaben dev Väjasaneyins stimmen nicht dazu: Sat. Br.
(Mädhy.) III, 1. 1. 11: sa pürvärdhyam sthünäräjam abhipadyai-
tad yajur aha. (Känva): sä yäsau varsisthä pürvärdhe s'älästhünä
bhavati täm abhipadya japati; Käty. VII, 1. 36: sälästambham
pürvärdhyam grhltvä. Dagegen stimmt Hir. (X, 9) fast wörtlich
mit Äpastambas Zitat überein: prägvamdasya madhyamam sthü-
näräjam älabhyaitam mantram japati.
22. X. •">. 16: künde hiranyam avadhäya tasmin snätlti vä-
jasaneyakam.
Die Mädhyamdinas verwenden zum Bade des Diksita einen
Krug Walser (Sat. Br. III, 1. 2. 2), vgl. aber Hir. X, 3: hrade
hiranyam avadhäya . . . snäti; künde snätlty ekesäm.
23. X, 7. 2 : yadi traikakudam nädhigacched yenaiva kena
cänjanenähjUeti väjasaneyakam.
Vgl. Sat. Br. III, 1. 3. 12: yadi traikakudam na vinded apy
atraikakudam eva syät, (Känva:) yadi traikakudam na vinded
api yad eva khnca syäl, Käty. VII, 2. 34. Also auch hier keine
wörtliche Übereinstimmung.
24. X, 9. 6: krsnam jlvornänäm (sc. kumbakuriram adhy-
ühate) iti väjasaneyakam.
Die Kopfbedeckung der Patni scheint im Ritual der Väjasa-
neyins gar nicht zur Sprache zu kommen, Bhär. somasütra adhy. 6 ;
krsnänäm jwornänäm bhavatlti vijnäyate.
25. X, 9. 9: usnlsena pradaksinam Uro vestayata iii väja-
saneyakam,.
Nichts darauf bezügliches findet sich im Sat. Br. oder in
Käty. , wohl aber in Baudh. (VI, 5) : pradaksinam usnlsena Uro
vestayati sriyä te Uro vestayämi sriyai yasase brahmavarcasäyeti.
Bhär. : usnlsena s'iro vestayati sasirä vä prornute.
26. X, 12. 12: yady enam südrena samväda upapadyeta,
brähmanaräjanyavais'yänäm ekam brüyäd: imam ittham brühiti
( ■ äja sa n eyakam.
In den Mädhyamdina-Texten nichts entsprechendes, wohl aber in
Hir. (X, 7) : [nainam s'üdro 'nupravisaü] brähmanena räjanyena
vaisyena vä sambhäseta; . . .) yady enam südrena sambhäso-
peyäd, etesäm varnänäm ekam brüyäd: imam ittham vicaksveti;
Bhär. : (brähmanena caiva ksatriyena vä vaisyena vä sambhä-
seta . . .), yady enam südrena samväda upapadyetaitesäm evai-
kam brüyäd: imam anuvicaks(v)eti.
27. XI, 1. 15 und XI, 18. 4: etenaivä- (nl. agne vratapate
tvam vt^atänäm vratapatir asi) smin samidham ädadhätiti väja-
saneyakam.
Dazu vgl. man Sat. Br. III, 4. 3. 9, III, 6. 3. 21 : sa samidham
abhyädadhäty agne vratapäs tve vratapä iti, und Käty. VIII, 2. 4,
VIII, 7. 19: agne vratapä ity ähavaniye samidham ädhäya.
Caland, Zur Exegese und Kritik der rituellen Sutras. 513
28. XIV, 24. 12: somäbhäve püttkän abhisunuyät. pütikä-
bhäva ädärän phälgunäni ca yäni svetatüläni syus, tadabhäve
yäh käs causadhih kslrinlr arunadürväh kuiän vä haritän iti
Väjasaneyakam.
Vgl. Sat. Br. IV, 5. 10. 3: yadi somam apdhareyuh . . . sa
yäny arunapuspäni phälgunäni täny abhisunuyät . . . syena-
hrtam abhisunuyät . . . ädärän abhisunuyät . . . arunadürvä
abhisunuyät . . . api yän eva kärhs ca haritän hidän abhisu-
nuyät: Käty. XXV. 12. 18: adarsane ,runapuspany arjunapu-
späny abhisunuyät, syenahrtam püttkän ädärän arunadürvä
haritakusän. Dasselbe tatsächlich Hir. XV, 21.
29. XVI, 4. 8: pancaprädesäm isumätrim vä (kuryäd ukhäm)
yadi panca pas'avo bhavantiti väjasaneyakam.
Vgl. Sat. Br. VI, 5. 2. 10: atha yadi panca pasavah syuh,
pancaprädesäm kuryäd isumätrim vä. Käty. XVI, 3. 24.
30. XVI, 8. 10: api vä mämsam asmyäd, upari s'aylta,
striyam tv eva nopeyäd iti väjasaneyakam.
Vgl. Sat. Br. VI, 2. 2. 39: tasmäd u kämam evopari sa-
y'ita . . . yäni kani cämadhuno 'sanäm, tesäm asya sarvesäm
kämäianam .... mithunam tu nopeyät; Käty. XVI. 1. 28, 29.
31. XVI, 13. 12: mahäntam brhantam aparimitam svarga-
kämas cinviteti väjasaneyakam..
Ich finde nichts hierauf bezügliches.
32. XVI, 17. 3, 6: hamskrtä väcam visrjytti (sc vedim bezw.
agnim vimimite) väjasaneyakam.
Vgl. Sat. Br. VII, 2. 2. 1; VII, 3. 1. 4: tasya haviskrtä
väcam visrjate.
33. XVI, 17. 16: tad u ha vai saptavidham eva cinvlta; sapta-
vidho väva präkfto )jnis. tata ürdhvam ekottarän iti väjasaneyakam.
Am nächsten scheint die folgende Stelle aus dem Sat. Br.
(X. 2. 3. 18) zu kommen: tasmäd u saptavidham eva prathamam
vidadhitäthaikottaram.
34. XVI, 2t>. 12: prthivi prthivyäm slda mätä mätari mätä
syonä syonäyäm ukhäm svasäram adhi vedim asthät satyam
pürvair rsibhis cäkupäno \jnih pravidvän iha tad dadhätv iti
volükhalam upadadh ätiti väjt isaneyakam.
Weder Sat. Br. (VII, 5. 1. 25) noch Käty. (XVII, 5. 3) bieten
entsprechendes.
35. XVII. 5. 8: ädityestalcäbhir glirtapindän vyatisaktän iti
väjasaneyakam.
Sowohl die ädityestakä wie die ghrtestakä scheinen den Vä-
jasaneyins unbekannt zu sein.
36. XX, 8. 10, 11: sadaham ägnävaisnavena pracarati, sap-
tamyäm ägnikyä trihaviseti väjasaneyakam.
Vielleicht ist zu vergleichen Käty. XX. 1. 7: ägnike ca sapta-
myäm nirvapati, womit auf XVI, 4. 28, 29 zurückgedeutel wird:
ägnävaisnavavaiivanaro girrte carur adityebhyah.
514 Caland, Zur Exegese und Kritik der rituellen Sutras.
37. XXI. 23. 13: kratupasün eva samabhyuccayavad anva-
ham älabheran yadi ribhavah pasavah syuh | aikädasinän vä
rihrtün iti väjasaneyakam.
Vgl. Käty. XII, 6. 13: aikädasinä (so ist wohl statt ekä° zu
lesen) vä vihrtäh.
:'>v. Dharmasästra I, 12. 3: athäpi väjasaneyibrähmanam:
brahmayqy'no ha vä esa yat svädhäyas: tasyaite vasatkärä yat
stanayati, yad vidyotate, yad avasphürjati , yad väto väyati;
tasmät stanayati vidyotamäne 'vasphürjati väte vä väyati/ adlii-
yitaiva, vasatkäränäm acchambatkäräyeti.
Vgl. Sat. Br. XI, 5. 6. 9: tasya vä etasya bralimayajiia-
sya catväro vasatkärä'. yad väto vätt, yad vt'dyotate, yat sta-
nayatt, yad avasphürjati; tasmäd evamvid väte vätt vidyotamäne
stanayaty avasphürjaty adhtyitaiva , vasatkäränäm acchambat-
käräya.
39. Dhs. I, 12. 7 : adhyäyänadhyäyam hy upadisanti | tad
anarthakam syäd väjasaneyibrähmanam ced avekseta.
40. Dhs. I, 17. 31: medhyam änaduham iti väjasaneyakam.
Stellen , auf die sich die beiden letzten Zitate beziehen , habe
ich noch nicht gefunden.
Ich prüfe jetzt die Stellen, wo Kultusbräuche der Väjasaneyins
erwähnt werden.
1. I, 8. 12: trin udapäträn väjasaneyinah samämananti
(nl. beim Pindapitiyajna, der Vorschrift der Äpastarnbas, ib. 11, gegen-
über: trin udakänjalin ninayati). Im uns bekannten Ritual der
Väjasaneyins wird das Wasser vermittelst eines udapätra aus-
gegossen, Sat. Br. II, 4. 2. 16, Käty. IV, 1. 10; ebenso im Ritual
der Baudhäyan lyas , in deren Sütra (III, 10) es zwar nur heißt:
adbhir märjayati , aber vorher das Fertigstellen eines udapätra
verordnet wird. Bhär., Hir., Man. wie Äpastamba.
2. I, 23. 4 : tasyatasyängulyäbhinidhänam angärädhivarta-
nam ca väj. am. (also bei jedem Kapäla der Reihe nach findet
das Belegen mit den Fingern der linken Hand und Daraufschieben
eines brennenden Holzes statt, während nach Ap. I, 23. 2 nur der
mittlere Kapäla gemeint wird). Vgl. Käty. II, 4. 30: savyäugulyä-
sünye ''ngäram nidadhäti. Der Text besagt also das von Äpastamba
den Väjasaneyins zugeschriebene nicht, die Kommentare schwanken;
nach dem einen geschieht es kapäla für kapäla, nach dem anderen
nur beim ersten.
3. V, 22. 8 : ädityam ghrte carum saptadasasämidhenlkam
dhenndaksinam sarvesäm aniinirväpyänäm sthäne väjasaneyinah
samämananti.
Während Äpastamba als anunirväpya den aindrägna ekäda-
gakapäla, den äditya caru, den ägnävaisnava ekädasakapäla,
den agnisomtya ekädasakapäla und den caru an Visnu bezeichnet,
verordnet Käty. (IV, 10. 10) als dritte isti nach den Tanüha-
vlmsi, den caru an Aditi; es ist also sehr wohl möglich, daß
Caland, Zur Exegese und Kritik der rituellen Sütras. 515
Kätyäyanas Ritual sich mit dem von Äpastamba als väjasaneydlcam
bezeichneten deckt, vgl. auch Käty. IV, 10. 4: dhenur ädityasya
(sc. daksina).
4. VI, 27. 1: pravatsyadupasthänam Ugatopasthänam cä-
dhikrtya väjasaneyinah samämananti, d. h. : „Die Väjasaneyins
pflegen den Spruch {abhayamkara u. s. w.) zum upasihäna zu
verwenden, wenn der Yajamäna verreisen will und wenn er heim-
gekehrt ist."
Im Ritual der Väjasaneyins findet sich nichts entsprechendes,
selbst das Yajus ist unter ihren Sprüchen nicht nachzuweisen, vgl.
aber Hir. III, 26: athaikesäm vijnäyate: Jcah dreyämsam nisuptam
bodhayatiti? präduskrtänäm evopasthänaih syäd: abhayamkarä-
bhayam me kuru , svasti me 'stu , pravatsyämiti pravatsyan ;
abhayamkaräbhayam nie 'kärsih, svasti me 'stu, prävätsam1) itl
prosya.
5. VIII, 15. 12: svadhäkäram tu pratisidhya bahvrcaväja-
saneyinäm (sc. srutih oder halpdh) äirutapratyäsrutäny eva ri-
dadhöti.
Die Vorschriften der Väjasaneyins (Sat. Br. II, li. 1. 24: tad
utäsrävayanty om svadhety astu svadheti pratyäsrävanuin. Käty.
V, 9. 11) scheinen damit in direktem "Widerspruch zu stehen, vgl.
aber Sat. Br. 1. c. 25: tad u hovacäsurih : äsrävayeyur eva. pra-
tyüsrävayeyur, vasatkuryur, ned yajnasya vidhäyä ayämeti.
t». IX, 13. 15: mahl dyauh prthivl ca na iti dyäväprthivya-
yarcä sruvälmtim atra väjasaneyinah samämananti.
Der Spruch findet sich Väj. Samh. VIII, 32; die Handlung
jedoch, bei der Käty. XXV, 10. 18 sie verwendet, bezieht sich nicht
auf die Äpastamba- Stelle.
7. IX, 19. 16: tvästram carum riijasaneyinah samämananti
(nl. yadi yiipo virohet).
Die Vorschrift in Käty. (XXV, 9. 15 flg.): yüpavirohane 'ntas-
tantraik samsthite 'hani tväsp'am bakurüpam älabheta enthält
nicht das von Äpastamba den Väjasaneyins zugeschriebene Ritual.
sondern fällt mit der der Apastambins zusammen; vgl. aber Baudh.
XIV, 28: api va tvästram brahmaudanaih srapayitvä.
8. XI, 15. 7: ardhavratam atra väjasaneyinah samämananti,
ardham antarenotiame pravargyopasadau.
Das Ritual der Mädhyarndinas scheint zu dem von Äpastamba
erwähnten Brauch zu stimmen, vgl. Käty. VIII, 6. 30 : ardhavrate
pratte mit VIII, 3. 17; freilich stimmt auch das Ritual anderer
Schulen, wenigstens das der Baudhäyaniyas damit überein.
(.'. XIII, 18. 7: atra mekhaläyäh krsnavisänäyääca cätväle
präsanani väjasaneyinah samämananti. mähir bkür mä prdä-
hur iti.
Diese Angabe stimmt genau zu dem uns bekannten Ritual der
1) So korrigiert; yirüvü.tsyam dio Haug'sche IIS.
516 Caland, Zur Exegese und Kritik der rituellen Sutras.
Vajasaneyins , vgl. Sat. Br. IV. 4. 5. 2: sa kfsnavisänäm ca
mekhaläm ca cätväle präsyati rnähir bhür ma prdäkur iti.
Käty. X, 8. 13. Die anderen Sütrakäras verordnen, daß die visänä
während des Mittag - Savanas wegzuwerfen ist, nur die Väjasa-
neyins und Baudhäyana stellen diese Handlung unmittelbar vor dem
Avabhrtha.
10. XIII, 25. 7: vaisnavim pürnühtttim udavasänlyäyäh
sthäne väjasaneyinah samämananti.
Die Pürnähuti ist aber für unsere Vajasaneyins nicht Stell-
vertreterin der isti, sondern kann an ihrer Stelle verrichtet werden;
vgl. Sat. Br. IV, 5. 1. 1<>: atho caturgrhltam eväjyam grhilvä
vaisnavyarcä juhoti , Käty. X, 9. 20: pasuvad vähutih, nl. mit
dem Spi'uch uru vtsno u. s. w.
11. XVI, 27. 6: sarvesäm pasudirasäm hiranyasalkapraty-
asanam püranam ca väjasaneyinah samämananti.
Dies stimmt nur teilweise zum Ritual der Vajasaneyins, da
hier das Füllen mit saurer Milch gar nicht verordnet wird, vgl.
Sat. Br. VII. 5. 2. 8: athaisu Mranyadakalän pratyasyati, Käty.
XVII, 5. 7 : pratisirah saptasapta Juranyasakalän.
12. XXI, 13. 21: ägneyam ekavirnsa aindram trinave sauryam
trayastrimse pürvastnins tryahe väjasaneyinah samämananti.
Vgl. Sat. Br. IV, 5. 4 besonders 13 und 14: tön (sc. atigrä-
hyän) vai prstliye sadahe grhniyät pürve tryaha, ägneyam eva
pratkame ''hann. aindram dvitlye, sauryam trtlya; evam evänva-
ham; Käty. XII, 3. 2.
13. XXIV, 2. 23: kharvikäm trüyäm (sc. paurnamüslm) vä-
jasa n eyin ah samämananti.
Vgl. Karmaprad. II, 6. 9 : sammisrä yä caturdasyä amäväsyä
bhavet kvacit \ kharvikäm (v. 1. kharvitäm) täm viduh keeid ga-
tädhväm iti cäpare.
Das Ergebnis unserer Untersuchung ist eher ein negatives als
ein positives. An einigen Stellen findet man das Satapatha-Brähmana
wörtlich zitiert und stimmt das von Äpastamba als väjasaneyisch
qualifizierte Ritual mit dem uns bekannten überein. An einigen
Stellen ist der Wortlaut geändert und treten bestimmte Wörter in
derjenigen Gestalt auf, die ihnen im Ritual des schwarzen Yajur-
veda eigentümlich ist: äpya statt äptya, anüyäja statt anuyäja,
vyährt'ibhih statt vyährtibhih. °vedyäm gegenüber °vedau, suvah
statt svah. Manche Stelle findet sich nicht in unserem Satapatha,
während endlich an nicht wenigen Stellen das von Äpastamba den
Vajasaneyins zugeschriebene Ritual mit dem im Satapatha und von
Kätyäyana überlieferten in Widerspruch steht. Obschon an einer
Stelle ein aus dem Väjasaneyakam zitierter Spruch ziemlich genau
mit der Känva - Rezension der Väjasaneyisamhitä übereinstimmt,
machen andere Zitate und Mitteilungen aus dem Ritual es doch
wieder unwahrscheinlich, daß Äpastamba die Känva-Rezension vor
Caland, Zur Exegese und Kritik der rituellen Sütras. 517
Augen gehabt hat. Leider ist aber die in Aussicht gestellte An-
gabe dieser Känva-Rezension des Satapatha noch immer nicht er-
schienen , so daß man sich mit den spärlichen Xotizen behelfen
muß , die Eggeling in seiner Übersetzung des Satapatha mitteilt.
Wie die Sachen jetzt stehen, muß man schließen, entweder, daß
Apastamba eine dritte, uns verloren gegangene Eezension des Vä-
jasaneyakam gekannt hat, oder — und ich meinerseits würde eher
geneigt sein , dies für wahrscheinlich zu halten — Apastamba ist
nicht nur fahrlässig in seiner Art zu zitieren , sondern nennt zu-
weilen, bloß um auch anderen Anschauungen eine gewisse Autorität
zuzuteilen . das Väjasaneyibrähmana als seine Autorität und die
Yäjasaneyins als diejenigen, die diesen oder jenen Brauch sanktio-
nieren, anderen Rituallehrern gegenüber (Bhär., Hir.), die nur von
ehe sprechen. Daß er wenigstens arbiträr in den angeführten
Stellen geändert hat. beweisen die oben mitgeteilten Wortformen.
518
Zur hebräischen Lautlehre.
Von
C. Brockelmann.
I.
Die Geschichte der Vokale mit festem Absatz oder des N im
Silbenauslaut ist in den hebräischen Grammatiken bisher noch nicht
genügend klargestellt, hauptsächlich wohl weil man versäumt hat,
die verschiedenen lautlichen Bedingungen gehörig zu sondern.
1. Im Inlaut in einfach geschlossener Silbe bleibt N laut-
gesetzlich erhalten und zwar wie die andern Laryngalen als wirk-
licher Silbenschluß wie in TlJM oder häufiger mit Lockerung des
Silbenschlusses durch eine Sproßsilbe wie in böiTO. Daß Formen
wie bpiö auf Analogiebildung nach der 1. Pers. bpN beruhen, in
der V schon im Ursemitischen durch Dissimilation zu 'ä geworden
war, bat Philippi, Theol. Litzt. 1899 Sp. 325 gezeigt. Wenn nun
einige Formen (-ptN Job 32 u, b£N*] Nu. 15 25, S'nN'H l'Sa. 15 5)
statt des lautgesetzlichen ö ein ä zeigen, so sind sie als Fehler der
Punktation anzusehn. Daß bei der erstgenannten Form das Sprach-
bewußtsein der Punktatoren tatsächlich getrübt war, zeigt das Part.
-■'-■: Pro. 17 4, das Olshausen p. 580 mit Recht für einen Schreib-
fehler erklärt. Es ist eine falsche Analogiebildung nach den Verb.
med. -,, D",j?N : D"1".» = "TN : '*"": ähnlich wie schon in der lebenden
Sprache das Kausativ y^Sl zu ypi in dieselbe Kategorie hinüber-
gezogen wurde und daher ^ni^pi- bildete. Das part. Niph'al von
rilS (Nöldeke, diese Zeitschr. 30, 185) !-pN3 verdankt sein — statt
des wie in ITFt&W durch Übertragung vom Impf. Qal her zu er-
wartenden 0 wohl dem Umstand, daß die einem Part. act. Qal
gleichende Form *rnN; zu der adjektiven Bedeutung nicht stimmte,
mithin der Analogie von ns^. Dem Part, ist dann auch das Perf.
11N3 gefolgt; Bars mK5 statt des lautgesetzlichen mN: ip 93 5 ist
natürlich eine Unform. Ti^NE ist ein Aramäismus der Punktation,
r'rz": 1 Rg. 5 25 ein wohl gleichfalls unter aramäischem Einfluß
Brockelmann, Zur hebräischen Lautlehre. 519
stehender1) Schreibfehler, r~c" Ex. 20 37 ein Textfehler, s. Cornill
zur Stelle. Anders steht es mit "in"J morgen aus *-irjfc«3. Hier
ist wie im syr. ^^d das N durch Dissimilation vor n geschwunden.
Diese Dissimilation ist aber jünger als die von V = '«, da sie
nicht wie diese durch Ersatzdehnung ausgeglichen ist. z*:'N":.
Wage, ist wohl sicher auf \ in zurückzuführen, die aber bei Fest-
setzung der konsonantischen Orthographie schon verloren war: "TN
Qoh. 12 9 ist dann aus dem Nomen neugebildet wie • | aus &\j.Lj
(Landberg, Hadramoüt 9, 521). Unklar bleibt nur rrnOiE Fesseln,
für das 'ü'2 zu erwarten wäre. Vielleicht ist es als Neubildung
zu einem von der Punktation freilich nicht mehr bezeugten *-iöN"'
anzusehn.
2. Im Inlaut in doppelt geschlossener Silbe ist ' schon vor Ein-
tritt der Lautverschiebung 0 = ö geschwunden: -cn;- ; zu nNün s.
m. Fem. p. 10 n. 2.
3. Im Wortauslaut ist ' gleichfalls stets geschwunden . aber
erst nach Abschluß der eben erwähnten Lautverschiebung; daher
N^i?: und N2£73. -rsr: ist Neubildung nach njc-: statt des laut-
gesetzlichen :fTSr:, das sich aus dem von Praetorius ZATW. :)
p. 213 dargelegten Grunde nicht zu *-pn:c7: entwickeln konnte.
II.
Barth, Nom. § 224b (wo aber die syrischen Bildungen auf
|Aj auszuscheiden sind; s. m. Fem. p. 17) hat gezeigt, dal) im Arab.
und Hebr. der Hiatus zwischen der Nominalendung ä (ö) und der
Nisbenendung vi durch Einschub eines n vermieden ist. Diese Er-
scheinung läßt sich nun noch in einigen andern Fällen beobachten.
In ~r":| kann das : nicht wie in -::n auf syntaktische, sondern
nur auf phonetische Gründe zurückgeführt werden: daß ■: auf 15N
zurückgehe (Kautzsch-7 p. 301), ist im Hinblick auf die andern
Suffixe unwahrscheinlich. Es ist vielleicht auch zu erwägen , ob
die arabischen Grammatiker mit ihrer Auffassung des Nun al wiqäja
beim Verbalsuffix der 1. p. sg. nicht auf dem rechten Wege waren.
Aus demselben Prinzip erklärt sich jedenfalls auch die Form er:*:'.
deren Erklärung bei Barth Nom. £ 201 auf Lautlich unmöglichen
1) Die Annahme SBOT. 9, 82 einer Assimilation des ' an /.■ empfiehlt sich
nicht, da sie im Hebräischen ohne Analogie wäre. In den drei andern von
Stade § 112, a, n. 2 angeführten Heispielen bewirkte die Aufeinanderfolge zweier
N die dissimilatorische Beseitigung des einen, wie im arab. 'ab'är 'äbär.
5Ö0 Brockelmann, Zur hebräischen Lautlehre.
Voraussetzungen beruht. Es ist eine Neuschöpfung zu di:t nach
dem geläufigen Abstraktschema D^blJ'E und steht für zenü-im. Endlich
stelle ich noch zur Erwägung, ob nicht die Endung der Adverbia
r'i-'-N und T'i'-h- der s}Tr. und christ. pal. Abstraktendung )So/
gleichzusetzen ist. Die Geminierung des n wäre wie in D^Süp zu
beurteilen.
III.
Die verschiedene Entwicklung der Yokale im Nomen und im
Yerbum bei scheinbar gleichen Akzent- und Silben Verhältnissen habe
ich Fem. p. 9 n. 1 auf verschiedene Betonung der beiden Wort-
klassen im Satze zurückgeführt. Diese Auffassung bestätigen die
Yerbalformen mit Suffixen. Während qatalü > lbupT wird, ergibt
qatalürii ^> ':/~'^~ wie dabarwi > ö"1"^!- Das Verbum mit
Suffix zeigt also dieselbe Vokallagerung wie das Nomen. Der an
sich schwächere Satzakzent des Verbums ist durch Hinzutritt des
Suffixes, das seinen ursprünglich selbständigen Akzent enklitisch an
das vorhergehende Wort abgegeben hat, verstärkt und auf dieselbe
Stufe wie der des Nomens erhoben. Dieselbe Verstärkung des
Akzents durch ein Suffix zeigt auch der Imperativ (vgl. schon
Böttcher Lehrb. § 313). Der Imperativ hatte, wohl wegen seiner
ständigen Anlehnung an einen Vokativ (vgl. Grimme, Verb. d. 13. int.
Gr. Kongr. p. 204) einen noch schwächeren Satzakzent als das er-
zählende Verb; vgl. qatäl ^> bttp, aber gasfc ^> «iizja, iirnar ^>
~\12?_, aber tinah >> n:n. Durch ein Suffix wird der Imp. auf die
Stufe des erzählenden Verbs abhoben: INC. aber '!'N;w.
IV.
Das Lautgesetz ursemit. « ^> hebr. ö zeigt zwei Gruppen
von Ausnahmen, deren eine Grimme, Grundzüge p. 59 richtig ge-
deutet hat. Für die zweite Gruppe hat derselbe auf p. 55 das
Verständnis bereits angebahnt, wenn auch die dort gegebene Er-
klärung noch nicht umfassend genug ist. Grimme stellt den Satz
auf: „Unmittelbar hinter der Tonsilbe, mag sie haupt- oder neben-
tonig sein, wird jeder lange Vokal um eine More verkürzt"; so
erklärt er, daß ursemit. ä in nbttp als a erscheint. Ebenso er-
klären sich die Vokale von nrs und ursprünglich unbetontem ",
ferner die Akkusativendung n — , die natürlich nicht mit Barth
diese Zeitschr. 53, 597 auf ursemit. ä zurückgeführt werden kann;
denn dies hätte ja nach dem hebr. Auslautgesetz abfallen müssen.
Daß Grimmes Auffassung richtig ist, zeigt nis : ^23; daß sie aber
zu eng ist, zeigt r'2 : 'i?23. Nicht die Stellung nach der Tonsilbe,
sondern der Mangel eines eignen Hauptakzents bewirkt die Reduktion
Brockelmann, Zur hebräischen Lautlehre, 521
des auslautenden Langvokals. Wenn rt?a auch in Pausa steht, so
folgt es hier natürlich dem Einfluß der überwiegend häufigen pro-
klitischen Stellung. Diese Reduktion ist aber nicht spezifisch
hebräisch , sondern gemeinsemitisch. Im Äthiopischen kommt sie
in der Schrift meist schon zum Ausdruck, im Arabischen wohl
in u^oJ und Jo*., aber nicht in Lii, und in der Orthographie des
Korans (s. Nöldeke, Gesch. d. Qor. p. 251) wieder häufiger als sonst.
Auf der Beobachtung dieser Reduktion beruht auch der von den
arabischen Grammatikern zwischen Alif maqsüra und mamdüda
gemachte Unterschied. Mit Recht hat denn auch Grimme ZA. XVI 27
an der Fassung des § 33 meiner syrischen Grammatik, die schlecht-
hin von unbetonten langen Vokalen sprach, Anstoß genommen. Daß
die Reduktion nicht nur bei völliger Tonlosigkeit , sondern auch
bei schwächerem Satzakzent, Nebenton, erfolgt, zeigt nbr. aus ur-
semitischem galä.
Mit besonderem Nachdruck hat Barth wiederholt (zuletzt
Zeitschr. 56, 244) das Gesetz verteidigt, daß wortauslautendes ij in
gemeinnordsemitischer Zeit zu n— (constr. IT— ) = f—r- nicht zu
i wird. Gegen dies Gesetz hat sich zuletzt Völlers, ZA. XVII, 316
gewandt. Die von Völlers angeführten Fälle , in denen ein n—
einem Alif maqsüra entspricht, beweisen aber nichts gegen
Barth ; denn daß ursprüngliches ai im Hebräischen zu Jl— wird,
leugnet ja auch Barth nicht. Es bleiben dann nur die beiden
Gleichungen Mj = \j> und itE = *pä. Die letztere kann nichts
beweisen, da sie rein hypothetisch ist. Die erstere aber ist hin-
fällig; denn (J> entspricht lautgesetzlich ganz regelrecht hebr. SIT,
äth. H ; die Verteilung der Demonstrativformen auf die Geschlechter
ist ja in den einzelnen Dialekten recht verschieden. Die von Barth
zum Beweise für sein Gesetz angeführten Beispiele hat Völlers nicht
entkräftet.
Nun scheint mir aber die von Barth seinem Gesetze gegebene
Fassung nicht ganz einwandfrei zu sein. Für sein ij wäre zunächst
nach Philippis Darlegungen (zuletzt diese Zeitschr. 51, 66 ff.) ii zu
setzen. Dann erhalten wir zwar eine schematisch richtige Formel
(das n— erscheint in den Formen von Wurzel III /, die ursprüng-
lich i beim 2. Radikal hatten), die aber phonetisch noch nicht be-
friedigt. Da die Lautgruppe ü in allen semitischen Sprachen und
auch im Hebr.-Aram. im Inlaut (diin ^> dm) wie im unbetonten
Auslaut (r$'a > i, ,mein') zu i kontrahiert wird, so ist zu ver-
muten, daß auch ein nach Abfall von Verbal- oder Nominalrm 1;
in den freien Wortauslaut tretendes hauptbetontes iL zunächsl >
ergeben hat. Wenn nun ein solches hauptbetontes i im freien Wort-
Bd. LVIII. 34
522 Brockelmann, Zur hebräischen Lautlehre.
auslaut zu ^ verschoben ist, so muß, da ja die Lautverschiebungen
aus rein phonetischen Gründen ohne Rücksicht auf die Etymologie
zu erfolgen pflegen , jedes ursprüngliche l unter den gleichen Be-
dingungen zu e geworden sein. Das ist nun auch in der Tat der
Fall. So erklärt sich ns als hauptbetonte Absolutusform neben
dem unbetonten Stat. constr. ">B = ^, ohne daß wir wie Barth
Nom. p. XXXI riE auf eine ganz hypothetische nasalierte Form *fln
zurückzuführen brauchten. So erklärt sich MT = ic3; die Diffe-
renzierung der Geschlechter nach Vokalen ist also im Hebräischen
gerade umgekehrt wie im Arabischen. Im Syrischen haben wir
fürs Fem. beide Formen: jjoj = di und ^ojjjoj = da, während
das unbetonte di als proklitisches Relativ ^ communis generis
ist. *) So erklärt sich auch n?; , soweit es nicht durch Dissimilation
vor Gutturalen aus rnä entstanden ist. Fi» steht bekanntlich „in
einer Anzahl von Stellen im Anfange oder ersten Teile längerer
Sätze auch vor Nichthauchlauten. Hier hat es jedoch nie Makker/1,
sondern entweder verbindenden Akzent , oder , wenn es das erste
Wort im Satze ist, häufiger einen Trenner " (Stade, § 173, c, 3).
Auf mä kann dies me nicht zurückgehen -) ; es ist vielmehr , wie
noch die Akzentuation zeigt, hauptbetonte Nebenform zu mi , das
ja auch im Äthiopischen und Assyrischen = „was" ist. Die
Differenzierung der beiden Fragewörter ist ebenso sekundär wie
die Geschlechtsunterschiede beim Demonstrativ.
Gegen den Lautwandel i >> e wird man die Nisbe •— nicht
einwenden wollen, denn diese ist ja erst sekundär aus li entstanden.
Auch das Suffix — - kann nichts dagegen beweisen; denn es war,
wie das Aramäische zeigt, ursprünglich unbetont; ebenso die Feminin-
endung ~— des Imper. und Impf., die im Hebräischen ja noch in
Pausa tonlos sind. Auch -»a ist keine Ausnahme, denn es ist ton-
lose Proklitika und als solche Nebenform zu S wie ib zu Ij.
Wenn nun in ^c und "<12 das tonlose l seine ursprüngliche
Qualität bewahrt hat, so wird das e im Stat. constr. der Nomina
auf Anlehnung an den Stat. absol. beruhen. Ebenso sind die Imper.
mV." und m-ir-; als Neubildungen anzusehn, neben denen die dem
!
1) Syr. J kann natürlich nicht auf di zurückgehn. Es ist Analogiebildung
V V
nach O : O zu J, das vor urspr. Schwasilben aus da nach Aufgabe des Schwa
in geschlossener Silbe gekürzt ist.
2) Auf die von Stade § 132 aufgezählten Formen wird man sich nicht
als Belege für einen normalen Lautwandel ä ~^> ß berufen; denn da handelt es
sich teils um vereinzelte Schrullen der Punktatoren, teils um falsche Analogie-
bildungen nach den Verben 7\"?.
Brockelmann, Zur hebräischen Lautlehre. 523
arab. Aj>- entsprechenden lautgesetzlichen Formen ")5£, \>VT\ ja noch
erhalten sind.
VI.
In Johns Hopkins Univ. Circulars XXII nr. 163 p. 70/71 hat
T. C. Foote zu erweisen gesucht, daß Formen wie rr^i von den
Punktatoren nicht als baiip , sondern als baifi gemeint seien , daß
der Punkt unter dem -> nicht als Hireq, sondern als eine Art Mapplq
anzuseku sei. Dabei ist aber verkannt, daß der Entwicklung von
bait > rrs die von maut >> rnn ganz parallel geht, dessen Segol
Foote nicht zu erklären weiß. Er billigt mit Recht die Ansicht
seines Lehrers P. Haupt, daß au im Hebräischen wie im Ostsyrischen
zu äu geworden ist, soweit es nicht durch Systemzwang gehalten
wurde. Wenn nun ai^> aii geworden ist, so sollte man erwarten,
daß äu ^> äuu geworden wäre. Dafür ist nun (lue eingetreten durch
Dissimilation ; denn das bekannte, wohl zuerst von Philippi, Ztschr.
Völkerpsych. 1883 p. 113 ff. formulierte Gesetz wirkt nicht nur
zwischen zwei Sonanten, sondern wie im Syrischen (meine Gramm.
§ 86) auch zwischen Konsonant und Sonant.
VH.
Noch nicht genügend beachtet scheinen zwei Fälle von Meta-
thesis zwischen Vokal und Liquida , wie sie bekanntlich im Indo-
germanischen gar nicht selten sind (Brugmann, Kurze vergl. Gramm.
§ 341 4). Die eigentümliche Form nicN'-p: aus *marasöp zeigt
diese Umstellung genau unter denselben Bedingungen wie arabisch
(i)mra'an aber almar'a. Da die Metathesis aus phonetischen Gründen
am leichtesten in unbetonter Silbe erfolgt, so ist es wahrscheinlich,
daß sie bei dem arabischen Worte zuerst im Stat. constr. eingetreten
ist. Auf demselben Wege nun erklärt sich auch r*DNbtt aus rCNbw,
wie die babylonische Überlieferung bei Kahle, Der masor. Text p. 73
noch bietet. Diese Form scheidet also aus den Beispielen , die
man für einen Schwund des N im Silbenanlaut nach Konsonanten
anzuführen pflegt, aus. Ein solcher Schwund findet überhaupt nicht
spontan statt. Soweit es sich dabei nicht um Aramaismen handelt,
wie r;72n für FJSttpn Job 29 b, liegen besondere phonetische Gründe
vor wie in biWaur die Dissimilation der beiden Laryngalen oder
die auf die ursprüngliche Vokallagerung ablenkend wirkende Aut-
einanderfolge zweier Sonoren , wie in bj?7:ü; = ^l**i = Jj>oaD
aus iirriäl?)
1) äam'äl Gos.-Kautsch27 § 23 c hätte natürlich *3Nfc«5
34
524 Brockelmann, Zur hebräischen Lautlehre.
VIII.
Auch die Erscheinung der haplologischen Silbenellipse hat in
der hebräischen Grammatik noch nicht die gebührende Beachtung
gefunden. Den einfachsten Fall zeigt die Vereinfachung der Laut-
gruppe uaieia ^> uaüa in iTn (Stade § 123 a). Hierher gehört
ferner fN« DN für -(N?27p SN Ex 7 27 9 2, sowie Cr:w:n Jer. 13 10.
Dazu vergleiche man arab. lillähi > lähi (Nöldeke, Zur Gramm.
p. 16), ninüfar ~^> nüfar, syr. sausebln ~^> arab. sabln. Die
Punktation ü"»"Nttn ist schwerlich richtig; weder Barths Auffassung
dieser Form als ein ganz singuläres Part. Perf. (Nom. p. 273; "»N33
Jer. 23 32 ist ja ein ganz reguläres Part. Niph.) noch die Kombination
von Völlers ZA. 17, 301 können überzeugen. Im Nhbr. wiederholt
sich dei*selbe Vorgang im Part. Pu"al X1VM2 , wenig'. Hierher gehören
im Grunde sämtliche Kontraktionen bei den Wurzeln med. gem. Eine
zweite Gruppe bilden die Kontraktionen von lii, lie (aus üie) und
Hi ^> l in D"1^^^, d:"1^"1?? und trDiO (meine Fem. p. 22). In Fern-
stellung findet sich derselbe Vorgang mehrfach in reduplizierten
Wurzeln wie lailai >> lau. Ist in den bisherigen Fällen die Ellipse
auf den Zwang der Aufeinanderfolge gleichlautender Silben zurück-
zuführen, so beruht sie bei der Verkürzung des Afformativs der
der 2. m. pl. Perf. tumü vor Suffixen zu tu wie in der äthiopischen
2. f. pl. kenä > Jcä nur auf der abnormen Länge der Wortbildungen.
525
Samskrt - Handschriften.
Von
Theodor Aufrecht.
Während eines vierwöckentlichen Aufenthalts in London im
August und September vorigen Jahres machte mich F. W. Thomas,
der gegenwärtige Oberbibliothekar des India Office, auf eine neue
Sammlung von Handschriften aufmerksam, welche im Jahre 1902
in die Bibliothek gekommen sind. Sie stammen von Rajah Sir
Surinda Mohun Tagore, Kt. Mus. Doc, her. Er hat einen im Jahr
1890 gedruckten ungenauen Katalog von 106 Handschriften bei-
gefügt, Alle diese sind in Bengali - Schrift. Nach meiner Rück-
kehr nach Bonn hatte ich F. W. Thomas über einzelne Hand-
schriften um Auskunft zu bitten, die er mir wie immer bereitwillig
gewährte.
1 (Katalog 38). Mahäbhärate Xdyädhyäye Ästlkaparvan. 63
Blätter, 8 Linien. Schrift von etwa 1860.
2 (46). Bhagavadgltä mit der SubodhinI von SrTdharasväniin.
Palmblätter. Die Blätter in Verwirrung. Schrift von etwa 1780.
3 (44). Harivamsa. Palmblätter. 5 Linien. Schrift von
etwa 1760.
4 (26). Rämäyana, Kända 1 — 4 und 6. Adikända 110 Blätter,
7 Linien. Schrift von 1854. Ayodhyäkända 129 Blätter, 7 Linien.
Die letzten Blätter von 1854. Aranyakända 115 Blätter. San 1264.
Kiskindhyäkända. Ganz moderne Schrift. Lankäkända 44 Blätter.
Schrift von 1797.
5 (7). Agnipuräna. 330 Blätter. Schrift von etwa 1800.
6 (9). Kälikäpuräna. 335 Blätter, 9 Linien. Schrift von 1812.
7 (18). Narasimhapuräna. Die ersten 23 adhyäyäh und der
größte Teil des 24sten. 57 Blätter, 5 Linien. Schrift von etwa 1820.
8 (6). Brhannäradlyapuräna in 38 Kapiteln. 86 Blätter,
12 Linien. Schrift von 1776.
9 (19). Padmapuräne Kriyäyogasära in 24 adhyäyäh. 149
Blätter, gewöhnlich 7 Linien. Schrift von 1729.
10 (23). Brahmavaivartapuräna. Ein Bruchstück des Brahma -
kända. Schrift von etwa 1840.
526 Aufrecht, SamsJert -Handschriften.
11 (10). Brahmändapuräna. 248 Blätter, 6 Linien. Schrift
von etwa 1780.
1) Prakriyäpäcla. 11 adhyäyäh. Beginnt: «fTTT^T •***"
*$m Tt ^ etc. sfcHTO W?T. II fcT frf ^TOTT *T^T ü-
Vm ^ I WWT^T^ TJTW ^ ^T^T^f^f^ft ^^T II R II Wt-
f]cf ^T^ II TJTT1RW *f ^I^j H T fa^Tf I ^ftreRT-p"R*T
f^nT^^fx? ffqtT^ II 3 II f^m H ^5T% rTf^lf^ *^T^T-
m^i I ^fa^TOf ftTff 3RTTW VVi* V^f^ II 8 II
2) Upodghätapäda. 118 adhyäyäh. Beginnt fol. 54 b:
^ft^W ^ : II TW *t-c|«ri<lU!i rj ^TrjfaWTfa (?) cracT. l
^Tlf ^N *R*lt *P3 ^^IT^T *T-j: II * II fcT ^TR II
JT^nTTTfW TTOi ^4«flHI««IHIdlf^ ^ I ^T^Tf^TTTf ^ 1"
WT I ^TtT^-R^IN ^-pfa^cf^T II 3 II
3) Anusangapäda. Beginnt fol. 144 b: ^J^T ^T^ f%~
^TTct II <* II ^T^: 3ftWT f^rft^ ^TTfTfR^'R^ I rpfN
f^ITTrqT^T^^f IT^fo II R II T^tTT OT^Tü: HflNT-
^fTTT3I1T I ^ffHfa^ rpffa ^ ^^"f ^f^RR?* I 3. H Endet
im 13. Sloka des 26. Kapitels.
Am Ende befindet sich ein einzelnes Blatt in anderer Schrift.
Beginnt: *R *R*^T: WK.V ipnfhOTTfocTT: I TT^W fa^t
itt^t: fTT <I«l^-l H || etc.
12 (97 a). Ädityahrdayastotra aus dem Bhavisyottarapuräna.
12 Blätter, 9 Linien. Schrift von etwa 1870. Sieh Brhatstotra-
ratnäkara (zweite Ausgabe) p. 141.
13 (103). Bhägavatapuräna. 1) Skandha 1—3. 4, 1—9.
2) 6, 14, 21 und 0:. 3) 5 — 7. Schrift aus verschiedener Zeit.
14 (106). Dasselbe. Skandha 5—9. 263 Palmblätter, 5 Linien.
Schrift von etwa 1780.
15 (43). Dasselbe. Skandha X. 4 und 5 Linien. Palm-
blätter von etwa 1750.
16 (104). Skandha X. Erst 5 und später 4 Linien. 224
Palmblätter von etwa 1730.
Aufrecht, Samkrt -Handschriften. 527
17 (97 d). Auf fol. 13a findet sich der Titel: TfÜ ^^Tl-
*ffi ^H*T^f^ TTOsftTRTT W^lH *TT*T ^lNsft SWR*: I
Darauf folgt : ^T^TT^ftüW^ II T& H*m*\ Ttw: ^T TP^:
^fqiT^TT: I «T^f#^f^<rnJ etc. 20 Slokäh von Kapitel 33.
14 Blätter, 8 — 9 Linien. Ausgabe von BhavänTcarana . Calcutta
1827—30.
18 (105). Bhägavataskandhakatkäh, ein Abriß der Erzählungen
im Bhägavatapuräna , mit teilweiser Einschaltung von Versen im
Original. Erhalten sind nur der erste, vierte und zehnte Skandha.
Schrift und Zeitangabe verschieden.
19 (8). Lingapuräna. 1) Pürvabhäga in 105 adhyäyäh.
2) Uparibhäga in 48 adhyäyäh. 209 Blätter, 11 Linien. Schrift
von etwa 1800. r
20 (11). Sivapuräna in 26 adhyäyäh. Stimmt mit Oxford
No. 129, 1 überein. 116 Blätter, 9 und 10 Linien. Schrift von 1798.
21 (2). KäsTkhanda aus dem Skandapuräna, mit dem O: von
Kämänanda. Lücke nach fol. 216 bis fol. 441, oder Kapitel 46, 8
bis 99, 1. Linien verschieden. Schrift von 1810.
22 (16). Mänavadharmasästra mit Kullüka's 0:. 199 Blätter.
Schrift von etwa 1750.
23 (50). Yäjnavalkyadharmasästra. 32 Blätter, 7 Linien.
Schrift von 1821.
24 (51 — 57). Kurze Gesetzbücher von Sankha, Samvarta,
Atri, HärTta, Jäbäli, Apastamba, Daksa. 29 Blätter, 7 Linien.
Schrift von etwa 1800.
25 (36). Ahnikäcäratattva von Baghunandana. 90 Blätter,
8 bis 9 Linien. Abgeschrieben SfRi ^^^H^# d. i. 1740.
Nach meiner Meinung Schrift von etwa 1810.
26 (5). Ekädasitattva von demselben. 103 Blätter, 7 Linien.
Schrift von etwa 1830.
27 (34). Chandogasräddhatattva von demselben. 107 Blätter,
6 Linien. Schrift von etwa 1800.
28 (41). Jyotistattva von demselben. 120 Blätter, 5 Linien.
Schrift von etwa 1800.
29 (100). Tithitattva von demselben. Unvollständig. 43 Blätter,
6 Linien. Schrift von etwa 1790.
0: Tithinirnaya von Gopäla. Sieh den Anfang in L. ;<64.
Schließt: ■RT^*F*3Wnfan'n fWR ^-R rj fa<ä|*n^T*T-
rTRt 1 f^lf^frT f^^f qTT*ni: I 67 Blätter, 6 Liniin.
Schrift von etwa 1800.
528 Aufrecht, Samskrt -Handschriften.
30 (99). IVayascittatattva von demselben. 126 Blätter,
4 Linien. Schrift von 1771.
31 (33). Vivähatattva oder Udvähatattva von demselben.
37 Blätter, 6 Linien. *H% *3fiprrfa^ftfa% I
32 (31). Suddhitattva von demselben. 107 Blätter, 8 Linien.
Schrift von etwa 1820.
33 (35). Samskäratattva von demselben. 62 Blätter. 6 bis
8 Linien. Schrift von etwa 1850.
34 (4). Dvaitanirnaya von Väcaspatimisra. 102 Blätter,
7 Linien. Schrift von etwa 1750.
35 (14). Vivädaratnäkara von CandesVara Thakkura. 232
Blätter, 7 Linien. Schrift von etwa 1780.
36 (91 a). DharmadTpikä (pürvamTmämsä) von Candrasekhara,
Sohn von Vidyäbhüsana (Vidyänandaghana in dieser HS.). Viele
unnummerierte Blätter. Schrift von etwa 1850. — Sieh Hpr.
No. 192. CS. No. 173.
37 (15). Hastämalaka in 14 Slokäh. Text und 0: von Sam-
karäcärya. 4 Blätter. Schrift von etwa 1870.
38 (21). Advaitänandasägara (bhakti). Beginnt: *igT*T^n>
rTf^Wt: VT$ ^ ^ ^TcT^fT ^^TT<ft ^f^T etc.
Am Ende findet sich ein Verzeichnis des Inhalts , wovon eine
Probe: ^*T ^ftf^ ^m^TTf^TT^**; II R$ II ^*T
T£5fT II RS II ^TO^f^H!^ rTOT f^TTOTTTWl II ^Q II
t*t^ttt^: ii 3° ii ^ra*«rr«r ^w. ii ^ ii ftpptfHffa;-
^efi^?^; ^SW ^cftsffafa^**; II ^ II Ein Werk gleichen
Namens findet sich in L. 2545. — 95 Blätter, 8 Linien. Schrift
von 1740.
39 (20). Vasisthasamhitä (yoga) in 8 adhyäyäh. Dialog zwi-
schen Vasistha und seinem Sohn Sakti. Adhyäya 1 endet fol. 4 b.
2 fol. 7 a. 3 fol. 10 a. 4 fol. 10 b. 5 fol. 14 b. 6 fol. 17 b. 7 fol. 18 b.
8 fol. 20 b. 20 Blätter, 8 Linien. Schrift von etwa 1830.
Adhyäya 1 beginnt (vgl. Catal. 10. No. 2432): ^f%S ^Tf^f
Adhyäya 2 beginnt: *jfW^TR II «Wftf * <TTcT «TT^-
Aufrecht, Samshrt- Handschriften. 529
f^ TTTtTt ^TTW ^ ^ITf^f^ I 3iT*rg ^W- jftw:1) ^ffT
f^^f% *TTW II WRTf«T t^ ^T^Tt tälfq ^ t^ör ip«* \
fT^Trl^Tf^ ^^TTf^f t^^T ^T II
Adhyäya -3 beginnt : "HTWT^TJTO^"^ T^TTfa TTüT^Tcff^^ I
^T»TTf% rWTT W^T ^W ^3R *Jsffi II UT*!TT*rR*WRm: mUTT-
*rm: ^fifa: i Trwr*rRf^rfw ifr^r ^q^greri: ii w
^TareiT im ^^q^^^^^T: i * xr^ vmw. ifrw: TTTurrTHTO
cT^^t: ii *fr %^T^ ^t: *ft?fi> ^T^T ^ SfcTförT: I ^fe-
Adhyäya 4 beginnt : ^§^T*ft IT^^Tfa ^KWT: V% <TR<T: 1
*mTf^WTT ^P3T 'TOT ^^fi *JsTcT II *mTf^*T*!re*r?&T *T*W:
n^fr *r%^ ii ^f*TTTW*n ^^r ^t^tt^th tj^ ^ i n^fa ^w-
^WTTt ^TT^T ^ITTWT *rTT II
Adhyäya 5. Der Anfang fehlt. Sieh Catal. 10. No. 2432.2)
Adhyäya 6 beginnt: ^TO% Sfa HT^fT *THTIT»ra*nf*T cT I
^itfN TTfW^ I lf*H f^RTf TJ% f^T^T^^t cT^T II
Adhyäya 7 beginnt: ^faS ^T"H" II ^TfTT^fa H f^Tfa
*afr^j?f^nfa h i T^nfa mfa ^r^Tfti ^ ip*^ stirem; i
^HCWm; II
Adhyäya 8 beginnt: nfm^TR II ftffaT*fa HI^^T^t
<TTffT sfiT^fäci; i tf^w sffgfa^Tfa ^wt^^ * 3T»fr 11 uw
1) Diese drei stehen im MS. im Neutrum.
2) Auf fol. 10 h finden sich Verse über dhyäna,
530 Aufrecht, Samskrt-Handschrißen.
üTf*T Sfi^Tfirr f^T^^f^fTf^TfT ^ I etc.
Schließt: ^nfv: ¥*raT utWT ^TT'Wf^^f^T I ^TTTfV:
*m<nWT Wt^T^T^TTT^I'Pr: II WrWrefaf*njWT (lies ITt)
arra^r: **nff et: i tft tö (Si ms.) to f^ig TOfasfr-
ifa^ti; ii
40 (59). Kusumänjali von Udayanäcärya. Ein Bruchstück.
41 (68). Tattvacintämani von Gangesa. Endet mit dem
bädhasiddhänta und schließt in der Ausgabe der Bibl. Indica p. 981.
54 Blätter, 6 Linien. Sclrrift von etwa 1800.
42 (88 b). Größere Fragmente desselben. 1) Vom Anfang
bis samdigdhatvät Bibl. Ind. II, p. 386. 2) Von visistasmarane
ibid. 459 bis dhüllpatalät ibid. 545. 3) tac cänumänam ibid. 689
bis vyarthavisesanatvät ibid. 807.
RAGHÜNÄTHA.
43 (92). Tattvacintärnanidldhiti. Zwei Abschriften. Das Ende
fehlt in beiden. Die erste enthält 66 Blätter mit 6 bis 7 Linien.
In der zweiten sind die Ränder abgerissen. Schrift von etwa 1820.
44(93). Tattvacintäniamdldhiti. Das Ende fehlt. 114 Blätter,
5 Linien. Schrift von etwa 1780.
45 (40). Ein einzelnes Blatt, Beginnt: ^TRfa^TfatfV
^T^THT^^TT'nn^ren'Tf1* fa^T etc. Aus dem Abschnitt
Paksatä, in der Ausgabe von Calcutta Samvat 1905 p. S8, 19.
46 (72). Vyäptipürvapaksa. Beginnt mit fol. 11 und endet
fol. 44. Dldhiti 13, 7 (pratiyogitäka). Auch in der Mitte fehlen
einige Blätter. 5 Linien. Schrift von etwa 1790.
47 (58). Siddhäntalaksana. Beginnt: JTf7J*ft??TO*rRTf^rei-
•^ürcqpjfafllS etc. Unvollständig. Dldhiti p. 22, 22. 14 Blätter,
5 Linien. Schrift von etwa 1840.
MATHURÄNÄTHA.
Kommentar zu Tattvacintämani.
48 (87). Anumitinirnayarahasya. Tattvacintämani II, 1.
Fol. 7a bricht ab in vaktavyatäpätädi ibid. p. 6, 11. Fol. IIb
enthält den Schluß des Abschnitts, ibid. p. 26. — 11 Blätter,
9 Linien. Schrift von etwa 1800.
49(89). Avayavarahasya. Beginnt: ^TTSfTWR etc. Tattva-
cintämani II, 689. Das Ende fehlt. — 11 Blätter, 8—10 Linien.
Schrift von etwa 1790.
Aufrecht, Samshrt- Handschriften. 531
50 (85). Kevalänvayyanumänarahasya. Beginnt : ^JTTT'SJrT.
^^fT^T^TT't ibid. p. 552. Bricht ab auf fol. 9b ^^^r^jfrT-
^•m-R^W^I ^Tfa^TfH: ibid. p. 584, 11. - ■ 9 Blätter,
9 Linien. Schrift von etwa 1800.
51 (63). Paksatärakasya, und eine Pattrikä über dieses Kapitel.
Ibid. 407. 8—9 Linien.
52 (84a). Parämarsarahasya. Beginnt: ^TföffT^t^TOT
ibid. p. 442. Bricht ab mit ^NTTOlfa ibid. 536, 17. — 26 Blätter,
7 — 8 Linien. Schrift von etwa 1840.
— (84 b). Dasselbe Kapitel. Bricht ab mit fW^TTWflT-
Uf?T*ft ibid. p. 453, 15. -- 8 Blätter, 7 Linien. Schrift von
etwa 1810.
53 (82 a). Sämänyalaksanärahasya. Beginnt: T^T ^nTTT-
WWI HTJTRl^Wref 3T(SrreTf=rrö ibid. p. 253. — Zusammen
mit Nr. 58 11 Blätter, 9—10 Linien. Schrift von etwa 1800.
54 (86). Dasselbe Kapitel. 11 Blätter, 9—10 Linien. Schrift
von etwa 1800. Fol. la enthält am Anfang 2 Linien des Vyapti-
graharahasya und S1^ Linien des Upädhivädarahasya.
55 (75 b). Simhavyäghrarahasya. Ibid. p. 49.
56 (76). Siddhäntalaksanarahasya. Beginnt: nfWtJ3TO*TT-
TTfW^fa ibid. p. 100. Unvollständig. 9 Blätter. Am Ende
ein Blatt mit der Zahl 27, beginnt: f^ÜI^^^Tf^^T^t IrWrT-
*Tnftw% 3$ *cfoT«TO ^rcrOTRrwrei etc. sieh ibid.
101, 14.
57 (81). Tarkarahasya. Beginnt: fl^Tf I cf^T ftfcT WT
Xfri Wft ^ etc. Ibid. p. 219. Das Ende fehlt, — 6 Blätter,
10 Linien. Schrift von etwa 1830.
58 (82b). Upädhivädarahasya. Bruchstück. Beginnt: JWsf-
*T*reiT ^HTN fa^lfarj etc. Ibid. p. 294.
59 (78). Visesavyäpti. Fol. 2—14. 7—8 Linien. Unvoll-
ständig am Anfang. Das letzte Blatt endet mit ^T^TfTTf^TrT
^%T ibid. p. 165, 7.
60 (75 c). Vyadhikaranadharmävachinnäbhävarahasya. Ibid.
p. 53. Endet ^Tf^WR^t fa^Sf ibid. 67, 19. Sieh Nr. 63.
61 (80). 1) Vyäptigrahopäyarahasya. Beginnt: ^Tf^^
f*T^W ibid. p. 174. Bricht ab mit StftFTOfrfT^fa 1T¥: ibid.
213, 17. 10 Blätter, 8 Linien. Schrift von etwa 1790. 2) Der-
selbe Abschnitt. Bricht ab mit rT^T ftfrT WW ibid. L93, 7.
5o2 Aufrecht, Sainskrt- Handschriften.
6 Blätter, 6 Linien. Schrift von etwa 1860. 3) Ein Blatt mit
der Zahl 9 beginnt: ^ 3Rt^rrW«m\fa^ I 4) Bezeichnet:
Vyäptigrahopäyasya Mathurätikä. Einige Sütra erwähnt, z. B. ^J*TT-
^«H^reT^l *ff c|#fa I ^P*f TT \ff[ I ^<fa<H41(K Tfa I
Nicht gefunden. 4 Blätter, 8 — 10 Linien. Schrift von etwa 1820.
62 (74). Vyäptivädarahasya. Beginnt: ^«J*n*nrpfrp!5 f*T-
^ ibid. p. 27. Bricht ab mit cHTT ^ t^fif^ ibid. 45, 20. Fol.
12, 17, 9 Linien. Schrift von etwa 1810.
63 (75 a). Fortsetzung der vorigen Nummer. Endigt mit
dem Vyäptipancaka, ibid. p. 48. — Fol. 18 — 26. 9 Linien. Schrift
von etwa 1810.
64 (79). Sämänyäbhävarahasya, wahrscheinlich aus Mathurä-
nätha's Kommentar zur Anumänadldhiti. Fol. 2 — 14. 2a beginnt:
*frf*m^*P* ^^StlTCTfafTfTtlT II Fol. 14 b: *WT*RT %f<T
(Dldhiti 32, 8) I *T*T *#^ ^W^T^RTOT: ^T^T^fT^H^t S^
TRTtfa f^*!^ 3Tfr^^ T^T 3*!*ft 1 ^T^cT ^Tf I fa^TT
tffT ^T^Tf^tlT (Dldhiti 32, 9. 10) ^WT^fTW^T^m^T
^T^TT T>T — 8—9 Linien. Schrift von etwa 1800.
65 (62). NyäyalTlävatlprakäsarahasya , ein Kommentar zu
Raghunätha's NyäyalTlävatiprakäsa. 1) Den Anfang siehe in
CS. 3, 376. Endet: ^flf%¥T*fWTW TTOTW^T JTTflTfW^'ft-
T^T^%f?T ^TTTTI H 13 Blätter (das elfte zweimal gezählt),
7 Linien. Schrift von etwa 1800. 2) Ein Bruchstück desselben
Kommentars. Beginnt: frTJ^r ^T^TTtlf^T^^Tf^^: II
Fol. 10b endet: TW^^ 3<cT^TfatlTTW# S«J*iW II Fol.
5—10. 8 Linien. Schrift, von etwa 1800.
GADÄDHARA.
Kommentare, hauptsächlich zur Anumänadldhiti.
66 (71). Asädhärana. Beginnt: «T*J f^5fTT^fW^5TT^ *<%-
fcTifrfT^^^T^T^TT^f*TffT 1 *HI«I I f«^*l ««I il <l fd (\c*| d ^Tf HT-
^TfaffT I Dldhiti 140, 4. Schließt: ^UTTTTCr^H S^TO^T-
^vfiTfT"R^!|^"Rcff^ xr^ *%cfT WTTtI^I ^T^ITtl^^^T-
Aufrecht, Samskrt- Handschriften. 533
ftTCW^T^ II 7 Blätter, 8 Linien. Schrift von etwa 1810.
67(60). DvitTyädivyutpatti. Beginnt: ^«Tf*T(?TO\nH*ft5t etc.
Sieh Catal. 10. No. 2036. Schließt: Tl^^T ^T^THTHTTS^^^T-
^tWm " II 12 Blätter, 8 Linien. Schrift von etwa 1800.
68 (61). Navyamativicära. Ursprünglich 15 Blätter, jetzt
fehlen 1—3. 11. 12. Sieh L. 975. CS. 3, 360. — 7 Linien. Schrift
von etwa 1800.
69 (69). Satpratipaksa. Beginnt: *WR^%3nf^ **T^
(p. 865) I *üfrere"HFTxraR^Tf^ *fa JTfffWTöTWPU'T-
*T^^HTfaf^*TTfa3rä: II Schließt: fa^cnTfcT^Tf^-
*ft% S^T^W ^fTT^Tf^fa ^T^I II 23 Blätter, 8 Linien.
Schrift von etwa 1810.
70(73). Savyabhicära, Beginnt : *n*rRl^HPP^J l WT ?) **T-
füf^rf^H^TOTf^fa I *J*pftfa (Diclhiti 131, 10) ^T^TÜrftT *T-
TOTT^r*: *T*n*t ^TOTT^TCTOTWRtTOf TfT (Tattvac. p. 784)
f^fTO^TCT^wfrTOfftfTcrffr ^TTfa^T TT7\ fftt II Schließt:
^TsNrWR ^T^Tt^f^! II 29 Blätter, 8 Linien. Schrift von
etwa 1810.
71 (70). Sädhärana. Beginnt: *3*0m 3TO*T#an^: (Tattva-
cint. p. 823) ^*T?T *T^T^T^Tf^TfF^*M'ffiTTW I tf"
^T$f?T (Dldhiti 138, 10). — Endet: ^f^T^Tf^T^T f^-
^Tf^Tn^T *TT3IT^Tf^f^f^7aWn II 9 Blätter, 8—9 Linien.
Schrift von etwa 1820.
Darauf folgt ein Krodapattra dazu, beginnend: ^JfT^J *TT-
^TTT faf*n^ft° etc. 3 Blätter, 5 Linien. Schrift von etwa 1840.
BHAVÄNANDA.
72 (94). TattvacintämanidTdhitigüdhärthaprakäsikä. Sieh CS.
3, 271. 184 Blätter, 7—8 Linien. Schrift von etwa 1680.
73 (88a). Beginnt: *% ^fa^rCTT^ ^fff ^TTfWRT-
534 Aufrecht, Sarpsh-t- Handschriften.
^ftlTTOTäWr^Tf I TreiTf^fa (DldMti üpädhi 64, 18).
Schrift von 1799.
74 (95). Kommentar zu Jayadeva's Cabdäloka. Beginnt:
^^f VWlWfi II Schließt : IT^Tfl(5IfTTf*T^f3tq«Ft ^TTITFT II —
Die Blätter in Unordnung. 6 — 7 Linien. Schrift von etwa 1700.
JAGADlSA.
Kommentare zur Anumänadfdhiti.
75 (83). Paksatä. Eine Reihe von Blättern ohne Zusammen-
hang mit einander. Das erste beginnt: ffTf SrW*rRT*T*T"RJTre
"JTlffT etc. Den richtigen Anfang sieh in CS. 3, 258.
76 (66 a). Avachedakanirukti (Abschnitt Siddhäntalaksana.
Dldhiti 22, 22. Sieh CS. 3, 233). Sämänyäbhäva (Didhiti 31, 7.
L. 509). Vyäptigrahopäya (Didhiti 45, 26. Sieh CS. 3, 253). —
66 Blätter, 8 Linien. Schrift von etwa 1790.
- (66b). Beginnt: TO T^W^^rfaf 1 ^*I*Wfäffa
Tm^Tl 3> «S^^T^^^TTO^TOTC etc- (Didhiti 28, 24).
77a (12). Siddhäntalaksana. Beginnt: ^^^"Rf^^I *NJ-
#^ Wlf^^f^¥THT^l?fH^f'IfTT^W^3ftwrfTTTIlfk^T^T^^fW-
W^T^nfFf^äRTOT ^JT^t I Tattvacintämani p. 100. Didhiti
p. 22, 22. Sieh CS. 3, 253. — Schließt: %fRm^TfiWiWWr-
nfinftfafTTOT ^*n|^ fT^T^^^ffT^^I ^T^TTfcT^fTf^IfTT-
^f| bricht hier ab. — 23 Blätter, 7 — 8 Linien. Schrift von
etwa 1790.
77 b (64). Derselbe Abschnitt. ■ — 8 Blätter, Linien verschieden.
Ein halbes Blatt enthält eine Pattrikä. Beginnt: ^^T fä-
cT^TT etc.
78 (77). Bruchstück desselben Abschnittes. Fol. 16—21,
8 Linien. Schrift von etwa 1840.
79 (65). Vyadhikaranadharmävachinnäbhäva. Beginnt: ^J(^T-
*-RTf^T*ÜT irrenT*jrP£in *rTTT»n^faST*?Hqfa(SI#sr etc.
Didhiti 10, 20. Das Ende fehlt. — 18 Blätter, 9—11 Linien.
Schrift von etwa 1810. — Am Ende drei Blätter verschiedenen
Inhalts aus demselben Abschnitt.
Aufrecht, Samskrt- Handschriften. 535
80 (90). Muktivädavicära, Beginnt: J^ft^^mf^tte rT^-
m^t imiW. W3c[$i I Sieh CS. 3, 93. — 14 Blätter, 6 Linien.
Schrift von etwa 1860.
81 (91 b). Dieselbe Abhandlung. — 9 Blätter, aber ein paar
fehlen, 6 Linien. Schrift von etwa 1850.
82 (101). Bhasaparicheda von Visvanatha. — 7 Blätter, 6 — 8
Linien. Schrift von etwa 1830.
83 (1). Sästrasiddhäntalesasamgraha in vier Paricheda, von
Appayya Dlksita. Beginnt: ^rf^TcTf^^T^T^T^T^q^ *f^n*T
etc. Sieh Catal. 10. No. 2448. Eine Nyäyacandrikä (^ifa^T^T
^rf^tTTTO etc.) wird zitiert Parich. 1, 27b. 2, 48b. 3, 61a.
- 87 Blätter, 10 Linien. Schrift von 1829.
DICHTKUNST.
84 (49). Meghadüta von Kälidäsa. — 8 Blätter, 5 — 6 Linien.
Schrift von Lokäbdäh 1624.
85 (29 b). Kumärasambhava bis 5, 83. — 36 Blätter, 4 Linien.
Schrift von etwa 1830.
86 (32 b). Kumärasambhava. 1. 2. 3, 1—4. — Sieh Nr. 100.
87 (30). Kaghuvamsa vollständig. — 145 Blätter, 5 Linien.
Schrift von etwa 1750.
88 (97 b). Die vier ersten Slokäh aus dem Raghuvamsa.
89 (17 a). Amarusataka. — 9 Blätter, 6 — 7 Linien. Schrift
von etwa 1830.
90 (102). Naisadhacarita von Srlharsa, sarga 1. 2 und 3, 1 — 37.
Mit dem Kommentar von Srivatsa, Sohn von Narasimha. Sieh Catal.
10. No. 3839. — Schrift von etwa 1750.
91 (17 b). Krsnastotra (von Bühler Bälakrsnakrldäkävya ge-
nannt) von Bilvamangala. 104 Verse; und Randglossen. Beginnt:
Sieh L. 1198. — 9 Blätter, 5 Linien. Schrift von etwa 1780.
92 (17 c). Visnustotra und 0: von einem anonymen Verfasser.
7 Verse. Vers 1) beginnt: ^r%7W«TTOTO. 2) Tf %?&* TT^T.
3) f^R 'ft ^fffT^T^T I Unvollständig. — 5 Blätter, 5 Linien.
Schrift von etwa 1830.
93 (17 d). Patitapävananämaka Gangästotra in 22 Versen von
Käslnätha Sarman. Beginnt : '^'W^T^'^^^^f^Tf^fT'T^lT^"
^t^^# sr^TT% ^f^T^TBfiTX^ 3T^ITr^f^^^ft^T^^fnT^# I etc.
— 4 Blätter, 5 Linien. Schrift von etwa 1830.
94 (4«). Käntisatakii von Silhana. — 8 Palmblätter. Schrift
von etwa 1790.
536 Aufrecht, Samslq-t- Handschriften.
A LAMKARA.
95 (47). Kavvaprakasa von Mammata. Ullasa 6—10. —
39 Blätter, 5—6 Linien. Schrift von 1842.
96 (39). Säkityadarpana von Visvanätha. — 62 Palmblätter,
5 Linien. Schrift von etwa 1780.
97 (24). Kysipaddhati , eine Abhandlung über Ackerbau,
welche Paräsara zugeschrieben wird. Sieh Catal. 10. No. 3168. —
14 Blätter, 5 — 6 Linien. Schrift von 1848.
LEXIKOGRAPHIE UND GRAMMATIK.
98 (37). Amarakosa vollständig. — 172 Blätter, 4 Linien.
Schrift von etwa 1850.
99 (97 c). Der einleitende Vers des Amarakosa ^^T ^fT«T-
^JT0, mit dem 0: von Rämanätha. Nur fol. 2.
100 (32 a). Bhattikävya. Die ersten 7 sarga. — Mit Nr. 86
31 Blätter, 4 Linien. Schrift von etwa 1840.
101 (29 a). Bhattikävya. Die ersten 5 sarga. Mit Glossen.
— 27 Blätter, 9 Linien. Schrift von etwa 1830.
102 (42 a). Kätantrasütra. (42 b.) Dieselben mit dem 0: von
Durgasimha. — 5 Linien. Schrift von etwa 1790. Die Blätter
durcheinander gemengt.
103 (45). Das Kapitel über krt -Suffixe. Mit dem 0: von
Durgasimha. Beginnt: ^^nf^f<^5t ^<ST etc. Sieh die Ausgabe
von Eggeling p. 299. — 69 Blätter, 5—6 Linien. Schrift von 1696.
104 (28). Mugdhabodha von Vopadeva. — 140 Blätter,
5 Linien. Schrift von 1854.
105 (98). Durgädäsa's MugdhabodhatTkä. Beginnt: f^TfRt
WtofaT^TOf ^T^rqfTi: etc. — 80 Blätter, 8 Linien. Schrift
von etwa 1860.
106 (27). DhätudTpikä, ein 0: zu Vopadeva's Kavikalpadruma,
von Durgädäsa. — 49 Blätter, 7—8 Linien. Schrift von etwa 1790.
107 (13). Ratnäväll, eine Elementargrammatik von Ratne-
svara. Beginnt: *j»ft: 3HÜ*T T^ft" H^ft WRIT: TJ^T*5T*TO-
Wr^fTtfr " i kü^k- WiTc\m:: tre?rt ff m*? Tm^jft*rf^?rr
WKW^ WFSfä S^fa^t ^ II Bricht ab mit: ^T 3TOT;T*-
T^f^ ' I 74 Blätter, 6 Linien. Schrift von etwa 1790.
Aufrecht, Samskrt- Handschriften. 537
108 (67). SabdärthsäramaBjarl von Bhavänanda. Beginnt:
Sfa 3TcT*T7T II W% f^^ITf^f^TT^ ^TT^fafa etc. Sieh Catal.
10. Ho. 726. — 12 Blätter, 8 Linien. Schrift von etwa 1790.
ASTROLOGIE.
109 (96). Satkrtyamuktävall von Raghunätba Sarman. Be-
ginnt: ^T ^"RiTTPHJHfaf^T etc. II TTJSnf^fNhrf^TTlfT-
^f5TT*TP!T*re*nf^*T^ m^H II RH — 45 Blätter, 6 — 5 Linien.
Schrift von 1849.
110 (41b), SuddhidTpikä von Srlniväsa. Nicht ganz voll-
ständig am Ende. Sieh Catal. Oxon. No. 792. — 31 Blätter.
6 Linien. Schrift von etwa 1800.
TANTRA.
111 (25). Näradapancarätra. Vollständig. Schließt mit einem
zwölften adhyäya. 100 Blätter, 8 — 9 Linien. Schrift von etwa
1820.
112 (3). PratyabhijhäsüträrthavimarsinT. Enthält die Laghvi-
vrtti, den kürzeren Kommentar im Vergleich zur Brhadvrtti, von
Abhinavagupta. Gedruckt in Pandit IL III. Vgl. Bühler im
Detailed Report p. CLX.
Im Anfang bis fol. 66 b findet sich die Stoträvali, bestehend
aus 20 Stotra , von Utpaladeva, mit dem 0: von Ksemaräja. Sieh
Stein Catalogue p. 360. — 103 Blätter, 10 Linien. Schrift von
1856.
113 (22). Kedarakalpa in 19 Patala. Stimmt überein mit
Nr. 363, 2 im Katalog der Sanskrit-Handschriften in Leipzig. Die
letztere enthält nur 10 Patala. — 51 Blätter (Blatt 40 fehlt),
10 — 11 Linien. Schrift von etwa 1850.
114 (26 b). Ein Bruchstück des Tantrasära. Fol. 36— 66.
Käslnätha Sarman : Patitapävana Gangästotra.
Ratnesvara: RatnävalT.
Sieh Nyäyacandrikä in Nr. 83. Stoträvali in Nr. 112.
35
538
Aufrecht, Samshrt -Handschriften.
Die jetzigen Nummern verglichen mit den alten.
1 =
83
32 a
=
100
73
=
70
2 ==
21
32 b
=
86
74
=
62
3 =
112
33
=
31
75 a
=
63
4 =
34
34
=
27
75b
=
55
5 =
26
35
=
33
75 c
=
60
6 =
8
36
=
25
76
=
56
7 =
5
37
=
98
77a
=
12
8 =
19
38
=
1
77b
=
64
9 =
6
39
—
96
78
=
59
10 =
11
40
=
45
79
=
64
11 =
20
41a
=
28
80
=
61
12 a =
97a
41b
=
110
81
=
57
12 b =
77a
42
=
102
82 a
=
53
13 =
107
43
=
15
82b
=
58
14 =
35
44
=
3
83
=
75
15 =
37
45
=
103
84
=
52
16 =
22
46
=
2
85
=
50
17 a =
89
47
=
95
86
=
54
17b =
91
48
=
94
87
=
48
17 c =
92
49
=
84
88 a
=
73
17 d =
93
50
=
23
88 b
=
42
18 =
7
51-57 =
= 24
89
=
49
19 =
9
58
=
47
90
=
80
20 =
39
59
=
40
91a
=
36
21 =
38
60
=
67
91b
=
81
22 =
113
61
=
68
92
=
43
23 =
10
62
=
65
93
=
44
24 =
97
63
=
51
94
=
72
25 =
111
64
=
77b
95
=
74
26 a =
4
65
=
79
96
=
109
26 b =
114
66
—
76
97 a
=
12
27 =
106
67
=
108
97b
=
•88
28 =
104
68
=
41
97 c
=
99
29 a =
101
69
=
69
97d
=
17
29 b =
85
70
—
71
98
=
105
30 =
87
71
=
66
99
==
30
31 =
32
72
=
46
539
Beiträge zur Beleuchtung des islamitischen Straf-
rechts, mit Eücksicht auf Theorie und Praxis in
der Türkei.
Von
Johann Krcsmärik.
XL
Das Blutgeld {dijet, a7-s)1). Blutgeld heißt der Gegen-
wert an Vermögen, welchen jemand als festgestellten Schadenersatz
für das vernichtete Leben oder für verletzte Körperteile eines anderen
zu zahlen hat.
Das Blutgeld ist entweder ein volles oder ein Teil des vollen.
Für das Leben ist das volle Blutgeld, für körperliche Verletzungen
in der Kegel nur ein Teil des vollen Blutgeldes zu bezahlen. Trotz-
dem gibt es aber auch solche körperliche Verletzungen, für welche
der Täter das ganze Blutgeld als Entschädigung zu bezahlen hat.
Die zur Forderung des Blutgeldes berechtigte Partei braucht
den ihr zugeurteilten Entschädigungsbetrag nur in Kamelen, in Silber
oder in Gold anzunehmen. Das volle Blutgeld für einen Mann sind
10 000 Dirhem, in Gold 1000 Dinar, in Kamelen aber 100 Stück.
Für eine Frau entfällt von allem die Hälfte.
Das mohammedanische Strafrecht stellt es genau fest, wie die
als Blutgeld zu bezahlenden Kamele beschaffen, wie viel von ihnen
zweijährig, dreijährig, wie viele männlich und weiblich sein sollen.
Diese Details interessieren uns hier nicht , denn in der Türkei ist
das Zahlen mit Kamelen nicht üblich. Ich bemerke nur, daß das
bei dem dem absichtlichen ähnlichen Totschlag erwähnte verschärfte
1) Unter dijet versteht man den Schadenersatz , welcher für das Leben,
and unter arä das, was wegen einer körperlichen Verletzung zu zahlen ist.
Grauhaxe II, 214. c^*^ U")^ »JuüO *£».-d£» xJU.i ^>»J-> xi-X-O ^ss^sü
,^J»t "iülbi 'Omer Plilmi 68.
540 Krcsm&rikf Beür. z. Beleuchtung d. idamit. Straf rechts, etc.
Blutgeld so viel bedeutet, daß der zur Zahlung desselben verurteilte
Täter einige Kamele von höherem Werte zu geben hat. Bei der
Barzahlung bat das verschärfte Blutgeld gar keine Bedeutung.
Unter Dirhem und Dinar sind nicht die im öffentlichen Ver-
kehr befindlichen, sondern die sogenannten Sari'atdinar und -Dirhem
zu verstehen. Den Wert derselben umschreiben die mohammedani-
schen Juristen verschiedenartig.1) Nach 'Omer Hilmi ist ein Dirhem
gleich vierzehn Karat , ein Karat aber repräsentiert das Gewicht
fünf mittelmäßiger Gerstenkörner. Ein Dinar bedeutet ein Gold-
stück, dessen Wert zehn Dirhem Reinsilber ist.
In der Türkei hat die Praxis seit uralter Zeit das Rechnen
in Silber eingebürgert."2) Das Blutgeld mußte nach dem Gesetz
eigentlich in reinem Silber bezahlt werden. Da aber die Münzen
nicht aus reinem Silber hergestellt zu werden pflegen , wurde es
als Regel angenommen, daß, wenn in einer Münzgattung das Silber
das Legierungsmetall überwiegt, die Münze als reines Silber zu be-
trachten ist und mit ihr die Zahlung nach Gewicht gesetzlich ge-
leistet werden kann. Nach 'Omer Hilmi ist der zwanzig Piaster
werte Medschidije eine zur Zahlung geeignete Münzgattung. Mit
den übrigen Münzen kann nur dann bezahlt werden, wenn die
Parteien diesbezüglich übereingekommen sind.
In der Türkei sind heute für das Leben eines Menschen als
volles Blutgeld zu bezahlen:
1333 Stück Silbermedschidijes
1 „ Cejrek (l/4 Medschidije)
1 B Piaster (Groschen)
1 „ 20 Parastück,
das ist zusammen 26 666 Piaster und 20 Para, oder wenn wir einen
Piaster mit 19 Pfennigen berechnen, 5066 Mark 631/., Pfennige.3)
Urteilt der Richter im türkischen Reiche jemandem das Blut-
geld zu , so kann dieser fordern , daß der zugeurteilte Betrag ihm
in Silbermedschidijes ausbezahlt werde , er kann aber nicht Be-
friedigung in Gold verlangen.4)
Das richterlich zugeurteilte Blutgeld ist nicht sofort fällig.
Durch diese Verfügung will das Sari'atstrafrecht die zur Zahlung
verurteilte Person davor bewahren. Vermöwensstörunwen zu erleiden
1) Eadd ulmuhtär II, 38 u. f.
,A-ixI»i wr.-xJCx. JjclxJü« s~\j>\, *.X> MuX^».4.i 'Omer Hilmi 71
3) 'Omer Hilmi a. a. O.
-;X?jl\jI ^> »jj „j* tr^y'^ 'Omer Hilmi 72.
Krcsmärik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamü. Strafrechts, etc. 541
oder eventuell gar ruiniert zu werden. Der Schuldner hat Zeit,
den zugeurteilten Betrag innerhalb dreier Jahre zu bezahlen1), der-
art jedoch, daß mit Ende des ersten Jahres von der Urteilsschöpfung2)
an gerechnet ein Drittel des Blutgeldes, mit Ende des zweiten Jahres
das zweite und mit Ende des dritten Jahres das dritte Drittel fällig
werden. Es bleibt sich gleich, ob eine einzige Person der Schuldner
ist, oder ob es deren mehrere gibt. Haben sich jedoch die Parteien
hinsichtlich des Blutgeldes miteinander verglichen , kam es daher
nicht zu einem richterlichen Urteil, dann ist der Yergleichtbetrag,
wenn nichts anderes bedungen ist, sofort fällig.
Das Blutgeld geht sowohl als Forderung, wie als Schuld auf
die Erben über. Stirbt daher der Schuldner, bevor er das ihn
belastende Blutgeld bezahlt hat, so ist diese Schuld aus seiner
Hinterlassenschaft einzutreiben. Stirbt aber andererseits der Berech-
tigte früher, so erben seine Rechtsnachfolger seine Forderung. Der
Erblasser hat auch das Recht, hinsichtlich seiner Blutgeldforderung
letztwillig zu verfügen.
Das volle Blutgeld ist für solche menschliche Körperteile, von
welchen es zwei gibt , dann zu bezahlen , wenn der Täter beide
vernichtet hat, also für Hände, Füße, Ohren, Lippen und Brauen,
bei den Frauen für die Brüste und deren Warzen. Für die männ-
lichen Brüste ist nur eine von der richterlichen Schätzung abhäng-
ende Entschädigung zu zahlen. Wurde von den doppelten Körper-
teilen nur einer vernichtet, dann hat die verletzte Partei auf die
Hälfte des Blutgeldes Anspruch.
Infolge der Wichtigkeit des Körperteiles ist das volle Blut-
geld für die Zunge zu bezahlen, wenn durch deren Verletzung die
Sprache oder mindestens die Wiedergabe der meisten Töne un-
möglich wurde, ferner für solche Verletzungen des Gehirns, welche
i) Diese Regel ist nur beim „vollen dijet* maßgebend; denn wenn
jemand zur Zahlung eines Betrages {ars) verurteilt wird, welcher nicht mehr
als ein Drittel des „vollen dijet* ausmacht, so ist dieser Betrag innerhalb
eines Jahres, wenn er zwei Drittel nicht übersteigt, innerhalb zwei Jahren,
wenn er höher ist, so ist der nach Abrechnung der zwei Drittel verbleibende
i'berschuß im dritten Jahre zu bezahlen. ö^JLi .iLj \3\ v_vS»!«-! ,.| *JLci
•1+2 !>\ yiJUüi lc <_>!: L«j sjs.=>^ kä^v j, ^_a^?. yi\ _»t &.jlXÜ
iCÜUJj Radd ulmul.itär V, 563. 'Omer Hilmi 76.
2) Das Jahr wird nicht vom Zeitpunkte der begangenen strafbaren Hand-
lung wie es Säti'i lehrte, sondern vom Tage des richterlichen Urteils gerechnet.
xi'w^J! ,}l6 l*y Sül*4*j Radd ulmul.itär V, 563.
542 Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. islam.it. Strafrechts, etc.
den Verlust der Vernunft tätigkeit verursachen. Der Prophet hat
für die Zunge, ferner für die Nase das volle Blutgeld zugeurteilt.
Ebenso kann derjenige volles Blutgeld beanspruchen , dessen Sinne
unbrauchbar gemacht oder dessen Schönheit vernichtet wurden.
Da der Mensch je vier Augenwimpern und Augenlider hat,
so ist für alle vier das volle Blutgeld, für je eines aber ein Viertel
des vollen Blutgeldes zu bezahlen. Das Blutgeld für einen Finger
oder für eine Zehe ist ein Zehntel des vollen Betrages ; nach einem
Gliede des Pingers oder der Zehe aber, wenn der Finger drei Glieder
hat, ein Drittel des nach dem Finger zu zahlenden Blutgeldes, wenn
er aber nur zwei Glieder hat , wie z. B. der Daumen , die Hälfte
dieses Betrages. Für jeden einzelnen Zahn ist die Hälfte eines
Zehntels des vollen Blutgeldes zu bezahlen, was fünf Kamele oder
500 Dirhem ausmacht. Dies beruht auf einem Ausspruche des
Propheten , daß für jeden Zahn fünf Kamele zu entrichten sind.
Es ist jedoch zu bemerken, daß, wenn wir die Zahl der in einem
kompletten Gebisse befindlichen Zähne , also 32 , mit dem derart
festgestellten Entschädigungsbetrag multiplizieren, mehr als das volle
Blutgeld herauskommt. Dies erklären die mohammedanischen Juristen
verschiedenartig; da jedoch der Prophet so verfügt hat, so halten
sie sich daran.
Auch von den Verletzungen des Kopfes und des Gesichtes
haben einige einen festgesetzten Preis. So ist für jede Wunde,
bei welcher der Knochen sichtbar wird , die Hälfte eines Zehntels
des vollen Blutgeldes zu bezahlen; bei jenen Wunden, bei welchen
ein Knochenbruch eintritt, ein Zehntel des Blutgeldes, bei jenen
Wunden, bei welchen der Knochen entzweibrach oder von seinem
Platze verrückt wurde , ein Zehntel und überdies noch die Hälfte
eines Zehntels des Blutgeldes ; bei jenen Verwundungen, bei welchen
die Wunde bis an den inneren Teil des Schädelknochens, bis an
die „dura mater" genannte Haut dringt, ein Drittel des vollen
Betrages zu bezahlen. Frauen kommt die Hälfte all dieser Be-
träge zu.
Die übrigen Verletzungen des Kopfes und des Gesichtes werden
auf Grund richterlicher Schätzung (hukumet 'adl) entschädigt. Für
die richterliche Schätzung gilt die Vorschrift, daß man, wenn an der
Person, welche eine Verletzung erlitten hat, nach der Heilung die
Spuren einer einen körperlichen Fehler verursachenden Verletzung
sichtbar sind, annimmt, diese Person sei ein Sklave. Als solcher wird
sie von Sachverständigen erst ohne den Fehler, dann mit dem Fehler
geschätzt. So viele Prozent nun die Differenz zwischen diesen beiden
Beträgen von dem Schätzungswerte in fehlerlosem Zustande aus-
macht, in demselben Verhältnis ist ein Teil des vollen Blutgeldes
der verletzten Partei als Entschädigung zu bezahlen.1) Ist z. B.
1)
r)L^=> jj j.yü ,.l ^»L^laJl aJLä La Ac JCxjXsl «&•**&'
Krcsmärik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Straf rechts, etc. 543
der imaginäre Wert einer Person ohne Fehler 10 000 Piaster, mit
dem Fehler 8000 Piaster, dann ist die Differenz 2000 Piaster,
d. i. 1/5 , und nach diesem Verfahren erhält die verletzte Partei
für die Verletzung ein Fünftel des vollen Blutgeldes.
Das Blutgeld des Sklaven bildet dessen faktischer Wert. Sollte
jedoch dieser Wert das volle Blutgeld eines freien Menschen er-
reichen, so sind von diesem Betrage 10 Dirhem abzuziehen, damit
auch hier zwischen einem Freien und einem Sklaven ein Unterschied
sei. Das Blutgeld für den Muslim und für den tributpflichtigen
Bürger (diinmi) ist gleich.1)
In einigen Fällen ist die Feststellung dessen , welche Strafe
dem Täter für die begangene körperliche Verletzung aufzuerlegen
sei, ob nämlich die Vergeltung der Verletzung oder die Verurteilung
zur Bezahlung des Blutgeldes einzutreten habe, mit gewissen Schwie-
rigkeiten verbunden. Denn das mohammedanische Strafrecht will
darauf Rücksicht nehmen, daß der Schuldige keine schwerere Strafe
erhalte , als er nach dem Gesetze verdient , die verdiente aber be-
komme, wenn nur die hierzu berechtigte Person sie ihm nicht er-
läßt. So kann jemand, der einem andern den Kopf einschlägt und
die verletzte Partei infolge des Schlages das Licht beider Augen
verliert, dafür nicht durch Vergeltung der Verletzung bestraft,
sondern nur zur Bezahlung des Blutgeldes verurteilt werden, weil
dabei, daß er der verletzten Partei den Kopf einschlug, nicht
deren Blendung seine Absicht sein konnte. Versetzt aber einer
einem anderen eine Ohrfeige und schlägt dabei der verletzten
Partei einige Zähne aus, so sind auch dem Täter ebensoviele Zähne
auszufeilen, denn hier liegt die Vorsätzlichkeit nahe und bei einer
körperlichen Verletzung gilt der halbe Vorsatz als vollkommener.
Es braucht für Zähne kein Blutgeld bezahlt zu werden , welche
später wachsen, wie für Kinderzähne. Schlägt ein Kind einem
andern einen Zahn aus , so muß man die Volljährigkeit der ver-
£jU ]As yil Ä.JO ^yi .tXjÜi e>Jö ^S^5 i_X.aäJ| «Ua3 qv* u£J3
jcJjS _^c ,«.j. .JS .,l_j &jlXj| ,^-c *_£a3J l-*-^?. «U-ääM ,/ix. uÄxij
..wÄc Gauhare II, 219.
1) xaJic <\y"j JJ>LS^^=> *-^-w"'c (C-^ »i^J^j (a-L^H.^ ^xjd!)
Jlp. ».aj Lüaä Durer ter£. I, 406.
544 Krcsm&rik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc.
letzten Partei abwarten, und wenn der ausgeschlagene Zahn nicht
nachwächst, so müssen die Angehörigen des Täters Blutgeld bezahlen.
Es wurde bereits erwähnt, daß man jemanden nicht nur vor-
sätzlich und infolge eines Irrtums, sondern auch dadurch töten oder
körperlich verletzen kann, daß man hierzu Veranlassung gibt. Diese
zum großen Teile aus Nachlässigkeit oder Sorglosigkeit entspringen-
den strafbaren Handlungen behandelt die mohammedanische Straf-
rechtstheorie sehr detailliert.
Ein solcher Fall ist es, wenn jemand eine der Landstraße zu-
gewendete, im Einsturz begriffene Wand (hält) oder einen solchen
Zaun hat, und diese trotz Aufforderung x) von Seiten eines Bürgers —
der das Recht dazu hat — die Mauer niederzureißen, innerhalb ent-
sprechender Zeit nicht niederreißt. Stürzt nun die Wand ein und
verursacht den Tod oder die Verletzung eines anderen, so ist die
Person , welche verpflichtet war , die Mauer in gutem Zustande zu
erhalten, die daher auch ein anderer sein kann, als der Eigentümer
des Hauses, zur Bezahlung des Blutgeldes zu verurteilen. Die Be-
hörde oder diejenige Person , welche das Niederreißen der Mauer
verlangt hat, hat nicht das Recht, dem Herrn des Hauses Aufschub
zu gewähren , um die Mauer in Ordnung zu bringen , denn hier
handelt es sich um eine öffentliche Angelegenheit und nicht um
das Recht einzelner.2) Neigt sich jedoch die Mauer nicht gegen
die Straße , sondern gegen den Nachbargrund, so hat der Nachbar
das Recht, entweder zum Niederreißen der Mauer Aufschub zu ge-
währen , oder den Hausherrn im vorhinein von den Rechtsfolgen,
welche aus dem Niederstürzen der Mauer entspringen können , zu
befreien. Gehört das baufällige Haus eventuell mehreren, so z. B.
dreien, so müssen alle drei aufgefordert werden, die Mauer herzu-
stellen , denn wurde nur ein Hausherr aufgefordert , so hat dieser
nur ein Drittel des Blutgeldes zu bezahlen , während die übrigen
für nichts verantwortlich sind.3)
1) a^iLo xx:>Lo <^JjLs (ja..*.)..**.!! / öJ-b Jl Jaj-Ü ^U IvMj
UäIj ^Zz* ^aUäxJ v_^JLLj jJ ^jj }Ls .1 0wJÜ lyt KmJÜJ La q4~*Ö
,.y»*aj *J ^La •} ..jLmJJ *j Gauhare II, 226.
2) ^xJLb Ovi>Lj Lc*£>^ clH?^ }y^ i'A' i^L"* 9äj,Jo
lij! jjL> \-i\ ää> y$Üx^lx: Durer ter£. I, 413.
3) &AAjtfj [»Aäj jüjJXjO ^»JlJ^I j»lXöj aJtJU ;£SLj ^L>iy_Ä
.,J>.LjO j_j| lai^Jyw iM^*"!?' **4-*Jj (»lXäj »»»«UjlJjI
Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc. 545
Für die durch Tiere verursachten Schäden ist in der Regel
der Herr verantwortlich, wenn das Tier nicht ohne Aufsicht herum-
streift; denn sonst kann nach dem Ausspruche des Propheten die
durch das unbeaufsichtigte Tier begangene Verletzung nicht bestraft
werden.1) Geschieht daher das Unglück während des Reitens und
während die Tiere gehütet werden, so hat derjenige, der die nötige
Sorgfalt unterlassen hat, zu bezahlen. Hat aber jemand bei Ein-
haltung der Vorschriften des normalen Verkehrs einem andern einen
Schaden verursacht, so kann die verletzte Partei hierfür keinen
Schadenersatz fordern. So z. B. wenn jemand ordentlich reitet,
das Pferd aber mit dem Hufen Kieselsteine in die Luft wirft und
ein Stein jemandem das Auge ausschlägt.
Für körperliche Verletzungen, welche Tieren zugefügt werden,
kann der Täter zur Verantwortung gezogen werden. Hier ist als
Entschädigung für ein ausgeschlagenes Auge der vierte Teil des
Tieres zu bezahlen, denn der Prophet hat so geurteilt. Für das
Auge eines Tieres aber, das zum Schlachten geführt wird, ist nicht
so viel zu bezahlen, da in einem solchen Falle nur der vei'ursachte
Fleischmangel zu ersetzen ist.
Interessant ist die Feststellung des Blutgeldes in Fällen , wo
jemand zum Teile seinen Tod oder seine Verletzung selbst ver-
ursacht hat. In diesem Falle belastet nämlich ein Teil des Blut-
geldes den Beschädigten selbst. Wenn z. B. vier Menschen eine
große Säule heben, die Säule umstürzt und einen der dabei be-
schäftigten vier Menschen tötet, dann belastet jeden der vier Männer
je ein Viertel des vollen Blutgeldes. Die Bezahlung des vierten
Viertels kann jedoch, da dieses auch den Rechtsnachfolgern des Er-
schlagenen zukommen würde, von den Rechtsnachfolgern nicht ver-
langt werden. Oder: Drei Männer graben einen Brunnen und
infolge des Verschuldens aller drei stürzt der Brunnen ein und
verursacht den Tod eines von ihnen. Da ein Drittel des Blutgeldes
des Verstorbenen entfällt, so haben die übrigen den Rechtsnach-
folgern ihres Kameraden nur je ein Drittel des vollen Blutgeldes
zu bezahlen. Oder: Zwei Menschen sitzen in einem Kahn und
»yS ü>/=-J^ _X^m.aAJ liNÄjJ» 2S.-w.ijJ . »Jj *y9 ij^/CJ» XaJ2.Z>- ,lXÄJu>
.»J»l 'Omer Hilmi 37.
1) Siehe auch § 94 der türkischen Megelle. -*£>. ST"7^ e^ 8^La «.J
^jiAJLäjjyÄ 0~j^\:> nI-x> *L^S\*J|« vMLÜj.j \Sif* tM1"^"21 t5^~*~* ^
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_JLc ,MU^i3 bS 'Ali Hajder, Durer ul-
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äU.Afrul
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• l\/Ü-*..Ä-») -A.w.äj yjj>
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hukk;
m I, 369.
546 Krcsmdi'ik, Beitr. z. Beleuchtung d. /'damit. Strafrechts, etc.
fangen eine Schlägerei an. Infolge der Bewegung der Raufenden
kippt der Kahn um und einer seiner Insassen ertrinkt. In diesem
Falle zahlt der am Leben gebliebene die Hälfte des Blutgeldes.
Oder: Ein Arzt nimmt an dem Kranken mit dessen Zustimmung
eine Operation vor. Begeht der Arzt keinen Fehler, so ist er für
den eventuellen Tod des Patienten nicht verantwortlich. Begeht
er aber einen Fehler und überschreitet er die Grenzen , innerhalb
welcher der Arzt sich der Praxis nach bewegen muß, so hat er
die Hälfte des Blutgeldes zu bezahlen.
Die menschliche Gesamtheit kann ebenfalls gegenüber dem
Einzelnen verantwortlich sein für eine gegenüber dem Einzelnen,
wenn auch ohne Willen, begangene Verletzung, indem im Falle
eines richterlichen Irrtums das für eine zum Tode verurteilte und
hingerichtete Person entfallende Blutgeld das Ärar bezahlen muß.1)
Schließlich muß hier noch der gegen das keimende Leben
((janin) begangenen strafbaren Handlungen gedacht werden, für
welche die Täter ebenfalls Blutgeld zahlen (gurre).
Über das Leben des Embryos verfügen der Gatte und die
Gattin. Treibt sich die schwangere Frau durch Einnehmen von
Medikamenten oder in anderer Weise die Frucht ab und hat auch
der Gatte eingewilligt, dann hat die Handlung keinerlei strafrecht-
liche Folgen. Tut die Frau aber ähnliches ohne Zustimmung des
Gatten , dann haben die Angehörigen der Frau das Blutgeld für
den Embryo zu bezahlen. Das Abtreiben eines Embryos, bei welchem
die menschlichen Formen noch nicht entwickelt sind , ist mit gar
keiner Verantwortlichkeit verbunden, während für die Vernichtung
eines Embryos, der schon solche Formen aufweist, ein Blutgeld von
500 Dirhem zu bezahlen ist, ohne Bücksicht darauf, ob es ein
Knabe oder ein Mädchen ist.2) Für Zwillinge ist das doppelte zu
bezahlen. Versetzt jemand einer schwangeren Frau einen Stoß an
^^v,ji ^lX+JÜj! *A^>jJ jJiXPlÄ j£s>\ jj.^\ v-*»4j c)l\jU! Durer
terg. I, 371.
f&jO j**^~> 8l\JU> -9 *+*.))& L5iL^ CL***?*' ß ^^i
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i(ä5ouws-c. y£i^l&$! _-w».c y£iä ».»«.'ij-i jj-jjt V-^3 ^^j^ lAj-*^
• l\JL51> -Susi 'Omcr Hilmi 44. gL*i <•*£*$ e^Jyto 'i\jfi\ ^ ^557 U
*JL$lc JLc (JL-j s*Ac &&\ ^1*3 ^^ ^^z* La** Lift*1?- ^ü^Ls
*Uaw U^+jGs» c)\ -JLc ^lXs _ül 3! S5 xii Gauhare II, 230.
Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Straf rechts , etc. 54 (
den Leib und abortiert die Frau infolgedessen, so hat der Täter
das Blutgeld für den Embryo den Erben des Embryo zu be-
zahlen. Der Täter selbst aber kann von dem Blutgeld nichts be-
kommen , selbst wenn er sonst zu den Erben zählen sollte. Das
Blutgeld für den Embryo ist innerhalb eines Jahres fällig.
XII.
Die Verantwortlichkeit derjenigen, welche mit dem Schauplatz
des Totschlages in territorialer Verbindung stehen (Icasäme) '). Für
einen durch einen unbekannten Täter oder durch mehrere unbekannte
Täter begangenen Totschlag können unter gewissen Umständen die-
jenigen zur Verantwortung gezogen werden, welche nach der Auf-
fassung des Islam Gelegenheit und die Pflicht gehabt hätten, über
das Gebiet, auf wechem der Mord erfolgte, die Aufsicht derart
zu üben, daß das Begehen einer solchen strafbaren Handlung nicht
möglich werde. Das Verfahren bezüglich des Aussprechens der
Verantwortlichkeit — zu dessen Einleitung die Klage der Erben
des Ermordeten notwendig ist — ist einzuleiten, wenn man in einer
Gemeinde oder in einem besonderen Teile einer solchen (mahalla),
ferner in einem Hause, das jemandes Eigentum bildet, oder auf
einem von einer Gemeinde nicht zu fernen Gebiete , von welchem
die menschliche Stimme in der Gemeinde hörbar ist, oder an einem
Orte, der niemandes Eigentum ist, einen Leichnam findet, und wenn
es offenkundig ist, daß der Betreffende, dessen Leichnam man fand,
eines gewaltsamen Todes gestorben ist. Als gewaltsam ist der Tod
zu betrachten , wenn an der Leiche eine Wunde wahrnehmbar ist,
oder wenn an ihr Spuren von Schlägen , Würgen zu sehen sind,
oder wenn schließlich aus dem Ohre, aus dem Auge Blut fließt.
Zur Einleitung des Verfahrens ist es nicht notwendig, daß
der ganze Leichnam gefunden werde, es genügt, wenn der größere
Teil, wenn auch ohne Kopf, oder die Hälfte des Körpers mit dem
Kopfe gefunden wird.
Erfolgte der Mord in einer Gemeinde oder in einem Stadt-
viertel und erhebt der Erbe des Mörders nicht die Klage gegen
eine gewisse konkrete Person , sondern gegen die Bevölkerung der
betreffenden Gemeinde oder des betreffenden Stadtviertels im all-
gemeinen oder gegen mehrere Personen aus der Bevölkerung, ohne
zur Bekräftigung seiner Anklage über Beweismittel zu verfügen,
1) Das Wort Icasäme bedeutet ursprünglich Schwur, Eid, — als
technicus bezeichnet es eine besondere Art der Beeidigung.
Jwxj äJUIj ywAJi Lc--wj IäLo* yy*-*^ •-% (*-*»»•£*
(jojxi^ ^^ c-^£ LPj-*-2-^1 \joJs\£i Sc ^s>*j*zJ> JAu Radd ul
muhtär V. 549.
548 Krcsmärih, Beitr. z. Beleuchtung d. islarnit. Strafrechts, etc.
dann müssen 50 Personen aus der Bevölkerung, welche der Kläger
nach eigenem Belieben auswählt, darauf beeidigt werden, daß nicht
sie die Mörder sind, und daß sie nicht wissen, wer der Mörder ist.
Legen die zum Eid aufgerufenen Personen den Eid ab, so werden
sie von der Strafe der Vergeltung befreit, doch ist die Gemeinde
oder der Stadtteil verpflichtet, das für den Ermordeten entfallende
Blutgeld zu bezahlen. Dieses Verfahren beruht auf einer von dem
Peopheten stammenden Tradition und auch der Prophet selbst ist
so vorgegangen.1) Das derart zugeurteilte Blutgeld wird auf die
Bevölkerung ohne Rücksicht auf die Zahlungsfähigkeit der Einzelnen
im gleichen Verhältnis ausgeworfen.
Hat die Gemeinde keine 50 Bewohner, so ist der Eid so oft
zu wiederholen , bis er fünfzigmal gesprochen ist. Die Ablegung
des Eides kann niemand verweigern, denn die Beeidigung ist nach
der religiösen Theorie für jedermann bindend. Sollte dennoch
jemand zögern , den Eid abzulegen , dann sind zwei Fälle möglich,
je nachdem die Gemeinde auf Feststellung des Vergeltungsrechtes
oder auf Blutgeld verklagt wird. Im ersten Falle wird der sich
weigernde solange eingesperrt gehalten, bis er den Eid ablegt, im
letzterwähnten Falle , wenn nämlich von der Gemeinde nur das
Blutgeld gefordert wird, hat derjenige, der sich weigert, den Eid
abzulegen, den ganzen Betrag zu bezahlen.2)
Der Kläger verliert den gegen die Gemeinde erhobenen Rechts-
anspruch, sobald er einen Insassen einer anderen Gemeinde des
Mordes anklagt. Nach einigen Juristen verwirkt er diesen Anspruch
auch dann, wenn die angeklagte Person jener Gemeinde angehört,
wo der Mord geschehen ist. Kann daher die Gemeinde beweisen,
daß der Kläger sich mit seiner Anklage gegen einen andern ge-
wendet habe, so ist der Kläger mit seiner Klage abzuweisen. Diese
Verfügung findet darin seine Erklärung, daß der Kläger die gegen
eine einzelne Person erhobene Anklage leichter fallen lassen könnte,
weil das Blutgeld von einer eventuell vermögenslosen einzelnen
Person schwerer einzutreiben ist, als von einer Gemeinde.
Die Frage ist übrigens strittig. Nach Abu Hanlfa ist eine
Einwendung der angeklagten Gemeinde, der Kläger habe schon
vorher gegen einen anderen eine Anklage erhoben, nicht zu berück-
sichten; während nach der Ansicht seiner Schüler der Kläger in
einem solchen Falle unbedingt abzuweisen ist.
In der Türkei wird infolge der auf Vorschlag des Sejch ul
Islam im Jahre 1293 AH. (1876 n. Chr.) erlassenen Verordnung
des Sultans gemäß der Lehre der Letzterwähnten geurteilt.3)
1) Durer terg. I, 425.
2) 'Omer Hilmi 48.
3) ^J^iXS,KaSs- j^Iici *U ^yi*\ r)^^*?] L*-fr5^ JoL^/« xU^/i ji
Krcsmärik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc. 549
Auch darüber sind die Gelehrten nicht einer Meinung, wer in
dem Falle , wenn eine Gemeinde zur Zahlung des Blutgeldes ver-
urteilt wird, dazu beizutragen hat, ob die Eigentümer der Häuser
oder deren derzeitige Besitzer, wie z. B. die Nutznießer oder In-
wohner. Abu Hanlfa erklärte, daß die Hauseigentümer diese Last
zu tragen haben, Abu Jüsuf und Muhammed waren entgegengesetzter
Ansicht. Die ottomaniscbe Rechtsprechung hat auch hier die Theorie
der Schüler angenommen und im Jahre 957 AH. (1550 n. Chr.)'
ordnete der Sultan auf Antrag des damaligen Sejch ul Islam Ebü
'lsu'üd Efendi an, daß der Richter sich darnach zu halten habe und
wenn ein türkischer Richter dennoch in einer solchen Angelegen-
heit nach Abu Hanifa urteilen sollte, so sei sein Urteil nicht zu
vollziehen.1) Es ist jedoch zu bemerken, daß, wenn auch zur
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JÜt/a^ü*!
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/ äsj 2u«lJ -j1. y^JuJLj.*ia5> ^Ji^yj -j| ^o.-ol slX.a3^a2.;> ».j
jjj j j-ä^ jvP xiijl Jw4.c *JUjK tj^il *.!*!» I / äi.i syoc o^^ÜjöXj
jjoj.Aai» j»ü==i.>- aJL*.^Üü ..LlLj s^aJÜPLü x-w_j^> wjxJLa/! xaLe.
^-jj»! jy*'1^* *-*-^5*" *^*j|i a^jjJ^*j*ia5> u*j.j -jI *Lo| bJ>.jJ l\x
(*Aci j.L«i jjtXJJlätN.Xji ,-yj1^ ^♦^;:> *^W^j ^äj^JLj' /was* aJxc! »L*l
äj! ^i> ^^-x^-ya _j|. a^jLjJLjyJa> 'Omer llilmi 50.
550 Krcsmärik, Beitr. z. Beleuchtung d. idamit. Strafrechts, etc.
Zeit, wo die Leiche aufgefunden wurde, einige zufällig aus der
Gemeinde abwesend waren, die aber in der Gemeinde ein Haus
haben, auch die Abwesenden zum Blutgeld beitragen, während sie,
wenn sie kein Haus haben oder, wenn sie eins haben, dies ein
anderer bewohnt, nicht zu zahlen haben.
Es kann geschehen , daß man zwischen zwei Gemeinden oder
zwischen zwei Nomadenstämmen auf einen Leichnam stößt. In
einem solchen Falle belastet die Verantwortlichkeit die näher Be-
findlichen. Der Prophet ließ in einem solchen Falle die Entfernung
zwischen den Gemeinden abmessen. Waren die beiden Gemeinden
von der Stelle, wo der Leichnam lag, gleich weit entfernt, dann
waren beide gleich verantwortlich.
Der Leichnam muß an einer Stelle liegen, von wo die mensch-
liche Stimme in der Gemeinde gehört wird, denn ist diese Stelle
weiter entfernt, dann haftet die Gemeinde nicht. Die Bevölkerung
einer Gemeinde kann nämlich nur dann für ein in der Gemarkung
der Gemeinde begangenes Verbrechen in begründeter Weise zur
Verantwortlichkeit gezogen werden, wenn von dem Schauplatz des
Verbrechens der Hilferuf gehört werden konnte, da es die Pflicht
der Bevölkerung ist, auf den Hilferuf zum Schutze des Angegriffenen
herbeizueilen. Ist eine Stadt in Viertel aufgeteilt, dann hat das
Viertel den Eid abzulegen und das Blutgeld zu bezahlen , welches
der Stelle, wo der Leichnam lag, am nächsten liegt.
Eine tödlich verwundete, aber noch lebende Person ist so zu
betrachten , als wäre sie gestorben. Die Verantwortlichkeit der
betreffenden Gemeinde erleidet dadurch keinerlei Änderung, daß
die tödlich verwundete Person nicht auf dem Schauplatz des Ver-
brechens, sondern in einer anderen Gemeinde stirbt ; immer ist jene
Gemeinde verantwortlich, wo die tödliche Verletzung erfolgte.
Wegen Leichen, die auf einem Marktplatze, auf der Landstraße,
in einem Kerker oder in einer r/ämi', welche gemeinsames Eigentum
bilden, aufgefunden wurden, hat niemand einen Eid abzulegen und
das Blutgeld belastet das Ärar.1) Wird der Leichnam in jemandes
Gaubare II, 233. Wegen der in Kerkern gefundenen Leichen hat nach Abu
Jusuf das Personal des Kerkers zu schwören und zu zahlen. ^ ^R*** ,•)'}
Dagegen hat auch das Arar gewisse Rechte in bezug auf Beeidigung der Orts-
bewohner und Erhebung des dijet. Dies kann speziell in dem Falle vor-
kommen, wenn die Erben des Getöteten unbekannt sind. _jxxLaw.S s*AL> J
Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechis, etc. 551
Haus gefunden , dann wird der Eigentümer , beziehungsweise der
Besitzer aufgefordert, den Eid abzulegen und das Blutgeld zu be-
zahlen. Wird der Leichnam in einem Schiffe gefunden, dann ist
die Schiffsbesatzung verantwortlich, wird sie aber in der Moschee
oder auf einem Feldwege eines Stadtteiles gefunden , dann baftet
die Bevölkerung des Stadtteiles. Für Leichname, welche auf so-
genannten staatlichen Äckern (erädi mirijje), die sich unter gewissen
Bedingungen im Besitze einzelner befinden, ohne daß diese ein
Eigentumsrecht auf die Felder haben, gefunden werden, sind nicht
die einzelnen Besitzer, sondern die Gemeinden verantwortlich.1)
Bildet ein Haus, wenn auch zu gleichen Teilen, das Eigentum
mehrerer, so ist das Blutgeld in gleichem Verhältnis auf die Mit-
eigentümer des Hauses auszuwerfen. Denn jeder von ihnen hat
gleichermaßen die Pflicht, über das Haus zu wachen, und die Unter-
lassung ist ohne Bücksicht darauf, ob sie eine kleinere oder größere
war. für jedermann mit gleichen Folgen verbunden.
XIII.
Die Verantwortung derjenigen, welche mit dem Täter durch
ein Blut- oder moralisches Band verknüpft sind, (ma'kule,-) 'dJyile).
Das nach dem nicht absichtlich begangenen Totschlag entfallende
SlX.JLs> -Äjjs.1»! ,3.3 -*X ^-SJ.3 u5U.AÄÄ (-\\-*3ji »l\J\j-0 *. jjjl ^=>-j^
. vLo aJi O.J-> .1 *~^j! 'Omer Hilmi 55.
1 Wenn jemand in seinem eigenen Hause getötet gefunden wird, so be-
lastet — nach Ansicht des Abu Hanifa — das Sühngeld seine 'Akile. Seine
beiden Schüler sind jedoch der Meinung, daß in diesem Falle nichts zu ver-
fügen , und der Todesfall als Selbstmord des Betreffenden aufzufassen sei.
Ow^ «^a-jjmJ! y.^ «JdäLc JLe iütXJl ^i>J.i «..cylt ^13 ,3 ^Lüö
A:>. y^i>j «JLe «j* aJLJj cäo. _+c ^_pi U^ ^IXti i^JJ j, JoyiäJi
J»PS q» (j«*jJ o.AX xibl äJ bi xÄi' J &^U.*/> .IlXJ! cu'^> ^Lä3
»jdlälc Xc &J<jJ| vi>J.2 ItXgli tj^JUt Sejchzäde, Sarh multakä II, 328.
2) Als juristisches Kunstwort wird ma'kule, pl. ma'äkil , im Sinne von
dye£ gebraucht. ^ ^LajJS JJüü Ui^S ^JLäc -*/*ö. (&Ji>J| ,*$!$)
552 Krcsmarik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc.
Blutgeld haben die Angehörigen des Täters zu bezahlen. Dies gilt
so sehr als Eegel, daß einige mohammedanische Juristen behaupten,
der Täter selbst könne, da er außerhalb des Begriffs der Angehörigen
fällt, durchaus nicht verpflichtet werden, zur Bezahlung proportionell
beizutragen und daß das ganze Blutgeld auf die Angehörigen aus-
zuwerfen sei.1) Nach unseren Quellen hat der Täter ebenfalls einen
Teil zu bezahlen. Der Ideengang, mit welchem die Rechtsgelehrten
dieses eigentümliche strafrechtliche Prinzip begründen, ist etwa der
folgende. Trifft jemanden ein Unglück, wird er z. B. bestohlen
oder ist er abgebrannt, dann pflegen die Menschen für ihn zu
sammeln, um ihm wieder auf die Füße zu helfen.2) Der ohne Ab-
sicht verursachte Totschlag ist ebenfalls ein solches Unglück, weil
er dem Täter große Geldlasten auferlegt, infolgedessen man auch
ihm helfen muß. Darüber, wer als Angehöriger des Täters zu be-
trachten sei, herrscht eine überaus große Meinungsverschiedenheit
und die Gelehrten können nur darin übereinkommen, daß die Zu-
sammengehörigkeit dort zu suchen ist, wo die Menschen untereinander
die gegenseitige Hilfeleistung (tanäsur) üben. Die gegenüber den
Angehörigen ausgesprochene Zahlungspflicht soll auch eine Strafe
dafür sein, daß sie auf den Täter nicht genügend acht gegeben
muhtär V, 561.
1) bis JJCäU yiLXl xi^S (d. h. einer der 'äkile) ^J^li" JöläSU,
(j^xJi x-dc u^»1. bis AXSt ».As. \^£?, ^♦J 131 zübS s-xJ*i S'^^
Sejchzäde II, 332. A^| ^a ^[f \5\ (JJl*j (j>&\s*\S Ul\ac JöLftJjj)
»yo Uoj! LjlXac KjJÜ! ^x xaJLc J" ^ r^k pl 531 Ul s.\Ja*S\
LfiJLLbO xaIc £ bS xsL^J! lXac» -b^w-AiS ,3 Kadd ulmuhtär V, 564.
Zur Erklärung des obenerwähnten 'ata (Sold, Gage), von welchem die Raten
des Sühngeldes in Abzug zu bringen sind , bemerkt derselbe Autor folgendes :
^äj ALIS ^,o £ (^äj Lo (^jJ! ^J ^yjj Kxk*J! (j^j ^^ftJij
bS &.i^ AJ" ,3 u^räj La tLLxJfj ä.x.U/9 _.! s-^LJxx jüU£5jj ä,>IÜ
^Ji>Jl -*i ^ *"*LäCj 8,.*.a2J J*J N^-Üi ,l\äJ a. a. O. pag. 562.
2) Ö5j*Ib LcIlLo^ L^£> x-lc ^jJUäj c _^Ji A»aS |^^3
^Äxi! IlX^J bi»X aJ ^jjc»^?. '• r> ^| JCäyw ^ }!y*>.i> Radd ul-
muhtär V, 562.
Krcsmäril:, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc. 553
haben. Es gab wohl Juristen, die sagten, die Angehörigen seien
nicht schuldig, es könne daher auch nicht von ihnen gefordert
werden, daß sie zahlen, daß der Täter daher allein für seine Hand-
lungen hafte. Diese Lehre fand aber keine Verbreitung, denn die
Zahlungspflicht der Angehörigen beruht auf berühmten Traditionen
und auch die Genossen des Propheten sind so vorgegangen.1)
In der ersten Zeit des Islam war die Hilfeleistung die Pflicht
der Familienangehörigen, später, als infolge der veränderten staat-
lichen und militärischen Organisation das Verhältnis der Offiziers-
und Kampfgenossen zwischen den Menschen ein stärkeres Band
schuf, als die Blutverwandtschaft, ging die Pflicht der Hilfeleistung
auf die Kameraden über und wurden diese unter den Angehörigen
verstanden. Der Kalif 'Omar ließ Konskriptionslisten, Diwane, für
die Provinzgouverneure und Richter anfertigen und wenn der Name
einer Person in diesen Listen enthalten war, wurde die betreffende
Person als zum Diwan gehörig betrachtet. Die in der Konskriptions-
liste enthaltenen Genossen waren einander gegenseitig Hilfeleistung
schuldig und sie bezahlten auch zusammen das Blutgeld für solche
Genossen, die des nicht absichtlichen Totschlages für schuldig be-
funden wurden. So zahlten z. B. die Gäzis für ihre Gäzigenossen,
die Kanzlisten {kätib) für ihre Kanzlistengenossen.-)
Auf die Einwendung derjenigen, die behaupteten, es sei un-
gesetzlich, die Offiziers- und Kampfgenossen des Täters als zahlungs-
pflichtige Angehörige zu betrachten und auf dieser Grundlage zu
verurteilen, antworteten die Freunde der neueren Ordnung, es sei
wahr, daß das Blutgeld früher nur die Familienangehörigen belastet
habe.3) Deshalb aber sei die Abweichung von der früheren Praxis
1) J.4.C ^JLc» *)J t "' ^ viA-ol^Jb 0^.0 .»-^^-^ *-^^ Lf?U^
2sJO.st>s. xii&> j^i.^=>.'S» *.?.-y^ÄJ jL-jJJcLj Kadd ulmuhtär V, 562.
^jxso- Jj'lä «Jlälc ^\,\ ^c,Jk^\ .Aä>U »Ju»t^i aJLäLc Ji&=» A'S.'i
JjjJ»! ^jS fe«5.LÄwC aJb'lä »tXLü aJLäLc ^1 Krimizfide 7G.
2) er8 ö)ß er*" ^i'i:xi 4;u ^ ^ >^=-^ jf- S ^
Radd ulraul.itär V, 5G2.
3) xlJl ,-/£, .♦£ ,.j Lu. .... B-a»&xJ| JöLäJl >Ax£ xlijuL
Bd. LVIII. 3G
554 Krcsmdrik, Beitr. s. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc.
nicht eine Abänderung des Sari'atgesetzes, sondern nur dessen Ent-
wicklung, da, wie jedermann weiß, die Familie das Blutgeld einzelner
Familienangehöriger kraft des Prinzipes der gegenseitigen Hilfe-
leistung zahlen mußte, während infolge der veränderten Verhältnisse
die gegenseitige Hilfeleistung nicht innerhalb des Rahmens der Familie,
sondern in dem der einzelnen Truppenkörper, Bataillone u. s. w.
zu suchen sei.1) Die Frauen und Kinder sind eben deshalb von
der Verpflichtung des Beitrages zur Bezahlung des Blutgeldes be-
freit, weil diese als nicht leistungsfähig bei der Hilfeleistung nicht
in Betracht kommen.-) Kommt aber jemand in der Konskriptions-
liste nicht vor, dann können seine Verwandten, seine Stämme oder
andere, mit denen er im gegenseitigen Verhältnisse der Hilfeleistung
stand, die Angehörigen sein, z. B. bei Handwerkern die Zünfte, die
Korporationen der Jäger, der Fischer, der Geldwechsler, der Lohn-
fuhrwerker, das Kollegium der Schüler (Softas).
Sehr ansehnlich ist die Zahl der Juristen, die behaupten,
von zahlungspflichtigen Angehörigen könne nur bei den Arabern
die Rede sein, weil die Nichtaraber auf ihre Familienabstammung
keine genügende Sorgfalt verwenden und auch einander keine Hilfe
leisten, so daß unter solchen Umständen auch die Abwälzung der
rechtlichen Folgen einer strafbaren Hc
juridische Analogie verstoßen würde.
Lfil+J>-i y£j3 ,m^ (*"£** -^9 g^c y^d (*-[• [M^ iS"^"5' *"^ l5*°)
»J -»iaä La ö»5» JLc P^-*--?^ W^ LULä *^LaJ| xaIc adJi oV^>
».a^säJI de _*23J5 L»ii *J]| 4j^"0 l*)' ^•-*"^c' f*~&^ f*-^*"0 ^ ~_y~)
iMLX! JJ>i Jlc äjAJ'u -ä2 Sejehzäde, Sarh multakä II, 332.
i) *jbi *J Lj-äj Jj c j Ai! f£> 5jAa«j &.i/a y£JJ ^jCj Üj
-noLudi ...5" L*ds ö-AaJUi / Äj-tu ,.. JU^Li l«J'^ JÖ-vÄ-c ,.«! lJt^
J O > L7^ • CL3 •■ _> JF1' U j
^.LaaaäJJj 1mV*^ lc^ v*-^' -^ f?*5* r*-f*^c J*ä*J! Jjt-> oLUb
yoLudi *.jj j^i^T. ^ au^S Radd ulmuhtär V, 5C2.
2) ad- 5 ^ytoj ^*c }*s.l JJüdl J, ^LaaoJJj ^L^ÄÜ ^s*Xi b5j
»jöjÜI j£>| Sejehzäde II, 333.
Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Sl ruf rechts, etc. 555
Aus alldem ist zu ersehen , daß hinsichtlich der Frage der
Feststellung der Angehörigen eine große Konfusion herrscht und
dem urteilenden Richter ein weites Gebiet für Folgerungen frei-
steht. Darin jedoch stimmen alle überein , daß ein Muslim für
einen Nichtmuslim nicht zu bezahlen hat und umgekehrt, denn hier
kann von einer gegenseitigen Hilfeleistung keine Rede sein.
Darüber, ob Nichtmohammedaner für einander zu bezahlen
haben , teilen sich wieder die Meinungen. Einige behaupten , daß
sie für einander zu bezahlen haben , denn es wird gesagt, daß die
Ungläubigen eine Nation bilden, andere wieder treten für die An-
sicht ein, sie haben nicht für einander zu bezahlen, denn dort, wo
die gegenseitige Feindseligkeit so groß ist, wie z. B. zwischen
Christen und Juden, kann ein auf der Vorschrift der gegenseitigen
Hilfeleistung beruhendes Verfahren nicht rationell angewendet wer-
den.1) Daß aber vorher in der Türkei tatsächlich die Praxis herrschte,
daß man auch die Nichtmohamraedaner für einander zahlen ließ,
kann auch daraus gefolgert werden , daß in den zwischen dem
türkischen Reiche und anderen Staaten geschlossenen Verträgen von
europäischer Seite schon vor Zeiten ausbedungen wurde, daß die in
der Türkei lebenden ausländischen Untertanen nur für ihre eigenen
Taten zur Verantwortung gezogen würden.2)
Die Zahlungspflichtigen haben das Blutgeld innerhalb dreier
Jahre zu bezahlen. Das Bemessen auf die Angehörigen des Täters
hat in der Weise zu erfolgen, daß auf je eine Person nicht mehr
als drei oder höchstens vier Dirhem entfallen, also jährlich ein oder
höchstens l1/^ Dirhem. Erweist sich ein Stamm als zu klein, so
daß je eine Person mehr als diesen Maximalbetrag zu zahlen hätte,
dann muß auch der nächste Stamm herangezogen werden u. s. w.
Erst kommen die Brüder, dann deren Söhne, dann die Onkel, dann
deren Söhne.
Nach der Ansicht einiger können der Vater, der Großvater,
Sohn, der Enkel des Täters nicht als zahlungspflichtige Angehörige
betrachtet werden. Auch die Eheleute sind vom Gesichtspunkte
dieser Zahlung nicht gegenseitige Angehörige/')
' j v ' O-? J L> J u ..j
Sejchzäde II, 333.
2) So lesen wir z. B. in einem vom Sultan Sulejman II. bestätigten
älteren Vertrage: „et aulcun ne doyve rendro compte seullement de soy-mesme
et non d'autres meseliantes personnes de sa nation." Le regime des capitu-
lations, par un ancien diplomate. Paris 1898, pag. 51.
l\5»J LT"-'-? Radd ulmuhtär V, 564. Sejchzäde II, 332.
36*
Ö5li Krcsmdrik, Bcitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc.
Geschieht die Bemessung nach Truppenkörpern, dann bestimmt
der Fürst welches der nächste Truppenkörper ist.
Die Angehörigen haben für die vorsätzlich begangene strafbare
Handlung des Täters kein Blutgeld zu bezahlen, ferner für eine
solche Handlung, welche nicht durch Zeugenaussagen bewiesen wurde,
sondern welche der Angeklagte einfach gestanden oder bezüglich
welcher er sich verglichen hat, oder schließlich für eine Handlung,
deren Betrag weniger als ^o des Blutgeldes, d. i. 500 Dirhem,
ausmacht. Nach der Ansicht einiger haben die Angehörigen auch
die auf einer richterlichen Schätzung beruhenden Zahlungen zu
leisten , wenn die Entschädigung mehr wie 500 Dirhem beträgt.
Für die strafbaren Handlungen, welche im Ausland begangen wurden,
können die Angehörigen ebenfalls nicht zur Verantwortung gezogen
werden.1)
Hat der Täter keine Angehörigen, dann hat das Ärar das Blut-
geld zu bezahlen , nach der Ansicht mehrerer jedoch nur in dem
Falle , wenn der Täter ein Muslim ist. Das Ärar ist nämlich das
gemeinsame Vermögen der Muslime und die Gemeinsamkeit hat die
Pflicht, dem einzelnen in seinem Unglück zu helfen, wie auch die
Hinterlassenschaft nach dem Tode einer solchen Person dem Ärar
zufällt. Jedoch , sagen die mohammedanischen Schriftsteller mit
Resignation, ist das Ärar an vielen Stellen in einem so ungeregelten
Zustand , daß es nicht fähig ist , die unter diesem Titel dasselbe
belastenden Blutgelder zu bezahlen. In solchen Fällen bleibt nichts
anderes übrig, als das Blutgeld aus dem Vermögen des Täters ein-
zutreiben , damit nicht das Blutvergießen straflos bleibe und ganz
freigegeben werde.
XIV.
C) Die unbestimmten Strafen (ta'zzr).
Eine unbestimmte Strafe ist demjenigen aufzuerlegen, der eine
Gott nicht gefällige Sache tut und dessen Handlung nicht unter
die mit bestimmten Strafen verbundenen strafbaren Handlungen
gehört.
Die unbestimmte Strafe , welche wir auch kurz Züchtigung
nennen können, ist zum überwiegenden Teil ein menschliches Recht,
obwohl sie auch ein göttliches Recht enthält, und deshalb ist man
der Ansicht, daß die verletzte Partei ihre der strafbaren Handlung
entspringenden Rechte erlassen und dem Täter verzeihen kann, was
1) ,.»,j _>'JC:=3 «.^A* £j^5 ^^>>£äJ äJIsLc äJ i-X.s»fcj *.J |v5lj
mulitär V, 566.
Krcsmärik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc. 55 t
aber nicht unbedingt die Befreiung des Angeklagten von der Strafe
nach sich zieht.
Die Züchtigung unterscheidet sich nach der mohammedanischen
Theorie von den zu den göttlichen Rechten gehörenden bestimmten
Strafen darin, daß bei den letzterwähnten das Gesetz das Maß der
Strafe genau feststellt, während es von der Ansicht des Fürsten,
beziehungsweise des Richters abhängt, in welchem Maße die Züchtigung
bemessen werden soll, ferner darin, daß die erwähnten bestimmten
Strafen unterbleiben, wenn der Angeklagte sich damit verteidigt,
er habe die strafbare Handlung unter der Wirkung eines Zweifels
begangen, während die Züchtigung ohne Rücksicht auf eine derartige
Verteidigung anzuwenden ist. Kindern kann keine bestimmte Strafe
auferlegt werden, wohl aber eine Züchtigung, denn diese hat zu-
gleich auch die Aufgabe der Besserung. Kraft der Eigenschaft,
daß die Züchtigung die Läuterung und Besserung des Schuldigen
bezweckt, nennen einige die Züchtigung, wenn sie gegenüber den
Nichtmuslims angewendet wird, gar nicht „ta'zii-", sondern einfach
ri(ukubeli, in welch letzterwähntem Ausdruck der Begriff der Läuterung
fehlt.1) Dies ändert jedoch an dem Wesen der Sache nichts. Die
Züchtigung weicht von der bestimmten Strafe auch darin ab , daß
die letzterwähnte nur von dem Fürsten und von dem Richter an-
gewendet werden kann, während die erstgenannte der Vater, der
Gatte, der Herr des Täters oder wer immer sonst anwenden kann,
der das Begehen einer Ungesetzlichkeit anders nicht zu verhindern
vermag, wie auch darin, daß bei der göttlichen Strafe der An-
geklagte das Recht hat, sein Geständnis zurückzuziehen, bei der
Züchtigung aber nicht, und endlich darin, daß die auf die Verjährung
der strafbaren Handlung bezüglichen Vorschriften bei der erst-
erwähnten zu berücksichtigen sind, bei der letztgenannten aber nicht.
Von dem Vergeltungsrecht unterscheidet sich die Züchtigung
hauptsächlich darin, daß jenes ein ausschließlich menschliches Recht ist.
In theoretischer Beziehung steht die Züchtigung jenen Strafen
nahe, welche der Fürst in administrativem Wege (sij'äse) bemessen
kann.'2) Dementsprechend sind die Reformatoren in der Türkei
von der Züchtigung ausgegangen und sie werden wahrscheinlich auch
in Zukunft nur dann ihre Aufgabe mit Erfolg lösen können, wenn
sie diese zur Grundlage nehmen ,3) da bei den bestimmten Strafen,
selbst in der Form eines kodifizierten Gesetzes, so wie dies 'Omer
1) M^S \J &.J»Ä£- z+"*»-1 -r.'-*-'^* ^lX-I JLc / Ü-txJ A^-
■ AgUyLS c _£ _ii*£Ji Radd nlmuhtär III, 245.
j>$\ ^lc UPlX>! Radd ulmuhtär III, 204.
3) Vgl. Omar Bey Loutfy, De l'action penale en droit musulman. Paris
1897, p. 6.
558 Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc.
Hilmi versucht hat kaum mehr als etwa eine modernere Einteilung,
und Verminderung der bestehenden Widersprüche im Stoffe, er-
reichbar ist.
Bei dem Verfahren, betreffend die Bemessung der Züchtigung,
ist der Richter nicht an so viele Förmlichkeiten gebunden, wie bei
den früher behandelten Strafen und er kann als Beweis nicht nur
den Eid, die auf Hörensagen beruhenden Aussagen der Zeugen, die
Zeugenschaft eines Mannes und zweier Frauen annehmen, sondern
auch die Aussage eines einzelnen , wenn dieser ein unbescholtener
wahrer, aufrichtiger Mann ist. Anfangs war man der Ansicht, der
Richter könne jemanden auch auf Grund seiner eigenen Kenntnis
verurteilen. Die spätere Theorie hat jedoch gegen diese Lehre
Stellung genommen, welche der richterlichen Willkür Tür und Tor
öffnen kann, und heute gilt die Vorschrift, daß der Richter ohne
Berufung auf andere Beweise ausschließlich auf Grund seiner eigenen
Kenntnis niemand verurteilen kann.
Sowie die als Züchtigung angewendeten Strafen die größte
Verschiedenheit aufweisen , ebenso können auch die Handlungen,
welche eine Züchtigung zur Folge haben , die verschiedenartigsten
sein. Betrachten wir vorerst die Strafen.
Der Richter braucht dem Schuldigen, der eine eine Züchtigung
nach sich ziehende strafbare Handlung begangen hat, nicht un-
bedingt eine förmliche Strafe aufzuerlegen, wenn der Zweck der Strafe
auch sonst erreichbar ist. Behufs Erleichterung des Verfahrens
klassifizieren die Rechtsgelehrten die Menschen je nach ihrer so-
zialen Stellung und nach der dieser entsprechenden Empfindlichkeit
in Klassen. In die erste Klasse würden die Gelehrten und Nota-
bilitäten gehören , in die zweite die vornehmen und angesehenen
Kauf leute, in die dritte diejenigen, welche eine mittelmäßige Stellung
einnehmen, und in die vierte das übrige Volk. Wird nun gegen
jemand eine Klage erhoben, infolge deren eine Züchtigung zu
bemessen wäre, dann genügt es bei den zur ersten Klasse gehörenden
Angeklagten , wenn der Richter einfach erwähnt, es sei ihm zur
Kenntnis gekommen , der Angeklagte habe dies oder jenes getan.
Die Züchtigung eines Angeklagten aus der zweiten Klasse ist aber
überdies schon die Stelligmachung vor dem Richter; in der dritten
Klasse besteht die Strafe darin, daß der Angeklagte vor den Richter
geführt und eingesperrt wird, während bei den übrigen die Strafe
in Haft und in körperlicher Züchtigung besteht. Die Rechtsphilo-
sophen warnen aber dringend davor, daß der Richter sich bei der
Urteilsschöpfung ausschließlich durch den Reichtum und die hervor-
ragende gesellschaftliche Stellung des Angeklagten leiten lasse. Denn
nicht diese Äußerlichkeiten sind es, wegen welcher die Abweichung
einer Person vom richtigen Wege auf eine mildere Beurteilung
Anspruch machen kann , sondern den inneren Wert des Menschen
bildet seine Ehre, die Kriterien der Ehre aber sind — wie der
Schüler Abu Hanifa's, Muhammad, sagt — die Religiosität und das
Krcsmärik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamik Strafrechts, etc. 559
anständige Leben.1) Wer daher wiederholt etwas einer Züchtigung
unterliegendes böses begeht, der verdient keine Schonung, während
man andererseits auch mit einem einer anderen Klasse angehörenden
Menschen mild umgehen muß , wenn seine Ehrlichkeit und seine
bona fides bekannt ist.
Der Richter kann die Züchtigung je nach der individuellen
Qualifikation des Angeklagten mit einer Handlung verbinden, welche
für den Angeklagten erniedrigend ist, wie z. B. mit einem strengen
Blick, mit einer Büge, mit Ohrenziehen, mit einer Ohrfeige, mit
öffentlicher Verkündigung oder er kann all dies auch als Züchtigung
anwenden.
Die körperliche Züchtigung kann aus nicht weniger als drei und
aus nicht mehr als 39 Peitschenhieben nach, anderen aus 79 Peitschen-
hieben bestehen. Aus weniger deshalb nicht, weil die Anwendung
der Züchticmnof in so cperin^em Maße nicht von Wirkung sein kann.
Mehr aber kann deshalb nicht bemessen werden , weil sonst die
Züchtigung die niedrigste Stufe der zu den göttlichen Beeilten ge-
hörenden Strafen erreichen würde, welche bei den Sklaven aus 40,
bez. bei Freien aus 80 Peitschenhieben besteht. Wenn aber der
Bichter sieht, der Zweck der Strafe kann auch mit einem einzigen
Peitschenhiebe erreicht werden , dann kann er sich auch damit
begnügen.
Für die einzelnen strafbaren Handlungen sind keine Minimal-
strafen festgesetzt, weil die Wirkung der Strafe je nach der Natur
der Strafe verschieden ist. Findet der Bichter, daß der Schuldige
ohne volle Strafe sich nicht bessert, so hat er diese anzuwenden,
denn diese ist dann das Minimum.2)
Der Körper des Verurteilten braucht mit der Peitsche nicht an
verschiedenen Stellen getroffen zu werden, wie dies bei den aus gött-
lichen Bechten fließenden Strafen vorgeschrieben ist. Doch müssen
die Schläge stärker sein, weil sie weniger sind. Am stärksten
sind nämlich die Schläge bei der Züchtigung, dann werden sie
stufenweise milder bei der Unzucht, beim Trinken und schließlich
bei der Verleumdung. Bei der Verleumdung sind sie deshalb am
schwächsten, weil es nicht unmöglich ist, daß der wegen Ver-
leumdung verurteilte die Wahrheit gesagt hat, nur daß er seine
Behauptung nicht erweisen kann.3)
1) JLa}\s aJuXÜ J, L5A;-£ **}jtis L5^JÜ" ^ X+^J A+^ --*
Radd ulmulitär III, 258.
2) B-il^i .1,0 (jj-Ojli» &.XaaO ,.jA Jcjlj pr*r^J ^ »Ji t^l; V^9
^w^tjJt Ail Kadd ulmuhtär III, 245.
3) lX.5> ^) tiLo» Lisi»:, ^Ls iJAt 'w»ä?> aJb! (*X£! KiJto})
iwL^UäJl pU^>W &-'iy£-> (v-J-v&Jl l\> *.ij L-J-äxJLj x'iy^l (LiJi
5G0 Krcsmärik, Beitr. z. Beleuchtung d. idamit. Strafrechts, etc.
Eine andere Art der Züchtigung des Schuldigen , die auch
dazu dient, ihn für die Gesellschaft unschädlich zu machen, ist die
Verbannung. Die Versetzung des Schuldigen in einen anderen
sozialen Kreis wird von den Völkern des Islam schon seit langem
geübt und auch schon im Koran ist von dieser Strafe die Rede.
Viele Exegeten behaupten jedoch, daß unter Verbannung haupt-
sächlich Haft zu verstehen sei, denn man kann ja den Schuldigen,
so sagen sie., nicht von der ganzen Erde verbannen; schickt man
ihn aber an einen anderen Ort, so ist dies eine Verletzung für die
Bevölkerung des betreffenden Ortes; die wahre Verbannung kann
daher nur Haft sein. Darüber wie lange die Verbannung dauern
solle, gehen die Ansichten auseinander.
Die Strafe der Haft müßte nach der mohammedanischen Theorie
so lange dauern, bis der Schuldige seine Sünde bereut, beziehungs-
weise , da diese innere Handlung nicht festgestellt werden kann,
bis an ihm Zeichen der Reue wahrnehmbar sind. Einige nehmen
die Dauer der Haft mit sechs Monaten an, andere aber halten die
Bestimmung der Zeitdauer nicht für richtig, weil der eine Schuldige
rascher in sich geht, als der andere.
Der Verurteilte kann auch in seiner eigenen Wohnung ein-
gesperrt werden, dann müssen jedoch Verfügungen getroffen werden,
daß der zur Haft verurteilte nicht ausgehen könne.
Abu Jüsuf lehrte, dem Schuldigen dürfe als Züchtigung auch
eine Vermögensstrafe auferlegt werden.1) Diese Lehre gefiel jedoch
nicht, weil man glaubte, daß sie leicht zur Tyrannei führen könnte.
Nach den späteren Kriminalisten sind die Vermögensstrafen so zu
verstehen, daß dem Verurteilten ein Teil seines Vermögens für eine
bestimmte festgesetzte Zeit weggenommen werde, um den Betreffenden
von den bösen Handlungen abzuschrecken, daß dann aber das weg-
genommene Vermögen seinem Eigentümer zurückgestellt werden
muß. Man muß daher — sagen diese — nicht so vorgehen, wie
dies die Tyrannen sich vorgestellt haben, daß das konfiszierte Ver-
mögen dem Richter oder dem Ärar anheimfällt, denn kein Muslim
hat das Recht, das Vermögen eines anderen ohne gesetzlichen Grund
wegzunehmen; hier aber liegt dazu kein gesetzlicher Grund vor.
Im Falle hartnäckiger Böswilligkeit kann der Schuldige aus
seinem Hause entfernt werden , ja man kann sogar das Haus als
Sündenpfuhl niederreißen.
In begründeten Fällen kann dem Schuldigen sogar die Todes-
l33Lä)l »\\*3 .„5l*Ä5>b Radd ulmulitär III, 251.
U
Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc. 561
strafe als Züchtigung auferlegt werden x), man kann ferner jemanden
zur Züchtigung und zu einer göttlichen Strafe verurteilen, in welchem
Falle die Züchtigung der göttlichen Strafe vorangeht.
Die strafbaren Handlungen, welche mit Züchtigung zu be-
strafen sind , können nicht aufgezählt werden 2), was nur logisch
erscheint, wenn wir die Definition der Züchtigung in Betracht
ziehen, nach welcher alle die Handlungen, welche gegen die gött-
liche Ordnung gerichtet sind und nicht mit einer anderen Strafe
verfolgt werden können, eine Züchtigung zur Folge haben.
Wir haben gesehen, daß die Strafe der Verleumdung zu den
göttlichen Rechten gehört, wenn jemand einen Mohammedaner der
Unzucht anklagt und seine Anklage nicht zu beweisen vermag.
Eine Züchtigung aber gebührt dafür, wenn jemand einen Sklaven
oder Nichtmohammedaner der Unzucht zeiht, und ebenso ist gegen-
über dem Verleumder eine Züchtigung anzuwenden, ohne Rücksicht
darauf, ob der Verletzende oder der Verletzte ein Muslim ist oder
nicht, wenn die Verleumdung nicht in der Anklage der Unzucht,
sondern durch einen anderen beleidigenden Ausdruck geschah.
Darüber, was als ehrenbeleidigender Ausdruck zu betrachten
ist, sind die Meinungen, ebenso wie bei uns, sehr abweichend.
Einige glauben, daß z. B. wegen solcher Ausdrücke, wie : du Schwein,
Ochs, Esel, Hund, niemand bestraft werden könne, weil diese Be-
hauptungen offenkundige Lügen sind. Nach andei*en aber muß
derjenige, der jemand anderem derartiges ins Gesicht sagt, dennoch
bestraft werden , weil es zweifellos ist , daß der Täter mit diesen
Worten nicht den wirklichen Sinn derselben anwenden , sondern
den Betreffenden beleidigen wollte.
Solche Beleidigungen jedoch , von welchen diejenigen , die sie
hören , nicht wissen können , ob sie wahr sind oder nicht , ziehen
selbst dann eine Strafe nach sich, wenn sie wahr sind, aus-
1) Radd ulmuhtär III, 247. Die Behauptung Van den Bergs, daß „jamais
Ia peine .eapitale ne saurait etre prononcee ä titre de correction Les reformes
legislatives en Turquie (Revue de droit intern, et legisl. comp. XXVIII,
pag. 427), dürfte daher auf einem Irrtum beruhen.
2) ^c^Li (J_*a^ äj, Joü ^ gJLiÜI J* SÜtoJI JsUii ^i rU3
j^ao^vX! >c '\*.**.JJs *_ SiÄäJI l\:> -w*.^.j Lid! d! ^jao^II Ka^o
^.Lüü>! Jois d! ^XA^i {As b! j»! -JtÄÄJi ^.^j Jwjs ^*J\äJI l\>
Ji ^i! b! ^ ,^\ w^. o/tJi £ l;U a*j, ?jr~
Öi-Ä^U \~f£^ (-\y^i ?adr alsari'a, Comm. z. Wikäje fol. 100.
aJ! i .o.
562 Krcsmärik, Beitr. ». Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc.
genommen wenn das , was die verletzende Partei sagte , offen-
kundig ist. Sagte z. B. jemand einem andern: „Du führst ein
gottloses, schlechtes Leben, du Dieb, Trunkenbold, Wucherer" u. s.w.,
so ist hierfür die verletzende Partei zu bestrafen und kann seine
Verteidigung, er könne seine Behauptung beweisen, nicht berück-
sichtigt werden. Der Angeklagte kann der Strafe nur in dem
Falle entgehen, wenn seine Behauptungen offenkundig sind. Im
Falle der auf Unzucht bezüglichen Anklage jedoch ist der Beweis
zulässig.
Klagt jemand einen andern an, ihm einen Gegenstand gestohlen
zu haben, und beweist sich seine Anklage nicht als wahr, so kann
hierfür der Ankläger nicht bestraft werden, denn seine Absicht ist
nicht , einen andern zu verletzen , sondern sein Vermögen zurück -
zuerlangen.1)
Daß die veidetzenden Ausdrücke dem Betreffenden ins Gesicht
gesagt werden müssen , haben wir schon bei der Verleumdung ge-
sehen. Denn hinter dem Rücken des Verletzten gesprochene Be-
leidigungen sind nur als Klatschereien zu betrachten und bilden
keine strafbare Handlung.
Der Moslim begeht eine strafbare Handlung , wenn er dem
Christen oder Juden sagt : „Du Ungläubiger (käfir, GJaur)". Wagt
ein Muhammedaner den Propheten zu beschimpfen, so ist er dafür
zu töten, beschimpft er aber Gott, so gebührt ihm hierfür nicht die
Todesstrafe, denn der Prophet ist als Mensch nicht frei von Fehlern
und daher der Beschimpfung unterworfen, während Gott über alle
Beleidigungen erhaben ist. Der nicht moslimische Bürger kann
deswegen, weil er den Propheten des Islams beleidigt, nicht die
Rechte verlieren, welche dem mit seinem Volke bestehenden Tribut-
verhältnisse entspringen.2)
Wir haben oben gesehen , daß wegen Totschlages nur gegen-
über dem Täter das Vergeltungsrecht geübt werden kann , be-
ziehungsweise daß nur denjenigen das Blutgeld belastet, der tat-
sächlich unmittelbar die Handlungen begangen hat, welche den
Tod eines anderen verursachen. Dies bedeutet nicht, daß derjenige
Schuldige, den die europäische Straftheorie den intellektuellen Ur-
heber nennt, und diejenigen, welche bei der strafbaren Handlung
hilfreich Hand geboten, z. B. beim Totschlag die Hände, Füße des
Opfers gehalten haben , straflos bleiben , sondern daß diesen nur
.•Ai.il> ^.£5 *_^./* .lXaIaas^' ^«üL« Durer ter^. I, 378.
2) j ^-V^-i-j x.wyAji pLjJo«! .y3a.j;:=- -*ö .f=>! rbj^ LM*
öLoeJS l)«J>Lj ^-w.lXj! Jjö _.«.Jl**x j 0».3»Lj Xaw.lX.jI Li: ^^Xm*~a
^.AjI ^.o uuw (JLaj &JJÜ a. a. O. I, 182.
Krcsmärik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc. 563
unbestimmte Strafen auferlegt werden können. Ebenso verhält sieh
die Sache beim Versuche des Deliktes des Totschlages, welcher als
eine Einschüchterung der Bürger aufgefaßt wird und daher nur
als eine Gott nicht gefällige Handlung aufzufassen ist. Wer einen
anderen vergiftet, erwürgt, ist in derselben Weise strafbar.
Auch sahen wir, daß der Dieb nur dann zu einer zu den gött-
lichen Rechten gehörenden Strafe verurteilt werden kann , wenn
der gestohlene Gegenstand die Wertgrenze erreicht hat und behütet
war. Fehlen beim Diebstahl diese Bedingungen, dann kann dem
Täter nur eine unbestimmte Strafe auferlegt werden.
Wer dem mit dem Sari'atrecht übereinstimmenden Gebote des
Fürsten nicht gehorcht x) ; wer vor dem Richter trotz der Vorladung
nicht erscheint ; wer einen falschen Zeugeneid ablegt ; wer die vor-
geschriebenen Gebete vorsätzlich und aus Bequemlichkeit vernach-
lässigt; ein Mann, der einer Frau Gewalt antut; derjenige, der
seine Frau ohne gesetzlichen Grund, oder, wenn er Ursache dazu
hat , zu stark schlägt , z. B. ihr einen Knochen bricht , die Haut
aufreißt oder durch Schläge am Körper sichtbare Flecken hervor-
ruft; ebenso der Vater, der seinen Sohn, und der Herr, der seinen
Sklaven mehr als nötig schlägt: alle diese sind mit Züchtigung zu
belegen.
Wenn derjenige, dem gegenüber die Züchtigung gesetzlich an-
gewendet wird, infolgedavon zufällig stirbt, so kann hierfür niemand
zur Verantwortung gezogen werden. Diese Vorschrift bezieht sich
nicht nur auf den Richter , sondern auch auf jeden andern , dem
das Recht der Züchtigung zusteht, also auch auf den einzelnen
Menschen, der einen andern im Begehen einer ungesetzlichen Hand-
lung behindern will und dabei eine Züchtigung anwendet.
XV.
Ich habe mich mit dem Sari'atstrafrecht etwas länger befaßt,
weil bisher darüber, wie dieser Teil der mohammedanischen Rechts-
wissenschaft in der Türkei zur Anwendung gelangt, wenig geschiüeben
worden ist und auch die wissenschaftlichen Werke, welche das Straf-
recht der einzelnen europäischen und nichteuropäischen Staaten be-
handeln , oft überhaupt nicht , oft aber nur sehr mangelhaft und
irrtümlich des islamitischen Strafrechtes gedenken, so daß man
leicht glauben könnte, daß die Strafrechtswissenschaft bei den
mohammedanischen Völkern sich in einem «ranz unentwickelten Zu-
a.i »Ajj ^.Ia^Jü! >i^s*Lb| ju»jL+0 Jai> (.^*\ *^ys c y& +?--'—'
lXjA^ jiyü * V^ * jy>^ fj^ Fettwi 'Ali ef. I, 195.
564 Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc.
stände befindet , während schon aus dem Gesagten hervorgeht, daß
die Rechtsgelehrten des Islam sich mit den Fragen , die mit der
strafbaren Handlung und mit deren Folgen verbunden sind, schon
sehr lange und auch heutzutage sehr eingehend beschäftigen. Ich
hielt es ferner auch aus dem Grunde für notwendig, das Sari'at-
strafrecht eingehender zu erörtern, um denjenigen, welche den Ein-
fluß der Türken auf das rechtliche Leben der unter ihre Herrschaft
gelangten einzelnen christlichen Länder eventuell studieren, Gelegen-
heit zu geben, ohne sonderliche Mühe einen tunlichst orientierenden
Einblick in das von den moslimischen Rechtsgelehrten aufgestellte
System des mohammedanischen Strafrechts zu erhalten, und schließ-
lich, weil in dem Sari'atrechte die Grenzen bezeichnet sind , inner-
halb deren die Möglichkeit einer rationellen Reform des türkischen
Strafrechtes zu suchen ist.
Das Sari'atrecht ist seit vielen Jahrhunderten auch das nationale
Recht der Türken. Es wäre vergebliche Mühe, darüber zu disku-
tieren , ob das mohammedanische Strafrecht dem heutigen Stande
der europäischen Straftheorie entspricht, denn darüber könnte man
sehr leicht ins klare kommen. Die Tatsache , daß der Islam sein
eigenes Strafrecht , welches er als Zusammenfassung unabänder-
licher göttlicher Gesetze betrachtet, ob es nun der europäischen
Auffassung entspricht oder nicht, auch heute aufrecht erhält und
auch in der Zukunft in irgend einer Weise aufrecht erhalten will,
muß einfach zur Kenntnis genommen werden. Daß das Sari'atrecht
mangelhaft ist, weil es nur den Anforderungen eines einfachen staat-
lichen und gesellschaftlichen Lebens angepaßt ist und weil eine
bestimmte Strafe nur für einige der strafbaren Handlungen be-
messen wird, während die Ahndung der übrigen Delikte der ■ — oft
willkürlichen — Ansicht des Richters überlassen ist, das wissen
die Türken schon sehr lange und die türkischen Sultane waren
schon früher bestrebt, gemäß ihren auf den Sari'atgesetzen beruhen-
den Rechten hinsichtlich der Anwendung der unbestimmten Strafen
Weisungen zu erteilen , denen sich der Richter als bürgerlichen
Strafvorschriften anzupassen hatte.
Im türkischen Reiche wird das Sari'atrecht seit undenklichen
Zeiten angewendet. Der erste türkische Sultan Osman hat in sämt-
lichen Städten gelehrte Richter angestellt und auch in jeder später
okkupierten Provinz sofort Kädis ernannt. Die Kadis hielten sich
bei ihrer Rechtssprechung natürlich an das Sari'atrecht.
Das Sari'atrecht sichert wohl die richterliche Unabhängigkeit,
trotzdem war es schwer, die Gerichte vor den Übergriffen der
Militärgewalt zu bewahren. Die türkischen Geschichtsschreiber ver-
zeichnen , daß die Richter zur Zeit Osmans hinsichtlich der Er-
ledigung der Prozeßangelegenheiten keine volle Unabhängigkeit ge-
nossen, ja schon seit der Herrschaft des Sultans Orchan haben die
Sultane verschiedene Verfügungen getroffen , um die Richter der
Einmenguns* der militärischen Organe zu entziehen.
Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc. 565
Noch nach dein unter Abdul Medschid 1256 AH. (beginnt am
5. März 1840) geschaffenen Gesetze wurde in der Türkei die öffent-
liche Gewalt durch folgende dreierlei Beamte ausgeübt: durch die
Richter, durch die militärischen Oberkommandanten (Emire. Musire)
und durch die Finanzbeamten. Schon in dem 1276 AH. (beginnt
am 6. November 1850) eingeführten Gesetze, an welchem der euro-
päische Einfluß stark wahrnehmbar ist, scheiden die militärischen
Kommandanten aus dieser Einteilung aus und im 6. Paragraph des
dritten Abschnittes steht, daß die Verwaltung des Landes durch
die Richter, die administrativen und die Finanzbeamten erfolgt.
Die Strafgewalt kam bis in die jüngste Zeit den Richtern und
den Militärbehörden zu, in der Regel so, daß die Kädis das Urteil
schöpften, die Soldaten aber als Kläger und als Vollstrecker des
erhaltenen Urteils figurierten , obwohl andererseits bei dem streng
genommenen Sari'atverfahren auch die Vollstreckung des Urteils
dem Kadi zukam.
Die Richter hielten sich an das Sari'atrecht, während die Sol-
daten sich an den Rechtsbrauch {'urf), an die höheren Verordnungen
oder an ihre eigene bessere Einsicht hielten. Den Anhängern der
Sari'atgerichtsbarkeit , insbesondere den Kädis , sagte es nicht zu,
daß auch Personen auf Strafangelegenheiten Einfluß nehmen konnten,
welche in den göttlichen Gesetzen nicht bewandert sind. Denn es
versteht sich von selbst, daß die Soldaten infolge der Natur ihrer
Beschäftigung nicht in die feinen Unterscheidungen des Sari'atrechtes
eindringen konnten, wodurch der Willkür ein weites Feld geöffnet
wurde , und die Juristen fanden , daß die durch Gott geschaffene
Rechtsordnung eben durch die gestört werde, deren Beruf es wäre,
mitzuwirken , daß sie unverletzt aufrecht erhalten werde. Doch
war es eben mit Rücksicht auf das Sari'atrecht nicht möglich, ihnen
die Strafgewalt vollkommen zu verschließen, denn, wie wir sahen, lehrt
das Sari'atrecht selbst, daß die strafbare Handlung in den Fällen,
wo der Schuldige auf Grund des Sai-i'atrechtes nicht verurteilt
werden kann , administrativ verfolgt werden könne, nur daß dazu,
daß jemandem eine administrative Strafe auferlegt werden könne,
vorschriftsgemäß das Urteil des Kadi notwendig war. Hieraus
konnten vielerlei Kollisionen entstehen, und noch Abdul Medschid
legt es in seinem Strafgesetz den verschiedenen Behörden ans Herz,
in ihrer ein gemeinsames Zusammenwirken erheischenden Tätigkeit
sich durch den Geist des Gesetzes, der Nächstenliebe und der Ver-
söhnlichkeit leiten zu lassen ; die einzelnen Wirkungskreise nicht zu
überschreiten, sondern sich vielmehr gegenseitig zu unterstützen.
Die Stellung des Kädi'asker wurde von Murad I. zu dem Zwecke
systematisiert, daß das Land einen Oberbeamten habe, der einerseits
die Gerichte kontrolliere, andererseits aber auch bei dem Heer die
Herrschaft des Gesetzes sichere. Sultan Mehmed II. hat 882 All.
(1477 n. Chr.) zwei Kädi'askerstellen geschaffen, die eine für Alu-
folien, die andere für Rumelien.
566 Rrcsm&rik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Slrafrechts, etc.
Ich glaube nicht, daß eine detaillierte Schilderung der Ge-
schichte des türkischen Strafrechtes in den Rahmen dieser Studie
gehört, und bemerke daher nur, daß dem Bestreben der Sultane,
für die strafbaren Handlungen und Strafen , bezüglich deren sie
«las Sari'atstrafrecht als mangelhaft und dessen einzelne Verfügungen
als strittig betrachteten, oder bezüglich deren für die Geltend-
machung der individuellen Meinung des Richters ein zu weites
Feld sich bot, fünf Strafgesetze entsprangen. Wenigstens erwähnen
die türkischen Schriftsteller mit dem auch heute geltenden zusammen
fünf solche Strafgesetze. Das erste ist das des Sultans Sulejmän,
das zweite das Mehmed's IV. , die übrigen stammen aus der Zeit
Abdul Medschid's.
Von dem Sulejman'schen Strafgesetze weiß man nicht bestimmt,
ob es von diesem, Kodifikator benannten, Sultan stammt, denn weder
im Text, noch anderswo wird bemerkt, wo und unter wem dieses
Gesetz zustande gekommen ist. Die türkischen Schriftsteller sind
jedoch der Ansicht, daß es ein Werk Sulejman's II. sei. Das Gesetz
besteht insgesamt aus drei Abschnitten, in welchen der Gesetzgeber,
wenn auch ohne jedes System, detailliert die Strafen aufzählt,
welche für Unzucht, Prügelei, Totschlag, Weintrinken, Diebstahl,
Gewalttätigkeit u. s. w. angewendet werden sollen.
Nach diesem Gesetze, welches für die verbotenen Handlungen
größtenteils Geldstrafen bestimmt, ist bei der Bemessung der Strafe
ein Unterschied zu machen mit Rücksicht auf die Vermögensver-
hältnisse, in welchen der Angeklagte sich befindet. Reich ist der-
jenige, der ein Vermögen von 1000 Akce oder darüber hat, ver-
mögend derjenige, der 600, und arm derjenige, der nur 400 Akce
besitzt.
Treibt jemand Unzucht und wird er dessen überführt, dann
zahlt der Täter, wenn er verheiratet und reich ist, eine Buße von
300 Akce , wenn er vermögend ist , 200 , und wenn er arm ist,
100 Akce. Ist der Schuldige aber gänzlich verarmt, so daß er
nicht einmal 400 Akce besitzt, dann ist ihm nur eine Buße von
40 bis 50 Akce aufzuerlegen. Der ledige Mann, das ledige Mädchen
oder die Witwe sind je nach ihrem Vermögen mit einer Buße von
100 , 50 oder 30 Akce zu bestrafen. Die Sklaven und die Un-
gläubigen zahlen die Hälfte dieser Beträge. Das Gesetz erwähnt
nicht, wann die Anklage der Unzucht als bewiesen zu betrachten
ist, wann die durch das Sari'atrecht und wann die durch dieses
Gesetz festgestellte Strafe dem Schuldigen gegenüber anzuwenden ist.
Für Prügelei sind die Stockstrafe und eine Geldbuße auszu-
sprechen. Für den Totschlag zahlt, wenn das Vergeltungsrecht
nicht zugeurteilt werden kann, ein reicher Mann 400, ein Ver-
mögender 200 und ein armer Mann 100 Akce als Buße. Schlägt
jemand einem andern einen Zahn oder ein Auge aus , dann darf,
wenn der verletzten Partei das Vergeltungsrecht zugeurteilt wurde,
von dem Täter keine Buße angenommen werden. Wird das Ver-
Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc. 567
geltungsrecht aber nicht zugeurteilt, dann ist dem Angeklagten je
nach seinen Vermögensverhältnissen eine Buße von 200, 100 oder
50 Akce aufzuerlegen. Die Sklaven und die Ungläubigen zahlen
auch von diesen Beträgen nur die Hälfte.
Für Weintrinken ist außer der Stockstrafe auch eine Geldbuße
anzuwenden. Der Diebstahl unterliegt der im Sari'atrecht be-
stimmten Strafe, d. h. es wird dem Diebe die Hand abgeschnitten.
Anstatt der Verstümmelung ist eine Geldbuße von 100 Akce zu
erlegen.
Große Vorsicht ordnet das Gesetz hinsichtlich des Einver-
nehmens eines Angeklagten an. Das Geständnis des Einvernommenen
kann nur dann als Beweis angenommen werden , wenn die ob-
schwebenden Umstände dartun , daß seine Aussage wahr ist. Be-
hauptet der Dieb von jemandem, dieser sei sein Genosse beim Dieb-
stahl gewesen, so darf man dies nicht sofort glauben und man kann
gegen den Betreffenden nur dann vorgehen , wenn er auch sonst
eine verdächtige Person ist.
Darüber, ob gegenüber dem Angeklagten irgend eine Strafe
im administrativen Wege angewendet werden kann , hat ebenfalls
der Kädi zu entscheiden. In dieser Hinsicht schreibt das Gesetz
vor, daß der Kädi, wenn es im administrativen Wege bewiesen
wurde, daß jemand gestohlen hat, hierüber den Organen der Ver-
waltung einen Bescheid ausfolgt. Diese Organe sollen auf Grund
dieses Bescheides den Täter, wenn er der Kreuzigung unterliegt,
kreuzigen, verdient er aber eine Verstümmelung, verstümmeln, und
der Kädi soll dieses Verfahren nicht hindern. Die Strafe . welche
auf dem Schauplatz der strafbaren Handlung zu vollstrecken ist,
darf nicht aufgeschoben werden.1) Die Administrativbehörden sollen
niemanden einsperren lassen oder bestrafen, ohne daß der Kadi
hiervon Kenntnis hat; jeder ist mit einer seiner Sünde entsprechen-
den Buße zu belegen ; man darf dem Schuldigen nicht mehr nehmen
als erlaubt ist und sollte dennoch ein solcher Mißbrauch geschehen,
dann soll der Kädi hinsichtlich des Ersatzes des Mehrbetrages einen
Bescheid erbringen und verfügen , daß die ungebührlich erhobene
Summe zurückgegeben werde.-)
^«ya.Jv.Äj| ~*i>lj -ÄjwLywj x*+i»\ «J..-C »lXjU fi , e&tä 5i-VJj »«3QC
jiaJo' ^>.*.»a-w »Jy -XjlXJü! ic^J^ Mir'äti 'adälet 53.
2) u*"^ L5*«xajÜ3 uiy= ^\ ^j^*mj/ c^*\ ^j** xjtte.
568 Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc.
Wie hieraus ersichtlich, gereicht dieses Gesetz, wenn es in
der Tat sein Entstehen Sulejman IL verdankt, selbst diesem großen
Sultan nicht zur Schande.
Die türkischen Schriftsteller ziehen mit einer gewissen Genug-
tuung eine Parallele zwischen den verschiedenen Arten, in welchen
die europäischen Staaten und die Türkei in den einzelnen histori-
schen Perioden die Strafgewalt übten. Der gewesene Handels-
gerichtspräsident Ahmed Lütfi schrieb in seinem „Mir'äti 'adälet"
(erschien 1306 AH. [1888 n. Chr.] in Konstantinopel) betitelten
Buche eine kurze Geschichte des türkischen Justizwesens. In diesem
Werke zählt er am Ende eines jeden Abschnittes, in welchem er
von der justiziellen Wirksamkeit der türkischen Sultane spricht,
die gleichzeitigen europäischen Fürsten und deren ähnliche Tätig-
keit auf. Der Vergleich schlägt nach Ansicht des genannten Schrift-
stellers entschieden zum Nachteile der europäischen Nationen aus.
Denn während die Gesetze der türkischen Fürsten im allgemeinen
immer human waren, und den Schutz der menschlichen Rechte
ohne Unterschied der Religion und Klasse bezweckten , waren in
Europa bis in die jüngste Zeit die Tortur, Religionsverfolgungen,
ungesetzliche Hinrichtungen und Vermögenskonfiskationen auf der
Tagesordnung. Es ist wahr, daß Willkür, Tyrannei und Ungerechtig-
keit auch im türkischen Reiche keine unbekannten Begriffe waren,
doch dies gehört auf ein anderes Blatt. Denn diese Mißbräuche
wurden immer als Ungesetzlichkeiten verfolgt, während in Europa
die Schrecken des Strafrechtes als Ausflüsse des öffentlichen Bewußt-
seins figurierten und mit geringen Ausnahmen allgemeine Zustimmung
fanden. In dieser Hinsicht wollen daher die Türken nicht von den
Europäern lernen.
Das nach Mehmed IV. benannte Strafgesetz kam im Jahre
1091 AH. (1680 n. Chr.) zustande und besteht aus drei Abschnitten.
Der erste Abschnitt enthält detaillierte Vorschriften bezüglich des
Diebstahls und überdies noch einige Verfügungen allgemeiner Natur,
wie z. B. daß der Richter, wenn ein Richter, ein Lehrer, ein Ver-
walter des Wakfs, ein Scheich, ein Imam oder eine andere derartige
Person mit einer Züchtigung zu belegen ist, ihnen gegenüber nicht
die Züchtigung anwenden, sondern ihnen nur in Form einer Er-
mahnung sagen soll, sie sollen die ihnen zur Last gelegte Hand-
lung nicht mehr begehen; denn bei derartigen Menschen bedeutet
schon dieses Vorgehen eine Züchtigung.1)
2sJ! *^J==>* sAj! /*•£>" »->> , CT^L-Hj 1^°^ *"»*^ jh^ I^Ä^
Mir'äti 'adälet 57.
..L*£> Js.A4.Ajl *„*wjy j,:^S -JiXJ JÜüJL&'Lo öLg^>J I^A/oLufl L$M^'-^
Krcsmärik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, et<\ 569
Bei der Einvernahme fordert dieses Gesetz dieselbe Vorsicht
wie das Sulejman'sche und es wiederholt auch die Verfügung des
letzterwähnten Gesetzes, daß, wenn der Kädi in der Angelegenheit
eines Angeklagten einem Organ der Verwaltung einen Bescheid
übergibt, dieses den Schuldigen je nach der straf baren Handlung
aufhängen oder verstümmeln soll und der Kädi dieses Verfahren
nicht hindere, ferner, daß es ungesetzlich ist, im Falle der Be-
gnadigung oder nach der Vollstreckung der Strafe eine Geldbuße
zu nehmen u. s. w.
Das zweite Kapitel enthält die auf die Gewerbetreibenden be-
züglichen Bestimmungen , das dritte aber Polizeivorschriften. Den
Gewerbetreibenden scheinen die Behörden große Sorgfalt zugewendet
zu haben. Für die Bäcker, Fleischhauer, Auskocher gibt es strenge
Vorschriften , nicht nur was die reine Herstellung der Nahrungs-
mittel betrifft, sondern auch bezüglich der Preise derselben. Hält
der Fleischhauer sein Fleisch nicht in Ordnung, so ist er einzu-
sperren. Den Schneidern wurde befohlen, dichte Stiche zu machen
und die Arbeit zur versprochenen Zeit fertig zu stellen. Die Sklaven-
händler sollen das Gesicht der zum Verkauf gestellten Mädchen
nicht mit weißer oder roter Schminke oder mit etwas anderem ein-
schmieren , sie sollen sie samt den an ihnen befindlichen Kleidern
verkaufen und ihnen nicht bei der Übei-gabe die Hüllen ausziehen.
Die Barbiere sollen ihre Instrumente rein halten und die Maße
sollen zementiert sein.
Unter Abdul Medschid zeigt die Gesetzgebung hinsichtlich der
Aufstellung der strafrechtlichen Prinzipien große Schwankungen.
Die Folge davon war, daß in einem Zeitraum von 18 Jahren nicht
weniger als drei Strafgesetzbücher verfaßt wurden. Die Gülchäneische
Sultansproklamation , welche die vollkommene Gleichberechtigung
der Bürger des ottomanischen Beiches aussprach und berafen war,
den Beginn einer neuen Epoche zu verkünden, konnte auch auf die
Ausübung der Strafgewalt nicht ohne Wirkung bleiben. Das erste
im modernen Geiste ausgearbeitete Strafgesetz wurde im Jahre
1256 AH. (beginnt 1840) erlassen. In dem Vorworte des Gesetzes
erfolgt eine Berufung auf das eben erwähnte Patent des genannten
Sultans und in einem Abschnitte des Gesetzes wird als Kommentar
zur Gleichberechtigung gesagt, daß auch der Wesir für die Ver-
nichtung des Lebens eines gewöhnlichen Hirten hinzurichten sei.
Das Gesetz besteht aus einer Einleitung, einem Schlußworte und aus
41 Abschnitten; es ist außer von dem Großwesir und dem Scheich
ul Islam noch von zahlreichen Dignitären und öffentlichen Beamten
unterfertigt , r gleichsam als Gewähr dafür , daß seine Verfügungen
neben den Sari'atgesetzen bestehen können. Die strafbaren Hand-
,->.ji*j' »JsJyw \j\ (iS-U-j ».-w xlsix. c^Ls fcjJ> *+Äjt ^A-j^-J -3»Jy
Mir'äti 'adälet 78.
Bd. LVIII. 37
570 Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc.
hingen werden in diesem Gesetze noch nicht nach europäischer
Weise qualifiziert und für die strafbaren Handlungen werden noch
gemischte Ausdrücke benützt, welche den Begriffen Verbrechen,
Vergehen und Übertretungen gleichkommen. In vielen Fällen ist
ein Verbot ausgesprochen, ohne daß für dessen Verletzung eine
Strafe ausgesprochen wäre.
Dieses Gesetz blieb kaum 11 Jahre lang in Kraft. Neben zahl-
reichen andern Mängeln bestand einer seiner Hauptfehler darin, daß
es die Verfügungen des Sari'atrechtes nicht genügend berücksichtigte,
ja in einzelnen Fällen sogar diesem widersprechende Vorschriften
aufstellte, wie z. B. im 3 Punkt des XL Abschnittes, wo es heißt,
daß an einem Wegelagerer, der einen Menschen getötet hat, das
Vergeltungsrecht geübt werde , während das Sari'atstrafrecht klar
verfügt, daß in solchen Fällen ein Vergeltungsrecht nicht statthabe,
und an dem mit einem Morde belasteten Wegelagerer ohne Rück-
sicht auf eventuelle andere Vereinbarungen der Ei'ben des Opfers
als göttliche Strafe die Hinrichtung zu vollstrecken sei.
In dem neuen Strafgesetz von 1267 AH. (beginnt 1850) be-
ginnt sich deutlich die Theorie zu entwickeln, daß die strafbaren
Handlungen von zwei Gesichtspunkten zu beurteilen seien, nämlich
vom Gesichtspunkt des Sari'atrechtes und von dem des bürgerlichen
öffentlichen Rechtes. Das heißt, die Staatsgewalt, welche auf die
fortwährend sich ändernden Lebensverhältnisse Rücksicht nehmen
muß , könne im Interesse des öffentlichen Wohls es oft für nötig
finden, dort, wo das Sari'atrecht den Schuldigen aus irgend einem
gesetzlichen Grunde von der Strafe befreit und die Angelegenheit
eventuell auf privatrechtlichem Wege ausgleicht, oder dort, wo die
angewendete Strafe mit der begangenen Rechtsverletzung nicht im
richtigen Verhältnisse steht, dem Schuldigen eine besondere Strafe
aufzuerlegen.
Dieses Strafgesetz sagt in seinem Vorworte, daß man nach der
Gülchäneischen Proklamation über die Personen- und Vermögens-
sicherheit der Bürger, wie auch über ihre Ehre und ihren guten
Ruf wachen muß. Es ist wahr, heißt es in dem Vorworte weiter,
daß die diesbezüglich bestehenden Vorschriften auf dem heiligen
Sari'atrechte beruhen und als solche von ewiger Geltung und un-
abänderlich sind: es ist jedoch auch zweifellos notwendig, daß die
den Sarl'atprinzipien entspringenden und durch die kompetenten
Faktoren einmütig geschaffenen Strafgesetze mit den veränderlichen
Ansprüchen des Lebens, mit den Verhältnissen des Landes und des
Arolkes in Übereinstimmung gebracht und infolgedessen die einzelnen
Verfügungen von Zeit zu Zeit durch Milderung, Verschärfung, Er-
leichterung, Konkordanz, Ausdehnung und Einengung abgeändert
werden. Und da in dem früheren Strafgesetz für einzelne straf-
bare Handlungen keine Strafe vorgeschrieben war, die bezüglichen
Vorschriften infolge der veränderten Verhältnisse daher nur schwer
oder überhaupt nicht vollstx-eckt werden konnten, so mußte ein
Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc. 571
mehr entsprechendes Gesetz ausgearbeitet werden und zwar derart,
daß als Ergänzung des alten Gesetzes die durch die kompetenten
Faktoren angeordneten ergänzenden Verfügungen vereinigt und zu
einem neuen Gesetzbuche umgearbeitet wurden , welches in drei
Abschnitte zerfällt, je nachdem die strafbare Handlung sich gegen
die Lebens- und Personensicherheit der Bürger, gegen ihre Ehre
und ihren guten Ruf oder gegen ihr Vermögen richtet.
Dieses Strafgesetz war noch von kürzerer Lebensdauer als das
frühere, denn es blieb nur sieben Jahre lang in Kraft. Die straf-
baren Handlungen sind auch hier nicht nach der europäischen
Methode in Verbrechen , Vergehen und Übertretungen klassifiziert.
Beim vorsätzlichen Totschlag verfügt dieses Gesetz, man müsse
beim vorsätzlichen Totschlag nach dem Sari'atrecht vorgehen; aber
auch wenn die Erben des Ermordeten von dem Täter Blutgeld
angenommen oder ihm gänzlich verziehen hätten, sei der Mörder
dennoch im administrativen Wege auf Grund des bürgerlichen Straf-
gesetzbuches hinzurichten. Hinsichtlich der Todesurteile wird die
Verfügung wiederholt, die auch schon in dem früheren Gesetz vor-
handen war, daß solche Urteile nur dann vollstreckt werden können,
wenn sie auf Grund einer Unterbreitung des Scheich ul Islam vom
Sultan bestätigt werden.
Hat der Wegelagerer geraubt , ohne zu morden , so ist er zu
sieben Jahren Galeerensklaverei zu verurteilen. Hat er aber auch
gemordet, dann muß man mit ihm nach der Bestimmung des Sari'at-
rechtes vorgehen. Gegen die bewaffneten Empörer und Wegelagerer
ist bewaffnete Gewalt anzuwenden und für den im Kampfe ent-
standenen Totschlag kann niemand auf das Vergeltungsrecht An-
spruch machen , wohl aber kann der lebendig Gefangengenommene
ohne gesetzliches Verfahren nicht getötet werden, denn hierfür
hätte die Vergeltung Raum.
Das für die Tötung einer Person, die keine Erben hat, ge-
bührende Vergeltungsrecht oder Blutgeld kommt dem Sultan bezw.
dem Ärar zu.
Hat jemand eine Person aus Irrtum getötet, dann kann der
Täter, wenn er unbestraften Vorlebens und unbemakelten sittlichen
Lebenswandels ist, außer der Geldbuße zu keiner anderen Strafe
verurteilt werden. Ist er aber verdächtig, dann ist er im bürger-
lichen Wege zu einem Jahre Galeerensklaverei oder Kettenstrafe
zu verurteilen. Veranlaßt jemand einen andern, für Geld oder in
anderer Weise einen Totschlag zu begehen, so ist der Mörder nach
dem Sari'at- und bürgerlichen Strafrecht zu bestrafen , während
der Besteller des Mordes Galeeren- und Kettenstrafe von der Dauer
von ein bis fünf Jahren, seine Helfer aber von der Dauer von ein
bis drei Jahren erhalten.
Die Delikte der Verleumdung fund Beleidigung sind im I"
<'iit>lirechender Beweise nach dem Sari'atrechte zu bestrafen. Auch
hinsichtlich der Bemessung der Züchtigung soll sich der Richter
37*
572 Krcsmdril; Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc.
an das Sari'atrecht halten. Die Notabilitäten sind vor den großen
Meglis vorzuladen; die Strafe der Mittelklasse soll aus Vorladung,
Haft und Verbannung bestehen , während die der unteren Volks-
klasse angehörenden drei bis 79 Stockstreiche erhalten sollen. Die
Dauer der Haft wurde bei den verschiedenen strafbaren Handlungen
nicht festgestellt, sondern es wurde erklärt, die Haft habe solange
zu dauern , bis an den Verurteilten ernste Zeichen der Besserung
wahrnehmbar sind.1) Kranke Häftlinge sind bis zu ihrer Genesung
nach Hause zu entlassen und sind die zu Hause verbrachten Tage
in ihre Haft einzurechnen. Viktualienhändlern, welche falsches Maß
benützen und Wucher treiben , ist das Geschäft zu sperren und
ist der Schuldige überdies zu drei bis 79 Stockstreichen zu ver-
urteilen.
Dieses Strafgesetz zeigt offenbar das Bestreben, sich dem Sari'at-
recht anzuschmiegen. Trotzdem war es unhaltbar , weil es nicht
die ganze Materie des modernen Strafrechtes umfaßte und den
Standpunkt der Staatsgewalt gegenüber dem Sari'atrecht nicht klärte.
Diese Schöpfung war ein halber Schritt und auch dieser war nur
unentschieden gemacht.
Das Strafgesetz vom Jahre 1274 AH. (1857 n. Chr.) macht
eine verständlichere Unterscheidung und erklärt im ersten Abschnitt,
daß nicht nur die Ahndung derjenigen strafbaren Handlungen die Auf-
gabe der staatlichen Souveränität ist, welche sich unmittelbar gegen
die Begierung richten, sondern daß auch die gegen einzelne Personen
begangenen strafbaren Handlungen, insoweit sie die öffentliche Ruhe
und Ordnung verletzen, durch die Staatsgewalt {deicht) zu ver-
folgen sind. In den Wirkungskreis der staatlichen Souveränität
gehört daher auch die Bestimmung des Maßes der Züchtigung;
alles dies jedoch nur unter der Bedingung, daß die durch das
Sari'atrecht gesicherten persönlichen Rechte der verletzten Partei
in keinem Falle verkürzt werden.'2)
2oü»i 1*-*°5 ^*"*^tt? U- Abschnitt § 5 des türkischen Strafgesetzes vom
Jahre 1267 (AH.). Mir'äti 'adälet 162.
2) ^*j1;> ^^j c_j.'i_5 *^*J* c^y^=- sj^jtjls ^O^fySo
l^j l«^ ur***^' $^ Kf*\j*y+* lM~5 «$Ujly> ^y^yh
Krcsmdrilc, Beitr. z. Beleuchtung d. (damit. Straf rechts, etc. 5 < 3
Darüber, was unter den Rechten persönlicher oder privater
Natur Qmlcuki sachsijje) zu verstehen ist, enthält dieses Strafgesetz-
buch keine Weisungen und so müssen in dieser Hinsicht wieder
die Verfügungen des Sari'atrechtes als maßgebend angenommen
werden. Das Sari'atrecht aber lehrt, daß unter persönlichen Rechten
solche Rechte zu verstehen sind, welche der verletzten Partei oder
ihren Rechtsnachfolgern für die erlittene Verletzung gegenüber den
Tätern zukommen. Solche persönliche Rechte sind daher die Be-
rechtigung zur Vergeltung der Verletzung, zu dem Blutgeld, zur
Verstümmelung des Täters und zum Schadenersatz . über welche
die Staatsgewalt nicht verfügen kann.
Die strafbaren Handlungen rufen zweierlei Rechte hervor; das
eine dieser Rechte ist von öffentlichem, das andere aber von per-
sönlichem Interesse. Infolgedessen müssen die strafbaren Handlungen
von zwei Gesichtspunkten aus beurteilt werden: erstens vom Gesichts-
punkt des öffentlichen Interesses, insofern sie die öffentliche Ruhe
und den öffentlichen Frieden stören, zweitens vom Gesichtspunkte
der Rechte der einzelnen Personen, für welche dieser Handlung
eine Verletzung entspringt. Die Aufsicht über die Wahrung des
öffentlichen Interesses gehört in den Wirkungskreis des Staats-
anwaltes, während die Geltendmachung der der strafbaren Handlung
entspringenden Rechte privaten Interesses Aufgabe der Partei ist.
Das nach europäischem Muster ausgearbeitete Strafverfahren,
welches dem kurzlebigen türkischen Parlamente als Gesetzentwurf
hätte vorgelegt werden sollen und welches auch heute noch in
Kraft steht, besagt, daß die Klage betreffend die persönlichen Rechte
mit der öffentlichen Anklage zusammen vor dem Gerichte erledigt
werde (wie z. B. die Frage des Diebstahls und des hieraus ent-
springenden Schadenersatzes). Doch kann die Klage auch bei be-
sonderen Gerichten angestrengt werden, nur daß in einem solchen
Falle, solange der öffentlich-rechtliche Teil der strafbaren Handlung
nicht endgiltig erledigt wurde, die persönlichen Rechte nicht ver-
handelt werden können.1)
^js^./ä^'^ • Ji=> ..3*\ i.ww Iä-& dA.'.> .P / ä^'i uJ*! .~*m£La,
■ ^ <-~—' ">xm ^ ' J^^ § 1 des türkischen Strafrechts (gezä känünnämesi).
Hierbei wäre noch die Bestimmung des § 171 desselben Gesetzes ins Auge
zu fassen: V %ÄZ>- (d. h. das zivilstrafgerichtliche Urteil) ci»jJs z*^*
aJLs>- w^cy; +J==>.^ j:J».£0 a^a.i=Uä • Ji> ^j. -,_»! ^JLcJl
1) Die bezüglichen Paragraphen der türkischen Strafprozeßordnung (Usüli
muhakemäti £ezüijje) lauten im Originale folgendem!
574 Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc.
Die Verzichtleistung auf die persönlichen Rechte zieht das Fallen-
lassen der öffentlichen Anklage nicht nach sich. Hingegen ist, wenn
der Angeklagte von der öffentlichen Anklage freigesprochen wird, von
der Verhandlung der gegen ihn gerichteten Privatklage abzusehen.
Der öffentlich-rechtliche Teil der strafbaren Handlungen unter-
liegt der Beurteilung der bürgerlichen Strafgerichte, welche den
Täter auf Grund der Bestimmungen des bürgerlichen Strafgesetz-
buches bestrafen, während über Klagen, welche sich auf das Ver-
geltungsrecht, das Blutgeld, die Bezahlung für das Delikt der
Fruchtabtreibung, auf die Entschädigung für körperliche Ver-
letzungen auf Grund gerichtlicher Schätzung (hukumet 'adl) und
darauf beziehen, daß die Verantwortlichkeit der am Schauplatz des
Mordes wohnenden ausgesprochen wird (kasäme), auf Grund des
Sari:atrechtes die Sari'atrichter urteilen.
Die bürgerlichen Strafgerichte urteilen in einem Senat. An jedem
Sitze der Provinz, des Komitates (sanc/ak) und des Bezirkes gibt es
je ein Strafgericht erster Instanz, gegen dessen Urteile — insofern
das Gesetz nicht ein weiteres Rechtsmittel ausschließt — ■ an die
in den Hauptstädten der Provinzen befindlichen Appellationsgerichte
appelliert werden kann. Die derart erledigten Angelegenheiten
können auch noch vor das Konstantinopler Revisionsgericht gelangen.
In Dörfern und Distrikten (ndhij'e) urteilen über Übertretungen,
welche mit kleineren Strafen verbunden sind , die dort errichteten
Friedensgerichte und zwar in einigen Fällen mit Ausschluß jeder
Appellation.
♦,j.ä:> u£.+ZJ\ LcJ> ^-Ä-Jy^l ^jj.il'5 olj1^ »^LkbJI ^Jlc (§ 1)
vAJJnxa^i^"^ ► ».£;>■ (jr^LcOi oIäa«.ai;j _XjJ».j^ c>.£>->-*" i^.Xz>Ia.'6
jLj nJLx^LcJ *.ys..*£. '►*£>• ^LiJ xajcl^'^ VjÜS» (§ 3)
NaaJI^^ » «Ü^» tii.^3 ,~v.l»j:J> *>^s»..».£. » *.ÄS> «AjLs> ..J 8J\.-*ot
„^xl^i r,fcÄV.j.i ^ix^.l ^/>Lsi ^^_j! J>5.i>Lj^ sAÄ/*LäÜ -^LcJ>
;x».Li.sLj ^Ä*J«_cO ä^all^^ • «.a:> x>\sAU .jlX^L^iaS
j- .. . j (j^ . j js ... ..
Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. islumit. Straf rechts, etc. 575
Die Sari'atrichter fungieren als Einzelgerichte. In Konstantinopel
gibt es zahlreiche solche Sarl'atgerichte , überdies gibt es je eines
am Sitze einer jeden Provinz, eines jeden Komitates , Bezirkes und
Distriktes. Das Sarl'atrecht, welches die strittige Angelegenheit durch
die Entscheidung des Richters als erledigt betrachtet und den Be-
scheid des Kadis mit dem Charakter der zwangsweisen Vollstreckung
bekleidet, kennt eigentlich die Appellation nicht. Die Institution
des Appellationsgerichtes kann auch nicht^ leicht in dieses Rechts-
system eingefügt werden, weil nach dem Sari'atrecht jeder Richter
das Gesetz kennen und in der Prozeßangelegenheit mit strenger
Erwägung der Umstände nach seinem besten Ermessen und nach
seinem besten Gewissen urteilen muß, so daß es keine andere Ge-
währ für die richtige Urteilssprechung geben kann, als jenes Be-
wußtsein des Richters, daß er mit voller Kraft nach der Wahrheit
geforscht und diese, so wie dies im Urteil ausgesprochen wird, ge-
funden zu haben glaubt. Der Richter kann wohl irren, doch dieser
Irrtum gilt nicht als Sünde, wenn der Richter alles mögliche an-
gewendet hat, um die Wahrheit zu finden und sie dennoch nicht
gefunden hat. Es ist aber auch nicht zweckmäßig, in mohamme-
danischen Staaten, wo, wie z. B. in der Türkei, das Sari'atrecht
noch nicht vollkommen kodifiziert ist und der Richter bei der
Urteilssprechung möglichst frei unter den Rechtsgelehrten wählen
kann, auf deren Lehren er sein Urteil basiert, und wo — wie wir
gesehen haben — das Sari'atstrafrecht überhaupt nicht geregelt
ist , Appellationsgerichte zu errichten , denn es könnte leicht ge-
schehen , daß in je einer strittigen Frage der Appellationsrichter,
weil er sich an die Ansicht eines anderen Rechtsgelehrten hält,
die übrigens richtige erstrichterliche Entscheidung abändern würde,
wodurch sich die Rechtsunsicherheit noch, mehr fühlbar machen
würde. Beim privatrechtlichen Teil des Sari'atrechtes kann dies
weniger geschehen, weil ein großer Teil dieses Rechtes in der Türkei
kodifiziert ist und das Gesetz ausspricht, daß die durch den Sultan
angestellten Richter sich an die in diesem Gesetze enthaltenen Vor-
schriften zu halten haben.
Dennoch gibt es natürlich einzelne Garantieen, welche berufen
sind , das rechtsuchende Publikum vor eventuellen Fehlern , Irr-
tümern oder vor der Willkür des Sarl'atrichters zu bewahren.
Hierher gehört die viele Jahrhunderte hindurch geübte Justizpraxis,
welche es nicht leicht zuläßt, wenigstens bei den alltäglichen Prozeß-
angelegenheiten, daß die Richter das Gebiet ungewohnter Theorieen
betreten; ferner eine gewisse konventionelle Reihenfolge der juri-
dischen Autoritäten, auf welche d< r Richter bei seinem Entschluß,
auf die Ansicht welches Rechtsgelehrten er sein Urteil stützen solle,
Rücksichl nehmen muß; weiter die strenge moralische und
materielle Verantwortlichkeit der Richter, wie auch jene Vot
des Sari'atrechtes, daß die ungesetzlichen Urteile nicht vollstreckbar
sind, schließlich aber gewisse Arten der Rechtshilfe, welche wohl
576 Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. islarnit. Strafrechts, etc.
die heutigen türkischen Juristen ebenfalls Appellationen nennen,
die aber nicht als Appellationen im europäischen Sinne betrachtet
werden können.
Die Appellation benannte Sari'atrechtshilfe ist heutzutage der-
art geregelt, daß die Partei, welche sich mit der Entscheidung des
Sari'atrichters nicht zufrieden gibt, sich innerhalb dreier Monate
von der Verkündigung der Entscheidung an gerechnet entweder
mit einer, eine Appellation oder ein Revisions- beziehungsweise
Novisierungsgesuch enthaltenden, Eingabe auf dem vorgeschriebenen
Amtswege an den Sejch ul Islam wendet. Dort wird das als
gravaminös hingestellte erstrichterliche Urteil geprüft und , wenn
es für einwandfrei befunden wird, bestätigt. Wird es aber nicht
als einwandfrei befunden , so wird es aufgelöst und dann wird die
Angelegenheit zugleich behufs Entscheidung im Appellationswege
an denselben Siebter gewiesen , der zuerst in der Sache geurteilt
hat, oder an einen anderen Sari'atrichter.
Das Strafgesetz von 1274 AH. (1857), welches mit mehreren
Modifikationen auch noch heute in Kraft ist, enthält in einem ein-
leitenden Teile und in zwei Abschnitten zusammen 264 Paragraphen.
Der einleitende Teil handelt von der Natur der strafbaren Handlungen,
der Verbrechen , Vergehen und Übertretungen. Er lehrt uns die
Strafe kennen und stellt einige Regeln bezüglich der Zurechnungs-
fähigkeit des Täters auf. Die Strafen können bestehen aus Todes-
strafe , Galeerensklaverei , Festungshaft , Haft, ständiger oder zeit-
weiliger Verbannung, in dem Verlust der bürgerlichen Rechte oder
des Amtes oder in einer Geldstrafe. Die Schaustellung des Schuldigen
auf offenem Platze mit dem auf seiner Brust in großen Lettern
geschriebenen Urteil ist ebenfalls unter die Strafen aufgenommen,
heute aber nicht mehr gebräuchlich. Das erste Kapitel zählt die
für die Öffentlichkeit schädlichen , das zweite aber die gegen die
einzelnen sich richtenden strafbaren Handlungen auf, wobei auch
noch die für die einzelnen Verbrechen, Vergehen und Übertretungen
zu bemessenden Strafen festgestellt werden.
Eine detaillierte Darlegung dieses Strafgesetzes halte ich für
überflüssig, einerseits deshalb, weil dieses Gesetz in Europa bekannt
ist, andererseits aber auch aus dem Grunde, weil dies den Zweck
dieser Studie weit übersteigen würde , da hier neben der Be-
leuchtung einiger leitender Ideen der mohammedanischen Straftheorie
im allgemeinen nur davon die Rede ist, wie der Islam mit seinen
eigentümlichen Institutionen sich dem Rahmen des europäischen
Rechtslebens einfügen kann. Es wird genügen, wenn ich kurz
bemerke, daß dieses Strafgesetzbuch, indem es unter dem Einfluß
der zu jener Zeit herrschenden europäischen Straftheorieen steht,
das Sari'atrecht zugleich aufrecht erhalten und fallen lassen will,
wodurch es uns das Bild eines unhaltbaren Zustandes bietet. Da
die Definitionen des bürgerlichen Strafrechtes vom Totschlag, von
der körperlichen Verletzung, vom Diebstahl, von der Verleumdung,
Krcsmdrik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc. 577
Ehrenbeleidigung u. s. w. von der Theorie des Sari'atrechtes in vielem
abweichen und für die, welche solche strafbare Handlungen be-
gehen, auch andere Strafen feststellt, ist es geeignet, jene Harmonie
in welcher die staatlichen und religiösen Gesetze nach der Auf-
fassung des Islams miteinander stehen müssen, zu trüben.
Für den Angeklagten ist die Vorschrift unbillig, daß er wegen
einer und derselben Sache zweimal zur Verantwortung gezogen
werden kann, erst vor dem bürgerlichen Strafgerichtshofe, dann vor
dem Sarl'atsrichter, von welchen Behörden jede besonders die durch
besondei-e Gesetze vorgeschriebenen Strafen bemißt.
Es gibt Fälle, wo von dem bürgerlichen Strafurteil abgesehen
und das Urteil des Sari'atgerichtes vollstreckt wird. So z. B. wenn
der bürgerliche Strafgerichtshof jemand wegen des Deliktes des
Totschlages zu 15 jähriger Galeerensklaverei verurteilt, die Rechts-
nachfolger des Ermordeten behufs Geltendmachung ihrer persönlichen
Rechte sich an den Sari'atrichter wenden und dort, wenn die An-
klage des vorsätzlichen Totschlages bewiesen wird, den Rechtsnach-
folgern das Vergeltungsrecht zugeurteilt und über den Schuldigen
das Todesurteil ausgesprochen wird. In einem solchen Falle wird
das Sari'aturteil mit dem bürgerlichen Urteil zusammen dem Justiz-
minister unterbreitet. Wenn der Sejch ul Islam, dem die Angelegen-
heit mitzuteilen ist, das Sari'aturteil bestätigt und auch der Sultan
dem Todesurteil zustimmt , dann wird das Urteil des bürgerlichen
Strafgerichtshofes beiseite gelegt und ist das Sari'aturteil zu voll-
strecken. Erläßt einer der Rechtsnachfolger des Ermordeten dem
Verurteilten die Todesstrafe, dann wird das bürgerliche Urteil voll-
zogen. Der Sultan hat nicht das Recht, die auf einem persönlichen
Rechte basierende Todesstrafe oder das dafür zugeurteilte Blutgeld
zu erlassen, wohl aber kann er einen Schuldigen begnadigen, der
auf Grund des bürgerlichen Strafgesetzbuches zum Tode verurteilt
wurde, nur daß in einem solchen Falle die Todesstrafe zumindest
in 15 jährige Galeerensklaverei umzuwandeln ist.
Aus alldem ist ersichtlich, daß dieses Gesetz vom Gesichts-
punkte der Ausnützung der öffentlichen Kräfte nicht ökonomisch
ist, denn es wird in einer und derselben Angelegenheit die Tätigkeit
zweier koordinierter Behörden in Anspruch genommen.
Die türkischen Staatsmänner und Juristen sind sich voll-
kommen bewußt, daß diese Situation geändert werden müsse. Nur
ist diese Aufgabe nicht leicht, da ja die Ausübung der Straf -
gewalt nur ein , und vielleicht nicht der wichtigste, Funktions-
zweig des staatlichen Lebens ist, welcher einer durch die ver-
änderten Verhältnisse erheischten sorgfältigen und harmonischen
Reform bedarf.
Gewiß ist, daß das türkische Reich bei der Reform des Straf-
rechtes ebenso, wie bei den auf den übrigen Gebieten des öffent-
lichen Lebens geplanten Reformen nicht nur aus religiöser Über-
zeugung, sondern auch mit Rücksicht auf die mohammedanische
578 Kresmdrik, Bcitr. z. Beleuchtung d. islamit. Strafrechts, etc.
Welt und kraft des Triebes der Selbsterhaltung in erster Reihe
versuchen wird , die Gesetze des Islams zur Geltung zu bringen ;
andererseits ist es jedoch zweifellos, daß die Türken bei der Schaffung
neuer Gesetze infolge der internationalen Verhältnisse, in welchen
sie heute zu Europa stehen , aber auch wegen ihrer dichten Be-
rührung mit den westlichen Staaten sich dem Einfluß des europäischen
Geistes nicht werden verschließen können.
So ist denn die Reform des Strafrechtes ebenfalls eine jener
Fragen , welche die Türkei als einfache staatliche Angelegenheit
häuslich nicht erledigen kann, weil die Strafen unter den heutigen
Kulturverhältnissen ein internationales Interesse haben. Und wenn
auch die europäischen Staaten früher oder später das Recht der
Türkei werden anerkennen können , welches sie heute , wo die
Strafgerichtsbarkeit über Ausländer den Konsulaten gebührt, nicht
hat, daß sie nämlich diejenigen, welche auf ihrem Territorium
eine strafbare Handlung begangen haben , ohne Rücksicht darauf,
ob es türkische Bürger oder Angehörige eines anderen Staates sind,
mit den gesetzlichen Strafen treffe, so werden sie gewiß nicht dem
zustimmen , daß gegenüber den in der Türkei sich aufhaltenden
ausländischen Bürgern Strafen angewendet werden , welche zur
heutigen europäischen humanen Auffassung im lebhaften Gegen-
satz stehen.
Das Dilemma ist, ob das neue Strafgesetz auf Grund des
Sari'atrechtes ausgearbeitet werde, in welchem Falle keine Aussicht
dafür vorhanden ist, daß die Türkei das souveräne Recht, welches
jeder andere Staat besitzt, über die auf seinem Tei-ritorium be-
gangenen strafbaren Handlungen selbst zu richten, je üben könne,
oder aber ob die Reform im europäischen Geiste erfolge , in wel-
chem Falle die Türken damit rechnen müssen , daß die im Islam
liegende und mit dem Kalifentum verbundene moralische Kraft
geschwächt wird.
Es wäre ein Irrtum zu glauben , daß , sobald die Türkei zur
Aufteilung gelangt , die Frage , wie die Institution des Islam mit
der europäischen Kultur zu vereinbaren ist, für die Europäer sofort
an Wichtigkeit verliert. Denn die Türken bleiben, ob sie nun
eine unter die Verwaltung eines christlichen Staates gelangende
Nationalität bilden, oder die Herren eines künftigen asiatischen
Staates werden, auch künftighin immer im Interessenkreis der euro-
päischen Kultur- und Machtbestrebungen und die Erfahrung zeigt,
daß die auf geistigem Gebiete sich zeigenden Gegensätze nie mit
Waffen , sondern immer nur durch geistige Tätigkeit ausgeglichen
werden können. Darunter kann natürlich nicht verstanden werden,
daß die muslimische Welt christlich wird oder umgekehrt, sondern
daß diese auf die Formationen des öffentlichen Lebens Einfluß
übenden zwei Auffassungen , welche heute noch durch eine weite
Kluft voneinander getrennt sind, durch die rationelle und humane
Pflege der moralischen Elemente , welche eine gegenseitige An-
Krcsmärik, Beitr. z. Beleuchtung d. islaruit. Strafrechts, etc. 579
näherung bedeuten und welche berufen sind, ein verknüpfendes
Band zwischen den beiden Kulturen zu schaffen , bei einer der
natürlichen Ordnung der Dinge gemäß im Laufe der Zeit vor
sich gehenden Anpassung einen modus vivendi finden , der sich
nicht die gewaltsame Unterdrückung der einen Kultur durch die
andere nur aus dem Grunde, weil jene sich in einer anderen Rich-
tung entwickelt hat. zur Aufgabe macht, sondern vielmehr ermög-
licht, daß beide geistige Richtungen , indem sie durch das gegen-
seitige Beispiel klüger werden , im Interesse des gemeinsamen
Zieles : des Wohles der Menschheit je nach ihren Kräften mit-
wirken können.
Welche schwere Aufgabe es ist . die Institutionen des Islam
mit der europäischen Kultur in Übereinstimmung zu bringen, das
erfahren wir auch bei dem Versuche , welchen Österreich und
Ungarn in Bosnien und in der Herzegowina machten. Ich will
nichts anderes erwähnen , als einzelne Phasen des Rechtslebens,
welche als Beispiel dafür dienen , daß es noch nicht als richtige
Lösung dieser Schwierigkeiten betrachtet werden kann, wenn die
europäischen Gesetze mit Hintansetzung der mohammedanischen
Rechtscruellen einfach übernommen oder eingeführt werden.
In den okkupierten Provinzen sind in gewisser Hinsicht sowohl
das österreichische Bürgerliche Gesetzbuch, wie auch das Sari'atrecht
maßgebend. Bei der Einführung des Grundbuchs z. B. wurde er-
klärt, daß bei der Grundbuchsordnung die Verfügungen des öster-
reichischen Bürgerlichen Gesetzbuches vor Augen zu halten sind,
nur daß das österreichische Recht zu dem in den beiden Provinzen
Jahrhunderte hindurch in Kraft gewesenen und auch heute, soweit
es bei der stillschweigenden Herrschaft des österreichischen Gesetzes
möglich ist, noch in Geltung stehenden mohammedanischen Rechte
und zu der Auffassung des Islams vom unbeweglichen Vermögen in
scharfem Gegensatze steht. In den Erbschafts- und Familien-
angelegenheiten der Bürger mohammedanischer Religion urteilen
als Gerichte erster Instanz und als Appellationsgerichte die Sari'at-
gerichte nach dem Sari'atrecht, während in derartigen Angelegen-
heiten der Christen die ordentlichen bürgerlichen Gerichte ent-
scheiden. Das Strafrecht üben auf Grund eines bosnischen Straf-
gesetzes die ordentlichen Gerichte. Dieses Strafgesetz wurde
nach europäischem Muster ausgearbeitet. In Algier ist die Übung
des Strafrechtes ebenfalls der Kompetenz der Sari'atgerichte entzogen.
Feme liegt mir der Gedanke, es für wünschenswert zu er-
achten, daß eine europäische Verwaltung die niohammedanivhen
Institutionen vollkommen aufrecht erhalte , denn es ist gewiß un-
vermeidlich, ja es liegt sogar im wohlverstandenen Interesse des
Islams selbst, daß die Auffassung der mit europäischen Staaten in
engem Konnex stehenden oder unter christlicher Verwaltung lebenden
mohammedanischen Völker von der Ordnung des staatlichen und
gesellschaftlichen öffentlichen Lebens eine Änderung erfahre und
580 Krcsmärik, Beitr. z. Beleuchtung d. islamit. Straf rechts, etc.
bestrebt sei , sich nach Tunlichkeit dem europäischen Geiste an-
zuschmiegen, welcher die ganze Welt zu durchdringen beginnt.
Doch ist dieser bescheidenen Studie, mit welcher ich einiger-
maßen zur Beleuchtung der schwierigen Lage beizutragen wünsche,
in welcher wir das türkische Reich in seinen Bemühungen um An-
passung an Europa sehen, zu entnehmen, um wie viel leichter die
Aufgabe und die Verantwortlichkeit der europäischen Staatsmänner
ist , die , wohin sie auch immer schauen , in jedem Nachbarstaate
Gesetzen und Institutionen begegnen , welche nahezu für ähnliche
Verhältnisse ausgearbeitet wurden und die daher nur einiger Modi-
fikationen und Ergänzungen bedürfen, um in welchem europäischen
Lande immer eingebürgert zu werden, während die türkischen
Staatsmänner, welche die herrschenden Ideen zweier verschiedener
Welten in Übereinstimmung bringen müssen , beinahe auf jedem
Gebiete unbetretene Pfade finden und nirgends bewährte Muster, an
welche sie sich beruhigt halten könnten, denn die selbst am besten
erprobte europäische Institution kann auf mohammedanischem Ge-
biete mißglücken , wie wir dies schon in zahlreichen Fällen er-
fahren haben.
Wenn daher nun auch eine wesentliche Umgestaltung des öffent-
lichen Lebens und der Strafrechtsprinzipien der Türkei durch das
eigene Interesse des Reiches erheischt wird, so ist es dennoch gewiß,
daß diese Umgestaltung nur in langsamem Tempo und sehr vor-
sichtig und ohne größere Erschütterungen nur dann vor sich gehen
kann , wenn die an dem weiteren Schicksal des türkischen Reiches
interessierten Staaten sie wohlwollend unterstützen und dabei mit-
wirken. Die Hauptbedingung für diese Mitwirkung ist, daß der
mohammedanische Osten und Europa einander gut kennen lernen.
Die Türken, welche dadurch, daß sie die Schwächeren sind, natürlich
mehr darauf angewiesen sind, trachten auch, durch das Studium
der Sprachen, der Literatur und der Institutionen der europäischen
Nationen immer mehr in den europäischen Geist einzudringen und
ihre Erfahrungen nach Tunlichkeit zum Wohle ihrer Nation zu
verwerten. Unter den europäischen Nationen , insbesondere unter
den Staaten, welche Länder mit mohammedanischer Bevölkerung
ihren Reichen angefügt haben , verbreitet sich ebenfalls von Tag
zu Tag die Kenntnis des Islams. Daß aber dem gegenseitigen Ein-
vernehmen noch immer große Hindernisse entgegenstehen , geht
auch aus der Erscheinung hervor, daß im Osten das mohammeda-
nische und das europäische Element heute ein noch viel mehr ab-
gesondertes Leben führen, als früher, was eine Konsequenz der
Unterlassungen und Fehler der Vergangenheit ist.
Die Reformforderungen, welche als das Ergebnis des kollektiven
Auftretens der europäischen Mächte von Zeit zu Zeit die europäische
Presse durchziehen, haben in dieser Form oft nur einen problema-
tischen Wert, denn diese Forderungen mit gefälligen Titeln sind von
Seiten der Staaten, welche die Lage gut kennen, sehr oft nichts
Krcsmärik, ßeitr. z. Beleuchtung d. islamit. Straf rechts, etc. 581
anderes, als diplomatische Schachzüge, und jeder türkische S
mann weiß es , daß die Neuerungen , deren dringende Einführimg
der eine oder der andere Staat fordert, diese Staaten in ihren
eigenen Ländern mit mohammedanischer Bevölkerung als Fragen
delikater Natur ungelöst und unberücksichtigt ließen.
Bei alldem ist jedoch in der Türkei die Reform notwendig
und sie wird es auch bleiben , nicht nur auf den Gebieten des
Strafrechts, sondern auch in anderer Richtung, jedoch nicht des-
halb und vielleicht auch nicht ganz so, weil und wie dies die euro-
päische Diplomatie verlangt, sondern deshalb, weil die historische
Entwickelung es mit sich bringt, und so , wie es die Gesetze der
natürlichen Entwickelung erheischen. Denn jedermann, der in
der menschlichen Kulturgeschichte auch noch etwas anderes sieht,
als bloße Konglomerate von Ereignissen , weiß , daß im Verhält-
nisse zur Kraft der Ideen, welche die Millionen der Völker als
öffentliche Schätze göttlichen Ursprungs Jahrhunderte hindurch
glücklich zu besitzen glaubten, die diplomatischen Protokolle oder
selbst erbitterte Kämpfe und Kriege nur bedeutungslose Nichtig-
keiten sind.
Berichtigungen.
S. 104 Z. 3 unten statt ^ zu lesen ^pb.
S. 325 Z. 18 oben statt keinen zu lesen einen.
S. 343 Z. 4 unten statt Seite 2 2 zu lesen Seite 9 0.
S. 357 Z. 18 unten statt Auslegung zu lesen Ausübuno-.
f»s:
Notizen zur arabischen Literaturgeschichte.
Von
I. Goldziher.
1 . Ibn Chwermandäd.
A 1 - S u j ü 1 1 führt in dein reichhaltigen Verzeichnis von Werken,
die er bei der Ausarbeitung seines Kit ab al-itkän fi 'ulüm
al-Kur'än verwertet hat, ein Buch über MLäi! *l£s>l von einem
oiAi/o;j».i> ^\ an (ed. Cairo, Castelli, 1278 — 79, I, 9, 5). Iranisten,
die ich über die richtige Form dieses persischen Namens befragt
habe, sind darin einig, daß oSlX^jj«.^ aus lMlXI^j»..^ verderbt sei.
Prof. Andreas faßt, mit Verweisung auf Berünl, Chronol. 46, den
ersten Teil des Kompositum als dialektische Form von »3» Sonne
und erklärt den Namen: „der durch den Genius der Sonne erlangt
worden ist, d. i. zu einer Zeit geboren ist, welche ihm heilig war;
also wohl am Tage Chur (,y>), d. i. der 11. eines Monats". Das
mim im zweiten Teile des Kompositums erscheint jedoch in der
Überlieferung des Namens so konstant, daß ich mich nicht ent-
schließen konnte, an dem Buchstaben zu rütteln; die Entscheidung
darüber bleibt Fachleuten anheimgestellt.
Wer ist nun aber dieser Ibn Chwermandäd des Sujütl ?
Unsere biographischen und bibliographischen Hilfsmittel geben uns
keinen Aufschluß. Ich darf daher einige Nachrichten zusammen-
stellen, die ich über den nicht ganz uninteressanten Mann aus ent-
fernteren Quellen gewonnen habe.
Unter den Gegnern der Kaläm -Theologie in der auf das Auf-
treten des Aä'ari folgenden Zeit ragt durch seinen extremen Fanatis-
mus ein 'irakischer Mälikit hervor (in der Regel findet man die
Fanatiker im 'Irak unter den Hanbaliten), dessen Name jedoch eben
wegen seiner gehässigen Gesinnung in friedlicheren Zeiten nicht
mehr viel genannt wurde und aus diesem Grunde auch bald zu
den Vergessenen der Literaturgeschichte gehört. Einige Zeit galt
er als Typus der äußersten Kalämfeindschaft. Er gehört zu den
Goldziher, Notizen zur arabischen Literaturgeschichte. 583
Leuten, die selbst nachdem die As'arl- Theologie durch das letzte
Wort des Stifters im 1)&jlj<JyJl J^-ol J, KibbS! ^1x5" so ziemlich
in das orthodoxe Fahrwasser eingelenkt hatte, noch immer an den
Verdammungsurteilen der alten naiven Schule festhielten-), an der
Gesinnung, die z. B. al-Därakutni 3) in die Worte faßt: t .& U
C^LXJ! ,.yo Ji ^xjI. Sein voller Name ist Muh am med b.
Ahmed b. 'All Abu Bekr ibn Chwernian däd. Er war
Schüler des in Bagdad 1004 verstorbenen Abu Bekr Muhammed
al-Abharl, der im IV. Jahrh. d. H. als die größte Autorität des
mälikitischen Madhab im 'Irak anerkannt war. Nur im Anschluß
an diesen berühmten Lehrer wird der Name des verschollenen
Schülers von Ibn Farhün, dem Historiker der mälikitischen
Schule, erwähnt. Ibn Chw. selbst ist Verfasser mehrerer Werke
über Usül al-fikh, über Differenzen der Eikh-Schulen, über kora-
nische Gesetzkunde. In die letztere Gruppe gehört das von SujütT
benutzte Werk. Wegen einiger von den anerkannten Anschauungen
abweichenden Meinungen in der Gesetzkunde scheint ihn die Fakih-
zunft schon während seines Lebens nicht als ebenbürtig betrachtet
zu haben. Ein andalusischer Gelehrter, al-Bägl, den eine aus-
gedehnte Studienreise nach dem Osten führte , hat ihn unter den
zeitgenössischen Gelehrten des 'Irak nicht erwähnen hören.4) Seine
separaten Meinungen scheinen sich auch über den Kreis der eigent-
lichen Gesetzwissenschaft hinaus erstreckt zu haben. Bei Ibn Hazm5)
1) Davon ist noch eine Handschrift vorhanden in der Fätih-Bibliothek zu
Stambul nr. 2894, vgl. Carra de Vaux, GazälT (Paris 1902) 18; Excerpte bei
Ibn 'Asäkir ed. Mehren (die ganze Einleitung 115, 10 — 123, 18), bei Ibn Hagar
al-Hejtami, Fatäwi haditijja (Kairo 1307) 157 unten, bei AlüsT, Gala al-'ajnejni
(Büläk 1298) 251. Einen Kommentar zu dieser Abhandlung verfaßte al-BäkillänT,
vgl. al-Murtadä, Ithäf al-säda II, 4 unten: q.j| IgJiJÜj -i^L'iLJi L^5>-Äj
SUSI 0* UP-a£» yy-Ü (.U_5 J^LsLii U*i! ^U ^\ ^% J\^c
2) Damlri I, 14 s. v. l\a*I , vgl. die Aussprüche der Imame bei Schreiner,
ZDMG. 52, 528 ff.
3) Bei Dahabi, Tadkirat al-lmffäz (ed. Haidarabad) III, 202, 2.
4) Ibn Farhün, al-Dibäg al-mudahhah (ed. Fes) 245: oLLkÄ£>| a»i»
^jjj % .kJ! uXx^-ü aXj jjj jJl*J| >-*>+* L\.^yi y^>
s-Ldlc j aJ *..«.*, | ^ «A^yi jjl (C-^1^^ *■& (3Lä l\s» xääÜ
5) MBlal ed. Kairo (1317—21), 1,81.
584 G oldzüicr , Notizen zur arabischen Literaturgeschichte.
und, ohne Zweifel aus dieser Quelle, bei Chafägl wird seine Meinung
aufbewahrt, daß auch die leblosen Dinge Vernunft besitzen1); in
unserer Quelle wird diese Meinung als Pendant neben den ver-
rückten Lehrsatz des Ibn Hä'it gestellt, daß Gott zu jeder Art
der Tiere Propheten gesandt habe.'2)
Als unversöhnlicher Kaläm-Feind ist er unserer Kenntnis durch
eine gelegentliche Erwähnung bei Ibn Hagar al-Hejtaml in
einem Fetwä über Usül-al-dm erhalten geblieben. Ibn Hagar macht
uns aus diesem Anlaß mit folgender Lehre des I. Chw. über das
gesetzliche Verfahren mit der Kalämliteratur bekannt: „Niemand
darf Kaläm-Schriften seinen Besitz nennen. Verträge, die solche
Bücher zum Gegenstand haben, sind von vornherein null und nichtig.
Wenn jemand solche Bücher irgendwo findet, sei er verpflichtet,
dieselben durch Wasser und Feuer zu vernichten (J^otJL: LgäUi'i
ö,^b.). Dasselbe gelte von Büchern, in welchen Gesänge oder
unterhaltende Texte , sowie die Gedichte frivoler Verfasser aus
moderner Zeit gesammelt sind3) (tla.d=U*Ji ..sui. j-gJÜU, Älc^l ^Äi'
.yJ 3-LäIJ ..yä) , desgleichen von den Büchern der Philosophen und
von Werken, die magische Formeln (*jI;c) enthalten". Und dabei
bleibt dieser Feind der profanen Literatur noch nicht einmal stehen.
Er dehnt sein strenges Urteil auch auf grammatische und lexika-
lische Werke aus, da die Leute durch sie veranlaßt werden, sich
auf Dinge einzulassen , deren Richtigkeit sie nicht mit Sicherheit
ergründen können. Das Fetwä schließt mit den Worten: „Die
Kaläm-Bücher enthalten Irrtum, Neuerung und Ketzerei über die
Namen Gottes und seine Attribute, Unglauben durch die metaphorische
Interpretation (Aj^Lj) des Koran und die Verdrehung seines wahren
Sinnes. Darum ist es unstatthaft, daß man solche Bücher in den
1) Tiräz al-magälis 266, 1 -jLw ^ .,!) Jajl=> q.j! aJlä U/> Vj^b
Il\:>- \_ o-i J-^Lä*Jt .^.x )y*$\ »<Ä^ j}^*2!) jAA*^. Der Eigenname
ist in Ed. Kairo (1284) als .!i_\.>Ls .'SyZ>, in der Wiener Handschrift (Mixt,
nr. 34) als :!i_X._x_äi_j *-£>, in der Berliner Handschrift (8429 Ahlwardt) als
J>\ i\Äa)Aj»-3» dargestellt. Der Druck von Ibn Hagar al-Hejtainl's FatäwT had.
sowie von Ibn Hazm I. c. hat o|l\JuOij»J»', letzterer ohne i-«j|.
2) Sahrastänl ed. Cureton, 44.
3) Auch der aristotelische Ethiker , Ibu Miskaweih , ist gegen die Poesie
als Element der Erziehung nicht günstig gestimmt, Tahdlb al-achläk (Marginal-
ausgabe [Kairo, Chejrijja, 1305]) 44; hingegen weist Ibn Slnä in seiner Ab-
handlung über Pädagogik (Risälat al-sijäsa, Handschrift der Universitätsbibliothek
zu Leiden nr. 1020 fol. 67 a) dem Unterricht der (alten) Poesie eine hervor-
ragende Stelle in der Erziehung an.
Goldziher, Notizen zur arabischen Literaturgeschichte. 585
Ländern der Muslim dulde, damit der Unwissende durch sie nicht
irregeleitet werde".1) Auf eine Widerlegung der Kaläm-Lehren,
wie sie sein jüngerer Zeitgenosse Abu 'All al-AhwäzT (st. 1004)-')
und bald nach ihm Abu Ismä'll al-HarawI3) (st. 1088) unter-
nahmen, ließ er sich nicht ein.
Die Werke des I. Chw. scheinen jetzt vollständig verschollen
zu sein. Wir haben gesehen, daß sie um das XVI. Jahrb. noch im
literarischen Verkehr standen.
2. Abu Rauk al-Hizzänl.
In der Einleitung zur Ausgabe des Kitäb al-mu'ammarln konnte
ich nur wenige Nachrichten über Abu Rauk, den unmittelbaren
Tradenten jenes Buches von Abu Hätim al-Sigistänl, zusammenstellen
(Abhandl. zur arab. Phil. II, p. XXVIII). Da dieser Mann jeden-
falls eine Stelle in der Literaturgeschichte der Überlieferung ein-
nimmt , halte ich es nicht für ganz belanglos , einige Notizen über
ihn hier als Ergänzung folgen zu lassen. Ich schöpfe sie aus der
in Haidarabad erschienenen Ausgabe des Tadkirat al-huffäz
von Dahabi (4 Bdd. in 8° s. a.). Unter denen, die von Abu Hafs
'Omar b. 'Ali b. Bahr al-Bähill al-Sajrafl al-Kalläs (ed. uwiäj|)
[st. 249] Traditionen hörten, wird JSj^J! ö», y}\ genannt (Tad-
kira II, 71). Unter den i. J. 331 gestorbenen Traditionsgelehrten
nennt Dahabi (III, 48) den ,X+^ ^ i\*5>t öjj jji byaJi iXJL**/i
(52^5 -£■? ,-jl- Ba die ganze Namenreihe mit der bei Abu Hätim
al-Sigistäni, Mu'ammarün 91, 13 erwähnten vollständig überein-
stimmt, kann ich nicht zweifeln, daß ^ >gJi aus ^UizJI verschrieben
ist. Es kann allerdings die Schwierigkeit nicht übersehen werden,
die das für diesen A. R. angesetzte Sterbejahr 331 bei Vergleichung
mit den Daten seiner unmittelbaren Lehrer bereitet. Außer von
al-Kalläs (st. 249) tradiert er von Abu Hätim (st. um 250 — 255) und
Abu Rijäs (st. 257). Es ist kaum denkbar, daß er sie um mehr
als sieben Jahrzehnte überlebte. Man muß voraussetzen, daß in
dem bei Dahabi für A. R. angesetzten Sterbejahr ein Irrtum unter-
1) Fatäwl hadTtijja 151.
2) Der Widerlegung seiner Streitschrift J*Pf J>*.&c _ .J^ ,t ..LwJl
ML*.jbH ist die durch Mehren (Expose de la reforme de l'Islamismo, Leiden
1878) hearbeitete As'arT-Apologie des damascener Historikers Ihn 'Asiikir gewidmet.
3) Damm al-Kaläm, bei Brockelmann, Gesch. d. arab. Litt. I, 433.
Kr ist einer der zahlreichen Süfi (Verf. des Manäzil al-sä'irTn) , die ihre Ab
neigung gegen dogmatische Spitzfindigkeit in das Lager von Hanbaliten und
Zahiriten führte (vgl. Zahiriten 171) ff.). Kr hat einen Artikel in Ihn K
Tabakät al-Hanäbila (Leipziger Ilandschr., D. C. nr. 375) fol. 10b — 15.
Bd. LVIII. 38
586 Goldziher, Notizen zur arabischen Literaturgeschichte.
gelaufen sei. Außer der Übereinstimmung der vollen Namenreihe
spricht für die Identität dieses Abu Rauk mit dem Überlieferer
der Mu'ammarün der Umstand, daß in dem Epithet M u s n i d a 1 -
Basra, das D. seinem Namen vorsetzt, Basra als der Ort seiner
Wirksamkeit erscheint. Dies stimmt dazu, daß seine beiden Ge-
währsmänner Abu Hätim und Abu Rijäs in Basra lehrten.
Wir haben bisher zwei Abu Rauk unterschieden: den aus
den Isnäds des Tabari bekannten Korangelehrten A. R. 'Atijja al-
mufassir und den Traditionsgelehrten A. R. Noch ein dritter
Homonyme begegnet uns in einem Isnäd der Agänl XII, 25,8.
Sein Sohn J^Ju^Ji *jj», i\ ^\ wird dort als unmittelbare Quelle
für eine Nachricht des Dichters al-Mansür al-Namari (Zeitalter des
Härün al-rasid) genannt.
3. Kitäb al-laflf.
Eine Anfrage.
Von diesem alten Buch ist uns nicht mehr als der Titel be-
kannt; sehr wenig können wir über seinen Inhalt erfahren. Im
XII. Jahrb. war es noch vorhanden , es galt aber auch schon zu
jener Zeit als seltene Kuriosität, über deren Urheber man nichts
mehr sagen konnte. Ibn Challikän zitiert es zweimal in seinem
Biographienwerke. Einmal nr. 105 (ed. Wüstenfeld I, 150, 4),
wo er dem Buche Nachrichten und Exempel über die Beredsamkeit
des Ibn al-Kirrijja, des durch seine Elequenz berühmten Zeit-
genossen des Haggäg, entnimmt. Bekanntlich haben bereits alte
arabische Kritiker den historischen Charakter des I. K. in Abrede
gestellt;1) er träte uns aber als wirkliche historische Person vor
Augen , wenn er mit Ejjüb , dem Kutäml sein Gedicht nr. XXVII
(ed. Barth 78, Schol. zu Vers 5) gewidmet hat, identisch wäre, wie
dies im Schol. vorausgesetzt wird.
Dann beruft sich Ibn Challikän auf dies Buch Nr. 799 (ed.
Wüstenfeld X, 9, 2) in einem Exkurs über die Bedeutung des Aus-
druckes Banu-1-asfar als Benennung der Griechen. „Ich habe
über diese Frage viel Forschungen angestellt, habe aber keinen
Verfasser gefunden , der Befriedigendes darüber brächte , bis mir
ein altes Buch mit Titel \^&a&UI in die Hand kam, dessen Ver-
fasser jedoch nicht angegeben ist. Diesem Buch habe ich das Vor-
hergehende entnommen." Nach diesen beiden Zitaten enthielt das
fragliche Buch Collectaneen (wenn der Titel in dieser Weise
zu verstehen ist) über philologische Stoffe. Diese Nachrichten sind
jedoch für eine genauere Bestimmung zu dürftig. Vielleicht sind
literaturkundigen Fachgenossen noch weitere Mitteilungen aus diesem
Quellenwerke bekannt.
1) Abhandlungen zur arab. Philologie II, S. CVI.
587
Psalm 2.
Lic. E. Bauinann.
Wer ein Interesse daran hat, das Recht und die Richtigkeit
metrischer Betrachtung innerhalb des alttestamentlichen Schrifttums
zu erweisen, tut gut, vor allgemeinen theoretischen Erörterungen
die Untersuchung der Einzelfälle nicht zu kurz kommen zu lassen.
Gerade der Einzelfall lehrt am besten, wie die metrische und sonstige
kritische Untersuchung auf einander angewiesen sind und sich gegen-
seitig fördern; wie der klare Einblick in das Metrum auch einen
Gewinn für Text- und Literarkritik, Exegese, Sprach- und Religions-
geschichte u. a. m. bedeutet. Der 2. Psalm ist ein besonders ge-
eignetes Beispiel, da einerseits seine metrischen Verhältnisse relativ
durchsichtig und andrerseits die in ihm liegenden Probleme besonders
brennende sind.
Der Psalm hat unverkennbar ein führendes Metrum:
den Doppeldreier, anscheinend stellenweise mit dem Sechser durch-
setzt.1) Die Stellen, an denen Unregelmäßigkeiten begegnen, sind
v. 2 c als überzähliger, einzelner Dreier, v. 7 f. 12, wo die metrische
Gliederung Schwierigkeiten macht, und endlich v. 6b und IIb,
wo je eine Hebung fehlt. Für den, der in der Erscheinung des
Mischmetrums an sich nichts auffälliges findet, wären die Fünfer
v. 6 und 11 unbedenklich. Aber, wie im Laufe der Untersuchung
sich zeigen wird, ist v. 6 überhaupt versehrt und dem Sinne nach
problematisch, v. IIb aber eine anerkannt wunde Stelle. Wichtiger
sind zunächst die andern Anstöße. Ist der Psalm auch auf ein
Strophenmetrum angelegt? Allgemein ist der Eindruck von der
ganz auffallend scharfen Sinnes- und Situationsgliede-
rung des Psalms, die ihn in vier Gruppen (v. 1 — 3. 4 — 6. 7 — 9.
10 — 12) zerlegt. Aber das Ebenmaß der Form wird vermißt, das
für eigentliche Strophen gefordert werden muß. Wir werden finden,
daß dieses Ebenmaß sich zuglei ch mit der Beseitigung
1) Vgl. Sievers, Studien z. hebr. Metrik II, S. 501 — 503; Baethgen, Kom-
mentar3; Grimme, Psalmenprobleme S. 20; und auch Duhm, Kommentar.
588 Baumann, Psalm 2.
der Textschäden ungesucht ergeben wird. Vorweg aber
sei festgestellt, daß für den unbefangensten Blick im überlieferten
Text Gruppe 2 und 4 auf je drei Langverse angelegt erscheinen
(von denen nur v. 12 übermäßig lang und v. 6 etwas kurz ist),
und daß damit verglichen Gruppe 3 einen Langvers, Gruppe 1
aber einen Halbvers überzählig hat.
Nun zu den einzelnen Anstößen! Was v. 12 betrifft, so ist
der Passus 13 ■'DirrbD "'TiTN nur ein liturgischer und zwar euphe-
mistischer Nachtrag, wie er innerhalb des Psalters besonders häufig
ist x) ; er ist im Gedanken nach denen des Psalms trivial und matt,
mit seiner Individualisierung deplaciert und syntaktisch ganz lose.
Aber auch die Anfangsworte ")5~ipttj2, diese erstklassige crux inter-
pretum , sind zu tilgen , weil sie lediglich eine Variante zu "ib"^
mr-n v. 11 darstellen,2) die den Schaden dieser Textstelle verrät
und zu dessen Heilung möglicherweise verhelfen kann. Was v. 12
bleibt, ist ein gefälliger Doppeldreier (gleich v. 10
und 11), inhaltlich und syntaktisch ohne Tadel, als Abschluß des
Psalms durchaus am Platz. Das Subjekt ist das v. 11 genannte
und sachlich allein mögliche : Jhwh.
Der überzählige Dreier v. 2 c ist allein als solcher schon ver-
dächtig,3) hier aber besonders als einziger innerhalb eines sorg-
fältig durchgeführten und ausgesprochenen parallelismus membrorum,
der v. 1 a mit 1 b, v. 2 a mit 2 b, v. 3 a mit 3 b zu Doppeldreiern
verknüpft. Dazu verhält er sich gegen die dreihebige Lesung in-
sofern spröde, als eine Hebung auf das zweite by (eine Präposition)4)
fallen muß. Vor allen Dingen aber ist gegen den Passus einzu-
wenden, daß er das Haupthindernis für das Erfassen
der im Psalm vorausgesetzten einfachen Situation
bildet. Letztere erscheint bis heute kompliziert , indem kein Ein-
verständnis über die Frage zu erzielen ist, wer im Psalm rede und
wer alles im Verlauf desselben redend eingeführt werde. ■ — ■ Wir
sehen nun an v. 1 f. in bezug auf v. 3 , an v. 4 f. in bezug auf
v. 6 und auch an (dem nicht einwandfreien) v. 7 a in bezug auf
v. 7 b — 9 , daß andere als der Psalmist nur unter aus-
drücklicher Einführung zu Worte kommen, haben also
als sicher anzunehmen, daß, wo solche Einführung fehlt (v. 10,
v. 7 für FncöN) , niemand anderes als der Psalmist redet. Bei
v. 10 ist das nie bestritten worden; warum bei v. 7? Aus keinem
andern Grunde, als weil von dem Subjekt des mcöN, dem
1) Vgl. Grimm, Euphem. Liturg. Appendixes etc.; Ps. 84, 13.
2) Lies "IS (als Abkürzung von rHJ'^Q) IplüS. In der Erkenntnis
dieser Sachlage bin ich mit Marti-Duhm zusammengetroffen.
3) Es ist bezeichnend, wie häufig auch Baethgen3 bei aller Zurückhaltung
die überzähligen Halbvorse als solche beanstandet. Vgl. z. B. 21, 10. 52, 7.
55, 16. 89, 20. 104, 8 a u. s.
4) Vgl. Sievers a. a. O § 145. 144, 1. 143, 3.
Baumann, Psalm 2. 589
Sohne Jhwhs, der als Erbe Jhwhs die Völker niederschlagen soll,
in v. 2 c und — wie manche gemeint haben — v. 12 Anf. als
dem Messias oder „Sohn" in der 3. statt in der 1. Person die
Rede ist. Danach führe v. 7 niEON der vom Psalmisten zu unter-
scheidende Messias das Wort. Der Zwang zu dieser prekären Ver-
legenheitsauskunft fällt mit der Autorität der genannten beiden
Stellen. Die Übersetzung „Sohn" ist v. 12, ob man nun "llnpiaa
festhält oder nicht , aus bekannten zwingenden Gründen ausge-
schlossen. V. 2 c bleibt also allein. Ohne diesen Passus wäre es
evident, daß Gottes Sohn und der Völker Besieger (der Sache
nach also der Messias) mit dem Psalmisten identisch ist. Das
geht auch, wie aus dem übrigen Psalm , gerade aus v. 1 — 3 her-
vor , wenn wir uns v. 2 c fortdenken. Ausdrücklich wird dann
nicht gesagt, gegen wen sich der Angriff richtet. Es braucht
auch nicht gesagt zu werden, wenn der Fragende selbst der
Bedrohte ist, was eine höchst lebensvolle und hochpoetische
Situation ergibt.
Doch hier entsteht sofort ein Einwurf: Wird nicht der von
uns eliminierte Passus in den Pluralsuffixen v. 3 vorausgesetzt und
folglich durch sie gestützt? — Wenn die Suffixe zu Recht bestehen,
ist allerdings fraglos, daß es sich um eine Mehrzahl von Angegriffenen
handelt, doch nicht, daß es gerade zwei sein müssen. Daß es aber
Jhwh und der Messias sind, ist ausgeschlossen, weil die Xennung
dieser beiden in v. 1 — 3 gegen die Pointe des ganzen Psalms
verstößt.
Sollen nämlich die Ausführungen v. 4 ff. überhaupt einen Sinn
und Zweck haben, so wird hier erst festgestellt und feierlich kund-
getan , was die Fürsten und Völker v. 1 — 3 noch nicht wissen,
daß ihr Unternehmen ein Unternehmen gegen den Himmelsherrn
wäre, daß ihr Angriff gegen Zion ein solcher gegen einen heiligen,
sakrosankten Berg wäre , und daß ihr Beginnen eitel ist , weil es
sich gegen jemanden richtet, dem Gott Schutz und Sieg zugeschworen
hat. Eben von dieser Eröffnung erwartet der Psalmist v. 10 — 12
sofortige Sinnesänderung. Kann etwas deutlicher sein ? Man darf
v. 2 c geradezu als den auf kurzen Ausdruck gebrachten Inhalt von
v. 4 — 9 bezeichnen: Ihr kämpft „gegen Jhwh und seinen Ge-
salbten". Nimmt man also v. 2c, wie es natürlich ist, subjektiv
als im Bewußtsein der Rüstenden liegend, so ist er ein unlöslicher
und unleidlicher Widerspruch zur Pointe des Psalms. Faßt man
v. 2 c, was immei-hin anginge, objektiv, so läge darin eine Vorweg-
nahme, die das Folgende um seine eigentliche Wirkung brachte
Insbesondere streitet rrG70 v. 2 mit v. 7 — 9 als einem bisher ge-
heim gehaltenen, intimen Gottesspruch, und das dürre fnt-ji v. 2
mit der poetischen Umschreibung Dratöa anäv, nach der Jhwh
bisher nicht genannt ist.
Es sind nach alledem gleich starke innere und äußere Gründe,
die v. 2 c unmöglich machen. Entstanden dürfte der Passus als
590 Baumann, Psalm 2.
Lesefrucht aus v. 4 ff. sein , die am Rande vermerkt wurde , oder
auch als Inhaltsangabe für den ganzen Psalm („Über Jhwh und
seinen Gesalbten"). In den Kontext gekommen wäre er als will-
kommene Beziehung der Pluralsuffixe v. 3, die sonst unerklärlich
schienen, möglicherweise aber auch ganz ohne solchen Zwang, seiner-
seits erst die Pluralsuffixe für ursprüngliches "P- (oder i*i-) ver-
anlassend. Da indessen die Suffixform löi- auch sonst im Psalm
verwendet ist, könnte seine Beanstandung v. 3 willkürlich und be-
fangen erscheinen. Sehen wir somit von jeder Änderung ab, dann
ist der Schluß unvermeidlich , daß der sich selbst als Sohn und
Schützling Jhwhs fühlende Psalmist ein Kollektivum, eine Einheit
von Vielen ist. Da dies Kollektivum in Zion seinen Stützpunkt
hat, ist es die Volksgemeinde Zions, genau wie in den Psalmen 48
und 83, wo abgesehen von der ganz gleichen Situation auch über-
raschend ähnliche Gedanken und Ausdrücke begegnen.1) Um dieser
starken Gleichartigkeit willen haben wir Pug und Recht, den dort
inne gehaltenen Plural dem Singular hier gleichzusetzen. Es ver-
schlägt dabei nicht viel, daß das Volk dort nicht als Sohn Gottes
und Völkerbeherrscher auftritt. Die Gottessohnschaft des Volkes
ist ja ein altüberkommener Begriff (vgl. Hosea. Dt. 32, 6. Jes. 63, 16.
64, 7. Jer. 31, 9 u. s.; R. Smith, D. Rel. d. Semiten S. 27 ff.), wie
das Königtum Gottes (v. 6). — Indessen scheint doch die Erwähnung
Zions v. 6 darauf zu deuten , daß an das davidische König- und
Messiastum gedacht sei, dessen Sache auch des Volkes Sache ist.
Ohne Präge blicken Ps. 89, 20—52 (vgl. v. 2—5) und Ps. 132, 1—5.
11 ff. auf den Vorgang zurück, den 2 Sam. 7 schildert. Aber auch
in ihnen kann ich die Erwartung eines persönlichen Davididen nicht
finden. Das Volk ist ideell der Erbe aller Würden Davids.2)
Psalm 2 aber ist keineswegs irgendwie von 2Sam. 7
abhängig. Dazu ist schon die Sprache v. 7 ff. viel zu ursprüng-
lich und kraftvoll, verglichen mit dem diffusen Stil der Samuelis-
stelle. Wenn also der Gedanke an Davids Verheißungen hier eine
Rolle gespielt haben sollte, dann nur ganz abgeblaßt. Das erhellt
noch mehr aus der Deutung von v. 6, die m. E. allein möglich ist.
Jhwh redet hier von Zion als seinem Königssitz, der als solcher
unantastbar ist, genau wie im nächstverwandten Psalm 48, 2 f.
(vgl. 83, 13) und Ps. 132, 13 f.
Sehen wir wieder auf die Gliederung des Psalms, so ist klar,
daß v. 1 — 3 die Völkerfürsten o-eo-enüber dem Psalmisten, v. 10 — 12
1) Die den Messiasnamen bietenden Psalmen, insbesondre die Stellen
28, 8. 84, 10. 89, 39'. 52. (105, 15.) 132, 10 (vgl. 2 Chr. 6, 42). 132, 17
(1 Sam. 2, 10. Hab. 3, 13), sind hier nicht heranzuziehen, da einerseits Psalm 2
nach unserer Darlegung die Messiasbezeichnung nicht enthält, und andrerseits
alle jene Stellen schillern, was darauf beruht, daß sie entweder selbst nur Nach-
träge (so m. E. sicher 28, 8 f. 1 Sam. 2, 10 c) sind oder zu literarischen Gebilden
höchst komplizierter und problematischer Natur gehören.
2) Ob nun ein irdischer König vorhanden ist oder nicht.
Baumann, Psalm 2. 591
der Psalmist gegenüber den Völkerfürsten auftreten ; v. 4 — 6 aber
Jhwb mit den Völkerfürsten wie v. 7 — 9 mit dem Psalmisten
handelt. Aus dem Ebenmaß der Gruppierung geht unzweideutig
hervor, daß v. 6, weil er zur zweiten Gruppe gehört, Jhwh redet
und zwar nur von sich, nicht vom Psalmisten, zu dessen besondrer
Würde erst v. 7 — 9 der Gedanke fortschreitet. Jhwh erklärt
(eingeführt durch v. 4 f.) den Eüstenden, daß sie sein König-
reich angreifen, wenn sie Zion angreifen; daß sie es mit ihm
zu tun bekommen, wenn sie seinen heiligen Berg bedrohen. Diese
Sachlage bezeugt auch noch der Text, so sehr er gelitten hat.
Von „meinem heiligen Berge" kann niemand anders reden, als
Jhwh selbst.1) Und wer LXX folgend rwp liest, macht den
Schaden nur schlimmer, da die Änderung der Suffixe eine der
bekannten Verlegenheitsauskünfte der alten Übersetzer an schwierigen
Stellen ist.
Ist somit die Meinung des Verses im Grunde festgestellt,
könnte der ursprüngliche Wortlaut dahingestellt bleiben. Die Her-
stellung ist nur hypothetisch. Indessen wissen wir doch un-
gefähr, wie einzusetzen ist: "ob?3 ist im Munde Jhwhs befremdend
und unannehmbar,. TOD3 rätselhaft; vor allem aber erscheint der
bisher innegehaltene parall. membr. zerstört. Seine Elemente ge-
winnen wir aus der Gegenüberstellung von "]V3£ und ^cnp— in,
-reo: ? und ^b» '? wieder. Dunkel bleiben wesentlich die Prä-
dikate. Man lese etwa ^\zjip"in TObna ! "-px-br -NC3 "ON, wo-
bei die absolute Voranstellung des ^rx in dem auf ihm liegenden
Akzent"2) seine Begründung hätte, oder "iri30 (oder Tr:-) "ON
-w-p— ins -b,:i° i ■jTSfb-y. In beiden Fällen läge ein Doppel-
dreier vor.
Es bleiben die Schwierigkeiten innerhalb v. 7 f. Auch hier
hat der Text gelitten : das Pluralsuffix v. 9 muß wie auf D"Ha auf
das anscheinend parallele y^JODDK zurückbezogen werden. Es ist
aber nicht recht vorstellbar, wie die Enden der Erde (gleich den
Völkern) zerschlagen werden sollen. Eine Lässigkeit der Ausdrucks-
weise dürfte in diesem ganz Anschaulichkeit und Plastik atmenden
Psalm ausgeschlossen sein. Zudem war v. 1 f . , auf welche Verse
hier zurückgegriffen wird, von Völkern und Fürsten, aber nicht von
den Enden der Erde die Rede. Unter Beachtung von v. 10 Schi,
könnte man etwa '^IN-'ÜÖUJ herstellen, wenn die Wiederholung
desselben Ausdrucks kurz hintereinander nicht ganz unwahrschein-
lich wäre. Eher dürfte der Fehler auf Dittographie beruhen. Diese
wäre von v. 10 Schi, nach v. 8 Schi, geraten und dort in X— cr.x
geändert worden.3) Tatsächlich bleiben in v. 8 nach Abstrich von
1) Vgl. 48, 2 (weiterbin Jes. 14, 13. Ez. 28, 16).
2) Meine Majestät wird beleidigt, wenn Zion angegriffen wird.
3) Man könnte zur Stütze von ^"'CCK Ps. 48, 11 und 83, 1"
ziehen. Aber 83, 18 f. ist Dublette zu v. 17 und wie 59, 14 (vgl. den wider-
592 Baumann, Psalm 2.
'a'a gerade sechs Hebungen. Der überlieferte Text fordert, als
Sechser gelesen zu werden; an sich einwandfrei, wäre dieser doch
bisher der einzige im Psalm. Syntaktisch fällt auf, daß Ena nicht
schon auf bNü folgt. Es ist wohl möglich, daß der Zusatz am
Schluß eine neue Wortfolge verursacht hat. Indem ich Ena und
nrnNl umstelle, gewinne ich einen glatten Doppeldreier.1) — Gegen
v. 7 a sind die Einwendungen zu machen, daß "ieo c. btf eine sonst
nicht vorkommende Konstruktion ist; daß statt mir passender ein
Pronomen stände, da von Jhwh seit v. 4 die Eede ist; daß die
Selbstaufforderung i-nsoN , überflüssig wie sie ist , dem Stil des
Psalmisten gar nicht entspricht; daß endlich das Wichtigste un-
gesagt bleibt, nämlich wem der Beschluß Jhwhs gilt. Denn die
Worte -ÖN H73N sind als lediglich dem Verständnis des Lesers
dienende , ganz prosaische Markierung der direkten Rede kein ur-
sprüngliches Textelement.-) Man muß sich sogar ernstlich fragen,
wie weit nicht der ganze voraufgehende Teil von v. 7 in Frage
gestellt ist. Daß 'i:n *;a Worte Jhwhs an den Psalmisten sind, wäre
auch ohne jede Einführung deutlich. Doch sind zwingende Gründe,
von den Einführungsworten ganz abzusehen, nicht vorhanden; und
pn erscheint gesichert, da tatsächlich ein Gottesbeschluß folgt. Nur
darf dann auch die Angabe des Adressaten nicht fehlen. — Für
die Reduktion des Textes bestehen danach verschiedene Möglich-
keiten; man lese etwa -pn-ib"* öTtt I JinN ^33 I ipn "»b^l (sechs-
hebig). Aller Probleme ungeachtet , dürfte doch darüber kein
Zweifel sein, daß auch v. 7 — 9 ursprünglich eine den andern drei
Gruppen gleichgestaltete Strophe von drei sechshebigen Perioden
gebildet haben.
Was v. IIb betrifft , so hat die Ergänzung von ib hinter
ib"5 (Wellh.) viel für sich, weniger wegen des Zeugnisses der
LXX Hier., das sehr zweifelhaft ist, als wegen Kenn. 309 und der
voraufgehenden gleichlautenden Buchstaben. Der Metriker könnte
die Ergänzung ohne weiteres akzeptieren (Sievers, Baethgen3), um
die fehlende Hebung zu gewinnen , obwohl die Konstruktion auf-
fallend wäre. Aber die Beischrift der Variante '-ja ipui: (v. 12)
streitenden v. 12) unechter Nachtrag. 48, 11 denkt an den Welt rühm, aber
nicht an die Weltherrschaft Jhwhs. Daß die genannten Psalmstellen
auf die Entstehung der Lesart 2, 8 von Einfluß gewesen seien, ist nicht aus-
geschlossen.
1) Bei Auflösung der scriptio continua könnte ~ fälschlich zu "jnNl statt
zu D^ia gezogen sein. Das objektive Futurum wäre meinem Gefühl nach
kraftvoller als das subjektive Kohortativum. Der Artikel vor 3 wäre passend,
da es sich ja um die schon v. 1 ff . genannten Völker handelt. D"Ob73 v. 10
könnte seinen Artikel nach n(nyi) eingebüßt haben. Indessen scheint doch
das Fehion des Artikels trotz der Determination dem Psalm eigentümlich
zu sein.
2) Jedenfalls stehen sie außerhalb des Metrums, vgl. Sievers § 241.
Baumann, Psalm 2. 593
sowohl wie das parallele n:r v. IIa zeigen, daß ibv» zu be-
anstanden ist.
Zur Wiedergewinnung des ursprünglichen Ausdrucks könnte
einmal die Beobachtung verhelfen, daß in v. 10 ff. Parononiasien
zu v. 3 entsprechend der sachlichen Rückbeziehung der 4. auf die
1. Strophe beabsichtigt zu sein scheinen: vgl. tb'OS;^ v. 10 mit
rwbsärn v. 3, monn v. 10 mit -raTi-noiE v. 3, -nar v. 11 mit
1ö-»rD3> v. 3, endlich ip-c: v. 12 mit iipn::. V"pv: ist aller-
dings nicht weniger unbrauchbar als Vb~<}. Aber es wäre doch
erwiesen, daß der ursprüngliche Ausdruck in der Variante durch-
schimmert, wenn irgendeine Emendation sich ungesucht darböte.1)
Zum andern empfiehlt sich die Heranziehung verwandter Psalmen.
Aber so richtig es an sich ist , vor allem Ps. 48 zu vergleichen,
ist doch die Emendation ibTi für ib-'S nach 48, 7 völlig verfehlt;
aus Gründen der Sache ; denn, daß die Feinde über der Eröffnung
des Psalmisten in Schrecken geraten, ist Voraussetzung seiner
Mahnung. Und aus Gründen der Methode ; denn 48, 7 steht nom.
Sti parallel rn?1 (wie 2, 11 HN-r), während von einer Aufforderung
zur Unterwerfung gar keine Rede ist. — Ein sachlich vorzüglich
passendes Analogon zu -nnr ergibt sich, wenn wir ib ittt (vgl.
Ps. 45, 13) sc. v:a lesen. Die Falte kündet den Zorn v. 12.' Ge-
danke und Ausdruck wären nicht zu kühn.
Nur in losem Zusammenhang mit der metrischen Betrachtung
steht die Frage der Intaktheit der Prädikate in v. 1 f. Hier führt
uns die Beachtung des Parallelismus und der verwandten Psalmen
weiter. Man muß zugeben , daß nDli nach "OSStp auffallend ist.
Das gilt aber auch für "Ufp nach iiöin. Nach v. 1 a und 2 a be-
merkt der Psalmist bereits feindliches Handeln , nach v. 1 b und
v. 2 b geheimes Überlegen und Planen. Wer das für nicht an-
gängig hält, ist also zu zweimaliger Emendation gezwungen. Was
raten die Parallelpsalmen? Ps. 83, 4 gibt keine Stütze für "noi;
gegen inatvp ab ; denn er ist mit v 5 ein Einschub , der die
strophische Ordnung des Psalms gestört hat, inhaltlich Dublette zu
v. 6. Die Instanz des r±."T. v. 6 aber ist dadurch erschüttert, daß
eine Einwirkung des Einschubs wahrscheinlich ist, durch die ur-
sprüngliches "WO (vgl. v. 3) geändert wurde. Der mit Ps. 2 am
engsten verwandte Ps. 48 nun schildert nur die Aktion (vgl. vor
allem VTP13 v. 5). Und weiterhin bemerken wir, daß in Ps. 46, 7.
83,3. Jes. 17, 12 (Jer. 5, 22), wo überall die gleiche Situation
1) Man könnte glauben, daß die Feinde aufgefordert werden, zum Zeichen
ihrer bedingungslosen Unterwerfung im pw zu erscheinen. Aber ein solches
Denominativ existiert nicht. Sachlich wäre der Gedanke in dem zuversichtlich
triumphierenden Psalm außerordentlich passend. V ""P'Ci heranzuziehen, geht
kaum an.
594 Baumann, Psalm 2.
vorliegt, Vrvzn begegnet. Es wird danach 2,1 172m1) und 2,2
•n3>i5 herzustellen sein. —
Unsre hier vorgetragenen Beobachtungen sind nun von nicht
unwesentlichem Einfluß auf die religionsgeschichtliche Auffassung
des Psalms. Über den eschatologischen Charakter kann kein Zweifel
sein. Aber eschatologische Erwartung in dem Sinne, daß Jhwh
an seinem „Tage" für das Volk als sein Volk helfend eintritt, sich
als sein Vater und König durch Gerichtstaten kundtut, hat es zu
jeder Zeit der israelitischen Geschichte gegeben (vgl. namentlich
Am. 1, 2 ff. 5, 18). Messianisch im besondern Sinne des Wortes
ist unser Psalm nicht, weil ein messianischer König nicht begegnet,
weil keine wunderbare Zukunft, sondern nur eine „Steigerung gegen-
wärtiger Zustände" erhofft, und weil Weltherrschaft im Vollsinn
des Wortes nicht beansprucht wird. V^tf'ODN v. 8 erkannten wir
als sekundär, die Feinde aber werden Erdenkönige, Erdenrichter
im Gegensatz zum Himmelskönig genannt, zur Bezeichnung ihrer
Ohnmacht. Wie die verwandten Schriftstücke Ps. 83 und Num.
24, 15 ff.2) denkt unser Psalm nur an einen beschränkten Kreis
von Völkern, im wesentlichen an die Nachbarvölker. Weiter hat
Duhni recht, daß der Psalm „mehr noch einen politisch- weltlichen,
als einen eigentlich theokratischen Eindruck" macht. Mit voller
Wucht vertritt der Psalm nationale Ansprüche , wie sie von den
älteren Propheten bereits vorgefunden und bis zu gewissem Grade
bekämpft wurden, wie sie aber in der gesetzesfrommen nachexilischen
Stimmung gleichsam verklärt wieder auflebten.
Psalm 2, gleich seinen Verwandten nachexilisch, ist entstanden,
als es einen König nicht mehr und noch nicht gab. So muß
man schließen. Denn wenn die Himmel und Erde, Vergangenheit
und Zukunft umspannende Szenerie , der wir hier begegnen , auch
visionärer Art ist, hat der Psalm doch geschichtliche Vorgänge
zur Voraussetzung. Der Gedanke an den Makkabäer- Aufstand wird
das Richtige treffen. Bei v. 7 ff. kann man an die Urzeit als die
Geburtsstunde des Volkes3) oder an die Rückkehr aus Babylon als
die Stunde der Wiedergeburt denken.
Was die Verwendung der formalen Indizien für die Datierung
betrifft, so spricht die großartige Geschlossenheit und Einheitlich-
keit des Psalms samt der urwüchsigen Kraft und Anschaulichkeit
der Sprache, die ihn als eines der vorzüglichsten Erzeugnisse der
hebräischen Poesie erscheinen lassen, für eine nicht zu späte Zeit.
1) Wie ich sehe, nimmt dies auch Gunkel (Ausgewählte Psalmen 1904)
an, freilich v. 2 umgekehrt verfahrend, als wir für richtig halten.
2) Auch in den Bileamsprüchen gehört das Interesse dem Volke als dem
in Gotteskraft Siegenden und königlich Herrschenden. Auf die Einzelfragen
kann hier nicht eingegangen werden.
3) Die Erwähnung Zions hindert daran nicht. Vgl. Am. 1, 2 und 3, 2;
Kum. 23 f. weist auch in die Urzeit.
Baumann, Psalm 2. 595
Er hat nichts Epigonenhaftes an sich, wie er auch literarisch
keinerlei Abhängigkeit zeigt.1) Beachte auch , wie viel sieges-
gewisser und trotziger die Stimmung ist, als in den Psalmen 83,
89, 132, und auch 46, 48, wo sie überwundene Bangigkeit und
errungene Zuversicht ist. Endlich auf den Gebrauch aramäischer
oder späthebräischer Ausdrücke, selbst wo diese als solche erwiesen
sind , darf nicht allzuviel Gewicht gelegt werden in einem Liede
profanen Ursprungs und ev. langen profanen Gebrauchs. Die Auf-
nahme in den Psalter ist ja sehr jung. So ist wohl anzunehmen,
daß er eine nicht gerade sorgsame Behandlung des ursprünglichen
Wortlauts und der Orthographie erfahren hat (vgl. pnb"1 st. prur,
D3>*in st. Di:nn u. a.).
1) Vgl. dagegen die Machwerke Ps. 83, 89, 132, auch 46 und 48.
So wahrscheinlich es ist, daß Ps. 2 und 83 um die gleiche Zeit entstanden
sind, so falsch ist es, mit Duhm in Ps. 2, 1 f. eine Nachahmung von Ps. 83
zu sehen.
596
Noch ein Wort zu Richard Schmidt's Ausgabe von
Harihara's Ratirahasya.
Von
Ernst Leuiuann.
Das oben p. 361 f. von Eichard Schmidt Gesagte nötigt mich
zur folgenden Gegenäußerung. Nicht die „Keckheit, weil er einen
so fragmentarischen Text wie den des Harihara herausgegeben habe",
hat meine Verwunderung erregt, sondern die Keckheit, daß er diesen
Text den Lesern unserer Zeitschrift in so wenig lesbarer Form
vorgesetzt hat. Um für eine derartige Publikationsstelle das Nötige
zu tun, wäre, wie ich sagte, eine Abschrift aus Tanjore zu beschaffen
gewesen. Daß außerdem auch mittelst einigen Nachdenkens manches
hätte in Ordnung gebracht werden können, mochten meine Berich-
tigungen erraten lassen. Diesen Berichtigungen gegenüber gibt sich
nun freilich Schmidt den Anschein, als ob es ihm auf einen korrekten
Text eigentlich gar nicht sehr ankomme ; denn er lehnt zwei davon
ab, die man so wenig wie die andern im Ernste anzweifeln kann.
Man höre: An zwei Stellen, die unbedingt das Wort „willenlos"
[= willfährig = botmäßig1) = skt. a-vasa] erfordern, druckt
Schmidt bloß „willen" und beharrt meiner Ergänzung zu trotz
bei seiner verstümmelten Lesung, indem er ihr die Bedeutung
„willenlos" zuspricht ! Dabei ist nichts natürlicher , als daß
im Indischen die dem „-los" entsprechende Silbe verloren gehen
konnte, da sie im einen Fall elidiert wird und im andern das Schrift-
bild nur wenig verändert. Es handelt sich ganz einfach um zwei
Textverderbnisse von der Art, wie sie in Durchschnittshandschriften
und in schlechten Ausgaben dutzendweise vorkommen.-)
1) Dieses Synonym wählt Schmidt p. 362, 8; in der vorhergehenden Zeile
setzt er im gleichen Sinne „ gewonnen".
[2) Damit ist diese Kontroverse für die ZDMG. erledigt.
Der Redakteur.]
597
Melupum.
Von
Eberhard Nestle.
In Nr. 12 des Wöchentlichen Verzeichnisses der erschienenen
und der vorbereiteten Neuigkeiten des deutschen Buchhandels vom
24. März d. J. las ich unter Sprach- und Literaturwissenschaft
angekündigt :
Adler, Vorsch.-Lehr., X. : Hebräische Buchstabenbilder. (30 Bl.)
4°. Fürth, G. Rosenberg in Komm., '04. In Leinw. Mappe
9.60 ; m. Die Renaissance des alten hebr. Lese-Unterrichts.
10.50.
, Die Renaissance des alten hebräischen Lese-Unterrichts
im Lichte der modernen Methodik. Eine didakt. Studie.
(31 S. mit 4 lithogr. Abbildungen.) gr. 8°. Ebd. ('04). —.90.
Ich verschaffte mir das Werk, fand aber, daß es für die Zwecke,
die ich durch dasselbe zu fördern hoffte, eine gute hebräische
Schrift einzuüben, gar nicht dient. Es sind Bilder, welche den
ersten kleinen ABC-Schützen das Erlernen der Buchstabennamen
und -formen erleichtern sollen. Gibt es kein Bild, fragte sich der
Verfasser, das Laut, Name und Form des Buchstabens zugleich
vergegenwärtigt. „Ich hielt beim Pasach und suchte nach einem
Bilde , durch welches der horizontale Strich , das Lautsymbol
des Pasachs, gleichzeitig mit dem Laut selbst dem Ge-
dächtnis der Kinder gesichert werden könnte. Wie ein Lichtstreif
fiel im nächsten Augenblick der Gedanke auf meinen dunklen me-
thodischen Weg: Dieser Strich des Pasachs ist selbst ein Bild,
das einfachste und natürlichste Bild, das für den a-Laut gewählt
werden kann, nämlich eine skizzenhafte Darstellung der Mundöflhung
beim Bilden und Sprechen dieses Lautes." So zeichnete er also
den Kopf eines Judenmädchens mit breit geöffnetem Munde für
das l'asach, ebenso für das Chirik den eines Judenknaben, der
den Mund zum Pfeifen spitzt; beim Segol ein Gesicht, das auf
Weinen gestimmt ist: die 2 Augen mit dem Mund vertreten die
drei Punkte des Segol; beim Komoz schreit ein als Kutscher an-
gedeuteter Junge oh! Ähnlich ist es bei den Konsonanten. Kai'
ist als (Hemden-)Kragen gezeichnet und das Dagesch in der Mitte
598 Nestle, Melupum.
das dazu gehörige Knöpfchen , Lamed ein Leuchter , Schin ein
Schiff u. s. w. Ich würde auf die ganze Sache , die für meinen
Unterricht wertlos ist, schon weil sie auf das Schwa mit seinen
Zusammensetzungen gar keine Rücksicht nimmt, nicht zu reden
kommen , wenn nicht die Namen , die der Verf. den Buchstaben
gibt, wissenschaftliche Fragen nahe legten. Er schreibt sie:
Pasach , Zere , Segol , Chirik , Komoz, Schuruk, Melupum,
Chaulom.
Oleph, Ajin, Bes und Wes, Gimmel, Dallet, He, Wow, Sojin,
Tes, Jud, Kaf und Chaf, Lamed, Mem, Nun, Samech, Pe und
Phe, Zadi, Kuw, Res, Schin-Sin (mit Recht in dieser Ordnung;
beim Sin stehe der Punkt über dem Teil des Buchstabens, der
eigentlich ein Sojin sei), Tow-Sow.
Ich habe nicht verfolgt , ob sie auch in andern jüdischen
Lehrbüchern so geschrieben werden ; wohl aber habe ich die wissen-
schaftlichen Grammatiken der Christenheit nachgeschlagen, wieweit
sie über den Vokal Melupum % Auskunft geben , und bin dabei
wieder einmal auf seltsame Dinge gestoßen. Daß die kleinen land-
läufigen Grammatiken von Alting bis Steuernagel nichts geben
würden, überraschte mich nicht. Ich verglich Alting, Baltzer,
Bickell, Bisseil, Danz, Dreher, Hollenberg, Kihn-
Schilling, Mezger, A. Müller, Nägelsbach, Stein-
weeg, Steuernagel, Stier, Strack, Vosen -Kaulen,
Wintergers t.
Aber auch von den größeren ließen Ewald, Gesenius-
Kautzsch, König, Olshausen mich völlig im Stich.
Bei Stade (1879) liest man § 35a „" — ö, nbin d. i.
„Fülle", vollständiger Dis Nbtt, 1 p'TKZJ Pfeifen. Vom 'gleichen
Vorgange, nämlich von der Züsammenziehung des Mundes sind
benannt yiSj? — u und ü (syr. 'esäsä, ar. damma) und — y»]3.
Das dies zu der obigen Aufzählung nicht stimmt, liegt auf
der Hand.1)
Denselben Aufschluß gibt des Waldensers Alb. Revel, Manuale
per la studio della lingua ebraica, das 1879 bei P. Smorti e C. in
Florenz lithographiert erschien, S. 119:
„Holem significa »pinguetudo, pleniludo, integritas (oris)u,
del verbo npn (= esser pingue) e indica per conseguenza un
suono pronunziato „ore rotundo", Die Jibn.*
Diese Auskunft ist mir um so auffälliger, als ich schon 1877
in meiner ersten wissenschaftlichen Veröffentlichung in „Conradi
Pellicani de modo legendi et intelligendi Hebraeum, Deutschlands
1) Vgl. auch Bachers Aufsatz in Bd. 49 dieser Zeitschrift „Die Anfänge
der hebräischen Grammatik, S. 16 f. Auch er kennt Melupum nur als Name
für das Cholem. nicht für das .Kibbus".
Nestle, Melupum. 599
erstes Lehr- , Lese- u. Wörterbuch der hebr. Sprache . . . (durch
Lichtdruck neu herausgegeben") wiederholt hatte, daß es im Hebrä-
ischen 9 einfache Vokale gebe: 1. Patsah, 2. Cometz, 3. Zere,
4. Segol, 5. Scheua, 6. Hirick, 7. Holem,
Octavuni est p"l"nä schurick tribus punctis infra literam hoc
modo ordinatis ... et significat vocaleni quandam literam inter
hu du gu Im u
xi -f- i medio modo se habentem: scribitur sie ~ ~ s, n N
Nonum est punctum mellupim QiQ N1272 unicum intra
vav literam tantum collocatum faciens cum eadem vocalem u
hu du gu bu u
sie -n i't 15 in in.
Daß hier S e h u r u k und Melupum verwechselt sind , liegt
auf der Hand; daß die Verwechslung aber nicht dem Pellikan zur
Last fällt, kann jeder sehen, der meine spätere, hierher gehörige
Veröffentlichung zur Hand nimmt: „Nigri, Böhm und Pellican.
Ein Beitrag zur Anfangsgeschichte des hebräischen Sprachstudiums
in Deutschland" (in: Marginalien und Materialien, Tübingen 1893,
und in Sonderdruck). Dort habe ich S. 8 f. aus Xigris Stern
Messiä von 1477 dessen so ungemein lehrreichen Abschnitt über
das hebräische ABC wiederholt, z. B. :
Zere bedeutet ein tunkel oder ein grobs E (später sagt er:
ein n i d e r s E) , wie in Meer = Wasser , Zegol bedeutet ein
hochs schwebisch E (ein klars e) wie in gute Mähr.
Holem bedeutet ein 0. p
Schüriq bedeutet ein U: p~Vv' : " ? S N.
Meluppim bedeutet ein V: D-'ÖNlbtt : ' *I5 in IN.
Ehe ich neuerdings auf diesen Punkt geführt wurde, war mir
in Erinnerung: W. Bacher, Abraham ibn Esra als Grammatiker
Straßburg 1882, S. 62):
Der Name Chölem bedeutet „vollständig" nach dem talmu-
dischen :rbn (b. R. H. 28 a) und dem biblischen Verbum nbn
(Jes. 38, 16; Hiob 39, 4); denn die übrigen Vokale sind diesem
gegenüber mangelhaft. Auch der Name ms Nbtt „ Mundfülle u
wird gebraucht. Das Ch. kann der König der Könige heißen,
weil es allein von allen Vokalzeichen oben gesetzt wird.
5. 63 fährt er fort:
Das Schurek (u) ist aus 0 und i zusammengesetzt ; daher
sein Zeichen — wenn plene geschrieben: 1 — ein Punkt in der
Mitte, zwischen dem oben gesetzten Punkte des 6 und dem unten
stehenden des i die Mitte haltend. Wenn ohne l geschrieben,
ist das Zeichen von der Gestalt des Mundes bei der Aussprache
des u hergenommen, die der Mundform eines „Pfeifenden" ähnlich
ist. Es heißt auch Cns "inp Zusammenziehung des Mundes.
ßOO Nestle, Melupum.
In seiner Abhandlung über die grammatische Terminologie des
Jehüdä b. Däwid Hajjüg (Wien 1882 = SB WA. 102, S. 1118)
sagt derselbe Gelehrte:
Die Namen der einzelnen „7 Könige" sind bei H. zumeist
die bekannten hebräischen. Doch wendet er auch sehr oft die
3 arabischen Benennungen mit ihren Derivaten an . . . *.äJIj
N. 5, 1 p-nun, D. 4, 10 dibsVöi yiapa.
Somit stehen sich 3 Angaben gegenüber:
1. Ibn Esra (Stade, Revel): ms Nib73 = Cholem.
2. Nigri, Pellican = unsrem Schureq.
3. Adler = unsrem Qibbuz.
Reuchlin führt 1506 das Melupum nicht an, nur: V sivrek 1
et kibuz . S. 10 sagt er, nachdem er surek als lateinisches u
behandelt ' hat :
Collateralis eius est collectio labiorum et scribitur tribus
punctis scalariter seu gradualiter sibi invicem subiuntis sie ... et
nominatur kibuz. Habetque eum sonum quem apud Gallos V
scilicet commixtione i vocalis. Est autem vox media inter V
et I qualem olim Graeci suae literae hypsilo cledere. Unde solebant
in ventre ipsius notam vocalis i ponere sie v- Quam postea
eximentes subter adnexuerunt sie Y ut in harpyia.
Es ist nicht die Absicht dieser Zeilen, die Untersuchung zu
einem Ende zu führen. Ich bin , weil ich brauchbare hebräische
Schreibvorlagen suchte, auf die Tatsache gestoßen, daß 1. Christen
und Juden für ein und dasselbe hebräische Vokalzeichen ganz ver-
schiedene Benennungen brauchen , daß 2. die jüdische Benennung
desselben auch noch für einen ganz anderen Laut dienen soll,
endlich 3. daß die ältesten christlichen Bearbeitungen der hebräischen
Sprache, die auf jüdischem Grunde bauen, das x nennen, was die
Juden jetzt y nennen, und umgekehrt.
Nur zum Schluß bemerke ich noch, daß auch das lehrreich
wäre zu untersuchen , seit wann der dritte und vierte Buchstabe
des hebräischen Alphabets mit Verdoppelung des mittleren Konso-
nanten G i m m e 1 und D a 1 1 e t geschrieben wird.
601
Aus einem sprachwissenschaftlichen Werk von 1539.
Eberhard Nestle.
Im Jahre 1539 erschien zu Pavia Sumptibus et Typis Autoris
libri ein jetzt seltenes Werk mit dem Titel:
Introductio in Chaldaicam linguam, Syriacam, atque Ar-
rnenicam, et decem alias linguas. Characterum differentium
Alphabeta, circiter quadraginta, et eorundem invicem conformatio,
Mystica et Cabalistica qnamplurima scitu digna. Et de-
scriptio ac simulachrum Phagoti Afranii. Theseo Ambrosio
es comitibus Albonesii I.V. Doct. Papien. Canonico Re-
gulari Lateranensi , ac Sancti Petri in Ccelo Aureo Papise Prse-
posito, Authore.
M . D . XXXIX.
([ Linguarum vero , et Alphabetorum nomina sequens pagella
clemonstrabit.
Der rot lind schwarz gedruckte Titel, ist von einer schönen Holz-
schnittleiste umrahmt , die auf schwarzem Grund unten die Fabel
vom Fuchs und Storch abbildet, daneben einen Drachen und Löwen.
Die auf dem Titelblatt angekündigte Liste der Rückseite
lautet so :
([ Nomina Linguarum, et Alphabetorum, de quibus in hoc opere
fit mentio ; et eorum numerus
Chaldaeorum. 3.
Samaritanorum. 3.
Assyriorum. ) ,
Syrorum. W ) . 3.
Phoenicuin. ) '
Hebra-orum, computatis his
quae ab aliis ponuntur. 1".
Aarabum. ) .
Punicorum. ) l)
).2.
Latinonnn. 1.
Graeconun. •'!.
Jacobitarum. )
Cophtitarum. )
Macedonum. ),
Missiorum. ) \ ) \
Bulgarorum. )O0
Seruianorum. ) {)
Persarum. ) \ ) O
Tartarorura. )[)
1.
Turcarum. j
Etusiorum. )
I "alniataruni. )
Illyricorum. )
Indorum. 2.
)
).2.
Bd. LVIII.
39
602 Nestle, Aus einem sprachwissenschaftlichen Werk von 1539.
Armeniorum. 1. Hetruscorum. 2.
Vuandalorum. 1. Gotthorura. 1.
Virgilii philosophi. 1. Hiberiae magnae. ) v 1
Apolonij Tianei. 1. Georgianorum. ) ' '
Hierogliphicum. 1. Incognitum. 1.
Babiloniorum. ) > 1 Magi Spoletani
Erithreorum. ) ' ' ' Characteres in
Saracenorum. 1. vno complexu.
Aegyptiorum. 1.
([ Quamplurima alia diversorum generum alphabeta, adhuc ser-
vantur, alio tempore publicanda. Si ista placuisse visa fuerint.
Dies so angekündigte Werk von 215 Bl. klein-4° ist, wie
scbon angedeutet , zurzeit recbt selten. Beim Verkauf Libri kam
ein Exemplar auf 150 Fr. ; als ich 1888 die zweite Auflage meiner
syrischen Grammatik herausgab, hatte ich diese älteste Grammatik
noch nicht gesehen; seither konnte ich es benützen in einem Exemplar
aus der Bibliothek von Charles Schefer in Paris , das eine Zeit
lang in meinem Besitz war (s. Catalogue de la Bibliotheque Orientale
de feu M. Charles Schefer, membre de l'Institut. Paris, Leroux
1899. Nr. 143; auf dem Einband das Wappen von De Thou).
Der Verfasser, 1469 geboren, würde eine Monographie verdienen
so gut wie Potken und Postel. In der Bibliothek unserer Gesell-
schaft scheint sich die Schrift nicht zu finden. Wie für das Syrische
so ist es auch für das Armenische die erste von einem Abendländer
herrührende grammatikalische Bearbeitung ; ebenso eröffnet es die
äthiopischen (hier indischen) und koptischen (hier jakobitischen)
Studien in Europa.
Gewidmet ist es von- dem Verfasser, quintodecimo Kai. Aprilis
1539 Reveren . Domino Afranio Canonico Ferrarien . Patrao suo.
Er nennt sich in der Zuschrift ex comitibus Albonesii et Pa-
latinis Lomellen. . . . Collegii Dnorurn Judicum Papiae in praesentia
Consul. Er wollte es ursprünglich in Ferrara, der Stadt des Herzogs
Herkules von Este zu dessen Hochzeit erscheinen lassen, wurde aber
nicht fertig. Der Sitte der Zeit entsprechend rühmen eine ganze
Reihe poetischer und prosaischer Zuschriften den Wert des Werkes ;
ein Brief von Franciscus Scaevola Spoletanus , Verse von Joannes
Stancarius, Ferrariensis , Bartholomaei, Funi, Villauren., Piacentini,
Praedicatorum Ordi. , haereticaeque pravitatis inquisitoris in opus
Carmen; Fratris Euphemij Minoritae Epigramma ... de D. Am-
brosii Albonesii Panompheo libello ; Alphonsus Fontanella Regiensis ;
Joannis Euangelistae Arpinatis; M. Antonius Victorinus Romanus;
M. Antonius Boba Casalensis; Dionysii Zanchi Bergomatis, Canonici
Regularis Lateranensis Carmen ; Augusti Bottae Rouescalensis Carmen
asclepiadeum coriambicum, cui percunctanti Echo annuit: Eiusdem
Saphicum dactylicum ; Petrus Libascus Sacerdos Pannen, ad Echo
de Theseo Ambrosio Comite. Zum Schluß nimmt Minerva selbst
Nestle, Aus einem sprachwissenschaftlichen Werk von 1530. 603
das Wort: Minerva mater inventionum Lectori S. P. D. Galeatio
Allia Patritio Cremoneü. Adolescentulo suggerente ... ex Olyinpo
Palladis. Anno a mundi initio 6892 Martio currente in secundo
decano, secundo Tydei Oldoyni Cremoneü. Patritij Jurispruden. ac
Caesarei Senatoris Ticinij Proconsulatus anno.
Das Buch wird eröffnet mit dem syrischen Alphabet in doppelter
Schriftgröße : Chaldaeorum Literae, qui Syriam incolunt, quae etiam
Syriacae dicuntur et quibus Antiochena Patriarchalis Ecclesia in
sacris utitur. Die Umschrift der Buchstabennamen ist Olaph, Beth,
Gomal, Dolad, He, Vau, Zain, Hheth, Teth, Jud, Coph, Lomad. Mim.
Nun, Somchath, Ain-Gain, Pe-Phe, Zzode, Quoph, Bis, Sein. Thau.
Die Typen sind gar nicht schlecht. An die Gruppierung der Buch-
staben, vorwärts und rückwärts, (thescar quezzaph gesan u. s. w.).
schließen sich Gottesnamen für jeden Buchstaben des Alphabets
(aloho, baruio, gaboro, daiono u. s. w.). Unter die Vokale werden
gerechnet Olaph, He, Vau, Hheth, Jud, Ain; ebenso bei den Sa-
maritanern und Hebräern ; ähnlich bei den Arabern und Puniern.
Dies führt weiter zu den Vokalen der Lateiner, Griechen, Jakobiten,
Kophtiten ; bei Mazedoniern und Dalmatinern ; dann der Inder, die von
Potken Chaldäer genannt werden, worüber eine lange Auseinander-
setzung auf Grund der Befragung syrischer Geistlicher (Johannes,
Joseph, Moses, Elias), die unter Leo X. zu einem Konzil nach Rom
gekommen waren. Dabei die Mitteilung, daß der syrische Priester
in Rom divinam lyturgiam quam Missam hebraico nomine appellamus
nicht lesen durfte, bis Albonesius sein Meßbuch ad verbum quod
dicitur zur Prüfung ins Lateinische übersetzt hatte. Zu seiner Hilfe
zog er bei dicaculum olim hebreum, libertatem comineti nomine,
weiter Josephum Gallum Hebraeum Doctorem , et illius celebrati
nominis Rabbi., Julii Pontificis Medici Physici filium, von dem er
noch lateinische und hebräische Gedichte aufbewahre. Auch noch
ab Aaron et Abdia scholasticis in Vrbe Judaeis wurde ihm per sem
illud amephoras bestätigt, daß Indisch (= Äthiopisch) nicht Chal-
däisch sei. Ebenso sagte ihm dies Abraham ille a balmis doctor
hebraeus, Domini Joannis Spoletani Canonici nostri olim Judaei
consanguineus. So entschloß er sich bei Gelegenheit Psalterium
Chaldaicum ex Syria advectum herauszugeben, hatte schon eneis
comparatis typis conflatisque ex convenienti metallo literarum for-
mulis alles vorbereitet, dum . . . chalcographoque ad rei expeditionem
parato, Psalterium illud chaldaicum et collectanea quaedam nostra.
ad linguae illius multarumque aliarum linguarum lectionem, no-
tionem , mutuamque inter se conformationem speetantia in unum
volumen redaeta propediem imprimenda sperarem, ad annuam patrum
meorum synodum Ravennam proficiscor, et dum dissolutionis finem
praestolor, reditumque in patriam desidero, ac dies mihi pro anni
mora computatur (proh dolor), patria mea infoelix illa scilicet olim
regia Ticinensis civitas , me adhuc absente , a Gallorum exercitu
obsidetur . multiplieibusque undique coneussa machinis vi capitur,
39*
ß04 Nestle, Aus einem spraclnvissenschaftlichen Werk von 1539.
hostiliter praedae datur .... Factumque est ut in illa immani
clade ac patriae ruina omnia quoque mea librorum inquam Chaldae-
orum, Syriorum, Armeniorum, Hebraeorum, Graecorum variarumque
aliarum linguarum gratam suppellectilein quam magno mibi pretio
comparatam ex urbe Roma in patriam mecum advexeram simul
cum ipsius patriae miserabili casu in uno fere temporis momento
perdiderim . . . . ut pene una cum libris et lucubrationibus meis
etiam propra nominis memoriam perdiderim. Post Septem vere
annos (divina ut reor voluntate ita disponente) in manibus publici
cuiusdam Fartoris reperto iam semilacero Psalterii libello quem
cum caeteris in cineres vulcano passim debacchante iam dudum
fuisse conversum existimaveram iterum ad illius publicationem
animum adieci. Mehrfach kommt er auf diese Absicht zurück, die
aber nicht mehr zur Ausführung kam, dann könne man sehen, an
Psalterium istud Chaldaicum sit, an illud Joan. Potken, qui in
Indiana atque Aetiopiam, Chaldaeam transferre voluit. Eher könnte
man noch das Armenische Chaldia nennen, quandoquidem Chaldia
regio quaedam Armeniae est. Damit macht er den Übergang zu
den armenischen Vokalen. Den 30. Buchstaben des armenischen
Alphabets nennt er vief, vieu vel viech. Tribus enim istis no-
minibus appellatum animadverti cum proximis his mensibus Venetiis
essem et cum Armenico quodam una cum Gulielmo postello Am-
bollataeo Gallo viro multarum linguarum gnaro qui paulo ante e
Bizantio in Italiam venerat, verba facerem, inter caetera ab eo
non modo postulavi verum etiam efflagitavi , ut alphabeti literas
proferret, quod dum benigne faceret ad id maxime animum adverti
ut enuntiationem istius literae comprehenderern , quam modo vief,
modo vero vieu , ac demum viech appellabat. Wie scharf er be-
obachtete zeigt seine Schilderung, wie der Syrer dem er Unterricht
gab, um keinen Preis papa sagen konnte, sondern zuletzt mit aller
Gewalt nur Ppappa herausbrachte , oder seine Beschreibung wie
hebräisches p auszusprechen sei.
yun vel iun trigesima quarta et in litera f deflectitur seu
ab ea incipit et fiun dicitur, hinc natum illud esse arbitror quod in
trivialibus puerorum scholis communiter in alphabeto nostro obser-
vatur , ut in literarum nominibus recensendis cum ad . y . ypsilon
ventum est, pro eo fia : dicatur.
Im Vorbeigehen werden Bl. 20 v nach Graecorum auch Tzar-
chasiorum, Augasiorum, Candusiorum, Macedonum,. .. vocales erwähnt.
Das fünfte Kapitel behandelt die Konsonanten. Die letzten
des hebräischen Alphabets nennt er Zadich, Kuoph vel Quph, Res,
Sein, Thau. Ähnlich umschreibt er die Samaritanischen, fügt aber
hier zu Zain bei vel Sdain, mit der Begründung nam et Hebraeum
et Chaldaeum et Samaritanum et Graecum et aliarum linguarum
zita s et d implicita habet. Im Abschnitt über die arabischen und
punischen Konsonanten fehlten die Typen und sind in dem mir
vorliegenden Exemplar die ausgesperrten Lücken nicht mit der Feder
JSfestle, Aus einem sprachwissenschaftlichen Werh von 1539. 605
ausgefüllt; das Lesestück aus Kap. 3 ist karschunisch, d. h. arabisch
mit syrischer Schrift gedruckt , dieser Name aber nicht erwähnt.
Die Behandlung der lateinischen und griechischen Buchstaben,
so interessant sie ist, muß hier übergangen werden.
Es folgen die 20 „indischen" auf 10 Blättern, die 24 der
Jakobiten und Kophtiten, die sich von den griechischen und maze-
donischen nicht viel unterscheiden. Auch Macedones et Gotii seu
mavis Rosii vel Rusii Scythiae maioris uniusve Sarmatiae partis
incolae et quam utramcpie inhabitant Missiam Bulgari et Serviani
haben so ziemlich dasselbe Alphabet von 24 Buchstaben. Nicht
weniger als 23 Blätter sind ihnen gewidmet, indem die Aussprache
der einzelnen Buchstaben meist durch Namen aus der Bibel oder
der Liturgie (den Troparia und Condacia) belegt wird.
Kapitel VI handelt von den syrischen Buchstaben quae puncta
rubea intra se, infra suprave admittunt (Bl. 74) ; Kap. VIII (Bl. 79)
de vocalium Hebraicarum notis atque nominibus et aliis quibusdam
punctis a smol und iamin, welche sich wie lat. simus und scimus,
oder seda und scheda unterscheiden, obwohl ihm die Sitte sein
dextrum per seh zu schreiben minime placet; vgl. 6%6lt,ov und
6%6Xiov. BL 82 werden die syrischen Vokale mit den bekannten
Beispielen Ädäm (Odom) , Abraham , Ishhaq u. s. w. belegt ; fast
noch ausführlicher werden die arabischen besprochen.
Cap. VIII, de instrumentis quibus literae proferuntur .et quae cu-
iusque instrumenti sint literae (guttur, palatum, lingua, dentes, labia).
Cap. IX, de literis duplieibus Hebraeorum . . Chaldaeorum
. . . Punicorum.
Bei den syrischen Buchstaben zeigt der Verf. Kenntnis von
der lange Zeit unbeachtet gebliebenen Tatsache, daß die Syrer zwar
von rechts nach links lesen, aber von oben nach unten schreiben.
Es verlohnt sich die ganze Stelle anzuführen.
Bl. 87 v: Nam Chaldaei licet a sinistro in dextrum1), ut Hebraei,
Samaritani , Arabes et Punici suas legant literas , non tarnen in
scribendo eundem modum servant, ut scilicet a sinistro in dex-
trum x) latus calamum ducant , sed e coelo ad stomachum literas
trahunt, ut de eo quidam dixit
E coelo ad stomachum relegit Chaldaea lituras.
Bl. 88 : Hoc scribendum genus arbitror illud esse quod Festus
Pompeius xo £7to%ov To epochon appellat, deorsum versus, sicut tunc
dextrorsum versus, quasi scilicet super cadens et insidens, cadere enim
videntur literae, et super literas sedere atque una alteram dorso vehere,
dum in ordine alphabeti vel dictionis componendae applicantur, ut
non iniuria ab opifice illae summo e coelo demissae credantur. Quas et
Abraham illum Chaldaeum coeli et coelestium syderum contempla-
torem, antequam de Ur Chaldaeorum exiret, calluisse credendum est,
eisque usum, si verum est, quod veteres Hebraeorum magistri tradunt,
]) Dies ist natürlich ein Versehen für a dextro in sinistrum.
606 Nestle, Aus einem sprachwissenschaftlichen Werk von 1539.
Moysen, scilicet literas de ore Geura, qui ignis est, accepisse, et una
cum lege, Dei digito scripta, de S}Tnai Monte ad homines deportasse.
. Zur größeren Verdeutlichung druckt Albonesius eine Stelle
von 5 Zeilen aus Jesaja 45 syrisch mit Transkription und Über-
setzung von oben nach unten.
Aus derselben Quelle mag zur syrischen Schrift noch folgendes
mitteilenswert sein.
Über den ersten Buchstaben des syrischen Alphabets, das Olaph,
in seiner doppelten Form r^ und / schreibt Albonesius (Bl. 90 a) :
Hanc literam (si divinare fas est) illam esse arbitror, quam
in libro de divinatione Marcus Cicero asseverat, Suem olim humi
rostro impressisse, uno equidem calami ductu, ceu uno rostri prae-
dicti animalis impulsu, describi potest; huius tarnen rei veritatem
aliis vestigandam relinquo.
Cap. X, de literis radicalibus et servilibus ist das längste im
ganzen Buch (Bl. 89 — 131 v); denn es behandelt jeden einzelnen
Buchstaben und gibt über deren Aussprache ganz genauen Bescheid,
knüpft an sie allerlei Mystica et Cabbalistica, wie schon der Titel
hervorhob. Ich denke einige der folgenden Auszüge zu einzelnen
Buchstaben des Hebräischen seien noch heute lesenswert.
Z. B. über das n, den fünften Buchstaben des hebr. Alphabets
schreibt er (Bl. 96) :
Caeterum litera ista (ut dictum fuit) gutturalis est, cum nee
dentibus nee palato nee lingua sed solo spiritu pronuncietur , ob
quam causam , qui de literis Hebraeorum et praesertim qui caba-
listica scripserunt, spiritui illam esse consecratam asserunt: et non
modo facilem esse , sed etiam naturalem , immo vero hanc solam
pene omnium literarum etiam in brutis respirantibus audiri affirmant,
et quae nimirum spiritum habent, dum spiritum reddunt, literam
hanc exprimunt, cum solo edatur spiritu. Hanc Hebraei, Chaldaei,
Samaritani , Syri , Armeni , Graeci et Latini, et inter graecos qui
Augasiam et Carthaeam, sive ut aiunt temporibus istis Tzarcasiam
rfjg [iiyuh]q tßi]QLag tj Ttgbg nsQOag tGxi Tis megalis iuirias hi pros
persas esti, magnae scilicet Iberiae (quae inter Persas est) incolunt,
et Gorgi et Jacobitae et Cophtitae , et Virgilius quidam insignis
quondam Graecus philosophus , et magnus Tianaeus Apolonius , et
hi qui grammata quae hieroglyphica vocantur scripsere , in suis
alphabetis quintam in ordine literarum posuerunt. Indi in primo,
Macedones, Missij, Russij, Dalmatae suam huic respondentem literam
in sexto literarum numero habent. Persae, Turcae, Tartari, Arabes
et Punici, et Maometani fere omnes literam huiusce potestatis in
antepenultima, vigesima scilicet septima, sui alphabeti sede, collo-
carunt, tametsi etiam He in sexto ordine possideant. Vuandali
quoque in undeeima sui alphabeti numeratione literam ') Ed re-
1) Hier ist im Druck eine Lücke gelassen, um die Form des Buchstabens
mit der Feder zu ergänzen, was in meinem Exemplar unterblieb.
Nestle, Aus einem sprachwissenschaftlichen Werk von 1539. (307
ponunt , quae licet pro e accipi possit , non tarnen simpliciter e
intelligitur, sed simul e et c coniuncta elementa intelligenda sunt.
Istas numeroi'um observationes hoc in loco recensui ut animum
advertant, qui nedum pythagoricas verum etiani patrum Hebraeorum
sacras in nuineris computationes (et praecipue in illarum alphabeti
Hebraici literarum observatione , quae in divinis aliisque mysticis
nominibus et sacris insertae sunt) non ignorant et oculos ad hanc
vel rnaxime He literam convertant. De qua, si quam excellens in
antiquis patrum Hebraeorum receptionibus semper babita et quibus
sacris inserta sit. Et quid nam in illo magno mirificoque Dei
nomine, quod Graeci Tetragrammaton, Hebraei vero Arbaha aotiotb,
quattuor scilicet literarum, appellant, in quo bis reperitur, insinuet.
Et cum in nomine Abraham et annosae uxoris eius Sarhae ab
omnipotent! Deo inserta fuerit, quod nam archanum in se contineat.
Quidve sit, quod aliqui literam ipsam Hebraicam ex Daleth et
Jod, aliqui vero ad Chaldaicam eandem Syriacamque respicientes,
ex Vau et Dolad constare asserant. Et cum communi omnium
opinione quinarium numerum repraesentet, cur tarnen cum vim et
partes eius, ex quibus composita affirmatur, diligentius consideramus,
longe maiorem numerosioremque foeturam implicitam habere cogno-
scimus, accuratius explicare voluerimus, quia proculdubio facultatem
nostram propositumque suscepti operis excedere videtur in praesentia
praetermittimus.
Ebenso über Vau (Bl. 98):
Et praeter id quod sexta est alphabeti litera, sextam quoque
sacram numerationem repraesentat. Quanti in sacris habita sit, qui
eognoscere cupit, legat eos qui sex diebus mundum conditum fuisse
asserunt, et illius numeri causas scrutantur. Litera praeterea ista
Hebraeorum quia nihil secum exterius admittit, neque a se ipsa
prominet, sed in sese constans atque sufficiens, simplex et se ipsa
contenta nullius indiga sed absoluta integra atque perfecta mundi
columna nominata est. Quod multo magis in Chaldaico Vau conspici
potest, cum orbis sit in se revolutus atque (ut de aipiun Armenico
dictum fuit) reflexus , principio et fine carens. Iccirco etiam per-
fectorum piimus evasit numerus.
Über die Aussprache des Zain ist folgendes bemerkenswert
(Bl. 98 v):
Leniter quidem Zain proferri debet, ita ut inter Somchath et
Zzode et Sein differentia prolationis cognoscatur, ut etiam de Zita
et aliis sibillantibus Graecorum literis dictum fuit, non autem (ut
quidam solent) forti duro ac vehementi impetu, sed molli et obtuso
litera ista enuncianda est sibilo, ut passim nostris temporibus
Virgilianam in primo Aeneidos invocationem pronuntiari audimus
Musa mihi causas memora quo numine laeso.
Non enim literae s integrum perfectumque sed obtusum in hoc
carmine sibilum audivimus, quin etiam Jenem sonum qualem «
in literae Zita prolatione requirunt.
608 Nestle, Aus einem sprachwissenschaftlichen Werk von 1539,
Weiter folgende Geschichte über diesen Buchstaben (Bl. 100):
Apium praeterea Claudium (ut interim etiam aliquid de hac
litera referamus) Zita literani odio habuisse invenimus. Et inde
forte fortuna proverbium exortum fuisse quidam arbitrati sunt, ut
in illos quibus forte ex urna Zita contigisset, veluti infortunatos
et minus ad rem aptos Issa acclamaretur et proinde in sortibus
inauspicata litera habita fuit.
Cheth n umschreibt Albonesius Hheth, hh: nee enim placuit
pro ea, ut quidam faciunt, c et h ponere quandoquidem literae
illae non fortem aspirationem, sed blaesum et crassum sonum effi-
ciant ac linguae motum exigant ut in litera X chi Graecorum
consonante dictum fuit. Er beruft sich dann auf Reuchlin , nach
welchem dieser Buchstabe domicilium in praecordiis possidet. Über
ihren Zahlenwert schreibt er:
Octavam etiam numerationem sibi vendicat , quam ifn h o d
i. e. decus sive laudem et gloriam qui cabbalistica scribunt appella-
verunt. Vitam vero significare hheth qui hebraica non ignorant
intelligere possunt. Proinde Mathematici et Astrologi octavam domum
mortis et finis vitae significatricem dixerunt. Constare illam ex
Daleth et Vau, qui de Hebraeorum litteris scripserunt affirmant —
das wäre 4 -j- 6 = 10. Ex duobus tarnen Jodin Chaldaeorum Hheth
constare et suas cum separatas tum simul iunetas habere numera-
tiones manifestum est. Idque non vacare a latenti in sacris adytis
mysterio nee dum ab Omnibus intellecto existimandum est.
Vom Teth (Bl. 101):
Praeterea in alphabeto ultima est inter literas unitatem signi-
ficantes et T latinam (ut dictum fuit) literani repraesentat , quam
Cicero non ab re literam insuavissimam appellavit, quod vitae ul-
timum mortemque signiticet, quod et de Thita Graeco Volateranus
Persius intellexit cum ait in Satyra quarta
Et potis est Vitium mortis praefigere theta vel
Et potis est nigrum vitio praefigere theta.
Domitianus novitate quadam signi , cum in exercitu quempiam
interfici voluisset, coram percusore nasum emungebat, ut per hoc
aliquem morti obnoxium esse intelligeret et carnificis officio fun-
geretur, quod Martialis insinuat dicens
Nosti mortiferum quaestoris Castrice signum.
Est operae pretium discere theta novum u. s. w.
Thau vero absolutionis signum est et salutaris nota apud Ezechi-
elem 9 ... de qua litera Ausonius meminit dicens
Scire volo catalecta legens quid significet Thau.
Virgilius vero in catalecto carmine Thau gallicum appellat inquiens
Thau gallicum imminet ipsemet male illicit
pro cruce intelligens, quia galli crucem ad T literae similitudinem
erigere solent.
Trotz dieser schlimmen Bedeutung dieses Buchstabens fange
Nestle, Aus einem sprachunssensöhaftltchen WerJc von 1539. 609
im Hebräischen und Syrischen das Wort „gut" mit ihm an, wie
in der Genesis: Gott sah alles was er gemacht hatte und siehe
Tou m e o d honum valde. Qui hebraicarum literarum secreta
rimantur, per Tou vitam, per M e o d mortem interpretantur. Multi
quippe non nasci longe melius censuerunt aut quam citissime aboleri.
Die Grammatiker, Mathematiker und Astrologen schreiben dem
Buchstaben eine gute Bedeutung zu : in ea gaudere solem et trino
aspectu ascendens aspicere , domumque esse scientiae et fidei , ac
religionis et longae vitae. . . .
Constare hanc literam Hebraeorum magistri, qui de huiusmodi
literis tractaverunt, alii ex Caph et Vau, alii ex Caph et Zain. . . .
Chaldaeorum Teth ex Olaph et Hheth, aut ex Zzode et Vau constat
(1 + 8 = 9, oder 60 -f- 90). Folgen noch ähnliche Ausdeutungen
namentlich der Form des griechischen & und des äthiopischen jfH,
das einem umgekehrten hebräischen V gleiche.
Vom zehnten, so kleinen Buchstaben heißt es Bl. 104:
Auetores qui Hebraicarum literarum formas , numerationes et
nrystica in eis latentia sensa explicant , magna in hac litera Jod
inesse asseverant, illamque tanquam alterum chaos et primam vhjv [!]
ylin omnium numerationum et prineipium exhibent : praegnantemque
esse contendunt et prolificam, cum tarnen puneti locum obtineat
et impartibilis fere sit, parva quidem visu, sed magna effectu, ut
non ab re ineffabile illud Dei nomen Jehouah, quod Tetragrammaton
appellant, ab illa incohare voluerit, et Servator noster Jesus nomen
suum ab eadem auspicatus sit, cuius typum gerebat ille, de quo
dixit annosa mater, risum fecit mihi dominus, a cuius matris nomine
(ut supra tactum fuit) quod cum adhuc sterilis esset atque in-
foeeunda Sarai erat, omnipotens deus, foeeundam illam atque pro-
lificam esse volens, Jod literam auferens, Sarah inquit nomen eius
erit, auferensque ab eo Jod primam ipsius ineffabilis nominis literam,
quae denarium indicat , et secundaria eiusdem nominis He scilicet,
quae quinarium, dimidium denarii numerum ostendit, sustituens
filio praestituit atque quod uni abstulit alteri concessit, nee tarnen
ullum eorum virtute literarum suis nominis expertem esse voluil
sed nee conjugem illius . . . Abraham . . . partem deeimae ab
uxore ablatam illius nomini subintulit.
Unzählig seien die Ausführungen der Grammatiker und Mathe-
matiker über die Bedeutung der Zehnzahl.
Das hebräische 3 bildet caput semicirculi dextri ac limae faciem
reddit, ut non ab re ab Latinis dictum iüisse arbitrer C literam
inversam Hebraeorum , scilicet Chaldaeorumque more scriptam foe-
minam repraesentare et caiam significare. Quae itidem mutato
ordine, inversis nimirum cornibus, Chaldaeae Hebraeaeque oppositis
constituta masculum, scilicet Solem, in sacris ac mysticis sensibus
designare valet. Für C = Caius oder Gaius wird Probus und
Quintilian angeführt; die Astronomen geben dem Buchstaben eine
610 Nestle, Aus einem sprachwissenschaftlichen Werk von 15-39.
glückliche Deutung, ihn mit Jupiter in Verbindung bringend; um-
gekehrt laute das griechische (und lateinische) Sprichwort:
ncmna öiTtXovv av&Qwitov xccxov tQta YMitna xuKißTa,
nämlich Kappadozier, Kiliker und Kreter.
Et in libris Sibyllinis (si beato Augustino credimus) trium
istarum literarum mentio facta est, per quas Cornelii tres designari
videbantur (Sylla, Cecinna, Laetulus). Hinc etiam Plautus simili
schemate furem trium literarum hominem appellavit. Beim römischen
Gericht habe c die condemnatio, a absolutio, n. 1. non liquere be-
deutet. Augustus vero . . . tertiam iudicibus tabellam tradidit ut
qui condemnandi, aut certe absolvendi , dumtaxat notam haberent,
ignoscendi quoque calculum haberent, quo accusato ignoscendum
veniamque dandam demonstrarent.
Über den Unterschied in der Aussprache von z und p sagt
er, daß die Juden das erstere liberiori oris hiatu superioribus in-
feriora labia comprimentes proferunt. Coph vero, decimam nonam
literam , quae pro k et q nobis succurrit productis aliquantulum
labiis et arcuata ac ad radices anteriorum dentium adpulsa lingua,
rotundo ore , obtuso nihilominus vocis sonitu enunciant , ne unum
pro altero redere videantur.
Vom b sagt er:
Constare illam perhibent (qui de Hebraeorum literis tractaverunt)
ex Vau et Caph, Vau superiora, Caph inferiora eius occupat. Alta
petit Vau, sed Caph cornu contendit ad ima. . . . Astrologi malam
domum ac tenebrarum puteum appellant, Saturnumque humanae
naturae eversorem in ea gaudere. Im Anschluß daran allerlei über
X bei den Griechen (Aristophanes) und Lateinern (LLL in Terracina
nach Cicero ; 11 = Sesterz).
Ebenso soll 7: aus i und 3 bestehen, sed alio atque alio modo . . .
et istorum elementorum conformem conflatum difformes vero nutus
latissime nostris temporibus Egidius Cardinalis in libello de Hebraicis
elementis tractavit.
Quia de Mem et Nun immensas ut sie dicam clisputationes
faciunt qui de illis tractaverunt, non progrediar ulterius. Constare
tarnen Hebraicum Nun ex duobus Jodin videtur, superiore et in-
feriore, ut unum caput alterius conscendat, sed extremum non nihil
in sinistrum latus caudam pi*otendat. . . . Sunt praeterea qui Nun
conflari ex Zain velint et Jud.
Das Schluß-Nun bedeutete mit seinem langen Schwanz für
Israel lange Gefangenschaftszeiten, ut magistri Hebraeorum asserunt.
Die Zahl 50, die es bedeutet, spiele eine besondere Rolle in clavis-
illis Salomonis in templo domini aureis und sonst.
Vom Samech sagen die Theologen sexti millenarii esse sym-
bolum, quem Messiae foelicitati consecraverunt. Über seine Form
allerlei Spekulationen, zum Teil nach Egidius.
Ain vel Gain ... ita gutturalis, ut nullo penitus in sui pro-
latione videatur indigere instrumento, quandoquidem ex intimis ut
Nestle, Aus einem sjrrachicissenschaftlichen Werk von 1539. ßH
aiunt pulmonibus premenda sit ... nonnulli inter instrumenta
proferendi literas nasum quoque addendum censuerunt. Er verweist
für diesen Buchstaben auf das Buch qui Sepher thenuoth i. e.
liber figuraram inscribitur und auf Egidius; danach besteht es
aus Vau , Zain und Nun , erinnert aber auch an den Buchstaben
des Pythagoras.
Pe soll aus Kaph und Jod bestehen, altissirnurn apostoli my-
sterium referens qui divinae fiunt nuptiae. Ac Jod quidem, quod
maris formam habet, Caph quod feminae (ut dictum fuit) utero
est persimile , iungitur , sponsi sponsaeque arcanam laetitiam et
ineffabilia divinorum fructuum seminaria pietatis studio potius quam
inquisitionis audatia vestiganda designat.
Den 18. Buchstaben umschreibt er selbst Tzode und berichtet,
daß literam istam Hebraeorum magistri et qui inter christianos de
literis Hebraeorum tractaverunt alii Z a d d i , ut Rabi Dauid Kimhi
in suo Miclol , alii Z a d i k , alii Z a d e , alli T z a d e , alii T s a d e ,
alii Z a d e c h , alii S a d e nominaverunt. Quorum varietas , quid
aliud nobis insinuare potest, quam variam ipsius literae prolationem
et minus fortasse bene intellectam. . . . Zadich fortius ac maiori
cum impetu et ut geminatum zz pronunciandum est, wie in idiomate
Italico et ut aiunt vulgari ac materno . . . fortezza, bellezza,
allegrezza . . . Proinde qui hanc literam per t et z Tzade aut per
t et s Tsade scribunt et proferunt , non mihi videntur Hebraice,
sed Arabice atque Vandalice et scribere et proferre, qui quartam
decimam (de Punicis loquoi') alphabeti literam huic respondentem
T z a t appellant. Et quo ad Vuandalos spectat, qui quartam illorum
alphabeti literam Tzeds nominant et pro ts accipiunt. Quernad-
modum etiam qui pro c aut t sequente vocali, aut etiam pro z
simplici aut etiam geminato Taf et Zita graecum ponunt scribentes
pro laetitia literis graecis Itrix&u , cdleyQer'^a , T&Qßco , iuui&x&u
Allegrezza, ceruo, amicitia et in multis aliis Arabes videntur aemulari,
non graeco, sed nee etiam latino more scribere aut proferre, quando
quidem apud Graecos et Latinos t et z, nee z et t, quin nee ts
in eadem syllaba convenire possint , tarn in prineipio , quam in
dictionis medio, ut vel medioeriter in utraque lingua doctis notum
esse potest. Quodsi in superioribus a nobis Tzarchasiam scriptum
fortasse quispiam objiciat, noverit ita scriptum, sicut nostro tempore
scribunt, qui inde ad nos in Italiam veniunt quando (pro generis
infoelicitate) sub barbarorum ditione consistant. Armeni quoque
hanc literam <A«i//t^- Tzadse, vel Zzada> appellant, scribentes per
quartamdeeimam sui alphabeti literam quae Tzza vel Zza vel etiam
Dha ab illis appellatur. Indi etiam Zadi illam denominant . . .
Chaldaei vero (ut dictum est) ac Syri Zode appellant et licet per
unum z scribunt, duplicis tarnen illi z prolationem tribuunt. . . .
Dentibus utraeque linguae adpulsu accedente atque vehemenli ac
subito (si dici potest) retractu proferri debent. Quibus cum litera
Ain quae non multum ab his dissimilis est, ad iuvenum et mortalium
612 Nestle, Aus einem sprachwissenschaftlichen Werk von 1539.
eruditionem Pythagoram usum fuisse asseverant. Quod et Virgilius
sive quisquis ille sit, ostendit in carmine illo dicens
Litera Pythagorae discrimine secta bicorni
Humanae vitae specimen perferre videtur etc.
Hanc hospes ille tficpQav Kai öeivbg tcsqI ßocptav Cordatus (inquit
Cebes Thebanus) et gnarus sapientia, sermone vero et opere Pytha-
goricam quandam et Parmenidicaui emulatus vitam qui sacellum et
picturam quandam Saturno dedicans pulchra siinilitudine insinuavit.
Folgt weiteres über die Tafel des Cebes und 8 Verse (Nam via
virtutis dextram tenet ardua callem etc.) ut optime etiam Hesiodus
Ascreus Poeta dixerit , nebst dem Wort des Aristoteles radices
disciplinae amaras esse, fructus vero dulces und des Plato im
Carmides: anovi Sr\ ecprjv to ifibv ovccq el're xsgdrcov elxe öl' ilicpavxog.
Quopb seu Coph vel Kopb , quando pro tribus hisce literis
nobis servire commode potest, commodius tarnen ac proprie magis
pro q accipitur. ... Et licet bujus literae pronunciatio et praece-
dentis Copb [= 3] eadem esse videatur, Elias tarnen ille Cbaldaeus
(de quo supra mentionem fecimus) in ipsius literae pronunciatione
linguam (si dicere fas est) arcuabat , extremitatem nimirum illius
sive aciem in inferiorum anteriorum dentium radicibus collocabat
et labia inferiora cum dentibus superioribus magis quam in Coph
priore litera, quam Hebraei Caph appellant premebat. Folgen
wieder Spekulationen über die Form des Buchstabens, namentlich
aus Egidius.
Beim -j wird außer der Ähnlichkeit mit t die Frage gestreift :
quando et quo nam modo apud Latinos in alias literas mutata
sit et apud Graecos Latinosve quando aspirari vel levigari debeat
in principio scilicet dictionis aut syllabae vel in fine aut quomodo
solvenda sit haesitatio illa qua quaeritur, an inter vocales sit nu-
meranda cum sola ex numero consonantium sit spirituum capax.
Sin vel Sein ist verwandt mit Samech und Thau, seine Form
triplici quodammodo molari dentem compaetam ac ex tribus Zodin
et Coph constare illam videmus. Dies gibt Anlaß zu einer Er-
örterung über die Schreibung des Gottesnamens.
Der letzte Buchstabe, das n , erinnert natürlich an das Kreuz :
sicut omnium elementorum finis est Thau, sie omnium librorum
veteris testamenti, qui totidem numero sunt, quod alphabeti sunt
literae, Crux Christi finis est. Für die Juden ist es Symbol der
Thora. Conficitur autem Hebraicum Thau vel ex Res et Nun (ut
ait autor libri de literis Hebraicis) vel ex Caph et Vaw.
Das nächste Kapitel (XI) handelt de Numeris et modo nu-
merandi ae literis nominibusque numeralibus Chaldaeorum etc.
Mit Buchstaben bezeichnen die Zahlen Hebräer, Araber, Ar-
menier, Griechen, Mazedonier und Dalmatiner; Punici vero, Latini
et Indi aliis notis sive ciphris in numeris insinuandis, vario ut
quisque primum exeogitavit modo, effigiatis utuntur.
Kap. XII de syllabis servilibus, was wir (Pronominal-)Suffixe
Nestle, Aus einem sprachwissenschaftlichen Werk von 1539. 613
nennen; anderes in tempus aliud ad explicandum reservantes, cum
(Deo propitio) de nomine et verbo ac caeteris orationis partibus
iusto volumine traetabimus. Daran schließt sich der Abschnitt
über den auf Diktat erfolgenden Druck des Werkes , den ich im
Centralblatt für Bibliothekswesen 1899, S. 493 ff. mitteilte.
Das XIII. Kapitel ist dem Armenischen gewidmet, Bl. 142 — 176.
Am Schluß sagt er : Ego ipse (novit Deus quia non mentior) avxo-
didcy.Tog extiti. In Potkens Psalter habe er über 200 Fehler ge-
funden, das sage er aber nicht ut amicissimum virum taxaremus,
cui quod ad Indorum linguam primus viam nobis aperuit, plurimum
debere fatemur. Zuletzt kommt er noch auf das Verhältnis der
(modernen) Dialekte zur Muttersprache zu sprechen :
Xunquid propter hoc illos taxare mens fuit, qui vulgarem
eorum linguam prae caeteris summis laudibus extollunt, et quanto
magis a latina dictione discedit , eo amplius commendant. Rogati
nihilominus circa literarum mutationem si unquam / litera in aspi-
rationis notam h scilicet mutatur . profecto respondent quod non.
Cum tarnen latinam dictionem Claro in obliquo casu pro lucido
atque lucenti in materna seu (ut aint) vulgari lingua Cbiaro per
c h et i scribendum fore contendant, vellem ego (citra tarnen con-
tentionem) ut qui huius modi praeeeptiones tradunt, Lygurem quem-
piam, Orobiensem, Patavum, Faventinum, Tuscum, Praenestinum
aut Calabrum rusticum ac literarum penitus expertem aliquant
latinam dictionem in obliquo casu proferre rogarent et ad singu-
larum prolationes animadverterent, illos profecto sententiam omnino
mutaturos crediderim.
Nur im Vorübergehen sei angeführt , daß sich daran die Be-
schreibung und Abbildung eines von seinem Verwandten Afranius
erfundenen Fagots reiht , die für die Musikliebhaber wichtig ist.
Dann folgt das Lob seiner Zeit und Vaterstadt, wobei die Ver-
dienste seiner Mitbürger und Zeitgenossen um die verschiedenen
Wissenschaften und Künste aufgeführt werden — für die Kultur-
geschichte des XV. und XVI. Jahrhunderts lehrreich — z. B. des
Charadossus, von dem er sagt: Vidi ego Roinae Corniolas (quas
vocant) et alios id genus Lapides Praeciosos ab illo insculptos
passim ab expertis et magnis viris pro antiquis aeeipi et vetustio-
ribus saepe praeponi et non vili praecio comparari.
Von Blatt 184 folgen syrische und armenische Lesestücke im
■ mit Transkription und Übersetzung aus Lk. II (nicht 1 1.
Mt. VI, der englische Gruß, Mt. 22 nur noch mit Übersetzung,
Gebet an Maria, Magnificat, aus Job. I, Mt. V, X; Apostolisches
Glaubensbekenntnis. Am 14. Juli 1537 wollte er in Ferrara sein
Werk vollenden; da bekam er am Tag des h. Antonius von Ji
Baptista Paucidrapo de Burgo Franco Papiensi Bibliopolae apud
Venetos ad Anchoram Federici Asulani moram trahente einen Brief
cum Libello Duodecim Linguarum Postelli Barentonii. Dem ihm
befreundeten Herausgeber hatte er Dominicam (ut aiunt) Salvatoris
ß!4 Nestle, Aus einem sprachwissenschaftlichen Werk von 1539.
nostri orationem typis meis Chaldaicis atque Armenicis excussam
übergeben und nonnulla ab illo petita Alphabeta. Da er diese
nicht aufgenommen hatte , teilt sie Albonesius samt den von ihm
mit Postel gewechselten Briefen im Anhang mit. — Diese sind :
1. Alphabetum Jacobitarum.
2. Aliud eorundem Alphabetum, quo magis Cophtitae speciatim
utuntur. (Mens fuerat ante patriae meae ruinam, orationem Domi-
nicam et Apostolorum Symbolum et quaedam alia Jacobitarum
literis et lingua in lucem edere , quae Vulcano ardente una cum
multis aliis mihi ablata fnerunt.) Das hier Gebotene entnahm er
einem arabischen Evangelium mit koptischen Glossen.
3. BiQyiMov cpiXoaöopov aX<pccßr\xov (mit griechischer Umschrift).
4. AtcoXXcovlov Tiavsag ccXcpaßrjxov (mit griechischer Umschrift).
5. rgcc^^icita xa xakov{ieva UQoyXvcpiYxc (Suprascripto alphabeto
nullae aderant aliae adscriptae literae).
6. AXcpaßrpov BaßvXmvixov (mit griechischer Umschrift).
7. AXcpäßr\xov EXXijvixov.
8. AXcpüßi]xov.
9. Alphabetum Chaldaeum.
10. Aliud Alphabetum Chaldaeum.
11. [Samaritanum].
12. Adae Protoplasti.
13. Hebraeorum Alphabeta ex variis qui Solomoni attribuuntur
libris et interprete eius Apollonio.
14. Aliud alphabetum (mit 3 e).
15. Indorum literae.
16. Aliud alphabetum Indorum.
17. Assyriae sive Syriacae aut Phoenicum literae.
18. Saracenorum alphabetum.
19. Alphabetum Aegyptiacum (beginnend: athomus benithi
chinoth).
20. Aliud alphabetum Aegyptiacum (beginnend : athoin binthin
chinoth).
21. Etruscorum alphabetum.
22. Aliud Hetruscorum alphabetum.
23. Alphabetum Gotthicum (s. darüber meine Mitteilung in der
Zeitschrift für Deutsche Philologie XXXII, 140 f.).
24. Ein (lateinisches) Alphabet entnommen einem großen Bande
der Bibliothek des Antonii de Fantis Tarvisini.
Longobardorum, Vtopiensiumque literas et scribendi modum in
praesentia publicare distulimus.
In Rom sah er unter Leo X. Schreiben des Metropoliten von
Groß-Iberien Grecis quidem sed a communibus admodum differen-
tibus literis scriptas cum sigillo in quo divi Georgii martyris imago
impressa erat. ... et subscriptione manu ipsius Metropolitae scripta
cum literis usque adeo tortuosis et in nodi Herculei modum Capreo-
latim intextis, ut unde principium caperet et finem omnino facerent
Nestle, Aus einem siirachwissenschaftlicheri Werk von 1539. 615
nee lyneeis quidem oculis quisquam cernere potuisset. Literarum
quippe illarum lineae eo modo altera super alteram ducebantur ut
nee Joarmis Antonii Taiantis phantastica litera sie perplexa atque
involucris variis irretita videatur. Ihr Faksimile könnte man hier
sehen , si non illa patriae infoelicis meae immanis illa ac semper
deflenda calamitas extremunque exitium mihi cum reliqua librorum
numerosa supellectile abstulisset. Zum Schluß kommt er auf die
Verschiedenheit der arabischen Schriften und Dialekte zu sprechen,
und vergleicht dabei den Petrus von Alcantara, den Lagarde uns
wieder zugänglich machte , mit Posteis Einleitung , verweist auch
auf die Margarita philosophica' Geoi'gii Reisci Chartusiani. Schließ-
lich fehlt auch nicht, was an den Teufel Bitru erinnert, ein Faksimile
von (212 v) Ludouici Spoletani praeeeptum siue (ut vulgo dicitur)
coniuratio. Cum subscripta Daemonis responsione mit der ver-
nünftigen Bemerkung :
Quid vero characteres illi insinuarent quamve responsionem
ad quaesita redderent, scire omnino non curavi. Quandoquidem
vanas Magorum superstitiones et somniis similia deliramenta naturali
quodam semper odio prosecutus fuerim, nee mihi quispiam persuadere
unquam potuerit, ut talia placerent.
Einen Teil seiner Arbeiten hatte er einem Calvo geliehen und
bis jetzt nicht mehr zurückerhalten; so schließt er:
Ego interim bonorum omnium virorum ac studiosorum et
utriusque praeeipue Calvi amicitiam non recusabo. Quorum etiam
gratia tot literarum genera in praesenti nostra Chaldaica, Syriaca
atque Armenica introduetione et adnexa appendice in lucem dedi,
plura daturus, si modi ista placuisse cognovero et misericors Deus
pro sua benignitate concesserit.
Die Schlußschrift , der noch vier Seiten Errores emendati
folgen, lautet:
Excudebat Papiae. Joan. Maria Simoneta Cremonen.
In Canonica Sancti Petri in Ccelo Aureo. Sum-
ptibus et Typis, Autoris libri. Anno ä Vir-
ginis Partu. 1539. Kai'. Martij.
Ich denke , es war der Mühe wert durch diese Auszüge dies
sprachwissenschaftliche Werk von 1539 bekannter zu machen, als
es bisher gewesen ist.
Anhangsweise hebe ich noch ein paar Einzelheiten aus dem
Werke aus:
1. Die römische Jesusmünze mit hebräischer Umschrift.
Vor wenigen Jahren berichteten unsere Tageszeitungen, daß
in der Pariser Societe des Antiquaires eine Jesusmünze mit hebrä-
ischer Umschrift große Aufmerksamkeit erregt habe. Die Leipziger
Illustrierte Zeitung brachte eine Abbildung. Niemand erinnerte
sich damals, daß schon vor 20 Jahren F. D., d. h. Franz Delitzsch.
616 Nestle, Aus einem sprachwissenschaftlichen Werk von 1539.
in der Luthardt'schen Kirchenzeitung 1884, Nr. 8 , Sp. 175 — 177
unter dem Titel „Reformationsgeschichtliche Curiosa" als erstes
„die Jesusmünze " behandelt hatte, unter Verweisung auf Wagenseil,
Sota 1674. 4°, Saat auf Hoffnung V, 132. Delitzsch übersetzt den
Schluß : et homo ex homine factus vivit, und gibt folgende Lesung :
■"■)»* DT
■»n
Ein neues Zeugnis haben wir bei Albonesius , der Bl. 21 v
22 r erzählt:
Et anno praeterito in aere confiatam Servatoris nostri imaginem
ostendit mihi Matrona illa sanctissimae vitae , cuius nomen (ne
illam castissimasque eius aures offendam) silentio involvam , cum
Ferrariam pertransiret , navique Venetias profectura per Padum
veheret, in cuius altera numismatis parte literae conflatae seu per-
cussae videbantur, quarum sensus talis erat: Messias rex venit in
pace, Deus homo factus est, vel incarnatus est.
2. Das Wort missa sei hebräisch.
Bl. 14 r erzählt Albonesius, unter Leo X. seien verschiedene
syrische Geistliche, Diakonen und Subdiakonen nach Rom gekommen;
ihrem Priester sei erst gestattet worden feierlichen Gottesdienst zu
halten, nachdem iUbonesius von dem Kardinal des h. Kreuzes den
Auftrag erhalten ad verbum (quod dicitur) libellum missae chaldaicae
transferendi. In diesem Zusammenhang erklärt er das Wort missa
für hebräisch, indem er sagt:
Quorum Sacerdos cum divinam lyturgiam (quam Missam
hebraico nomine appellamus) celebrare sacraque deo offerre munera
intenderet, nee prius illi permissum u. s. w.
Wer hat diese Deutung aufgebracht '?
Ich finde sie zur gleichen Zeit in Guilielmi Postelli Baren.
Doleriensis de Originibus seu de Hebraicae linguae et gentis anti-
quitate deque variarum linguarum affinitate, Liber. (Parisiis 1538).
Dasselbe enthält — die Blätter sind nicht gezählt — einen
Abschnitt Voces Latinis Gallis et Hebraeis et quandoque Graecis
communes , ut se promiscue offerunt. Derselbe nennt an dritter
Stelle nach n'l^y a 1 m a quo ütulo ob insignem integritatem beatam
virginem donamus und fnso siffra, chiffre, nc": missa oblatio non
a mittendo ut vulgo dieunt.
617
The Prototype of the Magnificat.1
By
Paul Haupt.
My soul doth magnify the Lord, Magnificat anima mea
Dominum, is the beginning of the hyrnn in Luke 1, 46 — 55. The
Magnificat was used in the daily Service of the Church as early
as 550 a.d. It was at first omitted from the American Prayer-
book, but was restored in 1886. Harnack has shown in the Pro-
ceedings of the Royal Academy of Berlin (1900) that the Magnificat
is not the canticum beatae Marias2 cirginis but the song of
Elisabeth, the wife of Zacharias and mother of John the Baptist.
His paper is entitled Das Magnificat der Elisabeth. The same
opinion was expressed in 1897, in the Revue d'histoire et de
litterature religieuse, by Jacobe, which is probably a pseudonym
for Alfred Loisy,3 the noted Biblical critic of the Sorbonne, for-
merly Professor at the Institut catholique, Paris, whose petit Uwe
on the Gospel and the Church4 has attracted so much attention
in France. Loisy's L'evangile et Veglise (Paris, 1900) is directed
against Harnack s Wesen des Christenthums (Leipzig, 1900).
St. Jerome said (about 389 a.d.) in his translation of Origen's seventh
homily on St. Luke : non enim ignoramus quod secundura alios
codices et haec verba Elisabeth vaticinetur/-' The Magnificat of
Elisabeth is the pendant to the hyrnn in Luke 1, 63 — 79, com-
monly known as the Benedictus of Zacharias." Both must be
regarded as Greek" versions of Maccabean psalms,^ inserted by
the author (about 100 a. d.) of the Third Gospel, not as his own
poetic compositions, as Harnack supposes.1' The Magnificat is very
similar to the Old Testament psalm, commonly known as the Song
of Hannah, which we find in 1 S 2, 1 — 10. This prototype of the
Magnificat represents one of the latest additions to the Books of
Samuel, just as the late post-Exilic liturgical hyrnn for the Passover,
which appears in Ex. 15 as Moses' Song of Triumph, seems to have
been inserted long after the completion of the Pentateuch.10
Thenius'11 theory (adopted by Böttcher) that the Song of
Hannah is a psalm of David, celebrating bis victory over Goliath
Bd. LVIII. •]<>
(}1(S Haupt, The Frutohjpe of the Magna ficat.
and the defeal of the Fhilistines (1 S 17, 52) is untenable, and
Keil's12 opinion, that the poem may have been recited by Hannah,
is impossible. Even so conservative a critic as Canon Driver13
adrnits that the Song of Hannah in style and tone bears the marks
of a later age. Nor do the thoughts appear as the natural ex-
pression of one in Hannah's position;18 the poem is manifestly
incongruous to the Situation it is supposed to illustrate. The tone
of the Song of Hannah (as well as of the Magnificat and the
Benedictus) is national (so Hensler, 1795) rather than individual.
I believe. with Seilin,14 that the Song of Hannah refers to King
Jehoiachin of Jndah, who was carried captive by Kebuchadnezzar
(597 b. c.) to Babylon where he remained in confinement until
Nebuchadnezzar's son and successor, Evil-Merodach of Babylon,
lifted up the head of Jehoiachin out of prison (562 b. c.) in the
37th year of his captivity, spake kindly to him, and set bis throne
above the throne of the kings that were with him in Babylon.
He changed his prison garments and he did eat bread continually
before him all the days of his life.15 According to %* v. 3 of
the Song of Hannah is directed against Nebuchadnezzar and all
the nations that will rule over Israel.
It is a mistake to suppose that the last line of the poem is
a subsecpient liturgical addition, although this view is advocated by
Bickell,1'' Klostermann.17 Kuenen,18 Cheyne,19 Löhr,20 K. J. Grimm.-1
and recently by Gunkel 22 in his Selected Psalms. The final couplet,
The Highest in Heaven destroys them, He judges the ends of the earth,
Imparting strength to His King, exalting the horii39 of His Anointed,
refers to Jehoiachin who was regarded as the legitimate king even
in his exile. On the other band the third line of v. S,
For Jhvh's are the pillars of the earth, He has set the world lipon them,
which is omitted in (f), must be eliminated as a gloss which destroys
the symmetry of the poem. This excision is favored by Well-
hausen,28 H. P. Smith,24 and Nowack,25 while Driver (following
* Note the following abbreviations — !^ = Aquila; — AJSL = American
Journal of Semitic Languages and Literatures, continuing Hebraica (Chi-
cago);— alt. — a.s an alternative; — AoF = Altorientalische Forschungen; —
ASKT = Ahhadische und Sumerische Keilschrifttexte; — AT = Altes Testa-
ment;— AV = Authorized Version; — (£ = Ethiopic Bible; — © = Greek Bible,
(f)A = Codex Alexandrinus, ©L = Lucianic Recension, (öv = Codex Vaticanus; —
3 0". e. Jerome) = Vulgate ; — JAOS = Journal of the American Oriental
Society; — JBL = Journal of Biblical Literatur e ; — JHUC = Johns Hophins
University Circulars; — K = Kings; — KB = Keilinschriftliche Bibliothek; —
1. = line, 11. = lines; — ilt = Masoretic text; — MSS = Manuscripts; — n. = note,
nn. = notes; NT = New Testament, OT = Old Testament; — RV == Revised
Version ; - S = Samuel ; — S = Peshita;— H= Symmachus;— SBOT ±= The Sacred
Boolcs of the Old Testament; — © = Targum (ed. Lag.); — v. =verse, w. =
verses;— ZK = Zeitschrift für Keilschriftforschung; — ZNT = Zeitschrift für
die neutestamentliche Wissenschaft; — 1° = first occurrence, 2° = second oc-
currenee; x = first edition, 2 = second edition, &c.
Haupt, The Prototype of the Magnificat. 6X9
Ewald)-0 would remove v. 2, and H. P. Smith-4 and Budde-7 are
inclined to cancel v. 9C: His own strength availeih to no one.
This psalmus extra canonem consists of two sections: vv. 1 — 5
and 6 — 10; each section comprises four couplets, and each couplet con-
tains two double-hemisticbs33 with 3+3 beats. The two lines of v. 3.
The bow of the mighty is shattered, the weak are girded with streDgth;
So much in haughtiness talk not, nought arrogant come from your mouth!
must be transposed. The four couplets of each section may be
grouped in two stanzas; cf. my metrical reconstruction of Moses'
Song of Triumph in AJSL 20, 155 (April, 1904).
In J. D. Michaelis'28 translation the text is printed in lines,
but there is no strophic division, just as in Swete's (Ü), the Revised
Version, Budde's edition (SBOT) of the Heb. text, Sievers' Text-
proben (1901) p. 421, and Nowack's commentary.25 Augusti and
De Wette20 have a blank line before v. 4, while Palm30 leaves a
blank line before v. 9 (he prints 12-irrbN as a separate line). Ernst
Meier01 assumed six stanzas. of 12 lines each, the hemistichs beinsf
broken up into two lines. Ley32 printed this psalm correctly in
double-hemistichs33 but made no attempt at strophic division or
emendation of the received text; nor has he given a metrical anal-
ysis of the poem in his Grundzüge or in his Leztfaden.:i-
Ewald26 arranged the song in four stanzas, each stanza cönsistino-
of 8 hemistichs (1: vv. 1-3; 2: 4-6; 3: 7.8; 4: 9.10); he
omitted v. 2 but retained the thircl D"Oüu33 of both vv. 8 and 10.
This arrangement was adopted by Driver,13 p. 22. Klostermann17
followed Bickell10 in dividing the text into eight stanzas of four
hemistichs, omitting v. 2b (so, too, Meier,31 while Bickell Cancers
v. 2a) and v. 10c, but retaining v. ^c ; Löhr20 states that he arrived
at the same conclusions independently. H. P. Smith24 marks off
four stanzas, like Ewald,-0 but his division, which is endorsed in
Budde's commentary,27 is different, viz. 1: vv. 1. 2 (7 hemistichs) —
*2 : vv. 3 — 5 (4 + 6 hemistichs, with a blank line before v. 4) —
3: vv. 6 — 8 (4 + 4 hemistichs, with a blank line before v. 8 and
excision of the last two hemistichs of v. 8) — -4: vv. 9. 10 (7 hemi-
stichs, with excision of the third hemistich of v. 9). According to
Budde's commentary the arrangement of the text in stanzas with
four hemistichs is untenable; he believes that v. 3 begins a new
section, 3b giving the reason for 3a; also v. 4 is according to
Budde the beginning of a fresh paragraph and cannot be separated
from v. 5. In Keuss' AT 1, 175 34 the translation is given in eight
unequal stanzas, viz. 1 : v. 1 (4 hemistichs) — 2 : v. 2 (3 hem.) —
B: v. 3 (4 hem.) — 4: vv. 4. 5 (6 hem.) — 5: vv. 6. 7 (4 hem.) —
(i: v. 8 (6 hem.)— 7: v. 9 (3 hem.)— 8: v. 10 (5 hem.). In Kautzsch's
TextbibeliB we find six unequal stanzas: viz. 1: v. 1 (4 hem.) —
2: v. 2 (2 hem.) — 3: v. 3 (4 hem.) — 4: vv. 4. 5 (6 hem.) — 5:
vv. 6—8 (10 hem.) — 6: v. 9. 10 (8 hem.). Neithef Reuss nor
Kautzsch eliminate any hemistich or double-hemistich.
620
Haupt, The Prototype of the Magnificat.
V. Zapletal, in bis recent publication entitled Alitestament-
liches,:iG issued about tbe end of last year. arranges tbe Song of
Hannah in six Couplets and six Single lines : each couplet is followed
by an isolated Single line. He adopts my arrangement in double -
hemistichs,33 but bis metrical reconstruction is impossible. Gunkel'2-
divides tbe poem into six unecpial stanzas, viz. 1 : v. 1 (4 bem.) —
2: vv. 2. 3 (6 bem.)— 3: vv. 4. 5 (6 bem.)— 4: vv. 6—8 (10 bem.)
—5: vv. 9. 10a (6 bem.)— 6: v. 10b (2 bem.). He considers v. 1
to be introductory and believes tbat tbe last two bemisticbs of
tbe poem may represent a subsecpient liturgical appendix.
N. Schlögl1'- divides tbe poem into four stanzas, each consisting
of four lines witb 3 + 3 beats. Tbe last line is according to
Scblögl a subsecpient (Messianic) appendix; it was not sung by
Hannab, like tbe preceding lines, but added by tbe Compiler of tbe
book at a time wben David bad been elected by God to be King
of the Chosen People and ancestor of the Messiah ; the words refer
not only to David, the prototype of Christ, but to our Savior Himself.
All these strophic divisions are unsatisfactory. As to the
traditional stichic arrangement in the Hebrew text, it is very bad,
much worse than it is in the Song of the Sea (see AJSL 20, 154).
For instance, in v. 1 the blank space should be before n»^, not
after it; in the same way there should be a blank space after
"O-nN, not before it; the scribe evidently did not like to leave a
blank space at the beginning and at the end of the line; he also
disregarded the blank space in the middle of the line; cf. vv. 2.
3b. 5. 6. 8ac. 9C. Ginsburg37 has no stichic arrangement, just as
the text is printed in prose in Lagarde's (&L, but Beer states on
p. 93 of bis edition, Gralia Hannae in codd. scriptum est in
forma cantici, ut Exod. 15.
I subjoin a metrical reconstruction of the Hebrew text and
a metrical English rendering,35 followed by some critical and ex-
planatory notes.
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Haupt, The Protot ype of the Magnificat. 621
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r-'zi 3a ((3) -r'-z 'W --s-'D 2b (a)
s-s 9 (d) Vir Hrrfe» rr- -s »p»j npH Sc (y)
The Song of Hannah.
(1 S 2, 1—10)
1 Through Jhvh my heart exults, 'my God' exalts my hörn;3"
I shout wide-mouthed over enemies,40 I joy in Thine assistance.
2 No deity is there like Jhvh/* no Rock like our own God;
3b A God omniscient is Jhvh, 'by Hirn' (our) deeds are weighed.
3a So much in haughtiness/' talk not, nought' arrogant come from your mouth;
4 The bow's of' the mighty are shattered, the weak are girded with strength.
5 The rieh are drudges41 for bread, the hungry cease 'from their labor',
The harren woman bears seveu, the fruitful mother withers.
6 Jhvh makes dead and alive,*2 He sends to Hades and back agaiu;1-
7 Jhvh makes poor and makes rieh, abases and sets men on high.
8 From dust He raises the lowly, from rubbish43 He lifts up the needy.
And makes him sit among nobles, and glorious thrones he inherits. ()
9 He watches the feet of His faithful,44 the wicked are silenced in darkness;
His own strength availeth to no one,^ it is Jhvh who shatters his foeY.
10 'TheHighest' inHeaven'destroys' them, 'He' judges the ends of the earth,(;)
Imparting strength to His King,45 exalting the hörn39 of His Anointed4
(cc) 2b there is no 'God' beside Thee (ß) 3a haughtiness
(y) 8c For Jhvh's are the pillars of the earth, Ho has set the world lipon them
(d) 9 man
ß22 Haupt, The Protot>ipe of the Magnificat.
Critieal Notes on the Hebrew Text.
V. 1.— For M rrffrä 2° (omitted in jj) at the end of the
second hemistich read VibNS, following (§ iv &eg> (iov, 3 in Deo
meo, and several Heb. MSS (so Wellhausen, Klostermann, Driver,
Kautzsch, Löhr, Oort, Budde,'-7 Nowack, Zapletal, Gunkel, Schlögl1-).
The rhythm of the first hemistich of the second line is im-
proved by transposing Ül t, following (öv inlarvvd"rj in ix&Qovg
f.iov tu Grofia fxov (but (ßAL inXarvv&r) xb (Trofi« fxov in iffiQOvg
(.iov). This transposition is adopted by Wellhausen and Nowack;
contrast Löhr, Budde, and Zapletal. Z. reads ■^■nN-b» y srn,
with recessive accent, but this is not rhythmical. The first syllable
of a line should, as a rule, not be accented.
For the recessive accent in 13 "^"ON instead of ">D ^"HN, cf. "HTN
b^fi (v. 4b) and fi* "jn^-i (and pp O'Tn) in the last line of the poem,
also yiN ipSEtt in the gloss v. 8C; see Gesenius-Kautzsch, § 29, e;
cf. also irr intha and ^Ti TDNrn in ip 2, 2. 12.
Üt iS at the beginning of the last hemistich of v. 1 should
be transposed and prefixed to the beginning of the first hemistich
of v. 2 (so <öv); cf Norbert Peters,33 p. 191 and Schlögl,12 p. 8;
contrast Klostermann.
Ül brn3>TaJ",5 has two beats; cf my remarks on the Song of
Lamech, AJSL 20, 164.
Y. 2.— For M Onp see my note on Ex. 15, 11 (AJSL 20, 161).
iH '■rnba "pN "O (3 neque enim alius est extra te) is a gloss
(or variant*) to the first hemistich; so Meier, Klostermann, Löhr,
N. Peters, Oort, Sievers, Budde, Nowack, Zapletal, Gunkel, Schlögl.
Before JH ^nba (j§ oj.i»t ^) we must insert ujnp (following
(§ ovk i'ßriv ayiog nl^v üov, which appears in (Ü) as third hemi-
stich) or, with Budde (SBOT): btf (cf. 2 S 22, 32). N. Peters
suggests b"'3. H. P. Smith's readings (following (5)) P"1*^ "pN~0
ir-'in^ND for there is none righteous like our God and "-nss "pso
"rnbs and there is no rock beside tliee (Bickell, Unser Gott nur
Fels ist, Heilig nur Jehova) are not good. N. Peters thinks that
j$t mit is a corruption of the abbreviation '-J2£ = p^llt (contrast
Löhr and Nowack). Budde, on the other hand, remarks that (5
öiucuog is derived from "ist miswritten for ^S. N. Peters reads:
■:-— rN3 p-1"^ "pN"i !Tli"P5 WTp ya "O; also Zapletal and Schlögl
read p^ni: instead of Ül liS.
V. 3. — I have stated in my paper on Moses' Song of Triumph
(AJSL 20, 169) that the two D",buJ73 of v. 3 must be transposed:
3b and 2 go together, while 3a beloncrs to v. 4.
* Cf. Grit. Notes on Kings (SBOT) p. 213, 1. 48.
t For this interchange between the second and third persons cf. my
remarks on the last line of the Song of the Sea, AJSL 20, 163.
Haupt, The Prototype of the Magnificat, ('23
For the intensive plural mr~ {cf. AJSL 20, 160, ad Ex. 15. 5
and JAOS 22, 10) we must not, with Grätz, Substitute the singular
D3n. (Öv &sbg yvcoöecog, but (&A yvnßeav.
For the Kethlb Nb we must Substitute the Qere "lb ; the Kethlb
may be an intentional pessimistic alteration ; cf. Eccl. 9. 2. 11. 12;
S, 14. 10; 7, 15—18 and Crit. Notes on Kings (SBOT) p. 216,
1. 13: see also my remarks on the reading D173 mn; instead of
~iV2f ilü on p. 247 of rny paper on Ecclesiastes in Oriental
Studies (Boston, 1894). According to Klostermann and N. Peters
the Qere lb is secondary.
It is not necessary to read: (Oort, rmbby) mbbr ":r bfcp,
following (5 kccI &ebg itoiuci^ov ((E .Pfl'T't^yV .") imrndevfiata
error ((5A avrCov) ; so Siegfried-Stade. Kautzsch, Löhr, H. P. Srnitb,
K Peters, Nowack, Schlögl. Budde is inclined to think that the
original text was (iribby or) mbb3> pn irnbNi ; this is adopted
by Zapletal. Klostermann's reading niZ5p"mbb3> "::r"N': (which is
supposed to mean: Thaten des Bogens geben keinen Ausschlag)
spoils the metei". Palm's rendering Nicht können halten sich die
frevlen Thaten! and Reuss' translation Und Frevel bleiben nicht
ungestraft (lit. werden nicht ausgeglichen) are untenable. <S JJo
w.O)Q**otJ3 JkAJ, ^jJÖL; -X n^i rrnn -"rrnma» bD bn; 2, kuI ovk
etat, tiuq avzCo TiQOcpaGuq.
Ül 1--'zi 2° (omitted in (5V) must be canceled (but not "D-nn,
H. P. Smith; or T-n*in, Sievers, alt). Klostermann's FiTDa JTTüa
(Ex. 32, 18) is impossible. Ewald, Redet nicht viel stolzes, stolzes-,
Kautzsch (following Wellhausen) Sagt nicht immer: Hoch hinaas!
/loch hinaus! (aecusative of direction). The repetition of rtnz:.
is not intentional (Driver) ; it is simply due to dittography (Löhr,
Budde, Nowack, Zapletal, Schlögl) ; contrast the empbatic repetition
of p Nb in i// 1 4; see my remarks in AJSL 19, 131. j$ has
simply Jfcoioi «E UfXjHr.') but & piai pnzM.
ill bN should be repeated before Ni:i (so, correctly, Ley,
p. 172, n. *); cf. n. 23 to my paper on ^ 1 in AJSL 19, 138.
d> has jttrj i'^el&dro}, (E (1)A.,K9A .', 5 JDQSiJ JJo, % 'ppS"1 «b.
JJt CD'E/j prr cs:o cannot mean'iViw Schein geht ans von
eurem Mund! (Palm). £ renders: ■paiT«:» ((£ öi\,.R '. HL] '.).
In Assyrian the stein pn3> means not only £o progress but also
/<< tninsgress. 2, c.voiua; ,A, f.iirao6ig (cf. f.ierc(Qaiog = proud,
haughty).
V. 4. — Insertion of *o at the beginning of this verse im-
proves the rhythm and is necessary it we transpose the two z~'~-c"
of the preceding verse.
t Heb. ~N" was pronounced Tlö; see Crit. Notes on Kings (SBOT)
p. 282, 1. 4.
624 Haupt, The Prutot>/pe of the Magnificat.
iH rrn D^äa ntöp cannot mean Bogen-helden sind bestürzt
(Ewald. Keil) or Die Helden mit dem Bogen sind verzagt (Palm).
We must read, with Grätz, nnop for Ül nsjp , and nnn or mnn
(not nnn, H. P. Smith, Oort, Zapletal ; or mn, Klostermann) for
M D^nn, following £ ^pLfco jv^-v^ j }Lh.m.ß, % Mia-ui nnrop
■p^ärT1 "OTP* (ARV. TAe &oiüs of the mighty men are broken);
contrast Driver, Löhr. Budde, Nowack. Schlögl reads: QTiiBp
inn Dtiäii the powerful archers (Gen. 21, 20) were discouraged
(Schlögl refers to Is. 21, 17; 22, 3; 37, 27; Jer. 46, 5); but this
is impossible. We can hardly believe that 05 roijov övvarcav Vjö&e-
vr]6£v read nnn (i. e. nnn); Tiß&ivrjßsv cannot be transitive (aa&evioi
for &6&sv6g>) although <E renders (DÄ^Yld0 ." ^h't '. ^.P
A"? .' • This would be in Ass\Trian : qasta quräde unnis. Heb.
nnn ü^aa nhöp would be: qasäti (cf. daläti = Heb. nhbn)
quräde isbir (.^S, cf. +S = ^iPl) or uparrtr (cf. i\) ; cf.
Hos. 2, 20 and the Esarhaddon Prism B, col. 1, 1. 23 (see AJSL 4,
148, 1. 23; KB 2, 142, and my translation in Drugulin's Mark-
steine (Leipzig, 1902) p. 63. In Assyrian the reflexive of the
intensive stem, ütamiis, or (with jüLcl) ntennis is both transitive
and intransitive; cf. Gesenius-Kautzsch, § 52, k. d) ijad-sv)}6£v
v. 4 might be due to the r^&sv^ßev at the end of v. 5: in v. 10,
however, (ß uses not uo&evovv, but aa&evi] moisiv.
For the recessive accent in DTt tun see above, on -s 'ms
(v. lc).
T. 5. — H. P. Smith's nDn instead of iH nDt: (£ OV^jL/)
is gratuitous. Nor can we accept his conjecture r~iN lUi^"1 for
iH "r ib"in. The first two hemistichs of v. 5 are mistranslated
in (Ö nhjqeig agrcov i)lcara)&)]6av %al v.o%-£vovvx£g nccQrjxuv yr\v.
£ has for iH iy ibnn nrar-n: — oilo/ JaSDOO ^e hungry have
plenty.
According to Driver, iH "" means even (Kautzsch, ja).
N. Peters suggests n'r again; cf. iH -;" for 13> Job 1, 18 and
Crit. Notes on Kings (SBÖT) p. 223, 1. 43. iH 13> was connected
with the preceding ibin as early as 1777 by J. D. Michaelis who
rendered: Und die Hungrigen feyren (= feiern) auf immer.
Zapletal's reading 13>b is no improvement. We must read ihz'
instead of "', following Reifmann, Klostermann, Budde, Löhr. Oort,
Nowack, Gunkel, Schlögl. Driver mentions Reifmann's emendation,
but does not adopt it (contrast Budde's statement in his commen-
tary). Grätz retains iH "', but inserts -ihr before it; cf. my
remarks on the emendation of 2 K 19. 27 in Crit. Notes on Kings
(SBOT) p. 282, 1. 1.
That is, Antiochus Epiphaues and his successors.
Haupt, The Prototype of the Magnificat. 15^0
The second biüM of v. 5 seems to be based on Jer. 15, 9
(Budde) just as we find in (§ before the last two double-hemistichs
of v. 10 an illustrative quotation (cf. AJSL 20, 163, 1. 1) of six
hemistichs borrowed from Jer. 9, 23.
j§ t^^».CDO L\. j' VQN.Q misunderstands the numeral n3>11B.
itt nbb"N does not mean mourns = iibSN (so Bickell, Sieg-
fried-Stade, Löhr, Budde, Nowack, Zapletal) or bleibt verlassen
(Reuss, «S N..J,) but ivithers (so J. D. Michaelis, Ewald, Keil.
Klostermann, Kautzsch, Gesenius - Buhl). AV toaxed feeble; RV
lancjuisheth (so Brown-Driver-Briggs) ; Augusti and de Wette, er-
mattet; Gunkel, verzweifelt; (E, correctly, fl/^J"^ \ (DA.r? ••
V. 6. — We need not read "b^T (Budde) instead of iH br*\
T. 7. — It is better, however, to read bjvvh (Budde, tö^tt)
instead of M «"Hin (cf. Crit. Notes on Kings, SBOT, p. 259, 1. 29)
unless we prefer to explain ilTTVE as an analogical formation.
Instead of ül qx we may read, with Zapletal, following
V. 8. — In the same way we may read DBlöNWi instead of
M n"DO«n, following ®&S (J^jQjO äo); so H. P. Smith, Budde,
and several Heb. MSS.
But we need not read arroirib, with Schlögl, instead of
iE rriaiüb, following & pnmnnwb, «S oiLo^Laxk.; or By-^nMKP
(so Grätz, H. P. Smith, Budde, Zapletal) or D"W" 'Sna-Dy, following
CÖV jttcTa (Jvi/aöTcai-' Akcov (0L Aaoi;) instead of ilt D"Q"H; Cr, 5
fcyioh )Q^; or (with Winckler, AoF 2, 240) "tid ((£ (DJPCDC
Jx,.'Ö^"5n4.'^l,flCl) instead of M mm in the fourth
hemistich. Zapletal is inclined to read the plural D^V^D. Cf.
my remarks in AJSL 20, 171, 1. 18.
For the recessive accent in yiN ipSSM (Ewald,26 p. 159, n. 1:
Gründe) in the gloss v. 8C, which belorigs to v. 10, see the note
on -s ia*HN (v. 1).
Sievers' reading 'alem or "wby for Ül Errby is gratuitous;
cf. AJSL 20, 163, 1. 5. B renders this double -heinistich : \J^
\>~2>L „$oAx )qqdo -.j^ij? c^-jaioa^ J-V»; cf. my paper on
the beginning of the Babylonian Nimrod epic, JAOS 22, 1(|.
(S omits the last two hemistichs of v. 8 and the firsl two
hemistichs of v. 9, inserting between the fourth hemistich of v. 8
and the third hemistich of v. 9 (which is really the first hemistich
of v. 10): dtdovg sv/yv tw £v%o[iivco, r.cu evkoy)jOsi> er>j dw.uiov =
^pn"1 D^IS m3tt)i T"H: Tibb ")n: . According to Wellhausen,
Driver, Löhr, H. P. Smith, Budde, this Variation represent-- an
attempt to accomodate the Song more closely to Haimah's position;
626 Haupt, The Prototijpe of the Magnificat.
but it is probably an illustrative quotation (AJSL 20, 163, 1. 1)
whieh crept into the text from the margin, just as the illustrative
quotation (Jer. i). 22. 23) inserted in (Ü) before the last two D.ibtÜ73
of the poem. According to Klostermann and Nowack the lines
were perhaps inserted to fill up an illegible passage ; cf. Crit. Notes
on Isaiah (SBOT) p. 84, 1. 34; p. 152, 1. 3, and the English trans-
lation of Isaiah (in the Polychrome Bible) p. 209, 1. 35 ; also Crit.
Notes on Kings (SBOT) p. 178, 1. 22.
Zapletal inserts this illustrative quotation in his reconstrueted
text.
Y. 9. — The last hemistich of v. 9 niust be combined with the
rirst hemistich of v. 10 (so, correctly, Klostermann, Kautzsch, Nowack,
Zapletal, Gunkel. The pico rpo of v. 9 should be after rm?:.
Ley3- p. 173 airanged v. 10 in five hemistichs.
It is not necessary to read, with Schlögl, inbs, following J
in fortitudine sua, instead of iH nbs.
iH w'N after "lSS"1 is a gloss; cf. my reading of Cant. 8, 7
in AJSL 19, 22. For the impersonal construetion see Crit. Notes
on Kings (SBOT) p. 289, 1. 20.
V. 10. — iH "O at the beginning of this verse does not mean
surely, as Zapletal states.
The suffix in iH t^lft refers , not to irtf-p , but to the man
who boasts of his own strength; therefore TziTr cannot be casus
pendens, but we must read in"|bi73 nrr rtlfP , following Thenius,
Wellhausen , Klostermann , H. P. Smith , Nowack , Schlögl ; contrast
Driver, Löhr, Budde, Zapletal, Gunkel. Oort reads nTP (from
mn = nnn).
The Qere vniTJ is preferable to the Kethlb irn^E (Kloster-
mann, Gunkel: i5',ta|72, following (Ö Kvoiog ccGd-evrj 7toii]6ei rbv
i.vxiär/.ov uvxov); cf. the plural suffix in D3f""P in the following
hemistich and % n^zvb NtBNSNb v?:^pT N^- ib^3 -nni trm.
On the other hand, (£ read at the end of the fourth hemistich
instead of (5 vxixay.h\oo vo i.uov uvxoig (= iH ubn:-) the singular
Before the last two double-hemistichs of the poem 0) inserts
(cf. N. Peters, p. 18) an illustrative quotation derived from the
Heb. text of Jer. 9, 22. 23. Driver compares the addition in (!)
ty 14, 3 = Rom. 3, 13 — 18. In the present passage the translator
used (poovtf-wg instead of Oocpog (Jer.) and övvccxog instead of
ioyvoög (Jer.). (ßL, however, reads ßoepög for <po6vi[iog and i6%vo6g
for Svvaxog in the present passage. The phrase xeä yivcoaxeiv ort
iycö sii.ii Kvoiog 6 tcoi&v sleog vxci kq£(jlcc in Jer. appears in
the present passage as xal yipcoöaeiv xbv Kvqiov, xal noiüv xotfiu,
adapted to the context of the Song of Hannah. For the same
reason the conclusion in Jer. 9, 23, ort ev xovxoig to &ilt]fA.d (iov,
Xiysi Kvoiog is omitted. This conclusion, however, seems to be
a subsequent addition in Jer.
Haupt, The Frototype of -the Magnificat. Ii2(
The Heb. text of Jer. 9. 22. 23 is composed in a different
meter : the lines have not 3 + 3 beats, as in the Song of Hannah,
but 2 -j- 2. The text should be arranged as follows :
innsrQ Dan "-r1 ij*
bbnnttn ':':--' nsp DN'^D
rrrv -:n-= P»tI*i bärän
«rws.
— ■ -s: -rssn nVss-: d)yn« (?) "™ (ft nw i&w r= («)
These two triplets were not composed by Jeremiah, c/! Duhm ad
loc. and contrast Cornill (SBOT) p. 26. Cf. also my nietrical
reconstruction of the triplets in Jer. 17, 5 — 8, AJSL 19, 133.
(5 KvQiog ir/iog, which precedes this illustrative quotation in
the Septuagintal version of the Song of Hannah, is an explanatory
gloss to KvQiog in the preeeding hemistich, calling attention to
the fact that KvQiog refers to Jhvh, not to the King; cf. ty 110. 5
where Kvoiog C^in) refers not to Jhvh but to Zerubbabel; see
JHÜC, No. 114 (July, 1894) p. 110b. (£ adds after y-s -»OB«:
7\fl^>:Xr^^:ar7\'t: = Sin p-ns -O. Seyeral (ö MSS
read ör/xuog cov.
For M lbs (Qere TO?) read, with Thenius, Fürst,* Budde,
Nowack, Zapletal, Gunkel , Schlögl, Y"1^*' (not -c~'~y . Grätz, fol-
lowing 3 super ipsos, B >£0*A.\. Ü ""--:;■ ) and z"-~ (cf. ip "2. 9)
for Üt ür"-r (Reuss, er verdonnere sie vom Himmel her!) following
Budde, Nowack, Zapletal, Schlögl. Klostermann retains üt D"~r,
{% EppE)"1 D"i bpa N""w y: y~"br) but reads rr.v (following 0*) uvißrf)
instead of £Ü ibr ; c/! Lagarde, Semitica (Göttingen, 1878) p. <s.
For Üt r~rr~ at the beginning of the following heinist ich
read Rim ((£ (I)(lF/\rfr !) following © ccvxog (so, correctly,
Klostermann). Bnt we must not. with Sievers, read: ■•:-".xt
y-N *~cn; the pronoun N*- is not proclitic, but nc-:N is un-
accented, as in ty 2, 8: y-N— ccn ^n-Tnsi; cf. my remarks in
in AJSL '20. L64, n. 2; and for the Omission of mrv see /A/'/..
p. 160, ad v. 3.
* Cf. Perles, Analekten, p. 29.
628 Haupt, The Prototype of the Magnificat.
(5 Tolg ßaodevaiv fifiäv (d A?7 ^^i '.) = la^Dbn in-
stead of Ül iDbab (5 r^n\v\ . £ FrlDbwb) is by no means ganz
ungehörig (Klostermann). Heb. wdon may mean #/^ #rm£ hing;
cf. the remark on ni;'~ (v. 3).
The rhythm is improved by reading O'vn for iH D'yn (Grätz,
O"1"")"1")); but these jussives are mere 'rhythmical jussives'; cf Orit.
Kotes on Proverbs (SBOT) p. 53, 1. 7, and contrast Budde's com-
mentary on the present passage.
KOTES.
(1) Read at the meeting of the American Oriental Society in
Washington, April, 1904.
(2) For the etymology of the name Mary see AJSL 20,
152, n. *
(3) See H. Köstlin's article in Herzog -Hauck's Bealencyclo-
pädie für protestantische Theologie und Kirche, third edition
vol. 12 (Leipzig, 1903) p. 71; cf. the Addenda, ibid. p. 819 and
his paper in ZNT (Giessen, 1902) p. 139 ff.
(4) German translation by Job. Griere-Becker (Munich, 1904).
Cf. Loisy's Autour dyun petit livre.
(5) The original reading in Luke 1, 46 was neither xcä slnev
MccQiccfi, nor %al üitsv Ehßccßsr, but simply xal eljtev , just as
®v has in 1 S 2, 1 ((£ (D^fL!) for M inam *sn bbsnm
((ÖA + kccI TtQoai^aro). Cf. Grit. Notes on Kings (SBOT) p. 72,
1. 42.
(6) The iiuiöiov in Luke 1, 76 originally referred to Israel ;
vv. 76 — 79 is not a Christian addition to an original Jewish
Messianic song; ncuöiov may be an editorial adaptation for %alg
= "23"; see the following note.
(7) Some Maccabean psalms may have been originally com-
posed in Greek; cf. my remarks on ty 45 in AJSL 19, p. 136,
n. 11, last paragraph and JHUC, Ko. 163 (June, 1903) p. 54a.
(8) Job Ludolf printed the Song of Hannah in his edition
of the Ethiopic Psalter (Frankfort-on-the-Main, 1701) p. 325, pre-
ceded by Moses' Song of Triumph (Ex. 15) and the Song of Moses
(Deut. 32).
(9) See Professor Irving F. Wood's paper, Tijg öovh]g in the
Magnificat, Luke 1,48, in JBL 21 (1902) 48—50. 7% Sovhjg
avxov is an editorial adaptation of an original xov öovkov avxov
= "nrsy, or x&v öovkav avxov, i. e. Israel; cf. ip 136, 22. The
Magnificat must be divided into 2 sections: vv. 47 — 50 and
51 — 55; each section comprises two Couplets: 46 — 88; 49. 50;
51 — 53; 54. 55; each couplet consists of two double - hemistichs.
(10) See my paper on Moses' Song of Triumph in AJSL
20, 154.
Haupt, The Prototype of the Magnifieat. 629
(11) Otto Thenius, Die Bücher Samuels (Leipzig, 1842):
second edition, 1864.
(12) C. F. Keil, Die Bücher Samuels, second edition (Leipzig,
1875). The same view is expressed by Dr. Nivard SchlÖgl, Die
Bücher Samuels (Vienna, 1904) p. 11, in the new Catholic com-
mentary on OT, edited by Professor Bernhard Schäfer, of Vienna.
(13) S. R. Driver, Notes on the Heb. Text of the Boohs of
Samuel (Oxford, 1890) p. 21 ; cf. bis Introduction to the Literature
of the OT~> (New York, 1898) p. 174.
(14) See my paper cited above, in n. 10, p. 167, n. 29.
(15) See Critical Notes on Kings (SBOT) p. 305, 1. 50.
(16) Gustav Bickell, Dichtungen der Hebräer (Innsbruck,
1882) 1, 33.
(1 7) August Klostermann , Die Bücher Samuelis und der
Könige (Nördlingen, 1887) p. 5.
(18) Abraham Kuenen , Die historischen Bücher des AT
(Leipzig, 1890) p. 48.
(19) T. K. Cheyne, Ortgin of the Psalter (London, 1891) p. 57,
note e. In his Critica Biblica, part 3 (London, 1903) Cheyne
has no notes on 1 S 2, 1 — 10.
(20) Max Löhr, Die Bücher Samuels (Leipzig, 1898) p. 12
(third edition of Thenius' commentary); cf above, n. 11.
(21) K. J. Grimm, Euphemistic Liturgical Appendixes in the
OT (Baltimore, 1901) p. 3.
(22) Hermann Gunkel, Ausgewählte Psalmen (Göttingen, 1904)
p. 238. According to Gunkel the Song of Hannah is certainly
pre-Exilic (Ley considered it to be archaic). Similarly he believes
(p. 16) that i|; 2 was composed in the 7th cent. b. c. and (p. 95)
that ip 45 may refer to Jeroboam II (783 — 743 b. c); contrast
my notes on tyty 2 and 45 in my paper The Poetic Form of the
First Psalm, AJSL 19, pp. 134 — 136; see also the translation of
ip 2 in JHUC, No. 163, p. 91 and my remarks ibid., p. 54 a, above.
I believe that ip 2 was prefixed to the Psalter out of deference
to Queen Salma Alexandra under whose reign (76 — 67 b. c.) the
final redaction of the Psalter seems to have been concluded; cf.
Duhm, Die Psalmen (Freiburg i. B., 1899) p. xii. We know that
the Pharisees were well pleased with Salma Alexandra. Her first
husband was Aristobulus whose coronation as King of the Jews
(104 b. c.) is glorified in ty 2. The first psalm, it may be supposed,
is a subsequent Pharisean addition ; it may have been prefixed to
ip 2, which was originally the first psalm (Acts 13, 33*) in the
collection, at a later date (possibly after 100 A. d.) although it
was probably written about 153 b. c. It was originally not intended
as proem to the Psalter.
* Cf. Pauli de Lagarde Norac psalterü Graeci editionis specimen
(Göttingen, 1887) p. 16.
ßßO Haupt, The Prototype of the Magnificat.
(23) J. Wellhausen, Der Text der Bücher Samuelis (Göttingen,
1871).
(24) H. P. Smith, The Books of Samuel (New York, 1899).
(25) W. Nowack, Die Bücher Samuelis (Göttingen, 1902).
(26) H. Ewald, Die Dichter des Alten Bundes, part 1 , first
half, second edition (Göttingen, 1866) p. 158.
(27) K. Budde, Die Bücher Samuel (Tübingen, 1902).
(28) J. D. Michaelis, Deutsche Übersetzung des AT. mit An -
merkungen für Ungelehrte, part 5, second half (Göttingen, 1777).
(29) J. 0. W. Augusti und W. M. L. de Wette, Die Schriften
des AT, vol. 2 (Heidelberg, 1809).
(30) A. Palm, Alt- Hebräische Lieder (Zürich, 1881) p. 71.
(31) Ernst Meier, Die heilige Schrift des AT, part 1 (Stutt-
gart, 1850) p. 8.
(32) J. he j, Die metrischen Formen der hehr. Poesie (Leipzig,
1866) p. 172; cf his Grundzüge des Rhythmus, des Vers- und
Strophenbaues in der hebr. Poesie (Halle, 1875) and his Leitfaden
der Metrik der hebr. Poesie (Halle, 1887).
(33) See AJSL 20, p. 15, n. *; 19, 194, n. **; cf. A. E. Cowley
and Ad. Neubauer, The Original Hebrew of a Portion of Eccle-
siasticus (Oxford, 1897) p. xiii, 1. 6 and H. L. Strack's edition, Die
Sprüche Jesus\ des Sohnes Sirach' s (Leipzig, 1903) also Origen's
scholion od ijj 119, 1, quoted in Paul Vetters Metrik des Buches
Job (Freiburg i. B., 1897) p. 2, n. 1 (cf. ZAT 11, 214) and Norbert
Peters' Bücher Samuel (Freiburg i. B., 1899) p. 175.
(34) Ed. Reuss, Das AT, 1 (Braunschweig, 1892) p. 175.
(35) E. Kautzsch, Textbibel des Alten und Neuen Testaments
(Freiburg i. B., 1899).
(36) It is interesting to note that five of the twelve articles
in the book of the learned Dominican critic deal with subjeets
discussed about a year ago by myself and my students , e. g. the
Ephod (see JBL 21, 1—47; H. J. Elhorst, De Ephod in Theol,
Tijdschrift, 1904, pp. 158—177) ; David's Dirge (see JHÜC, No. 163,
pp. 53—57); Psalm 2 (see AJSL 19, 134; JHUC. No. 163, p. 90);
Isaiah's Parable of the Vineyard (see AJSL 19, 193—202); but
Zapletal's book contains no reference to my papers publisbed in
AJSL and JHUC. Zapletal has discovered a number of things
which I pointed out more than a year ago, e. g. 13 ip^i — kiss
the ground (see AJSL 19, 134) &c, but we must, of course, believe
that he arrived at his conclusions quite independently.
(37) Christian D. Ginsburg's Massoretico-Critical edition of the
Heb. Bible, published by the Trinitarian Bible Society, London 1894.
(38) The rhythm of my translation has been much improved
by the kind Cooperation of the distinghuished co-editor of the Poly-
chrome Bible, Horace Howard Furness.
(39) Lit., My hörn is exalted through my God, that is, I
triumph; cf. the bilingual text published in iny ASKT 81,22:
Haupt, The Protot //pe of the Magnificat. 631
ina berisunu hima rimi rabi qarnäsu ittandsi (Sumer. murubä-
bi-a am-gal-gim a-bi mi-nin-il-ü) cin the midst of it he lifts up
his horns like a great wild bull' (Num. 23. 22: Deut. 33, 17); see
my traiislation in my Ahhadische Sprache (Berlin, 1883) p. '■'>■>
= Transactions of the Fifth International Congress of Orientalists
(Berlin, 1861) part 2, first half, p. 283: cf. A. H. Sayee's Eibbert
Lectures (London, 1888) p. 480, 1. 26. and Friedrich Hrozny, Mythen
von dem Gotte Ninrag (Berlin, 1903) in Mittheilungen der Vorder-
asiatischen Gesellschaft, 8, 201, 1. 22. In his comments on this
text Dr. Hrozny has disregarded the capologetic remarks' (Bezold's
Cataloyue of the K Gollection, p. 35) in ZK 2, 273. See also
my remarks in the Grit. Notes on Kings (SBOT) p. 283. 1. 40
and the conclusion of my paper on the introductory lines of the
cuneiform account of the Deluge in JA OS 25 (1904) 74.
(40) Lit.. My mouth is enlarged over mine enemies (s<> AV).
(41) Lit., Hire themselves out for bread (cf. AV).
(42) This does not refer to resurrection, as Budde and Zapletal
suppose : it means simply, Jhvh may deliver His faithful out of
the most extreme danger, a man who is 'sick unto death' may
recover, a man who is condemned to death or imprisonment for
life may be pardoned (like Jehoiachin) ; cf. Thenius . Keil , Löhr,
Reuss ad loc, also KAT3, 639, n. 1 and Gunkel, p. 236. Himmel-
hoch jauchzend , zum Tode betrübt does not refer to ascension
and death.
(43) AV, dung-hill (J. D. Michaelis, Feldstein). W. R. Smith
in his Lectures on the Religion of the Semites, new edition (London.
1894) p. 235, n. 1 calls attention to the fact that in an Arab
encampment slaves sleep beside the blood and the düng (Agh. S.
74. 2'.»). H. P. Smith ad loc. remarks, The nEiCN is the mound
of rubbish which accumulates near an Oriental town. IV
often spend the night upon it in default of a lodging. Cf. Wetz-
stein's note on the äJbj^ mazbala of villages in the Hauran. in
Franz Delitzsch's commentary on Job 2, 8, second edition (Leipzig,
1876) p. 62, n. 3. The American äquivalent would be dumj> or
dumping ground. A euphemism for rr:« (v^-n "cc) is z'~".
TitlB = Assyr. asru ellu; cf. my paper Bab/jlonini Elements in
the Levitic Ritual (JBL 19, 55) and Baentsch and Berthole! ad
Lev. 4, 12; 6, 4; see also the traiislation of Lev. 1 — 5 in JHUC,
No. 114 (July. 1894) p. 113 and n. 13 ibid., p. 115. M "w in
•(w~- -js-c is, of course, not a corruption of nsiö, bul corresponds
to the Assyr. sipTcu 'accumulation , heap.' Heb. "C" 'oflfal' i-
identical with S*++».*~ For the partial assimilation of the original
m to the s (dasin for dasim) see Grit. Xotes on Isaiah (SBOT)
* Arab. .A'i gidr cpot' appears in Assyrian as diqaru; see u. IUI to
ly paper ßnbyl. Elements tu the Lee. Ritual in JBL 19, 7 7.
632 Haupt, The Prototype of the Magnificat.
p. 133. 1. 25; Kings, p. 192, 1. 21 and the cross-references there
given. According to W. Robertson Smith ncn is an Aramaic form
for PBiö; the v is a ttTj (see my remarks, ZDMG 34, 761) =
o = L (cf. ^Jüü!* v»ÄSI = ^LS^i ^lc UJL*^»). The original
stem is "iStö1 (cf. iüsäij, tUSi); the prefixed N is secondary. For
the vowels of the Qere in nsn cf. Grit, Notes on Kings (SBOT)
p. 122, 1. 11.
(44) Cf. my remarks on ip 1, 6 in AJSL 19, p. 141, n. 44.
(45) King Jehoiachin of Judah (562 b.c.); cf. AJSL 20, 167,
n. 2. The terms -b?2 and rpiütt refer to an individual, not to the
Congregation. In the same way "»sVö ty 2, 6 refers to Aristobulus
(104 b. c). Contrast Löhr and Nowack ad loc. According to
Budde and Schlösd the King is the Messiah.
p. 631 note *.
638
Phönizische Namen auf "ptD.
Von
Franz Praetorium.
Häufig sind im Phönizischen einige theophore Namen , die als
zweites, nicht theophores Glied ^büJ aufweisen. Besonders häufig
ist --'^"Z. das inschriftlich als Bcdadfajx umschrieben erscheint,
dann "rc:CN; endlich (wenn sicher?) ^VaiDöia 0. I. Sem. No. 127;!.
Von jeher hat die Erklärung des zweiten Gliedes ernste Schwierig-
keiten gemacht, und man hat sich meist nicht anders zu helfen
gewußt, als durch die verzweifelte Annahme, daß ^biü = nblü sei ;
s. Schröder, Phöniz. Spr. S. 200, C. I. Sem. zu Xo. 50 und 132.
Clermont-Ganneau hat im Rec. d'arch. Orient, Bd. I, S. 165 f. auf
arabisches ^L* hingewiesen , das im heutigen Magrebinischen die
Bedeutung „retten" entwickelt hat. (Vgl. auch Landberg, Proverbes
et dictons, vol. I, S. 385 ^L^ se tire d'affaire.)
Ich möchte die fraglichen Namen an die wohlbekannten, völlig
durchsichtigen Namen Dblüb?3 und DbtDS^TÖN knüpfen. Sie sind
von letzteren gebildet durch Antritt des caritativen /.; (ZDMG.
Bd. 57, S. 533 f.), wobei das radikale m schwinden mußte. *pm
der Eigennamen steht zur Wurzel äbtfj also in dem gleichen
Verhältnis, wie biT der Eigennamen zur Wurzel izt (Bd. 57,
S. 532. 794).
Ob die vereinzelten und unklaren Namen -V'""'- No. 619,
■pN-rr No. 1018 etwa dasselbe k enthalten, bleibe ganz dahin-
gestellt.
634
Der Kanon der biblischen Bücher
bei den babylonischen Nestorianern im 9.10. Jhdt.1)
Von
Gustav Rothstein.
Der Text, um den es sieh handelt, ist entnommen der anonymen
arabischen Chronik des Cod. Spreng. 30 in der Berliner Königlichen
Bibliothek, die J. G. Rothstein, De chronographo arabe anonymo etc.,
Bonnae 1877, behandelt hat. Aus demselben Cod. hat Gilde -
meister ein Fragment einer arabischen Übersetzung des IV, Ezra-
buches (cp. 14, 38 — 50) in Esdrae liber quartus arabice. E codice
Vaticano .... ed., Bonnae 1877, p. 40 f. mitgeteilt. Die Chronik
stammt wahrscheinlich aus dem 9.-10. Jhdt., vgl. Rothstein 1. c.
35 ff. Mit Ahlwardts Verweis (im „Verzeichniß der arabischen
Handschriften IX, S. 43—44) auf eine Stelle (p. 44. 11) sind R.'s
Ausführungen nicht widerlegt, da Einschübe des Schreibers sicher
vorhanden sind , also die Stelle nicht vom Verfasser zu handeln
braucht.-) Ich bleibe vorläufig bei R.'s Ansetzung. Die drei-
teilige Chronik behandelt im ersten Teil wesentlich „Propheten-
geschichten" und benutzt dabei eine Reihe von jüdischen und christ-
lichen Werken, deren Titel sie nennt, die aber bisher nur zum Teil
zu identifizieren sind. Eine Aufzählung dieser Werke und ihrer
Titel gibt Rothstein 1. c. p. 42 ff. Der anonyme Verf. scheint diese
Werke nicht bloß anzuführen, sondern auch, wenigstens zum Teil,
wirklich zu kennen. So läßt sich die Angabe (p. 16 des Ms.), Verf.
habe zur Erklärung einer Differenz zwischen jüdischer und persischer
1) Für Verbesserungen und Anregungen habe ich Herrn Prof. Fischer
herzlich zu danken.
2) Nach Ahlwardt würde der Verf. um das Jahr 1135 geschrieben haben.
Der Cod. würde auch dann seine Bedeutung für die Kanongeschichte be-
halten. — Ahlwardts Angaben sind aber unklar. Auf derselben Seite gibt er
an: „Der Verf. schrieb im Jahre 543/1148 s. S. 44, wo er am Ende der Chrono-
logie der LXX angibt, daß [von der Higra] bis zur Abfassung des
Werkes 531 J. 10 M. verstrichen seien" und später: „Daß der Verf. und nicht
der Schreiber S. 44, 11 zu verstehen sei, scheint mir selbstverständlich, mithin
lebt der Verf. um 530/1135." Nur die letztere Angabe stimmt mit dem Text
von S. 44. — Meine Ansicht ist noch schwankend, neigt aber vorläufig auf
J. W. Rothsteins Seite.
G. Rothstein, Der Kanon der biblischen Bücher etc. 635
Überlieferung bei genauem Studium in zwei mit ihrem Titel ge-
nannten jüdischen Schriften das Wahrscheinlichste gefunden, nicht
anders deuten, als daß er diese Schi'iften selbst gelesen.1) Jeden-
falls kennt er die biblischen Bücher aus eigener Anschauung. Denn
er bemerkt einmal von einer Tradition über Esther, sie finde sich
nicht in der Megille Esther."2) Es scheint dies auch mehrfach aus
Berichten hervorzugehen , zu denen Tabarl Parallelen hat. Der
Anonymus zeigt dabei mancherlei kleine Abweichungen, die durch-
weg genauere Anlehnung an die biblische Überlieferung zeigen,
wie er denn auch einmal einen kleinen Abschnitt einschiebt, der
offenbar ein kurzer Auszug aus Jud. 2, 11 ff. ist (Ms. p. 12). In
welcher Gestalt er die biblischen Bücher vor sich hatte, vermag
ich augenblicklich nicht zu sagen. Zu der von Ahlwardt an-
genommenen Entstehungszeit des Buches lagen arabische Über-
setzungen ja sicher vor, aber auch bei der von mir akzeptierten
Ansetzung ca. 900 darf man die Möglichkeit der Existenz solcher
Übersetzungen kaum bestreiten. Jedenfalls war das 1. Ezrabuch
schon arabisch übersetzt; denn diese von Gildemeister vertretene
Vermutung (cfr. Esdrae über cmartus p. 3) ist wohl wahrschein-
licher als die , daß der Anonymus diese Übersetzung erst selbst
aus dem Syrischen angefertigt habe. Dabei darf man vielleicht (!)
behaupten, daß die Benutzung dieser von den bekannten abweichen-
den und nur in dem oben erwähnten Fragment erhaltenen Version
auf ein ziemlich hohes Alter des Kodex selbst schließen läßt. —
Um 900 lebte auch Sa'adjä, aber ich weiß jetzt noch nicht, ob
der Anonymus seine Übersetzung benutzt hat. Die Möglichkeit
wäre wohl vorhanden. Die vorhandenen Zitate aus biblischen
Büchern scheinen ungenau zu sein; cf. Rothstein 1. c. 43.
In der Art, wie der Anonymus die „ Prophetenlegenden " be-
handelt, erinnert er an Ibn Kutaibas (f 889 D.) relativ kritisches
Verfahren im Kitäb al-ma'ärif, wozu Lidzbarski (De propheticis,
quae dicuntur, legendis arabicis. Prolegomena, Lipsiae 1893. p. '.')
zu vergleichen ist.
1) Die Stelle lautet: LLx-yl'j }±2.J\ tÄ-iJ ^SÜaZa
*?J| ^♦.Jlxü ,.>*.^.^" ,%* '*-JJs.+.ä = .Als wir sahen, wie sie (= die
Magüs) an dieser Ansicht (nämlich in hezug auf die Stellung des Kaiümart in
der Genealogie) festhielten, da haben wir gründlich nach der Ursache ihrer
Meinung) geforscht. Da sahen wir nichts, was dem Richtigen in hezug auf
dieses Kapitel näher kommt als das, was in Läx^.^ und *Aae. .w«.Xv,^- ge-
funden wurde u. s. w."
2) Pag. 13 wird die Legende, daß Cyrus ein Sohn der Esther und des
Ahasverus sei, mit der Bemerkung erwähnt: jULiäI! ^ ^»^ \J*^ri •
636 G. Rothstein, Der Kanon der biblischen Bücher etc.
Lidzbarskis Resultat, daß die schon in den ältesten Zeiten des
Islam entstandenen Prophetenlegenden vieles aus jüdischen und
christlichen Büchern aufgenommen haben, gilt jedenfalls für unsern
Anonymus. Über die Vermittlung dieser Kenntnis im einzelnen
läßt sich wohl wenig Sicheres ausmachen. Doch glaube ich auch
mit Bezug auf den Anonymus Lidzbarski (1. c. 27 ff. 30) recht geben
zu müssen, wenn er mehr an Übertragung durch Christen als durch
Juden denkt. Das scheint mir wenigstens für die Kenntnis der
biblischen Bücher sicher zu sein ; auch bezüglich des A. T.'s , für
•las X. T. ist es ja selbstverständlich. Vom Buche Esther heißt es
einmal (p. 13/14 des Ms.): LPiyü ^yjf i^aJi ^^ i\s>1 yS>s
xxaaj'I £ (^.UaJÜI „und das ist eins der kanonischen Bücher.
welche die Christen in der Kirche lesen". Sonst werden, so auch
in dem unten abgedruckten Stück, Juden und Christen auch
für das A. T. genannt. Dem entspricht es, wenn TabarT häufig
die nasärä auch für alttestamentliche Stoffe als Autoritäten nennt.
Die syrischen Namensformen dürften ebenfalls auf christliche Quellen
zm-ückgehen. Schließlich darf man wohl auch auf die Kenntnis
des Anonymus von der LXX hinweisen,1) deren chronologische An-
gaben, die er gewiß eher von Christen als von Juden hat, er genau
aufzählt.
Die Heimat des Anonymus ist zweifellos Babylonien ('Irak
wird LjUaIä! genannt, cf. Rothstein 1. c. 41). Unter babylonischen
Christen hat man aber zunächst Nestorianer zu verstehen. Dem-
gemäß werden wir den Kanon der Nestorianer in Babylon aus dem
9./10. Jhdt. vor uns haben, der für das A. T. aber nach der aus-
drücklichen Angabe des Verfassers mit dem der Juden überein-
stimmt. Die Richtigkeit dieser Annahme, welche sich übrigens von
selbst ergibt , wird sich unten durch andere Zeugnisse bestätigen.
In der Wiedergabe des Textes habe ich mich absichtlich ge-
nau an die Vorlage gehalten — wenige Ausnahmen sind angegeben.
Die Handschrift ist ein Unikum und hat für diese Partie, wie für
manche andere, keine Parallele, auch bei TabarT nicht, mit dem
sich der Anonymus sonst vielfach berührt. Namentlich mit den
Zahlwörtern verfährt sie oft nicht nach den Regeln der gewöhn-
lichen Grammatik.-) Die , an und für sich leichten , Änderungen
habe ich aber vermieden. Auch sonst zeigt sie in der Schreibung
manche Eigentümlichkeiten (einige davon bei Rothstein 1. c. 4 f.),
1) So hat auch der Anonymus an einer Stelle (Ms. p. 193) da, wo der
Hebräer (2 Reg. 23,33 u. Parall. in der Chronik) bei der Angabe des dem
Jöjäklm auferlegten Tributs keine Zahl hat, mit LXX richtig 10 (.**.£■
2) Dafür, daß die „Deteriorierung" bei den Zahlwörtern am frühesten
einsetzt, vgl. Sachau in: Alberuni, Chronologie oriental. Völker II, LXX.
G. Rothstein, Der Kanon der liblischen Bücher etc. 637
die zum Teil aber gewiß auf eine von der klassischen abweichende
Aussprache zurückgehen und darum beizubehalten sind. Solche
Erscheinungen der arabischen y.oivi) zeigen sich ja auch in anderen
Mss., die ungefähr der vermutlichen Zeit unseres Yerf.'s angehören,
massenhaft; vgl. die Ausführungen Fleischers (Kleinere Schriften
III, 378 ff. , spez. 385) über den Tischendorfschen griechisch -ara-
bischen Codex rescriptus aus ca. X. Saec. Dieselbe Erscheinung
habe ich selbst an zahlreichen Beispielen in der nestorianisch- ara-
bischen Übersetzung des N. T. (ebenfalls von Tischendorf mit-
gebracht und in Petersburg befindlich; cf. Fleischer 1. c. 389 ff.)
nach einer Photographie der Handschrift (Herrn Dr. Stenij in
Helsingfors gehörig) beobachtet. Diese Handschrift ist 802 D. ge-
schrieben, stammt also wieder aus derselben Zeit. Es ist also offen-
bar das methodisch einzig Richtige, in solchen scheinbar willkür-
lichen Dingen die Vorlage genau wiederzugeben, wie dies in anderen
Fällen z. B. auch von A. Müller und von C. Bezold geschehen ist.
In der Übersetzung sind die Namen, deren Vokale ja nur z. T.
sicher sind , in der arabischen Schreibung belassen worden. Das
Verständnis leidet darunter nicht.
Der Anonymus gibt die Aufzählung der Bücher zweimal , das
erste Mal (= A , hier abgedruckt) nach der Gruppeneinteilung
(Tora, Nebi'Im, KethübhIm), das andere Mal (= B) jedes Buch
einzeln gezählt. Die Abweichungen dieser zweiten Aufzählung sind
in den Noten angegeben; die Noten beziehen sich immer auf die
Worte vom * bis zur betreffenden Zahl.
■X+3 .J ^J) ^\J.M*s^\ JS.J^Ä :•«./* .I/O»
(..LäJ1 .a£ A.j;.ä>lI ( _w! ^..wväj *wj'jü o>.j».*S <j5J3 uXxj ^jjj^^p. Ja
i£» A*> a.1.)! l^.ä5 -jS k.j».äv.äI! ^.ä^JI jAs ,-vx ,^d\j , ci3J!
L^aÄx ^LaJij \jX.4.X^ l^:a!| (sie) LA.Läj JÜi LUy ^ykjjt.
>.äx .^».^.xäj ^+-*» ,-a.v.' x-w..*..^» _jrj ö.j. ».>
1) Ms. 0»t\jS? (verbessert: Prof. Fischer; durch diese Verbesserung
ist der Sinn klar, vgl. die Übersetzung.)
638 G- Rothstein, Der Kanon der biblischen Bücher etc.
_.jj ^j ,«-^ V^" w£»^ q-* -Hjj-^ J~su*\ «A*j tLui'ifb o-*J
i—»U^5 t3r2)^JLj<AJ|3 SLöäJJ OU& ^j*.-^ L5*^* [^»L« V^5
^JJ! ~£~£ ^AJ^I £LaaJ"M UjUüj,* ^^***^' V^J •&^Ia3;.S>
pL«.**! L«ls 1iA>-5» IjüCy 2Üjl\*J (C.Lo.Aj^ L>«_£Ajfj .aw.£.J XJ«.^^v.J
\~>\z£ 1^aL« ^Livoi ^uy 12)jjjj^ j-%* ^3^o ujU^ o^, «jisi'
14)ajJ.^ cyi vL^ 18)W ^aJLJ }=A \J& y>.* u^LPj-i
i7)älJi3 v>^^=> 16)^ä o^;*I5* 15)xÄp^ l^j! cy vL^
SÜLoj^t VL^ o-.*ii ylv^rit jP/ ÜSS^ Vl^ 20)y.j*^
1) B nur: i^Ä-S" &**♦£>. 2) B vac. 3) B Ly5^, doch nach-
her (bei den Threni) auch l-yo.jt, wie auch z. B. p. 649, aber vgl. Tabelle.
4) B vac. 5) B : hier wie auch bei den folgenden Namen fehlt der Vaters-
name. 6) B ^Li«j. Zum Vatersnamen vgl. Tabelle. 7) B ^.:s»- .
8) B LjjJ>; [richtig; vgl. die Tabelle]. 9) So A u. B [aber vgl. die Tabelle].
10) B vac. Zu L*0-J vgl. die Tabelle. 11) B vac. 12) B vac. 13) B vac.
14 Cod. hat sicher beide Male Ö-.& und ,.~j.a\w neben ,.~)_aav, woraus auch
,-*J-aa* (mit zw) sicher ist. 15) Nach B, während A sJJ»» bat, was nicht
angeht. 16) B vac. 17) Bei B folgt jetzt (J^Ij-JO, dann ^Loto.
18) B vac. 19) B -j;*il. 20) B vac.
G. Rothstein, Der Kanon der biblischen Bücher etc. 639
jdi l_^x£S| ^Pj LjLxT (sie) ^.j^^i» jüu ! ,Ä^.5 ^^LawJ^Ij
;Jij. , imjüXjU «-*jJI LgjJlc>ijs.j» , c.Loiil« i3^_2jJi U-JLc
H3 L5;>
»^.aA.^ )t*J??.
üj^IjH U_ ^P, ~^ v^* 2)J*f^ **fc ^lJ
^a »jüaül !ÄP J, 0-J Lx (JJlc ^oKJi *ÄP jjv.t ^Li loli
Kx**v XJ-X.C O.Lo LijL>a5>f. w^jAfi ,5, OkÄAJJ. [ (T.LjLljÜI ^»-^,
J - e? J ... .3 U?J -"" J
&\AxS (sie) .yj.^e, Süu.i jUjvXäJI ö, **aJ| UjLa .;_Xi=3 .*j-&e«
&LsUtf' (sie) ...^JLS.t. iX>| öJoJJ i^iU .w~ 'J.äx
Übersetzung.
Und es wurden [= es verflossen] von der Geburt des Messias
an. bis daß der „ Ähnliche "''') gekreuzigt wurde, 32 Jahre und
[eine gewisse Anzahl] von Tagen. Und nach Tsä und seinen
Jüngern wurde die Offenbarung \uahi\ ') unterbrochen und ihre
1) B vac. Ebenso fehlt der Passus bis zur Aufzählung der nbl. Blicher.
2) B statt dessen nur: *_^Äi^ K^J. 3) B , w-w.5 L: ; von CP. an vac.
4) B (j*J»j, 5) A u. B: ^aL*J| (aber _ richtig). Das Folgende gehört
natürlich nur A an und bildet den Übergang zu B.
6) Für die Anschauung, daß statt Jesu ein 'Isü' b. Fandlrä gekreuzigt
wurde, vgl. außer dem Cod. Spr. 30 p. 24 (wo Lj^XäS ,.-J pj-äjf steht) bei
den Arabern noch Tabarl I, p. 741 und ann. c (wo die Talmudstellen zitiert
sind), sowie Kothstein, De chronographo p. 12, ann. 1.
7) Vgl. Pautz, Lehre Muh.'s von der Offenbarung p. 85 u. 100.
(340 &• Rothstein, Der Kanon der biblischen Bücher etc.
Veranlassungen aufgehoben. So wurde nach dieser Zeit kein Buch
hervorgebracht, das zur Offenbarung [tanzÜ] x) in Beziehung gesetzt
wird, außer dem Koran. Was unter die Zahl der Bücher gerechnet
wird, die als Bücher Allahs — groß und mächtig ist er — gelten,
das, worüber zwischen Juden und Christen keine Differenz besteht, ist
bekannt und bestimmt. Dazu [also zu diesen Büchern Allahs] gehören
die 24 Bücher, welche die Juden lesen und in bezug auf welche
sie mit den Christen übereinstimmen. In bezug auf sie herrscht
zwischen ihnen keine Differenz, außer daß die Juden sie al-Jcutub
al-gämi'a2), die Christen kutub as-süra3) al-kadima nennen. Es
sind 24 4) Bücher in hebräischer Sprache — nach der Weise der
Juden 5).
Zu ihnen gehört :
Die törä, das sind 5 asfär. Sie setzen sie [die asfär] an
Stelle von 5 hutub , jedes sifr (und das ist der fünfte Teil'1)) an
Stelle eines latäb.
Ferner die Bücher, welche bekannt sind als „Die Propheten"
(al-anbiia) nach den asfär der törä. Dazu gehören:
Das Buch des Jusa' b. Nun; das Buch ksL«, welches be-
kannt ist als „Buch der Richter und Vergelter " (Je. al-kudä ua'd-
daiiänin); das Buch Samull; das Buch sifr £JU; das Buch des
Lyo.j|; das Buch des ^Uäio; das Buch des U*-£ul; das Buch der
12 Propheten, welches sie -**e.j nennen, und die Juden und
Christen zählen es als ein Buch. Was die Kamen dieser 12 an-
betrifft, so sind es:
1) Vgl. Pautz, 1. c.
2) Die Bezeichnung ist mir sonst nicht bekannt und nicht klar. Prof.
Fischer übersetzt: „die alles [Wesentliche] umfassenden (?) Bücher" , was eine
wenigstens sinngemäße Erklärung ergibt. Man könnte denken an die Bezeichnung
des Buches Koheleth als xaaIQ- \-JlZ.f in arabischen Bibeln (vgl. z. B. Londoner
Polyglotte), aber das ist Übersetzung des hebräischen Namens und läßt nicht
erkennen, wie daraus eine Bezeichnung des ganzen A. T.'s werden konnte.
3) Als Bezeichnung des A. T.'s bei den Christen auch Fihrist ed. Flügel
p. 23, Z. 20; sie stammt aus dem Syrischen", vgl. Payne Smith s. v. $0.
Sp. 3387: JL*~}0 JkßJ^J ^>NO LJO. Öj\o und auch Jlio. allein =
Text der hl. Schrift.
4) Die Zahl 24 auch an andern Stellen des Kodex.
5) Bezieht sich auf die Zählung.
C) Damit soll natürlich nicht sifr übersetzt sein, sondern es ist an den
Ausdruck: '~n ""ILWC1 n"&73n gedacht, wie Fihrist ed. Flügel p. 22, Z. 32:
G. Rothstein, Der Kanon der biblischen Bücher etc. (541
»&
-J a-
«.^vP
2) Üj& a^
Aj-
(od. ,
5W
3) l>^U
•^)j rji
4)
JJJ.ÄA>
a* Lpy=
5) ^m« a
^>.^
6)
i*J».j
L$*
* ü*
7) b*+~
a^
rj.>j
8) ö^.o
aj oyi+>
9)
LwäaS
3W
** o*
10)
L^/
: o
* ^
11)
&**
er
^1
(od.
i**P
12) ^A„ a, ^.x.
Der Vater des Jobannes1) (Iahw) gehört nicht zu diesen: er
ist Zakarliä' b. Ias>_j
.. j.
Die Vervollständigung der 24 Bücher bilden ll2) Bücher:
das Buch Aiiüb's, das Buch der Ra'üt, das Buch Dä'üd's, nämlich
der Psalter [zabür], das Buch der Sprichwörter Sulaimäns . das
Buch ^>.L?»i — und das ist ein anderes Buch von Sulaimän — ,
das Buch ..-j.a^ o^ä (= sirat3) (?) sirtn), das Buch der Klagen
des L/>jf, bekannt als kivJLAS, das Buch des ALüL>, das Buch
rnagallati) jaX**! &W .eytgj, der Tochter des Oheims des ipo^s5)
— und sie war seine [des ^z>j>„a] Milchschwester — , das Buch
des Lj.ic , des Schriftgelehrten [LsLw] , das Buch der Weisheit des
Herrn0) — mächtig und groß ist er — und das ist al-'Uzair; das
Buch (jvjoLj-jO 7) — das ist das Buch, welches- bekannt ist als
das Buch der Zeiten und Stammbäume.
Das sind 24 Bücher — und es sind d i e Bücher , in bezug
auf welche die Juden und Christen übereinstimmen und welche
sie in die Synagogen und Kirchen bringen8) und dort lesen und
die sie anerkennen. Es sind nur die Bücher des alten Volkes (?) '■')
1) D. i. des Täufers.
2) Mit den vorhergegangenen 9 ergibt das 20 Bücher. Trotzdem ist die
Zahl der ausdrücklich zu nennenden Bücher richtig. Unter den 9 befinden
sich 2, welche als je 2 zu nehmen sind, ebenso unter den 11 (Samuelis, Reges,
Ezra, Chronik). So kommt die Zahl 24 heraus.
3) Vgl. dazu die nachher folgende Tabelle.
4) So auch an andern Stellen des Cod. Spr. 30.
5) Tabari schreibt ~z>3,a (mit ^); da aber auch sonst Spr. 30 von
Tab. in der Schreibung der Namen , auch in im übrigen fast gleichlautenden
Parallelstellen, abweicht, speziell auch an andern Stellen -5>0-d schreibt,
habe ich das _ stehen lassen. al-Berüni 280, 16 hat .j>'_x.
6) Dieses „Buch" fehlt mit Kocht in B. In A liegt ein leicht zu ver-
bessernder Textfehler vor, vgl. die Bemerkungen.
7) Scheint als ein Wort gedacht zu sein, ganz zweifellos ist es nach
den Schriftzügen nicht.
8) I>. h. im Gottesdienst, in der lectio publica, verwenden.
9) Wahrscheinlich Textverderbnis,
642 G. Rothstein, Der Kanon der biblischen Bücher etc.
[oder die alten Bücher des Volkes (?) — Fischer]; die Christen
nennen sie kutub as-süra al-kadima.
Die Christen aber haben Bücher, durch welche sie sich ab-
sondern gegenüber den Juden ; das sind die neuen Bücher, nämlich :
Das Evangelium (al-'ingil), das sind 4 Exemplare (nusalj)1)
mit demselben Inhalt (ma'nü), zurückgeführt auf 4 von den Jüngern
— jedes Exemplar auf einen — nämlich : cä* , («Jj./a } 1'sJ ,
L=>..j.
Nach dem Evangelium:
Das Buch (jm^*J" s (resp. ^a.^ .s ? 2) , das sind die Briefe
der Jünger und Schreiben des einen von ihnen an den andern.
Und das Buch des ^va-Lj3), des Apostels.
Wenn man nun die Zahl dieser Bücher nach der in diesem
Buche erläuterten Weise der Christen und Juden in bezug auf die
bei ihnen gültige Zahl bestimmt, dann beträgt ihre Zahl 27, davon
as-süra al-kadima 24 Bücher und al-hutub al-hadita 3 Bücher.
Wenn man aber sein Augenmerk auf die wirkliche Zahl richtet
und dabei in der Weise verfährt, daß jedes Buch von diesen Pro-
phetien für sich ein gesondertes Buch bildet, dann beträgt die
Zahl 41 Bücher4).
Ich lasse zur bequemen Übersicht und zur schnellen Orien-
tierung über die Namenformen eine Tabelle folgen, in der die
Formen des Cod. Spr. 30 neben den hebräischen und neben den
syrischen stehen. Die Tabelle ist nicht Selbstzweck, sondern will
nur dazu dienen, die Namen des Cod. Spr. nach Form und Her-
kunft erkennen zu lassen. Sie ist darum, namentlich in den Noten,
durchaus nicht vollständig. Ich gebe , was ich zur Hand habe.
Wenn ich bisweilen etwas mehr als gerade notwendig gebe , wird
man das nicht tadeln. — Daß die Formen des Cod. Spr. 30 auf
das Syrische zurückgehen, wird man sofort erkennen. Für das
Syrische lege ich die Liste in Studia Sinaitica I, No. 10 zu-
grunde; wo diese versagt, den Codex Ambrosianus der Peslttä
(Translatio Syra Pescitto Veteris .Testamenti Ex Codice Ambrosiano
See. Fere VI Photolithographice Edita Curante .... A. M. Ceriani,
Mediolani 1876 ff.). Sonst habe ich die Lond. Polyglotte ver-
glichen, sowie eine Berliner PesTttä-Handschr. (Sachau 201) für die
1) LJlä^ absichtlich nicht gebraucht für die Einzelschriften? (vgl. aber B!).
2) Der Ausfall eines a sehr leicht möglich.
3) Zur Schreibung vgl. unten.
4) Dann sind im A. T. 23 + 12 (kl. Propheten) =35 und im N. T.
2 -(- 4 (Evgll.) = 6, zusammen 41 gezählt. — Der Anonymus geht nunmehr
zu der Aufzählung B über.
G. Rotltstein, Der Kanon der biblischen Bücher etc. (343
Propheten. — Die Vokale habe ich nach Payne Smith gesetzt, wo
nichts anderes angegeben ist.
Für das Arabische kam in erster Linie der Fihrist in
Betracht (= Kitäb al-Fihrist. Mit Anmerkungen hsgb. von G.Flügel,
2 Bdd. 1871 — 72). Für einige Prophetennamen habe ich mehrere
arabische historische Werke herangezogen, vor allem TabarT, Annales
ed. M. de Goeje, 1879 ff.; Ibn Kutaiba, Kitäb al-ma'ärif (ed. Wüsten-
feld 1850); Ibn Wädih, Historiae (ed. Houtsma Bd. I, 1883);
Alberüni, Chronologie orientalischer Völker ed. Sachau 1876 — 1878;
Ta'labi, Kisas al-anbiiä' = al-Arä'is im Druck Cairo 1282. Ferner
habe ich manche Notizen den Handschriftenkatalogen des British
Museum von Ch. Rieu und der Königl. Bibliothek in Berlin von
W. Ahlwardt entnommen. Für die' alttestamentlichen Propheten-
namen habe ich besonders das arabische Manuskript der Königl.
Bibliothek in Berlin Dietz A Fol. 41 (= Df. 41) verglichen.1)
Dies Ms. ist reichlich vokalisiert und gut geschrieben. Dagegen
habe ich nicht alle gedruckten Teste der Bibel oder ihrer Teile,
sondern nur die Lond. Polygl. herangezogen. Die gebrauchten Ab-
kürzungen sind nunmehr von selbst verständlich.
Bemerken will ich noch , daß sich die Noten der Regel nach
nur auf die Namen beziehen , bei denen sie stehen. Nur wenn
etwas Besonderes zu bemerken war, habe ich z. B. die Vatersnamen
mit berücksichtigt.
1) Es führt den Titel: ^»Üt .^c iüC*Ji J. £ -aöXI j^jQ- uud ist
datiert vom J. 1041 d. Märtyrer = 725 H. = 1324 D. Es bildet die Ab-
schrift eines Kodex vorn J. 6702 (?) [es steht zuletzt nur Li] d. Schpfg. (vgl. Ahl-
wardt im „ Verzeichnis"). Die f. 257 b am Rande stehende, sehr verblaßte, von
Ahlwardt ohne Bemerkung wiedergegebene Notiz, daß es eine Übersetzung aus
dem Koptischen sei, ist falsch. Die zu erwartende Übereinstimmung mit der
LXX besteht weder in der Anordnung der Bücher noch in der Textgestaltung,
wie wenige Stichproben gleich ergeben. Die Anordnung stimmt dagegen ge-
nau mit der in vielen Peslttä-Handschriften üblichen, vgl. z. B. den erwähnten
Codex Sachau 201.
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G. Rothstein, Der Kanon der biblischen Bücher etc. 651
Die neutestarnen fliehen Namen.
Die Namen der vier Evangelisten im Cod. Spr. 30 zeigen die
gewöhnliche Form. Aufgestoßen sind mir sonst : i,c für Matthäus :
Brit, Mus. Suppl. No. 6 (datiert 1208 D.). Für Markus ^y»:
Brit. Mus. Suppl. No. 9 (1663 D.); ^f- Brit. Mus. Suppl. No. 5
und No. 6 (No. 5 ca. aus dem 12. Jhdt. ist sicher aus dem Syrischen
übersetzt); (wyj.U: al-Berünl 22, 5. 299, 13. Dazu die syrische
Form a)Qjo^D z. B. Stud. Sin. I p. 13. Für Lukas und Johannes
habe ich nichts Besonderes notiert.
Für die Acta hat Fihrist , «.a^^Ls (mit o am Anfang-).
Sonst herrscht das Anfangs - ^j vor in verschiedenen Formen :
g^AwJ'Lj z. B. Berliner Ms. Dietz 0. 162 („ Verzeichnis" IX, 527),
Sachau 317 (1. c. IX, 527); gewöhnlicher scheint: .^j^S,^ z. B.
Brit. Mus. Suppl. No. 1 u. 11. Pertsch, Die arab. Handschriften d.
Herzogl. Bibliothek in Gotha IV, 533. Einmal habe ich ^.wj S)
(ohne i) gefunden: Brit. Mus. Suppl. No. 13; ebenso ist mir einmal
die syrische Form cy>on^;Qi (ohne i) aufgestoßen, Cat. Mus.
Brit. (syr.) p. 15 (No. XIII). Man wird dabei an die Form des
Cod. Spr. 30 erinnert, doch kann es sich in diesen Fällen um zu-
fälligen Ausfall von i handeln. Im übrigen wird kein Zweite] sein,
daß das Anfangs -^3 auf syrisches, das Anfangs -lj auf griechisches
Vorbild zurückgeht.
Paulus heißt gewöhnlich, soviel ich sehe, jw-Lj resp. \ja^^i
(z.B. Berlin. Ms. Dietz O. 162) mit Anfangs -i_j. Die. Form des
Cod. Spr. 30 mit Anfangs -,_• wird auf syrischen Ursprung zurück-
gehen (vgl. qpq\q2> in Stud. Sin. I p. 13), analog der Wiedergabe
von nqd'^ug.
Bemerkungen.
Die Bücher des Alten Testaments.
A und B stimmen bis auf zwei Abweichungen überein. A
hat zunächst ein Plus in dem #JJ cj.Jl *J,z. ^Izf. Est der Texl
richtig, dann kann damit nicht gut etwas anderes als [V. E
gemeint sein, da nach dem Zusammenhang au Ezra als Verfasser
gedacht sein muß. Der Titel müßte dann wohl aus dem von Gilde-
meister edierten Abschnitt aus IV. Ezra stammen, der sich nicht
weit hinter unserer Stelle findet. Dort heißt es abschlie
^.„'5 jj.fi (-röiy -+M ^5Ü(Äjj; die Differenz zwischen JLc und
-1 2 '
(),")^> G. Rothstein, Der Kanon der biblischen Bücher etc.
fjlt würde ja wohl nicht weiter stören. Schwerlich wird man
wegen des ungefähren Anklangs auf den Gedanken kommen , daß
dieses LJ-Ji Jlc ^Jlä5" = r^&vai c^&vSOAaj (Sapientia Salomonis)
im Canon Sinaiticus (Studia Sinaitica I, 13) sei. In Wirklichkeit
wird es sich um eine Textverderbnis handeln. Der vorliegende
Text bietet eine Schwierigkeit in dem ohne rechte Beziehung nach-
schleppenden j i*Ji j£>» . Es wird einfach zu lesen sein ^.'SS für
lj'lXJ und vielleicht auch Jie für *J.£. Dann heißt es: Das
Buch 'Azarja's des söfer, des Schreibers des oJj ^Lc — und das
ist [arab.] al-'Uzair. Der Anonymus hat aus jener IV. Ezra-
Stelle einfach ein Attribut Ezras übernommen.1) Damit ist auch
die Schwierigkeit beseitigt, daß Anonymus 24 Bücher nennen will
und tatsächlich 25 aufzählt. Ferner erklärt sich, warum B das
angebliche Buch nicht hat; bei B werden eben alle Zusätze zu
den Namen weggelassen. A und B stimmen also tatsächlich überein.
Eine wirkliche Abweichung bleibt aber in bezug auf die
Reihenfolge der KethübhIm. A: Daniel, Esther, Ezra, Chronik.
1> : Chronik, Daniel, Esther, Ezra. Darüber noch unten.
In der Zahl 24 folgt der Anonymus der jüdischen und ver-
mutlich ältesten Überlieferung (vgl. Ryle , The Canon of the Old
Testament, Tabelle zu 292; Wildeboer, Die Entstehung des atl.
Kanons S. 10). ■ — ■ B zählt allerdings 85 Bücher, und das ist in
einem späteren Midrasch zu Numeri ebenfalls der Fall (vgl. Wilde-
boer 1. c. 11). Ich weiß aber nicht, ob das dort eine rein singulare
Absonderlichkeit ist oder etwa eine Gewohnheit angeben soll.
Strack (Protest. Realencykl. IX, 757) hält die Angabe für nicht
„ernstgemeint". Ebenso ist mir beim Anonymus fraglich, ob er
mit dieser Zählung eine ihm bekannte Ansicht wiedergeben will
oder ob es nur ein Einfall von ihm ist. Der Text scheint mir
eher auf das letztere hinzudeuten.
Die Reihenfolge stimmt im ersten und zweiten Teil des Kanon
ebenfalls mit der jüdischen Überlieferung im Talmud (Bäbbä
bathrä f. 14b, 15a) überein-) (nur bei den kleinen Propheten steht
1 1 Damit erledigt sich, was Rothstein 1. c. 43 ausführt. Dieses Attribut
Ezras ist mir sonst nicht bekannt; nach Gunkel, Bemerkg. zu IV. Esra 14,50
(in Kautzsch, Apokryph, u. Pseudepigr. II, 401) ist es sonst Attribut Henochs.
Ezra heißt sonst (jwyaLJj \gX& ^o.X..! vgl. Lond. Polygl. und Brit. Mus.
Suppl. No. 1 ('jü| ^Cjli ^1X11).
2 Spr. 30 hat p. 188 in ganz anderm Zusammenhang noch eine Auf-
zählung der Propheten, in der ganz am Anfang Ä/0 .yi ,w*j»j steht,
dann genau die Reihenfolge unseres Kanon innegehalten wird. Jona erscheint
als MJ«.J, Maleachi fehlt.
G. Rothstein, Der Kanon der biblischen Bücher etc. 653
abweichend von der gewöhnlichen Ordnung Jona hinter Micha).
"Wunderbar sind z. T. die Vatersnamen der kleinen Propheten, deren
Herkunft mir nicht bei allen klar ist. Dagegen beginnen die
Kethübhim mit Hiob, worauf dann A wieder genau nach Talmud
ordnet, während B die angeführte Abweichung zeigt. In der
jüdischen Tradition hat nach Rvles Tabelle nur Hieronymus Hiob
am Anfang der KetbübhTm, weicht aber sonst ab. - — Für die Stellung
der Chronik bei B hat wieder nur Hieronymus ein Analogon, aber
doch nicht genau. Er ordnet: Daniel, Chronik, Ezra, Esther.
Sonst steht die Chronik regelmäßig entweder am Anfang oder am
Schluß der Kethübhim.
Die in allem wesentlichen vorhandene Übereinstimmung unseres
aus dem 'Irak stammenden Anonymus mit der talmudischen Tradition
mag als ein Zeugnis dafür gelten , daß wirklich die babylonische
Gemärä auch die Ansicht der babylonischen Juden angibt, von
der die der Palästinenser abgewichen sein soll ; vgl. Kyle , The
Canon etc. 243 u. Buhl, Kanon und Text des A. T. S.'SM. Letzterer
führt dafür die Notiz eines masoretischen Werkes aus dem Jahre
1207 an. Nach der palästinensischen Ordnung steht Chronik am
Anfang, dann Psalmen, Hiob, Provei'bien, Ruth etc.
Babylonische Tradition soll auch dem in den Studia Sinaitica
I No. 10 (p. 8 ff.) veröffentlichten Kanon zugrunde liegen, vgl.
J. R. Harris ibid. p. 15/16, ferner Zahn, Neue Kirchl. Zeitschr.
1900, p. 793 Anm. 2 und 795). Die Reihenfolge der Bücher weicht
erheblich ab.
Ebenso weicht ab der im Jahre 377 H. (beg. 3. Mai 987 D.)
auf babylonischem Boden geschriebene Fihrist des an-Nadlm (ed.
Flügel 1871), über dessen Angaben ich nur ein paar Worte hinzu-
füge. Er berichtet sowohl über den jüdischen, wie über den christ-
lichen Kanon.
Die jüdische Ordnung (I, p. 22, 30 ff.) hat die bekannte
Dreiteilung :
1) Tör'ä (= 5 Fünftel = ^UjM lw+3- [= -u3?pt1 iltttan]).
2) Propheten: Josua, Judices, Samuelis, Jesaja, Jeremia, Hesekiel,
Reges Cff^/i = x.j'.^L j>.b .i~), die XII.
3) Bücher (v^tf): Ezra (..Ic!), Daniel, Hiob, Canticum, Threni
(\J>\ = iirrN), Ruth, Koheleth, Psalter, Proverbia, Chronik,
Esther (= äL?UI = 0^!v^> oüü ).
Nur ist fraglich, ob bei der Einzelaufzähltrng alles in Ordnung ist.
Die Stellung von „Reges" dürfte doch kaum sonsl »'in An;
finden. Jedenfalls weicht die Reihenfolge, wie ersichtlich, von der
babylonisch-jüdischen sehr ab.
654: &' Rothstein, Der Kanon der biblischen Bücher etc.
In der Anführung des christlichen Kanons (p. 23, 17 ff.)
isi in. E. sicher der Text nicht in Ordnung, soweit das A. T. in
Betracht kommt. Der gesamte Kanon heißt: ä,**2Ji oütf* und
teilt sich in &jü£*Jt ».y^Ji und KajlXÜ ».yaJi. Beim A. T. scheint
nun auch eine Dreiteilung beabsichtigt:
1) Tora = 5 Bücher ( Lä*g| &**«♦.:>).
2) (CjJö* Iw>Iä5" (nach Flügel: „ein viel enthaltendes Buch",
vgl. die Fortsetzung ^j£ bAc A^ l5^^5 = »unc* es
umfaßt eine Anzahl von Büchern"): Josua, Judices, Samuelis,
Beges (?), Buth, Proverbien, Koheleth, Canticum, Jesus Sirach.
3) Propheten („umfaßt 4 Bücher"): Jesaja, Jeremia, XII, Hesekiel.
Was ich zweifelnd mit Beges gleichsetze, ist genannt .Lc>i olÄi
JoLwi Xi und wird von Flügel (II, 12 in der Note zur Stelle)
als „unstreitig" die Chronik betrachtet. Der Stellung nach kann
man nur an die Beges denken, und ich sehe keinen Grund, davon
abzugehen. Denn unter der mir immerhin wahrscheinlichen An-
nahme, daß der Gewährsmann an-Nadlms ein Nestorianer war,1)
läßt sich das Fehlen der Chronik, die bekanntlich lange im Kanon
der nestorianischen Syrer (und eines Teils der Monophysiten, vgl.
Buhl, Kanon und Text des A. T.'s 1891, p. 52) fehlte, eher be-
greifen. Begreifen läßt sich unter dieser Voraussetzung weiter,
daß Ezra und Esther sowie Hiob - fehlen , aber unbegreiflich ist,
daß die Psalmen ausgefallen sind. Ebensowenig ist ein Grund fin-
den Ausfall von Daniel abzusehen. Daß der Verf. Vollständigkeit
beabsichtigte , halte ich für sicher , auch trotz des unbestimmten
y^^i HAt in Z. 23. Daß der Gewährsmann, der Presbyter Jünus,
aus Unkenntnis oder Absicht gerade diese Bücher verschwiegen
habe, halte ich nicht für denkbar. So wird nichts übrig bleiben,
als einen Textverlust anzunehmen , was bei der. schlechten Über-
lieferung des Fihrist sehr wohl möglich ist.
Cod. Spr. 30 zeigt in der Anordnung der biblischen Bücher
des Alten Testaments nichts spezifisch Nestorianisches , sondern
gibt im wesentlichen die babylonisch -jüdische Tradition wieder.
Das Eecht, bei ihm trotzdem vom nestorianischen Kanon zu reden,
1) Mir ist diese Annahme dadurch ziemlich sicher gemacht, daß Jesus
Sirach als kanonisches Buch mitgezählt ist. Das ist nestorianische Eigen-
tümlichkeit, vgl. Buhl 1. c. 52. — Zur Stellung des Jesus Sirach vgl. noch
unten p. 22. — Übrigens ist die Lesart in Flügels Ausgabe ü^.^.>- i«_J»äj
^r.x^w ..J ^..wsj».? schwerlich richtig. Zu lesen (j^-£-w qJ p^„**o? oder
G. Rothstein, Der Kanon der biblischen Bücher etc. 655
gibt aber unzweifelhaft der Bestand des Neuen Testaments, wobei
auch auf eine interessante Notiz des Cod. Spr. 30 bezüglich Jesus
S i r a c h hinzuweisen ist.
Die Bücher des Neuen Testaments.
Da der Anonymus in Babylonien schreibt und seine Informa-
tionen von dortigen Christen hat, wird man seine Gewährsmänner
naturgemäß am ehesten in der dort herrschenden Konfession der
Nestorianer suchen. Bestätigend kann man darauf hinweisen , daß
er Schriften von Nestorius , Ephraem und Narses anführt (p. 29).
Weiter aber ist zu erinnern an die nestorianische Eigentümlich-
keit, daß Jesus Sirach zum Kanon gerechnet wird. Spr. 30 hat
ihn in der Aufzählung der kanonischen Bücher nicht, gibt aber
p. 20 eine interessante Notiz: uj.äj" [d. h. der ^.L*a5] *£ji\ji J:»
0-q.^xJLv- ^.XV %A [S. p.] JL;^ XÄ\J. X*wijJ ^J^' V^*- l3
„In ihren [der Christen] Händen befindet sich ein Buch, genannt
Bar Sirä, welches mit den Weisheitssprüchen Salomos zusammen,
an deren Ende, geschrieben wird. Es wird nicht für sich unter
den kanonischen Büchern gezählt, vielmehr hängt es unzertrennlich
mit den Weisheitssprüchen Salomos zusammen." — Danach steckt
also im Kanon der Christen Jesus Sirach drin , aber nur als eine
Art Anhang zu den Proverbien.1) — Die Bezeichnung der Pro-
verbien als ^A*» p&>- erinnert an die Bezeichnung im christ-
lichen Kanon im Fihrist und die im Cod. Sinaiticus. Die Stellung
von Jesus Sirach im Fihrist ist etwas anders. Dort steht er am
Ende aller salomonischen Schriften und wird offenbar auch ge-
zählt. Immerhin wird man in der angeführten Stelle einen Beleg
dafür sehen dürfen , daß der Anonymus nestorianische Tradition
geben will.
Wichtig ist, daß der Anonymus nur drei Corpora im N. T.
kennt: Evangelium, Acta, Paulus.
Das ist sicher nestorianische Tradition. Als Cosmas sich im
6. Jhdt. von nestorianischen Christen belehren ließ, erfuhr er.
sie weder Apokalypse noch katholische Briefe hatten, vgl. Tli. Zahn.
Neue Kirchliche Zeitschrift 1900, S. 792. Das stimmt nach Zahns
Ausführungen zu den Angaben, die bezüglich des nestoriai
1) Zur Stellung von Jesus Siraeh zwischen Proverbien und Koheleth in
syrischen Bibelhandschriften vgl. Protest. Realencykl.3 IX, 7G1. — S]
p. 30 sagt, in Übereinstimmung mit der obigen Ausführung, im Anschluß an
die Nennung der Proverbien: ' _x.w .J »ixi. ,
656 &• Rothstein, Der Kanon der biblischen Bücher etc.
Kanons aus Aphraates und (für das 9. Jhdt.) , durch Isö'däd11 zu
gewinnen sind.
Nun ist es auch zweifellos geworden, was wir oben schon als
höchst wahrscheinlich konstatieren mußten , daß der Kanon des
Filmst nestorianische Tradition wiedergibt. Auch er hat für das
X. T. nur drei Corpora (p. 23, 28 ff.). Das Kitüb as-süra al-hadda
enthält:
1) Die vier Evangelien (*ju^i J^>Li^i).
2) Das Buch der Apostel (^j.LÜ), bekannt als ^a.wJ'Ls.
3) Das Buch des Apostels Paulus (^yJLwJt ,wJ*j) : 24 Briefe.
Die letztere Zahl , die man kaum anders als auf das Kitäb
, v*J»j beziehen kann , ist unverständlich und schwerlich richtig.
Ich denke, es ist für ^^ Ac3 Süu.i zu lesen „^- äüu.t. Denn
14 paulinische Briefe zählt man auch sonst, z. B. Origenes und
Eusebius, sofern man eben den Hebräerbrief mit mehr oder weniger
Bestimmtheit dem Paulus zuschrieb. Das war aber auch bei den
Nestorianern der Fall, vgl. Jülicher, Einleitung in das Neue Testa-
ment p. 345.
Auch an-Nadim , der Verf. des Fihrist, schrieb in Babylonien.
Und für Babylonien kommt nun weiter noch das Zeugnis des
Cod. Sinaiticus hinzu. Auch er hat nur: Evangelien — Acta —
Paulusbriefe.
Der Cod. Sinaiticus soll aus dem 9. Jhdt. stammen, womit er
in die Nähe der vermutlichen Zeit des Cod. Spr. 30 rückt. Die
Liste des Cod. Sin. soll freilich nach Zahn den Zustand um etwa
350 — 400 wiederspiegeln. Das mag wohl richtig sein — Zahn
schließt es aus der Stellung zum Diatessaron ; Sin. hat bereits die
Getrennten — $ das interessiert hier weniger als die Tatsache, daß
der Tatbestand, wie ihn der Cod. Sin. angibt, noch lange nachher
bestanden hat und daß zu den von Zahn angeführten Zeugnissen
noch das unseres Spr. 30 und des Fihrist hinzukommt. Zu dem
Zeugnis des Isö'dädh aus dem 9. Jhdt. kommt also das des Cod.
Spr. 30 aus ca. 9./10. Jhdt., das des Fihrist aus dem Jahre 377 H.
= 987 D. Nach Jülicher, Einleitung in das N. T. p. 337 wäre
noch eine Handschrift aus dem Jahre 1470 hinzuzufügen, über die
mir aber nichts bekannt ist. Bemerkenswert ist, daß diese Zeug-
nisse, wie es scheint, sämtlich auf Babylonien zurückführen, daß
man also speziell den Kanon der babylonischen Nestorianer vor
sich hat.
Leider läßt uns der Anonymus wie auch der Fihrist für die
Einzelheiten im Stich. Wie groß das Corpus des Paulus war,
darüber sagt Spr. 30 gar nichts, Fihrists Angabe ist zweifel-
haft. Die Bezeichnung der Acta als Briefe oder Buch der
Apostel (pl.) (vgl. Spr. 30 und Fihrist) erinnert an die Angabe
G. Rothstein, Der Kanon der biblischen Bücher etc. 057
bei Jülicher 1. c. p. 387 „die Handlungen der 12 — oder auch
aller — Apostel".
Eine Erinnerung an das Diatessaron wird man nicht kon-
statieren können. Spr. 30 zählt zwar „das Evangelium" als ein
Buch , weiß aber doch von 4 nusah (A) oder 4 kuiub (B) , und
der Fihrist zählt 4 \inäg'd. Genaue Kenntnis der 4 Evangelien —
und zwar, wie es scheint, in einer nach dem Syrischen gefertigten
arabischen Übersetzung — finden wir schon bei Ibn Wädih (al-
Ja'kübl), Historiae ed. Houtsma p. 75 ff. um das Jahr 871 D. (die
„Historiae" reichen nur bis 258 H. = 871 D.). Man vergleiche
zu Ibn Wadihs Evangelienauszügen M. Klamroth , Der Auszug aus
den Evangelien bei dem arabischen Historiker Ja'qübl. Festschrift
zur Einweihung des Wilhelm- Gymnas. in Hamburg. 1885, p. 117 ff.
— Bei Ibn Wädih schon ist deutlich der doppelte Spi-achgebrauch
vorhanden, nach dem al^ing'd sowohl die Gesamtheit der Evan-
gelien als Summe der Geschichte Jesu als auch die einzelnen
Evangelien bezeichnet — genau entsprechend dem christlichen
Sprachgebrauch bei „Evangelium". Die Evangelisten sind die v_jL^
J.j^'^i , daneben gibt es auch ein ^i„* Jj^'i u. s. w. Weiterhin
wird dann auch die Nisbe al-HngiU für „Evangelist" gebildet,
vgl. Brit. Mus. Suppl. No. 1 und Berliner Ms. WE 184 #(„ Ver-
zeichnis" IX, 530. — Evangelienübersetzung. Abschrift aus dem
Jahre 1197 D.). Diesen Beinamen trägt als „Evangelienüber-
setzer" schon Ahmed b. 'Abdallah b. Saläm cf. Fihrist 'p. 22.
Anhang.
Die veröffentlichte Stelle zeigt, daß Spr. 30 interessantes
Material enthält. Interessant sind auch weitere Angaben über
allerlei jüdische und christliche Werke, wenn nur ihre Identifizie-
rung leicht wäre. J. W. Rothstein ist sie in der früher angeführten
Abhandlung nicht möglich gewesen ; auch mir fehlen die nötigen
eingehenden Kenntnisse auf diesem Gebiet, um weiter zu kommen.
Wenn ich mich recht besinne , ist einmal in dieser Zeitschrift
eine Notiz über eins der fraglichen Bücher erschienen. Ich kann
die Stelle aber nicht wiederfinden. Möglicherweise ist auch sonstwo
an mir unbekannten Stellen etwas darüber gesagt oder sind Kenner
namentlich der jüdischen Literatur in der Lage, Auskunft zu geben.
Um eine erneute Prüfung zu erleichtern, stelle ich, da die Arbeil
J. W. Rothsteins manchen nicht zur Hand sein wird, die frag-
lichen Stellen hier noch einmal zusammen, gebe zugleich mehr als
J. W. Rothstein gegeben hat.
Zunächst einige christliche Schriften :
1) p. 29: jfr»JLi l*£xs ^mLäj-Ä ^jbU^s ^.LaJÜI c-*\jI Jj
(358 &• Rothstein, Der Kanon der biblischen Bücher etc.
^. [der Schluß des Wortes sehr undeutlich] ^ L^lsA I+4J ilftj
-IwaIL IujA^I s^aJi V0^ iä*"L" (5% ^UasJÜI. Es handelt
sich also um ein Kommentarwerk zum Alten und Neuen Testament,
dessen Titel arabisch an-ntsfäni = „Die beiden Hälften" ist.
Prof. Fischer vermutet, daß vielleicht v^>3 in dem unbekannten
Namen steckt. Aber wie heißt nun der Titel , welches Werk ist
gemeint? Vielleicht kann die Tatsache weiter helfen, daß es sich
um ein bei den Nestorianern gebrauchtes Werk handelt; es schließt
sich nämlich sofort an : ^J La <J\J& ^..gjj und »J .La uUü'
[= Buch des Narses und Buch des Ephraem], dann folgt:
2) (j^jli^o oL-vlAi c_jLä5" = „Buch der Liturgien des
Nestorius*. Trotz des Pluralis wird es sich um die sog. „Liturgia
Nestorii" handeln, die zwar nicht von Nestorius herrührt (vgl. Loofs,
Die Überlieferung und Anordnung der Fragmente des Nestorius
untersucht von Fr. L. Halle 1904, p. 5), aber doch unter seinem
Namen tradiert wurde. — Dann schließt sich an:
3) ^y> ULJLiLs- JJ' ^Lä La *.as vjIäS' «.P» ,y^/.JLv.l_5>i uJ.Xi^
öl ■ xx=>L>o = „ein Buch, in dem steht, was jeder Catholikus —
von den Jakobiten, Nestorianern und Melkiten — gesagt hat und
die abweichende Meinung eines jeden von ihnen und ihre Wider-
legung gegenüber ihrem Vertreter fc.
Ob man dabei an ein Werk denken darf, welches dem bei Loofs
1. c. p. 41 unter No. 133 beschriebenen entspricht? Dort sind Ana-
thematismen des Cyrill je von Gegenanathematismen des Nestorius
gefolgt, diese begleitet von Gegenbemerkungen des Marius Mercator.
Es sind allerdings auch mit den genannten nicht identische syrische
Anathematismen des Nestorius erhalten, die aber für sich allein
stehen und, was nicht hinderlich wäre, zweifelhafter Echtheit sind,
vgl. Loofs 1. c. 68 f. (unter No. 204). — Ganz unklar ist mir
der Titel.
Jüdische Werke:
1) p. 28 : a -amJÜj [s. p.] ^JLü ^.a> aJ ^üü ^1x5" >^-&aJUj
?.axä ,»...jt.i u.*a> Kaj.xw.j &.A^w.äj» A-i.^-— >>vamk> &«ajLi -amJU
IwjLäJÜI j-P. oLac^I [s. p.] Ka*./*.j Ä.AJ» 'iP.'.xi>U LulXÜ -^JjLj
G. Rothstein, Der Kanon der biblischen Bücher etc, 659
Vgl. p. 15: JoJI^I ^ VU^=y>3 Ju£ [sie!] crJ^
& . ..tiuiL£>^| K«y«»JLj (^.LaäJÜI .wm.j ^AJI 'v_J-Ä\-i 5^5.
p. 53. Nach Angabe der drei Titel: u>Jt*:>- As >w >l£5 ..P.
An der zweiten Stelle wird das Werk als Quelle für Angaben
über Nebukadnezars Zug nach Jerusalem sowie über Bahrnan, den
bekannten König, zitiert, p. 79 sagt ein iL*«a .^j Ij-.^c, daß er
eine lange Rede des Manügihr nach Diktat des Möbed aufgeschrieben
und in das *.JL.c -t^> eingefügt habe. p. 103 heißt es: +z-\ +
•:. JUc ..^a^o oücf J, [= Aluned b. 'Abdallah b. Saläm] L^^\
J. W. Rothstein (De chronographo etc. p. 44 45) vermutet, daß es
sieb um eine erweiterte arabische Bearbeitung des Seder 'Oläm
handle, die der Anonymus benutzt. — Ist der hebräische oder der
syrische Titel bekannt?, Der griechische ist natürlich = Xqowaov.
2) An die zitierte Stelle auf p. 28 schließt sich an: l^Uü +.-1.
[Punkte ganz unsicher] _Äj>t„.v. o.|j aJ ^Läj xAc J^ajJ <-
&*j .Ls!)'i u>'.JV JLJl. Der Inhalt soll also betreffen „ihre [der
Juden] Vereinigung und Verbündung zur Leugnung der Angelegen-
heit des Messias *.c und zur Unterlassung des Glaubens an ihn".
Handelt es sich demnach um eine polemische Schrift der Juden
gegen das Christentum ? Wie kann der Titel lauten ?
3) p. 28. Im Zusammenbang mit den vorerwähnten Werken
steht am Anfang der Aufzählung: Ji^? ».P. c>JU.^i UJÜU
Vgl. p. 52: (jyUjÜ! ^O O^Ji ^--A,l j, v'-^'Vi ^*^
ä-^LJi auJ.c ^^ j^?- u£^ e)^ ,-*Ä*a^ a'5 l**^0-5 i**^V!j
p. IG wird ebenfalls „Iä*.»..£ä neben ^Juc q-j-ä-=> zitiert.
(i()0 G. Rothstein, Der Kanon der biblischen Bücher etc.
Aus der, wie es nach den mitgeteilten Stellen wahrscheinlich
ist . vorhandenen Identität des Inhalts schließt Rothstein 1. c. p. 46
auch auf Identität der Titel, indem er büu-ä als aramäische
Emphaticus-Form ansieht. — Zweimal wird das Buch als Quelle
für Angaben über Kaiümart angeführt, das eine Mal mit JLac ,.rx^=>
zusammen, es muß also irgendwie auf geschichtliche resp. legen-
darische Dinge eingegangen sein. Auf die Suhuf Ibrahim ua-Müsä
im Koran (vgl. dazu Pautz. Muhammeds Lehre von der Offen-
barung p. 123) und den Bericht des Fihrist p. 22, 15 ff. hat
■T. W. Rothstein bereits hingewiesen. — Ist der Titel sonst bekannt?
4) Schließlich kommt ein Werk in Betracht, welches von
Christen gebraucht ward, aber offenbar wesentlich jüdische Stoffe
enthielt. Ich beginne mit der leider recht dunklen Hauptstelle.
p. 30. Die Aufzählung der christlichen Schriften war durch
das lange, von Gildemeister veröffentlichte Stück aus IV. Ezra unter-
brochen und wird nun wieder aufgenommen: ^ .LaJÜi (jrAjf J,^
c.LsJÜU .P.a£» oLaawääJI ^ UiLc> [ein Wort zerstört]
v--
: *■*■»*?}
LjUi". Lotxiul Owä5» AUäi5> v— JÜtf! Lj^.jI ^bci", -.0./5 .ä.w
«-»Usi
1-**« _j Llaj. o»Ij ,.-.j i^>JLiä ^-ä^» aJLiuoi , _?» rr*AL*
&.*\;>
oLä^j o«j! v'^5 qJ-a* ts- P-] <— ,-a* ■V-;;-3 *-*!>*;
V^^5
.rc--x.j [s. p.] jj wLx^ jsjJI v^3 &*&>.
So wie die Stelle dasteht, verstehe ich sie nicht, auch ab-
gesehen von dem einen ganz zerstörten Wort. Zunächst die
Schreibung der hauptsächlich interessierenden Namen: xajI-JI
könnte allenfalls auch äJLjI-JI gelesen werden. oL'sLjJ ist sicher.
-ajfc^xjj» kommt fünfmal vor. Die Schriftzüge sind sichei\
Da wo es am deutlichsten punktiert ist (p. 17), heißt es ziemlich
sicher, wie oben geschrieben. Vielleicht kommt daneben noch
in Betracht Jü*+jßo. Der Schluß des Wortes scheint p. 37
Gi . . . . zu lauten, was möglicherweise vorzuziehen ist. — Schlimm
steht es mit dem Sinn der Stelle. Die Christen setzen 10 von
„diesen" [d. h. den vorgenannten] Büchern in Beziehung zum
kitäb s.iy+AiO. Worauf aber eigentlich das „diese" sich genau
beziehen soll, ist nicht zu bestimmen. Möglicherweise ist zu über-
G. Rothstein, Der Kanon der biblischen Bücher etc. ßß\
setzen: „Und in den Händen der Christen befinden sich Bücher,
welche sie nennen *xi!..Ji und oL'ibjJi und al-masähif] und
andere als die Bücher , deren Zustand sind die Bücher
der Erklärungen (= Kommentarwerke) und andere als sie L
Soll nun das folgende 8L\P auf die „ Kommentarwerke " zurück-
gehen? Möglich: J. W. Eothstein 1. c. p. 46 scheint diese Annahme
für diskutabel zu halten. Sicher ist aber garnichts. — Unklar ist
mir nun weiter das anschließende U^Ui, worauf eine unvollständige
Aufzählung biblischer Bücher folgt, deren Xamenformen durchweg
mit den in der oben veröffentlichten Liste enthaltenen überein-
stimmen. J. W. Rothstein p. 45 hat auf dieses {.jjji keine Bück-
sicht genommen, wohl weil er keine Beziehung zu aj»^.>.j^ an-
nahm. Aber solange die Beziehung des suff. LS» nicht klar ist,
muß mit der Möglichkeit gerechnet werden, daß eine Verknüpfung
mit dem unmittelbar Vorhergehenden anzunehmen ist. Die Be-
ziehung ist aber nicht klar. w^.^ kann hier nicht in loser Fort-
führung der begonnenen Aufzählung christlicher "Werke einfach
heißen: und zu ihnen — den Büchern der Christen — gehören u. s.w.
Abgesehen davon, daß ein Analogon zu dieser Ausdrucksweise vor-
her fehlt, kann der Verf. hier nicht alttestamentliche Bücher als
spezifisch christliche Bücher anführen , nachdem er einige Seiten
vorher auseinandergesetzt hat . daß sie gemeinsames Eigentum von
Juden und Christen sind. Dann aber bleibt nur die Möglichkeit.
die Anknüpfung für das Suffix in dem unmittelbar Vorhergehenden
zu suchen. Die dort genannten 10 Bücher können es nicht sein,
weil die Zahl nicht stimmt. Weiter weiß ich bei dem Zustande
des Textes keine Entscheidung zu geben. — Somit läßt sich aus
dieser Hauptstelle für die Bestimmung des Buches nach seinem
Inhalt nichts Sicheres entnehmen.
Ein wenig mehr ergeben die übrigen Stellen. P. 37 und 170
wird beidemal das Buch neben der s. »^=JI K.J.4.J = hebr. Pentateuch
als Quelle angeführt für die Summe der Jahre von der Schöpfung
bis zur Higra. p. 37 : v^j» j\.X* *JLäJ! r -a~, -~* a<2/i La «.a*^
170: ^>\j^=>, äjjjöJi xj;y J. L* , -Jlc
: (]). 41) aber wird das Buch auch als Quelle für die
Nachdem über die
i3
u^*-Ai .«-s ^_^.aa~
L5;
L«l«3
Oj^aJI
--
c
2Jj.^.a:J> U
Jü
Fasl
genau
so
L5Ätr**°-
662 '•'■ Rothstein, Der Kanon der biblischen Bücher etc.
Differenz zwischen den Angaben des griechischen und hebräischen
Pentateuch gesprochen ist, heißt es: sx^ ^ ?*a*i La «.a^~>j
La usU** J-& »j^H^i <^h J *°' *M *J&> oöj ä^s fJLxJ'
Weiter ist bemerkenswert p. 17: ^o.bdi SÄP v_ä.wJ iXäj
Kj,kj A La Je _*aj «*ip £aLc rC-S u»Ls^Ji IlX0 A ,^l\Ü
■■ s5üi3 ->^ .» «Xj La <soo! Hier ist also das Buch als Quelle
^ LT o> •• <_
für die Feststellung der Zeitrechnung bis zur Eroberung Jerusalems
durch Nebukadnezar benutzt.
Schließlich ist p. 184 zu beachten. Dort wird Saul mit seiner
gewöhnlichen arabischen Namensform oJLb genannt und die Be-
merkung angeknüpft: ^^.a's ^ ^Lü cs.ij+juJ> ^Lxf £ x*~!» .
Auf derselben Seite heißt es aber kurz vorher: 5UiLj-*JU au-*»^
Ö? WLÄ.
Somit dürfte sich ergeben :
1) Der Verf. kennt das Buch nur in den Händen von Christen.
2) Es enthält besonders chronologische Angaben.
3) Diese chronologischen Angaben reichen in genauerem Ein-
gehen auf Einzelheiten sicher bis auf Nebukadnezar; die weitere
Rechnung bis zur Higra geht natürlich nicht auf dieses Buch zurück.
4) Es enthält vor allem die Angaben des hebräischen Penta-
teuchs, scheint aber auch die der LXX zu kennen.
5) Aus den Angaben auf p. 184 darf man möglicherweise auf
syrische Sprache des Buches schließen; es kann aber natürlich ins
Syrische übersetzt sein. Da der Verf. es in den Händen der
Christen kennt, wird man ohnehin ans Syrische denken.
Wie lautet der Titel? Syrisch scheint er nicht zu sein;
die Endung scheint, wie J.W. Rothstein vermutet, auf %w\ zu
deuten. Dann müßte das Buch wohl aus dem Griechischen über-
setzt sein.
Da ich eine Ausgabe des Cod. Spr. 30 vorbereite, liegt mir
viel daran , über die angeführten Dinge soweit möglich ins Klare
zu kommen. Bemerkungen , die der Aufklärung dienen können,
bitte ich in dieser Zeitschrift zu veröffentlichen oder mir per-
sönlich zukommen zu lassen. Ich werde jeden Wink dankbar
benutzen.
G. Rothstein, Der Kanon der biblischen Bücher etc. 663
A d d e n i.l a.
1) Zu p. 649 Anm. •"> : Xach Prof. Fischer ist vielleicht
zu übersetzen: ,Das Buch des Predigtensammlers von Salomon"
oder besser: „Das Buch .Predigtenumfasser' (d. h. .Predigtsamm-
lung') von Salomon". Er hält für möglich, daß dieser Titel irr-
tümlich und mechanisch aus &.x.*lil y5" entwickelt ist.
2) Zu p. 651: Zum arabischen Titel der rroa;ag vgl. Studia
Sinaitica III = Catalogue of the Arabic Mss. in the Convent of
S. Catharine etc. , p. 22 — 24 passim. Dort zweimal ^.^S.i\ ohne
a, dann auch die Übersetzung jJ»,Ji ^Ud als Titel.
3) Zu p. 6-58, 4 v. u.: ^*.a> wohl, wie ich selbst und auch
Prof. Fischer vermutete, = n^n.
664
Eine Anfrage an Arabisten über Psalm 55, 23.
Von
Eb. Nestle.
Über "plm Ps. 55, 23 ist aus Siegfried- Stade's Wörterbuch
gar nichts zu entnehmen als die Verweisung auf Olsh. 240. Hateh-
Redpath führt zu (ieq^vu a!~r an, als ob gar keine Schwierigkeit
vorläge, während die 3 andern Stellen, wo fiEQijxva vorkommt, mit
dem Kreuz bezeichnet sind, das eine Schwierigkeit andeutet. n^NT
ist das Wort, dem sonst (leQLfiva entspricht (bei Aquila , Ez. 4, 6.
12, 19; bei Theodotion Pr. 12, 25, 4 mal in Sirach).
Auch Brown-Driver- Briggs geben ohne Weiteres:
-j-fnrr] n. [m.] lot (as that which is giveri) — xp 55, 23 cast on '•>
ihy tot (the care, anxiety, etc. which are thy portion; cf. xiJ 37, 5).
Gesenius-Bubl führt das Wort gleichfalls als maskulines Sub-
stantiv auf, sagt mit Berufung auf Levy, Nh. Wb. 2, 223, es werde
im Talmud mit „Last" erklärt, von König 2, 1, 141 „er hat es dir
gegeben", Baetbgen wolle nach Aq., Sym., tlärn (so!) „er hat dich
lieb" (^n-ir '?) ; Wellhausen SpiT v. a«1*.
Das Targum hat ^"irrö. Leider gibt es noch immer keine
aramäische Konkordanz oder auch nur ein aramäisch-hebräisches
Glossar zum A. T. , dem man auf einen Blick entnehmen könnte,
welche aramäischen Ausdrücke den hebräischen entsprechen und
umgekehrt. Auch Techens Syrisch-hebräisches Glossar zu den Psalmen
(Bd. 17 der Zeitschrift für alttest. Wissenschaft) hat noch immer
nicht die so wünschenswerte Fortsetzung und Ergänzung gefunden.
Letztere müßte die hebräischen Wörter mit den syrischen Äquiva-
lenten angeben.
Dalman gibt Nä!-p a. m. Last.
Zwei Fragen erheben sich :
1. Ist es nötig mit Baethgen und Stärck für ayaiDjaei öe ^2t~P
vorauszusetzen ?
2. ist ein Anhaltspunkt vorhanden, die masoretische Form für
eine Substantivform zu erklären?
Ich verneine beide. So gut wie nr;N = *2nNN ich liebe, so
gut kann auch *2~r = 5"^ sein , wie schon Gesenius-Buhl an-
Nestle, Eine Anfrage an Arabisten über Psalm 55, 23. 665
deutete. Ein festes Sere würde man wohl erwarten; wie wenig
aber unsere Masoreten konsequent sind, zeigt die Vokalisierung
iratrö und DitjN, wo auch gegen alle Regel der Vokal wegfiel.
Daß schon die Masoreten kein Substantiv annahmen, wird der Pesik
andeuten zwischen '"> und *prp. Auch eine Vergleichung zwischen
Ps. 22 , 9 und 37, 5 zeigt , daß ein Objekt fehlen kann. Dalnians
aramäisches N3)TT> wird wieder unserer Stelle entstammen. Jastrow
führt an: E. Hash. 26b; Meg. 18a (as an analogy to nrr Ps. LV, 23)
the Arab said, "TpiafP bipiü take off thy bündle and put it on my
camel; Gen. E. S. 79, end -ör '■> "p*ir; "On help me to put my
load on: iVu373 'i FPiTO "p^ttia from this they learned that yliaba
means load.
Es wäre sehr dankenswert , wenn Arabisten uns nachweisen
könnten , an welches (arabische) Wort die obigen Stellen denken.
Einstweilen halte ich den Text für verderbt, meine aber, wir haben
nach der Überlieferung weder ein Substantiv, noch eine Form von
2rr, sondern eine solche von n!~iN hier zu sehen. Nur gelegentlich
mache ich darauf aufmerksam , wie Unzählige seit 1 Petr. 5 , 8 an
der Stelle sich erbaut haben , deren grammatikalische Erklärung
durchaus unsicher ist. Ov tu TtQuyfiGxa, ccXXcc xa öoyfjLixxa.
[Nöldeke hat in seiner Anzeige von Kautzsch, Die Aramaismen
im Alten Testament, I. Teil, wo S. 36 f. auch von der. hier von
neuem von Nestle behandelten crux interpretum *]171^ die Eede
ist, die Frage aufgeworfen, ob dieses nfp, als Substantiv mit der
Bedeutung „Last" aufgefaßt, zu arab. \jj>\ gehören könne (diese
GS
Zeitschrift, Bd. 57, 417, Anm. 1). x^f dürfte in der Tat das einzige
für ein Substantiv 5m „Last" in Betracht kommende arabische
Äquivalent sein. Ich kenne das Wort allerdings nur in den Be-
deutungen „Ausrüstung, Kriegsbedarf, Betriebsmaterial, Reisevorrat,
Kleidung" etc. (vgl. außer den Lexicis z. B. Haniäsa elf, 15. i.r*", 10;
Kämil 1o1, ult. etc.). Aber aus diesen Bedeutungen konnte sich
die Bedeutung „Last" natürlich leicht entwickeln. Ungefähr die ent-
gegengesetzte Bedeutungsentwicklung zeigt das lat. impedimentwm.
Indes dürfte die ganze Anfrage Nestle's auf einem Irrt um
beruhen. Die Zitate aus Talmud und Midrasch bei Jastrow, die
Nestle zu seiner Anfrage veranlaßt haben , leiden nicht an über-
großer Deutlichkeit. Ausführlicher und darum verständlicher finden
sich die nämlichen Zitate bei Levy , Neuhebr. und chald. Wörter-
buch, sub Narp. Es heißt hier: „Genes, r. s. 79 g. E. . . . tOTi '-\
m^sbteb tomrn N-on (1. "p-ifib) N-inb iinsn Dimnn p ■pb"»» "pröiu
rr:-72 -psaia ->by Nnm -p-iri "»bn m-ßnb *i7:n-i mbp p3>»iü r:~ V:
■»mon NSl-p R. Chija, der Aeltere, E. Simon bar Rabbi und R. Simon
Bd. LVIII. 43
(5(56 Nestle, Eine Anfrage an Arabisten über Psalm 55, 23.
bar Chalafta hatten einige Worte aus dem Targum (d. h. dem
Aramäischen) vergessen ; sie gingen daher zu einem arabischen Kauf-
mamie , um es von dort zu erlernen. Da hörten sie , daß er zu
seinem Nächsten sagte: Lege (hebe) mir diesen Narr auf! Daraus
entnahmen sie, daß N2!~r : Last bedeute; ferner auch, daß unter
*pZT* (Ps. 55, 23) zu verstehen sei: deine Last. Nach Meg. 18 a un.
hätte der Araber (fiW^ü) gesagt: "»NbwaN "H^DT ■pat-p bip*a nimm
deine Last und lege sie auf mein Kamel! E. hasch. 26b dass."
Als Autorität für 3i"P = „Last" wird also hier zwar ein ara-
bischer Kaufmann eingeführt, aber ein arabischer Kaufmann, der,
wie ersichtlich , Aramäisch spricht. Seine Worte können also
nicht , wie Nestle denkt , ein arabisches Äquivalent für hebr.
rrr an die Hand geben, sie würden uns vielmehr nur, die Zuver-
lässigkeit des ganzen Berichts vorausgesetzt , die aramäische
Entsprechung Nan-1 liefern.
Das richtige hat, wie so oft, bereits Gesenius in seinem un-
vergleichlichen Meisterwerk exakter Forschung, dem Thesaurus. Er
schreibt hier sub in"1: „Statuunt Talmudistae nomen liT* oneris
significatum habuisse, et provocant ad usum quendam Aramaeorum
[non Arabum, ut a recentioribus quibusdam annotatum video ; verba
enim mox e Talmude laudanda chaldaea sunt, quanquam ab Iudaeo
Arabe dicta]. Kimchi: Talmudistae onus interpretantur puibn ifnnpb
myiBiD "nn^ mir by -^wn ■"«» ]wn i^T" -nn Nb s-i72Nn iein
■> N b 73 a « 1 1 tt 1 ^air1 b i p «3 8*Qa ■ Ni-nb -i72Npi «yi-'ü Nitttib
[i. e. sume onus et proiice illud super camelos1)]", cf. Megilla fol. 18
coL 1 "■ A. Fischer.]
1) "1ND72riN im Talmud kann bedeuten „die Kamele", „meine Kamele"
und „mein Kamel". Vgl. C. Levias, A Grammar of the Aramaic Idiom contained
in the Babylonian Talmud (im Am. Journ. of Sem. Lang, and Lit., voll. XIII —
XVI), §§ 989 b und 993 a und b; auch Dalman, Grammatik des jüd.-paläst.
Aramäisch, § 41 , 1. Hinsichtlich des prosthetischen Vokals von ''fcOTSÄN vgl.
Levias, a. a. O., § 87 (Dalman, a. a. 0., § 14, 8).
667
Notes concernant le Maghreb,
par
E. Fagnan.
I.
'Arib ben Sa'd , qui etait Cordouan et d'origine chretienne,
devint secretaire de Hakam II, prince Omeyyade d'Espagne, et ecrivit
notamment une chronique dont une portion nous est parvenue et
a ete utilisee par Dozy pour son edition du texte arabe du Bayän ;
il mourut vers 370 de l'hegire. II est aussi auteur d'un traite
d'obstetrique, bien que'son nom ne figure pas dans le livre consacre
aux medecins par Ibn Abi Oceybi'a, ainsi que d'un calendrier 1).
D'autre part, Ibn Kbaldoun parle ä deux reprises dans son Histoire
des Berberes (trad. fr., I, 203 et 261) d'un historien nomme 'Arib
ben Homeyd, orthographe qui est aussi celle de l'edition de Boulak
(t. VI, p. 105. 1. 24, et 130, 1. 23). M. de Slane fait remarquer
dans une note que l'auteur du Bayän cite assez souvent l'abrege
des Annales de Tabari par Arib ben Hamid ou Homeyd [sie] . et
ajoute: „Dans un ms du Süat , dictionnaire biograpbique d'Ibn
Bachkoual, on lit qu Arib ibn Mohammed, historien natif d'Espagne,
mourut en 490 de l'hegire (1097). Comme ee ms est rempli de
lautes de copiste, je suis tres porte ä croire que pour Mohammed
il laut lire Hamid: dans l'ecriture maghrebine, ces deux noms
peuvent se confondre tres facilement ..."
Or, en se reportant au texte de la Cüa publie par M. Codera
(t. II. n° 962), on trouve la notiee dont voiei la traduetion: „'Arib
ben ^Mohammed ben Motarrif ben 'Arib , prenomme Aboü Merwän
et originaire de Cordoue, suivit en Orient, ä la Mekke , les cours
d'Abou'l-Hasan ben Djahd'am. C'etait un homme lettre et instruit,
bien en etat de rapporter les 6venements. II exer<;a les fonetions
de Kädi dans le canton de Reyo (Malaga) pendant la periode de
troubles [lors de la ebute des Omeyyades]. II i'ut tue par erreur
pendant qu'il etait ä la porte de sa demeure en rebl' II 409 (aoüt-
septembre 1018) et fut enterre dans le eimetiere d'Omiu Selama.
1) Dozy, Bayern, intr. du t. I, p. 37; le meine, Corrections, p. 1 — 2, et
zi).M<;., 1866, p. 595; de Goeje, Arib, Tabari continuatus.
(lliS Fagnan, Notes concernant le Maghreb.
Ibn Hayyän relate sa mort." Je n'ai, d'autre part, pas retrouve
que ce savant soit cite ailleurs.
On voit par cette notice que M. de Slane a commis une con-
fusion entre deux 'ArTb, Tun fils de Mohammed l'autre fils de Sa'd.
Quant a la date de 490 qu'il dorme comme etant celle de la mort
d'AvIb ben Mohammed, c'est le resultat ou d'une erreur de lecture
qui lui est personnelle ou d'une erreur du ms de la Ci'la qu'il a
consulte. On vicnt de voir en effet que l'edition imprimee de cet
ouvrage donne la date 409: celle-ci est, il est vrai, donnee en
chiffres, contrairement ä l'usage suivi dans les mss anciens ou
quelque peu soigni'-s , ainsi que j'ai eu l'occasion de le signaler ä
plusieurs reprises ; mais je suis persuade qu'elle est exacte, puisqu'elle
rentre dans la periode de troubles denommee fitna par les chroni-
queurs espagnols, ce que Ton ne peut dire de l'annee 490.
Des observations qui precedent il y a donc ä conclure :
1° que 'ArTb ben Sa'd et 'Anb ben Homeyd sont deux auteurs
differents;
2° que Arlb ben Mohammed, probablement different d'ArTb
ben Homeyd et mort en 409, a jpeut-etre ecrit une ou des chroniques,
mais que la Cila ne le dit pas en termes expres;
3° qu'un lettre du nom d'Arlb ben Homeyd, dont nous
ignorons la date, mais dont l'ouvrage parait avoir ete consulte par
Ibn Khaldoun, est l'auteur d'une chronique dans laquelle il est parle
de la dynastie des Benou Midrär, qui regna ä Sidjilmässa.
II faut ajouter encore que l'existence de cette chronique n'a
ete signalee ni par Wüstenfeld dans son GescJuchtsckreiber der
Araber, ni par Pons Boigues dans son Ensayo bio-bibliograßco,
ni par Brockelmann dans sa Gesch. d. ar. Litteratur , et que la
liste des ouvrages historiques bien probablement perdus doit etre
allongee d'un manquant de plus.
IL
Entre autres extraits de lettres du Kadi El-Fädel inseres par
Aboü Chäma dans son Kitäb er-7~awdate>/n, il en est un qui Signale
l'arrivee ä Alexandrie, le 2 redjeb 586 (5 aoüt 1190), d'une lettre
de Mehdiyya anterieure de seize jours et donnant quelques renseigne-
ments sur les affaires du Maghreb, notamment celui-ci: „. . . Youzepa
a i ite vu dans El-Mehdyyah charge de chaines. II a ete envoye
par Karakouch au seigneur de Tunis; ce dernier est charge de le
diriger sur l'Espagne au camp oü se trouve (le sultan) Ibn Abd
öl-Moumen ä Ja tete de ses troupes" (Rist, arabes des Croisades,
IV, 508).
La forme bizarre du nom „Youzepa" et sa transcription ä
l'aide d'un p, inconnu a l'alphabet arabe, appelaient une explication
que los tmducteurs ont negligä de donner , non plus qu'ils n'ont
fourni de renseignements sur le personnage ainsi denomme.
Fagnan, Notes concernant le Maghreb. QQQ
On ne peut, semble-t-il , hesiter ä y reconnaitre l'Aboü Zebä
Färisi (pu Felousi, d'apres une Variante) dont il est question dans
Ylstibeär (p. 5 de la trad. fr.), qui se revolta ä cette epoque dans
le Zäb d'Ifrlkiya et qui — continue l'auteur de cette compilation,
contemporain des evenements — fut envoye encbalne ä Merräkech
en 586 Heg. par Karakoucb. Ce dernier norn ne peut d'ailleurs
designer que Cheref ed-Dln Karakouch; qui etait passe dans la
Tripolitaine pour y preparer les voies ä Taki ed-Dln, neveu de
Saladin (cf. Ibn el-Atbir, Annales du Maghreb et de l'Espagne,
p. 605). II faut en effet se garder de confondre ce Karakoucb avec
son bomonynie Bebä ed-Dln Karakouch, officier au Service de
Saladin lui-meme, et alors enferme ä 'Akka, dont il etait Gouverneur
(voir Bist. ar. des Cr., IV, 476, 520, etc.).
On trouve indiquees dans la Vie d'Onsäma de H. Derenbourg
(p. 450) les diverses ortbograpbes du nom lf5«j, -j;»J et iöf- .j •
il y en a une quatrieme , celle de ü: ^jI de Ylstibcär. Je suis
liien persuade . ainsi que je Tai dit en traduisant ce dernier texte.
qu'il y a lieu de distinguer entre le revolte du Zäb et Bouzäba,
mamlouk de Taki ed-Din et compagnon de Cheref ed-Dln Karakouch.
Si veritablement Tun etd'autre portaient le meine nom, l'orthographe
correcte serait probablement celle de Ylstibcär. c'est ä dire b: y*\
en deux parties, la cbute de Yalif initial et la fusion en un seul
mot constituant simplement une forme vulgaire.
Comme documents relatifs au Maghreb et figurant dar
Chäma , signalons encore le texte des deux lettres qui ont trait ä
la demande de secours adressee par Saladin ä l'Almohade Ya'koüb
ben Yoüsof (/. /., p. 491 et s.).
III.
On sait que Dozy n'a eu ä sa disposition, pour publier en
deux editions successives le texte de son "History of the Almohades
by Abdol-Wahid al-Marrekoshi", qu'un senl ms qui est consei
Leide et auquel il manque meine un cahiei-. J'ai appris l"e\i-
ä Alger d'un second exemplaire de cet ouvrage , mais je a'ai pu
jusqu'ä ce jour reussir ä en obtenir l'usage pour en entreprendre
la collation.
Le ms 907 du Catalogue Uri, 429 Hunter, a ete utilemenl
consult^ par les editeurs des Analectes de Makkari (voir f. I. intr.,
p. 15). J'ai retrouve dans ce volume , avec quelques variantes, le
fragment en prose rimee correspondant ä la p. 119, 1. 1 — 12 de
la 2e ed. du texte de Marrekoshi | p. L42, alinea, de la trad.
fr.). Par suite d'une confusion qui s'est gliss6e dans mes not»
ne puis malheureasement indiquer le folio du ms.
070
Anzeigen.
Le dialecle arabe parle a Tlemcen. Grammaire , textes et
glossaire par W. Marcais, Directeur de la Medersa de
Tlemcen. Paris, Ernest Leroux, 1902. 325 S. 8. (= Publi-
cations de l'Ecole des Lettres d'Alger. Bulletin de Corre-
spondance africaine. XXVI.)
Zum ersten Male tritt uns hier ein Werk entgegen, das einen
algierischen Lokaldialekt in Laut- und Formenlehre erschöpfend
und präzis darstellt und auf die vage Darstellungsweise verzichtet,
die allen bisherigen Grammatiken des algierischen Arabisch als
Makel anhaftet. Das treffliche Buch widmet — nach einer, drei
Seiten umfassenden Einleitung, die deutlich beweist, daß der Ver:
fasser in der einschlägigen Literatur Wohlbewandert ist und Publi-
kationen von uns Deutschen über maghrebinisches Arabisch nicht
unbeachtet beiseite liegen läßt — der Lautlehre 52 und der Formen-
lehre (in die zahlreiche sjmtaktische Bemerkungen eingestreut sind)
137 Seiten: hieran schließt sich ein 8 Seiten langer Anhang über
Verwandtschaftsbezeichnungen; hernach finden wir 25 volkstümliche
Lieder in Transkription , arabischer Schrift und Übersetzung , —
Lieder der Art haufi gys*. Die diesen Liedern vorangehenden
6 Seiten behandeln Wesen und Ursprung des tlemsenischen haufi.
Wir lernen da , daß als Erfinder dieser Liederart (deren Namen
übrigens schon in Ibn Haldüns Prolegomena vorkommt, wie M.
S. 207 angibt) eine legendäre Persönlichkeit mit dem rätselhaften
Namen ^_^uJtii -.x gilt. Räh-alrrib soll auf den Hügeln in der
Nähe von Lourit (Joj, Jl) bei Tlemsen ein einsiedlerisches Leben
geführt haben und soll, als er einst, dem Verbote des Sultans von
Tlemsen zuwider, sich dem Badeplatz der fürstlichen Haremsdamen
genähert, mit Durchschneidung der Knie- oder Fußgelenksehnen
bestraft worden sein. Da habe er in seinem Gram das erste
gesungen :
Stumme, Marcais 's Dialecte arahe parle a Tlemcen. 671
äs qdh1) rült-alrerib, beglagelu jSdurif
neskun fegemv-össemä ivunläned elh'rwi
valjöme. ja sähebi lei-Jcäbe hänüni,
ndifes icdä bürejül föJä'rdejesböqni!
„Was sang Ruh - edrrtb , dessen Glöckchen glitzern? (Er sang:)
Ich wohnte oben in der freien Luft und war gewandter als das
Mufflon. Aber heute, Freund, lassen mich meine Kniee im Stiche:
ich wollte die Assel zertreten, aber sie kam schneller auf dem
Boden vorwärts, als ich."
Diesen häufi- Texten folgen (auf S. 242 — 281) Pro satexte
(links steht die Transkription , rechts die Übersetzung) , nämlich :
elmsid (Schilderung des Unterrichts in einer Elementarschule); tSrgu
(Gespenstergeschichte ; f. ist der Name eines Friedhofsgespenstes) :
bäb kessut (Sage, betreuend das Bab Kechchout in Tlemsen): Tclfäs
dehlu tttirh ?dä tlemsan (sagenhafter Bericht einer Einnahme T.'s
durch die Türken): ehnüled (Schilderung der Feier dieses Festes
zu T.). Endlich erhalten wir (S. 283— 301) 17 sehr nette Kinder-
lieder und Arbeitslieder (Drescher, Schmied), und ganz am Schlüsse
ein 14 Seiten umfassendes Glossar. Übrigens sind die Texte —
sJj l\»«JI — ganz in europäischer Weise interpunktioniert ; das
Auge irrt daher nicht ruhelos und periodenschlußsuchend auf den
Seiten umher wie bei Transkriptionstexten Meißners, Brodes, Rein-
hardts, Rößlers xx. a.
Das Buch ist korrekt gedruckt; das 41/2 Seiten umfassende
Verzeichnis der Errata und Addenda dürfte so ziemlich alle Ver-
sehen richtig stellen (der Druck des Buches währte etwas lange,
so daß das Gesetzte wiederholt revidiert werden konnte). An den
Typen ist nichts zu bemängeln; doch stehen die Akzente (' für
betonte Kürze , Ä f. bet. Länge , ~~ f. unbet. L.) da , wo sie extra
aufgesetzt sind, meist zu hoch über den Vokalen, und ferner reißt
das Zeichen c (= A häufig das Wort unangenehm auseinander (so
steht 248, 63 für (j\.c.^> geradezu megmü zen und 250, 94
geradezu kessä* la für &.ijt^J.3 ).
Seinem Charakter nach ist der Dialekt von Tlemsen — wie
von den Dialekten der Städte der Provinz Oran nur noch der von
Nedromah — rein städtisch; so („netternent citadin") drückt sich
M. auf S. 8 aus, wo er uns unter der Überschrift „Caractere general"
eine kurzgefaßte aber präzise Charakteristik des behandelten Dialektes
gibt und die Hauptunterschiede der städtischen und der beduinischen
1) Die Buchstaben in Antiqua sind von M. zur Herstellung des Metrum*
I ___|| — „_ I eingesetzt worden. Beim Zitieren transkribierter
Wörter haben wir einige rein äußerliche Veränderungen in den Zeichen vor-
genommen; so setzen wir 3, g, j statt ', j, y bei Marcais. Mit t ist natürlich
ts gemeint.
672 Anzeigen.
Dialekte des Maghreb namhaft macht. Darum lautet das Suffix
der •'). Pers. s. m. in Tlemsen und in Nedromah u, wo es in den
Dialekten aller übrigen Städte der Provinz äh, ah, ah, öh lautet,
o und o fallen in Tlemsen zu t, o und 3 zu d zusammen.
Unter Umständen tritt aber auch t für o ein , so z. B. in den
Zahlen von 13 — 19 (tJötfds, rbatds etc.; s. S. 155): es wird die
Entstehung der Affrikata also relativ jung sein. Für geschärftes t
schreibt M. tt und begründet dies (S. 14) durch die Angabe „il
faut remarquer que lorsque t doit etre redouble, l'element dental t
est en fait seul redouble ; i'element siff lant continu reste simple :
&.Ä*« (six) doit etre transcrit setta mieux que setta.u. Wir setzen
in die Richtigkeit dieser Angabe M.'s keinen Zweifel, bemerken
aber dazu, daß wir in der Stadt Algier (wo bekanntlich gleichfalls
für o und o ein t gesprochen wird) für geschärftes t immer die
geschärfte Affrikata (also tt) gehört haben; diese ist aber ebenso-
wenig tts wie das Doppel-« im ital. Worte palazzo.1) Pur ge-
schärftes __ schreibt M. übrigens die geschärfte Affrikata (z. B. in
haggdla „Witwe" = aüL>-?, S. 20). — Sehr beliebt ist auch in
diesem arabischen Dialekte das Gleichstimmen benachbarter Kon-
sonanten auf dem Gebiete des Emphatischen. Daher fällt es in
gewisser Beziehung auf, daß neben dem nichtemphatischen t nicht
noch eine entsprechende emphatica existiert und Verbindungen wie
tt (z. B. in neuwott = ci-wtojJ, s. S. 24) ohne Harmonisierung in
diesem Sinne möglich sind. Interessant ist zu sehen , wie sich
mittels Differenzierung von • zu z und z (emphat. z) ein Ausdruck
des klassischen Arabisch , der zwei verschiedene Bedeutungen hat,
im Dialekte in zwei lautlich verschiedene Formen differenzieren
kann: klass. ..• lautet in der Bedeutung „fälschen" tlemsenisch
zeuwör , in der Bed. „besuchen lassen" dagegen zduwör (S. 15).
Daß sich >j.äj in bdqra (Titel der 2. Sure) und begra („Kuh")
oder ö»;i m m'6q_ („blau") und zreg („Grauschimmel") differenziert
(s. S. 17), ist lange nicht so merkwürdig; denn bei den Formen
mit g liegt klar und deutlich Import beduinischer Aussprache vor.
Auch manche andere Erscheinung neben jener --Differenzierung bleibt
uns hier rätselhaft ; so sehen wir z. B. nicht ein , warum o ? c->
vor Liquiden lieber t als t lautet (s. S. 28 und daselbst die Bei-
1 1 (her geschärfte Affrikaten habe ich mich letzthin in meinen „Maltesischen
Studien" (Leipzig, Hinrichs, 1904) S. 84 ausgesprochen. [In Marokko, soweit man
dort nicht tt spricht, habe ich gleichfalls <£ gehört, und nicht tt. A. Fischer.]
Stumme, Margais's Dialecte arabe parle a Tlemcen. 673
spiele tldta, tlemsan . tnäm , trijes = ,^j,'S), da nach unserem
Gefühle tl und tfw leichter auszusprechen ist als tl. tn — wenigstens
im Anlaute. Interessant auf konsonantischem Gebiete sind ferner
die Mitteilungen, daß die Juden Tlemsens für «5 eine „fricative
tres voisine du c (tsch)" und für ö „toujours" k sprechen, während
viele muhammedanische Tlemsener für ö ein Hamz einsetzen, —
also wie die Bewohner von Tanger, Fes und Tetuan (s. Aug. 1
in den Mitteil, des Or. Sem. zu Berlin, Bd. II, Westas. St., S. 223).
Nach M. (S. 17, wo auch die vorige Angabe steht) sagt man in
Tlemsen von jemandem, der Hamz statt ,jj. spricht : Jähder belqdla.
Ich bemerke hierzu . daß man in Tunis von demjenigen , der <ji
als q ausspricht, den Ausdruck jitkellem hilqäla gebraucht, während
man auf einen (Provinzler), der ^j als g spricht, die Bezeichnung
jitkSllem. bilgäla anwendet; daher hätte ich an jener Stelle bei M.
eigentlich jähder belqdla vermutet.
Angenehm sind die vokalischen Verhältnisse des tlemsenischen
Arabisch; man braucht bei der Wiedergabe dieses Dialektes nicht
mit allen möglichen Zeichen für stimmhafte Konsonanten zu operieren,
wie bei der Notierung marokkanischer Dialekte. Auffällig ist hier
aber die Häufigkeit der Elision der wortauslautenden Vokale
vor vokalischem Anlaute des folgenden Wortes. Zwar ist auch in
anderen Dialekten Elision auslautender Vokale nicht selten, — es
handelt sich dann aber stets um bestimmte Vokale und eigentlich
kommt nur die Femininendung in Frage (marr-öhra .c.^ S-a
sagt man in vielen Dialekten). Doch Fälle wie tlems. tbekkuhtek
für tbSkki liJjtek „du machst deine Schwester weinen" und zdel-
felläh für zdi elfelläh „die junge Gazelle des Bauern" (S. 13 u. 118)
bieten uns Neues.
Sorgfältig notiert M, die Betonung, und dies ist auch sehr
wichtig, denn nur so können uns verschiedene interessante Tat-
sachen vorgeführt werden, wie z. B. die, daß Tonveränderung eines
Wortes bisweilen geradezu dessen Stat. consü\ markiert. Man sagt
nämlich (s. wiederum S. 118) bäsä tdnga „der Pascha von Tanger";
absolut ist L&b aber bäsa. Man sollte meinen, schon aus rhyth-
mischen Gründen könnte bäsä tdnga gar nicht aufkommen, — be-
tätigt sich doch gerade in diesem Dialekt der rückweichende Akzent
so außerordentlich häufig (s. S. 59)!
Als Paradigma der I. Form des Verb, trilit. san. ist ,_^jo
gewählt worden; von diesem lautet das Perf. hfSb, heftet, kh':>{
(du comm., ich), JcSfiu, ktebtu, kfibna; das Imperf, jekftb,
(sie. du comm.), nekteb. jSkkefiu, tekkefbu, nSkketbu ; der Imper.
rkteb (oder kteb) , Skketbu (oder kfybu). Hier manifestiert sieh
also zunächst eine starke Vorliebe i'üv den Vokal e, die übrigens
674 Anzeigen.
eines der charakteristischen Merkmale der algierischen Dialekte
ist. Dann fallen aber namentlich die Formen mit kk auf. Daß
es sich hier um „aufgesprengte" Silbenverhältnisse handelt, ahnt
man sofort; neu wird aber jedem das Doppeln des abgesprengten
Konsonanten sein. Diese Doppelung hat in der Tatsache ihren
Grund, daß Kürze des betonten offenen Vokals dem Tlemsener ganz
und gar unsympathisch ist (bewahrt sich ein solcher Vokal hiervor
nicht durch Konsonantendoppelung, so tut er es durch Vokaldehnung,
— z. B. in sdbi = ^^, Säsör = _*xc, kolföl — ^^>S etc.,
s. S. 58). Nach diesen Angaben wird dem Neuling auf dem Ge-
biete des Tlemsenischen die Abwandlung einer Admirativform wie
-jS\ La als mekbSmi, mekkebrek, mekkebru, mekberha etc. nicht
wunderbar erscheinen. Für die von mir zuerst angewandten Be-
zeichnungen „Aufsprengen" und „Umspringen" wendet M. übrigens
die Ausdrücke „ressaut" und „sursaut" an.
Während die Verba tert. semivoc. mit ihrer Abwandlung qldu,
nsäu (Pf.) , jeqliu, Jensäu (Impf.) , (e)qliu, (e)nsäu (Imper.) nichts
merkwürdiges zeigen — denn qlä, nsü, j'eqlu, jensu wird man bei
einem dialecte nettement citadin nicht erwarten, da dies beduinisch
ist — , ist bei den Verbis prim. semiv. die Bildung des Plurals im
Imperfekt und Imperativ sehr sonderbar. So bildet man von J^» ;
jeuwoslo, feuwoslo, neuwoslo und (Imper.) euwosfo und von , «»xj
/etjebsu, tfj/ebsu, nei/ebsu und (Imper.) eijebsu (doch kommen auch
icöslo und jebsu für den Imperativ vor; daß in den Formen von
J^oj, der Endvokal o statt u ist, kommt vom vorangehenden 7,
welches seinerseits wegen der vorangehenden Emphatica für l ein-
trat). Wiederum sieht man auf den ersten Blick, daß es sich
hier um „Aufsprengen" handelt, und deshalb fällt die Doppelung
des ^ und ^ (oiio, eij = eww, ejj) jetzt nicht mehr auf; aber
das erscheint merkwürdig , daß die Radikale » und , q hier als
vollkommen regelrechte, starke Konsonanten behandelt werden, —
in den anderen Dialekten des Maghreb sind sie in den betr. Formen
(jüldu, jibsu u. ä.) ja doch immer ganz flüssig. Aber auch bei
anderen Formengruppen fällt uns die Gleichbewertung eines in der
Urform flüssiggesprochenen Halbvokals mit einem starken Konso-
nanten auf, z. B. in Admirativformen der Art meuwöslo = xx^\ La
(S. 77), und schließlich doch auch in Formen wie mebbeidqk =
iiS*i2Aj! La (ibid.) , messeiti und qdhhauti = äa^xi und -J^gä
(S. 143), wenngleich bei deren Grundformen ► und ^ wertlich
mehr Konsonanten sind als Halbvokale. Und wiederum auffälliger
als mebbeidfk, messeiü] qdhhauti sind Formen wie iqai~riwok „sie
Stumme, Marcais 's Dialecte arabe parle ä Tlemcen. 675
lehren dich lesen" und gräwöh „sie lasen ihn" (S. 130). Warum
— so fragt man sich — ist hier ein epenthetischer Vokal vor dem
k und h nötig ? Hätten sich iqarriu -j- k und qrdu -f- h nicht ruhig
zu iqarriuk und qräuh gestalten können ? Das geschah nicht, sondern
es wurde in diesen Formen das doch ganz flüssige u als Konsonant
aufgefaßt, dem vor einem folgenden Konsonanten ein epenthetischer
Vokal zur Erleichterung der Aussprache beigegeben werden mußte.
Ich lasse mich auf diese, etwas minutiös aussehende Untersuchung
übrigens nur deshalb ein, weil ich nicht wünsche, daß man bei
jenem iqarriwöh, qräwöh den Antritt eines oh vorfinden wolle;
ein beduinisches öh {ah, ah, äh) gibt es in diesem rein städtischen
Dialekte nicht.
Sehen wir uns nach diesem Exkurse das Gebiet der Morphologie
des Tlemsenischen weiter an, so bemerken wir da z. B., daß beim
Verbum die VII. Form des Klassischen äußerst häufig vorkommt
und sozusagen als Passiv zur I. figuriert, — z. B. (aus dem Para-
digma) nsröq, nserqöt, nsreqt; Imperf. jensrÖq, Jenserqu. Bei
Tit. semivoc. bildet man nksä, jehksa. Auch die VIII. ist nicht
unbeliebt: ftroq, fterqöt und weiter mit genau den Vokalverhält-
nissen der VII. Form. In der X. wird gemäß den Lautgesetzen
des Dialektes ^*.„ zu ss: x.<Ä-w! wird ssekber, ssehuret, ssekbert.
ssekbru (Impf, jessekber) konjugiert. Paradigma der Fiäl-Yovm =
klass. XI ist sfär, sfäret, und dann sfärit, sfäritu. sfärina. Dabei
ist das t eigentlich gar nicht so merkwürdig, denn das r ist ja
eigentlich ein rr, und die Verba med. gem. konjugieren natürlich
auch in diesem Dialekte auf die bekannte vulgäre Weise (meddit,
medditu, meddina). Wenn nun auch bei VII. und VIII. (und ver-
mutlich auch X.) Formen des Tlemsenischen, und zwar bei solchen
Formen von Verbis med. semivoc, Bildungen der Art nbuj>t „ich
bin verkauft worden" und htägit „ich habe bedurft" (s. S. 81 f.)
vorkommen, so ist hinsichtlich deren Entstehung wohl anzunehmen,
daß sie Analogien zu jenem sfärit darstellen (in diesem Sinne spricht
sich denn auch M. auf S. 81 aus, wo es Z. 15 aber „XIe forme"
statt „IXe forme" heißen muß). Mi seh formen sind in diesem
Dialekte häufig: VII -j- VIII repräsentieren nssdd, ntkel (Va*>o,
^S'S); VII -f- T-Formen kommen sehr häufig vor, — z. B. nigra
„lesbar sein", nth'öll „sich öffnen lassen" (einfache T-Formen kommen
in diesem Dialekte dagegen nicht vor). Ziemlich schwierig zu er-
klären sind die Formen tahsäbni und fqusni, die beide „ich dachte"
oder „ich denke" bedeuten (s. S. 87); hier liegen wahrscheinlich
i rstümmelten Nomina verbi ^>'„^.x.>\ und [wLyöl vor (vgl.
etwa maltes. bahstebni derselben Bedeutung = ui.^^ -f J-- z- '»•
in meinen Maltes. Studien 44, 3).
Beim Nomen tritt im Tlemsenischen das Bestreben die Kenn
civc2c3 7_u cic2vc8 zu verändern viel häufiger auf als in den öst-
676 Anzeigen.
Höheren Dialekten des Maghreb; Ausspracheweisen wie z.B. qmdh
&»+i, rbdh ^u., mldh ^JL* wären in Tunis unmöglich. Die c1c-vc:;-
Form akzeptieren in Tlemsen (wie ja auch in Marokko) mehrere
Nomina der Form ^Lx.: , deren letzter Radikal c oder ist , —
z. B. drdi „Arm" (derie „mein Arm"). Reichliche Belege führt
M. für die ta — e^-Form des Nomens auf (nebenbei bemerkt: statt
„forme en tta wäre eben doch wohl besser „forme en ta — et* zu
scbreiben ; in offener Silbe ist das a — natürlich sekundär — lang,
und für das e kommen bisweilen unbedeutende Variationen vor),
die übrigens fürs Algierische wie fürs Marokkanische schon bekannt
ist; die ta — ^-Formen sind stets aus jLe (oder ^^xi) oder aus
Nisben gebildet, s. z. B. tähaddädet „Schiniedehandwerk", tahrämijet
„Dieberei", täfendäqet „Herbergswrrtberuf". — Im Dual geht das
Tlemsenische hinsichtlich der Differenzierung der Dualendung in in
und din {ein) mit dem Marokkanischen Hand in Hand: bei Zeit-
und Maßbegriffen wendet man die letzte Ausspracheweise (z. B.
jimein, rötldin), andernfalls die erstere (z. B. regliri) an; bei Paar-
begriffen — wie eben reglin — fungiert der Dual gelegentlich
als Plural (s. S. 102: errtila idndha tmenja derreglin „die Spinne
hat 8 Füße"), — ähnlich in Tunis und Marokko. Übrigens habe
ich von Leuten aus Westalgerien für din, ein hier häufig äin,
ein gehört. — Kühne (innere) Pluralbildungen fünfkonsonantiger
Nomina sind im Tlemsenischen nicht selten; vgl. z. B. S. 109 qräften,
PI. von qarftän „Kaftan" : das Kühnste leistet sich in dieser Be-
ziehung ja allerdings das Maltesische. Interessant ist die Verkürzung
von ii Js»5=-U (= unbestimmter Artikel des Deutschen) zu hol-:
z. B. in harrägelj halmrä, Jjakkürsi, haqqdhiva; das l des Artikels
wird hierbei auch vor k und q assimiliert.
Beim Pronomen springt das End-w mehrerer Formen des Pron.
pers. abs. gewiß manchem ins Auge: „du" (comm.) = ntin1) oder
entin (dann übrigens auch ntina, entina), „ihr" = ntüm.dn oder
entwmän, „sie" = hümän. Dies n ist zweifellos der berberische
Lokalexponent, - — vgl. in meinem „Handbuch des Schilbischen von
Tüzerwalt" (Leipzig 1899) bei der Aufführung des Pronomens die
Formen nki oder nkin = „ich", kii oder kiin „du" (M.), kirnt
oder kimin „du" (F.), ntd oder ntän „er". — Beim Antritte
vokalisch anlautender Suffixe an die 3. Pers. s. f. pf. des Verbs
verlängert das Tlemsenische den kurzen Endvokal jener Verbalform
zu ä (ä, d), — also z. B. in di'nrbätu = xX.i.*o (in Tunis dagegen
darbyttu, aber in Tripolis wiederum dqrbätäh, und im Marokkanischen
Rrbäpi, wie mir Herr Prof. Fischer mitteilt); doch beim Verb.
1) ntin der betr. Stelle (120, 6) ist sicher Druckfehler.
Stumme, Marcais 's Dialecte arabe parle ä Tlemcen. 677
med. semivoc. wird der betr. Vokal elidiert, — also z. B. in kdntu
„sie betrog ihn" (wiederum wie im Marokk., nach Prof. Fischer).
Unter den Zahlen fällt tSsSöd „neun" auf, obwohl ähnlich-
klingende Formen des Marokkanischen schon bekannt sind (s. Aug.
Fischer, 1. c, Bd. I, S. 226). Nach einer Bemerkung M.'s auf S. 156
spricht man so (mit d) des Fa'l halber, da man auf diese Weise
Anklang an die \ lXx-w erhält ; darauf weist auch die merkwürdige
Zählmethode hin, auf welche in Tlemsen die Drescher die mit den
ausgedroschenen Körnern angefüllten Metzen abzählen, — sie zählen
nämlich: alldh ivdhad (nach Sure 112) = 1, barhtSin = 2,
ubdrJcet sidi rsül alldh = 3, nSrbeho insalldh (wegen des An-
klangs von ^o. an «jj = 4, Ihemsa fdin blis (die fünf Finger
dem Teufel ins Auge !) = 5, ußdin wuldu (und ins Auge seines
Sohnes !) = 6 , essebla men idnd alldh (Anklang von *.*.£ an
k.am) = 7, tan essSbla („wiederum Sättigung" ; Anklang von tan
„auch" an ,.yol3) = 8, ness'öidu belldh (wir werden durch
Gott beglückt) = 9, shäb ennbi (d. h. äJL*il Sy^*ii) = 10.
Die in Klammern gegebenen Zusätze sind von Marcais (S. 284).
Die die Formenlehre des Buches schließenden Partien über
Partikeln , Adverbien u. dergl. sind nicht etwa bloße Registrier-
paragraphen des aufzuführenden Materials, sondern enthalten viel-
mehr reiche etymologische Exkurse, wie solche übrigens durch das
ganze Buch hindurch eingestreut sind , was den relativ geringen
Umfang des Glossars erklärt. — Über den Inhalt der Texte will
ich mich hier nicht weiter auslassen, dagegen einige wenige Stellen
des Buches anführen, wo ich mit den Angaben und Ausführungen
M.'s nicht übereinstimme, bezw. Druckfehler vermute. In dieser
Hinsicht zitieren wir 16, 10 muco petit garcon de bain (esp. mozo) :
muco ist etymolog. aber span. mocho (woher muchacho kommt;
s. Diez, Wörterb. der roman. Spr. sub muchacho und mozo
in IIb). — 19, 10 le * initial . . . dans un certain nombre de
mots . . . s'est reduit ä une simple voyelle a, u, i: besser wäre
wohl gesagt: das s. schwindet, und der Vokal, den es trägt, be-
ginnt anlautend. — 51,5 mühdll „impossible" : m. ist natürlich
Druckfehler für mühdl — 85, 17: 1. jL*s| statt )\jü&\ (XI. Form).
— 90,6 v. u. la forme classique dkaff, dräqq: die sonderbare
Akzentuierung dieser Elative charakterisiert sich wohl als Druck -
fehler. — 248, 86 dik essdla ttdleb jiffi Uctill wdhad um eldj
eilt hau mwoqqöf idliha „le maitre leur dicte alors ä partir du
verset oü il s'etaii arretö" : ich zitiere die Stelle bloß deshalb, am
zu betonen, daß ich die Anwendung des (lautliche Beeinflussung
zweier Nachbarwörter so praktisch markierenden) Bindestriches
uncrern bei M. vermisse; ich würde einen solchen nach ///// und
678 Anzeigen.
und eläj (für elüja) setzen. — 315, sub msid: ich füge hinzu,
daß ich selber schon einmal über msid = 0^^\^* und hat ja =
haja = ä.j>1=> gesprochen habe, und zwar in Bd. 56, S. 425 dieser
Zeitschrift.
Viel ist es also nicht, was ich für das M.'sche Buch an De-
siderien nachzutragen habe ; denn das schöne Werk ist, von diesen
wenigen Beanstandungen abgesehen, überall korrekt und kann allen
denen, die sich für maghrebinisches Arabisch interessieren, auf das
wärmste empfohlen werden , — namentlich auch allen denjenigen,
die im nächsten Frühjahre, bei Gelegenheit des XIV. Orientalisten-
kongresses , Algier oder den Maghreb überhaupt zu besuchen vor-
haben. Schon jetzt wird mancher dieser zukünftigen Afrikareisenden
in Katalogen, die den Artikel „ Vulgärarabisch " enthalten, nach
Titeln von Büchern forschen, die ihm das algierische Arabisch nach
einer guten und praktischen Methode beibringen könnten. Da möchte
ich dem Betreffenden anraten, seine algierischen Sprachstudien damit
zu beginnen, daß er das M.'sche Buch gründlich durchstudiere und
das darin enthaltene Vokabelmaterial ausziehe und auswendiglerne.
Es lernt dann der Betreffende zunächst zwar bloß einen Lokal-
dialekt Algeriens und allerdings nicht den der Hauptstadt der
schönen französischen Kolonie ; doch sicherlich wird ihm die Er-
lernung dieses einen ■ — des tlemsenischen — Lokaldialektes nach
einer so soliden Methode zum Verständnisse der uoivr} diuksaxog
des Landes (denn eine solche existiert, wenn sie auch nicht so ganz
scharf umrissen ist, wie etwa die klassische Literatursprache) oder
zum Verständnisse andrer Lokaldialekte besser förderlich sein, als
Vorstudien an der Hand eines der sonstigen, zahlreichen Lehrbücher,
die ein Allgemeinalgierisch oder den Dialekt der Stadt Algier zu
lehren behaupten. Ich meine nicht, daß jene sämtlich unbrauchbar
sind: Bei Kassem Ben Sediras „Dictionnaire fran^ais-arabe"
mit seiner kurzen grammatischen Skizze, oder auch dessen „Dialogues
francais-arabes" a) können sich mitunter ganz brauchbar erweisen
(und wohl noch manches andere Buch dieser Art) : nur taugen sie
nicht zum autodidaktischen Erfassen des Lautwesens und der Be-
tonungsverhältnisse des Algierischen, sie können dem Lernbegierigen
eben bloß eine ganz vage Vorstellung jenes Dialektes verschaffen.
Anders ists beim trefflichen Marc^ais'schen Buche.
Auf zwei andere Neuheiten auf dem Gebiete der Erforschung
der westalgierischen Dialekte müssen wir hier hinweisen, wenn wir
auch eine umfangreiche Besprechung von ihnen, des Raumes wegen,
nicht anschließen können. Die eine ist ein lehrreicher Artikel des
durch seine soliden Arbeiten über Sprache und Religion des Maghreb
1) Die Bücher sind bei A. Jourdan in Algier öfters aufgelegt worden. —
Ein gar nicht ungeschicktes Büchlein ist übrigens „Le Guide d'Alger. Manuel
francais-arabe. Dialogues avec la prononciation" par B o u Medine & A. Sintis.
Alger, Librairie A. Sintes. 1902. Fr. 1,50.
Stumme, Märgais's Dialecte arabe parle a Tlemcen. 679
wohlbekannten Edinond Doutte, betitelt „TJn texte arabe en
dialecte oranais" (aus den Memoires de la Societe de linguistique
de Paris, Bd. XII, S. 335 — 406), der uns einen Text (eine Beduinen-
sage über einen Fürstensohn namens ennäir bü gern) in arabischer
Schrift , Transkription und Übersetzung vorlegt ; zahlreiche Noten
linguistischer oder nichtlinguistischer Natur (im Ganzen 235) illu-
strieren diese Textpartien , während den Schluß des Artikels der
24 Seiten starke Abschnitt „Quelques observations de phonetique
et de grammaire" bildet. In Einzelheiten gehen Doutte und Marcais
(der sich in seinem Werke natürlich auch öfter über das Oranische
ausläßt) hinsichtlich ihrer Angaben bisweilen auseinander; aber die
Hauptsache, nämlich die Angabe M.'s, daß der Dialekt der Stadt
Oran ein städtischer Dialekt beduinischen Gepräges sei (s. oben
S. 671 f.) bestätigt der D.'sche Artikel durchaus. Schade ists, daß
D. die Betonung zu markieren unterläßt1); daß die Gestalt der von
ihm gewählten Transkriptionszeichen teilweise eine von der üblichen
Art abweichende ist, bleibt schließlich eine bloße Äußerlichkeit.
Rätselhaft erscheint uns, warum in Oran, wo ö ganz normal als
Spirans t ausgesprochen wird , als gewöhnlicher Laut (neben ge-
legentlichem d) für ö der des weichen ital. z (also d -\- z [stimm-
haftes s\ in frikativer Verbindung) gewählt wird, — so z. B. in
dzheb „Gold" 346, 15 oder hudz „nimm!" 347, 7 v. u. Vielleicht
geschah dies im Bestreben, möglichste Differenzierung der zuweilen
recht ähnlich klingenden Laute d und d (weiches engl, th mit
Emphase) zu gewinnen.
Mit der anderen Arbeit meinen wir die von dem als Dolmetscher
arabischer Schriften schon bekannten General F a u r e - B i g u e t an-
gefertigte Übersetzung der (nicht schon im Originalwerke über-
tragenen) Textpartien des bekannten nützlichen Buches von Delphin
über das Arabische von Oran und Westalgerien überhaupt: „G. Delphin.
Recueil de textes pour l'etude de 1' arabe parle". Traduction par
le general G. Faure-Biguet. Alger, Pierre Fontana, 1904. Da
diese Übersetzung, wie eben gesagt, die im Originalwerke arabisch
und französisch gegebenen reichhaltigen Noten nicht aufgenommen
hat, ist sie ohne Hinzuziehung jenes ersteren allerdings nicht recht
genießbar; Folkloristen werden sich also beide Bücher anschaffen
müssen. Angenehm ist, daß der Übersetzer seinem Buche ein Sach-
register angefügt hat, Übersetzungsfehler haben wir in dieser ver-
dienstvollen Arbeit nirgends , Druckfehler selten aufgefunden (in
letzter Hinsicht z.B. 13,23: beddeda 1. bededda „Fleischsack").
In vielen Fällen, wo arabische Wörter in Transkription vorkommen,
1) Wir können die Begründung dieser Unterlassung (s. S. 1 des Art.) nicht
ganz billigen: Nous avons neglige l'accentuation qui riipond ici aux H'gles fixees
par Stumme et Fischer; l'accent est en general peu sensiblo et dans certains
cas, comme dans quelques mots formes de deux longues, c'est a peine si on
le percoit.
680 Anzeigen.
vermutet man zunächst Druckfehler hei dem betr. Transkriptions-
worte . sieht dann aber ein , daß der Übersetzer wirklich in der
betr. Fassung hat schreiben wollen, um dem französischen Leser
lieber in schlechter Transkription Bekannteres, als in guter Tran-
skription Femdartiges vorzusetzen (deshalb muß der <_»Lop.,o-Bflnm
denn sein trait d'union haben: eaf-caf). Ich glaube sicher, daß.
wenn der Herr General die Arbeit Mareais's oder die Doutte's vor
Drucklegung seines Übersetzungswerkes in Händen gehabt hätte,
er vielleicht einen Exkurs über die Unzulänglichkeit der bei seinen
Landsleuten üblichen Methode der Umschrift arabischer Wörter
seinem Buche angefügt haben würde. Doch in Marcais und Doutte
sind ja nun zwei Apostel entstanden, die das Banner der Phonetik
hochzuhalten predigen. Hans Stumme.
Franz Nikolaus Finch. Lehrbuch des Dialekts
der deutschen Zigeuner. Marburg, N. G. Elwert'sche
Verlagsbuchhandlung, 1903.
Bei der Abfassung des vorliegenden Lehrbuches wurde Herr
Dr. Finck von der Überzeugung geleitet, daß in der gegenwärtigen
Lage der Zigeunerphilologie ein genaues Studium der einzelnen
Mundarten am dringendsten geboten sei. Was speziell die deutschen
Zigeuner betrifft: eine von ihnen selbst aufgezeichnete Literatur gibt
es so gut wie gar nicht, andere müssen also das sprachliche Material
herbeischaffen, und dazu sind nur diejenigen imstande, welche sich
mit Zigeunern in deren eigener Sprache unterhalten können , was
die Erlernung des Idioms voraussetzt. Dazu gewähren die bis jetzt
veröffentlichten Schriften nur eine ungenügende Hilfe. Die An-
gaben sind vielfach ungenau und öfters einander widersprechend,
gerade weil sie meistens von Leuten herrühren, welche weder pho-
netisch noch überhaupt linguistisch geschult waren. Der Plan des
Verfassers war also durchaus berechtigt, man braucht darüber kein
Wort zu verlieren; und wenn ein so feiner Kenner der deutschen
Zigeunermundart, wie Herr Dr. Finck, dem Übel abzuhelfen sich
bemüht, da darf man eine völlig zuverlässige Ai'beit erwarten. Sehr
viele Leser werden seine Lautlehre und seine Bemerkungen über
die Betonung dankbar entgegennehmen ohne dieselben kritisch prüfen
zu können, denn nur wenige könnnen aus eigener Erfahrung urteilen
z. B. über den Unterschied zwischen offenen und geschlossenen e- und
o-Lauten, sowie über die Abwesenheit stimmhafter Mutae. Wer die
Absicht hat sich mit Zigeunern in Verbindung zu setzen, wird ohne
Zweifel aus diesen einleitenden Kapiteln großen Nutzen ziehen.
In seiner grammatischen Darstellung hat der Verfasser ge-
Kluyver, Finck's Lehrbuch d. Dialekts d. deutschen Zigeuner. 681
fiissentlich von allen sprachgeschichtlichen Erklärungen abgesehen
und nur die Tatsachen geben wollen. Er meint, nicht wenige werden
daran Anstoß nehmen. Man könnte allerdings meinen, diese Gram-
matik werde die Mehrzahl ihrer Leser finden unter Philologen,
welche , indem sie praktischen Unterricht erhalten , sich zugleich
sehr gerne über die Sprachgeschichte belehren lassen. Doch wird
man auf der anderen Seite auch die Vorzüge des rein praktischen
A'erfahrens anerkennen, und da der Verfasser so leicht Formen
aus andern Dialekten und verwandten oder fremden Sprachen hätte
heranziehen können , muß man die Konsequenz bewundern , mit
welcher er die Aufgabe, die er sich gestellt hat, zu lösen versucht.
Nur ist nicht zu verneinen, daß die deskriptive Darsteilungsweise
ebensogut wie die historische ihre eigentümlichen Schwierigkeiten
hat. Denn man muß doch die Tatsachen in irgend einer Anordnung
vorführen, aus praktischen Rücksichten muß irgend ein Verhältnis
zwischen verschiedenen Sprachformen festgestellt werden, und dabei
folgt man entweder der historischen Darstellungsweise, welche schließ-
lich allein der Wahrheit entspricht, oder man kommt sehr leicht
zu künstlichen Kombinationen, welche den Sachkundigen vielleicht
unbefriedigt lassen. Eine gewisse Inkonsequenz ist hier schwer zu
vermeiden. So z. B. sagt der Verfasser S. 15, das Part, praet. sei
schließlich identisch mit dem Präterital stamm, und das l von pilo
liege dem j von pijom zu gründe. Diese Mitteilung gehört in den
Bereich der historischen Wissenschaft. Nun wird aber S. 14 gesagt,
der Präteritalstamm pij- werde aus dem Präsensstamm gebildet
„durch Anfügung von /". Der weniger geübte Leser muß hier
eine Schwierigkeit finden: soll er nun zugleich den Präsensstamm
und das Part, für die Grundform halten ?
Bei der Behandlung der Verbalformen geht der Verfasser aus
von dem „ Präsensstamm ", wobei angedeutet wird, daß dieser Stamm
sich zu erkennen gibt im Sing, des Imper. Folglich wird bei dem
Wort für geben als Präsensstamm postuliert de, und für däwa,
deha u. s. w. wird angenommen, diese Formen seien entstanden aus
*de-ä-wa, *de-e-ha u. s. w. (S. 4). Eine solche Vorstellung ist doch.
wie ich glauben möchte , etwas bedenklich , denn man fragt sich :
wird dies nur aus rein praktischen Gründen so angesetzt , damit
man sich die tatsächlich vorhandenen Formen leicht ins Gedächtnis
präge, oder behauptet der Verfasser, daß Formen wie *de-ä-ioa
wirklich einmal in der deutschen Zigeunersprache bestanden haben?
Letzteres ist offenbar nicht gemeint; dann aber möchte man doch
die Ansetzung derartiger Gebilde am liebsten vermeiden. Die nächst-
liegende Tatsache ist, daß in däwa das a, wie Miklosich sagt, nicht
als wurzelhaft empfunden wird, daß däwa also ein Präsens ist wie
anäwa und dergl. , und zugleich, daß als Imper. dazu gebraucht
wird de. Dies könnte man sagen ohne sich auf eine historische
Erklärung einzulassen, und es hätte die Darstellung ehr I'
formen nicht erheblich kompliziert. Von alters ber gibt es in der
68*2 • ' " :('i(Jen-
Schulgrammatik „ unregelmäßige" Zeitwörter. Der weniger geübte
Leser dieser Grammatik hält sich davon überzeugt, lejom sei ge-
bildet aus dem le, das als Imper. gebraucht wird. Wäre es un-
möglich gewesen sämtlichen Präteritalformen eine selbständigere
Stellung dem Präsens gegenüber zuzuweisen , und die Zusammen-
gehörigkeit von muh und mit/-, pilo und pij- mehr in den Vorder-
grund zu rücken?
Auch die Behandlung der Nominalflexion gibt zu derartigen
Fragen Anlaß. Die §§ 35 — 40 bilden allerdings ein kunstvolles
Ganzes, auch hier treten — wenn ich so sagen darf — - die päda-
gogischen Rücksichten deutlich hervor, aber es wird dem Anfänger
wahrscheinlich nicht leicht sein, diese Darstellung mit ihren Unter-
abteilungen zu bewältigen. Wer in erster Linie bestrebt ist alle
Erscheinungen in den Rahmen allgemeiner Regeln einzufassen, der
wird bisweilen gezwungen, eine ziemlich einfache Wahrheit in etwas
schwerfälliger Weise anzudeuten. So werden S. 19 alle Wortklassen
zusammengestellt, wobei der Nom. Plur. die Singularform -f- a
zeict. Darunter werden gebracht alle Wörter auf i, „wobei stamm-
auslautendes postkonsonantisches i der Belebtes bezeichnenden Mas-
kulina ausfällt". Diese Bemerkung scheint wichtig, sie bezieht sich
aber auf eine Klasse, welche in der Praxis eigentlich nur aus einem
einzigen Wort besteht: gemeint ist, daß jagari im Nom. Plur.
jagara hat (vgl. S. 24, Nr. 7). Nach § 37 wird jeder Nom. Plur.
„durch Anhängung eines Suffixes" an die „Stammform" gebildet.
Das läßt sich bequem sagen z. B. für romnja zu romni, graja zu
grai\ von den Pluralen t&awe und weljuni muß nun folglich be-
hauptet werden, sie seien gebildet durch Anfügung von e, resp. t,
„vor dem jedoch der stammauslautende Vokal schwindet". Der
Leser meint also, tsawe habe vor dem e ein o verloren: ist es im
Interesse der Sache , dieser irrtümlichen Auffassung Vorschub zu
leisten? Wenn eine lateinische Schulgrammatik lehrte, der Stamm
von annus sei anno , und der Plur. anni werde gebildet durch
Anfügung von t, vor dem das o schwinden müsse, würde der sach-
kundige Pädagoge das gutheißen ? Wenn der Obliquus von dsamba
faktisch dsamba ist, wozu ist es da nötig in einer praktischen
Grammatik zu behaupten, daß hier ein a angehängt werde, vor
dem „auslautendes a schwindet" ? Es ist, glaube ich, bloß darum,
weil das System des Verfassers die Anfügung eines Suffixes in jedem
Palle erfordert. Hätte die ganze Darstellung sich nicht einfacher
und bequemer gestaltet, wenn der Verfasser nach herkömmlicher
Weise Maskulina und Feminina getrennt hätte, und wenn z. B. der
Voc. Plur. nicht von der „Stammform" abgeleitet, sondern im An-
schluß an den Nom. Plur. betrachtet wäre? Für die Maskulina
könnte man ansetzen: Plurale auf -a haben den Voc. auf -ale;
-ale gilt auch für die Plurale auf -e. Für die Feminina: Plurale
auf -ja haben den Voc. auf -jale; Plurale auf -i haben -ale. Die
beigefügten Paradigmata würden die Sache völlig klarlegen.
Kluyver, Finch' 's Lehrbuch d. Dialekts d. deutschen Zigeuner. 683
Am Ende der Grammatik wird bemerkt: „Die Wortfolge ist
im allgemeinen dieselbe wie im Deutschen, bedarf daher keiner
Erörterung". Wenn der Verfasser aber die Sprachgewohnheiten
des Deutschen als bekannt voraussetzt, hätte er sich da auch Dicht
an andern Stellen kürzer fassen können? So wird z. B. § 59 der
Fragesatz ordentlich definiert, und so gibt es auch anderswo Aus-
einandersetzungen , z. B. § 60 über die Passivkonstruktion , deren
Ausführlichkeit vielleicht nicht unumgänglich war.
Wären obige respektvolle Bemerkungen einigermaßen begründet,
so würden sie doch das Hauptverdienst dieser Grammatik gar nicht
berühren. Dieses liegt ja in der Gewissenhaftigkeit, mit welcher
der Verfasser das von ihm selbst geprüfte Material vorgeführt hat.
Nur was er aus eigener Erfahrung weiß, hat er aufgenommen.
Bisweilen bleibt mir etwas unklar. So werden z. B. die Part.
praet. von däica und läwa nirgends gegeben. Sind sie wenig oder
nicht gebräuchlich? Es heißt ja § 60, daß die passivische Aus-
drucksweise nach Möglichkeit vermieden wird. Oder soll man sie
bilden nach der § 22 gegebenen Regel? Geht man aber, dieser
zufolge, aus von de-, le-, so konstruiert man Formen, die vielleicht
gar nicht existieren, denn die ersten Silben dieser Partizipia, falls
sie gebraucht werden, werden doch wohl di-, li- lauten.
Von den Sprachproben darf man sich überzeugt halten , daß
sie wirklich die eigentlich deutsche Zigeunermundart darstellen, das
Glossar bietet viel mehr als zur Übersetzung dieser Stücke erfordert
wird. Es ist überaus wertvoll. Manches Wort aus Bischoff und
aus Liebich, das von Sowa für nicht genügend gesichert hielt, findet
man hier verzeichnet, so z. B. bdnduk, Flinte, von dem von Sowa
vermutete , es sei in keinen Zigeunerdialekt aufgenommen ; vergl
ferner balüna, Pfanne, beddtsa, biisex, dömbado, dato, cjero, giwen-
ißi'O. grdnsa, (jrozno, kamdr-, kibiko. Jcöti. medrta, medsdnsa,prirvjeri,
pusingka, p'ukelmäto, sajdkdri, sdlmendo, sirna, stargöli, stero-
icitsa, tsapläro und sehr viele andere. Seinem Plan gemäß hat
der Verfasser nirgends etymologische Angaben eingeschaltet. Man
kann es bedauern , aber man sollte sich wenigstens damit trösten,
daß jetzt völlig zuverlässige Formen vorliegen. Man nehme z. B.
das bei Liebich verzeichnete baluna. v. Sowa meinte es sei viel-
leicht entstanden aus fr. poelonnee , das aber nicht die Pfanne,
sondern den Inhalt derselben bedeutet. Finck gibt baluna, und
zu dieser Betonung stimmt poelon , das gerade pfanne bedeutet.
Darf man also annehmen , daß aus einem französischen Wort auf
-on ein Zigeunerwort auf -Üna entstehen konnte? In dem Fall
möchte ich weljuna nicht mit v. Sowa auf d. Violine, sondern auf
fr. violon zurückführen: warum hätte sonst Violine nicht ein Wort auf
-Ina ergeben, wie z. B. in loioina eine derartige Form vorkomml ?
So lange man das Wort foreska nur aus Liebich kannte, war es
erlaubt an der Richtigkeit dieser Form zu zweifeln; jetzt wird di'-
(i^4 Anzeigen.
Etymologie zu finden, v. Sowa fragt ob foreska (Eichhorn, Fuchs)
mit fr. forcl zusammenhängen könne. So viel ich weiß gibt es
neben foret als Adjektiv nur forestier, womit man hier nichts an-
fangen kann. Wegen der Bedeutung eichhorn liegt es nahe zu
denken an poln. wiewioreczka, worin die erste Silbe durch Haplologie
wegfallen könnte, und ein f <Z w ist nicht ganz unmöglich : föreäka
wäre dann im Grunde fast identisch mit weivdritsa und wewarftsha,
nur hätte es sich durch nicht näher bestimmbare Ursachen anders
entwickelt. Solcher Rätsel gibt es viele, und . auch wenn man vor-
läufig bei dem non liquet bleiben muß, so hat der Verfasser durch
seine Arbeit doch wenigstens eine sichere Grundlage geschaffen.
Eine ganz neue Form ist neputo, Neffe; und möiidla, das neulich
von Herrn Prof. Pischel gefunden ist in der Bedeutung blaubeere,
hat hier die Bedeutung flieder, sy ringe.
Schließlich erlaube ich mir auf ein paar Versehen hinzuweisen.
S. 43 steht pusumen offenbar für pusunies: S. 45 bedeutet lidrga
im Satze nie gjom tdisa jdke hdrga te sowel doch gewiss spät,
was v. Sowa für die östliche Mundart auch angibt; im Glossar des
Verfassers steht nur Jidrga, lange". Das S. 46 verwendete Adj.
smtano ist unerklärt geblieben, und sikdr- heißt im Glossar nur
„lehren, lernen", obgleich es auch vorkommt in der Bedeutung
etwas zeigen, sehen lassen (z. B. S. 46). S. 21 unter ß)
sind die Worte „dessen j nach l und n schwinden kann" ein Fehl-
griff: der Verfasser will ja gerade behaupten, daß / und n vor j
schwinden. S. 26 steht Vokative statt Lokative, S. 67 steht
Jc'ähdö, Buße" statt „Russe". A Kluvver.
685
Verzeichnis der im letzten Vierteljahr bei der
Redaktion eingegangenen Druckschriften.
(Mit Ausschluss der bereits in diesem Hefte angezeigten Werke. Die Redaktion
behält sich die Besprechung der eingegangenen Schriften vor. Anerbieten der
Herren Kollegen, das eine oder andre wichtigere Werk eingehend besprechen
zu wollen, werden mit Dank akzeptiert. Die mit * bezeichneten Werke sind
bereits vergeben.)
Marr, Bernhard - Der Baum der Erkenntnis. Eine mythologisch-etymologische
Studie. Dux, C. Weigend [1904]. K. 3 = Mk. 2,50.
Hoicardy , G. - Clavis euneorum sive Lesicon signorum assyriorum unguis
latina, britannica, germanica sumptibus instituti Carlsbergici Hauniensis
compositum. (1. Lieferung) Lipsire apud Otto Harrassowitz, Haunise apud
Siegfried Michaelsen, 1904. Mk. 5.
Fragments de l'exegese biblique de Menahem bar Helbo (Auteur du Xl-e siecle).
Recueillis, edites et annotes par Samuel Pozncii'iski. [Auch mit hebr. und
russ. Titel.] Varsovie, Imprimerie de Schuldberg et Cie.,1904.
Posnanshi, Adolf - Schiloh, ein Beitrag zur Geschichte der Messiaslehre. I. Teil :
Die Auslegung von Genesis 49, 10 im Altertume bis zu Ende des Mittel-
alters. Leipzig, J. C. Hinrichs, 1904. Mk. 15, geb. Mk. 16.
Consolo , Federico „Yehiel Nahmany Sefardi1 - Un poco piü di luce sulle
interpretazioni della parola HDD. Firenze, Bernardo Seeber, 1904. Lire 1,50.
Sluys, David Mozes - De Maccabaeorum libris I et II quaestiones. Specimen
litterarium inaugurale. Amstelodami 1904.
The Sixth Book of the Select Letters of Severus Patriarch of Antioch in the
Syriac Version of Athanasius of Nisibis edited and translated by E. W.
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The Book of Consolations or the Pastoral Epistles of Mär Ishö'- Yahbh of
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Luzac & Co., 1904. [In Luzac's Semitic Text and Translation Series.]
Labourt , Hieronymus - De Timotheo I Nestorianorum patriarcha (728 — 823)
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Labourt, J. - Le christianisme dans l'empire perse sous Ia dynastie sassanide
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Paris, Victor Lecoffre, 1904. 3 fr. 50.
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Prolegomena zu einer erstmaligen Herausgabe des Kitäb al-hidäja 'ila faraid
al-qulüb (maabM msin) von Bachja ihn Josef ihn Paqüda aus dem
'Andalus nebst einer größeren Textbeilage von A. S. Yahuda. C. F. Winter'-
sche Buchdruckerei in Darmstadt [1904].
Les oeuvres arabes de Theodore Aboucara, Eveque d'Haran. Edites pour la
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M altesische Studien. Eine Sammlung prosaischer und poetischer Texte in
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Abgeschlossen am 21. 9. 1904.
687
Die Jatakas und die Epik.
Von
Heinrich Lüders.
1. Die Kr s na -Sage.
In seinem Aufsatze über eine buddhistische Bearbeitung der
Krsna-Sage1) bemerkt E. Hardy, daß Anspielungen auf die Geburt
und das Jugendleben des Krsna in der älteren Literatur selten
seien, und daß speziell „alte Liedstrophen buddhistischer Provenienz
uns hier nicht zur Verfügung ständen". Allerdings führt Hardy
selbst Gäthä 35 des Mahäummaggajätaka (546) an :
Attlü Jambävati näma mala Sibbissa räjvno
sä bliariyä Väsudevassa Kanhassa mähest piyä \\
Allein er meint, daß hier der Rest einer andern Sage vorliege.
Nun ist aber die in der Gäthä genannte Jambävati, wie ebenfalls
schon Hardy bemerkt hat, doch sicherlich identisch mit der Jambä-
vati, der Tochter des Bärenkönigs Jämbavat, die nach Hariv. 2072
Krsnas Gemahlin war :
lebhe Jambavathn kam/am rksarüjasya sammatäm
Allein „daß sie Mutter des Königs Sibi sei, weiß der Harivamsa
nicht", bemerkt Hardy. Nun heißt aber der Sohn des Krsna und
der Jambävati nach Hariv. 6773 Samba, und die Ähnlichkeit dieses
Namens mit dem Sibbi der Gäthä ist doch zu groß, als daß man
auch nur einen Augenblick an ihrer Identität zweifeln könnte. Wie
man sich die bestehende lautliche Differenz erklären soll, ist nicht
leicht zu sagen. Wer die Form Sibbissa für alt hält, könnte sich
auf Fälle berufen wie p. OJckäka für sk. lksväku, p. Äkitti (Jät.
480, 1 u. s. w.), Akattl (Cariyäp. 1) für sk. Agastya, p. Eräpatka
(Jät. 203, 1) für sk.- Airävata, p. Nemi (Jät. VI, 96, 24) für sk.
S/mi. p. Kaläbu (Kaläpu) (Jät. 522, 20 u. s. w.) für sk. Kalabha
(Mahäv. III. 357, 4), Kannapennä (Jät. V, 162, 8 u. s. w.) für sk.
Krsnavenä, p. Godhävarl (Jät. V, 132. 3 u. s. w.) für sk. Godävari,
wo überall die Paliform des Namens mehr oder weniger stark von
der des Sanskrit abweicht, ohne daß man ihren gemeinsamen Ur-
sprung in Frage stellen könnte. Wahrscheinlicher ist es mir in-
1) ZDMG. 53, 47 f.
Bd. LVIII.
688 Lüders, Die Jätahas und die Epik.
dessen, daß Sibbissa verderbt ist. Wie unsicher die Überlieferung
des Namens ist, gebt schon daraus hervor, daß er im Kommentar
zur Gäthä als Sivi oder Siva'1) ei-scheint. Und wie nahe es für
einen Abschreiber lag, ein ursprüngliches Samba ssa-) oder allen-
falls Simbassa3) in Sibbissa zu verändern, wird begreiflich, wenn
man bedenkt, wie geläufig den Buddhisten der Name des Sibikönigs
war ; gehörte doch die Erzählung von der selbstlosen Hingabe jenes
Königs zu den beliebtesten buddhistischen Jätakas. Von einer in
der indischen Heldensage verhältnismäßig so wenig hervortretenden
Persönlichkeit wie Samba aber hatte ein singhalesischer Mönch
schwerlich je etwas vernommen. Übrigens hat der Kommentator
der Gäthä wohl noch garnicht an den Sibikönig gedacht. Er be-
merkt ausdrücklich , daß der Sohn der Jambävati nach dem Tode
seines Vaters in Dväravatl geherrscht habe, während die Hauptstadt
des Sibireiches nach der Prosaerzählung des Sivijät. (499) und des
Ummadantijät. (527) Aritthapura, nach der des Vessantarajät. (547)
Jetuttara ist.
Allein es bleibt noch eine weitere Schwierigkeit. Nach dem
Harivamsa ist Jämbavatl die Tochter des Bärenkönigs. Der Pali-
kommentator berichtet dagegen, daß sie ein schönes Candälamädchen
gewesen sei; Väsudeva, d. i. Krsna, sei ihr eines Tages vor dem
Tore von Dväravatl begegnet, habe sich sofort in sie verliebt und
sie zu seiner Gemahlin gemacht. Müssen wir diese abweichende
Auffassung schon dem Dichter der Gäthä zuschreiben?
Die Gäthä bildet einen Teil der Rede des Papageien Mäthara,
der das Staarenweibchen des Pancälakönigs überreden will, ihn zu
heiraten. Die Staarin macht die Einwendung (G. 33):
„Ein Papagei liebt wohl ein Papageien weibchen, ein Staar wohl
eine Staarin ; wie paßt aber die Verbindung eines Papageien mit
einer Staarin?"
Darauf antwortet der Papagei (G. 34 — 36) :
„Wenn ein Verliebter eine Frau begehrt, und wenn es auch
ein Candäla-Weib wäre, so ist jede4) Verbindung passend; falls
Liebe vorhanden ist, ist keine unpassend".
„Da ist die Mutter des Königs Sibbi, Jambävati mit Namen ;
sie war die Gattin des Väsudeva, die geliebte Gemahlin des Kanha."
„Die Kimpurisa-Frau Rathavati, auch die liebte den Vaccha;
ein Mann schloß eine Verbindung mit einem Tierweibchen. Falls
Liebe vorhanden ist, ist keine Verbindung unpassend."
1) So in den singhalesischen Handschriften.
2) Samba lautet der Name im Prakrit der Jainas, siehe ZDMG. 42, 496,
Z. 23, 27 u. s. w.
3) Vgl. Pischel, Grammatik der Prakrit-Sprachen, § 109. Eine Parallele
für die Überführung des Stammes in die e'-Flexion bildet das handschriftlich
belegte Sambarissa , Sambarim für Sambarassa , Sambaram in Samyuttani-
käya I, 227.
4) Ich lese mit Bd sabbo hi; sabbe lii ist vielleicht ein stehen gebliebener
Magadhismus.
Lüders, Die Jatakas und die Epik. 689
Wir haben also in G. 36 ein Beispiel für die Verbindung eines
Mannes mit einem Wesen , das zwischen Mensch und Tier in der
Mitte steht, ja geradezu zu den Tieren gerechnet wird. Ist es da
nicht ganz wahrscheinlich , daß der Dichter auch in der voraus-
gehenden Strophe ein ähnliches Beispiel gegeben hat, daß er also
wußte, daß Jainbävati die Tochter eines Bären war ? Der Kommen-
tator oder schon seine Vorgänger kannten die alte Sage nicht mehr;
die ganze sehr ärmliche Erzählung von dem Candälamädchen Jambä-
vati beruht offenbar auf den Worten candälikäm api in G. :'-4.
Wie wenig der Kommentator von der echten Sage wußte , geht
schon aus den Schlußworten seiner Erläuterung hervor: so pilu
accayena Dväravatiyam rajjam körest. Es wäre meiner Ansicht
nach ganz falsch, aus dieser Äußerung etwa zu schließen, daß der
Kommentator eine Fassung der Sage gekannt habe , nach der ein
Sohn des Krsna den Untergang des Geschlechtes überlebte und
seinem Vater in der Herrschaft folgte. Man darf aus jenen Worten
nichts weiter folgern, als daß der Kommentator ein in der Sagen-
kunde ganz unbewanderter Mann war, der nicht einmal die buddhi-
stische Prosaerzählung des Ghatajätaka kannte. Denn auch diese
läßt, ebenso wie die brahmanische und die jinistische Fassung, die
Söhne des Krsna sämtlich in dem großen Kampfe umkommen.
Wir müssen uns nur klar machen , daß , wenn uns n u r die
Gäthä, ohne den Kommentar, erhalten wäre, kein Mensch je be-
zweifeln würde , daß sie genau die im Harivamsa berichtete Sage
reflektiere. Und wenn wir bei gewissen Jätakas, wie zum Beispiel dem
Nalinikä- oder dem Dasarathajätaka , den strikten Nachweis führen
können, daß die Prosaerzählungen nicht die alte von den Gäthäs
vorausgesetzte Sage wiedergeben, sondern aus bloßer Unwissenheit
verstümmelte oder verschlechterte Versionen derselben sind , was
verpflichtet uns dann , in einem Falle wie dem gegenwärtigen den
Angaben des Kommentators höheren Wert beizumessen ? Im Gegen-
teil, die ganze Art der Entstehung der Jätakaprosa nötigt uns , in
allen Fällen, wo ein Jätaka von der alten Sage abweicht, für die
Gäthäs die Kenntnis der alten Sage als das Wahrscheinlichere an-
zunehmen, wofern der Text der Gäthä selbst dem nicht deutlich
widerspricht.
Ich glaube, daß wir unter diesen Umständen auch die übrigen
Gäthäs, die auf die Krsnasage Bezug haben, viel schärfer von der
Prosaerzählung des Ghatajätaka trennen müssen als Hardy es getan
hat. Hardy meint,1) daß die Prosaerzählung so alt sei wie die
Gäthä-Bestandteile der Jätakasammlung, d. h. in vorchristliche Zeit
hinaufreiche. Ich vermag diese Ansicht nicht zu teilen.
Die Gäthäs , die hier in Betracht kommen , sind schon von
Hardy vollständig gesammelt. Es sind, abgesehen von der schon
besprochenen G. 35 desMahäummag^ajaiaka (546), die fünfzehn Gäthäs
1) A. a. 0. S. 30.
690 Luders, Die Jätalcas und die Epik.
des G-hatajätaka (454), G. 25 des Kumbhajätaka (512) und G. 29
des Samkiccajätaka (530). Die Gäthäs fasse ich chronologisch zu-
nächst als Einheit ; ob es einmal gelingen wird , auch hier ältere
und jüngere Strophen zu unterscheiden, muß die Zukunft lehren.
Genau genommen ist es nur ein einziger Punkt , in dem die
Gäthäs, die Prosa und die brahmanische Sage sämtlich überein-
stimmen : der Name der Stadt Dvärakä , die sich übrigens auch
der Verfasser der Gäthäs, wie aus G. 3 des Ghatajätaka deutlich
hervorgeht , als Wohnort des Krsna und seiner Brüder dachte.
Immerhin mag man aber auch die in G. 1 , 2 und 6 des Ghata-
jätaka erscheinenden Namen Kanha und Kesava hierher rechnen,
da sie der Verfasser der Prosa richtig auf Krsna-Väsudeva bezieht.
Von den Erklärungen, die der Kommentator über den Ursprung
dieser Namen gibt , weiß allerdings die brahmanische Sage nichts :
den Namen Kesava soll Krsna seinem schönen Haare (kesa) ver-
danken, und Kanha soll sein Gotraname sein, da er zu dem Gotra
der Kanhäyanas gehört habe.1) Der Kommentator faßt Kanha also
offenbar als Äquivalent eines sk. Kärsna auf. Hardy meint,'2) man
dürfe die letztere Erklärung nicht ohne Grund verwerfen. Ich
glaube , er tut damit den Kenntnissen des Kommentators doch zu
viel Ehre an. Väsudevassa Kanhassa in G. 35 des Mali äu nun aggaj.
heißt „des Krsna, des Sohnes des Vasudeva", und weiter nichts.
Der Kommentator freilich, der ebensowenig wie der Prosaerzähler
die wahre Bedeutung von Vasudeva kennt, hält dies für den eigent-
lichen Namen und weiß daher mit dem Namen Kanha nichts weiter
anzufangen, als daß er ihn für einen Gotranamen erklärt.
Wir haben ferner drei Punkte , in denen sich die Gäthäs , in
Übereinstimmung mit der Prosa, von der brahmanischen Sage unter-
scheiden.3). Erstens wird Jät. 454, 1; 2; 11; 15 ein Bruder des
Krsna namens Ghata4) erwähnt, von dem wir sonst nichts wissen.
Wenigstens habe ich einen solchen Namen weder im Epos noch in
den langen Listen der Brüder des Krsna in den Puränas auffinden
1) Dieselbe Erklärung findet sich im Kommentar zu G. 35 des Mahä-
ummaggajätaka.
2) A. a. O. S. 48.
3) Von der Geschichte, die den eigentlichen Inhalt des Ghatajätaka bildet,
sehe ich hier zunächst ab.
4) Im Kanhapetavatthu stets Ghata. Hardy (a. a. O. S. 26) möchte ihn
mit Ghrta, dem Sohne des Dharma, in Verbindung bringen; seine Ausführungen
können mich indessen nicht überzeugen. Die buddhistischen Jätakaerzähler
besaßen meines Erachtens weder solche Kenntnisse in der brahmanischen Mytho-
logie noch solche Neigungen zu spitzfindigen Klügeleien , wie Hardy sie ihnen
zutraut. Dagegen halte ich es nicht für ausgeschlossen, daß unser Ghata identisch
ist mit dem in Jät. 355 auftretenden Ghata oder Ghata, der den König Vanka
über die Nutzlosigkeit des Trauerns in unglücklichen Lebenslagen belehrt, ob-
wohl die Prosaerzählung diesen Ghata zu einem Sohne des Brahmadatta von
BäränasT macht.
Lüders, Die Jatahas und die Epik. 691
können. Zweitens ist nach G. 15 desselben Jätaka Krsna der
älteste Bruder {jettham bhätaram). Nach der brahmanischen Sage
ist er aber wenigstens jünger als Balaräma , wenn wir auch über
sein Verhältnis zu seinen zahlreichen andern Brüdern nichts be-
stimmtes erfahren. Drittens gehen die Angehörigen des Krsna nach
Jät. 530 , 29 dadurch zu Grunde , daß sie den Rsi KanhadTpäyana
kränken.1) Nach Mbh. XVI, 15 ff. besteht ihre Schuld vielmehr
in der Verspottung der Büßer Visvämitra, Kanva und Närada.2)
Wir dürfen hier unbedenklich mit Hardy annehmen, daß die Gäthä
die ältere Fassung wiedergibt, da sie durch die sonst ganz unab-
hängige Jainaversion der Krsnasage :)) gestützt wird. Auch in der
Jainaerzählung ist es der Muni DvTpäyana, der von den Prinzen
mißhandelt wird. Daß man bei der Aufnahme der Sage in das
Mahäbhärata den Krsna Dvaipäyana durch ein paar andere Rsis
ei-setzte, ist begreiflich genug. Galt er doch als der Verfasser des
Werkes ; er hätte also selbst erzählen müssen, wie er von den Söhnen
des Krsna verspottet wurde und wie er selber das Geschlecht des
von ihm vergötterten Helden verfluchte.
Andererseits haben wir aber doch auch einen Punkt, in dem
die Gäthäs genauer zu der epischen Darstellung stimmen als die
Prosaerzählung, und ein paar andere, wo es nach dem oben Ge-
sagten viel wahrscheinlicher ist, daß die Strophen die brahmanische
Passung und nicht die des Prosatextes reflektieren. Jät. 512, 25
und 530, 29 lauten:
1) Die Worte Kuijhadipüyaii; äsajja sind nicht bestimmt- genug, als daß
man mit Sicherheit entscheiden könnte, ob in der dem Verfasser der Gäthä
vorliegenden Sage tatsächlich schon wie in der Prosa des Ghatajätaka von
einer Vergewaltigung des Rsi im Anschluß an die Verspottung die Rede war.
Immerhin könnte dieser Zug alt sein; dafür spricht, daß die Jainafassung
überhaupt nur von einer Verprügelung des Rsi zu erzählen weiß. Die alte
Sage fand noch nicht etwas so Ungeheuerliches in der körperlichen Mißhandlung
oder selbst Tötung eines Brahmanen. In den Gäthäs wird uns von einer ganzen
Reihe von Königen berichtet, die sich an Brahmanen tätlich vergriffen; ich
brauche nur an den tausendarmigen Ajjuna (Jät. 522, 23; 530, 26), an Dandakin
(522,21; 530,27), Näliklra (522,22) und Kaläbu (522,24; 313) zu erinnern.
Einer späteren Zeit erschien der Brahmanenmord als ein so unerhörtes Ver-
brechen, daß sie kaum davon zu reden wagte. In den Sagen der Epen und
der Puränas sind es meist wahre Lappalien, um derentwillen Fürstengesehlechter
und Königreiche dem Fluche der Brahmanen verfallen. Es wäre demnach recht
wohl denkbar, daß der epischo Erzähler die ursprüngliche Erzählung von der
Mißhandlung als allzu anstößig unterdrückte, doch ist dieser Punkt von unter-
geordneter Bedeutung, da die Verspottung durch den verkleideten S
falls auch in der alten Sage schon den Kernpunkt der Beleidigung bildete.
2) Die späteren Puränas stimmen teils mit dem Epos iiberein, teils Lassen
sio Namen fort oder fügen neue hinzu. So hat z. B. «las Visnup. (V, 37, 6)
dieselben Namen; das Padmap. (VI, 279, Gl) nennt nur den Kanva, das I
vatap. (XI, l, 12) dagegen außer den drei genannten noch den Asita, Durväsas,
Bhrgu, Angiras, Kasyapa, Vämadeva, Atri, Vasistha u. a.
3) II. Jacobi, Die Jaina Legende von dem Untergango Dväravatl's und
von dem Tode Krishna's; ZDMG. 42, 496f.
692 Lüders, Die Jatalcas und die Epik.
yan ce irivitvä Andhakavenhuputtä
samuddatire paricärayantä \
upakkamum m usalehi annamannam
tassä punnam kumbham imam kinätha'1) ||
„Kauft mir den Krug ab voll des Weines, wie ihn die Andhaka-
venhuputtas getrunken hatten, als sie, am Meeresufer sich auf-
warten lassend,-) mit Keulen einander angriffen."
Kanhadlpäyarü äsajja isim Andhakavenhuyo \
annannam musale hantvä sampattä Yamasüdanam ||
„Weil die Andhakavenhus den Rsi Kanhadipäyana gekränkt hatten,
gelangten sie in des Yama Haus, indem sie sich gegenseitig mit
Keulen töteten."
Das Bild , daß wir uns nach diesen beiden Gäthäs von dem
großen Vernichtungskampfe der Yädavas entwerfen können, stimmt
in allen Zügen mit dem des Mausalaparvan überein. Nach dem
Epos findet das Fest bei Prabhäsa statt, am Meeresufer (samudränte),
wie es XVI, 67 ausdrücklich heißt. Die Yädavas betrinken
sich, und in der Trunkenheit entspinnt sich der Zank zwischen
Yuyudhäna und Kita varman, der zum Kampfe führt (71; 72; 88):
tatas tiiryasatäklrnam natanartakasamkulam \
ävartata mahäpänam Prabhäse ligmatejasäm ||
Krsnasya samnidhau Rämah saliitah Krtavarmanä j
apibad Yuyudhänas ca Gado Babhrus tathaiva ca \\
te tu pänamadävistäd coditäh, käladharmanä \
Yuyudhänam athäbhyaghnann ucchistair bhäjanais tadä ||
Daß auch im Epos (XVI, 13; 94; 133) Keulen {musala) die
Waffen sind , mit denen sich die Geschlechtsgenossen töten , hat
schon Hardy betont.
Nun findet der Kampf allerdings auch nach der Prosa des
Ghatajätaka am Meeresstrande (samuddaklUkam hilissämüti tnu-
khadv&rarn gantva) und mit Keulen (musala) statt, allein daß
Trunkenkeit die Ursache war, wird nicht erwähnt. Es heißt nur,
daß die Fürsten eine große Halle errichteten, sie schmückten, aßen
und tranken, im Spiel einander bei den Händen und Füßen packten
und dabei in Streit gerieten. Und doch war die Trunkenheit ein
wesentlicher Zug der alten Sage. Das geht schon aus der Art
der Anführuncr in der Gäthä hervor; so kann man nur auf etwas
1) Arya Sura hat die Strophe in der Jatakamala (XVII, 18) nachgebildet:
yäm pitavanto madaluptu.sa)iijT,n \\rsin/andhakä vismrtabandkubhäväh
parasparam nispipisur gadäbhh- uu.mrid.ani sä nihüeha Jeumbhe ||
Asvaghosa spielt auf die Sage an im Buddhaearita (XI, 31):
vi wt.s, im iyuJi Kuravo yadartham Yrxnytmdhakä Maithüadandahäi ca \
süläsikä.st/wpratimesu tesu hamesu kasyütmaoato ratih syät
2j Vgl. Jät. 483, 17: näriganehi paricärayanto.
Lüders, Die Jatahas und die Epik. 693
Wohlbekanntes anspielen. Es wird weiter aber auch durch die
Jainaversion bezeugt, nach der die Trunkenheit die eigentliche
Quelle alles Unheils ist, das die Yädavas trifft. Der ehrwürdige
Aristanemi hat prophezeit, daß Samba und die andern Prinzen im
Rausche den DvTpäyana verhöhnen würden. Um das Unglück ab-
zuwenden, befiehlt Väsudeva alle geistigen Getränke aus der Stadt
herauszuschaffen; sie werden in einer Höhle des Kadambahaines in
steinerne Behälter gegossen , wovon der Wein den Namen Kädam-
barl erhält. Allein nach einem halben Jahre entdecken die Prinzen
die Höhle, berauschen sich an dem trefflich herangereiften und ge-
klärten Getränke und begehen in der Betrunkenheit die verhängnis-
volle Tat. Allerdings läßt sich nicht bestreiten, daß diese Geschichte
von dem Kädambariweine in allen Einzelheiten sekundär ist; daß
sich aber die Trunkenheit in der Jainaerzählung überhaupt zu einem
Grundmotiv entwickeln konnte, zeigt doch, daß sie auch schon in
. der alten Sage eine Rolle spielte.
In der Gäthä 512, 25 ferner werden die Yädavas als Andha-
kavenhuputtä bezeichnet. Nach der Prosa des Ghatajätaka führen
sie diesen Namen, weil sie, obwohl von Upasägara erzeugt, als die
Söhne des Sklaven (düsa) Andhakavenhu gelten. Müssen wir an-
nehmen , daß schon der Dichter der Gäthä den Namen in diesem
Sinne auffaßte ? Keineswegs. In der Gäthä 530 , 29 werden die
Brüder Andhdkavenhuyo , die Andhaka-Vrsnis, genannt, und wenn
an der ersteren Stelle dem Namen putta hinzugefügt wird, so ist
es nur, um die Zugehörigkeit zu dem Stamme zu bezeichnen. So
redet im Samkhapälajätaka (524, 5; 6) Alära die Jäger an, die eine
Riesenschlange erbeutet haben:
kuMm ayam niyati hhimahäyo
nägena kirn kähatha Bhojaputtä \\
und erhält die Antwort:
nägo ayam niyati bhqjanattham
pavattakäyo wrago mahanto \
sädun ca thülan ca mudun ca mamsam
na tvam ras1 amnäsi V idehaputta\\
Die Anrede Videhaputta kehrt in G. 9 wieder. Die Jäger werden
auch in G. 12 und Nidänak. G. 260 als Bhojaputtä und in G. 4
als Miläcaputta bezeichnet. Hierher gehört auch der Satiyaputra
und der Keralaputra in Asoka's zweitem Felsenedikte. Putra hat
in diesen Namen die Funktion eines Taddhitasuffixes ; Satiyaputra
und Keralaputra stehen mit Namen wie Päncäla, Vaideha u. s. w.
(Pän. 4, 1, 168) auf gleicher Stufe. Dieselbe abgeschwächte Be-
deutung hat putra im Sanskrit oft in dem Worte räjaputra.
in Räm. I, 61 Sunahsepa /.u König AmbarTsi von Ayodhyä, der
sonst in dem ganzen Gesänge stets räfan, nareävara, pärthiva,
mahipati, räjarsi u. s. w. genannt wird, in Vers 21 sagt:
ggj. Luders, Die Jatakas und die Epik.
pitü jyestham avihreydm mätä calia kanlyasam |
vihreyam madhyamam manye räjaputra nayasva mäm ||
so will er ihn mit der Anrede räjaputra nicht als den Sohn eines
Königs, sondern einfach als ksatriya, als Angehörigen der zweiten
Kaste bezeichnen. Räjaputra ist hier der Vorläufer des heutigen
Rajputen. Einen analogen Fall bildet im Pali das so überaus häufige
devaputta. Devaputta bezeichnet, wie schon Childers gesehen hat,1)
den einzelnen Gott als Mitglied des Devageschlechtes. Der Begriff
des Sohnes ist völlig verblaßt; im Bhaddasälajätaka (465) wird
zum Beispiel für eine und dieselbe Person bald der Ausdruck
devaräjan, bald devaputta gebraucht (IV, 154, 4. 22; 155,25;
157, 11. 23).
Über die wahre Bedeutung des Wortes Andhakavenhuputtä
kann also kein Zweifel herrschen. Andererseits halte ich es aber
gar nicht für ausgeschlossen, daß der Verfasser der Prosa gerade
durch das Mißverstehen dieses Ausdrucks zu dem als Personen-
namen absurden Namen Andhakavenhu kam. Er hatte aber offenbar
auch etwas von dem wahren Namen jenes Sklaven, Nandagopa, ge-
hört . und so half er sich denn aus der Schwierigkeit , indem er
die Frau des Sklaven Nandagopa benannte.
Ähnlich liegt die Sache bei G. 2 des Ghatajätaka, die einen
Rohineyya in der Umgebung des Krsna erwähnt:
tassa tarn vacanam sutvä Rohineyyassa Kesavo |
taramänarüpo vutthäsi bhätu sokena attito ||
Nach der Prosaerzählung ist dieser Kohineyya ein Minister
(RoMneyyo näma amacco). Allein, was verpflichtet uns, diese
Ansicht auch dem Verfasser der Gäthä zuzuschreiben? Rohineyya
heißt „der Sohn der Rohini'', und wenn der Rohini auch noch
andere Söhne zugeschrieben werden , so hat doch sicherlich jeder
mit der Sage seiner Heimat auch nur einigermaßen vertraute Hindu
gewußt, daß mit dem Sohne der Rohini v.ca i^o%i]v Balaräma ge-
meint sei. Fast alle Lexikographen, Amara, Purusottama, Hema-
candra, Haläyudha, Medinikara, führen Rauhineya als Synonym
von Balaräma auf. Auch im Epos wird Rauhineya ohne weiteren
Zusatz in diesem Sinne gebraucht; z. B. Mbh. I, 7148 f.:
Vrsnvpraviras tu Kurupramrän
äsamsamänah sahaR auhi n e y a h \
jagäma täm Bhärgavakarmasäläm
yaträsate te purusapraviräh ||
tatropavistam prthudirghabäh u m
dadarsa Krsnah sahaRauhiney ah |
Ajätasatrum pjarivärya täms cäpy
wpopavistäfh jvalanaprakädän \\
1) Dictionary of the Pali Language, s. v. Nach deraputta ist dann auch
das Wort devadhltä für Göttin gebildet.
Lüders, Die Jatäkas und die Epik. 695
tato 'bravid Väsudevo 'bhigamya
Kuntisutam dharmabhrtüm varisfham \
Krsno 'harn asmiti nipldya pädau
Yudh isth irasyäja m '/ dha sya räjn ah \ \
tathaiva tasyäpy ante Rauh in ey <> s-
tau cäpi drstäh Kuravo 'bhyanandan \
Mbh. V, 4
Pancalarajasya samipatas tu
Sin ipravlrah sahaR a u h i neyah \
Mbh. VII, 8220:
Jaräsandho 'tirusito Rauhiney apradharsitah \
Har. 4410:
Akrürasya kathäbhis tu saha Krsnena jägratah \
Rauhiney atrtiyasya nisä sä vyatyavartata |)
So kommt Rauhineya noch in Inschriften aus dem vierzehnten
Jahrhundert vor; z. B. Journ. Bombay As. Soc. Vol. XII, p. 353:
HariharanrpaBuhkabhümipäläv
iti bhvci tasya sutäv ubhäv abhütäm |
punar api bhuvanäbhiraksanärthmit
samupagatüv Iva Rauhiney aKrsnau1) \\
Der Verfasser der Prosa freilich weiß von der Identität des
Rauhineya mit dem Balaräma und von der Rohini überhaupt nichts
mehr. Er macht den Baladeva zum Sohne der Devagabbhä und
sieht in dem Rohineyya irgend einen gleichgültigen Minister. Mir
scheint daraus deutlich hervorzugehen , daß uns die Krsnasage in
der Prosaerzählung in verwildertem Zustande vorliegt, so, wie eine
so komplizierte Sage, losgelöst von der Heimat, allmählich werden
mußte. Die Namen der Sage kehren wieder, aber alles ist in heil-
loser Verwirrung. Eine vollständige Vergleichung der Jätakaprosa
mit der Erzählung des Mahäbhäi'ata hat schon Hardy geliefert ;
hier seien daher nur ein paar Punkte hervorgehoben , die auf die
Arbeitsweise des Verfassers Licht werfen.
Im Harivamsa haben wir Kamsa nebst acht Brüdern, die alle
die Söhne des Ugrasena sind. Im Jätaka wird daraus ein Kamsa
und ein Upakamsa, die Söhne des Mahäkamsa. Die Namen sind
nach bekanntem Muster gebildet; in der Prosa des Bhisajätaka (488)
finden wir ebenso einen Mahäkancanakumära und seinen jüngeren
Bruder Upakancanakumära, im Kommentar des Mahäummaggajätaka
i\ i. 470, 29) einen Cülani und seinen Vater Mahäcülani . u. s. w .
Nach diesem Muster wird im Ghatajätaka denn auch gleich noch
eine andere Familie konstruiert, ein Mahäsägara mit zwei Söhnen,
Sägai'a und Upasägara. Wir haben hier das gleiche, einfacher Un-
1) Ich habe die zum Teil fehlerhafte Schreibung verbessert.
696 Lüders, Die Jatdkas und die Epik.
wissenheit entspringende schematische Verfahren, auf das ich schon
hei früherer Gelegenheit hingewiesen habe.1) Die Verhältnisse sind
genau so zu beurteilen wie beim Dasarathajätaka (461), wo in der
Prosaerzählung Eäma nach der Schablone in den Himavat zieht,
während die Gäthä 513,17 in Übereinstimmung mit der echten
Sage den Dandakawald als seinen Verbannungsort bezeichnet.
Der eben erwähnte Upasägara wird nach der Prosa der Vater
des Väsudeva. Der Verfasser kannte also noch diesen Beinamen
des Krsna, wußte aber, wie schon oben bemerkt, nicht mehr, daß
er einfach „der Sohn des Väsudeva" bedeute.
Die Sägarafamilie lebt im „nördlichen" Madhurä, während dies
in der echten Sage die Hauptstadt des Kamsa ist; dagegen wird
Kamsa nach Asitanjana versetzt. Der Ausdruck Uttaramadhurä
verrät deutlich, daß der Verfasser der Prosa ein Singhalese war
oder wenigstens in Ceylon schrieb. Ein Schriftsteller in dem Heimat-
lande des Buddhismus wäre sicherlich nicht auf den Gedanken ge-
kommen, jene nähere Bestimmung hinzuzufügen, denn wie hätte
einer seiner Leser dazu kommen sollen, wenn er von Madhurä hörte,
an die ferne Residenz der Pändyakönige zu denken. Anders der
Singhalese. Für seine Leser war Madhurä ohne weiteren Zusatz
natürlich das Madhurä auf dem gegenüberliegenden Festlande; für
sie mußte das Mathurä an der Yamunä besonders als solches ge-
kennzeichnet werden.
In bezug auf den seltsamen Namen Asitanjana möchte ich eine
Erklärung vorschlagen, die allerdings nicht mehr zu sein beansprucht
als eine Vermutung und bei der ganzen Sachlage auch kaum mehr
als das sein kann. Im Harivamsa 6428 ff. wird uns über die Geburt
des Kälayavana berichtet. Der Guru der Vrsnyandhakas , Gärgya,
gab sich strenger Buße hin, um einen Sohn zu erhalten, und zwar
in der Stadt Ajitanjaya (6430 : nagare tv Ajitanjaye). Rudra
verheißt ihm zur Belohnung die Erfüllung seines Wunsches. Gärgya
erzeugt mit einer als Hirtenmädchen auftretenden Apsaras den
Kälayavana, den der kinderlose König der Yavanas als Sohn an-
nimmt. Sollte nicht dies , soweit ich weiß , nur hier belegte Aji-
tanjaya2) mit dem Asitanjana des Jätaka identisch sein? Natürlich
müßte in dem Falle der Name in einem der Texte oder vielleicht
gar in beiden verderbt sein;a) allein man braucht nur einmal die
Listen der historischen Dynastien in den verschiedenen Puränas
miteinander zu vergleichen, um sich zu überzeugen, daß eine solche
Annahme nichts Auffälliges hat , zumal bei einem so vereinzelt
stehenden Namen. Zugunsten meiner Vermutung spricht auch der
Umstand, daß der Prosaerzähler sicherlich von der mit der Krsna-
1) Gott. Nachr. Phil.-hist. Kl. 1897, S. 127.
2) In den Wörterbüchern finde ich den Namen überhaupt nicht.
.;, Vielleicht durch künstliche Ausdeutung: Ajitanjaya bedeutet „den Un-
besiegten besiegend", Asitanjana rsch\varze Augensalbe".
Lüders, Die Jatahas und die Epik. 697
sage aufs engste verbundenen Kälayavanasage etwas wußte. Schon
Hardy hat darauf hingewiesen, daß in dem Kälasena oder Kälayäna,
wie B d liest , dessen Reich die Brüder erobern , eine Reminiszenz
an den Kälayavana vorliege.1) Daß er im Jätaka König von Ayojjha
ist und daß er von den Brüdern gefangen genommen wird, wäbrend
er im Epos durch Sivas Gnade für Krsna unbesieglich ist und nur
dem Zorne des Mucukunda erliegt, spricht bei der ganzen Art der
Erzählung durchaus nicht gegen die Identifizierung.
Die Mutter des Krsna heißt im Jätaka Devagabbkä und ist
die Schwester des Kamsa. Was den Namen betrifft, so könnte man
versucht sein , in Devagarbhä den alten Vollnamen zu erkennen,
dessen Koseform in Devakl vorliegen würde ; allein die zahllosen
Ungenauigkeiten , deren sich der Verfasser schuldig macht , legen
doch die Annahme näher, daß er auch hierin nur seiner eigenen
Phantasie gefolgt sei. Eher wäre es möglich, daß die Darstellung
des Verwandtschaftsverhältnisses der Mutter des Krsna zu Kamsa auf
wh-klicher Überlieferung beruhte. Nach dem Harivamsa (2024 ff),
dem sich das Väyupuräna (II, 34, 118 fi'.), das Visnupuräna (IV, 14. 5)
und das Bhägavatapuräna (IX, 24, 21 ff.) anschließen, ist allerdings
DevakT die Cousine des Kamsa von Vaters Seite, wie sich aus dem
folgenden Stammbaum ergibt :
Ähuka
Devaka Ugrasena
I I
Devaki Kamsa
Eine Reihe puraniscber Werke stimmen indessen mit dem Jätaka
überein, indem sie DevakT ausdrücklich die Tochter des Ugrasena
imd die Schwester des Kamsa nennen. Im Padmapuräna (VI, 272. 5)
wird von Vasudeva gesagt, daß er heiratete :
Ugrasenasya duhitäm Devakim devavarranim
und ein paar Zeilen später (V. 9) von Kanisa:
tac chrutva Jiantwm ärebhe Kamso 'pi bhaginlm tadä
Und im Väyupuräna, das bei der Aufstellung der Genealogie. \\i.'
oben erwähnt, dem Harivamsa folgt, heißt es trotzdem nachher
(II, 34, 201 f.):
Ugrasenätmajäy am ca hanyäm Andkadundubheh \
nivedayümasa tadä hanyeti subhalaksanä \
svasäyäm tanayam Kamso Jätam nawävadhärayat \\
Auch in zwei angeblich dein Bhavisyottara- und dem Visnupuräna
entnommenen Texten, die die Krsnajanmästami behandeln, erscheint
nach AVebers Angaben die Dr Schwester des Kamsa.2)
1) A. a. O. S. 36. Vielleicht sind, wie ebenfalls schon Hardy vermutet
hat, Kälasena und Kälayäna in einem ursprünglichen Kälayona zu ver i
'_' ; Über die Krishnajanmäshtaml , Phil. u. histor. Abh. d. Ak. 4. Wi-^.
zu Kerlin aus dem Jahre 18Ü7, S. 250 Note; 257 Note.
698 Lüders, Die Jatahas und die Epik.
Hardy1) meint nun, daß dieselbe Anschauung auch im Hari-
vamsa an einer • Stelle zu Tage trete, nämlich in der Verkündigung
des Närada (II, 1, 16 = 8195), wo von DevakI als der „jüngeren
Schwester" des Kamsa gesprochen wird:
tatraisä DevakI yä te Mathuräyäm laghusvasä-) \
yo 'syä garbho \stamah Kamsa sa te mrtyur bliavisyati [|
Ich möchte dem gegenüber aber doch darauf hinweisen , daß der
Ausdruck laghusvasr nicht beweiskräftig ist. Nach einem Sprach-
gebrauche , der sich in einzelnen Teilen Indiens, wie zum Beispiel
in den kanaresischen Distrikten, bis auf den heutigen Tag erhalten
hat, können die Wörter für Bruder und Schwester auch zur Be-
zeichnung der Kinder des Oheims und der Tante und sogar der
Kinder des Oheims und der Tante des Vaters verwendet werden.
Diese Erscheinung ist in Inschriften festgestellt, und unter den von
Fleet3) und Kielhorn4) verzeichneten Fällen sind zwei, die dem
unsrigen genau parallel sind. In einer Inschrift zu Alür aus dem
Jahre 1010/11 heißt die Tochter des Irivabedaiiga-Satyäsraya
die jüngere Schwester des Westlichen Calukya Vikramäditya V.,
der in Wahrheit ihr Vetter väterlicherseits war. Und in den im
Britischen Museum befindlichen Kupferplatten des Sadäsivaräya von
Vijayanagara aus dem Jahre 1556 wird die Tochter des Krsnaräya
als die Schwester (bliagini) des Sadäsiva, des Sohnes ihres väter-
lichen Oheims Raiiga, bezeichnet. Das Wort laghusvasr könnte
also auch hier im uneigentlichen Sinne gebraucht sein, und es wäre
sehr wohl denkbar, daß gerade eine derartige ungenaue Ausdrucks-
weise dazu geführt hätte, in DevakI allmählich die wirkliche Schwester
des Kamsa zu sehen.
Einen kurzen Blick müssen wir auch noch auf die Namen der
Brüder im Ghatajätaka werfen. Abgesehen natürlich von den beiden
richtigen , Väsudeva und Baladeva , und dem durch die Gäthä ge-
botenen Ghata, machen sie durchaus den Eindruck, als ob sie von
dem um so viel Namen verlegenen Verfasser teils frei erfunden,
teils aus der übrigen Heldensage entlehnt seien. Eine Anzahl ließ
sich bequem bilden , indem man nach dem Muster von Baladeva
und Väsudeva das Wort deva mit den Namen der Hauptgottheiten
zusammensetzte; so entstanden Candadeva, Suriyadeva, Aggideva,
Varunadeva. Irgendwelche Traditionen sind hier sicherlich nicht
benutzt. Pajjuna geht, wie Hardy richtig gesehen hat,5) auf Pra-
1) A. a. 0. S. 32.
2) No lietit an der betreffenden Stelle pitrsvasä, eine Lesart, mit der
ich nichts anzufangen weiß , da DevakI , soviel ich weiß , nirgends als die
Schwester des Ugrasena bezeichnet wird. Nllakantha erwähnt die Lesart und
führt eine ziemlich künstliche Erklärung an : anye tu pitrisvaseti pätham pra-
kalpya pitrsambandhim svasä vyavähitabhagindi vijäcakhyuh.
3) Gazetteer of the Bombay Presidency, Vol. I, Part II, p. 458.
4) Ep. Ind., Vol. IV, p. 4.
5 A. a. O. S. 33, Note.
Luders, Die Jatakas und die Epik. 699
dyumna zurück, den Namen eines Sohnes des Krsna. Wenn er
hier als Bruder des Krsna erscheint, so entspricht das durchaus
der in dem übrigen Teile der Erzählung herrschenden Verwirrung.
Und wohl hauptsächlich durch den Anklang an Pajjuna veranlaßt,
scheint auch der Name des Ajjuna hierher geraten zu sein ; tiefere
Absichten vermag ich hier nicht zu erkennen.
Es bleibt der Name Ankura. Über Ankura werden wir aus-
führlich in den Gäthäs des Ankurapetavatthu (II, 9) unterrichtet.1)
Der Zweck dieser „ Totengeschichte " ist die Verherrlichung der
Tugend des däna, als deren Vertreter eben Ankura erschein
Ksatriya (G. 55), der in Dvärakä lebt (G. 24, 33, 35) und dort
mit großartiger Freigebigkeit die Opferbrahmanen und Bettler
beschenkt :
satthivähasahassäni Ankurassa ntvesane |
bkqjanam dlyate niccam punnapekkhassa jantuno || 50
Jana tisahassä sädä ämuttamanikundalä \
Ankuram upajivanti däne yannassa vyävatä || 51
satthipurisasahassäni ämuttamanikundalä \
Ankurassa mahädäne kattham phälenti mänavä || 52
solasitthisaliassäni sabbälahkärabhüsitä \
Aidcurassa mahädäne vidhä pindenti näriyo || '»:-'>
solasitthisaliassäni sabbälahkärabhüsitä \
Ankurassa mahädäne dabbigähä upatthitä |] 54
bahum bahünam pädäsi ciram pädäsi khattiy o \
sakkaccan ca sahatthä ca cittim Juden punappunam || 55
bahumäse ca pakkhe ca utusamvaccharäni ca \
mahädänam pavattesi Ahkuro digham antaram || 56
In den brahmanischen Sagen gilt als Muster der Freigebigkeit in
Dvärakä Akrüra, der Verwandte und Freund des Krsna. Er heißt
wegen dieser Tugend dänap>ati, der „Gabenherr" ; mit diesem Namen
wird er von Krsna und Kamsa angeredet (Visnup. IV, 13, 60; V. l-">.
13; 20; 18, 7); so wird er wiederholt in der Erzählung ohne weiteren
Zusatz bezeichnet, z. B. Har. 2123 = Väyupuräna II, 34, 90:
punar Dväravatlm präpte tasmin dänapatau tatah j
pravavarsa Sahasräksah kakse jalanidhes tatah ||
Har. 4208:
gacchato ayam dänapatih ksipram änayitwm vrcg'ät \
Nandagopam ca gopäms ca karadän mama säsanät \\
1) Es braucht wohl kaum bemerkt zu werden, daLi auch in Schritten
wie dem Petavatthu die Gäthäs allein kanonisch sind und daher bei kritischen
Untersuchungen von der Prosaerzählung gesondert werden müssen I
stimme ich durchaus mit llardy überein, wenn er meint (a. a. O. S. 37), daß
Dhammapäla die Einleitung zum Ankurapetavatthu aus der Prosaerzählung des
Ghatajätaka abgeschrieben habe.
700 Lüders, Die Jatakas und die Epik.
Har. 4232:
tasminn eva muhürfe tu Matliuräyäh sa niryayau \
prilimän Pundarihähsam drastum dänapatili svayam \\
Har. 4269:
sa lii dän ap a t ir dhanyo yo draksyati vane gatam |
pundarihapalä^älcsam Krsnam aklistakurinam ||
Har. 4361:
samsadbhih syandanenäsu pvüpto dänapatir vrajam |
pravisann eva papraccha sämnidhyam Kesavasya sah || x)
Har. 1916 wird er durch das Beiwort bhüridaksina charakte-
risiert, und seine Opfer waren sprichwörtlich wegen der ver-
schwenderischen Wohltätigkeit , die er dabei entfaltete ; siehe Har.
21 16 f. = Väyup. II, 34, 82 f.:
atha ratnäni cänyäni dhanäni vividhäni ea \
sasti'm varsäni dharmätmä yajnesv eva nyayojayat \\
Akrürayqjnä iti te hhyätäs tasya mahälmanah |
bahvannadaksinäh sarve sarvalcamapraduyinah ||
Zu diesen sachlichen Übereinstimmungen 2) kommt die Gleich-
heit des Kamens. Da das Negativpräfix a in einem Tatpurusa den
Akzent zu erhalten pflegt, so dürfen wir die Betonung Akrüra als
die wahrscheinlichste ansetzen. Die Kürzung des ü in Ankura
wäre dann zu beurteilen wie die Vokalkürzungen in den von Pischel,
Gramm, der Prakritspr. § 80, zusammengestellten Fällen. Inbetreff
der Nasalierung des anlautenden a verweise ich auf Kuhn, Beiträge
zur Pali- Grammatik, S. 34 ; E. Müller, Grammar of the Pali Language,
S. 22; Pischel, a. a. 0., § 74; aus den dort aus dem Pali und dem
Prakrit angeführten Beispielen erhellt, daß die Nasalierung des
Vokals besonders häufig ist, wenn die ursprünglich folgende Kon-
sonantengruppe ein r enthält, was auch für unsern Fall zutrifft.
Die Identität von Akrüra und Ankura ist also kaum zu bezweifeln ;
wir haben hier wieder die schon mehrfach beobachtete Erscheinung,
daß eine Gestalt der alten Sage in der Prosa an der falschen Stelle
auftritt. Fraglich bleibt in diesem Falle nur, wie der Verfasser
1) Es ist zu beachten, daß Aükura in der Prosaerzählung des Petavatthu
ebenfalls das Beiwort dänapati erhält; siehe S. 125.
2) Vielleicht käme hier noch ein weiterer Punkt in Betracht. Nach der
Prosaerzählung des Petavatthu (S. 123) versiegen Ankuras Schätze niemals, da
er sich des Beistandes eines übermenschlichen Wesens, eines Yaksa, erfreut.
In ähnlicher Weise verdankt auch Akrüra seinen unerschöpflichen Reichtum
einer übernatürlichen Macht; er ist durch Satadhanvan in den Besitz des Sya-
mantakasteines gekommen, der seinem Eigentümer alle irdischen Güter verleiht.
Die Übereinstimmung ist indessen hier vielleicht nur zufällig, zumal da die
Gäthäs des Petavatthu keine Andeutung jenes Verhältnisses zu dem Yaksa
enthalten.
Lüders, die Jutakas und die Epik. 701
zu dem Xarnen gelangte ; ob hier eine Entlehnung aus den Gäthäs
des Ankurapetavatthu oder eine direkte Reminiszenz aus der Krsna-
sage vorliegt, wage ich nicht zu entscheiden.
Die Darstellung der Verwandtschaftsverhältnisse der Personen
der Sage ist entschieden die schwächste Partie der ganzen Prosa-Er-
zählung des Ghatajätaka. Gewiß kein bloßer Zufall , denn solche
Abschnitte stellen begreiflicherweise die größten Anforderungen an
die Gedächtniskraft der Erzähler und sind bei längerer mündlicher
Überlieferung am ehesten dem Zerfalle ausgesetzt. Von der übrigen
Erzählung stimmen verhältnismäßig am besten mit der alten Sage
die beiden Abschnitte von der Tötung des Kamsa und von dem
Untergange der Yädavas überein. Hier treten zum Teil auch un-
bedeutende Züge der epischen Darstellung im Jätaka wieder hervor.
Nach dem Harivarpsa (Adhy. 84) verschaffen sich Krsna und Sam-
karsana, als sie in die Stadt gekommen sind, teils durch Gewalt.
teils auf gütlichem Wege, farbige Gewänder, Kränze und Salben.
Ebenso heißt es im Jätaka, daß die Brüder in bunte Gewänder
gekleidet, mit gesalbten Körpern und mit Kränzen auf dem Haupte
in die Arena traten, da sie vorher die Färbergasse und die Salben-
und Kranzläden geplündert hatten. Die beiden Ringer des Kamsa
heißen im Har. (Adhy. 85) Cänüra und Mustika : das Jätaka gibt die
Namen richtig durch Cänura und Mutthika wieder. Aus der zweiten
Episode hebe ich hier nur die Verspottung durch den verkleideten
Prinzen hervor, die wunderbare Geburt des Knüppels, der nachher
zu Pulver zerrieben und ins Wasser geworfen wird , den Kampf
mit den Schilfrohren , die sich in Keulen verwandeln , die Ver-
wundung des Krsna am Fuße, den Namen des unglücklichen
Schützen , Jaras , alles Punkte , in denen Jätaka und Epos sich
decken. Ich glaube, daß auch dies nicht auf bloßem Zufalle be-
ruht , denn die genannten beiden Episoden sind gerade diejenigen
Teile der Krsnasage , die am kräftigsten im Geiste des indischen
Volkes lebten. Daß die Geschichte von dem Vernichtungskampfe
der Yädavas allgemein bekannt war, läßt schon die Art und Weise,
wie in den Gäthäs 512, 25 und 530, 29 darauf angespielt wird,
erkennen. Und für die Geschichte von der Tötung des Kamsa tritt
das Zeugnis des Mahäbhäsya ein; nach Patafijali1) pflegte sie so-
wohl auf der Bühne und im Bilde dargestellt als auch von den
Granthikas vorgetragen zu werden ; sie war also sicherlich in den
weitesten Kreisen bekannt.
Mir scheint gerade diese Ungleichmäßigkeit in der Behandlung
der verschiedenen Teile der Sage, größere Genauigkeit in den be-
kannteren und vollkommene Verwirrung in den unbekannteren Ab-
schnitten, dafür zu sprechen, daß der Erzähler mündlicher Tradition
folgte, und daß ihm keine geschriebene Quelle wie etwa das Mau-
l) Zu Pän. 3, 1, 26, Värtt. 15; vgl. auch die Bemerkung zu 3, 2, 111,
Värtt. 2.
702 Luders, Die Jätakas und die Epik.
salaparvan oder der Harivamsa vorlag. Was Hardy a. a. 0., 8. 4S.
für die Benutzung des Harivamsa geltend macht, beweist meines
Erachtens nichts. Hardy betont nur die Übereinstimmungen zwischen
der Jätakaprosa und dem Harivamsa, die sich auch bei meiner Auf-
fassung leicht und natürlich erklären. Unberücksichtigt und un-
erklärt läßt er dagegen die gewaltigen Unterschiede, die zwischen
den beiden Erzählungen bestehen. Wer annimmt, daß der Prosa-
verfasser den Harivamsa als direkte Quelle benutzte, der muß auch
annehmen, daß er bewußt von seiner Vorlage abwich, und dann
auch erklären , warum er dies tat.1) Ebensowenig erscheinen mir
die Gründe stichhaltig, die Hardy, S. 45 f., für die Benutzung des
Mausalaparvans anführt. Er beruft sich hier auf wörtliche Über-
einstimmungen , allein die von ihm beigebrachten Fälle stammen
nicht aus der Prosa, sondern aus den ganz anders zu beurteilenden
Gäthäs. Die einzige Ausnahme bildet das Wort eraka, das in
Mbh. XVI, 206 und ebenso in Jät. IV, 88,4: 9 für das Schilf-
rohr gebraucht wird, das sich bei dem Kampfe der Yädavas in
Keulen verwandelt. Ich vermag aus dieser Tatsache nichts weiter
zu folgern, als daß schon in der alten Sage an der betreffenden
Stelle diese bestimmte Schilfart genannt war. Daß sich das Wort
in der Paliliteratur bis jetzt nur noch an einer einzigen andern
Stelle nachweisen läßt , rührt doch wohl einfach daher , daß über-
haupt von Schilf nicht gerade häufig die Rede zu sein pflegt.-)
Ich kann also Hardys Behauptung, daß der Prosaerzähler den
Harivamsa und das Mausalaparvan benutzt habe, nicht als bewiesen
ansehen. Ich muß aber gestehen, daß meiner Ansicht nach dieser
Punkt an und für sich ziemlich nebensächlich ist und erst dann
Bedeutung gewinnen würde , wenn nachgewiesen wäre , daß der
Jätakaprosa ein ebenso hohes Alter zukäme wie den Gäthäs. Ich
glaube gezeigt zu haben, daß das nicht der Fall ist, daß vielmehr
zwischen den Gäthäs und der Prosa eine längere Zeit verflossen
sein muß, während welcher das Verständnis der in den Versen
enthaltenen Andeutungen von Personen und Verhältnissen zum
großen Teile verloren ging.
Wir müssen endlich noch der Frage nach dem Ursprung der
Erzählung, die den eigentlichen Inhalt des Ghata-
jätaka bildet, etwas näher treten. Die Geschichte läßt sich
kurz wiedergeben wie folgt :
Kanha hat einen geliebten Sohn durch den Tod verloren und
versinkt darüber in so tiefe Trauer, daß er alle seine Pflichten
1) Damit will ich aber natürlich nicht behaupten , daß der Harivamsa
zur Zeit der Entstehung der Prosa noch nicht existierte. Ich sehe auch vor-
läufig gar keinen Grund ein, warum Hardy es für unwahrscheinlich hält, daß
das Werk schon damals seine heutige Gestalt besaß. ,
2) Übrigens nimmt Hardy a. a. O. S. 46 f. selbst an, daß der Prosa-
verfasser andere und sogar ältere Quellen benutzt habe als das Mausalaparvan.
Lüders, Die Jatakas und die Epik. 703
vernachlässigt. Da beschließt sein Bruder Ghata ihn von seinem
Kummer zu heilen. Er nimmt die Gebärden eines Wahnsinnigen
an und durchirrt die Stadt, indem er beständig ruft: „Der Hase!
Der Hase!" Durch Rohineyya von dem Gebahren des Bruders be-
nachrichtigt, bemüht sich Kanha, ihn zu beruhigen. Er verspricht
ihm , er wolle ihm einen Hasen verschaffen , von welcher Art er
nur wünschen möge , allein Ghata verlangt den Hasen im Monde.
Da erklärt Kanha ihm nicht helfen zu können: Unmögliches dürfe
man nicht begehren. Ghata aber zeigt ihm , daß er diese Lehre
selber nicht befolge, wenn er unaufhörlich um den Sohn klage.
den auch keine Macht der Erde zurückbringen werde. Kanha sieht
das Törichte seiner Trauer ein und preist den Ghata, der ihm die
Augen geöffnet hat.
Diese Geschichte hat in der Jätakasammlung eine Reihe von
Parallelen. Die größte Ähnlichkeit zeigt das Mattakundali-
j ä tak a (449). Auch hier ist es ein Vater , eine Brahmane , der
sich unablässig um den toten Sohn grämt. Der Sohn , der als
devaputta wiedergeboren ist , unternimmt es , ihn zur Vernunft
zurückzurufen. Laut klagend erscheint er dem Vater , und als
dieser ihn nach dem Grunde seines Kummers fragt, erklärt er, er
weine, weil ihm zwei Räder für seinen Wagen fehlten, nicht ge-
wöhnliche Räder . wie man sie hier auf Erden bekommen könne,
sondern Sonne und Mond. Der Vater nennt das natürlich ein
törichtes Verlangen, allein er muß zugeben, daß er selbst noch
törichter handle, wenn er dem Toten nachweine, da Sonne und Mond
wenigstens sichtbar am Himmel stünden, von dem Toten aber auch
nicht die geringste Spur zu entdecken sei. Er gibt sein Trauern
auf und preist den devaputta, der ihn zur Einsicht gebracht hat,
mit denselben Gäthäs, mit denen auch das Ghatajätaka schloß.
Noch drastischer tritt der Hauptgedanke dieser Erzählung im
Sujätajätaka (352) zutage. Sujätas Vater hat seinen Vater
verloren und gibt sich ganz dem Schmerze darüber hin. Unaufhörlich,
ohne sich um die Geschäfte des täglichen Lebens zu kümmern, klagt
er an dem stüpa, den er über den Gebeinen des Toten in seinem
Garten hat errichten lassen. Um ihn zu heilen, stellt sich Sujäta ver-
rückt. Einem toten Ochsen, der am Wege liegt, setzt er Gras und
Wasser vor, und als der Vater ihn deswegen einen Toren schilt,
setzt er ihm auseinander, daß es immerhin noch vernünftiger sei,
zu erwarten, der Ochse, dessen Körper wenigstens sichtbar vor
ihnen liege, werde zum Leben auferstehen als der Großvater, der
längst zu Staub und Asche geworden sei. Die Geschichte endet
wie die beiden andern. Die Gäthäs, in denen der Vater Sujätas
Weisheil rühmt, sind bis auf geringe Abweichungen, wie sie die ver-
änderte Erzählung bedingt, mit denen des Ghatajätaka idenl
Einfacher sind zwei andere hierhergehörige Jätakas, das S
dattajätaka (410) and 'las Mügapotakajätaka (372). Im
Somadattajätaka wird von einem Asketen berichtet, der einen jungen
Bd. LVIII. 4G
704 Lüders, Die Jatalcas und die Epik.
Elephanten aufzieht , den er zärtlich liebt. Eines Tages stirbt das
Tier, und der Asket weint und klagt um seinen Liebling. Da er-
scheint, um ihn aufzurütteln, Sakka der Götterkönig und beweist
ihm in einigen Gäthäs die Zwecklosigkeit der Trauer. Auch hier
finden sich am Schlüsse wieder drei der aus dem Ghatajätaka be-
kannten Gäthäs zum Preise des weisen Trösters. Das Migapotaka-
jätaka unterscheidet sich von dem Somadattajätaka nur dadurch,
daß an Stelle des Elephanten eine Gazelle auftritt. Das Jätaka
scheint geradezu dadurch entstanden zu sein , daß man das miga
in G. 4 des Somadattajätaka nicht als „Tier des Waldes", sondern
im engeren Sinne als „Gazelle" auffaßte und dann natürlich die
beiden ersten Gäthäs des Somadattajätaka, die den Elephanten er-
wähnen und daher nicht passen, fortließ. Jedenfalls ist, wie ich
an zwei andern Jätakas zu zeigen hoffe , tatsächlich zuweilen eine
Erzählung in dieser Weise in zwei Jätakas zerlegt worden.
Handelten die bisher genannten Jätakas alle von einem Trauern-
den, der erst durch die Vorstellungen eines Klügeren von dem Unsin-
nigen seines Benehmens überzeugt werden muß, so haben wir anderer-
seits auch eine Reihe von Jätakas, in denen uns das Verhalten des
wahrhaft Weisen bei dem Tode lieber Angehöriger vorgeführt wird.
Im Matar odanajät aka (317) ist der Held der Sohn eines
settlü. Seine Eltern sind tot; er hat nur noch einen Bruder, der
das Geschäft führt. Da stirbt auch dieser. Alle um ihn her
weinen und klagen, nur der Held bleibt völlig ruhig. Hart wird
er von den Verwandten und Freunden wegen seiner Herzlosigkeit
getadelt , aber er beweist ihnen , daß alles Trauern umsonst sei ;
unabänderlich sei der Tod allen Lebenden bestimmt; wer das er-
kannt habe, der sei über den Schmerz erhaben.
Ganz ähnlich ist die Erzählung im Ananus o ciy aj ätaka
i'iL!«s). Hier linden wir einen Brahmanen, der zusammen mit seiner
jungen Gattin, der edlen SammillabhäsinT , aus dem Hause in die
Heimatlosigkeit hinauszieht. Lange erträgt die zarte Frau die Be-
schwerden des Asketenlebens; endlich bricht ihr Körper zusammen.
Vor dem Tore von Benares stirbt sie , während der Mann in der
Stadt Almosen sammelt. Als er von seinem Bettelgange zurück-
kehrt, findet er die treue Gefährtin seines Lebens entseelt vor,
aber keine Träne netzt seine Wangen. Als ob nichts geschehen
wäre , verzehrt er sein Mahl , und als sich die umstehenden Leute
über seine Seelenruhe verwundern , rechtfertigt er sein Verhalten
mit ähnlichen Gründen wie der settlü im Matarodanaj ätaka.
Eine fast noch größere Selbstbeherrschung trägt die Brahmanen-
familie zur Schau, von der das Uragaj ätaka (354) handelt. Der
Vater, ein ernster Mann, hat die Seinen stets zur Betrachtung der
Vergänglichkeit alles Irdischen angehalten, und eines Tages haben
sie Gelegenheit, ihren dadurch erlangten Gleichmut zu beweisen.
Während der Sohn mit dem Vater auf dem Felde arbeitet , wird
er von einer Schlange gebissen und stix*bt auf der Stelle. Der
Lüders, Die Jutalcas und, die Epik. 705
Vater verliert auch nicht für einen Augenblick die Fassung. Durch
einen Nachbarn läßt er seiner Frau bestellen, die ganze Familie.
mit reinen Gewändern angetan und mit Wohlgerüchen und Blumen
in den Händen, solle ihm Essen für eine Person aufs Feld hinaus-
bringen. Aus der Botschaft merkt die Brahmanin , daß ihr Sohn
tot ist, aber weder sie noch die andern Familienmitglieder ver-
gießen eine Träne. Sie bringen das Essen hinaus, und der Bmhmane
verzehrt ruhig seine Mahlzeit neben der Leiche seines Sohnes.
Dann sammeln alle Holz zu einem Scheiterhaufen und verbrennen
den Toten. Da fühlt Sakka, daß sein Thron heiß wird. Er er-
kennt das heroische Verhalten der Brahinanenfamilie als die Ur-
sache und beschließt, sie zu belohnen. Eilig begiebt er sich auf
das Feld hinab und fragt der Reihe nach den Vater, die Mutter,
die Schwester, die Gattin und die Sklavin des Toten, aus welchem
Grunde sie nicht trauerten. Jeder beweist ihm in zwei Gäthäs
die völlige Nutzlosigkeit der Trauer, worauf Sakka erfreut sie mit
den sieben Edelsteinen beschenkt.
Zu dieser Gruppe gehört auch das bekannte Dasaratha-
jätaka (461), dessen Kern die Rede bildet, mit der Räma die
über den Tod des Dasaratha trauernden Verwandten aufzurichten
sucht. Wegen seiner Gäthäs, die die Vergeblichkeit des Kummers
behandeln, mag. endlich hier auch das Ghatajätaka (-"!.55) ge-
nannt werden , wenn auch die eigentliche Erzählung in den Kreis
der Geschichten von der Standhaftigkeit im Unglück gehört.
Sind die hier aufgeführten Geschichten ursprünglich buddhi-
stisch ? Für die Beantwortung der Frage ist es zunächst von
Wichtigkeit, daß die Gäthäs, die dafür natürlich allein in Betracht
kommen, weder den Namen des Buddha noch irgend einen speziell
buddhistischen Terminus enthalten, und doch hätte es bei dem ge-
gebenen Stoffe ein buddhistischer Dichter kaum unterlassen , in
seinen Versen zum Beispiel einige Reflexionen über die Unbeständig-
keit der samkhäras anzubringen. Wie nahe der Gedanke gerade
an diese Lehre dem Buddhisten liegen mußte , zeigt das Beispiel
des Prosaverfassers, der in seinen Erzählungen immer wieder darauf
hinweist. Man vergleiche nur die folgenden Stellen : sabbe sam-
khärä aniccä hutvä na honti, ten' eva sabhävena santhätum sa-
mattho ehasamhhäro j>i rü atthi, tumhesu andhabälesu annäna-
täya atthalokadhamme ajänitvä rodantesu aham kimattham ro-
dissämi (Matarodanaj. III, 57, 12 ff.); bhrjjanadhammam bhijjati,
sabbe samkhärä aniccä evamgatikä yevä 'ti vatvä (Ananusociyaj.
[II, 95, 2 ff.); sabbe samkhärä aniccä ti nie uätam (Sujätaj. III. L57,
3f.);mara7iasatmt bhävetha tumhäkam maranabhävam sallalclcht lim.
imesam hi sattänam vnaranam dhuvam jivitam addhuvam, sabbe
samkhärä aniccä va khayadhammino va, rattim divä ca appamattä
hotha (Uragaj. III, 162, 23 ff.); bhfyanadhammam pana bhijjati,
maranadhammam matam} sabbe samkhärä aniccä marananippha-
ttikä ti aniccabhävam eva sallakkln-fra Lusi irhd. III. 163, 8 ff.).
4C"
7Q6 Lüders, Die Jatakas und die Epik.
Wenn also Hardy trotzdem in seinem Aufsatze (S. 26) be-
merkt, daß Ghata „die" (buddhistische) Weisheit über den Tod" ver-
künde, so kann er nur den Grundgedanken im Auge haben, der
im Grhatajätaka ebenso wie in den übrigen vorher genannten Jätakas
zutage tritt, nämlich den, daß die Trauer um den Tod lieber An-
gehöriger nutzlos und daher des Weisen unwürdig ist. Allein ich
kann nicht zugeben, daß dies eine speziell buddhistische Ansicht
sei; sie o-ehört durchaus auch dem brahmanischen Ideenkreise an.
Wie Räma im Dasarathajätaka seine Ermahnung an seine trauernde
Umgebung mit den Worten schließt (G. 11):
tasmä lü dh/rassa bahussutassa
sampassato lokam imam paran ca \
annäya dhammam hadayam manan ca
soJcä mahantäpi na täpayanti \\
so sagt im Mahäbhärata Närada am Schlüsse seiner Erzählung von
der Erschaffung der Mrtyu (VII, 2123):
ätmänam vai pranino ghnanti sarve
nainam mrtyur dandapänir liinasti |
tasmän mrtän nänusocanti dhiräh
satyam jnätvä niscayam Bralimasrstam ||
Aus der großen Trostrede des Vidura im Striparvan (XI, Adhy.
2 — 7), in der fast jeder Vers die Zwecklosigkeit der Trauer betont,
hebe ich hier nur Strophe 67 hervor:
sokasthänasahasräni bhayasthänasatäni ca |
divase divase müdham ävisanti na p anditam jj1)
Es wäre ein Leichtes, noch weitere Zitate aus der Spruch-
literatur des Sanskrit beizubringen. Wer sich überzeugen will,
daß der Inder zu allen Zeiten dieser Anschauung über das Törichte
der Trauer um Tote gehuldigt hat, der braucht nur die zahlreichen,
von Blau unter der Rubrik „Trauer um Verstorbene ist eitel, grund-
los" zusammengestellten Sprüche der Böhtlingkschen Sammlung
durchzugehen.2) Ja, nach brahmanischer Auffassung ist die Trauer
um Verstorbene nicht nur töricht, sondern geradezu eine Sünde.
Als Yudhisthira über den Tod seines Neffen Abhimanyu klagt,
macht Vväsa ihm Vorstellungen, die in den Worten gipfeln (Mbh.
VII, 246!) f.):
socato hi mahäräja agham eva vivardhate \
tasmäc cholcam parityajya vreyase prayated budhah \\
praliarsam abhimänam ca sulchaprüptim ca cintayet |
etad buddhvä budhäh soham na sokah solca ucyate ||
1) Die Strophe findet sich auch Mbh. XII, 12 483 und in leicht ver-
änderter Fassung ebd. XII, 751. Vgl. auch Bhagavadgitä II, 11. 13.
2 Index zu Otto Böhtiingks Indischen Sprüchen, S. GG.
Luders, Die Jatakas und die Epik. 707
Die Trauer bringt auch dem Toten nur Schaden. Er muß
die Tränen schlucken , die die Angehörigen vergießen , wie es bei
Yäjnavalkya heißt (III. II)1):
slesmäsru bändhavair muklam preto bhunkte yato ''vasah \
ato na rodilavyam lii kriyäh Tcäryäh svasaktitah ||
Die Tränen der Verwandten und Freunde brennen den Toten und
bringen den in
vamsa VIII, 85 :
svajannsru ktlätisarptatam dahati pretam itl pracaksate \\
und Räinäy. B II, 81, 22-):
socanto nanu sasnch" bändhaväh suhrdas tathä
pätayanti galam svargam asrvpätena Rägkava
Und in Hariharas Paddhati wird mit Berufung auf die Sruti ge-
lehrt, daß man nach A'ollzug der offiziellen Trauerzeremonie nicht
mehr über den Toten trauern dürfe; „wenn es doch geschieht, so
leiden seine Kinder Humrer" {atah param mrtasya kkedo na
liriyate \ yadi hriyate tadä tasya prajäh Icsudhärtü bhavantiti
srutih) 3).
Der Inhalt der*Gäthäs zwingt also durchaus nicht zu der An-
nahme, daß jene Geschichten buddhistischen Ursprungs seien. Im
Gegenteil, gewisse Tatsachen machen es wahrscheinlich, da
schon in Yolkskreisen bestanden . ehe die Buddhisten sie ihrer
Sammlung einverleibten. Eine Reihe von Ritualtexten erwähnt
nämlich ausdrücklich den Vortrag von Trostgeschichten als einen
Teil des Trauerzeremoniells. So schreibt z. ß. Yäjnavalkya (111,7)
vor , daß man die Hinterbliebenen , wenn sie , nach Vollzug der
Wa^erzeremonie aus dem Wasser herausgestiegen, auf einem weichen
Rasenplatze sitzen, durch alte Itihäsas zerstreuen solle (apavadeyus
tun itihäsaih purütanaih). Ebenso bestimmt Päraskara , daß die
1) Im Pancatantra 1, 335 (Bombay) mit den Varianten tasmän na rodi-
tavyam und prayatnätah.
2) Mit den Lesarten s'ocamänäs tu, und pätayanti sma tum svargäd
auch im Hitopadesa (Schlegel) IV. 7 4.
3 i Caland, Die Altindischen Todten- und Bestattungsgebräuehe. S. 7-1. 70.
Ich beziehe tasya auf den Toten, nicht, wie Caland, auf den Trauernden. —
Dem oft gepriesenen Indifferentismus gegenüber kommt der rein menschliche
Standpunkt in der Spruchdichtung nur selten zu Worte. Nur in dem alten
ltihäsa von der Unterredung zwischen dem Geier und dem Schakal (Mbh. XII,
5676ff.) linde ich auch ein paar Slokas, in denen die Trauer beim Tode von
Verwandten als berechtigt anerkannt und die Gleichgültigkeit sogar getadelt
•wird. Aber diese Verse werden nicht als die Meinung des Verfassers vor-
getragen, sondern sind einem Schakal in den Mund gelegt, der sich bemüht,
die Verwandten eines Toten womöglich bis /.um Anbruch der Dunkelheit auf
dem Friedhofe zurückzuhalten, weil er die Leiche zu fressen wünscht und,
solange es Tag ist, fürchten muß, daß ein Geier ihm die Meute streitig machen
■werde. Der Geier andererseits, dem daran liegt, die Leute möglichst schnell
zu entfernen, erschöpft sich in Sprüchen über die Nutzlosigkeit der Trauer.
708 Luder*, Die Jatahas und die Epik.
Trauernden sich an einen schattigen Ort setzen und mit erbaulichen
Geschichten trösten sollen.1) In der Visnusmyti (XIX, 24) wird
gelehrt, daß den Leuten, die den Verlust eines Verwandten be-
klagen , Männer von ruhiger Gemütsart mit tröstenden Reden zu-
reden sollen. Nach dem Gautama - Pitrmedhasütra (IV, 2) sollen
sich die Hinterbliebenen durch gute Reden , aufmunternde Ge-
schichten und schöne Puränas den Kummer vertreiben (sokam
utsjjya kalyänjbhir vügbhik sättvikäbhih kathäbliih puränaih
suhrtibhih) , und ganz ähnlich heißt es in der schon erwähnten
Paddhati des Harihara, daß alte Leute die trauernden Verwandten
durch weise Sprüche und durch das Erzählen von Itihäsas, Puränas
und Upäkhyänas trösten sollen {tatah sarve jnütayah socantas
tisfhanti \ tan anye vrddhäh samsärän ityädibodhakaih sambo-
dhayanti \ itihäsapuränopülehyänair bodhnyanti \ tatas te samban-
dhina utthäpayanti)-). Und daß diese Vorschriften keine ideale
Forderung blieben, sondern wirklich befolgt wurden, wird uns von
Bäna bezeugt. Er berichtet in seinem Harsacarita (193 , 15 ff.),
daß in der Umgebung des über den Tod seines Vaters betrübten
Harsa „Pauränikas, geschickt in der Vertreibung des Kummers"
(sokäpanayananipunäh pauränihäh) gewesen seien.
Die Stelle zeigt, daß es im 7. Jahrhundert, n. Chr. professionelle
Erzähler gab , die es geradezu zu ihrer Spezialität machten , bei
Todesfällen den trauernden Verwandten passende Texte vorzutragen.
Dasselbe war offenbar schon in vorbuddhistischer Zeit der Fall. Es
ist doch kaum ein Zufall, daß sich eine so große Anzahl von Trost-
geschichten in der Jätakasammlung vorfindet. Offenbar war ein
starkes Bedürfnis nach solchen Geschichten vorhanden, und die be-
rufsmäßigen Dichter und Erzähler wußten es zu befriedigen. Sie
verstanden es, ihre Geschichten durch kleine Abänderungen den je-
weiligen Umständen anzupassen. Es ist im Grunde dieselbe Ge-
schichte, die uns im Ghatajätaka, im Mattakundalijätaka und im
Sujätajätaka entgegentritt, aber einmal ist sie für den Tod eines
Sohnes, ein andermal für den Tod eines Vaters zurechtgemacht.
Die gleichen Gedanken bilden den Inhalt der Gäthäs des Mata-
rodanajätaka wie des Ananusociyajätaka, aber jenes paßt für den
Tod eines Bruders, dieses für den Tod einer Gattin.
Das Ghatajätaka und das Dasarathajätaka zeigen uns noch
einen andern Kunstgriff dieser Dichter: sie legen das, was sie zu
sagen haben, den bekannten Personen der Heldensage in den Mund,
unzweifelhaft mit der Absicht, ihren Worten dadurch größeren
Nachdruck zu verleihen. Ihren naiven Zuhörern waren jene Könige
der Sage historische Persönlichkeiten so gut wie Asoka oder Candra-
gupta, und ihre Taten und Erlebnisse wahre Geschichte. Der Trost
von den Lippen eines Räma konnte daher unmöglich seine Wirkung
1) Caland, a. a. O S. 77; Hillebrandt, Ritual-Litteratur S. 89.
2) Caland, a. a. 0. S. 76.
Lüders, Die Jatakas und die Epik. 709
verfehlen ; die Gründe , die einen Krsna zur Vernunft gebracht
hatten, mußten auch den gewöhnlichen Trauernden überzeugen. Des-
selben Mittels bedienen sich die Gäthädicbter des öfteren. So wird
z. B. die Geschichte von Dhfimakärin (Jät. 413) von Vidhüra-Vidura
dem Yudhitthila -Yudhisthira erzählt. Derselbe Vidura muß im
Yidhürapanditajätaka (545) das Lehrgedicht über das Hofleben vor-
tragen (G. 126 — 171). Wenn die spätere Epik die ganze alte Spruch-
weisheit ihren Helden und Weisen in den Mund legt, so setzt sie
damit nur die Technik der älteren Gäthädichtung fort.
Von solchen solcäpananodanas, wie ich diese Gattung von Er-
zählungen im Anschluß an den Titel des zweiundfünfzigsten Adhyäya
des Dronaparvan nennen möchte,1) sind uns auch im Mahäbhärata
einige erhalten. Die beiden bekanntesten sind die schon erwähnte
Geschichte von der Erschaffung der Todesgöttin (VII, 2023 ff.) und
das sogenannte SodasaräjakTya (VII, 2138 ff.), die Vyäsa dem Yudhi-
sthira erzählt, als er über den Tod des Abhimanyu trauert. Beides
waren ursprünglich selbständige Geschichten. Die erste wird aus-
drücklich als ein itihäsa purätana bezeichnet (2023). das einst
Narada dem über den Tod seines Sohnes Hari trauernden Könige
Akampana vortrug. Mit dem SodasaräjakTya, das Väsudeva dem
betrübten Yudhisthira noch einmal XH, 900 ff. erzählt, suchte nach
der Bahmenerzählung JNarada den König Srnjaya zu trösten , als
Räuber seinen Sohn Suvarnasthlvin getötet hatten. Ein drittes
sokäpanodana trägt Vyäsa dem Yudhisthira in XII, 834 ff. vor. Es
ist wiederum ein itihäsa purätana, das nach der Einleitung ur-
sprünglich der Brahmane Asman vor dem Videherkönige Janaka
sang. Ein viertes größeres Stück dieser Art liegt uns in dem Vigo-
kaparvan , den ersten acht Adhyäyas des Striparvan , vor. Hier
wird Dhrtarästra zuerst von Safijaya, dann von Vidura und zu-
letzt von Vyäsa mit vielen schönen Sprüchen und Gleichnissen
über den Tod seiner Verwandten getröstet.'2) Auf andere kleinere
1) Vgl. auch Mbh. XII, 833: jyesthasya Pänduputrasya VyäsaJi sokam
apünutlat: XI, 24: $ökam räjan vyapanuda; Jät. III, 157, 10; 215,4;
390, 25; IV, 62, 2; 87, 4: i/o nie sokaparetassa puttasokam (bezw. pitusoJcam)
apänudi. Ähnlich auch Jät. III, 155, 10: sokam vinodetum na sdkhoti.
2) Das Visokaparvan ist augenscheinlich eine sekundäre Erweiterung des
neunten Adhyäya des Striparvan, die bei der Redaktion vor diesem Adhyäya
eingeschoben wurde. Mir scheint das aufs deutlichste daraus hervorzugehn, daß
die Erzählung in Adhyäya 9 genau auf demselben Punkte beginnt wie im ersten
Adhyäya des Visokaparvan, und daß alles, was in Adhyäya 9 enthalten ist,
sich, größtenteils sogar wörtlich, auch im Visokaparvan findet: Safijaya ermahnt
zuerst den Dhrtarästra, die Toten zu bestatten (9, 249 — 252 = 1, 4 — 9); Dhrta-
rästra fällt, von Kummer überwältigt, ohnmächtig zu Boden (9, 253 = 1, 10),
worauf Vidura ihm Trost zuspricht (9, 254 — 2G8 = 2, 46 — 65). Diese Wieder-
holungen bleiben meiner Ansicht nach bei der Annahme einos einzigen ursprüng-
lichen Dichters völlig unerklärlich. Sicherlich kann es auch dem größten Dichter
passieren, daß er gelegentlich einmal dasselbe sagt, besonders in einem so um-
fangreichen Werke wie es das Mahäbhärata ist, aber keinem vernünftigen Menschen
ist es doch zuzutrauen, daß er ohne jeglichen Grund eine Geschichte, die er
710 Lüders, Die Jatakas und die Epik.
Trostreden (VII, 2542 ff. ; XVI, 279 ff.) hat schon Hardy hin-
gewiesen.1)
Bei aller Verschiedenheit des Inhalts ist doch der leitende
Gedanke in diesen Mahäbhärata- Geschichten derselbe wie in den
Jatakas. Die Nutzlosigkeit der Trauer ist, wie schon oben erwähnt,
auch hier das Thema, das in immer neuen Variationen behandelt
wird. Und auch der praktische Zweck, dem die Geschichten dienen,
ist in beiden Fällen der gleiche. Es wird in den Einleitungen der
Mahäbhärata-Erzählungen sogar ausdrücklich betont, daß sie bestimmt
sind , trauernde Hinterbliebene von ihrem Kummer zu befreien ;
siehe VII, 2025 :
tad aham sampravaksyämi mrtyoh prahhavam uttamam |
tatas tvam moksyase duhkhät snehabandhanasamsrayät \\
und Mbh. XII, 907 ff.:
mahäbhäqyam purä räjriäm klrtyamänain mayä srnu |
yathävadhänam nrpate tato duhkham prahäsyasi ||
etän mahänubkäväms tvam srutvaiva ■prthivipaün \
samam änaya samtäpam srnu vistarasas ca me ||
Das äJchyäna von der Erschaffung der Todesgöttin wird daher auch
als solcaghna (VII, 2026), putrasokäpaha (2039) bezeichnet, und
zum Schlüsse heißt es (2128):
punyam yasasyam svargyam ca dlianyam äyusyam eva ca |
asyetihäsasya sadä sravanam frävanam tathä \\
Endlich zeigt sich auch in der Erzählungstechnik, in den Aus-
drücken und Bildern, eine Reihe von Übereinstimmungen. Die Art
der Rahmenerzählung ist in den epischen Legenden die gleiche wie
im Ghatajätaka oder üasarathajätaka : Personen der Heldensage
treten auf, um die Sprüche über den Tod zu verkünden oder durch
sie belehrt zu werden. Stereotyp ist in den Jatakas der Schluß.
Nachdem der Trauernde die Rede des Weisen gehört hat, gesteht
er regelmäßig, daß er nun von seinem Kummer geheilt sei :
so liain abbülliasallo ''smi vitasoko anävilo \
na socämi na rodämi tava sutväna mänava |j -)
Ebenso im Mahäbhärata. Da spricht Akampana zum Schlüsse
(VII, 2126):
eben erzählt hat, weniger als 200 Slokas später mit genau den gleichen Worten
noch einmal erzählen sollte.
1) Ich verweise auf die Inhaltsangaben in H. Jacobis Mahäbhärata. Der
Inhalt des SodasaräjakTya ist gewissermaßen zusammengefaßt in einer Gäthä,
die sich in der längeren Rezension des Ghathajätaka im Petavatthu (II , 6 , 11)
findet: mahaddhanä muhabhogä ratthavanto pi khattiyd \
pähütadhanadhannUse te pi no ajarämarä \\
2) Jät. 352, 7; 449, 10; 454, 14, und mit der durch die abweichende
Erzählung bedingten Variation Väsava für mänava, 372, 7 und 410, 9.
Lüders, Die Jatahas und die Epik. 711
v y <ipeta$ok ah jpr'ito 'smz bhagavann rsisattama j
srutvetihasam tvattas tu krtärtho 'smy abliivädaye ||
Und Srfijaya erklärt (VII, 2454) :
etac chrutvcL maJ/äbäho dhanyam äTc/iyänam uttamam |
räjarsinäm puränänäm yajvana.m daksinävatäm \\
cismayena hate soke tamasivärkatejasä \
rijHipmäsmy avyatlwpeto brühi 1dm karaväny aham ||
Ganze Versviertel haben den gleichen Wortlaut im Sanskrit
wie im Pali. Im Ghatajätaka (454) redet Rohineyya den trauern -
Kanha an (G. 1) :
uttlielii Kanha leim sesi ko atllio supinena te \
Ebenso beginnt Vidura seine Trostreden an den Tudhisthira mit
mit den Worten (Mhb. XI, 47) :
littistha räjan kirn sese dhärayätmänuui ätmanä \
und (Mhb. XI, 255):
uttistha räjan kirn sese rnä sueo Bharatarsabha |
Wir haben hier eine jener formelhaften Wendungen vor uns, die schon
zum Rüstzeug der alten Gäthädichter gehörten und von der späteren
Epik übernommen wurden. In den Gäthäs findet sich derselbe Päda,
nur leicht nach den Umständen verändert, noch Jät. 311, 1:
uttlielii cora kirn sesi ko attlio supinena te |
und Jät. 455. 11 :
uttlielii amma kirn sesi ägato ty äliam alrajo ')
Im Ghatajätaka (355) erklärt Ghata dem Könige Vanka, warum
er nicht betrübt sei (G. 2):
näbbhafitaliaro soko nänägatasukliüvaJio \
tasmä Yamka na soeämi ri at tili soke dutiyyatä \\
Der letzte Päda kehrt in der Frage des Sanjaya an den trauernden
Dhrtarästra wieder (Mhb. XI, 6) :
kirn socasi maliärüja nästi soke s a h ä y a t n
1) Vgl. auch die ähnliehen Wendungen in Mhb. IV. 516:
uttistliottistha leim sese BJümasena i/athä mrtah |
Mhb. XI, 756:
uttisthottistha Gändhäri rnü ca s'oJce manch Jcrthäh
Mhb. I, 6563:
uttisthottistha bhadram te na tvam arhasy arimdama
mohaiii nrpatiiardüla gantum äviskrtah ksitau ||
Mhb. V, 4501:
uttistha he käpurusa mä iesvaivam paräjitah \
712 Lüders, Die Jatakas und die Epik.
Offenbar war sowohl diese wie die vorher besprochene Formel auch
VälmTki bekannt. Er hat beide vereinigt in einem Satze der Rede,
mit der Kausalyä den Da&aratha aufzurichten sucht, als er in Schmerz
über Rämas Verbannung zusammenbricht (R. II, 57, 30):
uttistha sukrtam te Vit soke na syät sahäyatä1) \
Im Uragajätaka (354) entgegnet die Mutter dem Sakka, der
sich wundert, daß sie keine Tränen über den Tod ihres Sohnes
vergieße (G. 3) :
anavhäto tato ägä ananuuväto ito gato \
yathägato taihä gato tatth.a kä paridevanä ||
Denselben Gedanken kleidet der Verfasser des Visokaparvan in die
Worte (Mbh. XI, 58):
adarsanäd äpatitäh punas cädarsanam gatäh \
naite tava na tesäm tvam tatra Icä paridevanä \\
Der Versschluß tatra Icä paridevanä findet sich in der Trostrede
des Vidura noch dreimal; Mbh. XI, 51 = 256:
abhävädmi bhütäni bhävamadhyäni Bhärata \
abhävanidhanäny eva tatra kä paridevanä-) ||
Mbh. XI, 55 = 261 :
ekasärthaprayätänäm sarvesäm tatra gäminäm |
yasya kälali prayäty agre tatra kä paridevanä \\
und Mbh. XI, 57 = 264:
sarve svädhyäyavanio Ms) sarve ca caritavratäh \
sarve cäbhimuklwh kslnäs tatra kä paridevanä ||
Er begegnet aber auch sonst öfter im Epos und in der Spruch-
dichtung, z. B. Mbh. II, 1706, 1708, 1710; XII, 907; Yäjnav. III, 9:
Hitop. IV, 74 4) u. s. w.
Wiederholt kommt in den Jätakas eine Gäthä vor, in der der
weise Tröster einem Manne verglichen wird, der durch Besprengen
mit Wasser einen Brand löscht (Jät. 352, 5; 372, 5; 410, "7;
449, 8; 454, 12):
ädittatn rata rnam santam ghatasittam va pävakam |
värinä viya osincam sabbam nibbäpaye daram \\
1) In der Bengali-Rezension (57 , 28) ist der Vers ganz verändert. Die
Ausgabe der Nirnayasägara Press druckt fälschlich : sokena syät sahäyatü.
Ein weiteres Beispiel der ersten Formel bietet die Bengali-Rezension in II,
81, 10:
räjann uttistha Teirn s'ese Bharato licmi ujiagatah \
2) In der Bhagavadgitä II, 28 (= Mbh. VI, 906):
avyahtädini bhütäni vyahtamadhyäni Bhärata \
avyahtanidhanäny eva tatra kä paridevanä ||
3) An der zweiten Stelle lautet der erste Päda sarve vedavidah s'üräh.
4) Die Lesart dlüra für tatra ist sicherlich sekundär.
Lüders, Die Jatahas und die Epik. 713
„Mich, der ich wirklich brannte wie mit Ghee beträufeltes
Feuer , gleichsam mit Wasser besprengend , löschest du aus allen
Schmerz. u
Dasselbe Bild, teilweise sogar dieselben Worte verwendet der
Dichter im Visokaparvan (Mbh. XI, 241):
putrasokam samutpannam hutäsnm jvalitam yathä
prajnämbhasä mahabliaga nirvüpaya sadä mama \\
„Den Schmerz um den Sohn, der ausgebrochen ist wie loderndes
Feuer, lösche mir immerdar aus mit dem Wasser der Weisheit,
du Trefflicher."
Meiner Ansicht nach zeigen alle diese Übereinstimmungen aufs
deutlichste, daß zwischen den soküpanodanas, die uns in den Jätakas
vorliegen, und denen, die uns im .Epos erhalten sind, ein Zusammen-
hang besteht, und da wir in andern Fällen den bestimmten Nach-
weis führen können, daß die im Epos überlieferten Äkbyänas jünger
sind als die Gäthäs, so dürfen wir, wie ich glaube, das gleiche
Verhältnis unbedenklich auch hier annehmen : den Verfassern der
epischen sohäpanodanas waren , wenn aucb vielleicht nicht die-
selben, so doch ähnliche Erzählungen wie die in die Jätakasamrnlung
aufgenommenen bekannt, und sie haben die Gedanken, die Ein-
kleidung, den Formelschatz, die sie in den älteren Dichtungen vor-
fanden , sich angeeignet und in mehr oder minder freier Weise
umgestaltet.
Ich habe oben auch ein Stelle aus dem Rämäyana angeführt.
in der augenscheinlich zwei jener von den Gäthädichtern geprägten
Formeln benutzt sind. Schon bei einer früheren Gelegenheit1)
habe ich ferner zu beweisen gesucht, daß VälmTki eine Gäthä aus
der alten Trostrede des Räma direkt in die große Rede , die ei-
sernen Helden beim Tode des Dasaratha halten läßt , übernommen
hat. Hier möchte ich darauf hinweisen, wie eng sich einige andere
Strophen dieser Rede im Gedanken und im Ausdruck mit den
Gäthäs des Ananusocivajätaka (328) berühren.
Im Ananusocivajätaka belehrt der Asket die umstehende Menge
(G. 2-4):
tan tan ce anusoceyy a yam yam tassa n<i vijjati
attänam anusoceyy a sadä maccuvasam gatam \\ 2 ||
na h'eva tittham2) näslnam na sayänam na p'addhagum
yäua päli mmtsati tatrüpi sarati-bbayo \\ 3 ||
li Gott. Nachr. Phil.-hist. Klasse. 1897, S. L30.
2i Fansb0ll hat thtiam in seinen Text aufgenommen, aber Cs West tittham,
Ck B' tili, an,, und nur IV hat tltititiii. Auch im Kommentar (II, 96, li"
lesen Cka B> übereinstimmend tittham und nur B'l tkitam. Unter diesen Um-
ständen liegt nicht der geringste Grund vor, die Lesart tittham (= sk. tisthantam I
abzuweisen.
714 Lüders, Die Jutakas und die Epik.
tattli attani vata-ppaddhe vinübhäve asamsayc \
sesam sesam dayitabbam v'itam ananusociyam1) || 4 ||
„Wenn man allem nachtrauern wollte, was einem verloren
gegangen ist, müßte man die eigene Person betrauern, die stets in
der Gewalt des Todes steht."
„Denn nicht den Stehenden, nicht den Sitzenden, nicht den
Liegenden, auch nicht den Wandernden (verschont der Tod) ; wäh-
rend man wacht, (während) man schläft, auch da schleicht das
Alter herbei."
„Da also die eigene Person, ach! dahingeht-), (und) die Tren-
nung unzweifelhaft ist , soll man alles , was zurückbleibt , lieben,
nicht (aber) dem Dahingegangenen nachtrauern."
Diesen Gäthäs entsprechen zum Teil wörtlich die Verse II, 105,
21 ; 22 im Rämäyana:
ätmänam anuioca tvam leim anyam anusocas i \
äyus tu lfiyate yasya sthitasyätha gatasya ca \\
sahaiva mrtyur vrajati salia mrtyur nisldati |
gatvä sudirgham adhvänam saha mrtyur nivartate ||
„Die eigene Person betrauere du. Was trauerst du einem
andern nach, (du), dessen Leben dahinschwindet, wenn du stehst
und wenn du gehst?"
„Mit geht der Tod, mit setzt der Tod sich nieder, mit kehrt
der Tod von einem langen Weg zurück."
Wie der Gäthädichter das eigene Selbst sadä maceuvasam
gatam nennt, so nennt Välmiki die Menschen in Vers 18 Jarä-
■mrty uvasam gatäh. Wie der Gäthädichter von dem vinä-
bhäva asamsaya spricht, so sagt auch Välmiki, daß Gatte und
Gattin, Eltern und Kinder von einander scheiden müssen : dhruvo
hy esäm vinäbhavah (V. 27) :!). Ich sehe in diesen Überein-
stimmungen einen neuen Beweis dafür, daß auch Välmiki die alte
Gäthäpoesie gekannt und benutzt hat,
1) Fausb0ll liest mit Cs ananusocitan (ti); die richtige Lesart steht in
Ck und in allen Handschriften im Kommentar (III, 97, 1). Die birmanischen
Handschriften lesen ganz abweichend mahantam anusocayan.
2) Ich fasse Pali -ppaddha als Vertreter von sk. prädhva.
3) In Vers 15 spiicht Välmiki von dem Menschen, der anls'vara dem
Tode unterworfen sei. Der gleiche Ausdruck (cniissara) findet sich, auf alle
Geschöpfe angewandt, in Gäthä 2 des Matarodanajätaka (317). G. 4 des Miga-
potakajätaka (372):
roditena liave brahme rnato peto samutthahe \
sabbe samgamma rodäma annamannassa nätake
stimmt dem Inhalte nach überein mit Eäm. II, 85, 18 (Gorr.):
s'oeato rudatas caiva yadi näma mrtah punah \
samjivet .wajanah kaseid anus'ocema sarvaäah |j
Da diese Strophe aber nur in der Bengali-Eezension erscheint, so ist sie viel-
leicht erst später eingeschoben.
715
Bemerkungen zum südsemitischen Alphabet.
Von
Franz Praetorius.
Als zu der sabäisch-äthiopischen Schrift nach und nach noch
andere, mit ihr offensichtlich sehr nahe verwandte Schriftarten aus
Syrien und dem nördlicheren Arabien bekannt wurden, mußte sofort
die Frage entstehen , in welchem verwandtschaftlichen Verhältnisse
diese neugefundenen Schriftarten zu der sabäischen Schrift ständen.
Aus bekannten, nicht paläographischen Gründen war man von vorn-
herein geneigt, sie als Abkömmlinge der sabäischen Schrift aus
nachchristlicher Zeit zu betrachten. Doch konnte eine ernstliche
Beantwortung der Frage natürlich erst in Angriff genommen werden,
nachdem die Entzifferung der neu gefundenen Schriftarten hinreichend
gefördert worden war. Urteile wie die in ZDMG. Bd. 30, S. 522
und GGA. 1876, S. 497 abgegebenen, waren daher verfrüht.
Je weiter die Kenntnis und das Verständnis der neu auf-
gefundenen Schriftarten vorrückte, um so mehr kam man von jener
Ansicht zurück. Man glaubte mehr und mehr die Unabhängigkeit
der neu aufgefundenen Schriftarten von der sabäischen Schrift zu
erkennen, denn man fand in dem Safä- und lihjänischen Alphabete
nicht wenige archaisch aussehende Formen, die sich wohl unmittel-
bar aus dem altkanaanäischen Alphabet erklärten, nicht aber aus
dem sabäischen. Man hat dieses Verhältnis dahin deuten wollen,
daß in dem Safä- und lihjänischen Alphabete gradezu Mittelglieder
zwischen dem altkanaanäischen und dem sabäischen Alphabet er-
halten seien, trotzdem die Safä- und lihjänischen Inschriften wahr-
scheinlich um viele Jahrhunderte jünger sind , als die ältesten
sabäischen Inschriften. Damit wurde also die frühere Ansicht um-
gekehrt: es wurde nunmehr eine allmähliche Wanderung des süd-
semitisehen Alphabetes von Kanaan nach Südarabien angenommen,
nur daß diese Wanderung natürlich in viel ältere Zeit verlegt
werden mußte, als die früher angenommene Rückwanderung des
sabäischen Alphabetes nach Norden. Aber diese Deutung geht sicher
zu weit: in der uns vorliegenden Gestali können die §afä- und
lihjänischen Inschriften unmöglich als Durchgangsstationen zum
sabäischen Alphabet angesehen werden, denn sie zeigen nicht überall
71(3 Praetorlus, Bemerkungen zum südsemitischen Alphabet.
mehr die älteren Formen; durch irgend eine uns bisher nicht be-
kannt gewordene, weit zurückliegende Stufe jener Alphabete müßte
die Entstehung des sabäischen Alphabets vermittelt worden sein.
Nun ist neuerdings Lidzbarski in seiner Ephemeris Bd. 1,
S. 109 ff. und Bd. 2 , S. 23 ff. zu der Theorie der Rückwanderung
des sabäischen Alphabetes nach Norden zurückgekehrt. Freilich
nicht so, wie man sich dieselbe früher vorstellte. Nicht in nach-
christlicher Zeit hätte die Rückwanderung stattgefunden, und nicht
von dem uns vorliegenden sabäischen Alphabete stammten die nörd-
licheren Alphabete ab, sondern „die Rückwanderung muß schon
recht früh begonnen haben: vor der Zeit, in der die in den Denk-
mälern vorliegende sabäisch-minäische Schrift ihre uns bekannte
Form erhalten hat" u. s. w. (Bd. 2, S. 27). Das altkanaanäische
Alphabet ist nach Lidzbarski direkt und unmittelbar nach Südarabien
importiert worden, wahrscheinlich durch südarabische Händler, die
es in einer palästinisch-phönizischen Handelsstadt kennen gelernt
haben. Und zwar um 1200 — 1000 v. Chr., während die ältesten
uns bekannten südarabischen Inschriften ungefähr 500 Jahre jünger
sind (Bd. 1, S. 128). Auch Lidzbarski muß also eine uns unbekannte,
zeitlich um 1000 — 700 v. Chr. anzusetzende Zwischenstufe annehmen,
nur daß er dieselbe in Südarabien sucht. Auch Lidzbarski erkennt
in den nördlicheren Alphabeten, namentlich im Lihjänischen, hie und
da Mittelglieder zwischen dem altkanaanäischen und dem sabäischen
Alphabet; nur daß nach ihm diese Mittelglieder von der Rück-
wanderung des prosabäischen Alphabets nach Norden herrühren,
nicht von der Wanderung des prosafä-, proprotoarabischen, prolibjä-
nischen Alphabets nach Süden.
Gegen die Hypothese Lidzbarskis ist von vornherein sicher
nichts einzuwenden. Daß er seine Hypothese bewiesen hätte, kann
ich aber nicht glauben. Vielleicht ist sie auf Grund des uns bisher
Bekannten überhaupt weder zu beweisen, noch zu widerlegen. Aber
wie sich in der Sprachvergleichung unwillkürlich leicht die Vor-
stellung einstellt, daß in dem als Urheimat eines weit verzweigten
Sprachstammes angenommenen Lande auch die große Masse der
sprachlichen Altertümlichkeiten zu finden sein müsse, so wird sich
auch mit Lidzbarskis Hypothese unwillkürlich leicht die Vorstellung
verflechten, als müsse das paläographisch Altertümliche vorwiegend
im Süden erhalten sein. Da nun überdies die Schriftdenkmäler
des Südens aus einer um viele Jahrhunderte älteren Zeit zu stammen
scheinen , als die nördlicheren , so tritt damit ein weiterer Wahr-
scheinlichkeitsgrund hinzu für die größere paläographische Alter-
tümlichkeit der sabäischen Schrift. Und doch kann auch dieser
Wahrscheinlichkeitsgrund trügerisch sein — ich brauche nicht erst
zu sagen, weshalb. Und es scheint mir in der Tat, als sei Lidzbarski
aus derartigen Vorstellungen heraus zu geneigt gewesen , Alter-
tümlichkeiten der nördlicheren Alphabete wegzudeuten und als
sekundäre Entwicklungen aufzufassen, umgekehrt dagegen in sekun-
Praetor ins, Bemerkungen zum südsemitischen Alphabet. 717
dären Entwicklungen des sabäischen Alphabets Altertümlichkeiten
zu sehen.
Das scheint gleich bei Lidzbarskis Erklärung des südsemitischen
N der Fall zu sein. Bereits in Kuhns Literaturblatt Bd. 1, S. 29 ;
Bd. 2, S. 388; ferner im Journ. asiat. VII, Bd. 10, S. 310 ist
darauf hingewiesen worden , daß das Safä- und lihjänische N der
Form nach dem altkanaanäiscken N weit näher stehen , als das
sabäische; vgl. D. H. Müller, Epigr. Denkm. aus Arabien, S. 15;
Dussaud et Macler, Voy. archeol., S. 5. Besonders das Safä-N hat
sich erst sehr wenig von der Urform entfernt. Man erkennt die
charakteristischen beiden Zacken am senkrechten Schafte schon in
dem <|C der Mesainschrift. Zwischen dieser Urform und der Safä-
form wird eine der bekannten Formen vermittelt haben, in welcher
der vorspringende Querwinkel stark nach rechts gerückt worden
war, etwa \- . Hier liegt fast schon die Safäform K , ^\ vor ! Den
Ursprung der Form vergessend, setzte man dann die beiden Zacken
auch an verschiedene Seiten des Schaftes an : X ■> W '■> endlich bog
man auch die Enden des Schaftes selber nach der dem Zacken ent-
gegengesetzten Seite um : J( . Letztere Form ist die ungewöhn-
lichste und wohl auch die sekundärste.
Hier setzt die bewußt künstlerische Ausgestaltung ein : der
durch den untersten Teil des Schaftes und den unteren Zacken ge-
bildete kleine Winkel wuchs zum großen rechteckigen, oder glocken-
förmigen Gerüst aus , das die oberen Teile des Schaftes mit dem
oberen Zacken wie einen Aufsatz trägt. So meist im Protoarabischen;
beständig im Lihjänischen (abgesehen von der kursiven Entstellung
^ ) und Sabäischen.
Man wird leicht erkennen, daß, nachdem die Ausbildung des
Gerüstes einmal durchgedrungen war, protoarabische Formen wie
PI in paläographischer Hinsicht die größte Ursprünglichkeit bewahrt
haben, während das lihjänische \J den mittleren Teil des Schaftes
aufgegeben, das sab. ft aber den mittleren Schaftteil samt dem ihm
aufsitzenden Winkel kursiv vereinfacht hat.
Ganz anders Lidzbarski Bd. 1, S. 122. B<JC hat sich zunächst
wie in den griechischen Schriften auf die Schenkel des Winkels
gestellt: 7*\, /\a . (So übrigens auch König, Neue Studien S. 1 L)
„Damit nun senkrechte Stützen herauskamen , wurde die untere
Partie zu | |\ Danach wäre also das große rechteckige Gerüst
das ursprüngliche. Ob der Vergleich mit dem Griechischen richtig
ist, erscheint freilich zweifelhaft; denn die archaische Gestalt des
griechischen P\ deutet doch darauf hin, daß das kanaanäische
Zeichen in seiner ursprünglichen Stellung zu Grunde liegt. Nut-
718 Praetorium, Bemerkungen zum südsemitischen Alphabet:
die überstehenden Spitzen sind bei dem griechischen P\ getilgt,
— umgekehrt wie beim Safä-N, wo gerade die überstehenden Spitzen
geblieben, dagegen der vorspringende Winkel geschwunden ist. Aber
die Schwäche von Lidzbarskis Aufstellung zeigt sich in den weiteren
Worten: „Der obere Teil hat innerhalb der sabäischen Schrift keine
symmetrische Form erlangt, wohl aber in der lihjänischen : j~~ |".
Demgegenüber erhebt sich sofort der Einwand, daß der obere Teil
in der sabäischen Schrift ja nur so zu bleiben brauchte , wie er
(vermeintlich) war, tun völlig symmetrisch zu sein; also /\, \\,
oder ähnlich. Warum ist das (vermeintlich) ursprüngliche ^ im
Sabäischen zum unsymmetrischen Haken ■"• geworden '? Und warum
hat es sich im Lihjänischen und Protoarabischen vollständig zu v
umgekehrt? Bei Lidzbarskis Annahme würde die Gestalt des Auf-
satzes rätselhaft bleiben.
Auch bei in spricht der unbefangene Augenschein dafür, daß
die Safä- und lihjänische Form unmittelbar an die altkanaanäische
anknüpft. Aus $\ ist Safä - 7 entstanden, indem der oberste An-
satzstrich mit dem senkrechten Schaft zusammen als eine Rundung
gezogen wurde, und von den beiden unteren Ansatzstrichen der eine
aufgegeben worden ist. (Letzterer Vorgang ist auch sonst häufig;
durch ihn erklärt sich ja auch das gewöhnliche n.) Im Lihjänischen
hat sich diese Form als Normalform erhalten, nur daß das Zeichen
hier beständig auf den Kopf gestellt erscheint: «j . Im Safä da-
gegen erscheint der ursprünglich oben gerundete Schaft gewöhnlich
schon gerade gestreckt, und der Ansatzstrich wendet sich, der
Richtung des Schaftes folgend , nach oben ; so ist aus 7 gewöhn-
lich 1 geworden. Als paläographisch noch jüngere Form erscheint
Y • Diese ist im Protoarabischen herrschend geworden und er-
scheint auch, wie im Sabäischen, symmetrisch und künstlerisch
gestaltet als Y? V-
Es läßt sich nun freilich nicht leugnen, daß dieser Weg allen-
falls auch rückwärts vom Sabäischen aus zu begreifen sein würde,
wenngleich die im Lihjänischen energisch auftretende Biegung des
Schaftes nach links von diesem Standpunkt aus befremdlich erscheint.
Aber wie will man das Sabäische V direkt aus dem altkanaan. ^
herleiten? Auch Lidzbarski ist hier nicht sicher (Bd. 1, S. 123).
Er gibt zwei Möglichkeiten, von denen er die erstere so kurz faßt,
daß sie mir nicht klar verständlich ist: „Das Lihjänische liefert
aber auch eine Mittelform zwischen ^ und V? nämlich in }\ u.
Die andere Möglichkeit sieht er darin , daß 3 zu LU geworden.
und in letzterem die mittlere Senkrechte nach unten gerückt sei : V*
Praetor ius, Bemerkungen zum südsemitischen Alphabet. 71*'
Beim südseinitischen n ist soviel sicher, daß das Sabäische
einen eminent sekundären Zug darin aufweist, daß es die dem
Zeichen ursprünglich fremde und vielleicht nur aus kursiver
Bequemlichkeit hervorgegangene tragende Säule als festen Be-
standteil des Zeichens (4> 4^ äthiop. |fl) aufgenommen hat.
Sonst kommt diese Säule vielleicht noch im Protoarabischen
ganz vereinzelt vor (Lidzbarski Bd. 2 , S. 31). Im übrigen denke
ich mir die Entwicklung ähnlich der des n , nämlich so , daß das
altkanaanäische w , nachdem es zunächst den linken senkrechten
Schaft verloren, den unteren Querstrich aufgab (der auch bei Mesa
fehlt) , so daß sich seine Gestalt etwa als -^ darstellt. Von hier
zu ~?\ ist kein großer Schritt. In dieser Gestalt , nur höchstens
mit Schwenkungen und leichten Rundungen , liegt das Zeichen im
Safä und Lihjänischen vor. Im Protoarabischen oft bereits stilisiert :
m 9, rri 3.
Lidzbarski dagegen leitet aus dem altkanaanäischen, des linken
senkrechten Schaftes verlustig gegangenen ^ direkt f\~\ LLJ ab.
Hinsichtlich des sabäischen Q] meint Lidzbarski (Bd. 1, S. 125),
daß es aus Q9 , (\) , CD entstanden sei. Die letzteren beiden Formen
sind aber bereits aramäisch (vgl. Bd. 1 , S. 128). Ich glaube da-
gegen in den Safäformen des U so charakteristische Spuren von
Altertümlichkeit zu sehen, daß es ein merkwürdiger Zufall sein
müßte , wenn diese Altertümlichkeit nur scheinbar wäre , wenn sie .
tatsächlich erst am Ende der Entwicklung stände. Bereits Dussaud
und Macler haben in der Voyage archeol. S. 9 diese Altertümlich-
keit angedeutet.
Es scheint mir, als stehe das Safä-t: der altkanaanäischen Form
am nächsten. Zwar ist der Umkreis (J) nicht nur oben schon
geöffnet (wie in jüngeren phönizischen Formen), sondern auch unten,
und die bleibenden beiden Seitenbogen haben sich gestreckt (wie
annähernd ebenfalls in jüngeren phönizischen Formen) : [ Jaus ( )#
Aber das charakteristische Kreuz im Innern hat sich energisch be-
hauptet, so daß die Form \\\ , fjj entstanden ist. Und nicht anders
sieht das Zeichen im Protoarabischen aus: \\\ , nur daß der wage-
rechte Querstrich des Kreuzes zuweilen über die Außenlinien hinaus-
ragt: ]\{ . Hier findet man nun aber statt des einen Querstriches
auch deren zwei: !$£ , ja sogar drei: 5J (Euting Kr. 323 ; bei
Littmann, Zur Entzifferung der thamud. Inschriften Tafel VII).
Woher dieser zweite und dritte Querstrich stammt, muß unent-
schieden bleiben. Da kaum ein Zweifel sein kann , daß 444 - +++
gefälliger aussieht als tiT- so ma<? der zweite und dritte Querstrich
Bd. LVIII. -IT
720 Praetorius, Bemerkungen zum südsemitischen Atyhabet.
vielleicht nur dem Streben nach Symmetrie und Schönheit ent-
stammen : wir müssen den zweiten Querstrich ja auch in dem
sabäischen fl neben [\ hinnehmen, ohne für ihn einen anderen Er-
klärungsgrund zu haben (vgl. Ephemeris Bd. 1, S. 122). — Die
protoarabische Form mit den beiden Querstrichen zeigt den Über-
gang zum lihjänischen und sabäischen [Q : die beiden Querstriche
sind möglichst weit auseinandergerückt, und die überschießenden
Spitzen sind getilgt.
Unmöglich scheint es, das sabäische ^ in glaubhafter Weise
vom altkanaanäischen ^j abzuleiten (Bd. 1, S. 122; desgleichen
D. H. Müller, Epigr. Denkm. aus Arabien S. 17). Und gerade hier
zeigt die Safäform in unverkennbarer Weise ein altertümliches Bild.
Die normale Form im Safä ist ^ , 7 ; daneben kommen auch
noch Formen wie y u. ähnlich vor. Man erkennt hier vor allem
noch den aufrecht stehenden Schaft der altkanaanäischen Form. Es
scheint , als sei die Safäform aus dieser in der Weise entstanden,
daß man zunächst den oberen Ansatzzacken mit dem unteren,
größern Teile des Schaftes zusammen in einem Zuge gezogen habe,
und dann mit einem zweiten Zuge den unteren Ansatzzacken zu-
sammen mit dem oberen, kleineren Teile des Schaftes. Auf diese
Weise entstand eine Figur wie ^ . Dann ist der nunmehrige
Querstrich ganz auf die Spitze des nunmehrigen Schaftes gelegt
worden : *) . So ungefähr auch schon Dussaud et Macler , Voy.
archeol. S. 10. Im Protoarabischen wird bereits begonnen, den
Querstrich bis zur Linie hinabzubeugen und den Buchstaben somit
auf zwei Beine zu stellen : ]) . Dieser Typus zeigt sich dann im
Lihjänischen und Sabäischen weiter gefestigt.
Besonderes Interesse haben von jeher diejenigen Zeichen in
Anspruch genommen, die, im kanaanäischen Alphabet nicht vorhanden,
in den südsemitischen Alphabeten neu entstanden sind. Im großen
und ganzen weisen diese neuen Zeichen einheitliche Entstehung auf,
wenn ihre Gestalten hie und da auch stark auseinandergegangen
sind. Diese Zeichen sind also, wahrscheinlich lange vor 700 v. Chr.,
an einer Stelle erfunden. Aber für {jo und für Jj> glaube ich
doch eine doppelte bez. dreifache Bezeichnung erkennen zu müssen.
Durch das Auftreten der neuen , Zeichen wurde hie und da eine
Verschiebung der Werte hervorgerufen, die sich bis auf den alten,
kanaanäischen Bestand an Buchstaben erstreckt.
Es ist längst bemerkt worden , daß die Bildung der neu-
erfundenen Zeichen im Lihjänischen außerordentlich durchsichtig
erscheint; vgl. D. H. Müller, Epigr. Denkmäler aus Arabien S. 19,
Praetorms, Bemerkungen zum südsemitischen Alphabet. 721
und namentlich Dussaud et Macler, Voy. archeol. S. 9. Um so
mehr ist es zu bedauern , daß die Zeichen für -ö, U& und £ im
Lihjänischen bisher noch nicht gefunden worden sind. Wenn aber
Lidzbarski (Ephem. Bd. 2, S. 120 f.) meint, die Annahme, daß sich
in den verhältnismäßig jungen lihjänischen Inschriften ein altertüm-
licher Duktus erhalten habe, würde sich nur durch zwingende
Gründe rechtfertigen lassen, so meine ich, daß die eben angeführte
Tatsache — wenn sie eben eine Tatsache ist — einem zwingenden
Grunde doch recht ähnlich sieht, wenigstens für die zunächst in
Betracht kommenden Zeichen.
Nur im Lihjänischen ist das Zeichen für ö in seiner Ent-
stehung sofort und deutlich zu begreifen. Es ist aus X gebildet
mittelst des in der Mitte unten angesetzten diakritischen Striches :
*, manchmal auch schon | . Im sabäischen u. s. w. % ist Lidz-
barski Bd. 1, S. 126 (vgl. Bd. 2, S. 33) geneigt, eine freie Neu-
bildung zu sehn. Ich glaube aber, die Gestalten '\ \ J stehen
einander so nah und zeigen die Übergänge so deutlich, daß es ein
täuschender Zufall sein müßte, wenn * f ganz von % zu trennen
sein sollten. Die lihjänische Form f zeigt bereits den Übergang
zu dem $ der übrigen südsemitischen Alphabete, indem das Kreuz
schon den Beginn der Zusammenfassung zu dem beliebten Kreise
aufweist. Da aber f schon für y feststand, so wurde es als t zu
% gedoppelt. Dieser Vorgang mag sich vielleicht schon innerhalb
des Lihjänischen (oder Prolihjänischen) in kursiver Schriftart voll-
zogen haben.
Aus der Analogie möchte ich folgern, daß auch das lihjänische
und sabäische £, aus T gebildet worden ist, nicht wie man gewöhn-
lich annimmt, durch Doppelsetzung desselben, sondern wieder durch
Anlegung eines diakritischen, senkrecht fallenden Striches an der
linken Spitze , oder dicht bei derselben , also || , oder || . 1 >.i
dieses Bild aber mit der sich herausbildenden Gestalt des b genau,
oder fast genau zusammenfiel, so wurde die linke Spitze etwas nach
unten neigend hervorgezogen, oder umgebrochen : >J]. Daneben aber
wurde zu noch größerer Deutlichkeit eine Form durch Doppel-
setzung des II gebildet (wie %)\ diese liegt im protoarabisclicn ^
vor, das bereits von D. H. Müller. Epigr. Denkm. aus Arabien S. 1'.'
so erklärt worden ist. Eine Vereinfachung dieses £. ist dann die
Safäform ( . Auch hier scheint die Annahme nichi nötig, daß
% erst im Protoarabischen entstanden sein müsse: m. E. wäre
es wohl denkbar, daß schon im Lihjänischen und Sabäischen (Pro-
47*
722 Praetorius, Bemerkungen zum südsemitischen Alj)habet.
lihjänischen , Prosabäischen) in kursiver Schriftart ein % gebildet
worden sein könnte.
Auch bei dem Zeichen für • liegt der diakritische Strich im
Lihjänischen am klarsten zu Tage : er ist dem Zeichen für h, /\ ,
oben schräg angesetzt, )) . Durch diese lihjänische Form erläutert
sich sowohl der gebrochene Schaft des sabäischen 4|, wie auch das
große Kreuz X (*/)) im Protoarabischen und Safä, das deutlich eine
kursive Erleichterung des ursprünglichen Schriftzuges bekundet, die
auch vielleicht in den beiden anderen Schriftarten voi'handen ge-
wesen ist.
Klar erscheint auch der diakritische Strich in dem lihjänischen
Zeichen für ^: n , \f . Es ist das altkanaanäische z, IC, aufrecht
gestellt zu H? V/5 i-i " d dann mit dem kleinen senkrechten dia-
kritischen Mittelstrich versehen. Das ist längst erkannt. Ebenso
auch, daß das Verständnis der Safä- und protoarabischen Form j
durch die lihjänische Form erschlossen wird. Vgl. Littmann , Zur
Entzifferung der Safä-Inschriften S. 11. Es scheint mir dabei gar
nicht nötig, daß man besonders diejenigen Gestalten des lihjänischen
J> anzieht, welche nach dem in diesen Inschriften hervortretenden
Geschmacke nach innen geneigte Schäfte zeigen: \f , \/ ; denn
auch von rl würde y als eine leicht mögliche Abkürzung erscheinen.
Nur im sabäischen Alphabet findet sich dieses Zeichen nicht,
weder in der ursprünglichen , noch in der kursiven Form. Und
doch scheint es möglich, ja wahrscheinlich, daß es auch im Sabä-
ischen einst vorhanden gewesen ist ! Das Zeichen , welches im
Sabäischen für >-> auftritt , H > nat im Safä- und protoarabischen
Alphabet den Wert (jo (denn ich nehme an, daß die öfters etwas
verzerrten, oder stilisierten Formen des protoarabischen (ja auch
auf \^\ zurückgehen ; anders Littmann, Zur Entzifferung der thamud.
Inschriften S. 10). Leider ist die lihjänische Form des (jo noch
nicht belegt ; ich halte es für wahrscheinlich , daß sie H gewesen
sei. Die Ableitung vom aufrecht gestellten z, H aus durch einen
diakritischen wagerechten Strich ist auch hier offenbar.
Ich denke, daß \^\ , j /] im Sabäischen durch H verdrängt
worden ist. H wird dann voraussichtlich zuerst beide Funktionen
gehabt haben , seine ursprüngliche als (j& und die übertragene als
3; später aber, d. h. in der Zeit, aus welcher uns schriftliche Denk-
mäler vorliegen, wurde H nur für 3 gebraucht: im Werte von (_e<
dagegen durch noch einen wagerechten Strich differenziert : fl. Dieses
letztere Zeichen ist daher dem Sabäischen (und Äthiopischen) allein
Praetorium, Bemerkungen zum südsemitischen Alphabet. 723
eigentümlich. — Wie es gekommen sei, daß \L\ , Jim Sabäischen
Sehr eigentümlich und verschlungen erscheinen die Wege des
Ja. Im Safä hat Littmann für Js> das Zeichen 1_T, ] f u. ähnl.
nachgewiesen. Abweichend von andern über den Ursprang des
Zeichens geäußerten Meinungen (s. Lidzbarski, Ephemerisßd. 2, S. 31),
glaube ich im ]_J ein doppelt gesetztes T> z zu sehen. Daß laut-
physiologisch diese Ableitung sehr nahe liegt, wird nicht bestritten
werden. Leider ist weder im Lihjänischen noch im Protoarabischen
bisher das Zeichen für Ji> gefunden worden ; und im Sabäischen
sieht Jö ganz anders aus und ist ganz anderer Herkunft. Und doch
glaube ich , auch im Sabäischen ]_[ wiederzufinden ! Nämlich in
dem anscheinend einsamen X z- ^an üat in X bisher einmütig
das alte , liegende kanaanäische jl. gesehen , das der Symmetrie
halber noch eine zweite Verbindungslinie angenommen habe , epaer
durch die andern hindurch. Auffallend wäre hierbei namentlich
die dann anzunehmende jüngere Gestalt des kanaanäischen Z. (nicht
~T j. Irre ich nicht , so ist X vielmehr hervorgegangen aus |_f .
Kreuzt man die beiden senkrechten Schäfte des letzteren symme-
trisch, so entsteht unmittelbar X- Gerade so, wie wir oben ge-
sehen haben, daß im Sabäischen das alte Zeichen für j> durch das
Zeichen für (je verdrängt worden ist, so wäre also auch das ur-
sprüngliche Zeichen für ; durch das Zeichen für J>> verdrängt worden.
Wie das ursprüngliche Zeichen für • im Sabäischen ausgesehen hat,
können wir wenigstens mit einiger Wahrscheinlichkeit aus dem
Lihjänischen erschließen : H . Das Äthiopische würde ich weniger
gern zum Erweise eines ursprünglichen sabäischen H in Anspruch
nehmen, da äthiop. H leicht als Vereinfachung von sab. H gedeutet
weiden könnte.
Man kann sich denken, daß auch im Sabäischen, namentlich
in kursiver Schrift, das vom lautverwandten \\ <l äußerlich nur
leicht verschiedene H z unbeliebt werden konnte, so daß seine
Ersetzung durch das frei werdende X erwünscht wurde. Denn X
= Jö wurde im sabäischen Alphabete frei, nachdem hier andere
Zeichen für Ji> aufgekommen waren, nämlich %, £ u. ähnl.
Aber hier, glaube ich, hat innerhalb des Sabäischen zunächst
noch eine andere Verschiebung stattgefunden: wenigstens % ist
m. E. gar nicht das ursprüngliche Zeichen für Jj>, sondern für
724 Praetorius, Bemerkungen zum südsemitischen Alphabet.
Oo: und ebenso ist ^ nicht das ursprüngliche Zeichen für (jo
sondern für J=j; £ sieht aus wie für Jö gebildet. Das scheint mir
wenigstens aus der äußeren Bildung der Zeichen hervorzugehen.
Das sabäische ^ wird von Lidzbarski (Bd. 1, S. 124 f.) mit
großer Mühe an das altkanaanäische ^ angeknüpft, während doch
die Safäform dem letzteren noch ganz nahesteht. Zunächst sind in
der Safäform die ersten beiden Zacken des nach rechts gewendeten
Ansatzes in beliebter Weise kreisförmig zusammengefaßt und an
den Schaft angelehnt worden ; wodurch dann auch dem dritten
Zacken die Sichtung nach unten gegeben worden ist. Der drei-
malige schroffe Wechsel der Richtung in dem dreizackigen Ansätze
erscheint hierdurch sehr gemildert. Der graphischen Vereinfachung
ist es auch zuzuschreiben, daß der Ansatz nicht mehr auf dreiviertel
Höhe des Schaftes ansetzt, sondern ganz an der Spitze desselben.
So entstand [5. aus ^ . In genau dieser Gestalt findet sich das
Zeichen freilich nirgends mehr. Schon im Safä erscheint der unterste
(dritte) Zacken als Fuß verwertet und von dem Kreise etwas ab-
getrennt : [\ ; manchmal erscheint auch schon der Kreis recht selbst-
ständig aufgefaßt: ^. Im Protoarabischen ist der Kreis noch
weiter selbständig geworden, und der ursprüngliche Schaft und der
ursprüngliche dritte Nebenzacken erscheinen , bereits symmetrisch
geordnet, nur noch als Träger, als Fuß des Kreises ; entweder j£ ,
oder f\ .
Mehr der Safäform als der protoarabischen gleicht die sabäische
Form ft. Aber diese hat bekanntlich den Wert Ji>! Und wie
mir scheint, kann sie diesen Wert erst später gegen ihren eigenen
Wert eingetauscht haben. Daneben existiert für 2b bekanntlich
noch |J. Man erkennt hier deutlich den diakritischen Strich , den
ft zum Ausdruck des Jö annahm, als es selbst noch = ^ war.
Diesen selben diakritischen Strich in mehr symmetrischer Anordnung
erkennen wir aber weiter in ^ , dem jetzt üblichen Zeichen für
Oo. Und zwar zeigt auch das lihjänische <jo diese letztere Form.
Der paläographische Befund scheint mir also dafür zu sprechen,
daß die aus den Inschriften bekannten Werte ft = Ja, fc = ^
sich ursprünglich umgekehrt verhielten.
Die ältesten uns bekannten sabäischen Schriftdenkmäler mögen
aus der Zeit um ungefähr 700 v. Chr. stammen, die uns bekannten
lihjänischen frühestens aus hellenistischer Zeit, die Safäinschriften
aus noch etwas jüngerer Zeit. Über das Alter der protoarabischen
Inschriften ist m. W. eine einigermaßen bestimmte Ansicht bisher
Praetorius, Bemerkungen zum südsemitischen Alphabet. 725
nicht geäußert worden. Vgl. Littmann, Zur Entzifferung der thamu-
deniscken Inschriften S. 11. Nun finden wir aber bereits um
750 v. Chr. in den griechischen Zusatzbuchstaben (P X V W genau
dieselben Formen, welche in den Safä- und protoarabischen In-
schriften vorliegen, in genau und fast genau denselben Werten
wie im Südsemitischen; vgl. ZDMG. , Bd. 56, S. 676 ff. Das hält
Lidzbarski, Ephemeris Bd. 2, S. 119 f. für Zufall.1) Auch ich dachte
zuerst wohl an Zufall. Aber die Übereinstimmung ist doch so
frappant und wird auch von Lidzbarski so rückhaltslos zugegeben,
daß mir ein Zufall immer mehr ausgeschlossen erscheint. Lidzbarski
sagt freilich ganz richtig: „Es ist nicht notwendig, daß O X [f]
*F nach anderen Zeichen gebildet oder aus einer anderen Schrift
entlehnt wurden" u. s. w. Aber die Übereinstimmung nicht nur
der Formen, sondern auch der Werte?! — Die griechischen Zu-
satzbuchstaben geben uns Kunde davon, daß schon um 750 v. Chr.
gewisse Buchstaben des südsemitischen Alphabets an irgend einer
Stelle so ausgesehen haben , wie sie viele Jahrhunderte später
zusammen in den protoarabischen und Safäinschriften vorliegen,
zum Teil ( v) auch in den lihjänischen, zum Teil (CD) auch
in den lihjänischen und sabäischen.
Ich lege keinen Wert darauf, daß es gerade das Safä- oder
Prosafäalphabet gewesen sein müsse , aus dem die Griechen ihre
Zusatzbuchstaben entlehnt haben. Die südsemitische Schrift wird
noch andere Entwickelungsstufen und andere Kombinationen durch-
gemacht haben , als die vier (oder mit dem Äthiopischen fünf),
welche uns bisher bekannt geworden sind. Gleichviel ob die Wande-
rung der südsemitischen Schrift von Norden nach Süden, oder von
Süden nach Norden stattgefunden hat: zwischen der Zeit der
Entlehnung aus Kanaan und der Wanderung einerseits und den
uns bekannten lihjänischen und »Safäinschriften anderseits klafft
eine Lücke von vielen Jahrhunderten, bez. fast einem Jahrtausend.
Und in dieser langen Zeit ist die Schreibkunst sicher nicht latent
im Geiste der betreffenden Völkerschaften gewesen, sondern sie ist
praktisch ausgeübt worden. Nicht nur die Lihjäniter, sondern auch
die Sabäer haben neben der Monumentalschrift doch wahrscheinlich
auch Kursivschrift gekannt, die sie auf Pergament, Papyrus u. dgl.
zu Notizen, Briefen u. s. w. angewendet haben. Das sagt ja auch
Lidzbarski „Im praktischen Leben wird man anders, einfacher ge-
schrieben haben" (Bd. 1, S. 113). Zufällig haben uns die lihjänischen
Inschriften ja auch ein kursives N neben dem monumentalen über-
liefert. — Ich glaube , wir wissen vom südsemitischen Alphabete
noch so wenig, daß wir sogar Lidzbarskis Hypothese von der
1) Nachträglich fand ich, daß schon Halevy in ZDMG., Bd. 32, S. 171
die Übereinstimmung des n im Safä mit dem griech. X bemerkt und für eine
coincidence probablement fortuite gehalten hat.
726 Praetorius, Bemerkungen zum südsemitischen Atyhabet.
direkten Entlehnung des sabäischen Alphabets aus Kanaan annehmen
könnten, ohne genötigt zu sein, die Übereinstimmung der griechischen
Zusatzbuchstaben mit den entsprechenden Zeichen des Safä- und
protoarabischen Alphabets als Zufall abzuweisen. Ja, wir könnten
sogar die Möglichkeit konstruieren , daß die Griechen ihre Zusatz-
buchstaben direkt aus Saba bezogen haben. Über das <D kann kein
Zweifel sein, denn es ist in allen südsemitischen Schriftarten gleich.
Auch das f, y A bietet keine erheblichen Schwierigkeiten. Denn
wir können vielleicht annehmen, daß das Zeichen um 900 — 800 v. Chr.
noch nicht den sekundären Untersatz gehabt habe , den es in den
Inschriften zeigt, so daß die Griechen es als \[/ entlehnen konnten.
Vielleicht haben sie es aber auch schon als f entlehnt, denn \|/
und Y wechseln in den griechischen Alphabeten. — Weiter sahen
wir schon oben, daß es geradezu auffallend ist, daß das eigentliche
Zeichen für j> H , allein im sabäischen Alphabete fehlt und durch
ein anderes Zeichen ersetzt worden ist, dem ursprünglich andere
Bedeutung zukam. Vielleicht können wir als Grund seines Schwindens
den annehmen , daß es in der vorinschriftlichen Zeit (also in der
Zeit, da die Griechen es entlehnt haben müßten) im Kursiv bereits
zu Y abgekürzt wurde und somit Gefahr lief, mit h verwechselt
zu werden. — Ein solcher bestimmter Grund für die Annahme
eines kursiven X im (vorinschriftlichen) Sabäisch liegt nun zwar
nicht vor, aber denkbar ist die Annahme sicher. Denn wenn sich
aus einem vorinschriftlichen , durch das Lihjänische bezeugten ^
bereits um 700 das inschriftliche *l{ herausstilisiert hatte, so konnte
sich mindestens ebensogut um diese Zeit ein kursives X abgeschliffen
haben.
Das i des Safä hat Littmann, Zur Entzifferung der Safä-
Inschriften S. 7 ff . erkannt. Ebenso im Protoarabischen: Littmann,
Zur Entzifferung der thamudenischen Inschriften S. 7. Ich war
etwas überrascht, bei Littmann eine Erklärung dieses Zeichens von
mir zu finden, der ich mich nicht mehr entsinnen konnte. Es kann
sich nur um eine flüchtig hingeworfene Bemerkung von mir handeln.
Jedenfalls stimme ich ganz mit dem überein , was Lidzbarski,
Ephemeris Bd. 2, S. 27 sagt.
27
Hottentottische Laute und Lehnworte im Kafir.
Von
Carl Meinhof.
Das Problem.
Eins der interessantesten und doch zugleich eins der schwierig-
sten Probleme der südafrikanischen Sprachforschung ist das Auf-
treten der Schnalzlaute in den Kaffersprachen. Es unterliegt heute
keinem Zweifel mehr, daß die Kaffersprachen zu den Bantusprachen
gehören, ebenso unterliegt es für jeden, der sich meinen Anschau-
ungen über das Urbantu (vgl. meinen „Grundriß einer Lautlehre
der Bantusprachen", Leipzig 1899) anschließt, keinem Zweifel, daß
im Urbantu keine Schnalze vorhanden waren. Auch das ist nicht
zweifelhaft, daß die Schnalze in den Sprachen der Buschleute und
Hottentotten einen sehr großen Teil des Lautbestandes einnehmen.
Die Frage ist nun die : Wie sind die Schnalze in die Kaffer-
sprachen gekommen ?
So viel ich sehe, wären drei Möglichkeiten gegeben.
1. Die Schnalze haben sich im Kafir unabhängig
von andern Sprachsystemen ganz selbständig aus
echten Bantulauten entwickelt.
Diese Ansicht ist sehr unwahrscheinlich, und wird, so viel mir
bekannt, von niemand vertreten. Der Umstand, daß nur diejenigen
Bantusprachen Klixe aufweisen, die mit Buschleuten oder Hotten-
totten in Berührung gekommen sind, läßt es von vornherein ver-
muten, daß diese seltsamen Laute von den Sprachen entlehnt sind,
in denen sie nachweislich sonst noch vorkommen.
2. Die Schnalze haben sich unter dem Einfluß
der Schnalzsprachen aus echten Bantulauten ent-
wickelt.
Der phonetische Vorgang würde hier derselbe sein wie in 1.,
nämlich, daß in einem echten Bantuwortstamm aus ursprünglichen
Bantulauten ein Schnalz entstanden ist. Er würde sich aber histo-
risch von dem ad 1. beschriebenen Vorgang unterscheiden. Dort
nahmen wir an, daß jener Vorgang selbständig und unabhängig
von andern Spracheinflüssen zu stände kam, hier würden wir an-
nehmen, daß der Klang der Buschmann- und Hottentottensprachen
728 Meinhof, Hottentottische Laute und Lehnworte im Kafir.
bei den Bantu die Lust zur Nachahmung erweckte, und daß dieser
Hang zur Nachahmung die Schnalze in die Bantuwortstämme ein-
führte.
Der entschiedenste Vertreter dieser Ansicht ist Brincker. Vgl.
Lehrbuch des Oshikuanjama. Stuttgart & Berlin. 1891. p. 2. sowie:'
Deutscher Wortführer für die Bantu-Dialekte in Südwest- Afrika.
Elberfeld p. 552. x) Dabei klingt manche seiner Äußerungen aller-
dings so, als hielte er die in 1. ausgesprochene Ansicht doch für
zutreffend.
Es läßt sich einiges anführen , was für diese Ansicht zu
sprechen scheint.
a) Es entstehen aus echten Bantulauten tatsächlich einige Male
Laute, die man als halbe Klixe bezeichnen kann.
Im Tsivenda' (Nord -Transvaal) entsteht aus mw nicht selten
ein velar-labialer Nasal = m-), z. B. ruma statt rumwa „gesandt
werden" von ruma „senden". Bei m wird die Luft eingesogen,
dann aber am Velum eine Verengung (wie bei n) und mit den
Lippen gleichzeitig ein Verschluß gebildet wie bei m. Ein Teil
des Luftstroms geht durch die Nase wie bei m. Der Laut klingt
fast wie ein labialer Klix.
Ähnliche Laute weist Brincker im Oshikuanjama nach und
bezeichnet sie durch darübergesetzten Spiritus lenis und Zirkumflex.
Die Laute sind hier aus urspr. nk, nt, mp entstanden. Eine nähere
Beschreibung kann ich nicht geben, da ich die Laute nicht gehört
habe und ich Brinckers Beschreibung nicht verstehe. Jedenfalls
müssen sie den Klixen ähnlich klino-en, denn Brincker selbst ver-
1) Ich zitiere nur einiges aus Brincker zur Charakterisierung seines Stand-
punkts. Das Weitere bitte ich bei ihm selbst nachzulesen.
p. 552: These I. „Die sogenannten „Clicks" in den Dialekten der Kafir-
Bantu (so pflegt B. zu schreiben) und Hottentotten (Nama, //Korana, Saan u. s. w.)
sind nicht attributiv diakritische, durch Armut von ursprünglichen Begriffen der
betreffenden Wort- und Silbenbildung notwendig gewordene Lautcharaktere,
sondern idiomatische Erzeugnisse einer allgemeinen Grundursache oder eines
Urprinzips von Begriffsverkörperungen mit onomatopoetischer Grundlage."
These II. „Die Annahme, daß die Stämme der Kafir-Bantu die sich in
ihren Mundarten findenden Clicks von den Hottentotten angenommen hätten, ist
ethnologisch unbeweisbar (weil alle erbrachten Beweise sich auf dem Gebiete
der Annahmen und herkömmlichen Behauptungen bewegen) und wird nach
gründlicher Erforschung und richtiger Erfassung des Wesens, auch in andern
Dialekten vorkommender analoger Sprachlaute zum mindesten zweifelhaft."
Aus These III. p. 555 „es muß uns geradezu wundern, zu wissen, was
eigentlich die Vorfahren der Sulu (Ama-sulu) oder was für Leute es waren,
bewogen haben sollte, sich in die so unschönen Clicks der Hottentottenrace und
nur in diese Elemente ihrer Sprache so zu verlieben, um diese zu erlernen und
ihren sonst so wohlklingenden Wortschatz dadurch zu bereichern; es bleibt
geradezu unbegreiflich."
Vgl. hierzu Büttner im Vorwort zu Kroenlein, Wortschatz der Khoi-khoin
(Namaqwa-Hottentotten) Berlin 1889. p. VI.
2) Vgl. meinen Aufsatz „Das Tsivenda'", diese Zeitschr. 1901. p. 607 f.
No. 33.
Meinhof, Hottentottische Laute und Lehnworte im Kafir. 729
gleicht sie damit. Daß er hier richtig beobachtet , ist nicht ganz
unwahrscheinlich, da er einen großen Teil seines Lebens mit Leuten
zu tun gehabt hat, die in Schnalzen (Nama) sprachen. Allerdings
hält er die kafferschen Lateralen auch für Schnalze , was nicht
für exakte Lautbeobachtung spricht.
b) Außerdem scheinen echte Klixe als Lautentsprechungen für
echte Bantulaute in einzelnen Fällen vorzukommen.
z.B. B. Ihna (nrfiina) „ auslöschen", das als zima , zema,
tima, dima in den meisten Bantusprachen erscheint, müßte nach
den Lautgesetzen des Kafir zima heißen; zima für „löschen" kommt
aber hier nicht vor, dagegen tritt cima (c dentaler Schnalz) in
dieser Bedeutung auf.
vgl. B. piria „kneifen" mit Zulu finiza „Gesichter schneiden"
(„das Gesicht zusammenziehen") und finca „in Falten legen".
vgl. ferner Zulu consa „tröpfeln" mit tonsa dass.
cwazimula — phazimula „leuchten",
cafuna „das Maul voll nehmen", hlafuna „kauen", nyafuna
y, versuchen zu kauen".
vgl. ucihgo 11 „Draht" mit Ihigci „umgeben, umwickeln".
umcebi 1 „Verleumder" und hleba „verleumden".
cwila „tauchen", vgl. gwila; cwalisa besser für zalisa „füllen".
Mit cerebralem Klix (q) : vgl. isi-qatulo 7 „Schuh" mit nya-
tela „treten".
i-qanda 5 „Ei" mit tanda „Ei" (Laurenzo Marquez) und
Suaheli ganda 5 „Binde, Hülse", Tsivenda' ganda, pl. ma'kandä
„ Schale".
nqaka „empfangen", vgl. Suaheli nyaka.
qala „anfangen", Tsivenda' bala.
qongqota „klopfen", Suah. gogota.
qotama „sich bücken", Herero kotama.
Mit lateralem Klix (x): vgl. Zulu u-kope „Augenlid" mit xopa
„in die Augen fassen"; kapaza „ungeschickt übergießen", xapa-
zela „besprengen"; xana, „leugnen", B. hrnta.
i-xu-kazi „Schafmutter" neben imvu „Schaf". B. -A'ff u. s. f.
Das alles sind ganz hübsche Beobachtungen (ich habe sie zum
Teil mit Hülfe meines verehrten Freundes Christian Prozesky1) ge-
funden) — aber sie haben einen Fehler, der sie völlig wertlos
macht. Es läßt sich trotz jahrelanger Mühe, die ich auf die Sache
verwandt habe, kein Gesetz finden, nach dem für irgend einen andern
Laut der Klix eintritt. Hierzu kommt, daß die in obigen Zusammen-
stellungen befolgte Methode eine ganz rohe ist. Es ist keine Rück-
sicht darauf genommen , ob die Schnalze aspiriert sind oder nicht.
Ferner sind die Töne ganz unberücksichtigt geblieben. Wo es in
1) Christian Prozesky, im Jahre 187 4 in Königsberg (Natal) geboren und
dort bis 1892 unter Zulu aufgewachsen. Er spricht Zulu als seine zweite
Muttersprache.
730 Meinhof, Hottentottische Laute und Lehnworte im Kafir.
Obigem also so scheint, als wären für einen Vorgang wirklich zwei
oder drei Beispiele gefunden, so ist auch das nicht einmal sicher,
und die ganzen Zusammenstellungen, die das Resultat endloser Mühe
sind, sind sprachwissenschaftlich wertlos. Es liegen zufällige Gleich-
klänge oder dergleichen vor, dem nachzuspüren weiter kein Inter-
esse hat.
bisherigen Mißerfolges hier doch noch Gesetze zu finden sein könnenr
die meiner Aufmerksamkeit nur entgangen sind , so muß ich doch
gestehen , daß ich das für sehr unwahrscheinlich halte. Ich habe
mich deshalb entschlossen, die dritte Möglichkeit, die hier vorliegt,
ins Auge zu fassen.
3. Die Worte oder die Stämme, in denen Schnalze
vorkommen, sind Lehnworte und aus dem Hotten-
tottischen bez. aus den Sprachen der Buschleute
herübergenommen.
Diese Ansicht vertrat schon Bleek in seiner comparative grammar
of South- African languages, Cape Town 1857. p. 12. 92. 160. Es
ist aber bisher nicht gelungen, im Einzelnen den .strikten Nachweis
zu führen, daß sie richtig ist.
Ich glaube, daß verschiedene Umstände zusammentreffen, um
die exakte Untersuchung dieser Hypothese jetzt zu erleichtern, ich
stelle sie kurz zusammen und füge hinzu , in welcher Richtung
diese Untersuchung später doch noch genauer geführt werden muß,
als es zur Zeit möglich ist.
a) Das System der Bantulaute ist zur Zeit klarer als früher
erkannt. Wir können abgesehen von kleinern Unebenheiten zu-
verlässig feststellen, was zum Aufbau einer Bantusprache an Lauten
gehört. Was außerhalb dieses Systems fällt, steht von vornherein
im Verdacht, daß es fremden Ursprungs ist.
b) Für die Beobachtung der kafferschen Laute ist ein großer
Schritt vorwärts getan durch die Herausgabe von : Rev. Albert
Kropf, D. D., a Kafir-English dictionary. South Africa. Lovedale
Mission Press. 1899, einer umfassenden Sammlung von kafferschem
Sprachgut.
Kropf unterscheidet Laute, die bisher in der Schrift ver-
wechselt wurden, seine Unterscheidungen sind allerdings noch nicht
ausreichend, und seine phonetische Darstellung ist nicht immer zu-
treffend. Seine Mitteilungen werden ergänzt durch das, was ich
von gebildeten Südafrikanern , die Kaffersprachen von Jugend auf
sprechen, erfahren habe. Ich habe oben bereits Prozesky genannt.
c) Die Laute des Hottentottischen sind besser als bisher auf-
gefaßt und korrekter dargestellt durch Kroenlein , Wortschatz der
Khoi-khoin. 1889.
Es mangelt diesem überaus gründlichen Buch an einer Unter-
suchung darüber, in welcher Weise die Laute des Hottentottischen
sich entwickelt haben. Die Untersuchung ist allerdings besonders
Meinhof, Hottentottische Laute und Lehnworte im Kafir. 731
schwer und unsicher, da sehr wenig Material zur Vergleichung
bisher vorliegt.
d) Auch die Formenlehre und der "Wortschatz des
Bantu und des Hottentottischen sind besser als bisher bekannt ge-
worden durch die genannten Werke und die sehr angewachsene
Bantu-Literatur.
Die vorliegende Untersuchung bedarf aber später noch einer
eingehenden Nachprüfung , da die Töne im Bantu bisher nicht
gründlich festgestellt sind und wir über die Töne der Kaffersprachen
fast gar nichts wissen. Für die Bedeutung eines Hottentottemvortes
ist die Tonhöhe noch wichtiger als für die Bedeutung eines Bantu-
wortes.1) Die Gleichstellung von Worten, die wir hier also vor-
nehmen , muß nach Festellung der Töne noch geprüft werden und
wird da ihre Bestätigung oder Berichtigung finden.
Die Methode.
I. Da Kafir und Nama besonders in bezug auf die Klixe mit
sehr verschiedener Orthographie geschrieben werden, ist zu-
nächst eine phonetische Schreibung für beide Sprachen festzustellen.
um dem Leser die Vergleichung zu ei*möglichen.
IL Wir werden dann die kaffer sehe Lautlehre auf-
stellen nach dem von mir für andere Bantusprachen erprobten Ver-
fahren.-) Gleichzeitig werden die Bantu wo rtstämme, so weit
sie bekannt sind, im Kafir zu suchen sein.
Die Laute, die sich hierbei nicht erklären lassen, sind als Laute
fremden Ursprungs verdächtig.
III. Der Lautbestand desNama und die Lautgesetze
des N a m a sind festzustellen, so weit das möglich ist.
IV. Die kaf ferschen Laute sind mit den Nama- Lauten
zu vergleichen.
V. Wir werden dann versuchen , eine Anzahl Wörter vom
Vokabelschatz des Kafir aus dem Hottentottischen zu erklären.
VI. Ferner ist zu versuchen, ob auch Bildungselemente
des Nama, die dem Nama fremd sind, im Kafir sich nachweisen lassen.
VII. Es ist zu untersuchen, ob man aus der Verwendung der
ursprünglichen Bantulaute und der als „fremd" angesehenen Laute
bei der Bildung der Wortstämme und dem Verhältnis dieser
Lautgruppen zu einander irgend welche Schlüsse ziehen kann, welche
zur Lösung des Problems beitragen können.
Dabei ist zweierlei nicht zu vergessen. 1. Andere Dialekte
des Kafir und des Hottentottischen lassen an und für sich den Sach-
verhalt vielleicht klarer erkennen, als die hier gewählten (Xosa
und Nama).
1) Das Tsivenda', a. a. O.
2) Grundriss einer Lautlehre der Bantusprachen. a. a. 0.
732 Meinhof, Hottentottische Laute und Lehnworte im Kufir.
Man kann es als positiv unwahrscheinlich ansehen , daß die
Xosa gerade von den Naraa die betreffenden Worte entlehnt haben,
wenn sie aus dem Hottentottischen stammen. Vielmehr wird es,
wenn die Kaffern von den Hottentotten Worte entlehnten , sicher
so sein, daß sie sie von den östlichen Hottentotten nahmen, mit
denen sie in direkte Berührung kamen. Wir haben aber über
andere Hottentotten dialekte keine guten, ausführlicheren Nachrichten,
und bei der geringen Verschiedenheit der Hottentottendialekte kann
der von uns gemachte Fehler nicht schwer ins Gewicht fallen. Auch
auf einen andern Dialekt des Kafir, der vielleicht den Sachverhalt
klarer erkennen ließe, können wir aus Mangel an sicherem Material
nicht eingehen1) — wir sind an die beiden Dialekte Nama und
Xosa gebunden.
2. Es ist nicht ausgeschlossen , daß ein Teil der Klixworte
aus Buschmannworten stammt , die direkt ins Kafir eingedrungen
sind. Da wir über die Verwandtschaft von Buschmannsprachen und
Hottentottisch noch keineswegs genügend aufgeklärt sind und über
die Buschmannsprachen nur dürftiges Material veröffentlicht ist, muß
ich mir versagen, hierauf näher einzugehen..
Man wird also jedenfalls nicht erwarten können, daß jedes
Kafirwort, das Schnalze enthält, im Nama nachzuweisen ist.
Wir werden uns begnügen müssen, wenn wir einen erheblichen
Teil der betreffenden Worte im Nama nachweisen können.
I. Orthographie.
1. VokalG. So weit ich offene und geschlossene (weite und
enge) Vokale unterscheiden kann, bezeichne ich sie wie bisher
o offen (weit) — o geschlossen (eng),
also a, e, e, t, i, o, o, m, u.
Die geflüsterten Vokale des Nama bezeichne ich mit e, o u. s. w.
2. Konsonanten. Die Laute mit Kehlverschluß im Kafir
bezeichne ich mit '£, '/>;, V, rp.
Die Aspiraten in beiden Sprachen mit nachgesetztem h.
z. B. Kafir: kh, th, ph statt Kropf ¥, f, p*.
Nama: hh.
be im Kafir nach der Schreibung von Kropf ist keine Aspirata,
sondern identisch mit englischem vollstimmigem b. Ich schreibe
deshalb b.
Kropf bezeichnet mit r( und r verschiedene Laute , die ich
nicht zu identifizieren vermag ; wie es scheint, soll re für y und /,
r für gewisse faukale Laute stehen ; da ich die Laute nicht voll-
ständig identifizieren kann, muß ich die Kropf'sche Schreibung bei-
\) Am meisten wissen wir über das Zulu, doch werden in der gebräuch-
lichen Orthographie auch hier verschiedene Laute gleichgeschrieben.
Meinhof, Hottentottische Laute und Lehnivorte im Kafir. 733
behalten. Auch die Identifizierung der faukalen Laute des Nama
ist mir noch nicht gelungen. Statt des von Krönlein angewandten
" schreibe ich ', also mario statt mariö „ohne Geld".
Statt der bisherigen Schreibung der Lateralen, die irreführend
ist, habe ich eine andere eingeführt, in der ein diakritisches Zeichen
statt des Doppelzeichens angewandt wird.
Ich schreibe also statt bisher hl jetzt §.
„ „ tl „ is.
. dl „ z.
Statt der Schreibung von Kropf: dy steht dj, statt j steht dz,
statt nj steht ndz und nz , statt &/ steht Jtj , statt ft/c steht t%,
statt sÄ bez. feA steht s bez. &f.
Die Schreibung gy im Nama soll , wenn ich Krönlein recht
verstehe, den Laut ausdrücken, den ich sonst mit y bezeichne. Ich
wende daher dieses Zeichen an.
n setze ich aus phonetischen Gründen in ng , nk statt Kropf
ng, nk; ny statt Kropf ny , mpf statt Kropf mf entsprechend der
tatsächlichen Aussprache.
Statt des vi des Nama schreibe ich v.
Es ergibt sich also folgende Liste der Abweichungen meiner
Schreibart von der üblichen. (Der Übersichtlichkeit halber habe
ich auch die Zeichen mitaufgenommen , in denen die Schreibung
übereinstimmt.)
Meinhof.
Kropf.
Krönlein.
Meinhof.
Kropf.
Krönlein
b
'b
b
b
iii'ji
mpf
mp
mf
d
d
d
mv
mv
dj
dy
—
n
n
n
dz
J
—
nd
nd
—
f
f
—
ndz u. nz
nj
—
9
9
9
rCt
nt
—
71)
h
z1)
h
k
911
h
X
n
ng
n'k
ny
n
ng
nk
vi,
i'i
kh
¥
kh
p
P
—
l
l
—
ph
P*
—
m
m
in
/■
—
r
?nb
inb
—
s
s
s
1) Leider kann ich die beiden vorgeschlagenen Zeichen statt r' nicht
regelmäßig anwenden, da mir zuverlässiges Material fehlt. Für Kropf r kann
ich keine gute Schreibung vorschlagen, da es sich um verschiedene faukale
Laute handelt, ebenso fehlen die faukalen Laute des Nama, da icli über sie nur
dürftige Nachrichten habe.
2) Ob '& und 't im Nama wirklich mit Kehlverschluß gesprochen werden,
weiß ich nicht. Aus diesem Grunde werde ich im Nama die nähere Bezeich-
nung von h und t unterlassen.
734 Meinhof, Hottentottische Laute and Lehnworte im Kafir.
Krönlein.
nhof.
Kropf.
Krönlein.
Meinhof.
Krop
s
hl
—
ts
tsh
s
sh
—
*§
tl
V
t
P)
V
V
#2)
ty
W
10
th
f
—
y
y
t%
¥
—
z
z
ts
ts
ts
z
dl
Die Schreibung der Schnalze ist in beiden Sprachen völlig
verschieden. Im Kafir hat man für dentalen Klix c, für cerebralen
q, für lateralen x als Basis gewählt, die Aspiration bezeichnet Kropf
mit beigefügtem c, die Stimme mit vorgesetztem g, die Nasalierung
mit vorgesetztem n.
Darnach ergibt sich c, ce, gc, g&, nc, ngc etc.
Außerdem hat nun Kropf aber noch c, q, x eingeführt. Seine
Beschreibung dieser Laute verstehe ich nicht, und die des Kaffer-
schen mächtigen Leute, die ich fragte, haben mir den Unterschied
ebenfalls nicht angeben können. Ich muß also zu meinem Bedauern
darauf verzichten, c, q, x von c, q, x phonetisch zu scheiden.
Andere Freunde teilen mir mit, daß man im Kafir nicht 3,
sondern 4 Schnalzarten zu unterscheiden hätte, was mir sehr wahr-
scheinlich ist, doch ist auch hier mein Material zu dürftig, um
damit etwas anzufangen. Ich muß es also für diese Untersuchung
bei der Dreiteilung lassen.
Im Nama schreibt man in Anlehnung an Lepsius den dentalen
Klix /, den cerebralen /, den palatalen $, den lateralen IL3) Jeder
dieser Laute kann vor Vokalen, vor g, A, k, kh und n stehen. Es
ei-gibt sich also /, Ig, Ih, Ik, Ikh, In u. s. f.
Diese Schreibung hat unter anderm das Mißliche , daß hier
zwischen stimmhaften und stimmlosen Klixen nicht unterschieden
wird. Ich nehme als selbstverständlich an, daß die Klixe vor g
stimmhaft sind , vor Vokalen , h und n ist der Fall möglich , daß
sie es sind.
Zu einer Untersuchung hierüber fehlt mir das Material.
Bei den Mängeln beider Schreibweisen sehe ich mich genötigt
eine dritte vorzuschlagen. Ich bezeichne die Klixe mit dem ihrer
Artikulationsstelle entsprechenden Buchstaben, versehen mit dem
nötigen diakritischen Zeichen. In den Buschmannsprachen gibt es
labiale Klixe , die Basis ihrer Schreibung würde p sein , die Basis
für die Schreibung des dentalen Klix ist also t entsprechend meinem
1) Siehe Aum. 2 auf vorhergehender Seite.
2) In 'tj ist das j stimmlos. Ein Mißverständnis ist nicht wohl möglich,
da es mit stimmlosem t verbunden ist.
3) In der Literatur des Nama scheint mir die Bezeichnung „palatal"
nicht immer richtig und nicht immer in demselben Sinn gebraucht zu werden,
vgl. Büttner p. V, im Vorwort zu Krönleins „ Sprachschatz", wo wohl eine Ver-
wechslung von palatal und cerebral vorliegt.
Meinhof, Hottentottische Laute und Lehnworte im Kafir.
System, für den cerebralen /, für den palatalen t\ für den lateralen
t. Für velare Klixe hätten wir also k als Basis anzusehen u. s. f.
Dem entsprechend ergibt sich als Basis für die stimmhaften
Klixe: l. <]. </. d', d etc.
Es ist mir nicht zweifelhaft, daß es frikative Schnalze gibt,
ja die Schnalze des Kafir sind nicht streng explosiv, sondern explosiv-
frikativ. Für die Frikativen wäre natürlich /* s, s, s, s, bezw. v.
z, 2, z, z als Basis anzunehmen. Um die Sehi-eibung nicht zu
kompliziert zu machen , schreibe ich die kafferschen Klixe aber
nicht als affriziert, sondern als reine Implosiven.
Alle diese Zeichen sind mit einem diakritischen Zeichen zu
versehen, das möglichst auffallend sein muß. Ich schlage vor * und
schreibe also den dentalen Klix t, den cerebralen f, den palatalen t' .
den lateralen i. Die stimmhaften Laute schreibe ich d, d. d', d.
Die Aspiration drücke ich durch nachgesetztes h aus. Wenn ich
recht höre . wird die Vex'bindung des Nasals mit dem Schnalz im
Kafir und Nama verschieden gesprochen, dem schließe ich mich an,
wenn ich im Kafir den Nasal vor, im Nama hinter den Schnalz setze.
Die Mängel folgender Zusammenstellung beruhen also darauf,
1. daß im Kafir c, q, x nicht berücksichtigt sind, und daß q
wahrscheinlich den cerebralen und den palatalen Klix vertritt,
2. daß im Nama nicht feststeht, welche Klixe stimmhaft sind.
Schema :
Meinhof. Kropf.
Krönlein.
Meinhof.
Kropf.
Krönlein
4 U'l
n
f
7,
/
dh (j<£
lh!
th
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d' gq !
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th!
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dh gc'
dh g.r"
1!
lh!
II'.
Ilh f
t
ß
t
ß
c
c<
X
x<
1
lh
II
Ilh
Statt Kropf nc
schreibe ich nt
ngc nq
nd nt
ngq
nd
nx
nt
ngx
n d.
statt Krönlein In In tn /In
schreibe ich tn in in in.
Dabei halte ich mir gegenwärtig, daß bei Krönlein auch dn,
du. du. dn vorliegen könnte.
Eine genauere Bezeichnung der Lautgruppen beider Sprachen
ist bei dem gegenwärtigen Stand . unserer Erkenntnis nicht aus-
führbar. Die Bezeichnung der Tonhöhen muß sich an das an-
schließen, was bisher in der wissenschaftlichen Bearbeitung des
Bantu üblich war. Endemann unterscheidet den Tiefton — ■ und
den Hochton — ' im Anschluß an Lepsius, es gibt aber außerdem
eine Anzahl Mitteltöne, für die ich — + und — + vorschlage, tch
Bd. LV1II. 48
736 Meinhof, Hollentotlische Laute und Lehnworte im Kafir.
werde im Kafir aus Mangel an sicherm Material auf die Bezeich-
nung der Töne verzichten , im Nama unterscheiden Krönlein und
andere Tiefton, Mittelton, Hochton. Ich werde also für den Tiefton
— t , für den Mittelton — +, für den Hochton — ' setzen. Krönlein
schreibt den Tiefton — , den Mittelton — -, den Hochton — . Ich
kann diese Bezeichnung hier nicht gebrauchen, da die Verwechslung
mit dynamischen Akzenten nicht zu vermeiden wäre.
II. Die Laute des Kafir.
Wir beginnen mit der Feststellung der Bantu-Laute
des Kafir im Anschluß an die im „Grundriß" aufgestellten
Grundsätze.
Ich habe die Untersuchung hier etwas einfacher und, wie ich
hoffe, klarer geführt, als im „Grundriß", ich füge aber den einzelnen
Abschnitten die Nummern der Paragraphen des Grundrisses hinzu.
1. Den Grundkonsonanten des Bantu entsprechen im
Kafir folgende Laute (1 — 5) :
B. k l p y l v n in
K. kh th ph ', g l '6 n m
Im Einzelnen ist zu bemerken:
kh steht nur in der Stammsilbe , in den andern Silben steht
7c. Dieser Unterschied wird nicht in mechanischer Weise gemacht,
daß man etwa die Silbe nach dem Präfix aspirierte , sondern es
wird genau die Stammsilbe aspiriert; wo sich zwischen die Stamm-
silbe und das Präfix noch ein mit 'k beginnendes Präfix schiebt,
wird dies nicht aspiriert, z. B. wird von um-ca „der Rücken"
abgeleitet 'ka-m-va „hinterher", und davon i-lca-m-va 5. „die
Folge"; i-'kom-khulu 5. „die Residenz des Königs" vom Stamm
-khulu. Vgl. um-lca (nicht um-kha) 1. „das Weib von" statt um-
fazi lea . . . „das Weib von . . ." ; 'ka ist hier eigentlich Partikel
und nicht der Wortstamm, der ganz ausgefallen ist. Unregelmäßig
ist akha „bauen".
Vgl. hierzu Konde, Grundriß p. 111 Nr. 5.
In einzelnen Fällen ist bei th und ph die Aspiration nicht
bezeichnet. Ich nehme an , daß dies auf Versehen beruht , da die
Fälle sehr selten sind.
Bei den Entsprechungen für Y kommt, wie mir scheint, statt
auch g vor.
Statt '£ schreibt Kropf b. Den deutschen Laut des b be-
zeichnet er mit br, allerdings ist als sicher anzunehmen, daß dieser
Laut abweichend vom Deutschen vollstimmig ist. Der von Kropf
mit b bezeichnete Laut ist mit Kehlverschluß zu sprechen.
Ich halte th, l, n für alveolare Laute im Kafir, habe jedoch
zu wenig sicheres Material, um darüber Abschließendes zu sagen.
Meinhof, Hottentottische Laute und Lehmeorte im Kafir. 731
Beispiele, khama „auspressen, ausdrücken" Jea/ma.1)
kho'ka, Tiholcela „führen" Jco7&a, tiny-aka 3. „Jahr" yalta.
ane'ka „zum Trocknen ausbreiten" yaiülift. pha-'kalhi
„zwischen, innen" kati. ('Ä;a ist urspr. Stammsilbe. Da das Wort
adverbial gebraucht wird, ist das vergessen.)
thuka „schimpfen" tu ha, kha „schöpfen" h'fl.
tlia „in etwas hineingießen" yita9 letha „aufheben, bringen" Jetff.
phephetha „fächeln" pepeta 9 phetha „besäumen" (eig. um-
biegen) peta.
photha „zusammendrehen" pota, i-thahga 5. „Gurke, Kürbis"
-t(lh (ja, -thathu „drei" tatU, thuma „senden" tllliia.
phatha „berühren, fühlen" pata, pha „schenken" pci, phala
„kratzen" pala, phola „kühl sein" pöltl.
Vgl. u-khope 11. „Augenlid" verdruckt für u-Jchophe?
akha „bauen" yah'a, ane'ka „an der Luft trocknen" yaflika,
aba „teilen" yave i9 ona „schnarchen" yona. Präf. Kl. 6 vor
dem Verbum a ya9 Kl. 3 u yu.
i-gazi 5. „Blut" yali, vgl. unten 4. d).
lala „sich ausstrecken" lala, luma „beißen" l u ilia , IxCka
„flechten, weben" lulia, phala „schaben, kratzen" pala.
''ba „sein" va, ''bala, „zählen, rechnen" 'bala 9 'baba „scharf,
beißend sein" vava , 'bona „sehen" voiia , Präf. Kl. 2 ba va.
Präf. Kl. 6 ama- ama-, reeiproke Endung -ana -ana u. s. f.
Weitere Beispiele s. bei den Stammwörtern.
2. Die Vokale (6—10).
Den Grundvokalen entspricht a, i, u.
Den Mischvokalen e und o entspricht e und o. Die Entstehung
beider Vokale ist im Kafir noch lebendig. Neben e und o gibt es
e und o. Leider hat man das bisher nur vereinzelt in der Schrift
unterschieden.
Den „schweren" Vokalen * und ü entspricht i und u. Einen
Unterschied in der Aussprache dieses i und u von dem obigen hat,
so weit mir bekannt, bisher niemand festgestellt. Auch ich habe
einen solchen nicht finden können.
Beispiele.
a, i, u. S. auch die Beispiele unter 1.
Vgl. Präf. Kl. 2 aba- aca-. Kl. 6 ama- ama-, stative
Endung -ama -ama, reeipr. Endung -ana -ana.
Präf. Kl. 4 imi- inii- , Kl. 5 ili- , i- ili9 Kl. 7 ist il.i.
lila „weinen" Ufa, lima „hacken" lima, linda „bewachen"
Junta, um-thi 3. „Baum" -ti.
Präf. Kl. 1. 3 um- uniu, Kl. 11 ulu, u ulu, Kl. 14 u'bu,
u uyil, Kl. 15 uku uku s. oben thuma, luma, -thathu, thu'ka.
1) Die hypothetischen Grundformen stehen in fetter Schrift.
738 Meinhof, Hottentottische Luide und Lehnworte ;m Kafir.
phelefka „begleiten" peleka, phephetha „fächeln" pepeta,
letha „bringen" leta.
'bola „verfaulen" vola , 'bona „sehen" rona , phola „kühl
sein" pola.
na „und, mit" wird regelmäßig mit dem folgenden Wort zu-
sammengezogen.
Dabei gibt a -f- i = e, a-\- u = o.
z. B. izulu nomsctba statt izulu na ximsdba „Himmel und Erde".
m/na no'bawo statt mna na tCbawo „ich und mein Vater"*
ndqba negusa statt ndqba na iguha „ich werde ein Schaf
bekommen".
ndinehase statt ndina t'hase „ich habe ein Pferd".
u. s. f., vgl. Appleyard p. 77.
e und o entstehen durch Assimilation aus e und o, s. unten 7.
i = i z. B. Präf. Kl. 8 izi ivi9 Kl. 10 izin Uhu'.
um-zi 3. „Dorf" -yl, um-si 3. „Bauch" -M? isi-ziba „tiefes
Wasserloch" -Viva, ubu-sika 14. „Winter" -t\l\(l, zi-yl
Präf. Befl. am Verbum.
U = u z. B. fuya „besitzen, Vieh aufziehen" tüya, funa „suchen,
wünschen" tülia, safuna „kauen" taL'Cuia, vuna „ernten"
VÜna, t'm-vula 9. „Begen" -Vlll(l, vuma „singen" Ifuiifl,
in-zovu 9. „Elefant" -yoyü, ama-futha 6. „Fett, Butter"
B. -h'üta u. s. f.
B e m. Wo durch Ausfall von y im Wortinnern Hiatus ent-
stehen würde , werden Semivocales y und w aus i und u heraus-
gesetzt und an Stelle von y eingeschoben. Der vorhergehende
Vokal wird unter dem Einfluß dieser Halbvokale mehrfach ver-
ändert. Vgl. imbewu 9. „Same" imbeyil.1)
fuya (s. oben) tüya ,-) vuya „zurückkehren" vuya 9-) ; thiya
statt theya „fangen in der Falle" teya, i-khiwane 5. „Feigen-
baum" statt i-lchuyane von A'uyu. Die Bichtigkeit dieser letzteren
Ableitung geht auch daraus hervor, daß khi sonst regelmäßig zu
st wird, s. unten 4, c). Hier hält es sich, weil es für khu steht.
Vgl. i-mbiica neben i-mbuwa 5. „wilder Spinat".
3. Die Grundkonsonanten in Verbindung mit
Nasalen (11—15).
Die urspr. Explosiven kh, th, ph verlieren durch die Verbindung
mit Nasalen die Aspiration , die urspr. Frikativen werden dabei
explosiv, s. 4, a); 6.
Es entspricht also B. nie nt mp ng nd mb
= K. nk nt m'p ng nd mb:
d. h. sämtliche Verbindungen mit Nasalen sind im K. in ursprüng-
1) Johl, ein im Kafferland geborener Missionarssohn, spricht imbfiu.
2) Wahrscheinlich ist hier aber y über j zu y geschwächt, wie in ayama
.sich gegen etwas lehnen", und ij ist hier nicht nur Gleitlaut.
Meinhof, Hottentottische Laute und Lehnworte im Kafir, 739
licher Form erhalten. Über ng ist zu bemerken , daß in jüngeren
Formen dafür rty steht, weil der urspr. Konsonant y ganz weg-
gefallen ist und 1\i vor folgendem Vokal zu ny wird.
a) Nasal -f- Konsonant nach dem Stammvokal.
In nuka „riechen" hat K. den einfachen Konsonanten, jedoch
kommen nk, rit. tnp nach dem Stammvokal vor:
z. B. u-iikorCka 1. „ein alter männlicher Buschbock".
itkari'taza „durch die Nase sprechen", ifheiCteza „klingen.
klirren", thin'ta „hindern".
i-phempe 5. „eine kleine Hütte im Garten", i-phimpi 5.
„eine Art Kobra", phurnputfia „im Dunkeln tasten nach
etwas".
hg, nd, mb sind sehr häufig, s. die Stammwörter.
Jinda „bewachen" linda, landa „nachfolgen" latldci.
thunga „nähen" tuhga. lingana „gleich sein" linf/anft.
'bumba „ aus Lehm bilden" ril))tbaf samba „waschen"
kamba.
b) Nasal + Konso n a n't im A n 1 a u t.
flk inkala 9. „Krabbe" irikala, itiktfku 9. .Huhn" inkukll.
inkani 9. „Streit" von 'kfuiff, m,ko,kelo 9. „Führung" von
khq'kela1) „führen" koka.
inkulu „groß" adj. Kl. 9 von -khulu -kulu.
u-Miuni 11. „ein einzelnes Stück Brennholz", pl. iiikuni 10.
-ktmh
isi-kltukazi 7. (Haplologie für isi-khu'ku-,kazi) „Henne" netten
inku'ku 9.
inkqlise'kq 9. neben u-khoh'seko 11. „Zufriedenheit".
vtikoino 9. „Vieh" neben u-lchqmq'kazi 11. „Kühe".
inkululq 9. neben isi-kliulido 7. und u-khululq 11. „Erlösung".
irikungq 9. neben isi-khungq 7. „Gebet".
Ut intara 9. „Berg" intat'ff.
intiikq 9. „Lästerung- von -thuka ttfkff. irCtando 9. „Liebe"
von thanda „lieben".
izintailm „drei" Kl. 10 von -thathu.
iiihrmbq 9. „Strick" neben u-thambo 11. „Netz, Schlinge".
tzi-Wbti 10. „Stöcke, Ruten" neben ulu-thi 11. Sing. dazu.
irCtq 9. und u-thq (idu-lhq) 11. „Ding".
in'tungo 9. neben u-thungq 11. „Dach einer Kaffernhütte".
■in,tulhuzelq-) 9. neben u-thuthuzelq 11. „Tröstung".
mp iinpepliq 9. „leiser Wind, Hauch" impepo.
impa'ka 9. dial. „Wildkatze" impaka.
impuku 9. „Maus" impuku.
irnpelq 9. „Ende" von phela „endigen" pelci.
1) Jolil spricht Tchokhela.
2) Johl spricht inHuHuzelo.
740 Meinhof, Hottentottische Laute und Lehmeorte im Kafir.
impindezelq 9. neben u-pliindezelo 11. , Vergeltung".
irrCpuzi 9. neben u-phuzi 11. „ Pflanze und Samen des Kürbis".
i'tf/ liujulube 9. „wildes Schwein" inguluve.
ingubq 9. „Mantel" inguvo.
unter Wegfall des anlautenden y (bezw. eines andern Lautes) :
iny-athi 9. „Büffel".
iliij-ama 9. „Fleisch".
iny-o'ka 9. „Schlange".
ihy-ongo 9. „Galle".
i'ny-osi 9. „Biene" u. s. f.
lld indima 9. „ein Stück beackertes Land" von lima „hacken" lima.
isi-levu 7. „Kinn" -lelü , von demselben Stamm entsteht
nach Kl. 9
indevu 9. „Bart an Lippe und Kinn".
Das Lautgesetz n + l = nd ist im Sprachbewußtsein aber
bereits geschwunden. Der Singular zu indevu behält die Explosiva
bei nach Abwerfen des Nasals1) (halbe Nasalierung) = u-devu 11.
„Bart". Letzteres müßte heißen „das einzelne Barthaar". Ich
habe diese Bedeutung aber bisher nicht nachweisen können.
Das adj. -le „weit, weit weg" ist durch „halbe Nasalierung"
in die Form -de übergegangen; le wird nur noch adverbial ge-
braucht, -de bedeutet „lang, lange, fern", z. B. 'ku-de „weit, weit
weg". Die Vermittlung zwischen -le und -de ist in der Form
Kl. 9 inde zu suchen.
ml) imbuzi 9. „Ziege" imbllli, imbewu 9. „Same" imbeyu.
imbalo 9. „das Bechnen" von 'bala „zählen, rechnen" VCtlCl.
imboniselo 9. „Wächter, Späher" von 'bonisela von ''bona
„sehen" vona.
hnbekekq 9. „Ehren" neben u-^bekeko 11. „ehrenvolle Lage".
imbemba 9. „Spreu" neben u^bemba 11. „Ähre von aus-
gedroschenem Kafferkorn".
imbulco 9. neben u-'bukq „Anhänglichkeit".
Ob das adj. -'bi „böse" dem Gesetz folgt, weiß ich nicht, da
Kropf kein Beispiel gibt. Das Beispiel umntu ombi, das er gibt,
gehört zu Bern. 1 unten und ist nach meiner Meinung falsch.
Es müßte umntu ombi heißen.2)
Seltenere Formen mit Nasalen sind z. B.
um-nlu pl. aba-ntu 1. „Mensch" lamiiltll.
isi-ritu 7. „menschliche Art".
xtbu-nkani 14. „Streit" neben inkani 9.
ixi-iCkazana 7. „Weiblichkeit" von -kalt.
uno-iikala 1. neben inkala „Krabbe".
Bern. 1. Das u der Silbe mu fällt regelmäßig aus, doch werden
hierdurch keinerlei Veränderungren der Konsonanten hervorgebracht.
1) S. Tsivencla' 14, c) 2; Grundriß p. 56.
2) So auch Johl.
Meinhof, Hottentottische Laute und Lehnworte im Kafir. 741
z. B. lurnka „klug sein" statt lumu^ka.
um-Jchauh 3. „Grenze" von Ichaula .reichen bis an".
um-7cho,keli 1. „Führer" von khokela „vorangehen".
um-thandeki 1. „der Geliebte" von thande'ka „geliebt werden".
wm-thetheleli 1. „der Fürsprecher" von thethelela.
um-phali 1. „der Gerber" von phala.
um-phambukeli 1. „der Reisende" von phambukela.
)>iii-abeli 1. „der einteilt für andere" von abela.
um-endo 3. „Weg" von yetldCl „gehen".
umlandeli 1. „Nachfolger" von Jandela.
lumla „entwöhnen" statt lumula.
um-'bali 1. „der Rechner" von ,bala.
um-*boneli 1. „der Zuschauer" v<in 'bonela, so auch ornbi
„böse" 1. von -^bi u. s. f.
Bern. 2. Zur „halben Nasalierung" vgl. noch folgendes :
i-lebe 5. „pudenda fem.", isi-lebe 7. „Unterlippe von Tieren"
aber nach Kl. 11 (vgl. Johl indebe 9. „Kelch"): u-debe 11.
„Unterlippe"; u-do'bo 11. „Angel" von lo'ba „mit der Angel
iischen".
u-dwma 11. „Wunde" von luma „beißen" (Johl induma 9).
Es ist sehr wahrscheinlich, daß ebenso wie aus l hier d ent-
steht, gelegentlich aus y g (s. oben 1) und aus '6 b geworden ist.
Doch habe ich dafür keine sichern Beispiele.
Bern. 3. Der Vollständigkeit halber sei hier gleich mit fest-
gestellt, daß b und d mit vortretendem Nasal mb und nd bilden.
Beispiele für b s. unten 12, 4.
Beispiele für d:
indakada 9. „Gemetzel" von -dakada „Fleisch zerschneiden".
indalo 9. „Schöpfung" von -data „schaffen".
indano 9. „Scham" von -dana „sich schämen".
4. Veränderung der Konsonanten durch i -Laute.
Wir unterscheiden hier verschiedene Schichten der Laut-
veränderung.
a) Die älteste Form besteht in einer Veränderung der Konso-
nanten durch Einfluß eines Lautes, dessen Natur noch nicht klar
erkannt ist. Ich kann aber mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen,
daß es i ist, das aus unbekannten Gründen in den Wortstamm
eindrang. Ich habe die so entstandenen Laute „alte Mischlaute "
(18 — 21) genannt, da ihre Entstehung bis ins Drbantu zurückreicht.
Im Kafir gibt es Beispiele, wo die Veränderung noch nicht ein-
getreten ist, im Unterschied von andern Sprachen, und andere Bei-
spiele, in denen die Veränderung im Kafir eintritt, während andere
Sprachen den unveränderten Konsonanten zeigen. Das stimmt ganz
überein mit dem Befund in anderen Sprachen , /.. B. im Herero,
s. „Grundriß" p. 91 Nr. 40. Ich habe diese veränderten Konso-
nanten bisher durch einen Strich darunter als /.' . t, }' otc. be-
74^ Meinhof, Hottentottische Laute und Lehnworte im Kafir.
zeichnet. Da ich nunmehr sicher annehme, daß sie durch i bezw.
den palatalen Halbvokal y entstanden sind, kann ich sie für das
Urbantu als „palatälisierte Grundkon sonanten" bezeichnen imd müßte
sie dementsprechend mit Palatalstrich schreiben, also /»'', t, y,
I etc. Ich lasse es aber bei der bisherigen Schreibung, um die
Vergleichung mit dem Grundriß zu erleichtern.
Rein erhalten bat sich !,\ während andere Sprachen Laute haben,
die auf Ä" zurückgehen, z. B. in akkama „gähnen, offen stehn",
sonst B. yakama. Auffallend ist hier Ich in zweiter Silbe gegen
die Regel in 1.
-onlce „alle", sonst -yonlxii.
Umgekehrt yih'aJa „bleiben, wohnen" im Kafir sala, das auf
Jj'ala schließen läßt. Die Entstehung von lyala aus yiteala ist
übrigens klar.
Sonst ist B. /*' und t im Kafir regelmäßig zu s geworden.
Beispiele, -sanu „fünf" tanti, safuna „kauen" tafwftCl.
lasa „wegwerfen" (alifl, samba „waschen" Jyamba , fisa
„ verbergen " p \ h'a .
sangana „zusammenkommen" l\(.riigci1\CL 9 seba „verleumden"
Jceva.
seka „lachen" Izelxll 9 soma „hineinstecken" h'ODlO , sola
„spähen" h'olü.
sonipha „sich schämen" h'OllijXl , ubu-surigu 14. „Schmerz,
Leiden" -kling ll.
sungula „.schütteln, sieben" kithgula.
Vereinzelt steht h statt s, z. B. hamba „gehen, reisen, vor-
wärts gehen" kambci, vgl. Her. hamba „über etwas wegsteigen",
das zur Bildung der Zahl 7 fast in allen Bantusprachen der West-
küste Afrikas verwandt wird ; davon nach Kl. 9 i-hambo „Wandel".
ameso 6. „Augen" (B. a??ia-yiko), zusammengezogen aus ama-
iso, hat den Singular il-iso, s. unten 4 b).
Nasal 4- § wird nts1), d. h. explosiv, s. oben 3.
z. B. intsa 9. „Spitze" inku, vgl. ntsantsa „sich trennen
von, streiten, disputieren".
intsoni 9. „Scham, Scheu" inj, Olli, intsangano 9. „Ver-
einigung" von sangana, s. oben, intsafuno 9. „Gaumenknochen"
von safuna „kauen", intsambi 9. „guter Schwimmer" von samba,
intsungu 9. „körperlicher Schmerz", s. oben ubu-suhgu 14.
Außer diesem stimmlosen Laut finde ich eine stimmhafte Late-
ralis , die ich für entstanden aus urspr. y ansehe. In der Regel
ist dies z aber durch weiteren Einfluß eines i zu z geworden nach
demselben Gesetz , nach dem der Singular zu ameso nicht iliso,
sondern iliso heißt. Las einzige Beispiel, das ich mit einiger Wahr-
scheinlichkeit für die Entsprechung y = z anführen kann, ist zula
„über etwas hinausgehen, übei-treffen", B. yula, P. tgla.
1) Die Schreibung nts scheint mir am richtigsten, Endemann zieht nl vor.
Meinhof, Hottentottische Laute und Lehmeorte im Kafir. <43
Dagegen ist für die mit Nasal verbundene Form Uff regel-
mäßig nz die Lautentsprechung.1)
Beispiele, inzebe 9. „Ohr1- ingeve f inzela 9. „Weg"
ingela.
inzovu 9. „Elefant" ihf/oy?! , inze 9. „offnes Feld" iiif/C
9. „draußen".
is-anza 7. „Hand" iki-yanga.
b) Eine hiermit nahe verwandte Form des Einflusses von i
auf den vorhergehenden Konsonanten ist der von mir früher kurz-
weg als „Palatalisation" (29. 40) bezeichnete Vorgang, wonach ein
i beim Nomen der 5. Klasse oder beim Verbum in die erste Silbe
des Wortes eindrang. Beim Nomen Kl. 5 ist dies i dem Präfix
li entlehnt, beim Verbum ist es in manchen Fällen Rest des alten
Stammes, z. B. urspr. yita „gießen* wird ita. *tya u. s. f., yh'uffl
„kommen" wird *inqa, *ngya u. s. f. In andern Fällen, wie in
pyata neben ])f(tff „fassen, ergreifen", bin ich über die Ent-
stehung des y noch nicht im Klaren. Vielleicht ist es ein ver-
gessenes altes Präfix, vielleicht sind die Formen Denominativa
von Kl. 5.
Der Vorgang ist bisher nur in einem Teil des Bantugebiets
nachgewiesen. Im Ve. ist er regelmäßig zu finden , im So. ver-
einzelt.'2)
Die hier entstehenden Laute sind mit den unter a) aufgeführten
nicht identisch. Urspr. ili-L'linii 5. „zehn" müßte nach der Regel
im Kafir *ili-khumz, bez. H-lchwmi heißen. Es heißt aber i-sumi.
Mithin ist /«' unter Einfluß des i zu ky und weiter zu s geworden.
Urspr. ih'-t(_J)t(1e 5. „Hoden" müßte K. *i-thende heißen. Es
heißt aber i-sende. Mithin ist t zu ty und weiter zu s geworden.
Vgl. So. le-sete 5. pl. ma-rete, wodurch die Etymologie ganz sicher
gestellt ist.
Von urspr. yembe „Eisen" bildet K. mit Präfix Kl. '.» und
Ausfall des y nach 1. regelmäßig ihy-embe 9. „der kleine Pfeil
der Koranna, Haken mit Widerhaken", aber nach Kl. 5 i-zembe
5. „ein Stück Eisen, eine Axt". Mithin ist y zu yy und weiter
zu z geworden unter Einfluß des Präfixes i.
Ebenso fanden wir oben PI. ameso 6., aber Sing, ili-so 5.
„Auge". Mithin ist § <C /»' unter Einfluß des i zu s geworden.
(Tanz regelmäßig ist dieser Vorgang, so viel ich sehe, nur bei
y9 das auf diese Weise fast stets zu z wird.
Vgl. za „kommen" (neben vkv-iza) yiüf/ff, zala „voll sein"
wahrscheinlich von .:■</.
i-zulu 5. „Himmel, Luft" yulll.
c) Durch folgendes i wird regelmäßig /." zu s (22). Der "\
gang ist in der Sprache aber nicht mehr lebendig, vgl. oben 2 Bern.
1) Endemann schreibt nd. 2 Vgl. Das fsivenda', a.a.O.,
p. 607 ff., Nr. 29, b); „Grundriß p. 50 f. p. 148, Nr. 4 t'.
744 Meinhof, Hottentottische Laute und Lehmeorte im Kafir.
i-khiwane. Heute ist also die Lautverbindung lei und Jchi im Kafir
nicht verpönt. Die betreuenden Formen sind aber, so viel ich sehe,
selten und neu. Vgl. 'kila „heimlich anklagen", klutha „schneiden"
(mit Stein oder Axt).
Beispiele.
Prüf. Kl. 7 /.'/ lautet si, ist; ubic-si 14. „Honig" yutei, um-
sila 3., isi-sila 7. „Schwanz" teila, sina „tanzen" vgl. Kongo Irina,
sinda „übertreffen" vgl. Ko. khinda.
Auch tei wird zu si in pha-ntsi „unter" aus B. pa-ittei,
yi wird zi (doch vgl. oben 4, b): azi „wissen" vgl. B. yi-ra.
Wahrscheinlich ist auch K. u^bisi 11. „süße Milch" <C B.
-rttet, das sonst „unreif" ist. Die Grundbedeutung dürfte „frisch,
neu" seio. So viel ich weiß, trinken die Kaffern die Milch sauer,
insofern ist „süße Milch" unreif.
d) Durch folgendes i, das dem „schweren" i des B. entspricht
(25), werden alle Konsonanten mit Ausnahme der Nasale verändert.
Dabei haben die Momentanen die Tendenz zu s, die urspr. Spiranten
zu z zu werden. Es sind noch genügend Spuren vorhanden, daß
die Sprache früher ähnlich wie das Suaheli sämtliche Laute vor i
unterschied , aber die Abschleifung der Laute zu s und z ist im
K. schon ziemlich weit vorgeschritten.
tei = si, ich habe nur ein Beispiel i-siyi 5. „Augenbraue". Hier
macht noch das Präfix Kl. 5 die Form verdächtig, s. oben b).
Sonst ist Jci stets = si, also von ~k,i und andern Laut-
verbindungen im K. nicht zu unterscheiden.
Vgl. um-si 3. „Rauch" iimu-ki, um-sizi 3. „Ruß, Pulver"
-teilt, sitha „beschatten" teitfl.
ti = st, z. B. ubu-si'ka 14. „Winter" -titea, u-sihga 11. „Faden"
-th'iga.
p\ = fi, jedoch kommt auch si vor. fisa „verbergen" pitea,
fika „ankommen" pitefl, finiza, ukuthi-ß,nini „den Körper
zusammenziehen, als wollte man sich an die Erde setzen",
„Gesichter schneiden" piiia, u'bu-fifi 14. „Trübheit", fi-pala
„trübe, dunkel werden" -pbpi.
Daneben ama-si 6. „Milch" -pif So. ma-fst, ma-svoi 6.
yi — zi, z. B. präf. verb. refi. zi yi, um-zi 3. „Dorf" -yi, i-zikq
5. „ein Feuerherd" -ytteo, i-zivyq 5. „Zahn" B. -yitio (besser
-yihyo).
In einer Anzahl von Fällen ist y einfach abgefallen, vgl.
oben ili-so statt ili-iso „Auge" ytteo, so auch amenyo PI.
zu iziiiyo „Zahn" neben ama-zivyq; ameriyo steht für
ama-ihyo.
li = zi, z. B. Präf. Kl. 10 izin- , B. -ilini, imbuzi 9. „Ziege"
-ruft , -'kazi „weiblich" -teali, isi-ziba 7. „Wasserloch"
-llva.
Auch vor der Perfektendung -ile B. -ile wird gelegentlich
1 zu z.
Meinhof, Hottentottische Laute und Lehnworte im Kafir. , 45
So bildet sola „ sitzen, bleiben" das Perf. seil und sezi,
zusammengezogen aus sal-ile.
ri wird der Kegel nacb zu vi, aber aucb hier kommt zi vor.
Präf. Kl. 8 izi ivt , 'ba'ba „scharf, beißend sein" bildet
ubu-'bazi 14. „Nessel" für urspr. yayi.
i-vila 5. „ein lässiger, fauler Mensch" Vtld , vimba „auf-
häufen" vimba.
u-vi 11. „graues Haar", pl. izim-vi.
lii = ni. z. B. ihkuni 9. „Feuerholz" -hiaii.
intsoni 9. „Schande" -L'Qiii. -eni „Lokativendung" aus -illi.
Auch mit Nasalen verbundene Konsonanten werden wahrschein-
lich in derselben Weise verändert. Einziges Beispiel : Jamba „hungrig
sein", iCbu-lanzi 14. „Zustand der Not und Einsamkeit", wahrschein-
lich auch intsanzi 9. „Fisch" von samba „sich waschen". Übrigens
ist der Vorgang, daß durch i « %) Laute verändert werden, dem
Sprachbewußtsein ganz entschwunden. Man bildet heute wm-bali
1. „der Zählende", xvm-abi 1. „der Teilende", um-ahhi 1. „der
Bauende", wm-thungi 1. „der Nähende" von -'bala , -aba, -alcha,
-thunga u. s. f.
e) Wenn die auf diese Weise entstandenen Silben si, fi, zi,
vi unsilbisch werden durch folgenden Vokal , so fällt das i regel-
mäßig aus (29).
Uya. So entsteht z. B. sa Gen. Kl. 7 aus si-a urspr. ki-ri.
sa „anbrechen vom Tag" kt/(l.
Tvya. vuka „erwachen vom Schlaf" bildet kaus. vusa.
suka „aufspringen, aus dem Wege gehen" bildet kaus. susa.
thuka „von Furcht erregt sein" bildet kaus. thusa.
Vgl. 'buka „freundlich mit jemandem reden, freundlich auf-
nehmen" mit 'busa „dem König aufwarten".
In allen diesen Kausativen steht -sa für urspr. h'f/<(.
So auch Appleyard p. 159: -aka wird -asa, -u'ka wird -usa.
z. B. fambaka „bersten" intr., fambasa „bersten machen".
aluka bildet alusa „beschneiden", goduka „heimgehen" godusa.
Vgl. iukosana, Dernin. von inkosi 9. „Häuptling".
tf/fl. -atha wird -esa, z. B. ambatha „sich kleiden" ambesa
„kleiden" tr., ambesa statt a nthatf/ff. si „wir" mit folgen-
dem a wird sa.
}>{f((. u-fifana, Demin. von u-fifi 11. „unbestimmtes Sehen'
*u-fifi-ana.
lya, z. B. Gen. Kl. 10 za aus zi-a von li-a.
Die Verba auf -la bilden ihr Kausativum auf -za ans -ff/ff.
■/.. B. Appl. p. 159.
"l'i wird aza, phalala „verschüttet sein" pliala:.*'.
hhathala „verwirrt sein" kfiathaza.
ula wird uza, khumbula „sich erinnern" Ichumbuza,
/i/ttnnta „ruhen" phumza.
74(i Meinkof, Hottentottische Laute und Lehnworte im Kafir.
ela wird c::a. fudumela „warm sein" fudumeza,
sondela „näher treten" sondeza,
'kanyela „leugnen" Vcahyeza,
omelela „stark sein" qmeleza u. s. f.
leb füge aus Kropf hinzu : ümaza von limala „verletzt sein".
hhalaza von hhalala „beleidigt sein", 'buza „fragen" von 'bula
„bekennen", 'bozisa (doppelte kausative Endung) „verfaulen machen"
von 'bola „verfaulen".1) (Nicht wie Kropf will statt 'bolisa, sondern
aus der Grundform *volyikya).
aneza „ei'gänzen" von anela „genügend sein".
So auch beim Deminutiv iiikazana 9. „Weib" von inhazi.
Vya. Da rt in manchen Fällen zu zi wurde, wird dies zi bei
folgendem a weiter zu za, ebenso wie oben unter lff(t.
z. B. Gen. Kl. 8 za aus zi-a = urspr. vi-fi.
zala „Junge bekommen, erzeugen" vyala.
Ebenso entsteht aus nd und mb durch folgendes ya nza (31),
z. B. enza „machen, thun", kaus. zu ungebr. enda „gehen" -yentla.
sanza „waschen" von Samba „sich waschen".
Bern. Vgl. noch sorna „versuchen, eine fremde Sprache zu
sprechen, aber so, daß man nicht versteht" mit Suaheli soma „lesen,
gewisse Koranstellen hersagen". Dafür Nebenform fyoma „lesen".
fyoma im Suah. geht zweifellos auf pyoma zurück, und da
im Suah. st statt fi vorkommt, ist soma ebenfalls aus urspr. pyoiiiff
entstanden, vgl. Suah. :
fiokota „zwischen den Händen drehen" und solcota „drehen",
fionda „aussaugen" und sonda „aussaugen",
figo „Niere" und nso „Niere".
Da nach 4 b) oben im Kafir -pi zu -si werden kann, ist auch
für K. soma die Grundform pfffjma wahrscheinlich. Ich halte
das Wort für Bantu. Büttner bezeichnet es als arabisch. Krapf2)
bringt es mit arab. «..*..* zusammen, womit es gewiß nichts zu
tun hat. C
Die Grundbedeutung wird wohl „stammeln, stottern" sein.
Übrigens hat Appleyard p. 159 f. außer den oben aufgeführten
richtigen Wortableitungen eine ganze Anzahl falscher.
Über nya und mya s. unter f).
f) In einigen Fällen hat unsilbisches i den vorangegangenen
Konsonanten verändert, wo silbisches i eine Veränderung nicht
bewirkte (29).
phya wird zu tsa, z. B. tsa „brennen" pia, tsa „neu" p>Ufh
fuphi „kurz" bildet clemin. futsane statt *fuphyane.
lya wird za, z. B. za „essen" Ha.
u-nomantele 1. „eine Wespe" bildet deminut. u-nomantezana
statt *u-nomanielyana.
1) Johl 'bnlisa.
2) Suaheli-English Dictionary.
Meinhof, Hottentottische Lernte und Lehnworte im Kafir. < 4 <
Doch gibt das Präfix // Kl. 5 mit a des Genitivs und mit a
vei'bale stets la.
vya wird 7/« mit stimmloser Lenis J. z. B. Hjala „säen" yyala.
iiikdbi 9. „Ochse", Demin. iiikatjana statt Hn'kd'by-ana.
(Vgl. indatjana 9. Demin. zu inddba 9. „Neues".
AYahrscheinlich geht es auf eine Nebenform auf e bezw. /
zurück, oder es liegt Analogiebildung vor; s. unten 5, d).)
In intombazana 9. Deminut. von inlombi 9. „Mädchen" hält
sich mb trotz des ausgefallenen y.
Daß in der Verbindung nya (urspr. iiya und ilfja) das n
palatal wird, ist sicher. Ich schreibe deshalb stets hy. Aber auch
m wird durch folgendes ya zu w.
Vgl. ?v?/« „Stuhlgang haben" «//«.
ihy-athi 9. „Büffel".
'//Vya „saugen", kaus. von ungebräuchlichem ama.
u-vunyelo 11. neben u-vumelo 11. „Erlaubnis" von vumela
„erlauben".
intsinyema 9. „kleiner Garten" (von mtsiuii9.) statt Hntsimiana.
intsonyana 9. (Adj.) „allegorisch" (von intsomi 9. „Fabel")
statt Hntsomiana.
5. Veränderung der Konsonanten durch «-Laute.
a) Durch leichtes m werden Konsonanten im Kafir nicht
verändert, ebensowenig durch o (22 — 24).
b) Durch schweres w werden alle vorhergehenden Konso-
nanten verändert (25), mit Ausnahme der Nasale und zwar werden
alle ursprünglichen Momentanen vor Ü zu /,
alle ursprünglichen Spiranten zu v.
J>0, z. B. isi-fuba 7. „Brust" -Jeuya, safuna „ kauen" trfl.uita,
fuphi „kurz" huj)i, fwmbatha „die Hand schließen" h'untba,
ama-futha „Fett" -Tcuta.
tu üi-fu „Wolke" -tu, fulela „decken" tuJa. funa „wünschen"
tuncij funda „lernen" tüillla, fuya „besitzen" tuy<(.
pUf z. B. fulathela, dial., „Jemandem den Bücken kehren" pufutu.
Von pepa „blasen" in impepliq 9. „leiser Hauch", pkepheza
„blasen" wird mit „schwerem" u gebildet, phefu in der Ver-
bindung ukutlii-phefu „atmen". Davon phefumla (statt
phefumula) in derselben Bedeutung.
yu, z. B. inzovu 9. „Elefant" ihqoyu.
lu, z. B. vuma „zustimmen, singen" luawf.
vuba „gekochtes Korn mit Milch mischen" lUvd,
vuza „lecken" ICtya.
hhathala „alt sein" bildet inkdtavu 9. „das, was alt ist"
(7 statt th ist entweder Druckfehler oder Assimilation an ila-
vorhergehende nicht aspirierte li).
ubu-''bovu 14. „Eiter" von 'bola „verfaulen".
748 Meinhoff Hottentottische Laute und Lehnicorte im Kafir.
VÜ9 z. B. vuna „ernten" vufia.
um-vunza 3. „Hase", P. mmota.
So auch inijtemvu 9. „Tier mit einer Blässe" von pemlm
„weiß sein".
Vgl. um-pkemba 3. „Unkraut mit weißen Blumen und eßbaren
Wurzeln".
c) Werden die Silben fu und vu durch folgenden Vokal un-
silbisch, so fällt u regelmäßig aus (29).
z. B. fa „sterben" statt fua küa.
fana „gleichen" statt fu-ana püana.
Wahrscheinlich von demselben Stamm mit erhaltenem u ist
gebildet fuza „gleichen", wahrscheinlich aus urspr. püyya (also
als Grundform anzunehmen püya).
ili-fu 5. „Wolke" bildet den Lokativ e-f-ini „in der Wolke"
statt e-fuo-ini.
lila „herauskommen" müßte K. heißen nach den Regeln unter
b) vua, es heißt aber va; vgl. das relat. vela „herauskommen, ent-
springen " .
yüa (statt yilhgüa) „hören" müßte K. ebenfalls vua „heißen",
lautet aber va.
imvu 9. „Schaf" bildet Demin. imvana.
um-'bomvane 3. „Safranholz" von -'bo?nvu „rot".
d) Bei den Labialen verursacht folgendes w Dissimilation (29.
31. 34), indem die Labialen zu Palatalen werden, und w häufig
verschwindet. So wird
phwa = pwfl zu tswa und tsa.
'bwa wird zu *tjwa und V/a, (bwa wird zu dzwa und dza).
mphwa wird ntsa.
mbioa wird nzwa und nza.1)
mwa wird nwa und nya.
Diese Lautveränderung ist so beliebt , daß sie sogar eintritt,
wenn w in einer der folgenden Silben steht.
z. B. 'bopha „binden" bildet pass. 'botsxva statt ^bophwa,
so auch 'botselelwa pass. von ,bophelela.
Ichupha „herausbringen", pass. khulswa u. s. f., s. Appleyard p. 82.
So ist auch tsa „auftrocknen" von pw(l abzuleiten und hat
mit tsa „brennen", das von py<l kommt, nichts zu tun.
intsapho 9. „Kinder" bildet Deminut. irdsatsana 9. Appl. p. 107.
u-zipho 11. „Fingernagel" bildet eluzitseni statt *elu-ziphw-eni.
(Bei Kropf ist p statt p* verdruckt.)
In ganz neuen Bildungen hält sich^>, z. B. um-'p-ana 3. „Pistole"
von um-pu 3. „Flinte" (das p in der Stammsilbe zeigt, daß das
Wort Fremdwort ist, s. unten 11, 4.).
''babala „etwas freiwillig tun" bildet pass. ''batjalwa.
I) Nach Johls Aussprache.
Meinhof, Hottentottische Laute und Lehnworte im Kafir. 749
Ifbala „vergessen" bildet pass. litjalwa, Appleyard p. 162.
gweba „rechtfertigen" bildet pass. gwgtjwa
und gwebela bildet pass. gwe'tjelwa.
gubungela „bedecken" bildet pass. gutjungelwa.
ubu-^i/wala und u'bu^tjalwa 14. „Kafferbier" aus -rwffjft,
wahrscheinlich mit doppeltem Präfix, s. unten mw.
ili-Hje 5. „Stein" -rive, so auch u'tjani 14. .Gras".
iCbu-swempu 14. „Armut" bildet Lokativ ebuswentsini „in
Armut" aus *e'busicempwini.
i-swernpu 5. „ein armer Mensch" bildet Demin. i-swentsana
aus */§wempio-ana.
mpqinpqza „sich ausbreiten" bildet pass. mpqntsqzwa.
intambo 9. „Zunge" bildet Demin. intanzana aus HrCtambtö-ana.
Ebenso umlambq 3. „Fluß" bildet Demin. wmlanzana.
Von thqmba „sich entwickeln" (der Mädchen) wird gebildet
intqnzane 9. „Fest bei der Pubertät der Mädchen*.
thimba „unterwerfen" bildet pass. thinzica aus Hhimbwa.
'bamba „gefangen nehmen" bildet pass. 'banzwa aus ^bambwa.
khumbaza „erinnern" bildet pass. khunzuzioa. So auch in-za
9. „Hund" statt *imbwa B. inibwa.
"Wie sehr hier die Analogiebildung um sich gegriffen hat,
zeigen Formen wie: indatjana%. „Neues" von inddba 9.. s. 4, f),
und tntinzana 9. „eine Gesellschaft junger Mädchen" von intimhu.
wo gar keine Semivokalis vorliegt, die das Eintreten der Palatalis
veranlaßt haben könnte.
thuma „senden" bildet pass. thunwa.
vumela „erlauben" bildet pass. vuhyelioa.
(Wo u nach m ausgefallen war, bleibt es nach ny erhalten.
z. B. khumsa „dolmetschen" (statt khumusa) bildet pass. khuhyuswa.
khazimlisa „glänzen machen" (statt kltazimulisa) bildet pass.
khazUtyuliswa)
umiomo „Mund", Lokativ emlq'ayeni statt *emlomweni.
inkomo 9. „Kuh" bildet Demin. inkonyana 9. „Kalb".
uhy-ana 1. „Sohn" statt umw-ana.
In vielen Fällen wird dies t'ty , das aus mw entstand, nicht
mehr als Präfix Kl. 1 oder 3 erkannt und als zum Stamm gehörig
behandelt, z. B. uhy-aka 3. „Jahr", davon um-ny-d'ka 3. „Jahr".
Ferner von -yanr/a müßte „der Arzt" heißen *uny-anga 1.
Statt dessen ist im Gebrauch das Verbum nyanga „als Arzt tätig
sein" und davon i-nyangi 5. und wm-nyangi 1. „der Arzt".
Auch hier liegen Analogiebildungen vor, /.. I!. von i-gama 5.
„Name" igahyana, Demin.
Die Lautverbindungen khw Ckw), thio, 10 (statt YW), lw pflegen
sich zu erhalten, nur vor o und u verschwindet das w gelegent-
lich (29).
z. B. khwela „heraufsteigen", Icwa Gen. Kl. 15. 17.
'kw-ofi'ke, 'k-on'ke «alle" Kl. 15.
750 Meinhoff Hottentottische Laute und Lehmeorte im Kafir.
thwala „tragen".
wa „fallen" yiCft, wa Gen. Kl. 3, auch Kl. 3 vor a verbale.
Iwa „kämpfen", Gen. Kl. 11 Iwa, Iw-onke, l-otilie „alle" Kl. 11.
Auch 'Z> hält sich als Präf. Kl. 1-1 mit dem a des Gen.
stets, vgl. oben 4. f) li, unter Ausfall des w, als 'ba; auch ''bu mit
a temporale wird bu ba, doch vgl. oben -'tjwala, wahrscheinlich
statt -'bw-ala.
G. Veränderung der durch Vokaleinflüsse entstandenen Konso-
nanten durch vortretenden Nasal (27).
Die Lautveränderungen der Laterale durch vortretenden Nasal
s. unter 4, a).
Es sind außerdem folgende neue Konsonanten, bezw. Konso-
nantenverbindungen entstanden :
1. stimmlose Fortes : s, s, ts, f.
-. stimmlose Lenis: Hj.
3. stimmhafte Lenis: s, v (über dz s. 12, 4).
Bei Vortritt des Nasals werden die Fortes explosiv, sofern sie
es nicht schon sind; s. oben 3. Die Lenes werden nicht geändert.
n -f- s = nts, z. B. intsimi 9. „Garten", pl. ama-simi 6. vom
Stamm -siml.
intsapho 9., dazu Sing, u-sapho 11. „Nachkommenschaft".
intswelo 9., dazu Sing, u-sweto 11. „Mangel" von swela „Mangel
haben".
ulu-su 11., pl. izin-tsu 10. „Haut von Menschen und kleinen
Tieren".
n -f- s ^> nts, z. B. sumayela „verkündigen", davon intsumayeli
9. „ein Sprecher", swabanisa „vertrocknen", davon intswa-
'baniso 9. „etwas Vertrocknetes".
Ich vermute, daß m -f- fzu mpf wird, obwohl Kropf mf schreibt,
z. B. impft ho 3. (Kropf tmfiko) „Ankunft" von fCka.
z wird nach einer Bemerkung von Kropf p. 461 mit n zu
einem Laut, der etwa wie ndz klingt. Beispiele gibt er nicht und
schreibt konsequent nz statt ndz; Johl spricht aber nz.
Auch in mv vermag ich nach Johls Aussprache eine Explosiva
nicht zu hören. Ich schreibe also
imvula 9. „der Regen", imvubii 9. „das Nilpferd".
ts, 'tj bleiben bei Vortreten des Nasals unverändert,
z. B. in-tsambula „Ärger" von tsambula „ärgerlich sein".
in-tsayi 9. „ein Gewohnheitsraucher" von tsaya „rauchen".
idu-Hja 11. „Riemen", pl. izin-Hja.
in-Hjafo 9. „Lässigkeit" von Hjafa „lässig sein".
in-tjutjainbo 9. „Blume" von HjcCtjarnba „aufblühen".
in indjebo 9. „reiche Ernte" von Hje'ba „reich, fett sein",
in indjelelo 9. „die Visite" von 'fy'elela „besuchen", sowie in indjwala
'.». „große Menge Kafferbier", das offenbar mit u-'fjwala 11. „Bier"
stammverwandt ist, ist n -f Hj zu nclj geworden.
Meinhof, Hottentottische Laute und Lehnworte im Kafir. 751
Durch m statt urspr. mu werden alle diese Laute nicht ge-
ändert, z. B. umsi 8. „Rauch", umsumayeli 1. „Prediger", umfuleli
1. „Dachdecker", umzi 3. „Dorf, umvi 1. „ein Hörer" u. s. w.
7. Andere'Lautgesetze (34. 40).
Eintreten von Nasalen in den Wortstamm (16) findet sich z. B.
ih^kombo-zembe 9. dial., Name eines Krautes, das K. u-lcqbq heißt,
vgl. ndanda „flattern4* mit dada „schwimmen".
i-ndikinda und i-ndPkida 5. „eine Anzahl Hätten".
Dissimilation (34) liegt vielleicht vor in -ihandathu „sechs"
statt *-thantathu.
Bern. In den Sprachen Ostafrikas gilt vielfach das Dahl'sche
Gesetz, wonach von urspr. stimmlosen Explosiven in aufeinander-
folgenden Silben die erste stimmhaft wird ; in *-thantathu würden
3 stimmlose Explosiven auf einander folgen, um dies zu vermeiden,
ist die mittlere stimmhaft geworden.1)
Haplologie liegt z. B. vor in lolonga statt longalonga „be-
obachten", wahrscheinlich auch in dem eben erwähnten -thandatlm
statt -thathu-na-thathu ; ferner in iiikvenkwezi 9. „Stern" statt
iukwezi-nkicezi, vgl. i-kliwezi 5. „der Abendstern".
Durch Ausfall von Z, der auch auf Dissimilation beruht, ent-
stand 'bulawa aus 'bulalwa , pass. von ''bulala „morden". Auch
fällt l zwischen den beiden gleichen Vokalen der Präfixe Kl. 5 äi.
Kl. 11 %du meist aus.
Assimilation liegt vor (34), wenn nz bei folgendem ndz zu nz
wird, z. B. yenze ndzalo statt yenza ndzalo, 'bendingenzanga ndze
statt ''bendihgmzanga ndze u. s. f., Appleyard p. 81. Vgl. noch
V in p. 739 Note 2 und p. 747 unten.
Die offenen Vokale o und e in vorletzter Silbe werden zu g
und e, wenn in der folgenden Silbe ein i oder u steht:
z. B. imbeu 9. „der Same", tsi'-levu 7. „das Kinn", umabell
1. „der Teilende" von -abela, intsgnz9. „Schande", inzovu 9. „Elefant",
u'bu-'bgvu 14. „Eiter" von 'bola „verfaulen" u. s. f.
Veitauschung von Lauten finde ich vereinzelt , z. B. i-djeke-
cljeke 5. „etwas im Wasser aufgeweichtes" neben i-dtkedeke; u-djam-
d/ani 11. neben u-dzamdzam 11. „Hunger"; kltakhaza neben 'ka-
'kaza „gurgeln", khusa = guza „ein Fell weich reiben", fulatsela
statt fulathela „jem. den Rücken kehren".
8. Fremdwörter und Dialekte (17).
Es kann nicht zweifelhaft sein, da!') Wörter aus andern Bantu-
dialekten ins Kafir eingedrungen sind. Dieselben scheinen dann
die Lautgesetze zu durchbrechen.
So führt z. B. Kropf an feba „huren" „aus dem Sesuto".
Die Lautverbindung fe- kann im K. nur aus fi-e oder fu-e
entstehen, macht also das Wort von vornherein verdächtig.
1) Endemaun bestreitet die Richtigkeit meiner Erklärung von -tltaiulatltu .
Bd. LVIII. 49
P52 Meinhof, Hottentottische Laute und Lehnworte im Kafir.
So scheint auch feza „vollenden" Fremdwort zu sein = So. fetza.
Der kaffersche Wortstamm heißt nicht fela , sondern regel-
mäßig pkela „zu Ende kommen".
Vgl. im'pisi „Pferd" (dial.) So. pitzi „Quagga".
implsi „Hyäne", So. phiri „Hyäne".
In beiden Fällen ist das Wort Fremdwort.
Manche Fälle von Lautwandel werden den gleichen Ursprung
haben, s. 7.
9. Die Veränderungen der Nasale (33), so weit solche
vorliegen , sind oben unter 4 und 5 behandelt. Darnach entsteht
n aus m und aus mu.
n vor Vokalen kommt in einigen wenigen Worten vor. Ich
kann dieselben aber aus andern Bantusprachen nicht erklären, sie
sind mir deshalb als Fremdworte verdächtig.
z. B. i-iiawu 5. „Hurer", i-hahane 9. „eine Art Ibis", i-na-
namfu 9. „ein dickes, geschwollenes Ding", ili-na 5. „ein großer
Klumpen".
n vor Konsonanten ist in 3. oben nachgewiesen.
10. Zusammenstellung der kaf ferschen Laute.
Vokale. (35. 36.)
a
e o
e Q
i u
i und u entsprechen den „leichten" und „schweren" Vokalen
des Bantu.
Grundkonsonanten. (37.)
urspr. Momentanen. urspr. Spiranten. Nasale.
Ich, 'k ', g, y (n) s. 9
th. (t) l ' n
ph, Cp) 'b m
Mit Nasalen verbundene Grundkonsonanten:
nk ng
nt nd
■mp mb
Durch Vokaleinflüsse entstanden:
Stimmlose : Stimmhafte :
einfach nasaliert einfach nasaliert
s, h nl§ z nz
s, ts nts nz
s nts z nz
f iiipf v mv
Hj (lenis) vttj (lenis) ndj
Über dz und ndz s. unten 12, 4 ; dj und ts s. 7.
Aus den Nasalen entsteht n.
Meinhof, Hottentottische Laute und Lehmcorte im Kafir. 753
Explosivae
'S
1
Fricativae
"3
>
Stimmlose
Stimmhafte
stimm-
lose
Stimmhafte
Lenes
rein nasal
Fortes
rein nasal
Lenes
rein nasal
Fortes
Lenes
rein nasal
Velares
Vc
iik
Ich
9
hg
(n)
Laterales
nts
S
z
nz
Palatales a
V
nfj
dj
ndj
n
:,
Palatales b mit
Kauschlaut
f.§
nts
s
nz
Alveolares a
(Vi
nt
th
d
nd
n
l
Alveolares b ')
ts
nts
s
z nz
Dentilabiales
mpf
f
V
mr
Eilabiales
(»
mp
ph
'b
mb
m
W
Faukales h,
Vokale :
11. Außer diesen Lauten, deren Entstehung aus der allgemeinen
Bantul autlehre klar ist, hegegnen uns in der Sprache aber noch
andere Laute, die nicht durch die bekannten Lautgesetze aus echten
Bantulauten entstanden sind. Auch in den mitgeteilten Stamm-
wörtern kommen sie nicht vor.
1. fy. Kropf schreibt dafür Hy, d. h. tj mit Aspiration. Ich
kann mir darunter nur ty vorstellen. So spricht auch Johl.
z. B. tyola „jemanden fälschlich eines Verbrechens anklagen".
i-fynm 5. „linker Nebenfluß des Büft'elflusses, nahe dem Berge".
isi-tyutlmtyuthu 7. „Unüberlegtheit, Gedankenlosigkeit".
'1. Verschiedene Laute, die mit r, rc, r bezeichnet werden.
a) = engl, r in Fremdworten.
b) z. B. in itar^xi 5. „Freundlicbkeit, Dank", vielleicht y oder y.
1) Die Laute der Alveolarreihe b werden mit einer Zungenstellung gebildet,
bei der die Spitzt' der Zunge die unteren Zähne berührt.
754 Meinhof, Hottentottische Laute und Lehnivorte im Kafir.
c) z. B. in r(ola „ausziehen", % oder arab.
d) vielleicht ähnlich arab. c oder t , z. B. in roZa „ausschnitzen".
e) ein gutturaler Klix , vielleicht als k mit * zu bezeichnen,
z. B. in i-vangqa dial. für „Branntwein".
Kropf gibt p. 348 über diese Laute ungenügende Aufklärung,
und meine eigenen Untersuchungen darüber sind nicht abgeschlossen.
Vgl. noch Tabelle in I.
3. Die Schnalzlaute, und zwar verzeichnet Kropf
1) die einfachen Schnalze c, q, x.
Davon ist c dental, q cerebral, x lateral.
2) Die Schnalze in „stärkerer" Aussprache: c, q, x.
Was Kropf hiermit meint, ist mir nicht klar.
3) Die aspirierten Schnalze : cc, q*, x*.
4) Die stimmhaften Schnalze : gc, gq, gx.
5) Die stimmhaften aspirierten Schnalze: gcc, gq\
6) Die Nasalierung aller dieser Formen :
also nc, nq, nx.
nc, nq, nx.
nc*, nq*, nx*.
ngc, ngq, ngx.
ngc*, ngx*.
Alle diese Laute sind aus den Lautgesetzen des Bantu nicht
zu erklären, und kommen, wie wir im Stammwörterverzeichnis sehen
werden, in echten Bantuwortstämmen nicht vor. Sie sind wahr-
scheinlich also fremden Ursprungs.
Wegen der phonetischen Schreibung der Schnalze s. I.
4. Außer diesen Lauten, die wir im Schema p. 753 ganz ver-
missen , haben wir aber noch b , H , p , ?i, '/»;, dz, ndz in gewisser
Hinsicht als Laute anzusehen, die in das urspr. Kafir nicht hinein-
gehören. V, p kamen in urspr. Bantuworten vereinzelt vor, viel-
leicht nur unter dem Einfluß der Assimilation, s. p. 739 Note 2;
p. 747 unten. Sie stehen deshalb in der Tabelle in Klammern; n ist
vor Konsonanten in festen Lautverbindungen nachgewiesen. Vor
Vokalen kommt es vereinzelt vor, ich weiß aber nicht, ob diese
Worte sicher Bantu - Ursprung haben , s. 9. Ich konnte also auch
n nur in Klammern in das Schema aufnehmen und muß es für
möglich halten, daß es fremden Ursprungs ist. % steht regelmäßig
in der Nicht - Stammsilbe statt Ich. Finden wir es in der Stamm-
silbe, so können wir es aus dem Bantu nicht erklären.
h steht gar nicht im Schema, außer in der Verbindung mb.
Nach 3. oben ist es möglich, daß es sich in manchen Fällen durch
mb aus 'b entwickelt hat. Da ich aber kein Beispiel habe, kann
ich es nicht aufnehmen und muß es als fremden Laut bezeichnen.
Da aus b nach 5, d) dz entsteht, gehört auch das nicht in das
Schema hinein, ebensowenig ndz, das daraus entstanden ist. Da-
gegen ist nz sicher Bantuursprungs, da es von mb herkommt.
Meinhof, Hottentott ische Laute und Lehnworte im Kafir. 755
12. In Bezug auf alle diese Laute, die wir bis auf Weiteres
als fremde Laute ansehen, lassen sich einige Lautgesetze beobachten,
die wir hier zusammenstellen wollen.
1. t% gibt mit vortretendem Nasal ntj\ z. B. t'ntjafo 9.
„Schwäche" von -t%afa, intjabi 9. „ein geschickter Speerwerfer"
von -tjiaba. Die Bildung folgt der Analogie von nt (n'k, mp),
die aus th (Jch, pli) entstehen.
2. r( und r werden, so viel ich sehe, im Kafir gar nicht ver-
ändert. Stämme, die mit r( und r beginnen, bilden keine Werte
nach Kl. 9 oder 10 der Nomina, also mit präfigiertem n — ein
sicheres Zeichen, daß diese Laute der Sprache ursprünglich fremd
waren, vgl. die Häufigkeit der betreffenden Bildungen oben unter 3.
Nur folgende Worte gehen nach Kl. 9, sie sind aber europäischen
Ursprungs :
i-rtsafu „Abgabe" von holl. opgaaf.
i-7*asi und i-r^alasi „Gerste" von holl. gaarst.
i-r*uluneU „Gouverneur" von engl, governor.
3. Die Schnalze.
a) Nach dem Lautgesetz in % verloren urspr. Aspirate n
bei Vortreten des Nasals (n) die Aspiration.
Dasselbe Gesetz gilt bei den aspirierten Schnalzen :
thentsa (x^entsa) „tanzen" bildet in-tentsi 9. „ein guter Tänzer".
Nach tt-haltigem m bleibt wie sonst die Aspiration erhalten.
z. B. um-thentso 3. „der Tanz des Doktors".
thqla „ausmeißeln" {xzola) bildet in-tola 9. „Meissel".
tluvaleka {xiifalelca) „Verlust, Unglück haben" bildet in-
iwaleko 9. „Unglück, Verlust".
f.hola „hart sein" bildet in-folo 9. „etwas Hartes".
plana {e^ana) „treffen (beim Schießen)" bildet in-tani 9.
(incani) „der gute Treffer".
thaza (<fazd) „kämmen, klar machen" bildet in-tazo 9. „Er-
klärung", in-taza 9. „Kamm".
thiiba (c^uba) „zivilisieren" bildet in-tu'be'ko '■». „Zivilisation".
b) Die stimmhaften nasalen Verbindungen nd , oid,
nd sind (ebenso wie mb auf '6 und nd auf l) auf andere Laute
als d, d, d in der B>egel zurückzuführen, sie entstehen aus den
einfachen, nicht aspirierten Klixen. Doch vgl. unten c).
Ula (xelä) „sagen, mitteilen" bildet in-delo 9. „Bericht".
tinga (xinga) „feststecken" bildet in-dingohgo 9. „Schwierigkeit".
to'kozela (xokozeia) „Lärm machen" bildet in-dqkozelo 9.
„lauter Lärm".
tota (xoxa) „sich über etwas unterreden" bildet in-dqdq 9.
„Unterhaltung, Beratung". (Konsonantenassimilation.)
hCIxt, (xuba) „Dinge verschiedener Art zusammen mischen"
bildet in-duba ka ialca „Mischung, Verwirrung".
fala (qala) „anfangen" bildet in-dalo 9. „Anfang".
756 Meinhof, Hottentott 'ische Laute und Lehnworte im Kafir.
fonda (qonda) „verstehen" bildet in-dondo 9. „Verstand"; in-
dondi 9. „einer, der versteht".
himba (qumba) „ärgerlich sein" bildet in-dumbi 9. „einer, der
sich immer ärgert" und in-dumbo 9. „Ärger" u. s. f.
taphuka (capeuka) „unwohl, verdrießlich sein" bildet in-daphuko
9. „Entrüstung".
tebisana (cebisana) „mit einander konspirieren" bildet in-debi-
swano 9. „Ratschlag".
Weitere Beispiele s. bei Kropf p. 115.
c) Die stimmhaften Explosivlaute^, d, b werden nach
8; Bern. 2 zu 3; 12, 4. (unten) durch das Vortreten eines Nasals
nicht verändert. So werden auch die stimmhaften Klixe d, d, d
dadurch nicht verändert.
ulu-da 11. „ein scharf zugespitzter Stock", pl. izln-da 10.
um-dam 3. „eine Mimose", in-dam 9. „der Same dazu".
in-ditiselo 9. „Auszeichnung" von ditisela „übertreffen".
in-dusu 9. „ein festgetretener Platz oder Weg" von -dusa
„festtreten, stampfen".
Für d habe ich kein Beispiel gefunden.
d) Die bereits mit Nasal verbundenen Klixe werden
durch Vortreten eines Nasals nicht weiter verändert.
z. B. i-m fhenthezelo 9. „Vergebung" von nthenthezela „um Vergebung
bitten".
t-ni^bo 9. „Band" von nti'ba „binden".
i-ntayi (inqayi) 9. „Kahlkopf" neben ubti-nfa>/i 14. „Kahlheit".
i-nfhola 9. „ein widersetzlicher Mensch" von nfhola „hart,
widersetzlich sein".
i-nta 9. „ein Wunder, eine Überraschung" vgl. xCkuthi-nta
„sich wundern".
i-nfaba 9. „eine Unmöglichkeit" von nfaba „unmöglich sein".
i-ntjubi 9. „ein Künstler" von nfhiba „künstliche Arbeit
machen, ausbessern etc.".
i-ntenteso 9. „Wasserlauf" von ntentesa „Wasser leiten".
i-ntindi 9. „reiner, flüssiger Honig" von ntinda „den Finger
in Honig u. s. w. tauchen".
Bern. Hierbei ist allerdings auch der Fall möglich, daß das
Nomen nicht vom Verbum, sondern das Verbum vom Nomen der
9. Klasse abgeleitet ist.
e) Durch Einfluss des folgenden i scheint mehrfach
Aspiration des Klixes eingetreten zu sein , vgl. den Einfluß des i
auf urspr. k unter 4, b), c).
So ist z. B. d vor i stets aspiriert, mit alleiniger Ausnahme
von idibala (N. prop. eines Flusses), das darnach vielleicht Druck-
fehler ist. Auch nt vor i ist häufig aspiriert, ndi dagegen wird
meist nicht aspkiert.
f ) Ich füge noch eine Anzahl unregelmäßiger Formen
bei, die zum Teil auf falscher Schreibung, zum Teil auf Druck-
Meinhof, Hottentottische Laute und Lehnworte im Kafir. 757
fehlem beruhen mögen, zum Teil aber andeuten, daß noch weitere
Lautgesetze aufzusuchen sind.
iCkuthi-mbu „etwas in die Schüssel tauchen"; khonxa „mit
einer Kette binden, fesseln" sind Beispiele für x , für das ich eine
phonetische Schreibung noch nicht gefunden habe.
Neben toza „Rinde abstreifen" finde ich in-iozi 9. „der feine
innere Bast der Rinde" und i-tolq 5. „die äußere Rinde des Baumes".
i-dalaba 5. „die Schulter", vgl. fhalaba „vor Furcht die
Schultern hochziehen".
Vgl. ferner fhabasa „einen Sack über den Arm, die Schulter
hängen".
in-dvmbo 9. „ein Band, das aus imi-nteba 4. gemacht ist".
irni-nteba ist plur. zu mn-nteba 3. „eine Art Pflanzenfaser".
In dem ersteren Wort liegt eine Nasalierung beider Silben
des Stammes -liba vor, der doch wohl mit -nte'ba verwandt, wenn
nicht damit identisch ist.
i-fanfhu kommt neben i-ihandu als Name desselben Flusses vor.
Von fukumbela „ein Kleid säumen" bildet man gegen die
Regel in-fukumbelo 9. „der Saum".
Neben infu [inqu) 9. notiert Kropf isi-fii (isiqu) 7. für
„Wesen, Natur".
talula „unterscheiden" bildet in-talulo 9. „die Unterscheidung1-.
Mit tekisa „verachten" ist verwandt inte kevu 9. „ein abscheu-
liches Ding, ein abscheulicher Mensch".
Von tela „bitten" kommt indhelo 9. „Gesuch", das Kropf aber
p. 115 ohne Aspiration schreibt, es ist also jedenfalls ein Druck-
fehler. (So versichert auch Johl.)
Zu indlunizelo 9. „Bedrückung" von tinizela „bedrücken", in-
dhinga 9. „Gedanke" von tihga u. s. f. vgl. oben b) und e).
Von thiiha „verschwenden" wird regelmäßig intiihö 9. „Ver-
schwendung" gebildet, aber von thithakala „verschwendet werden"
bildet Kropf indJuthakalo 9. „Verschwendung" intr., was schwerlich
richtig ist.
Von thaza „kämmen" ist regelmäßig gebildet intazo (incazo)
9. „Kamm". So schreibt Kropf p. 56. Aber p. 236 schreibt er incazo
9. „Kamm", für das ich eine phonetische Schreibung nicht zu
geben weiß.
Nach Kropf ist docjela = tlwkela „in Ordnung bringen, fertig
machen".
g) In Bezug auf die Assimilation der Schnalze ist die
Tatsache beachtenswert, daß in demselben Wort in den meisten
Fallen nur Schnalze desselben Organs auftreten, vgl. -famndita.
-fanta, -tanfata, -tanda, -tendcla u. s. f.
Vereinzelt ist das zusammengesetzte i-ntvcenh < '.». .. Katzenfluß1-.
Ferner -fantu, -hdunht , -fwmnda} -da'kafa, -doloto u. s. f.
neben -takanta, -donti, -debethe.
Ferner -iata, -ikatha, -thantalala^ -tende, -thcnh n. s. f.
758 Meinhof, Hottentott i sehe Laute und Lehnworte im Kafir.
Ich finde kein Beispiel, wo der Stamm mit / (d) beginnt und
ein t oder f. bezw. d oder d folgt.
4. '/.-, V. p mit davortretendem Nasal mich Kl. 9 und 10 kann
ich in keinem sicheren Beispiele nachweisen; impolotsane 9.
„Schwätzer" scheint mit pololoza „ausplaudern" zusammenzuhängen.
Doch glaube ich , daß richtiger phololoza zu lesen ist. Jedenfalls
zeigt die Form i-pliolotsane 5. „der Schwätzer" sicher, daß trCp
hier wie sonst aus n-j-ph und nicht aus n + ''p entstanden ist.
Dieses Vermeiden der 9. Klasse deutet mit Sicherheit darauf
hin, daß 'k, V, p, abgesehen von den oben ausgeführten Fällen,
später in die Sprache eingedrungen sind.
Das zeigt auch der Umstand, daß p sich vor w hält, während
pli nach 5. d) zu ts wurde, z. B. um-pana 3. „Pistole", Demin. von
um-pu. b nimmt dagegen öfter das Präf. Kl. 9 vor sich an, wird
aber dadurch nicht geändert, im Gegensatz zu den alten Bantu-
lauten, s. 3.
z. B. imbala 9. „Flecken, die alte Leute bekommen, wenn sie
zu viel am Feuer gesessen haben" von bala „merken , zeichnen" ;
imbaseli 9. „einer, der Geschenke verteilt" von basela „Geschenke
geben" (abgeleitet vom holl. baas), imbaia 9. „Gabel, gabelförmiger
Zweig" neben i-bata Kl. 5 u. s. f.
mb wurde nach 5. d) zu nz; nach Analogie davon wird b zu
dz (während 7> zu Jtj wurde).
z. B. bubisa „zu Tode bringen", pass. budziswa.
Wird vor dz in Kl. 9 ein Nasal gesetzt , so ergibt sich ndz :
z. B. indzabulo 9. „Fröhlichkeit" von dzabida „fröhlich sein".
indzoli 9. „Truchseß" von dzola „die Speisen kosten und an-
richten lassen".
Nach Johl klingt dies ndz, also anders als das aus mb ent-
standene hl. Kropf schreibt beide nj.
Die Wahrscheinlichkeit spricht dafür , daß Johl recht hat ;
außerdem ist klar, daß b und dz sich als Laute darstellen, die
sich von dem Bantulautsystem des Kafir abheben und also wahr-
scheinlich fremden Ursprungs sind. In basela ist die holländische
Abstammung von Kropf angegeben.
n wird in Kl. 9 nicht geändert, s. die Beispiele oben unter 9.
13. Die Art, wie hier die kafferschen Lautgesetze entweder
überhaupt nicht angewandt werden (wie bei rc und r unter Ver-
meidung der betreffenden Bildungen) oder eine nur beschränkte
Anwendung finden, läßt es von vornherein als wahrscheinlich er-
scheinen, daß wir in den unter 11. aufgeführten Lauten es mit
solchen Lauten zu tun haben, die erst später in die Sprache ein-
geführt, und also vermutlich fremden Ursprungs sind.
Ich füge ein Schema dieser Laute bei , für die ich den Aus-
druck .fremde Laute" gebrauchen werde.
Meinhof, Hottentottische Laute und Lehnworte im Kafir. 759
A. Inspiratae.
Stimmlose
.St im
mhafte
Ten
einfach
les
nasal
Aspiratae
einfach | nasal
Med
einfach
ae
nasal
Mediae aspiratae
einfach nasal
Laterales
t
nt
th
nth
4
nd
! ndh
Cerebrales
?
nt th
nth
4
nd
dh
Dentales
t
nt th
nth
4 :
nd
dh ndh
B. Exspiratae.
Explosivae
Nasales
Fricativae
Stimmlose Stimmhafte
Lenes '
Mediae
Fortes einfach nasal
Stimm- Stimm-
lose ' hafte
Velares
%
n
X 7
Palatales
tJC dz ndz
Alveolares
y
Labiales
>
b
Ferner gehören hierher die von Kropf mit r bezeichneten
Faukalen.
11. Wir lassen eine Übersicht der Bildungselemente folgen,
welche nach „Grundriß" 38. Gemeingut der Bantusprachen sind. In
denselben kommen die in 11. als fremd aufgeführten Laute nicht vor.
Bern. Schon Appleyard bemerkt a. a. 0. p. 84 Nr. 51: The
consonants v and f. the cliclcs and the deep guttural, are termed
vadical letters, as they are only found in the roots of the words.
The remaining letters are called serviles, as they are used in the
formation and infiection of words, as well as in their roots.
Die Beobachtung ist im allgemeinen richtig, aber ihre Deutung
ist falsch. Bekanntlich enthalten die IHldungselemente in der Regel
das älteste sichere Sprachgut, und sie werden verhältnismäßig selten
fremden Ursprungs sein, während Wortstämme sehr leicht von einer
Sprache zur andern herübergenommen werden.
Laute, die niemals in Bildungselementen auftreten, sind daher
von vornherein verdächtig als fremden Ursprungs.
Dabei scheiden v und /"aus, da ihre Entstehung aus echten Bantu-
lauten oben erklärt ist. es bleiben also <li<' Klixe and der tiefe Kehl-
laut (wenn ich nicht irre das r nach Kropf), die sich aus Bantulauten
760 Mehihof, Jlottentottische Laute und Lehnworte im Kafir.
nicht erklären lassen und, da sie zugleich in Bildungselementen
nicht auftreten, für fremde Laute müssen angesehen werden.
In einer Anmerkung führt Appleyard u. a. noch aus, daß r
soft — also rc nach Kropf — in dem Affix -ra vorkommt. Vgl.
darüber VI.
a) Das Substantivum (38, a).
Klasse 1 um- (uwy-), u- Sing, zu Kl. 2. Menschen.
2 aba- (o) Plur. zu Kl. 1.
3 um- (uli/-) Sing, zu Kl. 4.
„ 4 imi- Plur. zu Kl. 3.
„ 5 ili-, i- Sing, zu Kl. 6.
•i ama- Plur. zu Kl. 5. Kollektiva, Flüssigkeiten.
, 7 ist- Sing, zu Kl. 8.
■s izi- Plur. zu Kl. 7.
9 ///?/-, in-, in-, im-, i- Sing, zu Kl. 10.
„ 10 izi'ny-, izlit-, izin-, izim-, i- Plur. zu Kl. 9 und 11.
11 ulu-, u- Sincr. zu Kl. 10.
. 12 fehlt.
13 fehlt.
14 iibu-, iCtj- Abstrakta.
n 15 uku- Infinitive.
16 pha-\ Sind keine Klassenpräfixe mehr, sondern Präpo-
n 17 'ku- j sitionen, bezw. Reste von solchen.
„ 18 fehlt.
Vor dem Verbum lautet Kl. 1 und 3 u, Kl. 4 und 9 i, Kl. 6
«. Kl. 10 zi.
Die Substantiva endigen auf a, e, o, i (= i und l), u (=
U und Ci).
z. B. is-anza 7. „Hand"; i-nza 9. ^Hund".
i-'bele 5. „weibliche Brust1"; um-alane 1. „Gegner, Feind".
um-'balelo 3. „Aufzählung"; is-abelo 7. „Teil".
wn-'bali 1. „einer, der rechnet" ; um-akhi 1. „einer, der baut".
i-ukosi 9. „Häuptling, Fürst"; i gazi 5. „Blut".
um-nlu 1. „Mensch".
i-nzovu 9. „Elefant"; ubu-'bovu 14. „Eiter".
Auch Adjektiva auf u (== ii) finden sich, z. B. -'bomvu „rot".
b) Die Verbalspezies (38, b).
1) La.
a) -lea denom. intr.
z. B. djuügu-'ka „Abgehen der Haut, wenn eine Blase auf der
Haut platzt" von -djuiicju in i-äjwujuäjungu 5. „Blase
auf der Haut" ;
fu'ku-'ka „aufgehen von Gährung oder vom Kochen" von
-fuku in i-fu/cufuku 5. und u-fukuflCku 11. „Dinge,
die lose aufeinander gehäuft sind".
b) -aka, intrans., mit -ala verwandt. Es wechselt mit ala
und tritt damit verbunden auf.
Meinhof, Hottentott Mache Laute and Lehnworte im Kafir. <ßl
z. B. phal-dka und phal-ala „überfließen".
'bub-dka , zusammengedrückt sein" von ''bxiba „zusammen-
drücken".
Vgl. ''bdb-aza „zusammendrücken", kaus. von ungebräuch-
lichem xbdbala.
In azdkala , 'bondkala , khosdkala , ondkala u. s. f. ist die
Endung mit -ala verbunden, s. unten -ala 8) bj.
In ,banddkavya „verbinden" folgt -ana und -*/a.
c) -e'ka intr. ist sehr viel gebraucht in der Sprache.
z. B. ilmm-eka „geeignet zur Sendung sein" von thuma „senden".
thand-eka „geliebt werden, liebenswürdig sein" von thanda
„lieben".
sanz-eka „rein, gereinigt werden* von sanza „reinigen".
u. s. f.
d) -uka invers. intr.
z. B. vgl. ''tjdb-uka „abgeschabt sein der Haut" mit ''tjdb-eka
„eine Mauer, ein Haus bewerfen".
khum-'ka (nach 3. Bern. 1 für khum-dka) „abgehen, los
werden der Zähne , schichten" von khuma „nagen , das
Fleisch von den Knochen abbeißen".
oth-uka „aufgeschreckt sein" von otlia „sich wärmen".
e) -tika intens, intr., auch in der verstärkten Form -uldka.
phepli-dka „weggeblasen sein" von phepha „entschlüpfen",
vgl. impepho 9. „Lufthauch".
ndbulxCka dial. „ausgestreckt sein" von ndba „lang werden,
schießen (von Pflanzen)".
sambuldka „rein sein" von samba „waschen".
eth-uka „vor Furcht zurückspringen" von etha dial. „ver-
sinken, verzweifeln".
2) -e'ka kommt einige Male in kausativer Bedeutung vor.
z. B. nam-eka „befestigen", vgl. ukuthi-nama „befestigen" und
namatha „berühren".
''baneka „erleuchten", vielleicht aber denom. von isi-^bane
7. „ein Licht".
an- e'ka „Kleider etc. ausbreiten zum Trocknen in der Luft".
Vgl. al-eka „einen Rock über den andern ziehen; zugeben
(zur Ware)".
Vgl. ''tjdbeka oben 1) d.
3) -atha ist nicht selten.
z. B. amb-atha „Kleider anziehen" ; fulatha ungebräuchlich,
davon fulathela dial. „jem. den Rücken kehren"; fumb-atha „die
Hand schließen" von fu/mba „sammeln, aufhäufen"; lamb-atha „leer,
armselig, hungrig sein" von lamba „ hungrig sein"; nam-atha „sich
berühren" ; phdh-atha „Aufschießen von mehreren Pflanzen um die
Hauptpflanze"; siiig-atlia „ein Kind im Arm tragen".
Nach einer Anregung, die ich Herrn Missionar Bunk in Mutiiuli.
Uhehe, Deutsch-Ostafrika, verdanke, bin ich darauf gekommen, die
762 Meinhof, Hottentottische Laute und Lehnworte im Kafir.
Grundbedeutung von -atha in dem Begriff „zusammen" zu finden.
Von -ana unterscheidet es sich dadurch, daß letzteres stets den
Begriff der Gegenseitigkeit hat, der bei -atha ausgeschlossen ist.
Wie das lateinische con- ursprünglich auch „zusammen" bedeutet,
und dann oft in Fällen gebraucht wird, wo es rein verstärkend zu
sein scheint, so ist auch hier der Begriff für unser Denken nicht
immer klar, aber es scheint mir, daß man auf diesem Wege zum
Verständnis von -atha kommen kann.
Ob sich neben -atha auch noch -etha, -itha, -otha, -utha auf-
stellen läßt, oder ob das alles als -tha aufzufassen ist, so daß <?,
i, o, u zum ersten Teil des Wortes gehören, das wage ich nicht
zu entscheiden. Ich gebe nur einige Beispiele:'
fe'ketha .spielen" ; phephetha „Korn wannen";
nambitha dial. „kauen"; thirititha „mit der Zunge anstoßen,
stammeln", vgl. thirtta „hindern ; ein wenig husten".
gohgotha „oft klopfen, vertreiben, verbannen". (Vielleicht liegt
hier aber der Stamm gotha vor, mit Reduplikation der ersten
Silbe. Vgl. Suah. gota und gogota „klopfen".)
khonkotha „bellen" (Hund), doch vgl. khotha „mit der Zunge
lecken" (Hund).
mo'kotha „kauen" ; nzonzotheka (von ungebräuchlichem nzo-
nzotha) „hinschwinden unter Schmerzen", vgl. nzonza „weniger
werden, schwach werden".
gungutha „heftig schlagen"; khulukutha „nutzlos sein durch
Größe , vorbeigehn" , vgl. khula „wachsen , groß werden" ;
khunkutha „heftig schlagen", vgl. gungutha; thukuthela
(vom ungebräuchlichen thukutha) „sofort tun", vgl. thuka
„aufspringen".
4) -pa1) (-pha) erscheint allein und in Verbindung mit
-ala in denominativer Bedeutung.
soni-pa .ehrfurchtsvoll sein", vgl. intsoni „Scham".
mkani-pa „schlau, listig sein" von i-sakani 5. „schlauer
Mensch".
khali-pha „energisch sein" von iilni-khali 14. „Schärfe".
isi-nono-p>hu 7. „ein reicher Mann" von ungebräuchlichem nono-
pha von ubu-nono 14. „Reichtum".
fi-pala „dunkel werden" vom St. -fi in u'bu-fifi 14. „Dunkelheit".
5) ya nicht nachgewiesen.
6) ffa als Kausativ-Endung ist sehr häufig, es ist aber
immer mit dem vorhergehenden Konsonanten verschmolzen und des-
halb bisher in der Sprache nicht bemerkt worden.
Nach den oben 4, d) aufgestellten Regeln
gibt Ä' -f- ya >• sa.
t + f/a >> sa. I 4- ya >• za.
nd -f- ya >- nza. in b -f- ya > nza.
1) Die Schreibung -pa halte ich für einen Druckfehler statt pha.
Meinhof, Hottentottische Laute und Lehnworte im Kafir. 763
Daher bildet
''buka „ bewundern" 'busa „dem Häuptling dienen".
hjjiCka „aufsteigen" nyusa »aufheben".
othuka „aufgeschreckt sein" othusa , aufschrecken".
oyVka .fürchten" oyisa „fürchten machen".
thunuka „verletzt sein durch thunusa „eine alte Wunde ver-
Berührung einer alten Wunde" letzen".
ambatha .Kleider anziehen" ambesa „bekleiden".
tharitatha „von Stein zu Stein tharitasa „auf der flachen Hund
springen , auf einem flachen tragen".
Stein hüpfen".
Die Beispiele für za <C l + \fCl sind sehr häutig.
Für nd + ffft und mb -f- f/a habe ich nur je ein Beispiel.
enza und sanza s. oben 4, d).
Aus der intrans. Endung xika -f- ya entsteht wie oben usa.
Aus der intrans. Endung eka -\- ya entsteht das so viel an-
gewandte -isa.
In -isa und oben in -esa hat ya nicht nur den vorangehen-
den Konsonanten, sondern auch den Vokal verändert, was im Sotho
regelmäßig ist, vgl. Grundriß p. 43.
-aza: -eza, -uza sind also auf -ala, -ela, -ula zurückzuführen.
Die Grammatiken und Wörterbücher enthalten hier viele Fehler,
da man die Lautgesetze nicht beachtet hat.
7) Die Passivendung ist -iva, s. oben 5.
Einsilbige und einige andere bilden das Passiv auf -iwa.
z. B. pha „geben" phiwa; akha „bauen" akhivca.
8) la.
a) la denom. tr., vgl. oben 1) a) ,ka.
'batu-la .eine Handvoll nehmen" von i-'batu 5. „eine Handvoll".
zavu-la „Kleider zerreißen" von i-zavu •">., ein zerrissenes Kleid".
dze'ku-Ia „mit den Armen gesti- von um-dzeku 3. „eine Bewegung
kulieren". des Arms, die man macht, wenn
man auf jemand einredet".
lima-la „verletzt, verwundet sein" von isi-lima 7. .ein Krüppel".
b) ala medial,
z. B. khal-ala „beleidigt sein" von khala „schreien, sich be-
klagen", vgl. khathala „alt sein".
phalaia neben phalaka „überfließen", thunu'k-ala „verletzt
sein" von thunxika.
In der Verbindung mit -aVca und -pa ist es häufiger.
Vgl. azakala, 'bonakala, alupala u. s. f.
Kropf nennt -''kala nach dem Vorgang von Mc Laren stativ,
was nicht richtig ist. Das Einnehmen einer Stellung bezeichne!
-ala nicht, sondern das „an sich", „für sich", „bei sich", ähnlich
dem griechischen Medium.
-alala halte ich für Verdoppelung von -ala.
7(>4 Meinhof, Ilottentottische Laute und Lehnworte im Kafir.
z. B. fumb-alala „im Haufen liegen" von fumba „aufhäufen".
lamb-alala „leer sein" (Milchsack) von lamba „hungrig sein".
phang-alala „sich zerstreuen, auseinandergehen (Versammlung)"
von phahga „schnell, stark laufen" (?).
Vgl. ''tjamb-alala „platt an der Erde liegen, sich ausstrecken".
-aza ist kaus zu -aia, s. oben 6), z. B. phalaza „ausgießen"
von phalala intr. „überfließen".
c) ela ist als relative Endung ganz allgemein im Gebrauch,
z. B. tliuma „senden", thum-ela „für jemanden senden".
-eza ist Kausat. zu -ela, z. B. sumayeza kaus. zu sumai/ela
„bekannt machen".
d) -ile ist Perfektendung, oft verkürzt in -e, s. unten.
e) -ula invers. trans. amb-ula dial. „Kleider ausziehen", vgl.
arnb-atha „Kleider anziehen"; ''buk-ula „ein Junges nicht annehmen
zum Säugen" von ,bu,ka „aufnehmen, freundlich sein"; khumla
(statt khum-ula) „Zähne ausziehen" von khuma „nagen", s. khum'ka
oben 1) d); lunda (statt lum-ula) „entwöhnen" von luma „beißen":
land-ula „sich entschuldigen, nicht wollen" von landa „der Spur
folgen"; oph-ula „einen Topf vom Feuer nehmen, damit er nicht
überläuft" von opha „tropfen, bluten"; om-ula „wieder Milch
trinken nach dem Fasten" von oma „trocken sein" ; saüg-ida
„herausziehen", vgl. sahg-ana „zusammenkommen".
Auch die Verdoppelung -ulula kommt vor.
z. B. nam-ulxda „Dinge trennen, die zusammengeleimt oder gebunden
waren", vgl. nam-athela „anhaften, ankleben".
thung-idula „Augen bekommen von jungen Hunden und ähn-
lichen Tieren" von thuhga „nähen".
Das Intransitivum zu -ula ist -uka, s. oben 1) d).
-usa ist Kausativum zu u'ka, s. oben 6).
-uza ist Kausativum zu -ula und -u-la.
z. B. zavuza und zavula „zerreißen".
khumbula „sich erinnern", kaus. khumbuza.
Die Angaben der Grammatiken und Wörterbücher sind dar-
nach zu berichtigen.
f) -ula intens, trans. Wegen ■u'ka, -usa, -uza gilt das unter
e) gesagte auch hier.
thuth-ula „etwas wegtragen" von ihuilia „wegtragen".
phak-ula „Honig herausnehmen" von phalca „herausschöpfen".
Auch -tdula kommt vor, z. B. samb-ulula „ganz rein machen"
von samba „waschen"; sub-idula „die Haut von einer Wunde
ganz abziehen" von suba „sich häuten".
Auch -ola kommt vor, z. B. 'bongoza (kaus. von ungebräuch-
lichem 'bong-ola) „bestürmen, anflehen, schmeicheln" von 'bonga
„preisen, erheben".
g) -'Äa kommt nicht selten vor. Die Bedeutung ist mir
nicht klar.
Meinlwf, Hottentottische Laute und Lehnworte im Kajir. 765
thuntubeza (vom ungebräuchlichen thuntu-,ba) „die Schärfe
eines Werkzeugs abstumpfen" von iibu-thuntu 14. „Stumpf-
heit" ; also denom.
sababisa (vom ungebräuchlichen mbabä) „von jemandem in
schmähender Weise sprechen" von saba „verwunden" (auch
mit Worten).
Hier scheint -'bei relative Bedeutung zu haben, s. unten VI.
Ähnlich vielleicht in sahgabeza (vom ungebräuchlichen sahgcCbd)
„entgegen gehen", vgl. sahgana „zusammenkommen".
Vgl. ferner khangubeka „Mut bekommen" mit khangela
.acht geben"
und khokhd'ba „krumm gehen wie ein alter Mann" (unklarer
Abstammung).
Nach 5 wechselt '£ mit V/. Also gehört jedenfalls hierher
dza'ku-'ba und dzaku-Hja .aufgeregt sein wie ein Pferd".
Vgl. dziCku-Hja „wegwerfen" und dzxCkxi-dza „nach etwas
sehr Entferntem werfen".
10) -ana in reeipr. Bedeutung ist häufig,
z. B. thand-ana „sich gegenseitig lieben" von thanda „lieben".
-na ist selten. Ich habe nur gefunden safu-na „kauen".
,befw'ti/e,ka (vom ungebräuchlichen 'befuna) .nach Atem ringen"
um-'befu 3. „Asthma".
11) -ama stativ.
z. B. thamb-ama „sich setzen, sich neigen" (Sonne) von thamba
„weich, biegsam sein", vgl. i-tJiambelca 5. „der Abhang".
2?kak-ama „gerade stehn" ; ay-ama „sich anlehnen" ; bad-ama
„auf der Lauer liegen" von bada „platt niederfallen" : fu'k-ama
.brüten"; Mioth-ama „sich beugen"; lul-ama „sich unterwerfen":
oüg-ama „hervorragen" ; oth-ama „müßig sitzen" von otha „sich
wärmen" ; phaph-ama .wach sein" von pkapka .munter sein" u. s. f.
-rna finde ich z. B. in 'buth-uma „auf dem Bauch liegen",
wahrscheinlich von ''butha „sammeln, zusammenbringen".
gidi-ma „schnell laufen" ; solco-ma „laut tönen" : hhali-ma
„laut schx-eien , tönen" zu kheda „schreien" und Micdi „scharf";
Ichazimla (statt kltazimxda vom ungebräuchlichen khazima) „scheinen,
leuchten".
khukhumala „schwellen, aufgeben" ist vielleicht durch Redupli-
kation entstanden ; phefumla (statt phefumida vom ungebräuchlichen
phefu-ma) „atmen" von phefu in uku-thi pliefu „atmen", und dies
vom Stamm B. pepa „wehen" aus urspr. pepfl nach 5.
thukuma „klopfen" (Puls).
Wo -ma nicht = -ama ist, scheint es denominativ zu sein.
12) -nga, -nda, -rnba kommen einige Male vor.
z. B. khama-nga „stark ausdrücken" von khama „ausdrücken".
sulu-nga „in guter Ordnung, rein sein" vielleicht von sula
„abwischen, abreiben".
766 Meinhof, HoUentotlische Laute und Lehmeorte im Kafir.
so'bo-iiga dial. „unzüchtiger Verkehr", vgl. ubu-sd'bo 14.
„Freundschaft".
sozi-nga „unentschlossen sein", gubungela „sich mit einem
Kleidungsstück bedecken", vgl. ihgiCbo 9. „Kleid, Mantel".
khulunga dial. „lecken, indem man mit dem Finger abkratzt".
-in ja scheint durative, habituelle Bedeutung zu haben wie
sonst -ya.
gununda „das Gras kurz abfressen, die Stelle leer fressen".
tho'komba „den Kopf hängen lassen" ; thathamba „hüpfen wie
ein Grashüpfer" (vielleicht Redupi.) ; sasamba „laut schreien wie
ein Kind vor Schmerz" ; khulumba „etwas dem Belieben eines
andern überlassen " .
nzulu-mba „ins Wasser werfen" vom adj. -nzulu „tief".
'0'atfamba „aufbrechen, blühen", vgl. ''tjatja „aufschneiden".
Vgl. golombila „herzlich beweinen".
vyalambisa = ''nyalasa „un ehrerbietig weggehen, einen Rat
verachten"; vgl. ama-vyala 6. „Schamlosigkeit, Schmutz", wahr-
scheinlich von -iiya „zu Stuhl gehen".
-mba scheint darnach denom. zu sein.
13) -§a = urspr. ka , vgl. in sd'kosa „mit einem Stock
in einem Loch stochern".
sukusa „heftig schütteln, z. B. das Sieb", vgl. sd'kulula
„sieben, sichten".
hikusa „vei4ukren, betrügen", vgl. liika „flechten, weben".
Verba auf -za habe ich nicht gefunden. Die Formen auf -za
würden von Kausativen von -la nicht zu unterscheiden sein. Ich
weiß nicht, ob es Formen gibt, die auf -za <C B. -ya endigen.
14) Vollständige und unvollständige Reduplikationen kommen
vor in iterativer Bedeutung.
z. B. funafuna „schnell suchen" von funa „suchen".
hambahamba „hin und hergehen, herumlaufen" von hamba
„gehen".
khandakhanda „wiederholt stoßen" von khanda „stoßen,
schmieden, aushämmern".
thuthumba „Schmerz empfinden, klopfen wie eine eiternde Wunde".
Vgl. i-thumba 5. „Beule, Geschwür".
15) Vorstehende Endungen können in der mannigfaltigsten
Weise mit einander verbunden werden.
z. B. thumekelela = thunia -\- elca -\- ela -f ela „willig sein,
um hin und her oder öfter gesandt zu werden".
thuthelanela = ihutha -\- ela -j- ana -\- ela „an einem be-
stimmten Platz zusammenkommen".
hamblsela = hamba -\- eka + ya + ela „verursachen, daß
jemand zu einem bestimmten Zweck geht" etc.
-ezela = -ela -f- ya -\- ela scheint in verkleinerndem , herab-
setzendem Sinne gebraucht zu werden, z. B. phung- ezela „in kleinen
Meinhof, Hottentottische Laute und Lehmeorte im Kafir. 767
Zügen trinken, ganz allmählich zu trinken geben", vgl. phunga
„ etwas heißes langsam trinken".
Die Bedeutung ergibt sich natürlich aus der von -ela und -ya.
16) Allerlei seltnere Bildungen ungewisser Abstammung
seien der Vollständigkeit halber hier noch angemerkt.
z. B. guguda „an etwas entlang laufen, ohne hineinzugehen ".
dzö'boda „sich stärken".
dza'kudza „tun wie Knaben, die beim Tanzen den Oberkörper
in die Höhe werfen und sich auf dem Hinterteil" fortbewegen".
siniva „stumpf machen", vgl. sininilca „die Muskeln des Ge-
sichts nachlassen wie in Schmerz".
Merkwürdig ist die Leichtigkeit, mit der man hier Denöminativa
bildet und Nominalpräfixe und Fremdwörter dabei aufnimmt.
Vgl. z. B. gonyamela „gegen jemanden den Löwen spielen,
ihn überwältigen", mit i-ngohyama 9. „Löwe".
ngoma „singen" von i-ngoma 9. „Gesang".
nkontsa „die u-nkontso anlegen" von u-nkontso 14. „ein
Hauptschmuck " .
'katsa „mit der neun schwänzigen Katze hauen" von i-^kati 5.
„Katze", holl. Ckatsa ist Fremdwort, da es '& und nicht kh hat).
sentila „Wache halten" vom engl, sentinel.
Vgl. hierzu die Beibehaltung der Nominalpräfixe im Substan-
tivum in Fällen wie u-s-ana 11. pl. intsana „Kindheit" vom
Stamm -ana mit Präf. 7 und 11.
Vgl. das Kompositum u-tsi-nyonga 1. „einer, der an der Hüfte
gebrannt ist" von tsa „brennen" und ihyonga 9. „die Hüfte".
c) Die wichtigsten Verbalformen stimmen überein mit
denen in andern Bantusprachen (38, c).
1) Mit a präfixum finde ich zwei Formen:
ndätanda, nach McLaren Past Tense (Indefinite).
ndatanda, „ „ Past Conjunctive „and I loved".
Beide Formen sind zusammengezogen aus ndi ä bez. a tanda.
2) Das Perfektum endigt regelmäßig auf -äe, s. b), 8) d), also
von -tanda . . ndi tandile „ich liebte".
Die Form ndi tande erscheint daneben mit abweichender Be-
deutung. '
Unregelmäßige Perfekta sind z. B.
''bulele von "'bvilala „töten", zusammengezogen aus *'bula-ile statl
^bulalile.
sangana „zusammenkommen" bildet sahgme, zusammengezogen
aus *sangaine statt *§anganüe.
ambatha „Kleider anziehen" bildet ambethe, zusammengezogen
aus *a?nbaithe statt *ambathile.
sola „sitzen, bleiben" bildet seli, verkürzt aus *salile und sezt,
verkürzt aus sezüe s. 4 d).
sutlta „satt sein" bildet sutht] verkürzl aus *sutkile.
Bd. LVIII.
768 Meinhof, Hottentottische Laute und Lehnworte im Kafir.
ma „stehen" bildet mi, verkürzt aus nxile.
tso „sagen, sprechen" bildet tsilo , bei dem man annehmen
muß, daß ein Suffix o hier an das Präsens (= ts + o) und
an das Perfektum (= tsile -j- o) angehängt ist. Was dies
o bedeutet, weiß ich nicht.
3) Der Final endigt auf e:
z. B. nditande „ich möge lieben".
Die 3. Pers. Sing. Kl. 1 hat hier a, während sie sonst meist
u (w) hat.
4) Das Passiv endigt auf -wa bez. -iwa.
5) Die Endung -ya habe ich in der Konjugation nicht nach-
weisen können.
d) Zur Vergleichung füge ich die wichtigsten Pronomina
bei (38, c).
a) Das Objektspronomen unterscheidet sich von dem
Subjektspronomen in allen Formen, die bei letzterem vokalisch an-
lauten. Es lautet nach Mc Laren :
Sing. Plur.
1. Pers. ndi si
2. Pers. %M ni
Kl. 1. m, 2. 'ba, 3. wu, 4. yi, 5. li, 6. wa, 7. si, 8. zi, 9. yi,
10. zi, 11. lu, 12. fehlt, 13. fehlt, 14. 'du, 15. 'hu.
b) Das Subjektspronomen lautet :
Sing. Plur.
1. Pers. ndi si
2. Pers. u ni
Kl. 1. u, Konj. a, Part, e, ' 2. "ba, 3. u (>'?), 4. i, 5. li, 6. a,
7. si, 8. zi, 9. i, 10. zi, 11. fo, 12. fehlt, 13. fehlt, 14. 7bu, 15. "ku.
c) Das Pronomen personale absolutum lautet :
Sing. Plur.
1. Pers. (mina) mna tina
2. Pers. wena nina
Kl. 1. yena, 2. 'bona, 3. ivona, 4. yona, 5. fowa, 6. wona,
7. sona, 8. zowa, 9. ?/ona, 10. zo/ia, 11. lona, 14. 'öowa, 15. 'kona.
d) Das Pronomen possessivum lautet:
Sing. Plur.
1. Pers. -am -ethu
2. Pers. -akho1) -enu
Kl. 1. -akhe1), 2. -abo, 3. -awo, 4. -a?/o, 5. -ah, 6. -a«JO,
7. -aso, 8. -azo, 9. -c^/o, 10. -azo, 14. -a'6o, 15. -akho.
Vor diese Endung tritt das Präfix des Besitzes. So ergibt sich
Kl. 1 loam, wakho1), wethu etc. statt u-am, u-akho, u-ethu, Kl. 8
zam, zaklio, zethu etc., Kl. 11 Iwam, Iwalcho, Iwethu etc. u. s. f.
1) Während des Druckes finde ich das Gesetz: kh steht in letzter Silhe,
wenn' die erste mit einem Vokal (Spiritus lenis) beginnt. Darum akha „ bauen"
s. oben 1, akhama „gähnen" s. oben 4a, ferner okha „Feuer aus einem Haus
ins andere bringen".
Meinhof, Hottentottische Laute imd Lehnworte im Kafir. 769
e) Das Pronomen demonstrativuni entsteht aus
folgenden Elementen:
1) dem Präfix la; das l des Präfixes fällt in allen Formen
aus, in denen das Nominalpräfix einen Konsonanten enthält, s. oben 7.
(Im Zulu ist es überall erhalten.) Das a verschmilzt mit dem Vokal
des folgenden Präfixes.
2) dem Nominalpräfix.
3) dem Suffix o (wo).
4) dem Suffix ya {wo).
1) -f- 2) bezeichnet die nächste Entfernung,
1) -j- 2) -f- 3) ist etwas weiter,
1) 4- 2) -f- 4) ist noch weiter.
z. B. 1) + 2) Kl. 1 la -f- u = lo; Kl. 2 la 4- aba = aba;
Kl. 5 la 4- Hi = eli u. s. f.
1) 4- 2) 4- 3) Kl. 3 la 4- u 4- wo = Zoioo ; KL 6 la 4- a 4- wo
= lawo ; Kl. la 4- »«* 4- o = ezo u. s. f.
1) + 2) 4- 4) KL 11 la 4- ulu + ya = oluya; KL 2 Ja 4-
aba -j- ya = ai'baya ; Kl. 7 la -\- &2 4- ?/« = esiya u. s. f.
e) Die Zahlwörter stimmen teilweise mit denen anderer
Bantusprachen überein. Wo sie abweichen, treten Laute ein, die
wir nach 11 für fremden Ursprungs ansehen müssen (38, c).
1 -nye mit KL 9 nye.
2 -'bini „ ,10 zimbini.
3 -thaihu „ „ „ ezin'tathu.
4 -ne B „ „ ezitxe.
5 -sanu n „ „ ezintsanu.
6 -thandathu „ „ „ ezintandathu (3 4- 3).
7 isi-thente 7. "I enthalten fremde Laute und weichen
8 isi-bozo 7. (mit 6 nicht '&) / von allen Bantusprachen völlig ab.
9 i-tlio'ba 5., isi-tho'ba 7.
(von ilid'ba „beugen, niederdrücken" nämlich „einen Finger",
vgl. im Sotho rom (etymolog. identisch mit thö'ba).
Vgl. ferner Kafir i-tlio'ba 5. „einer, der ein Auge zukneift".)
10 i-sunri 5., s. oben 4, b). 30 ama-sumi ama-thathu 6.
20 ama-sumi ama-'bini 6. 100 i-khulu 5. von -Ichulu „groß".
Es läßt sich nicht leugnen, daß in allen diesen Bildungs-
elementen das Kafir aufs beste mit den andern Bantusprachen über-
einstimmt. Ebensowenig wie die arabischen Laute im Suaheli in
die Bildungselemente des Bantu eingedrungen sind, ebensowenig
haben sich hier hottentottische oder andere Laute, die nicht im
Schema p. 753 enthalten sind, nachweisen lassen. Nur hat das Kafir
unter die Zahlwörter einige fremde Formen aufgenommen , ebenso
wie das Suaheli es mit einigen arabischen Zahlwörtern getan hat.
Das alles läßt darauf schließen, daß die in 11. erwähnten Laute
in derselben Weise ins Kafir eingedrungen sind, wie die arabischen
Laute ins Suaheli.
(Fortsetzung im nächsten Heft.)
50*
770
Zu
G. Rothstein, Der Kanon der biblischen Bücher
bei den babylonischen Nestorianern im 9./10. Jhdt.,
oben S. 634 ff.
I.
Von
Siegiuund Fraenkel.
S. 637 1. 29 lies ^JJlj ; 1. 30 lies U* (für U).
S. 640 1. 14: „Sie rechnen sie als fünf Bücher, jedes sifr . . .
als ein Buch".
S. 658 1. 4 v. u. scheint die Erklärung von ^.a> durch npn
(S. 663) auf den ersten Blick wohl plausibel; aber da sie sich mit dem
Sinne nur schwer vereinigen läßt , wird man darin wohl eine in
diesem Cod. nicht allzu auffällige Verderbnis aus ..^^.=> zu
sehen baben.
S. 659 f. o^Jt^l lx.x+ä, Name eines apokryphen Buches, ist
natürlich Nrtfttiü „Tradition" (v^ou-Äl Bibl. Geogr. Arab. VIII, 112 ult. ;
dazu de Goeje im Glossar p. X).
Die lange Auseinandersetzung über die Unform cäj».*ijJ>
(S. 660 — 662) hätte unterbleiben können , da das Wort schon vor
23 Jahren von Imm. Low, Aram. Pflanzennamen 42 Anm. 2 richtig
als J2ilC£D k-O1) erkannt worden ist. Damit ist dann Zeitschrift
Bd. 46 , S. 742 das im Fihrist genannte ^y^ ^jlxS (auf Grund
der LA. von P. (C^^a^j) kombiniert worden. Dies zu S. 654 1. 7.
[1) So erklärt in einer brieflichen Mitteilung an mich auch Nöldeke
das Wort, unter Hinweis auf Wright, Catalogue of Syriac Mss. in the Brit. Mus.,
vol. I, no. XVI, und Adler, Novi Testamenti versiones syriacae, Hafniae 1789,
p. 34 f. In ^s.2£> will Nöldeke lieber n~i~ als Z"l~_n sehen. Er ist übrigens
der Ansicht, daß der eigentliche alttestamentliche Kanon der Nestorianer viel
beschränkter war, als Rothstein annimmt. . w;scneri
Bacher, Zu G. Rothstein, Der Kanon der bibl. Bücher etc. 771
Voll
W. Bacher.
Zu S. 637, Z. 4 von unten. Süwlll v_/Jc£il als jüdische Be-
nennung des Kanons hat keinen Sinn: man kann xswliL, wie auch
,S. 640, xlnm. 2 bemerkt ist, nur als Übersetzung des biblischen
Buchtitels nbn'p verstehen (s. S. 649, Anm. 5). Durch irgend einen
Verstoß des Abscbreibers muß das Epitheton Kjw'.II hier an die
Stelle des ursprünglichen Epithetons gesetzt worden sein. Als
solches empfiehlt sich am ehesten &.»*uiXjdi ; denn iL*oLXäJi ^Ä.\Ji
(= K-s*lXä*j! v_ aJÜÜI) ist die genaue Übersetzung von 'C~'~~ *z: 2,
der alten Benennung der Gesamtheit der heiligen Schriften. Weiter
unten erwähnt der Anonymus eine andere Benennung der Bibel
durch die Juden. Die Stelle lautet (S. 639, Z. 3): Li!» L$j ^jJSjj
jUjlXäSI *jüi! ^*.jS. Die Übersetzung dieses Passus (S. 641 f.) ist
durch Fragezeichen als sehr problematisch gekennzeichnet. Die
Textverderbnis, die Rothstein (ebend., Anm. 9) für »ydl vermutet,
muß auch für Uil» , das keinen Sinn gibt . vorausgesetzt werden.
Ich glaube, daß statt I40I5 gelesen werden muß Lail und statt »yiii :
iwjüüi. Der Satz, der in der Übersetzung bei Rothstein ausein-
andergerissen ist, muß dann so übersetzt werden: „und sie — die
Juden — erkennen von ihnen an, daß sie die alten heiligen Bücher
sind". Die Bezeichnung , «JJiJi ^JS ist die genaue Wiedergabe
von •£"- laro. Dass jj*Js.äJt ^Jü an dieser zweiten Stelle das-
selbe sein will, wie jLw*jJüü! *_^Jüüi (wie ich für jüt*lil >_aJÜÜ|
an der ersten Stelle vorschlage), ist aus dem Umstände ersichtlich,
daß an beiden Stellen unmittelbar darauf die Benennung der Bibel
A. T. durch die Christen (ü+jJüüi g. ya$\ \^k*S) folgt, ohne meine
Emendation aber an der zweiten Stelle die Angabe über die jüdische
Benennung der Bibel vermißt würde.
S. 638, vorletzte Zeile. |_sL« ist das aram. N^rc (= hebr.
"löiöij). Diesem Epitheton Esra's ist die Erklärung in arabi
Sprache mit den darauffolgenden Worten beigegeben. Die Emendation
von \rAj£ in ,_ ö''j , die Rothstein vorschlägt (S. 651 f.), ist daher
772 Bacher, Zu G. Rotitstein, Der Kanon der bibl. Bücher etc.
über jeden Zweifel erhaben, und es war unnötig, die Übersetzung
(S. 641) durch die Wiedergabe der Korruptel zu entstellen.
S. 640, Z. 14. „Sie setzen sie [die asfär] an Stelle von 5 kutub".
Das ist die Übersetzung der Worte (S. 637 letzte Zeile): ^^
^JiS' {j*-*.^> pliw Liij.*AÄj. Das muß richtig so wiedergegeben
werden: „sie lassen sie als 5 Bücher gelten", d. h. sie rechnen sie
in der Zahl der biblischen Bücher als fünf, obwohl sie eigentlich
nur fünf Teile des einen Buches der Thora sind. (Vgl. Artikel
w":r in meiner Schrift: Die älteste Terminologie der jüdischen
Schriftauslegung — Die exeg. Terminologie der jüdischen Traditions-
literatur I — , S. 63). Wenn R. diesen Sinn festgehalten und die
Thora als fünf Bücher gezählt hätte, so hätte er die auf S. 641
stehende Anmerkung 2 vermieden. Denn Thora und Propheten
ergeben zusammen nicht 9, sondern 13 Bücher. Diese werden
durch die 11 Bücher der Hagiographen zu 24 Büchern ergänzt.
Das soll auch mit den Worten (S. 638, Z. 11): .^.j xiotJl. X*J,^I *Ujj
ülÄi" _>cix: lX.?»I »P» ^L<£Ji gesagt sein. Auch die Art, wie R.
die infolge der unrichtigen Erklärung dieser Worte entstandene
Schwierigkeit beseitigt, beruht auf einer unrichtigen Voraussetzung.
Denn die Zählung der Bücher Samuel , Könige , Esra , Chronik als
je zwei Bücher kam für den jüdischen Kanon erst am Ende des
Mittelalters auf.
S. 642, Z. 4 f. Die Wiedergabe von K.^UvJ mit „Exemplar"
ist hier wohl nicht am Platze, da von den vier verschiedenen
Versionen des ursprünglich als eines gedachten Evangeliums die
Rede ist.
S. 653, Z. 3. In Bezug auf die Vatersnamen der kleinen
Propheten , eine Merkwürdigkeit des von R. erläuterten Kanons,
sagt er, daß ihm „deren Herkunft nicht bei allen klar sei." Erklärt
hat er aber eigentlich keinen einzigen dieser Vatersnamen. Klar
sind nur folgende: ^ b (= Beeri, Hosea 1, i), z* (= Amittai,
Jona 1, i), (jjcc (= Tddo, Sach. 1, l); ^U-o ist ebenfalls klar, da
dies — wie R. S. 647, Anm. 2 sehr gut vorschlägt — Korruptel
aus i^IJIj (= Pethuel, Joel 1, i) ist. Bei dem Propheten Zephanja,
dessen Vater (71D1D) in Zeph. 1, i genannt ist, setzt unser Anonymus
einen ganz andern Namen (ALax^V der jeder Identifizierung wider-
strebt. Den Vater Micha's nennt er +M (etwa "'Mio); den Vater
Chaggai's L^p.ws (so steht richtig in der Liste , S. 646 , im Texte,
S. 638, Z. 10, steht irrtümlich L^?), was man zu Ls-v, dem Namen
des Propheten Micha, emendieren kann. Aber auch ohne diese
Emendation kann L^uc = HD"'» sein, denn hebr. 5 wird in unserm
Bacher, Zu G. Rothstein, Der Kanon der bibl. Bücher etc. 773
Texte auch mit transkripiert, so "ONba und =>Xs (S. 638, Z. 10),
I-r-DT einmal mit Ij.=>;( (ib.), iTO-in mit U:>.j (ib., Z. 11). Der
Vater Nachum's heißt L^\.<v« (nrtoilJ ist ein in spät-nachtalmudischer
Zeit vorkommender Name, siehe z. B. die Autoren dieses Namens
in Steinschneiders Catal. BodL, Kol. 2595 ff.). Der Vater Maleachi's
heißt (^lX-äj (vgl. ^"rr, I Chron. 2,47), der Chabakkuks ö"->yo
(vgl. pi"J2£). Chabakkuk selbst ist als Vater Obadja's genannt. Es
ist mir nicht erinnerlich, daß irgendwo etwas diesen Angaben über
die Väter der zwölf kleinen Propheten ähnliches vorkommt. Sie
fallen unter dieselbe Beurteilung, wie andere zu den biblischen
Personen hinzugedichtete Namen. Nur hinsichtlich der Angabe,
daß Chabakkuk der Vater Obadja's war, kann ich darauf hinweisen,
daß auch der S o h a r die beiden Propheten miteinander in Ver-
bindung setzt und zwar so, daß Chabakkuk der Sohn der Sunam-
miterin war (dies auf Grund von npmn, II Kon. 4, ig), s. Abschn.
nbiun Anf. (II, 44b, unten), die Sunammiterin aber die Frau des
Obadja, s. Abschn. *p Y3 ^' ^a)- Vgl. Seder Haddoroth zum Jahre
3254 (I, 121 der Ausgabe Maskileison's).
S. 654. Zu dem Zitate aus dem Kitäb al-Fihrist hätte R.
auch eine interessante Stelle aus Harn za Isfahänl zitieren können.
Da diese auch sonst Übereinstimmungen mit den Einzelheiten bei
R. darbietet und ihrerseits durch diese beleuchtet wird, will ich
die Stelle in meiner, in dem Aufsatze „Bibel und biblische Ge-
schichte in der muhammedanischen Litteratur" (Kobak's Jeschurun
VIII — 1871 — S. 11) gegebenen Übersetzung mitteilen. Sie
steht in ed. Gottwald p. 83 (lat. Übers. S. 65) und lautet: „Ich
traf in Bagdad im Jahre 308 einen Gelehrten der Juden, der be-
hauptete , die Bücher der Thora auswendig hersagen zu können ;
auch hörte ich von einem seiner Schüler, daß er von den Büchern
der Propheten der Kinder Israels zwölf zu rezitieren vermöge. Die
Namen der Bücher sind: Das Buch Joschua b. Nun (1), das Buch
Schofti (2), das Buch Sifr der Könige (3), das Buch der Weisheit
Salomo's (4) , das Buch Sahbara (5) . das Buch Koheleth (6) , das
Buch Ruth (7), das Buch Schirit (8), das Buch Sirin (9), das Buch
Ijob (10), das Buch Gawami' (11) — d. i. kurze Aussprüche —
endlich (12) die Weissagungen Ischaja's, Jirmija's , Hizkija's1) und
Daniel's". — Diese Liste hat Hamza natürlich nicht von seinem
jüdischen Gewährsmanne , den er dann Zidkija nennt, erhalten,
sondern er fügt sie in seinen Bericht ein, um die erwähnten
12 Bücher der isi-aelitischen Propheten einzeln zu nennen. Die
Liste beruht offenbar auf unordentlichen Notizen , die Hamza nach
christlichen Angaben — denen ähnlich, die Ibn Ishäk al-Nadim zur
Verfügung standen — besaß und etwas gewaltsam zu einer Liste
1) Statt Jel.iezkel.
7(4 Bacher, Zu G. Rothstein, Der Kanon der bibl. Bücher etc.
von 12 Büchern redigierte. Am Schluß stehen als einziges Buch
die vier großen Propheten des christlichen Kanons, mit Hinweg -
Lassung der 12 kleinen Propheten. Es figurieren zwei Apokryphen
(4 und 5, denn I-a^w ist wahrscheinlich aus Lxf-w, d. i. Sira, vgl.
.. ja^as = "jiaS, korrumpiert) in einer Reihe mit den salomonischen
Schriften.1) Die Psalmen stecken vielleicht in 8 (v^o *.£ = mTffi);
jedoch war möglicherweise in den ursprünglichen Notizen Hamza's
,-^.j.aav o.a.£ (d. i. DiTcr; T'iü) als Name eines einzigen Buches
(Hohelied) genannt, und er teilte ihn vermöge seiner Unkenntnis
des Sachverhältnisses in zwei Titel. Für diese Annahme spricht der
Umstand, daß auch in dem von R. erläuterten Kanon (S. 638. 646)
das Hohelied .yj ^, o-ä heißt. Die Sprüche Salomo's sind viel-
leicht in Nr. 11 genannt-) Außer den 12 kleinen Propheten fehlen
auch die Klagelieder, Esther, Ezra, Chronik. Das Buch Samuel
ist vielleicht in Nr. 3 mitenthalten. Das Buch der Könige ist
-5CJU ,ä,w bezeichnet, obwohl .s^, neben ljLä5" überflüssig ist; das-
selbe ist auch beim Anonymus der Fall.
Zu S. 658 f. Ahmed b. 'Abdallah b. Saläm, der als Verfasser
des Buches *.Juc ..y*.^z> genannt wird (S. 659, Z. 11), übersetzte,
wie aus dem Fihrist bekannt ist, auch die Thora und die Bücher
der Propheten aus dem Hebräischen ins Arabische (s. Sprenger,
Leben und Lehre Muhammed's I, 56 f.). Auch das genannte Buch
(Dbi3> ■jim'dn), das an einer andern Stelle unseres Anonymus (ib. Z. 1)
als ein „Buch der Kinder Israels" bezeichnet wird (ebenso S. 658 unten
als „ein Buch der Juden"), war durch Ahmed aus dem Hebräischen
ins Arabische übersetzt worden. Da an derselben Stelle — und
ebenso S. 658, 1. Z. — noch gesagt ist (Z. 3): „das ist das Buch,
welches — d. h. wie solche Bücher — die Christen im Griechischen
MJJAiL^>b!5 (d. i. xqovizov oder iqoviküv) nennen", so kann man
1) Vielleicht ist auch in der von R. (S. 655) angeführten Notiz des Anonymus
statt ,.y*A,Lw (S^~ zu lesen: ,.w*.aLw K.*£s», oder umgekehrt bei Hamza
a»\.> statt £.*.XS>. Jedenfalls ist die Notiz, wonach „sich in den Händen der
Christen ein Buch genannt Bar Sira befindet, welches mit den Weisheitssprüchen
Salomo's zusammen, an deren Ende, geschrieben wird", in Übereinstimmung
mit der Aufeinanderfolge von 4 und 5 in der Liste Hamza Isfahani's.
2) S. jedoch die vorige Anmerkung. — In der von R. S. GGO mitgeteilten
Liste heißt Nr. 8 : aJL&ai -.P. ,.y*jJLw iU.£=> L_jLä5 . Danach wäre die
erste der zwei zu Beginn der vorigen Anmerkung geäußerten Vermutungen die
richtige; jedenfalls aber bedeutet dann bei Hamza nicht 11, sundern 4 die
Proverbien. Wenn dies das liichtige ist, muß bei Hamza in Nr. 11 statt
^oLj> gelesen werden &juaL>. , also Koheleth, und Nr. 11 ist als irrtümlich
aufgenommenes Duplikat von Nr. 0 zu betrachten.
Bacher, Zu G. Rothstein, Der Kanon der bibl. Bücher etc. 775
die Vermutung J. W. Rothstein's annehmen, daß es eine erweiterte
Bearbeitung des Dbi3> -" war, die von Ahmed b. 'Abdallah über-
setzt wurde. Da dieser am Hofe der ersten Abbasiden lebte, ist
das Werk spätestens in der ersten Hälfte des achten Jahrhunderts
entstanden. Eine Spur von ihm hat sich in der jüdischen Literatur-
geschichte nicht erhalten , ebensowenig wie von dem von R. unter
Nr. 2 genannten (S. 659), dessen hebräischer Titel vielleicht lautete:
TH-ji rpiöH bia TTIm. Eine große Sonderbarkeit bietet das unter
Nr. 3 (S. 659) genannte und vom Anonymus mehrfach zitierte Werk
ooL4-*«^l uUtf (oder Lä**.&), schon im Titel dar. Dieses Wort
ist offenbar nichts anderes als das Krr:i des babylonischen Talmuds,
eine Bezeichnung des überlieferten Lehrstoffes der Halacha und
seiner Erörterung. Mit diesei- Bedeutung des Wortes hängt das
vom Anonymus als Inhalt des so benannten Buches angegebene nur
insofern zusammen, als nach der einen Stelle die offenbarten „Ge-
bote und Verbote" in ihm enthalten sind und nach beiden Stellen
uralte Überlieferungen seinen Inhalt bilden. Schwerlich handelt
es sich um ein wirkliches, diesen Titel führendes Buch; wahrschein-
lich muß man annehmen, daß aus Angaben allgemeiner Art sich
in muhammedanischen Gelehrtenkreisen eine Vorstellung vom Talmud
herausbildete, als dessen charakteristischer Name der von jüdischer
Seite gewiß oft vernommene Ausdruck Nn3?73ta (Schema'ta), als den
Hauptinhalt des Talmuds nennend, sich festsetzte. Daß dieser Aus-
druck im 10. Jahrhunderte bei den Muhammedanei'n tatsächlich
zur Bezeichnung der jüdischen Tradition und des Talmuds ver-
wendet wurde, beweist Mas'üdT, der die traditionsgläubigen Juden
als o»x^.^i bezeichnete, und über Sa'adia Gaon, sowie einen
andern jüdischen Gelehrten die Angabe hat, sie wären ^^pjv.1! i;*.*..icj?
der Lehre der Rabbaniten (im Gegensätze zu den Karäern) zugehörig
gewesen (s. Pinsker, Likkute Kadmonijoth I, p. 5).
S. 660, Z. 17. xa-'.a^ ist zu punktieren äjöi_Jl (das Substantiv
ist .^äjCJOi also die „äusseren Bücher", die cri^n :-i:c der
Mischna (Sanhedrin X, 1), d. h. die Apokryphen. Wenn es mir
auch nicht gelungen ist, auf Grund dieser Einsicht die dunkle Stelle
zu entziffern, so fällt von hier aus doch ein. wenn auch nur be-
scheidenes, Licht auf das fünfmal (eigentlich sechsmal) vorkommende
-.aj^x-O. Es ist offenbar Bezeichnung des biblischen Kanons, oder
eines Teiles davon, im Gegensatze zu den Apokryphen. An der
ersten Stelle werden als dazu gehörig die Bücher der hebräischen
Bibel von Josua bis Dibre-Hajamim (u%./>Ij -jo) aufgezählt, mit
Lücken, aber im großen und ganzen die Gesamtheit der Propheten
und Hagiographen umfassend (nach Sprüchen und Koheleth
auch Bar-Sira — s. oben — ,aber ni<lit mit der Bezeichnung ^_j.;o und
776 G- Rothstein, Zu „Der Kanon der bibl, Bücher etc."
damit von den übrigen Büchern geschieden). Die Thora ist nicht
genannt, und daraus geht hervor, daß unser Autor mit dem Aus-
druck die Gesamtheit der außerpentateuchischen Bücher des A. T.
bezeichnete, etwa so, wie in der jüdischen Traditionsliteratur nb^|5
diese Bedeutung hat. Diese Annahme wird durch die andere Stelle
bestätigt. Denn an vier Stellen (S. 661 f.) steht a^-oO ujIxJ" (statt
^j)\^S lies v-^Jü") neben der Thora.1) Die von Rothstein über das
unbekannte „Buch" aufgestellten Thesen (S. 662) fallen nunmehr
ganz hinweg, da es sich nicht um ein einzelnes Buch handelt, sondern
um eine Gesamtbezeichnung eines Teiles der biblischen Bücher.2)
III.
Von
Gustav ßothsteiu.
Indem ich allen Herren, die bisher für meinen Aufsatz bezw.
die angehängten Fragen ihr Interesse bekundet haben, aufrichtig
danke, gestatte ich mir zu den vorstehend abgedruckten Äußerungen
noch folgende Bemerkungen.
Definitiv erledigt ist nunmehr die Identifizierung von äj^xjO
mit J^Lqä Ü«uO- Ebenso ist zweifellos richtig die Gleichsetzung von
£ajS_>J! ^*«X*jS mit D",5'iit",n D^Dö, welche auch I. Goldziher in
" 7- • • ■ -t :
einer Mitteilung an Prof. A. Fischer vollzogen hat.
Die beiden kleinen von S. Fraenkel zu S. 637, 29 f. vor-
geschlagenen Textkorrekturen ergeben zwar ein glattes Arabisch,
scheinen mir aber bei dem Charakter dieses Arabisch nicht un-
bedingt nötig. Zweifelnd stehe ich auch der Annahme gegenüber,
daß S. 658, 4 v. u. ^.z=> Schreibfehler für {-yx^s> sei, weil mir
das b ,A.*~äj. doch eher auf eine von ,.^-Ci.s» verschiedene Form
hinzudeuten scheint.
Bacher moniert meine Übersetzung von £.^u«J mit „Exemplar"
(zu S. 642, 4 f.); ich weiß aber keine bessere. „Versionen" (wofür
ich lieber „Rezensionen" sagte) ist keine Übersetzung. — 1-äL*
1) An der letzten Stelle (S. 662, Z. 14) ist gesagt, daß oJLb (wie im
_ajv+A.i_> ^»/.j so neiue: jj»
i Buche Samuel.
[2) Die Lösung dieses Rätsels s. oben S. 770. A. Fischer.]
■ «j«i ,.VJ. Es ist also ein Zitat aus dem Buche Samuel,
G. Rothstein, Zu „Der Kanon der biblischen Bücher etc." 777
(zu S. 638) ist schon von J. W. Rothstein, De chronographo, p. 43
mit Nico identifiziert, ergiebt sich als solches auch von selbst.
Die Herkunft der Vatersnamen (zu S. 653, 3) ist auch nach
Bacher's Ausführungen bei den meisten unklar. Die Gleich-
setzung mit hebräischen jSarnensformen, so dankenswert sie an sich
ist, sagt leider darüber nichts (eine Ausnahme nur bei Habakkuk).
Die Herleitung der bei Bacher zuerst genannten 4 ergiebt sich aber
aus der von mir aufgestellten Liste ganz deutlich.
Die Bemerkungen Bacher's zu S. 637, 4 v. u. sind nicht
haltbar. In einer Mitteilung an Prof. A. Fischer hat de Goeje
auf eine entsprechende Stelle in Mas'üdl's Kitäb at-tanblh etc. (=
Bibl. Geogr. Arab. VIII, p. 184, 12 ff.) hingewiesen. Sie lautet:
oy^l\ Ua*.wJ. ^.aJU ^LaiJ^ ^j-^JS %-*-'^ <jrü! [die 24 Bücher]
®S.yal\ ^.'^ (jr.LaxJ^ jüwlii wJüCJl. Die Umänderung von
iuwÜl ist also nicht ohne weiteres möglich. — In der Stelle
639, 3 hat Bacher richtig gesehen, daß die Benennung durch die
Juden fehlt (so schon vorher Prof. A. F i s c h e r in einer Mitteilung
an mich). Aber die Rekonstruktion des Textes durch B. halte ich
für verfehlt. U.j -r-^3 muß doch wohl heißen: „sie erkennen
sie an". Daran schließt sich Ui| sehr schlecht an. Zudem ist
das Subjekt auch dann nicht klar. Und ob die Änderung von
*»Äli in (wJ^äil sich empfiehlt, nachdem die Einsetzung von K.w.jAs.15
in 637. 4 sich als unrichtig erwiesen, erscheint fraglich. Schließlich
lieh. Zu der hervorgehobenen Übereinstimmung von Juden
und Christen wird die Differenz hinzugefügt. Diese letztere wird
durch das einschränkende Li!» angefügt, entsprechend dem .,i ^
637, 4 v. u.
Ich glaube, daß 1. hinter L*J|.: 0>^gjJl L^a+awu ausgefallen,
2. *JiJ! aus ä. yzj\ verderbt, und 3. dieses ^jLXJiJi ».j-asJ! irrtümlich
aus dem folgenden statt üulj. ^.äxJ! eingedrungen ist. Somil
wäre die Stelle genau derjenigen auf S. 637 entsprechend zu denken.
viiot^l, \jjt.+ä haben Fraenkel, Bacher, Nöldeke, de
Goeje und Goldziher (die drei letzten in Mitteilungen an Prof.
A. Fischer) mit Nn?»iu = traditio gleichgesetzt. Der Begriff 'sj war
mir bekannt, schon J. W. Rothstein, a. a. 0., p. 4t> Aura. 2 handelt
darüber im Anschluß an de Sacy und Buxtorf. Daß die Gleich-
778 &■ Rothstein, Zu „Der Kanon der biblischen Bücher etc."
Setzung von Iäx*-& mit diesem 'xö aber sachlich nicht ganz ein-
wandfrei ist, tritt bei Bacher hervor (S. 775). Und der Anonymus
nennt im unmittelbaren Anschluß an büu-^ noch ein anderes Werk :
IkÄJU-Ä, das sachlich viel eher zu 'z. paßt und von J. W. Rothstein
damit gleichgesetzt worden ist. Weil mir diese Gleichsetzung sicher
schien, habe ich leider unterlassen, ausdrücklich darauf hinzuweisen.
Die Stelle lautet: ^bJl [s. p.] ^jS^\ i. Läx+*i 2Üy..<w~j Vw;ü»
L» t,_;% und Läju^ü1) sind formell gewiß schwer von einander
zu trennen, aber sachlich macht der Verfasser einen scharfen
Unterschied. Sollte er wirklich aus Unkenntnis aus einer Sache
zwei verschiedene gemacht haben?
Herr Professor A. Fischer schreibt mir noch :
„S. Fraenkel hat, worauf er oben S. 770, 3 v. u. hinweist,
in ZDMG. 46 , S. 742 für Flügel's ^y^0 Fihrist ST, 23 ^j^Ui
konjiziert. Im Hinblick auf die Schreibweisen Ihres Anonymus, wie
Sie sie auf S. 660 Ihres Aufsatzes kennzeichnen, möchte ich dafür
^\J\.4j£aj lesen, mit £, entsprechend der Spirans )^ in (}z>Löo) JN^^
oder noch richtiger vielleicht ju^tSli.
Bacher hält (S. 772 f.) für möglich, daß bei Ihrem Anonymus
hebr. 5 auch mit arab. _, statt mit • , transkribiert sei, dass also
V z
für "*73, -ONbö, fp-ipt und iTO^S die Schreibungen l^y>, =>^La
(genauer e»$Lo), lj~=>jt und U=>.j stehen könnten. Sie selbst
huldigen, wie sich namentlich aus S. 641, Anm. 5 Ihres Aufsatzes
ergibt, derselben Ansicht. Ich urteile anders und halte die Schrei-
bungen L^ya -^-^Ls etc. Ihres Kodex für bloße Ungenauigkeiten,
denn hebräischem 5 entsprechen im Arabischen , soweit meine Be-
obachtung reicht, immer nur • oder ^, ebenso wie aramäischem
-, — . und griechischem % gleichfalls in der Regel nur • oder ,>>'
entsprechen (griech. palatalen % daneben auch (ji2)), nie aber
1) Die Wiedergabe der dumpf gesprochenen Endung ä durch », findet sich
im selben Kodex mehrfach bei Eigennamen in einem, allerdings sehr verderbten,
Verzeichnis der res? galuätfrä.
2) Vgl. außer Nöldeke in ZDMG. 38, 154 besonders Völlers, Ueber Lehn-
wörter, ZDMG. 50, 614, Kr. 11, c. Offenbar hat das palatale i in gewissen
Gegenden wie eine Art s oder wie palatales S gelautet. Für Archigenes steht
jLs^>-.i, P1S\ pu. 0w*jLiA./*J und i^öv , 4 (j^jL^U^l ,
G. Rothstein, Zxi „Der Kanon der biblischen Bücher etc." 7(9
Zu vergl. in Ihrem .eignen Aufsatz S. 647, Anin. 5. 11 und 12 (3^
Li •>:, Lxi>j und ,3-Xo), ferner z. B. • ,.Xs>\ und • .jj> für
^i:r; (bei Tabarl, IaSqübi, QiftI, Ihn Abi UsaibiSa, in den Lexicis etc.)1);
lXAs^I (Tab.). Jblixi»y (Berünl Av, 14) für ittbETiN, yaj lXj^aj
(Tab. I, Ivt, 13) und das gewöhnliche ^ai i^-i^1. r*ilÄi? (Tab..
Ia:q., Ber., QiftI, I. A. Us. , Lexx. etc.) für -l-ipTrin;) , £.;>Oy>
(Tab.), L£y (Ber.) für ^*in, U^y (Tab.) für rr^S, JuoL^u
und J^jUC^ ^jUCya (Tab., Lexx. etc.) für bso-1??, ^abS (Tab.)
und ^.J (JaSq.) für ~":b etc. — Betreffs der Wiedergabe von aram.
5, ^ vgl. S. Fraenkel, Die aram. Fremdwörter im Arab.. XX. 92, und
betreffs der Wiedergabe von griech. % durch • oder ti Völlers,
Ueber Lehnwörter, ZDMG. 50, 612, Nr. 6, a und 618, Nr. 17. c,
sowie die zahlreichen griech. Eigennamen mit % im Index II des
Fihrist und bei QiftI, Ibn Abi UsaibiSa etc.
Den von Ihnen S. 658 pu. und 659 , 3 mitgeteilten Satz des
Anonymus . jjui|y>^i iU-^JLj ^c.LaiJt *A***J l5^ ^jU£Ü jJ->
übersetzt Bacher 774 unten: „Das ist das Buch, welches — d.h.
wie solche Bücher — die Christen im Griechischen jjui|y>b5t . . .
nennen". Wie der Satz dasteht, besagt er natürlich nur: ,Das ist
das Buch, welches die Chr. im Gr. ^yLöLs>^| nennen.""
QiftI vt*1, 17 , w^jLs\^.(; für % würden sich hier also _ und jj* finden. Aber
offenbar ist an der ersten Stelle *w-J«
zu lesen. Ibn Abi UsaibiSa hat richtig bald (jW.jL^i>.!, bald gwJLsU«j|
(s. das Register), und Pa., 5 hat auch der Fihrist ^jL^XuA.
1) J^yj\ Berünl, Chronologie, Ha, 14, den Sachau im Index 8. 9 als
„Henokh" deutet, ist natürlich in Wirklichkeit IBISN (Eva?).
780
Mehri- und Soqotri-Glossen.
Von
D. H. Müller.
1. horis.
Dieses Wort findet sich in meinen Soqötri-Texten (Südarabische
Expedition, Band VI) S. 22, Z. 1 und 25, und zwar als Übersetzung
von Ez. 37,3:
ro\ pi Li J> ^Lä
wa-'Smor mhi ber-höris
und 37,9: pOi ^j| Li LjJLj
tsemetol ber-höris
Daraus geht also hervor, daß horis „Menschen" bedeutet.
Außerdem kommt das Wort noch vor im Gedicht 478 (S. 279):
Le'dm yhe di-al 'heregin
sighedoh di-'ain le-höris
0 wäre ihm doch nicht verwehrt gewesen
Den Blick des Auges [zu richten] auf ein Menschenkind.
Mein Gewährsmann bemerkt zur Erklärung dieses Verses, daß
ein Mann eine Frau sehen wollte , diese aber sich vor ihm aus
Schamhaftigkeit versteckte, worauf dieser Vers anspielt.
Die Bedeutung des Wortes steht demnach vollkommen sicher,
aber die Etymologie desselben blieb mir dunkel. Zur Verdunklung
trägt noch der Umstand bei , daß von dem Wort weder ein Dual
noch ein Plural vorkommt und die mir von meinem Soqotri-Mann
einmal angegebenen Formen (Dual horisi und Plural h'roS) mir
nur nach seinem Sprachgefühle gebildet zu sein scheinen.
Es wäre mir wahrscheinlich kaum gelungen die Etymologie
zu finden, wenn mir ein merkwürdiger Zufall nicht dazu verholten
hätte. Bei der Aufnahme des Shauri- Dialekts gebrauchte einmal
mein Zafär-Mann das Wort erdem für Menschenkind (es ist verkürzt
D. H. Müller, Mehri- und Soqotri- Glossen. 781
aus J.J»! _: mit Wegfall des b).1) Ich ließ mir den Ausdruck, den
ich zum ersten Male von ihm hörte, erklären und er verdeutlichte
mir ihn durch harer eres. Er gab dazu als Beispiel die Phrase
galeq harer eres „sieh den Menschen" (erdem).
Damit war gleichzeitig die Etymologie von horis gegeben ;
denn harer-ei*es heißt „schwarzköpfig". Auch im Soqotri bedeutet
hdher, fem. hauroh „schwarz". Freilich wird für „Kopf" , «,t im
Soqotri rey (für reh) gesagt, aber das Deminutivum lautet rxies,
so daß also in horis eine Art Kompositum har -f- res vorliegt.
Nun kommt noch etwas Merkwürdiges dazu. Im Babylonisch-
Assyrischen heißen nämlich die „Menschen" salmät kakkadi „die
Schwarzköpfigen". So z. B. in dem Gesetze Hamurabi's Col. I, 41.
Diese Bezeichnung, ursprünglich wohl für die schwarzhaarige Rasse
angewendet, wird in den babyl.-assyr. Inschriften von der ältesten
bis zu der spätesten Zeit für „Menschen" überhaupt gebraucht.
(Vgl. die Zusammenstellung in Fr. Delitzsch' Assyr. Handwörter-
buch s. v. salmu)
Ohne irgendwelche weitere Schlüsse daraus ziehen zu wollen,
scheint mir die Übereinstimmung der alten Kultursprache mit der
Sprache der weltentlegenen Insel wie mit der der Beduinen in den
Bergen von Zafär in der eigentümlichen Prägung eines Wortes für
„Menschen" und „Menschenkinder" nicht ohne linguistisches und
ethnographisches Interesse zu sein.
•l. swma'änu.
Das Wort bedeutet „kurzohriges Schaf" und kommt ziemlich
häufig vor, so Gedicht 379 (S. 257):
Ken inhem al ndhtelofen
//- // 1 in le - sam d'hen iten
Sddh sen ilhö il d(y)fla<[
'am ho sauweqab hanine.
Weshalb wechseln wir nicht ab
bei unsern kurzohrigen Schafen?
Sind meine zahlreicher etwa,
oder wird mir größere Last zu teil ?
Gedicht 383 (S. 258) :
Ldhmod 'unkin Hlio habödid
wul-tilhol samd'heniten.
Ich liebe euch, ihr meine weißen Schafe
mit weißen Schwanznecken, kurzen Ohren.
1) Es ist eine seltsame Eigentümlichkeit der Shauri-Spraehe das b in ir
abzuschwächen und oft ganz zu elidieren; ■/.. B. Tit „Haus" (cj^j); ine „Kinder*
( %-Är); &, „mein Vater" ( -jf) etc.
782 D- B. Müller, Mehrt- und Soqotri- Glossen.
Gedicht 542 (S. 298) :
EqbStoh qenho bd'er
sdrna'dnoh dt i{y)ulhel
Es lehrte die Schafe die Nachtwanderung
ein kurzohrig Schaf mit weißem Schwanzflecke.
Das Wort kommt noch in meiner Mehri- und Soqotri-Sprache
(Südarabische Expedition, Bd. IV) S. 170 No. 23 vor (Kaläm 49).
Bemerkt muß werden, daß sdma'änoh, Deminutiv von sime'ih, dual.
shne'fti, pl. sirne'Mten ist.
Ein Beleg für diese Form möge hier gegeben werden.
Gedicht 486 (S. 281):
'die ma'reboh telobed
iva-temökehen be-sdne
Jce-diro'oh di-be dote,
täwerom le-sime'h (fen .
Sieh, der Westwind schlägt um
Und rüttelt an der Saat.
Wenn die Erde (mit Grün) sich bekleidet vor dem Frühling,
nimmt der Wind die Kleinohr igen fort. 1)
Die Wurzel kommt nur noch in dem Worte sömak „kurz-
ohriger Sklave" im Gedicht 512 (S. 287) vor.
KSseh somah Jce-gemdhal
be-'dmq di-resemhentten.
Ich fand einen kurzohrigen (Sklaven) bei den Kamelen
In der Mitte des waldigen Hains.
Im Shauri kommt dasselbe Wort vor. Man sagt söma' , pl.
semd'ta und daneben nach einem Lautgesetz der Shauri -Sprache
auch si'-tni. si'inta „ kurzohrig" (von Menschen und Schafen), fem.
se'ent, pl. si'dn Mein Zafär-Mann kannte einen Beduinen, der Hdmed
$i'dn „Kurzohr" hieß. Die Grundform bleibt semah oder soma'.
Im Arabischen bedeutet *^>&\ „klein und vom Kopfe wenig
abstehend" (vom Ohr), über die Bedeutung kurzohriges Schaf ist
sonst nichts nachgewiesen. Außerdem buchen die Lexika das Wort
A+*o (neben -1**0 in der Bedeutung „Ohr" und k^+*o „das Gehör-
organ verletzen".
Eine sehr interessante Glosse haben uns die Mischna , die
Tosefta und der babylonische Talmud aufbewahrt. Im Traktat
Bechorot 7,4 (44a) heißt es: mDEsp t>5TNtö rra^str: inrN. „Was
ist n?-"^?" „ dessen Ohren klein sind". Ebenso Tosefta Bech. IV
1) Die Schafe mit kleinen Ohren, weil er das Futter vernichtet.
D. H. Müller, Mehrt- und Soqotri- Glossen. 783
g. E c^:tn ib --Nw '-z r::~±, d. h. WIS ist ein Tier, das keine
(oder sehr kleine) Ohren hat.
Auffallend ist Bech. Gemara 44 a w vn Nb ,?:^±- qs N:n
roniüNi ywz ■tfs i«n — :sp mm urti "»«Mb "■::•:: r:*£ i«n -:m
NT-""- Niia. „Die Boraytä fügt hinzu 3>n->5£. Die Gelehrten wußten
nicht was SM^S bedeutet, da hörten sie einen Araber ausrufen : Wer
will einen yn^S kaufen ? und es stellte sich heraus , daß er einen
Bock mit herabhängenden Ohren meinte".1)
3. 'odin.
Das Wort bedeutet „singen und sagen", ein paar Beispiele
mögen die Bedeutung sicherstellen.
Gedicht 60 (S. 170):
Id(y)6kok di-'eyyib menhi
her e'odinen 'am sSkirlc.
Es spotte meiner, wer da will,
Ich sing' im Bausche, halt' nicht still.
Gedicht 401 (S. 262):
L'dmsen ilhö te'odihin
il-qurdn ihdwetöben.
0, daß man doch meine Lieder
In Koranschrift schreibe nieder !
Gedicht 356 (S. 252):
'AI e'odinen sibSte
efo 'a l{y)ii>e'e menhi.
Ich singe und sage nicht gradheraus :
Es würden mir die Menschen machen reißaus.
Gedicht 490 (S. 282):
'Odin t di-kals te'odin
wu-hö 'agemhen lesdqlat.
Singe du, die zu singen versteht,
Und ich will stumm lernen.
Gedicht 514 (S. 287):
Dilaq siniyho te'ödhen
Kan be-hih tiö mahsäseh.
Viel sind bei mir die Lieder,
Die sind im Mund mir wie Kiessteine.2)
1) Mir scheint diese Glosse der Borayta von der Gemara mißverstanden
worden zu sein. Es handelt sich in Wirklichkeit nicht um eine dritte Art
der Ohrenbeschaflenheit , sondern um eine Glosse zu nW,2k (oder zu Z"2"SL je
nach den Lesarten). Übrigens ist die Deutung von N""1"!-; „herabhängend*
durchaus unsicher, da das Wort vnta\ Xsy6(iSVOV ist.
2) Ich muß sie losschlagen.
Bd. LVIII. 51
<S1 D. IL Mülle?; Mehri- und Soqotri- Glossen.
So fest und sicher die Bedeutung des Wertes ist, so unsicher
ist die Etymologie.
Die Ausdrücke für „Singen" in den andern semitischen Sprachen
können in keiner Weise mit 'odin zusammengestellt werden , auch
das Mehri und Shauri bieten keine Analogie.
Der Versuch einer Erklärung muß also auf Grund des Soqotri
allein gemacht werden. Nun sei hier noch vorausgeschickt, daß
keine andere semitische Sprache an Deminutivbildungen so reich
ist wie das Soqotri. Alle Arten der Deminutiva, die in den andern
semitischen Sprachen vereinzelt vorkommen , finden sich hier in
großer Menge und mit einander kombiniert. Eine sprachvergleichende
Untersuchung der Deminutiva müßte daher vom Soqotri ausgehen.
Eine der häufigsten Deminutivendungen ist en , z. B. riho
Wasser, Demin. nähen (also en kombiniert mit dem u der Form
Awots); kein Art, Dem. Jcanhin; rimid Asche, Dem. rimtdehen.
Die Deminutivendung en findet sich auch beim Verbum, z. B.
betoq, imperf. ibdtaq „schreiten", Demin. btdqohen „kleine Schritte
machen".1)
Nun glaube ich, daß 'odin „singen" als Deminutivbildung von
dem im Soqotri häufig vorkommenden Worte 'od (arab. Uc, hebr.
my) „gehen" anzusehen sei; 'odin heißt demnach ursprünglich
„einen kleinen Gang"' machen mit der Stimme, d. h. nach einer
bestimmten Melodie singen.
4. has wu-tim.
Der Soqotriausdruck für Los ist roh oder has wu-tim. So
heißt es in der Soqotri-Übersetzung des Propheten Jona , Kap. 2, 7
(S. 24):
wa-'Smer e thidüsin wuddihin na'mer roh (has wu-tim),
qehör ne'örib mis-seb mon de diah, wa-'emer roh wu-ete has
le- Yünän.
Da sprachen sie zu einander: Wohlan, laßt uns Lose werfen,
damit wir wissen durch wen (wessen Schuld) dieses Unheil ist.
Und sie warfen Lose und das Unglückslos traf Jona.
Ich muß hier gleich bemerken, daß der Ausdruck has wu-tim
aus einem arabischen Dialekt ins Soqotri herübergenommen worden
sein muß, weil sonst das h (^) im Soqotri nur in arabischen Lehn-
wörtern vorkommt.
Gleichviel, has wu-tim (^ ^y*£~) heißt Los oder Losorakel
und zwar bedeutet Um das Ganze, Vollkommene, Gute und has das
.Mangelhafte, das Unheil.
1) Vgl. Deminutiva des Verbums im Deutschen („tänzeln, lächeln,
gängeln" etc.).
D. H. Müller, Mehr/- und Soqotri- Glossen. ,85
Nun möchte ich mir die Frage erlauben, ob man nicht damit
das biblische Dittm D"mN vergleichen darf? — Daß D"02n dem
tim entspricht, braucht nicht erst gesagt zu werden. Dagegen darf
wohl die Vermutung ausgesprochen werden, daß c-nifit, dessen Ab-
leitung von -ns schon früher nicht als unmöglich hingestellt worden
ist, vielleicht dem Sinne nach mit has zusammenzustellen sei.
Eine höchst charakteristische Schilderung über den Gebrauch
des „Losorakels" bietet Samuel I , Kap. 14. Zuerst wird erzählt
(V, 24): „Saul nahm dem Volke einen Eid ab, also: „Verflucht
(~,l"iiS) sei jeder, der etwas bis zum Abend ißt". Jonathan, der
den Schwur nicht gehört hatte, bricht den Schwur und kostet etwas
Honig. Einer der Krieger macht ihn darauf aufmerksam und sagt
zu ihm (V. 28): „Dein Vater hat die Leute einen Eid schwören
lassen: Verflucht (TPiN) sei jeder, der heute etwas ißt". Als
man dann bei Gott anfragte, ob die Philister zu verfolgen sind, und
keine Antwort erfolgte, ließ Saul die „Versündigung" ermitteln,
indem er das Volk auf eine Seite und sich selbst und Jonathan
auf die andere Seite stellte und sprach: „Jahwe, Gott Israels,
zeige uns den Unschuldigen (□"Opm)B.
Fällt hier schon der Gegensatz von m-N und c-":p auf, so
tritt die Situation noch viel schärfer hervor, wenn man die gewiß ver-
derbte Stelle des MT. nach der LXX ergänzt und mit Wellhausen und
Driver liest (vgl. Kautzsch zur Stelle) (V. 41): Da rief Saul: „Jahwe,
du Gott Israels, weshalb hast du deinen Knechten nicht geantwortet?
Wenn diese Verschuldung an mir oder meinem Sohne Jonathan haftet,
Jahwe , du Gott Israels , so laß U r i m (rr^iN) erscheinen ; haftet
sie aber an deinem Volke Israel, so laß Tummim (o^pri) erscheinen!"
Da wurden Jonathan und Saul getroffen, das Volk ging frei aus.
Es muß also Urim erschienen sein, wie oben das Itus auf
Jonas fiel. Daß ^i> in gewissem Sinne einen Gegensatz zu ^j"
bildet, beweist die Glosse bei Muhlt el Muhlt (s. v. , ^r>): &/>l*Jt.
Herr Prof. Dr. A. Fischer schreibt mir:
„Die Verbindung Jl, , ~.i> ist mir, soweit mir erinnerlich,
niemals vorgekommen. Daß aber diese zwei Wurzeln, einzeln ge-
nommen, schon in der alten Sprache von „Lospfeilen", „Los-
anteilen" etc. gebraucht wurden, zeigen die Lexika (s. besonders
Lane , sub *„*.j II und sub ^^.^> I. IV. X und , ^^^.3») , sowie
folgende Stellen:
786 D- II- Müller, Mehri- und fioqotri- Glossen.
„Et dixi ei: ne raagni eum aestima [sie!], est enim sors inanis e
genere sortium ludi viliorum* (Vilmar, De Qutrubo commentatio,
p. 40, wo ^w.jLavJI wohl nur ein Druckfehler ist) ;
,Ihr habt mich wegen eurer Schutzgemeinschaft geschmäht, ohne
daß ich gefehlt hatte; das ist ein elendes einem seitens seiner
Schutzgenossen widerfahrendes Geschick" (Mutalammis , ed. Völlers,
Nr. IV, 18, verbessert von Barth, in dieser Zeitschrift, oben S. 221, 3);
Uiacl lXj; xjfj>i ^.Iä Lw.a***j» ^.gJU c,L5" ^.s ^}-^ r*z>\
„Ich lasse meine Genossen wählen; hat dann einer von ihnen nur
minderwertige Stücke (des geschlachteten Kamels) , so werden ihm
noch einige Anteile (Knochen?) zugelegt" (Asiär al -Hu dalli in , ed.
Kosegarten, Nr. LI, o; vgl. Huber, Meisir, 25, wo die Übersetzung
„ist dann einer von ihnen aus Habsucht mit seinen Stücken nicht
zufrieden" offenbar irrig ist), und
„Ich mache die Zahl meiner Mitspieler beim Maisir- Spiel voll und
schenke ihnen doppelte Gabe (d. h. die vom Kamel übriggebliebenen
Anteile) und fülle die große Schüssel mit Zubrot" (Näbira, ed. Ahl-
wardt, Nr. Pf", tf ; vgl. außer den von Ahlwardt mitgeteilten Zitaten
noch Hamäsa Ho, 21, Ibn Duraid , Istiqäq, ft, 1 und Landberg,
Primeurs arabes, I, H ; hinsichtlich der verschiedenen Deutungen von
f*j~*£i vgl. Huber, Meisir, 14. 42 und 55, hinsichtlich der Deutungen
von jqoLi^S -JuiA außer den Lexicis gleichfalls Huber, 43)".
787
The Inclian Kings named Siläditya, and the Kingdom
of Mo-la-p'o.
By
Vincent A. Smith.
In my recently published work on Indian history1) I have
dealt briefly with king Siläditya of Mo-la-p'o in the following
passage: — "Very little is known about the history of India during
the second half of the sixth Century. It is certain that no paramount
power existed, and that all the states of the Gangetic piain had
suffered severely froni the ravages of the Huns; but, excepting
bare catalogues of names in certain local dynastic lists, no facts
of general interest have been recorded.
The story of a certain king of one of the many independent
states which existed during those troublous times deserves notice,
not for its intrinsic hnportance , but on account of the serious
misinterpretation to which it has been subjected by several eminent
scholars. Hiuen Tsang, in the course of his extensive travels,
visited , about 640 A. D. , a kingdom at the head of the Gulf of
Cambay, which he calls Mo-la-p'o. The capital was situated on a
bend of the river Mahi, which enters the Arabian Sea near Cambay.2)
The countries of Kachchh (Cutch) and Änandapura (now in the
Baroda State) were dejiendencies of Mo-la-p'o, which was a rieh
and prosperous region inhabited by inen of exceptional intelligence
and learning. The kingdom thus described clearly corresponded
with the modern Bombay disti-icts of Kaira (Kherä) and Ahmadäbäd,
together with parts of Baroda and some adjoining territory.
The pilgrim ascertained from the records of this kingdom that
sixty yeai*s before his visit, or in 580 A. D. , the king had been
named Siläditya, a man of eminent wisdom and great learning, a
devout Buddhist, and so careful to preserve animal life that he
i) The Early History of India from 600 B. C. to the Muhammadan
Conquesl, includinrj the Invasion of Alexander the Great, by Vincent
A. Smith (Oxford, at tho Clarendon Press, 1904; pp. 279, 280). I follow
M. Chavannes in using tlio spelling Iliuen Tsang.
2) Properly "Khamb
788 I • &■• Smith, The Indian Kings named Siläditya, etc.
caused the drinking waler for bis liorses and elephants to be strained,
lest perchance any creature living in the water should be injured.
This pious prince had reigned for rnore than fifty years.
This interesting, but wholly detached, bit of Information about
a local Räja in Western India during tbe sixth Century has been
pressed into the Service of the general history of Northern India
in an unjustifiable manner. . The Chinese name Mo-la-p'o having
been transliterated ^as Mälava, several learned writers have rashly
assumed that this Siläditya was king of Mälava, or Central India,
the country around Ujjain ; and Mr. Beal actually dubs him as
"Siläditya of Ujjain." A glance at the map and perusal of the
pilgrim's text are sufficient to show that Mo-la-p'o, whatever be
the correct transliteration of the name , had nothing to do with
Mälava (Mälwä), which province lay on the other side of the Äravalli
mountains. The Siläditya of Mo-la-p'o had no political connexion
with Harsha-Siläditya of Kanauj and Thanesar, or with the history
of Northern India. These obvious remarks suffice to demolish a
large structure of purely imaginary history, built upon the assumption
that Mo-la-p'o was identical with Mälwä."1)
In the pages of a general history I could not fully explain
the grounds of my statements, and I propose to set them forth in
this article in a manner which will, I venture to think, convince
all readers that an unfortunate blunder committed, first by Yivien
de Saint-Martin and Stanislas Julien, and adopted by Mr. Beal and
his annotator Dr. Burgess , has grievously misled several eminent
Indian scholars, and has involved the history of India during the
seventh Century in needless confusion.
The first thing to settle is the true position of the kingdom
of Mo-la-p'o, which Mr. Beal and Dr. Burgess, following the French
authorities, rashly identified with Mälava, the state of which Ujjain
(Ujjayini) was the capital. The Chinese characters transliterated
as Mo-la-p'o undoubtedly might be the equivalent of Mälava, and,
if the context permitted that Interpretation , it might stand. But
there is no necessity to take Mälava as the proper rendering of
Mo-la-p'o; for other renderings are quite possible, as, for instance,
1) Hiuen Tsang, bk. xi, in Beal, Records, ii. pp. 260 — 70; where the
ibotnotes are not illuminating. Dr. Stein states that "Kalhana, himself, in a
subseqi^ent passage clearly designates this Vikramäditya-Harsa as the father of
Li ufi Silnditya-Pratü-paslla, irJ/om we hnow from a statement of Hiuen-
Tsiang to have flourished as ruler of Mälava (Ujjain) about sixty years
before his oivn Urne, i. e. about 580 A. D." (transl. Rcijat, vol. i, p. 66).
The statement italicized is quite erroneous. Dr. Hoernle , being misled in the
same way, has permitted himself to indulge in much fanciful speculation ("Some
Problems of Ancient Indian History," in J. R. A. S. 1903, pp. 545 — 70, especially
p. 553). His notion that Hiuen Tsang confounded Siläditya with Vikramäditya
(p. 565) has no substantial basis. Max Müller (India, p. 278) was also led
astray by Mr. Beal's blunder.
V. A. Smith, The Indian Kings named Süadüya, etc.
789
the medial l of the Chinese name may represent an Indian r. l)
The context most certainly does not allow us to represent Mo-la-p'o
by Mälava, and anybody who reads Hiuen Tsang's text with care
must see that the current rendering is inadmissible, notwithstanding
the weight of authority by which it is supported. The persistent
unanimity with which the error of Mr. Beal, Dr. Burgess and their
French predecessors , has been adopted by all English writers on
the subject seems to be due to the fact that Mr. Beal, (whose
1 in Cbao Ju-kua's ethnographical work, tlio C'hu-fan-chih, written about
1205 A. D. , or a little later, the name Mä-la-va is transliterated Ma-lo-hua
\J. R. A. S., 1896, p. 488). The reader wiL please note tliat ch iii Chinese
words has the English sound, that ofthe French tch, or German tsch. Älthough
I greatly dislike the use ofthe arbitrary syrabol c for the Sanskrit tJ, English ch,
I have feit bound to employ it in writing Indian words.
790 ' • A. Smith, The Indian Kings named Siläditya, etc.
version of the Travels is that usually consulted in England and
India) , having on page 260 (Vol. IT) transliterated the syllables
Mo-la-p'o by Mälava, Substitutes "Mälava" for the Chinese form in
the subsequent pages, and heads page 261 in capital letters "Siladitya
of Ujjain". Unsuspecting readers , whose attention had not been
directed specially to the question of identification, have accordingly
quoted Hiuen Tsang's observations as referring to the kingdom
of Mälava, of which Ujjain was the capital. But in reality the
State, of which the chief city was Ujjain, is clearly distinguished
by the pilgrini from the kingdom of Mo-la-p'o , the position of
which is defined by hirn in the most unmistakeable manner. I
say that the definition is unmistakeable, notwithstanding the fact
that some errors or corruptions have crept into the Chinese text.
But these defects in the text are not sufficient to throw the slightest
doubt upon the true position of the kingdom of Mo-la-p'o, as shown
in the accompanying map.
I now proceed to justify these positive assertions by showing
what it is that Hiuen Tsang really states concerning the relative
position of Mo-la-p'o and the surrounding kingdoms.1)
The pilgrim approached Mo-la-p'o from the south that is to
say, from Bharukaccha, the famous port near the mouth of the
Narmadä, commonly known as Broach , and more accurately as
Bharöc, which is situated in N. lat. 21° 43', E. long. 73° 2'. No
doubt is possible that the kingdom of Po-lu-kie-che-po, which Hiuen
Tsang reached after crossing the Narmadä (Nai-mo-to) river, was
that of Bharukaccha. He proceeds to say (ßeal , II, 260) that
"going from this north-west about 2000 It, we come to the country
of Mo-la-p'o".
This statement very clearly, and as will presently be shown,
quite accurately, places the kingdom of Mo-la-p'o to the north-west
of that of Bharukaccha.
But the alleged distance of 2000 li is absurd. Reckoned in
miles it would be equivaleut to about 350 English miles , and
estimated in day's journeys , at the rate of 50 li per diem ,-) it
1) Cunningham (Anc. Geogr. p. 491) supposed the town of Dhär, or
Dhäränagara, to represent the capital of Mo-la-p'o; and, starting from this
erroneous premiss, arrived at many equally mistaken conclusions. It does not
seem necessary to enter upon the formal discussion and refutation of tlieories
based upon a fundamental error.
2) "Un autre point qui vaut aussi la peine d'etre releve est le sens exact
de cette indication perpetuellement repetee dans le Journal de Hiuen-tsang:
"cinquante li ou environ". Prise ä la lettre, eile correspondrait ä dix-sept
kilometres au plus . . . Mais Hiuen-tsang n'arpentait pas, que nous sachions,
sa route: il comptait simplement par etapes, par la honne raison qu'il ne
pouvait compter autrement. "Environ cinquante Li" est l'approximation dont
il se sert couramment pour designer la longueur d'une journee de marche,
laquelle, bien que fort variable, etait et est encore en moyenne de quatre de
nos lieues." (Foucher, Notes sur la geographie ancienne du Gandhära,
Hanoi, 1902, p. 20.)
V. A. Smith, The Inclian Kings named Siladitya, etc. 791
would correspond to forty day's travelling. Evidently there is a
clerical error in the figure, which rnay be conjecturally amended
to 200.
The description of Mo-la-p'o which follows perinits of no
uncertainty as to the position of that kingdom. The capital,
(according to Beal), was defended (or "supported") on the south-east
(or „south and east") by, or, according to Julien, was situated to
the south-east (situee au sud-est de) of, the Mo-ho river. This
stream is clearly the well known river Mahl, which enters the
Gulf of Cambay (Kharnbäyat) from the north-east. To emphasize
still more plainly the true Situation of Mo-la-p'o, a Chinese coni-
mentator cited by Mr. Beal explains that the country is the same
as the southern Lo-lo country. Lo-lo, which Mr. Beal renders by
"Lara", is evidently Lata, the well-established name of Gujarät.
In due course, Hiuen Tsang proceeds to describe various neigh-
bouring kingdoms. "Going north-west", he observes, "from the
country of Mo-la-p'o, after passing over 300 li or so, we come to
the country of K'ie-ch'a (Kaccha)" {Beal, II, 263). Julien's version
(II, 161) agrees. Hwui-li's Life of Hiuen Tsiang (Beal, p. 149:
Julien, p. 206) defines the relative Situation of Mo-la-p'o and Kaccha
in the same sense. Julien's translation of the Vie states that "de
lä il fit trois cents li au nord-ouest, et arriva au royaume de
Ki-tch'a". Mr. Beal Substitutes "three days" for "300 li", and
translates "from this, going north-west three days, we come to the
kingdom of K'ie-Ch'a". Both translators agree that Kacch lay a
short distance to the north-west of Mo-la-p'o, amounting to fifty
or sixty English miles, or, at the most, six days' journey. Mo-la-p'o,
as has already been shown , was situated to the north-west of the
kingdom of Bharukaccha. We now learn further that it was to
the south-east of Kaccha, and consequently between the countries
of Kaccha and Bharukaccha, as shown in my map.
These undoubted facts are sufficiently intelligible and conclusive;
but they do not stand alone , and are supported by much other
evidence. The province of Kaccha (Cutch) , the pilgrim teils us,
was a dependeney of Mo-la-p'o, which also exercised soverei-ntv
over a second small subordinate state named 'O-nan-to-pu-lo , or
Änandapura, which must necessarily have adjoined Mo-la-])'o. Hiuen
Tsang places this dependent province of Änandapura 700 li to the
north-west of ValabhI. The position of ValabhT, the modern Walä
in the peninsular of Käthiäwäy, being perfectly well-known, a glance
at the map shows that there must be an error in the fcext. A
line drawn to a distance of 700 li (120 — 140 English miles) in
a north -westerly direction from ValabhI would bring us to the
oeighbourhood of Bhüj in Kacch. But when the text is corrected
by reading "north-east" (ie. between north and east) , for "north-
west", the distance proves to be correct, and we find ourselves at
Varnagar, situated tnidway between Ahmadäbäd and Mounl \ ' • 1 1.
792 V. A. Smith, The Indian Kings named Siläditya, etc.
Now Varnagar (Vadnagar) is proved by "irrefragable evidence", as
Mr. I>. R. Bhandarkar justly observes, to be the same as Änanda-
pura; and inspection of my mapsbows that, as might be expected,
the two provinces of Kaccba and Änandapura, which were dependent
on Mo-la-p'o, adjoined the dominant state, the former on the north-
western, and the latter on the northern side.1)
It is thus established beyond the possibility of doubt that
Mo-la-p'o was a kingdom of Western India lying between Bharu-
kaccha (Bharöc), Valabhl (Walä), Kaccha (Kacch or "Cutch"), and
Änandapura (Vadnagar); and that, consequently, it could not be
identical with Mälava, of which Ujjayini (Ujjain) was the capital.
This proposition, abundantly proved as it is by the foregoing
argument , is further confirmed when we examine Hiuen Tsang's
definition of the position of the kingdom of Ujjayini, or U-she-yen-na
(Beal, II, 270; Julien, II, 167). The pilgrim deduces the Situation
of this kingdom from that of the kingdom of Gurjjarä (Kiu-che-
lo, Beal; Kiu-tche-lo , Julien); and the true position of Gurjjarä
or Gurjjarä has been demonstrated by Mr. D. M. Bhandarkar in
the essay already cited.
"Going north", says Hiuen Tsang, "from the kingdom of Valabhl
(Va-la-pi) 1800 li or so, we come to the kingdom of Kiu-che-lo
(Gurjjarä)". The bearing and distance are both correct, although
of course the exact points from and to which the distance is reckoned
are not known. The distance is equivalent to 300 English miles, or
a little niore, and a point some 300 miles to the north either of the
town of Valabhl, or of the approximate frontier of the Valabhl
State undoubtedly falls within the limits of the Gurjjarä kingdom.
1) "The identification of Änandapura with Vadnagar is based, in my humble
opinion, on irrefragable evidence. The Vadnagar prasasti of the reign of
Kumärapäla distinctly makes mention of the town by the narne of Änandapura,
and speaks of it as containing a settlement of Brähmanas called Nagara (Ep.
Ind. I, pp. 295, 299, and 303). This is quite in accordance with the tradition
current among Nägar Brähmanas that their original seat was Vadnagar (Gujarät
Population in the Gazetteer of the Bombay Presidency , Vol. IX, Pt. I,
p. 13). Again, the Älinä charters of A. D. 649 and 656 were issued to the
same grantee who is described in the first as originally of Änarttapura, and in
the second as originally of Änandapura (Ind. Ant. VII, 75 and 79). This
means that Änandapura was also known by the name of Änarttapura. And,
as a matter of fact, according to populär stories, Vadnagar was called Änartta-
pura in the Treta-yuga (History of Gujarät in the Gazetteer of the Bombay
Presidency, Vol. I, Pt. 1, p. 6)." (Devadatti Bamkrishna Bhandarkar, "Gurjaras",
p. 2 of reprint, J. Bo. R. A. S„ read 13*h Nov. 1902.) "Verses 19 — 29 contain
the praise of the ancient Brähmanical settlement of Nagara or Änandapura ....
Änandapura, which now is usually called Vadnagar, or in Sanskrit Vriddhanagara,
lies in the Klieralu subdivision of the Kadi district, belonging to the Gaikoväd
of Baroda. The earliest mention of its existence occurs in Hiuen Tsiang's Travels
(Si-yu-Jci, vol. II, p. 268;. Somewhat lat^r its name appears in the Valabhl
land grants, and it is probably this Änandapura where Siläditya VI DhrfibliMta
issued bis sasana of (Gupta-) Saihvat 447" (Vajeshankar G. Ojhä and Bühler,
Ep. Ind. loc. cit. p. 293).
V. A. Smith, The Indian Kinfjs named Süaditya, etc. 793
Inscriptions prove that the kingdom or province of Gurjjara,
at dates prior to the middle of the tenth Century, included the
region to the north-east of Jödhpur, in the neighbourhood of the
Sämbhar Lake, and that it may be regarded as corresponding to
Central and Northern Räjputäna. The capital . which is called
Pi-lo-mi-lo by Hiuen Tsang, has not been identified, the attempte
to hx it at various places being unsuccessful.
From Gurjjara, says the pilgrira , "going south-east 2800 li
or so , we come to the country of U-she-yen-na" (Ujjayini). The
bearing is correctly stated, but the distance noted is excessive, and
quite double the true distance, if the li be assumed to be equivalent
to about 3/1 6th of an English mile of 1760 yards. The pilgrim's
Information was apparently derived from vague hearsay, which
exaggerated the length of the route on account of the difficult
marching through the wilds of the Aravalli ranges.
The kingdom of Chi-ki-to (Jejäkabhukti or Jijhöti), now known
as Bundelkhand, lay to the north of Ujjayini at a distance of about
1000 li. Both direction and distance are approximately correct.
Going 900 li or so further north the traveller would arrive
at the kingdom of Mahesvarapura , that is to say the Gwälior
territory;1) and, if he returned to Gurjjara, and went northward,
he would reach the river Sin-tu, and the kingdom of the same name,
that is to say, Sind. The river Sin-tu was probably the lost Hakrä,
or Wahindah, rather than the Indus.
All these particulars permit of no doubt concerning the Po-
sition of the kingdom of Ujjayini in relation to other states, and
it is obvious that Ujjayini, otherwise known as Mälava (Mälwä),
was remote and distinct from Mo-la-p'o. The king of the latter
was a Ksatriya by caste, and uncle (*? father's brother) of the Räja
of Valabhl, who was son-in-law of the son of Räja Harsa-Siläditya
of Kanauj and Thanesar. But the ruler of Ujjain was a Brahman,
well versed in the Hindu scriptures, and without belief in the law
of Buddha , which found little favour in bis dominions ; whereas
the population of Mo-la-p'o was fairly divided between the rival
creeds, as also was that of the dependent provinces of Kaccha and
Änandapura. The distinction between Ujjayini and Mo-la-p'o is so
obvious that I feel almost ashamed to irisist upon the proofs of
such a patent fact in wearisome detail, but the necessity is forced
1) In Mahesvarapura "the sectaries prineipallv belong to the Päsupatas"
(Beal, II, "_'7 1). Julien translates: — "II y a plusieurs dizaines de temples des
dieux, que frequentent surtout les sectaires qui se frottent de cendres les
Pämgcwpatas ". Compare the Gwälior insoription: — " Mihirahul-iti-khyäto-
bhangö yah Paäupatim;" "the lord of the earth, who i^ renowned under ihn
name of Mihirakula, (and) who, (himself) unhroken [broke the p'.wer of]
Pasupati." The verb is lacking in the text (Fleet, Gv/pta Inscriptions,
pp. 162, 163).
<04 I • A. Smith, The Indian Kings named Süaditya, etc.
upon me by the stränge persistence of the erroneous opinion iden-
tifying the two kiugdoms.
The original author of the blunder was Yivien de Saint-
Martin,1) whose opinions on matters of geography were accepted
by Stanislas Julien. The mistake thus authoritatively introduced
was adopted by Mr. Beal , as well as by Dr. Burgess, who wrote
many of the notes for Mr. Beal's Version of Hiuen Tsang's Travels.
But Dr. Burgess evidently was not altogether unconscious of the
difficulties in the way of identifying two totally distinct kingdoms,
which are separately described by the author whose text he was
annotating, and his qualms have resulted in the production of some
very odd notes, which I forbear frorn criticising in detail.
The foregoing commentary on Hiuen Tsang's account of Western
India shows that his observations, as they stand in the text of the
Travels, are by no means so erroneous as has been supposed. The only
errors in the bearings are those which place Valabhl to the north of
Kaccha (Beal II, 266), instead of the south; and Änandapura to the
north-west of Valabhl, instead of the north-east. Whether these
mistakes are due to slips in the pilgrim's original notes or to
clerical errors of transcription I cannot say. The absolute and
relative positions of Kaccha, Valabhl, and Änandapura both being
certain, there is no doubt that the bearings referred to are erroneous
as given in the text, and require correction in the manner proposed.
The estimated distances stated are clearly wrong also in two
cases only; the intervals between Bharukaccha and Mo-la-p'o, and
between Gurjjara and Ujjayinl being much exaggerated. The origin
of these errors likewise cannot be explained with certainty.
But the admitted existence of these faults in Hiuen Tsang's
text, whatever be their origin, does not in the least affect the facts
that the kingdom of Mo-la-p'o lay to the north-west of Bharukaccha,
to the south-east of Kaccha, and to the south of both Änandapura
and Gurjjara; whereas the kingdom of Ujjayinl lay a long way
to the south-east of the last named state, and was totally distinct
from Mo-la-p'o. The learned authors, therefore, who identify Mo-
la-p'o with Mälava, meaning by the latter term the kingdom of
Ujjayinl, are demonstrably mistaken; and the king Siläditya of
Mo-la-p'o who reigned sixty years prior to Hiuen Tsang's visit
cannot possibly have been "Siläditya of Ujjain", as Mr. Beal calls him.
I shall conclude by a brief notice of the false theories of Indian
history which have been based upon the blunder committed by
Vivien de Saint-Martin and his copyists.
The wildly unhistorical legends of the early books of the
Rüjatarahgini have been pressed into the Service of the theorists
and made to yield astonishing results. Kalhana teils us that a
li Memoire Analytique, in Julien, Memoires sur les Contrees occi-
dentales, Vol. II, p. 403.'
V. A. Smith, The Indian Kings named Siläditya, etc. 795
king of Kasmir named Pravarasena "replaced Pratäpaslla, also called
Siläditya , the son of Vikramäditya , who had beert dethroned by
enemies, in tbe kingdom of his father"^ (Bk. III, 330). Upon this
passage Dr. Stein's comiuent is that "Siläditya-Pratäpaslla can be
identified with Siläditya of Mälava, whom Hiuen-tsiang (Si-yu-Jci,
II, p. 261) mentions as having flourished sixty years before his
own time, and apparently indicates as the successor of Vikramäditya
(l. c, I, p. 108). Prof. M. Müller, Indta, p. 289, assigns to Siläditya
hypothetically a reign from 550 to 600 A. D."
In the Introduction to his translation of the Räjatarangim
(Vol. I, p. 66), tbe same scholar observes: — "The reference which
Kalhana makes to the great Vikramäditya-Harsa of Ujjayinl, in
connection with the next reign, that of the poet Mätrgupta, exposes
a chronological error of equal magnitude. Kalhana , true to his
chronological scheme, identifies this king with the Vikramäditya
whose victory over the Sakas he, in agreement with an old populär
theory, supposed to be commemoi*ated by the initial date of the
Saka era, 78 A. D. Yet Kalhana hirnseif , in a subsequent passage
[as quoted above] clearly designates this Vikramäditya-Harsa as
the father of king Siläditya-Pratäpaslla, whom we know from a
Statement of Hiuen-tsiang to have flourished as ruler of Mälava
(Ujjain) about sixty years before his own time, ie. about A. D. 580."
We do not know anything of the kind. The king Siläditya
who lived sixty years prior to Hiuen Tsang's travels was the Räja
of the small State of Mo-la-p'o in Western India, and had no concern
with Ujjam , nor is there the slightest reason for conneeting him
with the Siläditya-Pratäpaslla, mentioned by Kalbana in his confused
jumble of traditions.
Hiuen Tsang in Book II of his Travels (Beal, Vol. I, pp. 106
— 108) narrates mere folk-lore stories about a mythical king of
SrävastT, named Vikramäditya, and remarks that "a little afterwards
Vikramäditya-räja lost his kingdom, and was succeeded by a monarch
who widely patronised those distinguished for literary merit". The
note to this passage (by Mr. Beal or Dr. Burgess?) contains the
curious comment that "this would appear to be Siläditya of Ujjain,
spoken of by Hiuen Tsiang (Book XI) as having lived sixty years
before his own time". As there was no such person as "•Siläditya
of Ujjain", it is not worth while U> ciitici/.e these observathms in
detail. For the same reason, Max Müller's discussion (India, pp. 288.
:>'.>) niay be dismissed without further commentary.
A very ingenious, though unconvincing, essay by Dr. Hoernle
dealing with some problems of ancienl Indian history ') is open to
destructive criticism from various sides; but at present I need only
point out that his argumenl assumes throughout the identitj of
1) "Some Problems of Ancient Indian History" (*/. //. A. S., L903,
pp. 545 - 70).
796 I ■ A> Smith, The Indian Kings named Siladitya, etc.
the kingdom of Mo-la-p'o with that of Ujjain. The learned author
has sueeeeded in persuading himself of the existence of a person
nauied "Siladitya, Vikramäditya's son", who was the "Mälava em-
peror" in 606 A. D., a purely imaginary creation, and, has evolved
a fanciful hypothesis that Hiuen Tsang confounded Siladitya and
Vikramäditya (p. 566). Many pages would he required to prove
in detail the unsubstantial nature of Dr. Hoernle's theories, but
I trust that I may be excused from undertaking so unwelcome a
task. Hiuen Tsang's aecount of Siladitya of Mo-la-p'o is perfectly
clear and intelligible, heing based upon local records, and has nothing
whatever to do with any Vikramäditya. The Master of the Law
is not responsible for the confusion in which European writers
have involved a simple matter.
The narne or title of Siladitya was very commonly assumed
by Indian Räjas in the sixth, seventh, and eighth centuries. The
list of the kings of Valabhl {Ind. Ant. XV, 273) includes no less
than seven Silädityas. The most famous monarch of the name was
Harsa , or Harsa-varddhana , Lord Paramount of Northern India
from 606 to 648 A. D., who is always spoken of by Hiuen Tsang
as Siladitya. He was the son of Prabhäkaravarddhana , who was
also called Pratäpasila,1) and had nothing to do with Siladitya of
Mo-la-p'o. I have discussed his reign fully in chapter XIII of my
book, to which I may be permitted to refer the reader.
1) Bana, Harsa-Carita, transl. Cowell and Thomas, p. 101.
797
Notizen.
Von
Siegmund Fraenkel.
1. Zu S. 664 ff. oben.
Die Kombination von "pn-1 mit K.x?i (S. 665, Mitte) wird aucb
lautlich dadurch gestützt, daß der sporadische Lautwandel (aramäisch
i = arab. |) sich in der Nachbarschaft von n noch einmal findet,
nämlich in der bekannten Gleichung JJo*., = J>^|. Vielleicht liegt
ein ähnlicher Fall auch bei -pfv; vor, wenn man dies zu „zc ziehen
darf. Zu dem arabischen Lautbestande stimmt allerdings syr. iojA.
= jüd.-ar. ^n« Levy, Nhbr. WB. I, 56 a 1. 32 Nr. 2 (dort wohl
falsch erklärt). —
Mit seiner Bemerkung über das angeblich arabische, in Wirk-
lichkeit aramäische Nnrv ist Fischer, wie ja schon durch den
Eingang der Nachricht des Midras deutlich wird , zweifellos im
Eechte.1) Dagegen bedürfen seine grammatischen Notizen S. 666,
Anm. 1 der Richtigstellung. 1. ■•tfböa kann niemals „die Kamele"
bedeuten. Die entgegenstehenden Angaben in der sehr unzuver-
lässigen Abhandlung von Levias (Zeitschr. f. hebr. Bibliogr. 5,
S. 92 — 94), durch die Fischer irre geführt worden ist, beruhen auf
Mißverständnissen oder Textkorruptionen. 2. Das n am Anfange
von -'Nbastt ist kein prosthetischer Vokal, sondern = bi' (Nöldeke,
Mand. Gramm. 58 Anm. 2)."2)
1) Unter N*3""' ist in jüdischen Schriften häutig die römische Provinz
Arabia zu verstehen.
[2) Dieselbe Belehrung läßt mir brieflich W. Ha eher zu teil werden,
unter Hinweis auf Levias, Grammar, § 170. Auch Dalman, Grammatik, S. 180,
4 v. u. wäre zu vergleichen. Die Behandlung des l von 53> in diesen ost-
aramäischen Idiomen zeigt also eine gewisse Ähnlichkeit mit der des / von
(Jw£ in verschiedenen neuarabischen Dialekten. Vgl. Spitta, Grammatik, §§ 10, b
und 83, b, 5; Reinhardt, Ein arab. Dial. gespr. in 'Oman und Zanzibar, §§8, 1. b
und 175 ff.; Landberg, Proverbes et dictons, l 13, und Dialectes de l'Arabie Meridio-
nale, vol. I, p. 163, 3 v. u.; auch Stumme, Grammatik des tunis. Arabisch, § L69, 5;
Meissner, Neuarab. Geschichten aus dem Iraq, §§ '-'. " und 17, a, 3; Socin, Diwan
798 Framkel, Notizen.
_'. Zur Fabel von Wolf und Kranich
(diese Zeitschrift 57, 660).
Zu den verschiedenen von Hertel gesammelten Fassungen dieser
Geschichte kann noch eine hinzugefügt werden. Genes. Rabb. Per.
64 g. E. : Rabbi Josua b. Chanina trug, um das Volk von einer
Empörung gegen die Römer zurückzuhalten, Folgendes vor:
Einem Löwen, der seine Beute zerfleischte, blieb ein Knochen
im Halse stecken. Da sagte er: „Wer kommt und ihn herauszieht,
den belohne ich". Es kam nun das ägyptische Rebhuhn, das einen
langen Schnabel hat , und zog den Knochen mit seinem Schnabel
heraus. Als es dann aber sprach: „Gieb mir meinen Lohn", da
sagte der Löwe : „Gehe und freue dich sagen zu können , daß du
unversehrt aus dem Rachen des Löwen gekommen bist, so wie du
hineinkamst".
Bemerkenswert an dieser Variante ist, abgesehen von der Ein-
führung eines in den sonstigen Fassungen nicht auftretenden Vogels,
besonders auch, daß sie mit den indischen Erzählungen vom Löwen
handelt und nicht wie die griechische und lateinische vom Wolfe.
Vielleicht ist auch hier ein alter, durch persische Vermittelung zu
erklärender Zusammenhang, wie bei der Fabel von dem Kamel,
das Hörner sucht (Nöldeke, Erzählung vom Mäusekönig, S. 10).
aus Centralarabien , Teil III, § 167; Stumme, Märchen u. Ged. aus Tripolis,
Teil II, § 175 u. a. Ausätze zu dieser fortschreitenden Verkümmerung von ^c
rinden sich schon im Altarabischen in
Bildungen wie (jto-lc für (_>i?.bM -Xc
und sljlc für tlÜ Jlc; vgl. Sib. II, S. frS, 3 und dazu Jahn; Mufassal
S. I1v, 3 und dazu Ibn Iaäll II, If11, 9; AnbärT, Asrär 111, 16; Kämil W, 14;
Hamäsa (*, 6 v. u. etc. A. Fischer.]
799
Der hebräische Vokalname Melopum.
Von
AV. Baclier.
In einer „didaktischen Studie" zum hebräischen Leseunterrichte,
die N. Adler, Lehrer in Fürth, im März d. J. im Anschlüsse an
„Hebräische Buchstaben bilder1- herausgab, fand Eberhard Nestle
eine übrigens ganz unwissenschaftliche Liste der Namen der hebrä-
ischen Vokalzeichen und in dieser Liste für — (u) die Benennung
„Melupurn", unmittelbar nach „Schuruk", der Benennung des 1 (ü).
Von diesem Kuriosum ausgehend, stellte er (oben S. 597 — 600)
in einer, mancherlei Angaben darbietenden interessanten kleinen
Studie die Tatsache fest, daß in Bezug auf den Terminus „Melupurn"
ein sonderbarer Widerstreit zwischen den grammatischen Schrift-
stellern obwaltet, speziell daß jüdische Grammatiker mit demselben
Terminus auch das gewöhnlich Cholem genannte Vokalzeichen be-
nennen. Um diese Sonderbarkeit der grammatischen Terminologie
zu beleuchten, will ich eine kurze Geschichte der Anwendung des
Ausdruckes Melopum (so muß es richtig heißen: DIQ'Nbw)1) bieten,
welche die von Nestle festgestellte Tatsache vielleicht weniger
auffallend erscheinen lassen wird.
I. Von den ältesten Zeiten bis Joseph Kimchi (excl.).
In diesem Zeiträume, der mit der Terminologie der Massora
beginnt und durch die Neuerung J o s e p h K i m c h i 's und seiner
Söhne schließt, kannte die hebräische Grammatik nur sieben Vokale
(resp. Vokalzeichen), die sogen, „sieben Könige''. Kurzes o (o)
wurde mit demselben Zeichen geschrieben und also mit demselben
Namen (Kamez) benannt wie langes a (a) ; die Vokalzeichen gründeten
sich auf die Qualität der Vokale, die Quantität war ganz unberück-
sichtigt geblieben. Zwischen — und 1 bestand nur ein ortho-
graphischer Unterschied , ebenso ' wie , und das bleibt so auch in
1) Die richtigere Aussprache wäre: Melophum. Ich selbst behalte das p
bei, um nicht zu sehr von Nestle's Schreibung abzuweichen.
Bd. LVIII. 52
800 Bacher, Der hebräische Vokalname Melopum.
der Folgezeit, zwischen ' — und i . In der ältesten Liste der sieben
Vokale, die sich in Aharon Ben A s c h e r 's Dikduke Teamim (ed.
Baer und Strack, p. 12) findet, heißt der 5. und 6. nbn und pn\p
(ursprünglich offenbar öbtt, p*TC; die vorliegende Punktation der
zwei Worte ist spätem Datums). In dem Paragraphen selbst, dem
diese Liste angehängt ist, werden die Vokale Cholem und Schurek
nur als nnN ~"~: („ein Punkt") und als in bezeichnet. Die
Massora parva zu II Sam. 6, 23 drückt die Angabe, daß ~rn73
sonst nicht vorkommt und das gleichbedeutende T\T\VZ sich auch
nur einmal (I Sam. 4, 20) findet, so aus : ms yiap im ms Nb73 rpb .
Das Cholem heißt also Melö-pum *) (Fülle, vollständige Öffnung des
Mundes), das Schurek Kibbuz-pum (Zusammenziehung des Mundes).
Dieses Wortpaar ist eines der Paare, welche die große Massora
in einer Liste zusammenstellt (Ochla we-Ochla N. 55, S. 58 ed.
Frensdorff), mit der Überschrift: ms Nb?3 nm in yo -pmi n"d
ms y72p im (ebenso Massora ed. Ginsburg, 3 529a). In der Massora
finalis (i, 13) steht dafür: in "im IN "in V-MT n"s. S. auch
ZDMG. 49, 16, Anm. 6. — Der karäische Lexikograph David
b. Abraham hat für Cholem und Schurek nur die Bezeichnungen
IN und in. Bei den Schülern Menachem b. Saruk's, in ihrer
Streitschrift gegen Dunasch b. Lab rät, heißt Cholem B der
Punkt über dem^Waw" (virt by rrnpra), Schurek der „ Punkt im
Waw" nmnn miprn). Jehudi b. Schescheth, der Schüler
und Verteidiger Dunasch's, nennt den letzten Vokal im Worte niabs
so: br"7: -~i-pz msNbü. — Je hu da Hajjüg in seinen zwei
arabischen Werken über die schwachen und doppellautigen Verba be-
zeichnet sowohl Cholem als Schurek mit dem arabischen Verbum
^.ä> (aus dem der arabische Vokalname Z+Xo gebildet ist). Aber
er sagt auch einmal: übn^b ***.<&* ', einmal auch (ed. Jastrow,
p. ff unten) y?:p £ p-ni) ^ sbn p^**** (s. Die grammatische
Terminologie des Hajjüg, S. 18). Abulwalld Merwän Ibn
Ganäh gebraucht innerhalb des arabischen Kontextes die hebrä-
ischen Vokalnamen nbn und p-nü (s. z. B. Kitäb al-usül, ed. Neu-
bauer, Kol. 476, Z. 30). Von den beiden Übersetzern Hajjüg s, beide
1) Wahrscheinlich wurde der erste Bestandteil des Ausdrucks ursprüng-
lich N272 (rnelä) ausgesprochen, war also auch aramäisch gleich dem zweiten
Bestandteile (Dls); vgl. b. Aboda zara 79a: 7"!"I"22SN Nt>72. Jedoch gewöhnte
man sich später wohl daran, jenen hebräisch auszusprechen. Vgl. das bei Levy
(Wb. zu den Targumim II, 37 a) verzeichnete Beispiel aus dem paläst. Targum zu
Num. .'Jö, 17 : NT N1~72. Der unten zu erwähnende Grammatiker Ab r. Balmes
punktiert D1S Nbü (male-jmm) ; er sah also im ersten Bestandteil des Aus-
druckes ein Adjektivum.
Bacher, Der liehräische Vbkalname Melopum. $01
große Grammatiker , wendet der eine , Moses Ibn Gikatilla,
nur nbn und p'niö an: der andere, Abraham Ibn Esra, bedient
sich auch des Ausdrucks msNb?3. Für ^äJLj bei Hajjüg (ed. Jastrow,
p. o, Z. 10), wofür Ibn Gikatilla p-ran bat, setzt Ibn Esra: ynps
msiöm. Gemeint ist der ü- Vokal des iy~, Nin^, für den also
Ibn Esra den aus ms \*i2.p (s. unten) gekürzten Namen, die genaue
Übersetzung des arabischen ^a, anwendet, außerdem aber das alt-
massoretische ms Nbn hinzusetzt. Ibn Esra ist also der erste,
der — wenigstens hier — das Schurek „Melopum" nennt.1) Doch
hatte dies auf den grammatischen Sprachgebrauch zunächst keine
Wirkung; Ibn Esra selbst sagt in seinen grammatischen Schriften
ausdrücklich, daß das Cholem auch ms Nb72, das Schurek auch
ms yimp genannt werde (s. mein Abraham Ibn Esra als Gramma-
tiker, S. 62 f.). In dem auf J e h u d a I b n B a 1 a a m zurückgehenden
Werke N"ipnn "WE (ed. Mercier p. 13 b)-) ist in der Liste der
Vokale als erster genannt: ms ühiz übin (mit dem Zusätze: ->sb
nsn übl2i2 Nirv£), als letzter: pTnü, mit der ausdrücklichen Angabe,
daß dieser Name sowohl die Schreibung — , als die Schreibung 1
betreffe ("pna rmp: mimy Dsnb^m it zi''b2 it na?3bn rnmp: 'a
D'nb in« DTZ51 -n"-).
In dem vorkimchischen Zeiträume war also ülSNb'Q — ab-
gesehen von dem vereinzelten und unsichern Beispiele bei Ibn Esra
ausschließlich Bezeichnung des C h o 1 e
in.
II. Von Joseph Kimchi bis Elia Levita (incl.).
Joseph Kimchi, einer der ersten Propagatoren der in Spanien
zur Blüte gelangten hebräischen Sprachwissenschaft, verfaßte — in
den Spuren seines altern Zeitgenossen Abraham Ibn Esra wandelnd,
aber mit größerem didaktischen Geschicke — ein Lehrbuch der
hebräischen Sprache ("p~DT "ISO, von mir 1888 in den Schriften
des Literaturvereins Mekize Nirdamim herausgegeben). In dieser
Grammatik (S. 17) erscheint zum ersten Male die Einteilung der
Vokale in fünf lange und fünf kurze, wodurch die bisher
auf Grund der Punktation als feststehend angenommene Zahl der
Vokale um drei vermehrt und die Lehre von den Vokalen, welche
1) Vielleicht aber meint Ibn Esra auch hier mit mSN-73 das Cholem;
nur muß man annehmen, daß er die von Hajjüg gegebene Regel über die Aus-
sprache des Schewa auch auf solche Fälle bezieht, in denen dem Schewa ein
Guttural mit Cholem folgt (z. B. "H"?). Allerdings bietet H. nur Beispiele
mit Schurek.
2) S. meinen Aufsatz in der Grätz'schen Monatsschrift, XXXIV i L885),
468—480, 497—504.
52*
802 Bacher, Der hebräische Vokalname Melopum.
bisher die Quantität nicht berücksichtigte, von Grund aus uni-
gestaltet wurde. Diese , durch das Vorbild der von Joseph Kimchi
gekannten lateinischen Grammatik angeregte Neuerung mußte
auch auf die Nomenklatur der Vokale (resp. ihrer Zeichen) eine
umgestaltende Wirkung ausüben. Joseph Kimchi selbst nennt den
langen Vokal i« Cholem (abin), den langen Vokal i: V'-q p"miö
(Schurek mit Waw), den kurzen Vokal — : Vi Nbn p-niü (Schurek
ohne Waw). In zwei Handschriften findet sich beim letzten Vokal
der — wahrscheinlich von Moses dem Nakdan herrührende und
durch Moses Kimchi beeinflußte, — Zusatz: DTSU5 ynp ffiMJi
(d. i. das ms yap der Massora und Ibn Esra's). Dieser Zusatz
zeigte die Differenzierung der beiden, in dem vorigen Zeit-
räume üblich gewordenen Namen des w-Lautes: p"rna wird Name
des langen, Viap der Name des kurzen Vokales. Diese Diffe-
renzierung ist trotz der noch zu erwähnenden Schwankungen sieg-
reich geblieben und hat auch heute, wenn die Vokalzeichen hebräisch
bezeichnet werden , allgemeine Geltung. Bei Moses Kimchi,
dessen Grammatik besonders in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahr-
hunderts das am meisten benutzte Lehrbuch des Hebräischen wurde,
heißt ü: p^liö, ü: mrisiZJ yisp; ö: Dbin. Dieselben Namen hat
David Kimchi im Michlol, zu Beginn der Abteilung über die
Verba (ed. 1545, p. 48 a). Den Namen DlBSbü nennt keiner der
drei Kimchis. Das in Jemen am Ende des 14. Jahrhunderts ver-
faßte und von J. Derenbourg unter dem Namen „ Manuel du
Lecteur (&mpn rn-mn) herausgegebene anonyme massoretisch-
grammatische Lehrbuch nennt als ersten der Vokale (p. 54): Dbin
ms Nbn N~ip:n Nim. Bei Samuel b. Meir, dem Enkel Raschi's
— was hier nachträglich bemerkt werden möge — heißt das Cholem :
Melopum (s. Eos in, R. Samuel b. Meir als Schrifterklärer, S. 130).
— Den Ausdruck ms übl2 wendet auch Elija Levita, mit dem
dieser Zeitraum abschließt, nicht an. Er gebraucht für ö, ü und
ü die Namen Cholem, Schurek, Kibbuz (s. z. B..Massoreth-Hamassoreth,
ed. Ginsburg, S. 152 ff.; im Bachur (S. 52b, 77a, ed. Mantua) setzt
er statt Kibbuz: nmpa lübiü (»drei Punkte"), welcher Ausdruck
in alter Zeit das Segol bezeichnete (so bei Ben Ascher, David
b. Abraham, s. Die gramm. Terminologie des Hajjüg, S. 18; bei
Tobija b. Elieser, s. Buber's Einleitung zum Lekach Tob, S. 29 f.).
S. auch sein Perek Schira, Venedig 1546, p. 49 b: pTnö Dnpna
rmp: löbia. — Levita's Zeitgenosse Abraham Balmes erwähnt
in seiner gelehrten Grammatik Mikneh Abram (Venedig 1523), der
Vokal DTEiü yop (welchen Namen er von M. Kimchi übernimmt)
heiße auch 'jüj? pJnittJ', sowie nmp: üjbüJ. Diese Namen für ü (— )
werden uns auch im nächsten Zeiträume begegnen. — Bei Balmes
treffen wir zum ersten Male die ausdrückliche Anführung der
Bacher, Der hebräische Vokalname Melopum. 803
Ansicht , daß das Schurek (ü) auch Dis N-7: x) heiße. Die Stelle
lautet:'2) ^"" nip^iü bs> 1733 vriöiDa. p'riiü Wanöiri in -'S p-?^*
•c-Nr rnti; br ynip NH?ttrt iNÄiaa -z Disabtt -n---^ -: «j -jrb-
'-"•: NbM. Für das Cholem nennt Balmes den Namen Melopum
nicht . aber es ist aus einigen seiner Äußerungen ersichtlich , daß
dieser Name nach ihm in erster Reihe dem Vokale Cholem zukommt.
So beginnt er eine Erörterung über das Schurek (ü) mit den "Worten :
. . . übirD v:3 ia^ßwä nVn cid «ba iaiü -os) p'vnsrii. Ein von
Balmes selbst erfundener Terminus ist ais «btt y?2p für o. Er
sagt darüber: Dbinb rrci- iNSTO "»3 }3 N-~: DIB Nb» y»)?tj1
qain? Nasan -x-: tn'--Zw qiar y»^ ^"T~." isibna. In
dieser letzteren Anwendung des Ausdrucks fand Balmes keine
Nachfolge; hingegen beweist die Stelle über das Schurek, daß man
schon vor Balmes hie und da nicht das Cholem, sondern das Schurek
Melopum nannte. Das scheint damit zusammenzuhängen, daß der
Ausdruck nicht in der ursprünglichen Bedeutung („volle Mund-
öffnung ") verstanden wurde, sondern daß man dabei an den „vollen
Mund" dachte (wie ihn Balmes auch ausdrücklich umschreibt) und
die Gebärde des vollen und dabei sich schließenden Mundes bei der
Aussprache des ü, nicht des ö erkannte.
III. Tom sechzehnten Jahrhundert bis zur Gegenwart.
Die Benennung des langen u-Lautes (in) mit Melopum findet
sich noch vor Balmes bei den zwei christlichen Autoren, die
Nestle anführt. Beide, sowohl Pellicanus als Nigri, geben an.
D"1? »ibn sei der Name des IN, -p^rc der des N (a. a, 0., S. 599).
Offenbar haben sie dies von ihren jüdischen Lehrern überkommen.
Man hat also in jüdischen Kreisen Deutschlands in der
zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts die Benennung -p-\Tü
auf den kurzen «-Laut beschränkt und diesen ü gesprochen (wie
ebenfalls Pellicanus und Nigri angeben) , die Benennung DnSNbn
hingegen dem mit i geschriebenen (langen) ü zugewiesen. Die
Aussprache D^ölbö (Pellicanus transkribiert: mellupim , Nigri:
meluppim) beruht auf der, auch bei den übrigen Vokalnamen an-
gewendeten und aller Grammatik ins Gesicht schlagenden Methode,
den Laut des benannten Vokals in dessen Namen hören zu lassen ;
also Nib72 statt fcribö. Warum aber n-s statt D12? Dies kann
entweder auf der Absicht beruhen, das aramäische Wort zu beseitigen,
oder es ist inkorrekte "Wiedergabe des von den jüdischen Lehrern
Überkommenen.8) Wenn die Aussprache „Melupum", die no<
1) Balmes punktiert Nbö, s. oben S. 800, Anm. 1.
_■ Das Werk ist dicht paginiert. Die hier angeführten Stellen finden
sich auf Bl. 14—16 (m*Tp3fi "■"•-).
3) Viell. soll "'— — den M-Laut wiedergeben.
§04 Bacher, Der hebräische Vokalname Melopum.
Jahre 1904 in der Liste Adlers figuriert, auf lebendiger Lehrer-
tradition beruht, was ich voraussetze, so darf man annehmen, daß
auch die Lehrer Pellican's und Nigri's Melupum sagten (wie man
etwa auch p'niia sagte , um in beiden Silben den w-Laut hören zu
lassen), sie aber Melupim hörten und den Vokalnamen so transkri-
bierten. In den bald anzuführenden Zitaten aus den Schriften
jüdischer Grammatiker Deutschlands findet sich nirgends die Schrei-
bung D-'SNlbü (mit i in der zweiten Silbe). — Wenn nun auch die
Anwendung- des Terminus Melopum auf das Schurek für die Wende
des 15. und 16. Jahrhunderts in jüdischen Kreisen bezeugt ist, so
hat die grammatische Wissenschaft au dem historischen Rechte des
Cholem auf diesen Namen festgehalten. Buxtorf hat in seinem
Lexicon Chalclaicum, Talmudicum et Rabbinicum (Basel 1639) auch
einen kurzen Artikel Nbtt, bloß um anzugeben: „ÜIBN'bE plenitudo
oris. Sic Grammatici vocant Cholem". In Deutschland jedoch wurde
es bei den Juden üblich, das Schurek (in) als Melopum zu be-
zeichnen. Dies bezeugen die meisten jüdischen Grammatiker des
18. Jahrhunderts. Chajjim b. Naphtali Koeslin in seiner
mehrfach edierten Grammatik blböE 1ED (Hamburg 1788; ich be-
nutze die zweite Ausgabe, Brunn 1796) gibt für IN, IN und —
die Namen übin, DienVu und p-nia (S. 69 a), fügt aber zu seiner
Liste der Vokale die Bemerkung hinzu, das seien die bei den
deutschen Juden üblichen Namen (D,i:;cs- ■'SO ErbaTi^n nTWöa),
während bei den Sephardim mcNbn (wie schon bei den Franzosen,
z. B. Raschi) der Name des Cholem sei und in bei den Sephardim
p^rnu oder blia pTnö, — yop oder -pp pmö heiße. Jacob
b. Josua Koben in seiner Grammatik a^n "»~r; (Berlin 1796)
hat folgende Angabe (p. 4 a): yop DlBNbn Niprrr Nim bllS p-mü
pp p*riia Nnp;n Nim. In Chajjim b. Moses Schack's ü^n -r
(Prag 1759), p. 3b, heißt es: DlDNbtt ims Ü^NTJp C^-iccn- Db",n;
ferner: bna pTNö im» trNmp B"»-ns)Orn . . . üissbia; endlich:
•pp -p"''^ '™ '? -:ri dtbiö yop im« ü\siip a-n^eorn -p^ro.
In Aharon b. Zebi's T,W2 b~N (Zolkiew 1764; ich benutze die
2. Ausgabe, Sulzbach 1771) lesen wir (7a): pTiiB N, IN BlENbW;
ebendas. : p-niö imN V'1^ ^1 DlENb» bip. — Dieselbe Angabe
steht auch in Moses Hechim's IfTTa r.z:z (Fürth 1790), p. la.
— Von den am Anfange des 19. Jahrhunderts aus der Schule
Mendelssohns hervorgegangenen hebräischen Grammatikern erwähne
ich Schalom Kohen, der in seinem deutsch mit hebräischen
Lettern verfaßten Lehrbuche, rn^a? -jittib rnin (Berlin 1802; ich
zitiere die Ausgabe Prag 1816), die beiden u- Vokale so bezeichnet
(S. 6): b"m piTO IN oder BIS «bn, und pp piiffi N oder "*".
Ferner Joel Löwe (Berlin 1794; ich zitiere die Ausgabe Prag
Bacher, Der hebräische Vokalname Melopum. 805
1803), "V^bij "'Tfö)?, Die Elemente der hebr. Sprache (deutsch
mit hebr. Lettern), p. 21: „Das Schurek, das auch moNbw heißt".
Salomo Hanau, der bedeutendste jüdische Grammatiker Deutsch-
lands in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts , erwähnt merk-
würdigerweise den Vokalnamen Di£Nb73 überhaupt nicht. Für die
beiden w-Laute gibt er in den beiden Schriften n::b"C ■",22 (Frank-
furt a. M. 1708, p. 14 a) die Namen pTna (ü) und Y"i5p (#), ebenso
im Tip?!"! ""107 (Amsterdam 1730, p. 4 a); im fi^HTi ^rjjv: (Berlin
1737, p. 8a): p-nc und pp pTnö. Ebenso hat Ben-Seeb in
seinem "|lnS" "reib "Hübn, der in der ersten Hälfte des 19. Jahr-
hunderts unter den Juden Deutschlands und der östlichen Länder
Europas besonders verbreiteten Grammatik, von der Erwähnung des
Ausdrucks 013 Nba ganz abgesehen. Ihm ist ü p'-ivc und ü "'-"
(s. ed. Wien 1818, p. 19a). Daß der Ausdruck aber, und zwar
als Bezeichnung des IN, bei den deutschen Juden nicht ganz ob-
solet geworden, beweist nicht nur das Auftreten desselben bei
Adler (1904), sondern auch eine im Jahre 1863 in Prag er-
schienene Grammatik (M. Goldmann, Praktischer Unterricht in
der ebräischen Sprache, S. 4): (b"m) p'nlüj oder Dia Nbü; ",üp phllä
oder "pap. Sonst ist in den von deutschen Juden verfaßten Lehr-
büchern der hebr. Sprache, soweit mir erinnerlich, Schurek und
Kibbuz die alleinige Benennung der beiden w-Laute.1)
Außerhalb des deutschen Judentums blieb Melopum als zweiter
Name des Cholem bekannt. In Immanuel Benevento's rnb
-,n (Mantua 1557, p. 63) lesen wir: 0">pnp*ra n:£p "imtnp^ abn"
CID Nba. Angiolo Poggi (Christ) nennt in seiner Samuel
David Luzzatto gewidmeten Grammatica Ebraica ragionata
(Firenze 1863), p. 6 das IN: DIE ab» cbin (offenbar Balmes ent-
nommene Punktation). Luzzatto selbst, der bedeutendste jüdische
Grammatiker des 19. Jahrhunderts, erwähnt Melopum gar nicht;
ihm ist ö : öbirt, ü: p-iVw , u: nmpi tübuj (s. oben), s. Grammatica
della Lingua Ebraica (Padova 1853), p. 13. Leone Reggio
(Grammatica Ragionata della Lingua Ebraica, Livorno L844) hat
dieselben Benennungen, wie Luzzatto (p. 8); in einer Note weist
er auf die Anwendung des Ausdruckes Dis xb" hin, mit folgender,
ohne Zweifel teilweise aus Balmes übernommenen Angabe: wba
;0" Nb-: y-:p -wN cpün y:p jDtisizj yiap in "in- in mipa
1) Als merkwürdig verdient noch verzeichnet zu werden die Tatsache, da i
S. Pinsker in seiner (hebräisch geschriebenen) „Einleitung in das babylonisch-
hebräische Punktationssystem" (Wien 18G3), p. 3 f. den Laut 1 mit dein Terminus
DlS&tb72 benennt.
gO(3 Bacher, Der hebräische Vokalname Melopum.
■jüp p-niü IN ms üb)2 IN abin ;ms tfbn IN pTKB. In dieser An-
merkung ist noch auf drastischere Weise, als in Nestles Studie,
auf die verschiedenartige Anwendung unseres Ausdrucks hingewiesen.
Das Ergebnis dieser, wohl nicht auf Vollständigkeit Anspruch
machenden, aber immerhin kaum wesentliche Momente außer Acht
lassenden Untersuchung über die Geschichte des Vokalnamens tfbw
ÜlS läßt sich in folgenden Sätzen zusammenfassen:
DiD Nb?3 wurde von den Massoreten als eine die Aussprache
des Vokales kennzeichnende Benennung des Cholem (i, o) an-
gewendet und findet sich so sporadisch auch bei den Gramma-
tikern bis zum 15. Jahrhunderte. Im 15. Jahrhundert wurde es
in Deutschland üblich (in Folge einer Verkennung des Sinnes
von □i£Nb?2), die Benennung auf das Schur ek (in, ü) anzuwenden,
und dies machte sich auch in der grammatiseben Literatur der
deutschen Juden im 18. Jahrhundert geltend. Im 19. Jahr-
hundert kam diese Anwendung des Ausdruckes fast ganz außer
Gebrauch, scheint sich aber in der didaktischen Tradition
einzelner jüdischer Lehrer forterhalten zu haben. Außerhalb Deutsch-
lands hat Melopum in jüdischen Kreisen nie diese Bedeutung als
Name des IN gewonnen; und auch als Name des ix gehört es nur
zu den geschichtlichen Daten der grammatischen Literatur.
Durch die vorstehenden Sätze müssen natürlich die „Tat-
sachen" Nestle's anders formuliert werden. Von einer Scheidung
zwischen Juden und Christen, die in seiner Formulierung in
den Vordergrund tritt, kann eigentlich nicht die Rede sein, da die
Geschichte des Vokalnamens Melopum innerhalb der gramma-
tischen Literatur der Juden verläuft und die „christlichen"
Daten, die Nestle heranzieht, ebenfalls auf jüdischen Quellen be-
ruhen.
807
Zu „Melupum".
Von
D. Simonsen.1)
Herr Prof. E. Nestle hat oben S. 597 — 600 auf die Tatsache
aufmerksam gemacht , daß der Terminus Melupum [gewöhnlich :
Melö-pum , auch : Male-pum] verschiedentlich angewandt wird.
Meistens braucht man M e 1 ö - p u m als synonym mit Chölem , so
schon in der Massora , wenigstens wie sie uns jetzt vorliegt , bei
R. Salomo Jizchaki (Raschi), seinem Enkel R. Salomo b. Me'ir u. a.
bis zu Gesenius-Kautzsch.-) Nestle fand aber zu seiner Verwunderung,
daß die ersten christlichen Kenner des Hebräischen in Deutschland,
Conrad Pellican und Petrus Nigri, „die auf jüdischem Grunde bauen"
(S. 600), unter Mellupim (resp. Meluppim) unser Schurek ver-
stehen und den Namen Schurek für unser Kibbuz verwenden.
Er hat übersehen, daß derjenige Gelehrte, der uns am besten über
den Stand jener Dinge zur Zeit der Renaissance Aufklärung geben
kann, Elia Levita „der Deutsche", uns auch hier nicht im Stich
läßt. Elia schreibt in der lehrreichen dritten Vorrede zu seinem
„Massoreth Hammassoreth" (Meyer-Semlersche Übersetzung,
Halle 1772, S. 73): „Wir Deutsche nennen dieses [in]3) UlS tibn,
ich weiß aber nicht, wo es herkommt ; denn in allen Büchern von der
Grammatik und Punkten findet man nicht, daß es so genannt wird ;
sondern Schurek, und wir [d. h. wir Deutschen] nennen dieses N
Schurek, die Grammatiker aber nennen es drey Punkte oder Kibbutz ;
das gewöhnliche4) ist rrr: "p^"1?, einige sagen D"is "p^p".5)
[1) Dieser Aufsatz deckt sich inhaltlich in allem Wesentlichen mit dem vor-
anstehenden Bacherschen Aufsatze, der wenige Tage früher bei mir eingetroffen
war. Ich habe ihn trotzdem gleichfalls aufgenommen, einmal weil mir gerade diese
Übereinstimmung der beiden Gelehrten beachtenswert erschien, sodann weil er
doch auch allerlei enthält, was bei Bacher fehlt. Der Redakteur.]
2) 26. Ausg. 1896 § 8 d, wie ich zur Ergänzung von Nestle 1. c. 598
bemerke. Auch bei Gesenius, Lehrgebäude, bei Hupfeld und bei Böttcher hätte
N. den Namen gefunden.
3) IN in der Übersetzung ausgefallen, aus dem Texte zu ergänzen.
4) Genauer: das Ursprüngliche.
5) Obwohl es gar nicht hierher gehört, darf ich vielleicht bemerken, daß
die Anwesenheit orientalischer Priester beim Laterankonzil /.. Z. Leo's X., von der
in einem sich anschließenden Aufsatze Nestle's gesprochen wird
808 Simonsen, Zu „Melupum"-.
Nigri und Pellican haben also einfach wiedergegeben, was ihre
deutschen jüdischen Lehrer ihnen beigebracht haben, während
Beuchlin (zit. S. 599) , welcher hebräische Grammatik unter der
Anleitung von sefardisch-italienischen Lehrern studiert hatte, Schurek
und Kibbuz verwendet, wie jetzt gebräuchlich. Die Scheidungs-
linie ist also zunächst nicht konfessionell, sondern national zu
ziehen. Auch die deutsche Übersetzung des „ Sittenbuches " (Isny
1542) sagt in der angehängten Schreiblehre , daß das ~\ sowohl
Melupum [= u] als Chölem [an] repräsentiert, wenn man Deutsch
mit hebräischen Buchstaben schreibt.1)
In der Folge verschwindet laut Nestle's Nachweis (vgl. Anm. 1)
der Name ansNb» ganz bei vielen christlichen Hebraisten oder wird
als Synonym für Chölem bei Einzelnen genannt. Bei einer Anzahl
von jüdischen Hebraisten verhält es sich ebenso,2) da ja auch hier
wie bei den Christen der Kimchi-Levitasche Einfluß sich geltend
machte. Da aber hier außerdem die „deutsche" Tradition fort-
lebte , schwindet der Name Melupum für Schurek nicht ganz. So
spricht der Pole Ahron Moses b. Zewi in seinem TiW2 briN (Zolkiew
1765) wohl von Schurek, fügt aber binzu, daß „wir es ünsNbfa
nennen" und von Kibbuz „das wir Schurek nennen". Auch der
Deutsche Moses Höchheim benutzt in seinen Noten zu D. Kimchi's
Grammatik und in seinem trrna nsir (Fürth 1790) die alten in
Deutschland gebräuchlichen Termini, so auch Isak b. Samuel aus
Posen (pn3f mtD Prag 1627) und der Niederländer Meir Polak
(■plübn a^n; "-PN72 Amsterdam 1812). Schalom Cohen ("piab min
rv-ar Berlin 1802 und oft) hat für i die Namen in biia piTnO
ms Nbn, für — ya]? "jn -,üp prrittj.
Vielleicht hilft uns das zu allerletzt erwähnte, das von Nestle
ans Licht gezogene Melupum-Rätsel zu lösen. Ursprünglich zählt
man ja nur 7 hebräische Vokale und der Name pTitfJ umfaßte auch
unser Kibbuz, wie umgekehrt auch das in der Massora vorkommende
D-ncü \'"2p oder DTbtü y?:p unser Schurek mitbezeichnen konnte.3)
(S. 603), in der genannten Vorrede von El. Levita (Meyer-Semlersche Über-
setzung S. 66 f.) erwähnt wird. — Den ev. Verfasser der von Nestle gewünschten
Monographie über Teseo Ambrogio verweise ich betreffs des 1. c. erwähnten „Rabbi"
(= Samuel Zarfati) und dessen Sohn Josef Gallus auf Vogelstein und Rieger,
Gesch. der Juden in Rom, II, S. 84/85. Abdias ist wohl Obadja Sforno, Reuchlin's
Lehrer, und Aron vielleicht der Vater des Rabbiners Abraham b. Aron (Vogel-
stein und Rieger, 1. c. S. 97). Abraham a balmis ist bekannt genug. Das Werk
des Albonesius wird von Azarja de Rossi in seinem □"13",y T1N73 benutzt, s.
Cassel, Index zu ed. Wilna 1866 s. v. ND'nNB IN^Ü.
1 i Siehe Güdemann: Geschichte d. Erziehungswesens und d. Cultur d.
Juden in Deutschland w. des XIV. u. XV. Jahrh. Wien 1888, p. 281 , wo
Melupum zu lesen.
2) M. = Ch. z. B. bei Arnheim, Berlin 1872. Eine reichhaltige Aufzählung
der verschiedenen Vokalnamen bei Leon Reggio, Grammatica ragionata della 1.
Ehr. Livorno 1844, S. 8, Anm.
3) Vgl. Bacher's „Anfänge" zitiert von Nestle. Die Angaben Bacher's über
Simonsen, Zu „Melupum". 809
Dann kam Joseph Kirnchis Einteilung in 10 Vokale , 5 lange und
5 entsprechende kurze. Er selbst schrieb : „Schurek mit Waw" und
„Schurek ohne Waw" (-p-DT 'o ed. Bacher S. 17 Z. 11; s. Varr.!),
aber die Namen, wie wir sie kennen, Schurek und Kibbuz, setzten
sich im Allgemeinen durch (während bei Chirek der gemeinsame
Name blieb). Der Terminus Kibbuz war jedoch unglücklich gewählt,
weil dieser Name im Gegensatz zu allen andern Vokalnamen nicht
akrophonisch ist, was besonders beim Kinderunterricht eine große
Rolle spielt. Wir sehen , daß deshalb z. B. der obengenannte
Schalom Cohen1) eine Form yiäp hat, die aber schon der Form
nach gänzlich unhebräisch ist, da man weder im Alt- noch im
Neuhebräischen eine Bildung kuttul kennt. Die „Deutschen" —
wohl deutsche Kindei'lehrer — nahmen das, für Cholem im Grunde
überflüssige, ms Nr; in Gebrauch, und nach der Bedeutung
dieses Wortes mußte' es bei der Namen Verteilung für unser Schurek
„das vollmundige" 2) verwandt werden und dann der alte Namen
Schurek, der ja von altersher auch unser Kibbuz mitumfaßte, jetzt
speziell für diesen Laut. Aus Melöpuni wurde dann akrophonisch
Melupum.3)
Der Ausgangspunkt Nestle's war aber, daß in einem jüngst
erschienenen Werke des Herrn Lehrers Adler Melupum für unser
Kibbuz gebraucht wird, während Schurek = 1 ist. Woher die
Terminologie stammt, weiß ich nicht, vielleicht ist sie Adler's Er-
findung. Jedenfalls läßt sie sich leicht mit Obigem kombinieren,
nur daß man hier von dem Klange des zu wählenden Vokalaamens
ausgegangen ist, indem dieser für Adler's System ausschlaggebend
ist.4) Denn im „Schurek" hört das Kind das gedehnte ü, im Melupum
das kurze ü.
die Terminologie bei Jehuda Hajjiig (S. 600) hätten nicht zitiert werden sollen,
ohne auf die jetzt aus den arabischen Texten H.'s zu schöpfende Belehrung
hinzuweisen.
1) Und schon vor ihm nicht nur Ben-Seeb in seiner oft gedruckten
Grammatik "l"2" "jlttSj "P735n, sondern auch z. B. Danz und Simonis.
2) Vgl. de Balmes C.-CN Slip», Venedig 1573, I. e. v. über DHE Stb».
Ebendaselbst hat er für Kamez Chatuf den Namen EIS Nt:"2 Vttp.
3) Eigentümlich ist die Mitteilung des portugiesischen Grammatikers David
ibn Jachja, daß man „im ganzen Westen der islamischen Länder* Cholem
und Schurek in der Aussprache nicht unterscheide. (m"Tfl25 "p'vE3 ed. Con-
stantinopel 8b: NÜEMM D^in» E:-N bfityKUT flN 3*1?» bD3 flüTl
D'Sinr'i "p3 pTTCm). Für unsere Frage ist diese Erscheinung doch kaum
von Bedeutung.
4) In so fern geht das Adlersche System auf das Wesentliche der ältesten
Vokalbezeiehnung zurück. — Daß DE in der Bibel immer defektiv geschrieben,
dürfte für die von Adler befolgte Terminologie nicht ausschlaggeltend sein. Ich
mache darauf aufmerksam, weil die Buxtorfsche Konkordanz ein falsches E"S hat.
810 Nestle, Zu „Melupum".
Zur Ergänzung der dankenswerten voranstehenden Mitteilungen
von Bacher und Simonsen nur noch eine ganz kurze An-
merkung.
Daß in Gesenius-Kautzsch die von mir S. 598 vermißte Be-
lehrung zu finden ist, hat schon Simonsen nachgetragen. An die
von ihm ausgesprochene Vermutung, daß Adler einer Termino-
logie eigener Erfindung sich bediene, konnte ich bei einer
didaktischen Studie eines isi-aelitischen Lehrers nicht denken; nach
den Nachweisen von Bacher und Simonsen ist wohl kein Zweifel
mehr möglich. Das Bild, das bei Adler die betreffenden Vokale
und ihre Namen einprägen soll, zeigt einen Unterarm mit einer
Uhr in der Hand. Der Arm stellt das ,Wow" dar, die Uhr den
Punkt des „Schuruk". Dann heißt es S. 17 wörtlich: „Die Zeiger
derselben haben an beiden Enden Verdickungen, bilden einen ge-
streckten Winkel und in dieser Richtung zusammen mit dem gemein-
schaftlichen Mittelpunkt die drei schräg von links nach rechts
liegenden Punkte des Melupum". Adler braucht also „Melupum"
als anscheinend ganz selbstverständliche Bezeichnung für das, was
wir Qibbus nennen. Wie das möglich ist, ist mir nach den Mit-
teilungen von Bacher und Simonsen jetzt vollends rätselhaft.
Eb. Nestle.
811
Zwei türkische Inschriften.
Von
Georg Jacob.
Schon im 53. Bande dieser Zeitschrift tat ich S. 622 eines
Grabsteins bei Brussa Erwähnung, dessen Inschrift ich seiner Zeit
unter ungünstigen Verhältnissen kopierte und von deren Veröffent-
lichung mich bisher namentlich zwei zweifelhafte Stellen abhielten.
Graf Eberhard von Mülinen, dem ich diese Kopie mitteilte, wußte
meine Zweifel durch überzeugende Konjekturen zu heben und hatte
außerdem die Freundlichkeit mir durch gütige Vermittelung des
türkischen Botschafters zu Berlin eine neue Kopie des Steins zu
beschaffen, so daß der Herausgabe jetzt keine Bedenken mehr ent-
gegenstehn. Die Vorderseite des Grabsteins zeigt folgendes Gazel
in 7 Remel versen :
-äwCOj 0-AA2J 2uli„£: I.AX -X*S .VjL^*
L> ;■■■ j" ■ Jr <-»•• JTJ) u
-**80.j vi>.l.fti V,|r^> J^-rr- ^y*«S u£.*Lö5
.««l>j 'c^*-)i- 8l\X*Xj! tX-ÄuX^l _^oi
1) Für i^^-Li>. 2) Für \£i
3) Für &*=>. 4) a^.i .
8 1 2 &' Jacob, Zwei türkische Inschriften.
1. Das Gemälde deiner Schöpferkunst deutet an der Schau- Vorhang,
über deiner Schönheit [ausgebreitet],
Vorn Lehrmeister der ewigen Weisheit stammt der Vorhang der
Wahrheit.1)
2. Die innern Eigenschaften kann man nur an der äußern Gestalt
erschauen,
Keine Scheidewand ist für das Auge der Erkenntnis der Vor-
hang des Scharfblicks.
3. Was du immer mit angespannter Aufmerksamkeit betrachtest,
die Sache wird klar,
Nur hat die Welt eingenommen der Vorhang des Schlafs der
Sorglosigkeit.
4. Es ist eine Kunst, dies Phantom der Welt am Auge vorüber-
ziehen zu lassen,
Wie viel Schwarzaugen 2) hat zu Grunde gerichtet der Vorhang
der äußern Erscheinung!
5. Das Bild deines Körpers verzehrt mit der Kerze der Liebe,
Indem die Menschen kommen und gehn läßt der Vorhang des
Aufbruchs (der Todesstunde).
6. Zu welchem Schatten du deine Zuflucht nimmst, schwindet der
nicht etwa dahin?
Sieh auf den Sultan, der spielen läßt (Gott), der den Vorhang
der Liebe ausgespannt hat.
7. Diesen Geringen, der sich am Throne des Propheten aufhält,
Läßt der Vorhang der Vielheit, sobald er sich hebt, die Einheit
erkennen.3)
Auf der Rückseite trägt der Stein die Worte: .Oxjl\aa.£jü ^Ui>
\JüxsJi JJojha iAÄjwwJI (Der Schattenspieler Sejjid Mustafa Tevfik
vom Dervis-Orden der Naksbendije). Es ist also ein Mezär taschy
(Grabstein) , zwar nicht des Karagöz selbst , wie die Bevölkerung
Brussa's glaubt, wohl aber eines berühmten Schattenspielers, der
wie früher wohl die meisten Meddähs und Hajälgl's einem Dervis-
Orden angehörte. Die Wahl des Reimworts und der ganze Inhalt
1) Das Wort „ Vorhang" ist insofern mißlich, als man dabei immer an
das Aufziehn denkt, während er beim Schattenspiel die Bühne bildet.
2) KaragÖZ kann auch „ Schattenspieler " heißen.
3) Eine freiere Wiedergabe in metrischer Form habe ich in der Beilage
zur Allgemeinen Zeitung, München, 15. April 1904 publiziert.
G. Jacob, Zwei türkische Inschriften. 813
macht es wahrscheinlich, daß hier ein sogenanntes Perde gazeli,
wie sie noch heute den Prolog des Schattenspiels bilden, aus älterer
Zeit überliefert, vorliegt.
Bei diesem Anlaß möchte ich noch auf eine andere interessante
türkische Inschrift eingehn , die bisher nur sehr fehlerhaft bei
Ivan Kukuljevic1) publiziert vorliegt. Unlängst hatte ich Gelegen-
heit von dem Original , das sich im Museum zu Agram befindet,
eine Abschrift zu nehmen. Der Stein stammt aus dem kroatischen,
in der Nähe der bosnischen Grenze gelegenen, Schlosse Cetin und
muß sich über der Toröffhung befunden haben. Seine Inschrift
besagt, daß Muhsinzäde Mehmed Pasa die bosnischen Burgen in-
spizierte und, da er die Fortifikation von Cetin unzureichend fand,
die Errichtung eines Turmes anordnete. Es kann sich nur um den
bekanntesten Mann dieses Namens handeln, der zweimal das Groß-
vezirat bekleidete und bald nach dem von ihm verschuldeten ver-
hängnisvollen Friedensschluß von Kücük Kajnarge im Jahre 1774 D
eines vermutlich unnatürlichen Todes starb. Leider gehen die An-
gaben darüber, wann Muhsinzäde Mehmed Statthalter von Bosnien
war . auseinander. Haramer-Purgstall nennt in seiner Geschichte
des Osmanischen Reiches VIH, S. 284 das Jahr 1176 h = 1762 D.
Dagegen bringt der 2. Band der Wissenschaftlichen Mittheilungen
aus Bosnien und der Hercegovina 2) eine Liste der bosnischen Statt-
halter nach dem mir unzugänglichen Sälnäme des Viläjets vom
Jahre 1295 h, nach welcher Muhsinzäde Mehmed dieses Amt zwei-
mal und zwar 1161—62 h (1748 D) und 1184—86 h (1170—72 D)
bekleidete. Jedenfalls ist das bei Kukuljevic angegebene Jahr |||v
= 1705 D unmöglich; ich habe Hvl (1765/66 D) gelesen. Natür-
lich bezieht sich das Jahr auf die Fertigstellung der neuen Be-
festigung, die Inangriffnahme mag etliche Jahre früher vom Statt-
halter angeordnet sein. Ferner hat die ki^oatische Publikation die
Verse in folgender merkwürdiger Weise versetzt: lb, 2b, la, 2a,
3a, 4a, 3b, 4b; diese Versetzung ergibt nicht nur ganz unorienta-
lische kreuzweise Reime, sondern beeinträchtigt natürlich auch den
Sinn wesentlich, zumal noch Wörter ausgelassen und andere verlesen
sind. Der Text lautet nach meiner Abschrift:
1) Nadpisi sredovjecni i novovjeki u Hratskoj i Slavoniji, Zagreb 1891,
S. 2 6 ff. Die Kenntnis dieser Arbeit verdanke icli dorn Direktor des Ag
Museums, Herrn Professor Josip Brunsmid.
2) Wien 1894, S. Ö44 1V.
814
G. Jacob, Zu-el türkische Inschriften.
Jyj ^_ci_X.ls) f^°} &Xj*$JJ± ^y^)
ijl L5
l\J»I z^jJzc-
► l\a5^ , ..i_X.i»J
.LLo »lX*l
*
oLWI
ys
Lj _j» AoU J>
1. Auf die Inspektionsreise begab sich Muhsinzäde Mehmed Pasa,
Alle bosnischen Burgen nahm er in Augenschein.
2. Die innei'e Feste von Cetin fand er unvollständig,
Er stellte Erhebungen an und Müräd hat sie vervollständigt.
3. Für den Turm Drengul entwarf er den Plan, den großen Turm,
Ging von dannen und wurde alsbald Vezir.
4. An dieser Stelle schien ihm der Toreingang passend,
Erfülle jeden Wunsch von ihm, o Besitzer von Geist.
Die Verse sind keine poetische Musterleistung und leiden an
mehreren Unklarheiten (z. B. 3a). Wenn auch müräd etmek eine
geläufige Verbindung im Sinne von „vorhaben" ist, so scheint doch
hier Müräd Eigenname zu sein, auf den dann rnürädyny 4b noch
einmal anspielen würde. Da ein Statthalter Müräd in der eben
erwähnten Liste um diese Zeit nicht vorkommt — 1179 h war
Köprülüzäde Hägi Ahmed zum zweiten Mal Pasa von Bosnien —
liegt es hier wohl am nächsten an den Baumeister zu denken. Die
Schlußworte ulu ''l-elhäb bedeuten sonst nur „Männer von Geist";
solche können hier aber schwerlich angeredet werden; das ver legt
vielmehr eine Beziehung auf Allah nahe, die mir jedoch bei diesem
Ausdruck bisher noch niemals vorgekommen ist; dennoch glaube
ich kaum, daß ich mich verlesen habe und vermute in v«jLj^I, das
bei Kukuljevic für uAxJ^i steht , eine stillschweigend rezipierte
Konjektur.
815
Zwei unveröffentlichte chalclische Inschriften.
Von ('. F. Lehmann.
Im folgenden behandle ich zwei unveröffentlichte chaldische
Inschriften, die, inhaltlich eng zusammengehörig, innerhalb des bis-
her bekannten Materials eine Sonderstellung einnehmen und neben
andern interessanten Aufschlüssen auch zur Klarstellung der mit
Unrecht immer noch verkannten Bedeutung des häufigen und
wichtigen chaldischen Wortes est beitragen , letzteres im Zu-
sammenhalt mit anderm , zum Teil gleichfalls neu vorzulegendem
Material. Daß es daneben auch an neuen Fragen und Rätseln nicht
fehlt, bedarf auf chaldischem Gebiete keiner Betonung. Die eine
der beiden Inschriften — man kann sie die Inschrift von
Haykavank nennen — ist erst ganz neuerdings zu Tage ge-
treten ; die andere , der Hauptteil der Steleninschrift von Sigkeh,
ist während der deutschen Expedition nach Armenien von mir auf-
gefunden, aber noch nicht in extenso publiziert worden.
A) Texte und Fundberichte.
1. Die Inschrift von Haykavank.
Bd. LVIII.
816 Lehmann, Zwei unveröffentlichte chaldische Inschriften.
1. [mAr-gi]s-{ti-]se (?)
2. mRu-sa-~hi-ni-.se
3. • BANÜ.1) ti.ma.kii-lu- •
4. i-nu-lca-a-ni
5. e-si-ni-ni
6. mGi-lu-ra-a-ni-e
7. KISTU1) -ni-ka-i
8. pa-ri mls-pi-li-ni
9. m Ba-tu-M-ni-ni
10. G1S.NU. SAR*)-ni-di
11. IX C. L |=|||=
Über die Auffindung liegen mir folgende Nachrichten vor 2) :
a) Mitteilung des Herrn Hampart sum ,:j) vormals Lehrer
an der Schule der amerikanischen Mission in Van , vom 8. Juli
1903: „Neuerdings habe ich drei4) neue Keilinschriften gefunden,
die erste im Hause des Hagop3) Hampartsumian in Hay-
kavank" (Stadtteil der Gartenstadt Van). „Vor vielen Jahren hatte
sein Vater Hampartsum sie beim Graben in der Nachbarschaft der
Kirche Haykavank gefunden und in sein Haus gebracht. Hagop
kannte die Geschichte des Steines und sein Vorhandensein auf seinem
Grund und Boden , aber nicht seinen näheren Verbleib, so daß er
ihn Ihnen nicht zeigen konnte, während Sie im Lande waren. Erst
neuerlich ist er beim Graben eines Wasserlaufs durch die Wieder-
auffindung des Steines überrascht worden, der mit der Oberseite
nach unten zur Pflasterung des Hofes verwendet war."
1) Da die chaldische Schrift aus der assyrischen entlehnt ist, so müssen
Ideogramme , deren chaldische Aussprache unbekannt ist, selbstverständlich mit
ihrer assyrischen Aussprache in Kapitälchen wiedergegeben werden; nur, wo
auch die babylonisch - assyrische phonetische Lesung unbekannt oder unsicher
ist, ist auf die sumerischen Silbenwerte als Notbebelf zurückzugreifen. Dies
war bereits — wie für den kenntnisreichen Fragsteller im Recueil des travaux
bemerkt sei — in meiner ersten Äusserung über die chaldischen Inschriften
(Zeitschr. f. Ethnologie 1892, S. 128) zu lesen.
2) Vgl. hierzu schon meine Mitteilung Zeitschrift für Ethnologie 1904,
Mai-Sitzung der anthropol. Ges. , S. 489 sub 3 und den Nachtrag dazu in der
Oktober-Sitzung.
3) Wo mir eigene Transkriptionen moderner armenischer Personennamen
seitens ihrer Träger vorliegen , behalte ich sie bei, auch wenn sie meiner sich
an Hübschmann (s. Die Umschreibung der iranischen Sprachen und des
Armenischen, S. 31 ff.) mutatis mutandis anschließenden Umschriftsweise nicht
entsprechen.
4) i'ber die beiden andern, eine Bau- und eine Kanalinschrift des Menuas,
s. Zeitschr. f. Ethnol., a. a. O.
Lehmann, Zwei unveröffentlichte chaldische Inschriften. 817
„Es ist ein kleiner, beinah 0,10 m dicker, blau-grauer, gewöhn-
licher Stein, 0,25 in breit." Die größte Länge beträgt nach Herrn
Hampartsum's Maßangabe 0,51 m , bis zum Beginn der tieferen
Bearbeitung (offenbar für den größtenteils weggebrochenen Zapfen zum
Einsatz in den Sockel) 0,43 m. Außer den Linien für die elf er-
haltenen Zeilen ist am Ende der Inschrift noch eine zwölfte Linie
gezogen. Herr Hampartsum gibt außerdem eine gute Kopie und
eine korrekte Transkription der Inschrift.
b) Mitteilung des Herrn Dr. med. Ussher (Van, 9. April
1904): „Mein Bruder fand während seiner Anwesenheit eine neue
Keilinschrift im Hofe eines armenischen Hauses und nahm eine sehr
gute Photographie davon, die er auch an die University of Penn-
sylvania, seine alma mater, gesandt hat." Herr Dr. Ussher sandte mir
die Photographie mit der Bitte um Auskunft. Sie liegt unserer Ab-
bildung zu Grunde. Diese läßt erkennen, was auch Herr Hampartsum
ausdrücklich betont und der Tenor der Inschrift bestätigt, daß die
Inschrift in der Breite unbeschädigt ist: beide Randlinien ver-
laufen glatt und regelmäßig. Die Photographie bestätigt auch die
Richtigkeit von Herrn Hampartsum's Kopie. Das ist von Bedeutung
im Hinblick auf zukünftige Fälle , wo Kopien von ihm vorliegen
sollten, ohne daß eine Kontrolle durch Photographie oder Abklatsch
möglich wäre.
2. Die Stelen-Inschrift von Sigkeh.
Seit langem bekannt ist eine Inschrift (Sayce 28 , entdeckt
von Schulz), die lediglich eine Pluchformel darstellte. Sie ist ein-
gelassen in die Mauer der kleinen Kirche des armenischen Dorfes
Sigkeh , das in der Ebene zwischen dem Toprakkaleh und dem
Warrak- Gebirge liegt. Bei meinem, auf einem Sonderausflug er-
folgenden Besuche (17. Oktober 1898) fand ich die Kirche in
Trümmern. Sie war wie so viele andere gelegentlich der Massacres
durch die Kurden zerstört worden. So war es mir hier ein leichtes,
unser Prinzip, nach Inschriften auf der Rückseite eingemauerter
Schriftsteine zu forschen, in die Praxis umzusetzen. Es fand sich,
was in diesem Falle ohnehin, auch abgesehen von jenem Grundsatz,
zu vermuten war, daß der Haupttext auf der eingemauerten Seite
stand und daß die Fluchformel, die bisher als der alleinige Text
gegolten hatte, in Wahrheit die Rückseite des Steines bedeckte,
der sich seiner Form nach bei der Freilegung als eine richtige
kleine Stele erwies. Vgl. die Mitteilungen in meinem „Bericht*
in den Sitzunysber. d. Berl Ah. 1900, S. 622, sub. Nr. 57.
Die Stele ist 100 cm hoch, von denen auf der Rückseite !•'•'
auf der Vorderseite 38x/4 cm beschrieben sind. Für die Zeilen
sind Linien gezogen, die einen Abstand von 4x/2 cm haben, während
die Zeichen 3 cm hoch sind.
53*
$18 Lehmann, Zwei unveröffentlichte chaldische Inschriften.
Hier der Text der Hauptinschrift, nach meiner Kopie
Stele von Sigkeh. Vorderseite
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Umschrieben , mit Beifügung der altbekannten Inschrift auf
der Rückseite , die durch Eingrabung eines großen christlichen
Kreuzes gelitten hat, in meiner Kollation:
Vs. 1. (ILÜ) Hal-di-m-n[t]
us-ma-a-si-ni
[m]Me-nu-u^)-a-s[e]
[Wl] Is-jpu-u x) -i-ni- lii-n i-s[e]
5. a-li i-nu-ka-ni
e-si-ni-ni SISE
ar-si-bi-ni li-ni
mMe-nu-a-pi(wi ?) - i
a-is-ti-bi XXII Fl!!-
Rs. 1. [mMe]-nu-a-s[e]
[a]li a-lu-se
i-ni pu-lu-si
e-si-i-ni
5. su-u(/)-i du-li-e
1) Die scriptiones plenae des Chaldischen sind vielleicht vielfach nur
graphischer, nicht phonetischer Natur, weshalb ich bei zusammenhängender
Transkription mit der Längenbezeichnung sparsam umgehe.
Lehmann, Zwei unveröffentlichte chaldische Inschriften. 819
tu-rz-m-m
(IL U)Hal-di-se
(IL U) Teisebas (IL U)SAMAs ' )
ma-ni ar-mu-zi
10. ZER . ZERI —]- [\]] pi-ni*)
Über die Schlußzeile s. u. S. 850 f.
B) Wesen und Bestand der beiden Inschriften.
Die Zusammenstellung der beiden Inschriften bedarf keiner
näheren Begründung. Sie schließen in ihrem wesentlichen Teile beide
mit einer analogen zahlenmäßigen Angabe. Insofern haben sie eine
gewisse Verwandtschaft zu einer bekannten Gruppe chaldischer In-
schriften, deren Typus die folgenden Beispiele zeigen mögen. In-
schrift von Böstan-kaya (Bericht3) Nr. 69) (Menuas) .... i-ni
gi-e za-du-ni IX . G a-kar-ki is-ti-i-ni Menuas „hat dieses Heiligtum
errichtet, ihm 900 akarki" (Hohlmaß, gemäß den Inhaltsbezeichnungen
der Weinkrüge von Toprakkaleh) „bestimmt" ; also Zuweisung eines
bestimmten Quantums Getreide oder Wein, d. h. doch wohl von
Land, das alljährlich diesen Ertrag bringt.
Inschrift von Astwatsastn (Sayce Nr. 120 nach D. H. Müller),
jetzt im Besitz der Expedition: (ILTJ) Haldmini alsuisini
mSardurise m Argistihinise im 'ari .su-u-ni 15 300 kapi istini,
wonach Sardur III (II) Argistihinis einer von ihm begründeten
Anlage 15 300 Flächeneinheiten zugewiesen hat.
Eine Inschrift (Bericht Nr. 102), die mein Reisegefährte während
seines spätem alleinigen Aufenthalts in Van, in der Kirche von
Angusner (Dorf resp. Stadtteil der Gartenstadt Van, dem Toprakkaleh-
Rücken zunächst belegen) , auffand ,4) lautet nach dem Abklatsch :
(IL U) JJcd- di- i-ni-ni
us-ma-a-si-i-ni
mAri)-(]t'-is-fi-i-se
1) Den Anfang der Zeile 39 der Felsinschrift von lzulv, der den Namen
des Sonnengottes phonetisch geschriehen bietet, fand ich bei meiner Kollation
recht gründlich zerstört. Die friiber gesehenen Spuren (Sayce, JRAS. XIV 412,
647, 549) weisen allerdings auf Ardinis.
2) Die Inschrift ist vollständig, pi-ni ist Verbum finitum , Verli. Juri.
anthrop. Ges. 1895, 598 f.
3) Sitzungsber. d. Berl. Ah. <l. W. 1899, S. 747 Abs. 3, wo Engusner
zu lesen. Eine Korrektur dieses von mir in Erzingian abgefaßton Vorberichtes
habe ich natürlich nicht lesen können.
4) Das gewöhnliche assyr. -chaldische Zeichen ar. — Für die Silbe ar
wird, entgegen der die Homophonie im Chaldischen verwerfenden Regel, noch
mindestens ein anderes Zeichen gebraucht, das in der Inschrift vidi Atamchan
820 Lehmann, Zwei unveröffentlichte chaldische Inschriften.
™Me-nu-a-hi-ni-e-se
i'-ni '-a-ri su-u-ni
X M ha-pi is-ti-ni
Zuweisung von 10 000 hapi durch Argistis I.
Aber von jener Gruppe unterscheiden sich unsere Inschriften
wesentlich durch die m. W. im übrigen unbelegte Art der Maß-
angabe: l^lfl^1, worüber unten ein Näheres. Auch im Wort-
bestand zeigen unsere beiden Inschriften wichtige Berührungen.
C) Der Urheber der Inschrift von Haykavank.
Die Inschrift rührt her von dem Sohne eines Rusas, also wie
alle chaldischen Inschriften in Fels, Stein und Metall,1) mit alleiniger
Ausnahme der von mir entdeckten Inschrift von Kaissaran2) — ein
König. Diese Erfordernisse erfüllt Argistis II (von 714 v. Ohr. ab),
Sohn Rusas' I, und in der Tat lassen sich die Spuren der ersten Zeile,
wie in der Transkription angedeutet, sehr wohl zu dem Namen
Argistis mAr-gis-ti-se ergänzen. Der fast genau in der Mitte
der Zeile auf der Photographie deutlich, auf unserer Abbildung
bestenfalls nur in einer Spur erkennbare untere Teil eines senk-
rechten Keiles würde dann zu dem Zeichen — | gis gehören
W <HM =H["f<]v
Für die Schreibung [mAr-gi-is-ti-]se böte die Zeile zwar allenfalls
Raum, aber das Erscheinen nur der einen Spur und gerade an
dieser Stelle widerspricht dem. Die Zeichen gl und ts schließen
beide mit zwei Senkrechten , und gi müßte mehr rechts , is mehr
links endigen.
oder Novo-Bajazet (Verk. Berl. anthrop. Ges. 1893 S. 76 u. 217 Anm. 3, JRAS.
1893 p. 31, ZA. XI, 307) und in der Stele Rusas II (diese Zeitschr. Bd. 56, S. 106
Abs. 3) auftritt. Dadurch, daß ich den Lautwert dieses Zeichens bestimmte und
begründete (ZA. IX, 348 Anm. 2) wurden andersseitige historisch-geographische
Erwägungen, die die Inschrift von Atamchan Sardur (III) Argistihinis zuwiesen,
bestätigt, wie ausdrücklich Verh. Berl. anthrop. Ges. 1893 S. 76 u. 217 Anm. 3
anerkannt. Zur Zuweisung an den Sohn eines Argistis gelangte Sayce (JRAS.
1893 p. 32) selbständig, wiewohl er das dem gis-ti-lii-ni-se vorausgehende Zeichen
verkannte und in 2 Zeichen ar (wohl das. JRAS. XVI, p. 420 Kol. I Z. 6 v. u.
angeführte Zeichen) und ra zerlegte. Die Silben -gis-ti-hi-ni-se wurden, ob-
gleich seit 1875 eine gute Photographie publiziert war und benutzt wurde,
falsch gelesen, zuletzt von Nikosky 1893 -pi-tu-hi-ni-se.
1) Kleinste, nach Tenor und Zusammenhang nicht bestimmt einzuordnende
Fragmente, wie die Bruchstücke der Steininschrift(en), die bei den Ausgrabungen
auf Toprakkaleh zu Tage getreten sind (Bericht Nr. 156), müssen natürlich
außer Betracht bleiben, was für Liebhaber von Haarspaltereien ausdrücklich
bemerkt sei.
2) Berl. Sitzungsber. 1898, S. 120; Nachr. d. Göttinger Ges. d. W.
1898, S. 86.
Lehmann, Zwei unveröffentlichte chaldische Inschriften. 821
Aber die Zuweisung an den Zeitgenossen Sargon's und Sanherib's
kann angesichts konkurrierender Möglichkeiten dock nur als durch-
aus möglich, nicht als gesichert gelten.
Nach der herrschenden Ansicht folgen nach einander auf Rusas I:
Argistis II — Rusas II, dessen Sohn (Zeitgenosse Assarhaddon's
von Assyrien) — Erimenas — ■ Rusas III — Sardur IV (III), die
letzteren drei als Zeitgenossen Assurbanabal's III, der einer von
ihm empfangenen Gesandtschaft eines Rusas , sowie später eines
Sardur gedenkt.
Nach meiner Ansicht dagegen ist folgende Reihenfolge anzu-
nehmen : Argistis II — Rusas II (Zeitgenosse Assarhaddon's wie
Assurbanabal's) — Sardur IV (III) — Erimenas — Rusas III.
Der Gedanke, Erimenas und Rusas III mehr an das Ende der Reihe
zu rücken ist nicht neu , er ist vielmehr schon während unserer
deutschen Expedition nach Armenien zwischen deren Mitgliedern
erörtert worden: gewisse technische Eigentümlichkeiten des in der
Hauptsache von Rusas III erbauten Chaldistempels auf Toprakkaleh
gaben meines Erinnerns den Anlaß dazu. Neu ist die m. E. bündige,
speziell auf die Taten und die Regierungszeit Rusas' II gegründete
chronologisch-historische, mündlich von mir vorgetragene Argumen-
tation, durch welche ich diese Umstellung sichern zu können glaube.
Sie hier wiederzugeben, würde erheblich zu weit führen ; es müssen
daher bis zu ihrer ausführlichen Veröffentlichung, die an einer allen
Fachgenossen zugänglichen Stelle gegebenen Andeutungen genügen.
Dort ist bereits ausgesprochen, daß bei Annahme dieser neuen
Reihenfolge Rusas' III Ende ungefähr in die Zeit der Halysschlacbt
gefallen sein wird. Seither ist mir sehr wahrscheinlich geworden,
daß Rusas' III Ende und der Fall des chaldischen Reiches mit dem
medisch-lydischen Konflikt auch in ursächlichem Zusammenhange
steht.1) Urartu-Chaldia muß den Zankapfel gebildet haben: Kyaxarcs
wird es gewesen sein , der den mit Alyattes verbündeten oder zu
ihm neigenden Rusas III nach Eroberung der Hauptstadt (der
Chaldisburg auf Toprakkaleh) des Thrones verlustig erklärte oder
tötete und vermutlich auch in der Folge die bereits im Flusse be-
griffene Einwanderung der ihrer Sprache nach vorwiegend indo-
germanischen Armenier bewußt oder mittelbar förderte.
Unter der gleichfalls durchaus möglichen Voraussetzung, daß
unter dem in Z. 2 erwähnten Rusas I der zweite Eerrscher
dieses Namens zu verstehen wäre , hätte Z. 1 uns den Namen
seines Sohnes und damit voraussichtlich die erwünschte Sicherheit
gebracht. \mSar(RI)-d]u-[;ri]-se hätte meine Ansicht bestätigt,
[mE-ri-m~]e-[na~\-se gegen sie entschieden. Leider aber sind die drei
Ergänzungen zu Argistis II, Sardur IV (III) und Erimenas ganz
gleich wahrscheinlich; da me wie du beide mit einem Senkrechten
schließen, besteht nicht einmal für den Fall, daß man willkürlich
1) Ähnlich jetzt Lindl, Cyrus, S. 90 b unten.
S'2'2 Lehmann, Zwei unveröffentlichte chaldische Inschriften.
oder aus irgend welchen Gründen für Z. 2 die Deutung auf Rusas II
bevorzugen wollte, zwischen der Ergänzung Sardur oder Erimenas
ein gradueller Unterschied.
Der Vollständigkeit halber erwähne ich auch die Möglichkeit,
der Urheber dm* Inschrift sei ein Sohn Rusas' III; daß ich mit
dieser nicht zu rechnen vermag, geht aus dem Dargelegten hervor.
D) Was besagt die Inschrift von Haykavank?
Sie ist unvollständig; zu ergänzen ist nicht bloß die jetzige
Z. 1, sondern nach dem Brauch der großen Mehrzahl der chaldischen
Inschriften eine Anrufung oder doch eine Bezugnahme auf „Chaldis
den Herrn" (ILU) Hal-di-i-e e-u-ri-e, oder die „mächtigen Chalder"
Haldinini usmasini (oder alsuisini) , die hier zwei Zeilen in
Anspruch nehmen würde. Mehr ist möglich, aber nicht nötig. Die
übrigen mit einer Maßangabe endigenden Inschriften sind gleich-
falls sehr kurz gehalten. Übrigens scheint in der Höhe von Zeile 2
beiderseits die obere Rundung der Stele angedeutet zu sein, und
soweit ich als Laie auf technischem Gebiete urteilen kann, spricht
auch die geringe Mächtigkeit des als Stelenfragment aufzufassenden
Steines gegen die Annahme einer erheblichen Verlängerung nach oben.
Die andere Seite des Steines ist (s. 1 sub a) unbeschrieben.
Die Inschrift ist in der Hauptsache dem Schlüsse zu vollständig.
Höchstens könnte , wenn man am Anfang ein größeres Stück als
verloren ansehen wollte , noch eine kurze Fluchformel auf dessen
Rückseite gestanden haben.1) Doch fehlt bei den Inschriften dieser
Gruppe die Fluchformel in der Regel völlig. Nur die Inschrift
von Sigkeh bildet eine Ausnahme. Auffällig ist die große Zahl
von Personennamen, die die Inschrift außer dem König nennt. Das
männliche Determinativ findet sich in Z. 5, 7, 8. Mir ist unter
den chaldischen Stein- und Felsinschriften nur eine gegenwärtig,
die eine andere Person namhaft machte als den König, seinen Vater
und Mitglieder des chaldischen2) oder eines gegnerischen Königs-
hauses. Diese eine Inschrift ist die von Palm3) (neuarmenisch
Bagiri), in welcher Menuas einen Mann resp. Beamten mTitianisi)
anführt, der freilich vielleicht auch ein vormals selbständiger und
nach einer Niederlage im Vasallenverhältnis belassener Fürst ist.
In Z. 8 — 11 unserer Inschrift scheint genannt zu sein Ispih'(s),
1) Bei dem geringen Wert des Gesteins liegt, wie ich der Vollständigkeit
halber bemerke, keinerlei Grund vor anzunehmen, er sei von einem dickeren,
einst beiderseitig beschriebenen Stücke abgesägt worden, wie das bei der
fehlenden Rückseite der Berliner Sargonstele geschehen ist. Also ist auch nicht
daran zu dünken , daß wir mit dem Schluß einer einstmals auf der andern
Seite beginnenden Inschrift zu rechnen hätten.
2) So Inuspuas, der zur Thronfolge bestimmte aber nicht gelangte Sohn,
und Taririas, die Frau(?) des Menuas.
3) Zu dem Namen s. HübsehmanD, Die altarm. Ortsnamen, S. 230, 283.
4) Verh. Berl. Anthr. Ges. [VBAG.] 1900, S. 572 ff.
Lehmann, Zwei unveröffentlichte chaldische Inschriften, 823
Sohn des Batu(s): Ispüis Batuhinis, mit dem Flexionssuffix -m
Ispilini Batuliinini.
Dieser Ispilis oder sein Vater wird in Z. 10 anscheinend als
Gärtner oder Besitzer eines Gartens gekennzeichnet. Das Ideo-
gramm GIS. SAR bezeichnet assyrisch den Garten; für den Gärtner
{atnel urki) ist die Schreibung amelu NU(SIR). GIS. SAR belegt.
In unserer Inschrift ist die Reihenfolge der beiden ersten Zeichen
vertauscht. Daß das keinen wesentlichen Unterschied macht, wird
bestätigt durch das Vorkommen des für das Chaldische bereits viel-
fach belegten Ideogramms GIS. TIR (assyr. kistu) für „Hain. Wald*.
Das die Stellung und Beschäftigung andeutende Determinativ für
Mensch fehlt jedoch. Doch liegt es nahe, das Ableitungssuffix -ni
auf den Inhaber des Gartens zu deuten. Daß nicht etwa das
gleichlautende Flexionssuffix vorliegt, beweist das auf -ni folgende
„Lokative" Kasussuffix -di.
Entsprechend wird wohl Gilur(an)is (Z. 6) in Z. 7 durch das
zu KISTU hinzutretende Suffix -ni als Besitzer eines Waldes oder
als „Förster" bezeichnet. Da nun das Suffix -Jcai in irgend einer
Weise dativische Bedeutung hat,1) während pari „von, aus" -) heißt,
so wäre man versucht zu schließen , daß seitens des Königs dem
Gilur(an)is Ländereien im Betrage oder mit dem Ertrage 950 Maß-
einheiten übertragen worden seien, die bis dahin oder vormals dem
Ispilis gehört hatten. Doch ist das sehr unsicher, und eine
strikte Analyse oder gar Übersetzung gestattet unsere mehr als
lückenhafte Kenntnis des Chaldischen , die wir namentlich gegen-
über der entscheidenden Zeile 2 mit lebhaftem Bedauern empfinden,
nicht. Fraglich ist unter der obigen an sich zweifelhaften Voraus-
setzung besonders, ob man Z. 10 in der oben angenommenen Weise
zu Z. 8/9 ziehen darf, da mir ein Beleg für pari mit darauf
folgendem „Lokativ" auf -di nicht erinnerlich ist, was aber /.. T. auf
Rechnung der häufigen Verstümmelungen der auf pari folgenden
Eigennamen kommen kann.3)
E) Zu esi.
Was bedeutet nun das esinini, das in beiden Enschriften (Z. 3 f.
bezw. 5 f.) in wohlbekannter Verbindung mit inukdni erscheint?
Zunächst ergibt sich negativ — und das ist der besondere Ge-
1) Dies war seit langem ersichtlich. Sayce nahm an , daß die Endung
-hat gleichzeitig kollektiv wirke und bei Eigennamen die Familie des 1
einbeziehe. Dagegen spricht, wie zuerst Sayce i'JRAS. 1894-, p. 692) seihst er-
kannt hat, u. a. die KelisHin-Bilinguis (vgl. u. S. 825 f.) Chald. /. L/2 u. 25/26
I-u (IL! Al-di-ka-a-i {ALU) Ar-di-ni-di nu-na-(a)-U = Ass. Z. i u. 22 23
M ina pän (du) JJnldi <■. ana {aht) Musasir üliküni „als zum Gott
Chaldis in Musasir (Ardinis) kamen (Ispuinis und Menuas)."
2) So richtig längst schon Sayce, p. 445, 712 und passim.
3) Z. in für sich genommen würde bedeuten können „bei dem Gärtner"
oder, wenn man -ni nicht auf den Besitzer bezieht „in dein Garten — . . . ."
S24 Lehmann, Zivei unveröffentlichte chaldische Inschriften.
vorliegenden Zusammenhang unmöglich plötzlich von „Inschriften"
die Rede sein kann — wenigstens wäre das der Gipfel der Un-
wahrscheinlichkeit — und daß somit das esinini zugrunde liegende
Wort est keinesfalls Inschrift heißen, noch auch ein Adjektiv
esini „beschrieben, inschriftlich " vorliegen kann. Wenn früher
Sayce so übersetzte , so war das erklärlich und verzeihlich. Aber
nachdem eine große Zahl einwandfreier und vollwichtiger, für est
in eine ganz andere Richtung weisender Zeugnisse gefunden waren,
hätte die falsche Übersetzung nicht vertreten werden dürfen und
auch bei allseitiger Klarheit nicht vertreten werden können. Da
aber die Behauptung, est bedeute „Inschrift" resp. esini „beschrieben,
inschriftlich" ganz neuerdings und auch in dieser Zeitschrift mit
seltsamem Nachdruck geäußert worden ist, mag das Beweismaterial
hier nochmals vorgeführt werden.
1. Der sicherste Weg, die Bedeutung eines chaldischen Nomens
zu ermitteln ist der Schluß aus einer, an einer alten chaldischen
Anlage in situ befindlichen Inschrift. Die naheliegende Vermutung,
daß die Inschrift auf die Anlage Bezug nehmen und somit diese
darin an hervorragender Stelle genannt sei, hat sich mehrfach be-
wahrheitet und den Schlüssel zum Verständnis eines technischen
Ausdrucks und damit der ganzen Inschrift geliefert. Auf diesem
Wege haben im Jahre 1892 mein nachmaliger Reisegefährte und
ich aus Inschriften, die er im Jahre 1891 am Gemäuer des
Samyram-suy genannten großen Aquäduktes kopiert hatte und
die wesentlich folgenden Tenor hatten : mMenuase mIspuinihinise
ini pili agüni Menuai-pili tini, für pili die Bedeutung „Acpiädukt,
Kanal"1) (resp. dessen technisch wesentlicher Bestandteil2)) er-
schlossen.
Der Erkenntnis, daß für den Fortschritt im Verständnisse der
Inschriften von Van das Heil in der genauen Beachtung
der topographischen und archäologischen Verhält-
nisse liege, habe ich daraufhin in meiner ersten Äußerung über
die chaldischen Inschriften Ausdruck gegeben; sie hat mir alsbald
zum Verständnis der Rusas- Stele von Kesis-göll, als auf die Anlage
des Rusas-Sees3) (mIiusa'i-sue) und der durch seinen Abfluß zu be-
wässernden Rusas - Stadt (Neu - Tosp) am Fuße des Toprakkaleh-
Felsens4) bezüglich, verholfen, und sie hat uns während der gemein-
samen Forschungsreise als wiederholt bewährter Leitstern gedient.
1) Zeitschr. f. Ethnologie 24 (1892), S. 133 ff.
2) Dazu unten S. 848.
3) An dieser Auffassung von mRusm-sue halte ich fest. Nicht jede der-
artige Anlage braucht heute nachweisbare Spuren zu hinterlassen. Chald. su-e
hat sich nach meiner Vermutung (Verh. IS. intern. Or.-Kongr. S. 129) in armen.
cov „See" erhalten. Chaldische Wörter türkisch zu etymologisieren überlasse
ich Anderen.
4) Zeitschr. f. Ethnologie, a. a. O., S. 144.
Lehmann, Zwei unveröffentlichte chaldische Inschriften. 825
Für esi liegt nun dieser wichtigste und sicherste Weg zur
Beschreitung bereit : An der Nordseite des Van-Felsens befindet sich
ein in den lebendigen Felsen gehauener Saal, an dessen Eingangstür
noch heute in situ eine Inschrift folgenden Wortlautes steht : *)
1 Menuase Ispuinihintse 2 ini esi za-(a)-du-ni si-(e)-ir-si-ni-(i)-e.
3 Menuase alz: all musini 4 ha-ar-ni-zi-ni-(e)-i si-ir-si-ni-ni
5 terdidini inukäni esini; folgt die Fluchformel. 1„Menuas hat dieses
2 esi errichtet(, gebaut, geschaffen) . . . 3 Menuas spricht: . . . ."
Bei den analog lautenden Inschriften vom Samyramsuy (s. S. 824)
hat man früber ptli als Inschrift gedeutet, bis man über den Standort
belehrt, eingesehen hat, daß das Wort auf die Anlage Bezug hat
und daß — von anderen Ungereimtheiten abgesehen — es ganz
ausgeschlossen ist, daß Menuas an einer Stelle, wo die Errichtung
der Inschrift nebensächlich ist, diese in erster Linie hervorhöbe.
Auch bei der Inschrift vom Vanfelsen liegen der Fehler und seine
Heilung in der gleichen Richtung: esi bezeichnet offenbar die An-
lage, sie wird durch sirsini näher bestimmt. Wenn man letzteres
mit einiger Wahrscheinlichkeit auf die Besonderheit gerade dieser
Art von Anlagen, also auf den Felsen resp. dessen Bearbeitung und
Umgestaltung bezieht , so kann man nur noch zweifeln , ob esi
allgemein „Stätte, Örtlichkeit, Räumlichkeit" oder schon
„Zimmer, Kammer, Gemach" bedeutet.
Daß die allgemeinere Fassung die richtigere ist , daß esi in
erster Linie und ursprünglich „Ort, Örtlichkeit" bedeutet, was
natürlich eine Verwendung im engeren Sinne keineswegs ausschließt,
darüber belehren uns, wie sie die Deutung „Inschrift" gleichfalls
vollkommen ausschließen, eine Reihe von weiteren Zeugnissen, die
das gemeinsam haben, daß sie Bilinguen oder Texten, die als solche
wirken, entstammen.
2. Auf der Expedition ist bekanntlich unter mancherlei Ge-
fahren und Erschwerungen2) der Text der assyrischen und der
chaldischen Inschrift des Kel-i-sin {sin „blau" oder vielmehr
„grün" 3)) an Ort und Stelle von uns kollationiert worden. Ur-
sprünglich glaubten wir eine Bestätigung für die Ansicht meiner
Reisegefährten, es sei keine Bilinguis, sondern der chaldische Text
1) Der Text wird durch ein von uns aufgefundenes Duplikat auf einem
Steine, der vormals in der Nähe jenes Felsengemach.es angebracht gewesen sein
muß , jetzt in die erheblich höher gelegene innere Mauer der eigentlichen
Citadelle eingefügt liegt, gesichert, s. darüber meinen Bericht Nr. 56 und Figur 1.
2) Für mich kam am ersten der beiden Tago, die uns gemeinsam zur
Paßhöhe führten, ein neberartiger Zustand hinzu, den ich der sumpfigen Um-
gebung unseres Zeltes in Haek zu verdanken hatte und der sich alsbald hob,
als ich, statt im Zelt, mein Nachtlager auf dem Altan eines kurdischen Hauses
nahm; so fiel wenigstens diese Behinderung am zweiten Tage weg.
3) Das Gestein der Stele ist dunkelgrün, und daß $in auch „grün" be-
deutet, stellte ich, wenige Stunden vom hel-i-Sin, au der Steh' von I
fest. Die Farbe frischgrüner Blätter etc. wurde mir von den Kurden als Hit
bezeichnet.
S2li Lehmann, Zwei unveröffentlichte chaldische Inschriften.
setze den assyrischen fort, gefunden zu haben. Aber Sayce J) hielt
gleichwühl daran fest, daß es eine Bilinguis sei und wies mit Recht
auf einen Punkt hin, der auch mir inzwischen schon Bedenken an
der Richtigkeit dieser Ansicht erregt hatte. Ein Hauptargument
gegen die Auffassung als Bilinguis , die Ungleichheit der Städte-
hamen, war in Wegfall gekommen, seitdem an der Stele von Töpzauä
der Nachweis geführt war, daß Musasir der assyrische, Ardinis
der chaldische Namen einer und derselben Örtlichkeit sei; jener
aber erscheint in der assyrischen, dieser in der chaldischen Version
wie der Stele von Töpzauä (s. unten) so des Kel-ä-sin.-)
Mich Sayce's Anschauung — vorbehaltlich eigener weiterer
Studien an den Kelisin-Texten — zuzuneigen, veranlaßte mich auch
die Einsicht in die historische Bedeutung der Kelisin-lnschrift, die
sich mir nach langen, vornehmlich durch die Frage nach den Ursitzen
der Urarto-Chalder bedingten Zweifeln erschloß.3) Nachdem Menuas
als Mitregent und Feldherr seines Vaters die Herrschaft der Chalder
in erfolgreichen Eroberungszügen bis in die fruchtbaren, bald danach
von den Mannäern besiedelten oder beanspruchten Gebiete, westlich
und südlich des Urmia-Sees ausgedehnt hatte, mußte er diese Er-
oberungen und vor allem den Kelisin-Paß , der für die Herrscher
von Van den Hauptübergang in der südlichen Umgebung des Sees
bildete , gegen die Assyrer sichern. Zu solcher Sicherung eignete
sich Musasir nach seiner durch die Stele von Töpzauä bestimmten
und von uns aufgefundenen Lage besonders, wie hier nicht näher
auszuführen. Es wurde daher an diese , bisher unter assyrischer
Herrschaft stehende und von Assyrern bewohnte Stätte, durch
Menuas eine chaldische (Militär-)Kolonie geführt, die Stadt und ihr
Gebiet dem Gotte Chaldis unterstellt, sein Kult und der der andern
Götter des chaldischen Pantheons dort eingeführt und vielleicht nach
dem einen derselben, dem Sonnengott Ardinis (vgl. S. 819 Anm. 1),
die Stadt benannt. In späterer Zeit, besonders wohl seit den Erfolgen
Tiglatpileser's III, lockerte sich die chaldische Herrschaft über dieses
Gebiet. So erklärt es sich, daß unter Rusas I (s. unten) Musasir
mehr in der Stellung eines selbständigen Puffer- Staates, denn einer
chaldischen Provinz oder eines chaldischen Vasallenstaates erscheint.
Auf die Ausstattung und Ausgestaltung des Chaldis-Kultes, d. h.
vom Theokratischen ins Politische übersetzt, auf die Stärkung und
Sicherung des chaldischen Elementes, werden die ja im wesentlichen
auf den Kult bezüglichen Angaben der durchaus unkriegerischen
Inschrift zu beziehen sein. Daß sie auf dem Passe , nicht bei der
Stadt Musasir-Ardinis Aufstellung fand, erklärt sich so gleichfalls
1) Journal of the Royal Asiatic Society, Oktober 1901, p. 653ff.
2) So die genaue Aussprache, wodurch sich auch Lobdell's Kallia-Shin
(englisch auszusprechen) erklären wird.
.; Nicht mir allein, dem auch im Wesentlichen nicht die Priorität der
Äußerung zukommt.
Lehmann, Zwei unveröffentlichte chaldische Inschriften. S2 (
aufs beste. Unter dieser Voraussetzung aber mußte eine Unter-
oder Nachordnung der cbaldischen gegenüber der assyrischen Sprache
so unwahrscheinlich wie eine Nebenordnung beider Sprachen zu
einer wirklichen Bilinguis begreiflich erscheinen.
Die Wahrscheinlichkeit ist inzwischen zur Sicherheit erhoben
worden. Herr Dr. Messerschmidt hatte aus sprachlichen Gründen gleich
Sayce an der Auffassung, daß die Kelisin-Inschriften eine Bilinguis
darstellten , festgehalten. Ihm hat mein ehemaliger Reisegefährte
die von ihm und mir gewonnenen Lesungen unserer Kollation zur
Verfügung gestellt. Herr Dr. Messerschmidt hat sich dann erfolg-
reich bemüht, eine Reproduktion des von de Morgan im Jahre
1891 x) genommenen Abklatsches der Stele zu erhalten, hat alsdann
jenem von deinen Eintreffen und Aufstellung eines nach diesem
Abklatsch gefertigten Gipsabgusses rechtzeitig Nachricht gegeben,
und diesen mit ihm gemeinsam studiert. Diese Verwertung-) so-
wohl des de Morgan'schen , wie des von beiden Mitgliedern der
deutschen Expedition nach Armenien gewonnenen Materials . hat
erkennen lassen oder bestätigt, daß auch die Inschriften des Kel-i-sin
eine wirkliche Bilinguis darstellen.
In der chaldischen Fassung der Fluchformel der Kelisin-Inschrifi
finden wir nun den Ausdruck su-u-i du-ti-e, der u. a. in der ein-
sprachig chaldischen Fluchformel der Inschrift von Sigkeh (s. oben)'
in enger Verbindung mit esi erscheint.
Kelisin chald. Z. 37 lautet: [a-lu-]se (wer) DUB. TE (Schrift-
tafel, Schriftstein) i-ni (diesen 3)) su-u-i du-li-e ... (3 Zeichen zerstört).
Im Assyrischen aber entspricht (Z. 37): sa (wer) dup-pi (den
Schriftstein) an-ni-tu'') (diesen) i-da*)--vp «*-[•]. 6)
Die Gleichung dieser beiden Zeilen hatte richtig schon Sayce
erkannt, als seine Auffassung, es liege eine Bilinguis vor, noch
1) Unser Besuch erfolgte im September 1898.
2) Anatole, Heft 1.
3) annitu „diesefn)" kann man in i-ni wiederfinden, obgleich ini „dieser"
sonst regelmäßig vor dem dadurch bestimmten Nomen steht. Hier läge dann
wohl ein Assyrismus vor. Wer das nicht annehmen will, muß schließen, daß
gegen den Wortlaut der assyrischen Version und was mehr sagen will, gegen die
ständige Übung der chaldischen Fluchformeln das im Grunde unentbehrliche „dieser"
hier weggeblieben ist uud wie es in der Anatole geschehen ist, Dl B. te-i-m
(Akkus.) zu lesen.
4) So S ch ei 1 's Ausgabe nach de Morgan's Kopie, und danach Sayce,
JRAS. 1894, p. 698 Unsere Kollation an Ort und Stelle ließ neben da auch
das formverwandte li möglich erscheinen, i-da-'-ip aber ist zweifellos.
5) Hinter u Raum für ein Zeichen, wie der Gipsabguß deutlich erkennen
läßt. In u-. wird ein weiteres Verbum stecken, dessen chaldisches Äquivalent
in den weggebrochenen Teilen Z. 37 Ende, Z. 38 Auf. der chald. Version zu
suchen ist. (Wichtig ist an sich und für das Chaldische ass X. •"■|l 32 Sa
31 . . . u-pa-sa(za)-ar ina tak-li-te-[e?] Si i(?)-nam-di-nu „wer (den BI . BU)
. . . ., ihn in eine Umschließung {taklitu von JeaM = aiar /" naniäri)
verweist".)
328 Lehmann, Zicei unveröffentlichte chaldische Inschriften.
unserro und allgemeinem Widerspruch begegnete, su-u-i-du-li-e
wird also durch i-da-'-ip wiedergegeben.
Was bedeutet nun i'dctip, das Sayce, nachdem er anfänglich
die ars nesciendi geübt,1) neuerdings mit irreführender Bestimmt-
heit, die ihre Wirkung bis in diese Zeitschrift hinein nicht verfehlt
hat . mit Jie shall destroy" er „wird vernichten" übersetzt hat.2)
Da'äpu ist ein sehr seltenes assyrisches Verbum, der späteren
Prosa durchaus fremd und nur in poetischen Stücken oder ihnen
entnommenen Wendungen belegt. Am längsten bekannt ist Schöpfungs-
epos (Enuma elis) Tafel IV 30 : iddinüsu kakka La mahrü dcüipu
zaiare „(die Götter) „gaben ihm" (dem Marduk zum Kampfe gegen
die Tiamat) eine unwiderstehliche Waffe, die die Feinde ddipu*.
Daraus folgt natürlich für die nähere Bedeutung von daäpu
gar nichts, denn eine Waffe kann den Feind töten, vernichten,
niederschmettern, verjagen, vertreiben, in die Flucht schlagen etc. etc.
Ganz das gleiche gilt von der von Meißner6 (Supplement S. 30)
angeführten Wendung da-i-bu gare-su, wo Meißner mit minderm
denn gewohntem Bedacht ohne Fragezeichen übersetzt „der seine
Feinde vernichtet".
Dagegen hat Zimmern 3) das Verbum zu hebräisch qni ge-
stellt, dem die Bedeutung „stoßen, drängen" innewohnt und deshalb
zwischen den verschiedenen möglichen Lesungen sowohl des ersten
Radikals (als ~ und ü), als des dritten (als 3 und s), die auch von
uns gewählte und betreffs des Anlauts auch nächstliegende Lesung
daäpu (zweiter Radikal N3 = ) empfohlen. Und zwar mit gutem
Grunde. Denn in der ersten der von ihm herausgegebenen Ritual-
tafeln kommt dieses Verbum zweimal in einem Zusammenhang vor,
wo die Bedeutung „fortstoßen, wegsetzen, wegrücken" vortrefflich
paßt , dagegen nichts auf ein Vernichten , Zertrümmern schließen
läßt. Demnach führen sowohl die assyrischen Texte wie die ver-
gleichende Etymologie für da'äpu auf jene Bedeutung.
sa duppu annitu idaip heißt also, wer „diese Stele" ver-
rückt, verschiebt", und vertritt die Stelle der in den assyrischen
Fluchformeln üblicheren Phrase (lü) asarsu unakkaru „wer ihren
Standort verändert" !
Die gleiche Bedeutung kommt also dem chaldischen Äqui-
valent von idaip zu, su-u-i du-li-e heißt demnach verrücken,
verschieben, genau wie ich es ohne Bezugnahme auf die damals
noch gar nicht für die Frage verwertbaren Kelisin-Texte ermittelt
und betont hatte.4) Und sehr belehrend ist es, daß in der
Kelisin-Inschrift, wo im Assyrischen die Ortsveränderung lediglich
1) JRAS. 1894, p. 704 zu (37).
J, JRAS. 1901, p. 656 zu (37).
3) Zimmern, Beiträge zur Kenntnis der Babyl.- Assi/r. Religion
(Asst/riol. Bibl. XII. III, Nr. 60, Z. 5 [S. 174/5] und' Z. 40 [s. 176/7] mit
Anmerkung 3 und 10).
4) Bericht S. 624 zu Nr. 57 und S. 632.
Lehmann, Zwei unveröffentlichte chaldische Inschriften. 829
verbal ausgedrückt ist (wie im Deutschen „verrücken, verschieben"),
auch im Chaldischen das Wort esini fehlt, daß dagegen, wo die
häufigere Wendung mit asru „Ort, Vorbild" ist, auch esini erscheint.
3. Einen weiteren Beweis liefert uns die Fluchformel der neu-
gefundenen Steleninschrift Rusas' II.
In Band 56, S. 110, Abs. 4 wies ich nach, daß in Z. 46 f.
genannter Inschrift, wo ich me-i 4C zi-il-bi-i ki-u-ra-i-di 47 tu-li-e
tu-u-ni las, das Äquivalent des assyrischen ina mätäti lihallik „er
möge aus den Landen vertilgen" vorliege und fügte hinzu: „Das
assyrische Uhallikü, in welchem die Begriffe des Vernichtens und
Entfernens miteinander verschmelzen, könnte im Chaldischen durch
zwei verbale Ausdrücke wiedergegeben sein, wenn anders tu-u-ni
(Z. 47 a. E.), wie wahrscheinlich, Verbalform ist."
Ein Vergleich mit der als Bilinguis neuerkannten Kelisin-
Inschrift hat zu der Erkenntnis geführt (S. 181 dieses Bandes), daß
vielmehr wahrscheinlich [k~]u-li-e-tu-u-ni zu lesen ist, verwandt
mit chaldisch ku-lu-di-(i)-e, das in dem Kelisin-Text sich in ent-
sprechendem Zusammenhang findet. Dort steht in Z. 36 zi-li-bi
ki-u-ra-ae-di ku-lu-di-i-[e], und in Z. 41 zi-il-bi ki-ra-e-di ku-lu-
d^i-e].1) Dem assyrischen ' e i n e n Verbum entspricht also ein chal-
disches Wort. Damit ist die einzige scheinbare Abweichung der
Fluchformel Rusas' II von ihren assyrischen Vorbildern behoben.
Sie kann geradezu , wie ich jetzt noch nachdrücklicher als früher
(Bd. 56 S. 109) betonen kann, als deren wörtliche Übersetzung
gelten und wirkt somit gleich einer Bilinguis.
In den assyrischen Fluchformeln entsprechenden Tenors -) werden
nach einander bedroht: wer 1. die Inschrift zerstört, 2. sie be-
schädigt , 3. ihren Standort verändert , 4. sie mit Erde bedeckt
(oder mit Asphalt verschmiert) , 5 a. sie ins Wasser wirft, 5 b. sie
mit Feuer zerstört, 6. den Namen des königlichen Urhebers zerstört,
wozu manchmal noch 7. die Ersetzung des Königsnamens durch
einen andern hinzukommt.
Abgesehen von der Zerstörung durch Feuer (die ich deshalb
durch 5 b bezeichnet habe) zeigt die Fluchformel Rusas' II , im
Gegensatz zu allen übrigen mir bekannten chaldischen Fluchformeln/5)
1) In den leider stark verstümmelten entsprechenden Toilen der assyrischen
Version (Z. 36 und 42) möchte man lesen [(ILU ) llal-di]-e (resp. iläni) Sum-su
ina eli (Kl)ersiti, worauf, mit lu (odor U-) eingeleitet, eine prekative Verbal-
form folgen würde. Doch wollen sich zu letzterem die vorhandenen Zeichen
und Reste nicht fügen.
2) Vgl. KB III 1 S. 192 (Merodaeh-Baladan EL); IV 104 (Tiglatpilesar III),
sowie ferner z. T. die Fluchformeln der in meinem SamaSiumuMn veröffent-
lichten Inschriften. — Aus älterer Zeit vergleiche bereits KB. III 1G2 (Adad-
sum-iddin 1) und die gleichfalls schon in Bd. 5G, S. 111 dieser Zeit sehr, ver-
wertete Fluchformol der Annaion Tiglatpileser's 1.
3) Auch die von der Expedition kollationierte Fluchformel von Sayce
Nr. XXXI (Inschrift der Ispuinis und Menuas in der Kirche Surp Pogos: Bericht
ifr. 14) nicht ausgenommen, die allerdings die Bedrohung desjenigen, der die
830 Lehmann, Zwei unveröffentlichte chaldische Inschriften.
dieselben Glieder in derselben Reihenfolge , für 4. und 5 a. wird
dies durch die an sich ohne weiteres verständlichen Ideogramme
für Erde (assyr. ersitu) und Wasser (assyr. me,Pl) , für 6. und 7.
in der oben (Bd. 56 S. 110) dargelegten Weise, namentlich aus dem
bekannten Worte fmi „Namen" deutlich. Der ohnehin unabweisbare
Schluß, daß die Übereinstimmung auch für 1. — 3. gelte, wird zu-
dem gesichert dadurch, daß in 1. wer die Inschrift zerstört und
in 6. wer den Namen zerstört, beide Male dasselbe chaldische
Wort txz-li-e steht! An alledem kann auch die Tatsache nichts
ändern, daß zwischen 5. und 6. bei Rusas II die für die chaldischen
Fluchformeln spezifische Bedrohung desjenigen , der sich die Er-
richtung der in der Inschrift genannten Anlagen1) fälschlich zuschreibt,
eingeschoben ist. Demnach heißt 2. aluse pi-tu-U-e „wer (sie)
beschädigt" und 3. aluse esini süi-duli bezieht sich auf
die Ortsveränderung; est heißt „Ort, Stätte", und nur
die genauere Art der syntaktischen Verbindung der Flexionsform esini
mit dem, das Prädikat darstellenden oder doch in seinem verbalen
Teil enthaltenden süi duli er „verrückt, verschiebt" bleibt zweifelhaft.
Somit ist die Bedeutung von esi „Ort, Örtlichkeit, Stätte,
Räumlichkeit", nicht „Inschrift", klargestellt. Ebenso ist das Ver-
ständnis der Fluchformel Rusas' II in dem von mir vertretenen
Sinne befestigt und vertieft worden. In ihr ist ein Text gewonnen,
der Dank seinem nahen Anschluß an assyrische Vorbilder gleich
einer Bilinguis wirkt und eine Fülle bisher gar nicht bekannter
oder nur zweifelnd gedeuteter chaldischer Ausdrücke sichert.
Die folgende Übersicht wird dies im Anschluß an meine früheren
(Bd. 56 S. 109 ff.) und jetzigen Darlegungen näher verdeutlichen.
Die dem Verständnis neu erschlossenen , oder in ihrer Bedeutung
neu gesicherten , chaldischen Wörter und ihre Übersetzungen sind
gesperrt gedruckt.
Chaldisch Deutseh
mRusase Argistihinise Rusas, Argistis' Sohn
all. aluse ini DUPPE . TE-e spricht: wer diese Stele
tuli aluse pituli zerstört, wer sie beschädigt,
aluse esini süi duli werihrenStandort verändert
:i5 aluse ERSITIM .me.pu-li-i-e wer sie mit Erde bedeckt
aluse ME1'1 husuli wer sie ins Wasser wirft,
aluse ulise ti'uli wer . . . behauptet,
iese zadCdn l) aluse ich habe (das Berichtete) ge-
schaffen,1)
Stele ins Wasser wirft (aluse MEpl hu-m-li-c) wörtlich mit der Fluchformel
Rusas' II gemeinsam hat, während sie in den übrigen chaldischen Fluchformeln
(s. deren Behandlung durch D. H. Müller „Aschrut-Darga* S. 23 ff.) fehlt.
1) zaclubi bezieht sich, wie mir im Wesentlichen mit Recht entgegen-
gehalten worden ist, nicht auf die Errichtung der Inschrift: ein weiterer Beweis,
Lehmann, Zwei unveröffentlichte chaldische Inschriften. 831
tinini tuli masi wer den Namen zerstört,
seinen (einen andern)
40 tini teil . e . a- i Namen einsetzt; s e i es einer
(MATU)Bidinise . e . a-i aus Biaina, sei es
(MA.T\J)LiduinÜ'e(ILU)HaIdise einer aus Lulu: Chaldis,
(ILU)Teisebase(ILU)SAMAS Teisbas, Ardinis(?), die Götter
ILm-le
mei tini mei mögen seinen Namen, seinen
^ armiizi1) mei Samen, seine
zilbi k iuraidi Nachkommenschaft aus den
Landen
kulitüni vertilgen!
4. Eine weitere Bestätigung erbringt die bilingue Inschrift
Rusas I von Töpzauä. Wenn neuerdings wieder über diesen
wichtigen Text und die beiderseitige Tätigkeit der Expeditionsmit-
glieder einseitige Darstellungen verbreitet werden, die in der in dieser
Zeitschrift ausgesprochenen Behauptung gipfeln , es handle sich an
der entscheidenden Stelle und überhaupt durch den ganzen Text hin
um „ Verlesungen", die mir, im Gegensatz zu dem andern Mitgliede
der Expedition, begegnet seien, so liegt es mir ob, darauf hinzu-
weisen, daß von einer Verlesung des einen gegenüber dem andern
gerade bei diesem Texte überhaupt nicht die Rede sein kann. Zu
dem Zwecke gebe ich zunächst einen kurzen datenmäßigen Bericht
über die Arbeit an der Stele und die Sicherung ihrer Ergebnisse,
alsdann den Text , so weit er beiderseits genügend erhalten und
gesichert ist, um die Beziehungen zwischen den beiden Fassungen
zu prüfen, in Keilschrift, damit an Stelle müßiger Erörterungen
über die Transkriptionen und deren teils unvermeidliche, teils von
mir verschuldete Mängel, die schon viel zu lange verzögerte
Zugänglichkeit des Originals , wenigstens in seinem wichtigsten
Teile, trete.
An der Stele von Töpzauä traf die Expedition am Sonnabend
den 8. April 1899 ein und verließ Töpzauä am 19. April. Während
dieser ganzen 12 Tage sind beide Expeditionsmitglieder unter be-
sonders schwierigen Umständen, abwechselnd teils und teils gemein-
sam, während der hellen Tageszeit fast ausschließlich mit der, einer
Entzifferung gleichkommenden Kopie der assyrischen und der
chaldischen Inschrift je auf der westlichen und der östlichen Bruch-
seite und den beiden Fassungen der bilinguen Fluchformel je auf
einer Schmalseite der Stele beschäftigt gewesen. Die Erschließung
der assyrischen Version, die das Eindringen in den Sinn der [nschrifl
daß ini est zaclüni (S. 824 unten, 825) sicli nicht auf Errichtung einer In-
schrift bezieht.
1) Siehe Bd. 56 S. 110 unten.
Bd. LVIII. VI
832 Lehmann, Zwei unveröffentlichte chaldische Inschriften.
überhaupt ermöglichte , lag natürlich speziell mir als dem des
Assyrischen allein Kundigen ob. Nachdem sich die Schriftzeichen
der , schon in assyrischer Zeit absichtlich verstümmelten Stele als
durch Gips von früheren Abgußversuchen her verkittet erwiesen
hatten , wurde dieser mit einigem Erfolg durch heiße Umschläge
zu lockern und danach zu entfernen versucht. Zu dem Behufe
mußte die Stele ans dem Sockel herausgehoben und niedergelegt
werden. Das ergab den Vorteil, daß die Inschriften in verschiedener
Beleuchtung stehend und liegend , und in letzterem Falle je nach
dem Stande der Sonne verschoben, studiert werden konnten.
Das Resultat war , daß , als die Expedition Töpzauä verließ,
um sich in Badleian1) zu trennen — mein Reisegefährte um nach
Van zurückzukehren , ich um via Mosul zum Tigristunnel und in
den chaldischen Westen zu reisen — beide Mitglieder vollständige
gegenseitig kontrollierte , in allem wesentlichen übereinstimmende
Kopien sämtlicher 4 Inschriften in ihre Inschrifthefte'2) ein-
getragen hatten. Außerdem bringen meine Tagebuch- Notizen 3)
täglich genaue epigraphische Eintragungen , Studien und Kopien
einzelner schwieriger Zeilen und Gruppen, die nahezu den gesamten
Bestand der Inschriften umfassen und zur Kontrolle der Gesamt-
kopien dienen. Auch war die für die Ergänzung eventuell belang-
reiche Ausmessung aller Zeichen , ihrer Zwischenräume und der
Lücken begonnen worden. Sie zu vollenden bin ich dann nochmals
nach Topzauä zurückgekehrt, wo ich am Abend des 20. April eintraf
und großenteils unter argen Mühen und Entbehrungen die Kollation
und die Ausmessung der gesamten Inschriften bis zum Mittag des
23. April vollendete. Dabei habe ich dann noch zahlreiche Sonder-
beobachtungen über einzelne Zeilen und Stellen in mein Notizbuch
eingetragen.
Meine Kollation und meine Maße habe ich , nach Badleian
zurückgekehrt, Zeichen für Zeichen und Zahl für Zahl meinem
Reisegefährten in die Feder diktiert, wobei Gelegenheit war, etwaige
Abweichungen seinerseits — seine Kopie hatte mir für die Kollation
nur am 21. April zur Verfügung gestanden — nochmals zu erörtern.
Andererseits habe ich mir diejenige Fassung, die mein Reise-
gefährte seinerseits den Inschriften der Stele auf Grund dieses teils
gemeinsam, teils von mir allein gewonnenen Materials gegeben hatte,
nach unserer beiderseitigen Rückkehr zur Kontrolle meiner Lesungen
und meine Gesamtredaktion, von ihm kopiert.
Bis auf wenige Abweichungen, über die wir uns beiderseits
vollkommen klar sind, stimmen unsere Lesungen vollkommen überein.
Somit ist deutlich, daß, von jenen wenigen wohlbekannten
Differenzpunkten abgesehen, die alle nur die Auffassung und Er-
1) Mitteilungen der geographischen Gesellschaft in Hamburg, Bd. XVI
(1900), S. 30.
2) Quart. 3) In Oktavheften.
Lehmann, Zicei unveröffentlichte chaldische Inschriften. 833
gänzung verstümmelter Spuren betreifen, von einer Verlesung des
einen gegenüber dem andern absolut nicht die Rede sein kann.
Und die gemeinsam gewonnene Lesung hat, soweit nicht Unmög-
lichkeiten vorliegen, die Konjekturen notwendig machen, als der
unabänderliche Grundtext , mit dem man sich abfinden muß , zu
gelten. So — und so allein ! ■ — ■ ist auch in den für esi ent-
scheidenden Abschnitt der Bilinguis zu verfahren.
Ihn objektiver Beurteilung im Zusammenbange der Bilinguis
zugänglich zu machen, ist der Hauptzweck der auf S. 834 f. in
meiner Hand wiedergegebenen Kopien der Z. 9 ff. der beiden auf
den Breitseiten der Stele von Töpzauä aufgezeichneten Versionen.
Aus dieser Bestimmung erklären sich die Beschränkungen der vor-
liegenden Publikation. Die ersten Zeilen der assyrischen Version
sind derartig verstümmelt, daß sie im Wesentlichen nicht zum Ver-
ständnis des chaldischen Textes verhelfen, sondern eher umgekehrt,
wenn einmal das Chaldische besser verstanden sein wird, von jenem,
als dem besser erhaltenen ihr Licht und ihre Ergänzung empfangen
müßten. Erst von Z. 11 spricht die assyrische Fassung unmittelbar
und einigermaßen verständlich zu uns. So ist der erste Teil hier
beiderseits weggelassen. Des Anschlusses halber, und weil die Über-
einstimmung der beiden Übersetzungen vielfach über die in der
Zählung korrespondierenden Zeilen hinaus verfolgt werden müssen,
ist aber die Wiedergabe bereits mit Z. 9 begonnen worden.
Ferner habe ich, namentlich in den Anfängen der Zeilen, einige
Male , auch da , wo ich es nicht in den Anmerkungen zum Texte
ausdrücklich hervorgehoben habe, Schraffierungen gegeben, wo nur
ungewisse, nicht sicher deutbare, oder nicht von beiden Expeditions-
mitgliedern gleich deutlich gesehene und in gleichem Sinne auf-
gefaßte Zeichen vorlagen. Im übrigen ist, sofern nichts anderes
bemerkt ist, beiderseitige Übereinstimmung vorhanden.
Schließlich haben, weil der Raum nicht ausreichte, die Zwischen-
räume zwischen den Zeichen einer Zeile nicht eingehalten werden
können und sind die Andeutungen der Verstümmlungen nicht nach
den genauen Maßen abgezirkelt, sondern in ungefährem und pro-
portionalem Betrage gegeben worden. Daß ich zudem leider nicht
überall den Kampf mit dem beengten Räume mit Erfolg geführt
habe, zeigen die Anmerkungen 4 und 2 zur chaldischen Version.1)
Alle diese Beschränkungen und Mängel werden in einer ander-
weitigen Publikation bei größerem Spielraum in Wegfall kommen.
Einer Transkription in extenso bin ich durch die Umschrift, die
ich Verh. Berl anthrop. Ges. 1900, S. 434 f. gegeben habe und
die die in den Berl. Sitzungsber. L900, S. ii:'>l gebotenen berichtigt,
1) Z. 30 zu Aul', wird das vor cl-du-bi Erhaltono vermutlich zu
iJI^ -d-du-bi, zeldübi zu ergänzen sein.
54*
834 Lehnann, Zwei unveröffentlichte cluddische Inschriften.
Stele von Topzauä assyrisch
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3) f$4%Jr.^)So sakiehdic S^v*. „$)^W™däj«*>j „„d^hla*. -
6) WnAichtA_L ShuAVK — VSo- tahickdtuäZtck .£; T<J** *>f oAc*. tf-.JfyEnde,
dcA, J&t'UXß) -9) S0I4 yovt Win. . Ü**. Ju^Uir/i ^(rndcf,- aut lUdu, ckaL
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Lehmann, Zwei unveröffentlichte chaldische Inschriften. 835
Stele vonTopzauä chaldisch.
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336 Lehmann, Zwei unveröffentlichte chaldische Inschriften.
überhoben. An beiden Stellen ist auch der Nachweis geführt, daß
wir es wirklich mit einer Bilinguis zu tun haben.1)
Z. 22 a. E. des chaldischen Textes kommt nun sicher das Wort
est vor, ob man nun e-si-\ni\ e-st-[i] oder e-si-[e] ergänze. Das
ist deshalb vom höchsten Werte, weil zunächst der Vergleich mit
dem assyrischen Text zeigt, daß weder in den direkt entsprechenden
Zeilen, noch in deren Umgebung von Inschriften oder vom
Beschreiben etc. die Rede ist. Nirgends kommt in der assy-
rischen Version das Wort duppu „Inschrift", narü „ Schriftstein ",
satäru „schreiben" vor, kann auch, rein mechanisch gesprochen,
nirgends ergänzt werden. Ebensowenig läßt der Wortlaut und
Zusammenhang des vorgelegten Teils der assyrischen Version , der
von politischen und kultischen Maßnahmen des Rusas gegenüber
Urzana und seiner Stadt Musasir-(Ardinis) berichtet, den Gedanken
an „Inschriften" oder „Beschriebenes" aufkommen. Auf diesem ne-
gativen Argument liegt der Hauptnachdruck der Beweisführung
aus der Stele von Töpzauä.
Die positive Schlußfolgerung hat mit einer Schwierigkeit in
der Lesung der assyrischen Version zu kämpfen. Z. 15 ff. derselben
lauten ana-ku mRu-sa-se 16 a-di sa-di-e (mät) Assur ki-ma . . .
a-ta-la-ka 17 di'-ik-tam(tu) KAK(epus)? mUr-za-na-a ina ka-ti
asbat lS ,-ti' -su ina mas-ka-ni 4^~^| ana sarrüti astakan-an.
[15] UME ina libbi (ali)Mu-sa-sir a-tu-^y'2) 20 nik^
pa-ni-am?-tu (ali)Mu-sa-sir a-ti-d[i-in\. Klar ist hier der erste
Teil: „ich, Rusas, drang zu den Bergen Assurs wie ein . . . vor
(atalaka „ich ging") und schlug eine Schlacht (wörtlich: „machte" (?)
epus (?) „ein Gemetzel" diktam). Dann aber beginnt die Schwierig-
keit, die in der in Keilschrift gedruckten Gruppe in Z. 18 liegt. An
Ort und Stelle ist sie uns beiderseits als ein Zeichen erschienen.
Ein solches Zeichen aber giebt es nicht und das in der Form nächst-
stehende <^^:| NIN = mimma „was immer, alles was" gibt keinen
Sinn. Die verbleibenden Auswege haben alle ihr Bedenkliches und
führen stören derweise zu direkt entgegengesetzten Ergebnissen ; so
zwar daß, je nach der Auffassung dieser Gruppe, Rusas entweder
als Förderer oder als Feind Urzana's von Musasir erscheint. Liest
man a) unter Annahme sei es eines Steinmetzfehlers oder einer
1) Zu bemerken wäre zu der Transkription in den Verh. d. anthropol.
Ges. noch: Chald. Z. IG SU . DUN hätte ich nicht durch NIRU wiedergeben
sollen, da eine phonetische Schreibung eines sumerischen Wertes {ßudun, sudul,
ass. niru „Joch") im Chaldischen nicht zu erwarten ist; Z. 18: za-as-gu-u-bi-r
Z. 28 a. A. [a?->re-e, Z. 31 UMEpI-^'.
2) Man würde erwarten a-tu-sib „ich blieb", geschrieben steht nach
unserer Lesung a-tu-Suk. Ein Lautwert sub, sib des Zeichens \ Y , der sich
aus der sumerischen Phonetik an sich wohl erklären ließe, ist mir nicht bekannt.
Lehmann, Zwei unveröffentlichte chaldische Inschriften. 837
Korrektur, die überflüssige Bestandteile fehlerhafterweise nicht
getilgt hätte , sei es irriger Lesung des arg abgeriebenen Textes
ina mas-ka-ni-su \^) oder -sU-Wia (^~|/, so ergibt sich
Z. 17 ff. : „den Urzana faßte ich bei der Hand . . . sorgte für ihn(?)
(as(?)-te-,-su von seu), setzte ihn an seine Stelle als König ein".
Zerlegt man aber b) die Gruppe , so wie sie uns erschien, in ihre
Bestandteile, so müssen wir lesen ina mas-ka-ni-su J^ lä "~^|
ana sarrüti astalcan-an, — und dann bekommt die ganze Sache ein
anderes Gesicht: „den Urzana nahm ich eigenhändig gefangen,
. . . . te ihn (.-te-'-su) und setzte ihn nicht als König an seine
Stelle ein".
Daß ich in meinen früheren Mitteilungen nicht von vornherein
auf beide Möglichkeiten aufmerksam gemacht habe, war jedenfalls
ein Fehler, der z. T. auf einer Befangenheit in den durch Sargon's
Bericht veranlaßten Verstellungen beruhen wird. Urzana erscheint
bei Sargon als assyrischer Vasall, der zu Rusas abgefallen war: der
Fall b) böte direkt das entgegengesetzte Bild. Es wird aber
immer klarer, daß die Stellung Urzana's und seines Pufferstaatchens
zu den beiden einander bekämpfenden Großmächten verschiedenen
Wandlungen unterworfen war, wie das ja auch in dessen älterer
Geschichte (S. 826) begründet ist. Ein philologisches Bedenken er-
regt die Stellung des lä: man würde erwarten ina maskani-su ana
sarrüti lä astakan , doch würden Ort und Umstände der Nieder-
schrift ein minder gewähltes und fehlerhaftes Assyrisch wohl er-
klären. Daß die Trennung §u Ja den geringsten Eingriff bedeutet,
muß ebenso zugestanden werden, wie daß in Z. 11 der assyrischen
Version die Bezeichnung mUr-za-na sarru naJe-ru(?) „Urzana der
feindliche König" zu der Auffassung sub b) zu stimmen scheint.
Urzana wäre dann nicht als Schutzflehender im Tempel vor Rusas'
Angesicht getreten (ass. Z. 11 ina bit iläni ina pani-ia ölt[-ma ?]),
sondern hat mit Rusas verhandelt und diese Verhandlungen waren
resultatlos geblieben. Schwieriger ist damit ass. Z. 14 zu ver-
einigen, wo von einem Treuschwur der Truppen Urzana's oder nur
des Urzana in einem — des weitern freilich nichts weniger als
klaren — Zusammenhang die Rede zu sein scheint: 1%mUr-za-ii<i a
zu-ku-ti u e-mu-ki mUr-za-na-a ana ,v •-/.•/ ka-ia-na-a (. . . 14 „die
Truppen(?) des Urzana um Treuschwur zu leisten"). Der Stadt Musasir
selbst, in der er 15 Tage verweilte, erwies sieh Rusas jedenfalls
freundlich: ass. Z. 20 die früheren Opfer gab ich der Stadl Musasir
zurück.1) Jene Komplikation erschweri natürlich den Vergleich der
1) Der Sinn der chaldischen Z. 2 111'. ist teils aus dem Chaldischen selbst,
teils aus der assyrischen Version klar (Rusas verweilt L5 Tage in der Stadl
und gibt ihr namentlich die früheren Opfer zurück); im einzelnen bleibt vieles
aufzuklaren. — Z. 22 a. A. [i-U-](?)za-du lt-bl.
^;JS Lehmann, Zwei unveröffentlichte chaldische Inschriften.
assyrischen und der chaldiscben Version und dessen lexikalische
Verwertung, macht ihn aber keineswegs unmöglich.
Den Worten diktam ßpus (ass. Z. 17) entspricht zasgübi1)
„ich tötete". In beiden Versionen folgt darauf ein mit Urzanä
beginnender neuer Satz.
Im Chaldiscben geht es weiter. m Ur-za-na-ni 19 . . (ALU)^4r-
di-ni-i pa-ru-bi a-u-du-i . 20 . 'a-al-du-bi te-ru-u-bi ma-a-ni-ni
e-s/[-ni\ -1 [i-?]na-ni 15 UME (AlAJ)Ar-di-m' ma-nu-di a-li-e
-'-' . za-du-u-bi NAPHAR (AliU)Ar-di-ni-e a-ru-u-[bi]. Betrachten
wir dies zunächst unabhängig vom Assyrischen: parübi heißt „ich
nahm", terübi „ich setzte", arübi „ich gab" (s. alsbald), Mänini
ist eine Ableitung vom Stamme ma-, me- des pron. pers. 3. Da
man mäni mit einiger Sicherheit, als „ihn" deutet (s. unten
S. 850 zur Fluchformel der Sigkeh-Stele) , so liegen für manini
zwei Möglichkeiten vor.2) Entweder mänini ist „sie, ihnen", die
dem mäni „ihn" entsprechende Pluralform, oder vom Pronominal-
stamm der 3. Pers. ma-, me- , der auch in den Formen masi
(Bd. 56, S. 110) und mei (Genitiv des pron. pers. 3.) vorliegt, ist
ein Adjektiv mäni gebildet worden, das hier mit der Flexions-
endung -ni vor uns steht. Da aber Rusas in diesem Satze allem
Anscheine nach nur von Urzana redet, so werden wir auf den
Singular zurückverwiesen und sehen uns gezwungen, manini adjek-
tivisch aufzufassen , wogegen auch die andern mir gegenwärtigen
Belegstellen3) zum mindesten keinen Einspruch erheben, manini
esi[ni~\ wäre dann die nächstliegende der möglichen Ergänzungen
(S. 836 oben), und das hieße „(an) seinen Ort". — Ziehen
wir nun die assyrische Version zum Vergleiche heran , so ergibt
1) Siehe S. 837 Anm. 1.
2) Daß manini nicht „ihn" heißen könne, ist mir im Hinblick auf Bericht
S. 632 und VBAG. 1900, S. 435 mit Recht entgegengehalten worden.
— I
3) Inschrift von Melier Kapussi (Sayce V, 24 f. u. 67 f.) | Hal-di-ni
be-di-ni *"' \\W *^'*^' ]\\ \ be-di-ni ma-ni-ni ul-gu-se mlfyitini
mSardurihini Menua Ispuinihini (obige Opfer) „sind allen (?) Chaldis- Gott-
heiten (d. h. den einheimischen Göttern) und allen (?) fremden (?) Gottheiten
(wörtlich: „den Gottheiten aller Zungen?" d. h. den Göttern der in Chaldia
aufgegangenen Völker?) von Ispuinis, Sardur's Sohn, und Menuas, Ispuinis' Sohn,
für ihr (mänini) Leben (ulguse , s. Kelisin ehald. Z. 13 ulgusiani edini
= ass. Z. 12. . . . bu-ut balatisu, Anatole I 67) (bestimmt worden)". Die
Wendung für „sein (ihr) Leben" d. h. für das Leben des oder die Stifter ist ja
aus den ass. Weihinschriften wohlbekannt. — Inschrift von Surp Krikor (Kohbants),
Sayce XIX , (Bericht Z. 1 — 4) berichtet vom Bau einer besonderen Art von
Gebäuden (Heiligtum) (BlTÜ) Bar-zu-di-bi-du-u-ni durch Menuas, das nach
Menuas benannt wird: Z. 3/4 Menuai-barzudibidüni tini. Dann geht es
nach meiner Kollation weiter: Z. 5 (ILü) Hal-di-i ku-r[u]-u?-ni [I]LUpl-na
lu-ru-ni ma-ni-ni iS-ti-n,i mMe]-nu-u-a ar-di-se „Dem Chaldis, dein ....
der Götterstadt der .... das Seinige (Ihrige) (?) zugewiesen worden durch
Menuas . . . ."
Lehmann, Zwei unveröffentlichte chaldische Inschriften. 839
«ich eine hinsichtlich der Wörtlichkeit sehr weitgehende Überein-
stimmung: chald. parübi1) „ich nahm* = ass. asbat „ich nahm1";
1) Während bei der Berichterstattung in der 3. Person im Chaldischeu die
Verbalformen auf -ni vorherrschen, erscheinen die Formen auf -hi in den
chaldischen Inschriften regelmäßig dann, wenn vorausgeht: „(der König) spricht
also" und nun in direkter Rede weiter berichtet wird. Sehr häutig steht außer-
dem das Pronomen pers. der 1. Person 'ies(e) „ich" ausdrücklich dabei. Daraus
folgt mit absoluter Sicherheit, wie längst erkannt, daß diese Verbalform auf
-bi dem alleinigen Ausdruck der 1. Person dienen, ebenso wie die auf -ni die
3. Person bezeichnen; also terüni „er setzte", tertibi „ich setzte"; zaddni
„er hat geschaffen, angelegt", zadübi „ich habe geschaffen etc."; is'tini „er
hat bestimmt, zugewiesen" (s. S. 819 f.), istibi (vgl. unsere Stele von Sigkeh Z. 9
a'iStibi) „ich habe bestimmt". Dieses völlig gesicherte Ergebnis, eine der
wenigsten feststehenden Tatsachen der chaldischen Grammatik, kann durch
Heranziehung der Sprache der kaukasischen Uden, in der das Suffix -bi in
anderer impersoneller Funktion erscheint, nicht erschüttert werden. Daß die
Funktion dieses Verbalsuffixes -bi sich auf den Singular beschränke, habe
ich niemals behauptet. Im Gegenteil: wie erweislich Verbalformen auf -ni
pluralische Verwendung finden, so j)i(-e)-i-ni in den Fluchformeln, „sie (die
Götter Chaldis, Te'isbas und SAMAS) mögen vernichten" (unten S. 849), so
hielt und halte ich es für durchaus möglich, daß auch die Formen auf -bi der
1. pers. pluralis dienstbar gemacht werden konnten. In welcher Weise sich
Singular und Plural unterscheiden, das liegt ja für das Chaldische nicht bloß
hinsichtlich des Verbums verschiedentlich im Dunkeln. Die Verbalformen auf
-li anderseits sind meiner alten Überzeugung nach nicht Formen des Verbum
Finitum, sondern Gerundia (nicht Partizipien), mit dem auch im Georgischen
und seinen verwandten verbreiteten und daher auch in der ostkleinasiatischen
geographischen Namengebung weitverbreitetem Nominalsuffix -li, wozu eine Ver-
wendung sowohl für den Singular und den Plural der dritten, wie jeder andern
Person vortrefflich stimmt. Auch das habe ich niemals geleugnet. — Daß es
ev. im Chaldischen auch ein Nominalsuffix -bi gegeben haben könne, welches
an Verbalstämme angehängt, diesen die Bedeutung eines Gerundiums verliehen
hätte, kann im Hinblick auf die Proteusgestalt z. B. des Suffixes -ni a priori
nicht in Abrede gestellt werden. Die Verbalformen auf -übi und -ibi, für
welche die parallelen Formen der 3. Pers. auf -Uni und -ini belegt und die
damit als Personen des Verbum Finitum erwiesen sind, dürfen aber keinenfalls
unter diesem Gesichtspunkt betrachtet werden. Man beachte besonders, daß
in der Bilinguis von Töpzauä den, durch phonetische Schreibung gesicherten
assyrischen Verbalformen 1. pers. durchweg chaldische Formen auf -übi ent-
sprechen. Im übrigen aber fehlt es einstweilen an sicheren Belegen für die
Existenz derartiger impersoneller Verbalforinen auf -bi. Denn Kelisin Z. IT stehl
■nu-na-*~< nu-na-be nicht nu-na-^ nu-na-bi. Darin wird eine wesentliche Ver-
schiedenheit ausgedrückt liegen, da das Chaldische für ein und dieselbe Silbe in
der Regel (über eine der verschiedenen Ausnahmen s. oben S. 81'J f. Anni. 4) nur ein
Zeichen verwendet. Dieser Form nunabe ist an die Seite zu stellen 'las uStabe
der Fels-Inschrift des Menuas auf der Burg von Palu Z. 1 u. 6, so schon I). 11. Müller
nach Wünsch's Abklatsch und meine Kollation am Original. Und wenn in andern
Inschriften statt dessen an entsprechender Stelle überwiegend uStabi erscheint,
so wird eher die Form mit -be die ursprünglichere und genauere sein, als um-
gekehrt. Diesem nunabe entspricht nun in der assyrischen Fassung dii
graphisch geschriebene Verbalform DU-an-ni, dio an sich ebensogut illikan-ni
3. pers., wie allikanni 1. pers. gelesen werden kann, die enklitische Partikel m
tritt bekanntlich besonders häufig an die, durch den überhängenden Vokal
charakterisierte „Relativform" des Verbums, hier illika, allika an. Auch die
übrigen hauptsächlichen Verbalforinen der keineswegs völlig klaren assyrischen
Version sind durch Ideogramme ausgedrückt, die keinen sichern Schluß auf die
840 Lehmann, Zioel unveröffentlichte chaldische Inschriften.
a-u-du-i muß ina käti entsprechen, und wir erhalten so das
chald. Wort für „Hand".1) Dem als Verbalform 1. p. mit Suffix
von uns angesprochenen .-te-su entspricht 'aldübi; dem assyrischen
atid[iri\ „ich gab" chald. a-ru-u-[bi], wie in der Kelisin-Bilinguis
chald. -) a-ru-ni assyrischem i-nam-din „er gibt" (Z. 11); teriibi heißt
„ich setzte" ass. astakan und so stimmt denn auch ina maskani-su
„an seinen Ort" zu rnänini esini „(an) seinen Ort", wodurch, genau
wie ich es in meinem Bericht ausgesprochen hatte, meine Deutung
von esi — wie wir jetzt wissen , wiederholentlich — bestätigt
wird. Das Objekt Urzanani ist chaldischem Sprachgebrauch ent-
sprechend nicht, wie im Assyrischen, durch ein Pronomen wieder
aufgenommen.
Für die Frage, ob Rusas dem Urzanä feindlich oder als Förderer
gegenübersteht , erbringt die chaldische Version keine Sicherheit.
Was vor . . "~~-|[ Ardini pariibi in Z. 19 zu ergänzen ist, bleibt
einstweilen unklar. Davon aber hängt es ab , ob wir von einem
„wegnehmen, fortführen" aus, oder einem „hinnehmen, hinweg-
führen" nach der Stadt Musasir die Rede ist. Bei terübi manini
esini ist zwar von einer Negation nichts zu bemerken , wie denn
überhaupt m. W. die Negation im Chaldischen noch nicht nach-
gewiesen ist. Aber so lange die Bedeutung des in den Fluchformeln
häufigen inäni (Guyard „Habe", Sayce „Stadt") noch nicht klar
ist, können wir wenigstens nicht mit Sicherheit in Abrede stellen,
ob nicht auch ohne direkte Negation eine dem ev. assyrischen Negativ-
satz einigermaßen entsprechende Aussage vorliegt. Die Gleichung
chald. esi = ass. maskäni „Ort" aber wird, wie man sieht, durch
diesen Zweifel nicht berührt, sie behält ihre völlige Sicherheit und
damit ist für esi die Bedeutung „Ort, Örtlichkeit" aufs neue und
definitiv erwiesen.
F) Gemeinsames zu beiden Inschriften.
Kehren wir nunmehr zu unsern Inschriften zurück, so begegnen
wir in beiden der Wendung inukäni esinini , während in der In-
Person zulassen. Nach dem Tenor des Anfanges, im Vergleich mit der pho-
netisch geschriebenen 3. pers. i-nam-din, muß es allerdings als sehr wahr-
scheinlich gelten , daß sich der Text dauernd , ohne den , aus den assyrischen
Inschriften (bes. bei Einschiebung längerer Relativ-Perioden) wohlbekannten
Störenfried eines Subjektswechsels, in der 3. Person bewege. In der chaldischen
Version ist bei den Formen, die sicher ein Verbum tinitum enthalten, die
Personalendung zerstört und muß ergänzt werden; aber auch für sie ist dauernde
Berichterstattung in der dritten Person das Nächstliegende. Demnach entspricht
chaldisches nunahe wahrscheinlich assyrischem illik „er ging". Und das Ge-
samtergebnis ist, daß wir neben den zahllosen Formen 1. Pers. des Verbum
tinitum auf -fihi (und -ibi) die Gerundia nunahe und wahrscheinlich auch
uStabe (häufiger ustahi), also auf -ahe oder -abi, zu verzeichnen haben.
1) S. bereits Bericht S. 632, VBAG. 1900, S. 35.
2) S. Anatole I 63.
Lehmann, Zwei unveröffentlichte chaldische Inschriften. 841
Schrift des Felsensaals des Menuas und ihrem Duplikat inukäni
esini erscheint. Für inukäni und das offenbar dazu zu stellende
i-nu-ki-e1) sind mir ferner folgende Belegstellen gegenwärtig.
Die an den Felsenkammern Argistis I angebrachten Annalen
dieses Königs schließen mit einer Fluchformel (Sayce 44) , in
welcher u. a. bedroht wird (Z. 11/12) a-lu-se gi-e-i i-nu-ka-ni
e-si-ni-ni si-u-li-e.
Ferner findet sich die Wortform i-nu-ki bezw. i-nu-ki-e in
der Inschrift des Ispuinis von Kalagyk (Sayce 3 , Bericht Nr. 39),
die nach meiner Kollation lautet: mIs-pu-u-i-ni-is m Sar-dur- hi-ni- se
bur-ga-na-ni si-di-si tu-ni (IlÄJ)Hal-di-ni-ni us-gi-ni mls-pu-u-i-
ni-is mSar-dur-hi-ni-se BITU (sprich ase)-i-ni si-di-si-tu-ni i-nu-ki
ba-du-si-ni zu-u-i gi-e-i si-da-gu-ri.
Dieses inuki begegnet ferner in der von meinem Reisegefährten
entdeckten Inschrift Rusas' II von Adeljevas {Bericht Nr. 133-)).
Hier lautet Z. 5 f. : 5 .-ni i-nu-ki-e E . GAL-a e-'a ALUpl a-Ji-li
i-nu-ki-e .... '■> i(^?)-nu-ki-e E . GAL a-bi-li-du-u-bi-e me-i <t-i-s<
e-i-. . . .
Hier steht inuki (inuke) in naher Verbindung mit einem Palaste,
in der Inschrift von Kalagyk mit verfallenen (badusini) Teilen eines
andern Bauwerks gi-e (Kapelle , Heiligtum s)). Und in nächster
Verbindung mit gi-e erscheint auch inukäni in der Fluchformel
der Annalen. Wenn man also inukiie) und inukäni als Nomina
faßt, wie es m. W. bisher allgemein geschehen ist, so wird man
darin einen bautechnischen Ausdruck zu erblicken haben. Es kann
sowohl irgendwelches Material , wie ein bestimmter Bau oder ein
bestimmter Teil eines solchen gemeint sein.
In der Mehrzahl der Fälle, wo inukäni und esi zusammen
erscheinen, heißt es inukäni es in in i, am Felsensaal des Menuas
dagegen inukäni esini, wie sowohl durch meine Kollation, als durch
das Duplikat feststeht. Unter der Voraussetzung, daß wir es mit
einem Substantivum zu tun haben, ließe sich die, durch die offen-
bare Zusammengehörigkeit gebotene Einheitlichkeit am besten wahren,
wenn man in esini eine durch das Wortbildungssuffix -ni gebildete
adjektivische Ableitung von esi (zur „Anlage, Ürtlichkeit gehörig")
sieht, die in dem einen Falle ohne, in den übrigen mit der Flexions-
endung -ni versehen ist. Doch könnte man auch an eine asyndetische
Zusammenstellung zweier Nomina denken: esini wäre dann Plural-
form ohne, esinini mit Kasus- (Akkusativ)-Endung,
1) Es scheint eine chald. Plural (?)-Endung auf äni zu geben: uedi
„Weib" nediäni, ulguse „Leben" ulgusiani etc. ol> hier eine der Spuren
indogermanischer Beeinflussung der von Haus absolut unarischen cbaldischen
Sprache vorliegt?
2) Vgl. Bericht Nr. 57, wo zu lesen ist inukäni bezw. i-nu hi-e.
3) Eine Weiterbildung mit dem Suffix ~hi bietet Rusas' 11 Steleninscbrift
(Bd. 56 S. 108) 1G i-nu-ka-lä-ni-e »» Itti-sa-a-i-iri-e " hu-bi gi a-Se pi-li-ni
Li tht li etc.
842 Lehmann, Zwei unveröffentlichte chaldiache Inschriften.
Alxr ob wir es wirklich mit einem Substantivum zu tun haben,
kann fraglich erscheinen, besonders im Hinblick auf ikukäni,1) das
man früher ebenfalls als Substantivum ansprach, bis D. H. Müller
nachwies, daß es adjektivische Funktion hat und „derselbe" heißt.
Man könnte an eine Weiterbildung des in ini „dieser" vorliegenden
Stammes denken, wobei dann wieder das Verhältnis von inuM(fy zu
inukäni einer Erörterung bedürfte. Zu einer Entscheidung reichen
weder das Materini noch unsere, oder vorsichtiger gesprochen, meine
Kenntnisse des Chaldischen aus. Aber „richtig gefragt ist halb
geantwortet" — dabei müssen wir uns vorderhand im Chaldischen
vielfach bescheiden.
Gemeinsam ist unsern beiden Inschriften ferner die Maßangabe.
In der Stelen-Inschrift von Sigkeh werden für einen gleich näher zu
erörternden Zweck von Menuas 22 |"~|||""~ angewiesen, so steht deut-
lich zu lesen. In der Inschrift von Haykavank las Herr Hambartsum
|"~||| und auch die Photographie läßt rechts keine wagerechten An-
sätze erkennen. Da wir uns aber in der Nachbarschaft des — hier
verletzten — Bandes befinden, wo solche Ansätze leicht abgerieben
werden können,-) da die Gleichartigkeit des Inhalts gegen die Annahme
zweier verschiedener Maßeinheiten spricht, und da """f"" zudem ein
aus dem Bab}rlonisch-assyrischen wohlbekanntes Maß ist, so wird auch
in der Inschrift von Haykavank 950 |"~|| \~- zu lesen sein, ^"f'p
ist bekanntlich Ideogramm für bab.-ass. ammatu „Elle". Wenn es
sich um Baumaterialien z. B. Balken handelt, so wäre es ja denkbar,
daß wir es mit einer Längenangabe zu tun hätten. Ungleich wahr-
scheinlich ist aber doch von vornherein, nach dem schon gewonnenen
und weiter zu erschließenden Einblick in den Inhalt der Inschriften,
daß von einem Flächenmaß3) die Bede ist; und da 22 Quadrat-
Ellen, welcher Norm immer, für den in Betracht kommenden Zweck
(s. sogleich) doch etwas gar zu wenig austrügen, so wird man das
1) Auch für inukajiini (S. 841 Aum. 3), liegt diese Parallele vor in dem
tkukahini der Stele Kusas' 1 vom Keschisch-göll. Im übrigen liegt aber für das
inulcahini der Stele Rusas II die substantivische Auffassung entschieden näher.
2) Beide Inschriften schreiben, wie viele andere, nicht die spezifisch
chaldische Form *~H'~, sondern die dem Assyrischen genau entsprechende
""II . Dem entsprechend weist die Stele von Sigkeh die Form "" 1 1 ,
nicht ""Hl"", auf, und sie allein kommt für die Inschrift von Haykavank
in Betracht.
3) Die Annahme, daß es sich um Angabe der Seitenlänge eines Quadrats
handle, wird durch die Inschrift von Haykavank ausgeschlossen. Ein Quadrat
von 950 Ellen Seitenlänge ergäbe 902 500 D Ellen.
Lehmann, Zicei unveröffentlichte chaldische Inschriften. 843
vorgesetzte f in erster Linie im Sinne einer Potenzierung deuten,
etwa — unter der naheliegenden wenn auch noch nicht erweis-
lichen Voraussetzung, sexagesimale Beeinflussung auch der chaldischen
Vorstellungen — auf ein Maß von 60 Quadz-atellen. Durch die
enge Zusammenfügung konnte gleichzeitig die Verwechslung mit
1 (60, 3600) Ellen verhütet, also indirekt auch die Flächen-
Qualität angedeutet werden.
Über das Verhältnis des |~-||',"~ zu dem sonst als Flächen-
maß erscheinenden kapi läßt sich vorderhand nichts bestimmtes
ermitteln. Das kapi erscheint in den bisher bekannten Inschriften
(vgl. oben S. 819) meist in Beträgen von ca. 10 000 und darüber.
Daraus wird man schließen dürfen, daß das kapi wenigstens nicht
größer als ein |"~|||"~ ist. Aber ob Identität besteht (so daß
kapi die phonetische Aussprache des Ideogramms |*~|f|""~ böte),
oder ob |~:|||~: ein Vielfaches des kapi darstellt, läßt sich nicht
entscheiden: die Könige konnten natürlich einem von ihnen ge-
gründeten Heiligtum erheblich mehr Land zuweisen, als für einen
Privatmann oder selbst für eine Koppel wertvoller königlicher Pferde
in Betracht kam.
Denn von einer solchen redet die Stele von Sigkeh, die uns
fortan allein noch beschäftigen kann , da ein weiterer Einblick in
die Inschrift von Haykavank uns wegen der Undurchdringlichkeit
der entscheidenden Z. 2, in der mir nur KAK, das Ideogramm für
bab.-ass. „bauen, schaffen" verständlich ist. versagt bleibt.
6) Weiteres zur Stele von Sigkeh.
Die Haupt -Aussage des Menuas ist in folgenden Worten ent-
halten: inukäni 6 esinini SISE 7 arsibini tini Sm3le-nu-a-pi-i
"a-is-ti-bi 22 f-llp.
A-is-ti-bi1) (Z. 10) ist Verbalform 1 pers. „ich habe bestimmt.
zugewiesen" zusammengehörig mit dem istini , welches in den mit
einer Maßangabe schließenden länger bekannten Inschriften regel-
mäßig erscheint (oben S. 819). Daß dieses istini nicht, wie man
früher glaubte, Adjektiv („zugehörig zu") ist, war erkannt worden,
noch ehe es die vorliegende 1 pers. zur Gewißheit erhob (vgl.
Bericht, S. 625 unter Nr. 79).
In Z. 5/6 teilt Menuas uns mit, daß die unter inukäni esinini
zu verstehenden Räumlichkeiten oder Anlagen für Pferde (ass. sise)
bestimmt sind, sei es nun, daß Stallungen, sei es, daß umfriedete
1) Die Funktion des vorgesetzten o- ist unklar; vielleicht Unterscheidung
von einer im übrigen gleichlautenden Form anderer Bedeutung?
844
Lehmann, Zwei unveröffentlichte chaldische Inschriften.
Weideplätze gemeint sind. Und zwar handelt es sich um Pferde,
arsibini t'/ni, „die arsibini genannt werden". Die Angabe ist
in verschiedener Hinsicht wichtig, zunächst im Rahmen dieser In-
schrift, deren Wesen sie erkennen hilft. Die Pferde führen einen
besonderen, zudem wenig chaldisch anmutenden Namen. Arsibi ist
offenbar Lehnwort, die Pferde sind aus der Fremde ein-
geführt, das erklärt die durch die Inschrift bezeugte hohe Wichtig-
keit, die ihnen der König beilegt. Allem Anscheine nach bezeichnet-
er sie auch als seine eigenen Pferde : denn in * mMe-nu-a-pi-(wi)-i
wird man schwerlich etwas anderes als eine besondere ältere Schrei-
bung der gewöhnlich Me-nu-a-i geschriebenen Genitiv-Dativform
erblicken können, die wie die Schreibung mRu-sa-u-e statt mRusai
und manches andere (s. Bericht S. 632 f.) beweisen, daß diese
Flexionsendung ursprünglich wi, dem Mitannischen wi (geschrieben pi),
entsprechend, gelautet hat. Dazu stimmt nun besonders gut, daß in
der Fluchformel dieser Inschrift ausnahmsweise nur derjenige be-
droht wird, der ihren Standort verändert; die Inschrift hatte eben
nur den einen Zweck , die den königlichen Pferden zugewiesene
Stätte zu kennzeichnen , um das königliche Domanialeigentum zu
sichern.
Die wertvollen Pferde müssen aus einer, durch ihre Rossezucht
ausgezeichneten Gegend eingeführt sein , die man möglichst inner-
halb des geographischen — staatlichen und kommerziellen — Ge-
sichtskreises der Chalder zu suchen geneigt sein wird. Dies trifft
zu für einen Teil „Ciliciens" (im altern und weitern Sinne), die
Hochebene des spätem Kappadokiens resp. Kataoniens. Sowohl die
Keilinschriften,1) wie die klassischen Autoren, besonders Herodot2)
und vor ihm wahrscheinlich schon Hekataios und Dionysios von
Milet,3) kennen und rühmen dieses rossenährende Gebiet. Und
1) Assurbanabal (Annalen Rm I, Coli. II 73) legte dem Mukallu von Tabal
einen jährlichen Tribut an großen Pferden auf. Tabal umfaßt große Teile
des spätem Kappadokiens und Kataoniens. Es stößt sowohl an Hillaku West-,
wie an Ku'e Ost-Cilicien, wie auch an die Melitene an.
2) Herodot III 90 in der Satrapienliste : aitb öh Ktliv.oiv initoi tu
li-vKol i^rjy.ovtcc v.a\ TQirjxooioi , i%äßxr\g rj^SQiqg slg ysvöiisvog, kki
xäluvxa ccQyvQiov nivxav.oßia. xovxar dl xtßßtQccxovxcc [ihr y.a.1 iv.uxov ig
X7\V (fOOVQtOVßUV ITtltOV X 7] V KlXLY.lr\V %tOQ7]V CiVaißl\LOVXO, xcc dt
riiiriY.ocia v.al i.'E>r\Y,ovxa zJccQtia) icpoixcc. Es handelt sich sowohl um Ausfuhr
in Gestalt eines jährlichen Tributs, wie auch um Erhaltung einer Truppe, die
eben wegen der besonderen Eignung des Laudes für die Pferdezucht, vorwiegend
kavalleristisch gestaltet war.
3) Die Satapienliste , in der wir dieser Nachricht begegnen , verdankt
Herodot jedenfalls einer älteren Quelle , wohl eher Hekataios selbst (dessen
geographische Kunde freilich an manchen Stellen der 'Aalt] auf die ältere Zeit,
von Darius Regierung wie der definitiven Ausgestaltung der sämtlichen Satrapien,
weist, der aber vor Abschluß seines Werkes sehr wohl diese neueren Phasen
berücksichtigt haben kann , ohne die Ermittelungen seines Prinzips danach zu
korrigieren) als Dionysios von Milet. Denn die Heeresliste, die Herodot m. E.
diesem verdankt, zeigt einen ganz andern Charakter, nämlich die Verbrämung
mit mythologischen und genealogischen Nachrichten, die der jüngere Milesier
Lehmann, Zwei unveröffentlichte chaldische Inschriften. 845
wenn im alten Testament, wie es wahrscheinlich ist, unter den Bezugs-
quellen für Salomo's Pferde auch mp = Kue,1) Ost-Cilicien, ge-
nannt wird, so werden wir damit in den gleichen Bereich gewiesen.
Bei seinen Eroberungszügen im Westen , die ihn bis nach
Malatia, also in die unmittelbare Nachbarschaft des fraglichen Ge-
bietes führten, kann Menuas diese Rosse als Tribut oder als Ge-
schenk eines der Peripherie des chaldischen Großreiches benachbarten
Fürsten erhalten haben. Zahlreiche Analogien aus der altorienta-
lischen Geschichte bieten sich ungesucht dar. In den Koalitionen,
die von Menuas' Nachfolgern — einem Sardur III, Rusas I, Rusas II
zum Kampfe gegen Assyrien aufgerufen wurden , sind regelmäßig
die Inhaber der hier in Betracht kommenden Gebiete vertreten.
Man wäre versucht an eine Bezeichnung dieser arsibini ge-
nannten Pferde nach ihrem Ursprungsland zu denken, das suffigierte
-ni spricht nicht dagegen und die chaldische Namensform erinnert
nahe genug an die aus den el Amarna - Tafeln bekannte klein-
asiatische Landschaft Ar-za-pi(ioi, wa),-) mit der doch wohl auch
das Gentilicium ■»EirnN in der bekannten Bilinguis von Liniyra
zusammenhängt.3)
Lirnyra liegt in Lykien ; im Süden Kleinasiens wird man daher
auch die Landschaft, nach der jenes Gentilicium gebildet ist, zu
suchen geneigt sein. Knudtzon's eingehende und einleuchtende
Untersuchungen über die Lage von Ar-za-PI stimmen dazu nicht
schlecht. Nach Knudtzon wäre Ar-za-PI am wahrscheinlichsten im
offenbar seinem von ihm verehrten Landsmann und Vorbilde entnommen hat.
Daß diese Einschiebungen nicht erst Herodot selbst zuzuschreiben sind, geht
daraus deutlich hervor, daß sie ihrer Mehrzahl nach mit Nachrichten überein-
stimmen oder sich berühren, die Herodot an andern passenderen Stellen seines
Werkes selbst und ausführlicher bietet. Daß bei Solinus mohrfach Nachrichten
vorliegen , die im letzten Grunde auf Hekataios und Xanthus , die er selbst
nennt, durch viele Mittelquellen, unter ihnen besonders Varro, zurückgehen,
habe ich schon des öftern betont (Sitzungsber. ßerl. Arch. Ges. 1893, März:
Berl. Phil. Woch. 1898, S. 458 Anm. l). Hierher rechne ich auch die Nach-
richt Solinus 45, 5 : Terra illa (sc. Cappadocia) ante alias altrix equorum et
proventui equino accomodissima est. Man vergleiche damit die Ausdrucksweise
bei Herodot I 193 (nach Hekataios, vgl. C. F. Lehmann: Kiepert-Festschrift
[1898] S. 308 und Babj/loniens Kulturmission einst und jetzt, 1903, S. 64
vgl. S. 87): tan dt %(DQtav avrt] ccTtaaicov iiuy.qo> Kpi'crj] Jr\iir\TQOs y.an-xijv
iv.cptQtiv. Näheres andernorts.
1) Windeier, Alttestamcntl. Forschungen, S. 173, bin ich geneigt soweit
zuzustimmen, daß in r>lp2 1 Kon. 10,28 = 2 Chr. 1, 16/17 der Name Kue
gu erblicken ist. Ob dagegen unter D"H2C72, auch nur bei seiner ersten Nennung.
das kleinasiatische Musri zu verstehen sei, ist mir äußerst zweifelhaft. Vgl.
jetzt B. Stade und F. Sehwally, The boolc of Kimjs in Ilebrew (1904,
p. 120 (mit Haupt's Bemerkungen ib.).
2) Über die Aussprache des Namens s. Knudtzon, Die zwei Arzawa-
Briefe, die ältesten Urkunden in indogermanischer Sprache, S. 13 ff.
3) Hierauf habe zuerst ich Samassumu/c/n, Teil II S. 113, bald darauf und
unabhängig davon Sachau, ZA. II 100 hingewiesen. Ersteros hat, wie vor ihm
andere, so auch Kundtzon, a. a. O. S. 13, übersehen.
846 Lehmann, Zwei unveröffentlichte chaldische Inschriften.
östlichen Cilicien oder im südlichen Kappadokien zu suchen. Damit
werden wir in ein Gebiet verwiesen, daß einerseits der Heimat jener
kleinasiatischen Rossezucht nahe genug benachbart, wenn nicht mit
ihm identisch oder darin inbegriffen ist, und das andererseits an der
Peripherie des für Menuas bezeugten westlichen Machtbereichs liegt.
Die Vermutung, daß es sich um Pferde aus Ar-za-PI handelt,
erhält also einen verhältnismäßig hohen Grund von Wahrschein-
lichkeit. Jene Rosse des Menuas waren, ob sie nun aus einer ein-
maligen Erwerbung herrührten , ob sie wiederholt und regelmäßig
geliefert wurden , gewissermaßen die Vorgänger derjenigen Pferde,
die die Assyrer- und später die Perserkönige als jährlichen Tribut
aus jenen Gegenden Kleinasiens erhielten. Dann würde die chal-
dische Wiedergabe auch für die Frage nach der Aussprache der
letzten Silbe des Namens ihre Bedeutung haben. Ar-sa-wi erscheint
danach wahrscheinlicher als Ar-sa-wa und selbst als Ar-sa-pi.
Eine sichere Entscheidung läßt sich , da das Länderdeter-
minativ fehlt, nicht treffen. Andererseits bildet dessen Abwesen-
heit keineswegs eine direkte Gegeninstanz. Von anderem abgesehen,
ist es sehr wohl möglich, daß der geographische Charakter der
fremden Bezeichnung in den Hintergrund getreten war. Beim
„Pfirsich" werden die wenigsten immer gleich an Persien denken.
— Bemerkt sei noch, daß die fruchtbare und in älterer Zeit noch
besser als jetzt bewässerte Ebene, in welcher Sigkeh liegt, zur Pflege
wertvoller Pferde wohl geeignet erscheint. Die Stele braucht
also bei der Einmauerung in die Kirche nicht weit von ihrem ur-
sprünglichen Standorte entfernt worden zu sein. — -
Das Vorkommen der SISE arsibini tini ist , wie schon an-
gedeutet, noch von weitergreifender Bedeutung. Die Wendung
-tini kannten wir bis vor kurzem nur in Fällen , wo eine
Anlage nach dem Namen ihres königlichen Schöpfers benannt wurde,1)
beim Samyramsuy heißt es von Menuas : pili agüni Menuai-pili
tini, beim Kesisg'oü: tini Eusaz-sue, „dessen Name Rusas-See ist".
Die Inschrift von Sigkeh lehrt uns eine andere Verwendung
der Phrase kennen : sie dient zur Einführung besonderer , nicht
ohne weiteres verständlicher , in erster Linie entlehnter tech-
nischer Bezeichnungen. In dieser zweiten Verwendungsart finden
wir die Wendung nun auch in der Steleninschrift Rusas' II (Bd. 56
S. 103), wenn es dort Z. 14/15 heißt: pili agübi NARU lldaruniani
umesini tini „ich habe angelegt einen Kanaldamm vom (zum) Flusse
lldaruniani, mit Namen umesini11. Daß in umesini ein wenig
chaldisch anmutendes , vielmehr semitischen Typus zeigendes Wort
vorliegt, wird Semitisten einleuchten. Das semitische Prototyp habe
ich von vornherein in dem assyrischen umäsu „Umschließung, Ein-
fassung " etc. aufgezeigt und war so für die Beurteilung der Wendung
1) Daß für jede königliche Anlage eine solche Benennung notwendig sei
habe ich natürlich mit keinem Worte und keinem Gedankem behauptet.
Lehmann, Zwei unveröffentlichte chaldische Inschriften. 847
HS <Tife 1*
/<7
Stete Rusas' II. Enden der Zeilen 8—
Zr »L l ™ femf!lben Ergebnis 2elan^ auf das die dabei ™
mir nicht berücksichtigte Inschrift von Sigkeh führt. Noch als
ich der irrigen Meinung war, Zeile 14 der Steleninschrifl Rusas' II
Bd. LVIII.
55
848 Lehmann, Zwei unveröffentlichte chaldische Inschriften.
laute pili (N ARU)Il-da-ru ABIS! Uni und rede demnach von
Steinen (ass. abnu), die bei der Anlage des pili am Flusse Ildaru zur
Verwendung gekommen seien, habe ich im Herbst 1902 ]) mich wie
folgt geäußert: „Man könnte sogar daran denken, umesini tini als
Apposition zu pili, nicht zu ABNUpl zu betrachten, so dass die
Steinmauer, nicht die Steine (resp. die Steinsorte) mit dem
assyrischen Lehnworte umdsu „Umschließung, Einfassung" be-
zeichnet wurde. Doch spricht einigermaßen dagegen die Plural-
endung: umeäini11. Entsprechend habe ich mich, nachdem ich durch
Recueil 24 (1902) 197 f. von der Existenz eines Abklatsches, der
gegen meine Lesung ABNU-?u spreche, in meinem der Redaktion
der Jahresberichte der Geschichtswissenschaft, Dezember 1903,
eingesandten Manuskript geäußert. Da ein Abklatsch mir nicht
zugänglich ist und die mir vorliegende Photographie der Stele,
sowie die danach von mir (Bd. 56 S. 104) veröffentlichte Repro-
duktion für Augen, die nicht durch Kurzsichtigkeit für das Sehen
in der Nähe besonders geschärft sind , zur Beurteilung der hier
in Betracht kommenden subtilen Details keineswegs ausreicht, so
wird man mit mir der Redaktion unserer Zeitschrift dafür Dank
wissen, daß sie die umstehende Wiedergabe (S. 847) der Enden
von Z. 8 — 18 der Stele Rusas' II in fünffacher Vergrößerung ge-
nehmigt hat. Diese zeigt, daß in Z. 14 die frühere Lesung ni-a-ni
die richtige ist, aber auch, wie nahe der Gedanke an ABNU-ni
lag und besonders, daß bei der engen Schreibung die Unterscheidung
zwischen — H — \] ni-a und *"ir~<y ABNU durch einen Riß er-
schwert wird, der gerade die unterscheidende Stelle trifft und den
dem | vorausgehenden senkrechten Keil gebrochen erscheinen ließ.2)
Nachdem somit festgestellt ist, daß zu lesen ist pili
(NARU) Il-da-ru-ni-a-ni umesini tini, bleibt jene von mir (Abs. 1)
in Betracht gezogene zweite Möglichkeit allein übrig. Das aus
dem Assyrischen entlehnte umesi(ni) kann sich nur auf pili be-
ziehen, und daraus erwächst meine Erkenntnis, daß pili nicht sowohl
den Wasserlauf denn vielmehr ursprünglich und in erster Linie das
für die Anlage des Aquädukts nötige und wesentliche Gemäuer
bezeichne, eine neue Bestätigung. Diese Erkenntnis „stützte sich"
(Bd. 56 S. 108)v ^zunächst darauf, daß die Armenier selbst beim
Menuaskanal {Samyrani-suy) den „Damm des Flusses" uulhiunuiiuli
iiJrumfiü bewundernd nennen." Der ambartak getoyn steht bei
ihnen geradezu als Bezeichnung der gesamten Anlage. Zu wissen,
2) Verhandlungen des Hamburger Orientalisten- Kongresses, September
1902 (niedergeschrieben und eingeliefert Oktober 1902). „g rg.
2) Das letzte Zeichen in Z. 8 ist tatsächlich ri: *" ff'l'J, wie im
vorliegenden Bande gegen mich bemerkt. Zwischen den beiden erhaltenen
Senkrechten ein irreführender unorganischer Fleck.
Lehmann, Zwei unveröffentlichte chalclische Inschriften. g49
daß man von einer Stützmauer oder einem gemauerten Bett —
beim Menuaskanal ist beides verschiedentlich kombiniert — nur
reden kann , wo Mauern vorhanden sind . so weit reichen meine
technischen und logischen Fähigkeiten noch gerade aus. Nicht ich
war es auch, sondern der technische Fachmann, der in seiner ersten
Schilderung des Samyram-suy betonte, daß die pili- Inschriften
gerade und anscheinend nur da auftauchen , wo die Anlage des
Menuasaquädukts mit besondern Schwierigkeiten verknüpft war,
d. h. da, wo er durch und über gebirgiges schluchtenreiches Terrain,
meist unter Anwendung von Gemäuer, gezogen werden mußte.1)
Ebenso bedarf es für Linguisten keiner weiteren Darlegung, daß
die Bezeichnung pili „Kanalmauer, Damm" im andern Sinne auf
das ganze Werk („Kanal, Aquädukt") übertragen und schließlich
auch für solche Anlagen verwendet werden konnte . bei denen ein
Gemäuer heutzutage nicht mehr erkennbar und vielleicht niemals
vorhanden gewesen ist.
Aus der Steleninschrift Rusas' II im Zusammenhalt mit der
von Sigkeh geht also hervor, daß pili in erster Linie das Ge-
mäuer, die Einfassung (ass. umasu) des Kanals bedeutet, in zweiter
Linie übertragen den „Kanal" selbst bezeichnet. —
In der Fluchformel der Steleninschrift von Sigkeh wird, wie
schon bemerkt, nur derjenige bedroht, der ihren Standort verändert.
Gleichwohl wird der Hauptsatz, die Anrufung der Götter zur Ver-
nichtung des Frevlers, mit demselben Worte turinini Rs. Z. 6 ein-
geleitet, das in der gleichen Funktion in den mit reichlicheren
Drohungen ausgestatteten Fluchformeln üblicher Form (im Gegensatz
zu der Fluchformel Rusas' II gesprochen) ständig erscheint. Das
Wort muß also singularische und kollektive, nicht direkt pluralische
Funktion haben. Sayce's Übersetzung „den Mann" halte ich aus
verschiedenen Gründen für unannehmbar, turinini wird Akkus, eines
„abgeleiteten Nomens" turini sein: vielleicht „der Täter, der Frevler"
bezw. „jeder der das tut", „der in besagter Weise frevelt."
In den folgenden Zeilen Rs. Z. 7 — 10 sind verständlich die
Worte „Chaldis, Teisbas, Ardinis('P) . . . armuzi .... piniL , die
(3) Götter mögen (seinen) Samen (armuzi S. 831 Anm. 1) ver-
tilgen (pini, Verbalform, vgl. oben S. 819 Anm. 1).
Für mdni und das was in Z. 10 vor pini steht, ist zum Ver-
gleich heranzuziehen die übliche Wendung in der stereotypen Form
der Fluchformel, die da lautet (Sayce XIX, XX, XXX etc. etc.)
turinini *~*~\ Ho.l-di-se """l""" -<^~||— "" |"" ^]-ni-s(e)
"" "~j |fc*-*- ma-a-ni """~| >|-ra pi-i-ni.
1) Zeitschrift f. Ethnologie 24 (1902), S. 139: „Es scheint nun, d:iß
König Menuas, von dem alle Kanalinschriften sprechen, diese Inschriften an
allen den Punkten hat anbringen lassen, die dein Bau besonders Schwierigkeiten
bereitet haben".
55*
850 Lehmann, Zicei unveröffentlichte chaldische Inschriften.
Nehmen wir für einen Augenblick an, uns wäre nur diese
Wendung bekannt, so sähe ich nur zwei Möglichkeiten, einen Sinn
hineinzubringen, denn die bisherige Übersetzung von "~ |*~ "V|-?m
mir , öffentlich" ist ja klärlich ein unzulässiger Notbehelf.
Entweder soll gesagt werden, a) daß die Götter den Frevler
aus dem Sonnenlicht ""]""" "M-m hin wegraffen , vertilgen,
oder b) daß sie seine Sonne (seinen Schutzgott, der speziell als
Lebensgott, als Sonnengott des Einzelnen betrachtet worden wäre,
während bei den Babyloniern und Assyrern nur von „dem Gott"
und „der Göttin" des Einzelnen schlechthin die Rede ist) vernichten,
sein Lebenslicht ausblasen sollen.
Danach würde sich dann die Auffassung von mäni richten.
Im Falle a) würde das durch turinini ausgedrückte Objekt nochmals
aufgenommen mäni = „ihn" ; im Falle b) gehört mäni eng mit
■~"~|""~ "^J-m zusammen: mäni = „sein" (S. 838) J).
Gegen die Annahme b) entscheidet aber die Stele von Sigkeh.
Denn hier steht *~"~| |_ U ("m") getrennt von mäni, so daß wir
Rs. 9/10 übersetzen müssen: „ihn (und seinen) Samen aus der (dem)
Sonne(nlicht) vertilgen".'2) Genau denselben Befund bietet die Fluch-
formel der Annalen Argistis I.8)
1) Das Fehlen des „Akkusativ" -ni {mäni, nicbt mänini) brauchte dabei
keineswegs zu befremden; es gibt eine große Anzahl von Fällen, wo nach
unserer Auffassung — zu so vorsichtiger Ausdrucksweise ist im Chaldischen,
im Hinblick auf den passivischen Charakter des Transitivs in den kaukasischen
Sprachen (Schuchardt, s. meine Bemerkungen Bericht S. 633 Anm. 2) aller
Grund vorhanden — der Akkusativ stehen würde und doch kein Kasussuffix
erscheint. Die Kasusendungen scheinen überhaupt im Chaldischen nur fakultativ
zu erscheinen oder sagen wir unter uns noch unbekannten Bedingungen gesetzt
und weggelassen zu werden. Einen interessanten Fall der Art bietet die Fluch-
formel Rusas' II (oben S. 829 ff.) Z. 39/40 a-lu-se ti-ni-ni tu-li-e „wer den
Namen zerstört", im Vergleich mit Z. 44/47 me-i ti-i-ni .... ku-li-e-tu-u-ni
„die Götter mögen seinen Namen vernichten". Im ersten Fall kann
nach Analogie der assyrischen Inschriften nur der Name des Königs gemeint
sein, und man kann auch m. F. keinen Plural aus dem Umstände konstruieren,
daß der Königsname in der Inschrift mehrmals erscheint. Ersichtlich ist nur,
daß da, wo die Endung -ni fehlt, das Wort Name durch me'i eine nähere
Bestimmung erhält, die bei tinini fehlt. Eher könnte man schon daraus, daß
üblichermaßen „sein" durch me'i, Genit. des pron. pers. 3., ausgedrückt wird,
einen Einwand gegen mäni „seiner" herleiten, aber auch eins und suus
existieren nebeneinander, wenn auch in klar geschiedenen Funktionen.
2) Dazu stimmt es, daß in der Fluchformel der Ispuinis-Menuas-Inschrift
von Surp Pogos (Sayce Nr. XXXI, s. oben S. 829 Anm. 3) auch nach unserer
Kollation me-e-ni an der Stelle zu lesen ist, wo sonst turinini zu stehen pflegt,
worauf schon D. H. Müller a. a. O. hingewiesen hat: meni heißt also „ihn, den".
3) Sayce XLIV.
Lehmann, Zicei unveröffentlichte chaldische Inschriften. 851
Diese beiden Fluchformeln stimmen aber in einer weiteren, bisher
als rätselhaft betrachteten Eigentümlichkeit überein, deren richtige
Beurteilung uns einen weitern wichtigen Schritt vorwärts führt.
Rs. Z. 10 der Sigkeh- Stele las man bisher
= = "I- W] f«
Argistis-Annalen Kol. VIII Z. 14 ff.:
14 turmint Hcädis(e)
15 Teisebas(e) Ardtnis{e) (?) ILANI^-se
16 mäni armuzt
17 ^ ^ ^ "" |"~ >|-m pi-e-i-ni
18 me'i arkiuruliani
19 me'i ina'ini me'i narä
20 aide ululi(e)
Die beiden Bestandteile der Gruppe ►^ ~~ wurden bald in hori-
zontaler, bald in schräg geneigter1) Stellung wiedergegeben.-)
Dieses ~— •— - \4^J übersetzte man „ viermal vier (Male)"
und dachte an einen 16 maligen öffentlichen Fluch. Was hieran
etwa möglich erschien, fiel nach der richtigen Erkenntnis des armuzi
(„Same" nicht „Fluch") und des pini „sie mögen vertilgen". Bei
meiner Kollation der Sigkeh-Stele erschien mir das zweite Zeichen
der Gruppe als ein etwas ungleichmäßig, mit Herausrückung des
einen Wagerechten, geschriebenes ^< bi. Für dieses TV-bi dachte
ich an die Deutung „bis ins vierte Glied". Damit war ich dem
Sinne nach an das Richtige nahe heran gekommen.
Denn das Studium der Abklatsche sowohl der Annalen-Fluch-
formel wie der Sigkeh-Stele hat mir gezeigt , daß weder Z.^1 (in
gerader oder schräger Stellung) zweimal wiederholt, noch auch
£^ £3 IV-bi dasteht, sondern »-^ ^ (assyrisch zeru) „Same"
zweimal wiederholt. Der wagerechte Hauptkeil ragt überall in
charakteristischer Weise nach links heraus; die richtige Lesung
des Zeichens wird durch dessen verhältnismäßige Kürze und ferner
1) Vgl. Sayce, JRAS. XIV p. 622 mit p. 530 und p. 729 sub Nr. 44.
2) Diese Gruppe kommt dagegen nicht vor in der Fluchformel Sardur's III
(Bericht St. 116); denn wo Sayce (XL VIII Z. 22)
yar-mu-zi ■""- ■"■"■ 4J ^[ ni pi-e-i-ni
bietet, lassen Raum und Spuren nach Schulz' Kopie und meiner Kollation nur
zu: L L !J ni pi-e-i-ni. In der Fluchformel der Stele Argistis' I
Z. 13 14 heißt es nur mäni armuzi " ^\-»/ pi-e-i-ni.
852 Lehmann, Zwei unveröffentlichte chaldische Inschriften.
dadurch erschwert, daß die 3 ursprünglich schrägen Keile sich der
wagerechten Stellung nähern, gerade wie assyrisch und chaldisch ^
{mätu „Land") in manchen Texten (so denen Salmanassar' s II vom
Tigristunnel) beinah wie »^ erscheint. Tatsächlich hat für die
Annalen bereits Layard das Richtige getroffen. Seine Lesung
*"\ ^ *-^ ^ ist aber von Sayce und seither allseitig verworfen
worden.
*~V^ ^~a ^ (ass- = z&r zeri) ist also „Same des Samens,
Nachkommenschaft". Und die Dreiheit rndni armuzi *~\^ *~-\ A
„ihn, seinen Samen, seine Nachkommenschaft" entspricht der Trias
mei tini mei armuzi mei zilbi der Fluchformel Rusas' II (S. 831).
Statt ZER . ZERI hätte ich also in der Transkription oben S. 819
zilbi setzen können. *
Das auf die Gruppe in den Annalen folgende «[^ werden wir
wohl oder übel als Bestandteil des aus dem Assyrischen herüber-
genommenen Ideogramms betrachten müssen: zer zeri-su „seine
Nachkommenschaft". Danach wird man nun arliiuruliani fürderhin
nicht mehr als „Familie" deuten dürfen.
Die Steleninsclmift von Sigkeh läßt sich also annähernd wie
folgt als Ganzes zwar nicht durchweg übersetzen , aber doch , zum
Teil wörtlich, paraphrasieren :
„Zu den mächtigen (?) Chaldern spricht Menuas, Argistis' Sohn:
den .... Anlagen für die Pferde des Menuas, Arsibäer mit Namen,
habe ich 22 Maßeinheiten (Landes) zugewiesen.
„Menuas spricht: wer diesen Schriftstein von seinem Orte weg-
rückt , den , der das tut (den Frevler) mögen Chaldis , Te'isbas,
Ardinis (?) aus dem Sonnenlicht (?) vertilgen , ihn (selbst) , seinen
Samen und seine Nachkommenschaft."
853
Die iranische Schützensage.
Von
R. t. Stackeiberg.
Der Meisterschuß des „trefflichsten arischen Pfeilschützen ",
■des Erexsa xsvim-isu im Avesta (Yasht 8,6), des ^^IaaA <j^>\
bei Tabarl I, p. 435 ist schon mehrfach1) Gegenstand wissen-
schaftlicher Erörterung gewesen. Wenn nun der Verfasser dieser
Zeilen es nochmals-) unternimmt, über die iranische Schützensage
zu handeln, so glaubt er hierzu sowohl durch die weite Verbreitung,
welche diese Sage in arabischen, armenischen und persischen Werken
gefunden hat, als auch durch das neue Material, welches inzwischen
über diesen Gegenstand vorliegt, berechtigt zu sein.
Zur allgemeinen Orientierung sei bemerkt, daß jener Pfeil des
Aris, welcher im Kriege zwischen den Königen Minöcahr — nach
Al-Tha'älibT war es König Zaw — und Afrüsyäb die Grenze
zwischen Iran und Türän feststellen sollte, nach Tabari3) von
Tabaristän aus bis zum Flusse von Balch flog. A 1 - T h a' ä 1 i b 1 4)
berichtet, Avis habe den Pfeil von einem Berge in Tabaristän aus
abgeschossen. Der Pfeil sei in Bädghes , wo derselbe im Begriffe
war niederzufallen, von einem Engel „wie berichtet wirdu. auf
Gottes Befehl weiter geschleudert worden und sei so in die Land-
schaft Chulm5) des Gebietes von Balch gelangt. Hier sei der
Pfeil an einem Orte, welchen man ,--j:«/ nennt1'), niedergefallen.
Nach Alblrüni7) befahl Gott dem Winde, jenen Pfeil, welchen
1) Vgl. Nöldeke, ZDMG. 35, p. 445 ff.; Persische Studien II, p. 19 j
Darmesteter, Etudes Iraniennes II, p. 220; Le Zend-AvcsU II, p. 415,
Anm. 27; Spiegel, ZDMG. 45, p. 192.
2) Vgl. ZDMG. 45, p. 621ff. und Idg. Forsch. IV, p. 152.
3) Ed. de Goeje, I, p. 435, 10— p. 436, 1.
4) Ed. Zotenherg, Histoiro des rois des Perses p. 133 ult. ff.
5) Vgl. Marquart, Eränsahr p. 218, 228, 231.
6) Al-Tha'älibl p. 134, Z. 1: ry^.\y^ ^ 6]<-&l «-^»-♦•J; nach WTs
ö Räraln p. 280,5 v. u. flog der Pfeil von Särl bis Merw. Vgl. ? eh Tr-
eidln, ed. Dorn p. 18, 5. Spiegel. ZDMG. 45, p. 19.
7) Chronologie ed. Sachau p. 220, Z. mir.; Übers. i>. 205.
854 v. Stackeiberg, Die iranische Schützensage.
der Genius Asfandarmudh {Spenla Armaiti im Avesta) dem Avis
besorgt hatte, vom Gebirge von Iiöyän1) aus weiter zu leiten; so
gelangte der Pfeil , vom Winde getrieben , an das äußerste Ende
von Churäsän zwischen Farghüna und Tabartstän.2) „Hier traf
der Pfeil die Wurzel eines großen Baumes aus der Zahl der Walnuß-
bäume, welcher auf der Welt unter den Bäumen an Größe seines
Gleichen nicht hatte" ä^S jyl\ .^J^ ^ »yfui jjof i^oLoU
Aus der Vergleichung der beiden angeführten Stellen ergibt
sich, daß für Al-Tha' älibi's ,-tj: »i" richtig ,-yixS gözban auf
Persisch = Walnußbaum3) zu lesen ist. Hierdurch wird auch die
Form *f nqfufu (lies **\>nqp.nilü) Gozbo{u)n in der Geographie des
Moses4) als Name des letzten der 26 Gebiete von Churäsän — und
zwar nach Osten hin, wie der Zusammenhang lehrt — sichergestellt.
Vgl. ibid. p. 42 , Z. 4 V. 0. : %nqjLnU , J^U^Itl. yifLufl, qnp
l(n^it X^pufüif — „Gozbon (lies *Gözburi) bis zum Flusse,
welchen man Arang5) nennt". Marquart'') hat mit Recht be-
merkt, daß die Ortsangaben des armenischen Geographen hier auf
epischer Überlieferung beruhen, ebenso auch,7) daß der Ortsname
lj#//y. '/"/// Kazbionh) bei Sebeos (ed. Patkanow) p. 30 mit
dem *Gözboun der armenischen Geographie ursprünglich identisch
ist. Die Stelle bei Sebeos lautet in deutscher Übersetzung :
„Und es geschah zu dieser Zeit, daß ein gewisser Vahram Mehre-
randak9), der Herr über die westlichen Marken des Reiches der
Perser, welcher durch seine Tapferkeit die Streitkräfte der Hephtha-
1) Distrikt in Tabaristän; vgl. Marquart, 1. c. p. 94 und passim.
2) So im Texte p. 220, Z. 14. Es soll aber wohl ^IX-w^li^b für ^U^w-ai?,
das hier keinen Sinn gibt, heißen; so bei Al-Th a'älibl p. 70, 3. Vgl. Nöldeke,
Tabari p. 118, 156 und Marquart 1. c. p. 32 , Anm. 3 und den Index s.
Toxäristän.
3) Vgl. Hörn, Grundriss p. 52, n° 228.
4) Ed. Soukry, Venedig 1881, Text p. 40, 18, Übersetzung p. 53. Var.
ry.mjjpn'it* Vgl. Patkanow, ApMflHCKafl Teorpaihifl (St. Petersburg 1877)
Text p. 23, 18; Übers, p. 77, 78.
5) Vgl. Marquart, Eränsabr p. 147, Anm. 23.
6) Zu Marquart 's Gleichsetzung von Gözbun mit Dizröyen vgl. weiter
unten.
7) ZDMG. 49, p. C39, Anm. 4.
8) Asojik hat an der entsprechenden Stelle ^luupnt^l^ das aus *gauzlun
entstellt sein kann. Vgl. syr. gauzä, arab. jauz, Nuß. Dann ginge das ö in
göz auf älteres au zurück. Vgl. auch Bceo6in.aa Hcropia CTenaHa Tapon-
CKaro, ed. Emin Moskau 1864, p. 82, Anm. 6.
9) Bahräm VI Cöbln, persischer Feldherr aus dem Hause der Mihrän und
Thronusurpator in den Jahren 590 — 591. Vgl. Nöldeke, Tabari p. 431.
v. Stackeiberg, Die iranische Schützensage. 855
liten geschlagen und mit Waffengewalt Bald (Balch) und das ganze
Land der Kusan bis jenseits des großen Flusses, welcher Vehrot
(Oxus) genannt wird und bis zu der Stelle, welche Kazbion ge-
nannt wird1), eingenommen hatte. Denn er drang vor bis jenseits
der Lanze des tapfern 2) Spandiat, von welchem die Barbaren sagen :
„Im Kampfe bis an diesen Ort gelangt, (hatte) er seine Lanze in
den Boden geheftet".
Zu der angeführten Stelle des S e b e o s paßt — wie schon
Marquart 1. c. p. 83 , Anm. 2 bemerkt hat — folgende Stelle
aus der Städteliste Persiens, deren Pehlewitext 3) von Jamshedji
Modi veröffentlicht worden ist, p. 19, 8: Andar Bäxl-i bämik4)
xsa&ristün u bäzah5) Spandyät-i Viütäspän hart. 9. V-as var-
züvand ätaxs-i Väharän änöy nisast; v-as nezah-i xves änöy be
zat; v-as av Yabgü-xähän*) u Sinjipüh xäkän1) u Cölxähän8) u
r^-vj) u Guhram-1) u Tucäp10) u Arjäsp-i Xyönän sah petäm
fristit hu: Nezah-i man be rikiret; har he pat vecisnlv)-i en nezah
nhlret, ce andar Erän duväret? — 8. In Balch, dem morgend-
lieben, hat Spandyät, aus des Vistäsp Geschlecht, eine Stadt und
Tribut errichtet. 9. Und er hat das wirksame Feuer des Vaharän
dort eingesetzt. Und er hat seine Lanze dort geschleudert und hat
1) tffck. 3.,.lr,lt'u nV ^, Ip^A. Var. V^,/„A.
2) ^uipjfh \\uiiu'iiq.l„uinuj entspricht dem yal Spandyät im Yätkar-
i-Zarerän § 67, 7, 9; bei Firdausi .LvXJLäjywi Jo 1650, v. 2708; 1661,
v. 2928; 1682, v. 3280.
3) Vgl. West, Pahlavi Literature § 98, im 2. Bande des Grundr. der
iran. Philologie p. 118; WZKM. Bd. 17, p. 48.
4) Im Text värrük resp. närriik; vgl. Hü., Arm. Gr. I, p. 31, 37.
5) Im Text I^ÖMl ; ich stelle hierzu np. -iL _b Tribut Ho. Gr. p. 34,
n° 148.
6) Der Text hat fJ-MIJ)», was ich in ~£jy emendiere. Vgl. WZKM. 17.
p. 58. Vgl. Marquart, Eränsahr p. 85 und 247.
7) Im Texte °ik-xäkän. Nach Marquart 1. c. p. 247 lautete die Pehlevi-
form *Sir-jibü für arab.-pers. »-^rP-v-; vgl. Nöldeke, Tabar I p. 158, Anm. 2.
8) Eigentlich Cöl zu sprechen; Marquart 1. c. p. 51, 56, 73. ZDMG. 49,
p. 632, Anm. 4. Tabari 1, p. 680, Z. 8—9.
9) Ein Held von Türän in der persischen Sage; nach Fird. 1566, v. 1042 ff.
ein Sohn des Arjäsp, nach Tabari p. 677, 5 ein Bruder desselben. Er tötet
den Farsänwart, den O.hAa-w.S FirdausTs und wird von Asfandyär erlegt.
Vgl. Fird. p. 1561 — 1562; 1623, v. 2249; Al-Tha'älibl p. 282, 331 337
Nöldeke, Persische Stud. II, p. 8.
10) Der ^i'ii' des FirdausT, Statthalter in Girögird und Schwiegersohn
des Turänierkönigs Afräsyäb- Fird. p. 832, 1059; 834, v. 1059 ff.
11) Vgl. np ^äJ=Uj „streuen" Fird. 388, 153; 359, 713; 966, 95; 1046,
1466. WTs 61, 2. 173, 2. 239, 5. 326, 2 v. u. Auch „sieben" BüstSn 1,
v. 775, p. 115.
856 v- Stachelberg, Die iranische Schützensage.
an den Yabgü-ocähän und den Sinjipük-xäkän und den Cöl-xälcän
und den r"$^y und an Guhram und Tucäp und Arjäsp den König
der Chioniten Botschaft gesandt, nämlich: „Betrachtet meine Lanze;
wer diesen Lanzenwurf betrachtet, wie soll der in das Reich Iran
einfallen?''
Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß ich Marquart,
Eränsahr, p. 93, nicht beistimmen kann, wenn er das Gozbon der
armenischen Geographie sowie das Kazbion bei S e b e o s dem
„ehernen Schlosse" der persischen Sage gleichsetzt. Dagegen möchte
ich durchaus an M a r q u a r t 's Ansicht festhalten, daß die oben an-
geführte Stelle aus S e b e o s mit den Bahräm Cöbinroman in Ver-
bindung steht, sowie daß der Ortsname *Gözbun oder *Gauzbun
der mythischen Geographie angehört. Die Sage vom Meisterschuß
des Erexsa = Aris war im arsacidischen Hause der Mihrän
lebendig geblieben. Leitete doch Bahräm_ Cöbrn, der selbst ein
Mihrän war, seine Abkunft vom Schützen Aris ab.1) Hierzu kommt
noch die Nachricht bei Tabari I, p. 691, 16, daß Aris ein Oheim
des Großvaters2) von Bistäsf (des Vaters des Spandyät) war.
Von Spandyät aber leitete sich ein Zweig der Mihrän her.3) Wie
nun schon das Chödäinämak — wohl unter dem Einfluß von
Priesterschaft und hohem Adel — die Taten des Spandyät denen
anderer Helden nachgebildet, ja den Glaubenshelden der Zoroa-
strischen Legende über die andern Helden der persischen Sage4)
gestellt hat , so sehen wir auch hier den Spandyät an die Stelle
des „besten arischen Pfeilschützen " gesetzt.
Dem Eindringen des Spandyät in die Sage vom Schützen Aris,
dessen Pfeil den „Walnußbaum" traf, ist noch ein anderer Umstand
günstig gewesen. Es handelt sich nämlich noch um die Bedeutung,
welche der Baumkultus für die Sage von Spandyät hat. Hierbei
kommt vor allem die Tamariske in Betracht, in welcher nach dem
Sckähnäme p. 1706, v. 3705 der Geist — \J^>*$> — des Asfandyär
enthalten war.5) Dann gehören noch hierher des Moses K'alan-
katvatsi6) Nachrichten über heilige Bäume, welche dem Aspandeat
bei einem Volke nördlich vom Kaukasus geweiht waren. Wir geben
1) Vgl. Nöldeke, Tabari p. 279 und Persische Studien II, p. 19.
2) <wft>J,.Ä.£o i\J~ >£,
3) Vgl. Nöldeke, Tabari p. 137, Anm. 3; 439, Anm. 3; Marquart,
ZDMG, 49, p. 637, Anm. 2.
4) Vgl. Nöldeke, Persische Studien II, p. 8, und das iranische National-
epos § 30.
5) Vgl. Al-Tha'älibT p. 368, 1. Mit einem Pfeile aus dem Holze dieser
Tamariske erlegt Rustam den Asfandyär.
6) Geschichte der Albanier (Aluank') ed. Emin Moskau, 1860, 1. II, c. 41,
p. 198. Die hier in Betracht kommenden Ereignisse fallen in das Ende des
7. Jahrhunderts n. Chr. Vgl. Marquart, Osteuropäische und ostasiatische
Streifzüge p. 15, Anm. 3; p. 115.
v. Stackeiberg, Die iranische Schützensage. 857
die wichtigsten Stellen daraus in deutscher Übersetzung wieder:
Der Bischof hatte befohlen „von den vielästigen hohen Eichbäumen,
welche sie x) dem schändlichen Aspandeat geweiht hatten , indem
sie demselben Rosse zum Opfer darbrachten, deren Blut sie um die
Bäume herum ausgössen und Kopf und Haut an den Bäumen auf-
hängten, ■ — ■ den Einen umzuhauen, welcher Haupt und Mutter aller
anderen Bäume war und welchen sie für den Heiland der Götter
und den Lebensbringer und Darbringer alles Guten hielten" (p. 198).
Vgl. ibid. p. 199,1 ff. : „Erhaltet*2) und erfahret ihr denn nicht,
wenn ihr betet und Opfer darbringet vor den Bäumen im Namen
des riesenstarken*3) Helden Aspandeat, die Wohltaten, welche ihr
nur wünschet?" — ■ Und weiter ibid. Z. 16 ff. : „Aber wer wird
jenem Orte zu nahen vermögen, wo die Tempel und Altäre des
riesenstarken Aspandeat gebaut und errichtet sind, oder dem schön -
belaubten Baume, welcher der Beschützer und Lebensspender dieses
Landes ist? Wahrlich derselbe (sc. dieser Baum) hat diejenigen,
welche aus Unkenntnis von diesem Baume , von den abgefallenen
Blättern oder den Hölzern, die von demselben (stammen), zu ihren
Bedürfnissen etwas nehmen , mit den schlimmsten Geschwüren und
Besessenheit gestraft, ja selbst mit dem Tode, und ihr Haus und
Geschlecht vertilgt". Weiter käme hier noch eine Stelle aus dem
armenischen Schriftsteller Grigor Magistros4) in Betracht über die
Ceder des Berges Sabalän, „aus deren Ästen nach den Erzählungen
der Parther drei Städte gebaut sind und aus deren Wurzel und
Stamm , welche versteinert waren , Spandiar sich ein Denkmal er-
richtete". Von Wichtigkeit für unsei-n Gegenstand ist aber noch
folgender Brauch, welcher noch aus neuer Zeit bezeugt ist. Dubrowin5)
berichtet, daß sich im Lande der Chewsuren6) eine alte Eiche be-
fand, welche unter dem Namen Bagration bekannt war. Das Volk
hielt dieselbe für heilig, und wenn jemand aus dem Geschlechte
der Bagratiden zu ihnen (den Chewsuren) hinkam und, indem er
die Eiche umarmte, ausrief: „Mein Vorfahre, beschütze deinen Nach-
kommen" — so war das Volk verpflichtet, den betreffenden Bagra-
tiden mit ganzer Kraft zu verteidigen. Nun leitete der iberische
1) Das heißt die 4"^ „Hunnen", wie der armenische Historiker
Volk nennt.
2) Die folgenden Worte werden von Moses K'al. den heidnischen Priestern,
welche ihr Volk zum Ausharren beim Glauben der Väter ermahnen, in den
Mund gelegt.
3) Das Wort ^u^uijmqup „riesonstark" entspräche dem persischen ..^j'jvJ..
„der Erzleibigea, einem Beiwort des As fandyär bei Firdausi 1699, v. 3574;
1701, v. 3623.
4) Vgl. Chalathianz, WZKM. 10, p. 220. Vgl. auch W/.KM 12,
p. 230 ff.
5) HcTopifl bohhh h B.iaÄiiqecTBa pyccKnx'b na KaBKLVlt Bd. i, Buch 2.
St. Petersburg 1871, p. 291.
6) Vgl. Radde, die Chewsuren und ihr Land (Cassel 1878) p. 98ff.
£58 v- Stachelberg, Die iranische Schützensage.
Bagratidenzweig seine Abkunft von Spandyät ab.1) Dieser genea-
logische Zusammenbang Spandyät's mit den Bagratiden bat viel-
leicht auch den S e b e o s dazu vermocht , in seinem Werke den
Lanzenwurf des Spandiat zu erwähnen. War dochSebeos bagra-
tidischer Bischof und der erste Geschichtsschreiber der armenischen
Bagratiden.-)
Zu Roy in diz, dem „ehernen Schlosse" des turanischen Königs
Arjäsp , wäre noch zu bemerken, daß dasselbe ursprünglich wohl
mit dem Hause von Erz, welches Afräsyäb der persischen Sage
gemäß erbaute, identisch ist. Dar niest e t er 3) hat vermutet, daß
hierzu der ty\<^^\ zu stellen ist; vgl. Bun d eh esch (ed. Justi)
p. 23, 7 ff. :4) Bakgir köf än-i Fräsyäp-i Tur pat darpustlh hart
v-as an man andar(r)ün hart; v-as imröc xsa&r Rümisn Peröc,
bevar dih u xsa&ristän apar awgand. — „Der Berg Bakgir (ist)
jener von Fräsyäp, dem Turanier, zur Festung gemachte; und er
(Fräs.) hat darin jene Wohnung errichtet; und heutzutage (ist es)
Schahr - Rümisn- Peröc;b) zehntausend Dörfer und eine Stadt hat
er gegründet". — Der Name Bakgir aber würde dem türkischen
_äb „Kupfer" entsprechen, Bakgir köf also eigentlich „Kupferberg"
heißen und so dem persischen -p ij^*j resP- Uk-bj 'j^ entsprechen.
Zu PehlewI Bakgir = türk. ab stelle ich auch Firdausl's
sLf.bCo 1587, v. 1564, Name der ehernen Burg und zwar speziell
so vom Türkenkönig Arjäsp genannt. Hier wäre dann der ur-
sprüngliche Name *Bakir (*Bükir) köf vom Dichter oder schon
dessen Quellen volksetymologisch in paikär-gäh 6) „Kampfort, Kampf-
thron" verändert worden.
1) Vgl. v. Gutschmid, Kleine Schriften III, p. 294, Marquart, ZDMG.
49 , p. 639 , Anm. 4 und desselben Osteuropäische und ostasiatische Streifzüge,
p. 429.
2) Vgl. Chalathianz, ApMflHCKÜi diiOCl p. 98ff.
3) Et. Ir. II, p. 226.
4) Hiernach bitte ich meine Bemerkungen WZKM. 12, p. 242 zu be-
richtigen.
5) Vgl. Nöldeke, Tabarl, p^l23, Anm. 3 undp. 157. Mithin wäre
die Identifizierung dieses Berges mit Sahräm Peröc in Adliarbaijän — wohin
die Sage den Untergang des Afräsyäb verlegte — späteren Ursprungs. Soll sich
doch selbst die Feste Dizröyin auf dem Gipfel des Sabalän befunden haben;
vgl. WZKM., Bd. 12, p. 230, Anm. 2.
6) Vgl. das .LXajJS ^>Iä5^, das „Kampfbuch", welches die Kämpfe des
Spandyät gegen die Alanen beschrieb, Marquart, ZDMG. 49, p. 639. Der-
selbe, Osteuropäische und ostasiatische Streifzüge p. 166.
859
Ein Schlußwort.
Von
C. F. Lehmann.
Auf S. 161 — 197 des vorliegenden Bandes behandelt Herr
Waldemar Belck „ Die Steleninschrift Musas' II Argistihinis
von Etschmiadzin" , und zwar unter dem Vorgeben, die durch
meine Publikation der gleichen Inschrift (Bd. 56 dieser Zeitschrift
S. 101 — 115) auf „bedenkliche Irrwege" geleitete chaldische For-
schung zu schützen (S. 162, Abs. 2).
In Wahrheit bringt dieses durch den darin angeschlagenen
Ton genügend gekennzeichnete Schriftstück in äußerst gewandter
Argumentation , die überwiegend den Schein an Stelle der Tat-
sachen verwertet und anstrebt , neben einer verschwindenden Zahl
richtiger oder erwägenswerter Bemerkungen eine Fülle tendenziöser
Angriffe auf meine Tätigkeit als Forscher und Forschungsreisender
auf altarmenischem Gebiet.
Von diesen fasse ich hier nur diejenigen ins Auge, die ehren-
rührige Verdächtigungen in greifbarer Gestalt enthalten. Nicht
als ob ich persönlich meine Ehre durch Herrn Belck angetastet
fühlte. Aber unserer Gesellschaft und dem Leserkreis ihrer Zeit-
schrift glaube ich den Nachweis meiner Integrität schuldig zu sein.
Diese Anschuldigungen des Herrn Belck sind in gewohnter
Weise so geschickt angesponnen , daß zu ihrer Widerlegung und
Entschleierung ein erheblicher Aufwand von dokumentarischen und
speziell von literarisch-chronologischen Darlegungen nötig ist. Diese
habe ich der Redaktion unserer Zeitschrift bald nach Erscheinen
des Belck'schen Aufsatzes eingereicht. Herr Prof.-ssor Ki scher
hat mir nach deren eingehender Prüfung mitgeteilt , daß sie ihn
völlig überzeugt hätten,1) und mich ersucht, um für diese persön-
lichen Auseinandersetzungen nicht allzuviel Raum der Zeitschrift
[1) Ich bezeuge hiermit Herrn Prof. Lehmann die Richtigkeit dieser Aus-
sage. Was den von ihm gerügten Ton des Bolck'schen Aufsatzes anlangt, so
muß ich leider zugeben, daß letzterer einige Invektiven enthält, die besser
nicht darin stehen würden (ich denke dabei besonders au S. 162 f. und 1 &7
Als Herr Dr. Belck das Mskr. seines Aufsatzes an die Redaktion einsandte,
fügte er einen Brief bei, der folgenden Passus enthält: ,,Die Abhandlung ist
860 Lehmann, Ein Schlußwort.
in Anspruch zu nehmen, hier nur die Ergebnisse mitzuteilen, mich
aber für die. Beweisführung und die urkundlichen
Belege auf sein Zeugnis zu berufen.
Indem ich dieser Aufforderung entspreche, füge ich noch
binzu, daß sowohl die bei der Redaktion niedergelegten Belege,
wie auch die ausgeführteren Darlegungen selbst, an deren Stelle
Gegenwärtiges tritt , jedem auf Wunsch zur Einsicht zur
Verfügung stehen.
1. Herr Belck behauptet, meine Bekundung (diese Zeitschrift
Bd. 56 S. 114 unten), ich hätte seines „Berichtes" (Verhandl. Berl.
anthrop. Ges. vom 20. April 1901, S. 220—222) nur in einem
Nachtrage' zu meinem genannten Artikel über die Stele Rusas' II
gedenken können, sei unwahr (s. S. 161 dieses Bandes).
2. Belck's Mitteilungen übet- armenische Streitfragen (Verh.
Berl anthrop. Ges., Sitzung vom 15. Juni 1901, S. 284—328)
soll ich bei Abfassung meiner Abhandlung in Bd. 56 dieser Zeit-
schrift genau gekannt und vielfältig teils in ihren sachlichen Er-
gebnissen absichtlich ignoriert teils, ohne sie zu nennen, also als
Plagiator, benutzt haben (S. 169 dieses Bandes unten und 170
oben). Diese Anschuldigung kehrt an einer Reihe von Stellen (S. 168
Abs. 3 und letzter Absatz, S. 178 Abs. 4, S. 182 Abs. 2 bis 184
Abs. 2, S. 184 Abs. 2 v.u. und letzter Absatz) des Belck'schen
Elaborats wieder, wohlweislich ohne daß der Herr Verfasser erkennen
zur Hälfte polemischen Charakters, und da bekanntermaßen die streitenden
Parteien leicht etwas zu scharf werden, habe ich nichts dagegen, wenn die
Redaktion als objektiver Dritter hier und da mildernd im Ausdruck eingreift."
Da ich es nicht für meine Pflicht halten konnte, einen Aufsatz, von dessen
allzu persönlichem Charakter sein Verfasser offenbar selbst ein deutliches Bewußt-
sein hatte, von seinen anstößigen Stellen zu säubern, um ihm so die Aufnahme
in die ZDMG. zu ermöglichen, war ich anfangs geneigt, Herrn Belck sein
M^kr. zurückzuschicken. Schließlich aber habe ich es doch durchkorrigiert
und darauf, in wesentlich gemilderter Form, der Druckerei übergeben. Die
oben angeführten Stellen habe ich dabei leider stehen lassen, offenbar weil sie
mir im Mskr. nicht so schlimm erschienen wie nachher im Druck (Manuskripte
sind ja oft nicht sehr übersichtlich). Daß sich Herr Belck in einer Weise,
wie sie in unserer Zeitschrift sonst durchaus ungebräuchlich ist, des Fettdrucks
bedienen würde, habe ich seinem Mskr. nicht angesehen. Ich habe die Arbeit
dann erst wieder zu Gesicht bekommen, als ich ihr das Imprimatur erteilen
sollte, d. h. als es zu spät war, sie noch wesentlichen Änderungen zu unter-
ziehen. Daß ich nicht schon früher wieder mit ihr zu tun gehabt hatte , hing
damit zusammen , daß , wie bekannt , die Herren Mitarbeiter unserer Zeitschrift
ihre Korrekturen nach altem Brauche stets direkt an die Druckerei schickten
und nicht an den Redakteur.
Die unliebsame Erfahrung, die ich mit dem Belck'schen Aufsatze gemacht
habe, hat mich veranlaßt diesen im Grunde so erfreulichen Brauch, der Zeugnis
von dem schönen Vertrauen ablegte, das der Redakteur der ZDMG. jederzeit
seinen Mitarbeitern hatte schenken können, aufzuheben. Sie hat mich zu-
gleich zu dem Entschlüsse bestimmt, Arbeiten, deren ganzer
Ton sich als persönlich dokumentiert, künftig stets a limine
abzuweisen. Der Redakteur.]
Lehmann, Ein Schlußwort. QQ1
läßt, daß diese Reklamationen sich alle auf die Mitteilungen über
armenische Streitfragen beziehen, deren Titel er niemals nennt.
3. Meine Aussage (a. a. 0. S. 114 unten und vgl. S. 102 Anm. 1),
daß die Abhandlung von Golenischeff (Berichte der Kais. Russ.
Archäol. Ges. Bd. 13, 1901), von der ich durch Belck's „Bericht"
Kunde erhielt , mir alsdann nicht zugänglich gewesen sei . erklärt
Herr Belck (oben S. 161) für unwahr und zugleich für einen
Beweis wissenschaftlicher Nachlässigkeit, da mir diese Publikation
„in den großen Berliner Bibliotheken ohne Schwierig-
keit zugänglich" gewesen sei.
4. Herr Belck bemerkt „zur Feststellung der Wahr-
heit" (oben S. 172 letzter Absatz bis S. 173 Z. 5), in einem mir
von ihm — Juni 1897 — zur Durchsicht und zur Vorlage an
die Berl. anthropologische Gesellschaft übersandten Manuskript sei
ausgesprochen gewesen, daß Thomas Ardzrüni unter dem von ihm
erwähnten „Damm des Flusses" (ambartak getoyn) den Semiramis-
Menuas-Kanal verstanden habe und verbindet damit Unterstellungen,
die der oben auf S. 162 Abs. 4 gebotenen allgemeinen Anzweiflung
meiner literarischen Ehrenhaftigkeit den Schein der Berechtigung
geben.
Dem gegenüber ist urkundlich festgestellt:
Ad 1. Jener ^Bericht" des Herrn Belck ist mir erst zu-
gegangen, nachdem ich das Manuskript meiner in Bd. 56 Heft 1
abgedruckten Abhandlung, die ursprünglich für Bd. 55 Heft 4 be-
stimmt war, der Redaktion schon eingesandt hatte.
Ad 2. Das Belck's Mitteilungen über armenische Streitfragen
enthaltende Heft 4 der Verh. Berl. anthrop. Ges. ist ausgegeben
worden, nachdem meine Abhandlung in Bd. 56 dieser Zeitschrift
gedruckt und korrigiert war.
Ferner :
Ad 1 und 2. Die bestimmten, zum Teil fettgedruckten Zeit-
angaben (oben S. 161 Z. 11 v. o. und Z. 9 v. u.; S. 168 Abs. 2 v. u.
Z. 4 erste Hälfte; S. 169 letzte Zeile), durch die Herr Belck seine
Anschuldigungen plausibel zu machen (ad 1) oder allein zu be-
gründen sucht (ad 2), sind sämtlich falsch, und zwar nicht bloß
tatsächlich, sondern wider besseres Wissen. Denn Herr Belck
täuscht seine Leser, indem er die Bekanntgabe seiner Publikationen
vom Termin ihrer Vorlegung in einer Sitzung der Anthropologischen
Gesellschaft berechnet, während er selbst am besten weiß, dal)
zwischen der Vorlegung eines Manuskriptes und dessen E r -
scheinen im Druck Monate zu vergehen pflegten. So sind die
im Juni 1901 vorgelegten Mitteil, über armenische Streitfragen
Anfang Januar 1902 ausgegeben worden. Auf diese Weise kommt
das Intervall von „reichlich 1j2 Jahr" (S. 168 Abs. 2 v. u. /.. i.
vgl. S. 169 unten) zustande, das die Publikation dieser Schrift von
gß2 Lehmann, Ein Schlußwort.
der Abfassung oder dem Druck meiner Abhandlung in Band 56
trennen soll.
Ad 3. Bd. 13 der Berichte der Kais. Russ. archäol. Ges.
ist, wie des weiteren urkundlich festgestellt ist, noch heute in
keiner der großen Berliner Bibliotheken vorhanden. Diese Be-
richte fehlen in der Universitäts-Bibliothek und in der der König-
lichen Museen vollständig, in der Königlichen Bibliothek sind
sie nur bis zum 11. Bande vorhanden, genau wie ich im
Jahre 1901 ermittelt hatte. Der Vorwurf der Unwahr-
haftigkeit und dazu der Nachlässigkeit fällt also auf Herrn
Belck zurück, der ehrenrührige Beschuldigungen ei'hebt, deren
Grundlosigkeit er hätte feststellen können und müssen.
Ad 4 steht urkundlich folgendes fest: In jenem Manuskripte
des Herrn Belck war direkt das Gegenteil von dem ausgesprochen,
was Herr Belck behauptet, nämlich daß Thomas Ardzrüni als
.Damm des Flusses" den von Rusas I angelegten Keschisch-göll oder
vielmehr die dazu gehörigen Stauanlagen bezeichnet habe. Ferner
habe ich Herrn Belck, nach Prüfung des armenischen Originals des
ihm nur in der Übersetzung verständlichen Autors, alsbald daraufhin-
gewiesen, es könne nur der Semiramis-Menuas-Kanal gemeint sein.
Gleichwohl verblieb Herr Belck in seinen Briefen noch monatelang
bei seiner gegenteiligen Behauptung, und ersuchte mich u. a. im
Verlaufe dieser Korrespondenz, zwei Monate nach Übersendung
seines Manuskriptes an mich , demselben unter Anwendung von
Fettdruck einen Zusatz hinzuzufügen, nach welchem bei Thomas
Ardzrüni „jede Bezugnahme auf den Semiramis-Menuas-
Kanal ausgeschlossen" sei.
Da Herr Belck hier ausdrücklich die Feststellung der Wahr-
heit als sein Ziel hinstellt , und da er selbst mitteilt , daß sein
Manuskript mit meinen Randbemerkungen noch heute
in seinen Händen sei (S. 173 dieses Bandes Z. 3 — 5 v. o.), da
ferner seine einschlägigen Briefe noch jetzt erkennen lassen , daß
sie durch die Kopierpresse gegangen sind, so war er, wenn ihn
sein Gedächtnis verlassen hatte , verpflichtet , das Manuskript und
ev. das sonstige Material anzusehen. Indem er dies unterließ und
sich dadurch eine unwahre Verdächtigung ermöglichte, hat er sich
des höchsten Grades der Leichtfertigkeit, der culpa dolo proxima.
schuldig gemacht.
Nach diesen Feststellungen bin ich mit Herrn Belck für immer
fertig.
Das wenige, was an seinen neuesten Auslassungen eine wissen-
schaftliche Erörterung verträgt, und einiges von dem, was darin
einer sachlichen Berichtigung bedarf, findet man, seiner Herkunft
nach erkennbar, aber tunlichst ohne direkte Bezugnahme auf Herrn
Belck, in meinem Artikel Zwei unveröffentlichte chaldische In-
Lehmann, Ein Schlußwort. 363
Schriften (S. 815 — 852 dieses Bandes) behandelt. Entsprechend
werde ich mich angesichts der unausgesetzten Reklamationen des
oben gekennzeichneten und ähnlichen Kalibers künftighin verhalten.
Ein weiteres Eingehen auf die übrigen , angeblich durch die
Inschrift Rusas' II bedingten Äußerungen des Herrn Belck ver-
trägt sich m. E. nicht mit dem Charakter unserer Zeitschrift und dem
Ernst der Wissenschaft, die sie vertritt. Mir genügt ihnen gegen-
über der Hinweis auf mein ein Jahr vorher in der Deutschi n
Literatur- Zeitung vom 9. Mai 1903, Sp. 1166 — 1170 über Belck
gefälltes wohlerwogenes Urteil.
Herr Belck mag, früher oder später das alte Spiel beginnend,
Verdächtigungen ausstreuen , die urkundlichen Tatsachen zuwider-
laufen , ein durch überwiegend persönliche Motive veranlaßtes Ge-
misch von fragwürdigen Behauptungen und Invektiven in das Ge-
wand einer sachlichen Erörterung kleiden und dafür an tatsächlichen
Irrtümern . an denen es bei mir , wie bei jedem Forscher auf
schwierigem Gebiete, auch ferner nicht fehlen wird, eine bequeme
Handhabe suchen und finden.
Er hat freie Bahn.
In strikter Ausführung meines früher (Verh. Berl. anlhrop.
Ges. 1901, S. 226 Anm. 1) bekundeten und im wesentlichen inne-
gehaltenen Entschlusses lehne ich jedwedes Eingehen auf eine
Polemik mit Herrn Belck für alle Zukunft ab.
Mein Schlußwort ist definitiv gesprochen!
15(1. LVIIl.
864
Psalm 2.
Von
Eduard Sievers.
Durch die scharfsinnigen Erörterungen von E. Baurnann, oben
S. 587 ff. ist die ursprüngliche metrische Form und Gliederung
des Psalms, wie ich glaube, in durchaus überzeugender Weise klar-
gelegt. Dagegen kann ich Baumann nicht in allen Details seiner
Ausführungen zustimmen.
Vor allem komme ich bei V. 6 doch nicht über den persön-
lichen König hinweg. Gewiß mag -ob?3 tod; auffällig sein, aber
es ist doch nicht rätlich, das Yerbum *p* hier durch Konjektur
zu beseitigen, angesichts der Tatsache, daß Ps. 83, der so viele,
auf direkte Kenntnis unseres Textes hindeutende wörtliche An-
klänge an Ps. 2 aufweist, u. a. auch das Subst. VO: „Fürst" gebraucht
(V. 12), das von dem Verbum *p; unserer Stelle jedenfalls nicht
getrennt werden kann. Der Verfasser von Ps. 83 wird also unser
TOD* auch bereits in seinem Text von Ps. 2 gelesen haben. Auch
noch ein anderer Umstand verbürgt der Lesart ein relativ hohes
Alter: denn sie ist doch offenbar die Quelle für die von Baumann
mit Recht ausgeschiedene Interpolation invcu brn mm b"' in
V. 2 gewesen : deren Verfasser hat ja jedenfalls — ob mit Recht
oder Unrecht, ist hier gleichgültig — in *p3 eine Art Synonymum
von nU573 gesehen.
Ist aber mit V. 6 ein persönlicher König eingeführt , als
Schützer des bedrohten Volkes, so ist es, meine ich, auch klar, daß
die weitere Fortsetzung der Rede Jahwe's sich an diesen, und nicht,
wie Baumann meint, an den Psalmisten wendet: Jahwe selbst
fordert den von ihm Eingesetzten auf, die Bedränger seines Volkes
zu vernichten. Zwischen den beiden Teilen der Rede ist dann
aber kein Raum für irgendwelchen Zwischengedanken, der die Rede
der ersten Person (d. i. Jahwe's) durchbricht. Demnach ist offen-
bar mm pn ba rnsoN als mißlungener Interpretationsversuch
ganz zu streichen, und "ON "}73N in im73N zu ändern: „Meinen
König habe ich eingesetzt auf Sion meinem heiligen Berg. Ich
habe ihm gesagt: mein Sohn bist du, heute habe ich dich ge-
zeucff u. s. w.
Siecers, Psalm 2. 865
In Vs. 8 halte ich Baumann's Vorschlag einer Umstellung von
D"H3 nicht für annehmbar. Der Vers
^ntriKi "jnbn; SiinNi ü^a "»a»» bssi
wäre rhythmisch wie sprachlich zu holprig, auch erregt mir sein
Inhalt einiges Bedenken. Wie soll der Sohn gerade darauf kommen,
die D*na zu verlangen '? Im Zusammenhang der Rede des Vaters
an den neugeborenen Sohn paßt doch nur ein ganz allgemeines
„Nun wünsche dir", nicht „Wünsche dir ein bestimmtes Objekt,
und du sollst es haben". Offenbar muß also mit dem von Bau-
mann richtig gestrichenen y^\H ^osn auch *jnmNn fallen , so daß
die zweite Hälfte des Doppeldreiers 8 nun einfach lautet n:nNi
^rbn: D"n3, wogegen weder von sprachlicher noch von rhythmischer
noch von inhaltlicher Seite etwas einzuwenden sein dürfte. Für
die erste Vershälfte bleibt aber dann nur das um einen Fuß zu
kurze "07273 bfitTö. In meinen Metr. Stud. I 501 habe ich die da-
nach anzunehmende Lücke hinter -C7373 angesetzt: jetzt glaube ich
sie eher für den Verseingang postulieren zu dürfen, weil "Oten bfctlZJ
und -:nNi doch kaum durch einen Einschub von einander los-
gerissen werden dürfen. Es wird also wohl am Verseingang irgend
eine Anknüpfung an den vorausgegangenen Gedanken ausgefallen
sein, wäre es auch nur ein „nun" oder „drum" vor dem „wünsche
dir" gewesen, das die erste Gabe des Vaters an den neugeborenen
Sohn einleitet. Was in diesem Fall dagestanden haben könnte,
läßt sich natürlich nicht erraten. Aber ein allgemeiner Nothelfer
wie nm oder dergleichen wäre doch wohl zu billig und geschmack-
los. Eher ließe sich vielleicht noch denken, daß das thkn von 7
am Eingang von 8 noch einmal emphatisch wiederholt gewesen sei
und dann nach dem Verderbnis des ersten zu -bN ~|72N gestrichen
worden wäre. Vielleicht findet ein Leser einen bessern Ausweg in
der angedeuteten Richtung.
Auch der berüchtigte V. 11 scheint mir durch Baumann noch
nicht definitiv geheilt zu sein. Sicher scheint mir bisher nur, daß
die Buchstaben -q hinter ipiB3 mit Marti bei Duhm 10 als mecha-
nische Wiederholung aufzufassen sind, sei es (so Marti) des Ein-
gangs von "y~a, sei es von einem andern Bucbstabenkomplex des
ursprünglichen Textes. Dagegen weiche ich von Marti-Duhiu etc.
nun wieder darin ab, daß ich nicht recht sehe, wie ipc: eine
Variante oder Korrektur zu ib^ai sein kann, das so ganz und gar
nicht in den ursprünglichen Text paßt. Liegt es da nicht nahe zu
fragen, ob sich nicht, wie in npiüi das ursprüngliche Verbum, so in
ib^ai ein ursprünglich nominaler Ausdruck verbergen könne ? Bei-
spielsweise "pba-i, das graphisch nicht weit abliegt? Natürlich
müßte das Wort dann einmal hinter dem Verbum gestanden haben.
Da aber weiterhin ein nqsqü rq%läu (oder l9rq%läu) bir'a&ä aus
Sachgründen immer noch sehr anstößig bleiben würde, wird es sich
empfehlen npiaa mit Duhm in irtttJI zu ändern: uäxü Xdrq^läu
5G*
gßß Sievers,
hir'ada .und werft euch nieder vor seinen Füßen mit Zittern".
Zur Sache vgl. Jes. 51, 23 nebst den Bemerkungen von Duhm und
Buhl zur Stelle. — Formell könnte in dem erwähnten -in dann
noch der verstümmelte Anfang von "pblHb stecken.
Der Text gewinnt danach nun folgende Gestalt :
1 lammd ra%dsü xöjhn. ul'ummtm Jfhgü - riq?
2 jipjq's.pdä ~ mdlche - 'eres, wdrozdnhn - nösddü, -jdxad: 1)
3 »ndndttdqa-mosdröjtim,'1) wdnaslichä mimmennü 'cfiopeml«®)
4 jöseb bassamaim jisxäq, 'adonäi jil'äz, -lamo:
5 'a2 -jdddbber 'ä Um 4) brfappö, utaxrono jdbdhalhn o :
6 »Vm25) nasdehü malki 'al - sijjöu har - qootsi! 6)
7 'amdrti1): bdnl 'qua, 'qru hqjjom jdlidtich!
8 ^amarfi): sd'q'l mimmenm, uettdnä ^öjim naxlapdch:8)
9 tdro'em bdsebet bqrzel, TcichU jöser tanapsem /«
10 ica'qttd mdlacliim haskilü, hiwwdsarü - sofdß 'dres,
11 'ibdä 'ej> -Jahwe bdjir'ä, usxü hra^läu bir'adä^)
( L2) pen-y'e'nqf wdjtobddü derech. (12) hi-jib'är him'at \(ppö.10)
Zur Tilgung von \J>- 3a vgl. Metr. Stud. I, 222, 8, zur Lesung
von 5 ebenda I, 582. Zu jabqhqllmö im Gegensatz zu 'lelim\o\ etc.
bemerke ich, daß ich die -?nö-Formen jetzt nur nach ursprünglich
kurzem Vokal, aber nicht nach alter Länge oder Diphthong für
sprachlich zulässig halte (vgl. a. a. 0. I, 351 ff. über die verschiedene
Behandlung von -n}, -nfi nach Kürze und Länge).
1) Danach 'al-jqkwf W9lql - mvsixö M. 2) 'e/> - mösdröj>i~mö M.
3) 'qtoßemö M. 4) 'elcmü M. 5) wo'm M. 6) Danach
'i'S'i f)p?rä 'el - xoq Jahwe M. 7) 'amqr 'elqi M. 8) Danach
wq,xuzzap9cha 'qfse - 'ares M. 9) ivdzllü bir'qdä nai-fyqii - bar M.
10) Danach 'qsre hol - xöse tf> M.
867
Indische Höhlen als Vergnügungsorte.
Von
Heinrich Lüders.
Im vorletzten Hefte dieser Zeitschrift (S. 455 ff.) macht Herr
Dr. Bloch einige Mitteilungen über eine Höhle am Ramgash Berge
in Sirguja , die , wie aus ihrer Anlage und aus Inschriften, die sie
enthält, hervorgeht, offenbar für dramatische Aufführungen bestimmt
war. Bei dem allgemeinen Interesse, das diese Entdeckung erregen
wird, ist es vielleicht nicht unangebracht, auf einige Stellen in der
Kuustdicbtung und in der epigraphischen Literatur hinzuweisen,
wo von der Benutzung von Höhlen zu dem gleichen oder einem
ähnlichen Zwecke die Rede ist.
In der Beschreibung des Hiinälaya im Kumärasambhava (I, 10)
erwähnt Kälidäsa auch die „ Höhlenhäuser ", wo die Waldbewohner
nachts beim Scheine der selbstleuchtenden Kräuter mit ihren Freun-
dinnen der Liebe pflegen :
vanecaränäm vanittisakhancun därigrh o t sahganisahtabhäsah \
bhavanti yatrausadhayo rajanyäm atailapüräh suratapradipäh
Und ein paar Strophen weiter (I, 14) sagt er, daß die vor den
Eingängen zu diesen „ Höhlenhäusern " herabhängenden Wolken die
Stelle von Vorhängen einnehmen, hinter denen sich die Kimpurusa-
frauen schamhaft verbergen, wenn ihre Liebhaber ihnen ihre Toilette
in Unordnung gebracht haben:
yaträmsuhäksepavüajjitänäm yadrcchayä Jcimpurusänganänäm
därigrh adväravüambibimbäs tiraskarinyo jaladä bhavanti ij
So phantastisch diese Schilderungen im einzelnen sein mögen,
so beruhen sie doch sicherlich auf realem Grunde. Kälidäsa würde
den „König der Berge" nicht mit Höhlen, die der Liebe dienen,
ausgestattet haben, wenn er solche nicht in den Bergen seiner Heimat
gekannt hätte. Und in der Tat findet sich in seinen Werken eine
Stelle, wo er von solchen Vergnügungshöhlen an einem Berge in
der Nähe von Vidisä spricht. Im Meghadüta (1,25) schildert er
den Nicairgiri als den Berg, „der durch seine Steinhäuser, die den
Liebesduft käuflicher Weiber ausströmen, die ausgelassene '
der Städter verrät u :
868 Lüders, Indische Höhlen als Vergnügungsorte.
yah panyastrlratiparimalodgüribhir nägaränäm
tiddämäni prathayati silävesmabhir yauvanäni \\
Daß unter süävesman hier genau dasselbe wie unter där'igrha zu
verstehen ist, wird auch durch Mallinätha bezeugt, der das Wort
durch kandara wiedergibt. Über die innere Einrichtung dieser
Höhlen können wir aus der Stelle leider nichts entnehmen , doch
dürfen wir aus Kum. I, 14 wohl schließen, daß man den Eingang
durch einen Vorhang zu schließen gewöhnt war, genau wie es nach
Bloch's Angaben in der Sitabengahöhle der Fall war.
Nach Kälidäsa trieben in diesen Höhlen die Hetären ihr Wesen ;
daß aber auch theatralische Aufführungen dort veranstaltet wurden,
und zwar gerade von diesen Hetären, dafür tritt ein inschriftliches
Zeugnis ein. Unter den älteren Jainainschriften zu Mathurä findet
sich ein Verzeichnis der Schenkungen einer ganikä, namens Nädä,
die sich selbst als Tochter der ganikä Damdä, der lenasobhikä,
bezeichnet.1) Das Wort sobhika oder saubhika begegnet uns im
Sinne von Schauspieler in der bekannten Stelle des Mahäbhäsya,
wo von den Aufführungen der Tötung des Kamsa und der Fesselung
des Bali die Eede ist (zu Pän. 3, 1, 26, Värtt. 15) ;2) lenasobhikä
bedeutet also wörtlich „Höhlenschauspielerin ", und es läßt sich
kaum bezweifeln, daß es die spezielle Bezeichnung von Hetären war,
die in Höhlen wie der von Bloch beschriebenen mimische Dar-
stellungen zum besten gaben.
Ich bin überzeugt, daß noch manche andere Höhle in Indien
nicht die Wohnung stiller Mönche, sondern der Aufenthaltsort von
ganikäs und lenasobhikäs und ihrer Liebhaber war. Weitere
sichere Beispiele sind die sogenannten Höhlen der Königin und des
Ganesa in Udayagiri, deren Reliefs, worauf mich Jacobi aufmerksam
machte , das Treiben jener Damen und Herren in zum Teil höchst
realistischer Weise darstellen. Das von Bloch aufgefundene Höhlen -
theater hat aber noch ein besonderes Interesse: es ist nach griechischem
Muster angelegt. Die vielbehandelte Frage der Beeinflussung des
indischen Theaters durch das griechische ist durch die bekannten
Untersuchungen von Reich in ein neues Licht gerückt worden, und
die Möglichkeit oder vielmehr die Wahrscheinlichkeit eines Zu-
sammenhanges zwischen dem indischen Drama und dem antiken
Mimus läßt sich kaum noch in Abrede stellen. Das Bestehen eines
, griechischen" Theaters auf indischem Boden würde natürlich ein
wichtiges Glied in der Beweiskette sein, und wir sehen daher mit
Spannung der ausführlichen Beschreibung entgegen, die Bloch uns
im Archseological Annual zu geben verspricht.
1) Siehe Indian Antiquary XXXIII, 152 f.
2) Die Handschriften schwanken zwischen sobhikä, saubhika, saunata,
und s'obhanikä- die letztere Form hat Kielhorn in den Text aufgenommen.
869
Mi s zell en.
Von
A. Fischer.
1 . Der Götze Iarüt.
Wellhausen schreibt in seinen „Resten arabischen Heiden-
tums"'2 am Schlüsse des Abschnitts „Jaghuth" (S. 22): „Die Be-
deutung des Namens, Helfer, liegt auf der Hand; sie ist auch
deutlich empfunden, wie ein bei Jaqut citirter Vers beweist : „wann
wird deine Hilfe (ghijath) kommen vom Helfer (Jagbüth) !" Es
würde also hier, neben der a. a. 0. S. 20 angeführten, eine zweite
— natürlich alte — Dichterstelle vorliegen, in der Iarüt erscheint.
In Wirklichkeit aber hat sich Wellhausen durch eine fehlerhafte
Lesart Wüstenfeld's irreführen lassen, obschon ihm natürlich nicht
imbekannt sein konnte , daß man in den (im übrigen ja so nütz-
lichen) von Wüstenfeld edierten Texten kaum eine Prosastelle,
geschweige denn einen Vers unbesehen hinnehmen darf. Die betr.
Stelle bei Iäqüt lautet (IV, f.pj», II): cr £>. ^a +M\ , &Jü
ä£SU£ -.jLj ^JLa ^Lä jOwüi ^\ öj.xi! ^ aJSj.fi! Jj>-Ji ^>j;i.
'■i.A v^^^ij 1) ..! Ökij. ö'jAj \-*£>±+*h r*4J^ ^A*-1 i -' £>v*-> ,-m
Daß o».ij, vor dem ^ natürlich nur als .yj gedacht werden kann.
hier unmöglich ist, ergiebt sich aus zwei Instanzen : einmal aus der
arabischen Verslehre, die, je nachdem man in ö».xj das Schlußwort
einer ersten oder einer zweiten Vershälfte sieht, nur die Formen
Oj.xj (LSJb) oder c-vij zulässt , sodann und besonders ab
dem Kontext, der keinen Zweifel daran läßt, daß in o».ij kein Eigen-
name, sondern eine einfache Verbalform von c^e I im Sinuc des
gewöhnlichen <-Jyt- IV zu suchen ist (das Versstück wird lediglich
als Beleg dafür zitiert, daß sich neben o.i! „helfen" auch c^lc
1) Lies ^\, s. hier S. 870, 19.
870 Fischer, Miszellen.
Gndel i. Wüstenfeld selbst hat. nachdem er im MuhTt al-Muhit die
La. okij und im Sahäh die La. oca*j gefunden hatte, sein o«jtj
als irrig aufgegeben; das richtige Verständnis der Stelle aber hat
ihm offenbar erst Fleischer souffliert. Vgl. Iäq. V, S. 505 : „Bistäni
p. 1557 Ofcij ..y* y5o'fcC ohne Versmaß; Gauhari I, 136 ^JuJu
cj^xij' ^a ^N'-iLi , jLj Jüa bL> o»ixJLs LjU, am Rande eine
Anecdote1) über die Veranlassung, wonach ö»äj ...» y5oUe das
Richtige ist; F[leischer] kl>*jJü ^5 öytj „wann kommt deine Hülfe
zu dem, welchem du helfen sollst (wirklich) ?* " Wellhausen hat
diese Stelle übersehen.
Daß die arabischen Philologen den Vers nie anders verstanden
haben als Fleischer ihn versteht, zeigen noch folgende Belege. Ibn
GinnI, Murtasab, ed. Pröbster, S. 7, 9 : ö'Jw JJla j, c^Jbc JsJ>-.
^xij' und dazu Anm., wo der ganze Vers richtig übersetzt ist: „Ich
habe dich um Nahrungsmittel zu holen ausgesandt, und du bist ein
Jahr ausgeblieben; wann kommt deine Hilfe zu dem, dem du helfen
sollst?" Hamäsa IIö, 17: [1. L+Sylw, vgl. oben S. 869, 19] UpJm« IlXA
S - 3 O 3 J= 5 > , } - , , ,
*3y£-\ J^JI o-Ü ^Jb ^=.=>-\ ö^JtJj ä.lj \3.£*J j^| OvXJ» OfcXJ
■c^aüs (j^! o«.iJ" ,.w«< b»5oLi: jwj cä^ Als xXÜti J»i^. Lisan
und Tag sub O^-t 2) lesen , wie Gauhari , ^xij' , das offenbar er-
leichternde Korrektur für ö*.ij' ist. Beachtung verdient dabei noch
im Lisän die Randglosse: L^Uaii £ \SS uS*±\j£- ^.jIj JZ* ^y>
\<.<:,-c/ §\ y>jj ^'^ ^a.jÄj.äj! j ^JJlj. Diese Variante
1) Stammt aus dem Tag, in den sie aus dem Lisan übergegangen ist.
Vgl. noch AränT XVI, 1i und MaidänT, Amtäl, ed. Froytag, I, p. 236, zu dem
Sprichwort «ULsSJi o.**AJ.
2) Der Aqrab al-mauärid hat liier, wie meist, den MuhTt al-M. ausgeschrieben;
er liest also, wie dieser, mit fehlerhaftem ü5o*£ statt \j$s.'S\ «.£: — jLj -Ä/«
/'/scher, Miszellen. g71
(„wann soll deine Hilfe erhoffen der, dem du helfen sollst") wider-
legt gleichfalls aufs strikteste die La. o«.£j ..-*.
Der Vers wird in den Wörterbüchern al-3Ämiri oder SÄ'isa
bint Sa3d b. Abi Uaqqäs zugeschrieben. Ich habe den Eindruck,
daß er zu den zahlreichen gefälschten sauälu'd gehört, die unehrliche
alte Philologen in Grammatik und Lexikon eingeschwärzt haben,
und werde in diesem Eindruck durch folgenden Passus im Istiqäq
des Ibn Duraid bestärkt (S. ö1, Mitte): S<Xi\ Ju^Ji £>Jü L»la
s.t\x2/o ]jX+xXm1s Lij.c ^-V*j öle. i^yA aüsüüüwl ..I ,-jkl.s MlJiil £
Auf jeden Fall aber ist von dem Götzen Iarüt in dem Verse
keine Rede.
2. Feminina auf bloßes t im Arabischen.
J. Barth nennt Nominalbildung S. 399, Anm. 2 als hierher
gehörig ^^jj und «>**i', diese Zeitschrift 48, 17 und 57, 628
dagegen vüU.j? o^i un^ ,.J-^xi"> wozu er endlich an letzter Stelle
798, Anm. 1, nach dem Vorgang von Brockelmann, Die Feminin-
endung t im Semitischen, S. 3, noch Ixif und ^^j^ 2) fügt. Ich
glaube , daß die Zahl dieser Feminina auch damit noch nicht er-
schöpft ist, daß vielmehr zum mindesten noch o!3 und c>JL£ dazu
gerechnet werden müssen.
ütö stellt sich formell genau ebenso zu \S, wie nNT zu n:
("it)3) und 1-J""t, acc. H"~t" zu H4); es ist also, wie diese nur
mit t und nicht mit at gebildet. Daraus erklfnt sich auch, daß
1) Der Sinn dieses Passus ist klar, sein Wortlaut aber scheint kaum richtig.
Das Glied a.äj _*aj .... L-L-x^vli wird hinter _„^aji -A/iJl i zu
■j ' • ' 7 L- j ^
stellen sein.
2) Vgl. zu o^U\ ..LäJL* und ,-»aä>L* Fleischer, Kl. Schriften, 1. 36] f.
und dazu ■/.. B. noch Sib. II, ^a^, 1 ; I USis I, f \1, 5; AnbärT, Asrär, löö, 13 ff;
Howell, Grammar, p. 634 ff. 1372 ö. und die Lexica.
3) Die Ansicht von Kautzsch, Grammatik'-7, £ .;4, daß ~T (iT) uus ~N;"
verkürzt sei, ist irrig.
4) Vgl. Brockelmann, diese Zeitschrift, oben 521, Mitte.
872 Fischer, Miszellen.
es nie älJ>, sondern stets o!o geschrieben wird, sowie daß seine
Nisba ^.ilo1) lautet und nicht jj^ö 2) oder etwa gar ^5.0. (Schon
damit erledigen sich die Folgerungen, die Völlers, ZA. XII, 131,
an den Unterschied zwischen j'!J>, von o!ö, und S>Lü, von »Li,
geknüpft hat. Nicht minder aber dürften sich damit die Argumente
erledigen, die Nöldeke, ibid. 181 = Beiträge z. semit. Sprach-
wissenschaft , 8 f. , gegen diese Folgerungen ins Feld geführt hat,
wenigstens soweit sie sich auf 'J\3 beziehen. Wäre o|J» nur eine
orthographische Variante für eigentliches ü[j> und hätte man das o
nicht instinktiv als festes gefühlt, so würde die technische Bedeutung,
in der der gelehrte Sprachgebrauch das Wort später verwertet hat,
schwerlich ein Hindernis für die regelmäßige Bildung seiner Nisba ge-
wesen sein. Stellen wie Sib. II, A., 7: ^^ö z\5 j! Sülü^l ^Jj^j,
Lisän XX, rf f , 7 v. u. : ^s> $yü dö _.3 ^ajLj j ^lil] ^1%
J, ä^lk LgJb> Ac pUJI ^lX-j ^y<> {*%**& u>.ää^ !J>ls ^L« o!3
(v.Laäj'1 kpj v£ajüIäJ| etc. beweisen natürlich nichts gegen diese Aus-
führungen, denn das darin notierte 8i3 gehört sicher gleichfalls nur
der Schule an.)
Wie das o von o!ö ist selbstverständlich auch das von oIlXP
in dem oio noch reines Demonstrativ ist, zu beurteilen. Freilich
ist diese Form nur schlecht bezeugt; cfr. Lisän XX, |*fi, 8: jLä
1) So hat Iunus zu oȣ>5 und
der sonst verzeichneten (C4.>| und (j^j-ÄJ gestellt (s. Sib. II, vv, 11. 16. va, 12;
Mufassal 11, 19 etc.). Freilich gehören diese Formen offenbar nur zu den leider
so zahlreichen rein imaginären Bildungen, mit deren Aufstellung und Diskussion
die arabischen Philologen Zeit und Papier vergeudet haben; vgl. Sib. II, va, 19:
,l\^-I *Jyü )$ !l\P, ic*^} (jxxs> ^ i$**t ^ er* c)1 d**^- 1*^5
2) Die Lexica (s. Lane) fordern allerdings i^jjö , aber dieses ist offenbar
wieder nur rein theoretisch.
Fischer, Mizellen. 873
(ebenso Tag X, ff"f, 16 v. u., aber mit dem Fehler oUILä/o). Der
Lisän hat übrigens , wie man sieht , oi <\§> . und nicht . wie Lane
(sub ü) und Wright, Grammar3, I, p. 268, ofJ^>.
Zu JJp vgl. Sib.1) IL u. 14. w, 18 ff. vi, 3. 8. rAr, 1 ö.;
IGinnI, Muhtasar at-tasrrf, ed. Hoberg. 26; I Iaäis I. V1I, 6. v1f, ,;.
II, SPa., 12 (= Mufassal (vö, 10). ({"aP, 14 ö. ; die Lexica etc.
Die von de Sacy , Grammaire2, I, p. 576, Anm. 1 verzeichneten
nidü! -Formen -.X.JS und s.ajLäI$>, die man natürlich zu ^J3>
stellen wird und nicht zu xJj-. hat Fleischer, Kl. Sehr.. 1, 521,
unter Berufung auf die Schreibung sLciP und &.aJ.ä;_? im MuhTt
al-Muhlt in Frage gezogen (sie fehlen wohl nur deshalb auch bei
Wright, Grammar3, II, p. 89). Aber der Lisän hat XX, fff, ult.
und ffo, 3 v. u. y.^jJ- und Pfl, 3 xajLäJL^ und aliUi£>, und die
Nihäja des Abu 's-Saiädät Ibn al-Atir s. v. hat : (^>.s^i -ö*_jJs.5> ,i.)
^Ji q.X-w.j» s.i>bil (ebenso Lisän XX, ffl, 10 v. u. und Tag X. flf, 18).
Dahingestellt mag bleiben, ob das t von o^j3 und ^>..0 -)
ursprüngliches Feminin-^ ist. Bis zu einem gewissen Grade sprechen
dafür die Nebenformen &jö K-O und eLjO (vgl. Sib. II, va, 20,
wo Jahn wohl mit Recht :<.jj für xj3 liest, v1, 2. ipo, 19 <'>.'■'■);
IGinnI, Muhtasar at-tasrif, 27: Mufassal vi**, 18; I taSTs 1. 5av, 7.
II, IS^Af", 3; Howell. Grammar, p. 840 und die Lexica; s. bei Eowel]
1) Sib. sieht in o.^-? die uasl-, in \JS dagegen die ""'//-Form des
Wortes. Vgl. Howell, Grammar, p. 1372. und al-Lait im Lisän XX, Pfö, 9:
tl^Ji ..g^iJ .^wVÄc ^>oii. |<3i ä.^P ^ x^-v^ix; K-\y*-*' ^-^ t?**"1 '
äJI 'j^Ji ^JJL* m LjLai" *^li £ L^JC^ol Uli.
2) Kommen einfach nicht vor, sondern stets nur gedoppelt (vüajOj v^^j-\
später auch o^Jp vi>-p etc.), s. z. 15. .Mufassal vi", 19 und Fleischer, Kl.
Sehr., I, 480 f.
3) Hier das wohl nur theoretische Deminutiv \aj.\
;S74 Fischer, Miszellen.
auch die von Abu SÜbaida überlieferte Nebenform xxT, falls man
ihr Glauben schenken darf). Jedenfalls sind sie als reine Nomina
(bezw. Pronomina) zu denken, wie weniger aus der dreifachen Vokal-
aussprache ihres o (s. die angeführten Stellen) , als aus ihrer An-
wendung hervorgeht; vgl. Mufassal vf, 4: ^>S K^äi! ^ \.f3
ojJ>5 ouöj, o.*^; ^' -^: x^ CT* c5^ V-^i oJlä y5ol£is
u^a5. c^; I IaSIs I, öav, 10. 14 und II, ||*»Arf 4: y&i Q/S W
o..:3» c^ji. ^*^ ^/; Durra 11, 9: ^^ ^^S yö\ ^ ^
oj<3j oo<3 ,.pLs ^Is» , und die dazu in seinem Kommentar der
Durra (|fj*, 10) von HafägT angeführte Stelle aus den Maqämät
des Harlri: ^jj> .^x> ^t^ü$\A>\ UiU o-a^j o*.*^ Q-» jj-&H&
Nöldeke, Beiträge z. semit. Sprachw., 14, Anm. 6 sieht in dem
ö von i^>.a5 das auch sonst im Semitischen nachweisbare demon-
strative ^-Suffix.
In gewissem Sinne gehören hierher noch allerlei auf o aus-
lautende Nomina, deren o offenbar von Haus aus feminine Bedeutung
hatte , vom Sprachgebrauch aber schon früh verkannt worden ist.
Ich meine Bildungen wie o3- „Ohr" (pl. ol-s-L Oj.^-1); neben
ä»y>'2) und s.3>, pl. oiy>); o^P, »-Jj^, ^>**! „Senke" (neben
äj.$>)3); ooäc „boshaft, älfrit" (neben Jt^^ Kj-äc, oIjäc, ^JjLäc
etc.; fem. Süü^äc, pl. ^J,Uic)4); ^v^a^o „arm" (pl. «.^o U*?,
neben ,su^> „leer sein" etc.) und die Nomina mit der Endung
1) z. B. Lisäa s. iC2.>C2.S>. im ersten Verse.
2) Das dem Tag s. ^y> zufolge freilich ein JaXs- ist.
3) s. schon Völlers, ZA. XII, 137, und dazu Nöldeke, ibid. 186.
4) Vgl. STb. II, va, 14. föö, 16. TaP, 9 ö.; ferner Barth, Nominal-
bildung, § 250d und ZDMG. 48, 17; Nöldeke, ibid. 41, 722. Völlers,
ibid. 50, 615. 646, leitet — offenbar zu Unrecht — u^-Jyäc von pers. lXj.Ü
„ Geschöpf" (sie!; ab. Vielleicht gehört auch der Ortsname OJ^jt hierher
(vgl. Bekrl 1ö1; Iäq. III, 111; Slb. II, Pöö, 16. PaP, 10; Mufassal tvi, 2;
I IagTs II, !i*ff , 21 etc.) und i±i*j-xmi Ö»-a*w. oi-j-»«. ^J.+m> „öde, wasser-
Fischer, Miszellen. % , 5
üt, soweit sie nicht Fremdlinge, sondern arabischen Ursprungs
sind.1)
3. Angebliches caritatives }^xi im Agy ptisch- Arabischen.
Spitta verzeichnet in seiner Grammatik. § 45 e , folgende
caritative 3**s - Bildungen : „'ajüää schmeichelndes Deminutiv zu
dem Eigennamen löMsä\ ebenso amüne zu äminä oder amyne,
fatüma zu fätima (fatme), zcmübe zu zenab. hadugä zu hadygä,
sanäbe „ Schnurr bärtchen" zu sänäb „Schnurrbart", kasüna zu
hasan, hamäda zu hämid.a Auf diese Stelle hat sich vor einiger
Zeit Praetorius bezogen, diese Zeitschrift 57. 770. in seinem
wertvollen Aufsatze „Über einige Arten hebräischer Eigennamen".
Dem gegenüber scheint es mir angebracht darauf hinzuweisen, daß
Spitta sich hier geirrt hat und daß im Ägyptisch- Arabischen das
betr. Caritativum ebenso wie in den übrigen bisher bekannt ge-
wordenen arab. Dialekten nicht j»jts bezw. &J.jtj lautet . sondern
Sy**, äJ..xs. So hat mir wenigstens s. Z. Herr Abd er-Rahmän
Zarlül versichert, der damalige Lektor des Ägypt.- Arabischen am
Seminar f. or. Sprachen zu Berlin, der mir als Beispiele für diese
Wortklasse aufgeschrieben hat: SC^Ls, ä-S^ac, l\.~j.&i. wJ>.
^ov*J; M.„w.:> und ,^Jö. Und damit stimmt völlig überein
Völlers, der in seinem „Lehrbuch der aegypto-arab. Umg
spräche", S. 115 unter Nr. 16 schreibt: „fa"ül weiblich,
besonders als Koseform in Eigennamen: Fattämä, kleine Fatmä;
Zannüba. kleine Zenab: 'Aijüsti. kleine \Esä: 'Azzüza, kleine 'Aziza;
männlich ITammüda* .-) sowie Nallino, der in seinem „L'arabo
parlato in Egitto", § 94 folgende hierher gehörige Eigennamen
nennt: fattüma, zannüba, 'azzüza, naffusa, layyüsa und haddüga.
Ungenau ist offenbar Willmore, The Spoken Arabic of Egypt,
p. 41, denn er hat „Fatüma and Fatüm Utile Futma', „Xanüba
Utile Zenab''. daneben aber „'aiyüsha Utile Aisha", „sattüta (or
sattüt) young ladyu und „dallü'a3) spoilt ehild* .
Spitta ist hier wohl durch Wetzstein, diese Zeitschrift 11, 509,
und der pl.
»L*»w Glauben verdienen. ^s.j.SJ> existiert nur als itbäi zu c>.J-Ä-£.
1) Vgl. Fleischer, Kl. Sehr., I, 172 11'.; Barth, Nominalbildung,
§ 261e und Philippi, ZDM6. 16, 167.
2) So auch noch in der von 15urkitt veranstalteten engl. Ausgabe, p. 128.
3) So auch Spiro, Arabic-Engl. Vocabulary, s. «.._v.
876 Wischer, Miszellen.
Anm. 35, irregeführt worden, auf dessen Zeugnis er sich in einer
Fußnote beruft. Daß dieses Zeugnis falsch war, hat, wie auch
Praetorius a.a.O. erwähnt, bereits Landberg in den „Pro-
verbes et dictons" p. 128 festgestellt.1)
Spitta's Ohr ist auch sonst nicht immer ganz zuverlässig
gewesen. Namentlich seine „Contes arabes modernes" enthalten,
wie zwei Ägypter unabhängig voneinander mir gegenüber betont
haben, allerlei Fehler. Es wäre sehr verdienstlich, wenn einer der
Herren Arabisten in Berlin , denen ja jederzeit unschwer der eine
oder andere Ägypter zur Verfügung steht, diese Fehler einmal fest-
stellen würde. Ich hatte, als ich noch in Berlin dozierte, diese
Aufgabe mit auf mein Arbeitsprogramm gesetzt, bin aber nicht
mehr dazu gekommen sie zu lösen.
Natürlich sollen die außerordentlichen Verdienste Spitta's
um die Neuarabistik durch die voranstehenden Bemerkungen in
keiner Weise verkleinert werden.
4. Ein Gesetz der Jeziditen.
§ 9 des von Lidzbarski in dieser Zeitschrift 51, 592 ff. ver-
öffentlichten Katechismus der Jeziditen lautet (595 , 9 v. u.) : ]j>\
&JLw slXÜ Jöi ±6\j£> [Jüj S^ yÄ^ [5J^ t'L*« Ll&jLk ^a As>!»
.jL<j »Lkcl <X=^\* \5\, ät.xi xaImu &a l\5>I. Lidzbarski gibt dazu
folgende Übersetzung: „Wenn jemand von unserer Sekte in die
Fremde reist, dort [selbst?] weniger als ein volles Jahr bleibt und
dann in seine Heimat zurückkehrt, so darf er dann nicht wieder
mit seiner Frau zusammenleben u. s. f." Zu übersetzen ist natürlich:
„. . . . dort mindestens ein volles Jahr bleibt ..'.."
Ich veröffentliche diese Korrektur hauptsächlich deshalb, weil
L.'s Fehler, wie ich vor kurzem gesehen habe, in v. Oppenheim's
„Vom Mittelmeer zum Persischen Golf (II, 151, Anm. 3) über-
gegangen ist, von wo er vermutlich noch weiter wandern wird.
Richtig hat Parry die Stelle wiedergegeben, der den Katechismus,
was L. entgangen war, bereits zwei Jahre vor ihm in „Six Months
in a Syrian Monastery" (Lond. 1895) mit einigen Auslassungen
und kleinen Abweichungen in Übersetzung mitgeteilt hatte. (So
wenigstens nach v. Oppenheim, a. a. 0. Parry 's Buch selbst ist
mir momentan unzugänglich.)
1) „oAbüd* bei Meißner, Neuarab. Gescbicbten aus d. Iraq, 109,
korrigiert Weißbach in seiner Anzeige des Buches (gegen den Schluß dieses
Bandes) offenbar mit Kecht in lAbböd.
877
Pfeile aus Nab'-Holz.
Von
A. Fischer.
N ö 1 d e k e schreibt in seiner Anzeige der Häsimiiät des Kurnait,
ed. J. Horovitz, zu I, 25 (dieser Bd. S. 899): „Aus Nab'-Holz
werden Bogen gemacht, nicht Pfeile". Als ich die erste Korrektur
der Anzeige durchsah und dabei auf diese Bemerkung stieß, fielen
mir einige Stellen ein, in denen auch Pfeile aus Nabü-Holz1) —
allerdings, was ich nicht beachtet hatte, nur Spielpfeile ( L\.s) —
erwähnt werden, und da ich grade so wie so an Nöldeke zu schreiben
hatte, hielt ich es für angezeigt ihn kurz darauf hinzuweisen. Nöldeke
hat mir darauf den Nachtrag geschickt, der seiner Anzeige folg!
(s. S. 903). Wie ersichtlich, läßt er darin Spielpfeile aus Nah -
Holz gelten, will aber an eigentliche, als Waffen gebrauchte
Pfeile ((»L^w) aus diesem Holz nicht glauben. Da ich ihm nicht
beizupflichten vermochte, aber das nötige Beweismaterial für meine
eigene Ansicht, derzufolge die Araber auch wirkliche Pfeile aus Nab -
Holz kannten, nicht gleich zur Hand hatte, habe ich ihm geantwortet,
ich würde die Frage an der Hand der einschlägigen Literatur sowie
*^v., _.JÜJ etc. notiert hätte, noch
einmal genau prüfen und das gewonnene Resultat zugleich mit
seiner Anzeige veröffentlichen. Letzteres geschieht hiermit. In der
Deutung des *.jjj\ in dem angeführten Verse der Häsimiiät stimme
ich übrigens, wie ich ausdrücklich hier hervorhebe, völlig mit
Nöldeke überein.
An Belegen für Spiel- oder Lospfeile (genauer Spielpfeile
des Maisir) aus NabS-Holz stehen mir jetzt folgende zur
Verfügung :
1 Zu *.xi = Grewia populifolia (Chadara tenax) vgl. Jacob, Beduinen-
2, 132. W
8 i 8 Fischer, Pfeile aus Nabi-Hols.
(»-wjJi u^i* ^kLo ^jjüi _5Jv.ä ^
Ä JJ *ibx ..LjiÜI Jvc IJiÜu
11
- von Duraid b. as-Simma — „Manch' gelben von den Lospfeilen
aus Nabi-Holz, harten, mit verstecktem in Biß und Berührung be-
stehenden Kennzeichen, habe ich dem Pfeilschüttler übergeben, wenn
man bei den Kamelreitern den Aufgang jeder Sonne verachtete (d. h.
in der Leidenschaft die Nacht hindurch und noch in den Tag hinein
dem Spiele fröhnte)" : AränT IX, |f, 9. 10; SuSarä' an-nasräniia
vIa, 5. 6;1) der erste Vers allein: Lexica s. »««Jic, ir-^. 5-*J un&
Läi ; Huber, Meisir, 28; Schwarzlose, Waffen, 292-) und Sacy,
Chrest.-'. III, 239 ;*)
j.»Jw ^.xaJ! «.1<-Vi 12* ^s.ää/5 xälf ?*4\ 1*\<J\ o.^.j JüSj
— von SAlqama al-Fahl — »Und ich habe Maisir gespielt, so oft
zur Abwehr des Hungers dienstbar gemacht wurde ein mit Sehne
umwickelter, mit Kerbstrichen gezeichneter Pfeil aus NabS-Holz"4):
Six Divans p. ||f ; Suiarä' an-nasräniia ö.I, ult. und Huber a. a. 0. 28;
1) Vers 1 hier in folgender Gestalt:
(j*-Xe>» ->■ ry* tM^£ *4 ? £ f-i&\ B-i-*Xä 2A (sic> j**o|j
Vers 2 scheint, nach handschr. Notizen Thorbecke's in seinem Exemplar der
AränT 1. c. zu schließen, im Isläh al-mantiq auch folgendermaßen zu lauten:
w^ j> (La. ^JllixY <-}.k* oLi'JS J,£ USl-^1' ^i» iS2**^ J1 ca*5J
2) An all' diesen Stellen lautet der Vers:
(La. \^*1jS) c .s *aJLÜ «,1l\3 jjy» (La. „+*h\^) .s.*o\,
(richtig übersetzt von Huber und Schwarzlose). Nur in den Lexicis s. LäJ
(ich sehe hier, um Zeit zu sparen, in der Regel nur im Lisän nach, neben dem
der Sahäh, Tag al-Sarüs etc. ja nur selten ein Mehr haben) findet sich die
Variante: ^ytoj ^ ^ (.,j.U &^ •
3) Sacy ist hier ein Lapsus passiert, wie mau ihm nicht viele wird nach-
weisen können. Er schreibt nämlich: „un poete cite par Djewhari dit: .S.ks\
%jjj\ r.\jKi rr*- Plus jaune que den fieches de naba.*
4) Die richtige Übersetzung des Verses schon bei Huber, während ihn
Socin (II, 55) mißverstanden hatte (s. Ahlw. , Bemerkungen, S. 155).- Von
Fischer, Pfeile aus Nabi-Hoh. 879
(La. VjAy>) *jl
von Tarafa1) — »Und gar manches gelben.'2) im Feuer grade
lX.4.^ \*Jtf ^Äcj>fcÄ,wL .LJi JLc
oJJJW will Huber, unter Berufung auf Lane s. v., eventuell auch die Deutung
„oft in die Eibäba zurückgesteckt" gelten lassen. Aber dagegen dürften sprechen
erstens das Nebeneinander von ^ßx^ und ,»»Jw im Verse, das in v_^.ä*x,
entsprechend dem Sinne von *».£/«, eine auf das Äußere des Pfeils bezügliche
Angabe erwarten läßt; zweitens die von Socin a. a. O. mitgeteilte Glosse
- - , ""
i_^JbdÜ l>»i\.m*X — A'i y^^Sjui, und endlich Verse wie der soeben angeführte
des Duraid (La.), der unten (S. 886) zitierte des Ibn Abi SUiaina und folgende
zwei des Labld (oder wohl richtiger des Näfiä b. LaqTt al-AsadT oder des Näfi
[Nuuaifio] b. Nufaiä al-FaqoasT oder des Gumaih b. at-Tammäh al-A
JuoLi ö*ä| L-ä^Ji j. aul^a i^uJ!
Cv"
■ " -5 •• ^ •> L. !" *-* " >
„bis er (der Greis) infolge der Prüfung einem Pfeile in der Hand gleicht, dessen
Kerbe zerbrochen und der seiner Spitze beraubt ist, einem zusammengebundenen,
federlosen, bei dem keine Kunstfertigkeit mehr anschlägt, dem weder das Be-
fiedern noch das Umwickeln mit einer Sehne mehr nützt" : Lexica s. — ■ .^
(in Lisän und Tag hier die ganze, recht stimmungsvolle, QasTda), (jÄ-Jj ''"
Lisän und Tag hier 4 Verse), 5.Ä.0 ^.Ä£. (vgl. auch s. laI und „xP ; Lane
s. *.Äa^=: Schwarzlose 299, :; v. u.: Labld, ed. Huber, Fragmente X.
zitierten Stellen haben alle ixj.-!, aber neben ^^^ÄjtÄ-' ist offenbar ^»J-'
vorzuziehen; Huber, dessen posthumer Labld aucli sonst nicht sehr korrekt ist, hat
fälschlich — ^.^ für J2-A »n<l >» den zwei vorhergehenden Versen \aaäj, das schon
v j
metrisch unmöglich ist, für xaa&j und üJlij ,*xj für xlxj .*xj etc.).
•• j •• ••• ^
1) Der Lisän hat befremdlicherweise s. „X.*.^- : <:..j^ l5r? C^ ~"5
„,^>.^J* jß>, }'Ji Ajj aJ ^qj^x.1 O^wJi L\'.
2) Den „gelben" Pfeil deute ich als Pfeil aus NabS-Holz. Tibrlzl hat
allerdings in seinem Kommentar zu den ^lu all. a. a. <>.: L>tXä .ÄO< IÜ _-^-
,;A.w *\ (Druckfehler für <*Jü) JCaJ • ».* xäSS -Ä/öi äd*> LiW (ähnlich
Bd. LVIII. 57
ggO /'/scher, Pfeile aus Nabi-Holz.
gerichteten und gehärteten (Pfeils) Antwort habe ich beim Feuer
erwartet und habe ihn niedergelegt in die Hand eines mugmid" :
MuSallaqät ed. Lyall p. öl, ed. Arnold p. 1V; Six Divans p. Uf,
Nr. Oj I.; Gamhara 1f, 3 v. u. : Lexica s. ^juö, lX.*^=-, ij^*, \j*J°
und ^äc; Lane s. lX^>; Huber a. a. 0. 29 (zu <\+^> vgl. Lane
und Huber) ;
LäJi ^c^ £^ j-^ä^ j-g-s *jL*a> l5>^ 4^ ^J^ J^
— von Ibn Duraid — „Gottesfürchtigen, dessen Körper die lange
Dauer des Hungerns zugeschnitten hat, so daß er (an Magerkeit) x)
einem Lospfeil aus Nabä-Holz gleicht und gekrümmten Rückens
einhergeht " : Maqsüra ed. Boisen p. IT, 4 v. u. und Sacy, Chrest.2
III, 239, 3 v. u.;
— von Abu Qais b. al-Aslat — „Ich mache gerade seine Krümmung,
wenn er ein Freund krummen Wesens ist, wie der (Pfeil-)Schnitzer
den Lospfeil aus Nab3-Holz gerade richtet" : Aräni XV, Hv, 7 und
MaSähid at-tansis, Kairo 1274, U1, 92);
endlich noch die Prosastelle Hamäsa Hö, 19 f.: |jjüi .fc ^yb
der Komm, bei Arnold) , aber bei gelben Bögen und gelben Pfeilen hat man
immer zuerst an solche aus NabS-Holz zu denken; vgl. oben den Vers des
Duraid, ferner die Lexica s. JLo und jtxi, Schwarzlose 259 etc.
1) So ist das Bild offenbar zu deuten. Nicht ohne Geist, aber zu ge-
künstelt und im Widerspruch mit der gewöhnlichen Anwendung von _l\.S ist
die Erklärung des Scholions: J*4.XJ (^Äil Oj.*Ji *j J>M Li? —tXJLSfj
.y^i Ux Jüübw (j*yi aJüolä (-)-£=3 t?"**^ '^ <3 (e^1-^5*^ ?)
»Locj [tf^^'i L*^9 ZÄjXA +$ näx'Js ^15^ Syxi (3Läj -j. LgJC^1" »Lacj
2) Hier zwei schlechte Lesarten: u^1 für *.Ä>^c und „lAßi *-&&>
für ^.l\s f*^« ^7sl- übrigens unten S. 887, 3 ff .
Fischer, Pfeile aus Nali-Holz. 881
Diese Zitate dürften keinen Zweifel daran lassen, daß für die
Maisir -Pfeile der alten Araber der Nabi-Baum vorzugsweise das
Material lieferte. Nun sind die Lospfeile aber keineswegs von den
eigentlichen Pfeilen artlicb völlig verschieden , beide sind vielmehr
eng verwandt. Aä hat nämlich auch die Bedeutung „ Pfeilschaft "
und im besondern „Pfeilschaft, dem zu einem fertigen Pfeile nur
noch Spitze und Federn fehlen".1) Vgl. die Verse
\fikz- ^o.;>Aj *J --oc!5 AjA~
— von dem Hudaliten ad-Dähil oder 8Amr b. ad-Dähil — „(Pfeil)
mit kräftiger Spitze . an der die Form nicht abgeglitten war , und
dessen Schaft munter und rasch ist* : Asiär al-Hud., ed. Kosegarten,
Nr. tPf, IP; Lexica s. >r£; vgl. Schwarzlose 305, Anm. 4 ;
C - ^ — s ~.
■ — ■ von dem Hudaliten Abu '1-Mutallam — „ein energischer, in der
Hand einen nach einer Seite geneigten (Bogen) und einen dünnen
(Pfeil), dessen Spitze gleichmäßig im Schafte sitzt" : AsSär al-Hud.,
ed. Koseg., Nr. 1, !.;
— von dem Hudaliten Sahr — „Und ein Pfeilschaft, der einen
Ton gleich dem Schreien der Gazelle hören läßt, auf den ich eine
dünne, feine (Spitze) gesteckt habe": ibid. Nr. I\. SV;
^A.i'j L*J -,AftJl iJ.aäjL*' L^^b ^j'A>3 «5i sAÄc -j^Lj A*jJ
— von Ibn Abi cüiaina — „Nach meiner üblen Erfahrung mit
ihm, als ich ihn gefunden hatte, hingeworfen wie die Spitze des
Pfeilschaftes, die noch nicht aufgesetzt worden ist ...?": Mubarrad,
Kämil ff f, 2 etc. (dichterische Belege für diese Bedeutung von Vi
sind nicht selten), und die lexikalischen Aussagen: Lisän XV. p„, pu.:
1) Noch eine dritte Bedeutung wird angeführt: „ Zweig oder Holzstück,
die sich zu einem Pfeil oder Bogen eignen"; vgl. Lisän III, t*1., 13: $13»
-aääjU Ojilji ,-y* Ot-3 (j:AÜ J-j^i .lAJW; Qämüs s. v_ j^Lzi : &A*»ä5i
^m x^s Ajt-Sf. !txi ^a _A'i ^ -\_AAjCaiiJi i Laues. K^Cii gibt das _Aä
dieser Stelle wohl irrtümlich mit „arrow-shaft" wieder); das oben (S. 880, Anm. l »
mitgeteilte Scholion zur Maqsüra und unten S. 887, Anm. 2.
57*
882 Fischer, Pfeile aus Nabi-Hoh.
JylJÜJs <J>JLl! i$j La ^uXäJi ..Jci ",^iJU; III, H., 13 ff.: . . JLäJf
La $ ^ci^l JLS jil^ jJLu J J^s rlIJS
OSLoi ,Lo ^5 sJLai y^^j etc.: IDuraid, Istiqäq, v!^, ult. :
^5U) ij^-Ji» i^aJ M^C ,.i*aj c*"5" ^-*-r^ *•***:* ^5 • • • . f*"£-"*^
Jö ^.i: Ibn al-Agdabl, Kifäia, H, 3; Harirl, Durra, 11, 5;
die Lexica s. _<A'i *&**. ,cj etc.; Schwarzlose 297 u. a.
Nach allem, was wir über diese Dinge wissen,'2) müssen wir
aber auch im _j*»s als Spielpfeil eine Art Pfeilscbaft oder Pfeil ohne
Spitze und Federn seben. Da drängt sieb m. E. von selbst die
1) Vgl. TaSalibT, Fiqh al-lura, Kairo o. J., Ilo, ult.: La jjjl viA-JÜi ,•*£
..zi J^aijj (jÜ,Lj c,i iü (l. ^ii) ^j'lj ^ov's I31i !^fij ^jl A**.ä
cA4..o^t ^c .... bLoj L^^a« .La &LoJ w>-^j3 U^-) ^^ ~-<-*äM
ji.j. [öLs (jüj.» 54a *.'iji (_>i3-s l<3la \J$.\.i£ j^.9 ^J töls v^^xi.^
ij&.jy« )-^. Derartige Systematisierungen müssen allerdings mit kritischen
Augen angesehen werden, denn die arab. Philologen haben dem System zu
liebe nur allzu oft den Sprachtatsachen Gewalt angetan oder sie geradezu ge-
fälscht. Aber was hier über — 1\3 gesagt ist, entspricht offenbar der Wirklich-
em
keit. (Dagegen steht z. B. die Aussage über <~*üJ im Widerspruch mit Stellen
wie Aus b. Hagar Nr. JV, öl, sAlqama, ed. Ahlw., Nr. I, f\, Nöldeke, Beitr.
z. K. d. Poesie, 139, (1 etc., wo das Wort vom fertigen Pfeil gebraucht wird.)
2) Ich betone hier ausdrücklich, daß wir nach meiner Überzeugung nicht
allzu viel darüber wissen. Die arab. Humanisten erwähnen zwar das Maisir
und was damit zusammenhängt ziemlich oft, aber ihre Angaben sind z. T. recht
unklar und widerspruchsvoll, was offenbar darauf beruht, daß man das Spiel,
das ja durch Muhammad's Baunstrahl (Sure II, 2 IG; V, 92 f.) ausgerottet worden
war, zu ihrer Zeit praktisch nicht mehr kannte. Es ist daher nicht aus-
geschlossen, daß wir den einen oder andern hierhergehörigen Ausdruck, den
wir auf Grund der einheimischen Interpretationen gut zu verstehen glauben,
in Wirklichkeit völlig verkennen.
Fischer, Pfeile aus Nabi-Holz. 883
Vermutung auf. daß dem gleichen Namen auch die gleiche Sache
zugrunde gelegen haben wird, d. h. daß man zu Spielpfeilen, wenigstens
ursprünglich, wirkliche Pfeile, nur ohne Spitze und Federn, benutzt
hat. Der Spielpfeil hat aber offenbar auch später, nachdem er eine
gewisse selbständige Entwicklung genommen haben mochte, in Ge-
stalt und Aussehen seinen Ursprung nie verleugnet. Das geht
daraus hervor, daß uns — abgesehen von den Kerb- und sonstigen
Abzeichen, mit denen der Spielpfeil seinem Zweck entsprechend
versehen werden mußte — weder in der Dichtung noch in den
Schilderungen der alten Philologen unterscheidende Characteristica
der beiden Pfeilarten entgegentreten. Ja noch mehr: die Characte-
ristica der Spielpfeile sind z. T. derart, daß sie besser für wirkliche
Pfeile zu passen scheinen. Ich rechne dahin Angaben wie wir ihnen oben
(878, Anm. 2. u. Z. 12) begegnet sind: (j*yto5 ^Jic 0* ^Uie au,
K^äxA etc. Zur Not kann man natürlich auch vom Spielpfeil gelten
lassen, daß man ihn, um seine Dauerhaftigkeit zu steigern, mit
einer Sehne umwickelt und daß man zur Feststellung der Härte
seines Holzes auf ihn gebissen habe. Viel näher aber dürfte doch
bei derartigen Angaben der Gedanke an wirkliche Pfeile liegen
(vgl. Schwarzlose 270,2: 298, Mitte; 304,4 v.u.; 308, Anm. 9;
293, 7; Lexica s. ^äc, '*-*uoj, V^ un<^ (J*?^)- Damit verträgt
sich denn aufs beste , daß der Spielpfeil sehr oft geradezu » g ~.
heißt.1) Vgl. die Lexica s. v. (z. B. Lisän XV, p.., 12 = i\|, 4:
&j c iäj , cj\i'\ -AäJi *jl^JL; s. auch z. B. II. \\f, 8: ,.„j| A|jj
üjsuajli o*..ojJ*) und s. UJ-to, ferner Stellen wie TibrlzT. Sarh
MuSall., p. ol, 4 v.u.: ,.L^JLj \->jaj ^JJl Li* A^ii (1 Zeile
vorher: Jj^üJ! UJlc iM.j.aäj; ed. Arnold an derselben Stelle:
JlXäJLj Ojäj i^Äii ^UäJi (jy>5 .... iX^II); 1 Nnl.at,!. Sarh
al-Suiün, Kairo 1278, (Tl, 12: ^y ^J| rLpJ| ^ ^^l JA;
Lgj p .ääj^ &.Lj.3> J.; al-BiqäBT in seinem von Landberg in den
1) Dagegen bezeichnet, wie das ja auch die arab. Philologen angeben,
_l\S nie den ganzen eigentlichen Pfeil. Die Deutung, dio Schwarzlose 305,
C , , öS O o
Mitte von dem Ausdruck c _st „A'J gibt, ist irrig, denn c ,'iS gehl nicht auf
die Metallspitze, sondern auf das Holz des Schaftes; s. die Lexica s. c ,s,
z. B. Lisän X, |f., 1.
g$4 Fischer, Pfeile aus NaU-Holz.
J'iimeurs arabes" I veröffentlichten Exkurse über das Maisir, wo
^_~ für „Spielpfeil" durchaus vorherrscht: \"., 6 v.u.; t% 8. 16;
IT, 7—10; t^o, 5; n, 15. 17. 19; [*»V| 10—12. 17— i*A, 4 u. s. f.
Auch in der Dichtung heißt der Maisirpfeil gelegentlich «■;>—.
Vgl. die Verse :
— von Aus b. Hagar — «Auf beiden Seiten von Hubaii zwei
Nächte lang, als ob sie einem Unglück enteilten1) oder Lospfeile
schüttelten": Aus Nr. fj", o;
J.ÄJW v_»*JLs .L^v.£i £ (j>.ä*^-^^j _j ,Ai2xJ j) ü^Laac vü*.s.i3 L/Sj
— von Imra' al-Qais ■ — „Und nur dazu haben deine Augen Tränen
vergossen, daß du mit deinen beiden Pfeilen (den Augen) um die
Stücke eines (von der Liebe) zu Tode gequälten Herzen spieltest"'2):
ed. Ahlw. Nr. fA f.; MuSall. ed. Lyall p. \f, ed. Arnold p. |. •
Gamhara p. f|; BiqäST, a. a. 0., ^f, 2. H, 4 v. u. ; IQutaiba,
SiSr ff; Aränl VIII, va, 3 v.u.; Lexica (auch Lane) s. ..£.£ und
Huber 32, und
1) So übersetze ich die Worte Law.^ Jß Jl'J jetzt, über die ich mich
vor 10 Jahren, als ich meine „Verbesserungen und Nachträge" zum Aus schrieb
(diese Zeitschr. 49, 85 ff.) noch nicht zu äußern wagte. Geyer übersetzt: „als
ob sie den Abendwind überholen . . . wollten". Aber rw*.^ hat in der alten
Dichtung gewöhnlich die Bedeutung „Unglück" ; vgl. z. B. SAlqama ed. Ahlw.
Nr. li*1, YY (von Socin falsch verstanden, s. schon Ahlw., Bemerkungen, z. St.);
Nöldeke, Beitr. z. K. d. Poesie, 198, 10; Aränl XXI, fA, 15; Wellhausen, Reste'2,
201. 209 etc. Zu +frJ.i (jiaxftJ vgl. meine „Verb, und Nachtr.", S. 132.
2) Dieser Vers wird bekanntlich auch anders gedeutet, ich stimme aber
Tibrlzi bei, der sich in seinem Kommentar dazu, a. a. O. p. If", 7, folgender-
maßen äußert: Axl\ yvr*»p*».JLj Ol -tl .,4.5j ..! s*.>jJi öiÄ? J>y>-\^
o.xj [j^s> UiLXs \*JLä ^c L^äJI*J L***» L?UCj J.*> \i^i ^^'iJW
.j-.*.^*» I;ls. Vgl. noch den nächsten im Text zitierten Vers und die Redens-
art: .Lw*ft| ^y/i 2-.IS Sl\.S>S ijf) 8,b*Ol*J (J&'l ^s*-i$ »X/ii-cl J, ^> .^O
( pw^Xi .»Lg-wO Lg.A5 LJ,>oaJ^ ;5--?* Asäs al-balära s. .av-c ; vgl. Lane s.
Fischer, Pfeile aus Nabo-Holz. 885
v_^a5j^ .Ljl üiL+.z^s g^i .Lxi.cS i9j-§j5 *.^'s
13!
„Wenn die Liebe die Stücke meines Herzens teilt, so sind deine
beiden Pfeile (deine Augen) der Musallä" und der Raqlb (die zu-
sammen sämtliche Stücke gewinnen)": Tag al-3arüs und Lane
s. 1-rö. ; Huber 37 (der falsch übersetzt: „Wenn die Liebe mein
Herz in zehn Stücke teilt").1)
Ja, der Name ^M für den Lospfeil (ganz allgemein und nicht
nur in seiner Beziehung auf das Maisir verstanden) muß sogar sehr
alt sein, denn nur so erklärt es sich, daß *^w auch „Losanteil,
Beuteanteil, Anteil" bedeuten kann und daß sich die denominativen
Verbalformen finden: ^* „beim Werfen der Lospfeile o. ä. über-
treffen", *?Lw „mit jemand die Lospfeile werfen", ^j.^ „die Los-
pfeile werfen lassen" etc.-) (Vgl. zu ^.^ „Anteil" Aus b. Hagar
S. 51, Anm. 2; IHisäm, Sira, ed. Wüstenfeld, fA1, 6. f1., 7 v. u.
f1l, 9 v. u. fip\ 3 v. u. flf , 6. 15 und so oft in der Literatur der
Maräzi etc.; zu ^M TabarT, Annales, I, va^S 17; zu *.PLw Sure
37, 14 und TabarT a. a. 0.; zu *.5>L*o Hamäsa övl, 11; zu *.±^\
TabarT a. a. 0. III, liö, 6 (s. Glossar) etc.) Man wird annehmen
müssen, daß ursprünglich bei allen Pfeilspielen und -Orakeln —
mögen sie nun , wie wahrscheinlich , von Hans an in einem Pfeil-
schießen:;) bestanden haben oder nicht — eigentliche Pfeile im
Gebrauch waren, deren Name LU^.) seine allgemeine Bedeutung
jederzeit behalten hat, daß man aber später für das Maisir _LVs
(Pfeile ohne Spitze und Federn) bevorzugte, wie für das Pfeil-
1) S. noch Kassäf, ed. Lees, I, Ifv , 11.
2) Schon die arabischen Lexikographen haben, wenigstens annähernd, diese
Bedeutungsentwicklung begriffen. Vgl. Lisän XV, iJ.., 7 ff.: ^kmoJo) a-$*vJ)
_Ä=> JSS ^'i N-*.-l.w tfJUJi <\J ; 4.ÄJ LyC Ä.J _*,w Ji _5<>Jül , -^»
3) Vgl. Jonathans Pfeilschießen 1 Sam. 20.
886 Fischer, Pfeile aus Nabi-Holz.
Orakel J$-.\ (die natürlich von den _ijö verschieden gewesen
sein müssen, in der Literatur aber mehr und mehr damit konfundiert
worden sind: vgl. die Lexica s. *J: und Huber 32).
Wie dem auch sei, auf jeden Fall dürften diese Ausführungen
gezeigt haben, daß man sich Los- und eigentliche Pfeile nicht als
grundsätzlich verschieden denken darf, daß vielmehr der ^uXs
direkt vom ^^ abstammt und daß er in Namen , Gestalt und
Aussehen diese Abstammung nie verleugnet hat. Da man nun,
wie wir gesehen haben, den Jöi mit Vorliebe aus Nabä-Holz her-
stellte, so dürfen wir folgern, daß dieses auch für den ^* be-
nutzt wurde.
Für den, der diesem Indizienbeweis keine unbedingte Geltung
zuerkennen will, vermag ich glücklicherweise einige Stellen an-
zuführen, in denen ganz positiv von eigentlichen Pfeilen aus Nab8-
Holz die Rede ist. Diese Stellen sind: Maidäni, Amtäl, Büläq
G*~^ c^ rAij)
L^uLj ^a ^\S La ^J! l\*£ *i ,'Sj.i \j^Jas>3 .^.PJ> ^
#J| A-ivwl K^.*i> LijL/s Jv*^ (die ganze , nicht uninteressante Er-
zählung fast wörtlich ebenso in den Kommentaren von Sarlsl und
MutarrizI zu den Maqämät des Harirl; s. SarTsi , Büläq 1300, I,
Iff, 6 ff. und Sacy, Chr.2 III, 236 ff.1); vgl. auch Sacy, ibid. 241,
ult.): Kämil rfP, 4:
— von Ibn Abi ;Uiaina — „Und ich steckte sie (die Pfeilspitze)
auf einen Nah: -Schoß und versah diesen mit zwei Oberfedern eines
Geiers und einem mit einer Sehne umwickelten Schaftmittelstück "
und AsSär al-Hud., ed. Koseg., Nr. f lo:
v_ajLo 0VllJ| ^y* vJ>jZ&* j**wLj LiJ JK'i* bU, (C^5* *$ -JsLo-S
— von Sahr al-Raij — „Er kreiste ihn (den Steinbock) ein, bis
\) S. schon Schwarzlose 292, Anm. 1.
Fischer, Pfeile aus Nab -Holz. 887
er aus der Nähe mit einem lohfarbenen *) , mit Doppelspitze ver-
sehenen, treffsicheren Pfeile nach ihm schießen konnte."
Möglicherweise gehören auch die oben S. 880, 7. 13 zitierten
Verse hierher. Denn da diese sonst keinerlei Beziehung au
Maisir enthalten , könnte ihr «jjül _Ai bezw. £äaJLJI —Oö statt
„Lospfeil aus NabS-Holz" sehr wohl auch „Pfeilschaft aus N."
bedeuten.'2)
Die Lexica s. «^j zitieren keinen Vers, in dem eigentliche
Pfeile aus diesem Holze erwähnt werden. Wenn sie aber über-
übereinstimmend kurz melden: ^^ä.l\ &.Jut o\iÄ.J' ^\J& «juüi
3)*Lg^*J| LgJLüi-! ,.y* J^CsV und dann unbefangen als Beleg für
letztere Angabe den oben (S. 878, Anm. 2) mitgeteilten Vers des Duraid
anführen , so steht zum mindesten fest , daß ihren Verfassern keine
Stelle in der alten Literatur bekannt war, die gegen die Herstellung
von eigentlichen Pfeilen aus NabS-Holz Zeugnis abgelegt hätte. Auch
ich kenne keine derartige Stelle , und da offenbar auch ein so
hervorragender Kenner dieser ganzen Literatur wie Nöldeke keine
kennt, bezweifle ich bis auf weiteres, daß eine solche überhaupt
existiert.
Jacob in seinem „ Beduinenleben "- 133 schreibt, vielleicht
irregeführt durch Stellen wie Freytag , Lex. , s. ^j^. und äuUSo ,
und Einleitung 258: „Man schoß mit Rohrpfeilen, während die
Perser Holzpfeile verwandten". Es kann m. E. gar keinem Zweifel
unterliegen , daß die alten Araber auch Holzpfeile kannten , und
zwar nicht nur solche aus NabS-Holz, sondern auch aus verschiedenen
andern Holzarten. Vgl. Schwarzlose 292 f., Tag I, fH*1, 4 etc.
1) Unter einem „lohfarbenen" Pfeile verstehe ich, allerdings mit allem
Vorbehalt, einen aus NabS-Holz. Siehe _.♦.**! oben S. 878, Anm. 2 und vgl. noch
Asäär al-Hud. , ed. Kosegarten, Glosse zu Nr. 1, f: x-oe-o CP ^i iL+s»»
j+5>i L^ÄAjy&J» r,jJ ^ j*S>i '-^ ^J^. U^i ferner Li-fm s. txi
(X, fff. Mitte): aJLJt. Oj.x.i| jue\ y^jX *.aJÜ| tiyt [ääaa£> j^S] }-i
.+>\ fjjü \S\. JyJS £ aJLJü, s. auch s. Ja^=Uä iIX, IM, 2). Wie
hiernach das NabS-Holz im Alter rot wird, >u könnte es wohl auch eine loh
farbene Spielart davon gegeben haben.
2) Die richtigste Übersetzung dieses jütAjlJI _Jv.S ist freilich vielleicht
„den Schoß des NabS-Baumes" ; s. oben S. 881, Anm. 1.
3) Vgl. oben S. 881, Anm. 1: »g^ x-U JotS?. «-*J q* ,-As.
Anzeigen.
Die Hä s i m ijj ä t des Kumait, herausgegeben , übersetzt
und erläutert von Josef Horovitz. Mit Unterstützung
der Kai. Akademie der Wissenschaften in Berlin. Leiden,
E. J. Brill, 1904. |ÖA, XXIV, 109 S. in 8°.
Kumait b. Zaid vom Stamme Asad , geboren um 60 d. H.,
gestorben 126, gebort nicbt zu den hervorragenden Dichtern der
Omaijadenzeit. Mit den drei altern Koryphäen dieser Periode,
Farazdaq , Garlr und Achtal , die doch auch nur Epigonen waren,
kann er sich nicht messen, geschweige mit den Meistern der Früh-
zeit oder seinem Zeitgenossen 'Omar b. Abi Rabi'a. Und unter
seinen Gedichten gelten die zu Ehren Muhammeds und seines Hauses
gemachten bei arabischen Kritikern für weniger gut als seine andern.
Aber doch verdienen gerade diese, die HäsimTjät, durchaus die
Herausgabe als eine bedeutsame Zeitstimme. Der Dichter spricht
in ihnen als überzeugter, enthusiastischer Anhänger 'Ali's und seiner
Familie und als entschiedener Gegner der herrschenden Dynastie.
Man mag diese Parteirichtung verkehrt finden, aber man muß die
ehrliche Überzeugung anerkennen. Freilich war Kumait keine
Heldenseele. Tadel und Verketzerung erträgt er, aber er beklagt
und verteidigt es nur schwach, daß er bloß mit Worten, nicht mit
den "Waffen in der Hand für seine Sache eintritt. Man merkt leicht,
daß die Drohung, bald würden die Gutgesinnten mit Gewalt die
Usurpatoren stürzen und die Berechtigten auf den Thron setzen
(IV, 63 ff.), wenigstens für seine eigne Person nicht sehr ernst zu
nehmen sei. Und so hat er denn auch, als seine Angriffe auf den
Chalifen ruchbar geworden waren und er sein Leben bedroht sah,
jene zurückgenommen und den Herrscher gefeiert. Hisäm war viel
zu verständig, um sich nicht damit zu begnügen und den Dichter
die beleidigte Majestät fühlen zu lassen.1) Aber verleugnet
1) Die hübschen Geschichten über die Proskription und die Rettung Kumait's
sind natürlich sehr vorsichtig aufzunehmen, zumal wesentliche Züge daraus auch
in anderem Zusammenhange vorkommen. — Beiläufig, daß ich sehr bezweifle,
der energische Chälid alQasrl, der sich nicht scheute, der öffentlichen Meinung
zu trotzen , sei feige gewesen (S. XV) , mag die Geschichte , worauf sich dieser
Vorwurf gründete, ganz wahr sein oder nicht.
NöldeJce, Die Hasimijjat des Kumalt, hrsg. von J. Horovitz. 889
hat Kumait die 'Aliden doch nicht, wie das andere schi'itische Dichter
wohl getan haben. Er war eben viel ehrlicher als der gesinnungs-
lose Farazdaq, der die jeweiligen Machthaber besingt und die Ge-
stürzten schmäht und der sich gewiß nicht gescheut hätte , die
Omaijaden , die er der Reihe nach verherrlicht , aufs gemeinste zu
beschimpfen, wenn er ihren Untergang erlebt hätte.
Kumait gehört nicht zu den schi'itischen Ultras. Er hält zwar
Abu Bekr und 'Omar für Usurpatoren, will sie aber nicht schmähen;
vielleicht, meint er, hätten sie bona fide gehandelt und könnten
sich einst vor Gott einigermaßen verantworten.1) 'Othmän läßt er
aber stillschweigend fallen. Daß dem 'All und seinen Nachkommen
die Herrschaft als Erbe gebühre, ist die durchgehende Voraus-
setzung.2) Sie werden denn aufs schönste gepriesen als die besten
Menschen, von denen alles Heil zu erwarten. Doch hält sich Kumait
dabei ziemlich in den Grenzen des herkömmlichen ^.jjoc , nur daß
er die lobenden Ausdrücke gewaltig häuft. Im Grunde gehen
Farazdaq und GarTr weiter, wenn sie die Chalifen mehr oder weniger
den Propheten gleichstellen , ihnen und selbst dem Ilaggäg die
Engel im Kampf zu Hülfe kommen lassen u. dgl. m. , s. Farazdaq
(Boucher) 103, 4 f. (Hell) LIX, 6 f.; GarTr I, 16, 12 f. 103. —
1 , 62 , 1 f. 9,8 u. s. w. Gegen die Omaijaden schleudert Kumait
starke Anklagen, berechtigte und unberechtigte. ■ — Merkwürdig, daß
er sich über die Zeitfolge wichtiger Vorfälle aus Muhammecl's Leben
täuscht: II, 95 setzt er den Tod Marhab's (Chaibar) vor den des
Talha b. Abi Talha (Uhud). — In späteren Gedichten, namentlich
in einer ungewöhnlich langen Qaslde , von der noch ziemlich viel
Bruchstücke vorhanden sind,:i) hat unser Dichter heftig Partei gegen
1) Der gut sunnitische Cairiner Herausgeber, der auch Mo'awija als „Ge-
nossen" des Propheten das Üi\a*v und \Xz- aJUI c^) zukommen läßt, ver-
wahrt sich natürlich gegen diese Auffassung.
2) Streng geschichtlich läßt sich diese Theorie nicht rechtfertigen, aber
sie lag so nahe, daß die MarwSniden sich veranlaßt sahen, ihr eine andere,
noch weit schwächere, entgegenzusetzen, die wir aus Farazdaq kennen lernen:
die Berechtigung der beiden ersten Chalifen ist selbstverständlich; da nun das
von 'Omar eingesetzte Wahlkollegium (iS\y£', ^.«^w./?) den Omaijaden 'Othmän
erkoren hat, so ist das Omaijadische Haus die legitime Dynastie, s. Farazdaq
(Boucher) S. 106, 12. 108. 150, 4. 208, 5. 219, 15. Bell) S. LXII, 3 (Nr. 394).
S. 71. 177, 15. Kumait spielt auf den Omaijadischen Erbschaftsanspruch an
II, 37. Die, welche jene Begründung aufstellten, haben gewil.i dabei gelächelt,
aber ich möchte wohl glauben, daß der gute, beschränkte 'Omar II sein Gewissen
eben damit beruhigt habo. — Bei Farazdaq und GarTr linden wir auch sonst
damals offiziöse Redeweisen, z. B. wird die feindliche Partei mit dein religiös
schwer tadelnden Ausdruck „Heuchler" .^SöIZa GarTr 1,34, 1. 16, 19. 107,
2 u. s. w., oder gar als „ Götzendiener" bezeichne! Farazdaq (Hell X. Nr. 287
letzter Vers.
3) S. die Einleitung S. XII.
890 Anzeigen.
die ganzen „jemenischen" Stämme genommen. Hier tritt das noch
nicht hervor. Doch macht die Aufzählung II, 48 f. schon den Ein-
druck, als sähe er auf gewisse jemenische Stämme sehr herab. Und
auf alle Fälle legt er großes Gewicht darauf, daß der Prophet der
Stammesgruppe Chindif entsprossen sei, der auch er angehört, ganz
wie Farazdaq und Garlr diesen und besonders die Chalifen als
Stammesgenossen in Anspruch nehmen.
Die Hauptteile der HäsimTjät sind ziemlich prosaisch. Die
langen Reihen anpreisender Epitheta wirken nicht entfernt so wie
ähnliche, aber doch weit kürzere in den alten ö|./i. Und noch
weniger können die an den Verstand gerichteten Darlegungen seiner
religiös-politischen Gesinnung z. B. in VIII als Poesie gelten.
Rhetorische Fragen wie II, 12 f. 73. 77. IV, 19 tragen nicht viel
dazu bei, diese Diskussion zu beleben. Sehr oft wiederholt sich
Kumait in den HäsimTjät. Auch finden sich in den sonstigen Resten
seiner Gedichte noch allerlei Parallelen zu Stellen in jenen. Solche
Wiederholungen begegnen uns freilich bei vielen arabischen Dichtern
in großer Anzahl. Kumait sucht aber doch seinen Gedichten echt
dichterischen Schmuck zu geben. Da kommt ihm zu Gute, daß
kaum eine gebildete Sprache für einen mit einigem Formtalent
Begabten in dem Grade dichtet und denkt wie die altarabische.
So schildert er denn nach zahlreichen Mustern das Kamel, auf dem
er die mühsame Reise nach Mekka (II, 122. 140) zu den Gefeierten
macht, wTobei wir es unentschieden lassen, ob er diese Reise wirk-
lich selbst ausführt oder das Gedicht durch einen Andern über-
schickt. Ferner gibt er uns wieder die bekannten Szenen aus dem
Leben des Wildstiers , den er vielleicht nie gesehen hat , und des
Qatä.1) Den NasTb und das Jammern an verlassenen Wohnstätten
bringt er, so zu sagen, immer negativ an, indem er erklärt: ich rege
mich nicht ob neuer oder alter Liebe auf, sondern wegen der
Häsimiden. Er feiert diese besonders als wohltätige Saijids, die
den armen Beduinen , deren Kamele wegen Regenmangels keine
Milch geben , reichliche Nahrung spenden und an deren Zelten die
Witt wen und Waisen sich sättigen. Sogar das von Muhammed
verbotene Maisir- Spiel läßt er sie veranstalten, wenn anders er sich
selbst über das Wort ,L*ol II, 80 klar ist. Der Dichter markiert
eben in üblicher Weise den Beduinen, während er doch ein Städter
war, ebenso wie die von ihm Gefeierten. Nach der gelehrten Über-
lieferung hat er denn auch hier und da in der Beschreibung von
Wüstendingen Fehler gemacht. Als poetisches Mittel gebraucht er
im III. Liede, das überhaupt am meisten Künstelei zeigt, wieder-
1) Farazdaq, der dem Wüstenleben doch näher stand , hat nur je einmal
den Wildesel (Boucher) 9 f. und die Antilope 26 f.; bei Garir, der sich gewöhn-
lich in der Wüste aufhielt, fehlen solche Schilderungen ganz. Kaum anzunehmen
ist, daß das erst in Folge späterer Verstümmelung der Texte geschehen sei.
Nöldeke, Die Hasimijjat des Kumait, hrsg. von J. Horovitz. 891
holt eine Art von Rätsel : das und das , aber nicht so , wie es der
Hörer zunächst auffassen möchte. Er schildert da die Herdsteine,
als ob es Kamele III, 4 — 8, den Pflock, als ob es ein mißhandelter
Mann III, 9 — 11. die Qatä, als ob es Weiber mit Schläuchen wären
III, 122—127.
Als Schmuck verwendet auch Kumait allerlei aus der alten
Poesie überkommene Wörter, die im Leben sicher nicht mehr ge-
braucht wurden. Daß er aber noch immer die ursprüngliche,
spezielle Bedeutung solcher ykaöücu wie *.Ju.ü *j.^c I. 96; >_^.Lc3
II. 112: L-^y II, 124: ^Joc VII. 1 u. s. w. gekannt hätte, braucht
man nicht anzunehmen. Auch einige Formen von schwachen Wurzeln.
die wie von starken gebildet sind . sollen wohl . als ungewöhnlich,
poetisch schmücken, nämlich: ,_*li] II. 19; !fcAj.j (Var. L.u-j) II. 34
— (jjLiü in, 2Ü: ^JiiC* und J^jJ. V. 17. und so ' J^i III. 21
is. unten S. 894). Etwas besonders Feines wird ihm ,*jwaL> ^T
II. 29 gewesen sein, ,die mit ^beginnenden Suren4".1) —Abweichend
von den meisten Dichtern seiner Zeit benutzt Kumait oft Ausdrücke
des Korans oder spielt an Koränstellen an. Der Hg. weist das fleißig
im Einzelnen nach.
Trotz aller Schwächen können wir es übrigens dem Dichter
nicht verübeln, daß er von dem hohen Wert seiner Lieder überzeugt
ist IV. 103 ff. Der stolze Schlußvers spielt einerseits auf den vom
Hg. angezogenen Arers des Ka'b (Ibn Qot., Si'r 67 und 70). andrer-
seits auf den an, in welchem Farazdaq seine Vorbilder aufzählt
Garlr II, 49 (Ibn Qot., Sir 47: Agh. VIII, 63. XII, 40).
Der Text der Häsimljät ist im Ganzen gut erhalten, aber die
gemeinschaftliche Quelle unsrer jungen Handschriften hatte doch
schon einige schwere Schäden, z. B. 111,53, wo das Metrum un-
vollständig ist. Einige wenige offenbare Versehen in der Stellung
der Verse mögen schon den alten Räwls zuzuschreiben sein . wenn
nämlich diese Gedichte nicht von Anfang an bloß schriftlich tradiert
worden sind. Die Überlieferung arabischer Gedichte nimmt ja
wenig Rücksicht auf den Zusammenhang der Verse, hat fasl immer
nur den einzelnen Vers für sich im Auge. — Die kurzen < iedichte
am Ende der Sammlung brauchen keine Fragmente zu sein. Denn
so ungewiß es ist , ob schon in der arabischen Heidenzeit oIxLä*
gemacht wurden : in der Zeit Kumait's waren solche gewiß schon häufig.
1) Daß die Grammatiker diese seltsame Ausdrucksweise des lIs — -— :
geltenden Dichters für mustergültig halten, darf uns nicht beirren.
392 Anzeigen.
Ehe Horovitz seine schon länger vorbereitete Ausgabe der
llasiimjät vollendet hatte, erschien in Cairo eine solche (1324
d. H.). Mit Recht urteilt er über diese ungünstig. Sie ist
flüchtig gemacht und hat viele Fehler, die leicht zu vermeiden
waren. So wird denn eine ganze Anzahl von Verbesserungen , die
ich mir in mein Exemplar, das ich Schwally's Güte verdanke, ein-
getragen habe , durch die neue Ausgabe bestätigt. Aber freilich
macht sich auch wieder geltend, daß ein gelehrter Araber durch
sein natürliches Sprachgefühl auf diesem Gebiet vor uns einen
großen Vorteil hat: an manchen Stellen ist die Lesart der Cairiner
Ausgabe der bei Horovitz vorzuziehen. Über den Kommentar jener
kann ich das Urteil von Horovitz nur bestätigen : er ist meist wertlos.
Demnach machte die ägyptische Ausgabe eine europäische durchaus
nicht überflüssig, und wir sind dem jungen Gelehrten zu großem
Dank verpflichtet, daß er sich durch sie nicht abschrecken ließ,
sein Werk zu vollenden. Wir erhalten in diesem den Text mit
ausführlichen Scholien , einen kritischen Apparat zu beiden , eine
deutsche Übersetzung mit erklärenden Anmerkungen und eine lehr-
reiche Einleitung.
Der Text ist aus mehreren Handschriften hergestellt. Dazu
sind die anderweit aus diesen Gedichten zitierten Stellen und die
sich darin findenden Varianten — allerdings nicht vollständig —
angegeben. Ich kann diese Zitate nur um ein einziges vermehren:
III, 123 = Tab. H, 867, 9.1)
Zur weiteren Feststellung des Textes mögen folgende Vorschläge
und Bemerkungen dienen. Zum Teil werden sie allerdings nur
Druckfehler betreffen, wenn ich auch Druckfehler, die sich gleich
selbst als solche kundgeben, ignoriere.
I, 1. _a£ (Cairo) ist allein richtig, vy^ La .ae. als Apposition
zu v_-AJLä undenkbar.
I, 29. Nur der Akkusativ äjfö öl>L* ist zulässig, nicht auch
der Genitiv.
I, 32 lies ^ c (st. constr.), da sonst der Genitiv pLaaii nicht
zu erklären wäre.2)
I, 45. Ich bezweifle die Berechtigung eines Singulars g^itX'i
und nehme Jjüüi ^/iSlXäJS als Plurale.
I. 4 7 lies _xi>; und ebenso zweimal v. 49.
s -
I, 53 lies -/>lgj. Prototyp ist wohl r)Uj, danach zuerst ^Lii.
1) Vgl. dazu Kumait in Addäd 103, 3 v. u.
2) Die falsche Lesart der Cairiner Ausgabe I, 35 wird in ihrem Druck-
fehlerverzeichnis verbessert.
Nöldeke, Die Hüsim/jjat des Kumait, hrsg. von J. Horovitz. 893
I, 56. [jn^i\ \-yA beruht wohl auf einem Schreibfehler des
Hg.'s. Cairo richtig \jh£&\ Jl, und entsprechend die Übersetzung.
1,65. Nur -jX* A^c, erlaubt (mit ^ »U). und danach viel
besser jJit . . . A.=> als die Passivkonstruktion.
I, 76 lies iü£c: x^Jis. x*.l& ist xsuo zu &=>* oder zu .>
I, 79 lies JIÜ, Attribut zu ^J>Jo. Prädikat ist erst ilsLciJi.
I, 91. j.L.^lJ! ist allein richtig, das zur Übersetzung (S. 19)
vorgeschlagene JyMJ\ (ohne -^-) wäre unmetrisch.
II, 4. Ebenso ist nur das im Text stehende oL^'LwJt richtig,
nicht etwa auch oLs^LwJl (zur Übersetzung S. 25). Es ist = Ul ^S.
ol^'LwJ! x+? cr4^-
II, 9. Lü^ wäre zu hochmütig; beschirmen konnte er doch
die 'Aliden nicht. iLs? ist richtig.
II, 28 lies ^JixäJ.
II, 88. Las* ist richtig; nur dazu paßt .A^>t. „eine unum-
gängliche Verpflichtung".
11,50. Der Stamm heißt nach Ibn Dor. , lstiqäq 246 . 10
_jLs£ (PL von s)5_a>>:); diese Autorität ist viel größer als die der
} & -
Lexika, die ^jLs?. geben.1) Hier natürlich jLs?..
II, 62. Nur ^^>jci:i, nicht auch die Aktivform (S. 38 zur Über-
setzung) wird richtig sein.
II, 90. |Jjj wäre ebenso gut wie | jV. Pur Süra 89. 2 sind
beide Lesarten überliefert.
11,96. Richtig i^ä* als Objekt von ^J>\. (Gegen S. 96
zur Übersetzung.)
II, 115. Was für ^^jCäJij' zu lesen, ist mir unklar.
1 Wie nahe diese Entstellung liegt, sieht man daran, daß sogar bei lbn
Dor. 238, 5 .jLs?. gedruckt ist.
8D4 Anzeigen.
II, 131 ist nach aller Analogie mit Cairo oIjLLä,*«.!! zu schreiben.
So «JLäwi Farazdaq (Hell) XLII Nr. 394 vorletzter Vers.
III, 3 lies Juu für jotj [y*. Schreibfehler des Hg.'s.
III, 10. c>Li wäre viel einfacher als das überlieferte Llic.
III, 21 lies ob>jLJI ^iWWj als v-ilac an ^oüJi ^sAy^].
III, 24 lies ijHJ> und II, 29 JtjAaJÜ.
III, 47. eLaä» ohne Tanwln undenkbar; sl^yto richtig und durch-
aus nicht gegen das Metrum.
III, 53. Die Ergänzung *j wäre metrisch unrichtig. Etwa
III, 56*. Nur der Nominativ ist richtig; der zur Übersetzung
(S. 64) vorgeschlagene Genitiv würde ein unerlaubtes k^ä!o.c. an ein
Possessivsuffix bedingen.
III, 59. o»SS! (wie j>^\ im Scholion) ist keine Form.
III, 77. id&l^ scheint mir besser.
III, 102. Die Lesart der Handschrift ist bis auf eine Kleinig-
keit metrisch unanstößig, und zu der gewaltsamen Veränderung ist
keine Veranlassung. Nur muß ^_0 bH gelesen werden. Dann .r*A^j.
III , 106. Obwohl die Überlieferung nur x^sl'S zu haben
scheint, so ist doch notwendig ^^sIj zu lesen, denn «.aäjo ist Mask. ;
s. Hutaia 22, 12; Asma'Ijät 34, 6 = Chiz. I, 93 paen. = Gamhara
136, 11.
III, 118 hat Cairo richtig UJLs>J öväs: „Wenn es heißt: „haltet
Mittagsruhe", dann (geschiebt das nur) auf den Kamelsätteln (selbst,
d. h. im Reiten)".
III, 126 lies o!<Ä:£üo „die sich von den Eierschalen gleichsam
Schmuck machen" ; die Eierschalen, die noch an ihnen kleben, sehen
wie schmückende Bänder aus.
III, 127 wird ^ij| richtig sein. Diese noch ganz jungen Vögel
sehen in Farbe und Gestalt wie Nieren aus.
Xöldeke, Die HaSimijjat des Kumait, hrsg. ron J. Horovitz. 895
III, 130 lies \jjJLc (die Reiter); von den Tieren könnte es ja
nur \j>.aÄ£, oder qaää heißen.
IV, 2 lies v_Js..£oyjS , wie v. 21 *.j£^\i. Das wäre wenigstens nach
der grammatischen Regel ; wir können freilich hier wie in manchen
andern Fällen nicht wissen, ob für den Sprachgebrauch des Dichters
die Regel galt.
IV, 33. Das überlieferte LaÄdÜCJ ist ganz in Ordnung. Objekt
zu ^>.a/^, ist 'uu^V b^to» . . . ü>Li (34 ): „Wie einst H. aus Geiz
und schlechter Fürsorge ihrer Hündin Bellen . . . und (aber dabei)
Schläge . . . gönnte".
IV. 45. v^Lä ist nur bei der bedenklichen Annahme möglich,
daß ^P.*P Adjektiv sei; sonst L»jLc Dann «j.
IV, 56. ,.Ü3 ist richtig. Nicht von Wölfen, sondern von
Fliegen ist die Rede ; auf sie paßt das c^iLgj und die Umschreibung
im Schoben.
IV, 60 lies ^~s-^'.
[V, 73. ich schlage vor x. tO.Vygt|t „und der. den man
zum Leiter nimmt".
[V, 7 1 ist eiOÜCL^i ohne Zweifel richtig.
IV. 96 wohl ljUL" (du) oder x^lo l-jUj.
V. 1. ^j.j/c ist richtig.
V, 15. So viel ich sehe, heißl es ^^x,
V, 19. Nur _\. halte ich für erlaubt, nicht auch das S. I«1"
zur Wahl gestellte o...
V, 23 lies nach Gairo \=^' . natürlich aber mil Erweichung des
am Ende. . £ für .yc zu setzen ist unnötig. „Von andern
muß ich. gewaltsam vertrieb' ben, ohne daß ich Tränkung
erlange".
V, 27 lies sULLj (st. constr.).
Bd. LVIII.
896 Anzeigen.
VI. 3 lies |£jj| als Subjekt von Jj>|.
VI, 8 lies (jtoji J| ; Adjektiv, nicht Infinitiv.
VII . 5 lies Jjj und dann ^& Jou ^^ : „Das ist von mir nur
wenig für ihn, aber die, welche danach kommen, die sind noch mehr
geeignet, für wenig zu gelten". Sicher bin ich aber dieser Auf-
fassung nicht.
VII, 6 bessere ich ohne viel Zweifel JuJjüj „Vorwände vor-
bringen", hier um nichts zu geben; so auch IV, 92 JoJL*I» = JJbti".
Die Var. Jo3\,j» (im Schob) wird eine Konjektur sein , die zeigt,
daß die Entstellung JvaJläj schon alt ist, daß man aber auch früher
Anstoß daran nahm.
IX . 1 lies , - JJ( i\+=>l JLc iÄj mit Verwandlung des öi+S»
JoöjJI in ^LäJi äi*P wie III, 23 j.^Iii pj^.
Die Scholien bilden, wie das so zu sein pflegt, keine Einheit.
Sie stammen zum großen Teil von alten Philologen, aber dazu ist
allerlei Jüngeres gekommen. Wir lesen da viel Überflüssiges und
werden bei schwierigen Stellen zuweilen im Stich gelassen. Ab-
weichende Erklärungen stehen manchmal nebeneinander, ohne daß
die Verschiedenheit deutlich hervorgehoben würde. Mitunter sind
die Erklärungen auch ganz falsch, z. B. wenn S. öf, 7 ^5 AP Zu-
stand sakkusativ sein soll, oder wenn die sprichwörtliche Redensart
vom Anzünden eines Feuers für Andere (sie vos non vobis) II, 74
auf Krieg bezogen wird. Ob wir ein Versehen wie 1V, 16 .yi iXaaJ
X.x.a. i\ für Käaj. ^yi ^XaaJ einem Scholiasten oder einem Ab-
schreiber zur Last legen müssen , mag dahingestellt bleiben. Ein
alter Gelehrter hätte das nicht geschrieben ; ein solcher hätte auch
schwerlich das verpönte1) Js.a«.&jI gesetzt vf, 8. Aber mit Recht
hat der Hg. derartiges nicht geändert, denn es kann ja vom Ver-
fasser der betreffenden Glosse herrühren. Der Hg. erkennt auch
an , daß in diesen Scholien noch manches in Unordnung ist. Ein
wirklich korrekter Text derartiger Kommentare läßt sich garnicht
herstellen , weil sie eben nie als einheitliche , korrekte Sammlung
bestanden haben. Ich habe auf den Wortlaut der Scholien viel
weniger geachtet als auf den der Gedichte, will aber doch einige
Bemerkungen zu ihrem Texte machen.
S. v, 2 lies JüLfJb mit r^-
1) HarlrT, Durra 38.
Nöldeke, Die Hasimijjät des Kumait, hrsg. von J. Horovitz. 897
ff, 11 ist ^jwJ». wie auch Howell bat, viel wahrscheinlicher
als LJLLti.
\T, 17 lies ^.s\. H, 11 lies jaÜL.
Der Vers ^i\ 11 dürfte zu lesen sein
Wenigstens wäre so -äJü ^a ohne Anstoß.
t*T, 15 lies mit Sih. Mob Ui. ff, 9 lies "jitic.
1v, 13. Vermutlich will er sagen, daß _ »j nur von Frauen
i-sy^>S\ gebraucht wird. Ob aber für _, »J einfach „Li zu lesen,
v . <r^ >
oder ob etwas ausgefallen, möchte ich nicht entscheiden.
Af, 3 lies J-*JLs?.. a1, 8 lies ^jSsi\.
an, 13. x>5 „Richtung"? Ein so entlegenes Wort wie >.:>-.
wird der Scholiast nicht gebrauchen.
A1, 13 lies uL&jEjj. 15, 10 lies ^jjü.
v-. 12 lies , cjCüi mit Ahlwardt . Asma'ljät 55: s. Ibn Dur..
;jCÜi mit Ahlwardt, Asma'ijat 55;
Istiqäq 199, 11. 200, 13.
\.r. 7 lies &/>U£.
i.ö, 6 lies \,£\ÖS' ^<JiJs.f wäre gegen das Metrum.
\\\, 10 lies im Reim sJot^..
111, 16 f. lies Aj^ ^yJU-J xi^; vgl. BarirT, Durra 97.
i'.. 14 lies ^^^Li. „Ungar" dürfte wirklich die eigentliche Be-
deutung von jJülw sein; sie paßt auf den alten Vers, wo das noch
nicht ausgetragene Kind so genannt wird. Ob Kumait aber noch
den genauen Sinn des Wortes kannte, ist fraglich.
Ifl, 14 lies cUä:. Ifl, 14 lies »J& J, xslb.
In den Scholien werden viele CK?\+ä angeführt. Für die
meisten gibt der Hg. noch andere Stellen an, wo sie vorkommen.
Mit solchen Nachweisen wird jetzt oft etwas Luxus getrieben. Finde!
sich ein Vers z. B. bei Slbawaih , so brauchen dafür nicht noch
andere grammatische Werke zitiert zu werden, die eben direkt oder
898 Anzeigen.
indirekt aus ihm schöpfen; was sich im Sihäh findet, braucht nicht
aus Lisän oder Tag belegt zu werden. Aber ich halte es doch
nicht für ganz überflüssig, zu einigen dieser J<PS^ noch weitere
Belegstellen zu geben. Namentlich wo ich ganze Gedichte oder doch
größere Stellen habe , zu denen die einzelnen Verse gehören , wird
deren Verständnis dadurch gefördert.
S. 1, 5. Muchtärät 81, 3 v. u.
li, 2 steht im Diwan GarTr's II, 75, 5, ist aber von Farazdaq.
Der Irrtum des Scholiasten erklärt sich so.
i/. 15. Der Vers Hassan's wird noch mehrfach zitiert, überall
mit dem richtigen ^_^äavJ!, nicht dem falschen uäa-wJ! der Tuniser
Ausgabe.
IP, 15. Vgl. Hudh. 211 am Ende (S. 47).
II, 1. Tab. I, 76. 3, wo JLiiJ. Daß das richtig, ergibt sich
aus der ganzen Stelle in der Hamäsa Buhturi's. Sie gehört zu der
berühmten Qasida 'Adi's, aus der wir viele Verse haben.
f., 12. Agh. XII, 73.
ff, 9. Bekrl 36.
öö, 17. ^-JlX^.1! i3L>Ji i^i ist aus Näbigha 3, 11.
1i^, 17 wird öfter zitiert.
1f, 111. 'Omar b. AB. S. 109, 1 (Schwarz).
vi", 7. Agh. XIII, 136: Diw. Chansä (cod. Berl.) 17b. Der Vers
also wirklich von Duraid b. Sirnma.
% 3. Ihn Qoi, Si'r 417; 3; Chiz. II, 135 (die hier nicht aus
Agh. schöpft).
T, 12. Asma'Tjät 55, 7, Ibn Dor., Istiqäq 200, 14. Der S. 67
(zur Übersetzung) zitierte Vers aus LA. ist ein anderer; s. Agh.
II, 61, 16.
;.-. 7. Gamhara 133, 6 v. u.
1.1, 3. Der älteste Beleg für diesen ganz oder zur Hälfte öfter
zitierten Vers ist für uns wohl Kämil 261, 6.
I.v. 1. Der ganze Vers Ibn Walläd 45.
La, 13. Ibn Qot., Adab 184, 3.
||A) 10 eb. 182, 7.
|fö, 8. Die erste Hälfte Slb. II, 150; vollständig in Jahns
Erklärungen dazu.
Die zur Übersetzung von VI, 7 angeführten Worte J, (so) Ja5>
,c\*£ gehören zu MufaddalTjät 12, 5.
Nöldeke, Die Hasimijjat des Kwnait, hrsg. von J. Horovitz. 899
Die Häsimljät sind zum großen Teil ziemlich leicht verständ-
lich , aber sie enthalten doch auch manche schwierige Stelle , und
ich bin nicht überall zu einem sichern Verständnis gelangt. Die
Übersetzung des Hg.s ist mir jedoch von großem Nutzen gewesen.
Ich habe sie nicht Vers für Vers verglichen , aber sie doch viel
gebraucht. Dabei bin ich freilich auf Verschiedenes gestoßen, dem
ich nicht beistimmen kann. Einige Stellen, von denen das gilt,
habe ich schon oben bei den Lesarten besprochen. Ich gebe hier
Weiteres , sehe dabei aber meist von solchen Stellen ab , wo ich
nur gern eine Kleinigkeit im Ausdruck anders hätte, etwa die Bei-
behaltung einer Umschreibung damit Gemeinten, wie II. 134
„beiden schwarzen" statt „Hürner".
1. 25. Aus Nab'-Holz werden Bogen gemacht, nicht Pfeile.
I. 57. :jAo *..w< ist ein , wahrer, richtiger Name* („dessen
Ruhm u. s. w.*), nicht .Name der Wahrheit (Gott)". *„J» (Cairo)
ist falsch.
I. 72. \q<3ji ist trotz der Lexika, die es .Wurfstein" erklären,
nicht „Wurfgeschoß", sondern „Stein zum Zerklopfen der Dattel-
kerne oder anderer Steine" Harn. 2o7 , 2. 417, 3 (»^aS- _-j./j
noch Hudh. 242, 16. ^J^> \S ^3^ Harn. 416 ult.i.
I, 90 möchte ich eng mit dem vorigen verbinden und negativ
fassen: „(ich werde nicht als Zweifler sterben,) so daß ich irgend
einen von allen andern Menschen ihm gleich stellte : daran denke
ich garnickt ! "
I, 95. JjcS ist nicht der Speichel des Menschen. Also wohl
„Geifer auf Geifer".
I, 101. oiXix „indem sie sie nicht erkennen" geht auf <lie
Kamelinnen. Das Junge steht ja im Sing. (v. 100). So auch das
Scholion.
II, 18. „Ich beunruhige gewisse Leute unter ihnen (flöße
ihnen Verdacht ein)1), und mich beunruhigen gewisse von ihnen
neu aufgebrachte Eigenschaften, die noch beunruhigender sind".
1) Der Unterschied von ^'. und O1,' ist trotz dein, was die Seholien
und andere Quellen sagen, schwer zu fassen. Ob im Verse I oder IV zu
wird kaum zu entscheiden sein.
900 Anzeigen.
II, 21. ^Lp» ist „hat die Aussicht auf die ewige Seligkeit
verloren" Süra 20, 64, 110. 91, 10. Die religiöse Färbung der
Partie ist zu betonen, s. v. 28.
II, 45 f. k^S vJ und ui . vJ sind dem Sinne nach prekativ,
nicht berichtend.
II, 66. Die Übersetzung, wie schon das Scholion, verkennen
das Bild: „wenn sie zwei Dinge, Ungerechtigkeit und Neuerung,
verheiraten, machen sie noch Halt für ein andres, ganz arges,1)
darum anzuhalten".
II, 68. *w> in j^i bezeichnet nicht das Instrument, sondern
die Begleitung bei der Bewegung, resp. das Objekt des Kausativs:
„die Welt hat sie ausgebreitet".
II, 71. (jvjuLb ist nicht Objekt, sondern Zustandsakkusativ :
„treiben (ihre Leute) absichtlich hinein".
II, 89 war der Dual ((jväLoiJl) in der Übersetzung wieder-
zugeben. Was soll der aber? für das eigne und das feindliche
Heer ? Wunderlich !
II, 98. Die Übersetzung ist mir unverständlich. » ä^ ist
nicht speziell „Schild", sondern „Deckung, Schutz". „Er hatte
zwei ausgestreckte Deckungen und eine Hand, die mit dieser (einen
Deckung, nämlich dem Schilde) abwehrte, und mit der andern (Hand)
wurden die Speere (blutig) gefärbt". Etwas unsicher bin ich hier
allerdings. Besonders zweckmäßig hat sich der Dichter nicht aus-
gedrückt, aber gewiß ist nur, daß Schild und Speer (Schutz- und
Trutzwaffe) als doppelte „Deckung" gemeint sind.
n, 104. Hier und an andern Stellen hätte Horovitz nicht
schlechtweg „Kühe", „Stier" sagen sollen oder gar „Ochs" (S. 50,
als ob es bei solchem Wüstenwild auch Kastration gäbe). Faute
de mieux muß man für diese Oryx-Art2) wohl „Wildkuh, Wild-
stier" sagen (wie S. 72 richtig); am allerwenigsten „Waldstier"
(S. 98) nach Freytag's vacca silvestris. mit völligem Verkennen der
Natur Arabiens.
II. 108. iwVJO« ist Gegensatz zu J.t-; es ist aber zu über-
setzen, als stände da 'äx» oder vielmehr 'yja ♦!: „Da begibt sich nun
einer morgens, ein andrer abends zu ihnen hin".
11.138. Dattelkerne werden nicht zermahlen, sondern mit
einem Stein oder Steinhammer zerklopft. Zu dem Verse vergleiche
Asma'Ijät 50, 5.
1) Eigentlich „mit Doppelguß".
2) S. meinen Kommentar zu LabTd's Mo'allaqa v. 36 und zu der Zuhair's v. 3.
JXöldele, Die ILisimijjat des Kvmait, hrsg. von J. Horovitz. 901
III, 4. Direkt werden die Herdsteine hier nicht genannt; alle
Ausdrücke (auch AJo) bezeichnen Kamele.
III , 9 f. Die Worte „weder verheiratet, noch Junggesell....,
reich (sich selbst genügend) und (doch) ohne Vermögen" sollen
nur das Rätsel ausmalen. Alles klingt, als wäre ein Mann gemeint,
aber es ist der Pflock.
III, 20 hat der Übersetzer das ^^sajiÄJi Jots verkannt: „wie
gewaltig ist einer, der". Natürlich ironisch!
III, 22 — 26 gehn auf die Vergangenheit.1) „Einst, in jungen
Jahren , als ich noch reiches Haar hatte (v. 26) , trieb auch ich
Liebesscherz, aber jetzt (v. 27 ff.) bin ich gealtert und lasse solche
Jugendtorheit fahren " .
III, 98. Subjekt von ö-?f „erglänzten" sind ^^JüblU i.^':
Lzas geht auf ö«.axj! (v. 97). Vom eigentlichen Blitz ist nicht
die Rede.
HI, 112. ^JlLi.£. J^x ist (gegen das Scholion) wörtlich zu
nehmen: „eine Seite hin- und herwendend".
III, 115. Schwerlich heißt ^Jü je das Wandern selbst. Es
isl das Vei'schleißen der Sohlen, hier der Sandalen.
IV, 10 spricht der Dichter nicht von der V er 1 e t zu ng eines
Daumenknochens. U.c.y ..^ mag überflüssig sein, bezeichnet aber
wohl die Richtung der Handbewegung beim Abstreifen des Li
IV, 13 ist ein Satz für sich; 11 und 15 gehören eng zu-
sammen, denn zu vJüuj ist ^^a^l/c Subjekt. „Ganz ausgesogen hat
die Euter des Lebens, während sie doch gefüllt waren, einer von
ihnen, der das Richtige trifft ....".
IV, 20. p^j' wird durch „Triften" nicht gul wii
auch „Täler" 111,19 ist nicht genau; besser 11,86 jütli »Ufer-
rand *. So viel ich sehe, ist xxi'S die B des Wadi.
IV. 20. „Einer, der weder (Pfeile) verkauft, noch ein (ricl
Pfeilschnitzer ist", der also aus ba igkeit oder I
den Pfeil beim Schnitzen verdirbt.
IV, 50. &**?» ist nicht gut mit der „Herr" übersetzt. Am
besten wäre wohl „der Alte".
IV, 100 übersetze ich nur zagend: „obgleich ich in dem irdischen
Objekte, das der Feind erstrebt (Js-jj), ganz geschäftig bin". Die
spezielle Bedeutung von \+*h» **, is1 mir unklar.
1) Über JoiÄj lXs bei Dichtern für Ajläj M A* 8. „Zur Grammatik"
§ 57.
902 Aniseigen.
V. ■". verstehe ich ^| nicht,1) Daß der Dichter es einfach für
» setze, ist doch kaum denkbar.
V, IIb ist wohl „ohne daß ich dabei egoistische Wünsche
hätte oder es bloß so meinte" (es ist eben eine Tatsache).
V, 30 hängt dem Sinne nach mit dem Vorhergehenden zu-
sammen. Es handelt sich um die Leichen der Märtyrer. „Es ist.
als ob ihre (der getöteten Häsimiden) glänzende Wangen beim Hin-
zerren nach der Stelle des Schleppens wären . . ." Vgl. II, 103.
VI, 16 und 17 sind zu verbinden: «... und möge er (Gott)
sättigen den, welchen eure Ungerechtigkeit hat hungern machen,
und der den unter seiner Gemeinde Einzigen oifen verflucht". Der
Deutung auf Hisäm und den Thronerben WalTd b. Jazld stimme
ich bei. Letzterer wird ursprünglich auch in den Scholien genannt
gewesen. ^J<i\ J^c ^ ^V^ ers* c^urcn Nachlässigkeit an seine
Stelle gekommen sein.
Ich knüpfe hieran wenige Bemerkungen zu der Übersetzung
der <A?L.ci.
f",, 10 (zu II. 8). _*,J ist die Lanze, nicht das Schwert, —
Lu+Xo ist allein richtig.
ff. 4 (zu II, 48) : „Ich verführe dem Manne seine Frau, aber ..."
Die letzten Worte des Verses S. 51 (Ergänzung des Halb-
verses VI, 2 zu II, 130) bedeuten: „Proviant, der sie nicht arm
gemacht hätte".
Endlich noch einige Kleinigkeiten zu den Anmerkungen des Hg.s.
S. 35 (zu II, 50). Nord- und Südarabisch sind hier vertauscht.
S. 42 (zu II, 87). öa, 11 ist die Verbesserung Jw^it richtig,
aber der Scholiast hat gewiß nicht jJas im Text gelesen. Daß ein
solcher Elativplural nicht indeterminiert stehen könne, wußte er gewiß.
S. 50 (zu II, 126). Bei Jäqüt lies JJ-i, PL von Up. (das
lange, alles verhüllende Frauengewand). „+£> könnte hier ohne
weitere Erläuterung bloß wirkliche „Esel" bedeuten.
S. 65 (zu III, 62). ^JJU! noch BaihaqT, Mahäsin 327,2;
Jäqüt III, 473, 9. o ■ -
S. 99 (zu V. 14). Die hier vorgeschlagene Konstruktion ist
, , , c£
unzulässig. Es könnte höchstens heißen L^gh*^ <^o-iS ..Lä^>|
den Artikel darf y^^i hier nicht haben.
Die Verweisungen auf Agh. u. s. w. hätten öfter durch An-
1) Zu v_^S>cXli jJL>l/, wo man JC*.S)tXX! erwartete, vgl. „Zur Grammatik"
S. 22f. So noch ^jX&A Ka5> 'Omar b. AR. 171, 11 und *jy> ^Ist Zuhair,
MO. .-.v.
Xöldeke, Stummes Malt. Studien. — Malt. Märchen etc. 903
gäbe der Zeile dem Leser bequemer gemacht werden können. Auch
kommen namentlich in den Zahlen mehrfach Versehen vor. Wer
sich , wie ich , ähnlicher Sünden bewußt ist , wird das nicht hart
tadeln. Der Hg. hätte gut daran getan, beim Text wie bei der
Übersetzung über den Seiten immer die Nummer des betreffenden
Gedichts zu verzeichnen. Der Benutzer kann das freilich leicht
mit Tinte oder Bleistift ergänzen. Sonst ist die Einrichtung zweck-
mäßig. Daß Druck und Papier sehr gut sind, versteht sich bei
der Firma Brill von selbst.
Ich betone zum Schluß noch ausdrücklich, daß sich Herr
Horovitz. der gleichzeitig an der Herausgabe zweier arabischer
historischer Werke von besonderem Werte tätig ist, sich auch durch
diese Edition um die Geschichte der frühislamischen Zeit sehr ver-
dient gemacht hat.
Nachtrag zu S. 899, 13.
Prof. Fischer weist mir nach, daß an einigen Stellen auch
Pfeile aus Kab'-Holz erwähnt werden. Da handelt es sich aber
um Spielpfeile. Daß wirkliche, als Waffen gebrauchte Pfeile aus
diesem Holze verfertigt wurden, bezweifle ich noch immer. Auf
alle Fälle handelt es sich an unserer Stelle um den Bogen.1)
Th. Nöldeke.
Hans Stumme. Maltesische Studien. Eine Sammlung
prosaischer und poetischen- Texte in maltesischer Sprache
nebst Erläuterungen. Leipzig, J. ('. ffinrichs, 1904 (11 +
124 S. 8°).
Derselbe. Maltesische Märchen , Gedichte und Rätsel in
deutscher Übersetzung. ibid. eod. (XVI + 102 -
(= Leipziger semitistische Studien hg. von A. Fischer and
H. Zimmern. I, 4 und I, 5.) Mk. 4 + 3.50.
Stumme, der durch seine intensive Beschäftigung mit den
Dialekten von Tunis und Tripolis methodisch und material vor-
züglich vorbereitet war, hat längere Zeit an Ort und Stell»
Sprache von Malta und Gozo"2) beobachtet und gibt uns nun eine
Auswahl von Texten, die er mit überaus sorgfältiger Beobachtung
[1) s. S. 877 dieses Bandes. A. Fischer.]
2 Wie sich die arabische Form Malta üliiLs zum griechisch-lateinischen
MsXlvri Melita verhält, ist unklar. Die >«'ebeninsel nennen die Griechen und
Römer von Hecataeus (bei Steph. Byz.) an i'cfv.o,- b"U (.'IS. I, 132, und
so haben die offiziellen Inschriften CIL. X. 7502. 7.">o7. 7509 Gaulw, aber
die Form Favdog bei Strabo 1 1. 277. 299 wird gestützt durch das ai
'^J±£- , heutzutage 'audeä und das immerhin -
(J04 An -eigen.
der Laute aus dem Munde von Eingeborenen aufgezeichnet hatr
sowie eine Übersetzung dieser Texte. Jeder Arabist kann sich nun
mit Hülfe der Übersetzung und der Erläuterungen eine gewisse
Kenntnis dieses Dialekts oder vielmehr dieser Dialekte erwerben,
die besonders darum die Aufmerksamkeit des Sprachforschers ver-
dienen , weil sie ganz allein von allen arabischen Mundarten seit
hingen Jahrhunderten dem Einfluß des höheren Arabisch, der Sprache
der muslimischen Kirche , der Kanzleien, der Wissenschaft und der
Bildung überhaupt völlig entzogen sind. Ist erst Stumme's malte-
sische Grammatik erschienen, so läßt das sich allerdings noch leichter
und vollständiger machen, aber auf die Texte wird man doch immer
gern zurückgreifen. Das große Verdienst der Grammatik von Vassalli
(zweite Bearbeitung Malta 1827) bleibt dabei bestehen. Ich muß
bekennen, daß ich gerade bei dem Studium dieser neuen Texte
Vassalli noch mehr habe schätzen lernen als vorher. Aber er nor-
malisierte sehr die Sprache und bevorzugte in der Orthographie
oft die Etymologie vor dem wirklichen Laut. Da es sich bei ihm
um die Feststellung einer Schriftsprache handelte , so hatte er
namentlich in dem ersten Punkt auch gar nicht Unrecht. Ähnlich
machen es nach Stumme's Zeugnis auch die jetzt zahlreichen ge-
druckten maltesischen Texte, und ich kann das nach meiner, freilich
sehr wenig ausgedehnten, Lektüre bestätigen. Der Sprachforscher
wünscht jedoch die lebendigen Laute mit allen ihren Schwankungen
genau kennen zu lernen. Hier erhalten wir nun Stücke aus ver-
schiedenen Lokaldialekten beider Inseln und dazu solche im „ Misch -
clialekt" , den Leute sprechen, welche dort viel hin- und her-
gewandert sind, und der dort überall ohne Anstoß verstanden wird.
Besonders dankbar sind wir Stumme dafür, daß er für uns ganz
überwiegend prosaische Texte ausgewählt hat, denn solche geben
ja die wirkliche Sprache durchgängig treuer wieder als poetische.1)
Der alte Wahn, das Maltesische sei ein phönikischer Dialekt,
wird nur noch von einigen Dilettanten in Malta verbeten. Selbst
wenn, was durchaus nicht sicher ist, das Punische jemals Volks-
sprache auf den beiden Inseln gewesen sein sollte,-) so ist es
doch äusserst unwahrscheinlich, daß im modernen Malxesisch irgend-
welche Beste daraus geblieben wären, denn es ist so gut wie gewiß,
daß die 1000 Jahre römischer Herrschaft auf diesem dem Verkehr
stets offenstehenden Gebiete die Sprache Roms zur vollständigen
Herrschaft gebracht haben. Als die Muslime Malta eroberten,
1) Bonelli's Texte sind ganz überwiegend poetisch. Ich konnte sie leider
nicht benutzen, und ebenso mußte ich auf den Gebrauch von Falzon's Wörter-
buch verzichten.
■_' i 'S'ni Vinco v i rroiy.ia Diod. 5 , 12 oder anoixog KaQ%rjdoviav Steph.
Kyz. s. v. Mtllzr} konnte Malta genannt werden, wenn auch die Ureinwohner
ihre Sprache beibehielten. Aus ßttQliccQOi Acta 28, 2 folgt allerdings nichts,
als daß die Malteser eine den Reisenden unverständliche Sprache redeten; das
war aber auch dem schriftgelehrten damaligen Juden gewiß das Punische.
Nölclelce, Stummes Malt. Studien. — Malt. Märchen etc. 905
sprach man dort aller Wahrscheinlichkeit nach einen romanischen
Dialekt,1) Merkwürdig ist es nun aber, daß deren etwa 200jährige
Herrschaft das Arabische dort völlig eingebürgert hat.2) Aller-
dings mag sich diese Sprache auch noch in den ersten Zeiten
der normannischen Regierung befestigt haben. Auf alle Fälle ist
das Maltesische rein arabisch. Und zwar gehört es, wie man von
vornherein erwartet, zu der Gruppe der maghrebinischen
Dialekte. Ich muß das betonen gegenüber Stumme's Äusserung
(S. 83), das Maltesische sei im Grunde genommen gar kein Magbreb-,
sondern ein Syro -Arabisch , das nur durch die Nachbarschaft des
Maghrebinischen sehr viel Sprachgut aus diesem aufgenommen habe.
Stumme ist vermutlich zu diesem Urteil gekommen, eben weil ihm
als genauem Kenner der Mundarten der nordafrikanischen Küste
die lautlichen Unterschiede des Maltesischen auffielen, während ihm
die Übereinstimmungen mehr als selbstverständlich vorkamen. Aber
der Unterschied des Maltesischen von den arabischen Dialekten
Syriens ist viel größer als der von den bekannteren Afrikas. Aufs
schwerste fällt gleich ins Gewicht das maghrebinische Schibboleth,
die Bildung der 1. sg. Impf, mit n, pl. mit n — u. So etwas konnten
die seit der christlichen Eroberung nur in oberflächlicher Ver-
bindung mit den Muslimen der Küste stehenden Malteser nicht
nachträglich aufnehmen ; das war bei ihnen ohne Zweifel längst
eingewurzelt. Spezifisch maghrebinisch ist ferner die Endung ät
bei der 3. sg. f. Perf. der Verb. tert. ^ , » , welche auch in Malta
entweder direkt erscheint oder die regelmäßigen Lautveränderungen
erleidet (besonders £e3), Vassalli's y), z. B. halltet = maghreb. c£iL:>
„sie ließ" = <^J> der andern Dialekte4); saqskta „ fragte sie"
1) Auf den Grabschriften CIL. X. 7498 ff. finden wir die üblichen Ver-
stöße gegen die Grammatik: bone memorie; biesit, bixit. Also gehrauchten
auch weniger gebildete Leute das Lateinische. Daß die lokale Obrigkeit von
Gaulos lateinisch schrieb (ib. 7502. 7507. 7509) wie früher phönikisch -"-" -"
CIS. I, 132), beweist allerdings nicht viel für die Volkssprache.
2) De Goeje schreibt mir freilich, daß Malta möglicherweise schon in der
Frühzeit des Islams von den Arabern erobert worden sei, nicht erst durch die
Aghlabiden. Doch ist mir das recht zweifelhaft. Die historischen Notizen über
Malta bei den arabischen Schriftstellern sind leider sehr dürftig.
3) Stumme bezeichnet die Kürze des zweiten Bestandteils der Diphthonge
immer durch «; ich darf dies Zeichen wohl fortlassen, wie ich mir denn auch
noch einige unschädliche Vereinfachungen und sonstige Abänderungen seiner
Schreibweise erlaube; so schreibe ich ' für 3 = e und lasse die Bezeichnung
des Akzents ' fast überall weg, wo er die Paenultima trifft.
4) Da dies at sicher aus ät entstanden, ät aber durch den ganzen Westen
verbreitet ist, so nehme ich jetzt als ziemlich sicher an, daß wir hier einen der
Fälle haben, in welchen moderne Dialekte altertümlichere Formen erhalten
haben als die klassische Sprache, und daß es sieb hier nicht etwa um eine
Neubildung handelt. Die Verkürzung des ät in Tripolis ist also sekund
Länge des Vokals zeig! sich auch dort, noch in gewissen Fällen.
906 Anzeigen.
U,j'LaäAM = Ux»käÄ>wi u. s. w. Ferner gehen die maltesischen Formen
von (ji^ji mit und ohne Präpositionen (wie bies, bis, bes1) u. s. w.
= i^-jLj ; 'alles, lds = , i^j| Lc) auf das spezifisch maghrebinische
äs zurück und deckt sich auch der maltesische Gebrauch dieser
Formen wesentlich mit dem in Tunis u. s. w. Wie sonst im
Maghreb wird das Relativpronomen Uli, li (und Nebenformen) in
Malta sehr viel als Konjunktion gebraucht (= La und .\ andrer
Dialekte) und steht Itif (aus ^JljS) als Konjunktion der Zeit
(= \j>\, Li, (jy>)- Die seltsame Verbindung der Zahlwörter von
11 — 19 mit dem Gezählten durch ein l wie tnäS-ilse'a „12 Stunden"
s. 34; hnistas ilsena „15 Jahre" 9, 32. 11, 16; hmistäs iltifel 41,12
(vgl. Vassalli 123) ist durchs Maghreb verbreitet,'2) dem Osten,
soviel ich sehe , unbekannt. Und so stimmt das Maltesische noch
in allerlei charakteristischen Einzelheiten zum Maghrebinischen oder
doch zu einem maghrebinischen Dialekte im Gegensatz zu denen
der Ostländer. Gilt doch manches, was ich in meiner Besprechung
von Stumme's tunisischen Märchen (Wiener Ztschr. f. d. Kunde d.
Morgl. 8 , 250 ff.) über deren Sprache ausgeführt habe , geradezu
oder mit geringer Modifikation auch vom Maltesischen. Stumme
legt bei einer Abtrennung dieses Dialekts vom Maghreb besonderes
Gewicht darauf, daß er keine „umgesprungenen" Formen hat, also
z. B. qd'ad „saß" spricht, nicht wie die afrikanischen Dialekte
q'dd u. s. w. Aber eine solche einzelne Erscheinung kann hier
doch nicht entscheiden, zumal letztere das „Umspringen" beim
Nomen auch nur teilweise durchgeführt haben , indem hier z. B.
in Tunis bei nefs , w-äi (Stumme , Tunis. Märchen 40) ; küber =
LS (eb. 42), in Marokko bei dolm = Jlb (Fischer, Der Wortton
im Marokkanischen 276) u. s. w. die ältere Akzentuierung bleibt,
wie im Maltesischen immer auch beim Verbum. Die Betonung der
Paenultima in den „aufgesprungenen" Formen wie jahelsu „frei
werden" I^clÜ»1. 5, 14; johorgu3) „gehen heraus" 8, 15 weicht
allerdings von der im Maghreb üblichen ab; danach würde man
jdhelsu, Jöhorgu erwarten. Das ist auch das Ursprünglichere; die
Abneigung des Maltesischen, die Betonung über die Paenultima
1) Stumme bezeichnet mit e einen Laut zwischen c und i.
2) Siehe Aug. Fischer, Marokk. Sprichwörter, 40. Gewiß mit Recht hält
Marcais, Dialecte de Tlemcen 15'J die Deutung dieses l (wofür in Tunis n er-
scheint) als Artikel für unzulässig und sieht darin das r von ,^c
3) Stumme's n ist ein offenes O.
Nöldehe, Stummes Malt. Studien. — Malt. Märchen etc. 907
hinauszurücken,1) hat hier aber die bequemere Aussprache hervor-
gebracht, die übrigens auch in Marokko herrscht, s. Fischer, Marokk.
Sprichwörter S. 10, die also dem maghrebinischen Charakter durchaus
nicht widerstreitet. Andrerseits macht es für die Zuweisung dieser
Mundart nichts aus, daß sie sich in einigen wenigen Punkten alter-
tümlicher erhalten hat als die afrikanischen. Dahin gehört, daß
sie, anders als diese, bei den Zahlwörtern von 3 — 10 das Mask. noch
durch das t unterscheidet, z B. cdsar titfdl „10 Kinder" = g^e
}.slj>\ 5, 6 (gegenüber 'attar snin = (jvJLw -^c eb.) ; erba'1) tijem
= *Gi £*j,' 23, 12; säb'a ferriüs = u^*»-^ &■**** 60,39 und
öfter3) u. s. w. : absolut tlieta = &&L2 55, 7. So wird dann selbst
von dem nach maghrebinischer Weise ganz als Zahlwort für .Zwei"
gebrauchten _ ,-4) auch eine entsprechende Maskulinform gebildet
in zis-titfdl „zwei Kinder" 47. 13, 29: zduo tildiep „zwei Hunde"
(v_j!Sb i 51, 2 u. s. w.5) — ■ Ganz ohne jede Autorität ist die Er-
zählung eines beliebigen palästinischen Christen Ztschr. d. deutschen
Pal.-Yer. 24, 38 f., daß die Einwohner Malta's aus Akko stammten
und von dort ausgewandert seien, nachdem Melek-ed-Dahir [Bibars]
dessen Umgegend verwüstet habe. Danach wäre das Arabische erst
in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts lange nach dem Ver-
schwinden der arabischen Herrschaft in Malta eingeführt worden!
Selbst wenn damals arabisch sprechende Flüchtlinge aus Palästina
nach Malta gekommen sein sollten, so hätten sie doch ihre Sprache
nicht den Einwohnern aufdrängen können ; kamen sie aber auf eine
1) Ich finde nur äußerst wenig Fälle wie emßttiia „ich suche sie" 53, 38
(wo man emfittiSa erwartete wie ifittilia .er sucht sie" 54, 1) oder wie hiseret
.sie brach" 61, 32 (dessen erstes e jedenfalls nur ganz kurz ist, vgl. kisret
63,3) u. s. w. — In den Versen wird aber die Akzentuation ganz nach dem
metrischen Bedürfnis eingerichtet. Der eigentliche Wortakzent tritt ev. hinter
dem Versictus zurück; doch wohl immer nur in einem oder höchstens zwei
Füßen der Verszeile.
2) Stummes e ist ein offenes e.
3) Mit kleinen lautlichen Verschiedenheiten.
4) Die ursprüngliche Bedeutung von __»j = &vyog, J^J -l>aarU> dle
von den meisten Grammatikern verworfen wird (Ihn Qot., Ada!. 247;
240; HarlrT, Durra 185, s. aber Qutrub in Addäd 1. e. und Ihn Qol . Adab 641),
hat sich also in der Volkssprache erhalten. In der Schriftsprache ist _..; ja
durchweg die eine Hälfte eines Paars.
5 Vgl. Stumme S. 85. Ganz einzeln tritt aber auch schon In i
dieForm ohne t auf: hämes irgiel „5 Männer" 45,32 in derselben Erzählung
neben izzis tarfiiel ^die beiden Männer" 16, 11; zii, gii mehrfach bei
Maskulinen. — Ein wirklicher Vorzug ist die Beibehaltung jener Altertümlich-
keit übrigens nicht.
QQg Anzeigen.
schon arabisch redende Insel, so hätten ihre Nachkommen, nach
aller Analogie zu schließen, deren Dialekt angenommen und wären
von dem ihrigen höchstens schwache Spuren geblieben. Stumme
selbst scheint auch auf das Wesentliche jener Nachricht nicht viel
zu geben, da er die Übertragung in die „allerfrühste Zeit des
Autkommens des Arabischen in Syrien" setzt. Er möchte in dem
heutzutage in Malta herrschenden Ersatz des • durch , des t
° o c y
durch p. die Aussprache jener arabisierten Aramäer erkennen, die
das ^ und -=- richtig auszusprechen noch nicht gelernt hätten.
Aber eben dieser Lautwandel ist in Malta erst in neuester Zeit
durchgeführt worden. Vassalli hält in beiden Bearbeitungen seiner
Grammatik noch stark auf die genaue Aussprache des • und £,
deutet allerdings (am klarsten in der ersten) an, daß manche
Malteser die beiden harten Gutturale nicht richtig sprächen. Daß
er sich hierbei rein von etymologischen Gründen habe leiten lassen,
ist ausgeschlossen. Warum hat er denn gar nicht versucht, die
verloren gegangenen Laute des [jo , _b , (jo , Ja , ö , ö ebenfalls
wiederherzustellen? Auch reichten seine arabischen Kenntnisse
nicht so weit, daß er damit die etymologisch richtige Unterscheidung
von c und c , j, und überall hätte treffen können. Er hat z. B.
C C o o 0
nicht gemerkt, daß gant1), pl. gnüt „Scheide" lX+c. ist, denn sonst
hätte er mindestens gand geschrieben, aber das b hat er darin
richtig gehört. Also am Ende des 18. und am Anfang des 19. Jahr-
hunderts hatten in den für den Grammatiker maßgebenden Kreisen
c und ± noch die alte Geltung. So sprachen eben die Gebildeteren,
welche ja auch nach Stumme's Angaben im allgemeinen die älteren
Spruchformen fester halten als die Bauern und die andern Leute
geringer Bildung. Die, wie uns Stumme zeigt, jetzt durchgeführte
Erweichung zu e, _ paßt auch ganz genau zu dem sonstigen Be-
streben des Dialekts, sich emphatischer Laute zu entledigen. Auch
die in Malta sehr übliche Verwandlung des ö in — darf nicht so
gedeutet werden, als wiese sie auf Abkunft des Dialekts aus Syrien
oder Ägypten hin, wo ja diese Lauterscheinung sehr verbreitet ist ;
denn da gerade die Gebildeteren die alte Aussprache des ö bei-
behalten haben, die auch Vassalli allein anerkennt, so muß sich
die Umwandlung auf Malta spontan vollzogen haben, ganz wie das
vielfach auch in Marokko und in Tlemsen geschehen ist, s. Marcais
S. 17. Daß in Gozo ±6 für ö gesprochen wird, deutet auch darauf,
daß das Maltesische ursprünglich nur das richtige q kannte. Und
nun noch eins: Stumme sagt (S. 4), sein langjähriger Freund und
Reisebegleiter Si Hamda Zwiten habe als Tuniser das kuriose Land-
1) Ghant Job. 18, 11.
Nöldeke, Stumme's Malt. Studien. — Malt. Märchen etc. 909
Maltesisch natürlicherweise rascher verstehen gelernt als er. Dem
Manne aus Tunis war das Maltesische eben seinem Kerne nach eine
bekannte Sprache. Ein Palästinenser oder Ägypter hätte dagegen
diesen Dialekten sicher viel ratloser gegenüber gestanden als
Stumme ! — Wir müssen also annehmen, daß die Arabisierung der
Inseln mit der Eroberung durch die Aghlabiden im 9. Jahrhundert.
wenn nicht schon früher,1) begann und wesentlich durchgeführt
war, als sie von den Normannen eingenommen wurden, mochten die
Einwohner meist Christen geblieben sein oder den Islam angenommen
haben. Im Anfang der normannischen Zeit wird der Verkehr mit
den muslimischen Ländern noch ziemlich rege geblieben und
muslimische Bildung noch nicht verschwunden gewesen sein. Der
Qäid Jahjä xiaJU ^j>l*a und der Dichter Ji+^\ .yi ^'\ O^s.
J*JLÜ (Jäq. 4, 396) fallen vielleicht erst in diese Periode.-) Aber
im Jahre 1249/50 wurden die Muslime aus Malta vertrieben (Ibn
Chaldün bei Amari, Bibl. arabo-sicula 491), und wenn Malteser auch
später noch in manche Berührung mit der Bevölkerung muslimischer
Hafenstädte kamen, so ist die Sprache der Inseln doch schwerlich
dadurch irgend erheblich beeinflußt worden.0)
Die Sonderentwicklung hat dem Maltesischen allerdings eine
Gestalt gegeben, die von der auch der nächst verwandten Mund-
arten stark abweicht , wenngleich diese und jene spezielle Ver-
änderung anderswo Parallelen hat. Die Ausgleichung der Konso-
nanten geht im Maltesischen wohl noch weiter als in den andern
maghrebinischen Dialekten. Ich weise hin auf Fälle wie jahzbu
= L**wos£4) 5, 11; zbieh = J-**e („schöne"); jvpku = L\a;
5, 24, 27; qalpkom = ^.Oi 5, 28; gbir = ^S: intUlt =
obü£i 18, 18; thol = aJ»5 33, 37: slemphet = ^J±zL\ 11. 1'.'.
21, 24; mbüseh „ich küsse dich" = ^<Lw..xj 34, 1; mbit = aaxJ
25, 12; dbiddel = jÄ^ 10, 10. 15.6,11; gib zunächst für dgib
= v_. ^-oi1' „du bringst, sie bringt" u. a. m. Bei enger Verbindung
zweier Wörter paßt sich auch der Auslaut des ersten dein Anlaut
1) Siehe oben S. 905 Anm. 2.
2) Daß es im Jahre 1171 einen Bischof von Malta gab (Cusa, 1 diplomi
greci ed arabi di Sicilia 484, 6), hat nichts Auffallendes.
3) De Goeje weist mich darauf hin, daß Malta vorübergehend noch einmal
von den Almohaden erobert, aber im Jahre 1289 wieder an den Köi i
Aragonien abgetreten wurde (Amari, Bibl. arabo-sicula 345).
-1 1 Man wird es verzeihen, wenn ich bei den Wörtern, die ich
deutlichun^ in arabischen Buchstaben beifüge, nicht konsequent verfahre; hier
waren mehrfach Kompromisse zwischen alten und jungon Formen zu schließen.
910 Anzeigen.
des zweiten an , z. B. feim-baa = cib ^.b 33, 23 ; täv-bdä =
Üsj üb' = iJo üyü 18. 35; libez-gahan = a^v> y^J 39,3;
tdnd-bdän „fingen sehr (ital. tanto) an" 5,24; iebbted-zbieh =
„Lwo oLLä 19, 27; hisred-gäuza = iPt^s«- o.^.J' 34, 23; fteZZw
= hfenlu = jj .,1^ „er hatte" oft u. s. w. Eine ähnliche, aber meines
Wissens sonst nirgends im Arabischen vorkommende Erleichterung
der Aussprache ist auch wohl die Verwandlung aller frei auslauten-
den Mediae in Tenues. Man hat also ret = o. ; sdp = vjLo ;
bat1) = lXäj: belt = jJb; harec = ___i>; Äo/>s = ;.*.:>; jaqbes,
naqbes, \d>es von i^'i „springen" (qabzet 13,6. 16, 35; 'abzet
54,19)-); abjat = ^cajI u. s. w. Ähnlich ist noch die Ver-
wandlung des auslautenden c, so weit es nicht einfach wegfällt,
in „ z. B. in ^woÄ „Hunger" = o ».:>-. Auch die Verwandlung des
s in _. mag beim Auslaut begonnen haben ; Vassalli erlaubt sie
nur beim Suffix der 3. sg. in., warnt aber in der ersten Bearbeitung
davor, es zu machen wie die, welche auch sonst » mit _ sprächen.
Durchgeführt ist diese Verwandlung des » in _ auch jetzt noch
nicht, aber in Stumme's Texten herrscht sie ganz, jedoch mit der
Ausnahme, daß » im Anlaut regelmäßig zu _"_ wird; bei Vassalli
1 »leibt da das » unverändert. Und während das Maltesische die
Verwandlung des ö in o, des J> in j» und das Zusammenfallen
von (jo und Jö mit manchen Dialekten des Westens und Ostens teilt,
ist ihm fast allein eigentümlich, daß es auch _b zu o, tj^> zu ,w,
und Jb, (__o zu j umwandelt.3) Ein maltesisches d kann also j>,
3. (_cr, -lb darstellen und ein auslautendes t gar ö, o, _b , j>,
3 , (ji> , Ji . Ähnlich ist die schon erwähnte Aussprache des ö
als ^ auf Gozo. Über die Verwandlung der Gutturale habe ich
schon oben gesprochen. Da bei diesen noch manches in Fluß ist,
so dürfte auch die Beseitigung der unbequemen Dentale und
Spiranten erst allmählich geschehen sein und nicht etwa gleich
1) Stumme's q bezeichnet eine Verschmelzung des Vokals mit c.
2) Von Stumme richtig = iäi gesetzt. So ist beza „fürchten" = c j5.
3) Bei den Beduinen von Tripolis findet sich ähnliches, s. Stumme,
Tripolit. Beduinenlieder 14 ff.
Nöldelce, Stumme's Malt. Studien. — Malt. Märchen etc. 9H
bei der Eezeption der arabischen Sprache durch die romanische
Bevölkerung. Hat diese doch gerade die beiden unseim Sprachen
ganz fremdartigen heisern Gutturale c und beibehalten. — Ver-
einzelt kommen noch ungewöhnliche Veränderungen von Konso-
nanten vor, z. B. in tarac für darac „Treppe" und, wie schon er-
wähnt, bei den Wurzeln p is und däx). Das ganz singulare silo1)
= ^nJLj 22. 9 beruht wohl darauf, daß die Malteser die Bezeichnuno-
des Schnees, der bei ihnen jedenfalls äußerst selten vorkommt,
von den Afrikanern empfangen und sich dabei deren & oder ts
als s mundgerecht gemacht haben. In sems „Sonne", wie man
auch in Tlemsen und an andern Stellen des Maghreb spricht
(Maryais 32), hat ein Ausgleich des Anlauts und Auslauts statt-
gefunden, während das gemeinarabische ^ gerade durch Dissi-
milation entstanden ist, denn nach ttSKtti Jny»i erwartete man w.,~*.
das auch wirklich dialektisch vorkommt. Sigra „Baum" ist weit
verbreitet und das ^ darin vielleicht ursprünglicher als das ^
von gy£ui. — Abfall auslautender Konsonanten haben wir z. B.
im Perf. hu. ha aus käd, Impt. hü aus hüd und andern Formen
von ^\.i>!.:;) Ferner in manchen auf n ausgehenden Wörtern
wie in den Bildungen von ^Jt, z. B. mnei neben mnein „woher?";
feijäforha „bei dem Galgen" 30, 33; fejerre „bei dem König"
54,6: fehnaril „zum Kranken" 52, 17 dicht neben fen elmarit
52, 14; lei dilmdra = äi-^Ü ^cj> ^jbS „nach dieser Frau hin"
25, 32 u. dgl. m. gegenüber lein issüq „nach dem Markte" 29, 25,
und so selbst vor Suffixen lei'a „zu ihr", leih, leeh, laeh „zu ihm",
leija „zu mir", in denen also nicht etwa J| zu suchen ist.4) Der
anlautende Konsonant fallt ab im Genitivexjjonenten ta = ,-Lä/s :
vielleicht war dieses aber zuerst in das bequemere ntä1 über-
gegangen , wie in Tlemsen . wo man jetzt natürlich ntsä1 spricht
(Maivais 164); dann konnte das n leichter abfallen. Ferner wird
p stets aufgegeben in ta und den andern Formen von _Ii-
(= -la^O- Dazu kommen einige Zusammenziehungen wie juf.
C TXT Qi-ic
1i Wäre das v_j hier durch Einfluß der Formen, in welchen es direkt
an : stieß, für die ganze Wurzel ausgeglichen, so hätte es ein v (deutsches ir
gegehen, kein h.
2) Mtth. 28, .'3 selg d. i. nel<-.
3) Teilweise dasselbe in Tunis und Tlemsen (Stumme, Tunis. Gramm. 21;
Marcais 71).
4) Das Richtige schon bei Vassalli 28.
Bd. LVIII. 59
912 Anzeigen.
Die Vokalisierung ist ziemlich bunt. Wechsel zwischen nah
verwandten Vokalen, namentlich kurzen, sind häufig auch in einem
und demselben Text, und gar von einem Lokaldialekt zum andern.
Bei den Bauern wird ä viel zu ä, ö und selbst üo , ü. Neben
mar ,gingu (Spielform von _,:) haben wir so mär, mor, mor, mür.
Ganz besonders charakteristisch für das Maltesische ist der Diphthong
ie (Yassalli y) , der in zahllosen Fällen , durch das z. B. in Tunis
bewahrte a vermittelt, aus altem ä entstanden ist. Dies ie, ie
wird wieder oft weiter zu i, i, oder auch zu e, e. So z. B. biep
= ljLj; bibien = . ..Lju; kinu = Lili"; wihet = Js.5»^; Men,
ken = ..\S; qe'et = j^cLä u. s. w. Gestört wird diese Um-
wandlung namentlich durch r, z. B. dar = L>, auch wohl durch
ursprünglich emphatische Laute, aber diese Wirkung ist nicht durch-
greifend. So steht styq Vassalli 64, stie' 50, 5 neben häufigerem
stdq für vJjlÄ-i^, während das Impf . jistieq ist 26 , 13. Und ein
und derselbe Lokaldialekt bietet neben dimu bosta jigru „sie liefen
immer (L/>1j)" 57, 6 dorn jimsi „er ging immer" 56, 30, wo man
di'em erwartete. U. s. w. Auch die Subjektsformen der 1. Person
Jena , jina , jen , Jen , jin wei'den für iena stehn , das dem äna,
dne, äna andrer maghrebinischen Dialekte entspricht.1) Die Ver-
einfachung der Diphthongen resp. zu i, ii, die wir in kif = ^Ji^,
jam = »j.j sehen, ist lange nicht so häufig wie z. B. in Tunis.
Für ei kommt auch e vor: wir haben so für die Zahl „zwei"
eine in 48, 35; itnein; itnein 29, 20; tnein 40, 6. 48, 10; tnöin
60, 23; itnei 16, 3 und öfter neben einen 58, 19; tnen 48, 15.
Dies Beispiel mag zugleich zeigen, wie in diesen Texten die kleinen
Lautvarianten auftreten.
Unter den grammatischen Formen des Maltesischen ist viel
Interessantes ; ich will aber nur weniges hervorheben , um der
systematischen Darstellung in Stumme's Grammatik nicht zu sehr
vorzugreifen. Daß beim Personalpronomen und beim Verbum die
Formen der 2. fem. sämtlich und beim Plural auch die der
3. fem. verloren gegangen sind und durch die Maskulinformen er-
setzt werden, teilt der Dialekt Malta's z. B. mit denen von Tlemsen
und Tunis. — Über das vielgestaltige p J* resp. Loa {kein, sein,
1) Einzeln steht freilich auch sonst anlautendes ^ für JL: jasar
„Gefangenschaft"; jisima „ihr Name" 22, 37. 23, 3. 55, 32; ßs?nu „sein
Name" 31, 5 f. 37, 9 neben ismu 24, 20; esmio 57, 5; auch wohl in jou, jou,
öS
jäu (jett der Drucke) = _»S , worin freilich auch ein vorgeschlagenes Wörtcheu
stecken könnte. Vassalli hat für „oder" nur eu.
Nöldeke, Stumme's Malt. Stadien. — Malt. Märchen etc. 913
n, sei, si, si, se, sa, s) und über i^ji, di
bloßem i' wird (z. B. in shen und dessen Nebenformen
sen, sin, sei, si, si, se, sa, s) und über j^J, das oft auch zu
UV5* LT^1
„zur Zeit, daß") ließe sich vieles sagen. — Zur genaueren Be-
stimmung der Tempora gebraucht das Maltesische die Hülfsverba
..jL^j lX*5, .Lo. Verbindungen wie Jcien irit = Ajj ..U'
29, 16; ma hins jure ItzRnitu1) „zeigte seine Bosheit nicht" •">. 10
und wie kim-bat = ^xj 1^ „er hatte geschickt" 6.4: foeneJ
s«?-e£ .ve££a „war eine Jungfrau" (:\j».£) geworden" 9. 33 sind
ganz in der Weise der alten Sprache: auch Fälle wie bies inkun
nista-mmur = , ^j cl.i2.~J -) .. .Xi , ;iob „damit ich gehen
kann" 13,20; it;«?*« li-nkun qtilt = ...JG (= La oder i) cjJi t|..
e>JlÄs „nachdem ich getötet haben werde" 13, 17 (in denen aller-
dings das iikün auch wohl fehlen dürfte) befremden nicht. Ebenso-
wenig der Gebrauch von Lo für die Richtung auf die Zukunft, z. B.
seijer isiefer = .«L^j ..;Lo „will reisen" 68 nr. -42, 1 ; seira to'öp
= i^jLxj s.jLo „will untergehn" 55,22; sezWw emmorru = .Tj„..o
Lj+j „wir wollen gehn" 68 nr. 45, 2; m« seira nid nithols =
Jü J^>i\i U »jjUo xeIj-JI „soll ich (fem.) jetzt nicht eintreten?"
20, 37 u. s. w. Da Lo „werden" auch sonst noch ganz lebendig
ist. z.B. seijer „das geschieht" 44, 26; seira „das geschieht" 55, 37;
sär „wurde" 6, 8 = sür 56, 23: sdrn „wurden" 6, 29; sirl „ich
wurde" 27, 25 = sert 52, 2, 5; «'wir = sa*2J -<h'le geschehe"
13. 13 u. a. m.,3) so haben wir keinen Grund, hier von der nächst-
liegenden Annahme abzugehn , die ja auch durch Fälle wie sär
ihobba = Lgy*?. .Lo „dazu kam, sie zu lieben" 22, L9 bestätigt
wird. Also sind hier nicht Formen von Lw, das allerdings in der
einfachen Bedeutung „gehn" sehr gebräuchlich ist, und zwar so,
daß es die fehlenden Formen von * (.yO ersetzt; beide sind eben
defektiv. Höchstens könnte man annehmen, daß für die Sprache,
wie lautlich, so auch dem Sinne nach La und Lw zusammen-
1) i9)»l ist, soviel ich sehe, das einzige erhaltene Verbum IV. Klasse,
abgesehen von einigen Partizipien. IJnziii. ist im Maltesischen „bös< ".
2) Oder vielmehr 7c.I2.wu, da «.ji« ein Verbum I. Klasse geworden ist.
3) Speziell ist .Lo „fertig, gar werden, kochen (intr.)", /.. 1>. 7, I Dazu
das transitive saijar _a/o „kochte" 39, ^2 und sonst.
50*
1)14 Anzeigen.
gefallen seien.1) Dies -ho u. s. w. wird nun aber oft sehr ver-
kürzt und zwar auch beim Fem. und Plur. Wir haben ser. sc.
se. sa, z. B. ser jilh'tqom = ,gö<al; .Las „sie bald erreicht hätte"
8, 12; scjoqtolni „er wird mich töten" 28, 16; Idenet se-taqalu
„sie wollte ihm fallen" 29, 37: sennislcappa „werde ich ent-
wischen" (scappare) 64 nr. 17, 3 (parallel mit seir intir „werd' ich
wegfliegen" 1. 4); sejoqtlu „wollte ihn töten" 7,16; hont sanilisira
„ich hätte sie fast zerbrochen" 30, 1 u. s. w. Die Mittelformen ser,
se und der Gebrauch der vollen Formen neben den kurzen ge-
nügen , den Gedanken abzuhalten , daß sa , se das alte aus -^_*y~
verkürzte M sei. Und wie Stumme erkannt hat , daß sa , se aus
seir entstanden , so müssen wir ihm auch wohl darin beistimmen,
daß das als Präposition und Konjunktion „bis" gebräuchliche sa
nichts anderes ist; nur setze ich es nach dem, was ich oben ge-
geben habe, = .jLo. nicht = _jL*. Wie nun Juo die Zukunft,
so bezeichnen lAclä und dessen Verstümmlungen den Zustand, die
Gegenwart; durch \S wird dann der Zustand in die Vergangen-
heit gesetzt: hien qe'et istenrdja = lzs.xz^j «Acl'i r,b" „er er-
wartete sie" 23, 21; qel nistenna „ich erwarte" 21, 5; 'c'et t'aijat
= Ja.A*j lX.cLs „du (f.) schreist" 46, 8; sdbat mära sika. qeda
tazel „fand eine alte Frau mit Spinnen beschäftigt" 9, 36 ; donnom
qedln-jisfnu „als ob sie {^^Jj Impt.) gerade tanzten" 11, 13;
qeda imnmt „ich (fem.) bin im Sterben" (o«-iJ) 11, 27; ''c'eda
tithaddet „sie ist in der Unterredung" 38 , 32 ; 'äs leiertet qeda
tipin „warum sie weine" 19, 13; 'edin igibüli ftit te „sie bringen
mir ein wenig (c^-aäj-)) Thee" 42, 37 ; qet nitwahhas „ich (fem.)
bekomme Heimweh" 19, 35; donna qetiddoq = vjjjo cXcls Lglb
„es ist, als ob sie spielte" 11, 14; kif hienet qettamel daura „als
sie dabei war, herumzugehn" 12, 29; we 'ettiehel = Jv.cLs CP.
JJ'Lj „als sie gerade beim Essen war" 39, 37 ; ''et tära „du siehst"
32, 18; isiba flishdola ,dt'allem „findet sie in der Schule
lehrend" (^Ui* JccLä) 57, 7 u. s. w. Vgl. noch e'ät naroh „ich
(masc.) sehe dich" 54, 24 ganz nahe bei 'et-t'eidli calbi „mein Herz
1) Vassalli unterscheidet sie, s. 64. 70. 80. & ,
2) So mit Kecht Fischer. Ich hatte es = O'.aäS gesetzt.
Nöldeke, Stumme' s Malt. Studien. — Mali. Märchen etc. t)15
sagt uair"1) 54, 26. Der Gebrauch vollständiger und verstümmel-
ter Formen von _jLo und tXclä neben einander hat in andern
arabischen Dialekten allerlei Parallelen. Hier erwähne ich noch
das ha , das einen Wunsch ausdrückt : hammungiblu y+i J^s>
nJ w-v-F „ich möchte hingehn und ihm geben" 38, 7; hannureh
„ich will ihm zeigen" 38, 22; hansaljdra „ich will sie braten"
38, 19. Mit Recht sieht Stumme hier eine Verstümmelung von hallt
( -i=>, Jm> = Js3-) „laß", das auch in derselben oder in ähnlicher
Bedeutung gerade daneben gebraucht wird: halli t'ainni „ich möchte,
du hülfest mir" 38, 6; halli nohodielu nadifa „ich will sie ihm
rein (&Ä*ki) bringen" 38, 19. So steht 49, 20 halli-nhalli „laß
mich lassen", „ich möchte lassen" und in derselben Geschichte in
gleicher Bedeutung 49, 22, 26, 30, 36 hanhaüi.
Die maltesischen Partikeln geben uns manches Rätsel auf.
Was ist z. B. izda „aber"? Stumme möchte es aus ( .,)IJ> j>\ er-
klären, aber gewiß nicht mit Recht, denn diese Kombination hätte
kaum etwas anderes als idda resp. iddän oder iddien ergeben,
und für die adversative Bedeutung paßte sie auch schlecht. In
den Konditionalpartikeln scheinen allerlei Formen von 15 zu
stecken, wie ja 1/ \ und bloßes ,\S vielfach dialektisch „wenn"
bedeutet. Wir haben so Irin „ob" 60, 36 und oft ki, ke, h „wenn".
z.B. ki-jogbok ^.jäxj 12 „wenn's dir gefällt" 44, 34: kpnsiba
. . . kmd-nsibtes „wenn ich sie treffe . . . wenn ich sie nicht treffe
( -£ Ux-y^i)" 53, 38; kessiba „wenn du sie triffst" (L^jjwäj) 51, 5;
kdndek, kqndek „wenn es bei dir", „wenn du es hast" 53, 22.
60, 25. Merkwürdig ist kteku, kiku „wenn" (meist irreal), das
aber auch vor der Apodosis eines Bedingungssatzes stehen kann :
kiku kont 'dnja . . . kiku täf kqm kont inkün kuntenta „wenn
ich reich wäre, so würdest du erkennen, wie zufrieden ich sein
würde" 15, 33. Beachte Doch Fälle wie wimtSt phal-li kieku
1) i JLä ist in Malta fem. Die gleichbedeutenden Verba Jus und _>.ü
ergänzen einander. Vassalli's Regeln darüber 80 f. bewähren sich in Stummes
Texten; doch steht 7, 10 loiqnl, wo man wVSÜ erwartete, und 49, 6 hen
'adila „er hatte ihr gesagt", wo 'Cdila das Gewöhnliche wäre. oLc >-^-:V*r!
ist = olcl *-N.£*j eigentlich „wiederholen"; so Jjj. «jL und dägma im
Tigre; iterare Hör., Carm. 2, 18, 12.
916 Anzeigen.
meijet „und strecke dich aus" (iXJüsjj) wie ( Jdi S^) wenn du
tot wärest'' 13, 26; phal-li kieku liüni „zum Beispiel wie Löwen"
15, 5. Vgl. Vassalli 99; 9. 132. Im Grunde dürfte die Bedeutung
ungefähr auf „etwa" hinauslaufen. Ich möchte hierin m»Xj ..Li
sehen: dafür spricht noch bies , kikün 'addei §i vapür, Jardha
„damit, wenn irgend ein Dampfschiff vorbeiführe (slAc), er es
sähe" 33, 14. — Inkella „sonst" 16, 37. 29, 19. 60, 38; „oder
aber" Acta 24, 20 (incJiella) ist wahrscheinlich bl .JS ..!, obgleich
da die Stellung der Negation auffällt. Was das Ja davor in Vassalli's
j'an7ceUa, janhelläe 30. 98, 4 v. u. „oder" ist, weiß ich nicht.
Dunkel ist auch j'ek. vor Vokalen Jekk. wofür 55, 21 Jakk „wenn".
Vassalli 30 schreibt jylc. Wir werden so auf eine Grundform Jak
oder äk geführt. Diese mit Stumme = ek „so" d. i. l/ls» zu
setzen, ist mir sehr bedenklich, obgleich einmal ek für „wenn"
steht 6. 37. Vassalli hat nämlich „so" noch als hekkae, liekk (30,
in den Drucken hek) , und der Übergang von anlautendem Ji in J
ist schwerlich zu belegen.
Das Maltesische hat sich eine fast rein arabische Syntax be-
wahrt, da auch seine syntaktischen Neubildungen nicht wesent-
lich die Bahnen verlassen, in denen sich das Altarabische bewegt.
Die stärksten Abweichungen kommen wohl beim Ausdruck des
Objekts vor. Dieses wird nämlich weit über den altarabischen
Gebrauch hinaus manchmal durch die Präposition li (/, U, UV)
bezeichnet. So katel littork „tötete den Türken" 61 , 12 (Gozo);
hädet lilkeila 'ant-missiera „nahm Keila zu ihrem Vater" 23, 14;
sdp ilsidu „traf seinen Herrn" 14, 9; qaimet lilzäuga „weckte
ihren Gatten" 21, 25 u. s. w. Das Objekt kann dabei auch noch
durch ein Personalsuffix bezeichnet werden: jardh lükonti „sieht
den Grafen" 13, 36; raita Ibintek „ich habe deine Tochter gesehn"
24, 7; tlceccza lübinti „du meine Tochter wegjagst" (cacciar)
24, 15; ferner so lila jehallija „sie läßt er" (Lg.xJU*1.) 40, 35; Uli
JoHonni „mich tötet er" ( <öJLääj) 47, 18 ; Uli ma-trattaunU „mich
haben sie nicht traktiert" 42, 32 u. s. w. Entsprechend 'althi ihjahan
39, 12 oder 'altlu-lyahan 39, 17 „sie sagte (*J JlJlä) dem Gahan";
qalla lila „er sagte ihr" 30, 38 ; Ulli t/ibulu kikra te „ihm brachten
sie (aJ UjL>0 eine Tasse (chicchera) Tee" 42, 35. Einzeln wird
das Objektverhältnis auch bloß durch das Personalsuffix ausgedrückt:
Jena nsiba ettifla „ich treffe das Mädchen" 53, 36; mnei giptu
dalwart = j>. J| jj *.*+>- ^j} ,yi „woher hast du diese Böse ge-
Nöldeke, Stummes Malt. Studien. — Malt. Märchen etc. ^)\ <
bracht?" 18, 11; hüda-ddebba == joftXJj L?Äi> „nimm die Stute"
49 , 29. Alle diese Konstruktionen finden sich bekanntlich auch
im Aramäischen. Meistens bleibt übrigens das Objekt Verhältnis
ohne besondere Bezeichnung.
Schon früh fängt das Arabische an, den Artikel vor das
Gezählten voranstehende Zahlwort zu setzen, also können Fälle wie
Jerba bibien = r,Lj-o «j.bSI „die vier Tore" 25, 34 nicht auf-
fallen. Entsprechend izzäuo sebbiet = obLä _»;.-! „die beiden
Mädchen" 23, 4 1). So nun auch beim Ordinale mällauzoel i><<s
„beim ersten Q.^i jc^a) Schritt11 27, 28; läuicel tlit-hweijic =
#Jiy> o^li jjill „die ersten drei Dinge" 15,37 — 16,1; fittieni
skaffa „im zweiten Regal" (sicil. scaffa) 26,22, 36, 37. Hieran
schließt sich die Konstruktion des Artikels beim Elativ: rnillahjar
ekel = ,\S\ ^=>^i a-= „von der besten Speise" 52 , 24 ; flizbah
Icamva „in der schönsten {^ai\ r\) Kammer" 10,7; mellizbah
übles = (j*LJ f**o$\ r^A „von den schönsten Kleidern" 52, 23.
Der Unterschied der zu einem determinierten und der zu einem
indeterminierten Nomen gehörenden Relativsätze (&L-JL ^yo.il
und xftAjJl) wird bewahrt ; jene erhalten Mi, //, diese haben keinen
Exponenten. Auch die Zustandssätze aller Art sind im Maltesig
gut vertreten. Dazu kann man die Abhängigkeit eines Verbums
von einem andern rechnen; schon die oben besprochenen Verbin-
dungen mit Formen von ^ U", .1*3, Ax'i gehören dahin. Ferner
Fälle wie beda jahdem „fing an zu arbeiten" 2!', 29: irit jistri
„will kaufen" 30, 34: mä statt nqmel sein „ich konnte (ojtLuJ)
nichts machen" 30. 22, und mit dem Partiz. statt des Impf, ü baqa
liela = 2) «.JLLa Jü *§> „er stieg weiter" 26. 32. Vgl. noch mär-
ja'lef „ging zu füttern" 39, 25; Mn-ihollwm jibdtu *.aJ ..«jCj ..U
La*xj „sie hatten zu schicken, mußten schicken" 17, 23: /?///„/
jükellem „bringt ihn zum Reden" 29, 33 u. s. w. - Daß das
3LÜ J» in Sätzen wie qrä'a 'ü utiela „er las sie, währe
stieg" 26, 29 = liua utyla Vassalli 1 :'.•'! :;i nach dem Subjekt steht,
1) Siehe oben S. 907.
2) Klassisch wäre es natürlich .x »,
3) Eb. noch lila u njfzlae = jdiU -^j.
918 Anzeigen.
bedeutet keine starke Abweichung vom Altarabischen: es ist =
!«JLb y. .
Der maltesische Wortschatz enthält noch viel Erbgut aus der .
Wüste, aber von der lexikalischen Hypertrophie der alten Sprache
ist bei ihm nicht die Rede, wie wohl bei keiner heutigen arabischen
Mundart. Auch manche sehr gebräuchlichen Wörter sind verloren
gegangen, aber dafür andere sonst kaum oder gar nicht bekannte
bewahrt geblieben. Dies und jenes uns fremdartig anmutende
Wort wird wohl mit der Zeit bei genauerer Kenntnis der Laut-
übergänge enträtselt werden.1) Neben den Wörtern arabischen
Ursprungs enthält das Maltesische aber sehr viele dem Italienischen
entlehnte. Wir finden manche Stellen, in denen solche Fremd-
wörter gehäuft sind, wie in folgender: sa-flahhar waslu vdalpalats:
bibien ta-fidda, pümi ta-dep , mobil ta-lebbanu, purtieri ta-lim-
brukkät, siggfet induräti, sodda li-mä phäla — insomma , kollos
mülizbah-) = Aza c)Ljo :palazzo 'Ji |«3 J, LLo» y>^i J, J-o8)
imbroccato Aza portiere ;ebano Aza mobili ^.?j> Aza pomi ,Zjas
_-~ Jo insomma LgJLs=] Lo ill BJo« Jndorate (PI. von seggia) oL«^
^taiS .y« „bis sie zuletzt in dem Palast anlangten : silberne Tore,
goldene Türklopfer („Äpfel", „Knöpfe"), Möbeln von Ebenholz,
Portieren von Brokat, vergoldete Sessel, ein Bett, das nicht seines-
gleichen hatte; kurz alles vom schönsten" 19, 37 ff. Auch italienische
Verba spielen eine große Bolle. Formen wie indüna „denke dir" (in-
dovinare) 16, 27; ma-kkonfondiet „sie wurde nicht bestürzt" 12. 21:
offendietu „sie beleidigte ihn" 30 , 39 ; irrisponddoh „antworteten
ihm" 14,35; tiskansäh „rettest ihn" 8,27; tivvendika „sie sich
räche" 12, 32 und öfter ; jittramdu „unternehmen" {tramare) 6, 17;
ikompli „vollendet" 11, 26. 14, 23; sengaudi „ich werde mich
freuen" 20, 30 ; igaudu „freuen sich" 20, 26 und viele andere nehmen
sich in der semitischen Umgebung seltsam aus. Und auch solche
Adverbia wie allära „damals" öfter; kontra „entgegen" 37, 20;
tant „sehr" hat der Dialekt aufgenommen. Dazu halte man listes
kliem „dieselbe (stesso) Rede" 20, 20; dik innär4) stes „jenen
selben Tag" 15, 18; peres-li „darum, daß" 20, 13 = per esso
Jui u. dgl. Auch daß „Vater" schon immer missitr, missfer
1) Ist Itmieni „früh, in der Frühe1 vielleicht i$ 1+5" oder ^iL L*X ?
Das entspräche unseren „zeitig" = „früh".
2) Die Abweichungen der Vokale von der üblichen italienischen Aus-
sprache (u für o, i für e) gehn wohl alle auf die sizilischen Formen zurück.
3) Siehe oben S. 914.
4, När = ,Ui ist fem.; sonst stände nicht dik = ö>Jl>, sondern däk.
Nöldeke, Stumme's Malt. Studien. — Malt, Märchen etc. 919
heißt = sizil. misseri. ital. messere1), ist charakteristisch. Man
muß sich bei dem tiefen Eindringen solcher fremden Elemente
wundern, daß die Sprache ihren arabischen Charakter im ganzen
noch so weit bewahrt hat. Allerdings werden die meisten Fremd-
wörter erst in neuerer Zeit eingedrungen sein. Das gilt natürlich
ganz besonders von englischen wie grok „Grog" 42,23. 43,7;
pöni „Pony" 37, 33 f. 38, 10 f.; grumijet „Groorns" 10, 23; port-
monne „Portemonnaie" 44, 9. Bezeichnend ist, daß für „Polizei"
in demselben Text neben dem arabischen 'assa öfter pulizia,
pxduzia vorkommt. Vassalli hatte einigen Grund, den unnötigen
Gebrauch von Fremdwörtern zu mißbilligen. Aber gerade von den
Verben dürften manche dem Maltesischen schon lange angehören.
Es wäre wohl eine lohnende Aufgabe für einen Romanisten, zu
untersuchen , welche italienischen Wörter im Maltesischen alt sind,
und ob vielleicht ganz einzelne sich aus einem vorarabischen roma-
nischen Dialekt der Insel erhalten haben. Dabei sind natürlich
ganz besonders die Dialekte Siziliens zu beachten, das immer in
naher Verbindung mit Malta gestanden haben muß.2)
Ich erlaube mir nun noch einige wenige Kleinigkeiten an-
zuführen, die ich anders beurteile als Stumme. Resaq „langte an"
geht schwerlich auf ^s^. zurück (S. 109), sondern gehört zu
s_ÄAii't = ou^xJi. ..ji> maltesisch au, älter hauni, Jiaun
(Vassalli 29) ist nicht = LiP S. 86, sondern = LÜlP; beim
Demonstrativpronomen hat das Maltesische allerdings nur Formen
ohne hä wie da = 1J> , f. dl = , c3 u. s. w. — Km. älter hem,
hemm, hemmae (Vassalli 30) ist schwerlich durch einfache Laut-
veränderung aus *.!} oder vielmehr $.+} (\+±) entstanden , sondern
durch haun und Jiy7inae, hyn „dort" (Vassalli eb.) beeinflußt worden,
wie ich schon Wiener Ztschr. f. d. Kunde des Morgl. 8, 251 Anm. 6
geäußert habe. — Izzl'el „sie schmeichelt" 18, 13 wird doch wohl
nach Falzon's Schreibung als J^cLj anzusetzen sein; i
das trügerische, falsche Schmeicheln. — Ist sella .ließ srüßen"
1) Das ist aber nicht = „Meister'' (magistrum), sondern „mein Herr"
{meum seniorem), wie mir mein Kollege Gröber bestätigt.
2 ) Stumme hat die sizilischen Formen vielfach herangezogen. — ■ Ich
möchte hier die Vermutung wagen, daß bäta „litt", Impf, ib&ti patir, wo-
von Stumme mit Kocht dhatija „Leiden" 22, 37 ableitet, in einer Zeit auf-
genommen sei, als das p den arabisch redenden Maltosern noch anbequem war.
Auch das beliebte b/cca .Stück'1 könnto so in älterer Zeit aus einer Form wie
*piecia = pezza geworden sein. Das unveränderte pezza ist dann
neue Entlehnung.
920 Anzeigen.
wirklich Li? isdlle lalih sieht doch ganz aus wie ^.Jlc JUc=. j .
Das wäre einer der äußerst wenigen spezifisch muslimischen Aus-
drücke, die im Dialekt gehliehen sind, wie frie'n „stravaganti,
spiritati" PI. von far'un (Vassalli 115).1)
Stumme's Übersetzung kann ich nur das höchste Lob
zollen. Ohne sie wäre ich auf Schritt und Tritt ratlos gewesen.
Ebenso muß ich noch einmal ausdrücklich anerkennen , wie viel
ich seinen allgemeinen und speziellen „Erläuterungen" verdanke.
Hätten wir weiter nichts Maltesisches, als was uns hier Stumme
bietet, so wären wir über diese merkwürdige Mundart immerhin
schon sehr gut unterrichtet. Doch bleibt ihm und anderen hier
noch ein großes Feld der Beobachtung und Forschung. Gefahr
im Verzug besteht wohl noch nicht sehr. Voraussichtlich wird
sich das Maltesische noch ziemlich lange halten, wenn es auch so
gut wie sicher ist, daß es dereinst dem Italienischen weichen wird.
Daß es noch existiert, ist für uns Sprachforscher äußerst erfreulich;
ob das aber für die wechselnden christlichen Herrscher des Insel-
paars sehr rühmlich sei, ist eine andere Frage. Hätten diese sich's
angelegen sein lassen, das Volk geistig zu heben, es in möglichst
enge Verbindung mit den zunächst liegenden Quellen der Bildung
zu bringen, dann hätte sich die nicht- europäische Sprache in der
Nähe Italiens kaum gehalten. Aber daß Stumme selbst unter
Kellnern und Gärtnerburschen analphabete Leute fand (die für
seine Zwecke natürlich sehr wertvoll waren), zeigt, daß auch Eng-
land in den hundert Jahren seiner, für das materielle Gedeihen der
Malteser gewiß segensreichen , Herrschaft sich wenig darum be-
kümmert hat , ihnen ausreichenden Schulunterricht zu verschaffen.
Th. Nöldeke.
Acta Pauli aus der Heidelberger koptischen Papyrushand-
schrift Nr. 1 herausgegeben von Carl Schmidt. Über-
setzung, Untersuchungen und hoptischer Text. Dazu ein
Tafelband (= Veröffentlichungen aus der Heidelberger
Papyrus- Sammlung II). Leipzig, J. C. Hinrichs'sche Buch-
handlung, 1904. Ausgabe A (Textband geheftet, Tafelband
in Umschlag) M. 36. — .
Carl Schmidt, der aus den Trümmern der koptischen Literatur
schon so manche verschollene Schrift des christlichen Altertums
hervorgeholt hat, beschert uns in diesem Buche einen besonders
kostbaren Schatz. Der von ihm veröffentlichte Papyrus, von dem
3) Bei den Christen ist Pharao nicht Prototyp des Wüterichs, und die
Form ist genau die koranische ,^£.5,
Leipoldt, Schmidts Acta Pauli. 921
leider der weitaus größere Teil verloren gegangen ist.1; enthält
eine koptische Übersetzung der Paulusakten. Diese wurden um
180 n. Chr. von einem kleinasiatischen Presbyter verfaßt, eine frei
erfundene Erzählung mit erbaulichem Zwecke. Wir haben in ihnen
selbstverständlich keine Quelle für die Geschichte der Apostelzeil.
aber ein einzigartiges Denkmal des Geistes, der gegen das Ende
des zweiten Jahrhunderts die Christenheit beseelte. Nur ganz dürftige
Nachrichten waren bisher über dieses Werk bekannt. Schmidts
Fund bringt uns erstens die Erkenntnis, daß drei schon längst ge-
druckte und untersuchte Schriften aus der alten Kirche -) ursprüng-
lich Teile der Paulusakten bildeten. Er schenkt uns aber zweitens
nicht unbedeutende Bruchstücke der Paulusakten, die uns sonst keine
griechische, lateinische oder orientalische Handschrift aufbewahrt hat.
Keineswegs nur die Geschichtsforschung zieht aus den koptischen
Paulusakten Nutzen , sondern nicht zuletzt auch die ägyptische
Sprachwissenschaft. Sie sind in einem bisher völlig unbekannten
Dialekte geschrieben, den ich im Anschluß an den Herausgeber als
neuahmlmisch bezeichnen möchte.3) Die Vokalisation dieser Mundart
stimmt, im Allgemeinen mit dem Altahmlmischen überein, d. h. mit
der Sprache der Steindorff 'sehen Apokalypsen4) und der bekannten
Übersetzung der kleinen Propheten.5) Sie berührt sich jedoch in
einigen Kleinigkeiten mit dem Bohairischen. Es fehlt dem Neu-
ahmlmischen eine der hervorstechendsten Sonderheiten des Altahml-
mischen, das gestrichene £, das (unter dem deutlichen Einflüsse des
Sa'Idischen) teils zu o, teils zu uj geworden ist. Das Neuahmimische
nimmt so eine eigenartige Mittelstellung ein zwischen dem Alt-
ahmlmischen und dem Sa'Idischen. Schmidt scheint mir diese
richtig zu erklären, wenn er annimmt: das Neuahmimische i>t aus
dem Altahmlmischen hervorgegangen: die treibende Kraft dieser
Entwickelung war das allmähliche Eindringen des Sa'Idischen im
Gau von Ahmim.") Schmidt hat selbst gesehen, daß es solcher
1) Die erhaltenen Bruchstücke haben dem Herausgeber noch genug Mühe
gemacht. Die Handschrift bestand, als sio nach Europa kam. aus etwa zwei-
tausend meist recht kleinen Fetzen. In jahrelanger, entsagungsreicher
Arbeit hat Schmidt die Stücke geordnet und zusammengesetzt. Es ist ihm ge:
hingen, fast allen einen bestimmten Platz anzuweisen. Doch ist nur ein einziges
Blatt annähernd vollständig erhalten.
2) Es sind: 1. die Acta Pauli et Theclao , 2. ein Martyrium des Paulus
(bei R. A. Lipsius und M. Bonnet, Acta apostolorum apoerypha 1. Leipzig 1891,
S. 104 — 117), .'5. der Briefwechsel der Korinther mit Paulus (armenisch und
lateinisch erhalten).
3) Vgl. die Zusammenstellungen hei Schmidt S. 13 — 20 und das Glossar
S. 57'— 7G*.
4) v. Gebhardt und Darnach, Texte und Untersuchungen zur Geschichte
der altchristlichen Literatur, Neue Folge II 3 a, Leipzig 1899.
5) Recueil de travaux relatifs a la philologie et a l'archeologie egyptiennes
et assyrionnes XIX (III), 1897, S. 1 — 11'.
6) An sich könnte man auch meinen, daß «lie allmählich in einander
laufenden Dialekte nicht zeitlich auf einander folgten, sondern zu derselben
922 Anzeigen.
Zwischenstufen zwischen Altahmimischem und Sa'Tdischem noch
mehrere gibt: die sa'ldischen Bruchstücke der Eliasapokalypse1)
sind so stark mit ahmlniischen Formen durchsetzt,2) daß man sie
als eine Übergangsstufe zwischen Neuahmimischem und Sa'Tdischem
bezeichnen muß. Schmidt hätte noch hinzufügen können, daß das
Berliner ahmimische Genesisbruchstück 3) eine Mittelstellung zwischen
Alt- und Xeuahmimischem einnimmt. Hier ist in einzelnen Fällen
schon das gestrichene p dem uj gewichen (ujuine statt höpe) , das
a. dem e (efc^A , neben aJWA). Auch zwischen dem Dialekt der
saudischen Eliasapokalypse und dem reinen Sa'ldischen gibt es eine
Menge Zwischenstufen. Sa'ldische Urkunden, die fast rein ihre
Mundart wiedergeben, verwenden einige häufiger vorkommende Worte
und Formen in ahmlmischer Form.4) Andere haben vom Alt-
ahmlmischen nur die Vorliebe für ä. statt o bewahrt.5) In noch
anderen erinnert nur ein je und dann entschlüpfender a- Vokal an
die vergangene Herrschaft des Altahmlmischen.'') Übrigens fehlt
es nicht an Anzeichen, daß die Grenzen auch der übrigen koptischen
Dialekte keine scharfen Seewesen sind. Wir haben sa'ldische Texte
Zeit neben einander (in verschiedenen Gegenden) gesprochen wurden. Die
Unsicherheit so vieler Provenienzangaben und paläographischer Datierungen
käme einer solchen Vermutung zu gute. Sie scheint mir aber daran zu scheitern,
daß die altahmlmischen Apokalypsen und die sa'ldische Eliasapokalypse, zwischen
deren Mundarten das Neuahmlmische mitten inne liegt (s. u.) , beide sicher
aus derselben Gegend (dem Weißen Kloster bei Ahmlm) stammen.
1) Steindorff, a. a. O., S. 110 — 144.
2) Steindorff, a. a. O., S. 24—31.
3) Aegyptische Urkunden aus den koeniglichen Museen zu Berlin heraus-
gegeben von der Generalverwaltung. Koptische Urkunden, erster Band, fünftes
Heft S. 131 f.
4) Ebenda, sechstes Heft, S. 163 ff.
5) Paris, Bibliotheque Nationale, Copte 130 5 (Schenoudi 4), Blatt 139.
6) Vgl. v. Gebhardt und Harnack , Texte und Untersuchungen u. s. w.,
N. F., X 1, S. 95 Anm. 4. — ■ Ein mir unlösbares Problem bleibt bei der an-
gedeuteten Entwickelung bestehen. Im Weißen Kloster bei Ahmlm wurde, wie
es scbeint, von Anfang an sa'Tdisch gesprochen (die Annahme, Schenütes Werke
wären erst aus dem Ahmimischen ins Sa'ldische übersetzt, würde abenteuerlieh
sein). Trotzdem verdanken wir dem Weißen Kloster eine Menge ahmlmischer
Texte (s. o. S. 921 Anm. G) ! ■ — Daß die Paulusakten nicht aus dem Sa'ldischen
ins Ahmimische übersetzt wurden, scheint mir zweifellos. Erstens übersetzt
man nicht aus einem siegreichen Dialekt in einen absterbenden. Zweitens
wäre es bei einer solchen Übersetzung nicht ohne Übersetzungsfehler abgegangen;
von solchen ist aber nichts zu spüren. — Ich möchte bei dieser Gelegenheit
darauf aufmerksam machen, daß die ahmimischen Texte mit den im Gau von
Ahmlm entstandenen sa'ldischen eine auffallende Eigentümlichkeit gemein haben :
die Vorliebe, die Präpositionen pn- und e- durch ein vorgesetztes pp&.J,
cpp*.J, epO'Y'H zu verstärken (vgl. z. B. den aus dem Weißen Kloster
stammenden Text von I. Job. in Woides Appendix mit dem Text dieses Briefes
in der wohl aus der Thebai's stammenden Handschrift Ms. Orient, oct. 408 der
Königlichen Bibliothek zu Berlin)., Das ist ein Ahmimismus, den das um
Ahmlm gesprochene Sa'Tdisch nie abgestreift hat. Ich zweifle nicht, daß solcher
Ahmimismen sich bei näherem Zusehen noch viele finden werden.
Leipoldt, Schmidt' s Acta Pauli 923
mit einzelnen faiiümiscken (mittel ägyptischen) Formen.1) Daß die
bohairischen Sprachdenkmäler nicht frei sind von einzelnen sau-
dischen Formen, lehrt ein Blick in Horner's Apparat zu den bohai-
rischen Evangelien.'2)
Carl Schmidt hat den Text der Paulusakten mit nachahmens-
werter Sorgfalt abgedruckt und übersetzt. Kur einen Wunsch hätte
ich gehabt: die Ergänzungen der Lücken hätten hie und da mit
größerer Zurückhaltung vorgenommen werden können. Ein Beispiel
genüge: S. 1* (2 2) ev'A kann doch — falls man das A überhaupt
als einen Faktor mit in Rechnung setzen darf — ebensogut zu
cvh^'A. ivA'AcKp/y Aoc u. s. w. ergänzt werden, wie zu */A'A&.. In der
Übersetzung ist die Unsicherheit solcher Ergänzungen nicht immer
hinreichend angedeutet.
Was Einzelheiten betrifft . so erlaube ich mir folgende Be-
merkungen (es sind zumeist Verbesserungen von Druckfehlern).
S.VTII Z. 12 v. 0. 1. S. 4 st. S. 3. — S. G Z. 17 v. 0. 1. 104
st. 103. — ■ S. 24 (2 7) „an den Ort wo" pflegt der Kopte ein
einfaches o.toi> wiederzugeben. — (2 12) die Lesung ünif-i-JdwKo
(kann auch heißen : diesen Untergang) scheint mir gesichert. —
(1 2) scheint mir angesichts der Interpunktion vor e^opHei nicht
richtig ergänzt. e^pHei muß zu einem folgenden Substantiv mit
*.- gehören, nicht zu einem voraufgehenden Verbum. — S. 25 (1 7)
1. etwa in der neunten Stunde. Aiimey n- wird gern das grie-
chische rog umschrieben. — (3 22) 1. erweckt hat. — S. 26 (5 14)
„sie" ist betont (Schmidt hat in der Übersetzung leider nie an-
gegeben , wo ein Personalpronomen hervorgehoben ist). — 1 5 1 I
st. sich . . . wenden 1. zurückkehren. — (5 10) 1. da er war st.
war; der Nachsatz beginnt (5 21) er verschloß. — S. 28 (7 y) str.
bei sich (diese Worte müssen im Koptischen stehen: ihnen hat
sicher kein griechisches Äquivalent entsprochen). — (8 1) 1. noch
mehr mit st, mit noch größerer. — Anm. zu 8 2. Aus dem koptischen
werte ist keinesfalls zu schließen, daß der Kopte auch im Griechischen
cotfra gelesen hat. — S. 29 Anm. zu 8 7 scheint mir die Angabe
über Ko. sehr zweifelhaft, — S. 31 (11 2) 1. eitle st. eitle. — S. 32
(11 ie) 1. tritt st, trete. — (11 17) 1. sprich st. spreche. ■ — S. 35
(13 12) 1. was ist seine Lehre? Verkündiget u. s. w. — (13 15)
Die Ergänzung am Zeilenende will mir gar nicht gefallen.
weiß aber keine bessere. — S. 36 (14 10) 1. auf st. vor. — S. 43
(20 20) str. unter. — S. 45 (22 4) 1. gegen sie st, hinter (üben
ihr. — S. 49 (26 3) 1. gute Botschaft. - S. 51 (28 i) 1. ihre st.
ihre. — S. 52 (28 im str. mit Namen. — S. 54 (30 19) 1. so st.
ebenso. — (30 2s) 1. Blatt st. Seite. — S. 55 (31 22) 1. fremd und
klein. — (32 4) 1. schrie. — S. 57 (34 7) 1. und die Buhe und
1) Aegyptische Urkunden u. s. \v., sechstes Heft, S. 194.
2) The coptic version of the New Testament in tho nortbern dialect otc.
Oxford 1898.
<l24 Anzeigen.
uns befleißigen. — S. 59 (36 n) 1. Tische. — S. 62 (40 io) 1. nion
st. mon. — S. 63 (40 25) 1. mit Namen. — S. 67 (65 «) 1. euch
st. uns. — S. 68 (60 g) avcdcifißccveö&cu ist t. t. der Himmelfahrt.
- S. 70 (59 15) 1. aber (öi). — S. 71 (41 21) 1. die. — S. 89
(57 9) 1. nicht bin ich. — S. 97 Z. 7 v. 0. Die Ergänzung ist
falsch: 01- kann nur artikellose Nomina verbinden. Vielleicht
ooAAOit]oiev oie[ipHHH. — S. 101 Z. 8 «S* statt k kommt auch in
koptischen Worten vor (besonders häufig -a'e- für -kc-). — S. 5*
(8 ö) 1. n-re"x4"^.iK*.Joc*ynH. — S. 6* (10 5) 1. &ct st. ju^ct. —
S. 7* (11 2) 1. cyouj st, enjvujiuoy. — S. 8* (11 25) die Ergänzung
nee ist unmöglich (nee müßte vor uiteei stehen). — (12 2) 1.
en-rfe-vjuio'ymujii]. — S. 10* (14 12) 1. rrxncs'irrq en]ne. —
(14 lti) 1. •seo*yXPiC"x&n':,c]- — (14 24) 1. e.T]e^np. -- S. 13*
(20 2) zu oTo]oT-j [e vgl. Zeitschr. f. äg. Spr. u. Alt. XXXX, 1903,
S. 131. -- S. 17* (24 s) 1. e[Tn*]urT. — (25 ic) 1. eiKHK. —
S. 22* (31 3) 1. rrreivx*eie. -- S. 24* (33 12) 1. ney st. ^«eT.
- (34 2) 1. unxtHP^- — s- 39* (45 is) die Stelle ist verderbt
(es fehlt en nach -Trene^q). — S. 41* (47 5. ü) 1. a<yvu st. xxn. —
S. 50* (58 11) die Ergänzung k[a.t*., so auffallend sie inhaltlich
ist, scheint mir die einzig mögliche. — S. 76* links Z. 17 v. 0. 1.
S. st. B.
Der Wert der Schmidt'schen Arbeit wird selbstverständlich
durch diese kleinen Ausstellungen nicht beeinträchtigt. ' Schmidt hat
vielmehr hier, wie schon in seinen früheren Veröffentlichungen,
einen glänzenden Beweis seiner philologischen Genauigkeit und
Kombinationsgabe geliefert.
Die Ausstattung des Buches entspricht durchaus seinem inneren
Werte. Warum ein vollständiges Faksimile beigegeben wurde, ver-
mag ich nicht einzusehen. An schlecht erhaltenen Stellen gewährt
es keine Hilfe, so gut es auch gelungen ist; an gut erhaltenen
brauchen wir es, dank der Sorgfalt des Herausgebers, gar nicht
erst zu vergleichen. Das Faksimile steigert nur den Preis des
Buches und verbietet manchem die Anschaffung, der es gern sein
eigen nennen würde.
Möge es Carl Schmidt vergönnt sein , recht bald auch seine-
übrigen koptischen Funde der gelehrten Welt in so schönen Publi-
kationen vorzulegen. Sie stehen den Paulusakten an geschicht-
lichem und sprachlichem Werte vielleicht nicht nach.
J. Leipoldt.
Goldziher, HuarVs Le Livre de la Creation et de VHistoire etc. 925
Le livre de la Creation et de V Histoire de MotaJihar
ben Täliir el-Maqdisi attribue a Abou-ZS'id Ahmed
ben Sahl el- Balkhi, publie et traduit d'aprüs le manu-
scrit de Gonstantinople par M. Gl. Huart. — Tome III
Paris (E. Leroux) 1903, VII + 211 (arab.) -f 238 (franz.) SS.
[Publications de l'Ecole des Langues Orientales Vivantes.
IVe Serie — Vol. XVIII]
Der vorliegende dritte Teil der von Herrn Professor H u a r t
unternommenen Publikation, deren 1. und 2. Band an dieser Stelle
(54, 396 — 405; 55, 702—716) angezeigt wurden, erstreckt sich auf
die Kapitel X und XI des Werkes , als dessen Verfasser der nun
auch auf dem Titelblatt genannte Mutahhar b. Tähir al-Mukaddasi
festgestellt ist. Daß ihm palästinische Verhältnisse nahe lagen, ist
aus 121, 5 ersichtlich. Er bezieht sich hier sehr oft auf sein früheres
Werk Kitäb al-ma'änl oder vollständiger K. raa'änl al-Kur'än
(s. Index s. v.) ; vielleicht kann dieser Hinweis ein Anhaltspunkt
für seine Identifikation werden. Dieser Teil des Werkes hat in dem
einen Kapitel die Darstellung der Prophetenlegenden , im andern
eine kurze Zusammenfassung der vorislamischen Geschichte der Araber
und Perser, mit fortwährender Rücksicht auf die Synchronistik, zum
Gegenstande. Unsere Kunde von der islamischen Überlieferung
über diese Stoffe wird durch die Mitteilungen Mutahhar's kaum
vermehrt. Hingegen macht er sich durch die einem jeden Abschnitt
beigegebene Zusammenstellung der abweichenden Meinungen sehr
nützlich. Durch das Hervortreten der theologischen Individualität
des Verfassers, besonders im X. Kapitel, gewinnt seine Darstellung
auch persönliches Interesse. Er betont hier wiederholt seinen, schon
in früheren Abschnitten (vgl. hier 55, 703) den Traditionen gegen-
über dargelegten Standpunkt. Es wird unbedingter Glaube ge-
fordert für Wunderlegenden, die in fraglos gesun den Traditionen
berichtet sind, die ihm an Glaubwürdigkeit mit dem Koran als
gleichwertig gelten (47, 5). Die Schöpfung aus nichts sei ja selbsl
ein Wunder — so argumentiert er wiederholt (vgl. unten zu 55) — ;
der Glaube an sie zieht den an die Zulässigkeit anderer übernatür-
licher, von Gott bewirkter Vorgänge nach sich. In diesem Sinne weisl
er die Zweifel des Muhammed b. Zakarijjä al-ßäzi an den Propheten-
wundern streng zurück (110). Obwohl er diese These zunächsl
nur auf die in Koran und gutem Hadlt festgestellten Erzählungen
anwendet (43 unten), ist er auch harmlosen apokryphen Legenden
gegenüber nicht von unbeugsamer Strenge, sofern sie die Grenzen
des Möglichen und Zulässigen nicht überschreiten (4 7. i).\) Er legi
1) Er hatte schon früher (I, 4) konstatiert, daß selbst gelehrte Leute den
gewinnsüchtigen Erzählern (tjo\.*aJi}\ Ä.J0 Lä.^,*') viele vernunftwidrige I
nachsprechen.
(,)2() Anzeigen.
nicht viel Gewicht auf sie und möchte nicht , daß man sich mit
ihrer Kritik und Erklärung viel beschäftige , da sie ja für das
religiöse Leben nichts austragen und weder das Bekenntnis noch
die Religionsübung normieren können (82 , g). Aber die Spötter
wehrt er von ihnen ab. Man möge diese Legenden doch wenig-
stens anhören; damit vergebe man sich nichts (144, 1). Habe
ja auch der Prophet gestattet, die von den Juden überlieferten
Legenden ohne Skrupel zu tradieren (J^ui^l Jj ^c \yC\.z>
95, s; nicht „ce qui est arrive aux Israelites " , Übers. 97. Zu dem
Spruch vgl. REJ. XLIV, 64). Mit großer Entschiedenheit tritt er
aber mehrfach gegen die zu seiner Zeit sehr verbreitete Bätinijja
(157, t) auf, namentlich gegen ihre Bestrebung, die Wundererzäh-
lungen in allegorischer Weise zu deuten ; er wird nicht müde,
solche Erklärungsmethode bei jeder Gelegenheit als Ketzerei an den
Pranger zu stellen (23; 42, c; 55, 12; 95, 3 v. u.; 112, 11). Dabei
ist er jedoch selbst nicht frei von Rationalismus (33, 3 v. u.). Es
ist gewiß interessant , zu erfahren , daß er zur Erklärung des Be-
griffs der Versuchung (Gen. 22) eine rationalistische Meinung
anführt (64, 4 v. u.), die wir genau ebenso bei Maimüni (Dalälat III,
c. 24, ed. Munk p. üa) wiederfinden.
Die Informationen des Verfassers gründen sich für die in den
beiden Kapiteln behandelten Stoffe außer dem Koran und den
Traditionen auf eine Übersetzung des A. T.s (3! ydi *..*.:> .j 26, 1 :
61, s), auf die Literatur der Prophetenlegenden ( .1*3-1 v_>L£?l ^Ol5
^U-o^t 137, 3 v. u.), auf persische Historien (114 ult. 138, 4); auch
auf persönliche Berichte von Reisenden (36 , 7). Außer Wäkidl,
Ibn al-Kelbi, Ibn Ishäk führt er häufig das Buch des Abu Hudejfa1)
an; damit ist wohl das für biblische Legenden so oft zitierte Kit ab
al-mubtada' des Ishäk b. Bi£r gemeint (H. Ch. nr. 10458). —
Von Dichtern ist neben A'ää, wie in den vorhergehenden Kapiteln,
zumeist Omejja b. Abi-1-Salt für alte Legenden mit vielen umfang-
reichen Zitaten vertreten.
Der Herausgeber scheint die sich aus dem Zusammenhang leicht
ergebenden Bemerkungen , mit welchen wir in unseren früheren
Anzeigen zur Verbesserung seines Textes und der auch bei guten
LAA. desselben vorkommenden Irrtümer seiner Übersetzung bei-
tragen wollten, — wie aus dem vorliegenden Vorwort wieder er-
sichtlich ist ■ — , recht ungnädig aufgenommen zu haben. Einige
derselben hat er in den diesem III. Bande S. 215 ff. beigegebenen
Additions et Corrections allerdings sich zu eigen gemacht, ja sogar
zur Bekräftigung derselben, in einer sehr nach Treppenwitz aus-
1) Jakut IV, 807 ult. ist &.ÄaÄ5> in K.äjiÄ5> zu verbessern; das Zitat
geht -wohl auf das Futüli-Werk des A. H. zurück.
Goldziher, Huart's Le Liore de la Crmtion et de ÜHistoire etc. 927
sehenden Weise, den Ref. auf einige vor der Hand liegende Stellen
verwiesen, auf die er „aurait pu renvoyer". Aber der Herausgeber
findet, daß die in den meisten Fällen ganz mühelose Herstellung
der richtigen LAA., wie sie versucht wurde, ein gefahrvolles Unter-
fangen sei, und „les corrections les plus hardies" hervorrufe. Er
macht nicht den Versuch, dies auch nur an einem Beispiel zu
erweisen, so wie er auch zu übersehen scheint, daß ein großer Teil
der Verbesserungen nicht den Stambuler Text betrifft, sondern
verkehrte Übersetzungen, mit denen der Sinn desselben mißverstanden
wurde. Es ist wirklich überflüssig, die selbstverständliche Er-
klärungsart vd'une certaine ecole* — wir können nicht ahnen, gegen
welche Schule eigentlich diese Ironie gemünzt sein soll — gegen-
über dem pietätvollen, freilich auch recht bequemen Kultus einer bösen
Handschrift, zu verteidigen. Der vorliegende Teil enthält, trotz der
Leichtigkeit seiner Prosa, wieder einige schwierige Einzelheiten, die
der Abschreiber einfach als solche hinstellt, und für die er mit
einem ehrlichen J^bSt J, \öS die Verantwortlichkeit ablehnt. Wir
haben keine Neigung den Rätseln mit „corrections hardies" bei-
zukommen. Auch wo ein solches Eingeständnis nicht beigefügt ist,
werden dem Editor Aufgaben gestellt. Der Herausgeber hat auch
in diesem Bande nicht unterlassen, den augenfälligen Absurditäten
seines Kodex den blinden Gehorsam zu versagen und mit Text-
korrektuten einzugreifen. Freilich auch an Stellen, wo die Nötigung
dazu nicht vorgelegen hat. So z. B. muß 75, o das j^ des Textes
bleiben, allerdings das vorhergehende A,/i» als J0.3. erkannt werden:
„alle Propheten nach Ibrahim und vor den B. Israil". Die Über-
setzung 77, 10 kann nicht gut bestehen. — Ebenso ist die von ll.
geforderte Einschiebung des Lz^s 91, e nach dem Vordersatz des
Bedingungssatzes völlig überflüssig und ungeeignet. ■ — Eine ganz
unberechtigte Einschiebung hat er 154, 9 vorgenommen in der Er-
zählung vom Tode Alexanders d. Gv. Er giebt den von ihm er-
gänzten Text so : [Lc.ol isuSil *.Ä^' *^5=-,Li5 „la servante jeta sous
lui une cotte de mailles". Aber von einer „servante" ist hier gar
keine Rede. Das Verbum muß passivisch gelesen werden: <^^s>.jaz
Kx^S »£&', die Ergänzung hat wegzufallen. — Desgleichen sieht
man nicht, warum 195, 10 das richtige J^j^X^ A^s*j der Eandschrifl
in A,^.^ verändert wurde; natürlich ist nicht von „1111 chameau
robuste" (Übers. 197, o) sondern von „starkern Angriff" die Rede.
Allerdings wäre auf der andern Seite vieles von den schlechten
LAA. der Vorlage, oder der Art wie sie der Berausgeber aui
hat, zu heilen; dadurch ergeben sich häufig zugleich Änderungen
15(i. LVIII.
928 Anzeigen.
an der Übersetzung des Herrn H.1) — 21, 3 V. u. tXPl-w» lic\$>L£ö
-AisÄJ lila ,.y* 1. c^äj Luu.ä ,.ys. — Das unverständliche, durch
die Erklärung H.'s (Übers. 24 Anrn. 8) durchaus nicht aufgeklärte
.-aj.^J' ist am besten als -xi'U.0 zu verstehen. — 40, 5 o*J>.jj
1. u>js>J»- — 45, »5 ls.=> (Übers, changeinent) 1. li_>. — 46, r> Ui"
1. »*„'. — 50,io ä.j mv^aj 1. ^jJUäj, also nicht „que ces gens
connaissaient", sondern „an die sie sich in ihren Handlungen hielten".
— 51,4 +& ^v-.\j Übers. 52, io „qu'en les brisant"; es liegt auf
der Hand, daß ^-P.aaXj zu lesen ist: „Abraham habe mit dem Aus-
druck a-P-^-O ».1*3 in der zitierten Koranstelle (21 , ci) sich selbst
gemeint". — 54, 10 LsJi &jf, das erstere Wort 1. äCwJf. — 55, penult.
si^.1! der Zusammenhang zeigt, daß dies ein lapsus calami sein
müsse, und erfordert an dieser Stelle ein Wort, das „Schöpfung",
o£Jis>, bedeutet. „Die Hervorbringung der Schöpfung (aus Nichts)
ist dem Verstände ebenso unbegreiflich ; wer also jene anerkennt,
muß auch die Wunder anerkennen auf dem Wege der Ana-
logie. Wer hingegen das Wunder leugnet, der leugnet zugleich die
Schöpfung der Welt (aus nichts; vgl. dieselbe Motivierung 18, i)".
Zugleich ist ersichtlich , daß das als L**ls niedergeschriebene und
mit „qu'ils croient „imperturbablement" übersetzte Wort L*Ias'
gelesen werden muß. — 72, 5 aJlii o. 1. aJUi oi, das Nomen kann
hier nicht Objekt von Leo sein. — 73, 4 )dJ& 1. liXö? — 73, i
^Jiäj 1. L$hj. — 84 penult. ^ä^j 1. ^^ j. — 86, 5 j 1. ^.
— 93 penult. JjuLavI ^ S^L^j („la protection des Israelites"
96, t) 1. 8;j)L^5 der Durchzug der B. I. durchs Meer. —
115, 12 1. xx^d tkjL hy^- — HS, 2 ^jsA 1. ^iXs») eine
der beiden Zerstörungen Jerusalems (vgl. 211, 5 ^J! ij±iJ.\ ^_c<A:>0;
dies war die erste. — 135, 9 jUiLPjl». — 136,8 l\*ä.*jI. —
.. • j ^
142,4.5 LcJJ> li^U 1. \jzJoa b»*v«. — 145,io \3\ 1. 61 —
1) Vgl. auch die Bemerkungen von D. S. Margoli 0 u th in JRAS., 1904,
571—578.
Goldziher, Huart's Le Livre de la Creation et de VHistoire etc. f)0()
147. i^
*>\jS*
— 152. i
ojCii 1.
>
- ibid. Z. t v. u.
t***F.
1. ,,^<. -
— 157, 6
J ist zu
streichen.
— 159,io iL
1- rfy
-164,. ^L^"
vie auch
die Über
s. voraussetzt. —
169,4 (
^--.L' („les
ruses" 172
, ») 1. ,
<=UU. —
1 V-V .; -£Ls\JU.
— 188, it nach KP ji scheint ^JJt ausgefallen zu sein. — 192, 7
tLXJiii ^ ÜUwÄitj .... („nous t'appartenons ainsi que nos ämes,
ä toi de nous appeler" 193, so); 1. iLXäJi, natürlich ändert sich
dabei die syntaktische Stellung von LamäjI». — 193. 7 ».p. 1. ^, m
— 195, 2 Jjüttiy (conseil) 1. ujjtilT. — 203, 9 j^>Ls. — ibid.
Z. 12 Jo^aA. — 208, :; V. u. ^>.
Der Herausgeber möge uns gestatten, auch aus seiner Übersetzung
einige Stellen hervorzuheben, an denen er nicht das richtige getroffen
zu haben scheint. — 13, 12 das J^c des Textes (12,3) ist mit
„travail" nicht genau bestimmt: es ist hier speziell Tgottwohl-
gefälliges, religiöses Tun". — 17, 6 „et de lä vient" 1. „zu diesen
Dingen (die von den Ajüi J^i nicht anerkannt werden) gehöri
ferner"; U^a», (Text 15,3) führt die oben 14,3 v. u. begonnene
Aufzählung (LgjL*) fort. — 22,22: „S'il y a encore des habitants
sur la terre ä cette epoque-lä, ces habitants dureront jusqu'aux
temps predits par les livres divins" u. s. w. soll den Textworten
21, lff. entsprechen: \S q^L« \S.S> JJU J.\ ^.Uj A jL> lölj
jj->5 fwa^tj ^)5jÄ^5 OlXPU:» . . . *Ui ^.JO *j — '-\. Lc J.| ,*XmJ|
„wenn es zulässig ist, daß man sich bei ähnlichen Anschauungen
beruhige, so ist es doch um so eher zulässig, daß man sich bei den
Nachrichten der göttlichen Bücher, und dem Zeugnisse der Genera-
tionen und Völker beruhige". Erst kurz vorher (15 penult.) hat
der Verf. diesen Sprachgebrauch beobachten können. — 23, 2 _Lc
x^5» £ ..P Lo (21, 7) ist nicht „place sous sn domination" sondern
„wovon dasselbe gilt". — 34,4 „d'une valeur personnelle moyenne"
*-giaw» \ (32,2); richtig: „der ausgezeichnetste an Wert": .ya b
f^x^s>^ fr&jM q^ ^\ «^y 1^.\. LA. IX, 309, 4; dasselb«
von der „extraction mediocre" 39 , .1 v. u. (Ly*o *ugixw.J Text
37, :; v. u.); vgl. de Goeje, Gloss. Tab. s. v. >>^. — 51, ia „reserväe
par Dieu" u. s. w. Mit Js.> (50, -j) beginnt die Apodosis des mit
Gu*
f)30 Anzeigen.
UJ i 'ingeleiteten Vordersatzes. — 61, g „ce qui passa ä l'egard de
Sodom"; nicht ' ^ +ks* J, (59, 10), sondern *.£>: der Richter von
Sodom ist sprichwörtlich. — 67, 12 „car vous n'avez fait qu'accomplir
rna p<Z7vle'i, richtig: „ich zürne nicht ML'i _xt) darüber, was un-
getan habt" (Text 65, s). — 72, 19 „Tu fais de bei ouvrage, alors
que tu es inscrit" u. s. w. Der richtige Sinn ist: „Du willst eine
(schlechte) Tat begehen , während du bei Gott als Prophet ein-
geschrieben bist?" — 79, 12 lyLaLü (77, 2) ist nicht „ils se crurent
sauves" sondern: sie schlugen die Richtung nach rechts (oder nach dem
Süden) ein. — ibid. Z. 20 „la fille de Kalamoun lui succeda" 2uiJl:>
..^t-lf u>.xj; das kann ^L> III nicht bedeuten ; Chälifa (X.&.S13»)
kann hier nichts anderes sein als Eigenname einer Tochter des K.,
die ihren Vater in diesem Liede betrauert ; sonst wird das Trauerlied
einer nicht mit Namen bezeichneten Schwester des K. zugeschrieben
(Ta'labi, 'Arais, Kairo 1312, 99, <;; BalawT I, 75, 10); im Vers an
beiden Stellen i Li. — 80,11. Manche Leute erklären das voran-
gehende Hadit (wonach Chidr zu Du-1-Karnejn gesagt hätte : „Ich
habe gesucht und du hast gefunden") „dans le sens que son existence
reelle signifierait une science secrete que Ton recherche". Man muß
den Text (SO ult.) so lesen : ^JS Ac Käaä^* ,-V>'_5 ^ä*-* J^
d. h. sie bezieben das „Finden" (der Quelle) auf das Finden der
Wahrheit einer Wissenschaft. — 123, 23 sie schrieben nieder ^ p Lo
Kj)fcÄÜ ,.yA (119, 10) „was von der T. in Vergessenheit geraten war",
nicht: „ce qu'ils lisaient dans le Pentateuque". — 154,22 nicht
„qui est surnomme Bahrän ä cause de sa haute dignite",
sondern: „der erhob ( .*.^) den Bahrain zu der hohen Würde*. —
188 , 10 v. u. „je desirais te voir j'aurais voulu que tu ne
me demandasses pas tes chameaux et que tu abandonnes ta maison,
qui est toute ta religion", ist völlig mißverstanden: „Ich hatte
(früher) Gefallen an dir nun aber wende ich mich ab. Du
verlangst von mir deine Kamele und kümmerst dich nicht um dein
(Gottes-)Haus, das doch deine Religion ist" (Text 187, 3 ff.).
I. Goldziher.
Weißbach, Meißner'« Neuardbische Geschichten aus dem Iraq. 931
Bruno Meißner , Neuarabische Geschichten aus dem Iraq,
gesammelt, übersetzt, herausgegeben und mit einem ericeiterten
Glossar versehen. (Beiträge zur Assyriologie und semitischen
Sprachwissenschaft V, 1.) Leipzig, J. C. Hinrichs, 1903.
Mk. 10.—.
Der arabische Dialekt Babyloniens war bis vor wenigen Jahren
der gelehrten Welt fast unbekannt geblieben. An Reisenden, welche
in jener Gegend gewandert sind und sich monate- und jahrelang
dort aufgehalten haben , hat es nicht gefehlt. Aber selbst ein
Oppert, der sich doch in den drei Jahren seiner babylonischen
Forschungen gewiß eine gute Kenntnis des Dialektes der Ein-
geborenen erworben hatte, hat sich nicht veranlaßt gesehen, mehr
als einige dürftige Notizen, die diesen Dialekt betreffen, in sein
großes Werk „Expedition en Mesopotamie"1) einzustreuen. Unter
diesen Umständen ist Meißner's Verdienst, den arabischen Dialekt
von Babylonien den Gelehrten Europas ziigänglich gemacht zu haben,
kaum hoch genug anzuschlagen.
Seinen „Sprichwörtern und Rätseln" (Mitteilungen des Seminars
für Orient. Sprachen zu Berlin, Abt. II2) Jg. IV 137 — 174) und
seinen „Neuarabischen Gedichten" (daselbst V 77 — 131; VI 57 — 125;
VII 1 — 11) ließ Meißner die vorliegenden „Geschichten" folgen, nicht
nur an Umfang die bedeutendste, sondern auch für das praktische
Studium die wichtigste der genannten Publikationen. Zur Einführung
in die Sprache ist nichts geeigneter als solche zwanglose Prosa, die,
ohne nach seltenen und entlegenen Ausdrücken und Konstruktionen
zu haschen, meist ein treues Abbild der Umgangssprache des ge-
wöhnlichen Volkes bietet.
Die Einleitung (SS. I — VI) beschäftigt sich mit dem Inhalt
der Geschichten, Nachweisen von Quellen oder anderweitigem Vor-
kommen , Parallelen u. ä. V. Chauvin hat hier einige wichtige
Notizen beigesteuert. Folkloristen von Fach werden diese Seiten
besonders interessieren. S. V Z. 2 ist das Zitat aus Tantavy falsch.
Anstatt p. 118 lese man p. 114.
Weiter folgt ein „Grammatischer Abriß" (SS. VII — LV). Einem
ersten Versuch, einen arabischen Dialekt grammatisch zu fixieren,
müssen zahlreiche Mängel und Unvollkommenkeiten anhaften, nament-
lich wenn man auf seine Erlernung nur die Mußestunden eines
Jahres verwenden kann und keinen grammatisch geschulten Lehrer
hat. Rasid ec-Cäll, Meißner's Lehrer, bei dem auch ich nachmals
Unterricht nahm, besitzt gewiß eine gute Kenntnis nicht nur seines
eigenen Dialektes, sondern auch der benachbarten Dialekte und —
in beschränkterem Maße freilich - des Hocharabisclen. Au. b
beherrscht er mit verhältnismäßiger Sicherheit die Orthographie,
1) T. 1, 113 f. Paris 1863.
2) Im folgenden zitiert als: Mitt.
932 Anzeigen.
deren Eigentümlichkeiten (Meißner, Mitt. IV 138 ff.) man allerdings
in Kauf nehmen muß. In der Erklärung von Texten und einzelnen
Sätzen, wie sie dem Bedürfnis des europäischen Schülers angemessen
ist, hat er mit der Zeit eine gewisse Übung erlangt, ohne sich
jedoch zur Vollkommenheit durchzuringen. Dazu fehlt ihm die
Kenntnis der grammatischen Terminologie und das feinere Gefühl,
schwierigere grammatische Formen richtig zu zergliedern. Ihn
systematisch Formen (z.B. Plurale oder Grundformen des Verbums)
abzufragen, ist nicht rätlich. Man riskiert dabei imaginäre, besten-
falls schriftarabische Bildungen zu erhalten, und sollte deshalb solche
abgefragte Formen, wenn man sie nicht anderweitig hört oder be-
legen kann, nur nach wiederholter Kontrolle als vollwertiges Sprach-
gut ansehen. Es sind das Erfahrungen, wie sie ähnlich wohl jeder
europäische Gelehrte macht, der mit Kenntnis des klassischen Arabisch
einen grammatisch noch nicht fixierten arabischen Dialekt in dieser
Weise lernen will. Am meisten Wert haben natürlich solche Formen
und Bildungen, die einem spontan entgegentreten. Es ist mir oft
genug begegnet, daß Rasid nach mehreren Wochen eine abgefragte
Form ganz anders angab als vorher, so daß es noch wiederholter
Prüfung bedurfte , in einzelnen Fällen auch noch bedürfen wird,
um volle Gewißheit zu erlangen. Zu Nutz und Frommen derjenigen,
welche sich mit dem arabischen Dialekte von Babylonien zu be-
schäftigen gedenken, möchte ich einige Zusätze und Berichtigungen
zu Meißner's Grundriß beifügen.
§ 1. Die Namen der arabischen Buchstaben lauten in der
Aussprache des dortigen Dialektes: alif, b$e, tir. tir, gim, lim, ha,
ha, dal, dal, ra, zie , sin, sin, sad, d.ad, ta, zg (sprich da), San,
ran, fie, qdf, käf, gäf idgcml, mim, nun, uau, ha, ie.
§ 2. 1) Verdoppelung. Die Verdoppelung der Konso-
nanten bleibt in der Aussprache nur dann deutlich vernehmbar,
wenn ein Vokal folgt. Im Auslaut oder vor folgendem Konsonanten
wird sie regelmäßig aufgehoben, also dib (etym. oö) „wirf hin",
dagegen richtig dibba „wirf ihn hin"; dar „schädlich", aber fem.
därra.
2) Mouillierung. Die hier gegebene Regel kann ich nicht
bestätigen. Die 5 Beispiele umschreibe ich dkl, zien, lirig. mir-..
teniet. Sie sind nach dem unten zu § 4 d) und e) bemerkten zu
erklären.
3) Palatalisierung. Die Palatalisierung der Konsonanten
k, q und g zu c und g unterbleibt auch, wenn ein Suffix mit
Palatal angehängt wird, z. B. dcil „Essen", acil-hum , aber fem.
<d;d,-can „euer Essen"; doch vgl. unäcic S. 80 Z. 4 u. a. — Zu-
weilen dient die Palatalisierung zur Differenzierung der Bedeutung,
vgl. (jgeq'd „er sitzt" (von Jot» I.) , dagegen ugesid „er weckt
Weißbach, Meißner's Neuarabische Geschichten aus dem Iraq. 933
auf (IV. Stamm): sekäkin pl. von sikkän „Steuer (eines Schiffes),
Weiche (der Eisenbahn)", dagegen secäcin pl. von siccing „Messer";
cte „wie" (mit Abfall des -f), dagegen kief „Befinden, Wohl-
hefinden"; gtsam „teilen" — g/'sgm „dividieren": mglic {£&a)
„Engel" — malt'k („^sJU) „König". Ob übrigens der Unterschied
ganz streng durchgeführt ist — namentlich bei den letzten beiden
Beispielen — ist nicht völlig zweifellos. Hervorzuheben ist noch
die Aussprache von c und g als t) bez. d vor s und z, also iidsim
(st. iigsim) „er teilt"; adzähäng (st. agzähdng) „Apotheke": iitsl
(st. ifcsl) „er bekleidet".
4) Assimilierung. k nach h und 3 wird leicht zu /?, z.B.
ruhhwm „ihr (eorum) Geist", für rüh-hum; abillig „ich verkaufe
sie (eam)", für abuha.
8) Metathese. Zu den von Meißner hier und von Socin,
Diwan aus Centralarabien III § 173 angeführten Beispielen gesellen
sich noch: uosil „Neige, letzter Best einer Flüssigkeit in einem
Gefäß", klass. &yä; sldg.f, siifad „Perlmutter"; •; J für äJ.
„ausgleiten"; ndlal für lalan „verfluchen"; ndjfad für ndddaf
(kl. v_aix;) „reinigen".
§ 3. 1) a) h) Die Aussprache des Fath als reines kurzes e
ist im dortigen Dialekt, wenn sie überhaupt vorkommt, jedenfalls
sehr selten. Die beiden Vokale des Wortes sene stehen dem ersten
Vokal in bgrid „Kälte" ungleich näher, als etwa dem ersten e in
„Schwester" nach süddeutscher Aussprache. Man wird deshalb
besser tun, das Fath auch in solchen Fällen durch g l) zu um-
schreiben, also sang, „Jahr", cgbir „groß".
i) Umgekehrt wird in manchen Fällen bei zwei aufeinander
folgenden e (a)-haltigen Silben der 2. Vokal in i oder i differen-
ziert. So z. B. bei der Konjugation des II. Stammes. Man sagt
wohl cgttgf „er hat gefesselt", aber cgttifgt „sie hat gefesselt",
cattifau, cattifan „sie haben gefesselt"; sgllimgt (bez. sSllimet) „sie
hat sich empfohlen", Meißner, Mitt. IV 15b. Ferner bei der 3. Sing,
fem., wenn ein vokalisch anlautendes Suffix angehängt wird. Bei-
spiele: clgbbgt „sie warf weg", aber -\--g, („ihn") dabbita (oder
wie Meißner umschreibt debbitäh) S. 20 Z. 14; ahalat „sie hat
gegessen", aber +-g akglftg (S. 56 Z. 4), dagegen -\--ng („uns")
akalgtng (nach Meißner's Umschreibung akaletnü) daselbst.
b) a) Vgl. auch § 5 d. Auslautendes -a wird in der Um-
gangssprache fast durchweg zu -g verkürzt, einerlei ob es klass.
ll oder ' entspricht. Man sagt also bäb-lig „ihr Tor" („j.jJ.
1) Es empfiehlt sich, die zur Unterscheidung der Vokalnuancen dienonden
Zeichen unter die Vokalbuchstaben zu setzen, um den Kaum darüh
<.^uantitats- und Akzentzeichen frei zu halten.
934 Anzeigen.
:dsg „ Stock" (Lac); itrdg „er stimmt zu" ( gjtoj). Sogar aus-
lautendes s\. wird in dieser Weise verkürzt, z. B. hdmrg „rot"
(fem., tL*.:>), Sa-ya „Abendessen" (tLiXc). Wo aber langes ü in
Prosa scbeinbar auslautet , ist ein virtuelles , meist unhörbares -h
am Schluß anzunehmen, z. B. sqldh „Gebet", mishäh „Spaten",,
labäh „Mantel" (gtllc). Bei a#«Ä wird die 2. Silbe öfters, nament-
lich in Zusammensetzungen, verkürzt: iAbddllg , kl. %ÄbdvHMhi\
uallg „bei Gott"; ?«//a „los!, vorwärts!, dann". Werden dem aus-
lautenden -g Suffixe angehängt, so erscheint der ursprüngliche
Yokal in voller Reinheit wieder, z. B. iaidk „dein Abendessen";
asdh „sein Stock". Was die einsilbigen Wörter anlangt, so ist
folgendes zu bemerken.
iä (Vokativpartikel) kann verkürzt werden , . wenn es mit der
1. Silbe des folgenden Wortes zu einer geschlossenen Silbe ver-
einigt wird, z. B. iä Emhdmmad wird igmhdmmgd ; iä Esnän:
igsnän, dagegen iä SAU.
Iä in der Bedeutung „nein" wird meist la' ausgesprochen,
wenigstens wenn nichts weiter folgt. In der Bedeutung „nicht"
(prohibitiv) behält es seine Länge fast immer, dagegen können die
Vokale in Ja — ualä „weder — noch" unter ähnlichen Verhält-
nissen wie iä verkürzt werden, z. B. Iqssqtt (= iä H-satt) trüb
iiqlalgdhbg tetüb „der Strom gefriert nicht, und die Hure bekehrt
sich nicht".
mä bleibt meist unverändert; die Verkürzung ist selten (s.
§ 5 c). Über kl. tU = mqi s. § 4 c.
2) b) b) Daß i vor Labialen dunkler (//) ausgesprochen werde,
trifft nicht zu. In dib „Wolf", lif „Bast", rimg „junge Gazelle"
/.. B. lautet das i ganz rein. Die dunklere Aussprache in dalyf
ist vielmehr durch das vorhergehende S bewirkt.
3) a) d) „Hochzeit" heißt im dortigen Dialekt igris. Daß
der 1. Vokal als Damm aufzufassen sei, glaube ich nicht. Vielmehr
wird das Wort trotz des Bedeutungsunterschiedes kl. ^ c ent-
sprechen.
b) b) sör „Stadtmauer" erinnere ich mich nicht, je gehört zu
haben, sondern nur sür. In sorg „Bild" hat der vorhergehende
emphatische Laut die Verdumpfung bewirkt.
§ 4. Die Diphthonge an und ei haben sich, mit Ausnahme
der unter b) erwähnten Fälle, höchstens in klassizierender Aus-
sprache erhalten. Die regelrechte Vertretung für klass. au ist
sonst du oder einfach ö. Für kl. ai tritt entweder je (vgl. schon
Weißbach, Meißner 's Neuarabische Geschichten aus dem Iraq. 935
oben zu § 2, 2), oder ä, selten reines e ein. Ganz scharf ab-
gegrenzte Regeln lassen sich noch nicht aufstellen, zumal da hier
offenbar auch individuelle Verschiedenheiten der Aussprache mit-
spielen. Im allgemeinen herrscht nach b, t, t, g, c-, d, d, z, 8, s,
f, A:, g: /, m, n der helle Diphthong ie, nach r, sowie nach Hauch-
und emphatischen Lauten ä. Beispiele: bicija „Ei", bietdr „Tier-
arzt", ties »Bock", gies „Heer", ciela „Pulverladung, Schuß", dien
„Schuld, Anleihe", diel1) „Schwanz", zietün „Ölbaum", stef „Schwert",
steh „Stammesoberhaupt", kief „(Wohl-)Befinden", gted „Sommer",
Itet „Löwe", miel „Neigung, Schiefe", niecg „Coitus". Dagegen
hdl „Kraft", hdl „Rosse", Emrgsid Dem. v. Nurski, sdf „Sommer",
44f „Gast", tdf „Traum", ign „Auge, Quelle", rdb „Unsichtbarkeit",
hdl „Kardamon".
Erhalten geblieben ist ai in aiman „rechts" und atsar .links",
zu ei geworden in fei „Schatten" und sei „Sache" (§ 5 e). Als reines
e erscheint es vor -ig (kl. ) z. B. rigleig „meine beiden Füße"
(dagegen rigl/ek „deine beiden Füße" u. s. w.), Saleia „gegen mich"
(dagegen iatirk „gegen dich" u. s. w.).
Vgl. auch rat (kl. rd<uta) „du hast gesehen"; uen „wo": sauudt
(kl. süuuüita) „du hast getan". Das ä in diesen und ähnlichen
Formen hat vielfach einen Klang nach 5 hin.
§ 5. d) Die Neigung zur Verkürzung auslautender langer
Vokale beschränkt sich auf -ä, worüber das Nötige oben zu ?; '■'<.
1, b) a) bemerkt ist. Dagegen erhält sich das -l z. B. in hitabtl
„du (f.) hast geschrieben" und das -ü z. B. in gümä „steht (m.)
auf!" recht deutlich.
i) Der Übergang des Imperfekt-Präfixes ie- in t muß nach
dem zu § 7 a) zu bemerkenden beurteilt werden.
§ 6. a) Kurze Vokale fallen auch dann meist aus , wenn ein
verdoppelter Konsonant vorhergeht und eine betonte Silbe folgt,
z. B. hrnufni „zeig mir!", aber saufuni (für s<^iaufürü) „zeigt mir!*.
b) Der Fall, daß 2 aufeinander folgende offene Silben mit
kurzen oder kürzesten Vokalen zu einer geschlossenen zusammen-
gezogen werden, ist nahezu Regel; man sagt also viel häufiger
ütldggg „er begegnet" als ictcldggg \\. a.
Zu erwähnen ist am besten gleich hier , daß anlautendes Alif
1) Socin's Notiz (Diwan III § 88 e), der als Eigentümlichkeit der I »i ' m
(genauer Deliem, ldliem) die Aussprache diel, liet angibt, ist richtig. Meißner
(Mitt. IV 139 Anm. 1) hat festgestellt, daß die Bewohner von Kujuris großenteils
zu den MaSämira und Deliem gehören. — Der Diphthong MS findet sich in der
maltesischen Imäle wieder; auch fehlt es in unserem Dialekt nicht ;m Analogien
zu einigen der Ausnahmeerscheinungen, die Stumme Maltes. Studien (== Lpz.
semit. Studien 14) § IG boschreibt.
936 - 1 " zeigen.
+ unbetontem Vokal in manchen Wörtern ausfallen kann, z. B. säs
„Grundlage" neben asds: bü neben abü „Vater"; huuän „Brüder"
für kl. ihuän; haudt „Schwestern" neben ahatjdt: iimmg „Imame"
neben aiimma; hdmar „rot" neben ahdmar (= dhmar , s. unten
zu § 7e); hält „meine Angehörigen" neben ahdli (kl. ähli); J/dmgd
= Ahmad (die anzunehmende Zwischenform Ahdmad kann ich
allerdings nicht belegen!).
S 7. a) Die Prothese eines Vokals vor anlautenden offenen
Silben mit kurzen oder kürzesten Vokalen ist überaus beliebt, nicht
nur beim Verbum, sondern auch beim Nomen. Der ursprüngliche
Vokal fällt dann aus. Einige weitere Beispiele : tktdlgt „sie hat
geschlagen"; itgül „sie sagt", igül (für ügül, dieses wieder für
iiegid) „er sagt"; emhiirti (für mühurti) „meine Stute"; tgrunful
„Nelke" (für gurdnful) ; "tgbdl „Berge" (für gibdl) ; ehdüd „Grenzen"
(für hudud); chdüm „Kleider" (für hudüm); ehdhd Dim. v. hadd
„Wange" ; {sboi Dem. v. sibi „junger Mann" ; odlüiä „Rippen (für
(hilä'd): izlana „Mann" (Nomen unitatis von zÜim). So schnell,
wie diese prothetischen Vokale erscheinen, können sie auch in der
zusammenhängenden Rede verschlungen werden , wenn das vorher-
gehende Wort auf einen Vokal ausgeht, z. B. lüajtgid „sie sagt" ;
liasboidn „o ihr jungen Männer".
c) Die Regel, daß 3 einen Hilfsvokal braucht, beschränkt sich
auf Silbenschluß und Auslaut. Der Hilfsvokal ist nicht immer a,
sondern auch dumpfes o, namentlich hinter ti und oi. Auslauten-
des -aS bedarf keines Hilfsvokals , z. B. sabai „Löwe", dagegen ist
schon -äi kaum ohne Hilfsvokal zu artikulieren , also gdiä „Erde".
d) Wenn wirklich Aussprachen wie asi(a)h und tebe(a)d vor-
kommen, können sie nur individuell sein ; den furtiven Vokal habe
ich in diesen Fällen nie gehört, sondern nur aseh und libid.
e) Die Einfügung eines betonten -d- nach dem 1. Radikal,
wenn dieser ein Hauchlaut ist, findet sich nicht nur beim Im-
perfekt des I. Stammes, sondern auch bei der Nominalbildung,
namentlich in der Form dfial, z. B. ahdmar „rot" für kl. dhmar;
ahdciar „grün"; alduar „einäugig", wofür man dann auch iduar
hört, wie hdmar für ahdmar. Hierzu gehört auch lidla für dhlan
„willkommen" (die Zwischenstufen kann ich nicht belegen, doch
vgl. oben alidli, hält).
§ S. Die Akzentregeln hat Meißner im allgemeinen richtig
angegeben. Nur zu den Ausnahmen noch einige Bemerkungen.
e) Eine Betonung iiftehim oder auch mit schwebendem Ton uftehim
bezweifele ich; wenn aber minheztm, ninhddar wirklich vorkommt,
dürfte die Verschiebung des Tones durch den Hauchlaut veranlaßt
worden sein. Namentlich hat 2 mit kurzem Vokal die Neigung,
in Wörtern, die nur kurze Vokale haben, den Ton an sich zu ziehen.
Man hört sogar taldk „er ist hinausgegangen" und itld'i „geh hinaus!"
für tdhi und ifla . Die unter f) angegebene Beobachtung kann
Weißbacli, Meißner' t> Neuarabische Geschiclden aus dem Iraq. {)}} t
ich nicht bestätigen , da Formen wie f.irab} . Urahn , israben in
Prosa so gut wie nicht vorkommen (vielmehr istrbi, isirbü, isirban,
-. g 59 a und § 60 b und die Bemerkungen dazu).
§ 10. c) Dem m. hadöldk „Uli" entspricht als f. hadanniu „illae".
§ 11. athü (S. 88,10), aüdhü , idhü (f. -hi, pl. m. -hiun.
f. -hm) sind substantivisch und werden namentlich dann gebraucht;
wenn das Nomen schon vorher genannt war.
§ 1-4. c) „niemand1' im Akk. mä — cihad, z. B. mä liga dhad
„er fand niemanden" ; in prohibitiven Sätzen heißt „niemand1" lahad.
§21. raüüg „Frühstück", mit Tesdid, gehört also zu § 24 d.
§ -1. a) Doch wohl rmrar. emrdi\ Dem. v. murr. Ebenso ist
§ 24. a) säib „ungeschälter Reis" ohne Tesdid anzusetzen,
wie Meißner im Glossar richtig hat.
b) sihhät „Streichhölzer" wird im dortigen Dialekt mit +.
geschrieben. Das Wort ist also wohl durch fremde Vermittlung
importiert worden.
§ 26. d) und f) Über die Verkürzung der Endung in den
beiden Femininformen _ixj und ^x.i ist schon oben zu § 3, 1 a) b)
gesprochen worden. Man sagt also kubra „(die) größere", dfaiia
„Welt", umna „(die) Rechte", iisrg „(die) Linke"; hddra „(die)
Grüne", sfmdg, „(die) Schwarze", loura „(die) Einäugige", fansa „eine
mit eingedrückter Nase", darda „eine Zahnlose" u. s. w.
§ 29. e) „Maulbeerbaum" ist tutia. tut .Maulbeeren", n. u.
tüta\ Syn. tiilci, u.a. tukiia.
§ 33. b) Die Dualendung ist regelrecht -/tu. f. -tien aus-
zusprechen.
n) Die Formen ümarä „Fürsten" und iusarä „ Gefangene"
sind klassizierend. Von uezir „Minister" notierte ich uzara, wonach
vielleicht auch die ersten beiden Wörter ausgesprochen werden
müßten.
p) Anm. *. Die Form ergüla „Ehemänner" ist siel-
findet sich bei Meißner (S. 62, 9) selbst und anderwärts.
§ 38. c) Auch bei anderen Wörtern wird auslautendes -h
(= urspr. t) im Stat. constr. wieder zu -t, z. 1!. miskdh „Sputen'".
aber mishät Ehsien „der Spaten Ehsien's".
§ 41. a) Bei den Possessivsuffixen liegt die Sache z. T. ein-
facher als Meißner angibt. Das Suffix der 3. Sing. m. lautel bei
konsonantisch auslautenden Worten -ah (wofür gewöhnlich bloßes
-a ausgesprochen wird), einerlei ob die vorhergehende Silbe a-. u-
oder z-haltig ist. Das Suffix der 3. Sing. f. und dasjeni«
1. Plur. lauten in Prosa durchweg -ha, bez. -na. nur in Gedichten
von streng gefestigtem Metrum (Housät und Houräb) -Im. b<
Das Suffix der 1. Sing, lautet -l nach Konsonanten, -/' nach ä,
-n nach l, und -fa nach anderen Vokalen. N spiele:
mala „sein Eigentum": mälha „ihr Eigentum"; mdnna (für i
938 Anzeigen.
„unser Eigentum"; iasäh „sein Stock" (von %dsa)\ dinidk „deine
Welt"; raddhum „ihr (eorum) Mittagessen" ; oobiil „meine Mäntel",
e) Neben der klassizierenden Aussprache uöledi „mein Sohn"
ist noch das häufigere ulidi zu erwähnen.
d) Von ab und ah sind noch weitere Formen belegt. 1. Pers.
Sing, außer abüig auch abüi und dbi ; Vokativ im uneigentlichen
Sinne (eventuell sogar zum eigenen Sohn gesagt !) i'äba, auch igidbg
(vgl. iaiummg „Mutter", Meißner, Mitt. IV 173); neben abüh auch
abdli „sein Vater"; abdhg „ihr Vater", ahui'a, ahui ', diu „mein
Bruder". PI. tihua, wovon ahüti „meine Brüder", uhuuthg „ihre
(Sing, f.) Brüder"; anderer Plural huuän; iä hauiil „meine Brüder".
e) Auch für die Anhängung der Possessivsuffixe gilt das, was
oben zu § 38 c) über alle Wörter auf -h bemerkt worden ist, also
sqldta „sein Gebet" ; iabdti „mein Mantel" ; mishätak „dein Spaten".
Neben Sasäh „sein Stock" kommt auch Sasdta vor, also Metaplasmus
von Lac in »Lac.
§ 43. a) farld ist unbestimmter Artikel (vgl. § 14 b), nicht
nur für den Sing., sondern auch für den Plural, z. B. fgrd quldd
„des enfants" ; fgrld udhid (so, verkürzt aus udhid, öfter) „quidam";
fgrid udhdg „cpaaedam (Sing.)". Ein Femininum von farid wird
in solchen Verbindungen nicht gebildet.1) Das adjektivische Zahl-
wort für „einer" ist udhid, f. udhdg. „Der Eine — der Andere"
udhid — udhid. „Es war absolut niemand darin": lä bihg dhad uqld
mähüd.
Wenn ehddias st. ehddiaS (vgl. § 1) nicht bloß individuell
nachlässige Aussprache ist, liegt ein sehr merkwürdiger Lautüber-
gang vor. Übrigens tritt in sgbiatdias, tisiatdias, und noch mehr
in arbaitdias, das erste 2 sehr zurück.
13 heißt telätdias. Noch einige Beispiele für benannte Zahlen:
tgVa^grus „3 Piaster"; tglt^iidm „3 Tage"; sit noubät „6 Mal";
sitta^grüs „6 Piaster"; sgblatj,dral „7 Ellen"; thngnajgrüs
„8 Piaster"; timgnjtnutdig „8 Esel"; timgnt Jidral „8 Ellen";
idsirt^üdm „10 Tage".
200 mitten; 100 000 mithalf. Eine sehr große Zahl ist loh
(nach Belot 100 Milliarden).
§ 44. a) Als Ordinalzahl für 11. nannte mir Rasid hädis.
Existiert diese Form wirklich?
§ 45. Neben rübal ist pers. cärgJc „1/4" in Gebrauch, nament-
lich in Zeitangaben: cdrglc säia „eine Viertelstunde".
§ 47. a) 25) medäir wird fast nur verdoppelt gebraucht.
Der Unterschied scheint darin zu bestehen , daß einfaches medäir
1) furdq, pl. efrad bedeutet 1. „Hinterbacken"; 2. „Wagscbale" (Meißner,
Mitt. IV 168); 3. „eine Abteilung des Doppelsackes".
Weißbuch, Meißner s Neuarabische Geschichten aus dem. Traq. 939
bedeutet „innerhalb eines Kaumes ringsherum" (so S. 82, 7 nach
Meißner's Übersetzung) , doppeltes medäir dagegen „außen herum"
(so z. B. Meißner, Mitt. V 124 Anm. 6).
b) 2) liiand und liiamm bedeuten beide „nach — hin, zu".
Zu den Listen der Präpositionen und präpositionalen Aus-
drücke ließen sich etwa noch hinzufügen : bdtin „innerhalb"; hauäli
„neben"; girib „nahebei"; kerdmgt „zu Gefallen, für"; makän „an
Stelle"; rdsban Zola, bicidd „trotz"; ibtol „gegenüber, neben" (Meißner,
Mitt. V 102 Anm. 4): min beddl „an Stelle von" (S. 86, 9:
88,18 u.a.); min hat „wegen"; min dun „anstatt": min lond,
min irjmin „von — - weg"; iala sän „wegen, in Sachen"; lala mügib
„wegen" ; räd min „jenseits, hinter" u. s. w.
§ 48. Adverbia.
3) sideidug heißt nicht schlechtweg „ warum ? " , sondern hat
immer einen ]Sebensinn, z.B. „warum so bald?, warum so lange?,
warum so spät?". Andere Verbindungen mit es: esbaled „wie
weit?": eshübra^wie groß (bez. klein) ist er!" (S. 54, 19); eshddda
„was kann er (mir tun)!, was fallt ihm ein?".
4) „gestern" vielmehr ilbärha (z. B. S. 60, 2; 64, 17 u. Glossar);
l'trltilbärha „gestern nacht" ; selten dniis „gestern1", auual drnts
„vorgestern*.
13) idgubbdcir „übermorgen"; minnajjrddi „künftighin-.
14) „vielleicht* auch beilegt; anstatt mit c auch mit k ge-
schrieben, z. B. bellten S. 14, 3.
15) bell und ndiam (mit Frageton) werden auch verwendet,
um einen Fragesteller zur Wiederholung einer nicht verstandenen
Frage zu veranlassen. ■ — embdlg „doch, o doch !" drückt den Wider-
spruch gegen eine von anderer Seite ausgesprochene Verneinung
aus (franz. si), z. B. „drii mä londi flüs*. „embala" „Ich habe
kein Geld". „Doch! (du hast welches)".
22) Ml auch „laut, kräftig, derb".
29) süg auch „ebenfalls, ebenso*; „zusammen, gemeinschaftlich"
auch pers. barabär.
34) iä ioHn „o daß doch!*, daneben in rat (vgl. Fleischer,
Kleinere Schriften I 468); ialquudh dgl., aber wohl nur dichterisch.
41) cgm „wie viele'?". Wenn der gezählte Gegenstand schon
genannt oder bekannt ist, muß udhid. f udhda hinzugefügt v
47) Zur Negation mä vgl. auch Formen wie mähü „nichl er";
miln (Sing.), mihin (Plur.) „nicht sie".
50) minndh „von hier", oft auch im Sinne von „hi "
braucht.
58) „wohin?" genauer liuön; „woher?" imnien.
60) idllg „los! auf! vorwärts!", abgeschwächt „dann" im
Nachsatze.
61) „wann?- Hinillm. u&mithg.
63) iauds bedeutet im dortigen Dialekt nur „halt!", „langsam*
istiala kiefi (fkefalc usw.); dagegen ibktefl „nach meinem Belieben".
940 Anzeigen.
64) >ßzi (vgl. auch § 78 h). Die herkömmliche Ableitung
dieses Wortes von ^f>- (s. zuletzt Völlers, Lit. Centralblatt 1904
Sp. 136) ist aus äußeren und inneren Gründen schwierig. Aus
iigzi würde im dortigen Dialekt iidzi, und selbst wenn man an-
nehmen wollte, daß aus einem anderen Dialekte, der g wie i aus-
spricht, icz'i eingedrungen sein könnte, bleibt noch der Bedeutungs-
unterschied „er belohnt" anstatt „er genügt". Belegt sind außer
iezi (mit Suff, iezim) auch fem. tiezi, Part. IV. (?)miezi „genügend".
£ 49. Konjunktionen.
3) und 4) „oder" in der Doppelfrage auch lou — lou: lou
tsilni lou asilale „willst du mich tragen oder soll ich dich tragen ?"
S. 38 , 23. In der Doppelfrage „willst clu das und das tun oder
nicht?" heißt „oder" lou, und das Verbum wird wiederholt. So
S. 56, 16: teiarfünha lim mä teiarfünha „kennt ihr sie oder (kennt
ihr sie) nicht?"; vgl. aber Z. 20: teiarfünha quid in gleicher Be-
deutung.
b 2) lou mit f.nna zu lounn- verschmolzen ," belegt : lonnnah
sarriis „wenn du eine Sonne wärest", Meißner, Mitt. IV 158.
3) Zu den verschiedenen Ausdrücken für „weil" ist hinzu-
zufügen kijnnan, wohl aus kaun 'an (vgl. kl. likaun) entstanden.
4) „damit" auch tahdlla , maJidüa; sogar pleon astisch mit
hdttä, z. B. mahdlla lumman inämün hdttä iebügünhum „damit
sie sie, wenn sie schlafen würden, beraubten". Sehr beliebt ist die
Umschreibung mit magsüd „Zweck^ Absicht".
7) mä toi, im Nominalsatz mit pronominalem Subjekt: mä
tönna (für tölna) bhaddär „so lange wir in diesem Hause (sind)",
Meißner, Mitt. V 126 Nr. 3.
8) Zu bdiad mä, idgub mä „nachdem" gesellt sich ehläf mä
in gleicher Bedeutung, z. B. S. 56, 17. Häufiger wohl noch als
giddäm rnä ist gdbül mä „bevor". Ferner Ibdäl mä, „anstatt
daß"; mittl mä, tslqun mä „wie auch immer"; Ms oder isktter
mä cdn „wie viel (wie wenig) es auch sei". Schließlich dient mä
allein auch zur Einleitung komparativer Sätze , z. B. dhsan mä
hüa ugeiod „besser als daß er aufweckt".
§ 56. Zwischen h) und i) sind einige Beispiele des IX. Stammes
anzuführen: ehmdrr „erröten"; ihddrr „grünen"; isfdrr „gelb
werden". Die Bildung ist also regelmäßig.
§ 57. a) Die Afformative des Perfekts habe ich z. T. mit etwas-
abweichender Vokalisation gehört :
Singular
Plural
■>.
m.
—
-KU
3.
f.
-at
■an
2.
m.
■it (-it,
-Qt)
•tu,
2.
f.
■ll
-tan
1.
-It {-it,
•Qt)
-na
Weißbach, Meißner's Neuarabische Geschichten aus dem Iraq. 041
b) Die hier gegebene Regel beruht auf richtiger Beobachtung,
müßte aber ausdrücklich auf die 3. Plur. m. und f. und die 3. Sing. f.
beschränkt werden, also esräbmi (in.), esrüban if'.i „sie tranken";
esrubat „sie trank". Diese 3 Formen haben im I. Stamme regel-
mäßig einen Vorsatzvokal, der natürlich hinter einem Endvokal
des vorhergehenden Wortes in der zusammenhängenden Rede wieder
verschwindet. (Vgl. oben zu § 7 a.) Dagegen ^sardbrt „ich trank,
du (m.) trankst".
§ 58. a) Auch vor den unbetonten Imperfekt-Prühxen je-,
t< - . ne- erscheint meist ein Vursatzvokal. Das e der Präfixe fällt
aus. Die Präfix-' ie-, A -. ih - werden angewendet:
1. in den Stämmen II, III, V und VI (§ 63 b; 64; 66 b; 67;
doch vgl. unten) ;
2. bei den vierradikaligen Verben (§ 79);
3. bei den „aufgesprengten" Formen (§ 59 a) ;
4. bei den Verben mediae geminatae. sowie mediae u und %■
5. bei den Verben primae i, h und h, wenn sie in der unter
g) und h) beschriebenen Weise konjugiert werden. Diese Art der
Bildung ist jedenfalls bei % die üblichere; sie findet sich auch bei
Verben primae h und r. z. 15. ihddim „er dient". Da der ganze
Unterschied zwischen diesen Formen und dem IL Stamm in dem
Fehlen des Tesdid beruht, sind sie in der Tat oft nicht leicht von
Formen des II. Stammes zu unterscheiden. Was die von Meißner
gegebenen Beispiele anbelangt, so sind ihdttub „er sammelt Holz"
und ihdbbis „er stößt Körner" wohl sicher als II. Stämme, ihdrzf
„er läuft" wohl als I. Stamm zu betrachten. Bei der Wurzel lwV_w.=>
scheint I. und II. Stamm in nahezu gleicher Bedeutung vorzuliegen,
also 'ihdsib oder ihdssib „er rechnet". Über die beiden anderen
Beispiele wage ich kein Urteil.
Da die Formen idi{a)mi und ui(a)fü später in ;? 77 nicht
mehr erwähnt werden, mögen sie gleich hier besprochen werden.
\0 ornl (wie ich lieber umschreiben möchte) ist IV. Stamm, bedeutet
also zunächst „er blendet". Der Imperativ liegt vor S. 64, 32 und
zwar ganz regelmäßig d$(a)mi; das Impf. Meißner, Mitt. V 90 in
dem Verse ttäomi tuiunl ut< rtlck hdli Idfit , der so zu übersetzen
wäre: „daß du meine Augen blind machtest, und meine Kraft schwach
würde, fürchtete ich". Rasid selbst zog später die Lesung toioma
(I. Stamm) vor, wonach also mit Meißner zu übersetzen: „daß meine
Augen erblinden" u. s. w. — Geschichten S. 58 ZZ. 11 und 29 stebl
d$(a)fü, dazwischen aber, Z. 15, di(a)fi in gleicher Bedeutung „ich
werde verzeihen". Hier wechselt also I. und IV. Stamm ohne Be-
deutungsunterschied.
§ 63. a) In der 3. Plur und der 3. Sing. Fem. erhält der
2. Radikal im IL Stamme den Vokal /. Meißner bietet richtig
siüimet „sie grüßte".; danach auch cattt'ftnt, iatlifan „sie fesselten*;
vgl. oben zu § 3, 1 a) ij.
942 Anzeigen.
d) Das Präfix des Partizips vom II. und III. Stamm hat meist
einen prothetischen Vokal, z. B. Emhdmmad.
t § 66. b) Betr. der Zusammenziehung der Präfixe iete-, tete-
und neu - zu iit-, tit- und nit- im Imperfekt des V. und VI. Stammes
vgl. oben zu § 6 b.
§ 76. i) Zu Jiän, cdn: ikün, tthun u. s. w. dient auch zur
Umschreibung von „müssen" in Verbindungen wie : ilidsa Teil ivmn
ikun isir hddir issäia bissitta „das Abendbrot muß alle Tage um
6 Uhr fertig sein". Eigentümlich ist folgender Gebrauch : gimdlqt
teläta udrbeia iekünhin(l) sabia „wenn ich 3 und 4 addiere, ist
das Resultat 7".
Ein Beispiel einer IX. Form eines Verbums mediae u bietet
ituqll „er wurde schwindlig", Part, mituqll „schwindlig".
§77. d) Die Endungen des Perfekts bei den Verben tertiae
infirmae möchte ich lieber so angeben :
Singular Plural
3. m.
-a
-cm •
3. f.
-at
-an
2. m.
-iet;
-dl
-ictü:
-ätü
2. f.
-/efr
-atl
-ietan •
-citan
1.
4et\
-at
-tena;
•ana
Die Aussprache mit d anstatt te tritt ein hinter Hauchlauten,
emphatischen Lauten, sowie r, /, m; vgl. oben zu g 4. Selbst-
verständlich gilt das Gleiche auch für die 1. und 2. Personen der
Verba mediae geminatae (g 71 b 3).
i) Für mäsiiin PL m. von mäsi „gehend" hört man fast aus-
schließlich mäsin.
§ 78. e) drä ist zunächst 1. Sing. Impf, und kommt so
Avirklich vor in dem Sprichwort lä dra^lgtrid ualalgirid ierdni
„ich sehe den Affen nicht, und der Affe sieht mich nicht". Aber
auch in der von Meißner angegebenen Bedeutung finden wir drä
S. 94 Z. 5 : drä taf „er sah einen Traum". Meißner scheint dies
als Metathese für rd'ä zu erklären, was angesichts der von ihm
S 2 , 8 angeführten und von mir (s. oben) vermehrten Beispiele
recht wohl möglich ist. Denkbar wäre auch, daß der IV. Stamm
mit der Bedeutung des I. vorliegt (das Umgekehrte beobachten wir
bei tdlal „herausgehen", aber auch transitiv „herausbringen"), rät
im Parallelismus mit Hfit findet sich in dem Sprichwort rdnam
mä sifit haidrür tnä rat „Hast du (noch) keine Schafe gesehen,
hast du (noch) keinen (Schaf-)Mist erblickt?" Über die Verwendung
von iä rat im Sinne von kl. Irnta s. oben zu § 48, 34.
k) Für tud'tg, wenn VI. Form, ist zu lesen tuäi'ag; so auch
S. 26, C. wo fijäüg .steht. Die I. Form kommt gleichfalls vor:
tuig .du s))iil]>1 aus", wahrscheinlich auch von der III. tuääg in
derselben Bedeutung.
1) Die Verba mediae u und tertiae infirmae bilden das Perfekt
Weißbach, Meißner's Neuar ethische Geschichten aus dem Iraq. 943
folgendermaßen: süa „er briet4*, suat .sie briet", suuat .du (m.)
brietest, icb briet" u. s. w.
Impf, iisul .er brät", dagegen (isua „er ist wert" (^5^, aber
^ vgl. §77 f.).
II. Stamm regelmäßig stujua „er tat": semugb „sie tat"; sauuat
.du (m.) tatest, ich tat" u. s. w. Impf. }s<njui „er tut" u. s. w.
III. Stamm nicht belegt; ndu> Mitt. V 92 f. Anrn. 9 könnte
der Form nach Imperativ III sein, ist aber Part. I.
VI. Staimn : tesüuatü S. 66, 10 „ihr seid gleich geworden".
VIII. Stamm: iistui S. 78, "> „(die Speise) wird gar"; mistui
„gar" daselbst Z. 4.
m) Von dem Verbum ^.o> ist auch der IV. Stamm belegt:
«Ä/ow „sie haben belebt, kuriert"; Part, mahl (für mghii . welcbe
Form als Männername gebräuchlich ist).
§ 79. Zu tariai als Quadriliterum mit a als 3. Radikal gesellt
sich maziar, IL temgzigr „(an seinen Fesseln) rütteln" ; mit u an
3. Stelle: galuah „über etwas springen", 1. Sing, galudhvt.
§ 80. a) Auch vor den Verbalsuffixen wird auslautendes -ä,
das in der gewöhnlichen Aussprache zu -a verkürzt war, wieder-
hergestellt, vgl. oben zu § 3, 1 b) a).
c) und d) Daß die Endung der 3. Sing. Fem. -gl vor vokalisch
anlautendem Suffix einen '/-Vokal (statt a) bekommt, ist oben zu
§ 3 , 1 a) i) bemerkt und mit einigen Beispielen belegt worden.
Anstatt haddariita „sie brachte ihn herbei" möchte ich deshalb
lieber haddarita sagen. S. 20 Z. 9 steht uudfenetäh „und sie
begrub ihn", S. 22 Z. 15 iiudfinetäh; richtiger dürfte uvdfgnita
sein. Demgemäß ist die Form süetäh für „sie briet es" sehr auf-
fällig ; S. 62 Z. 23 steht süitäh in gleicher Bedeutung. Sollte nicht
beides in suuita zu ändern sein? situata (wie ich umschreibe)
könnte nur bedeuten: „ich habe (bez. du, m., hast) ihn gebraten".
Umgekehrt kann
e) {e)rluh(i)täh nicht bedeuten „ich habe ihn besiegt" (dies
vielmehr raldbia), sondern „sie hat ihn besiegt".
Die vorstehenden Berichtigungen und Zusätze, die sich übrigens,
wie man sieht, z. T. aus Meißner's Material selbst ergeben haben,
wollen und können nicht erschöpfend sein. Gleichwohl glaubte ich
sie nicht unterdrücken zu sollen, damit Sprachforscher, die künftig
etwa das Land bereisen, ihre Arbeiten auf möglichst breiter Grund-
fläche aufbauen können.
An den „grammatischen Abriß" reihen sich 4 Seiten Tabellen
von Paradigmen und 3 Seiten „Verbesserungen", die sich fasl aus-
schließlich auf Druckfehler beziehen. Dann folgt noch eine kurze
Einleitung, die unter anderem über die Personen Aufschluß gibt,
von denen Meißner die Erzählungen hat. Die meisten stammen
direkt von Basid; niedergeschrieben hat dieser alle. Die Seiten 2
Bd. LVIII. 61
944 Anzeigen.
bis 101 enthalten die Erzählungen selbst. 55 an Zahl. Mit vollem
Recht hat sich Meißner auf die Wiedergabe des Textes in Tran-
skription und die Übersetzung beschränkt. Bei der Transkription
würde ich vieles einzelne etwas anders wiedergeben; was aber die
Übersetzung betrifft, so beweist sie, daß ihr Urheber die Sprache,
soweit nötig, sich vollkommen zu eigen gemacht hat. Um dem
Anfänger noch ein paar Steine des Anstoßes aus dem Wege zu
räumen, sei es gestattet, auch zu diesem Teile des Buches einige
Bemerkungen anzuschließen.
S. 2 Z. 6 u. ff. gddbgt Sodas besser „eine Handvoll Linsen";
vgl. Glossar. — Z. 31 iCdgai (ohne Tesdid) „und ich werde hin-
fallen'*.
S. 4 ZZ. 1 u. 2. gnhddir, uqnhddir. — Z. 16 itstgril und
lahdlg.
S. 5 Z. 1 für „das Wasser" besser „eine Pfütze" (iabdrg,
vgl. Glossar).
S. 6 Z. 14 fehlt islqun zwischen gdl und errät; vgl. S. 18, 27;
28, 12 u. a.
S. 8 Z. 16 vermute ich statt afarzat, das Meißner selbst im
Glossar als zweifelhaft bezeichnet, afdrrol. c j IL bedeutet aller-
dings speziell „das Haupt entblößen".
S. 10 Z. 6. uiandi {u)giiäde „ich soll eine schlechte Frau
haben ?" ist wohl etwas frei übersetzt für „bei mir soll es Kuppelei
geben?"
S. 14 Z. 26 f. Die Worte dgl idä tgä umä igds sind trotz
der Übersetzung und nachfolgenden Erklärung unverständlich. Man
lese dgl uaidä igg rnä^igäs „ich werde kommen, und wenn er
kommt, kommt er nicht". Das -s am Schluß ist ägyptisierend.
S. 16 Z. 27 lies iailg idhid izlimg. — Z. 35 bihdsg.
S. 24 Z. 16. uigeiddau; nicht uigeZddau? — Z. 38. selti-
metäh; nicht sgttgtnitg?.
S. 26 Z. 4. iirhamün uiidhum u. Z. 5 thham ulidi. Meißner
übersetzt „stimmen sie mit ihnen überein" und „(wenn) du mit
mir übereinstimmst". Im Glossar gibt er „übereinstimmen, sich
anschließen", aber mit Fragezeichen. Dieses ist wohlberechtigt,
denn der Stamm +g> bedeutet sonst „wiehern" (vgl. Socin, Diwan III
S 173) und bildet sein Impf, iirliim. Etwa iirhamün, tfrham?
äj>. ,<'tre doux, agreable" (Belot), aber aus dem dortigen Dialekt
sonst nicht bekannt. Zur Not würde man an *.;=> denken können,
aber die Präposition uiig spricht dagegen. Non licmet.
S. 32 Z. 41 besser uggssiman oder uudsimqu (I. Stamm, für
uugsimau).
S. '■'>() Z. 20. selemet; lies salamit.
S. 38 ZZ. 17 f. Die Worte üdgjläh md sdgjli etfesrig hyss
eddudll uinnahll (i)bHit, welche Meißner so übersetzt: „er liebt
und ich liebe nicht den Osten , sondern das Geräusch der Schöpf-
Weißbach, Meißner's Neuarabische Geschichten aus dem Traq. (14,')
räder und die Palmen von Hit", sind schwierig; „sondern" steht
nicht da, und es wäre doch auch im Arabischen ganz unentbehr-
lich. Für säg gibt Meißner im Glossar die Bedeutung , angenehm,
lieb sein"; beruht diese noch auf einer anderen Stelle? Für ge-
wöhnlich bedeutet kl. il& I. „mit Sehnsucht erfüllen". 1
„das Rauschen der Sehöpfräder und der Palmen in Hit hat ihm
— nicht mir — Sehnsucht zum Strornabwärtsziehen eingeflößt"?
tesrig bedeutet nicht schlechthin „Osten", sondern das „Strom-
abwärtsziehen". — ■ Z. 19. jetedommed bicen „euch für tüchtig
hält": das Glossar bietet ,lm<l\ „verbunden sein(?)". Besser wohl
„sich verlassen auf". — Z. 20. ud'nn.
S. 40 Z. 27. Für iadalen lies idddalgn „sie ei'holten sich".
S. 48 Z. 27. Die Worte ueiilbes (u)hdüm nisudn „und er
möge Frauenkleider anziehen" sind in der Übersetzung ausgefallen;
sie sind auch belanglos. — Z. 40. Ist die III. Form (e)m.'a/< sin
gesichert? Sonst heißt „verzweifeln" alias (IL Stamm).
S. 54 Z. 2. Für essinn lies esnin. — Z. 7 lies statl u (d)-
nudüh den Imperativ oiomla; in diesem und dem letzten Wort
der Zeile (tei(d)maläh) hat Meißner das Suffix der 3. Sing. masc.
deutlich als -a gehört, obwohl die vorhergehende Silbe ein i-eines
a enthält: vgl. S. XXVIII Anmm. * und **.
S. 57 Z. 5 lies „sobald" statt „bevor".
S. 58 Z. 24. hauäla, besser „Wechsel" (so auch <>
„Check" als „Schuldschein". — Z. 34. atahdzzqm „ich will mich
gürten". — Z. 40. Für naidset lies naiidsit (II.) „ich bin schläfrig
geworden".
S. 04 Z. 26 lies dmarajj. — Z. 27 wohl lakdgti ZaUm, als.)
eigentlich „du bist mir nachgelaufen" (und hast mir keine Ruhe
gelassen, bis ich die Dummheit ausführte). — Z. 32. Für tudgga {<n
wohl tudggal „(oder) laß (auf ihn Unglück) fallen".
S. 68 Z. 17. Für us$(u)mäh lies usöumg „und sein 1'
— ZZ. 27 f. Für duäsic lies duäszg; vgl. Glossar und Meißner,
Mitt. IV 148. — Z. 32 lies gauuäkg statl gauuah.
S. 72 ZZ. 18 u. 19 lies iiltafit statl \Utafet. — Z. 21. ahyrre-
mäh ist eine [Jnform; dafür entweder ahgrma (aus ahdrrima, tl.)
oder (?)ah{rmg (IV.). — Z. 25 lies lalhalhäl.
S. 70 Z. 11 lies ukädg statt uhäda. Ob die letzten 3 Worte
nicht besser zu übersetzen wären „Und das verstand Behlül (ans
dem ff)"?
S. 78 Z. 13. Statt minhu lies rninna („von ihm"). '/.. _'7.
toubdzit (1. Sing.), dagegen tuubazat 3. Sin-, l. X. 18. - /.. 28 lies
unSddii für unsedel.
S. 80 Z. 18. lilhafär „für das Begräbnis"? tch vermute
lilhaffär -für den Totengräber".
S. 84 Z. 24 lies uäardbit .und ich trank" statl ijnsndi\, \t
— Z. 29 lies ham.std äs.
94 t) Anzeigen.
S. 86 Z. 5. hdgla gemäß dem Glossar „der weiße Ring, der
unten um den Pferdefuß herumläuft". Aber wie soll dann zu
konstruieren sein? Offenbar ist hdgla Fem. von dhgal , ahdgal
und bedeutet „mit weißen Eingen um die Hufe", sowie das vorher-
gehende sdbha Fem. zu dsbah ist. — Z. 32 lies ndf(u)t für nuf(u)t;
auch im Glossar zu verbessern. Richtig dagegen Mitt. IV 163.
S. 94 ZZ. 6 f. iala Jflcxitre,{i)n zu übersetzen „auf beiden Seiten";
darnach auch im Glossar zu ändern, wo lcut(ä)r fragend mit „Reihe"
übersetzt ist. — Z. 7. (e)mtabbaqe min marmar und Z. 9 uamtabbaa
(so !) bimarmar. Natürlich ist marmar etymologisch = [id,Q(iaQog
(s. Völlers, ZDMG. 51, 304 Nr. 177); es bedeutet im dortigen Dialekt
fast jeden natürlichen Stein (vgl. auch Glossar) , namentlich Basalt
und Diorit , aber gerade nicht das , was wir Marmor nennen (dies
vielmehr = nüra, vgl. Meißner, Mitt. IV 145 Anm. 2). — Z. 28.
lasdnä ist mir unklar. Meißner übersetzt frei „ich bitte dich";
im Glossar gibt er 2asä „es ist möglich, daß" (also kl. J ^c).
S. 96 Z. 11 lies ehdernl statt ahdarni „sei bei mir!" —
Z. 25 lies hass statt hass. Danach ist auch im Glossar hass Impf.
iehiss „eintreten" zu verbessern in hass, Impf, thiss.
S. 100 Z. 26. gir nicht „Pech", sondern „Asphalt", vgl.
Glossar u. a.
Die SS. 102 — 111 enthalten Exkurse über landwirtschaftliche
Dinge, Hochzeit, Männer- und Frauennamen, Schimpfreden u. s. w.,
im ganzen ein sehr wertvolles Material.
S. 105 Z. 12 lies „Ärmel" für „Schwanz"; was unter dem „Ärmel
des Schöpfeimers" zu verstehen sei, ist im Glossar richtig erklärt. —
Z. 27 lies „um seinen Rücken" ((i)bdahrah) statt „um seine Brust".
S. 109 Z. 21 Nr. 39 lies lAbbüd. — Die Schimpfworte Nrr. 3
und 4 sind mir nicht klar geworden.
Die letzten 37 Seiten des Buches enthalten ein Glossar, das
außer dem Wortschatz der Geschichten auch noch die im gewöhn-
lichen Leben am häufigsten vorkommenden Wörter berücksichtigt.
Auch hier hat Meißner Pionierarbeit geleistet, für die wir ihm
Dank schulden, und wenn wir auch hier unter dem vielen Treffen-
den einiges wenige als unhaltbar ausscheiden müssen, so kann dies
dem Wert seiner Arbeit keinen Abbruch tun.
S. 112a. Für iglyr „Ärmelweste" lies iclyr.
S. 113 b. Für bärtüm(?) „Lippe" lies bfrtum.
S. 114b. Für (i)bgär „durchlöchern" lies bügar?
S. 115 a. Für binn „Kaffeebohnen" lies „gestoßener Kaffee".
S. 115 b. (e)trdr. Über die recht verwickelten Maß-, Gewichts-
und Währungsverhältnisse verbreitet sich der K. und K. Konsul
Rappaport (Berichte der K. und K. Konsular-Ämter über das Jahr
1900. Bd. XII 9. Asien-Türkei-Bagdad, auch als Beilage zu der
Wochenscluift „Das Handels -Museum" erschienen; die Gewichte
SS. 23 f.). Danach wiegt z. B. das iträr für Getreide und
Weißbach, Meißner 's Neuarabische Geschichten aus dem Iraq. 947
Datteln in Bagdad 2000 kg. das ttrur für Getreide in Basra etwa
1600 kg u.s.w. — tefdgg „Flinte", ohne Tesdid.
S. 118 b. Für (i)hsed lies hdsad.
S. 120 b. hass bedeutet , eintreten" ; sollte die von Meißner
angegebene Bedeutung „mit den Fußspangen klirren" nicht auf
Verwechselung mit kass, ihiss beruhen ?
S. 121 a. Für kam „Leinwand" lies „Kattun" (richtig über-
setzt S. 69, 10 „Kattunzeug").
S. 121b. dahhän „Rauch", mit Tesdid.
S. 121a. Für redai{a){?) „säugen" lies rida „saugen".
S. 126 b. Für sr'sh V. lies srsh IL
S. 127 b. Für sät lies sät „mit dem Löffel umrühren" (richtig
Meißner, Mitt. IV 153).
S. 128b. särib wird fast nur im Plural gebraucht: suärib
„Schnurrbart". — Für sefellah lies sefglldh -Kaper* (richtig
Meißner, Mitt. IV 169 No. 73).
S. 130 a. Für sabar(?) lies siibar; in der folgenden Zeile VIII
statt VII. — sabar „färben" dürfte gleichfalls mit zt, also stibar
zu lesen sein.
S. 130b. stifan bedeutet zunächst „schweigen, unbeweglich
sein". — sdnnai auch „ausstaffieren", vgl. S. 24. 2.
S. 132a. Für tohan, tithan „mahlen" lies tdkan, Ufhan. —
tdrfg „Tamariske", nicht „Terebinthe". — tdrma besser „Galerie"
statt „Balkon", vgl. Socin, Diwan III Glossar.
S. 133a. Für 2at(a)g(?) „Zweig mit Datteln" lies lotig.
S. 131a. ladäm .Knochen" ist Plur. Der Sing. ddüm.
S. 134b. oagig „Koralle"; sicher? ictgig ist ein Edelstein,
angeblich mit wunderbaren Eigenschaften, wahrscheinlich Achat.
„Korallen" merijdn. n. u. -a.
S. 136 a. razal „spinnen"; eine „strickende" Araberin erinnere
ich mich nicht gesehen zu haben.
S. 137 a. Das Fragezeichen hinter afrär „Deserteur" kann
gestrichen werden.
S. 137 b. fä(S ist Rechnungsmünze für 21 2 Para (so richtig
Meißner, Mitt. IV 159). — Für fendr lies finar „Papierlaterne,
Lampion". — fänüs gewöhnliche Laterne mit gläsernen Scheiben.
— Für funtisa lies fünfzig (»Rüssel des Schweines und des Ele-
fanten)"; Demin. ifniefilg Meißner, Mitt. IV 171 Nr. 77. futii
deutet „Aas" — fing ist das gewöhnliche Wort für fies , fiesg
„türkische Kappeu: tarbüs ist eine hohe kegelförmige Mütze.
S. 138a. qabärh „Hinterlader"; Mitt. "V L27 Nr. 1 „Vorder-
lader". Was ist richtig?
S. 138 I). girng die Hälfte des Doppi
S. 140a. hdbgr „Kapernstrauch", ohne Tes
s. Hol,, hedü „unedel" (Pferd); Icedisg „Mähre". — Mb II.
„als Lügner hinstellen". — Für kuri(z)t lies kz'rrdt (mi1 Tesdid)
.Schnittlauch".
948 Anzeigen.
S. 1 Ha. ceff/ia auch „Taschentuch".
S. 141b. (i)lbäs 1. „arabische Hosen"; 2. „europäische Unter-
beinkleider".
S. 142 a. laham „essen" ist auch mir sehr zweifelhaft. Es
gibt ein laham (auch IV. dlham soll gebräuchlich sein) „befestigen,
fest verbinden".
S. 143b. mölla ist auch der Elementarlehrer, bei dem die
Kinder Lesen und Schreiben lernen.
S. 14 4a. nesle „Schnupfen", nicht „Husten" (gdhha).
S. 146 b. Für nefah(?) „anblasen" lies niifah. — Für nifed(?)
„sich entledigen" lies niifad.
S. 145b. hedeb „Wimper", nicht „Augenlid" (gifen). — Für
haff „schnell zuschlagen (?)" lies „werfen (z. B. mit einem Stein);
abschlagen (den Kopf, so S. 48, 37)".
S. 147 b. uldY. bedeutet „gebären wollen, kreißen" (kl. IV.);
für „gebären" wird fast ausschließlich gab gesagt; s. S. 84, 22 f.,
wo der Unterschied deutlich erkennbar ist. — Für uälam . „gegen-
überstehen (?)" lies „begegnen; passen (Kleid)".
Durch seine neuarabischen Arbeiten hat Meißner ein weites
Gebiet linguistisch erschlossen. Der Dialekt, den sein hingebender
Fleiß uns zugänglich gemacht hat, herrscht — wenn man gering-
fügige Unterschiede außer Betracht läßt — von der Mündung des
Satt el-äArab bis nach Tidmür. Man kann die Stadt der Zenobia
als Sprachgrenze zwischen syrischem und euphratensischem Arabisch
betrachten; gehört wird dort beides; dagegen ist Kariaten schon
entschieden syrisch. Assyriologen , die nach den Stätten ihres be-
sonderen Forschungsgebietes zu wandern beabsichtigen, kann es
nicht warm genug empfohlen werden, auch den modernen Sprachen
jener Gegenden ihre Aufmerksamkeit zuzuwenden , durch emsiges
Weitersammeln und Weiterforschen die Kenntnis der östlichen ara-
bischen Dialekte zu vertiefen und so das von Meißner begonnene
Werk zu vollenden.. F. H. Weißbach.
Küchler , Friedrich, Beiträge zur Kenntnis der
Assi/risch- Babylonischen Medizin. Texte mit
Umschrift, (Versetzung und Kommentar. Leipzig, J. C.
Hinrichs, 1904. VII, 154 Ss., XX Tfln, 4°. (Assyriologische
Bibliothek hsg. von F. Delitzsch u. P. Haupt, Bd. XVIII.)
M. 28,50.
Diese unter der Mitwirkung seines Lehrers Jensen zustande
gekommene vortreffliche Arbeit Küchler's hat uns erstmals in zu-
verlässiger Weise mit einer bisher noch so gut wie unbearbeiteten,
besonders schwierigen Gattung der babylonischen Literatur bekannt
Zimmern, Küchler's Beitr. z. Kenntnis d. Assyr.-BaLijl. Medizin. 949
gemacht, den Texten medizinischen Inhalts. Wie bei jeder neuen
Textgattung, so galt es auch hier, und zwar im Hinblick auf die
zahlreichen vorkommenden technischen Termini in ganz besonderem
Maße, die der neuen Textart eigentümliche Ausdrucksweise, Schreib-
art, Ideogrammverwendung u. s. w. erstmals sicher zu stellen. Das
ist Küchler, unter der Beihilfe von Jensen, in der Hauptsache aus-
gezeichnet gelungen , so daß es , nachdem nun einmal diese erste
Bresche glücklich geschlagen ist, von jetzt an nicht mehr allzu
schwer fallen kann, die zahlreichen weiteren noch unveröffentlichten
Texte medizinischen Inhalts, die das Britische Museum birgt oder
die der dankbare Boden Babylonien-Assyriens noch hergeben wird.
mit Erfolg in Angriff zu nehmen. Abgesehen von der äußerst
exakten sprachlichen Bearbeitung der Texte , wobei insbesondere
auch die Identifizierung zahlreicher babylonischer Pflanzennamen
mit entsprechenden aramäischen hervorzuheben ist, hat Küchler aber
auch für das sachliche Verständis dieser Texte mancherlei geleistet.
Hierbei war ihm, wie er selbst in der Vorrede hervorhebt, von
großem Werte die Beratung durch den bekannten Mediko-Historiker
Baron von Oefele.
Damit beim Lobe aber auch der Tadel nicht fehle , so seien
namentlich einige Äußerlichkeiten an Küchler's Arbeit gerügt, die
leicht hätten vermieden werden können , wodurch dann besonders
auch die bequeme Benutzung der Publikation nicht unbeträchtlich
gewonnen hätte. So empfinde ich es bei der Transkription der
Texte unliebsam, daß die Zeichen w, ü — su, sti — sa, sd —
as , ds u. s. w. nicht durch die üblichen Akzente unterschieden
werden; umgekehrt hätte Küchler gerade in der Beibehaltung des
akzentuierten i statt e der Gewohnheit seines Lehrers Jensen nicht
folgen sollen. — Im Kommentar werden mehrfach sei es von
Küchler , sei es von Jensen Erörterungen gegeben , die sich fast
ebenso schon bei Jensen in Keilinschriftl. Bibl. VI 1 finden. In
der Regel wird hierbei zwar auf diesen letzteren Ort verwiesen ;
öfter fehlt aber auch der Hinweis, was ich nicht für methodisch
richtig halte. — Der verhängnisvollste Fehler in solchen metho-
dischen Dingen ist aber m. E. darin begangen, daß der Verf. im
Kommentar bei der Besprechung eines einzelnen bemerkensv
Wortes oder einer Redewendung es vielfach unterlassen hat, die
sämtlichen Stellen zu notieren, an denen dieses Wort, diese Wendung
in seinen Texten nochmals vorkommt, und daß er auch bei den
im übrigen ja sehr dankenswerten Registern dies nichi nachgeholt
hat, hier vielmehr auch bei den Pflanzennamen in der Regel immer
nur die Stelle anführt, an denen sie zufällig erstmals in seinen
Texten begegnen. Wie schön hätte hier der viele weiße Raum
dazu verwendet werden können, sei es in dem einen Falle sämt-
liche Stellen anzuführen und dies durch ein Sternchen "der sonst-
wie zu kennzeichnen, sei es bei besonders häufig vorkotni
Namen ein „u. ö." oder ähnlich hinzuzufügen.
950 Anzeigen.
Das sind freilich, wie gesagt, im Grunde Äußerlichkeiten, die
ich eigentlich nur darum rüge, weil ich den Wert der Arbeit ihrem
Inhalte nach sehr hoch einschätze. Gerade weil die Arbeit es mir
besonders wert ist, gebe ich im folgenden nun auch noch eine
längere Liste von Bemerkungen zu Einzelstellen, teils ergänzender,
teils berichtigender Art. Doch bemerke ich ausdrücklich, daß ich
hierbei die ausführliche und sehr lehrreiche Besprechung des
Küchler'schen Buches von Meißner in den Gott. Gel. Anz. 1904r
Nr. 9, S. 739 — 757 als bekannt voraussetze und darum schon
von Meißner Ausgesprochenes, von dem auch mir selbst manches,
namentlich soweit es Angaben aus den neueren Bänden der Cun.
Texts betrifft, aufgestoßen war, nicht abermals vorbringe.
K. 191 etc. Spalte I. Z. 1. Zu den Ausführungen über den
senkrechten Keil am Anfang eines Abschnittes wäre noch hinzu-
zufügen, daß von den Babyloniern solche durch einen senkrechten
Keil eingeführten Sätze, sei es wie hier Krankheitsfälle, sei es wie
anderwärts Omina oder Vokabularangaben, als Namen (sumu) auf-
gefaßt wurden, vor die man, ebenso wie vor Eigennamen, den senk-
rechten Keil (eigentlich die Ziffer 1) setzte. Die Richtigkeit dieser
Auffassung lehrt, worauf schon Hunger, Becherwahrs. 68 auf meine
Anregung hin aufmerksam gemacht hat, besonders deutlich der Brief
83-1-18, 10 (Harper, Letters V Nr. 519), wo in Rev. 1 durch su-mu
an-m'-u „dieser Name" auf ein unmittelbar vorhergehendes, durch
den senkrechten Keil eingeleitetes astrologisches Omen Bezug ge-
nommen wird. Darum bedeutet auch das bekannte MU in den
Unterschriften nicht ohne weiteres „Zeile", sondern zunächst sumu
„Name"; und nur, insofern derartige „Namen" z. B. in Vokabularien,
in Ominatafeln , auch in Hymnen (wo aber die Setzung des Keils
nicht üblich ist) in der Regel — aber durchaus nicht immer —
bloß eine Zeile einnehmen, kann man MU (sumu) allenfalls auch
durch „Zeile" widergeben.
maräsu „krank sein". Ich möchte bei dieser Gelegenheit der
Vermutung Ausdruck geben, daß ZliyQi in der Panammu - Inschrift
Z. 16 eine Safel-Form zu 517:, altaram. für späteres r*va = y-W
darstellt: to;d * -QN " n73 " c;n • :mi'0 „es wurde krank und starb
auch mein Vater Panammu".
Z. 4. Zu (gis) MA . TU = malcurru wäre noch die auch
von Jensen in KB VI 1, 533 f. nicht berücksichtigte Stelle HR 54,
26 ab [{dingir) GIS . MA] . TU = Sin sa ma-Jcur-ri zu er-
wähnen.
Z. 21. SAR = napähu findet sich z. B. auch Maqlü VI 111
vgl. mit 103 und bekanntlich oft in den astrologischen Texten. Ob
dagegen in Spalte II 15 wirklieh nap-\hü\ zu lesen ist, erscheint
mir doch recht unsicher. Vielmehr wird auch dort wahrscheinlich,
wie hier, SA[R . SAR-hu] vorliegen.
SE . IR (bezw. SA) dürfte wohl zu SE . SA . [A] zu er-
Zimmern, Küchler's Beitr. z. Kenntnis d. Assyr.-Babyl. Medizin. 951
ganzen sein. Beachte zii SE . SÄ . A noch das unten zu Z. 33
Bemerkte.
Z. 23. Die verunglückte ehemalige Lesung Bezolds der Brief-
stelle 82-5-22, 174 (Bezold, Catal. IV 1842; Delitzsch AL4 76;
Harper, Letters IV Nr. 341), Z. 10 hätte Küchler (Jensen) nicht
wieder im Zusammenhang mit KU — After vorbringen sollen.
Dort ist ja einfach zu lesen : la hu-sa-pi ta-kal „nicht einen Bissen
ißt sie".
Z. 25. Für GAZ könnte auf Grund von IV R 26, 44 4.r, 1,
gerade in diesen Zusammenhängen statt hasßlu sehr wohl vielmehr
das Verhum b(py-s(z. s) in Betracht kommen, das Delitzsch HWb.
514 b behandelt ist.
Zu NAM = saJjälu „durchseihen" ist wohl auch KU. NU.
NAM (d. i. kernu la sahlu?) in den Labartu-Texten I Col. I 23
= IV R 56, 23 a: III Öbv. 56 = IV R 55, 36 a: III Rev. 21 =
IV R 55, 21 b zu stellen.
Daß SAG . SA in der Tat res libbi zu lesen ist, lehrt jetzt
CT XVII 5, 48/49; 6, 15/17.
Z. 33. Daß SE .SA. A hier und an den andern im Kom-
mentar genannten Stellen (vgl. auch oben zu Z. 21) Ideogramm für
laptu „Rübe" wäre, ist mir nicht wahrscheinlich. Es wird im Hin-
blick auf K. 55 (Meißner, Suppl. 3), Obv. 8 ff. vielmehr aalü (vgl.
hebr. ->bp) oder labtu (nrtb) „geröstetes Getreide" vorliegen. S. be-
reits meine Beitr. 182 f. Anm. 21 zu Nr. 66 Obv. 12.
Spalte IL Z. 14. Zu den Formen wie tarsan, tarbak u. s. w.
(s. auch Nachträge S. 146) vgl. aus Küchler's Texten selbst vielleicht
noch K. 71b IV 36, wo die Gruppe RI.SUK statt tanasuk(-suk)
vielleicht besser ial-pat zu lesen ist. Sonst z. B. noch die Form
talpap1 wiederholt in IV R 5-". Nr. 1 (s. dazu ZA XV] 185, Anm. L3
u. Anm. 10).
Z. 15. Zu dem angeblichen nap-[hu] s. oben zu Spalte 1 '/.. 21.
Zu qanü tabu s. auch meine Beitr. S. 130, 32 u. S. 142, 2 I.
Z. 30. Hier und öfter im folgenden wird eine Bezeichnung
wie UD VII KAN besser als „7 Tage lang", wie als „am 7. Tage"
zu verstehen sein; „am 7. Tage" wohl nur dann, wenn ausdrücklich
ina davorsteht, wie z. B. K. 71b IV 50: ina UD II KAN. Es
ist dies auch für das sachlich'' Verständnis der Texte nicht ohne
Bedeutung.
Z. 42. Statt (sammu) IJAL Ls1 wohl besser (vgl. auch Küchler's
Autographie) : {sammu) DIL mit nachfolgendem wagerechten K< il
zu lesen, also entweder nochmals (sammu) I>IL. />.!('/ |, oder
{sammu) DIL allein, das z. B. IV K 23 Nr. 1. K- gleichfalls hinter
[{sammn) S\f . MAN genannt wird und das auch in Küchler's
Texten selbst wiederholt vorkommt (s. den Kommentar n K. l'.'l
Sp. IV 50). Dahinter folgte dann wohl z[er].
952 Anzeigen.
Spalte III. Z. 55. Eine Form von maräqu liegt wahrscheinlich
auch vor K. 1285 (Craig, Rel. Texts I 5 ff.) Rev. 10: un-ta-at-ar-
ru-qu „ sollen zerrieben werden" o. ä. (doppelte £-Form ? oder Orig.
un-ta-na-ar-ru-qu?). — ta-ma-ra-aq „du soltst zerreiben" auch
z. B. noch in den unveröffentlichten Texten K. 3889. Z. 8; K. 4266
+ K. 8976 (von mir zusammengefügt am 2. Okt. 1897), Rev. 25;
K. 4290 Obv. 12; [ta]-mar-raq K. »452 Obv. 8.
Z. 62. Meine von der Jensens abweichende Ansicht über den
„gut babylonischen" Charakter des Namens (H)ammurabi habe ich
KAT3 480 f. ausgesprochen. Für ammu ist jetzt übrigens auch
noch Ges. Hamm. Obv. IV 54, sowie Amarna KB V Nr. 45, 32 zu
beachten.
Z. 66. Zu dem eigentümlichen siptu ul(-)ja-at-tu(-)un u. ä.
vgl. auch noch King, Magic Nr. 61, 20. Craig, Rel. Texts II 8
Rev. 11 wird wohl einfach ein Lese- oder Schreibfehler Craig's für
ul{-)ja-tu(-)un vorliegen. Meine Auffassung der Gruppe habe ich
bei Myhrman in ZA XVI 159 zum Ausdruck gebracht. Wieder
eine andere , aber auch nicht sonderlich ansprechende Erklärung
versucht neuerdings Hommel, Grundriß 131 zu geben.
Z. 70. Die Ergänzung von Sb 370 zu [par]-si-[gu~] bewährt
sich auf Grund des neuen Duplikats (s. Weißbach, Bab. Mise. 30
u. Taf. 11) nicht. Dagegen hätte für DUR = riksu noch auf
meine Beitr. S. 113 Anm. i verwiesen werden können.
K. 71b. Spalte I. Z. 8. Zu läsu „kneten" vgl. außer der
schon von Meißner erwähnten Stelle CT XVII 22, 134 auch noch
IV R 23 Nr. 4, 15: ke-im ta-la-ds „Mehl sollst du kneten".
Z. 11. GAB wird wohl Ideogramm für tuhdu „Fett" sein,
s. sogleich und zu Spalte II Z. 43.
Z. 22. Die Gleichung NI.[LU] = libü {Ujm) = tuh-du
(vgl. Delitzsch HWb. 369) ergiebt sich auch aus II R 43, 27 a— c.
Daß der letzgenannte Stamm als tahädu , tuhdu , tahdu , statt da-
hädu u. s. w. anzusetzen ist, beweist schon die Schreibung tu-uh-
di-im Ges. Hamm. I 56 und noch ausdrücklicher die Schreibung
tn-lni-du der Asurnasirpal- Inschrift Nr. 92,986 (Annais of the Kings
of Ass. I 162 ff.) Rev. 12.
Zu uallat(t,d) vergleiche vielleicht auch tallut (tälut) in der
Nergalhymne bei BöUenrücher Nr. 7 St. II 25 (= IV R 30 Nr. 1, 24
und Haupt ASKT 125, 12).
/>. 2'.K baslu „reif" von Früchten ist auch anderweit im
Assyrischen zu belegen und zwar in der famosen „Legend of the
Worin" (CT XVII 50), wo GIS . MA basilta weder mit Meißner
in MVAG IX (1904), 223 als „gekochtes GLS.MA", noch gar
mit Thompson, Dev. and Ev. Spir. II 161 als „dried bones" (is-ma),
sondern als titta basilta „reife Feige" zu verstehen ist. Daß
(HS.MA in der Tat das Ideogramm für tittu „Feige" ist, lehrt
Zimmern, Küchler's Beitr. z. Kenntnis d. Assyr.-Babyl. Medizin. 953
II B 45, 75 ef: GIS. MA = t[i-i't-tu\ und V B 26, 24 ef [GIS .
HASHU]B GIS.MA = ti-na-nu-u. Darauf, daß auch Gudea
GVL B III 19 GIS.MA (tittu) neben GIS . HASHUB {hashuru)
vorliegt, habe ich bereits in ZA XIV (1899), 389 aufmerksam
gemacht,
Spalte IL Z. 43. GAB wird dasselbe GAB sein, das auch
IV B 59, 22 b neben tusamah vorkommt und wohl Ideogramm für
tuhdu ist (vgl. oben zu Spalte I Z. 11 u. Z. 22). Davor stand
wohl N~\I.LU= Ubü. wenn auch die Spuren der Autographie
nicht ganz dazu stimmen.
Z. 55. Hier wird wohl statt SE .GAM '. GAM . ME im
Original (EBU)GAM . GAM . ME oder {EBU)TAG . GAM .ME
stehen, dessen Lesung und Erkläruno- als sassaru „Säcre" Meißner
in MVAG IX (1904X 234 f. gegeben hat.
Spalte III. Z. 55. Während Jensen richtig gesehen hat, daß
ikku = ~n Gaumen ist , so ist dagegen die Form iktanirru in
Verbindung mit ikku hier und Z. 66 schwerlich mit Küchler, dem
sich auch Meißner a. a. 0. 751 anschließt, von qaräru abzuleiten.
Sie wird vielmehr zu karü „kurz sein", kurrü „verkürze! '
hören. Das legen die Stellen nahe, an denen ikku in Verbindung
mit karü , küru wiederholt in assvrischen Briefen vorkommt, so
Em. 76 (Harper IV Nr. 3-58) Obv. 17. 21; K. 569 (Harper I Nr. 78
Obv. 10; K. 183 (Harper I Nr. 2) Eev. 5.
Z. 57. Zu Gl. SAG. TAB vgl. auch IV B 23 Nr. 1 Obv. 17 a.
wo ein amät apsl durch eine Eöhre dieses Namens in das rechte
Ohr des Stiers geflüstert wird.
Spalte IV. Z. 17. Zu GIS . LA s. außer den schon von
Meißner a. a. 0. 751 erwähnten Stellen auch noch die Labartu-
Texte II Col.II 44 (= IV B 58, 44 b); III Obv. 29 (= IV B 55, 9a).
Z. 36. S. oben zu K. 191 Spalte II Z. 14.
K. 61. Spalte I, Z. 34. Stati lülänu ist wohl besser sthlänu
zu lesen.
Z. 39. Statt auf meine Bemerkung bei Gesenius- Buhl ' ; s. \.
nbö hätte Küchler vielmehr auf meine Beitr. S. 183 Aiim. 18 ver-
weisen sollen.
Spalte III. Z. 4. Zu amurriqänu, )jofyw 'ppT1 und den
andern von Jensen KB VI 1, 516 (vgl. 380. 400) und Meißner
MVAG IX (1904). 197 f. angeführten Fällen dieser An isl auch
der Personenname Amurkiki mit der Variante XJrkiki bei Eilprecht,
Bab. Exp. IX 49 zu stellen, den bereits Eost OLZ I (1898), 355
richtig als Awurkiki auffaßt. Über <m für urspr. w ließe sich.
auch außerhalb des Assyrischen im übrigen Semitischen, noch
mancherlei sagen. Ich möchte hier nur noch der Vermutung Aus-
druck geben, daß sich vielleicht auch bian, das doch irgendwie
das bab. abübu sein wird, so erklärt, abübu könnte auf ein
954 Anzeigen.
*ivabübu zurückgehen und für l statt b in bis» könnte vielleicht
an 31ST b?5 und BseX^sßovX als eine gewisse Analogie erinnert
werden.
K. 61. Spalte IV. Z. 7. Meißner a. a. 0. 756 hat, z. T. im An-
schluß an Johns, Deeds III 858, schon ausgeführt, daß eilt ursit
das Synonym von amitti mazukti (= JJ^-ä/ Klöppel und NroiTE
Mörser), der „ Mörserklöppel " ist. Zu elltu gehört nun natürlich
auch hebr. *b* „Mörserklöppel«. H_ Zimmern_
Müller, Dar. Heinr., Die Gesetze Hammurabis
und ihr Verhältnis zur mosaischen Gesetz-
gebung sowie zu den XII Tafeln. Text in Um-
schrift, deutsche und hebräische Übersetzung , Erläuterung
und vergleichende Analyse. Wien, Holder 1903. 286 Ss.
gr. 8°. (S. 1 — 244 auch als X. Jahresbericht der israelitisch-
theologischen Lehranstalt in Wien für das Schuljahr
1902/03.) M. 10.— = 11 Kr. 80 h.
Fußend auf der grundlegenden Veröffentlichung und erst-
maligen Bearbeitung der Gesetze Hammurabi's durch Scheil und
unter geschickter Benutzung der weiterhin erschienenen Über-
setzungen und Bearbeitungen von Winckler, Joh. Jeremias und
Johns , sowie von Artikeln mehrerer Juristen und Theologen zur
Sache , auch einer für das genaue Verständnis mancher Einzel-
stellen des Textes nicht unwichtigen von mir zuerst gemachten
Beobachtung1) über die Deklination des Nomens bei Hammurabi,
legt Müller in diesem Buche zunächst abermals vollständige (ab-
gesehen vom Prolog und Epilog) Transkription und Übersetzung
des Hammurabi-Gesetzes ins Deutsche und sogar ins Hebräische
vor. Die Transkription, „bei der insbesondere Dr. Friedrich Hrozny
den Verf. mit großem Eifer und Verständnis unterstützt hat" (Vorw.
S. 8), ist, abgesehen von einzelnen Verstößen (u. a. qu oder qum
statt kum, auch vereinzelt noch tu oder ut statt tarn, oder tarn
statt ut, pi statt bi) und einigen mit übernommenen Versehen der
Scheil'schen Transkription (z. B. i-na-ad-di-is-sum statt in-na-ad-
di-is-äum § 30 Z. 68; isu statt i-su § 134, 36) im allgemeinen
l) Von Müller selbst ausdrücklich hervorgehoben im Anzeiger d. Kais.
Akad. d. Wiss. (zu Wien). Philos.-hist. Kl. 1903 Nr. XIV S. 81 Anm. 3. Ich
erwähne meine Priorität in der Erkenntnis des Plurals auf -u im Nomin., auf
-i im Gen.-Akk. (ausgesprochen u. a. bei Hunger, Becherwahrs. 8) nur im Hin-
blick auf die entsprechenden Ausführungen von Ungnad in ZA XVIII (1904),
1 ff., der anscheinend selbständig auf die gleiche Beobachtnng gekommen ist.
Zimmern, Müller''s Gesetze Hammurabis etc. 955
richtig; nur hätte bei den Ideogrammen nicht nur die Kasus-
endung, sondern auch die Mimation konsequent durchgeführt werden
müssen. Bei der Übersetzung ist unumwunden zuzugestehen, daß
die Erfassung des syntaktischen Zusammenhangs infolge von Müllers
Beobachtung über den Gebrauch und die eigentliche Bedeutung
des postpositiven -ma beim Yerbum , sowie von u zwischen zwei
Sätzen (s. dazu die sprachlichen Exkurse S. 246 f., 252 ff.) bei ihm
schärfer und richtiger ist, als bei seinen Vorgängern und Nach
folgern, auch Ungnad nicht ausgenommen, der bei seiner sonst sehr
verdienstlichen Arbeit über die Syntax der Gesetze Hammurabi's
speziell in diesem Punkte (§ 75, ZA XVIII (1904) 66 f.) ungenügend
ist. Es dürfte sich darum für die künftigen Übersetzer und Be-
arbeiter der Gesetze Hammurabi's sehr empfehlen, gerade in dieser
Hinsicht der Übersetzung Müllers, wie in andern grammatischen
Fragen den Ausführungen Ungnad's die ernsteste Aufmerksamkeil
zu schenken. Daß man deshalb mit Müller nun alle -ma- Sätze
durch „nachdem", „indem", „sobald" u. s. w. auflösen müßte, soll
damit nicht befürwortet werden. Es klingt dies in der Tat im
Deutschen in den meisten Fällen äußerst schweriällig , wenn es
auch grammatisch richtig ist. Viel eher hätte Müller statt der
durchgängigen Übersetzung der Präsensform durch das deutsche
Präsens hier die durch den Zusammenhang oft direkt geforderte
Nüancierung durch „wird", „darf", „soll", „kann" u. s. w. zur
Anwendung bringen sollen. Merkwürdig übrigens , daß Müller
nicht auch in § 170 das u mit „auch" übersetzt: „Wenn einem
Manne seine Gattin Kinder geboren hat, [und] auch seine Magd
ihm Kinder geboren hat". Hat so in diesen beiden syntaktischen
Punkten der Outsider, als welcher eben doch Müller in der Assyrio-
logie trotz seiner gelegentlichen Betätigung auf diesem Gebiete zu
gelten hat, den zünftigen Assyriologen in der Tat etwas gelehrt1),
so war natürlich im übrigen von vornherein kaum zu erwarten,
daß Müller einzelne besondere Schwierigkeiten des im allgemeinen
ja völlig klaren und leicht verständlichen, darum auch schon von
Scheu im wesentlichen richtig übersetzten Textes der Hammurabi-
Gesetze seinerseits nun beheben würde. Wo die Vorgänger nichts
bieten, versagt darum im allgemeinen auch bei ihm die Erklärung,
und wo die Vorgänger Fehler, z. T. direkte starke Verstöße gegen
die Grammatik aufweisen, finden wir sie mehrfach auch bei Müller.
So z. B. § 141 e-si-ib-sa. Ja e-si-ib-Sa „ich entlasse sie", „ich ent-
lasse sie nicht" statt „ihre (Sa, nicht -si) Entlassung (Inf.), wo
1) Übrigens ist doch zu erwähnen, daß z. B. namentlich Jensen in seinen
Übersetzungen in KB VI 1 die -??j«-Sätze öfter in der Weise von Nebensätzen
gefaßt hat, und daß auch u in der Bedeutung „auch'' bisher nicht so völlig
unbekannt war (s. z. B. Delitzsch 11 Wh. 1). Doch soll gerne zugegeben werden,
daß Müller dieso syntaktische Frage erst wirklich prinzipiell und konsequent
behandelt hat, wie er selbst ja auch schon vor langen Jahren diese Erklärung
dor -ma-Sätze zuerst gegeben hat.
956 Anzeigen.
freilich auch die neueren Bearbeiter immer noch falsch übersetzen.1)
— Oder in § 45 und § 48 bibbuluni ittabal „den Ertrag fort-
führt" statt „die Hochflut (Nom.) fortnirnmt", wie jetzt auch richtig
Peiser übersetzt. — Oder ij 191, wo noch bis heute alle Bearbeiter,
unter Annahme einer monströsen Nominalform und unter An-
wendung eines für diese Texte gar nicht zu erwartenden Laut-
wertes tal-hu-zu ul ittallak „er soll seines Weges gehen" lesen,
statl re-ku-zu (= reqütsu, Wrz. p*n) ul ittallak „er soll nicht
leer ausgehen".-) — Die in $ 274 noch teilweise erhaltenen Ideo-
gramme für Berufsnamen, mit denen auch Müller bezw. Hrozny
nichts anzufangen wußte, sind sicher nach dem [BU]R.GUL =
burgullu „Steinmetz" in Z. 29: \_Z~\ADIM = sasinu „Juwelier"
in Z. 31; [S]I = nappahu „Schmied" in Z. 33. — § 8 Z. 58
handelt es sich wahrscheinlich nicht um den Diebstahl eines
„Schweines" (/SAH), sondern eines „(Esels)füllens" j^SUL). — § 257
Z. 1 liegt natürlich nicht ein Ideogramm AK -\- SU, sondern ein-
fach APIN = errisu vor.
Auf diesen die Transkription und die Übersetzung enthaltenden
ersten Teil folgt nun bei Müller erst der eigentliche Hauptteil
seines Buches, der eine ausführliche Erläuterung und vergleichende
Analyse der Hammurabi - Gesetze enthält. Zur Vergleichung sind,
wie bereits der Titel des Buches besagt, vor allem herangezogen
die „mosaische" Gesetzgebung, dabei hauptsächlich natürlich Exocl.
21 — 23, sowie die römische XII-Tafel-Gesetzgebung; ferner im An-
hang auch das syrisch -römische Rechtsbuch. Sicherlich enthält
dieser Hauptteil des Buches sehr viel Richtiges und Beachtens-
wertes, daneben gewiß auch manches Schiefe und Unhaltbare. In-
dessen fühlt sich Ref., dem es bei der Besprechung des Müller'schen
Buches an dieser Stelle auch in erster Linie auf die sprachliche
Seite ankam, nicht kompetent genug, um über die hier aufgeworfenen
z. T. sehr weitreichenden, schwierigen rechtshistorischen und kultur-
historischen Fragen seinerseits ein maßgebendes Urteil abzugeben.
Auch möchte er nicht, nachdem bereits eine Kontroverse Müller-
Kohler, Müller- Gumplowicz, Müller-Halevy, Müller-Lehmann, Müller-
Peiser in Sachen der Gesetze Hammurabi's vorliegt, Veranlassung
zur Eröffnung auch noch einer Kontroverse Müller-Zimmern in den
Spalten dieser Zeitschrift bieten. Nur das eine sei gesagt, daß es
mir, trotz Kohler, mit Müller durchaus möglich erscheint und sogar
sehr wahrscheinlich ist, daß das Hammurabi - Gesetz nicht nur mit
den israelitischen , sondern auch mit den altrömischen Gesetzen in
wirklichem historischem Zusammenhang steht; daß ich aber anderer-
seits die etwas naive Müller'sche Vorstellung von 'der Wanderung
eines von den Trübungen babylonischer Kultur und Unkultur reinen
„Urgesetzes" mit den Abrahamiden von Ur-Kasdim über Harran
1) Richtig jetzt, wie ich rachträglich sehe, Schorr in WZKM XVIII, 227 f.
2) [Richtig' Delitzsch, Deutsche Lit. Ztg. 1904 Sp. 3030. — Korr.-Zusatz.]
Zimmern, Martin'* Textes religieux assyriens et bäbyloniens. 957
nach Kanaan, seiner ferneren Erhaltung bei den Abrahamiden und
seiner Übei-nahrne durch Moses, der es reformierte und geläutert
seinem Volke vorlegte und das Grundgesetz der Menschheit, den
Dekalog, proklamierte' (vgl. S. 243) nicht zu teilen vermag.
Der letzte Teil des Buches enthält „sprachliche Exkurse", von
denen die oben schon berührten grammatisch - syntaktischen mehr
befriedigen, als die lexikalischen. tt y:m
Martin. Frangots, Textes religieux assyriens et
bäbyloniens. Transcriptions, traduction et convmentaire.
Premiere serie. Paris, Letouzey et Ane 1903. XXXII.
336 Ss. gr. 8°. 12 fr.
Verf. bietet in diesem Buche Transkription , Übersetzung und
kurzen sprachlichen Kommentar zu Craig's Assyrian and Babylonian
Religious Texts Vol. I, nachdem er in einer früheren Arbeit (Paris
1900) unter gleichem Titel bereits Vol. II der letztgenannten
Publikation ähnlich bearbeitet hatte. Ist auch ein kleiner Fort-
schritt in den assyriologischen Kenntnissen des Verf. gegenüber
jener Erstlingsschrift nicht zu verkennen, so hat seine Vertiefung
in die Geheimnisse der Assyriologie doch noch durchaus nicht den
Grad erlangt, um ihn der von ihm unternommenen Aufgabe ge-
wachsen erscheinen zu lassen. Wo er gute Vorgänger bei seinen
Textbearbeitungen hat, da*" sind natürlich auch die seinigen nicht
übel; wo aber jene fehlen, da begegnen wir oft recht bedenklichen
Erscheinungen. Vgl. z. B. die zahlreichen Fehler schon allein in
der Transkription auf der einen Seite 64 (= Craig p. 17. Z. 12 ff.):
Z. 13 taüakti{ti) sa (ilu) GIR.HAT.T1 statl sepi-ti iäakkan
(-an) ina ru-pa-tt; Z. 17 ulabbas ina statt ütabas(-ds); Z. 18
ina asri limni ip-pa- .... statt ina kihulfä ip-pa-l[a-sah]; Z. 20
ina asri limni-ki ab-bal-kit itti statt ina kihvllt-ki ap-pal-sih-ki;
Z. 22 sumeli u imni(?)-ja stall ibassü(-u) ilti-ja; Z. 23 zikare (pl.)
an-ni statt irteda-an-ni. Im Einblick auf derartige zahlreiche arge
Verstöße auf engstem Räume verliert man als Rezensent die Lust,
sich noch weiter in die Einzelheiten des vorliegenden Buches zu
vertiefen, das ja immerhin dazu dienlich sein mag, weiteren Kreisen
im großen und ganzen eine einigermaßen richiiire Vorstellung vom
Inhalt der betreffenden Texte zu geben und das auch neben seinen
vielen Fehlern manche richtige Einzelbeobachtung aufweisen mag.
Schade daß der jüngsten Generation unter den französischen Assyrio-
logen nicht eine philologische Akribie, wie sie der leider zu früh
verstorbene Amiaud an den Tag legte, und wie sie gegenwärtig
von Thureau-Dangin vorbildlich vertreten wird, in dir Wieg»
legt zu sein scheint, H_ Zimmern.
958 Anseigen.
Howard?/ , G., Clavis cuneorum sive Lexicon
signorum assyriorum Unguis latina, britannica,
germanica sumptibus Instituti Carlsbergici Hauniensis
compositum. Pars I: Ideogrammata praecipua. Lipsiae,
Harrassowitz ; Hauniae , Michaelsen 1904. 96 Ss. gr. 8°.
M. 5.-—.
Trotz der Bemerkung des in den Kreisen der Assyriologie
bisher übrigens gänzlich unbekannten Verfassers auf dem Umschlag
„der Zweck vorliegender Arbeit ist die assyrischen Zeichen mit
ihren Bedeutungen in kurzer Zusammenfassung zum Gebrauch für
Anfänger und Fortgeschrittenere zu vereinigen . . . ." vermag Ref.
den eigentlichen Zweck dieser Publikation nicht zu erkennen. Dem
Forscher bietet diese sklavisch an Brünnow's List und Delitzschs
Handwörterbuch oder Lesestücke sich haltende Kompilation, wenig-
stens soweit die bis jetzt vorliegende erste von den ca. vier in
Aussicht genommenen Lieferungen in Betracht kommt, nichts, aber
auch rein nichts Neues; im Gegenteil befremdet ihn nur sehr die
offenbar äußerst geringe Bekanntschaft des Verfassers mit der
neueren assyriologischen Literatur (abgesehen von den genannten
beiden Werken Brünnow's und Delitzsch's). Aber auch , ob der
Anfänger großen Nutzen aus dieser Clavis ziehen wird , möchte
ich sehr bezweifeln. Ich möchte vielmehr glauben , daß sie nur
der Oberflächlichkeit starken Vorschub leisten wird. Möglicher-
weise lassen die zu erwartenden ca. drei folgenden Lieferungen,
die die „Ideogrammata rariora , nomina propria und zum Schlüsse
Anmerkungen, Belegstellen, Nachschlageregister " bringen sollen,
das Unternehmen in einem etwas günstigeren Lichte erscheinen,
als es nach dieser ersten Lieferung der Fall ist. Die beigefügten
hebräischen Wörter zeichnen sich durch merkwürdig viele Fehler
aus, die auch nicht etwa ausschließlich dem Setzer oder Korrektor
zur Last fallen können. H. Zimmern.
959
Verzeichnis der im letzten Vierteljahr bei der
Redaktion eingegangenen Druckschriften.
(Mit Ausschluss der bereits in diesem Hefte angezeigten Werke. Die Redaktion
behalt sich die Besprechung der eingegangenen Schriften vor. Anerbieten der
Herren Kollegen, das eine oder andre wichtigere Werk eingehend besprechen
zu wollen , werden mit Dank akzeptiert. Die mit * bezeichneten Werke sind
bereits vergeben.)
Ana toi e. Zeitschrift für Orientforschung. Unter Mitwirkung zahlreicher Ge-
lehrter in zwanglosen Heften herausgegeben von Waldemar Beide und
Ernst Lokmann. Heft 1. Die Kelischin-Stele und ihre chaldisch-assyrischen
Keilinschriften von Waldomar Reich. Freienwalde a. 0. u. Leipzig, Max
Rüger, 1904. Mk. 9.
Gebete und Hymnen an Nergal von Josef Böllenrücher. [Leipziger
semitistische Studien, hrsg. v. A. Fischer u. H. Zimmern, I, 6.] Leipzig,
J. C. Hinrichs, 1904. Mk. 1,80.
*(Jheyne, T. K. - Critica Biblica or Critical Notes on the Text of the Old
Testament Writings. London, Adam and Charles Black, 1904. 15 s. net.
*Ayles, H. H. B. - A Critical Commentary on Genesis II. 4 — III. 25. London,
C. J. Clay and Sons, 1904. 5 s.
Fries , Karl - Das philosophische Gespräch von Iliob bis Piaton. Tübingen,
J. C. B. Mohr (Paul Siebeck), 1904. Geheftet Mk. 2,80.
Vogelstein, H. - Notwehr nach mosaisch-talmudischem Recht. [Sonderabdruck
a. d. „ Monatsschrift f. Gesch. u. Wiss. d. Judentums".] Stettin 1904. Im
Selbstverlag d. Verf.
*Die arabischen Bibelübersetzungen, Texte mit Glossar und Literatur-
übersicht. Von Paul Kahle. Leipzig, J. C. Hinrichs, 1904. Mk. 4,
geb. 4,C0.
Grimme, Hubert - Die weltgeschichtliche Bedeutung Arabiens. Mohammed.
Mit einer Karte und 60 Abbildungen. [Weltgeschichte in Karakterbildern.
hrsg. v. Fr. Kampers, S. Merkle u. M. Spahn. 11. Abtlg. Mittelalter.]
München, Kirchheim, 1904. Mk. 4 in Leinenbd.
Perier, Jean - Vie d'al-Hadjdjädj ihn Yousof (41—95 de l'hegire = 661 711
de J.-C.i d'apres les sources arabes. Bibliotheque de l'Ecole des Bautes
Etudes .... Sciences bist, et philol. I51e fasc] Paris, Emile Bouillon.
1904. Fr. 13.
Die Häsimijjät des Kumait, herausgegeben, übersetzt und erläutert von Josef
Horovitz. Leiden, E. J. Brill, L904.
Diwan dos Regezdichters Rüba ben EVaggäg. Aus dem Arabischen metrisch
übersetzt von W. Ahlwardt, Berlin, Reutber & Reichard, L904. Mk. 3
Bd. LV11I. 62
960 Verzeichnis der bei der Reduktion eingegangenen Druckschriften.
Corpus scriptorum ehristianorum orientaliuin curantibus J.-B.
Chabot, 1. Guidi, H. Hyvernat, B. Carra de Vaux. Parisiis: Carolus
Poussielgue, Lipsiae: Otto Ilarrassowitz:
Annales lohannis I, Iyäsu I, Bakäffä. Edidit [et] Interpretatus est
[gnatius Guidi Pars prima: Annales lohannis I. [Seriptores
aothiopici, ser. II, t. V, 1.] 1903. 2 voll. Mk. 3 -f 1,G0.
Vitae s an Ctorum indigenarum. Edidit Karolus Conti Rossini.
I. Acta Marqorewos. [Seriptores aothiopici, ser. II, t. XXII,
1.] 1904. [Nur lat. Übersetzung.] Mk. 1,60.
■'■ -Tel ras Ibn RaJiib. Chronicon Orientale. Edidit [et] Interpretationen! olim
ab ALrahamo Ecchellensi institutam tum a I. S. Assemanu revisam
itorum ad fidem arabici textus recognovit L. Cheilcho. [Seriptores
arabici, ser. III, t. I.] 1903. 2 voll. Mk. 7,20 -j- 4,40.
Dionysius Bar Sedlbi. Expositio liturgiae. Edidit [et] Interpretatus est
Hieronymus Labourt. [Seriptores syri, ser. II, t. XCIII.] 1903.
2 voll. Mk. 5 + 3.
Chronica minor a. Pars prior. Edidit [et] Interpretatus est Ignatius Guidi.
[Seriptores syri, ser. III, t. IV, 1.] 1903. 2 voll. Mk. 2 + 0,80.
The Canons of Athanasius of Alexandria. The Arabic and Coptic Versions
edited and translated with introduetions, notes and appendices by Wilhelm
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Texte, Traduction et Commentaire. Precede de la geographie, de l'histoiro
et de la bibliographie des etablissements egyptiens de la peninsule. Par
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Stcindorff, Georg - Durch die Libysche Wüste zur Amonsoase. [Land und
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by J. X. Reuter. Part I. [Reprinted from the "Acta Societatis Scientiarum
Fennicse", t. XXV, pars II.] London, Luzac & Co., 1904. 10 s. 6 d., für
Subscribenten auf das ganze Werk 8s. Cd.
Hertel, Johannes - Über das Tanträkhyäyika , die KasmTrische Rezension des
Paficatantra. Mit dem Texte der Handschrift Decc. Coli. VIII, 145. [Ab-
hdlgg. d. philol.-hist. Kl. d. K. Sachs. Ges. d. W. , Bd. XXII, Nr. V.]
Leipzig, B. G. Teubner, 1904. Mk. 8.
Schröder, Otto - Maya-Lehre und Kantianismus. Berlin, Paul Kaatz [1904].
Mk. 1,25.
Abgeschlossen am 2. 1. 1905.
961
Autorenregister *).
525
243
799
238
250
431
395
587
262
161
379
207
492
238
455
518
505
386
245
208
667
680
877
245
797
117
37 4
463
925
463
485
617
492
496
888
958
245
494
Sil
383
114
••*■>
Kluyver .
. . 771.
147
»Bacher . . . .
«Ballini . . .
Krcsmärik
*Küchler .
Lehmann, C. V
Leipoldt .
Leumann .
Lüders
. . . 69.
. . 203.
316.
815.
250.
687
539
'148
Barth, J
Baudissin, Graf
Baumann .
Beer, G
. . 217.
859
920
596
867
Belek ....
499
Belloni-Filippi .
670
-Martin . .
957
. . 206
251. 499.
7l^7
Blau
Bloch
Meißner, Br.
-Meißner, Br.
245
931
Mills .
426
Müller, D. 11.
«Müller, D. 11.
Nestle . . .
Nöldeke .
108. 597.
4 94. 496.
601.
888.
7s, i
954
66 1
*Derenbourg .
Fagnan, E. .
903
4 85
Pischel
24:;.
». 63;
634.
361.
363
Fischer, A. .
»Fischer, A. . . .
Fraenkel, S. .
. . 770
Praetorius L98.
Rothstein, G.
Schäfer, 11. .
»Schäfer, 11. .
»Schmidt, 1
Schmidt, R. .
2C0.461.48
.715
776
268
22 6
Ginsburger, M. .
de Goeje . . . .
•.'Ob. 294
920
417
864
Simonsen .
Smith, V. A.
v. Stackeiberg
Steinschneider
So 7
»Guidi
Haupt
llertel
*ffilgenfeid, 11. . .
... 1
7 87
sv;
299
670
»Horovitz, J. .
*Howardy . . . .
»Huart
"Stumme .
903
»Völlers . .
2 17
Weißbach .
931
*Ignatius Ephraem 1
Jacob, G. . . .
1.,!
Zimmern 1 99. 458. 948. 95 1
. 957
2 15
Jolly
l i * bezeichnet diu Verfasser angezeigter Werke
962
Sachregister,
Sachregister1).
Abessinischcn Dialekte, Die, (und
das Sabaoo-Miuäische) . . . 2G0
■'■'Atta Pauli aus der Heidelberger
koptischen Papyrushandschrift
.Nr. 1 920
Ägyptologie 268
-Agada, Die, der Tannaiten . . 238
Alttestamentliche Studien . . 262
Amitagati's Subhäsitasanidoha,
The Kävyamälä Edition of, . 447
Astronomischer Beitrag, Ein, zur
Exegese des Alten Testaments 386
*Azazai'l, Histoire de Saint, . . 499
Basar- Vesali 206
*Becherwahrsaguugbei denBaby-
loniern 245
Bhagavadgitä II, 46 . . 379.383
*Catalogus Catalogorum . . . 243
*Clavis cuneorum sive Lexicon
siguorum assyriorum unguis la-
tina, britaunica, germanica ....
compositum 958
Digamma und Wau . . . . 461
Esinün-äzär-Inschrift, Zur, . . 198
Fabel von Wolf und Kranicb,
Zur, 798
Oj.xs, Angebliches caritatives,
im Ägyptisch-Arabischen . .875
Feminina auf bloßes t im Ara-
bischen 871
"^Geschichten , Neuarabische, aus
dem Iraq 931
gillüllm, Die alttestamentliche
Bezeichnung der Götzen mit, 395
-Ghvargis Warda von Arbel, Aus-
gewählte Gesänge des, . . . 496
Gutmann und Gutweib in Indien 363
*Hammurabis, Die Gesetze, und
ihr Verhältnis zur mosaischen
Gesetzgebung sowie zu den
XII Tafeln 954
Harihara's Katirahasya 203. 361. 596
Höhlen, Indische, als Vergnü-
gungsorte 867
Hotten tottische Laute und Lehn-
worte im Kafir 727
Iarüt, Der Götze 869
Jatakas, Die, und die Epik. . 687
Jeziditen, Ein Gesetz der, . . 876
Indian Kings, The, named Silä-
ditya, and the Kingdom of
Mo-la-p'o 787
Indologie 282
Inschriften, Zwei türkische,. . 811
Inschriften , Zwei unveröffent-
lichte chaldische, . . 815. 859
Kanon , Der , der biblischen
Bücher bei den babylonischen
Nestorianern im 9./10. Jhdt. 634. 770
*Kumait, Die Häsimijjät des, . 888
Lautlehre, Zur hebräischen, . 518
^Leipziger semitistische Studien 245
^Lieder, Die, eines ägyptischen
Bauern 226
Literatur der Araber, Zur alchi-
mistischen, 299
Literaturgeschichte, Notizen zur
arabischen, 582
*Livre, Le, des mysteres du ciel
et de la terre 485
Maghreb, Notes concernant le, 667
Magnificat, The Prototype of the, 6 1 7
^Maltesische Studien. — Maltes.
Märchen, Gedichte und Kätsel 903
^Medizin, Beiträge zur Kenntnis
der Assyrisch-Babylonischen, . 948
Medizin, Zur Quellenkunde der
indischen, 114
Mehmed Emin Bej, Neues von, 117
Mehri- und Soqotri-Glossen . 780
Melupum (Melopum) 597. 799. 807
Miszellen 869
-Mohammed ibn Toumert mahdi
des Almohades, Le livre de, . 463
*Motahhar ben Tähir el-Maqdisi,
Le livre de la Creation et de
l'Histoire de, attribue ä Abou-
Zeid Ahmed ben Sahl el-Balkhi 925
Muniläs and Australians . . . 147
^'■Mutalammis, Die Gedichte des, 217
Nordbuddhistische Terminologie,
Bemerkungen über die, im Hin-
blick auf die Bodhisattvabhümi 451
Notizen 797
*'Oumära du Yemen , sa vie et
son ocuvre 208
Pahlavi Texts, The, of Yasna XX,
XXI, XXII, edited with all the
MSS. collated 426
*\Pancasati-prabodha-sambandhah
o le Cinquecento novelleantiche
di SuhhasTla-gani 250
Pancatantra, Das südliche. Über-
sicht über den Inhalt der älteren
,Pancatantra"-Kezensionen . 1
1) * bezeichnet angezeigte Werke.
Sachregister,
963
Pfeile aus Nabo-Holz . . . . 877
Phönizische Namen auf "j^TÖ . 633
Pluralbildung des Semitischen,
Beiträge zur, 431
Psalm 2 587. 864
Psalm 55, 23, Eine Anfrage au
Arabisten über, . . . 664. 797
*Rechtsurkunden , Altbabyloni-
sche, aus der Zeit der Ilammu-
rabi-Dynastie 245
Resen in Genesis 10 . . . . 158
Kusas' II Argistihinis von Etsch-
miadzin, Die Steleninschrift, . 161
Sabbath 199. 458
Samskrt-Handschriften . . . 525
Schützensage, Die iranische, . 853
Semitische, Das, mit Ausschluß
des Sabaeo-Minäischen und der
abessinischen Dialekte , sowie
der alttestamentlichen Studien 251
Sprachwissenschaftlichen Werk
von 1539, Aus einem, . . . 601
Strafrechts, Beiträge zur Beleuch-
tung des islamitischen , mit
Rücksicht auf Theorie und
Praxis in der Türkei 69. 310. 539
"Studia syriaca seu collectio docu-
mentorum hactenus ineditorum 494
Südsomitischen Alphabet, Be-
merkungen zum, 715
Sütras, Zur Exegese und Kritik
der rituellen, 505
'Textes religieux assyriens et ba-
byloniens 95 7
Thargum jeruschalmi, Neue Frag-
mente des, :;7 4
Theater in Indien, Ein griechi-
sches 455
.Tiele's Kamer' 294
*Tlemcen, Le dialecte parle ä, . 670
'Volksdichtung aus Indonesien.
Sagen, Tierfabeln und Märchen 492
r>Zigeuner, Lehrbuch des Dialekts
der deutschen, 680
Druck von G. Kreysing in Leipzig.
NGi>. f. JAN 2 9 1968
PJ Deutsche Morgenland i sehe
5 Gesellschaft
DA. Zeitschrift
Bd. 58
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