X CENT^^
AS
Zeitschrift
des
Deutschen Palaestina-Vereins.
Herausgegeben
von dem geschäftsführenden Ausschuss
unter der verantwortlichen Redaction
von
Lic. Hermaiiii Gutlie.
3'Ji
Band III -
Mit 5 Tafeln.
-•■»■«-
Leipzig 1880
in Commissi (tn bei K. B:edeker,
Beilage zur Zeitschrift des Deutschen Palästina-Vereins
Bd. III, Heft 4 (1880).
In Folge der llecension des Herrn Prof. J. Gildkmeistku in
Bonn über die Schrift des Herrn Prof. J. N. Sepp in München »Kaiser
Friedrich I. Barbarossa's Tod und Grab (Berlin, Habel , 1879) «in
ZDl'V. II, p. 25() f. sandte mir der Letztere am 3 1 . Oct. d. J. die unten-
stehende Entgegnung zu. Der Abdruck geschieht auf dieser Beilage,
weil ich einerseits solche Auseinandersetzungen grundsätzlich aus der
Zeitschr. selbst ausschliessen möchte , aber doch andrerseits Herrn
Prof. Sepp an dem Versuche, seine Behauptungen zu rechtfertigen, an
dieser Stelle nicht Idndern durfte. Mit dieser und der weiter folgen-
genden Entgegnung, welche Herr Prof. Gildemeister zur Verthei-
digung seines Urtheils eingesandt hat , ist die Angelegenheit für die
Zeitschrift des Deutschen Palästina- Vereins abgeschlossen.
H. GUTHE.
Zur freundlichen Verständigung. Die scharfe Censur
in Bd. II, p.257 f. dieser Zeitschr. , kehrt die Spitze gegen ihren Autor. Er
missverstehe mich ja nicht, als ob ich die Existenz der grossen Moschee
zu Tyrus vom Namen Manärah abhängig mache. Die Kibleh fällt im
mittleren Chor ebenso nachträglich, wie in der Kubbet es Sachra auf,
mag auch Abulfeda 1321, drcissig Jahre nach der Zerstörung, Tyrus
noch einen Ruinenhaufen ohne Bewohner nennen. Wenn mein ge-
strenger Kritiker selber für Manärah keine andere Erklärung weiss,
als "Ort des Lichtes" oder »Leuchter«, so dürfte er vielmehr anerken-
nend erwähnen, dass ich zuerst unter Hinweis auf Menörah undMinäret
dies explicirte. So hiessen die Araber zuerst den Pharos in Alexandria,
und im Grunde stellen die Moscheethürme, namentlich in Kairo, Pha-
nale vor, indem sie Girandolen für die Illuminationen am Bairam und
anderen Festen tragen. Die Benennung könnte ohne Wortfuchserei von
der Pracht und Herrlichkeit der eroberten Kathedrale herrühren ; dabei
nahm ich aber Manärah nicht pedantisch correkt als Particip, als hiesse
die Moschee nach allen Hegeln der Grammatik die rtLeuchtende«, sondern
paraphrasirte nomen instrumenti vel loci wie üblich. Bei weiterer Er-
wägung lehne ich die Bedeutung »Candelaber oder Leuchtthurm« nicht
für Minäret ab ; dagegen sind wir berechtigt bei der Manärah, wie bei
der berühmten Moschee el Azhar inKah'o, welche buchstäblich »Glanz«
bezeichnet , an das geistige Licht zu denken , welches von da aus-
strahlt. Legen doch die Hagadisten selbst dem Namen Moria die Wur-
zel TlSt zu Grunde, weil von da das Licht ausgegangen.
Was den samarisehen ha-Täheb und die Identificirung mit dem
ha-Tischbi betrifft, so nimmt es mich stark Wunder, dass Herr CoUega
Gildemeister nicht auf das einheitliche Wort 3^TZJ , rediie, mit prae-
form. t1 , chald. S^n^ sich besonnen hat. Mir war es nie zweifelhaft,
dass der »Wiederkehrende und Zurückführende«, sog. Messias der Sa-
mariter im Evangelium Joh. IV, 25 dieselbe religiöse Gestalt sei mit dem
Matth.XVII, 10. 11 und XXVU, 46. 47 erwarteten Elias, der wieder-
kommen und Alles wieder herstellen soll. »Vollständige Unkenntniss
in sprachlichen Dingen« lasse ich mir darum nicht nachsagen.
»Der Verfasser verkennt den Ernst der Wissenschaft«, sagt
Herr Kecensent mir ins Gesicht. Auch diesen Vorwurf gebe ich sine
ira et studio zurück. Mag er die arabischen Quellenbeiträge von Dr.
GoEKGENS und RöHKiCHT als meister- oder schülerhafte Übersetzung
hinstellen; sie haben den Sinn nicht verdreht , sondern die Wahrheit
erfasst , wenn sie die p. 248 wie 25S gerügte Version bieten: »Auf
einem Schiffe landeten 300 lobenswerthe Weiber derFreng, welche
sich der Pflege Armer Verlassener als einem sehr gottgefälligen Werke
widmeten. Bei den F'reng ist die Ehelosigkeit für den , der sie aus-
halten kann , keine Schande , und wie rein sind die Priester , wenn es
für die Ehelosen eine Freude war , sich der Geschlechtsliebe zu ent-
halten.« Es handelt sich um einen Zug in der Geschichte der Kreuz-
züge, wonach fränkische Diakonissen oder barmherzige Schwestern
herübergekommen, um die Kranken und auf den Schlachtfeldern Ver-
Avundeten zu pflegen. Als Historiker weise ich für meinen Theil (im
Anschluss an Freund Goekgens, der meines Wissens eben Frankreich
und England zur Excerpirung arab. Handschriften bereist) den zwei-
deutigen Text Abu Schama's zurück , als ob sie an Freund und Feind
Barmherzigkeit im erotischen Sinne geübt? ! ?
Prof. Dr. Sepp.
Eine bessere Kechtfertigung des gefällten Urtheils, als diese Entgegnung,
ist nicht denkbar.
1) In Beziehung auf das Wort tnannrah tritt der Hr. Vf. einen unter
Ausflüchte versteckten llückzug an. Was auch , so lange noch grammatische
Richtigkeit in philologischen Fragen , aus denen geschichtliche P'olgerungen
gezogen werden sollen, nicht «pedantisch«, und Böcke zu schiessen nicht »üb-
lich« ist, in aller Weise zu empfehlen war.
^lanäraJi heisst Ort für Feuersignale, Leuchtthurm, Landmarke für die
Schiffahi-t, Wegzeichen für die Wüste, und was dem ähnlich ist, Thurm,
Moscheethurm, Obelisk, Gränzstein. ij Der hochragende lluinenstumpf in
Tyrus wird von den ja erst in neuerer Zeit hingezogenen Ansiedlern so be-
nannt, weil er wirklich oder vermeintlich zu Feuersignalen oder zur Land-
marke dienen konnte oder gelegentlich gedient hat. Als »Verbalform« , als
Particip müsste das Wort muniruh oder drgl. lauten, könnte aber wieder nicht
zu Moschee, die zwar im Deutschen, aber nicht im Arabischen Femininum
ist, Attril)ut sein. Dennoch wird es (Vortrag p. .'54 oben) für den »Schlüssel«
zur Annahme einer einstigen Verwendung zur Moschee erklärt, für welche
auch die vermeintlich in den fränkischen Chor, also nach 1201, zum Zweck
der Kiblah gegen Osten eingehauene Nische geltend gemacht wird, welche,
I) Auch Leuchter, was hier nicht anwondbar ist. Die Vorstellung, dass »geistiges Licht«
von einer Moschee, die ja nur Gebetslocal ist, » ausstrahle a, ist nicht arabisch. Eben so
wenig, als diff Mi'taphor für die »VVundorhcrrlichkeita einer »us schönen Steinen gebauten
^ui>cbuo statthaft ist.
da Mekka südlich von Syrien lic'<?t und die syrischen Gel)etsnischen in den
südlichen Maviern ang;ebracht sind, f^ar nicht eine Kiblah sein kann. Aber für
eine Moschee ist geschichtlich kein Kaum. Die Zerstörung von 12',ll hatte den
Zweck , die Stadt ganz unbewohnbar zu niaclien , um den Franken alle Lust
zur Wiederbesetzung zu benehmen, und doch sollen die Zerstörer a. a. 0. •5 4
oben) hier sofort eine Moschee eingerichtet haben. 1321 meldet Abulfeda,
Tyrus sei ein Kuinenhaufen ohne Bewohner, um 145(1 stellt al-Chalil es als
ganz zerstört in Gegensatz zu dem zerstörten md schük , das wenigstens noch
ein Dorf sei; lü'^s nuisste Abdalghäni aus Nabnlus (Wiener Sitz. -Her. lS5ü
1134;v, der als angesehener Gelehrter überall bestens aufgenommen ward,
als er hier Abends einzukehren durch das Wetter genöthigt war , in Kuinen
übei-nachten, wie gleichzeitig M.vunduell auf der ganzen Halbinsel kein ein-
ziges ganzes Haus und nur Fischer als armselige Bewohner fand. Wozu da
eine Moschee ? Aus der Zeit vor den Kreuzzügen wusste und weiss man natür-
lich darüber gar nichts.
Wenn Jemand (um nur bei den beiden Seiten 34. 35 des Vortrags stehen
zu bleiben) von einem phoenikischen Worte Ma »Ort« redet, das es nicht giebt ;
wenn derselbe die Entdeckung macht, dass Melkart «Erdgott« heisse (offenbar
ist an arabisches ard Erde gedacht ; kann der Schreiber wohl je den Namen
mit phönikischen oder auch nur hebräischen Buchstaben geschrieben ge-
sehn haben, da dieser nipb'2 ist, Erde phönikisch wie hebräisch l'"",X heisst,
Y nie in n übergehen kann und ~b^ ein - und kein p hat? auch erledigt sich
der übrigens ni(;hts sagende Einwand von der »Function« p. 5t) ja schon durch
die griechische Überlieferung MeXiy.apilo?) ; wenn er lehrt , die grosse Moschee
zu Damascus heisse dsclHimissi cl-kehir, ohne zu ahnen , dass sein -asi ein
türkisches Possessivpronomen ist , das nicht stehen kann , ohne dass ein Ge-
nitiv voraufgehe oder verstanden werde; wenn er den Erbauer der Azhar-
Moschee, den fatimidischen General {haid] Dschauhar den Namen »Sultan
Gori el Gaid« geben kann, ohne zn sehen, dass der Sultantitel für diesen un-
möglich ist; wenn er, in der Meinung, »buchstäblich« zu übersetzen , behaup-
tet, azhar heisse Glanz, während jeder Anfänger weiss, dass es eine Adjectiv-
form ist ; wenn er an einem andern Ort den acht- und altarabischen Gruss
marhahan für ursprünglich syrisch und bloss bei Maroniten gebräuchlich er-
klärt; denn inar heisse im Syrischen Herr: so ist nicht abzusehn, mit welchen
Gründen er ein nicht nur von mir ausgesprochenes Verdict auf vollständige
Unkenntniss in s])rachlichen Dingen widerlegen will. Denn einige elementare
Bekanntschaft mit dem Hebräischen u. s. w. soll ihm damit nicht abgespro-
chen werden, wohl aber die zur Handhabung von Etymologie und Sprach-
vergleichung erforderliche wissenschaftliche Einsicht in die Bildungsgesetze
und den Sprachgebrauch, ohne die man zu den bekannten haarsträubenden,
auf blossen Gleichklang einiger Buchstaben beruhenden Wortbildungen vgl.
tascheb) und Wortdeutungen gelangen muss. Will er bloss »sich dieselbe
nicht nachsagen lassen«, so ist damit nicht entschieden , ob sie vorhanden ist
oder nicht, es braucht Beweise. Unkenntniss semitischer oder anderer Spra-
chen ist ja keine Schande, man muss nur nicht mit ihr prunken.
2) Den Hauptpunkt , dass den Samaritern ein nicht vorhandenes Wort
ruhig angedichtet ist, umgeht die Entgegnung, indem sie es als mit dem Prä-
formativ r aus ^''i^ gebildet dar.stellen will. Es giebt ein solches r, das aber,
wie alles in der Sprache nach festen Gesetzen geht , sehr bestimmte Gränzen
seines Gebrauches und seiner Formbildungen hat. Ohne diese zu kennen und
darzulegen, kann man nicht ein imaginäres Wort damit construiren. Eine
Bildung »tuschch' wäre nicht erhört, noch weniger lässt sich tischhi irgend
mit der AVurzel schuh combiniren , da deren mittlerer Vocal nie ganz verloren
gehen kann, und von »fascliebu abgeleitet könnte es nur den dem »fasrli eh« An-
gehörigen bezeichnen, also gerade recht nicht der »fascheh« selbst sein. A1)er
wäre die Form auch möglich, so ist sie doch nicht, wofür sie mit aller
Seelenruhe ausgegeben ward, in wirklichem Gebrauch, und letzteres musste
jeder Unkundige aus den Worten entnehmen. Da überdies von den Samari-
tern fest steht, dass sie keinen nachmoaaischen Propheten anerkannten, so
muss es dabei bleiben, dass die ganze luftige Combination von Mangel an
wissenschaftlichem Ernst zeigt ; denn dieser verlangt, dass nichts ohne Kennt-
niss und Beweis behauptet werde.
3) Üb der Text des Abu Schämah zweideutig ist, kann Hr. Sepp nicht
wissen, da er begreiflicher Weise ihn nicht lesen kann. Er kann sich dar-
auf verlassen, dass derselbe höchst unzweideutig ist, wie ihn auch Mudschir-
aldin p. 321 und Rkixaud Extr. p. 258 nicht anders auflassen konnten, und
wie denn auch der eigentliche Sinn durch den Schleier der GoERGENS'schen
sog. Übersetz mg deutlich genug an verschiedenen Stellen hindurchscheint.
Der mittlere Theil der Stelle ward in der Recension der Kürze wegen ausge-
lassen, da GoERGENS wenigsten den allgemeinsten Sinn gegeben hatte; er
mag nachgeholt werden und lautet : »Zu unserem Heere flohen eine Anzahl
leichtsinniger Mamluken und unbesonnener Freigelassenen [der Ausdruck
soll verhindern, dass der Vorwurf die eigentlichen Muslimen treff"e], die der
Begierde nicht widerstehen konnten und den Irrenden [Christen] folgten ;
einigen von ihnen war die Erniedrigung wegen der Lust genehm, andere
fühlten Reue über ihren Fall und suchten die Rückkehr zu bewerkstelligen,
denn die, welche nicht abfielen, konnten nicht viel erreichen. Die Lage der
zu jenen Fliehenden war wegen des an ihnen haftenden Verdachtes schwierig
und die Pforte der Begierde verschluss sich ihnen « Hr. Sepp konnte nun auch
zum Erweise des Satzes, dass von berufsmässigen Krankenpflegerinnen i) (denn
so ist doch der anachronistische Ausdruck: »Diaconissen und barmherzige
Schwestern:' zu verstehen ; natürlich haben sich ja immer, wo irgend Frauen
waren, diese dem Dienst der Verwundeten gewidmet) die Rede sei, die von
ihm gepriesene Übersetzung gar nicht gebrauchen, ohne GoERGENs' Worte :
»entwichen von der Liebe zu jenen hingezogen« stillschweigend in ihr
Gegentheil »wichen vor ihnen erfüllt von Liebe (oder Ehrfurcht) zurück« zu
verdrehen und in das Citat als solches einige aus der Luft gegrifi"ene Worte
einzuschwärzen. Dies war der Punkt, auf den es ankam: aber hierüber
schweigt die Entgegnung; sie behauptet, die klate Stelle des Abu Schämah
oder vielmehr des Imädaldin dürfe nur den Sinn haben, den Hr. Sepp darin
zu finden beliebe. Wenn er desshalb die Nachricht des Augenzeugen »für
seinen Theil als Historiker abweist", so ist das völlig irrelevant, und darüber
wird die Geschichtschreibung zur Tagesordnung übergehn. Er thut es ohne-
hin als ein Historiker, für den Zeugnisse, wie das auf ungefähr dieselbe Zeit
(1202) bezügliche und mit Imädaldin so merkwürdig auch in der Molivirung
übereinstimmende Arnold's von Lübeck (Leibnitz scriptt. Brunsv. H, 709) :
»Quanti enim fuerunt , qui pi-o Christo legitimas suas rellquerant, qui ibi
meretriculis adhaerebant ! llas enim ad sua niinisteria sub specie reli-
gionis quasi ex necessitate admitlebant, postea Moabitidas sentie-
bant, quae olim. peccare fecerunt Israel, quando irato doniino coram hoslibus
cade])ant« eine Überraschung sein werden.
J. GlLDEMEISTER.
1) Rollte, was p. 27 des Vortrags aus dem Jalir 1M7 gemeldet wird, auf die in verschie-
denen Riichern angefiilirto Stolle des Nicetas p. 4t P. gelien , so ist zii bemerken, dass in
dieser zwar von reitenden, in Rüstungen paradierenden und putzsüchtigen Dämon die Rede
ist, aber nicht von Krankenpflegerinnen.
Inhalt
des dritten Bandes der Zeitschrift des Deutschen
Palästina -Vereins.
Seite
Nachrichten über Angelegenheiten des Deutschen Vereins zur Er-
forschung Palästina's I
Rechenschaftsbericht über das Vereinsjahr 1879 lU
Auszug aus der Rechnung über Einnahme und Ausgabe der Kasse
des D. P.-V. im Jahre 1879 VIII
Persoualnachrichten und geschäftliche Mittheilungen ... IX. XXI. XXV
Verzeichniss sämmtlicher Mitglieder etc XI
Verzeichniss der bis zum 25. Oct. 1880 für die Palästinabibliothek
eingegangenen Bücher, Zeitschriften u. .-4. w XXII
Mittheilungen von Baurath C Schick in Jerusalem über die alten
Lauren und Klöster in der Wüste Juda. Bearbeitet von K. Marti 1
Jafa und Umgebung. Erläuterung zu Tafel III von G. Schwarz . . 44
Das Transcriptionsalphabet 52
Erklärung. Von M. Röhricht 53
Eine neue Entdeckung in Jerusalem. Von A. Socin 54
Bericht über neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Palästina-
literatur 1879. Von J. Socin 57
Der Frankenberg. Von C. Schick 88
Mittheilungen über Eeben, Sitten und Gebräuche der Fellachen in
Palästina. Von F. A. Klein 100
Die Davidstadt, der Salomotcich und die Gräber der Könige in Je-
rusalem. Von Baron von Alten 116
Ghassänidengräber vor Jerusalem. Von J. Gildemeister 177
Zion, Davidstadt und die Akra innerhalb des alten Jerusalem. Von
Dr. Klaihcr l>5i)
In welche Gegend der Wüste wurde der Sündenboek geführt? Von
C. Schick 214
IV
Seite
Beiträge zur Palästinakunde aus neueren jüdischen Quellen. I und II.
Mitgetheilt von 31. Steiiisclmeider 22U
Nachtrag zu Baurath Schick's »Die alten Lauren und Klöster in der
"Wüste Juda«. Von K. Furrer 234
Correspondenzen aus Jerusalem 250
Bücheranzeigen : Map of Western Palestine. — R. Röhricht, Beiträge
zur Geschichte der Kreuzzüge. — Kaltbrunner, Manuel du
voyageur 179
Röhricht, Quinti belli sacri scriptores minores. — Palästina und
Syrien , herausgegeben von K. Bcedeker. — Lanzone, Viaggio
in Palestina e Soria di Kaid Ba 237
Tafeln : Zu Seite
I. Das Land zwischen Jerusalem und dem Todten Meere (Wüste
Juda), untersucht und aufgenommen von C. Schick. Lithogr.) . 1 ff.
II. Plan der Ruinen von 'ttbedlje und Plan von Mert, aufgenommen
und gezeichnet von C. Schick. (Lithogr. 35 fF. 19 ff.
III. Karte der Umgebung von Jafa und Plan von Jafa, aufgenommen
und gezeichnet von Th. Sandel (Lithogr.) 44ff.
lY. Grundriss des Frankenberges (Herodium), aufgenommen und ge-
zeichnet von C. Schick (Lithogr.) isSft'.
V. Zwei Durchschnitte und Profile des Frankenberges, entworfen
von C Schick Lithogr.) 88 ff.
Nachrichten
über
Angelegenheiten des Deutschen Vereins
zur
Erforschung Palästina's.
Ztsthr. d. Pal.-Ver. III.
Rechenschaftsbericht über das Tereinsjahr 1879.
Im vorigen Rechenschaftsbericht ^ZDPV. II, p.III — VI wurde
die Hoffnung ausgesprochen, dass binnen Jahresfrist der deutsche Ver-
ein zur Erforschung Palästina" s dem Ziele, Forschungen in Palästina
selbst in Angriff zu nehmen, näher gekommen sein möchte. Diese
Hoffnung ist in schöner "Weise erfüllt worden. Am 30. April d. J.
hat Se. Excellenz der Königlich Preussische Minister der geistlichen,
Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten. Herr vox Putxkamek.
auf ein im Auftrage des geschäftsführenden Ausschusses eingereichtes
Gesuch dem Verein »als Beitrag zur Begründung eines Expe-
ditionsfonds einen Betrag von 3000 M. bewilligt«. Am 21. Mai
d. J. hatten Herr Dr. O. Kerstej; und der Unterzeichnete die Ehre,
von Sr. Excellenz dem Herrn Minister empfangen zu werden und ein
von sämmtlichen Mitgliedern des geschäftsführenden Ausschusses
unterzeichnetes Schreiben, in welchem dem lebhaften Danke des Ver-
eins für die freigebige Unterstützung seiner Zwecke Ausdruck gegeben
worden war, zu überreichen. Ich entspreche sicherlich der Gesinnung
sämmtlicher Mitglieder des Vereins , wenn ich auch an dieser Stelle
öffentlich den wärmsten Dank derselben für jene reiche Bewilligung
ausspreche, deren Erwähnung mit Fug und Recht an die Spitze dieses
Jahresberichtes gestellt werden musste.
In Folge dieser bedeutenden Vermehrung des Expeditionsfonds
ist der Ausschuss sofort in Verhandlungen über die in Angriff zu neh-
menden Arbeiten eingetreten. Da dieselben noch nicht zum Abschluss
gekommen sind, so können genaiiere Mittheilungen darüber vor der
Hand nicht gemacht werden. Indessen wird es nicht streitig sein,
welche Richtung die Forschungen des deutschen Palästina-Vereins
jetzt, nachdem die lange erwartete englische Karte von Palästina
IV
erschienen ist . zu nehmen haben. Abgesehen von der Prüfung der
durch die Engländer vorgelegten Ergebnisse wird nun die Erforschung
des Einzelnen an die Reihe kommen. Ohne Zweifel hat dieselbe
durch die neue Karte von Palästina die erwünschte genaue Unterlage
endlich erhalten. In erster Linie sind Ausgr abu n g e n ins Auge
zu fassen ; und die Schutt- und Trümmerstätten des Heiligen Lan-
des lassen für diese Arbeiten reichen Lohn erwarten. Denn während
der Boden anderer Länder, Avelche eine denkwürdige Vergangenheit
hinter sich haben, schon vielfach nach den Resten der vergangenen.
Culturperioden durchforscht ist , verdeckt in Palästina noch immer
der alte Schutt, wenigstens zum grössten Theil von Spaten und Hacke
unberührt, vielleicht sehr werthvolle Denkmäler der Völker des Alter-
thums und des Mittelalters. An vorsichtiger Ueberlegung wird es der
Vorstand des Vereins nicht fehlen lassen, um , soviel menschliche Er-
kenntniss vermag, die Arbeiten an der rechten Stelle einzuleiten und
so die dem Verein anvertrauten Mittel in erfolgreicher Weise zu ver-
werthen. Sobald ein Plan für die Ausgrabungen festgestellt ist, wird
darüber Mittheilung gemacht werden. Hoffen Avir nur, dass die Aus-
führung desselben vom Glück begünstigt sein möge !
Auch von Seiten einzelner Vereinsmitglieder, so namentlich von
Herrn Baron von Ustinow in Jafa sind einmalige ausserordentliche
Beiträge zum Expeditionsfonds eingegangen. Die geehrten Geber kön-
nen sich des besonderen Dankes des Vereins versichert halten. Der
Ausschuss glaubt gerade in diesem Augenblick , wo er über die Ver-
wendung der bereits vorhandenen Mittel beräth, die Hoffnung aus-
sprechen zu dürfen , dass der Expeditionsfonds , abgesehen von dea
laufenden höheren Beiträgen einer nicht geringen Anzahl von Mitglie-
dern, noch häufiger als bisher durch einmalige ausserordentliche Gaben
erhöht w-erden möge. Ebenso ist jede Bemühung, dem Vereine neue
Freunde und Unterstützer zu gewinnen, vom Ausschuss stets mit leb-
hafter Freude begrüsst worden und wird wie bisher, so auch in Zu-
kunft durch Zusendung von Prospecten und Nachrichten unterstützt
werden. Es ist für den Ausschuss eine Unmöglichkeit, in den ver-
schiedenen Orten und Kreisen selbst das Interesse für den Verein zu
wecken. Er muss es daher zum grossen Theil dem Eifer der Mitglieder
vertrauensvoll anheimstellen, durch Vorträge oder durch Aufsätze in
öffentlichen Blättern für die stets zu vermehrende Betheiligung an den
Bestrebungen des Vereins Sorge zu tragen.
Unseren Landsleuten in Palästina haben wir auch für das-
X
hinter uns liegende Vereinsjahr verschiedene werthvolle Beiträge zur
Palästinaforschung zu verdanken gehabt. Der zweite Band der Zeit-
schrift giebt davon Kunde. Neben Herrn Baurath C. Schick, von
dessen unermüdlichem Fleiss jedes Heft unserer Zeitschrift Zeugnis«
giebt, hat der kaiserlich deutsche Consul im heiligen Lande , Freiherr
vo>- Mf-xcHHAXTSEN, ebeuso aus freiem Antriebe wie auf unsere Bitte,
uns in dankenswerther Weise mit Nachrichten und Beiträgen unter-
stützt. Dem Aufsatze von Herrn Dr. O. Fbaas (ZDPV. II, p. 113 ff.
liegen Mittheilungen von Herrn Chr. Paulus sen. in Jerusalem zu
Grunde, und auch der dritte Band der Zeitschrift wird durch seinen
Inhalt zeigen, dass unsere Bitte um Unterstützung unserer Zwecke an
die Freunde und Gönner des Vereins in Palästina nicht vergeblich ge-
wesen ist : sie vor allen sind im Stande, dauernd und regelmäs sig
zu beobachten, von jeder neuen Entdeckung sofort Notiz zu nehmen
und zu berichten. Der Verein legt daher grossen "Werth auf die bis
jetzt schon freundlichst gewährte und stets neu erbetene Unterstützung
seiner in Palästina wohnhaften Mitglieder und Freunde. In der Hoff-
nung auf ihre Geneigtheit . die Kenntniss der sie in der neuen Hei-
math umgebenden Landbevölkerung bei uns zu vermehren , hat der
Unterzeichnete in seiner Eigenschaft als Redacteur im Februar und
März dieses Jahres zahlreiche Aufforderungen an sie ergehen lassen,
über die L e b e n s w e i s e , Sitten, Gebräuche, Sprache. An-
schauungen etc. der Fellachen Berichte an die Redaction ein-
zusenden, damit auf Grund möglichst zahlreicher, mit den genauesten
Nachweisungen über Ort und Zeit der Beobachtung versehener An-
gaben ein sicheres LTrtheil über die Herkunft und die Eigenthümlich-
keit derselben, beziehentlich über einen Zusammenhang mit früheren
Bewohnern und Sitten des Landes, herbeigeführt werde.
Freilich würde eine solche Mitarbeit von Landesbewohnern an der
Erforschung Palästina's raschere und grössere Erfolge in Aussicht stel-
len, wenn es gelänge, dieselbe zu organisiren. Alle zur Hülfe bereiten
Kräfte müssten sich zu gemeinsamem Anschluss um einen Mittelpunkt
vereinigen. Dorthin würden sie ihre Mittheilungen richten, von dort
Rathschläge und Winke empfangen. An dieser Centralstelle wären
die Mittheilungen zu prüfen, eventuell durch neue oder andere Beob-
achtungen zu erweitern, zu ordnen und so zur Veröffentlichung vorzu-
bereiten. Natürlich ist für diese Geschäfte ein Mann erforderlich,
welcher die nöthige Fachbildung besitzt und die bisherigen Resultate
der Forschung kennt und beherrscht. Die Lösung der Aufgabe in
VI
vollem Umfange erforderte allerdings zwei Kräfte , die eine für die
sprachlich-archäologiscli-historisclie, die andere für die naturwissen-
schaftliche Seite der Forschung. Von beiden ist die sprachlich-archäo-
logisch-historische Seite die dringlichere ; denn das Material, welches
ihr zufällt, verändert sich stets und entfernt sich zusehends mehr von
seiner ursprünglichen Gestalt. Hingegen sind die Objecte der natur-
wissenschaftlichen Beobachtungen durchaus nicht in gleichem Maasse
Veränderungen unterworfen ; sie bestehen zum grossen Theil in regel-
mässig Aviederkehrenden Erscheinungen oder gar bleibenden Eigen-
thümlichkeiten. Es müssen, kurz gesagt. Avissenschaft liehe Sta-
tionen in Palästina errichtet werden , und zwar in erster Linie eine
historisch-archäologische, in zweiter Linie eine natur-
wissenschaftliche. Die Vortheile liegen auf der Hand : dauernde
und regelmässige Beobachtung, Beurtheilung des Wahrgenommenen
durch eine fachmännische Kraft, wissenschaftliche Berichterstattung,
endlich Organisation der im Lande einheimischen Kräfte. Ohne Zwei-
fel ist die Emchtung auch nur der archäologischen Station in dem
eben angedeuteten Umfange eine kostspielige Sache. Allein desshalb
darf der Plan nicht aufgegeben werden. Für eine richtig gestellte und
lohnende Aufgabe haben sich noch immer die Mittel gefunden.
Ueber die erste Generalversammlung zu Trier am 2 5 . Sep-
tember 1879 ist der protokollarische Bericht in den »Nachrichten über
Angelegenheiten des deutschen Vereins zur Erforschung Palästina's«
ZDPV. II, p. XX flf.) veröffentlicht. Von der damals dem geschäfts-
führenden Ausschuss ertheilten Vollmacht , für das weitere Comite
einige neue Mitglieder zu gewinnen , ist in der Weise Gebrauch ge-
macht worden, dass die Herren Professoren DD. G. Bickell in Inns-
bruck, Ed. Böhx und W. A. Xeumann in Wien, P. Schegg und
E. Trijmpp in München , soweit sie nicht schon in Trier von der Ge-
neralversammlung gewählt waren , um ihren Eintritt in das weitere
Comite ersucht worden sind. Nachdem von sämmtlichen genannten
Herren eine bejahende Antwort eingegangen ist, zählt das weitere Co-
mite 24 Mitglieder. Durch die Zusammensetzung desselben glaubt der
Ausschuss deutlich an den Tag gelegt zu haben, dass weder politische
Grenzen noch confessionelle Unterschiede der Theilnahme an den
Verein hindernd in den Weg treten sollen.
Der auf der Generalversammlung des Vereins ausgesprochene
Plan, unsere Kenntniss des alten Palästina durch Bearbeitung der
in altjüdischen, syrischen und arabischen Schriften
VII
enthaltenen Nachrichten über dieses Land zu erweitern , ist
nicht auser Acht gelassen worden. In den Monaten April und Mai hat
die Redaction Aufforderungen zur Betheiligung an dieser Aufgabe an
solche Gelehrte, deren Urtheil und Hülfe für werthvoU und erreichbar
erachtet werden konnte , gelangen lassen. Diese Anregung hat sym-
pathische Aufnahme gefunden. Von mehreren Gelehrten sind bereits
Beiträge in nahe Aussicht gestellt worden. Indessen wird über die
genauere Ausführung des Planes , namentlich hinsichtlich der arabi-
schen Literatur, gegenw'ärtig noch verhandelt.
Ueber den Zuw'achs der Palästina-Bibliothek ist inZDPV.
II, p. VIII — X, pp. XXV. XXVI berichtet worden. Den geehrten
Gebern, welchen diese Vermehrung hauptsächlich zu verdanken ist, sei
an dieser Stelle nochmals der wärmste Dank ausgesprochen. Eine Be-
nutzung der Bibliothek, sowohl hier in Leipzig als nach auswärts, hat
schon verschiedene Male statt gefunden. Gegen Einsendung eines
Leihscheins wird das gew'ünschte Buch, wenn vorhanden, sofort ver-
abfolgt.
Ueber die Kassen Verhältnisse giebt der nachfolgende »Aus-
zug aus der Rechnung über Einnahme und Ausgabe der Kasse des
D.P.V. im Jahre 1879« Rechenschaft. Auch dieses Mal haben sich
die Herren Prof. Dr. Gildemeister und Pfarrer Dr. K. Furrer in
Zürich durch rasche Revision der Rechnung um den Verein verdient
gemacht und sich aufs neue ein Anrecht auf den Dank desselben er-
worben.
Leipzig. IS. Juni ISSO.
Für den Ausschuss
H. GUTHE.
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Persoiialuaclirichteu uud geschäftliche Mittheiluugen.
Als Mitglieder sind dem Vereine ferner beigetreten :
Behrmami, Hauptpastor an St. Michaelis in Hamburg.
Bibliotheken :
Bibliothek der Hochschule für die Wissenschaft des Judenthums
in Berlin, Prof. Dr. Lazarus.
Bibliothek der israelitischen Cultusgemeinde in Wien, Dr. Franhl.
Bibliothek der Synagogengemeinde in Breslau. Dr. M. Bra7m.
Königliche Universitätsbibliothek in Marburg, Prof. Dr. Cäsar.
Calinic/i, Dr. phil., Hauptpastor an St. Jacobi in Hamburg.
Cassel, Dr. th. P., Professor und Pastor in Berlin.
CIncolson, Dr. Dan., wirkl. Staatsrath und Professor in Petersburg.
Ditfmer. Dr. phil., Astronom und Ingenieur in Charlottenburg.
Dobel, Dr. Friedr., Archivar in Augsburg.
Eckhardt, C. P. W., Stud. theol. in Leipzig.
Geher. Cand. theol. C, in Basel.
Grimbamn, Dr. M., in München.
Hemann, Pfarrer im Proselytenhaus in Basel.
Klein, Rev. F. A., in Sigmaringen.
Krähe. Dr. phil. Ed., Stadtschulinspektor in Berlin.
Lantz, JH., Rittergutsbesitzer in Lohausen b/Kaiserswerth.
Lei/ding, Superintendent in Geversdorf a/d. Oste (Hannover) .
Loijtved, königl. dänischer Vice-Consul in Beirut.
Mönckebcrg, Dr. th., Archidiakonus an St. Nicolai in Hamburg.
Paul, Heinr., Stadtvikar in Schwetzingen Baden~ .
Sattler, Dr. E., Privatier in Fluntern b/Zürich.
Schieiden, Dr. phil., in Hamburg.
Schrameier, W., Stud. phil. in Leipzig.
Schulte, Dr., Pfarrer in Erwitte b/ Lippstadt.
Schtcarz. Cand. th. G.. Vorsteher der Deutschen Schule in .lata.
Sieveking. Dr. jur. Herrn., in Hamburg.
Smend, Dr. phil. Rud., Professor in Basel.
Trtimpp. Dr. phil. E.. Professor in München.
X
Vereine :
Deutscher Verein in Jafa.
WacTiernagel, IV., luth. Pastor in Manch Chunk, Pennsylvanien.
Wagiier ^ Debes, Geographische Anstalt in Leipzig.
Witte, Landgerichtsclirektor in Breslau und Mitglied des Reichstags.
Zeller, Rev. /. , Missionar in Jerusalem.
V. Zuylen van Nyevelt, Graf. Königl. Niederländischer Gesandter in
Wien .
Aus dem Vereine traten aus :
Capitel-Lese- Verein von Memmelsdorf in Bayern.
Monssa, Rev. A., Ann Arbor in Nordamerika.
Schuhe, Lic. Dr. G., Prediger in Langensalza.
Wagner, Gottlieb, in Belsen by Tübingen.
Am 30. April d. J. hat Se. Excellenz der Königlich Preussische
Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medicinal- Angelegenheiten,
Herr von Puttkamer, auf ein im Auftrage des geschäftsführenden Aus-
schusses eingereichtes Gesuch dem Verein als Beitrag zur Begründung
eines Expeditionsfonds einen Betrag von 3000 Mark bewilligt. Diese
Summe ist aus dem vorhandenen Kassenbestande des Vereins um so
viel erhöht worden, dass dafür 4 Stück S'^/q Sächsische Rentenbriefe
ä 1000 Mark zum Course von 77,10 angekauft werden konnten.
Se. Excellenz der wirkl. Staatsrath Herr von Hitroio in St. Peters-
burg hat dem Verein eine einmalige Gabe für den Expeditionsfonds
von 16 Mark ttbersandt.
Die Originalzeichnungen des Herrn Th. Sandcl, Architecten in
Jerusalem, nach welchen die diesem Hefte beigegebene Tafel lU an-
gefertigt ist, verdanken wir der Güte des Herrn Baron von Ustinow in
Jafa. Derselbe hat die Originalaufnahmen, welche auf seine Kosten
gemacht wurden (Maasstab des Planes von Jafa 1:2000, der Karte
1 : 1 0000; , der Redaction behufs der Veröffentlichung zeitweise freund-
lichst zur Verfügung gestellt. Der Verein ist dem genannten Herrn
dafür zu lebhaftem Danke verpflichtet.
Verzeichniss sämmtlicher Mitglieder des Deutschen Vereins
zur Erforschung Palästina's.
Seine Majestät der Deutsche Kaiser und König von Preüssen.
Seine Majestät der König von Württemberg.
Seine Königliche Hoheit der Grossherzog von Mecklenburg-
ScmVERIN.
Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz des Deutschen
Reichs und von Preüssen.
Seine Durchlaucht der Fürst von Hohenzollern-Sigmaringen.
Abbot, Ezra, Professor in Cambridge, Nordamerika.
Aberle, H. G., Sekretär d. Gesellschaft d. deutschen Tempels in Stutt-
gart.
V. Alten, Baron, geh. Legationsrath in Montreux.
Amsler, K., königl. belg. Consul in Beirut.
Antunin, Archimandrit in Jerusalem.
Arndt, Dr. Th., Seminaroberlehrer in Dresden.
Auerbach, Dr. L., Rabbiner in Halberstadt.
Aiming, Pastor in Sesswegen, Livland.
Baarts, Pastor d, deutsch-franz . ev. Gemeinde in Beirut.
Baedelcer, K. , Buchhandlung in Leipzig.
Baethcke. Pfarrer, Bibliothekar der Ephorie Thal Schwarzhausen' in
Thüringen .
Ball, Dr., Ober-Consistorialrath in Coblenz.
Barrelet, J., Pastor in Boudevilliers, Neuchatel.
Barth, Dr. /. , in Berlin.
Bassermann, Dr. H., Professor in Heidelberg.
V. Baudissin, Graf, Dr. W., Professor in Strassburg.
Baur, Dr. G., Consistorialrath u. Professorin Leipzig.
Baur. J., Pfan-er in Dietershofen bei Klosterwald.
XII
Behrmann, Hauptpastor an St. Michaelis in Hamburg.
Beritner, Dr. A., Docent am Rabbinerseminar in Berlin.
Bernays, Dr. /. . Professor in Bonn.
Bertheati, Carl, Pastor an St. Michaelis in Hamburg.
Berthean, Dr. E.. Hofrath u. Professor in Göttingen.
Bibliotheken :
der Hochschule für die "Wissenschaft des Judenthums in Berlin,
Prof. Dr. Lazarus.
der israelitischen Cultusgemeinde in Wien, Dr. Frankl.
der Synagogengemeinde in Breslau, Dr. M. Braun.
des Rabbiner-Seminars in Berlin, Dr. A. Berliner.
Diöcesanbibliothek Hornberg Baden , Pfarrer Fr. Zimmermaim
in Gutach.
Gymnasialbibliothek in P^hingen.
in RottAveil.
Königliche öffentliche Bibliothek in Stuttgart.
Ministerialbibliothek in Schaff hausen, C. A. Bächtold, Pfarrer.
Öffentliche Bibliothek in Basel, Dr. L. Sieber.
- in Leyden. Holland.
- in Oxford, Dr. Neubauer.
Stadtbibliothek in Frankfurt a/Main, Dr. Haueisen.
- in Hamburg. Dr. Isser.
Universitätsbibliothek in Dorpat.
- in Giessen,
- in Halle. Dr. 0. Hartwig.
- in Leipzig.
- in Marburg, Prof. Dr. Caesar.
- in Prag.
- in Strassburg.
in l'trecht, Prof. P. A. Tiele.
Birmann, eidgen. Ständerath in Liestal.
Boehl, Dr. F.., Professor in Wien.
Boehringer. Immanuel, in Bönnigheim, Württemberg.
V. Böhtlingk, Dr. 0., kais. russ. Staatsrath in Jena.
Boettger, G., Pastor emer. in Dresden.
Bonsack, P., Pfarrer in Sundhausen bei Gotha.
Bonwetsch, Mag. N., Docent der Theologie in Dorpat.
XIII
Braut!. Dr. /. . Landes- Advocat in Frag.
ßn'ill, Dr. Adolf, in Frankfurt a M.
Briming, Consul des deutschen Reiches in Beirut.
Budde, Lic. Dr. C. Professor in Bonn.
Bitrckhardt, Dr. C. F., Alt-Bürgermeister in Basel.
Brtrchhardt-Zahn, Ed., Kaufmann in Basel.
Calinich. Dr. phil., Hauptpastor an St. Jacobi in Hamburg.
Cassel. Dr. th. P. . Professor und Pastor in Berlin.
Chaplin. Dr. med. Thom., in Jerusalem.
Chapuis, Dr. F., Professor in Lausanne.
C/iioolson, Dr. Dan., wirkl. Staatsrath und Professor in St. Petersburg.
Clause?}, Consistorial-Rath in Brügge bei Kiel.
Conradij, L., Pfarrer a. D. in Miltenberg.
Dalton, Consistorial-Rath in St. Petersburg.
Delitzsch, Dr. Franz. Professor in Leipzig.
Dieckmann, F., Pastor in Xetzelkow, Pommern.
Dillmann. Dr. A., Professor in Berlin.
Dittmer. Dr. phil.. Astronom und Ingenieur in Charlottenburg.
Dobel, Dr. Friedr.. Archivar in Augsburg.
Dörr, iV., in Bonn.
Duisberg, W., Kaufmann in Jerusalem.
Ebers, Dr. G., Professor in Leipzig.
Eckhardt, C. F. IV., Stud. theol. in Leipzig. ,
Ehinger-Geigy in Basel.
Eisenlohr, Dr., Professor in Heidelberg.
Euting, Dr. /. , Oberbibliothekar in Strassburg.
Faber, W., Superintendent in Mansfeld.
Fag, F. R., Pfarrer in Crefeld.
Fehr, Dr. Fredrik. Docent in Stockholm.
Fell, Dr. Win., Gymnasiallehrer in Cöln.
Fleischer, Dr. H. L.. geh. Hofrath u. Professor in Leipzig.
Floeckner, Dr. theol., Oberlehrer in Beuthen.
Fdrstemami, Dr., Bibliothekar in Leipzig.
Fraas, Dr. O., Professor in Stuttgart.
Frank. Dr., Rabbiner in Cöln.
Frenkel, Dr. E., Gymn. -Oberlehrer in Dresden.
Frutiger if Comp.. /.. in Jerusalem.
Furrer. Dr. K., Pfarrer in Zürich.
Geizer. Carl. Cand. theol. in Basel.
XIV
Gildemeister, Dr. /. , Professor in Bonn.
Oodet, Dr. F., Professor in Neuchätel.
de Goeje, Dr. M., Professor in Leyden.
Görgens, Dr. E. P., Professor in Bern.
Goldzi/ier, Dr. /. , Docent an der Universität in Budapest.
Gonell, Pfarrer in Katznase bei Altfelde, Westpreussen.
Gosche, Dr., Professor in Halle.
Grätz, Dr. H., Professor in Breslau.
Grossmann, Lic. Dr., Superintendent in Grimma.
Grünbaum, Dr. M., in München.
Griindt, Dr, F. J., Oberlehrer in Dresden.
Guthe, Lic. H., Docent in Leipzig.
Hagenmeyer, ev. Pfarrer in Gross-Eichholzheim, Baden.
Halberstamm, S. J. , in Bielitz, Oestreich.
Haleiy, J ., Professor in Paris.
HarJcavy, Prof. Dr. Alb., Bibliothekar an der k. öffentl. Bibliothek in
St. Petersburg.
Har7iach, Dr. Ad., Professor in Giessen.
Hartcke, J.. Schulvorsteherin in Neu-Stettin.
Hartmann, Dr., Kanzler des kais. deutschen Consulats in Beirut.
Hefter, Rever. Dr. yi , in Frankfurt a/Main.
Heinrici, Dr., Professor in Marburg.
Helle, Dr. F. W., in Frankenstein.
Hemann, Pfarrer im Proselytenhaus in Basel.
Heucke, Pastor in Schwerin.
Hetissler, G., Pfarrer in Basel.
Hildesheimer, A.. in Halberstadt.
Hildesheimer. Dr. /. , Seminardirector in Berlin.
Hildesheimer, Levi, in Odessa.
Himpel, Dr. F., Professor in Tübingen.
Hirsch, Aro7i J., in Halberstadt.
Hirsch, Gustav, in Berlin.
v. Hitroic, W., kais. russ. wirkl. Staatsrath in Petersburg. .
Hoernle, R . Professor in Calcutta.
Hnffmann. Lic. C. , Superintendent in Frauendorf bei ZüUchow. R.-
Bez. Stettin.
Hoffmann, Ch., Vorsteher des Tempels in Jerusalem.
Hoffmann, Dr. G., Professor in Kiel.
Hollcnberg, Dr. /. , Gymnasiallehrer in Moers.
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Holst, /., Pastor in Riga.
Hommel, Dr., Bibliothekar in München.
Illes, Stefan, in Bern.
Jäger, Buchhändler in Basel.
Jenner, W.. Cand. theol. in Wolfenbüttel.
Jö7-g. Dr. med. Chr. Osic, in Leipzig.
Jonas. Dr. juris, Advocat in Frankfurt a M.
Kaempf, Dr. aS'. /., Professor in Prag.
Kaftan, Dr. /. , Professor in Basel.
Kalliivoda, Günther, Abt des Benediktinerstifts Raigern bei Brunn.
Kalmus, Julius, in Berlin.
Kamphausen, Dr. A., Professor in Bonn.
Kattenbusch, Dr. F., Professor in Giessen.
Kauffma7m, J., Buchhändler in Frankfurt a/M.
Kautzsch, Dr. E., Professor in Tübingen.
Reisten, Dr. phil. O., in Berlin.
Kiepert, Dr. H., Professor in Berlin.
Kiepert, Dr. phil. R., in Berlin.
Kind, Dr. A., Diakonus in Jena.
Kinzler, Adolph, Pfarrer im Missionshaus in Basel.
Kirstein, Dr. med., in Berlin.
Klaiher, Dekan in Göppingen, "Württemberg.
Klein, Stadtpfarrer in Pforzheim.
Klein, Rev. F. A . in Sigmaringen.
Kneucker, Dr. /. /. , Pfarrer in Ziegelhausen bei Heidelberg.
Kober-Gobat, P. J. F., in Basel.
Koch, A. W., Professor in Stuttgart.
Kngel, Dr. , Hofprediger in Berlin.
Köhler, Dr. A., Professor in Erlangen.
Koelling, Lic. H., Superintendent in Roschkowitz bei Pitschen. Über-
Schlesien.
König, Dr. /. , Professor in Freiburg i. Br.
König, Lic. Dr. E., Oberlehrer u. Docent a. d. Universität in Leipzig.
Kol, E., Bankier in Utrecht.
Konifeld, Dr. med. H., in Wohlau.
Kosut, Dr. Jar.. in Prag.
Krähe, Dr. phil. Ed., Stadtschulinspektor in Berlin.
Krafft, Dr., Professor in Bonn.
Krause, Albr., Pastor an St. Catharina in Hamburg.
XVI
Krehl, Dr. L., Professor und Oberbibliotliekar in Leipzig.
Krenkel, Dr. Max, in Dresden.
Küper, Dr., Consistorialrath in Stettin.
de Lagarde, Dr. P., Professor in Göttingen.
de Laharpe, Dr., in Genf.
Landgraff, Dr. Th. , in Heidelberg.
Lange, Regierung«- und Baurath in Cassel.
Lantz, H., Rittergutsbesitzer in Lohausen b/Kaisers\verth.
Leyding, Superintendent in Geversdorf a/d. Oste i Hannover) .
Legrer, Pfarrer, Plochingen (Württemberg] .
Lichtejistein, Alb., in London.
Lindner, Dr. Br., Docent an der Universität in Leipzig.
Loewenthal, H., in Cassel.
Lorange, Dr. med., in Beirut.
Loth, Dr. O., Professor in Leipzig.
Loytved, königl. dänischer Vice-Consul in Beirut.
Lütge, H., Pastor in Amsterdam.
LAitticke, Vice-Consul des deutschen Reiches in Damascus.
Lüttke, 31., Pfarrer in Schkeuditz bei Halle aS.
Lüizenkirc/ien, A. L. C, Stud. phil. in Leipzig.
Marti, Lic, Pfarrer in Buus im Kanton Baselland.
Menzel, Dr. A., Professor in Bonn.
Merhle, l'farrer in Wurzach, Württemberg.
de Meuron, H., Pastor in St. Blaise, Canton NeuchiUel.
Mezger, Seminarephorus in Schönthal, Württemberg.
Mönckeberg, Dr. th., Archidiakonus an St. Nicolai in Hamburg.
V. Moltke, Graf, Exe, Feldmarschall in Berlin.
Moody, A., Pastor der evang. Gemeinde in Prag.
Mühlau, Dr. F., kais. russ. Staatsrath, Professor in Dorpat.
Müller, Dr. A., Professor in Halle.
Müller, Dr. /. F., Mennonitenprediger in Emden.
V. Münr/i/iausen, Freiherr, kais. deutscher Consul in Jerusalem.
Mnnk, E., Rabbinatsassessor in Altona.
Napier, Freder., in London.
Nestle, Dr. E., Helfer in Münsingen, Würtemberg.
Neuland. Pastor in Peterscapelle, Livland.
Neumann, Dr. Wilh., Professor in Wien.
Nieden, Dr., Generalsuperintendent in Coblenz.
Nfildeke, Dr. Th.. I'rofessor in Strassburg.
XVII
Nowack, Lic. Dr., in Berlin.
Oort,'Dx. H., Professor in Leyden.
V. Orelli, Dr. C, Professor in Basel.
Osgood, Howard, Professor in New-York.
Palm. Dr., Professor in Schaff hausen .
Palmer, F., Vorsteher der englischen Zionsschule in Jeriisalem.
Paul, Heinr., Stadtvikar in Schwetzingen, Baden.
Paulus, Dr. /. , in Cleversulzbach bei Neuenstadt, Württemberg.
Pestalozzi, Pfarrer am Grossmünster in Zürich.
Plulippi, Dr., Professor in Rostock.
PJiotius, Archidiakonus des Kreuzklosters bei Jerusalem.
Preiswerk, S., Pfarrer an St. Alban in Basel.
Pnjm, Dr. E.. Professor in Bonn.
Rabener, M. S., Director in Jassy, Moldau.
Rainiss, Julius, Professor und Stiftsbibliothekar in Zircz, Ungarn.
Redslob, Dr. G. M., Professor in Hamburg.
Reifu'cke, Lic. Dr., evangelischer Pfarrer in Jerusalem.
Reusch, Dr. F. H., Professor in Bonn.
Reuss, Dr. E., Professor in Strassburg.
Richter, Dr. /. P., in London.
Riehm, Dr. E., Professor in Halle a S.
Riess, Dr., Stadtpfarrer in Ludwigsburg, Württemberg.
Rigge7ihach, Dr. /. , Professor in Basel.
Ritschi, Dr. Albr., Consistorialrath u. Professor in Göttingeu.
Röhricht, Lic. Dr. Reinhold, Oberlehrer am Humboldtsgymnasium in
Berlin .
Röpe, H., Pastor an St. Jacobi in Hamburg.
Rösch, G., Pfarrer in Langenbrand b. Neuenbürg, Württemberg.
du Roi, Ad. , Amtsrichter in Salder, Braunschweig.
V. Rosen, Baron V., Docent in Petersburg.
r. Roth, Dr. R.. Professorin Tübingen.
Rothe, H., Seminarlehrer in Cammin, Pommern.
Rothstein, Lic. Dr., Gymnasiallehrer in Elberfeld.
Ruetschi, Dr. R., Decan u. Professor in Bern.
Ryssel, Lic. Dr. F., Oberlehrer u. Docent a. d. Universität in Leipzig.
Sachse, Dr. G.. Gymnasiallehrer in Posen.
Sandreczki, Dr. med., in Jerusalem.
Sandreczki, Dr. C, in Passau.
*Sarasin- Bischoff , Theodor, Kaufmann in Basel.
Ztschr. (1. Pul.-Ver. III. ^
XVIII
Sarasin-Stehlin . Riid.. Kaufmann in Basel.
Sattler, Dr. E., Privatier in Fluntern b/Zürich.
Schaff, Dr. Phil., Professor in New- York.
Schanz, Dr. F.. Professor in Tübingen.
Schegg, Dr. P. , Professor in München.
Schick, Conr., königl. Württemberg. Baurath in Jerusalem.
Schieiden, Dr. phil., in Hamburg.
Schlottmann, Dr. C. , Professor in Halle a/S.
Schmidt, K., Lic. theol., Privatdocent in Erlangen.
Schnahl, K., Weltpriester in Jerusalem.
Schröder, Dr. E., Professor in Berlin.
Schrameier, W., Stud. phil. in Leipzig.
Schröder, Dr. phil. C. , in Leipzig.
Schroeder, Dr. P., Dolmetscher bei der kaiserl. deutschen Botschaft
in Constantinopel.
Schürer, Dr. E., Professor in Giessen.
Schulte, Dr., Pfarrer in Erwitte b/Lippstadt.
Schultz. Generalsuperintendent in Reval.
Schwarz, Cand. th. G., Vorsteher der Deutschen Schule in Jafa.
Seesemann, H., Director des livl. Landesgymnasiums in Fellin.
Seil, O., Stud. theol. in Leipzig.
Sengbusch, Pastor in Papendorf, Livland.
Siegfried, Dr. K., Prof. in Jena.
Sieveking, Dr. jur. Herrn., in Hambiirg
Sievers, G., Pastor in Neustadt a/d. Dosse. Brandenburg.
Sigrist-Weber, C. Kaufmann in Beirut.
Smend, Lic. Dr. Rud., Professor in Basel.
Socin, Dr. A., Professor in Tübingen.
Sommer, Dr. /. G., Professor in Königsberg.
Spaich, Pfarrer in Degenfeld bei Schwab. Gmünd.
Sprenger, Dr. A., Professor in Wabern bei Bern.
Stade, Dr. B.. Professor in Giessen.
Staehelin, Dr. E., Pfarrer in Basel.
Steck, R. , Pfarrer an der reformirten Gemeinde in Dresden.
Steffensen, Dr., Professor in Basel.
kleiner, Dr. H., Professor in Zürich.
Stickel, Dr. /. G., Professor in Jena.
Stockmeyer . Dr. ./.. Antistes und Professor in Basel.
Strack. Dr. Herrn. L.. l'rofessor in Berlin.
XIX
Sirai/ss, Dr. F. A.. Hofprediger in Potsdam.
Streit Dr., Gymnasialdirector in Colberg.
Stutzer, G., Pastor in Neu-Erkerode, Braunschweig.
Sülze, Dr. E., Pastor in Dresden-Neustadt.
Snrsock, Dragoman des kaiserl. deutseh. Consulats in Beirut.
Thorhecke, Dr. H., Professor in Heidelberg.
Trmnpp. Dr. phil. E., Professor in München.
V. Ustinow, Baron Plato, in Jafa.
Valeton, J. J. P.. Professor in Groningen.
Vereine :
Allianee israel. universelle in Paris.
Capitel-Lese- Verein von Gunzenhausen (Bayern/ , Pfarrvicar
F. Nägelsbach.
- - - - Rothenburg a Tauber (Bayern), Pfarrer
Bniglocher.
Deutscher Verein in Jafa.
Lesegesellschaft »zur Harmonie« in Frankfurt a/M., Ad. Bacr.
Palestine Exploration Fund in London.
Pastoral-Gesellschaft , Anhalt-Dessauische , Archidiaconus Hesse
in Dessau.
Predigerverein von Broistedt , Pastor W. Schroeter in Broistedt,
Braunschweig.
Yieiveg, J.. Pastor, Kloschwitz bei Plauen.
Tl'scher-Heussler, Dr. W.. Professor in Basel.
Jlscher-Sarasin, Adolf, Kaufmann in Basel.
Vogel, A.. Pfarrer in Hohen-Reinkendorf b. Tantow, Pommern.
J'ülek, Dr. W.. kais. russ. Staatsrath und Professor in Dorpat.
Viiilleumier, Dr. H., Professor in Lausanne.
Wackernagel. W., luther. Pastor in Manch Chunk, Pennsylvanien.
Wagner hf Debes, Geographische Anstalt in Leipzig
Wellhatisen, Dr. /. , Professor in Greifswald.
Wenzel, Dr. phil. //. , in Strassburg i/Elsass.
Weser, Lic. //. , Pastor in Berlin.
Wei/rich, Pastor in Arrasch, liivland.
Wieseler, Dr., Consistorialrath und Professor in Greifswald.
Wilson, Charles W.. Major R. E. in London.
Wittr. Landgerichtsdiroktor in Breslau \ind Mitglied des Reichstages.
b-
XX
Wolff\ Dr. Ph., Stadtpfarrer in Rottweil.
Wright, Dr. W., Professor in Cambridge.
Zander, Gymn. -Oberlehrer in Gütersloh.
Zart, Dr., Gjmnasiallehrer in Fürstenwalde.
Zeller, Rev. /. , Missionar in Jerusalem.
Zimmermann, Tix., Gymnasial-Rector in Basel.
V. Zui/len van Kyevelt^ Graf, königl. niederländ. Gesandter in Wien.
Geschlossen am 30. Juni 1880.
Die Redaction.
XXI
Persoiialnacliricliteu und geschäftliche Mittheiluiigeii.
Als Mitglieder sind dem Vereine ferner beigetreten :
Aüchersoii, Dr. P., Professor in Berlin.
Bibliotheken :
Königliche Universitäts-Bibliothek in Tübingen.
Bickell, Dr. 6^., Professorin Innsbruck.
Dorn, Friedric/i , in Memmingen.
Hagerup, H., Buchhändler in Kopenhagen.
Krigler, Dr. B., Professor in Tübingen.
Lord Bishop of Jerusalem, in Jerusalem.
Schapira in Gaza.
^'on Zieten-Schiverin, Graf, in Janow bei Clempenow (Kreis Anclam) ,
Durch den Tod verlor der Verein das Mitglied :
Boettger^ G., Pastor emer. in Dresden.
Herr Geh. Kirchenrath Professor Dr. Fr. Delitzsch in Leipzig hat
dem Verein als ausserordentliche Gabe für den Expeditionsfonds die
Summe von 15 Mark überwiesen.
Der von dem geschäftsführenden Ausschuss entworfene Plan zu
Ausgrabungen in Palästina ist den Mitgliedern des weitern Comite's
vorgelegt und von denselben genehmigt worden. Nähere Mittheilungen
über denselben zu geben, behält sich der Ausschuss für das erste Heft
des nächsten Bandes der Zeitschrift (IV, 1, 1881) vor.
Um zu verhüten, dass aus Mangel an sofort verfügbaren Mitteln
ein wichtiger Fund in oder bei Jerusalem für den Verein nicht ausge-
beutet werden könnte, ist auf Antrag des geschäftsführenden Aus-
schusses und unter Genehmigung des weiteren Comite's Herrn Bau-
rath (y. Scliick in Jerusalem ein Kredit von zunächst 30 0 Mark ange-
wiesen worden.
XXII
Terzeiclmiss der Ins, zum 25. Oct. 1880 für die Palästiiia-
bibliotliek eiugegaiigeneii Bücher, Zeilscliriften u. s. w.
Von Henti Dr. phil. O. Kersten in Berli7i :
57. T,ois et coutumes snivies dans le Pachalik de Jerusalem traduites de
l'arabe et annotees par Alhoigo. Paris 18r>0. 8.
5S. Buch des klaren Spiegels vom inneren Zustand des Herzens , umfassend
10 Bilder, die die Beschaffenheit des Herzens mit seinen Neigungen
darstellen. Das Herz des Menschen entweder ein Tempel Gottes oder eine
Höhle des Teufels. (Arabisch.) Beirut 1S72. Ki.
59. Buch der Anfänge des Lesens zum Nutzen der Kleinen in den Schulen
des heiligen Landes. (Arabisch.) 3. Aufl. Jerusalem, Franziskanerkloster
1S71. Ki.
Von Herrn Gymn.-Rector Dr. Zimmermann in Basrl:
GO /()■>. Palestine Exploration Fund. Quarterly Statement for 1873 — 1S7(>.
2 Bde. 8. Quarterly Statement for 1877, 4 Hefte. London. 8.
Vom Herrn Dr. ph. lt. RöhricJit in Berlin:
(53. Publications de la societe de l'orient latin. Serie historique II : Quinti
belli sacri scriptores minores sumptibus societatis illustrandis orientis
latini monumentis ed. Reinholdics Röhricht. Genevae. Typis F. G. Fick.
1879. gr. 8.
Ol. Publications de la societe de l'orient latin. Serie geographique I — II.
Itinera hierosolymitana et descriptiones terrae sanctae bellis sacris ante-
riora et latina lingua exarata sumptibus societatis illustrandis orieniis
latini monumentis edid. 'J\ Tohler et Autj. Molinier. I, 1 u. 2. Gene-
vae, 1877 u. 1880. gr. 8.
(i5. Deutsche Pilgerreisen nach dem heiligen I,ande. Herausgeg. und erläu-
tert von R. Röhricht und H. Meissner. Berlin, Weidmann'sche Buch-
handlung, 1880. gr. 8.
Von dem Herrn Veiifasscr :
tWi. Schefff/. Dr. P., Die Bauten Konstantins über dem heiligen Grabe zu
Jerusalem. Mit einer artistischen Beilage. 18(17. Druck von Fr. P. Dat-
terer in Freising (nicht im Buchhandel;. 8.
Von Hei'rn Professor Dr. H. Thorheche in Heidelberg :
07. Lanzone, R. T'., Viaggio in Palestina e Soria di Kaid Ba (1477). Testn
arabo. Koma-Torina- Firenze, Fratelli Bocca, 1878. gr. 8.
Von Herrn Professor Dr. A. Socin in Tübingen:
08. Sechster Jahresbericht und Kassenabschluss des deutschen Vereins zu
Jerusalem. 1878 — ■\>>'i\i. Basel. Pilgermissions- Buchdruckerei St. Chri-
schona. 1879. 10.
XXIII
Von den liedactionen :
69. Oesterreichische Monatsschrift für den Orient. Heraiisgfg. von dem
orientalischen Museum zu Wien, lledigirt von A. vo7i Scalu. (>. Jahr-
gang. Nr. 1 — 10. Jänner— Octüber 18bO. AVien 1880. 4.
70. Neueste Nachrichten aus dem Morgenlande. Neue Folge. Herausgeg.
von Lic. C. Hoff mann. 23. Jahrgang. Heft 1 — G. Berlin 1879. 24. Jahr-
gang. Heft 1—3. Berlin 1880. 8.
71. Zeitschrift für wissenschaftliche Geographie, herausgeg. von ./. /. Kettler
[Lahr in Baden). Band 1, Heft 1—4. Lahr, M. Schauenburg. 1880. gr. 8.
72. Die Warte des Tempels. Keligiöses und politisches Wochenblatt für das
deutsche Volk. Herausgeg. von 2'V. 2>W(u7/. Stuttgart 1 SSO. Nr. 1 — 43.4.
73. Neues Plvangelisches Kirchen- und Schulblatt. Begründet und heraus-
geg. von Jm/ws J&r^ew;:wj^(V. I.Jahrgang. Nr. 3. Wien 1880. 8.
74. Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judcnthums. Heraus-
geg. von Prof. Dr. Grätz. IX, 2, p. 81—96 feinz. Bogen] . Breslau 1880. 8.
75. Neue Evangelische Kirchenzeitung. Herausgeg. von D. .ff. iJfcsswer. Ber-
lin 21. August 18S0. Jahrgang 22, Nr. 34. 4.
70. Daheim. Ein deutsclies Familienblatt mit Illustrationen. XVII. Jahr-
gang. No. 3. 4.
77. Allgemeine conservative Monatsschrift. Herausgeg. von P. vo7i Nathii-
sius in Quedlinburg. Jahrgang IV, p. 111 — 142 (2 einz. Bogen).
Von der Redaction der Revue urcheologique in Paris:
78. Saulcy, M. F. de, L'arc de l'ecce homo. Paris (Librairie academique
Didier et Cie) 1801. 4.
79. Derselbe, Numismatique des Macchabees. Recherches sur l'origine du
droit monetaire de ces princes. Extrait de la Revue archeologique. 8.
80. Vlermont-Ganneau, M. Ch., Gomorrhe, Segor et les tilles de Lot. (Lettre
ä M. F. de Saulcy.) Extrait de la Kevue archeologique. 8.
81. Derselbe, Ossuaire juif provenant d'Alexandrie. ExtraitdelaRev. arch. 8.
82. Derselbe, Une stele du temple de Jerusalem. Extrait de la Rev. arch.
1872. 8.
83. Derselbe, Nouveaux ossuaires juifs avec inscriptions grecques et hebrai-
ques. Extrait de la Rev. arch. 1S73. 8.
84/85. Derselbe, ^lonuments inedits des Croises. La presentation du Christ
au temple. Extrait de la Rev. arch. Mai 1877. 8. La pierre de Beth-
phage. Extrait de la Rev. arch. Decembre 1877. 8.
86. Derselbe, Ossuaire juif de Joseph. Epitaphe judeo-grecque de Jaffa.
Inscription de Xanthe en Lycie. Extrait de la Rev. arch. Novembre
1877. 8.
87. Schlumbrrger , M. Gust. , Monnaies des princes chretiens d'orient ä
l'epoque des croisades. Extrait de la Rev. arch. 1875. 8.
88. Itobiou, 3f., Deux questions de Chronologie et d'histoire eclaircies par
les annales d'Assurbanipal. E.xtrait de la Rev. arch. 1875. 8.
89. Revue archeologique ou recueil de documents et de memoires etc. pu-
blica par les principaux archeologues francais et etrangers. Nouvelle
Serie. 21'" annee , Äni — IX, Juli — Sept. ISSO. Paris iLibrairie acade-
mique Didier et 0«=). 8.
Von der Societi de la Geograj}hie in Paris:
90. Bulletin de la Societe de Geographie. Sixieme Serie. T. XVIII. Nov.
et Dec. 1^79. T. XIX, Janv. — Juin 1880. S.
XXIV
Von dem Verein für JErdkunde zu Leipzig :
91. Mittheilungendes Vereins für Erdkunde zu Leipzig. 1879. Nebst dem
19. Jahresbericht des Vereins, 4 Karten und der Bibliotheksordnung.
Leipzig, Duncker & Humblot 1S8U. S.
T on dem Verein für Erdkunde zu 3Ictz:
92. Zweiter Jahresbericht des Vereins für Erdkunde zu Metz pro 1879. Mit
zwei Blatt Zeichnungen. Metz, G. Scriba, 1880. 8.
Von der kais. und kön. Geographischen Gesellschaft in Wien:
93. Mittheilungen der kaiserl. und königl. Geographischen Gesellschaft in
Wien 1S79. XXII. Band (der neuen Folge XII.). Wien, 1S79.
Von der Geographischen Gesellschaft in Hamburg:
94. Mittheilungen der Geographischen Gesellschaft in Hamburg 1878 — 79.
Heft II. Im Auftrage des Vorstandes herausgeg. von L. Frirderichsen.
Mit 2 Karten, 6 Tafeln und 5 Holzschnitten. Hamburg, L. Friederich-
sen & Co. 1880.
Von dem English Palestine Exploration Fund:
95/97. Quarterly Statement. Jan. — Oct. 1878. Jan. — Oct. 1879. Jan. —
July ISSO. 11 Hefte. London 1878-80. 8.
Von der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft :
98. Wissenschaftlicher Jahresbericht über die morgenländischen Studien
von Oct. 4876 bis Dec. 1877. Unter Mitwirkung mehrerer Fachgelehrten
herausgeg. von Ernst Kuhn und Albert Socin. Heft I und IL I^eipzig
1879. 8.
99. Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. Herausgeg.
von den Geschäftsführern unter der verantwortlichen Redaction des Prof.
Dr. E. Windisch. 34. Band. Heft 1 (mit einer Tafel). 2. 3. Leipzig
1S80. 8.
Von dem Verein vom heiligen Grabe in Köln :
100. Das heilige Land. Organ des Vereins vom heiligen Grabe. XXIII. Jahr-
gang. Köln 1879. Heft 3— ö. XXIV. Jahrgang. Köln 1880. Heft 1-4.
Von der geographischen Gesellschaft in Bremen :
101. Dritter Jahresbericht des Vorstandes der Geographischen Gesellschaft
in Bremen. Bremen. Carl Schünemann's Buchdruckerei. 8.
Geschlossen am 25. October 1880.
Die Redaction.
XXV
Personaluachrichteu und geschäftliche Mittheiluugen.
Als Mitglieder sind dem Vereine ferner beigetreten :
Bättig, Stud. theol. Niki., in Mailand.
EggerUng, Superintendent, in Werther bei Bielefeld.
Einszier, Dr. med. A.., Stadtarzt in Jerusalem.
Fromme, Pastor in Wersabe bei Sandstedt i Bremen .
Mayer, Dr. phil. Ad., Professor an der Universität in Leipzig.
Sandberger, Oberhelfer in Tübingen.
Schöneke, L., Kaufmann in Jerusalem.
Stenglein, Reichsanwalt in Leipzig.
Am 9. November dieses Jahres hat Herr Baurath C. Schick in
Jerusalem im Auftrage und auf Rechnung des Vereins die Arbeiten
begonnen, welche zur Ableitung des Wassers aus dem Siloahkanal und
zur Reinigung des letzteren erforderlich sind, um auf diese Weise
sichere Kunde über die im Juni d. J. dort gefundene Inschrift (s.
ZDPV. IIL 1. p. 54 f.' zu erlangen.
Auf Anregung des Herrn Dr. O. Keksten in Berlin ist von dem
geschäftsführenden Ausschuss am 15. November d. J. folgender An-
trag dem weiteren Comite des Vereins vorgelegt und von letzterem ge-
nehmigt worden ;
«Um zur Ausbeutung neuer Funde in oder bei Jerusalem auch
grössere Arbeiten, für welche der Herrn Baurath C. Schick überwie-
sene Kredit von 300 Mark nicht ausreicht, sofort einleiten zu können,
wird den in Jerusalem anwesenden Mitgliedern des weiteren Comites,
den Herren Freiherr von Münchhaisex, kaiserlich deutschem Consul,
Lic. Dr. Reinicke, evangelischem Pfarrer, und C. Schick, königlich
württembergischem Baurath, das Recht ertheilt, als Localcomite des
Deutschen Vereins zur Erforschung Palästinas unter dem Vorsitz des
Kaiserlich deutschen Consuls Herrn Freiherrn von Münchhausen
durch einen einstimmigen, sofort an den geschäftsführenden Ausschuss
XXVI
(Leipzig) mit Begründung zu meldenden Bescbluss eine Summe von
Fünfhundert Mark, ausser dem bereits an Herrn Schick bewil-
ligten Kredit, bei der Agentur des Deutschen Vereins zur Erforschung
Palästina's, den Herren J. Frutiger & C*®, zu erheben und Herrn
Schick zu übergeben. Über die Verwendung dieser Mittel im Interesse
des Vereins hat Herr Baurath Schick dem Local-Comite Rechnung
abzulegen ; dasselbe ertheilt nach stattgehabter Prüfung Decharge und
berichtet darüber an den Cassirer des Vereins in Leipzig.«
Geschlossen am 15. December 18S0.
Die Redaction.
Mittheilungen von Baurath C Schick in Jerusalem
über
die alten Lauren und Klöster in der Wüste Juda.
(Mit 1 Karte und 2 Plänen.)
Bearbeitet von Lic. Karl Marti,
Pfarrer in Buus Baselland).
Die im Verhältniss zu der grossen Ausdehnung der Wüste
Juda geringe Anzahl von Städten, welche uns im Buche Josua^)
hei der Vertheilung des Landes Kanaan unter die zwölf Stämme
Israel's als in dem »Wüste Juda« bezeichneten Gebiete liegend
namhaft gemacht werden, weist darauf hin, dass von uralter Zeit
her der Ostabhang des judäischen Gebirges nur spärlich bevöl-
kert war. Zudem lagen die aufgezählten Städte aller Wahrschein-
lichkeit nach in der Nähe des Jordanufers oder am todten Meer.
Denn Beth-Araba ist nach Jos. 15,6 nicht weit im SW. von
Beth-Hagla. den heutigen Ruinen von kasr hadschlä, oder viel-
leicht, wenn man das alte Beth-Hagla in dem nordöstlich von
den Ruinen gelegenen ain hadschlä findet, in diesen Ruinen
selbst zu suchen, während die beiden letzten Städte des Verzeich-
nisses bei Josua (15,62), Ir ham-Melach und Engeddi, erstere
wegen der Bedeutung ihres Namens ;= Salzstadt) und letztere
wegen der Erhaltimg ihres Namens in dem heutigen ain dschidi,
am todten Meere gelegen haben. ]^a nun ferner Beth-Araba
und Engeddi ungefähr die Endpunkte an der Ostgrenze der ^^'üste
Juda, sowie auch Anfang und Schluss in der Aiifzähhmg bei Jo-
sua bilden, so ist wohl anzunehmen, dass die übrigen vier Städte,
1 Jos. 15,61 f. Beth-Araba, Middin, Sechacha, Nibsan, 'Ir ham-Melach
und Engeddi, von welchen aber Beth-Araba Jos. IS, 22 auch zu Benjamin ge-
rechnet wird.
ZtBchr. d. Pal.- Vor. III. 1
deren genaue Lage bis heute noch nicht nachgewiesen ist. zwi-
schen Beth -Araba und Engeddi im ghor zu suchen sind. So-
mit bleibt uns der ganze grosse, noch übrige Theil der "Wüste
Juda, der sich im Südosten von Jerusalem, nach Süden bis über
Hebron hinaus reichend, ausdehnt und den ganzen Ostabhang
des judäischen Gebirges bis an den letzten Abfall desselben zum
ghor einnimmt, vollständig unbevölkert und unangebaut. Schon
hieraus ist ersichtlich, dass die Beschaffenheit dieses Gebietes zu
jeder Ansiedelung und zu jedem Anbau ungeeignet sein musste.
Mochten auch etwa beim Eindringen der Israeliten die ursprüng-
lichen Einwohner des Landes in diese Gegenden zunächst sich
flüchten, so zeigt doch der Mangel an Notizen selbst aus der spä-
tem Zeit im Alten Testament, Avie allezeit die Wüste Juda eigent-
lich unbewohnt war und auch späterhin nur für Verfolgte und
Flüchtige eine sichere Bergungsstätte bildete. Während über die
an der Grenze der Wüste Juda gelegenen Orte die Nachrichten
reichlich fliessen, über die Palmenstadt Jericho im Norden, über
das weinbergreiche Engeddi im Osten, über die Patriarchen- und
einstige Residenzstadt Hebron, über Thekoa, den Heimatsort des
Helden Ira und des Propheten Arnos, und über Bethlehem, »die
Stadt Davids« im AYesten, so ist uns das innerhalb dieser Grenzen
liegende Gebiet ein unbekanntes Land. Auch bis in die neuere Zeit
hat sich im grossen und ganzen daran nichts geändert. Was diese
Gegend früher gewesen ist, das ist sie bis jetzt meist geblieben,
ein unbewohntes und unbekanntes Gebiet. Beides hat sie ihrer
Beschaffenheit zu verdanken. Bam-ath Schick giebt uns von ihr
folgende anschauliche Schilderung : »Der östliche Abfall des ju-
däischen Gebirges gegen den Jordan und das todte Meer ist viel
kürzer und stärker, als gegen Westen. Darum sind auch die Ab-
stürze jäher, die eingerissenen Felsenthäler wilde, schaiierliche
Schluchten, während die Thäler gegen Westen milder und sanfter
sind und weniger schroffe Felswände aufweisen. Ein weiterer
grosser Unterschied zwischen dem westlichen und östlichen Ab-
fall ist der, dass im Westen die Berge allmählich abfallen, da-
gegen der Abfall nach dem tiefliegenden todten Meer ganz merk-
lich drei Stufen bildet, wodurch jedesmal bis zum Abfall des Ge-
birges ziir nächsten Stufe eine Fläche vcrhältnissmässig ebenen
Landes entsteht, der Abstinz der Berge und Thäler aber jeweilen
beim Abfall zu der tieferliegenden Stufe nur um so jäher wird.
Natürlich sind diese drei Ahstufuiigen des Gebirges nicht in ganz
geraden Linien abgeschnitten . -vvolil aber durch die Höhenzüge
der Kreide . hinter welchen jedesmal auch die jäh abfallenden
wilden Thälcr entspringen, doch leicht erkennbar. Die erste auf
diese Weise deutlich sichtbare Abstufung zieht sich vom Olberg
südwärts über Bethlehem hinaus. ])ie zweite beginnt ungefähr
in der Mitte des Weges von Jenisalem zum Jordanthal und zieht
sich nicht wie die erste in südlicher, sondern in einer schiefen
Richtung von Nordosten nach Südwesten, nämlich beginnend bei
den Berffen unterhalb von cliän hadrür und sich hinziehend über
den muntäi\ oberhalb von mär säbii durch bis nach tekua. Die
dritte Stufe endlich bildet der Gebirgsabhang im Thale des Jor-
dan und des todten Meeres. Diesen drei Abstufungen entsprechen
nun auch drei Hochebenen, von denen die erste, d. h. diejenige,
welche durch den ersten Höhenzug (vom Olberg nach Bethlehem)
von der untern getrennt ist, die geringste Ausdehnung hat. An
dem nördlichen Fusse der dritten Abstufung bildet sich dazu noch,
weil das todte Meer nicht ganz hinaufreicht, eine kleinere Ebene,
die aber wegen ihrer ganz anderen Beschaifenheit nicht mit den
drei oberen Zonen zu A'ergleichen ist«. (Vgl. die Karte.)
Doch nicht immer war diese gebirgige Wüste von Menschen
so unbeAvohnt, wie sie es in vorchristlicher Zeit war und heutzu-
tage wieder meist geworden ist. da auch jetzt nur wenige arm-
selige Beduinendörfer und da und dort zerstreute Zelt- und Lager-
plätze von räuberischen Arabern in dieser Wildniss sich finden.
Gerade in einer Zeit nämlich . wo viele Christen meinten, dass
sie abgeschlossen von dem Umgang mit der Welt und mit den
Menschen ein heiligeres Leben führen, in Asketik und fortwäh-
rendem Gebet den natürlichen Menschen ertödten und Gott wohl-
gefälliger werden könnten, in einer Zeit, wo die Städte sich ent-
völkerten und die Wildniss sich mit Menschen füllte, da musste
die Wüste Juda gerade wegen ihrer wilden Thäler. schauerlichen
Klüfte und verborgenen Höhlen eine grosse Anziehungskraft auf
so gestimmte Gemüther ausüben, da mussten die früheren Zu-
fluchtsorte und Höhlen wilder Thicrc zu Gebets- und Wohn-
stätten von Heiligen werden, die der AVeit entsagend ein gottge-
weihtes Leben führen wollten. Eine solche Zeit brach an im
vierten Jahrhundert nach Christus, als von Ag}'])ten her. avo das
Anaclroretcnthum wohl durch bei den vielen Verfolgunafen in die
1*
Einsamkeit geflüchtete Christen seinen Anfang nahm, dieser as-
ketische Zug nnd der Glanbe an eine besondere Heiligkeit des
Eremitenlebens durch H i 1 a r i o n auch auf den Boden Palästina's
vei*jjflanzt Avurde. Bald jedoch wurden hier solche Eremiten oder
Anachoreten um ihrer Sicherheit "svillen gezwungen , sich mehr
zusammenzuthun und die Wohnungen in grösserer Nähe von ein-
ander herzurichten. Hier lebten sie nun in einzelnen abgeson-
derten Zellen bei einander, und dennoch gleichsam als Einsiedler,
indem jeder die möglichst grosse Freiheit besass, und die in
solcher Nähe Mohnenden Eremiten nur etwa zu gottesdienstlichen
Versammhingen zusammen kamen. Lange konnte zwar auch der
Schein, in so zahlreicher Nachbarschaft wirklicher Einsiedler zii
sein, nicht aufrecht erhalten werden. Bald war es nicht mehr
bloss der Schutz für das eigene Leben , das eine Mehrzahl von
Einsiedlern zusammenhielt, sondern es verband solche Zellen-
complexe auch eine gemeinsame Ordnung und Kegel, deren Aus-
führung von einem Vorsteher überwacht wurde. Solche lose
oder enger verbundene Mönchszellen , wie sie besonders in Pa-
lästina sich entwickelten, nannte man Sukken oder Suken (hebr.
nsp Hütte) , eine Bezeichnung . die wohl ursprünglich nur von
der einzelnen Zelle gebraucht Avurde, — oder aber noch gewöhn-
licher Laura ;Xaupa) , welches immer von dem ganzen Complexe
gebraucht wird ^) . Je mehr nun in einer Laura der gemeinsamen
Regeln und Gesetze wurden, vmi so enger wurde der Verband;
es ergab sich dann von selbst, dass noch ein Schritt weiter zum
gemeinsamen Leben gethan wurde , und dass fast die meisten
Lauren mit der Zeit zu förmlichen Klöstern sich umgestalteten.
Natürlich sind Tins von den einzelnen Eremiten, die allein
an abgesonderten Orten ihr Leben fristeten, oder die auch nach
der Bildung von Lauren und nach der Gründung von Klöstern
in fanatischem Eifer und in dem Streben nach vollkommener
1) Laura bedeutet ursprünglich nichts anderes als »Strasse, Gang« und
wurde wohl deswegen die eigentliche Bezeichnung für solche Zeliencomplexe,
weil sie einer links und rechts mit Häusern bebauten Strasse ähnlich waren.
Wenn auch Schick' s Angabe, dass Laura einen IJüschel oder eine Traube
bedeute, unrichtig ist, so giebt doch diese Erklärung uns ein anschauliches
Bild einer Laura, da diese, wenn auch zusammen ein Ganzes bildend, doch
wie die Traube in die einzelnen Beeren oder ein Büschel in die einzelnen
Zweige, in einzelne Wohnungen zerfiel.
5
Einsamkeit in unbekannter "NMldniss sich aufhielten, keine Spiiren
mehr erhahen. Ihre Wohnstätten wurden nach ihrem Tode hahl
Avieder, was sie gewesen waren, ja vieUeicht nie vollständig zu
sein aufgehört hatten, zu Höhlen von Schakalen und anderen
Wüstenthieren. Anders ist es dagegen mit den Lauren. die jetzt
noch vielfach den Eilgern aiiffallen. wenn sie etwa den ]>erg
haranfal (Quarantania) oder das »fürAvahr höchst sehens-sverthec
Kloster mär süha^] besuchen, das allein von allen Punkten in
der sonst wenig bereisten Wüste Juda die Wanderer immer an-
zuziehen vermochte . mögen auch jetzt die Lauren als Speicher
dienen für die armen Habseligkeiten der Beduinen oder auch hin
und wieder Schakale darin hausen -) . Vor allem aber haben sich
natürlich alte Klostermauern erhalten. Ein noch heute bewohn-
tes, aus einer Laura hervorgegangenes Kloster, nämlich das eben
genannte mär sZihä. giebt jetzt noch von jenen alten Lauren ein
deutliches Zeugniss.
Aber auch ohne die Auffindung von Riiinen und ohne Er-
haltung der Erinnerungen an jene Zeit in dem Namen des icädi
er-rähib^ »Mönchthal«, wäre die Kunde von jenen Lauren und
Klöstern auf die Nachwelt gekommen in den vielfachen Berichten
über die Einsiedler, welche einst die AVüste Juda bewohnten und
unter welchen auch manche in der Kirchengeschichte berühmte
Namen sich finden. So erwähnt Tobler^) aus alten IJiographieen
lind Eeiseberichten eine Eeihe von siebzehn eingegangenen Klö-
stern, » die oder deren Stätte er nicht besuchte , und die heutzu-
tage nur theilweise und sehr wenig bekannt sind«, iind giebt
nach diesen Berichten ihre wahrscheinliche Lage und Geschichte
an. Baurath Schick hat es sich nun zur besondern Aufgabe ge-
macht, diese Orte, ihre Lage und ihre Ueberreste aufzusuchen
und zu erforschen. Er hat zii diesem Zwecke besonders die wil-
desten Felsschluchten durchsucht, weil gerade dort die Eremiten
die für ihre Niederlassungen günstigsten AA'ohnstätten finden
mussten. Wenn nun auch hierdurch der Erweis der ehemaligen
Existenz von Lauren an dieser oder jener Stelle einigermassen er-
leichtert Avurdc. so wird doch die Identificirung der aufgefun-
1) ToBLEK, Topographie von Jer. 11, p. S3S, Anni. 1 1 : dignissimus nihi-
lominus est ut videatur.
2) Vgl. OuELLi, Uurch's heilige Land p. 151.
3) Topogr. II, p. 9G:<ff.
6_ _
denen Lanreu mit ans alten Naclirichten bekannten -sviederum
dadurch erschwert, dass, ausgenommen füra, mär säbä, der dösl
und c/iaretün. mit den einstigen Bewohnern auch die damahgen
Namen ganz verschwunden sind. Die bisherigen Ergebnisse der
unermüdlichen Thätigkeit von Baurath Schick liefern uns schon
so werthvoUe Beiträge für die Kenntniss dieses Theiles des hei-
ligen Landes, dass von nun an die bisher in diesem Distrikte meist
namenlos gebliebenen Karten auf einmal ein ganz anderes Aus-
sehen bekommen werden, und dass von jetzt an die Wüste Juda
mit ihren alten Ueberresten wenigstens Zeugniss eines einst regen
Lebens ablegt. Um so mehr sind wir Baurath Schick zu grossem
Danke verpflichtet, als er selber durch den Entwurf einer eigenen
Karte uns den Abstand der wirklichen Wüste Juda von der bis-
her auf Karten verzeichneten deuthch erkennen lässt.
Da nun die drei Gebirgsab stufungen der Wüste Juda von
keinem Einfluss auf die etwa verschiedenartige Gestaltung der
Lauren und Klöster gewesen sind, — w^enn wir wenigstens von
dem (/hör absehen, wo der Mangel an Schluchten nur die Errich-
tung von Klöstern und nicht auch von Lauren begünstigte, — so
nehmen Avir diese Stufen nicht zum Eintheilungsgrunde unserer
Aufzählung, sondern erwähnen zuerst diejenigen an der Xord-
grenze, begeben uns dann vom Nordwesten südwestlich in die
Mitte des Gebietes , von da zurück in die Nähe von Jerusalem,
dann wieder nach Südwesten und über den Süden zurück nacli
Jerusalem ^) .
1. Die Laura Pharan.
Die älteste Laura, mit -welcher die übrigen Lauren der Wüste
Juda meist durch ihre Gründer in irgend Avelcher Beziehung
standen, scheint die xonfära zu sein. Die Angaben, die Tobler-
über die Lage der Laura Pharan aus Cyrill's Lebensgeschichte
des Euthymius in den Acta sanctorum entnommen hat, sind fol-
gende : »Sie lag am Jerichoer-Wege, sechs Meilen (zwei Stunden)
östlich von Jerusalem , zehn Stadien (25 Minuten) westlich vom
Dorfe Pharan«-'). Tobler bedauert nun, dass sich nach diesen
1) Zur leichteren Benutzung der Karte sind die verschiedenen besuchten
und beschriebenen Oertlichkeiten in gleicher Weise in der folgenden Auf-
zählung, wie auf der Karte numerirt.
2, Topogr. II, p. 977 f.
3) Vgl. BoLLANDi, Acta sanctorum, edit. noviss. II, Jan. 20 pp. OöSu.öOl.
Angaben die Lage der Laura nicht genau nachweisen lasse. »Nach
der Entfernung«, so urtheilt er, »würde die Laura mit dem heutigen
Om Eäsras zusammenfallen ; allein damit reimt sich die Angabe
nicht, wenigstens nicht strenge, dass jene am Jerusaleraer-Wege
lag«i). Eine andere Meinung stellt Rokinsox-] auf, nämlich die,
dass sich das Thal »Pharan« irgendwo in der Nähe des todten
Meeres müsse befunden haben. Dabei ging er von dem ]>erichte
des JosEPHus aus, welcher erzählt, dass ein gCAvisser Simon, Gio-
ras' Sohn, ein Gerasener, in dem Thale Pharan viele Höhlen er-
weitert, Aiele aber schon geeignet gefunden habe, iim darin seine
Schätze und seine Beute aufzubewahren und um selbst viele seiner
Genossen dort Quartier nehmen zu lassen ^j . Weil nun kurz vor-
her 4) Simon sein Standquartier bei Masada, dem heutigen es-
sebbe^), am todten Meere hatte, so schloss Eobinson hieraus,
dass das Thal Pharan ir^ <I>apav 7rp(o;aYop£oo[i.£vrj ci(/pa-(? in der
Nähe von Masada sein müsse. Dass Robixsox's Yermuthung un-
sicher ist, erhellt auf den ersten P»lick, und dass sie unrichtig ist,
beweist die Absicht Simonis, von Pharan aus Jerusalem anzu-
greifen 6) . Noch viel weniger darf aber wegen der Uebereinstim-
mung des Namens die Laura Pharan in der im A. T. oft genannten
Wüste Paran ('j'^iiE) gesucht werden , da auch keine einzige An-
gabe über die Laura auf eine Lage im Süden von Palästina hin-
weist. Wir haben im Gegentheil ganz in der Nähe von Jerusa-
lem zu verweilen, und da bietet sich uns als die unzweifelhaft der
Laura Pharan entsprechende Localität der wädifära dar. Daran
lässt sich um so weniger zweifeln, als neben der Lebereinstim-
mung in der Entfernung von Jerusalem mit den Angaben C-yrill's
in der Tita des Euthymius auch der alte Name sich bis heute in
icadifUra erhalten hat, ein Name, der bis in die Zeiten des A.T.
hinaufreicht, da gewiss ebenda die benjaminitische Stadt hap-Para^)
zu suchen ist, wenn auch jetzt ein anderer Sinn mit demselben
1) TOBLER, Topogr. II, p. 977. 2) Pal. I, p. 428.
3 Jos. bell. IV,9,4. 4j Jos. bell. IV,9,3.
.5 Vgl. Socin-Baedeker, Pal. u. Syrien- (ISSOj, p. 176f.
6) Joseph. bell.IV,9,4of,/.o; os -?/; -o -t a'jvTaY[JLazp07Uij.va^ojv-AaiTa; rap'x-
G-iC£'jd; vca-a -öjv 'hpoooX'jjAcuv. Vgl. auch ebendaselbst IV, 9, 5 den Bericht über
einen von Simon zurückgeschlagenen Ausfall aus Jerusalem, den die Zeloten
zur Vertreibung Simon's unternahmen.
7 Jos. IS, 23. Vgl.GuEKlx, Judee III, p. 71 ff. ri-sn, -iwj- ^)^-
8
Worte verbunden wird; indem das hebräische Para (mS) »Kuh«,
in das arabische fcira (^;^), »Maus«, sich verwandelt hatV • Bloss
mit der Angabe , dass die Laura Pharan am Jerichoer-Wege ge-
legen habe, scheint sich die Lage von tvädi fära nicht zu reimen.
Schick hat deshalb die Vermuthung aufgestellt, dass bei dieser
Angabe von einem zweiten, etwas nördlicher, als dem gewöhn-
lichen, gelegenen Wege von Jerusalem nach Jericho die Rede
sei. Einen solchen hat jedenfalls David auf seiner Flucht vor Ab-
salom eingeschlagen. Denn nach der Erzählung des zweiten Sa-
muelisbuches steigt David den Oelberg hinauf 2) und trifft an der
Bergspitze, woselbst man Gott anzubeten pflegte, Husai, den Ara-
chiter ^j . Unter dieser Bergspitze kann aber Mohl keine andere
verstanden sein, als eine der zAvei nördlichen Spitzen des Oel-
bergs, entweder geradezu die Hauptspitze desselben oder die noch
höhere nördlichere [karem es-seiJUd) ; beide waren zu einer Anbe-
tungsstätte wohl geeignet. Nun steigt aber der gewöhnliche Weg
nirgends zu einer Berghöhe hinan, sondern führt durch die ziem-
lich tiefe Einsattelung, welche die beiden nördlichen Spitzen des
Oelbergs von dem südlichen Gipfel [dschebel hapi el-Jimca trennt,
nach el- azarlje. Auch zu einer Digression auf diese oder jene
Bergspitze, die vom Wege ablag, ergab sich dem fliehenden König
keine Veranlassung, mindestens müsste dieselbe angeführt sein.
Demnach schon hat die Annahme einer nördlichen Strasse grosse
Wahrscheinlichkeit. Auf diesem Wege gelangte der König so-
dann nach Bahurim^Jj einem benj amini tischen Städtchen''^), wel-
ches aber nirgends bestimmt nachzuAvcisen ist, weder an der
jetzigen Jerichostrasse , noch auf der nördlich davon liegenden,
von David wohl auf seiner Flucht eingeschlagenen Strasse in den
wZidi fcira. Es sind daher allerlei A ermuthungen über dessen
Lage schon aufgestellt worden. Gewiss zu weit südlich liegt ahu
dis, um mit einem benjaminitischen Städtchen identificirt zu
werden. Eher Hesse sich hören, dass wir etwa in Om Pasräs das
alte Bah\irim aufsuchen sollten *> . Doch spricht entschieden für
eine nördlichere Lage die Notiz, dass Abner, als er die Tochter
Sauls, Michal . dem David nach Hebron zuführte, in Bahurim
1) KiiaiM, IJibl. Handwb. Art. Hapara, p. 570.
2) II Sam. V>;M). :i, II Sam. i:),:r2. 4, II Sam Ki.ö.
5) I Könige 2,S. 6) Tobler, Topogr. II, p. 767.
9
ihren bisherigen Mann. Namens l^altiel. zurücksandte';. Dieser
stammte nämUch ans Gallim^) und hatte die scheidende Gattin
von Gallim bis ]5ahnrim bes^leitet. Obschon nun die Lage von
Gallim nicht genau zu bestimmen ist, so nnterUegt es keinem
Zweifel, dass es im Norden von Jerusalem in der Nähe von Kama
[er-rani] und Gibea Saul's tuUl el-füli) gestanden hal)en muss'').
Wollte eben Abner von da nach Hebron gelangen, so hat er doch
■svohl die über das allerdings noch in jebusitischem Besitz stehende
Jerusalem führende Strasse nach Süden eingeschlagen, und es
Avird daher liahurim irgendAvo zwischen Jerusalem^ und Gallim
zu suchen sein. Es hat darum auch die Vermuthung des Kabbi
ScHAVARZ^) grosse Wahrscheinlichkeit, dass JJahurim. Almon*»
Alemeth ") und AsmaA^eth "^ identisch und von dem heutigeai almit
östlich von anätZi zu verstehen sein. Von Bahurim kam auch auf
eben dieser Flucht David's ein Mann heraus vom Geschlechte des
Hauses Saul mit Namen Simei , der fluchte David und ging ihm
nach an der Seite des lierges -^j . Auch diese Erzählung stimmt
zu der von uns angenommenen Ortlichkeit am alten Wege, ob-
schon übrigens auch an der geAvöhnlichen Jerichostrasse solche
Berghöhen nicht fehlen"^ ; denn nahe bei almU überschreitet der
Weg das tiefe Thal xowfära und hier am Abhänge Aväre dann die
Stelle zu finden, avo Simei. an der Seite des Berges neben David
hergehend, mit Steinen vnid Erde nach dem König gcAvorfen hat.
Nach diesem Vorfall, so Avird uns Aveiter erzählt, kam DaAid
hinein und erquickte sich daselbst ") . Unter dem Orte, avo der
König rastete, kann nicht Bahurim gemeint sein. Denn Simei
Avar aus Bahurim herausgekommen und neben dem König her.
also in gleicher Richtung Aveiter gegangen, sonach lag Bahurim
schon hinter ihnen. Es ist daher entAveder der Name des Ortes
ausgefallen oder in ajefm, das Liither mit »müde« übersetzt, die
Bezeichnung des Dorfes zu finden. GcAviss bleibt aber, dass Avir
1; II Sam. :i,16. 2; I Sam. 25, 11. .3) Jes. 10.2^-32.
4) Denn über Jerusalem südlich hinaus zu gehen, verbietet die Nachricht,
dass Bahurim ein benjaminitisches Städtchen Avar, und die Angabe der Süd-
grenze des Stammes Benjamin (Jos. 18,10.17).
5; Das hl. Land [Frankfurt 1S.J2;, p.OSfg.
()j Jos. 21, IS. 7i I Chr. 7,60 hebr. 0,45^
8) IChron. 9,36 (8,36). Esr. 2,24. Neh. 7,28.
9) II Sam. 16,5 ff. Kl Vgl. ÜUELLI, Durch's heilige Land (1878 , p. 137,
11) II Sam. 16,1 1.
10
einen Ort im vadi fara als den Eastort Davids anzusehen haben,
wo der flüchtige Könio^ mit seinen Leuten kurze Zeit ruhte und
sieh erquickte. Denselben Weg machten auch die beiden Kund-
schafter David's , Jonathan und Ahimaaz , Avogegen ihr Standort
bei der Rogelquelle, dem heutigen hlr eijüb ^) im Südwesten von
Jerusalem , nicht beweisend sein kann . da dieselbe sich ebenso
wenig an dem jetzigen Jerichowege befindet und da sie vielleicht
gerade zur Täuschung der Feinde erwählt Avurde. Auf ihrem
Wege kamen die beiden nach Eahurim und Avurden daselbst von
einer Frau in einer leeren Cisterne vor den nacheilenden Schergen
Absalom's verborgen-). Auch die AntAvort dieser Frau auf das
Befragen der Verfolger stimmt zu der vermutheten Lage a'ou Ba-
hurim . denn sie Avill mit ihren Worten : »Sie gingen über das
Wässerlein« '^', nichts anderes sagen als : »Sie haben bereits das
Bett des Wassers überschritten, haben dasyara-lhal schon hinter
sich.« Wenn es sich nach der Aussage der Frau verhielt, — und
das mussten sie annehmen, da sie beim Durchsiichen des Hauses
die beiden nicht fanden, — so Aersprach ein Aveiteres Nachjagen
keinen Erfolg, Aveil der Yorsprung zu gross Avar. und es kehrten
darum die Verfolger zurück.
Unterliegt nach diesen Zeugnissen die Existenz eines nörd-
licheren Weges nach Jericho in früherer Zeit kaum einem ZAveifel,
so ist es doch sehr inigcAA'iss, ob der etAvas nach 5UÜ n. Chr. schrei-
bende C/YRiLL. dem Avir ja die Angaben über die Lage von Pharan
verdanken, bei der einfachen Nennung des JerichoAveges einen
nördlichem gemeint habe. Doch sind andern theils diese Nach-
richten AA'ieder nicht so zu pressen, dass Pharan unmittelbar am
Wege gelegen haben müsse, denn, Avie sich unter Nr. 10 zeigen
Avird, redet derselbe Cyrill von der gleichen Laura des Euthy-
mius bald, dass sie nahe am JerichoerAvege gelegen sei. und bald,
dass die zum Jordan hinabpilgernden Besucher des hl. Landes
einen Abstecher zur Laura des Euthymius machten^ . Wir Averden
daher urtheilen, dass die alten Angaben der Wiederfindung der
Laura ]*haran im loüdi fZira nicht Avidcrsprechon . vornehmlich
auch deshalb, Aveil sich eine Viertelstunde oberhalb der Stelle,
Avo der alte JerichoAveg das Thal überschreitet, auf dessen Nord-
seite er dann Aveiter führt, und avo Kuinen einer Ortschaft chir-
1) Vgl. ZDPV II, 3, p. 17(3. 2) II Sam. 17, IT ff. .{ II Sam. 17,20.
4 ToBLER, Topogr. v. Jer. II, p. 96-5 u. 907.
11
het fära = 'ajTflm? oder Para ?) ijliegen, in dem engen und felsigen
Theile des Thaies, welches hier stellenweise selbst überhängende
Felsenwände hat, viele grosse Höhlen nnd Grotten sich finden,
die schon Gi;erin2j für theilweise künstlich nnd für alte Ein-
siedlerwohnungen angesehen hat. Eine kleine Karte mit Plan
der Laura und Beschreibung dieser Ortlichkeit mit ihrer starken
Wasserquelle, ihren Puinen mid Höhlen imd Einsiedlerwohnungen
hat auch Schick schon im Jahre 1 S67 im Ausland Nr. 24. p. 5 72 f.
gegeben. Ebenso hat Schick in dem dortigen Aufsatze den xcädi
fctra mit dem jeremianischen Phrath •* identificirt, was durch die
Nähe von "anätä^ dem Heimatorte des Propheten und die grössere
Einfachheit der Erklärung jener symbolischen Handlung recht
wahrscheinlich wird. Auch steht nichts im Wege für p^räta das
dann erforderliche päräta zu lesen. Von hier aus konnte auch
der schon erwähnte Simon, Gioras' Sohn, ebensogut wie Baesa,
der König von Israel, von dem etAvas Avestlicher gelegenen Rama
(er-räm) aus^), Jerusalem bedrohen und in den Höhlen dieses
Thaies seine Beute sichern.
2. Der Abu Allassi.
Steigen wir von der Laura Pharan , die noch der oberen
Kreidestufe angehört, dem Laufe des icädi füra folgend, zur
mittleren Stufe hinab, so lag nach Tobler^) zwölf Meilen unter-
halb Jerusalem und sechs über Jericho, also zwischen dem zweiten
und letzten Drittel des Weges von Jerusalem nach Jericho »das
Kloster oder Haus Joachims. Nahe dabei stand eine Kirche, avo
nach der Sage Adam dem Paradiese gegenüber sitzend weinte« 6).
Ob mit dem hier erwähnten Jericho wege. Avie Schick vcrmuthet,
abermals der alte frühere gemeint sei, oder der geAvöhnliche, Avas
doch Aveit Avahrscheinlicher ist, kommt hier nicht in Iktracht, da
die beiden Wege sich im untern loädi fära, der hier u-ädi el-kelt ■
heisst, so nähern, dass zur Bestimmung der Lage beide dasselbe
Resultat liefern. Nun entdeckte Tobler nordöstlich von chäii
hadrür an der NordAvand des tvädi el-kelt, der hier zur Schlucht
Ij II Sam. 10,14 oder Jos. IS, 23. 2 Judee III, p. 72.
3, Jer. 13,4—7. 4 I Kg. 15,1
5) Topogr. II, p. 97(i. .507. ö oi-/.o; toO 'Iioa-/.£iu., [^.ovaarr,p'.ov.
6) Schick vermuthet mit Kecht, dass diese Sage aus der Benennung dieser
Gegend mit Adummim fvgl. Jos. 10.7. ls,17 herstamme.
12
geworden ist. die Ruinen eines Klosters ^ , in dessen Xälie eine
Aquaednktbrücke [dschisr] sich befindet, welche auch von Dr. H.
ZzscHOKKE ist gesehen und beschrieben Avorden 2 . Diese Kloster-
ruinen nannte man Toblek Deir Abu Allassi. Schick möchte sie
mit dem Kloster und Haus Joachim's identificiren ; auch hält er
dafür , dass hier Chariton . der vorher nahe bei Pharan sich auf-
gehalten hatte, aber bald nach grösserer Stille Verlangen trug
und darum von füra Aveiter in die Wüste hineinwanderte 3; . was
soviel heisse als, der den wüdi fcira hinunterzog, einige Zeit ge-
wohnt, doch in kurzer Zeit, weil er auch hier die gCAvünschte
Ruhe nicht fand, eben diese Gegend Avieder Aerlassen habe.
AVegen des Namens Der abu el-Lassi möchte ich die Vermuthung
Avagen, dass Avir hier vielmehr das Kloster der Lazi. eines Seiten-
ZAveigs der Iberer, Avelches in der Wüste von Jerusalem lag, an-
zunehmen hätten*).
3. Das Kloster C'huzoba.
Gehen Avir im wüdi el-kelt von der ahu xVUassi in der Rich-
tung nach Jericho Aveiter hinab, so Averden wir durch den Anblick
einer tiefen schauerlichen Felsschlucht überrascht. Wir bemerken
A'iele Offnuuifen in der senkrechten FelsAvand und hoch oben da-
rüber allerlei MauerAverk , selbst der Dragoman Aveiss, dass hier
einst EinsiedlerAvohnungen sich befanden, d.h. dass hier eine
Laura Avar. Unten am Fuss der FelsAvand rauscht der Bach durch
Röhricht und Gebüsch. Wenn es auch möglich ist, dass wir hier
mit manchen Reisenden den Bach Krith zu suchen haben . so
ist es doch Avahrscheinlicher, dass AAir diese Schlucht mit dem
Thale Achor (Jos. 15,7) identificiren müssen'^). Doch sei dem,
Avio ihm Avollte, Avir haben hier gcAviss eine alte Laura, Avenn auch
ihr Name aus der IJlüthezeit des Eremitenthums nicht mehr be-
kannt ist. A'ielleicht zAvar ist diese Laura gemeint, avo Eaagrius
von der Laura Chuzika (ev Xou^ixa ~\ Xaupa) am JerichoAvege
redet" . Schick hält dieselbe für die Laura. Avelche bei dem der
1, Denkblätter p. TOn.
'2, Beiträge zur Topographie der westlichen Jordansau Jerusalem 18Gü),
p. 7f.'
'^] TOBLER, Tbpogr. II, p. 522.
4 TOBM-K, Topogr. II, p. OTC). Rittf.R, Erdkunde XVI. p. l't.^.
ö Socin-Baedkkkr, Palast, u. Syr.'- p. 1 l'i.
ü, ToBLER, Topogr. II, p.9ii4.
13
hl. Jungfrau geweihten Kloster Chuzoha gelegen hat. Für die
Richtigkeit dieser Annahme sprechen folgende Gründe. Vor
allem ergiebt sich aus den von Tobler i) zusammengestellten An-
gaben, dass um GOÜ n. Chr. (,'huzoba nahe am Jordanwege lag
und eine Laura dabei sich befand, die vom h. Johannes, späterem
liischof von Cäsarea. gestiftet Avar. Die Acta »Sanctorum erzählen
nämlich, dass der »h. Theodor Siceota (f 613], als er zum Jordan
hinabging, in die Kirche Chuzoba in der Nähe einer Laura trat.«
Ausserdem ist berichtet, dass »um das Jahr 602 ein Vater in den
Zellen zu »Kuzibaa sich gegen die AVandercr ungemein edel er-
zeigte, indem er die Strasse vom Jordan nach dem Olberg durch-
streifte, um die Pilger mit Brot oder Wasser zu erquicken, auch
ihnen die Bürde zu erleichtern«. Ferner aber erhellt aus einem
Berichte vom Jahre 1185, dass ein Kloster »Choziba« (wozu in-
zwischen die Laura geworden war) zwölf Meilen d.h. vier Stun-
den unterhalb des Euthvmiusklösters auf der andern, d. h. N.-
Seite einer ungeheuren Schlucht gelegen habe, dass die Löcher
der Höhlen als Mönchszellen dienten und der Tempel selbst und
der Begräbnissplatz in einer Felsenspalte ausgehauen waren, i
Die Beschreibung passt genau auf die Schlucht im tcädi el-Aelf :
auch die Entfernung von Mert, dem Euthymiuskloster ;doch vgl.
Xr. 1 0 . ist gleich den angegebenen vier Stunden. Darum werden
wir dem Lrtheile Schick's . dem auch schon Tobler's Vermu-
thung, dass wahrscheinlich die im letzten Berichte beschriebene
Ortlichkeit ivädi el-kelt sei. zur Bestätigung dient, auch Avenn wir
in Mert nicht das Euthymiuskloster finden, ohne Zögern bei-
stimmen.
4. Die Laura des dschebel karantal.
Nicht weit im Norden vom icädi el-kelt und der Laura bei
»Chuzoba« war auf derselben untern Stufe diejenige des l^erges
der Versuchung oder Qiiarantania oder des dschebel harantal. wie
die Araber heute den Berg nennen. Dieser hohe, kegelförmige
Felsberg im Westen von Jericho bildet eine steile, felsige Ge-
birgswand gegen die Jordanebene , steht aber ein wenig gegen
die anderen Berge zurück. Er hat ungefähr in halber Höhe
Höhlen und Mauerwerk, was auf eine einstige Laura hiiuleutet.
1 ToBLER, Topogr. II, p.9G3f.
14
lind üben auf seiner Spitze eine Kirche. Von Reisenden ist dieser
Berg öfters besucht und beschrieben ' . Gewiss waren hier schon
zur jüdischen Zeit Höhlen vorhanden, welche nachmals die christ"
liehen Einsiedler benutzen konnten. Ein gewisser Elpidins er-
weiterte dieselben so, dass man die Laura selbst mit einer Stadt
vergleichen konnte, da er sich durch den Ruf seiner strengen Ent-
haltsamkeit und Heiligkeit einen grossen Zulauf und Anhang
verschaffte. Den Namen Quarantania erhielt der Berg erst in der
Kreuzfahrerzeit . da man ihn für den Berg der Versuchung und
des vierzigtägigen Fastens des Herrn ansah. Das damalige Kloster
stand unter der Aufsicht der Geistlichkeit von Jerusalem.
5, Kasr hadschlü.
In der Jordanebene, in die wir hinabsteigen, und besonders
am Jordanufer lagen verschiedene Klöster. Jedoch sind diese
nicht aus ursprünglichen Lauren oder Einsiedeleien hervorge-
gangen, w^eil das Flussufer und die ganze Ebene hierzu keine ge-
eigneten Ortlichkeiten darbot. Sie sind vielmehr zur Bequemlich-
keit und Sicherheit der Pilger von vornherein als förmliche Klöster
gegründet, womit ganz im Einklang steht, dass ihre Namen erst
in späterer Zeit auftauchen.
Zunächst verdient das Kloster des Hieronymus er-
wähnt zu M'erden. Seine nicht unbedeutenden Ruinen liegen auf
einer kleinen Anhöhe inigefähr in der Mitte zwischen der Sultans-
quelle (ain es-sulfßn) und dem todten Meer. Unter den Trümmern
sind die einer Kirche noch leicht zu erkennen, von deren Ge-
mälden mit griechischen Lischriften bis zu Anfang unseres Jahr-
hunderts noch Ueberreste an den Mauern zu sehen waren 2j . "S'on
den Arabern werden die Ruinen mit Ilerübernahme des ursprüng-
lichen alten Namens, der mit dieser Gegend verknüpft war und
sich in der nicht weit entfernten Quelle hadschlü [ain hadschlä)
erhalten hatte 3], und in Erinnerung an die Bedeutung dieses
Klosters als eines Schlosses zum Schutze der Pilger kasr hadschlü
(Schloss hadschlä) genannt. Doch hat sich daneben bei den Ara-
bern aucli die anderweitige, frühere Verwendung dieser Gebäu-
lichkeiten, als Wohnung von Mönchen, in dem anderen Namen
1, Vgl. darüber ZscnoKKE , Beiträge zur Topogr. der westl. Jordansau,
p. 9 ff. und S0CIN-]}.\EI)EKF,U2 p. 1.52 f.
2 ToHLKK, Topogr. II, p. 074. .3; Jos. l.j.d. IS.lii.
15
der mär hanna. d. h. Kloster des heiligen Johannes, erhalten,
wenn auch an Stelle des den Arahern unbekannten Ilieronymus
der beliebte mZir Jiannä getreten ist. Doch wäre es nicht unmög-
lich, dass sich in diesem arabischen Namen das Richtige erhalten
hätte; denn obwohl die jetzige Wüste hadscJilä im vierzehnten
Jahrhundert Wüste des Hieronymus genannt wurde, so hat sich
doch Ilieronymus wohl niemals hier aufgehalten, weil er in einer
weit nördlichem Gegend eine Zeit lang als Einsiedler gelebt
haben muss. Hatte man aber nun einmal, wenn auch fälschlicher
Weise , diese Gegend am Ausfluss des Jordan ins todte Meer die
Wüste des Hieronymus genannt, so wurde dieser Xame dann
weiter übertragen auf ein Kloster, mit welchem Hieronymus im
Grunde nichts zu thun hatte. Auch findet sich der Name eines
Klosters des Hieronymus in dieser Gegend erst im Jahre 1479 i) .
6. Kasr el-jelmd.
Fast ebenso bedeutend sind die weiter nördlich und in
grösserer Nähe des Jordans gelegenen Euinen eines andern Klo-
sters, das nun unzweifelhaft ein Johanniskloster war. Na-
türlich trug es diesen Namen, der von 600 n. Chr. an nachweisbar
ist. von Johannes dem Täufer, der nach der Sage an der Stelle
des Klosters getauft haben soll. Es lag auf einer der dortigen
öden Klippen, welche das alte Flussufer bildeten -) , jetzt aber un-
gefähr zehn Minuten vom Strome entfernt liegen. Das Kloster
wurde zur Zeit der fränkischen Herrschaft durch ein Erdbeben
zerstört, vom Kaiser Emanuel Komnenus(l 143 — 1 ISO) wieder auf-
gebaut und ist nachher von Pilgern öfters erwähnt, seit längerer
Zeit aber in Zerfall und unbewohnt, so dass spätere Reisende l)loss
von dessen Ruinen sprechen , welche von den Arabern hasr el-
Jehüd Judenschloss^ genannt werden. In neuerer Zeit ist jedoch
einiges daran restaurirt worden; dasselbe kann zeitweise wieder
von zwei griechischen Mönchen bewohnt werden 3) .
1) Vergl. über das Hieronymuskloster im ganzen und über die "Wüste
Tobleu, Topogr. II, p. 972— <J76.
2 Vgl. dazu ZscuoKKE a. a. O. p. 20 und dagegen Tobler, Topogr. IL
p. GS" f.
3) Vgl. über kasr el-jehüd [if.yXr^ai'x oder [jiovaaTr,piov toö rooofjöu.'jj
Tobler, Topogr. II, p.()S4fF. bes. p. Tos ff. u. Zschokke. a.a.O. p.2ort'.
16
7. Nehi müsä.
Obschon in der Jordaiiebene noch manche andere Klöster
gestanden haben, steigen Avir doch, ohne ihren Standorten nach-
zuforschen, die unterste Kreidestufe hinauf, Aveil unsere Unter-
suchung vornehmlich den Laiiren und Klöstern in den drei Ge-
birgszonen gilt, und gelangen zuerst nach tiehi müsä. Es ist dies
heutzutage ein muslimischer Wallfahrtsort, Aveil sich daselbst nach
muslimischer Anschauung das Grab Mose's befinden soll, obwohl
nach alttestamentlichem Berichte bekanntlich dasselbe auf dem
transjordanischem Gebirge zu suchen wäre, wenn wir überhaupt
glücklicher zu sein hoffen könnten, als der Berichterstatter über
Mose's Tod selber 1; . Schick hält nun dafür, dass zw nebt mnsä
schon in alten Zeiten eine Stätte der Anbetung und des Zu-
sammenkommens nach Art der damals häufigen Höhen oder lä-
tnöt gCAvesen sei. Ferner soll dann hier zur Zeit der Blüthe des
Einsiedlerwesens vor dem Einfall der Muslimen eine Laura sich
befunden haben und aus dieser nachher ein Kloster entstanden
sein, dessen Stifter den Namen Mose getragen habe. Als aber
die Muslimen, die von Osten her in das Land eindrangen, auch
dieses Moseskloster in l^esitz nahmen . machten sie dasselbe in
der Meinung, dass es von dem hier befindlichen Grabe des auch
von ihnen als Propheten verehrten Mose den Namen der müsä
bekommen habe, trotz der ganz unmöglichen Lage zu ihrem Hei-
ligthum und verehrten hier das Grab des Propheten müsä.
S . Emdschellidsch .
Wenn man von nebi müsä aus den Weg nach Jerusalem etwa
eine Stunde weit hinaufgeht, so gelangt man in eine dem wädi
el-helt ganz ähnliche Schlucht mit hohen senkrechten Felswänden
zu beiden Seiten. Von der Nordwand aus, an welcher der Weg-
vorüberführt, erblickt man auf der Südseite des Thaies Höhlen
und Löcher, die einst von Anachoreten beAvohnt waren. 13ie
Araber nennen diesen Ort ^car emtschellitsch [mutscli.] oder wie
CoNDEK angiebt. Mukellik. Weniges Mauerwerk Aveist unzweifel-
haft darauf hin, dass einst Einsiedler in dieser Gegend hausten.
Da Schick den Ort noch nicht hat besuchen können, hat er vor-
läufig darauf verzichtet, ihn mit irgend einer alten Laura in "S'er-
bindung zu setzen.
1) Deut. 34.5. (J.
17
9. War ez-zaränik.
Von nebi müsti wenden Avir uns zuerst südwärts \ind über-
schreiten den wcidi gleiches Namens , durchziehen darauf die
Ebene saJd hkea in südwestlicher Richtinig, bis wir zur mittleren
Gebirgsstufe gelangen. Hier biegen Avir in den xcädi ez-zarünlk
ein. Bei einer besondern Heise, die liaurath Schick zur Durch-
forschung dieser Gegend machte, ergab sich, dass das Thal ez-za-
ränlkj wie manche Xachbarthäler. von dem nahen Gebirgsstock
des muntär ^ ausgeht. Nicht weit vor seinem Ausgang in die Ebene
bke'a wird es zur Felsenschlucht und zeigt an seiner Nordwand
einen überhängenden langen hohen Felsen, der etwas gekrümmt
ist. so dass in der Ecke sich ein stumpfer Winkel bildet. In diesem
Winkel führt der höchst gefährliche Zugang über eine abschüs-
sige, schmale und lange Felsenplatte, und oberhalb dieser schma-
len Bank finden sich kleine Höhlen und an einer Stelle Stufen,
die höher hinaufführen , sowie eine Cisteme, während unterhalb
derselben nur noch die üeberreste des Mauerwerkes vorhanden
sind, das einst bis zur Felsbank hinaufgeführt war und die höher
und niedriger liegenden Gemächer in sich einschloss. Weiter
unten in dem ganz öden und weglosen Thale soll zu gewissen
Zeiten sich Wasser finden.
Diese Ruinenstätte hält Schick für den Ort. wo einst Theo-
ktist seine Einsiedlerwohnung einrichtete und das später daraus
hervorgegangene Theoktistuskloster stand. Und zwar haben wir-
diese Felsschlucht für den Ort des untern 2j Theoktistusklosters
anzusehen, neben welchem weiter oben vielleicht im gleichen
Thal ein zweites wird existirt haben, wenn nicht etwa, was aber
doch unwahrscheinlich ist, beide Klöster hier im loädi ez-zarä-
nik zu suchen sind, das obere in den Zellen oberhalb der Fels-
bank, das untere in den im Mauerwerk unterhalb derselben befind-
lichen Zellen.
Zu der Identificirung dieser Trümmerstätte mit dem Theo-
ktistuskloster führten folgende Gründe. Aus der Beschreibung
1) müntär GuERix, Judee III, p. 101, vgl. dazu Socin-B.\edeker2 pp. 205
und 207 über einen andern Berg bei Gaza mit Namen muntär, wo SociN ver-
muthet, der Name sei von dem eines muslimischen Heiligen abgeleitet, und
endlich ZDPV II , 3, p. 12(3 den dschchel muntär zwischen Hebron und aiu
dschidi.
2) ToBLER, Topogr. II, p.965.
Ztschr. d. Pal.-Ver. III. •>
18
dieser Laura \in(l a\is der Erzählung über ihre Gründung ergieht
sich, dass die Ortlichkeit , -wo die Laura angelegt Avurde, genau
mit der Beschaffenheit von e^-^aräwl^ übereinstimmt, und dass
auch die Angabe der Entfernung, eine Stunde nördlich vom Eu-
thymiuskloster oder vom ]?erge Marda (Mert) ^) , auf den wädi
ez-zarämk \im\veist. Es wird nämlich berichtet 2): »Im fünften
Jahrhundert n.Chr. kam ein Anachoret, Namens Euthymius^ zu
der Laura Pharan ^j und lernte unter den Brüdern dieser Laura
einen mit Namen Theoktistus näher kennen. Nach fünf Jahren
verliessen beide Pharan mid wanderten weiter in die Wüste hinein
(also wohl südostwärts) . In einer gäh wandigen und tiefen Schlucht
(ad praecipitem quendam et profundum torrentem) •*) fanden sie
auf der Nordseite derselben eine grosse Höhle, Avelche sie zu ihrer
Wohnung wählten, und sie trugen sich mit dem Gedanken . die
Höhle in eine Laura zu verwandeln nach dem Vorbilde von Pha-
ran. Aber die Eauheit des beinahe unzugänglichen Ortes Hess
den Bau einer eigentlichen Laura nicht zu. Darum waren sie an-
gewiesen, gerade am Aufgange zum Felsabsturze für die Brüder
ein Kloster (d. h. Zellen, die nachher zu einem förmlichen Kloster
wurden) zu erbauen, das dann gleich dem Kloster mär säbci wie
an die Felsen geklebt erschien. Von da begab sich dann Euthy-
mius allein weiter in die Wüste Ruban (d.i. die Gegend zwischen
mär säbä und dem todten Meer) auf den Berg Marda (Mert). dann
weiter in die Wüste Ziphon (d. i. die Gegend des Abfalls der Berge
gegen das todte Meer in der Nähe von Engeddi) . Von hier wollte
Euthymius wieder ins Theoktistuskloster zurück, fand aber drei
Meilen (= l Stunde) davon einen schicklichen Ort mit milder und
heiterer Luft und liess sich hier in einer kleinen Höhle nieder.«
(Dieser Ort soll, wie wir imter Nr. 10 sehen werden, nach Schick
in dem schon auf seiner Hinreise gesehenen Berg Mert liegen) .
Ausserdem stimmen mit dem Umstand, dass in spätem
Zeiten das Theoktistuskloster nicht mehr erwähnt Avird '^] . die
ganz zerfallenen Uebcrbleibsel übcrcin, die darauf hinweisen,
dass der Ort bald verlassen und nicht mehr aufgebaut wurde.
1) Vgl. weiter unten Nr. 10 und die Karte.
2) Vgl. bei ToBLKR, Topogr. II, p. !»ßöf.
3) Vgl. Nr. 1, p. 6ff.
4 BoLLAXDi, Acta sanctorum ed. noviss. Jan. 20 II, p.G68.
5 ToRLKR, Topogr. II, j). n^:<.
19
An einer unbedingten Zustimmung zu dieser Identification
des Theoktistusklosters mit war ez-zaränlk hindern uns die aus-
drücklichen Angaben, dass Euthymius inid Iheoktist eine grosse
Höhle ^) gefunden haben, welche aber Schick nicht erwähnt,
und dass das Theoktistuskloster am Jericho wege sich befunden
habe -) . ^löglich ist ja aber allerdings, dass die Höhle beim Zu-
sammensturz verschüttet und darum von Schick noch nicht
wieder entdeckt wurde , und ferner ist zuzugeben, dass die An-
gaben über die Lage am JerichoAvege nicht so genau zu nohmon
seien (doch vgl. darüber Nr. 10).
10. Mert.
Wenden wir uns vom icädi ez-zarämk am Fusse der mittleren
Stufe nach Süden , so gelangen wir in ungefähr einer Stunde in
den xoädi abu schöle, ein enges Seitenthal des Kidron. das, wie
Aßx wädi ez-zarünlk, schnell und stark vom Gebirgsstocke des nwn-
tär abfallt. Überall wo diese ?w?^w^är-Thäler in die Ebene hlea
auslaufen, besonders aber in der Gegend von Mert. sind die
Schichten des Gesteins so aufgerichtet, dass sie fast senkrecht auf
den Kopf gestellt sind und daher alle einzelnen deutlich hervor-
treten. Ihre Beschaffenheit kann deshalb beim Darüberhinarehen
leicht erkannt werden. Wie im ^ccidi müsä treten hier auch solche
von schwarzen Bitumensteinen hervor; dagegen ist hier in diesen
besonders steilen und rauhen 15ergen von einer graueren Farbe
nirgends etwas A-on Kreide zu sehen. Unter allen den gegen die
Ebene vortretenden Bergen fällt besonders in die Augen der
kegelförmige Mert auf der rechten Seite des wädi abu schoJe. avo
das Thal in die Ebene blie a einmündend sich für kurze Zeit etAvas
mehr nach Süden richtet. Wegen seiner Gestalt machte er auf
Schick den Eindruck eines erloschenen Vulkans. Obwohl er
niedriger ist, als die andern Avestlicheren Berge hinter ihm. ragt er
doch in seiner Kegelform aus der vor ihm liegenden Ebene hoch
hervor, und diesen Eindruck erhöhen noch bedeutend seine sehr
steilen FelsAvandungen , die an verschiedenen Stellen und be-
sonders an der Krone mit MauerAverk umgürtet sind. Wer vom
todten Meere nach mlir sähä hinaufgeht , sieht diesen Berg mit
1 BoLL., Acta sanct. ed. noviss. Jan. 20 II. p. (>Cs : offendunt magnam
quandam speluncam.
2) ToBLER, Topogr. II, p. 965.
2*
20
seinen Ruinen, von Avelchen die Araber jetzt noch erzählen, dass
sie von Kirchen herrühren. Mit den hinter ihm liegenden Bergen,
die dasselbe Gestein aufweisen , ist dieser Kegel durch einen
Sattel verbunden, auf welchem in bedeutender Länge und Breite
der Fels zu einem tiefen Graben ausgehauen ist, der vrie zum
Schutze, so auch zur Auffassung und Aufbewahrung des Regen-
wassers diente. Quer durch diesen Graben ist eine senkrechte
dicke, mauerartige Felswand unausgehauen geblieben. Die da-
rüber hoch aufgebaute Mauer trägt auf ihrer Stirn eine Wasser-
leitung, welche durch zwei Berge tunnelartig hindurchgebrochen
ist und das Aveither geführte Wasser in den Kegel des Berges ge-
rade unter die noch an den Trümmern auf der Spitze erkennbare
einstige Kirche hineinleitet. Die grossen Höhlungen des Berges
sind vielfach mit Schutt angefüllt, dagegen die doppelten Ring-
mauern des eigentlichen Klosters noch erkennbar. Am Südab-
hange befindet sich eine alte Begräbnissgrotte. Unter derselben
sieht man heute noch im Thale Ruinen von einstigen Bauten, die
wohl mehr zur Oekonomie dienten, und in der Ebene selbst weiter
entfernt mit niedern Mauern umfriedigte Grundstücke. Da wo
der Weg nach Jerusalem, nachdem er von der Krone des Berges
auf den Sattel herab und in nördlicher Richtung an der Ostseite
des Felsgrabens entlang geführt hat, an den Rand des nördlichen
tiefen Thaies , des ^oäd^ abu schöle, tritt , ist eine schöne runde
Cisterne und in ihrer Nähe die Reste von drei Zellen. In gleicher
Weise finden sich auf den hinter Mert liegenden Bergen noch
viele Riiinen einstiger Zellen, die sich, wie diejenigen von chare-
tün vgl. unten Xr. 23 1, von allen übrigen dadurch unterschieden,
dass sie wirkliche, wenn auch geringe und einfache Bauten dar-
stellten, während die andern alle in den Höhlen eingerichtet
waren (vgl. hiezu Tafel H, Plan von Mert) .
Schon bei dem unter Nr. 9 behandelten Theoktistuskloster
haben Avir erwähnt , dass an dem Berge Mert die Ansiedlungen
des Euthymius zu suchen seien, und die Identificirung von Mert
mit dem Euthymiuskloster dort vor der Hand als so sicher hin-
gestellt, dass wir neben der Beschreibung des Theoktistxisklosters
vornehmlich auf die Entfernung vom Euthymiuskloster die dortige
Identificirung gründeten. Um so mehr haben wir daher die Über-
einstimmung von Mert mit dem Euthymiuskloster zu i)rüfen und
dürfen hiezu die Entfernung einer Stunde vom Theoktistuskloster
21
nicht für hinreichend ansehen. Sehen wir von letzterem ab. so
dürfen wir uns nicht verhchkui . dass zvi allemächst schon eine
alte Angabe nicht genau eintrifft, nämlich die, dass das Euthy-
miuskloster rechts am Wege von Jerusalem nach Jericho gelegen
habe^). Doch dürfen wir, wie wir schon unter Nr. 1 bemerkt
haben, solche Angaben nicht zu genau auffassen und hier nicht
auf eine Lage unmittelbar am Wege schliessen. Denn sonst hätte
ja nicht in derselben Lebensbeschreibung derselbe Schriftsteller
uns berichten können, dass die vierhundert Armenier auf ihrer
Pilgerfahrt von der heiligen Stadt nach dem Jordan einen Ab-
stecher zur Laura des Euthymius gemacht hätten '^] . Auf eine
Entfernung vom Jerichowege weist uns ferner die Nachricht des-
selben Cyrill , dass das Euthymiuskloster drei Meilen in süd-
licher Richtung vom Theoktistuskloster entfernt sei. welches
wiederum als nahe am Jerichowege bezeichnet wird '^] . Damit ist
ein Abgehen von der Strasse nach dem Jordan gerechtfertigt,
und möchte selbst eine mehr als einstündige Entfernung erlaubt
sein, wenn alle andern Angaben bei einem so weit abliegenden
Orte einträfen. Aber der Berg Mert hat doch, um mit dem Eu-
thymiuskloster identificirt zu werden, eine allzuweite Distanz vom
Jericho Avege , welche auch viele andere Mittheilungen, frühere,
wie spätere, nicht erlauben. So berichtet schon Cykill*) in der
mehrfach erwähnten vita Euthymii, dass eine Frau aus Betabudi-
son [abu dis , welche vom Teiifel besessen war, bei dem eine starke
Stunde östlich wohnenden grossen Euthymius Heilung gesucht
und gefunden habe ^ , Avelche Entfernung nicht genügt, um den
Wohnort des Euthymius in Mert anzunehmen. Im Jahre 11 So
sodann lag das Kloster des grossen EutliATuius dem des Theodo-
sius, an dessen Lage nicht zu zAveifeln ist (vgl. der dosl Nr.22 ,
gegenüber , etwas mehr links gegen die Niederung der Jordan-
wüste, was auch eher auf eine Lage im Süden von c/iän hadrlir
hinweist, und »um 1400 hiess es, dass das Euthymiuskloster fast
1) ToBLER, Topogr. II, p. 9().5. 2) Das. II, p. 967.
3) Das. II, p. 9G4f. 4 Das. II, p. 342.
5) Bei ToBLER, a. a. O. II, p. 342 wird als Wohnort des Euthymius die
Laura Pharan bezeichnet, eine unrichtige Erklärung des unbestimmten Be-
richtes von Cyrill, der ohne Nennung des Namens der Laura bloss von einem
confugere ad magnum Euthymium redet, vgl. BOLL. Act. sanct. ed. uoviss.
Jan. II, p. 690.
22
mitten auf dem Wege von Jerusalem nach Jericho, und vor einem
Jahrhundert, dass es sechs Meilen östlich von Bethanien lag« ') .
Ich sehe mich daher genöthigt, sowohl das Euthymiuskloster.
Avie auch infolge davon das Theoktistuskloster -weiter nördlich zu
suchen, als Schick es thut, und der Yermuthung von Toblek 2)
mich anzuschliessen, die Lage des Euthymiusklosters dagegen
etwas südlich von chZin hadrur (\-ielleicht bei chmi es-sahl(l\ vgl.
Nr. 14! anzunehmen.
Dagegen gebe ich gern zu, dass die Ruinen von Mert vor-
trefflich zu den andern Angaben, die uns über die Ansiedelung
des Euthymius erhalten sind , passen, und bin sehr geneigt, da
uns auch sonst 3) von zwei Klöstern des Euthymius berichtet wird,
anzunehmen , dass bei Cyrill insoweit eine Verwechslung vor-
gekommen sei, als er in seinen Angaben über die Lage desselben
das auch später mehr erwähnte Kloster bei chZm hadrilr im Aiige
habe, während er uns doch die Ansiedelung am Mert beschreibt.
Das Theoktistuskloster Aväre aber auch dann nicht in ez-zaränlk
zu finden. Lassen Avir daher hier noch die Erzählung über die
Ansiedelung folgen. Schon imter Nr. 9 haben Avir die Kückkehr
des Euthymius aus der Wüste Ziphon und seine Ansiedelung in
einer kleinen Höhle erAvähnf*) . In der Nähe derselben grub so-
dann ein von Euthymius getaufter Sarazene, Aspebet, seinem
Lehrer eine Cisterne und erbaute daneben einen Ofen zum Brot-
backen und drei Zellen. Bei diesem Berichte denken Avir unAvill-
kürlich an die am Nordabhange des Berges Mert gelegene noch
jetzt erkennbare Cisterne mit den drei Zellen (A-gl. d. Plan Taf. 11^ .
Als die Zahl der getauften Sarazenen sich mehrte, AAdes Euthy-
mius ihnen , um sich in seiner liuhe nicht gestört zu sehen, in
einiger Entfernung Wohnplätze an (vielleicht, Avie Schick an-
nimmt, am südlichen Fusse des ]3erges;, avo sie bald in der Per-
son des Aspebet, der nun Petrus hiess. einen Bischof bekamen.
»Als Euthymius verschiedene Männer einst empfing, ermahnte er
1) ToBLER, a. a. O. II, p. 970. 2 Das. II, p. 977.
'6, Das. II, p. 970, Anm. 2.
4) Gegen Schick spricht auch, dass hier bei der llückkchr der Ort nicht
genannt wird, während wir doch aus dem Berichte über seinen Zug nach der
Wüste Ruban und Ziphon wissen, dass Cyrill den Namen Marda kennt.
Wir dürften daher erwarten, dass er es bemerklich machte, wenn es wiederum
Marda gewesen wäre. Vgl. olien unter Nr. 9.
23
den Bischof Petrus, dass er ihnen kleine Zellen einrichte und
einen Tempel gehörig ziere, und so entstand in kurzer Zeit eine
Laura, Avelche der in Fharan nicht nachstand.« Im 52. Jahre des
Euthymiiis besuchte der Patriarch Juvenalis die Laura und weihte
den Tempel ein. Von Pilgern wurde die Laura öfters besucht
und die Zahl der Mönche stieg bald auf fünfzig und für jeden war
eine Zelle erbaut. Nach einem abermaligen Aufenthalt in der
Wüste Ruban, wohin es den leidenschaftlichen Einsiedler ge-
trieben hatte , wollte die Kaiserin Eudokia seiner Laura den
nöthigen Unterhalt verschaffen , aber Euthymius wies das Aner-
bieten zurück. Nun Hess die Kaiserin ungefähr 1 1/4 Stunde west-
lich davon auf einem erhabenen Punkte ^) einen Thurm und eine
Peterskirche erbauen , von wo aus man alle die einzelnen Zellen
der Laura übersehen konnte. Unter diesem erhabenen Punkte
kann, wenn wir Schick in seiner Identificirung des Klosters mit
Mert beistimmen , nichts anderes gemeint sein als der dschehel
mimtür, wenn wir dagegen das Kloster bei chün es-sahl suchen,
nur murassas verstanden werden2j . Nach dem Tode des Euthy-
mius, der um das Jahr 470 erfolgte, übernahm der Patriarch Ana-
stasius von Jerusalem die Leitung der Laura und übertrug dem
Diakon Pheidos die Besorgung des Klosterbaues , zu dem nun
sollte geschritten werden. Die ursprüngliche Höhle des Euthy-
mius auf der Spitze des Berges AAurde zu einer Kirche umgebaut,
in deren Mitte das Grab des Euthymius mit einer Platte bedeckt
zwischen zwei Reihen von Gräbern für die Prälaten und Heiligen
stand. Das Kloster wurde mit Wall und Graben umgeben, wie
auch die Ruinen aufweisen, vuid die frühere Kirche zu einem
Ess-Saale für die Ih-üder hergerichtet. Zum Schutze der ganzen
Gegend führte Pheidos einen Thurm innerhalb des Klosters auf.
Übschon nach drei Jahren das Mauerwerk aufgeführt war, konnte
die Ausschmückung Avegen A'erzögerung durch Wassermangel
erst zwölf Jahre nach Euthymius Tode, im Jahre 4S2. vollendet
und das Kloster sammt der Kirche vom Patriarchen Martyrius
eingcAveiht werden 3) .
1) in altissimo promontorio bei Tobleh a. a. O. II, p. 765.
2) Ob der dschehel »iitntär oder iiiiirussas eher mit einem Promontorium
zu vergleichen sei, lässt sich bloss hieraus nicht entscheiden und hängt von
der Lage des Klosters ab.
3) ToBLEK, a. a. O.II, p. «ICG— <l7u.
24
Um den Streit zu schlichten, ob Schick oder Tobler Recht
habe, wird auch eine Vergleichung der Abbiklung des Euthymius-
klosters im npo;xuvTjTapiov von 1749 mit dem Schick' sehen Plane
nicht ausreichen , da , abgesehen davon . dass es mit seiner An-
gabe von 6 Äleilen als Entfernung von Bethanien gegen Schick
zu zeugen scheint , »seine Abbildungen durchgängig schlecht«
sind ^( , sondern werden noch weitere Erforschungen des Gebietes
zwischen murassas und nehi müsä gemacht werden müssen. Auf
alle Fälle, mögen wir auch gegen Schick Recht bekommen,
bleiben natürlich seine Erforschungen von Mert und der Umge-
gend, sowie der Plan dieser Gegend, gleich werthvoll und höchst
dankensAverth.
1 1 . Kettär.
Folgen wir, vom Berge Mert scheidend, dem oben beschrie-
benen Wege . der hoch am Rande des ivädi ahn schale in Curven
westwärts führt, so sehen wir bald rechts unten im Thalgrund
einen Brunnen [blr abu schäle)^ wo die Araber ihr Vieh tränken,
links an zwei Stellen die Reste der oben unter Nr. lü erwähnten
Wasserleitung. Sobald der Weg stärker ansteigt und in gerader
Linie weiter führt, sehen wir am Nordabhange des wädi ahu
schäle einiges Mauerwerk, das von den Arabern y^hettürv- genannt
wird, hinter dem der Araber auch Höhlen, kleine Zimmer und
eine Cisterne kennt. Nun belehrt uns Cyrill in der vita Euthy-
mii- , dass man beim Heraufgehen vom Euthymiuskloster nach
einem Marsche von fünfzehn Stadien achtunddreissig Miiniten)
das Kloster des Martyrius gegenüberliegen habe, und dass man
von da gerades Weges nach der heiligen Stadt hinaufziehen könne.
Schick ist darum, weil er Mert mit dem Euthymiuskloster ideiiti-
ficirt, berechtigt, in dieser Ruinenstätte Ä'e^^är das frühere Mar-
tyriuskloster zu finden. Es i.st aber klar, dass auch dieses Klo.ster.
wie das des Theoktist, mit dem Euthymiuskloster auf Mert steht
oder fällt, und dass daher die Bedenken gegen Mert als den Ort
des Euthymiusklosters auch hier uns hindern, der ScmcK'schen
Annahme beizustimmen.
1) ToBLER, Topogr. II, p. KiOO.
2) Das. II, p. '.)7()f.
25
1 2 . DscJiehel muntar ^] .
An kettär vorbei steigen wir die stellenweise noch gut erhal-
tene Strasse von Mert nach Jerusalem weiter hinauf und gelangen
auf diese Weise in kurzer Zeit an den l?erg muntär. Dieser von
weither sichtbare und hochgelegene lierg bildet einen eigent-
lichen Gebirgsstock . von welchem nach allen llichtungen, be-
sonders nach Süden und Osten. Thäler abfallen. Er besteht, wie
der Oelberg, aus Kreide und hat ebenso drei verschiedene Spitzen.
Auf der mittleren befinden sich noch Ruinen . aus welchen aber
ohne Ausgrabungen kein Plan zu entnehmen ist. Hier hätte
auch, wenn Schick' s Annahme über Mert die richtige Aväre. die
Kaiserin Eudokia den schon erwähnten Thurm imd eine dem hl.
Petrus geweihte Kirche erbaut 21 . Von hier aus kann man näm-
lich nicht bloss den ]^erg Mert mit seinen Umgebungen deutlich
übersehen, sondern man hat hier eine Rundschau, wie sie kaum
der Oelberg bietet. Während auf diesem der Blick nach Westen
zu sehr gehemmt ist. lässt sich auf dem muntär ein weites Stück
Land mit vielen Bergen und Thälern sammt dem Oelberg und
der Stadt Jerusalem nach Westen hin überschauen. Zudem ist
die Aussicht nach Norden und Süden ebenso weit, wenn nicht
noch weiter, als auf dem Olberg. und nach Osten hat man alles
viel näher vor sich, besonders das todte Meer mit seiner Halb-
insel [el-Iisän] . Am Fusse des Berges sind in den verschiedenen
Thälern Cisternen und Brunnen und stets in deren Nähe Lager
von Beduinen 3) . Vom muntär führt nach der vom Berge aus
sichtbaren heiligen Stadt eine Strasse, an welcher stationenweise
Cisternen und Wachthäiiser waren *) . Nach Nordosten zieht sich
■von ihm aus bis zum loädi cl-kelt eine Reihe von meist kegelför-
migen Kreidebergen hin. die aber jenseits, d.h. östlich des tiefen
u-(idi esch-scharaf liegen und auch niedriger sind, als der muntär.
ihr Ausgangspunkt. Die auffallendsten Spitzen dieses Zuges sind
1) Diese Schreibung ist von Jerusalem aus bestätigt worden.
2j Vgl. p. Ti und ToBLER, a. a. O. II, p. 765.
3; Der englische Ingenieur CoNDER hält diesen Berg für das talmudische
Zuk, wohin am Versöhnungstage der Sündenbock dem Azazel zugeführt wurde
(vgl. Lev. 16,10. 21 f.), von welcher Ansicht Schick jedoch abweicht. Seine
Gründe hiefür gedenkt er in einer besonderen Abhandlung beizubringen.
4) Vgl. WiNER, Bibl. Realwörterb. II, p. 6.">6, Anmerk. 4.
26
der tantur hudedun (»hohe Mütze« i) oder »Hörn« 2) von hudedun)
Tind der scha'äb el-huioebZit.
13. Chan hadrür.
Der eben genannte Gebirgszug führt nns an die Jerichostrasse
nach chUn hadrür. Oberhalb desselben befindet sich ein altes,
einst sehr festes und •weithin sichtbares Kastell. Der chün Avird
nach der Tradition für die Herberge (iravooysTov Luc. 10,34) ge-
halten. Avo das Gleichniss im Evangelium den barmherzigen Sa-
mariter mit dem unter die ]Mörder gefallenen VerAvundeten ein-
kehren lässt. Chan hadrür liegt in der Mitte des Weges A^on Je-
rusalem nach Jericho und beherrscht von seiner hohen Lage aus
mit seinem Kastell diesen Weg. Gab es auch verschiedene (A'gl.
Nr. 1) Wege von Jerusalem nach dem Jordan thale, so führte
sicher der über Bethanien kommende da vorbei, Avenn er auch an
manchen Stellen in ZAvei Wege sich theilen mochte, die sich bald
nachher Avieder A'ereinigten (Agl. die Karte) . ObAvohl es nahe liegt
zu vermuthen, dass an diesem durch die Tradition geheiligten
Orte auch eine Kirche oder ein Kloster möge erbaut Avorden sein 3) ,
so deutet doch in den vorhandenen Kuinen nichts darauf hin.
Im Gegentheil stammt das in Ruinen liegende Gebäude aus der
Zeit der Muslimen. Doch auch dies schliesst nicht aus, dass
früher hier eine Kirche oder ein Kloster gestanden habe ; denn
ein so Avichtiger Ort Avurde Avohl öfters zerstört und immer Avieder
aufgebaut. Da das Erdreich hier eine röthliche Farbe hat, aus
der man selbst auf Eisenhaltigkeit geschlossen hat, hielt man
chün hadrür für das in Jos. 15,7 und 18,17 erAvähnte, ander
Grenze von IJenjamin und Juda gelegene Adumim, Avelchen
Namen diese Gegend auch noch bei Eusebius mid Hieronymüs
trügt, da Maledomim nichts anderes ist als das hebräische ma'ale
adummim •) . Aus dem gleichen Grunde hcisst auch heutzutage
mitunter cJiün hadrür noch «rother Chan«, chün el-ahmar.
1 Vgl. ZDPV. II, .'i, ]). 161 über den fanfür bei mär clßs, ferner SociN-
Bakdeker^ p. lOS über tantür ßr aun (das Absalomsgrab) und endlich unten
Nr. 20 p. 32 über tantür ahu kelüb.
2) Vgl. ToiiLER, Dritte Wanderung, p. 194 : ntantür heisstdas Hörn, Avel-
ches die Drusinnen auf dem Kopfe tragen.«
.'V ToiJLEH Topogr. II, p. .jiJTj fragt, ob nicht vielleicht hier das Eusta-
chiuskloster zu suchen sei.
}; ToBLER, a. a. O. II, p. TG") f. dväßaot; -ufjpojv = Rothensteig) und Ro-
27
1 4. Chan es-suhl.
Eine halbe »Stunde in südwestlicher Richtung von chZm
haclrür entfernt liegt in einer von Bergen umgebenen verborgenen
Ebene cJmn es - sa/d [der Chan der Ebene, hie imd da auch im
Gegensatz zum »rothen Chan« von hadrTir der »grüne« [chän el-
achdar genannt. Nach Dieterici, Reisebilder aus dem Morgen-
lando II, p. 223 ') giebt es in dieser Ebene, «eine den weiten Moor-
grund überragende Anhöhe mit Trümmern einer Feste«. Nach
den Untersuchungen von Schick stellen sich diese Ruinen als
bedeutend heraus. Noch mehrere GeAvölbe des Untergnindes
sind erhalten, und Avas besonders auffällt, zwei sehr bedeutende,
äusserst gut gebaute Cisternen , die nicht nur durch das Regen-
wasser, sondern durch den Bach des Thaies gefüllt werden konnten.
Aus der Beschaffenheit der Ruinen ergiebt sich, dass, "wie auch
der unbestimmte Name chän es-sahl (Chän der Ebene) wahrschein-
lich macht, hier ursprünglich kein chUn, sondern avoIiI ein Kloster
stand, das allerdings später dann als chän benutzt wurde. Denn
für einen chän finden sich im Lmern des Hofes zuviel Gebäude,
ebenso erkennt man daselbst die Apsis einer Kirche. Gegen
einen ursprünglichen chäii sprechen ferner auch die Nähe von
chän hadrür und die Entfernung von jeder eigentlichen Strasse,
da auch der Weg nach nehi mTisä etwa zehn Minuten nördlich da-
von vorbeiführt. Auf zeitweilige Beniitzung als cJiän Aveist da-
gegen hin, dass man wiederholte Restaurationen in den Ruinen
wahrnehmen kann. Der Haupteingang nämlich, der auf der
Nordseite lag und einen grossen, -wenig gespitzten Bogen aufwies,
wurde bei einer Restauration vermauert, indem ein neues Ge-
bäude davor errichtet wurde. Wahrscheinlich geschah dies dazu,
um das damals als Festung benutzte Gebäude sicherer zu machen,
da der Eingang von Süden, als etwas höher liegend, auch schwerer
zugänglich war. Was es einst für ein Kloster war, etwa das der
Lazi, wie Schick 2^ vermuthet, Avenn überhaupt die Lage eines
Klosters an dieser Stätte als sicher angenommen Averden könnte,
denburg, Avobei aber Toblek an mnrassas denkt ; die Pilgerschriften denken
bei diesem Namen meist an das viele Vergiessen des Blutes ;= damim hebr.)
an dieser Stelle, vgl. Luc. 10,;iO.
1 Vgl. bei Tobleu, a.a. O. II, p.971, Anmerk. 1.
2, Vgl. dagegen unsere Vermuthung über das Kloster der Lazi unter Nr. 2,
]). 12 und über chän es-suhl unter Nr. 10, p.22f.
28
oder ob da gar in der ältesten Zeit schon ein Bauwerk gestanden
habe, ist schwer zu entscheiden. Auf jeden Fall ist von einer
ehemaligen Laura oder Einsiedelei hier nichts zu entdecken. Wir
sind daher, wenn wir nicht an eine Verschüttung der Laura
denken und doch diesen Platz für ein Kloster beanspruchen
wollen, zu der x\nnahme genöthigt, dass hier, falls das Gebäude
nicht schon uralt war, sogleich ein Kloster angelegt wurde und
zwar zu einer Zeit , als sich auch sonst überall aus den früheren
Lauren schon förmliche Klöster entwickelt hatten.
Heute gehört der Ort und das darum gelegene angebaute,
schöne Feld, eine Gegend, die sich für die Ansiedelung von
deutschen Colonisten ganz gut eignete , den Bewohnern von sil-
wän bei Jerusalem.
1 5 . Miirassas .
Wenn wir von dieser Trümmerstätte scheidend uns in nord-
westlicher Richtung die Thalebene hinaufwenden, gelangen wir
zunächst nach zehn Minuten zu dem Wege nach nehi mTisä und in
weiteren fünfzehn bis zwanzig Minuten zu dem Wege von Jerusa-
lem nach Jericho. Schlagen wir nun auf diesem Wege die Rich-
tung nach Jerusalem ein und steigen zur oberen Stufe des Ge-
birges hinan, so gelangen wir nach einer kleinen halben Stmide
dahin, wo der Weg nach nebi 77iTisä sich vom Jerichowege ab-
zweigt. Nahe bei dieser Stelle, fast am gleichen Scheidepunkte
führt ein alter Weg den Berg hinan nach murassas ^] , einer An-
höhe , die sich durch ihre ausgebreiteten Ruinen von den vielen
kahlen Nachbarhöhen unterscheidet und dieselben auch ein wenig
überragt, so dass man hier eine ziemlich ausgedehnte Rundschau
geniesst. Wenn es auch höchst wahrscheinlich ist, dass wir hier
eine alte Ortslage zu suchen haben , so lässt sich der alte Name
nicht mehr nachweisen. Auch stammen die erhaltenen Ruinen
sichtlich aus christlicher Zeit. Denn an dem erhaltenen Thurm-
rest, sowie an dem grossen Schöpflochstein über einer Cisterne
finden sich in Kreise gesetzte Kreiize. Schon Tohler ^) beschreibt
«in solches Kreuz irait ausgeschweiften Linien und vier gleich-
1) So ist die Schreibung dieses Namens auf Anfrage von Jerusalem aus
angegeben worden. Damit übereinstimmend findet sich auf der so eben er-
schienenen Karte der Engländer Chirbet Murussus. Tobler schrieb Om
Kasräs. D.Red.
2; ToiiLEH, a. a. O. II, p. Tß.'i.
29
langen Ijalkcn«, und Schick entdeckte noch ein gerades Kreuz
in der Mitte einer Figur, die aus z^vvei in der Diagonale auf ein-
ander gelegten Quadraten bestand <^J. Daneben fand er mehrere
grosse Cisternen, ■weshalb anzunehmen ist, dass einst hier eine
kleine Stadt, später eine offene Ortschaft mit geräumigem Kastell
lag. Übrigens sind die Ruinen derart, dass ohne Ausgrabungen
kaum ein zuverlässiger Plan davon könnte entworfen Averden. So-
viel aber lässt sich noch erkennen, das der feste Platz ohne Graben
war ; es musste demnach die Stärke desselben auf der günstigen
Lage und auf der Festigkeit der Mauern beruhen ') .
Von murassas führt ein AVeg, immer auf der Anhöhe blei-
bend, westwärts fort bis nach Bethanien [el -' azarlje] . Er ist an
vielen Stellen noch ganz gut erkenntlich und war wohl der ur-
sprüngliche Weg von cJüm hadrür nach Jerusalem, da er kaum
etwas länger, besonders aber gegen Überfälle viel sicherer und
auch bei Regenwetter besser zu begehen ist, als der im Thale
(vgl. die Karte) . Zudem lagen an diesem Wege über die Berg-
hohe einige kleine Ortschaften und mehrere Cisternen. Murassa&
bildete dann etwa die Mittelstation zwischen Jerusalem und chän
und kaVat hadrür^ gleichwie das in der Nähe von Wasserleitungen
gelegene bet dschabr zwischen chän hadrür und Jericho. Ist diese
Annahme richtig, so darf gewiss als sicher angenommen Averden,
dass an einem solchen Platz weder Kirche noch Kloster fehlten.
Jedoch lassen historische Nachrichten uns darüber im Stich, und
ohne vorher angestellte Ausgrabungen kann auch aus den Ruinen
kein sicherer Beweis dafür entnommen werden.
16. Ort der Begegnung des Herrn und der bei-
den Schwestern Martha und Maria, bei el- azarlje.
Schlagen wir von murassas aus die eben beschriebene ur-
sprüngliche Strasse nach Jerusalem ein, so führt uns dieselbe zu-
nächst über ein kleines ebenes Feld, dann an den Ruinen der ein-
stigen Ortschaften el-tvebdi [chirbet el-webdi] und wmm esrh-scha-
chällb, wo heute noch einige Cisternen sind, und am blr Esbil [b'ir
es-sebll, öffentlicher l^runnen ?) vorbei, hierauf eine starke halbe
Stunde über steinigten, hohen l>oden zu der Stelle , wo in Er-
1) Vgl. den ganz ähnlichen Eindruck, den ToBLER (a. a. O. II, p. 763 ff.)
von diesem Orte erhalten hat.
innerung an die Ijegegninig des Herrn und der Martha und
Maria ' früher eine Kirche Avar erbaut worden ^i. und wo neuer-
dings nebst einem kleinen Kloster wieder eine Kirche vom grie-
chischen Kloster in Jerusalem aufgebaut worden ist. Beim
Nachgraben wurden daselbst auch alte Gräber aufgefunden. Die
Localisirung der Begegnung an dieser Stelle weist möglicher-
weise darauf hin, dass der Tradition noch die Kunde von einem
Weg über murassas bekannt war. Danach wäre dann auch an-
zunehmen , dass Jesus auf seiner Reise nach l^ethanien diesen
alten AYeg eingeschlagen habe , welchem der Weg durch das
Thal erst dann vorgezogen wurde , als imirassas inid die an-
dern Ortschaften auf der Höhe zerfallen und unbewohnt, die
Cisternen unbrauchbar geworden Avaren , und infolge dessen
an der immeriliessenden Quelle el-Jwd ein chän vielleicht auf
alten Grundlagen erbaut wurde. Dass in der Nähe der jetzigen
griechischen Kirche die Begegnung Jesu und der Martha statt-
gefunden habe, ist nicht zu bezAveifeln. Dagegen hält uns schon
die Nähe von Bethanien , avo ja ZAvei verschiedene Häuser, das
eine als das der Martha und das andere als das der Maria, gezeigt
^\•urden. davon ab, genau die »Stelle der Tradition für die unbe-
dingt richtige zu halten und daraus einen Schluss auf den Weg
zu Avagen, den Jesus genommen hatte. Gegen Tobler hält Schick
von neuem fest, dass an dem traditionellen Begegnungsorte eine
Kirche gestanden habe, Aveil die Griechen bei dem Bau ihrer
Kirche auf alte Fundamente sollen gestossen sein. Was die Ent-
fernung dieses Ortes von Bethanien betrifft, so gebrauchte Schick
am 5. November A'ergangenen Jahres von l)ethanien bis oben an
die Steige , avo der jetzige Weg nach Jericho merklich sich /u
senken beginnt , sechs Minuten und von da noch zAvei Minuten
bis zur neuen griechischen Kirche oder dem traditionellen B)e-
gegnungsorte Jesu mit Martha inid Maria.
1 7 . El- azarije .
In liethanien selbst befanden sich mehrere Kirchen inul
Klöster. Als l'aula, die Schülerin und Freiuulin des Hieronymus.
im vierten Jahrhundert das Grab des Lazarus besuchte, Avar da-
rüber schon eine Kirche erbaut, und 670 stand dabei ein Kloster,
1) Jon. II, 20. :tOff.
2) Vgl. ge<?cn diese Annahme Tobler, Topotir. II, p. 444.
31
das 865 noch erhalten war. In der !St. Lazaruskirchc der Kieiiz-
fahrerzeit zeigte man auch die Gräber vieler liischöfe von Jeru-
salem. Im Jahre 113S gründete ebendaselbst Melisendis, die Ge-
mahlin des Königs Fulco von Jerusalem, ein Frauenkloster, dem
nachher ihre jüngere Schwester Juditli als Äbtissin vorstand.
Schon um das Jahr 600 wird sogar von mehreren Klöstern und
merkwürdigen Stellen in l^ethanien, sowie von einer Klausur mit
Männern und Frauen auf dem JJerge berichtet; noch aus dem
Jahre 1099 wird von einem Einsiedler bei liethanien gemeldet ^^ .
In derTliat finden sich in der Nähe von Bethanien viele Höhlen,
die wenigstens zeitweise von Einsiedlern als Wohnungen mögen
gebraucht worden sein, jetzt aber als Werkstätten zum Matten-
flechten oder als Viehställe benutzt werden.
1 S . IVüdi er-rabäbi.
Von Bethanieu aus folgen Avir der gewöhnlichen Strasse nach
Jerusalem, steigen am Ölberg hinunter bis in das Kidronthal.
^ on da wenden wir uns nach Süden und treffen in dem gleichen
Thale, nachdem wir an sihccm vorübergezogen sind, am blr eijäb
den Vereinigungspunkt des Kidronthals des jetzigen icTuK sitti
marjani] mit dem alten Hinnomthal \ge bene hinnom], dem jetzigen
wädi er - rababi. Steigen wir dieses letztere Thal hinauf, so er-
blicken wir an seiner felsigen Südwand, gerade der Südseite von
Jerusalem gegenüber, eine grosse Anzahl von alten eingehauenen
Felsengräbern und von Höhlen. Da diese Stätte, wie die Gegend
von Bethanien, hinlänglich bekannt ist, halten Avir uns hier nicht
lange auf, sondern bemerken nur, dass auch hier einst Einsiedler
Avohnten , vielleicht selbst eine Laura sich hier befand, Avas uns
der Bau einiger Kammergruppen und die Keste von Gemälden,
noch mehr aber die geschichtlichen Urkunden lehren'-). Gegen
eine Ansiedelung in diesem Thale spricht nicht die Nähe der
heiligen Stadt; denn mochten auch anfangs die Einsiedler in die
Wüste hinausziehen, so musste es doch einen besondern Reiz
haben . in nicht minder Avilder Gegend ganz in der Nähe von
Jerusalem als vollständige Einsiedler zu leben. Auch ist es leicht
1 Vgl. über Bethanien ToBLER , a.a.O. II, p. 122—401, bes. 432t'. und
453 f., auch Socix-EAEDEKERa.a. O. p. 147 f.;
2) Vgl. Tobleu, a.a.O. II, p. 2.30— 2(ii» und Socix -Baedeker a.a.O.
p. 114ff.
32
begreillich. Avie solche Einsiedler von der nahen Kirche begünstigt
Avurden. indem man zu einer Zeit, da man solch ein Leben be-
sonders hoch stellte, gern die Beispiele dieses heiligen Lebens
in die Nähe der Städte rückte. Auch in neuester Zeit hat sich in
einer dieser Grabhöhlen ein Einsiedler mehrere Monate aufge-
halten. Als er aber entdeckt und in der Folge durch öfteren Be-
such in seinem Stillleben gestört wurde , verliess er diesen Ort
und suchte sich anderswo eine ungestörte Wohnstätte.
19. Der es-senne.
Kehren wir zum b'ir eijüb zurück und folgen eine kleine halbe
Stunde dem Laufe des Kidronthales, so treffen wir auf der Nord-
seite des Thaies auf einen Yorsprung, Avelcher in der durch ein
von der Olbergspitze im Osten herabfliessendes Thälchen, toädi
kattün. mit dem Kidronthale gebildeten Gabel liegt, eine Buinen-
stelle, die den Namen der' es-senne trägt. Auf ein früheres Klo-
ster an diesem Orte weist der Name [der) hin, allein es ist uns über
dasselbe nichts weiteres bekannt. Es finden sich nahe dabei auch
Cisternen und gegenüber (auf der Ostseite des tccidi kattün?) eine
Höhle, die meghZiret isa i Jesushöhle] genannt wird. Weiter hinab
im Thale Kidron, das hier wädi en-nZir (Feuerthal) heisst, finden
sich in den Thalabhängen noch öfters Höhlen.
20. Fell et-tln.
Besonders häufig sind solche Felsenhöhlen bei feil et-ün
{= »missrathene Feige«) ^) auf dem linken Plateau des Kidron in
einem Thale, das gegen Osten abfällt. Noch heute sind dieselben
bewohnt. Auch hier haben wir eine alte Laura anzunehmen,
deren Name uns nicht aufbehalten ist; in der Nähe (S.) finden
sich auch mehrere Cisternen und Dreschtennen. Eine halbe
Stunde südlich davon ist auf der Höhe ein neues Haus gebaut
Avorden. Zwanzig Minuten Aveiter südlich steht ein kleines, meist
zerfallenes, nur zeitAveise von den Beduinen beAvohntes, auf alten
Grundlagen sich erhebendes Dorf haradän, oder Avegen seines
Zerfalls geAvöhnlich chirbet haradän genannt. Der wädi el-
leben führt von hier SO. in das Kidronthal hinab. Von feil et-
tln führt ein Weg nach dem muntür und Mert , an mehreren
1] Die Bedeutung ist zAveifelhaft. »FeU" ist ein Boden, der mehrere Jahre
A-om Regen nicht bewässert worden ist. Die Red.
33
liuiuen und einstigen Stationshäusern , nämlich an cliirhcf cz-
zurnru, schech wadi ed-dukkün und hurdsch saJil es-mk vorüber,
bei denen sich (Zisternen finden ') . Ein Nebenwejy;; führt 80. zu den
auf einer flachen Anhöhe Hegenden, von zwei Seiten mit Ihäh'rn
mngebenen lluinen von dsrhindscJiis , einer einst ansehnlicluMi
Ortschaft mit grossen Cüsternen, einigen Höhlen und vielen ge-
hauenen liausteinen 2) . Steigen wir von da durch eines der hier
beirinnenden Thäler weiter südostwärts siiWA hinunter in die
mittlere Stufe, so gelangen wir zu einem spitzigen Hergkegel,
tantür abu kelüb ^ weiter unten zum gleichnamigen Hrininen hir
ahn kelüh (= »Brunnen des Vaters von Hundeno) und gleich da-
rauf wieder in das Kidronthal, das wir vor feil ei-ün verlassen
haben. In der durch den Einfluss des imdi ahu keläh gebildeten
Erweiterung desselben findet sich ein muslimisches Weli des
Scheck misif. Wenig weiter unten führt an der Südwand des Ki-
dronthales ein künstlich angelegter Weg zu dem Kloster
2 1 . MZir säbü,
das neben andern Eigenthümlichkeiten auch darin seine Seltsam-
keit und Sehenswürdigkeit bewährt . dass es das einzige noch
heute bestehende, wenn auch durch manche Zerstörung und man-
chen Wiederaufbau hindurchgegangene Kloster ist, das aus einer
Laura sich erweitert hat. Da es als eine Art Unicum von den
meisten Reisenden besucht wird, hiermit genügend bekannt ist,
auch der erhaltene Name keinen Zweifel an der Identität mit der
alten Laura des mar sähü aufkommen lässt, so beschränken wir
uns auf einige Notizen über die erste Besiedelung des Klosters.
Der Ruhm, an dieser merkwürdigen Stelle zuerst sich niederge-
lassen zu haben, kommt, so weit sich die Geschichte dieser Laura
verfolgen lässt. nicht dem hl. Saba zu, nach welchem das Kloster
den Namen trägt, sondern dem schon mehrfach erwähnten Euthy-
mius, von dem Avir wissen^), dass er noch in den letzten Jahren
seines licbens für kiu'ze Zeit seine Laiu'a verlassen und in der
Wüste Ruban eine neue Wohn\nig sich aufgesucht hatte. Diese
neue Ansiedelungsstätte soll dann Euthymius unter die Leitung
des hl. Saba, seines Schülers, gestellt haben, der in der Nähe v(m
Oäsarea in Oappadocien im Jahre 4 39 geboren wurde und nach
1) Vgl. Nr. 12, i).2r>. 2j Vgl. GiKRTN, Judee 111, p. hil.
;j) Vgl. p. 8 und 22.
Ztschr. d. Piil.-Ver. MI. 3
34
einer Pilgerreise in das heilige Land etwa in seinem 20. Alters-
jahre der Lanra des Euthymins sich angeschlossen hatte. Im
Jahr 484 wurde er vom Patriarchen zum Priester geweiht mid
der Abt eines von ihm gestifteten Ordens der Sabaiten. Nach
einem langen, nicht bloss für das Einsiedlerwesen, sondern auch
für die ganze Kirche sehr thätigen Leben starb er im Jahre 531 .
Die Laura mär säbä und später das daraus hervorgegangene Kloster
wurde mehrmals zerstört, aber immer wieder aufgebaut und er-
hielt 1840, als es von den Küssen übernommen wurde, die jetzige
Gestalt. Erwähnenswerth um der Analogie willen mit dem in der
Nähe des Euthymiusklosters von Eiulokia erbauten Tlmrme ist
noch der bald als Wachtthurm . bald als Herberge für die vom
IJetreten des Klosters ausgeschlossenen Frauen benutzte, isolirt
stehende Thurm in der Nähe, von dem aus auch solche Jiesuche-
rinnen das ganze Kloster übersehen können') .
22. Der closl.
Von mär säbä führen zwei Wege zurück nach Jerusalem,
der eine auf dem hohen Kandc der Südwand des Kidronthales,
der andere durch das Thal selbst. Wir wählen den letztern mid
ziehen an mehreren Cisternen vorbei, die sämmtlich am Fusse
der südlichen Thalwand liegen, und von denen die erste blr haf-
tUbe stets, die übrigen blr el-kuttlje^ harazije mid cl-mizlük, nur
zeitweise Wasser haben. l>ei btr el-mizläk verlassen wir nochmals
das Kidron thal. ersteigen auf der Südseite des Wädi die Höhe der
mittleren Stufe und gelangen hier bald zu den Ruinen des Theo-
dosiusklosters, die jetzt entweder nach dem hier wohnenden
Stamme der 'ubedlje^ 'ubcdlje oder mit einer Abkürzung von Theo-
dosius, der döst genannt werden. Von Jerusalem führte früher
der Weg hierher nicht, wie heute, durch das Kidronthal, sondern
zuerst eine Strecke weit auf dem Wege nach IJethlehem bleibend,
dann ostwärts abbiegend und meist auf der Höhe sich hinziehend
(vgl. die Karte) . Dass wir uns hier an der Stelle des alten Theo-
dosiusklosters befinden, lässt sich nicht bezweifeln, da abgesehen
davon, dass sich die Erinnerung an den Stifter imheutigen Namen
der dnsl noch theilwcise erhalten hat, alle alten Angaben über die
Ortslage genau mit der Ortlichkcit ubedlje übereinstimmen.
I, Vgl. über iiwr sähü ToBi.v.K, a.a.O. II, ]>. s:!7— s.")."). Gri-UTX, .ludec
III, p. M2— lol. SiM in-Hai;i.i:kki(-, p. Hi2 II
35
Ehe wir zur IJcschreibuiig' der noch vorliaiKlciieii bechnittni-
deu Ruinen übersehen, verge^enwiirtigen wir uns kurz die Grün-
dungsgeschiclite der Laura sanimt ihren einstigen Einrichtungen.
Wie die Laura mZi7' säbä ihre Berühmtheit einem ("appadocier ver-
dankt, so stammt auch Theodosius (geh, 432), der .Stifter von der
dösl, aus CJappadocien. In gleichem Alter, wie Saba, kam auch
er nach Jerusalem, wohnte zuerst einige Zeit beim Davidsthurm,
zog dann zu dein » alten Sitz « (in veterem sedem) an der öfFent-
liehen Strasse nach Jiethlehem inid von da (ostwärts) in die Wüste,
liier fand er auf einem l^erge eine Höhle, von der man annahm,
dass die Weisen aus Morgenland auf ihrer Heimreise von Beth-
lehem darin übernachtet haben . und wählte sie sich zu seiner
Wohnung. Als sich viele andere Mönche zu ihm gesammelt
liatten, baute er hier eine Laura \) .
Die Unabhängigkeit der Gründung von den früher erwähnten,
meist mit Pharan direct oder indirect in Verbindung stehenden
Lauren, macht sich hier in mehr denn einer Weise bemerklich.
Wie sich die Lage dieser Laura schon dadurch auszeichnete, dass
sie nicht in einer schauerlichen FelsschliTcht, sondern in heiterer
Hergeshöhe, welche eine weite Aussicht gewährte und frucht-
baren Hoden zeigte, gegründet wurde, so war auch die innere Ein-
richtung in analoger Weise nach freieren Grundsätzen imd mit
ökonomischem Sinne durchgeführt. Ein bei den übrigen palästi-
nensischen Ijauren unerhörter Unterschied in Wohnung und Le-
bensweise nach den verschiedenen Ständen kam hier zur Geltung.
Man unterschied zwischen Lauren für Vornehme und Geringe,
für Kranke und Gäste; selbst ein Verpllegungshaus für alte
Mönche, für vornehme Freunde, für bessere Frauen wurde ein-
gerichtet. Unter den 693 Brüdern, die unter der Leitung des
Theodosius standen, konnte man alle Arten von Handwerkern
sehen. Noch bei seinen Lebzeiten war er durch die Menge der
Mönche gezwungen, ein förmliches Kloster zu baiien. Er wählte
zum l]au])latz die Abendseite der Laura, indem er von den* bis-
herigen Kirche, Kathisma, sich zTirückzog. Ucr Neubau enthielt
drei Kirchen (indem als vierte die früluue mit dem Namen Kathisma
hinzu kam) . Man betete darin nach den Landsmannschaften in
drei Sprachen. \iud unter der llauptkirche wurde später Theodo-
1) Vgl. bei Toiu>KR, a.a.O. IT, p.'.isdf.
36
sius in einer Hölile begraben, zn der um das Jahr 602 achtzehn
Stufen hinabführten. Nach einem Zeitraum von fünflnindert
Jahren erhalten Avir aus dem Jahre 1185 folgende Beschreibung:
»Das Kloster ist mit verschiedenen Tliiirmen iimschanzt. In der
Mitte steht auf einer erhabenen Stelle die Domkirche mit einer
runden Kn})pel und unter dem Tempel befindet sich eine Höhle
mit dem Grabe des Heiligen, neben welcher noch viele Gewölbe
sind, die die Ueberbleibsel grosser Heiligen enthalten.« Ferner
zeigte man damals einen Pfeilschuss weit vom Kloster entfernt
eine Knppel an dem Orte , wo nach der Sage in der Hand des
Theodosius einmal erloschene Kohlen wieder Feuer fingen •) ,
welche Angabc auf das hentige muslimische ^veli schech challfe,
die liegräbnissstiitte der jetzt hier Avohnenden Araber, passt.
Theodosius, dieser wohl nnter allen Laurenstiftern bedeutendste
Mann, erhielt von dem l^atriai'chen zu Jerusalem die Aufsicht
über alle zusammenwohnenden Mönche (Koenobiten) in l'alästina,
Aveshalb er auch oft nur mit dem Namen des Koenobiarchen
(= Vorstehers der Koenobiten) genannt wird. Er starb im Jahre
529 2).
Schick hat nns über den jetzigen Ik'fund der Ueberreste
dieses grossartigen Klosters einen werthvoUen Plan entworfen
(vgl. Taf. II) . Die genannten Höhlen sind noch heute vorhanden,
wenn auch vielfach mit Schutt angefüllt, l'ber einer, die Avir
demnach als die liegräbnisshöhle des Theodosius ansehen dürfen,
stand eine Kirche, deren Pfeiler und Apsiden noch heute erhalten
sind und die nach den Ueberresten zu schliessen eine Ku])])el
hatte. Ebenso sind an der Kuinenstätte, besonders im westlichen
Tlieile, noch viele Zimmer erhalten, wo jetzt die IJeduinen des
Stammes 'uhedlje ihre Feldfrüchte und ihr Stroh aufbewahren.
Der Avestlichc nnd nordAvestliche Theil dieser ansehnlichen imd
ansgebnnteten Rninen war einst offenbar ein einheitlicher liau,
während im südlichen inid östlichen Thcile eine Anzahl verschie-
dener Gebäiide standen. Auffallend ist ein im Osten befindlicher,
ausgeebneter \ind mit Steinplatten belegter, viereckiger ]*latz,
der gegen Mittag und Abend , avo das 'I errain ansteigt , in den
Felsen eingehaiuni ist, Avährend die andern Seiten mit einer nie-
drigen Mauer eingefasst sind. In der Ostseite ist noch die Thüre
1) S. alle diese historischen Angaben hei 'rinil.Kil, a.a.O. II, p UM f.
2; GUKRIN, Ju<K'e III, ]). ".Mt.
:m
mit einer js^rossen Unteischwelle sichtltar, an der .Süchvand stehen
noch einige l'iUisteransätze, inul anch im Innern deuten .Spnren
am Hoden anf frühere Pfeiler hin. In dem gkMchen lioden findet
sich eine Öffnung wie das Mundh)ch einer C'isterne (andere der-
artige Offnungen scheinen verschlossen zu sein^ , mid darunter eine
grosse, tiefe, ganz in Felsen ausgehauene Cisterne von rundlicher
Form. Dieselbe erkannte Schick durch eine Öffnung in dem so-
genannten «Tiad«, einer in den Felsen gehrochenen, einst nach
Osten offenen, jetzt aher mit Mauerwerk verschlossenen Höhle.
In eben diesem liad sind zwei JJassins^ zn denen eine Anzahl
Stufen hinabführt. Es scheint, dass wir es hier mit alten Uädern
zn thun haben. Die Araber nannten diesen Platz »Kirche«; dann
müsste derselbe früher wenigstens theilweise bedeckt gewesen sein.
Die ganze Ruinenstelle bildet heutzutage die Ortschaft oder
den Mittelpunkt — denn hier haben die J^eduinen ihre Speicher
und beim weit schech challfe ihren Gebetsplatz und ihre Gräber
— des Araberstammes der ubed'tje. weshalb sie auch den Fremden
gegenüber die Ruinen \d>edije nennen . während sie unter sich
der Stätte den alten Namen der dösl erhalten haben. Diese uhedlje-
Hedninen sind arm und möchten daher gern etAvas von diesen Ru-
inen, z. H. die Kirche mit ihren Höhlen, thcuer verkaufen, wenn
jemand zum Ankaufe geneigt wäre. Zwei griechische Mönche
sollen auch einmal dort gewohnt haben, um die Sachlage genauer
zu mitersuchen , und dabei nach dem IJericht der Araber , die
übrigens die kleinste eingegrabene Verzierung Inschrift nennen,
eine solche gefunden haben.
23. Charetim.
Indem wir in der gleichen (mittleren) Zone bleiben, wenden
wir uns von diesem alten Theodosiuskloster ungefähr drei Stun-
den nach Süden über den imdi ct-üi mar ^ am Frankenberg [dsrhe-
bel cl-furedu) vorbei, bis wir im Osten von tekü a in dem Felsen-
thal von charetün eintreffen. Hier, wo der zur Schlucht gewor-
dene ivüdi charctün, der in seinem Oberläufe ivädi et-taicüh'tn
(Mühlenthar luid icadi arfUs heisst, für kurze Zeit seine östliche
Richtmig mit der südlichen vertauscht hat, finden wir bei der
Ortschaft t7<«/•('^^</^. die den alten Namen bewahrt hat. die einstige
Laura des Anachoreten Chariten auf der hohen Südwaiul des
Thaies, welches hier denselben Felsencharakter aufweist, wie die
38
Schhichteii des icädi el-hvlt und des toädi en-när bei miir säba.
Doch unterscheidet sich die Laura des charetTm dadurch wieder
von denen im tcädi el-kelt und bei mär sähä, dass, abgesehen
von der einen grossen Höhle meyliZirct charetxui (die fälschhch für
die Höhle Adullam angesehen wird •)), hier nur wenige Anacho-
retenhöhlen zu finden sind, tnid die oben mehr am Kande des
Abhanges liegenden Zellen der Mönche gemauert waren. Auch
jetzt erkennt man dort am Eande noch Spuren einer grossen
Cisterne. Etwa acht Minuten südlich davon ist am gleichen Ab-
hänge die weit in den IJerg eindringende tiefe Höhle, und zwei
weitere Minuten südlicher eine überhängende Felswand ; durch
dieselbe sickert AVasser hinab, das sich unten in Felslöchern zu
einer Art von Quelle sammelt, die den Namen ' ain charetTm trägt.
Auch diese Laura hängt durch ihren Stifter mit der Laura
Pharan zusammen und scheint überhaupt eine der ältesten Lauren
gewesen zu sein. Denn ('hariton, ein liruder der Laura l^haran,
der im vierten Jahrhundert gelebt und gegen 410 gestorben sein
soll, wurde anfeinem seiner Gänge nach Jerusalem von ßäubern
überfallen und in eine Höhle geschleppt, in der er dann als in
seiner Wohn- und lietstätte einige Zeit sich aufhielt. Wegen
des vielfachen Zulaufs aber verliess er diesen Ort und waiulte
sich nach Osten. Weil er auch an dem neuen Aufenthaltsorte-)
die gewünschte lluhe nicht fand, wanderte er Meiter nach Süden,
bis er in der Nähe von 'Ihekoa [tekua] die grosse Höhle bei cha-
rc'tün sich zum bleibenden Wohnsitz erwählte. Auch hier sammel-
ten sich die in der Wildniss herumirrenden Mönche zu ihm, und
er gründete darum in der Nähe eine Sukka •') oder Laura. Diese
Laura wurde bald so berühmt, dass sie viel von andern berühmten
Anachoreten besucht wurde, wie z.U. von dem Gründer so vieler
Tiauren in der Wüste Juda, von Euthymius. Ebenso schrieb in
dieser Sukka CvRiLLum 500 die Lebensgeschichte des Euthymius.
Zu einem förmlichen Kloster scheint sie niemals umgewandelt
worden zu sein, da heute di(; Spuren davon ganz fehlen '). Der
Grund wird in den vielfachen Zerstörungen und Angriffen liegen,
1) Vgl. darüber ToßLKK, a.a.O. II, p. öo«» — .'329. GUEliIN , Judec III,
p. l'.i'd—V.V.}. Socin-Uaedkkkk- p. 1 11.
2) Vf,'l. p. 12. :{) Vgl. p. 1.
1) Vgl. aber TuliLKK, a.a.O. II, \).^tl'>i'., wo von ulneni Kloster Chari-
ton's die Kede ist.
39
welche die Laura sowohl, wie ihre liewohucr, von den Arabern
schon in früher Zeit zu erleiden hatten. Demi wenn die Nach-
richten glauhwürdig sind, so fand die erste Zerstörung schon
kurz nach dem Tode Chariton's im Jahre 410 statt. Doch muss
sie bald neu erstanden sein, da (!yrill dort die vita Euthymii
verfasste inul im Jahre 029 beim Einzüge des Kaisers lleraclius
in Jerusalem auch Mönche der Suka anwesend waren ') . Im
Unterschied zu der gleich zu erwähnenden neuen Sukka^j wurde
die Laura Chariton's die alte Sukka oder Laura (iraXaia Xaupa) und
von der Lage am IJergabsturze die Höhle, in welcher sich Cha-
riten aufhielt, die »schwebende« (xo xpsjxaarov a-r^Xaiov) genannt.
24. Die neue Sukka.
Zu der Gründung der neuen Sukka gab die Strenge des Abtes
Saba in mär säbä die Veranlassung. Eine Anzahl Mönche von
daselbst nämlich, welchen die Regeln und Ordnungen von mär
säbä zu hart schienen und welche geflohen waren, baten in der
Laura Chariton's bei dem damaligen Vorsteher Aquilin um Auf-
nahme. Obschon ihre Bitte ihnen abgeschlagen Avurde, kehrten
sie nicht zurück, sondern wandten sich südwärts inid gründeten
in einer nahen Felsenschlucht des wäcU el~arrüb oder eines Seiten-
thaies desselben als eigene Laura die neue Sukka. Schon der Bio-
graph in den Acta sanctorum kennt die Lage nicht mehr be-
stimmt 3) , dennoch hält Schick dieselbe für auffindbar. Zwar hat
er ebensoAvenig, wie irgend ein anderer Europäer, bisher dorthin
gelangen können, es ist aber seine Meinung, dass in dem von
ToBLER*) mitgetheilten Berichte aus dem zwölften Jahrhundert,
nach welchem die A'äter Dionysius und Theodosius etwa zwei
Meilen (= vierzig Minuten) weiter südlich, als die Klöster Saba's
inid Chariton's, in dem Kloster des Dionysius wohnten, die eben
besprochene neue Sidcka gemeint sei. Nach diesem Berichte ver-
zeichnet darum auch die Karte in dem Seitenthale des tvädi el-
arrüb das Dionysiuskloster, weil mit einer Entfernung von bloss
vierzig Minuten wir noch nicht in das tvädi cl-'iürnb selber ge-
langen.
1) Vgl. ToBLKu, a.a.O. 11, p.;V24.
2) Tobleu, a.a. (). II, p. 523. Doch wurde auch viär säbä die neue Suka
genannt, vgl. Todlku, a.a.O. p. 52;{ Anmerk.
3) ToHLEU, a. a. O. 11, p. .")2.'i : nee situs lamen satis e.\ploratus.
I) A.a.O. II, p.<Mil.
40
25. Aöic uedschm.
Von der Sukka charettm steigen wir im gleichnamigen Wadi
anfwärts und erblicken bald links das sehr hoch gelegene, "weit-
hin sichtbare, schon der obersten Stufe angehörige, muslimische
weli ahu neduchm. Da die Entferiuuig von Bethlehem, in dessen
Süden es liegt, vier Meilen oder 1 '/y Stunde beträgt, so möchte
hier ursprünglich die Kirche und das Kloster des Paretolis ge-
standen haben , das nach Tobleh ') in dieser Entfernung von
])Othlehem nach Süden sich befand , und dessen Mönche nach
Jerusalem gebracht werden mussten, da sie beim Tode ihres Vor-
stehers auch mit sterben wollten. Ob der liefund an Ort und
Stelle diese Annahme rechtfertigt , ist noch nicht untersucht
worden. Sollte sie sich nicht erwahren, so wird die Kirche und
das Kloster in dem sog. der el-henät (:^ Nonnenkloster), das sich
in einem Seitenthale des obern wadi artas an einem sehr abge-
schlossenen Orte befindet, zu suchen sein 2) .
20. Der es-sjjar.
Wenden wir uns aus dem wädi artüs nach Norden, so sind
wir in kurzer Zeit vor Piethlehem, in dessen Nähe einst zwei Mei-
len entfernt das »Heropotamus« geiumnte Kloster des hei-
ligen Sergius lag^j. Da die Himmelsrichtung, nach welcher
die Entfernung gemessen ist, nicht angegeben wird, so sind viele
\ ermuthungen uiöglich. Doch kann, wenn wir uns unter den
jetzt näher bekannten Kuinenstätten in der Nähe von Hethlehem
umsehen, nur das gerade zwei Meilen im Osten abliegende der
es-fjijar in Frage konnnen , weil das im Westen liegende der el-
r/z/V/r (St. Georgskloster), an das man etwa auch denken könnte,
viel mehr als zwei Meilen entfernt ist. Schick deutet den Namen
der cii-KiJar fälschlich als »Wallfalirtskloster, Kloster, wohin man
wallfahrtet«, in dem er oifcnbar (/^T cs-s/jär mit der ez-ztjärc xer-
wechselt. Der Name besagt vielmehr, Avie der erklärende Zusatz
1) A.a.O. II, p. 1)77.
2] Vgl. die ScuiCK'schc Wasscrleitungskarte in /Dl'V. 1, 1. und :<. Heft,
II,.'{, p. 152. GuEKlN, Judeelll, p. :{<»2f. Tobli:k, Dritte Wanderung, p. '.»(If.
Wie Schick den Namen der vl-hoiät in Verbindung mit der Krziililung von
dem Todesmuth der Mönche des Paretolis zu bringen wünscht, verstehe ich
nicht.
;<) Tohlkk, Topogr. 11, [>. !)78.
41
el-<jhanani, ilen dTir cs-sijür oft erhält, beweist, »Kloster der
Sfliafhiirden« [der sijär cl-ff/iunum)^). »Schick hörte den Ort von
den Landlcnten wiederholt »Issia«, sowohl fü't Issia, als auch
chirbet \n\A der Issia nennen'^;. Toülkr beschreibt f/?/' rs-sy'är
folo^enderraassen : »liier überraschte mich vor allem eine sehr
schöne Cisterne. Der Www ist sehr solid, mit grösseren Qnadern
gewölbt Nördlich daneben steht noch ein »Stück INIosaik-
bodon ; die Steinchen sind weisser Marmor. Wenig Schritte gegen
SW. folgt eine runde, ziemlich grosse ("isterue. Nahe dabei
sieht man auch felsige Grundlagen von Gebäuden, auch eine
alte, zur Zeit wasserlose Cisterne mit einem Troge daneben. Es
kann von keinem ZAveifel angefochten werden, dass hier bedeu-
tende Gebäulichkeiten gestantlen haben. Der Name weiset viel-
leicht richtig auf ein Kloster zurück« 3) . Bei den jetzt behufs Her-
stellung einiger Gebäude und Anlegung eines Weinberges ge-
machten Ausgrabungen hat sich herausgestellt, dass ausser der
von ToBLER beschriebenen Cisterne sich unter dem Mosaikboden
nahe unter der baumlosen Kuppe des Hügels eine sehr grosse
Felsenhöhle befindet^). Der ganze Ort liegt nahe am Wege von
1)GUERIN, Judee I, p. 211 ff. übersetzt "bergeries, etabies ä muutuns«.
(Aber »Hürden« heisst .syV/r; ob danach »der ni-sijarw! D. lt.)
2) Schick denkt dabei, gewiss mit Unrecht, an Je-s-se (teaoat, "nU";), den
Vater Davids I Sam. lti,l. |u. 17,12. 20,27. Mtth. l,5f. Luc. .i, 32. Act. 1:5,22.
Rom. l."),12. Das AN'alirscheiidichste scheint mir zu sein, da.ss Issia bloss eine
schlechte Aussprache der Landleute für ilcr es-sijär ,oder der cs-sijur. D.K.j mit
Weglassung des »r« sei, wodurch auch allein das »i« vor »a« in »Issia« erklärt
wird, das bei der Ableitung von Jesse unbegreiflich ist. Das »r« ging zunächst
in »^ über, wie ToBLEli .i. Wanderung p. SO) in dem nahen .wr i(7////- ebenso
oft von den Leuten dort sür häJiil S])rechen hörte. Auch sonst ist ein Wechsel
von »r« und »/« nicht selten vgl. Beliar und Belial (II Cor. (i,!")), cl-ishitnr und
der Ilospitaliter, hebr. vianör, der Weberbaum (I Sam. 17,7) und arab. niuinäl,
U.S.W. »/« ging dann leicht in »?t?« über, wie auch die IJauern im Oberaargau
das »/« nach einem Vocal wie hc» z.B. statt »Emil« stets »Emiw« spreciien.
Ahnliches kommt auch sonst vor, und wie leicht ein solches >'W« überhört
wird oder ganz wegfällt, ist genügend bekannt.
3) ToBLER, 3. Wanderung p. M f.
4) Dass diese Höhle im Jahre lOK» für die Höhle, in welcher Saul »seine
Füsse deckte«, angesehen wurde 'wie SciiKK vermuthet), ist jedesfalls un-
richtig, da man vom Hirtenort bei Bethleliem aus bis zu der Höhle von der
i.s-sijür nicht Berge und Thäler zu überschreiten hat, wie der Bericht aus
dieser Zeit mittheilt, vgl. Touleu, Top. II, p. '.IG3.
42
inar aaba mich liethlehem, 1 3 Minuten nördlich von bot sahur am
Ahhange eines Thaies.
27. Der er-ruät.
Ehe wir auf dem Wege nach IJethlehem an bet sähür vor-
beigehen, treffen wir die bedeutenden liuinen eines grossen Klo-
sters, das, wie der Ort, von den hier nach der Tradition das Evan-
gelium von Christi Geburt vernehmenden Hirten den Namen der
cr-rw'ä^ ^Kloster der Hirten) erhalten hat ' . An eine ursprüng-
liche Laura an diesem gewiss vielbesuchten Orte ist nicht zu
denken.
28. Bethlehem.
Tn Bethlehem selber waren, wie bekannt, von jeher Klöster;
für unsere Untcrsnclumg über die Einsiedlerstätten und Klöster
in der Wüste Jnda ist bloss erwähnenswerth, dass in den Höhlen
nnter den Klöstern mehrere in der Kirchengeschichte berühmt
gewordene Personen ein Einsiedlerleben führten, vor allem der
grosse Kirchenvater nnd Bibelübersctzer Ilieronymus und seine
Schülerin, die vornehme Römerin Paula mit ihrer Tochter Eusto-
chium u. a. m.
29. 3Iär vlj'äs.
Die Rückkehr an nnseren Ausgangspunkt nach Jerusalem
führt uns auf dem Wege von Bethlehem noch an einigen Kloster-
stätten vorbei. Am wichtigsten und hier allein noch zu er-
wähnen ist das Eliaskloster, der mZir cJJcis, das bis auf nnsere Tage
bewohnt, fest gebant nnd wohl bekannt ist 2) , und das, wenn man
seine Entstehung aus einer Laura beweisen könnte , als zweites
noch bewohntes, ans früherer Laura tiragewandeltes Kloster neben
mZtr säbü zu nennen wäre. Es liegt eine starke halbe Stunde west-
lich von tinim fübä^) (»Miitter der Seligkeit«), einer einst grossen,
jetzt beinahe gänzlich verschwundenen Ortschaft, an deren Stelle
heute Gärten mit einer giossen Anzahl Oisternen nnd dem noch
erhaltenen muslimischen Weli getreten sind. Obschon m(7r cl/üs
1) Vgl. Gu^RlN, Judee I, p. 202 f. Socin-Baedeker2 p. 139.
2) Tobleu, Topogr. II, p. 547 -558.
.'<) = Antüheli Tor.Mat, Top. II, p. 'VM. Dritte AVandeninp, p.RO, und =
Metopa bei CvKii.Lvila Eulliym. in JJoll. acta sanctoruni cdit. noviss. Jan. 11,
p. ()t»s. Vgl. GUEKIN, Judüc 111, p. s.ift". «mcre de beatitude«.
43
sehr alt ist ',, hat es doch mit deni Propheten Elias, dem This-
hiter, gewiss nichts zu thun, sondern trägt wohl seinen Namen
eljüs^ wie mar sühci, der clösl und charetün^ von einem hedeuten-
den Begründer Elias. Möglich ist, dass es zu idcntificiren ist mit
dem »alten Sitz« an der Strasse nach liethlehem. an welchem
Theodosius, der Gründer von der dost, auf seiner Wanderung nach
uhed'ije vorbei kam -) .
Zusatz der Kedaction. Auf der Karte sind durch kleine Drei-
ecke die Lagerstellen der lieduinen bezeichnet. Nach Schick ent-
spricht die Zahl derselben der Zahl der Lager. Stellen, avo
dieselben aufgeschlagen werden, giebt es freilich mehr. Die Ge-
gend namentlich, innerhalb deren die Lager von einem Ort
zum anderen wandern, ist genau angegeben worden. Die Zelte
liegen zum grössten Theil wohl nahe dem Kande der Kreide-
wüste, halten sich aber doch noch im »halben« Kulturlande. Eine
Ausnahme machen einige von solchen Stämmen, welche früher
als Fellachen fest in ihren Ortschaften sich angesiedelt hatten,
jetzt aber nomadisiren. Dahin gehören die (Halb-) Beduinen von
het sciJßr unterhalb Jerusalem's, deren Lager stets in der Nähe von
Scheck sad sich befindet; ferner die von haradcm im tvädiruk-
bet el-chaj'äd und die tdcmiire von hat tamar bei dem Frankenberge.
Woher die unterhalb ^ancitä campirenden gekommen sind, vermag
Schick nicht mit Sicherheit anzugeben. Er vermuthet, dass sie
sich von der Wüste aus mehr nach Westen in jener unbewohnten
Gegend ausgedehnt haben. In dem ganzen District von Jerusa-
lem bis zur Ebene vor der Kreidcwüste werden die Felder meist
von den Bewohnern der Dörfer sihcän. cf-für^ el-azar'ijc und ahti
d'is bebaut. So pflegen z.B. die Einwohner von siltvän in der
Gegend des chän el-Jwd, die von aha dls in der Gegend von mu-
rassas zu arbeiten.
1 j ToBLER, Top. II, p. 551. 2) Vgl. Nr. 22, p. 35.
.hifii iiiul U mg (3 billig.
Erläuterung zu Tafel III
von ('and. th. (x. Schwarz in Jiifa.
DtT Hafen für kleinere Segelschiffe (s. den Plan \üii Jafa in
der oberen linken Ecke der Tafel) ist ohne Zweifel der Hafen des
alten Joppe. Vgl. Josephus, IJell. jud. III, 9,3. Es ist schon die
Yermuthung ansgesprochen wurden, das alte Joppe habe an der
Stelle der Niederung O. von Jafa (Karte Nr. 37) einen völlig ge-
sicherten Hafen gehabt. Jedoch Avird sich dafür wohl kein histo-
risclior Helcg üuden lassen. Für kleine Schiffe ist auch dieser
Hafen ausreichend, d.h. er kann etwa zwanzig bis fünfundzwan-
zig Segler fassen.
Die »Felseneinfahrt« in den Hafen von NNW. her 's. Plan)
ist ül)rigens nicht, wie Sepp sagt, 100 Fuss breit, in welchem
Fall ja die Einfalnt selbst für grosse Segelschiffe keine Schwierig-
keiten bieten würde, sondern ungefälir 2.ö F., so dass die Kuder
an die Felsen anschlagen , wenn die Hootsleute sie nicht recht-
zeitig einziehen. Hei gewöhulicheni Wasserstand können Segel-
schiffe gut in den Hafen einfahren und auch die Hoote unmittel-
bar am Landungsplatz anlegen, so dass man aus dem Hoot die
Treppe hinaufsteigen kann. Manchmal jedoch, und zwar soweit
meine Heobachtung reicht, stets bei anhaltendem Sirocco '], tritt
das Meer bedeutend zurück, so dass die Felsen, welche den Hafen
einschliessen , 1 bis G F. höher über den Wasserspiegel hervor-
ragen, als gewöhnlich, und im Hafen selbst an vieleu Stellen der
Felsl)oden sichtbar wird. Dann reicht auch dass Wasser nicht
mehr bis an den Landungsplatz und die Hafenmauer heran, die
1) lüst neulich habe ich wieder einen solchen niedrigen Wasserstand im
Hafen beobachtet. Der Meeresspiegel war wenigstens l Fuss niedriger als ge-
wöhnlich. Ks war dies einige Tage nach einem lieftigen Sturm aus Westen,
auf well hon ein Nordwind gefolgt war, der zur Zeit der l'jeobachtung noch
anhielt.
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r>üote können nicht an die Treppe anfuhren, so dass die Insassen
ans liand getragen werden müssen.
Das Zollhaus (s. Plan) ist eine elende Urctterhütte, die von
der aus dem Hafen aufsteigenden Festungsmauer his an das
gegenüherstehende griechische Kloster, welches das /ollmaga/.in
enthält, über die Strasse hinübergebant ist und für diese IIaui)t-
strasse der Stadt nur einen schmalen Durchgang frei lässt. Das
/ollmagazin ist ein dunkles, feuchtes Gewölbe im imteren Stock-
werk des griechischen Klosters mit ein er Fensteröffnung. Der
einzige Eingang in die Stadt von der Meerseite her am Landinigs-
platz unter den Augen des in der Zollhütte am Fenster sitzcniden
Zolleffendi ist etwa 20 bis 30 F. breit und an SchifFstagen mit
Gepäckstücken, Orangenkisten, Olfässern, Kornsäcken etc. gänz-
lich verbarrikadirt , ebenso die schmale Strasse (Quai) , die zwi-
schen der Mauer und den gegenüberliegenden Häusern am Meere
hin führt, so dass man oft nur über Säcke und Kisten passiren
kann.
Am südlichen Ende des Hafens , wo sich die Ruinen eines
kleinen Forts ans neuerer Zeit befinden, sind die unteren Theile
der Mauer, sowie weiterhin die unteren Schichten der Mauer an
der Aussenseite des armenischen Thors aus grösseren Quader-
steinen, \nid hauptsächlich besteht aus solchen ein grösseres Stück
der Stadtmauer unterhalb des Leuchtthurms [Plan 4 9) gegenüber
dem 1 Jadeplatz. Hier hat die Mauer eine Höhe von ungefähr
:U) F. Das feste, regelmässige Gefüge dieser Mauertheile und die
grösseren Steine lassen annehmen, dass dieselben aus einer frü-
heren Zeit, vielleicht aus der der Kreuzzüge, herrühren. Jeden-
falls sind es die ältesten Stücke der ganzen Festungsmauer. Noch
weiter südlich (in der Gegend von Nr. 10 der Karte) liegen hart am
Ufer grosse abgerissene Mauerstücke, Avelche zwar nicht aus
grösseren Steinen gefügt, aber mit sehr festem Mörtel verbunden
sind. Seit den neun Jahren, in Avelchen ich sie beobachtet habe,
liegen sie stets gleich da. werden vom Meere bes])ült. ja Winters
von heftiger IJrandung geschlagen, aber nicht zerbröckelt, t'bri-
gens sind auch die Steine der jetzigen Stadtmauer mit ähnlichem
Mörtel zusammengefügt. "\'or zwei Jahren nämlich brachen etwas
südlich vom Zollhaus ebenfalls mehrere grössere Theile derselben
ab, von etwa :U) F.Länge oder mehr, sammt Stücken vom Quai.
Die Mauer, welche dort etwa ä F. breit ist. war vom Meer all-
46
mählich unterhöhlt worden, so dass durch ihr Gewicht die Stücke
endlich hinabgedrückt wurden. Aber zerbröckelt sind sie bis
heute nicht, unverletzt hängen sie schief ins Meer hinein ; kein
Mensch entfernt sie. In gleicher Weise mögen niui auch die
oben erwähnten südlich des Stadtendes liegenden Mauerstücke
von einer früheren weiter nach S. reichenden Stadtmauer abge-
rissen sein. Eine ähnliche Beschädigung des Quai's gegenüber
dem »Hospitium latinum« (PI. 29), in Folge deren das Wasser bei
bewegter See bis an die Pforte des Hospizes schlug, wurde vom
lateinischen Kloster auf eigene Kosten wiederhergestellt. So hat
dort der Quai gegen früher eine bedeutende A'erbreitening er-
fahren.
Südlich von der Stadt liegt die Quarantaine (Karte 1 3) , ein
von Mehemed Ali erbautes, jetzt halb zerfallenes Gebäude. Das-
selbe ist Eigenthum des armenischen Klosters und wird armeni-
sches Lazareth genannt, gegenwärtig aber nur zu (iuarantaine-
z wecken benutzt. Es erhebt sich auf einem fast unmittelbar vom
. Meer aufsteigenden Hügel. Eine hohe und schmale, halb zer-
fallene Treppe führt vom Ufer zu der etwa 40 F. hoch stehenden
Thüre. Wenn Quarantaine verhängt ist, werden die Passagiere,
welche sich ausschiffen wollen, direkt vom Dampfschiff auf dem
Hoot an diese Treppe geführt mid so in die Quarantaine geschafft,
ohne mit der Stadt in lierührung zu kommen. Unten an der
Tre])pe liegt ein etwa G F. langes Stück einer Granitsäule von
2 F. Durchmesser, ein einsamer Zeuge früherer l*racht.
Gegenüber dem Hafen, vom Landungsplatz am Quai gegen
Norden sich hinziehend, erheben sich das griechische (PL 32),
lateinische (PL 29) und armenische (PL 27) Kloster, welche einen
so fest ziisammenhängenden lläuserkomplex bilden, dass die ein-
zelnen Gebäiule nicht unterschieden werden können. Von den
TeiTassen dieser Klöster hat man einen interessanten t'berblick
über den Hafen und das bunte Treiben in demselben. Hinter
den Klöstern erhebt sich das Kastell (PL 33), welches bereits auf
dem Kücken des I lügeis und zwar «auf der am weitesten gegen
das Meer vors])ringenden Stelle desscdben steht. Das Kastell und
nächst ihm die drei Klöster sind ohne Zweifel die ältesten Theile
der jetzigen Stadt. Von jenem zieht sich der Kamm des Hügels,
an dessen Abhängen die »Stadt erbaut ist, gegen SSO. bis zu dem
Hos]nt;il der französischen Schwestern 'Soeurs de St. .Joseph. PL 54),
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welches an der Stelle einer früheren liastion steht. Von diesem
Punkt füllt der Hügel gegen Ost und West stark ah, während
gegen Süd sich eine fortlaufende llügelreihe. durch kleine Ein-
senkungen getrennt, hinzieht.
Die Quaistrasse läuft vom Nordende der Stadt gegen Osten
in die Stadt hinein und wird die eigentliche Marktstrasse. Sie
ist die Ilauptstrasse von Jafa und hat seit zwei Jahren ein wirk-
lich gutes Pflaster. Piesonders von da an, wo sie sich etwas er-
weitert ^Pl. 7 und 8), dehnt sich in dieser Strasse und in den Sei-
tengässchen der liazar aus, im NO. der Stadt und in der Nähe
der Moschee. Pemerkenswerth ist der sük el-faradscli wegen
seiner alt-arabischen Pauart. In neuerer Zeit hat der Marktplatz
eine bedeutende Erweiterung erfahren , indem er sich jetzt auch
auf dem Räume des alten Stadtthores (PI. 1 0) und der abgetra-
genen Festungsw^erke ausdehnt. Ausserdem setzt sich derselbe
ausserhalb der eigentlichen Stadt, als Gemüse-, Früchte- und
Getreidemarkt, noch auf der Näbulusstrasse und auf der Jerusa-
lemstrasse weiter fort. Hier im NO. bei dem Thor und der Mo-
schee ist der niedrigste Stadttheil, nicht viel höher gelegen, als
der Quai. Gegen die Mitte der Stadt steigen die Strassen überall
an, die vom Quai aufführenden engen Gässchen bestehen fast
sämmtHch aus Treppen. In der Bazarstrasse und ihrer nächsten
Umgebung, also im niedrigsten Theile Jafa's, vereinigen sich die
Geschäfte der Handelsleute und Handwerker; der gesammte
übrige Raum der Stadt dagegen, nach der !Mitte und gegen Süden
hin, enthält nur Wohnhäuser,
Die alten Festungswerke sind jetzt vollständig nur noch auf
der Seeseite vorhanden ; auf der Landseite sind sie mit einigen
Ausnahmen abgetragen worden. So steht am Xordende der Stadt
noch ein altes Fort auf einem niedrigen Rücken , der sich zwi-
schen dem Marktplatz und der Küste erhebt, und ein Theil der
Stadtmauer von hier bis ziun Meer hinunter. Auf jener Pastion
wird noch jetzt mit der einzigen Kanone Jafa's im Raraadän bei
Sonnenxmtergaug der Schuss abgegeben , welcher den Fastenden
die ersehnte Erla\ibniss zum Essen giebt, und bei dessen Knall
das auf dem Markt sitzende niedere Volk sofort den schon bereit
gehaltenen Pissen zum Munde führt. Auf der Ostseite steht noch
das Neuthor el-büb el-dschedld V\. 53), welches aber nicht mehr
benutzt wird, da dicht daneben ein breiter Ausgang aus der Stadt
48
eröffnet ist. A'om ehemaligen Stadtgraben sind nnr einzelne
Stücke übrig \ind auch diese werden von Tag zu Tag mehr ans-
gefüllt. Wohnhäuser erheben sich darauf, und so bildet sich all-
millilich eine neue, verhältnissmässig breite Strasse vom Jerusa-
lemsthor bis zu dem Hospital der Josephsschwestern (PI. 54).
Dieses letztere, übrigens erst im Bau begriffene Gebäude, an der
Stelle des sogenannten englischen Forts, der bedeutendsten Ka-
stion der früheren Festung errichtet, und das gegenüberliegende
Mädcheninstitut der Miss Arnott. einer schottischen Dame, haben
die schönste I^age in ganz Jafa , da sie fast auf dem höchsten
Punkte stehen, und die Aussicht nicht durch anstossende Gebäude
verbaut ist. Nur die im (Jentrum der Stadt liegenden Häuser sind
etwas höher. Die Aussicht von diesen höchstgelegenen Häusern
auf die Gärten Jafas, auf das Meeresufer und auf die Gebirge
Palästina's ist vortrefflich. Auch im Süden findet man noch einige
Reste der Stadtmauer, die frühere Bastion gegenüber der Qua-
rantaine ist jedoch ganz abgetragen. Die Stadt hat jetzt auch
hier mehrere Ausgänge.
Die Mädchenschule der Miss Arnott mit Pensionat, in wel-
chem etwa sechzig arabische Mädchen ernährt und unterrichtet
werden, ist von dieser Dame auf eigene Hand unternommen und
wird durch Beiträge von Freunden aus Schottland unterhalten.
In der Stadt selbst befindet sich in den Häusern PI. 4 5 imd 40
eine von der englischen kirchlichen Mission unterhaltene Schule
für Knaben initer der Leitung des Kev. L. Hall, welche eben-
falls stark besucht ist. Auch die Soeurs de St. Joseph beschäf-
tigen sich mit Unterricht. Die Schiilen des griecliisclien nnd la-
teinischen Klosters , sowie; die muslimischen Sclnden sind ohne
Bedeutung. — Die Moschee im N. der Stadt hat kürzlich ein
neues Minaret erhalten, dessen hoher, schlanker Bau eine Zierde
Jafa's ist.
Die Gebäude an der Jerusalemstrassc sind meist ('haue,
welche als Getreidemagazinc und Pferdeställe dienen.
Die Im gebung Jafa's ist eine von Hügeln durchzogene
Ebene. Dies(dben setzen sich nach Süden fort bis sa/iuef el-chcJic-
hcllje Karte 25). Über sie führt die Strasse nach Gaza. Rechts
und links dcrscllx'u stehen viele neuerbauü* Häuser, welche meist
von Christen bewohnt sind. Zwischen dieser Strasse und dem
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Meere sind in den letzten Jahren mehrere kkiine Dörfer entstan-
den, vornehnilicli von der ärmeren Klasse der Stadtbewohner
bevölkert. Sie dehnen sich an mehreren Punkten bis an das Meer
ans nnd bilden zusammen eine südliche ^'orstadt im höchsten
Theile der Umgebung Jafa's. Im Osten erstreckt sich die Hiio^el-
reihe von teil er-rlsch (Karte 29} bis Mount llope (Karte 44) am
tvädi misrüra und bezeichnet ungefähr die Grenzlinie der Gärten
nach dem Innern des Landes zu. Mehr innerhalb der Gärten er-
heben sich einige nette Landhäuser (Karte 28. 30.31). liei dem
Ivandhaus des früheren französischen Vicekonsuls Philibert über-
schreitet die Jerusalemstrasse den Höhenzug. Weiter nördlich
(Karte 39 ist der Garten des russischen Archimandriten Antonin
von Jerusalem, kurz der russische Garten genannt. Es wird be-
hauptet, dass hier das Haus der Tabea gestanden habe; auch
sollen sich in dem dazii gehörigen Garten christliche Gräber a\is
den ersten Jahrhunderten der Kirche gefunden haben, (jrab-
steine aus diesem Garten mit griechischen Inschriften befinden
sich in der Sammlung des Herrn liaron von Ustinow, jedoch
ohne Zeitangabe. Das von den erwähnten Hügeln umschlossene
.Gebiet bildet einen Kessel, dessen tiefste Stelle die auf der Karte
mit Nr. 37 bezeichnete Niederung ist. Von ihr führt ein Graben
an der ägyptischen Colonie (Karte 5) vorbei ins Meer, llbrigens
liegt diese Niedervmg selbst kaum höher als der Meeresspiegel,
so dass das Wasser aus derselben nicht ganz abfliesst und im
Winter zu einem Sumpf anwächst.
Von den Gärten vor Jafa erwähne ich noch den des k . deut-
schen Vicekonsuls, Herrn S. S. Muräd, eines Armeniers, welcher
den Namen führt: teil er-nCüs »Hügel der Köpfe«. Die Erklä-
rung desselben glaubt Herr Muräd in einer Notiz eines arme-
nischen l'ilgerbuchs aus dem vorigen Jahrhundert gefunden zu
haben. Dieselbe lautet wörtlich : »Im Jahr 17 75 kam aus Ägyp-
ten Mehemed Abu Dahab nach Jafa und schhig sein Lager auf
einem Hügel in der Nähe der Stadt Jafa auf, von wo aus er die
Stadt belagerte. Am 27. Mai (8. Juni n. Stils) an einem Sonntag
stünnte er die Stadt Tind nahm sie ein, plünderte sie und führte
alle männlichen ('bristen, die er fand, in scnn Lager. Dort Hess
er ihnen die Kö])fe abschlagen und aus denselben einen Hügel
errichten. Dies hat der Jierichterstatter mit eigenen Augen an-
gesehen.« Herr Murad hat in der That beim tieferen Umgraben
ZUchr. d. Pal.-Ver. \\\. ^
50
viele Schädel und andere Gebeine aufgefimden. Er liess sie an
demselben Orte wieder einscharren.
N. von Jafa finden die niedrigen Hügel ihren Abschlnss in
einem steil gegen das Meer abfallenden Vorsprang, der eine schöne
Anssicht auf das Ufer und die Stadt gewährt und das Grabmal
eines muslimischen Heiligen trägt, des abd en-nebl^ zu dem häufig
gepilgert wird (Karte 53). Diese Hügelreihe trennt das östlich
gelegene Land der (.'olonie Sarona und des arabischen Dörfleins
summel vom Meere. Das AVasser in dem Gebiet dieser Orte fliesst
daher, soweit es nicht versumpft, zum tvädi el-misrära und zum
nähr el-audsche ab.
Jenseits der östlichen Hügel verflacht sich das Land zu einer
Ebene bis gegen das 0 km von Jafa entfernte A^oriJüzUr. In diese
tritt von Osten her der VHidi el-misrära ein. Wo derselbe sich
gegen Norden Avendet, Avird sein Thal wieder von einer Hügel-
kette eingeengt, welche die Gränze der Ebene gegen Norden bil-
det. Im Süden stösst an dieselben ein mehrere Stunden weit süd-
wärts und bis gegen jäzTir ostwärts sich ausdehneiules . völlig
unfruchtbares Sandfeld. Diese Ebene war w^ahrscheinlich der
Schauplatz der Schlacht, die Ilichard Löwenherz dem Sultan Sa-
ladiu am 5. August 1192 lieferte, in welcher er den Angrifl" des
überlegenen Heeres der Muslimen so kräftig abwies, dass Sala-
din sich am Abend des Tages nach jüzTir zurückziehen musste
(vgl.WiLKEN IV, 552 — 561). Doch ist auch möglich, dass das
Gartengebiet in jener Zeit viel kleiner gewesen istund die Schlacht
sich westlich der oben beschriebenen Hügelreihe begeben hat.
Heute liegt an dem Südrand dieser Ebene die israelitische Acker-
baukolonic Mikwe Israel , eine Unternehmung der Alliance Is-
raelite in Paris und hau])tsächlich das Werk eines thätigen Mit-
glieds dieser Gesellschaft, dos Herrn (Üiarles Netter in Paris.
Diese Anstalt, auf welcher junge Israeliton zum Ackerbau ange-
leitet werden sollen, besitzt l)edeuten(le Gebäulichkeiten und ein
ausgedehntes Terrain , welches von der Strasse nach Gaza am
Südrand der Karte nördlich bis zum iiHidi el-misrära reicht und
von der den Orangengarten der Kolonie östlich berührenden
Kaktushecke westlich bis zu dem von N. nach S. durch Acker-
feld, dicht an den Orangegärten Jafa's hinlaufenden Wege. Eine
nach S. angrenzende Strecke Landes, welche die Kolonie anfangs
in IJesitz genommen hatte, musste an die Fellachen von Jäzür
wieder ahfretrctcu werden. Auf der Westseite dieses Gutes nach
teil er-risch vm bildet sicli im Winter ein Sumpf, welcher im
Gegensatz zu dem innerhalb der Gärten gelegenen (s. oben) »der
grosse Sumpf« genannt wird. Ähnliche Sümpfe bilden sich im
Winter westlich und östlich von summcl.
l^er ivädi inisrära ist meist ganz trocken. Nur nördlich von
Mount Hopc und besonders nordöstlich von Sarona findet sich
stets etwas Wasser in demselben, da namentlich in letzterer Ge-
gend an zahlreichen Stellen das Wasser aiis dem Doden hervor-
dringt. Im AVinter führt der Wadi nach starken Regengüssen oft
eine sehr grosse Wassermenge, so dass er über seine Ufer tritt
und schon die Ih-eite des Rheins bei liasel erreicht hat. Aber
nach einigen Tagen ist das Wasser wieder völlig verlaufen. Mis-
rära ist der arabische Name für den breitblättrigen Rohrkoll)en
oder die Pumpkeide, Typha latifolia, welche in grosser Menge in
diesem Wadi wächst.
Die Markung der Kolonie Sarona erstreckt sich von dem
Wege, der von Mount Hope (Karte 44) westlich zur Näbnlus-
strasse führt, gegen Norden. Östlich wird sie durch den tvädi el-
misrära begränzt, Avestlich zuerst durch die Näbulusstrasse, dann
durch den Weg , welcher von der Näbulusstrasse nach summel
(Karte 55) abzweigt. Nach N. zu ist sie nicht abgerundet, reicht
aber in einzelnen Stücken bis an den nähr el-audsche.
Die Mühle, welche dieser Fluss treibt (Karte 61), gehört der
Regierung. Dadurch, dass der Fluss, der sehr wenig Fall hat,
durch ein Wehr gespeiTt ist — jedenfalls ein Werk alter Zeit — ,
ist eine grosse Wasserkraft gewonnen worden. Die Mühle hat
eilf sehr primitive Gänge , die jedoch nicht durch ein gemein-
sames Wasserrad in Bewegung gesetzt werden , sondern deren
jeder seinen besonderen Wasserzufluss hat und diirch eine Tur-
bine, in welche das W^asscr mit grosser Gewalt einschiesst. ge-
trieben wird. Das Wehr iind die Mühle, aus der überall die
Wasser schäumend hervorstürzen, sowie das kleine Fellachendorf
el-dscherische i von Palmbäumen beschattet, endlich der blaue
Wasserspiegel geben zusammen einen malerischen Anblick.
4*
Das Transcriptioiisalpliabet.
Da die hebräischen Namen der aUen Ortshigen sich in sehr
vielen Fällen his auf unsere Zeit erhalten hahen und in die ara-
bische Volkssprache übergegangen sind, so ist zum IJelnif der
Vergleichung alter mid jetziger Bezeichnungen durchaus nöthig,
die heutigen Namen mit möglichster Genauigkeit zu transcribiren.
Das arabische Alphabet enthält nun aber , wie das hebräische,
eine Anzahl Laute , Avelche uiisern Sprachen fremd sind. Es
müssen daher gewisse Laute durch llinzufügung von Zeichen
näher bestimmt werden. Dabei scheint es uns jedoch in Kück-
sicht auf unsern Leserkreis angemessen, bei der Auswahl solcher
diakritischer Zeichen so zu verfahren, dass der Leser, welcher
des Arabischen unkundig ist, sich durch dieselben nicht braucht
stören zu lassen. Andrerseits sollen durch eine solche möglichst
genaue Transcription manche Willkürlichkeiten bei der Verglei-
chung der älteren und neueren Namen von vornherein abge-
schnitten werden. Wir lassen hier das arabische Alphabet in
Transcrii)tion folgen :
' (Zeichen für den Hiatus im Linern des AVortes), b, t, t,
dsch, h, ch, d, d, r, z (deutsches s in Rose), s, seh, s, d, l, z,
' (Ain), gh, f, k, k, 1, m, n, h, w, j. Bei den Bauern und Beduinen
hört man auch den Laiit tsch. Die A^ocale schreiben wir gemäss
der Aussprache ; lange A'ocale bezeichnen wir durch übergesetzten
Strich (a, ä). Diejenigen Namen, deren arabische Schrcilnmg
feststeht, werden in c u r s i v e r S c h r i f t gednickt mit klei-
nem Anfangsbuchstaben, mögen sie Eigennamen oder A])pella-
tivnamen sein. Wörter hingegen, deren arabische Schreibung
ganz oder theilweise zweifelhaft ist, Averdcn in gewöhnlicher
Schrift gegeben. Allgemein bekannte Namen wie Gaza, Jafa,
Nabulus u.a. werden nicht transcribirt.
Erkläniiig.
Der Endesiinteraeidinete erklärt in Bezug auf die in dieser
Zeitschrift II, S. \8'1{. berührte Frage nach der Grabstätte des
Kaisers Friedrich I. auf Grund einer neuen Prüfung der Quellen
inul der von Herrn Frof. Scheffek-Koichorst (im Neuen Eeich
1879, Nr. 46) gegebenen kritischen Analyse, dass er seine Zweifel
an einer definitiven Zurücklassung der Gebeine des Kaisers
in Tynxs nicht mehr aufrecht erhalten kann und fallen lässt. Dass
die uns barbarisch erscheinende JSitte der Trennung von Fleisch
und Knochen zum Zwecke einer doppelten Beisetzung im Mittel-
alter in der That sehr verbreitet gewesen ist, hat Jaffe in seiner
Inauguraldissertation De arte medica saeculi XII. Berolini 1853,
S. 30 f. (er führt ausser den auf Friedrichs Bestattung bezüglichen
Stellen noch an : Anonym. Weing. ed. Hess 46 ; Chron. de Mailros
ed. Fell 170; Chron. Siloens. 1167; Ilenr. Berchtolgad.: Histo-
ria calam. Salzburg, eccl. 212 f.) eingehender erwiesen. Damit
finden die ZDPV. II, 248 — 256 hier und da gegen den Unter-
zeichneten mit vorgebrachten, sachlich berechtigten, Ausstellun-
gen zum Theil ihre Erledigung ; über Einzelnes hat er gegen den
Herrn Kecensenten sich brieflich näher ausgesprochen.
Berlin. R. Röhricht.
Eine neue Entdeckung in Jerusalem').
Unter dem Datum des 22. Juni dieses Jahres berichtet Herr
Baiirath Schick in Jerusalem von einer neulich j^efundenen In-
schrift, welche für die Topographie des alten Jerusalem vielleicht
von grösster Bedeutung werden könnte. Einige Knaben badeten
vor einiger Zeit an der Ausmündmig des Felsenkanals, welcher
von der Marienquelle zum Siloahteiche hinabführt. Die Knaben
scheinen während des Badens sich geneckt zu haben ; dabei ging
ein Schüler Schick's, welcher sich unter ihnen befand, etwas
tiefer in den Felsentunnel hinein; in der Eile stolperte er über
Geröll ins Wasser, und als er sich beim Emporrichten umsah,
bemerkte er an der FelsenAvand kleine Striche. Er war indess
nicht ganz gewiss, ob diese Striche liuchstaben seien. Als der
Knabe Herrn Schick von der Sache erzählt hatte, ging derselbe
hin und fand in der That die bezeichnete Stelle. Ungefähr 8 Meter
vom Eingang gerechnet zeigte sich an der östlichen Felswand
eine glatt und eben ausgearbeitete, vonnals poliite Fläche, wäh-
rend der Fels sonst roh belassen ist. Diese Fläche bildet eine
Art Tafel von 0,60m Breite und wenigstens ebenso viel Höhe;
ihr unteres Ende reicht ins Wasser hinein. Auf der Tafel ist
eine Inschrift von acht bis zehn Zeilen; (ob inid wie viele sich
solche noch unterhalb der Wasserfläche befinden, konnte zu-
nächst nicht ausgemacht -werden) . Die Schriftzeichen der Tafel
sind klein und fein und schienen Herrn Schick den auf dem
Mesastein befindlichen ähnlich oder gleich zu sein. Leider sind
die Zeichen bereits vom Steinhauer nicht grob und dick genug
eingchaucn ; dazu sind sie im Laufe der Zeit noch dia"ch deu An-
satz von Silicaten verunstaltet. Der Abklatsch , welchen Herr
Schick von der Inschrift nahm , fiel daher nicht günstig aus ;
doch ist zu hoffen, dass eine genaue Zeichnung noch manche
1) Nach Abschluss der lledaction dieses Heftes eingesandt. D. 11.
55
einzelne (Charaktere clentlicher würde hervortreten lassen, da die-
selhen, obwohl theilweise dnrch Silicate ausgefüllt, doch anderer-
seits durch verschiedene Färbung hervorstechen. Eine solche
Zeichninig liegt bis jetzt nicht vor.
Gegenüber der Tafel befindet sich im Felsen eine Nische,
wahrscheinlich zum IJehuf der Aufstelhmg einer Ijampe ; ein
IJeweis, dass die Inschrift in situ eingemeisselt worden ist. Der
Felsenkanal ist oberhalb der Tafel noch gerade zwei Meter hoch
bis zur Decke; das Wasser ist ungefähr 0,3m tief und lä\ift über
Geröll. Herr Schick veiTUuthet, das der Felsboden in der Tiefe
von ungefähr einem Meter zu finden wäre. Da derjenige; welcher
durch den Felskanal schlüpft, an einzelnen Stellen wegen des
hohen Wasserstandes nur mit Mühe sich durchwinden kann, so
ist zu vermuthen , dass viel Geröll und Schmutz in dem Stollen
liegt: die Arbeiter, welche denselben bohrten, müssen dies we-
nigstens in sitzender Stellung haben thun können, und auch die
jetzige tiefe Lage der Inschrift w^eist auf grosse Schuttanhäufung
hin. Herr Schick schlägt nun in seinem Briefe vor, den Felsen-
kanal wenigstens bis zu der Stelle, an welcher sich die In-
schrift findet zu reinigen und für Ablauf des Wassers nach dem
Siloahteichc zu sorgen. Hierbei würde vielleicht die Frage ge-
löst, woher das Wasser in den Felsenkanal fliesst und ob, wie
Herr Schick vermuthet, im Innern des Schachtes noch andere
Zuflüsse ausser dem Hauptzufluss sich finden, vielleicht aiich,
welche Bewandtniss es mit den »falschen Gängen« hat.
Wir hoffen unseren Lesern bald Näheres über die Inschrift
und etwaige Arbeiten am Felsenkanal mittheilen zu können. Es
wäre von hohem Interesse, wenn es gelänge, die Inschrift zu
lesen, da wir als deren Inhalt wahrscheinlich einen Bericht über
die Bohrung des Tunnels voraussetzen dürfen. Herrn Professor
Kati'I'sch sowohl, als mir selbst, schienen die Schriftzeichen,
welche wir auf dem Abklatsch sicher entziffern konnten : jod,
mem, samech, ajin, von sehr alterthümlicher Gestalt zu
sein. Um so mehr verdanken wir Herrn Schick die rasche Be-
nachrichtigung über diesen interessanten Fund.
Tübingen, 7. Juli 1880. A.SociN,
Bericht über neue Ersclieinnngeii auf dem Gebiete der
Palästiualiteratur 1879.
Von Prof. A. Socin in Tübingen.
Der Jahresbericht über neue Erscheinungen auf dem Ge-
biete der Palästinaliteratur, dessen Ausarbeitung ich auch für
das dritte Jahr wieder übernommen habe, soll hauptsächlich zwei
Bedürfnissen entgegenkommen. In erster Linie soll eine möglichst
vollständige bibliographische tJbersicht gegeben werden. Die
Schwierigkeit dieser Aufgabe wird jedem erst deutlich werden,
der sich an ihre Lösung Magt; ein jeder Avird schliesslich finden,
dass seine Arbeit eine unvollkommene bleiben muss. Im Grunde
ist diese Unvollständigkeit jedoch nicht von allzugrosser Bedeu-
tung ; auch könnte ihr dadurch am besten abgeholfen werden,
dass die Leser des Berichtes den Verfasser auf Fehler und Aus-
lassungen aufmerksam machen. Diesem Wunsche, welchen ich
schon wiederholt ausgesprochen habe, ist im vergangenen Jahre
bloss mein Freund Prof. Prym in Bonn nachgekommen, indem
er mich auf einiges mir Unbekannte hinwies. — Im grossen und
ganzen wird von demjenigen, welcher die Palästinaliteratur, be-
sonders auch nach den so äusserst genauen und dankenswerthen
bibliographischen Angaben in Schürer's^) Theol. Lit.-Zeitung ver-
folgt, nur selten ein wichtiges Buch übersehen werden können.
Aber auch das zweite von den oben angedeuteten Bedürfnissen
haben wir zu berücksichtigen. Nicht eine Bibliographie allein ei-
streben wir ; wir möchten bei dieser Gelegenheit zu gleicher Zeit
mit Hilfe von detaillirteren Inhaltsangaben die Literatur, welcher
I) Theologische Literaturzeitung. Herausgegeben von Prof. Dr. E. Schürer
in Giessen. I.Jahrgang. 1879. Bibliographie von Dr. Caspar liene Gi'e-
gory. — Titel und Recensionen, welche ich bloss aus diesen Verzeichnissen
kenne, bezeichne ich mit Seh.
Ztschr. (1. Pill. -Vor. MI. 5
58
ein bleibender Wertli zukommt, von der ephemeren scheiden.
Die Palästinaliteratur lässt sich in dieser Hinsicht am besten in
drei Theile theilen : ganz populäre, halb Avissenschaftliche (wozu
in der Kegel auch die apologetische gehört) und streng-wissen-
schaftliche. Es ist nun durchaus anzuerkennen, dass die Wissen-
schaft auch aus manchen Schriften der beiden ersten Kategorien
Nutzen ziehen kann, und es wird die Aufgabe unseres Berichtes
sein, diese speciell hervorzuheben.
Noch ein anderer Punkt muss hier berührt Averden, nämlich
die Frage, in welcher Ausdehnung unser Bericht sich auf die
Ethnographie und Geschichte Palästina's im allgemeinen zu er-
strecken hat. Es wird schwierig sein, in dieser Beziehung irgend-
wo von vornherein eine Grenze zu ziehen; es muss dem Belieben
des Berichterstatters hierbei Spielraum gelassen werden. Glück-
licherweise können wir, was das Fach der alttestamentlichen
Exegese, Geschichte und Archäologie betrifft, nun darauf hinwei-
sen, dass neben Friderici's 2) Bibliographie (welcher wir einige
Angaben verdanken) für die Jahre 1876 (4. Quart.) und 1877 auch
der Jahresbericht der Deutschen Morgenländischen Ge-
sellschaft^) nach langer Unterbrechung wieder vorliegt und
auch für die Zukunft gesichert ist. In dem bezeichneten Band
hat Kautsch über Hebraica, Landauer über Rabbinica berichtet;
ebenso kann auf Euting's Zusammenstellung der Archäologie des
Orients verwiesen werden. Ich selbst habe in jenem Bande einen
Auszug aus meinem ersten Berichte (1877) abdrucken lassen; in
Zukunft und zwar zunächst in dem unter der Presse befindlichen
Jahresberichte der D. Morg. Ges. für 1878 wird dies übei*flüssig
2) Bibliotheca orientalis oder eine vollständige Liste der im Jahre 187t)
in Deutschland, Frankreich, England und den Colonien erschienenen Bücher,
Broschüren, Zeitschriften u. s. w. über die S])rachen, Religionen, Antiqui-
täten , I>iteraturen , Geschichte und Geographie des Ostens. Zusammenge-
stelll von Karl Friderici , IV. Jahrgang. London (Trübner & Co.) etc.
108 pp. 8. — Büchertitel, welche ich bloss aus diesem Verzeichnisse kenne,
bezeichne ich mit Fr.
.3) Wissenschaftlicher Jahresbericht über die Morgenländischen Studien
vom Okto1)er iSTti bis December 1S77. Unter Mitwirkung mehrerer Fachge-
lehrten herausgegeben von Ernst Kuhn und All)ert Socin. HeftI: XVI,
l;{2p]).; H.TI, 1S4 pp. 8. Leipzig (Brockhaus) 1870 (Supplement zum dreiund-
dreiaaigsten Bande der Zeitschrift der Deutschen Morgt-nländischen Gesell-
schaft, .
59
sein. Auch kann und soll der Jaliresbericlit. wie er in unserer
Zeitschrift erscheint, viel mehr ins Detail eingehen, als dies in
der allgemeinen Übersicht über die Fortschritte orientalischer
Studien je möglich wäre, da diese in Zukunft ausdrücklich von
geographischer Literatur nur das berücksichtigen wird, »was in
philologisch-historischer oder ethnographischer Beziehung von
Bedeutung ist.«
Unser A'ercin muss sich vorläufig noch immer darauf be-
schränken, die Zwecke der Palästinakunde literarisch zu fördern.
Wenn einmal die Zeit der Expeditionen gekommen sein wird,
mag sich ihm auch das Geschenk nützlich erweisen, das ihm im
Beginn des letzten Jahres ziigekommen ist, nämlich des Hand-
buches für wissenschaftliche Expeditionen, welches Kaltbrun-
NER ^) herausgegeben hat und welches sich andern liüchern dieser
Art mindestens ebenbürtig an die Seite stellt. Auch der sehr
hübschen Ausstattung wegen verdient dieses Werk den Expe-
ditionsreisenden warm empfohlen zu werden. — In Betreff der
Fortschritte , welche unser Verein gemacht hat, sei auf die dem
II. Bande der Zeitschrift beigegebenen Nachrichten über Ange-
legenheiten des DPV. (XXVI pp.), sowie auf das freundliche
Entgegenkommen, welches ihm von manchen Blättern ^) und be-
sonders auch in einzelnen Übersichten über Palästinaliteratur ^'^)
zu Theil wurde, hingewiesen.
Bevor ich die neueren Erscheimuigen im einzelnen vorführe,
4) J. Kaltbrunner , Manuel du Voyageur. Avec 280 figures intercalees
dans le texte et 24 planches hors texte. Zürich 1879. J. Wurster & Cie.
Paris, C. Reinwald & Cie. 8. — Andere Bücher dieser Art sind angeführt
Bädeker Syr. und Pal. '\ p. XLVIII.
5) Prof. Neumann , Zur Palästinakunde : Oesterr. Monatsschrift f. d.
Orient. Nov. 1ST9, p. 19(1. — Monatsschrift für Gesch. und Wissensch. des
Judenthums. Febr. lS8o. — Der deutsche Palästinaverein : Daheim 2G. Juli
1879, p. 094. — Warte 6. Nov. 1879.
6) Dr. H.Oort, Geographie van Palestina. Letterkundig Overzicht: Theo-
logisch Tijdschrift. Leiden 1879, p. 117—140.
7) J. E. Duby , Bulletin des plus recentes publications d'archeologie et
de geographie sacree. I. Les enseignements des catacombes. IL Explora-
tion de la Palestine : Revue theologique, Januar 1879, p. 261—288 fnicht ges.).
8) Gl. Lüdtke, Biblische und palästinensische Geographie literarischer
Handweiser, zunächst für das kathcdische Deutschland. Münster 1879. Sp.
'M\ — 309; 409 — 414. — Besonders Besjjrechung der katholischen Palästina-
Literatur.
^0
möchte ich mir erlauben, hier einige Nachträge-*) und Berich-
tigungen einzufügen. Nicht zum wenigsten sei auch auf Heim's ^^)
ausführhches Lebensbikl T. Tobler's aufmerksam gemacht, wel-
ches uns freilich mehr den Mann aus Appenzell, als den Palästina-
forscher vorführt ; immerhin sind manche einzelne Züge aus dem
EntAvickelungsgang jenes Mannes auch von allgemeinerem In-
teresse.
Aus einem Buche , das sich speciell mit der Geschichte
Abraham's 1 1) , und zwar durchaus ohne Kenntniss der einschlä-
gigen Literatur, beschäftigt, mag nur erwähnt werden, dass (p.lÜ2)
der Name Kiryath Arba als ein »göttliches Zahlensymbol« erklärt
Avird. Das grosse, bereits in zweiter Auflage erschienene Werk
von ViGouREUX ^2)^ welches besonders Palästina's Yerhältniss zu
den Nachbarländern beleuchtet , ist mir nicht zu Gesicht ge-
kommen ; doch möchte gerade gegenüber einem solchen, wie es
scheint, die Ergebnisse der betreffenden Forschungen stark po-
pularisirenden Werke der Wunsch geäussert werden, dass auch
ausländische Forscher sich Gutschmid's eindringlicher Warnung,
aus den Ergebnissen der Entzifferungen keine allzuraschen histo-
rischen Schlüsse zu ziehen, doch nicht verschliessen möchten.
Mit den Identificationen assyrischer Ortsnamen, welche Schra-
DER ' 3) auf die seinem neuesten Buche beigegebene Karte einge-
9) ZDPV. II, p. Ol Z. 1 lies Raschid st. Ilaschid; p. 92, Nr. 8 füge bei :
angez. von Gregory in ZDPV. II, p. 107; p. 94, bei 4) statt et-Muhalhil 1.
el-M.; p. 95 bei 2) 1. Simpson st. Simpleton ; ZDPV. I, p. 33, Nr. 1 füge bei
nach Tome IV: p. 35—98.
lüj Heinrich Jakob Heim, Dr. Titus Tol)ler der Palästinafahrer. Ein
appenzellisches Lebensbild. Nach handschriftlichen Quellen bearbeitet. Zü-
rich (Schulthess) etc. 1879. 12(1 pp. 8. (Mit einem Bilde Tobler's). — llec. in
AUgem. Aug.sb. Z. Beilage Nr. 122. 2. Mai 1S79, p. 1787.
11) Henry G.Tomkins, Studies on the Times of Abraham (nicht ges.). —
Rec. in Academy, 11. Jan. 1879.
12) F. Vigüureux , La Bible et les decouvertes modernes en Palestine,
en Egypte et en Assyrie. Avec des illustrations d'apres les monuments par
M. rAbb6 Düuillard. 2e cd. revue et augmentee. 3 vois. Paris (Berche et
Tralin) 187S. VIII, 1313 pp. 12. (Fr.). — Rec. von J. Variot in Revue des
questions historiques, April 1879. (Seh.)
13) l'jberhard Schrader, Keilinschriften und Geschiclitsforschung. Ein
Beitrag zur monumentalen Geographie, Geschichte und Chronologie der
Assyrer. Mit einer Karte. Giesscn (Ricker) ISTS.VIII, 555 ])p. 8. — P.
119: Amgarrun-l'',kron im T-andc Philistaea ; p. 123: Das I-and Pala.stav der
61
trafen hat, wird man sic-h wohl im i^vosscn uiul ganzen, soweit
sie unser Gebiet betreffen, einverstanden erklären können; frei-
lich erscheint uns die Zusammenstellung von Amgarriin der In-
schriften mit Ekron nicht absolut gesichert, und die Thatsache,
dass auf den assyrischen Denkmälern das Wort Palastav (riiili-
staea !) bereits in weitcrem Sinne gebraucht w^irde nnd auch Juda
nmfasste, erklärt sich wohl einfach daraus, dass die Assyrer
hau])tsächlich das Küstengebiet durchzogen und die Benennung
desselben verallgemeinerten. Unkenntlicher als in der assyri-
schen Form siml die Ortsnamen l'alästina's, wie sie inis, freilich
aus einer bedeutend älteren Zeit [Tutmes III), auf der Liste
von Karnak anfliewahrt sind. In einem an de Rouge gerich-
teten llriefe hat de Saulcy ^'*) die in jenem Verzeichnisse erhal-
tenen Ortsnamen Palästina's . auf einer neuen von Deveria ver-
fertigten Copie jenes Denkmals fiissend, mit den uns bekannten
Ortschaften wiederum zusammengestellt. In allen den Fällen,
wo eine solche Verglcichnng sich mehr auf einen äusseren l^aut-
anklang beschränken muss, wird nothwendig manches Einzelne
stets fraglich bleiben , nnd ich möchte daher auch nicht be-
hau})ten , dass durch diese neue Arbeit ein Fortschritt erzielt
worden sei. Wirklich gesichert scheint mir nur die Identifikation
von Akka(Nr.'l(); und etwa noch von Mäketa (Mäketai) gleich
Megiddo. — Da ich hier gerade von ägyptischen Denkmälern
spreche , so sei erwähnt , dass auch in den Berichten über die
Kriegszüge Seti's IJ^) Syrien eine Holle spielt. — Es sei be-
merkt, dass Maspeko's ^^) Veröffentlichung der Sage von der listi-
gen Einnahme Joppe's durch ägyptische Krieger, die in Krügen
eingeschmuggelt wurden, auch separat erschienen ist.
Inschriften. — Vgl. besonders die Recension von Baudissin in Schürer's
TliLZ. 2. Aug. 187!), S]). :U)9.
14) F. de Saulcy, Villes du Loutcn superieur (Syrie des anciens Egyp-
tiens): Bulletin de la societe de geographie (VI, XVI 1) 1879, p. 20!» — 241 ;
327— 357.
15) E. L. Lushington, The victories of Scli I, rccorded in tlie great teniple
at Karnak. Transactions of tlie Society of biblical archaeology. Vol. VI.
London 1878, p. .509—534,
10) ZDPV. II, p. 97, Nr. 6. G. Maspero, Konians et poesies du Papy-
rus Harris N. 500 conservö au British Museum, avec facsimile, texte, Iraduc-
tion et commentaLre. Paris (Maisonneuve <.V Co.) 187!). S. — Kec. in LCB.
3. Jan. 1880, Sp. 10.
62
Über Judas Maccabäus und den jüdischen liefreiungskrieg
ist ein Buch von Conder *') , dem ehemahgen Chef der englisclien
Expedition nach Palästina, veröffentlicht worden ; leider ist mir
dasselbe nicht zu Gesicht gekommen. Es wird an dem Buche
hervorgehoben , dass es neben einer Schilderung der politischen
und religiösen Verhältnisse während jenes Krieges besonders
auch, Avie zu erwarten ist, Geographisches enthalte. Die Ar-
beit Böttger's 1^), welcher die sämmtlichen bei Josephus vor-
kommeiulen geographischen Namen in alphabetischer Reihen-
folge zusammengestellt und mit den wichtigsten NacliAveisen ver-
sehen hat, ermöglicht zwar einen raschen und leichten Überblick
über das bei Josephus erhaltene Material ; es wird aber an dem
Buche mit Recht getadelt, dass leider nicht sämmtliche Stellen,
an denen die betreffenden Ortsnamen vorkommen , angeführt
sind. Die Ausbeutung dieses Schriftstellers für geographische
Zwecke wird freilich in ein anderes Stadium treten, Avenn einmal
die von Niese "^j längst vorbereitete kritische Ausgabe desselben
ans Tageslicht treten wird. Zur Rettung der so oft übertrieben
erscheinenden Zahlangaben bei Josephus ist der Nachweis Chap-
lin's2<^) von Interesse, dass das alte Jerusalem nach heutigen
Verhältnissen bemessen bequem 250,000 Menschen fassen konnte.
Für Geographie ziemlich bedeutungslos ist der Versuch
IIerzfeld's^i), eine Schilderung des Handels der Juden im
17) Claude K. Conder, Judas Maccabaeus and the jewish war of indepen-
dance. London (Marcus Ward & Co.) 1879. — Kec. in Athenaeuni 23. Aug.
1879 (Nr. 2704), p. 237.
18) Gustav Böttger, Topographisch-historisches Lexicon zu den Schriften
des Flavius Josephus. Compilatorisch zusammengestellt und herausgegeben
von G. B. Leipzig (L. Fernau) 1879, XIV, 285 pp. 8. — llec. in LCB.
11. Okt. 1879, Sp. 13U9; von Schürer in Schürer's ThLZ. 8, Novbr. 1879,
Sp. 510.
19) Vgl. Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. 1878,
p. V, Anm. 1.
20) Th. Chaplin , Note on the population of Jerusalem during the siege
by Titus: Athenaeum 23. Februar 187M, p. 255.
21) Dr. Ti. Herzfeld (Landesrabbiner; , Hanfleisgeschichte der Juden des
Alterthums. Aus den Uuellen erforscht und zusammengestellt. Braunsclnveig
(J. H. Meyer) 1879. VIII, 244 pp. 8. — Rec. von Kamphausen in Schürer's
ThLZ. 24. Mai 1879, p. 243 ; von Grünwald in Monatsschr. f. Gesch. u. Wiss.
d. Judenthums Mai 1879; von Oort in theol. Tijdschrift, Mai 1879; Athe-
naeum 9. Aug. 1879,
63
Altcrtlunii /u liefern ; dabei werden auch die Ilandels^egen-
stiinde, die Gcldsorteii , GcAvichte und Masse vorgeführt. Dem
Hiiche ist von competenter Seite vorgeworfen worden . dass es
nicht streng wissenschaftUcli gehalten sei. Ein Werk ganz an-
derer Art ist Hkyd's 22) Geschichte des mittelalterlichen Levante-
handels, das Resultat vieljähriger eingehendster Studien, die der
>"erfasser, der verdienstvolle Oberhibliothekar in Stuttgart, ange-
stellt hat. \\'ir haben hier ein höchst nützliches, auf sorgfältig-
stem Qtiellenstudium beruhendes Nachschlagebuch vor uns ; da-
her wir es hier ausführlicher behandeln. Zuerst erhalten wir
eine allgemeinere Schilderung des Levantehandels vor den Zeiten
der Kreuzzüge ; damals betheiligten sich, was Palästina betrifft,
besonders die Amalfitaner und Venetianer an demselben. Be-
sonders wichtig wurden die italienischen Handelsrepubliken Ve-
nedig, Pisa und Genua mit ihren Flotten beim Ausbau und zur
Behauptung der Kreuzfahrerstaaten in Syrien. Die syrischen See-
städte kamen bloss mit Hilfe jener italienischen Handelsstaaten
in fränkischen Besitz, und in diesen setzten sich nun Kolonien
mit besonderer Verfassung in meist eigens für die Mithülfe aus-
bedungenen Quartieren fest. Solche Kolonien waren steuerfrei
und besassen eigene Häuser, ja Stadttheile, Waarenhäuser, Kir-
chen, Bäder, Backöfen; ja sogar ausserhalb der Städte Lände-
reien, die von syrischen Bauern bcAvirthschaftet wurden. Am
ScUusse des ersten Syrien betreffenden Abschnittes (p. 145 — 208)
werden die Handelswege und Handelsartikel , welche in jenem
Lande eine Rolle spielten, aufgeführt. In einem folgenden, auf
Spien bezüglichen Theile (p, 343 — 396) schildert der Verfasser,
wie die Handelskommunen, unter denen nun auch spanische
und südfranzösische Kolonisten auftraten, im zweiten Jahrhun-
dert des Bestehens der Kreuzfahrerstaaten (nach der Schlacht bei
Hattin 1187) besonders auch eine politisch bedeutende Rolle
s])ielten, ihre Verfassung ausbauten, dabei aber sowohl mit den
Landesfürsten und IJaronen, als unter sich (z. I>. Venedig — Ge-
22) Dr. Wilhelm Heyd, Geschichte des Levantehandels im Mittelalter.
Erster Band: XXII, (504 pp. 8. Zweiter Band VI , 781 pp. 8. Stuttgart
(Cotta) 1879. M. W. — Rec. in LCB. 10. Mai 1870, Sp. G05 und 20. Sept.
Sp. 1211; von Hirsch in Mittheil. a. d. histor. Literatur VIII, 1 ; Revue criti-
que 1879 (Tome VII) p. .{48. — Vgl. auch vThomas) Eine freie Anzeige. Mün-
chen (F. Straub) 1880, 15 pp. 8.
64
nua) in Competenzstreit, ja sogar in Krieg geriethcii. Nachdem
die Besitzungen der Kreuzfahrer mit dem Falle Akko's (1291) in
muslimische Hände übergegangen waren , lagen die Seestädte,
in denen sich der Handel koncentrirt hatte, grossentheils in
Trümmern [II, p. 67). Die grossen muslimischen Emporien
Damaskus und Aleppo mit ihren Hafenstädten gaben jetzt auf
commerciellem Gebiet den Ton an. Gegen das Ende des Mittel-
alters nahm der "S^erkehr des Abendlandes mit Syrien einen neuen
Aufschwung ; bereits in dieser Zeit spielten Damaskus und Beirut
eine wichtige Rolle (II, p. 4 56 if.) — Es sei hier schliesslich auch
auf Anhang I des HEYü'schen Buches (II, p. 543 — 699) hinge-
wiesen, in welchem die Gegenstände des Austausches zwischen
Morgenland und Abendland aufgeführt werden.
Von allgemeineren Werken aus dem Gebiet der Geschichte
der Kreuzzüge ist eine neue Ausgabe der französischen Über-
setzung von Wilhelm von Tyrus^s) zu nennen. An diese ist
die Chronik von Ernoul, dann die Erzählung Bernarts bis zum
Jahre 1231 angeschlossen; hierauf folgen Fortsetzungen anderer
Chronisten bis zum Ende des 13. Jahrhiinderts. Es wird an
dieser Ausgabe rühmend hervorgehoben , dass wir in derselben
sehr oft bessere Lesarten finden, als im Hecueil des historiens
des croisades. Der Brief des Comnenen Alexius an Robert von
Flandern ist von Rlvnt^^] wieder abgedruckt worden; in der
langen Einleitung dazu wiederholt Riant den Nachweis , dass
dieses Schreiben , von welchem man früher angenommen hatte,
dass es den ersten Kreuzzug hervorgerufen habe, eine Fälschung
sei. Hagenmeyer 2^) hat in seinem beinahe allzu weitschweifigen
Buche über Feter den Eremiten , der mit Unrecht statt Urban's
23) Guillaume de Tyret ses continuateurs. Texte francais du XIII " siccle
revu et annote par M. Paulin Paris [Tome premier]. Paris Firmin-Didot et
C'e) 187!t. XXVII, 5r)'j pp. 8. Mit Karten. iXicht ges.) Kec. von Mussafia
in Literaturblatt für germ. und roman. Philologie Mai 1880, p. 182.
24) Comte lliant, Alexii I Comneni Ronianorum imperatoris ad Rober-
lum I Fhuulriae comilem Kpistola spuria. Genf 1879, Pari.s Leroux . Leipzig
(Harrassowitz, LXXX, 08 pp. 8. — Kec. in LCB. 28. Juni IST!), Sp. 832.
2.^) Heinrich Hagenmeyer, Peter der Kremite. Ein kritischer Beitrag zur
Geschichte de.s I. Kreuzzuges. Leipzig Harrassowitz) 1879. XII,4olpp. 8. —
Kec. in LCB. 1. Nov. 1879, Sp. 1415; von B. Kugler in Sybel's historischer
Zeitschrift N. F. VIII. Band. 1. H., p. 22- Ki : Peter der Kremite und Albert
von Achen mit Nachwort von H. v. Sybel.
65
als Veraulassor des ersten KreiizzuLis angesehen \\ir(l. mit vielem
Fleisse zerstreutes Material , besonders auch aus französischen
Quellen zusainmeugetragen und manche einzelne Punkte erhellt,
ohne dass das Hild. welches bereits Syhel von Peter entworfen
hat, dadurch wesentlich verändert würde. Peters R\ihra beruht
hauptsächlich auf der ("hronik des Albrecht von Achen, für deren
relative Gla\ibwür(liij;keit Ku(iLK]i bei der Hesprechunfj^ des Ha-
GENMEYEU sehen Werkes mit Recht iu die Schranken getreten
ist. — Zur Geschichte der Hesetzung des Üstjordanlandes durch
die Kreuzfahrer ist eine kleine Arbeit von de Mas LATiUE^ß]
anzuführen .
Ein grosser Streit hat sich an die Expedition der Herren Puhtz
und Sepp geknüpft, welche von der Kegierung des deutschen
Reichs i. J. 1874 nach Tyius geschickt worden waren, um daselbst
Nachgrabungen nach den Gebeinen Friedrich Barbarossa's anzu-
stellen. Da einige der betreffenden Schriften bereits in unserer
Zeitschrift ihre Würdigung gefunden haben , so genügt es hier
nochmals die Hauptpunkte, iim welche sich der ganze nun
hoffentlich abgeschlossene Streit dreht, kurz hervorzuheben.
j»;BPp27-29j y^[\\ in (\ey Kirchen ruine von Tyrus die Reste des
alten Paulinus-Dom's , -svo sich früher auch das Grab des Ori-
genes befunden habe, inid die Reste der mittelalterlichen Kathe-
drale erkennen ; Prutz -^"j sieht in diesen Ruinen eine dem hei-
26) L. de Mas Latrie. La terre au delä du Jourdain et ses premiers sei-
gneurs. Extr. de la Bibliot. de l'Ecole des chartes 1878, 5 et 6; p. 4ltj— 420)
Nogent-le-Kotrou (imp. Daupeley) 1879. (> pp. 8. (Nicht ges.).
27) Sepp, Meerfahrt nach Tyrus zur Ausgrabung der Kathedrale mit
Barbarossa's Grab. Im Auftrag des Fürsten Reichskanzler unternommen.
Mit Holzschnitten , drei Lichtdrucken und einer Karte. I^eipzig (E. A. See-
mann) 1879. XXIV, 382 pp. 8. M. 10. — Rec. von Guthe in ZDPV. II, p. 108;
LCB. 8. März 1879, Sp.292; von Neumann in üesterr. Monatsschrift f. d.
Ofient 15. Jänner 1879, p. 18 (vgl. März p.(J3); von C). Zöckler in Beweis des
Glaubens Aug. 1879; Academy IS. Oct. 1879.
28) Sepp, Kaiser Friedrich I. Barbarossa's Tod und Grab. Berlin 1879
{Sammlung gemeinverständlicher wissenschaftlicher Vorträge herausgeg. von
Virchüw u. Holtzendorü' Ser. XIV, Heft '-VM. (llabel) 1879. 5(1 pp. s. — Rec.
von J. Gildemeister in ZDPV. II, p. 2.57.
29) Johannes und Bernhard Sepp. Das Resultat der deutschen Ausgra-
bungen in Tyrus : Sybel's historische Zeitschrift N. F. Vlll. Band, I.H., p. 86
— 115, mit Replik von Hans Prutz.
30) H. Prutz, Kaiser Friedrich's I. Grabstätte. Eine kritische Studie.
66
ligen Markus g'eweihte Kirche der in Tyriis angesessenen vene-
tianischen Kommune. Sepp will in jener »Kathedrale« die Stelle
gefunden haben, an welcher die Gebeine des Kaisers einst beige-
setzt waren. Prutz bestreitet, dass ]>arbarossa überhaupt hier be-
erdigt worden sei. Was den ersten Streitpunkt betrifft, so geben
manclie Kritiker Sepp darin AAcnigstens Keclit, dass in jener Kir-
chenruine die Reste der Kathedrale vonTyrus vorliegen; in Uezug
auf den zweiten Pmikt verweisen wir auf Giluemki.ster's Urtheil
(ZDFV. II, 254 ff.), nach Avelchem Jiarbarossa's Gebeine allerdings
in Tyrus und zwar in einem lieutel aufbewahrt wurden. Wir kön-
nen dabei aber die Bemerkung nicht zurückhalten, dass Sepp, mag
er nun in Bezug auf das Endresultat materiell mehr oder weniger
Hecht behalten , besser thäte, in solchen Arbeiten, Avie die vor-
liegenden, seine sämmtlichen prähistorisch-mythologischen Spie-
lereien, die er häufig mit total unwissenschaftlichen Etymologien
stützt, vollständig zu unterdrücken, da sie nach dem Urtheile
aller Sachverständigen seinen sonstigen Verdiensten um die Pa-
lästinakunde wesentlich Eintrag thun. In dem Streite mit Ni-iu-
MANN (O. Monatsschrift, s. u.) hat Sepp gerade einige seiner
wildesten Namenserklärungen zu vertheidigen geseicht. Jeder
Orientalist muss nothwendig heiter gestimmt werden, wenn Sepp
p. 108 seiner Schrift das nordische Orakelwesen Mimir mit dem
persönlichen Logos Memrä (wörtliche Übersetzung von »Logos«
vom Stammw ort \imar) zusammeuAvirft. Dies nur eines von vielen
Beispielen.
Anderer Art sind die Ausstellungen , die an dem I Juchc von
Görgens'*') haften. Es w^ar sicher ein guter Gedanke, das wich-
tige Puch . welches der berühmte muslimische Gelehrte Abu
Schäma (starb 13. Juni 1267) über die Regierung von Nureddin
und Saladin verfasst hat , durch eine Übersetzung zugänglich zu
Daiizif,' (E. Gruihn) IS79. 51 pp. 8. — Kec. von K. Jtöhricht in ZDPV. IJ,
y. 181; vgl. aucli Scheffer-Büichorst , Barbarossa's Grab: Im neuen lleich
1879, Nr. 4ü, p.(iS)3— 701.
31) E. P. Gocrgena, Arabische Q,aellenbeiträge zur Geschichte der Kreuz-
züge übersetzt und hcrausj^egeben etc.; unter Mitwirkunfi^ von Keinhold Köh-
richt. Erster liand. Zur Geschichte Salali ad-din's. Berlin (Weidmann) 1S7J),
XXIII, '2!J5 pp. 8. — Reo. von Gilderaeister in ZDPV. II, p. 248—256; von
Dieterici in JLZ. 28. Juni 1879, p. 359; LCB. 27. Dec. 1879, Sp. Iö92; Ke-
vue critique 52; llevue de iheol. et de ))hilosophie Juli 1S79; Comptes rendus
de l'Acad. des Inscr. IS79, p. i8(».
67
machen. Der erste Jiand derselben, enthaltend Auszüge aus dem
zweiten Tlieil jenes Werkes, der Geschichte Saladin's, liegt vor.
Die sachkundige Kecension Gildkmkistp^r's hat jedoch erwiesen,
dass die vorliegende l'hersetzung nur mit Vorsicht historisch ver-
werthet werden darf und dabei stets auf den Wortlaut des ara-
bischen Textes zurückgegangen werden muss. Die Heiträge
RöiiuiciiT's, welche sich initer anderm besonders auch auf den
Nachweis der vorkommenden Ortsnamen erstrecken, sind immer-
hin lehrreich; wir heben aus denselben besonders auch Heilage V
(p. 2ü2 — 295) hervor, welche eine Vergleichinig des Berichtes über
die von 8aladin in den Jahren 1187 und USb eroberten christ-
lichen Städte lind Plätze (s. p. 75 — 76 der Übers.) aus niorgen-
ländischen und abendländischen Quellen ermöglicht, so w'eit die
Namen zuverlässig transcribirt sind. — Auf reichem Material be-
ruht Röhricht's 32) Darstellung der Eroberung Akko's durch die
Muslimen, eine Fortsetzung früherer Studien desselben Ver-
fassers. Die Veröffentlichung von bisher meist ungedruckten
Materialien zur Geschichte des fünften Kreuzzuges ^3) (1217 — 21)
ist für unsere Zwecke ebenso Avenig von Relang, als der Versuch
von Prutz 31) , die Ketzereien der Tempelritter als historisch er-
wiesen darzustellen. Auch die prachtvolle l'ublication einer aus
dem Reginn des 14. Jahrlninderts stammenden ('hronik3^) er-
wähnen wir nur, weil sich darin auf einer der Tafeln ein Plan
von Jerusalem findet.
Die xylogra])hischen iVbbildungen von Siegeln und Hüllen
des lateinischen Orients , welche Schlumbergkr •">) mit genauen
32) Reinhold Röhricht, Die Eroberung 'Akkäs durch die Muslimen (1291):
Forschungen zur Deutschen Geschichte. 20. B., 1. H. Göttingen 1879,
]). 93—120.
33) Quinti belli .sacri scriptores minores sumptibus societatis illustrandis
Orientis latini monumcntis edidit Heiuholdus Röhricht. Genevae (Fick) 1879.
XLVIII, 242 pp. 8.
34) H. Prutz, Geheimlehre und Geheimstatuten des Tempelherren-Ordens.
Eine kritische Untersuchung. Berlin (Ernst Siegfried Mittler \: Sohn' . l!579.
IX, 183 pp. 8. — Rec. in LCB. 20. Juni 1880. Sp. 830.
35) De passagiis in Terram sanctam excerpta ex chronologia magna codi-
cis latini CCCXCIX Bibliothecae add. Marci Venetiarum auspice societatis
illustrandis Orientis latini monumentis edidit Georgius Martinus Thomas.
Venedig 1879. Gr. l'ol. 0 Seiten Text und 15 Tafeln in Lichtdruck. M. 10.
30) Gust. Schlumberger , Sceaux et BuUes de l'Orient latin au moyen-
68
historiscluMi Evläuteniiigen versehen herausf>;oi>ebcn hat. zeigen,
was für Schätze (Uis National-Archiv von Paris noch enthält.
Auf dem Gebiete der Kunstgeschichte zeigt sich ebenfalls,
wie reich unsere Nachharn uns gegenüber sind. Die Schrift von
Herün de Villefosse ^') , nun in zweiter Auflage erschienen,
enthält einen allerdings nicht absolut mustergültigen Katalog der
palästinensischen Altcrthümer des Louvre. Für Kunstgeschichte
sowohl , als für Mythologie ist die Auffindung einer eigenthüm-
lichen Statue bei Gaza von Interesse , über die uns bestens zu
verdankende Mittheilungen aus Jerusalem ziigekommcn sind.
Z\i dem bezüglichen Aufsatze Guthb's ^^) erlaube ich mir zu
bemerken, dass nach dem Urtheil meines Collegen l'rofessor
Schwabe man wohl erst eine genauere Zeichnuug — da die Statue
auf dem Kücken liegt, war eine solche schwierig anzufertigen —
oder eine Photographie wird abAvarten müssen, bevor man de-
finitiv bestimmen kann, welcher Gott hat dargestellt werden
sollen. Für Zeus würde Haar- und liarttracht (s. Tafel) und das
Tragen des Mantels auf der linken Schulter sprechen ; bei einem
Serapis dürfte auf dem Kopfe der »Kalathos« nicht fehlen. Auch
ist noch näher zu untersuchen, ob die Statue Avirklich ein Sitz-
bild gewesen ist. (Es wird sich Gelegenheit bieten, darauf zurück-
zukommen. 1). K.) — Eine kurze Übersicht über die Münzge-
schichte Palästina's (mit Tafel) hat uns Erman '^'•^) geliefert und
zwar im Anschluss an eine Aufforderinig Friedi-Xndrr's "^), es
möchte nach Münzen gesucht werden. Der Münzfund in Jeru-
salem vom Jahre 1872 hat l*h{MAN *') Gelegenheit gegeben, inis
ein Hild von den Münzverhältnissen Palästina's in der ersten
Hälfte des zehnten Jahrhunderts vorzuführen. — Ueswick^^)
lige. Extrait du Musee archeologique. Paris 1879. 52 pj). kl. fol. — Rec. in
l.Cß. 2'>. Mai 1880, Sp. 7()<».
;i7) Ant. Herun de Villefosse;, Notice des nioniiincnts provenant.s de la
Palestine et conserves au Musee du Louvre. 2. edil. (Ch. de Mourges) 1879
(nicht ges.). — Rec. von Ganneau in Revue critique 26. Juli 1879 p. 73.
38) H. Guthe, IJericht über die Statue von Gaza (Tafel VI) : ZDl'V. 11,
p. ls:5— |S8(vgl. auch p. 182).
.'J9) Ad. Kvman , Kurze Übersicht der Münzgeschichto Palästina's (mit
einer Münztafel]. /DPV. 11, p. 75—80. 40) Aufruf: ZDPV. II, p. lüG.
41) Ad. Krman, Der Münzfund von Jerusalem : ZDl'V. 11, p. 120—123.
42) S. Beswick, The sacred cubit — Test cases : Statements 1879, p. 181
bis 181.
60
will die Länge der heiligen Elle auf 17,724 englische Zoll be-
stimmen.
Für Archäologie Palästina's sind einige grosse Sammelwerke
von IJedentnng, in sofern bisweilen die einzelnen darin enthal-
tenen Artikel den Werth von kleinen Monographien haben. In
dem 4. und 5. IJand der neuen Autlage von Herzog's ^•'^) Ency-
clopädie findet sich beisi)ielsAveise ein grosser Artikel von
Fr. W. Schultz über das heilige Grab und andere geographische
Artikel von Rüetschi. Von Riehm's*^) Handwörterbuch sind
im Laufe des Jahres bloss zwei Lieferungen erschienen ; die geo-
graphischen Artikel, welche dieses Werk enthält, sind meist von
Mühlau , andere von Smend oder Fraas, die ethnographischen
Artikel von Kautzsch verfasst; auch enthält das Werk viele zu-
verlässige Illustrationen zur Geographie Palästina's. Der Artikel
»Galilee« in der Encyclopaedia liritannica hat den schon oben
erwähnten Ingenieur Conder ^^) zum Verfasser. Derselbe Mannte)
hat in Verbindimg mit einem andern gleichnamigen ein grösseres
Werk erscheinen lassen . welches die Resultate der historischen
und archäologischen lÜbelforschung übersichtlich zusammen-
fasst. Eine eingehendere Peurtheilung dieses mir nini bereits in
zweiter Auflage (1880) vorliegenden liuches verspare ich auf eine
spätere Gelegenheit und bemerke hier nur so viel, dass die histo-
rischen Theile dieser Arbeit vollständig kritiklos sind. Dagegen
ist die darin enthaltene Zusammenstelliuig der neiiesten geogra-
phischen Entdeckmigen der Engländer (Avobei die ausländische
Forschung ganz ausser Spiel bleibt ! ) entschieden so weit von In-
teresse, alslhatsachen mitgetheilt werden; dass wir uns mit vielen
Theorien des Verfassers nicht befreunden können, haben wir schon
wiederholt bemerkt. Die im Athenaeum erschienene Kritik hat
43) Real-Encyklopädie für protestantische Theologie und Kirche . . .
hrsg. von J. J. Herzog und G. L. Pütt. Zweite AuH. Leipzig ;Hinrichs) 4.
und 5. Band. 1879.
44) Handwörterbuch des Biblischen Altertums für gebildete Bibelleser
herausgegeben . . . von E. C. A. Kiehm. Bielefeld und Leipzig ( Velhagen und
Klasing) 1871). 12. und l.'i. Lieferung. (Matthias — Paulus).
45) Conder, Galilee: Encyclopaedia britannica. Vol. X (nicht ges.).
46) F. K. and C. R. Conder, A band book to the Bible, being a guide
!o the lioly scripturcs, dcrived from ancient monumonts and modern explana-
tion. liondon (Longmansl 187!). 45R pp. 8. sh. 7, d. (>. — Kcc. in Saturday
Review 9. Nüv. 1879; Athenaeum 24. Jan. 1880, p. 117.
70
bereits mit Recht hervorgehoben , dass die Verfasser in sprach-
lichen Dingen aiif sehr schwachen Füssen stehen. — ■ Ein Aufsatz
von Simpson *^) über Fixirung bestimmter Tradition an heihgen
Stätten enthält nichts Neues ; aus Goldziher's ^8) Mittheilung geht
hervor, welcher Werth den muslimischen Gräbertraditionen bei-
zumessen ist. Einige Notizen über das Leben der Muslimen und
der Christen giebt Schnabl 4«) . Ein liuch von A. Thomson ^o) über
häusliches Leben im alten Palästina kann ich nur dem Titel nach
anführen; zu W. M, Thompson's empfehlenswerthem Buche The
land and the book und zu Lennep's Bible Lands (ZDPV. I, p. 29,
Nr. 3) hat Lawie^^) einige Bemerkungen geliefert. Manche einzelne
Notiz findet sich in den Tagebuchblättern von Isabel Burton ^2) .
der Gemahlin des berühmten Reisenden ; doch ist, was Palästina
betrifft (s. bes. den zweiten Band), der geographische Lihalt der
»Pilgen'eise« weniger neu und anziehend, als die ganze Art und
Weise, wie die Lebensverhältnisse der Bewohner Syriens von der
originellen Verfasserin aufgefasst werden. Bitrton's kurze Amts-
stellung in Syrien Avar nicht gerade die angenehmste; aus dem
vorliegenden Buche geht wenigstens hervor, mit welcher Energie
sich sowohl er als seine Gemahlin in das Leben und die Bedürf-
nisse der Landeseinwohner einarbeiteten mid bei jeder sich dar-
bietenden Gelegenheit thätig eingriffen. — Studien über die gegen-
wärtigen ethnographischen, politischen und religiösen Zustände
Palästina's hat unsere Zeitschrift bis jetzt leider noch nicht
bringen können, so interessant gerade auch dieses Thema ist.
Um über solche Verhältnisse ein eingehendes Urtheil abzugeben,
sind längere Beobachtungen im Lande durchaus erforderlich. Wir
47) William Simpson, Transference of Sites : Statements 1879, p. 18 — 32.
48) Ign. Goldziher, Muhammedanischc Traditionen über den Grabesort
desJosua: ZDPV. II, p. 13—17. Übersetzt in Statements 1879, p. 193—195.
49) Karl Schnabl , Zum socialen Leben der Moslim imd der Christen :
Das heil. Land ISTi) (II), p. 72—75.
5ü) A. Thomson, Home life in ancient Palestinc. London 1878.
51) Thomas Lawie, Bible illustrations from IJiblc lands : IJibliotheca sacra
1879, p. 534— 5(iO; 647— (i(il.
52) Isabel Burton, The inner life of Syria, Palestinc and the holy land.
New and cheaper edition with photographs and coloured plates. London (Paul)
1879. 51() j)p. 8. 10 sh. (id. (Fr.)- — Ich kenne bloss die ältere Ausgabe
dieses Werkes : London (S. King i^' Co.) 187(), 1vol.. X,376])p.; II vol.: 3IOp]).
8. Mit Kurte und sehr guten Photographien von 11. und J. Burton.
71
versag^en uns liier, über zwei herleutonde mit grosser Sachkcnnt-
niss geschriel)one Aufsätze von Mrs. Finn ■''■') und von Schick ^^j
an dieser Stelle eingehender zu berichten , da dieselben binnen
kurzer Zeit in unserer Zeitschrift bearbeitet Averden sollen. Auch
in lietreff der Heduinen^^) l*alästina's würden wir nähere Mit-
theilungen mit Freude begrüssoTi ; freilich ist eine Statistik der-
selben und eine Abgrenzung derTeiTitorien der einzelnen Stämme
keine leichte Aiifgabe. Vorarbeiten dazu wären schon vorhan-
den ; daneben müsste man sich an Eingeborene wenden, die mit
den Wanderstämmen bekannt sind, wie ja Huart^^) neulich eine
von einem Eingeborenen verfasste Liste veröffentlicht hat. Wer
sich für Beduinenverhältnisse der syrischen Wüste interessirt,
mag auch gelegentlich einen lilick in das neue Buch von Anne
Blunt^^) werfen.
Aus dem städtischen Leben Palästina s kann ich bloss einen
kurzen Aufsatz von Martinas) anführen. Aus gelegentlichen
Notizen erfahren wir, dass eine französische Gesellschaft ernst-
lich daran denkt , die Mineralschätze des Todten Meeres auszu-
beuten ^'J) . An die Ausführbarkeit dieses Gedankens glaube ich
vorläufig beinahe ebenso wenig, als an den abenteuerlichen Vor-
schlag, den neulich ein französischer Abbe ß^) gemacht hat. Der-
53) Mrs. Finn, The Fellahheen of Palestine : Statements 1879, p. 33—48 ;
72—87. Vgl. einen Auszug davon in Neueste Nachr. aus d. Morgenlande
1879 (III), p. sS— 9«: Einiges über die Fellachen in Palästina.
54) Baurath Schick, Landwirthschaftliche Verhältnisse in Palästina:
Oesterreichische Monatsschrift f. d. Orient 1879, Mäi-z p. .50 — 52 ; Mai p. Wi —
101 ; Juli p. 1:53—135.
55i Die Beduinen Palästina's (nach Conder's TentAVork): Globus 1879,
p. 252.
56) Clement Huart , Notice sur les tribus arabes de la Mesopotamie tra-
duite del'avabe: Journal asiatique. 7. serie. XIII. Tome. Mars — Avril 1879,
p. 215ff. — Auch als extrait erschienen, vgl. Revue critique 4. Oct. 1879,
p. 2(;i.
57) I.ady Anne Blunt, The Bedouin Tribe.s of the Euphrates. Edited,
with a preface and some account of the Arabs and their horses by W. S. B.
2 vols. London [Murray) 1879. — Kec. in Athenaeum 1. März 1879, p. 271;
von Arnold in Acadcmy 15. März 1879.
58) F. Martin, La Palestine industrielle. Paris (impr. Mouillet). Extrait
de la Revue de France 1879. 16 pp. 8. (Fr. 062).
59j Das heilige Land 1S79, ]>. 135.
60) Vgl. Das heilige Land ls79, p. 204.
72
selbe fordert nämlich allen Ernstes dazu auf, mit einem ('apital
von 500,000 Franken bei den Bitterseen die versalzenen Reste
der vernichteten Armee Pharao's auszugraben ! Ähnliche Hin-
weise, wie z.B. auch der von demselben Verfasser auf das Suchen
nach den vom Himmel gefallenen Aerolithen von Jos. X, 11
sind jedoch nicht ausser Acht zu lassen, da sie darauf hindeuten,
welche Kategorie von coelaren und submarinen Alterthümern wir
nach den terrestrischen nunmehr aus Palästina und den angren-
zenden Ländern erwarten dürfen !
Die Frage nach der Kolonisation Palästina's ist neuerdings
wieder stark in den ^ ordergnuid getreten. Von katholischer
Seite sucht man auch deutsche Kolonisten zu gewinnen "^j . Zwar
lauten die Berichte über die Tempel-Kolonien, mit Avelchen uns
die Warte ^''^) versorgt, nicht ermuthigend: wir finden darin manche
Klagen. Dasselbe Blatt spricht auch von einer schwedischen
Kolonie ^^j und bringt die Nachricht, dass sich die Engländer im
Haurän (in welcher Gegend übrigens im verflossenen Jahre grosse
Unruhen stattfanden) ansiedeln wollen ^^) . Vielleicht liegt hierin
eine Verwechselung vor mit dem Plane, welcher durch alle Zei-
tungen lief: nämlich eine grosse israelitische Kolonie im Ostjor-
danland auf dem Boden des alten Moab zu gründen. Wir sind
von vorn herein überzeugt, dass ohne gewaltige politische, ja
ohne Umgestaltung der jetzigen Beschafl'enheit jenes Landes alle
diese Projecte Luftschlösser sind. Etwas greifbarere Gestalt
haben die Vorschläge (Jonder's c^) , der doch wenigstens den (Cha-
rakter des Landes kennt. Conder möchte europäische Koloni-
sation (und zwar durch Israeliten) auf der Ebene Esdrelon in
Angriff" genommen sehen, wo bereits durch die griechische Fa-
milie Sursock ein guter Anfang gemacht sei. Li zwei Punkten
61) P. Ladislaus Schneider, Das heilige Land und seine katholischen Be-
wohner in kirchlicher und socialer Beziehung. Münster (Theissing) 1879.
4b pp. S. Pf. .50.
62) Vgl. z.B. Orientpost 4. April; 17. April; 22. Mai; 23. Sept.
63) Warte 30. Oct. 1879.
64) Warte 17. Juli 1879.
65) C. 11. Conder, The i)re.sent condition of Palestine (reprinted from the
Jewish Chronicle): Statem. 1879, p. 6 — 15. In der Revue de geographie März
1879, p. 227 findet sich bereits die Notiz, dass eine englisch-französische Ge-
sellschaft gegründet werden solle , um Kolonien zwischen dem Jordan und
dem Karmel anzulegen.
73
sind wir mit (^ondkr völlig' einverstanden , nämlich darin, dass
die Fellachen Palästina's durch gnte Tind consequente B(?hand-
liing von Seiten europäischer Kolonisten zu besserer Ik^hauunf^
des Landes herangezogen werden sollten, und zweitens, dass ein
solcher Plan ausser mit bedeutenden Geldmitteln nur unter eng^-
lischer A\ifsicht und theilweiser Occupation ausgeführt werden
könnte. Solchen kühnen Plänen gegenüber macht aber bekannt-
lich die Orientfrage nur sehr langsame Schritte !
Inzwischen nimmt der »friedliche Kreuzzug nach Palästina«,
wie Neumann es nannte, seinen ruhigen Fortgang : die von Euro-
päern im Lande gegründeten Anstalten entwickeln sich zu-
sehends. Wer sich für die Pestrebungen der Protestanten in Pa-
lästina interessirt, lese zunächst den Bericht von Strauss"'') über
die Thätigkeit des Jerusalem-Vereins im Orient, vor allem aber
die sehr reichhaltige Schilderung, welche Pastor Paarts ''^j aus
Beirut von der Missions-, besonders aber der Schulthätigkeit in
jener Stadt entworfen hat. Eine grosse Pührigkeit entfaltet haupt-
sächlich die katholische Mission, trotzdem dass auch von ihren
Leitern über Geldmangel geklagt wird. Neben einigem All-
gemeinerem über katholische Anstalten *''*"*'9j möchten wir die
Berichte "•') über die Thätigkeit in Nazareth, das Priesterseminar in
Jerusalem (mit 24 Alumnen), über das Institut St. Peter in Jeru-
salem und das Waisenha\is in Bethlehem"') imd über die Acker-
bauschule in b?t el~dschimaV'^) (westlich von het ' aUih] hervor-
heben. — Nicht übergehen wollen wir schliesslich den erfreu-
06) Hofprediger Strauss, Bericht am Jahresfeste : N. Nachr. a. d. Morgen-
lande 1879, p. 1—7.
ü7) Baarts, Evangelische Missionsarbeit in Beirut: N. Nachr. a. d. Mor-
genlande 1879 (V), p. 119 — 141. — Orientpost der Warte des Tempels 2. Jan.;
13. März; 2U. März 1879.
<)8) Die Wirk.samkeit der Patres Franziskaner (sie) im h. liande. Vor-
trag des P. Hilarion , O.S.F. in der Katholiken- Versammlung zu Paris am
16. April 1879 (nach Terre Sainte 1879, Nr. 11): Das heil. Land 1879 (VI),
p. 194—20(1.
69) A. Andermatt , Die Missions-Anstalten Fx'ankreichs für den Orient
und für das heilige Land : Das heil. Land 1879 (I), p. 21 — 27.
70) Bericht des hochwürdigsten Patriarchen (Vincentius) von Jerusalem :
Das heil. Land 1879 (I), p. 1—6.
71) Belloni , Jahresbericht über das "Werk der h. Familie im h. T,andt' :
Das heil. Land 1879, p. 9;i— 9.s.
72) Nachrichten aus dem h. Lande: Das heil. Land 1879, p. 133 ft".
Ztsrhr. (1. riil.-Vcr. III. ß
74
liehen Bestand des deutschen Verems in Jerusalem'' . Ueber
die rasche Besetzung der Stelle eines protestantischen Bischofs
in Jerusalem (mit Barclay) lese man einen Artikel der Allgem.
Augsb. Zeitung^-*).
Noch bleibt uns hier zu erwähnen , was zur Bereicherung
der Naturkunde Palästina's geleistet wurde. In erster Linie
stehen in dieser Beziehung die fortgesetzten Studien Theobald
Fischer's '^) , der in seiner fleissigen inid schönen Arbeit zunächst
eine allgemeine Charakteristik des ^Slittelmeerklima's giebt, so-
dann uns die Niederschlags- und Temperaturverhältnisse, sowie
die Windströmungen, mit Tabellen vorführt und dabei stets auf
dem neuesten Materiale fusst. Ein kleiner Aufsatz über die Jeri-
chorose und den heute noch sich daran knüi)fenden Aberglauben '^^)
ist durchaus populär gehalten. — Eine Notiz vom Prediger Mül-
ler''^) möchte ich nicht unerAvähnt lassen; derselbe constatirt
nämlich (im Widerspruch mit Tobler, Denkblätter p. 116; Tris-
tram, Natural history of the Bible 3.edit. London 1S73, p. 79;
RiEHM, Handwörterbuch p. 647) das gelegentliche Vorkommen
der Wuthkrankheit von Hunden im Orient.
Wir kommen nun zu der Geographie Palästina's im engeren
Sinne und haben dabei zuerst die Pilgerschriften vorzuführen.
Eine Uebersetzung der Peregrinatio Sanctae Patlae'*) (Tühler,
Itineraetc. I, 29 ff.) wurde im Kölner Blatt veröffentlicht; eben-
daselbst findet sich der Schluss der schon im vorigen IJericht er-
wähnten Bearbeitung Sawulf's^-*) . Ungleich wichtiger und als
73) Sechster Jahresbericht und Cassen-Abschluss des Deutschen Vereins
zu Jerusalem. Hasel Pilgermissiüns-Buchdruckerei St. Chrischona; 1879, S pp.
8. Vgl. AAZ. 10. Nov. IST'J, p. 4t)22.
74) AAZ. 17. Juli 1879 (Nr. 198) p. 2896.
75) Th. Fischer, Studien über das Klima der Älittelmeerländer. Gotha
(Perthes; 1879. (J4 p]). 4. Mit .{ Tafeln. Petermann's Mittheilunj^en hrsg.
von Böhm und Lindemann. Krgänzungsheft ."JS. — Wir erlauben uns berich-
tigend zu bemerken, dass Herr Dr. I.orange in Beirut, der p. 5 genannt wird,
ein Deutscher ist.
70) C. M.Blaas, Die Rose von Jericho: Das heil. Land 1879 (V\ p.KK»
— Iü3.
77) N. Nachrichten aus dem Morgenlande 1879, j). 7 7.
78) Paula und Eustüchium an Marcella. Ueber die heiligen Stätten. (Nach
der Übersetzung von Leipet in »Thalhofer, Bibliothek der Kirchenvätern): Das
heil. l,and 1S79 TU , p. SO— 9:{.
79 Die Pilgerfahrt des Aiigelsachsen Säwulf nach Jerusalem 1102 — 1 103.
75
eine sehr dankciiswcrthe Arbeit ist zu bezeichnen die Neuhera\is-
gabe der lieisc Schildtbekgehs^"; (nach Tobler's J>ibho^ra|)hie
p. 44 aus dem Jahre 1410), nebst Einleitung Tind Anmerkungen.
In russischer Sprache ist die Beschreibung der Pilgerfahrt des
Fürsten Radzivil *") (Tobler, ebd. p. 82 aus dem Jahre 1583)
neu erschienen, wie aus der russischen Revue zu ersehen ist. —
Noch möchte ich eine Notiz hervorheben , in welcher be^^-iesen
wird, dass Honomi ^'^] (nach seinen eigenen Aufzeichnungen) der
erste Europäer gewesen ist, welcher in unserm Jahrhundert den
Haräm betreten hat; eine ausführlichere Mittheilung über diesen
in der That merkwürdigen Mann bietet einiges Interessante ^-'j .
Von allgemeineren Werken über die Geographie Falästina's
ist Coxdek's ^-^'j Tent work ohne Zweifel das wichtigste, trotz der
mannigfachen Ausstellungen, welche der Referent daran zu
machen hatte. Es war mir ein Bedürfniss, bei Gelegenheit der
Besprechung jenes Buches gerade auch einzelne principielle Fra-
gen, welche unsere ]^>estrebungen von denen der Engländer schei-
den, hervorzuheben. Coxder's Buch scheint übrigens trotz seiner
Mängel bei dem englischen Publicum einen durchschlagenden
Von Pfarrer ßrammerz IV: Das heil. Land 1S79, p. ß— 11. (Vgl. ZDPV. II,
p. 91, Nr. 3.)
80) The bondage and travels of Johann Schiltberger, a native of Bavaria,
translated .... by Commander J. Buchan Telfer. With notes by Professor
T. Bruun. . . at Odessa ; and a preface, introduction and notes by the trans-
lator and editor. With a map. London 1879. iNicht ges.). — Rec. in LCB.
8. Mai 1880, Sp. GIB.
81) Die Pilgerfahrt des Fürsten Radziwill Sierotki nach dem gelobten
Lande 1.582 — 1.584, zum Druck vorbereitet und commentirt von dem wirk-
lichen Mitglied der K. R. Geogr. Gesellschaft P. A. Hiltebrandt. Beilage
zum XV. Bande der Nachrichten der K. R. Geogr. Gesellschaft 1879. (Nicht
gas.). Vgl. Russische Revue von K. Röttger, XV. Band, 1879, p. 89.
82) William Simpson, The visit of Bonomi, Cathcrwood, and Arundale to
the Haram es Scheriffat Jeru.salem in 1833; Statements 1S79, p. 51 — äU.
83j AVilliam Simpson, Memoir of Joseph Bonomi : Transactions of the So-
ciety of biblical archaeology, Vol. VI, 1878, p. 568 — 573.
8l) Claude Reignier Conder, Tent work in Palestine. A record of dis-
covery and adventure. Published for the Committec of the Palestine Explo-
ration Fund. In two volumes. With illustrations by J. W. Whymper. New
edition. London (R. Bentley & Son) 1879, I : XXVI, *381 pp.; II : VIII, 352 pp.
8. sh. 24. — Rec. von A. Socin in ZDPV. II, p. 172; Saturday Re^^ew (i. Juli
1878; Statements 1878, p. 114 — 123; Athenaeum .3. Aug. 1878, p. 13(1: von
Wilson in Academy 17. Aug. 1878, p. 155.
6*
76
Erfolg erzielt zu haben. Unter der neueren englischen Tonristen-
literatur könnte man wohl noch das grössere Werk von Bakt-
LgrprpSiöj hervorheben, Avelches ich jedoch nicht zu Gesicht be-
kommen habe. Ebensowenig da.s Buch von Farley^ö) und das-
jenige von KoNAR und C HEYNE '''^j. Von französischen IJüchern
weiss ich bloss das von Jolivet-Castelot **) und ein anonymes^^)
anzuführen, von italienischen Reiseskizzen die von Zanoni''*^)
und ÜERNARDi'''^). Mehr Wissenschaftliches enthält die kurze
E-eisebeschreibung von IIuart "'■^) , der seine Reise bis Mittelsyrien
ausgedehnt hat. Eine Abhandlung über Palästina in franzö-
sischer Sprache, von einem Russen -'3) verfasst, habe ich ange-
führt gefunden , aber vergeblich in dem bezeichneten Bande ge-
sucht. Unter der deutschen Literatur hebe ich gerne die im besten
Sinne populären Schildervmgen von Orelli^^j nochmals hervor;
85J S. C. Bartlett, From Egyptto Palestine, through Sinai, the wilderness
and the south country; observations of a journey made with special reference
tu the history of the Israelites ; with maps and illustrations. New York (Har-
per) 1879, 55.5 pp. 8. Doli. 3.50. — llec. von Merrill in Bibliotheca Sacra,
Juli 1879.
8(J) J. L. Farley, Egypt, Cyprus and Asiatic Turkey. London (Trübner)
1879. 268 pp. 8. 10 sh. (J d. — Dieses Werk ist bereits in ZDPV. II, p. 92,
Nr. 7 erwähnt; Parley ist in Farley zu verbessern ; ob die Jahreszahl 1878 oder
1879 richtig ist, kann ich nicht constatiren.
87) A. A. Bonar und Mc Cheyne, Narrative of a visit to the Holy J^and.
New edit. Edinburgh (üliphant). 1878. 8. ;i sh. G d. (Fr.).
88) F. Jolivet-Castelot. Trois semaines en Palestine. Douai (impr. De-
christe) 1879. 127 pp. 8. (Nicht ges.).
89) Une excursion en Orient; ])ar J. T . . . ., missionaire. Limoges (Ar-
dant) 1879, 192 pp. 8. (Nicht ges.).
90) G. B. Zanoni : Un pellegrinaggio in Terra Santa. Cremo (tip. nell'
Instituto dellaCaritä) 1878. IGO pp. IG. lira I. (Nach Peterm. Mitth.).
91) J. Bernardi, Viaggio in Terra Santa. Treviso 1878. 442 ]>]). IG. (Nach
Peterm. Mitth.).
92) Cl. Huart, Notes prises pendant un voyage en Syrie : Journal asiatique
Oct.— Nüv.-Dec. 187S, p. 478—498; Jan —Febr. 1879, p. 105-159.
93) S.Ponomerev(?), Jerusalem et la Palestine danslalitterature.lascience,
la peinture et dans Ics traductions russes. App. au Tome XXX'" des Mcm. de
l'Acad. des Sciences de S.Petersburg 1877. XX, 128 pp. — So nach Fr.
94) C. v. ürelli, Durch's heilige Land. Tagebuch])lättcr. 2. Auii. Basel
(Spittler) 1879 VII, 350 pp. 8. Mit einer chromolith. Karte. M. 3, 20. —
llec. von K. Furrer in Schürer's ThliZ. 25. October 1879, Sp. 513 ; von Riehm
in 1). Liter, lil. l.l''cbr, |S8(); von Kngelhardt in Beweis des Cülaubens, April
IS79.
die kurze Reisebesclireibun^ von üaute^^) ist unbedeutend.
Einige 1 hiefe •'•■') aus Jafa entluiltou nur sehr wenig Neues; von
andern bereits im Jahre IS77 gedruckten JJeisebriefen ■'") ist kaum
zu bedauern , dass sie auf buchhändlerischem Wege schwer er-
hältHch sind. — Es erübrigt noch, dass ich hier auch einige neue
Karten"*'-'***'), so viele ich mir notirt habe, zusammenstelle, so-
wie ein Schulbuch über Geographie von Palästina anführe'*").
Einen erfreulichen Eindruck macht es, dass das lleisen nach
und durch l^alästina von Jahr zu Jahr mit wenigen Schwierig-
keiten verknüpft ist, speciell auch Jerusalem immer leichter zu-
gänglich wird. Die Fahrstrasse von Jafa nach Jerusalem' 02 j [^^
leidlich hergerichtet worden, und die Templer befördern auf
derselben viele Eeisende. Aus Jafa "'3)^ das sich immer mehr
entwickelt, kommt die Kunde, dass man wieder von Eisenbahn-
projecten spricht : eine französische (xesellschaft Avill über Lydda,
Horon, Scha'fät einen Schienenstrang legen ; von anderer Seite
Avird für eine Linie Haifa-Nabulus-Jerusalem plaidirt, wegen des
besseren Hafens der Kopfstation "*^) .
Auf dem Gebiete der Topographie von Jerusalem ist nur sehr
wenig Neues erschienen. Wir nennen in erster Linie die beiden
95) Johannes Baute ( Priester der Diöcese Osnabrück) , Erinnerungen an das
h. Land. Mit den Ansichten von Jaffa, Bethlehem, Nazareth und Jerusalem.
Osnabrück (G. Veithj 1879. Gli pp. Pf. 40. — Vgl. Das heilige Land 1879,
p. 107.
96) Briefe aus Palästina: Deutsche Warte (Chicago) 1S79. i;$. Febr.;
20. Febr.; 29. Mai; 19. Juni; 26. Juni.
97) Aus dem Orient. Keisebriefe an Freundinnen in der Heimat von
E. S. Als Handschrift gedruckt. Bonn (Universitätsbuchdruckerei von Carl
Georgi) 1877, 72 pp. 8.
98) New biblical Atlas and Scripture Gazetteer publ. by the Religious
Tract Society. Scripture Atlas of Messrs. W. & A. K. Johnston 1879. Vgl.
Athenaeum ;k Mai 1879, p. 700.
99) Outline text Map (unlettered) of Palestine. London (Johnston) 1879.
100) V. Vogt, Kart over Palaestina. Christiania Mailing) 1879. Kr. 0,50.
101) D. Koriülh, Geographie von Palästina. Zum Schulgebrauch. (Mit
bischöfl. Approb.) l.Aufl. IStiS. 3. Aufl. 1879. P'reiburg Herder 81 pp. 8.
M. 1,()0. — Rec. von Lüdtke 8. o. Nr. 8.
102) Orientpost der Warte : 18. Sept.; 13. Nov.; 18. Dec. 1879.
103) Jafla im Monate December : Das heil. I>and 1879, p. 15 — 21.
KU Nach dem Jewish Chronicle in Oesterr. Monatsschrift f. d. Orient
15. Jänner 1879, p. 10.
78
Abhandlungen des Herrn l^aron von Alten ^o^-'o^). In der
ersteren weist der Verfasser nach, dass Zion sicher auf dem Ost-
hügel gelegen habe und erklärt, wie später der AVesthügel zu
dem traditionellen Namen Zion gelangt sei. An den Eccehomo-
bogen und einige Steincylinder im Keller des Instituts der Zions-
schwestern hat Sepp i07j gewagte Hypothesen geknüpft. Ein in
italienischer 1"^) , französischer ">oj und deutscher •'") Sprache er-
schienener Aufsatz über das heilige Grab enthält nichts Neues.
Während ConderI'i) den Einfall hatte die Gräber der jüdischen
Könige in den neuen Kökim der Rotunde der Grabeskirche zu
suchen, hat sich Kirci[112i mit der schwierigen Frage beschäf-
tigt, an welcher Stelle der Westseite des Tyropöon David's Grab
gewesen sein könnte ; diese bereits vielfach aufgeworfene Streit-
frage hängt zusammen mit der Frage, wo die alte Mauer ^^^^ das
Tyropöonthal durchschnitten hat und was für alte Teiche die
jetzigen Siloahteiche i'^) repräsentiren, respective ob ein anderer
Teich noch weiter oben im Tyropöon gelegen hat. Nordwestlich
vom Damaskusthore hat Schick '^^) gelegentlich alte Reste ent-
deckt, die vielleicht von der durch die Kaiserin Eudokia dort ge-
stifteten Stephanskirche herrühren. — Hier mag auch auf eine
105) Baron von Alten, Zion : ZDPV. II, p. 18—47.
106) Baron von Alten, Die der Stadt zugewandte Umgebung des Tempel-
1)erges als die Unterstadt des Josejjhus nachgewiesen: ZDPV. II, p. 1^9—200.
107) J. N. Sepp, Der Stein hat - Toim am Eccehomubogen : ZDl'V. II,
p.48 — 51. Uebersetzt in den Statements 1879, p. 195 — 197.
los Della Vera forma primitiva ed attuale del Sepolcro di Gesü Christo.
Dissertazione del P. Cypriano da Treviso, Corredata da sette tavole. Venezia
(tipogr. li. Merlo fu. G. B.) 187<J.
109) La vraie forme primitive et actuelle du S. Sepulcre ... par l'abbe
Laurent de Saint-Agnan. Paris (librairie des lieu.x saints) 1879.
110) P. Cyprianus da Treviso, Die wahre ursprüngliche und gegenwärtige
Form des h. Gral)es unseres Herrn. Mit 7 Ab])ilduiigen . Das heil. Land
1879, p. ILi— 119; 145—154.
111; Claude K. Conder, The tombs of the Kings of Judah : Athenaeum
27. Dec. 1879, p. 850.
112) W. F. Birch, The tomb of David: Statements ls79, p. 172— 17H.
1111) W. F. Birch, Nehemia's wall and David's tomb: Statements 1879,
p. 170—179. Mit Plan.
114) "W. F. B., Note on the two pools : Statements 1879, p. 179—180.
115) C. Schick, Neue Funde im Norden von Jerusalem : ZDPV. II, p. 102
— 105; übeis. in Statements 1879, p, 198—200.
79
Notiz über die beiden Aussätzigenhäiiser ' ^^] bei Jervisalem hin-
jj^ewieseii werden; neben dem deutschen Institut (mit zwan/ifj;
Insassen) giebt es bei Siloah auch noch ein muslimisches mit
\ ierzig Kranken !
Zu der Herausgabe der Ortsliste des Paschalik Jerusalem ' '^)
sah ich mich unter anderem dadurch bcAvogen, dass ich zeigen
wollte , wie sehr wir in liezug auf die Kenntniss der genauen
Namensform solcher Ortschaften noch im Ungewissen sind.
IIekdeksün's ^'*') Notiz über Emmaus enthält nichts Neues.
Hikch's ••'>') Vermuthung, dass die Stadt Samuel's (l Sam. 9) gleich
Rama inul Gibeat ha-Elohim gleich Jerusalem sei, ist ebenso vag
und unbewiesen, wie ('onder's ^^oj Ansicht, dass Nephthoa gleich
Etam [ain 'atän], Kirjath Jearim gleich 'erma bei bet 'atäb sei.
Auch die schon öfters vorgebrachte Identification von Mizpa mit
schafäf^'^^) leidet nicht bloss an äusseren sprachlichen, sondern
auch an inneren Schwierigkeiten, weshalb wir lieber bis auf
Weiteres an nebi scham^vil festhalten. Wenn in dem Aufsatz von
Kawnslky^22j i^i^s ebenfalls die Identificationen zu weitgehend
erscheinen , so lesen wir doch gerne seine Beschreibung einer
interessanten Höhle und Quelle (mit Bildern und Plan!) im iccidi
suiveimt (NO. von Jerusalem). In einem Vortrage über Gilgal
will Schick '23j diesem Worte eine appellative Bedeutung als
y>harüm, Cultusstätte« zxiweisen und führt dann die verschiedenen
bekannten Ortlichkeiten dieses Namens auf; wir müssen jedoch
dahin gestellt sein lassen, ob das Gilgal der Jordanebene in der
IIG) Pastor Reinicke , Die beiden Aussätzigenhäuser bei Jerusalem : N.
Nachrichten a. d. Morgenlande 1S71), p. 21 — 2().
117) Alphabetisches Verzeichnisa von Ortschaften des Paschalik Jerusa-
lem : ZDPV. II, p. 135—163. Mit Karte. Vgl. ebenda p. 245.
118) A.Henderson, On the site of Emmaus : Statements lS79,p. 105 — 107.
119) W. F. Birch, The nameless city : Statements 1S79, p. 130—131; vgl.
Conder p. 171 — 172.
120) Claude R. Conder, Nephtoah and Kirjath- Jearim: Statements
1879, p. 95—99.
121) G. Gatt, Mizpa im Stamme Benjamin: Das lieil. Land 1S79 p. 119
bis 126; p. 154—160; p. 181—194.
122) H. B. Rawnsley, The rock of the pomegranate: Statements 1879,
p. 118 — 126. — Note by Lieut. Conder ebds. p. 126—127. — Observations on
the above. By Rev. W. F. Birch ebds. p. 1 27—1 29 ; vgl. p. 112; Conder p. 1 70.
123) Schick, Vortrag im deutschen Verein zu Jerusalem am 17. Mai ls78
gehalten. Ueber Gilgal: N. Nachrichten a. d. Morgenlande 1879, p. 39 — 53.
80
That ganz in der Nähe des heutigen rlhä zu suchen ist. Da wir
gerade in das Jordan thal hinabgestiegen sind, so sei bemerkt, dass
der Bericht Selah Merrill's '24^^ welcher schon früher erwähnt
Avurde, nun auch in den Statements der englischen Gesellschaft
im Auszuge abgedruckt worden ist. Derselbe beschäftigt sich be-
sonders mit dem Jordanthal. Gegen den von Merrill versuchten
Nachweis der Ortslagen von Sukkoth und Pnuel ist Paine '2^)
aufgetreten. Derselbe scheint die fragliche Gegend genau durch-
forscht zu haben. Zuerst weist er nach, dass Pnuel unmöglich
bei tulül ed-dahah (die »Goldhügel« sind nach der Art des Sand-
steins der dortigen Gegend so benannt) zu suchen sei; durch
den sehr wasserreichen unteren zerkä führt kein Weg, wohl
aber eine Eömerstrasse. Was Sukkoth betrifft, so könne man es
nicht mit Deir 'Allä und rabbinischem Tar'alah identificiren, da
Sukkoth dem Sakütah der Talmudisten entspreche. — Weiter
\inten im Jordanthal will Merrill bekanntlich den Euinenort
Zoar in »Teil Ektanu« (vgl. ZDPV. I, 44, Z. 13 lies kfn) wieder
gefunden haben; dagegen plaidirt Birch ^26) f{ij. teil esch-schaghür ,
welches an dem Punkte liegt, wo der tmdi hesbän in das Jordan-
thal fällt. Zeboim will Birch in dem nahen teil schdlh entdeckt
haben. Wird uns schon hier viel Glauben an die Möglichkeit
von Laxitübergängen zugemuthet, so sind Zusammenstellungen,
wie Birch sie mit /wA?^ (Jesaia 15, 5) vornimmt, einfach lächer-
lich. BiRCii sucht nämlich liiJfit in einem Thale nahe bei seinem
Zoar und hndet es auch ; habe man doch daselbst dem Reisenden
FiNN viel Geissblatt (arab. »luwäyeh«) gebracht; woraus er frisch-
weg folgert, dass von diesem Geissblatt das Ihal den Namen ge-
habt habe, und in der Benennung »luwäyeh« das alte lüJfit zu er-
kennen sei ! ! Wir Averden uns dem ans sehr verschiedenartigen
Gründen (sollte wohl eine Verw^echselung von 'emek has-siddmi
I Mose 14, 8 mit hasch-schitt'im Josua 2, l hincingespielt haben f)
entspnnigenen Dogma der Engländer und Amerikaner, dass die
Pentapolis im Norden des todtcn Meeres zu suchen sei, dnrchaus
124) Selah Merrill , Modern researches in Palestine (abridged from the
l)ulletin of the american geographica! society): Statements 1879, p. 138 — 154.
Vgl. ZDl'V. 11, p. 98, Nr. G.
125] J. A. Paine, Succoth and Penuel not yet identitied . Pibliotheca
Sacra 1878, p. 481—498.
12Ü) W. F. Birch, Zoar: Statements 1879, p. 15—18; p. 99— lül.
81
entschlagen müssen. Auch Stellen wie VMose 34, 2. 3 sprechen,
so gnt -wie I Mose 13, 10 geradezu für die ältere Ansicht, dass
Zoar am Südende des todten Meeres zu suchen sei, und wenn
jemand den Gründen Nöldekk's Im Neuen Reich 1871, Nr. 28,
Die Entstehung des todten Meeres) nicht zugänglich sein sollte,
kann er sich doch unmöglich dem Gewicht der Auseinander-
setzungen Wetzstein's, dass Zoar am Südende des todten Meeres
noch his in die Kreuzfahrerzeit existirt habe, verschliessen. Ob-
gleich auf Wetzsteik's Abhandlung in Gesenius '27) Wörterbuch
ausdrücklich hingewiesen ist, scheinen die Engländer sie doch
absolut zw ignoriren ; wir werden uns daher erlauben, von nun
au bis auf weiteres ihr krampfhaftes Suchen nach der Fentapolis
ebenfalls nicht mehr zu berücksichtigen. Auch mit der That-
saclie des ^'orkommens von Schwefelstücken etwas nördlich vom
todten Meere Avird man die Annahme, dass die Katastrophe von
I Mose 19, 24 hier stattgefunden habe, nicht stützen können, da
Fraas '2S| nachgcAviesen hat, dass das Vorkommen des Schwefels
bei 'ai?i hadschlä geologisch aus versiegten Schwefelquellen erklärt
Averden müsse. Für einen neuen l^eitrag sind wir Wetzstein ^^o)
auch dieses Jahr Avieder zu Dank verpflichtet; derselbe hat näm-
lich in der Stelle Jos. 19, 34 das schwierige »Juda am Jordan«,
das uns freilich kritisch verdächtig ist, aus der Welt zu schaffen
gesucht, indem er ^Jehüd^^ in der Bedeutung Niederung (oder ähn-
lich zu fassen vorschlägt.
Eine interessante Unnvanderung des todten Meeres mit allen
SchAvierigkeiten einer solchen hat Kersten '^*') beschrieben ; auch
hat er Fingerzeige gegeben , Avie eine solche Entdeckungstour
auszuführen sei. GcAvissermassen eine Ergänzung zu dem Rou-
tier Kersten's bildet Schnabl's '3') Beschreibung einer Reise
127) Wilhelm Gesenius, Hebräisches und chaldäisches Handwörterbuch
über das alte Testament. Achte Auflage, neu bearbeitet von F. ^lühlau und
W. Volck. Leipzig (F. C.W. Vogel) 1878. XL, 982 pp. 8. Die Sorgfalt, mit
welcher in dieser neuen Auflage gerade auch die geographischen Artikel aus-
gearbeitet sind, ist ausdrücklich zu betonen.
128) ü.scar Fraas, Der Schwefel im Jordanthal: ZDPV. II, p. li:{— 11!».
129) J. G. Wetzstein in Fr. Delitzsch, Biblischer Commentar über den
Propheten Jesaia. 3. Ausg., Leipzig 1879, p. 692 — 695.
i;{0) Dr. ü. Kersten, Umwanderung des Todten Meeres im Frühjahr 1874 :
ZDPV. II, p. 2(MJ— 244.
131) Karl Schnabl (Kaplan des Johanniter-Ürdens-Hospizes in Jerusa-
82_
nach Machänis [mkaur] . Zu Schick's '^'2) Reise nach Moah.
welche von Kiepert zum Druck heföidert wurde, liegt eine hüb-
sche Kartenskizze vor, der auch ein Plan von Dibon beigegeben
ist. Auch von Klein ''^j haben wir einen kurzen liericht über
eine Tour nach Moab erhalten. Missionar Müller '^^j schildert
uns seine Erlebnisse auf einer Missionsreise nach es-salt und
ammän und berichtet über die Aerhältnisse jener Gegend, be-
sonders auch über die Tscherkessenansiedelung in ammän man-
ches Interessante.
Kehren wir wieder ins Westjordanland zurück, so haben wir
zunächst die Veröffentlichung des SciiicK'schen Planes von As-
kalon zu nennen, welchen Guthe^ 3^) mit einigen Bemerkungen
versehen hat. IJesonders interessant ist an diesem Plane der Um-
stand, dass auch der alte Hafen von Askalon eingezeichnet ist.
Nestle's 136) Aufsatz über Elkösch (ZDPV. I, p. 222 — 225) ist
ins Englische übersetzt worden. King'sI^^j Bemerkungen über den
Jakobsbrunnen enthalten nichts Neues. — Ueber die bestrittenen
Ortslagen am See von Tibcrias sind vielfache alte Meinungen
wiederholt und neue geäussert worden. Conuer's'''^) und IIiüü-
avay's'^'') Bemerkungen über Capernaum uiul Bethsaida kömien
lern), Reise nach Machärus (vgl. ZDPV. II, p. lüO, Nr. 1): Das heilige Land
1879, p. 11—14; 53 — 66.
l:}2j C. Schick, Bericht über eine Keise nach Moab, im April 1S77 in Be-
gleitung des K. deutschen Consuls Baron von Münchhausen. Mit Karte und
Abbildungen: ZDPV. II, p. 1 — 12; v^l.dazu p. 24ü. — Uebersetzt in den Sta-
tements 1870, p. 187— l'J2.
133) F. A. Klein, Notizen über eine Reise nach Moab im Jahre 1872:
ZDPV. II, p. 124—134.
134) Brief von Missionar Müller in Bethlehem : N. Nachrichten a. d. Mor-
genlande 1879, p. 150—192.
135) II. Guthe, Die Ruinen Ascaloiis. (Erläuterung zu Tafel V): ZDPV.
II, p. 164—171.
13G) Nestle, Where is the birtlijjlace of the prophet Nahum to be sought;
Statements 1879, p. 136—138.
137; James King, Jacol)'s well, its liistory and associations : Statements
1879, p. 87—95.
138) Conder, Notes on the topography of the sea of Galileo : Statements
1879, p. 168—170.
139) Rev. ('anon Ridgway, Biblical sites — (Sumniary of Paper): Trans-
actions of the Society of Biblical arcliaeology : Vol. VI, London 1878, p. 256
—259.
83
wir zwar übersehen ; Kitchener '^o) plaidirt kurz dafür, Hethsaida
^uiid IJethsaida Julias) sei in tellhüm^ Caperuaiim in chirbet minje
■L\\ erkennen. Ein neues System der Ortslagen am See hat de
Saulcy'^*) aufgestellt, dessen Schlusssätze wir hier (nachp. 549)
k\irz wiedergeben wollen : Tarichäa liegt bei Kedes, 3 — 4 km vom
Südende des Sees nordwärts. Südlich von den liädern el-ham-
mäm (Emmaus) sind lleste eines Lagergrabens Ves])asian's zu er-
kennen. Die Kuinen des Herodischen Tiberias bedecken die kleine
Ebene zwischen den Bädern und dem heutigen Tiberias. El-
medschdel ist Magdala. ('apernaum lag am Fusse der Höhen der
kleinen Ebene el-ghuiceir (Gennesar des Josephus), also bei ain
el-mudauwara. Kinneret lag bei dem heutigen »Abou C'houched« ;
die Grenze von Zebuion und Naftali ging den Thalweg des ivcidi
rahadlje entlang. Chorazin lag bei chUn minje \n\(\. \iin et-tin-,
Bethsaida [später Julias) ist in den lluinen von teil 1mm zu
suchen. — Aus der schönen Arbeit Furrek's '^2j yyX^^x denselben
Gegenstand heben w ir besonders die Bestimmung von Magdala
als Tarichäa und die etwas gewagte C'onjectur hervor, dass l)al-
manutha in Manutha abgekürzt , in Mensa (Ort der Speisung)
latinisirt und im heutigen arabischen minje erhalten sei. Im all-
gemeinen sind Furker's Gründe die zutreffendsten. Besonders
sind auch seine Bestimmungen der Ortschaften am Ostufer des
Sees von Wichtigkeit (Gamala = dschemle ; kersa = Gerasa, Ger-
gesa; liippos = el-hösn). — Es sei gestattet, hier nachträglich
auf eine Abhandlung von Guerin i^^) über Jotapata(f/Är/!e/iz^; hin-
zuweisen .
Zum Schlüsse betrachten wir noch kurz die an Palästina an-
grenzenden Länder. Ein maronitischer Erzbischof '^^j hat seine
Eeise durch den Libanon beschrieben. Prediger Baarts^^sj be-
140) Schaff, Capernaum: Statements 1879, p. 131—135; Obvervations on
the abüve by Lieut. Kitchener p. 135 — 136.
141 J F. de Saulcy, Etüde sur la geographie comparee de Vd. rive occiden-
tale du lac de Gennczareth, ou mer de Galilee : Journal des Savants. Aug.
1879, I, p. 489—501 : II, ebds. p. 537—550.
142) K. Furrer, Die Ortscliaften am See Genezareth : ZUPV. II, p.52— 7-J.
143) V. Guerin, Sur lemplacement et les ruines de Jotapata, ville de Pa-
lestine: Acad. des inscript. Comptes renrlus des seances. 1877. 4" serie. T. V.
Jan. bis Sept. (Fr. 1321).
144 li. Zouain, Notes et Souvenirs d'un voyageur libanais. Paris (Chaila-
mel aine; 1879. VIII, 212 pp. s. (Seh.)
145) Baarts, Die Tropfsteinhöhlen des Hundsflusses bei Beirut: N. Nach-
84
richtet über drei im Jahre 1S73 von amerikanischen luul engli-
schen Ingenienren ausgeführte Expeditionen in die grossartigen
Stalaktiten-Höhlen am Hnndsflnss. Nach einer Notiz im iVthe-
naenm soll man nnn ans assyrischen Qnellen Näheres über die
assyrischen Bildwerke am Hnndsflnss i*^] wissen. De Saulcy ^^')
hat eine Notiz über palmyrenische Münzen veröffentlicht. Recht
unterhaltend nnd mit hübschen Bildern ansgestattet , sind die
Schildernngen, welche Cahun '^^) von den Nosairiem nnd ihrem
Lande entworfen hat.
Wenden wir uns nnn zn den (regenden südlich von Palästina,
so haben Avir zunächst die englische Auflage von BAEnEKEK's ^*'-*)
Unterägypten und eine neue Auflage von Isambert's ■&") Buch,
welche Werke beide auch die sinaitische Halbinsel umfassen,
zu verzeichnen. Ueber einzelne Aufsätze ^^''^^^j ^ Avelche die
Wanderung der Israeliten betreffen, sowie die Schriften von
Palmek^53j und Adams '5*) kann ich kein Urtheil fällen. Ueber
die ausserordentliche Trockenheit bei Suez berichtet William
Andrews ''^^j . In den Strichen südlich von 1 Palästina und auf der
Sinaihalbinsel ist Holland i^'') gewandert imd bringt darüber
richten a. d. Morgenlande 1S79, p. 33 — 38 (aus dem Monatsblatt Good Words,
Nov. 1875.)
146; W. St. Chad Boscawen, Syrian Topography : Athenäum 28. Sept.
1878, p. 406.
147) F. de Saulcy, Note sur las monnaies coloniales de Palmyre. Paris
(impr. Arnou de Kiviere) 1878. 11 pp. 8. et pl. (Extrait des melanges de nu-
mismatique 1 ""ö serie, tome 3). (Nicht ges.).
148) Leon Cahiin, I,es Ansarie's: Tour du monde 13. l)ec. 1879, p. 361)
bis 384 ; 20. Dec. p. 38.')— 4üO.
140) K. Büdeker, Egy])t. Handbook for travellers. Vol. I. TiOwer Rgypt
with the Fayüm and tlie peninsula of Sinai. With 16 niap.s, 29plan.s, 7views
etc. Leipzig (Biedeker) 1878. XIV, 526 pp. 8. M. 10.
150 E. Isambert, Itineraire descriptif, historique et archeologique de
rOrient. 2epartie. Malte, Egypte, Nubie, Abyssinie, Sinai, contenant 6 car-
tes, 19 plans et 4 gravures. 2eedition. Paris (Hachette) 1878. LIV, 77 (?)
pp. 18. fr. 30. (Nicht ge.s. Frid.).
151) E. Ledrain, l.srael dan.s Ic desert: Lc C'onteniporain Januar 1878 (Fr.)
152j Hebrew migration i'rom Egypt. London (Trübner). 1879 (?) 450 pp.
8. sh. 16. fSch.).
153) H. S. Palmer, Sinai: from the fourth Egyptian Dynasty to the Prä-
sent Day. New York (Pott c^- Co.) 1S78. 16. 75 c. (Fr.).
154) W. H. Adams, Mount Sinai, Petra, and the desert, dcscribed and
iilustrated. l''dinl)ünrgh (Nelsons) 1S79. I(;6 ])p. 12. sh. 2. (Seh.).
155 William Andrews, Suez and its desert: Statements 1879, p. 48 — 51.
156) Rev. F. W. Holland. A journey on toot through Arabia Petraea :
Statements 1879, p. 59—72.
85
einiges Nene in liezug auf licduincuverliältnisse . Spuren alter
Ansiedelungen und besonders auch den Lauf der Thäler. Einen
wichtigen IJeitrag zur Lösung der Streitfrage über sela hat Wetz-
stein '^^) geliefert. Er fasst scJa als Appellativ und will be-
weisen, es bezeichne einen Felsenspalt, eine' Felsenkluft, in wel-
cher Menschen und Thierc vor Sonne und Unwetter sich bergen,
und in welcher besonders auch TauV)en nisten. Daher sei unter
sela Richter I, 3() der gewaltige S])alt des so/aA-Passes, unter
sela Jes. 16, 1 ; 42, 11 die Arnonschlucht zu verstehen, und has-
sela sei nicht der eigentliche Name der edomitischen Stadt, son-
dern dieser habe ursprimglich hosra (Jes. 34 und 63 ; Arnos 1, 12),
vollständiger hosrat has-sela gelautet.
Mit Petra haben wir bereits Arabien betreten. Die neueren
Forschungen über dieses.Land verfolgt und verzeichnet Zehme ^^^)
mit grossem Eifer. Hei der ^Vichtigkeit , welche Arabien über-
haupt (man denke an I Mose 10), in Sonderheit aber dem Lande
Midian in seinen lieziehungen zu Palästina und dem alten Testa-
ment eigen ist, erlaube ich mir zum Schlüsse bei der neulich er-
folgten Erforschung dieses bisher so unbekannten Landes etwas
länger zu verweilen. Li meinem vorjährigen Berichte habe ich
bereits auf die erste lieise Bukton's hingewiesen ; die Beschrei-
bung derselben scheint seitdem in zweiter Auflage erschienen zu
sein '^■'); ebenso ist ein Midian betreftender Aufsatz, der im Jour-
nal of the Anthropological Listitute Februar 1879) erschien, mir
in einem Separatabdruck zugekommen iß") . Die l*)eschreibung
der zw^eiten Expedition Burto^^'s ^^^) ist in vieler Hinsicht wich-
tiger und interessanter, als die der ersten, und vor allem sind die
157) ybo Jes. IC), 1 ; 42, II. fTi}I3 Jes. 34, 6; 63, 1 : Biblischer Commen-
tar über den Propheten Jesaia von Franz Delitzsch. 3. Ausgabe. Leipzig
(Dörffling und Franke; 1879, p. 696—707.
15S; A. Zehme, Aus und über Arabien: Globus 1879. VI, p. 43; VII,
p. 2S2. VIII, p. 374 (Nicht ges., da diese Zeitsciirift mir in Tübingen nicht
zugänglich ist).
159) Capt. Richard F. Burton, The gold-mines of Midian and the ruined
Midianite cities. A fortnight's tour in north-western Arabia. With numerous
illustrations. Second edition. London (C Kegan PauKV: Co.) 187?. sh. lis.
160; R. F. Burton, Stones and bones from Egypt and Midian. 30 pp. S.
161) Richard F. Burton, The land of Midian revisited . With map, and
illusti-ations on wood and by chromo-lithography. London C. Kegan Paul iV
Co.) 1879. I: XXV, 338; 11: VII, 319 pp. 8. — Rec. von Sprenger in JLZ.
21. Mai 1879, p. 281; von Schweinfurth in üesterr. Monatsschrift f. d. Orient
86
für die Geographie des Landes geAvonnenen Resultate, wie ein
Blick auf die Leigegebene Karte lehrt, höchst bedeutend. Bur-
ton geht dabei über die Grenze des eigentlichen Midian (welches
von el-^alaba bis zu el-muivelih, respective zum tocidi es-surr reicht,
vgl. I, 294) hinaus und bringt für die weiter südlich bis zum icädi
humd streichende Landschaft, so weit das Land ägyptische Pro-
vinz ist, den unhistorischen Namen Süd-Midian auf. Die Länge
von Nord-Midian würde also 200 km, die von Süd-Midian 194,8 km
betragen; gegen Osten ist das Land durch den Gebirgsrücken
begrenzt (jenseits dessen »daulat Shäm«, d. h. syrische Regierung
ist) ; im nördlichen Theil hat es auf diese Weise eine Breite von
44,5 bis 65km, im Süden etwa doppelt so viel. Dieses ganze
Land ist nun reich gegliedert (II, 86); vom Meere an gelangt man
zuerst in die sandige und steinige maritime Region, die niedrigen
Hügel der »Ghät«, die aus Granit und Trapp mit starken Adeni
und Ausbrüchen von Quarz bestehen, und Thälern, die mit dicken
(!onglomeratbetten eingefasst sind. Es folgen gegen Osten mit
dieser Formation parallel die Berge et-tihüma, eine majestätische
Bergkette, die das Küstenland abschliesst, mit breiten Thäleni
und engen Schluchten. Hierauf folgt weiter gegen Osten die
Bergkette escli-schafa^ die »Lippe« von Nordwestarabien, der
Grenz wall des centralarabischen Nedschplateau's. Eigentlich
schon zum letzteren gehört die Ilisma (I. 322) eine Hochterrasse,
aus losem Sandstein, uiul Aveiter innen dehnt sich ebenfalls wie-
der parallel mit der Küste laufend, die lange Kette der Lava- und
Basaltregion (/»«/ra) aus (I, 325 ff., II, 104). Diese Regionen hat
BiiRTON mit seinen ägyptischen und beduinischen Begleitern mit
vieler Anstrengung n\in durchforscht, besonders auf ihre geolo-
gische Structur hin. Im nördlichen Midian wurden reiche Ku})fer-
silicatc und ('arbonate, sowie auch Schwefellager entdeckt; süd-
lich von muwelil) goldführende Quarzadern, bei /iba Türkisminen.
Leider verstehe ich nichts von Geologie und kann daher die
Wichtigkeit der gemachten mineralogischen Entdeckungen '^^J
besonders bei den Quarzbergen II, 66.237 (vgl. auch II, 158. 173),
sowie auch die eigentliclien Resultate der ganzen Expedition nicht
März 1879, p. 4S ; in Petermann's Mittheilunf^en 1871», p. I.")(); Athenauum
15. März 1871), p. .'{37.
Iü2; Vgl. H. F. Rurton, ]{cport upon tho niiiKM-ids of Midian. London
(C. Kegan Paul cV Co.) 1879. ^Aus der Vorrede von Midian ruvisited.)
87
gehörig Avürdigen. Selir wiclitig ist jedenfalls, dass Htihtox an
manchen Orten Spuren ehemaligen üerghaues entdeckt hat.
Unsere Zweifel, oh sich die Wiederinangritfnahme des lierghaues
in jener Gegend lohnen Aviirde, hasiren natürlich mehr auf allge-
meinen (niinden , -werden aher, wie -wir heifügen können, auch
von (ieologen getheilt. Aher auch die archäologische Ausheute
Hdkton's ist keine geringe. Unter anderm wurden Inschriften
gefunden (z.H. II, 156). Sehr interessant ist im dritten (Kapitel
die Heschrcilning von maghüir schu'aib (Höhlen Jethro's), in
welchem Platze Hurton das alte Madiama des Ptolemäus (I, 85)
gefunden hahen will. Unter den zahlreichen in Midian ent-
deckten Ruinen von Ortschaften (I, 132 ff.) finden sich auch sonst
noch einige, deren Namen mit altüberlieferten zusammenstimmen ;
so wird El-Uakl 'Hakul) mit A'i'xaXrj (I, 132), Schuwak mit Zoaxa
(II, 10 . und das Wadi Salme mit dem alten Namen ^llcXfxa (II,
40) zusammengestellt. Auch Ruinen eines alten (römischen?)
Tempels wurden entdeckt und zw^ar ganz im Süden , im ivädi
liamd II, 219. Allzu kühn ist jedoch die C-onjectur , dass der
Name Jethro's mit dem alten Namen von Medina (Jathrib) iden-
tisch sei (I, 130).
Von besonderem Interesse sind die l^emerkinigen , Avelche
sich auf die Ijewohner jener Gegenden beziehen. H)Iirton schil-
dert uns die einzelnen Heduinenstämme , welche übrigens alle
mehr oder weniger mit Ägypten zusammenhängen und dort noch
gleichnamige Verwandte haben (vgl. I, p. 161 ff.). Unter diesen
Heduinen, den huweität, heni 'uhba. maknaioi (I, 201) nehmen
die Jmtaim (I, 161; II, 117) eigenthümlicherweise die Stellung
von Haria's ein. Sehr hübsch ist die Schilderung der Schwierig-
keiten , welche Hurton in der Hizma gegenüber dem Räuberge-
sindel des syro-ägyptischen »Ma'äziw-Stammes durchzufechten
hatte (I, 331 ff. Auch die Urtheile über die anderen Hegleiter
der Expedition sind bisweilen köstlich (vgl. I. 31 ff.) .
Obwohl die Heschreibungen Hurton's meist lebendig sind,
so glauben wir doch . dass das Buch etwas kürzer hätte gefasst
werden können. Dies soll aber unserer Anerkennimg. die wir
vor allem auch d(>r Kutn-gie des Reisenden zollen müssen, keinen
Eintrag thun.
Der Frankeuberg.
Von Eaiiiath C. Schick in Jerusalem.
(Hierzu Tafel IVund V.)
Auf dem Wege von Jerusalem nach Betlilehem bietet sich
dem Blick des Reisenden, sobald er die Höhe von mar eljüs über-
stiegen hat, eine weit ausgedehnte Landschaft : in der Nähe das
freundliche Bethlehem, weiter östlich eine grosse Anzahl von
Bergen und Thälern nicht nur diesseits, sondern auch jenseits
des todten Meeres. Unter den näher gelegenen Bergen fällt be-
sonders einer durch seine isolirte Lage und regelmässige Erhe-
bung') auf — es ist der Frankenberg oder, wie die Araber
ihn nennen, der dschebel el-furcidls^ »Berg des kleinen Paradie-
ses«'^). Er ist darum häufig besucht und beschrieben worden.
PococKE gab schon 1743 — 1748 eine Zeichnung desselben 3).
Andere suchten durch Yergleichung mit vaterländischen Gipfeln
den Lesern eine deutlichere Vorstellung von dieser pyramiden-
förmigen Kuppe zu geben. So stellte ihn Dr. Wulff mit der
Achalm bei Reutlingen zusammen. In Erinnerung an ein früher
gegebenes A'ersprechen 'j habe ich den Berg nivcllirt, gemessen
und Zeichnungen (s. Tafel IV u. V) darnach angefertigt, welche
ich mit folgenden Bemerkungen versehe.
Oestlich von der Wasserscheide zwischen Bethlehem und
arfäs sind die Anfänge zweier nach Südosten streichender Thäler,
eines südlichen, welches nach einander die Namen loädi ar(üs,
wädi üt-taimhln und wadi charctiin führt, und eines nördlichen,
Avelchcs anfangs wüdi er-rähib ^ später ivüdi et-taümire heisst.
1; Vgl. Tobleu, Topographie von Jerusalem 11, p. 5Ü() — 572.
'2) Ueber den Namen vgl. ZDPV. II, p. 15:5.
3 Be.schreibuiig des Morgenlandes II. Aus dem Englischen übersetzt.
Krlangen I75J. 4) S. ZDPV. I, p. 1(>S.
89 _
Das zmschen diesen Thillem sich aiisdehiiendo Tafelland senkt
sich stets von Westen nach Osten, 'svird nach Osten immer hreiter
lind trägt mehrere Hügel auf seinem Rücken, von denen der
Frankenherg schon von Natur der höchste ist. Je mehr das
Tafelland sich zwischen den genannten Thälern ausdehnt, um
so häiifiirer und tiefer wird es selbst von kleinem nach S. und N.
sich senkenden .Seitenthälern durchschnitten. Der Fuss des Fran-
kenherges, welcher im allgemeinen niedriger ist als die Umge-
hung liethlelu'm's, liegt daher, zumal von ihm aus auch einige
Thäler nach NO. zu abfallen, durchaus nicht auf allen Seiten in
gleicher Höhe. Weiter ist dadurch bedingt, dass seine Form am
Fusse keine vollkommen runde und die untere Böschung ver-
schieden gestaltet ist. Aber nach oben zu wird liöschimg und
Rundung durchaus gleichmässig. Man erkennt deutlich, dass
menschliche Kunst der von der Natur angedeuteten Form nach-
geholfen hat. Sowohl die jetzige runde Form als auch die jetzige
Höhe des Berges ist erst durch Aufschüttung hergestellt Avorden.
Den Berg für einen erloschenen Vulkan zu halten, ist ohne allen
thatsächlichen Grund ; denn nirgends findet man Lava oder vul-
kanisches Gestein, als sichere Spuren eines solchen.
Der arabische Name dschebel el-fureidis^ »Berg des kleinen
Paradieses«, passt zu dem heutigen Aussehen der Ortlichkeit
nicht: alles umher ist öde, ohne Wasser und Bäume. Aber vor
Zeiten muss es anders hier gewesen sein. Man findet heute noch
zahlreiche Reste alter Einrichtungen zum Zweck der Wasserver-
sorgung. Dahin gehören nicht bloss einige Cisternen, "welche
sich unter den Ruinen am Fusse des Berges befinden und wahr-
scheinlich einer einstigen kleinen Ortschaft ihren Bedarf liefer-
ten, sondern ein künstlich hergestellter Teich (s. Tafel IV) und
die denselben speisende alte Wasserleitung, Avelche ich ZDPV. I,
p. 167 ff", beschrieben habe. Ferner deuten die noch fast erhal-
tenen künstlichen Terrassen im N. und NW., am Fusse und am
Abhänge des Berges auf einstige Baum- und Gartenkultur hin.
Man muss, so scheint es, auf die Zeiten, in denen alle diese Ein-
richtungen noch ihren Zweck erfüllten, zurückgreifen, Avenn
man überha\ipt den arabischen Namen des Berges deuten will ') .
1 ) In dem Quarterly Statement des English Palestine Exploration Fund,
January 1877, p. 27 stellt Lieut. Condeu der gewöhnlichen, auch ZDPV. II,
p. 15;{ angegebenen und oben kurz angeführten Deutung des Namens die
Ztschr. d. I'al.-Vor. Ul. 7
90
Die hei den Europäern übliche Benennung »Fraukenhevg« ist
sehr jimgcn Ursprungs ^) . »Im 15. Jahrhundert nahm man an,
dass hier auf dem Berge, der auch Bethulia hiess, das Schloss
Rama stand. Bethulia hielt sich bei den Pilgern bis heute, wenig-
stens in bet tamar. Der einmal unzweifelhaft von den Franken
aufgebrachte Name verschaffte sich so viel Geltung, dass den
Ort [bet tamar) selbst die Eingebornen Beth\ilia der Franken
nannten 2), wodann der kürzere Name Frankenberg aufkam. . . .
Mit dem Namen Beth^ilia wurde auch die Sage bekannt, dass auf
ihm die Franken noch dreissig oder vierzig Jahre Stand hielten,
nachdem Jerusalem schon in die Hände der Sarazenen überge-
gangen war. Diese Sage , historisch ganz und gar ohne Halt,
verdient nicht den mindesten Glauben.«
Robinson schreibt dem Italiener Giovanni Mariti (1767)
das Verdienst zu, zuerst die Vennuthung ausgesprochen zu haben,
dass in den Ruinen des sog. Frankenberges das H e r o d i u m des
JosEPHUS zu suchen sei 3) . Yon späteren Reisenden und Palästina-
forschern (Sieber 1818, Berggren 1821, Raumer 1834, Robin-
son 1838 u. A.) ist diese Meinung gebilligt worden und erfreut
sich jetzt allgemeiner Zustimmung. Eine Vergleichung der P>e-
Vermuthung zur Seite, dass »Ferdüs« eine in der Sprache der Fellachen vorge-
gangene Corruption von Herodes sei, und stützt dieselbe durch Vergleichung des
Namens «Kabr elMelek Ferdüs«, welcher einem von ihm in der Mitte des Landes
aufgefundenen Grabmal angehöre ; dieser könne doch wohl nicht bedeuten »Grab
des Königs Parjidies«, sondern vielleicht »Grab des Königs Herodes«, nämlicli
eines der vielen idumäisthen Prinzen dieses Namens; so werde der jetzige
Name passend gerechtfertigt, und die Identifikation mit dem alten Herodion
noch mehr gesicliort. .'allein letztere ist aucli aus anderen Gründen annehm-
bar. (Zu beachten ist, dass es auf die Erklärung des gewöhnlichen Namens
dsrltehel el-fureidls ankommt, in welchem /Mi<;«Vri,s-, wie der Artikel zeigt, von
der Sprache als Appellativname — als Diminutivum \onfardns, Paradies —
betrachtet wird. Schick schreibt »Dschebel Fardos«. Der Name Herodes
lautet im Arabischen (^k.^»-*^. Sp:i'P, Jerusalem und das heilige Land I, p. VA'S
macht zu dem Namen die ]5emerkung : »Paradies ist in Palästina der herge-
l>rachte Name für Grabstätten«. D. li.)
1) Vgl. llouiNSON, Palästina II, p. .'{94 f. Aus Tdblkr, Tojjographie U,
p..571 sind die folgenden Sätze des Textes genommen.
2) Die Hethlehemiten nennen noch heute den liewohnor \on bet tu nun
Hettuliano oder Bethulier. S. ToHLicii, a. a. O. p. 421.
:$) Vgl. KoHiNSüN a. a. O. II, p. :iTi, not. 1. Toblkr a. a. O. 11, p. r,(;9,
not. l.
91
richte des JosEPirtTS mit dem jetzigen Befunde an wnd auf dem
Frankenberge dient derselben d\nchans zur Bestätigung.
Als Ilerodcs der Grosse im parthischcn Kriege (40 vor ("hr.)
aus Jerusalem vor den Nachstellungen seiner Gegner nach Ma-
sada am todten Meere floh, stellten sich ihm unterwegs, 60 Sta-
dien südlich von Jerusalem, die Juden entgegen, wurden jedoch
von ihm besiegt. An diesem Punkte gründete er später »zum
Andenken jenes Sieges eine Ortschaft, welche er mit den präch-
tigsten Palästen schmückte, imd führte auch eine sehr feste Burg
auf, die er nach seinem Namen Herodeion benannte« (Joskpu.
Helium jud. I, 13, 8). Ein »ansehnlicher Palast« und eine »Stadt
Herodia als dessen Umgebung« wird für denselben Punkt er-
wähnt Antiq. XIV, 13, 9. Zweimal beschreibt Josephus die neuen
Anlagen genauer, Bell. jud. I, 21, 10 und Antiq. XV, 9, 4. Die letz-
tere Stelle lautet: »Diese Burg (cppoupiov) ist von Jerusalem etwa
00 Stadien entfernt, von Natur fest und zur l^ebauung sehr ge-
eignet. Denn in der Nähe (nämlich des vorher erwähnten Sieges-
ortes) ist ein massiger Berg, welcher in einen von menschlicher
Hand hergestellten Gipfel ausläuft, so dass er busenförmige Ge-
stalt hat ; umgeben A\ärd derselbe von runden Thünnen ; er hat
einen geraden Aufgang, aus etwa 200 behauenen Stufen erbaut.
Die inneren Gebäude sind herrliche königliche Wohnimgen, in
gleicher Weise zum Schutze wie zum Schmucke aufgeführt. . Am
Fnsse des Hügels befinden sich bemerkenswerthe Lustbauten ; un-
ter anderen ist ein Wasserzufluss — der Ort war wasserann — von
weit her imd mit bedeutendem Kostenaufwande hergestellt. Die
Gebäude unten in der Ebene können jeder Stadt an die Seite gestellt
werden, der Hügel ist wie ihre Akropolis.« An der oben zuerst
genannten Stelle wird mehr die Pracht der ganzen Anlage her-
vorgehoben. Neues findet sich für unseren Ort jedoch nicht.
Erwähninig verdient nur, dass dort Josephus noch von einem
anderen Herodeion redet : »Herodes sorgte auch für sein eigenes
Andenken und nannte eine Burg (cppoupiov), welche er auf einem
nach Arabien zu gelegenen Berge erbaiit hatte, nach seinem Na-
men Herodeion. Ebenso (o|xoi'a)!:) nannte er den busenförmigen.
von Menschenhand gestalteten, etwa 60 Stadien von Jerusalem
entfernten Berg, den er jedoch mit grösserer Israelit ausschmücken
Hess u. s. w.« (folgt die erwähnte lieschreibuug). Es ist klar.
dass Josephus hier zwei Herodoion's neben einander stellt, das
92
eine nach Arabien zu, das andere in der Nähe von Jerusalem.
Es leidet ferner keinen Zweifel, dass für die hier in Frage stehende
Identifikation nur der 60 Stadien von Jerusalem entfernte Berg
in lietracht kommen kann ') .
Zunächst lässt sich auf den heutigen Frankenberg die An-
gabe des JosEPHUs beziehen, dass die Juden den von Jerusalem
nach Masada fliehenden Herodes aufzuhalten suchten ; deini er
liegt am Wege zwischen diesen beiden Funkten. Auch die An-
gabe der Entfernung trifi't bis auf eine geringe Differenz zu. Nach
Baedeker, Falästina und Syrien'^ p. 145 soll die Entfernung von
Jerusalem bis zum Frankenberge in der That 60 Stadien betra-
gen, allein nach meiner Meinung ist sie etwas grösser. Eine um
so gi'össere Übereinstimmung ist aber zwischen den heutigen
Ruinen am Frankenberge inid jener Beschreibung des Josepiiur
vorhanden. Fassen wir daher dieselben näher ins Auge.
Von Westen, von Bethlehem her, dem Orte sich nähernd,
findet man die ersten Trümmer auf einem von Natm* ebenen
Boden. Sie sind umfangreich — sie dehnen sich nämlich noch
weiter, als Tafel IV zeigt, nach W. hin aus — aber imbedeutend
und rühren, Avie auch einige (Zisternen andeuten, von einer ein-
stigen Stadt her. Weiter nach (). beginnt die Senkung eines
nach NO. abfallenden Thaies. Hier, in künstlich geebnetem
Ten'ain, ist ein Teich (Tafel IV, 9) angelegt, 74m lang, 45m
bniif^), der durch die Wasserleitung vom loädi el- arrlih her ge-
speist wurde. In der Mitte zeigen sich Reste von Bauwerken,
einer Insel ähnlich, deren Zweck nicht mehr klar ist. Vielleicht
1 ) Ob schon vor Herodes die Stätte bebaut war, ist nicht mit Sicherheit
festzustellen. Doch scheinen mir diejenigen Recht zu haben, welche hier das
alte Beth Oberem (Jek. (> , 1) suchen. Nach Hieronymis hat dieser Ort
zwischen Thekoa und IJethlehem gelegen, so dass dieser Kirchenvater (von
Bethlehem aus) denselben täglich vor Augen hatte. Dies konnte bei dem
Frankenberge der Fall sein, aber sonst nirgends, ausser an solchen Stellen,
wo nie eine Stadt gelegen hat. (Der Bericht des Hieuonymus, Comment. in
Jekem. vi, 1 ist nicht genau wiedergegeben. Er lautet wörtlich übersetzt:
„Dass Thekoa ein auf einer Anhöhe gelegenes und von Jerusalem 12 Meilen
entferntes Dorf ist, sehen wir täglich mit unseren Augen. Zwischen diesen
(inter hos — wohl: zwischen Thekoa und Jerusalem] giebt es ein anderes
Dorf, das in der syrischen und hebräischen Sprache IJetcharma genannt wird,
ebenfalls auf einem Berge liegend." D. R.)
2) Da der Teich stark mit Schutt angefüllt ist, konnte die ursprüngliche
Tiefe nicht ermittelt werden.
93
waren es Wasserwerke (doch v^rl. ]).!>S). Nach (). zu schliesst
den ebenen Platz eine do])])elte Dammmauer (T. IV, S). welche
ohne Zweifel zur Aufschüttung des liodens und Herstellung des
Teiches eiTichtet wurde. Vom Teiche aus konnte das Wasser in
die übrigen königlichen Gebäude, zu den'verschiedenen Terras-
sen (Tafel IV u. V, 10 bis 16), deren Mauern meist mit Erde be-
deckt sind inid nun steile x\bhänge darbieten, soAvie in den tiefer
liegenden , ebenen Grund ostwärts, in welchem sich vielleicht
der Gemüsegarten des Königs befand, geleitet werden. Gebäiule
scheinen hier an der nördlichen Seite des Berges nur wenige ge-
standen zu haben. Auf dem Plan sind die Reste derselben unter
Nr. 5 und (> verzeichnet. 8ie lassen auf geräumige Hauten mit
Gewölben schliessen, von denen bis heute noch mehrere erhalten
sind. Die mit Nr. 5 bezeichneten übertreffen Nr 6 durch feine
Arbeit. Alle hier liegenden Häuser w^aren wohl für die Beamten
des Königs bestimmt, also Amts- und Oekonomiehäuser.
Von diesen Anlagen war die eigentliche Erhebung des Ber-
ges an der Nordseite durch eine Mauer getrennt. Spuren einer
s<)lc;hen lassen sich auf den übrigen Seiten nicht nachweisen.
Man bestieg den Berg auf einer grossen Freitreppe, die schnur-
gerade hinaufführte und auch von den Seiten her zugänglich
war. Dieselbe begann unmittelbar hinter der erwähnten Mauer,
die hier wahrscheinlich von einem Thor, das vielleicht mehr zur
Zierde, als zum Schutze bestimmt war, unterbrochen wurde. Die
Treppe liegt in ihrer unteren Hälfte unmittelbar auf der natür-
lichen Böschung des Berges auf, die in einem Winkel von 25"
ansteigt. Die Unterlage derselben ist bis heute erhalten und er-
kennbar, ja an einigen Stellen findet man sogar noch die Stufen,
welche nahezu einen englischen Fuss hoch sind. Die Zahl der-
selben darf nun (hirchaus nicht nach der ganzen Höhe des Berges
berechnet werden. Diese beträgt nach Rohinson^) 300 bis 400
Fuss, nach Socm^) 120m. Ich mass vom Wege bei der unteren
Ummauerung im N. bis zur Spitze des Bergkegels nur 82 m, von
der tiefsten Stelle an der N. -Seite 104m. Die Treppe beginnt
nun erst innerhalb der nördlichen Umfassimgsmauer. also ober-
halb des jetzigen und auch wohl alten Weges von Engeddi nach
Hethlehem und führt nicht, wie namentlich die Durchschnitte
1) A.a.O. II, p. :<!)2.
2) Baedeker, Palästina und Syrien- p. 145.
94
zeigen, luif die Höhe des aufgescliüttcten Walles, sondern ver-
mittelst einer Tliüre in den bedeutend tiefer liegenden Hof.
Dalier beträgt die Ausdehnung der Treppe nicht mehr als 55
bis höchstens 60m oder ungefähr 190 englische Fuss. Das er-
giebt für die ganze Treppe eine Zahl von etwa 200 Stufen, die
genau mit dem oben angeführten liericht des Josephus überein-
stimmt. Der obere Theil der Treppe ist allerdings verschüttet.
Ausgrabungen Avürden wohl noch eine Anzahl Stufen zu Tage
fördern. Da die Böschung hier steiler, in einem Winkel von 35"
ansteigt, so muss die Treppe hier etwas ins Erdreich eingeschnit-
ten gewesen sein. Übrigens erkennt man die künstliche Auf-
schüttung noch deutlich nicht bloss an der verschiedenen Lö-
schung, sondern auch besonders an der Farbe des mit kleinen
Steinen unteraiischten Bodens, sowie daran, dass an dem Gipfel
des Berges nirgends die Felsen herausschauen, was doch an dem
unteren Theil desselben öfter der Fall ist. Auffallend ist, dass
die Treppe nicht in der Mitte des Berges ange))racht ist und
nicht direkt in den nördlichen Thurm (Tafel IV, 1), sondern
zwischen dem nördlichen und östlichen Thurm (Tafel IV, 4) in
den Hof hineinführt, ferner dass nur westlich von der Treppe bis
zur halben Höhe hiiuiuf Terrassenanlagen sich fiiulen, die nach
Westen sich ausdehnend etwa kaum den dritten Theil des l^erges
einnehmen. Vielleicht hatte mau bei der Anlage die Pyramiden-
form im Auge und wollte von dieser nicht zu sehr durch Anlage
von regelmässigen Terrassen abweichen.
Die Trei)pe kann heute nicht mehr zur Besteig\ing des Ber-
ges benutzt werden. Man gelangt auf einem in Schlangenlinien
an der Westseite des Berges hinaufführenden Bfade an den Kand
des Gipfels und ist nicht wenig durch den sich darbietenden An-
blick überrascht. Man vermuthet oben eine geebnete Terrasse
mit einigen darauf sich erhebenden Ruinen zu finden; statt
dessen sieht man in eine Art von Krater hinab, der mit einer
Menge von Bausteinen bedeckt ist. Der Schutt der eingestürzten
Mauern und Thürme liegt immerhin Gm hoch über dem Boden
d,es einstigen Hofes. Aus dem kreisförmigen Erdwall ragen noch
die Trümmer von vier runden Thürnien liervor, am meisten die
des ö.stlichen Tafel IV, 4), des am besten erhaltenen (vgl. Durch-
schnitt I). Diese vier Thürme sind nach den Himmelsgegenden
gestellt und durch drei kreisförmige Mauern mit einander ver-
95
buiulen. Die taste, welche den ilusseisteii l'iiiikt der 'J'hi'iime
berührt, stockt jetzt jj^unz in der Erde und raj^t nur an einzelnen
Stellen ans dem Walle hervor. ISie hat einen Umfang von 230m.
üie ZAveite länft je von der äusseren Mitte des einen zu der äusse-
ren Mitte des anderen Thurms Die dritte berührt die innere
Aussenwand der Thürrae und umgiebt in einer Ausdehnung von
I30m den 45m im Durchmesser haltenden Hof. Die ungleiche
Höhe der Mauern wird schwerlich durch den Verfall allein ver-
ursacht sein. Ich vermuthe, dass die Käume zwischen der äusse-
ren und mittleren Mauer sich als ein zweites »Stockwerk über das
erste oder das Erdgeschoss zwischen der mittleren und inneren
Mauer erhoben. Die äussere Ringmauer war und ist noch heute
von aussen durch den aufgeschütteten Wall verdeckt. Wahr-
scheinlich ragte sie ursprünglich mit einer am ganzen Rande
umlaufenden Brustwehr aus der Erde hervor (vgl. die Recon-
struction auf Durchschnitt I) . Die Thürme zeigen oben und
unten dieselbe Rundung : von irgend Avelchen eingerückten oder
vorgebauten Absätzen fand ich keine »Spur. Vom Hofe aus hatte
Luft und Licht reichlichen Zutritt in die Gemächer der Thürme
und in die Stockwerke des Rundbaus. Ob auch Luftöffnungen
nach aussen durch den Wall gelegt waren, kann erst durch Aus-
grabungen festgestellt Averden.
Vor und zu beiden Seiten neben dem nördlichen Thürme im
Hofe finden sich noch die Reste eines Vorbaus. Derselbe enthielt
den Eingang in den nördlichen Thurm und kann, vielleicht in Ver-
biiulung mit diesem, etwa als das Trep])enhaus des ganzen Rund-
baues angesehen werden. Ostlich daneben führt ein Gang auf
die Freitreppe ; westlich sind einige mit Schutt fast angefüllte
Gemächer, von denen das erste rund, das zweite viereckig ist.
Unter ihnen ist wohl ein Stockwerk jetzt ganz in Erde und Schutt
verborgen. Überhaupt vermuthe ich. dass unter den über eirian-
der geworfenen Bausteinen des Hofes sich noch viele erhaltene
Gewölbe mul Gemächer vorfinden. Ohne Zweifel ist ätich im
Hofe oder seitwärts eine Cistenie vorhanden gewesen, welche die
Besatzung der Burg mit Wasser versorgte. Es ist freilich nicht
erwiesen, aber doch höchst wahrscheinlich, dass die äussere King-
mauer auf dem Felsen stand. Dann dürften sich noch tiefer
liegende Gewölbe voi-findcn. nämlich zwischen der Ringmauer
und der ursprünglichen Spitze des Berges. Mir scheint daher
96
der Frankeiiberg zu Ausgrabinigeii ausserordentlich geeignet. Es
ist nicht anzunehmen, dass der Ort schon irgendwann in früherer
Zeit untersucht und ausgeleert und später restaurirt worden sei.
Denn dem steht entgegen, dass der jetzige Hefxnid noch so deut-
lich an die Beschreil)ung des Josephus erinnert, soAvie dass z. B,
für eine regelmässige Hurg der Kreuzfahrer der Ort sich nicht
eignete, da er zu einer solchen Anlage viel zu klein ist. Ich
glauhc daher, dass die jetzigen Trümmer direct von dem Hau des
prachtliebenden Herodes herrühren.
Zu den aus dem Bisherigen sich ergebenden allgemeinen
und besonderen Merkmalen der Identität des heutigen Franken-
berges mit dem alten Ilerodeion muss noch die schon von Kohin-
SON II. A. verwerthete Notiz des Jospnmus hinzugefügt werden,
dass Herodeion nahe bei Thekoa lag '), Avas auf den Frankenberg
Aviederum zutriff't. Kann danach die Lage des alten Herodeion
als nachgewiesen gelten, so gewinnt die Nachricht des Josephus
um so grösseres Interesse, dass gemäss der Verordnung des Hero-
des sein Leichnam nach Herodeion gebracht und dort beigesetzt
worden sei. Leider ist dieselbe von Josephus nicht mit der wün-
schensAverthen Deutlichkeit mitgetheilt. Einmal sagt er nicht
ausdrücklich, Avelclien der beiden von ihm unter dem Namen
Herodeion angeführten Orte (Bell. jud. I, 21, 10; s. oben) er hier
meint. Jedoch liegt es nahe, an den von Herodes »mit grösserer
Pracht« ausgeschmückten inid daher von Joskpihis besonders be-
schriebenen Hcrg, also an den heutigen Frankenberg zu denken.
Grössere Sclnvierigkeit macht jedoch der Umstand, dass die
Länge des Weges, Avelchen der Leichenzug von Jericho bis Hero-
deion zurücklegen musste, sehr verschieden angegeben Avird. Bell,
jud. I, 33, 9 lesen Avir am Ende: »Der Leichnam des Herodes
Avnrde 200 Stadien Aveit nach Herodeion gebracht, avo er seinen
Anordnungen gemäss beigesetzt Avurde.« Dagegen heisst es An-
tiq. XVn, 8, 3 : Sie (das Gefolge der Leiche) zogen bis nach
Ilerodeion 8 Stadien; dort nämlich Avurde er seinem Befehle ge-
mäss beigesetzt.« Letztere Angabe verAveist uns in die unmittel-
bare Nähe von Jericho imd lässt eine Beziehung auf das »etAva
1) Vgl. Bell. jud. IV, 9, 5: »Simon schlug bei einem Dorf'e mit Namen
Thekoa ein Lager auf und .schickte an die Besatzung des nahen Herodeion
einen seiner Vertrauten, Eleazar, der sie zur Übergabe der Festung bewegen
sollte.«
97
60 Stadien (südlich) von Jcrusuleni entfernte« llerodeion (l>ell.
jiid. I, 21, lU) nicht /u. Anch die ebendaselbst erwähnte linrj^,
Avelchc Herodes »auf einem nach Arabien /u ^•elej);enen l'>erge
erbaut« inid nach seinem Namen llerodiuon j'enamit hatte (s. oben
p.9l), wird man nicht in solcher Nähe bei Jericho suchen wol-
len. Somit steht diese Angabe des Joskimius ausser jeder liezie-
huufj^ zu seinen übrigen, auf llerodeion bezüglichen ') . Wir lassen
sie daher bei Seite und wenden uns zu der anderen, welche die
Entfernung von Jericho bis Herodeion auf 200 Stadien beziffert.
Allerdings kann dieselbe nicht von einer geraden Luftlinie
zwischen den beiden Punkten verstanden werden ; dafür ist sie
zu gross. Es kommt aber auch ausschliesslich der auf dieser
Strecke zurückzulegende Weg in lietracht. Einen gewissen An-
halt gewährt die Angabe über die Entfernung vom Herodium
(Frankenberg) nach Jerusalem, nämlich etwa 60 Stadien oder
mehr (s. oben p.92). Wie ein lUick auf die Karte lehrt, ist es
vom Frankenberg nach Jericho mehr als zweimal so weit, als
nach Jerusalem. Wir würden danach etwa 120 bis 150 Stadien
erhalten. Vorausgesetzt, dass der Leichenzug sich von Jericho
nicht über Jerusalem nach demi Frankenberge, sondern direkt
dorthin begab, hatte er ein sehr schwieriges Terrain zu durch-
schreiten, in mehrere tiefe Thäler hinab- und mehrere beträcht-
liche Höhen hinaufzusteigen. Auf die hierdurch nothwendigen
Krümmungen des Weges können wohl die an der Zahl des Jose-
PHUS noch fehlenden Stadien gerechnet werden, so dass die in
Kell. jud. I, 33, 9 angegebene Länge des Weges, Avelchen der
Leichenzug des Herodes von Jericho ab zurücklegte, sich auf den
heutigen Frankenberg beziehen lässt. — Welchen Weg der
Leichenzug von Jericho nach dem Frankenberge eingeschlagen
hat, ist kaum mehr zu bestimmen. Mich dünkt, derselbe ist über
den chän hadrür 2) in den tcädi muclauwara und dieses Thal hinauf
1) W. Whiston in seiner englischen Ausgabe des Josephus p. 471, Anm.
will die Worte so verstehen, als habe der Zug an je einem Tage 8 Stadien
zurückgelegt und so 25 Tage zu dem Wege von Jericho nach Herodeion ge-
braucht. Aber das ist äusserst unwahrscheinlich ; der Zug hätte damit alle
Feierlichkeit verloren, und es wären viele Ungelegenheiten entstanden, wie
z. H. die Verpflegung des Volkes in der Wüste. 'Diese Erklärung widerspricht
auch dem einfachen AV^ortsinne. Vermuthlich ist der Text fehlerhaft. Vgl.
auch DE Saulcy, Voyage en terre sainte, I, p. 182. D. R.)
2] Vgl. hierzu die Karte des Landes zwischen Jerusalem und dem todten
Meere von C. ScuiCK, Tafel I dieses Bandes. U. K.
98
bis brr ez-zarüra gezogen ; dann ^\u^ er durch den loädi rukbe
ins Kidronthal hinah, überscliritt dieses unterhalb der döst, stieg
den gegenüberliegenden Abhang hinauf und gelangte etwa auf
dem heutigen l^ethlehemwege zum jetzigen schlich hahoa; von
hier erreichte er unter Benutzung der Thäler die Hochebene,
über welche der Frankenberg sich erhebt.
Wo soll nun unter den heutigen Trümmern des Franken-
berges die Grabstätte des Herodes gesucht werden? De Saulcy ')
vennuthet in dem Inselgebäude des Teiches (Tafel IV und V, 9)
die Keste seines Grabmals. Allein das ist mir nicht wahrschein-
lich. Dort Aväre doch die Grabstätte des Herodes der rachesüch-
tigen Zerstörungswuth seiner zahlreichen Feinde zu sehr ausge-
setzt gewesen ! Man bedurfte ja nicht einmal eines IJootcs, um
zu demselben zu gelangen. Man brauchte nur den Abzugskanal
zu öffnen oder den Wasserzufluss abzulenken, und der Teich war
trocken gelegt. Die Ruinen des Inselgebäudes selbst zeugen frei-
lich weder gegen noch für die Annahme de Saulcy's. Wahr-
scheinlich gehörte dasselbe zu den Wasseranlagen und enthielt
Springbrunnen oder andere Ausflüsse des Wassers (vgl. Jüsephus
Helium jud. V, 4, 4) . Die Gral)stätte des Herodes möchte ich
dagegen oben auf der Höhe des Berges suchen und überhaupt
die ganze Anlage nicht sowohl für eine Bing, als für ein befestig-
tes Mausoleum halten 2). Bei einer Burg würde man keine
Freitreppe, auf welcher dieselbe leicht von aussen erstiegen wer-
den könnte, anbringen. Auch pflegte man damals noch nicht die
Mauern einer Burg von aussen mit Erde einzuhüllen. Wohl
aber geschah solches bei Gräbern, wodurch diese das Aussehen
ifrosser tumuli erhielten. Es fehlt über der Kimduns' des Hofes,
der inneren Rundmauer, nur die grosse Kuppel, und wir hätten
ein römisches »l'antheon«. Selbst die Masse würden mit den be-
kannten Gebäuden in Rom Übereinstimmung zeigen. Das dortige
Pantheon hat im Innern einen lichtweiten Durchmesser von
45m, die Aussenwand hinzugenjchnct von 6()m; der Durchmesser
des Rundbaues an dem Mausoleum des Hadrian beträgt Kim
1) Nach einor Notiz in IUkdkkkr's Palästina und Syrien-, p. 11;").
'1, Seit, Jerusalem und das heilige band-, p.<ill bringt eine Stelle aus
HliaioNYMUS Kpit. Paul, bei, in welcher ein turaulus des Königs Archelaos in
der Nähe von liethlehem erwähnt wird, und ist geneigt, diese Worte vom
Herodeion zu verstehen. 1). U.
99
und 65in — eine Übereinstimmung mit den oben an<;egebenen
Massen , welche bei einem Nachahmer römischer liauten , wie
llerodes, nicht ohne Hcdeiitunfj; ist. Das (irubmal müsste dann
in der Mitte des Hofes oder in der Wandnische dem Eingange
gegenüber gesucht -werden. Wölbte sich je eine Kuppel über
dem Hofe, so konnte das Licht von der Galerie des inneren, nur
einstöckigen Rinidbaues von allen Seiten in den überdeckten
Raum eindringen.
Nur genauere Untersuchungen iind Ausgrabungen können
die Frage nach der Stelle der Ueisetzung des llerodes entschei-
den . Neben den genannten Punkten könnte auch wohl eines der
königlichen Gebäude am Fuss des lierges, das vielleicht mit einer
Höhle in \'erbindung stehen mochte, in Betracht kommen. Uer
Frankenberg ladet sehr dazu ein, weitere Nachforschungen unter
den Trümmern anzustellen.
Mittheilungcii über Leben, Sitte» und Gebriinehe der
Fellachen in Palästina').
Von Rev. F. A. Klein in Si^maringen.
Die hcviti^cn Bewohner Palästina's (d.h. die Eingeborenen,
atilad el-arah^ Kinder der Araber; Sing.: ibn arah^ Arabersohn)
lassen sich in sozialer Hinsicht in drei ziemlich scharf von einan-
der geschiedene Klassen eintheilen :
1. Die Städtebewohner [rnadaiü^ PI . madamje) , d . h . die
Bewohner der grösseren Städte.
2. Die Dorfbewohner (ye//ä/A, VX.fcUüh'in^ Hauern, acker-
bautreibende l^evölkerung , von fulah. er bebaute (das
Land, er trieb Ackerbau).
3. Die Beduinen [hedaioi^ AVüstenbewohner) , welche sich
als die Araber »par excellence« ansehen und sich deshalb
mit Stolz el-arah^ »die Araber« nennen und auch von
Andern so genannt werden.
Diese drei Klassen nnterscheiden sich sowohl dinch Sprache,
Kleidung, Hau und Einrichtung ihrer Wohnungen , als auch
durch Sitten und Lebensweise im Allgemeinen ziemlich scharf
von einander, so dass man bei einiger Kenntniss der Leute in
1) Die Redaction eröffnet hiemit die Berichte über Leben, Sitten, Ge-
bräuche etc. der Fellachen, von denen in dem Kechenschaftsbericht über das
Vereinsjahr IST!) p. V die Kede war. Der Verfasser obiger Mittheilungen,
Herr F. A. KLEIN, der Entdecker des Mesa-Steines, lebt allerdings gegen-
wärtig nicht mehr in Palästina. Derselbe hat aber während eines 2()jährigen
Aufenthaltes im heiligen Lande besonders in seiner Stellung als Geistlicher
der arabisch-protestantischen Gemeinde — fünf Jahre lang in Nazareth, die
übrige Zeit in Jerusalem — viel Gelegenheit gehabt, namentlich in den Filial-
gemeinden mit Fellachen zu verkehren. Seine Mittheilungen beruhen daher
auf jahrelanger Beobachtung und werden den Lesern der Zeitschrift sehr
willkommen sein. D. R.
101
der Regel gleich auf den ersten liliek oder beim TTören des ersten
Sat/es den Städter vom Fellachen und beide voui Ueduinen Tuiter-
scheiden wird.
Natürlich giebt es zwischen einzehien Individuen jecUn' dieser
Klassen gewisse Abstufungen hinsichtlich der Intelligenz, der
Gesittung und der Lebensweise, aber auch zwischen den einzel-
nen Städten , Dörfern und Beduinenstämmen als Gesammtheit
bemerken wir allerlei grössere oder kleinere Unterschiede in
Sprache, Klei(hing und Charakter. So ist der Nabuluser der Ty-
pus eines etwas läppischen, bornirten Menschen und schon seine
Sprache, z. li. die Verwechslung des seh mit s, se7ns (Sonne) an-
statt schems, welcher er sich durchgehends schuldig macht, die
träge und gedehnte Art, mit welcher er die Schlusswörter in die
Länge zieht [atd tnä suffööös anstatt ana mä scJmftösch] reizen
einen ziim Lächeln iind geben Veranlassung zu manchem Witz
und Spott. Das Charakteristische des Jafensers ist, dass er mit
Leib und Seele im Handel steckt und Geldmachen seine Keligion
ist. Die Jervisalemiten sind dawatsclüje^ in Jerusalem der tech-
nische Ausdruck für diejenigen, die für des Sultans und des
lleichs Gedeihen beten i) . Die heiligen Orte beschäftigen sowohl
Muslimen als Christen in hohem Masse ; die meisten Christen
hängen mehr oder Aveniger von ihren Klöstern oder kirchlichen
Leitern ab, sind einem gewissen Pauperismus verfallen imd haben,
mit seltenen ehrenhaften Ausnahmen, alles wahre Ehrgefühl,
allen edlen Unabhängigkeitssinn und alle Energie zu ernstem
Streben und Schaffen verloren.
Was nun die Dorfbewohner betrifft, so sind manche sprüch-
wörtlich geworden als Diebe und Betrüger, so z.B. die Bewohner
von hct lianinä, liftä bei Jerusalem, kahäfij'e im Nabuluser Ge-
birge etc., andere als miruhige und händelsüchtige Köpfe, wie
z. B. rümallah bei Jerusalem, andere wiederum als Dummköpfe,
mit denen man die Mauern durchstossen könnte, wie z. B. die
Leute von bet dschalä bei Jerusalem. Hier sehen wir ein Dorf
[dschifna] von ruhigen, ehrlichen und arbeitsamen Leutchen be-
wohnt, und ganz in der Nähe [i'cmiallah] ein Dorf von Scluirken,
Dieben und lläubern, w^elche die Hehörden und Gensdarmen
Jahr aus Jahr ein in Athem erhalten. Da finden wir z. \\. in
1) IMeseForm ist ausdrücklich von dem Herrn Verf. bestätigt worden. Man
sollte in l'annnerung an diiä, «Gehet, Fürhitte«, eher ihi'ätschi erwarten. D. M.
102
Hcthlehem einen äusserst arbeitsamen nnd intelligenten, erfin-
derischen nnd unternehmenden Menschenschlag, während wir
kaum eine halbe Stunde davon entfernt in het dscliälä ein ziem-
lich schwerfälliges und ungehobeltes Geschlecht treffen, dessen
Sprache schon zu erkennen giebt. dass sie aus roherem Material
formirt sind, als die geschliffenen Bethlehemiten. Die Nazarener
sind ein wackeres, muthiges Völkchen von starkem Unabhängig-
keitssinn , auch ihre Sprache ist eine kräftige , und besonders
werden die Gutturalen reiner und kräftiger ausgesprochen, als
man es sonstwo in Palästina trifft. So hat jeder District. ja viel-
fach jedes bedeutendere Dorf seine charakteristischen Eigenheiten.
Was die liediiinen anbelangt, so sieht z. B. der Stamm der
heni sachr mit souveräner Verachtung a\if den Stamm der ta amire
oder gar der ghaxülirine im Jordanthale hei-ab, weil diese in der
Tliat an männlichem Selbstgefühl, Mnth und Avürdigem Beneh-
men jenen bedeutend nachstehen, und auch weil sie sich mit dem
Ackerbau befassen, was jedem ächten Beduinen als eine Ernie-
drigung erscheint.
Obschon nun, wie oben bemerkt, die drei erwähnten Klassen
sich ziemlich scharf von einander unterscheiden, so gibt es doch
wiederum vei'mittelndc Elemente, welche den Übergang von der
einen zin- andern Klasse bilden. So giebt es einzelne grössere
Städte, in welchen zwar, was Sitten, Gebräuche und allgemeint;
Lebensweise betrifft, die städtische Art vorwaltet, in denen sieh
aber auch so manche Fellachenelemente finden , dass man sie
füglich als Mittelglied zwischen Städter- und Fellachcnthum an-
sehn kann. In diese Kategorie gehört z. B. die grosse Stadt Gaza.
Hinwiederum finden wir in manchen der grösseren und wohlha-
benderen Dörfer, wie Bethlehem und Nazarcth, welches trotz sei-
ner 5000 Einwohner doch nur ein grosses Dorf ist und dem Fel-
lachcnthum angehört, manches von den feineren Elementen der
städtischen (Zivilisation , und ist zwischen der Lebensweise in
solchen bessern Dörfern und derjenigeii, wie wir sie in den armen,
besonders in den rein muslimischen Hüttendörfern beobachten,
ein sehr grosser Unterschied.
Als Mittelglied zwischen dem Fellachen- und dem Beduinen-
thum könnte man die liewohner der Ortschaften jenseits des
.lordans im (hchebel ailschltm und in der /x-Ilftc bc^trachten, bei
welchen mau neben städtischen mid fcllachischen Elementen
1^03
sehr viel von der Sprache, den Sitten und Gebräuchen und der
Lebensweise der lieduinen findet. In kcrek besonders k!ben die
meisten christliclien Familien dem j^anzen Sommer über ganz wie
die lieduinen in Zelten. Den Winter nur bringen sie in ihren
festen Wolmungen in kcrek zu, wo die Einrichtinig und Ijchens-
weise dann so ziemlich nach Art der Fellachen ist. Die Frauen
des Ostjordanlandes, ob christlich oder muslimisch, sind in ihrer
äussern Erscheinung kaum von den IJeduinenfrauen zu unter-
scheiden.
Der Städter betrachtet sich natürlich als das non plus ultra
der Civilisation und sieht mitleidig auf den »dummen, mrgeho-
belten« Fellachen herab. Deshalb ist auch der Name irfelläh [ja
felliili\ O dii Fellach!) ein beliebter Schimpfname, um einen
dummen , luigebildeten Menschen zu bezeichnen. Der Fellach
gesteht ganz gutmüthig seinen Mangel an feinerer »städtischer«
liildung ein, und sein naiver Entschuldigungsgrund für manchen
^ erstoss und dummen Streich ist einfach das : mäni fcUüh ? !
I >in ich denn nicht ein Fellach i ! Der ächte Beduine aber schaut
mit dem Gefühl der Überlegenheit, ja mit Verachtung sowohl
auf den Städter als den Fellachen herab und betrachtet sich, be-
sonders wenn er von seinem Zeltlager aus die weite vor ihm aus-
gebreitete Ebene überschaut oder auf seiner edlen Stute daher-
sprengt, als den Hen"n der Schöpfung, weit über dem zwischen
elenden Mauern eingeengten Geschlecht erhaben. —
Die Fellachendörfer sind , je nach dem AVohlstand ihrer
liewohner und dem Baumaterial , das sie in ihrer Umgebung
vorfinden , besser oder sclilechter gebaut. In den gebirgigen Ge-
genden, wo Steine reichlicli vorhanden sind, Averden meistens
Gewölbbauten von melu' oder weniger fein behauenen Steinen
aufgeführt. In Dörfern, deren Bewohner wohlhabend sind, sehen
wir oft eine Anzalil stattlicher Bauten mit geräumigen, durch hohe
feste Mauern eingeschlossenen Höfen, wo das Vieh sich bequem
herumlagern kann ; die Wohnungen sind grosse und hohe, mit
dicken Mauern versehene und auf ungeheuer massiven Pfeilern
[rokab^ Sing, rokhe) ruhende gewölbte Zimmer, bei welchen es
übrigens dem Erbauer weniger auf Schönheit des Styls und strenge
Symmetrie, als auf Stärke und Dauerluiftigkeit ankam ') . Selten
1) Der ganze Wohnungscomplex : Wohnzimmer, Stallunfien, Hof. ist ein
104
sieht man in diesen Ränmlichkeiten scharfe Kanten, correkte Hö-
ij;en oder genaue Winkel ; überhaupt ist der Scliönheitssinn bei
den jetzif3;en liewohneni des heiligen Landes eben so wenig ent-
wickelt, als er es bei den alten Hebräern gewesen zu sein scheint.
Dessenungeachtet trifft man oft in reichen Dörfern, besonders im
Nabuluser Gebirge, Häuser, vornehmlich diejenigen der Schechs
und sonstiger angesehener Familien, die mit allerlei architekto-
nischem Schmuck, netten Erkern imd Altanen, reich verzierten
Portalen und Fenstereinfassinigen, geziert sind. Sprüche, Jahres-
zahl der Erbauung [türlch] sind oft über den Thüren oder sonst
irgendwo an der Mauer angebracht; überhaupt lassen es sich die
Leute oft \iel Geld kosten, um ihre Wohniingen recht stattlich her-
zurichten und manches Schechhaus sieht eher einem uneinnehmba-
ren Castell, als einem gewöhnlichen Wohnhaus ähnlich ^so z. li. in
ahiKjhmch^ het dschihrln. er-ras. dschaba\ sätmr etc. etc.). Solche
feste Wohnungen Avaren übrigens zu einer Zeit, wo die verschiedt»-
nen Dörfer in beständiger Fehde mit einander lagen und öfteni
])lötzlichen Überfällen ausgesetzt waren, ein Ding der Nothwen-
digkeit. Wo die Mittel nicht zu einem Gewölbbau reichen, werden
vier Mauern aus theils rohen, theils behauenen Steinen mit Mör-
tel oder blossem Lehm als Bindemittel aufgeführt. Diese werden
mit rohen Baumstämmen, Asten und Reisig überdeckt und
darüber eine etwa einen Fuss dicke Schicht Erde ausgebreitet
und gut gestampft. Das Ganze wird dann schliesslich mit einem
aus Lehm und Stroh bereiteten lirei überzogen, welcher bald .an
der Sonne trocknet inid, besonders da das Dach nach allen Sei-
ten abschüssig ist, den nöthigcn Schutz gegen die winterlichen
Regengüsse gewährt. Diese Decke wird jedesmal am Anfang des
Winters ausgebessert und mit einer Walze midhale ') geebnet
und festgedrückt. Wo dieses vernachlässigt wird , sickert der
Regen in die Erdschicht hinein und macht dieselbe so schwer,
dass das ganze Dach , besonders wenn die tragenden lialken
morsch geworden sind, zusammenbricht, was gar oft, hau})tsäch-
li(;h bei lange anhaltendem Regenwetter, stattfindet und nicht
immer ohne Unglück vorübergeht. In Dörfern, welche nicht in
dar, das einzelne Zimmer ein hct oder ötla, die Hütte eine cliosdmche, PI. chi-
achiisrh.
1) Im Jiihanon lautet dieses Wort nach einer Mittheihing des Herrn
Dr. Hautmann aus Beirut ?»«/u/«/e. D. R.
105
zu grosser Entferninig vom Meere liegen, und wo die Herbei-
schafFung von IJalken und lirettern deshalb nicht zu schwierig
und kostspielig ist. werden oft. besonders für bessere Oberzim-
mer, nette Ilolzdecken hergestellt und diese mit einer Art Cement :
Kalk und Asche mit Kieselsteinchen hasma . kleinen Muscheln
oder gestossener Töpferwaare vermengt, Avasserdicht gemacht,
so z.B. in Nazareth und Umgegend.
In den grossen Ebenen (bei Gaza. Jafa. Akko etc.), wo die
Herbeischaffung von Steinen mühsam und kostspielig ist, bauen
die Fellachen ihre Häuser oder vielmehr Hütten aus an der Sonne
getrockneten Ijacksteinen [tüh i" .
In der Eegel liegen die Dörfer, wo die Verhältnisse dieses
zugeben, erhöht, entweder auf der Höhe oder doch am Abhang
eines Hügels. So liegen sie in der Regenzeit, wo die oft acht, ja
vierzehn Tage anhaltenden Regengüsse manche Ebenen in förm-
lich unpassirbare Sümpfe verwandeln . trocken. Auch sind sie
in erhöhter Lage besser gegen Angriffe der Beduinenhorden ge-
schützt; der Beduine ist nämlich nur ein Herr der Ebenen und
»Gründe« und kein auf gebirgigem Terrain zu fürchtender Gegner.
Die Fellachendörfer sehen in der Regel, wenn nicht etwa die
sie umgebende Natur, grüne Weinberge, ein Olivenhain, einige
graciöse Palmbäume oder doch wenigstens ein paar belaubte
Bäume, ihnen einigen Reiz verleihen, ziemlich unschön und unro-
mantisch aus. Da sieht man weder rothe Ziegeldächer, welche
freundlich gegen die weissen Mauern mit grünen Fensterläden
abstechen . noch zierliche Kuppeln und Minarete , welche aus
dem einförmigen Chaos flacher Dächer emporragen und Variation
in die monotone Scenerie hineinbringen. Da giebt's nur graue,
ohne Ordnung und Planmässigkeit aufgebaute Häuser und Häus-
chen und Hütten, welche alle aus der Ferne und noch mehr in
der Nähe ruinenmässig oder im besten Fall doch unfertig er-
scheinen. Denn selbst die besten Gewölbbaxiten Averden selten
oben abgeschlossen und. Avie dies in den Städten geschieht, mit
einer Brustwehr, Avelche mit dem Nützlichen auch das Schöne
verbindet, versehen, was ihnen Avenigstens ein fertiges Aussehen
verleihen Avürde. Sondern, sobald das Gewölbe ( oA'^i aufgesetzt
ist. Avird ein Lehmbrei darüber gebreitet und die Häuser sehen
1 Wie mir Hr. Dr. HaRTMAnx niittheih , nennt man diese Steine in Sy-
rien libn ; vgl. das hebr. lehenü. D. 11.
Ztschr. d. Pal.-Ver. m. g
106
dann aus w^e viereckige Steinmassen mit aufgesetzten Erclhügeln.
auf Avelchen im Frühjahr das Gras wächst, und avo man hie und
da ein Schaf oder eine Ziege auf die "Weide gehen sieht. Da die
Häuser übrigens ganz die Farbe der Erde oder der sie umgeben-
den Felsen haben, so kann man oft aus der Ferne kaum unter-
scheiden, ob man ein Dorf oder einen Haufen Felsblöcke vor sich
hat. Am erbärmlichsten sehen allerdings die Dörfer aus, deren
Häuser aus getrockneten Backsteinen oder Schlamm erbaut sind,
wie man sie in den grossen Ebenen antrifft. Wird ein solches
Dorf aus irgend einem Grund einmal von seinen Bewohnern ver-
lassen, was öfters geschieht, so bedarf es keines Jahrhunderts,
um es gänzlich von der Erdfläche verschwinden zu machen; und
auch seine Spur ist dann nicht mehr aufzufinden, wenn nicht
etwa ein ausgemauerter ]3runnen oder ein grosser Mühlstein seine
Stätte bezeichnet. Dieses ist wohl auch ein Grund, warum so
mancher in der Bibel erwähnte Ort heute nicht mehr aufzufinden
ist. Licht und Luft braucht der Fellache in seiner Wohnung nur
wenig, und grosse Fenster, durch welche ihm diese Gottesgaben
zuströmen, bedarf er deshalb an derselben nicht. Wie sollte er
auch mit grossen Fensteröfliiungen sich des Winters gegen die
Kälte, den Regen und die scharfen Winde schützen, da er den
Luxus der Fensterscheiben nicht kennt, und der Dorfschreiner
(in manchem Dorf gibt es überhaupt einen solchen nicht) nur mit
Mühe Bretter und Balken zu einer ordentlichen Thüre zusam-
menfügen kann ! Der Hauptgrund jedoch, warum der Fellache
sich mit einem oder im besten Fall mehreren kleinen Luftlöchern
{(älia] begnügt, ist die Furcht vor nächtlichen Besuchen der Diebe
und die Absicht, seine Wohnung in Zeiten feindlicher Überfälle
oder eines kleinen Krieges im Dorfe selbst für sich oder doch die
Seinigen zu einer Art Burg zu machen. In manchen Dörfern,
wie z. B. rümallah, existirt die rohe Sitte, dass man sich in stiller
Nacht zum Hause seines Feindes schleicht und durch die erste
beste ()ff"nung eine Flintenkugel hineinjagt, in der Hoffnung,
dass sie, wenn sie nicht tödtet, doch Schrecken einflösst und ein-
schüchtert. Schläft die Familie nicht gerade der Thüre gegen-
über, so verursachen solche nächtliche Schüsse mehr Schrecken
und Aufregung, als Schaden. Den Tag über bleibt die Thüre.
wenn die Bewohner zu Hause sind, immer offen ; es würde als
ein Mangel an Lebensart angesehn, als triebe man etwas Schlim-
107
mes und wollte sich deshalb den lilicken anderer entziehen, oder
als fürchtete man den Besuch eines Gastes, Avollte man die Thüre
zuschliessen. Wozu braucht übrigens der Fellache, Avenn er nicht
etwa Weber oder Schuhmacher ist, deren es Avenige gibt, eine
helle Wohnung? Hält er sich doch meistens, wenn er nicht auf
dem Felde, im Weinberg oder im Feigengarten beschäftigt ist,
auf der Strasse , dem Marktplatz , der Dreschtenne oder sonst
einem öffentlichen Platze auf, wo er am Boden hockend oder in
der warmen Sonne ausgestreckt, sein Schläfchen macht, ins
]Uaue hineinsieht oder, seine Pfeife schmauchend, mit seinen
("oilegen die Tagesneuigkeiten bespricht. Wird es ihm da zu
heiss oder zu langweilig, so begiebt er sich in die »Herberge«
[nmdäfe], Avelche in einem Dorfe das Rathhaus, Casino, oft auch
die Kirche (bei Muslimen) repräsentirt. Überhaupt liebt er das
»öffentliche Lebena und sucht seine dumpfe Wohnung nur auf.
um seinen einfachen Imbiss zu sich zu nehmen und an geschütz-
tem Orte seine Nachtruhe zu geniessen.
Die meisten Häuser sind nur einstöckig; wohlhabendere
Leute aber, und besonders die Schechs, halten viel darauf, ausser
der Parterre-Wohnung auch noch ein Obergemach, eine soge-
nannte üllije zu haben, wo geehrte Gäste beherbergt werden
können, und wo auch der Hausherr selbst ungestört mit Freun-
den sich unterhalten kann. Hier ist man vor der Zudringlichkeit
und Neugierde unberufener Besucher und Horcher einigermassen
geschützt; auch sind diese »Söllera gewöhnlich etwas sorgfältiger
gebaut (die Wände verputzt und die Böden ordentlich cementirt) ,
als es die untern Räumlichkeiten sein können, wo Menschen aller
Art und sogar das Vieh Zugang haben. Meistens ist vor dem
Obergemach auch noch ein Stück freier Terrasse {haz'ir, in Naza-
reth auch miiliawioata genannt), bei bessern Häusern mit einer
Brustwehr versehen, von welcher man freie Aussicht und frische
Luft geniessen kann und welche nach der Tageshitze und früh
Morgens ein herrlicher Aufenthaltsort ist. In den heissen Ebenen
sieht man auch auf sonst elenden Hütten leichte, aiis Zweigen,
Matten und Laub aufgebaute Oberzimmer, wo die Hausbewohner
während der heissen Sommermonate, besonders Nachts, Schutz
gegen die drückende Hitze und das Ungeziefer suchen, welche
die unteren lläumlichkeiten fast unbewohnbar machen.
Der Stein, welcher zum Bau der Häuser benutzt wird, ist
8*
108
der überall im Land, ausser den grossen Ebenen, reichlich vor-
handene, mehr oder weniger harte Kalkstein. Es giebt davon ver-
schiedene Arten : der kakiiU , ein gelblicher, ziemlich -weicher
Stein , der sich besonders , wenn er frisch gebrochen ist , mit
grösster Leichtigkeit behauen, ja mit dem Messer schaben lässt.
Er wird zwar an der Luft härter, ist aber kein dauerhaftes Ma-
terial und zerbröckelt sehr leicht. Da er aber leichter ist, als die
andern Steinarten, so wird er oft zum Bau oberer Stockwerke
benutzt, um die auf die unteren Gewölbe drückende Last zu ver-
mindern ; auch wird er viel zu Thür- und Fenstereinfassungen
gebraucht, besonders wo allerlei Verzierungen angebracht wer-
den sollen. Ein zwar härter zu bearbeitender, aber auch bei
weitem dauerhafterer Stein ist der malaki, schön weiss und seine
Farbe bei EiuAvirkung der Witterung viel besser bewahrend als
der kakidl. Dieses ist der Stein, den die Fellachen meistens zum
Bau ihrer bessern Häuser verwenden. Der je hüdl (Judenstein)
ist ein grauer, oft auch gelblich oder röthlich aussehender, ausser-
ordentlich schwerer und harter Stein und wird von den Fellachen
zu ihrem Häuserbau nicht verwendet; erst in den letzten Jahren
ist man durch den grossen Bedarf an Bausteinen zu den vielen
Bauten in und um Jeitisalem dahin gebracht Avorden. diesen Stein
Avie die weicheren Sorten viereckig zu behauen und wie den ma-
laki zu benützen, und es sind besonders die Bethlehem- und het
f/scÄ«/«-Steinhauer, welche sich durch Gebrauch passender In-
strumente \ind Übung eine ausserordentliche Fertigkeit im Be-
hauen dieses Steines erworben haben. An sehr alten Ruinen
sieht man ZAvar, dass die frühern Geschlechter diese Steinart zu
verwenden Avussten, sie aber meistens auch nur ganz roh bear-
beiteten oder als unbehauene Blöcke auf einander legten. In und
um Nazareth A'erAvendet man hauptsächlich einen sehr porösen
Kalkstein, wän, Feuerstein genannt. Avohl deshalb, Aveil er im
Feuer nicht zerspringt und daher auch für den Bau von Backöfen
gebraucht Avird. Für Aufführung des GcAvölbes braucht man
vorzüglich den auch sehr porösen und verhältnissmässig leichten
sogenannten akküd, d. h. GcAvölbstein (von 'akd, GcAVÖlbe). In
neuerer Zeit verAvendet man in Bethlehem besonders ziemlich
allgemein einen sehr schönen, aber auch scliAver zu bearbeitenden
Kalkstein, mizzi höht genannt. In einigen, dem Jordan, dem See
Tiberias und dem todten Meer nahe gelegenen Gegenden sieht
109
man aus schAvarzem Basaltstcin gebaute Dörfer. Avelche einen gar
melancholischen Eindruck machen. Natürlich benützen die Leute
das Material von alten Kuinen, wo sich solches voi-findet. und
sieht man deshalb in manchen Dörfern grosse Steine, Kapitale
und Säulenstücke in den neuen Bau eingefügt. Der Mörtel {ßn)
besteht aus Kalk [schul) mit gesiebter Erde vermischt ; bei klei-
nern Häuschen und Hütten genügt ein blosser Lehrabrei. l^eim
Bau eines Hauses, vorzüglich eines Gewölbbaues, kommt es vor
allem darauf an, dass man die Fundamente auf festen, gesunden
»Fels« [mehr, 'eräk] lege, und man gräbt oft, wo man diesen nicht
bald findet, eben so tief hinab, als man dann in die Höhe baut,
und ist nicht eher beruhigt, als bis man festen Felsen gefunden
hat. Ein Grund dafür ist natürlich, dass man für die fürchterlich
schweren Gewölbbauten eine feste Unterlage haben muss ; aber
ein weiterer Grund hängt mit dem dortigen Klima zusammen.
Die winterlichen Stürme und llegengüsse von October bis April
bringen nämlich in der Regel solche Massen Wasser herab, dass
dasselbe mehrere Fuss tief in den Boden eindringt und Alles er-
weicht; ein Fundament von blosser Erde, wenn auch im Sommer
sehr fest, wird unter solchen Umständen der Last nachgeben und
der Bau zusammenstürzen.
Der Bau eines neuen Hauses in einem Dorfe ist immer ein
grosses Ereigniss. Des Erbauers Gedanken sind dann haupt-
sächlich mit diesem wichtigen Geschäfte erfüllt. Schon beim
Abmessen und Graben der Fundamente setzt er sich zu seinem
Architekten, l^aumeister und Maurer (alles in Einer Person , seine
Pfeife behaglich rauchend, und verfolgt den ganzen l^rocess mit
höchstem Interesse, gelegentlich Beifall bezeigend, Rath erthei-
lend oder zur Arbeit ermunternd. Gute Freunde und Xachbaren
und, besonders wenn es sich um den Bau der Wohnung eines
Schechs oder einer sonstigen DorfAvürde handelt, die »Honora-
tioren«, als da sind Mdi, mufti, chafib , Priester, Aelteste des
Dorfes, gesellen sich gelegentlich zu ihm, um ihre Theilnahme
an dem Avichtigen Geschäfte zu beweisen. Da wird geschwätzt,
geraucht, zu wiederholten Malen Kaffee getrunken, der Maurer
belobt oder ihm llath erthcilt, die Knaben \nid Mädchen, auch
Weiber. Avelche in Körbchen [h'oße] Schutt Avegtragen oder auf
kleinen viereckigen Brettchen iinkl)\ Mörtel herbeitragen, aufge-
muntert. Ohne einen Aufseher oder Treiber [wakkäf). Avelcher
110
mit der Peitsche oder einem Stock bcAvafFnet immer umhergeht,
wie ein Schäferhund um die Heerde Schafe, und die Saumse-
ligen mit emem gelegentlichen Hieb zur Arbeit antreibt, geht
es auch hier nicht ab. Von Zeit zu Zeit, besonders wenn die
Arbeit schon lange gedauert und die Hitze drückend geworden
ist und der Eifer erlahmen will, wird ein Liedchen angestimmt.
Der Eine singt einige Strophen vor, worauf der Chor einfällt —
oft barer Unsinn , manchmal Witze und Anspielungen auf ein
schönes Bachschisch oder gute Abfütterung, die man am Schluss
der Arbeit sich erbittet, was Alles zu schallendem Gelächter ver-
anlasst. Der Maurer [mo^allem] ist, Avährend der Bau vor sich
geht, eine geachtete Persönlichkeit, welche vom BaTiherrn, selbst
wenn er ein strenger Muslim und der Maurer ein Christ ist, mit
der grössten Rücksicht behandelt Mird. Es ist besonders das
öftere DaiTeichen eines Tässchen schwarzen Kaffees, was den
Mavirer bei der schweren Arbeit in des Tages Hitze bei guter
Laune erhält; auch thut ihm die damit verbundene Ehre wohl.
Zum Erstaunen ist es anzusehen, wie der arabische Maurer von
Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang, auf der Mauer stehend der
fürchterlichsten Hitze ausgesetzt, mit einer Unterbrechung von
nur 11/2 Stunde zu Mittag seine schwere Arbeit vollbringt, mit
wenig Nahrung zufrieden und mit keiner weitern Stärkung den
ganzen Tag über als hie und da einem Tässchen Kaffee, was der
Araber überhaupt bei Hitze und Ermüdung für die beste Erfri-
schung hält. Ist das Werk dann so Aveit gediehen, dass die Sei-
tenmaueni [helalcd] dastehen, das Gerüst [dohär] für das GcAvölb
aufgerichtet inid die Form desselben aus Asten, Reisig, Matten
und darüber geschütteter Erde hergerichtet ist, und das Gewölbe
selbst nun gemacht werden soll, so läuft das ganze Dorf zusam-
men, um bei dieser Arbeit Hilfe zu leisten und zugleich an dem
am Schlüsse zu veranstaltenden Festmahl Theil zxi nehmen. Da
geht es nun an ein Rennen und Laufen, Singen und Schreien,
dass man ganz toll wird. Einige bereiten Mörtel; Mädchen, Kna-
ben und Weiber reichen ihn dem »Meister«, Männer und Jüng-
linge schleppen akhüd herbei. Der Maurer reiht Stein an Stein
und wirft zwischen hinein den Mörtelbrei ; er wirft und hämmert
und keucht und schwitzt dabei aus allen Poren ; zAvischen hinein
summen die Kinder, singt der Chor der Männer, trillern die
Weiber zaghürtti , bis endlich der »feierliche« Augenblick heran-
111
gekommen ist, wo der Schlussstein {(/halak) eingefügt werden soll.
Der Maurer hält inne und schickt sich dann an, nachdem ein
Jüngling mit Stentorstimme dem ganzen Dorfe verkündigt hat,
dass es nun zur Krönung des Werkes gekommen ist. auf würdige
Weise den ganzen Akt zu vollziehen. Zugleich schielt er aber
mit erwartungsvollem Blick hinüber zum Bauherrn, welcher denn
auch nach vollbrachter That auf ihn zuschreitet und ihm einen
Ehrenmantel, einen schwarzen, mit Silberstickerei verzierten abä
über die Schultern hängt oder ihm sonst noch ein Bachschisch
einhändigt. Nun fällt die ganze Versammlung über das mittler-
weile bereitete Festmahl, Reis, Fleisch und Brod, her und zer-
streut sich schliesslich höchlichst erfreut über die Arbeit und den
Lohn. Oft habe ich derartigen Scenen in Nazareth und benach-
barten Dörfern, als rene^ jäfa etc., beigewohnt. Wären die Leute
so glücklich, ein »Tageblatt« oder einen »Dorfanzeiger« zu be-
sitzen, so würde wahrscheinlich ein langer Leitartikel den näch-
sten Tag alle die Details des grossen Ereignisses bringen und
dafür sorgen, dass es auch spätem Geschlechtem noch bekannt
werde.
Zu jedem ordentlichen Wohnhaus gehört nothwendig ein
Backofen [tübün ^j); denn das Brod ist bei den Arabern der »StafF
of life«. Wenn der Arme nur AVeizen oder auch nur dura feine
Art Hirse) hat, um sein Brod daraus bereiten zu können, so ist
er gut verproviantirt und hinreichend gegen Mangel und Hun-
gersnoth geschützt. Alles Andere, selbst Fleisch, ist ihm nur ein
Zugemüse, das er im Nothfall auch entbehren kann. Manches
Haus hat seinen eigenen Backofen, öfters aber theilen sich meh-
rere Familien in Einen. Derselbe besteht aus einer aus Lehm
und unbehauenen Steinen errichteten Hütte, kaum so hoch, dass
man, durch die kleine Thüre hineingekrochen, sich darin auf-
richten kann. Hier ist die Hauptmaschinerie der Ofen: eine aus
Lehm geformte Platte oder Schüssel, etwa Y2 Meter im Durch-
messer, der Boden derselben mit kleinen Kieselsteinen [hisa] be-
legt und ein genau daraufpassender, ebenfalls aus Lehm gemach-
ter Deckel [smäme] mit ziemlich langem Griff. Soll nun gebacken
werden, so wird die Schüssel mit dem Deckel zugedeckt, eine
gute Quantität Kuh-, Pferde- oder Schafmist auf demselben
1) In Syrien und dem Libanon kennt man für Backofen nur dasAVort/wvi
(nach Dr. Hartmanx; . D.Red. Ebenso in den Städten Palästinas. Klein.
112
aufgeschüttet und angezündet. Nach einigen Stunden ist die
ganze Schüssel und besonders die darin befindlichen Kieselsteine
glühend heiss ; die Asche wird nun vorsichtig vom Deckel ent-
fernt, derselbe abgehoben und der bereitstehende Teig in dünnen
Fladen, etwa wie Pfannkuchen, auf die glühenden Kieselsteine
gelegt, und in wenigen Minuten ist der Brodiladen gebacken.
Ist das Kacken zu Ende, so wird die Schüssel wiederum zugedeckt,
die noch glühende Asche darüber gebreitet und weiteres Brenn-
material dazugethan, so dass der Ofen fortwährend heiss erhalten
wird. Da die 1 Jackofenhütte beständig Avarm ist, so kriecht auch
hie und da im kalten Winter ein Fellache hinein, um sich zu
Avärmen oder gar sein Schläfchen darin zu machen. Werden auch
seine Kleider von dem eigenthümlichen Geruch des Dünger-
rauches parfümirt, so macht ihm das nichts, und die Asche schüt-
telt er ab, so wie die Spottreden seiner Kameraden. Vor einiger
Zeit aber passirte es einer Mutter, dass sie in strenger Winterzeit
ihr kleines Kind auf einer Matte in eine solche Backofenhütte
legte, um es zu erwärmen; als sie es aber nach längerer Zeit
holen wollte, fand sie es todt und halb gebraten. Der Backofen
war zu heiss gewesen.
Jedes grössere Dorf ist in Jßrcit (Quartiere) eingetheilt. Diese
erhalten ihre Benennung entweder von ihrer Lage [el-Jiäret el-
fökä , das obere Viertel ; el-häret et-tahtä , das untere Viertel)
oder von der Familie [hamide = clan, Familienverband) , Avelche
dasselbe bewohnt. So giebt es z.B. in dem Dorfe ramallah eine
häret esch - schakara , Quartier der Schakara; hZiret el-hadade.
Quartier der Hadade u. s. w. — Diese dasselbe Dorf bewohnen-
den Familienverbände [hama'il] liegen oft in jahrelanger Fehde
mit einander, und dann betritt keines des andern Gebiet. Jedes
hat dann seine eigene Herberge [madäfe] , und Avenn z. B. in
einem christlichen Dorfe die Kirche in dem Quartier A Hegt und
die Bewohner des Quartiers B mit demselben in Feindschaft sind,
so wird oft Jahre lang kein Bewohner des Quartiers B den Gottes-
dienst in der Kirche besuchen. Kommt es nach längerer Zeit
durchaus zu keiner Avissöhnung, so wird vielleicht das Quartier
B einen eigenen Priester wählen und seine eigene Kirche ein-
richten, wie ich es z. B. in dem Dorfe taijibe (Ophra ^) beobachtet
habe. Damit ist dann aller A'erkehr zAvischen beiden Parteien
gründlich abgeschnitten. Eine gemeinsame Herberge in einem
113
Dorfe kann deshalb als Zeichen der Eintracht der Bewohner an-
gesehen werden. Avährend das A'orhandensein von verschiedenen
Herbergen gewöhnlich auf sich bekämpfende Parteien schliessen
lässt.
»ÖfFentlichc Gebäude« , »Anstaltena und »Institute« giebt es
in einem Dorfe eigentlich nur zwei, nämlich eines für kirchliche
Zwecke : Kirche [kenlse] oder Moschee {dschämz, Versammlungs-
ort) und eines für Aveltliche ZAvecke, die Herberge [madäfe. man-
zul) . In manchem Dorfe befindet sich noch etwa die Grabstätte
irgend eines »Heiligen« (wei^, iceli oder schech) , ein sogenannter
makcmi, meistens ein mit einer Kuppel versehenes und von schat-
tigen liäumen umgebenes kleines Gebäude. In muslimischen
Dörfern ist die »Herberge« gewöhnlich auch der Gebetsort
[dschämi) , wo der Fremde, der hier einkehrt, nicht blos Obdach
und Nahrung findet und sich mit den »Bürgern« über Civil- und
politische Angelegenheiten besprechen kann, sondern auch Ge-
legenheit hat, sich mit der kirchlichen Gemeinde zum Gebete zu
vereinigen. Der Marktplatz [sük] oder Fruchtmark [itschrene^
Nazareth) in grössern Dörfern, der »Laden« [dukkäu] in kleinern,
sind ebenfalls Orte, wo man sich zusammenfindet, um sich die
Tagesneuigkeiten mitzutheilen oder auf sonst eine Weise die
übrige Zeit, deren der Fellach immer emen grossen Vorrath hat,
todtzu schlagen.
Die innere Einrichtung der Fellachenwohnung ist sehr pri-
mitiv. Das Zimmer ist in zwei übereinander liegende Käumlich-
keiten abgetheilt , wovon die untere von dem ^'ieh — Ochsen.
Kühe, Esel, Hühner — , die obere [mastabe. sidde)^ zu welcher
man auf einer kleinen Treppe emporsteigt, von den Menschen
bewohnt wird. Auf diese Weise hat der Fellache, wenn er Nachts
seine Thüre zugeschlossen hat, seine ganze Familie bei sich und
kann sie schützen und pflegen. Da das Vieh sich in der untern
Abtheilung aufhält, so ist der als Wohnplatz der Familie benutzte
Raum, Avelcher gewöhnlich einen mit irgend einem Cement be-
legten Boden hat, leichter rein zu halten. Wo ein grösserer ^"ieh-
stand vorhanden ist, hat man natürlich besondere Räumlichkeiten
für denselben. Kommt ein Gast an, so hat die Hausfrau oder
die Tochter nichts Eiligeres zu thun, als den Boden schnell zu
kehren und eine Strohmatte [hasire oder in bessern Familien
einen Teppich {siddsc/iüde, hesiU] auszubreiten, worauf man sich
114
setzt. Haben sich nach einer Weile die Augen des Besuchers
einigermassen an das Halb- oder Vierfünftel-Dunkel der Räum-
lichkeit gewohnt, so ist er Avohl neugierig, sich das Ameublement
dieses eigenthümlichen Empfangsalons anzusehen. Dasselbe hat
er bald in Augenschein genommen, da es Aveder aus zahlreichen
noch kunstvoll gearbeiteten Stücken besteht. Da befinden sich
ein oder mehrere von den Weibeni und Mädchen aus Lehm und
Stroh fabricirte Behälter zur Aufbewahrung von Weizen oder
Gerste 'chZihije^ V\. cliaxmhi] . Oben hat derselbe eine Öffnung,
wo der Weizen hineingeschüttet Avird ; am untern Ende ist ein
kleines rundes Loch, das man mit irgend einem Lappen zustopft.
Durch dasselbe Avird der jedesmalige Bedarf entnommen.
Da diese Behälter geAvöhnlich etAvas von der Wand abstehn,
so befindet sich hinter denselben eine bequeme «Rumpelkammer«,
Avo aller unnöthige oder unschöne Kram aufl:>eAvahrt Avird, imd
Avo der Aveibliche Theil der Eamilie auch im Nothfall einen pas-
senden Versteck findet. In einer Ecke steht ein grosser bauchiger
Wasserbehälter, auch chähije genannt und ebenfalls Fabrikat der
Hausfrau, Avelcher mehrere Krüge [tscharra] Wassers hält. Ein
kleines Krüglein vom selben Stoff dient zum Herausschöpfen des
jedesmaligen Bedarfs und zugleich zum Trinkbecher. Wo es
etAvas eleganter hergeht, hat man Avohl ein aus schAvarzer Erde
verfertigtes, mit rothen Verzierungen geschmücktes und mit einer
Schnauze versehenes Trinkkrüglein [küz)^ aus dem der Geübte
den Wasserstrahl in den Schlund fallen lässt, ohne dass seine
Lippen die Schnauze berühren. Vergessen darf nicht Averden ein
anderes, höchst Avichtiges Listrument, die Mühle. Zum Heizen
des Zimmers und gelegentlichen Kochen oder Kaffeebereiten ist
in der Wand ein Kamin vorhanden , Avelches aber in manchen
Fällen nicht mit einem Schornstein versehen ist, durch Avelchen
der Rauch entweichen kann. Es ist dann dem Rauch, Avelcher
sich reichlich aus dem schlechten Brennmaterial entAvickelt, er-
laubt, nachdem er die BcAvohner des »Salons« nicht blos zum
Weinen, sondern fast bis zur VerzAvciflung gebracht hat, durch
irgend ein in der AVand angebrachtes kleines Luftloch ganz all-
mählich zu entAveichon. Diese Heizmigsart hat übrigens den
Vortheil, da die Zimmer Aveder verj)utzt noch tapezirt Averden,
dieselben nach und nach mit einem bramien und stellenAveise
scliAvarzglänzenden Überzug zu versehen. Auf das Kamin oder
115
sonst irgend einen ^'orspl•llno■ wird die einfache irdene Lampe
[sirädsch] hingestellt, welche in der Regel die ganze Nacht hin-
durch von Zeit zu Zeit mit dem nöthigen Oel versehen Avird.
Denn nur der ärmste Mensch schläft hei den Arahern im Finstern,
und Avenn es von einem heisst : Der Arme, er schläft im Finsteni
[alal- atme) , so will das so viel heissen als : Der arme Kerl hat
keinen Pfennig mehr, um Oel zu kaufen, hei dem ist's Matthaei
am letzten. Eine grün, roth oder hraun angestrichene, mit aller-
lei Flitter verzierte Kiste [ßcmdäh] enthält die Garderohe und
»Kleinodien« der Frau, ist auch der sicherste Ort zur Aufbewah-
rung von Geld, Dokumenten und andern Werthgegenständen.
Obschon nun die meisten dieser Kisten mit einem einfachen
Apparat versehen sind, der ein Glöckchen schellen macht, sobald
der Schlüssel umgedreht wird, so ist es schon oft geschehen,
dass Diebe sich des Inhaltes solcher ^andük'^a durch nächtliches
Einbrechen in die Wohnung und Wegschleppen der wxrthvollen
Kiste bemächtigt haben. Ein paar irdene und hölzerne Gefässe
[büti/e, PI. hawctti) stehen da zum Teigmachen und Kochen. Eine
oft recht nett mit schAvarzem und rothem Stroh verzierte runde
Strohmatte {tahak), die Arbeit der Frauen und Mädchen, ist
Tisch, Tischtuch und Platte. Ein irdener Krug, in manchen
Dörfern ein lederner Schlauch [kirbe] und Eimer [delu] dienen
zum AVasserholen. Das sind die hauptsächlichsten Möbel und
Hausgeräthe, deren der Fellache bedarf, und er lebt glücklich,
heiter und zufrieden in seinem patriarchalischen Heim.
Fortsetzung folgt.)
Die Davidsstadt, der Saloiuoteicli imd die Gräber der
Könige iu Jerusaleiu.
Von Baron von Alteil in Montreux.
Wie viel den Israeliten einst daran gelegen sein mnsste. in
der Landschaft von Jebns festen Fuss zn fassen , leuchtet gar
bald ein, wenn wir uns nur der für ganz Palästina überaus gün-
stigen Lage von Jebus erinnern. Dieser Bezirk, zwischen den
nördlichen Stämmen Israel' s und dem Stammgebiete Juda's ein-
gekeilt, lag auf der Wasserscheide des ganzen Landes, am Kreu-
zungspunkte verschiedener Karawanenstrassen zwischen Aegypten
und Spien, zwischen dem Mittelmeere, dem todten Meere und
dem Euphrat höchst vortheilhaft. Diese A'orzüge mussten dem
jungen König David den Besitz der Stadt ungewöhnlich ver-
lockend erscheinen lassen und ihn bestimmen, jenen von Natur
festen Sitz der Jebusiter zum Mittelpunkte des israelitischen Ge-
meinwesens, zum Yereinigungspunkte der militärischen und
commerciellcn, ja später auch der religiösen Interessen auszu-
wählen. Hier also war Schonung der endlich sich unterwerfen-
den Völkerschaft das jetzt allein der Staatsklugheit Entsprechende.
und die Eroberung von Jebus hat sicherlich nicht mit einer ent-
schiedenen Knechtung der Einwohner abgeschlossen, wie viele
Erklärer der Berichte über dieselbe, vielleicht durch deren sehr
bedauerliche Kürze und Verworrenheit verleitet, vorausgesetzt
haben. Vergegenwärtigen Avir inis zunächst den Angriff auf die
Feste Jebus mit den Vorbereitungen dazu, um uns dadurch die
Lage der dabei in Betracht kommenden Oertlichkeiten um so
besser veranschaulichen zu können.
1. Wenn wir uns dem durch die Wortkargheit in II Sam. 5,
6 ff. und selbst I Chron. 12 ill). 4 ff. unwillkürlich hervorge-
brachten Eindrucke einer ganz ungewöhnlichen Energie und
17
Schlagfertigkeit seitens der bisher so zertheilten und damals
schwerfällig den Angriff der Feinde erwartenden israelitischen
Stämme entziehen nnd uns dagegen in die der Bestürmung von
Jebus vorhergehende Lage der Dinge versetzen, so wird uns bald
klar werden, wie es dem jungen Könige bei dem rasch durch ihn
erfolgten Aufgebote und bei dem erstmaligen Ansammeln der
erforderlichen Mannschaften avis ihren entfernten AVohnsitzen,
nicht Aveniger während des Herbeischaffens des Feldzeuges und
der Angriffsmaterialien zur Berennung einer wohlverwahrten und
kampfbereiten Feste gleichmässig an Zeit und Raum gemangelt
haben müsse — wie dem Könige deshalb zunächst auch die Er-
werbung eines Operations- oder Stützpunktes , nämlich einer
geräumigen und daneben leicht zu befestigenden x\nhöhe. welche
der feindlichen Feste möglichst nahe lag. als erstes Erfordeniiss
künftiger Erfolge habe erscheinen müssen.
Keine Höhe aber in der nächsten Umgegend der Feste Jebus,
die auf den Klippen des nachherigen W. -Hügels der jüdischen
Hauptstadt gelegen war, kann aber damals diesen Erfordernissen
so genau entsprochen haben, als der jener Feste im Osten gele-
gene Zionshügel. wie ihn die Jebusiter schon damals benannt
hatten, der spätere Tempelberg, welchen nur ein schmales, wenn
auch tiefes Thal von der anzugreifenden Höhe trennte. Die Fläche
des Zion mit ihren schroffen Abstürzen reichte andererseits völ-
lig aus , dem jüdischen Volksheere als Lagerstätte zu dienen,
ohne den mitten inne dort hervorragenden , ihm vermuthlich
schon ehrwürdigen heiligen Fels zu benachtheiligen. Zur dauern-
den Herstellung eines solchen festen Punktes bedurfte es freilich
zuvörderst, laut der auch bei den Israeliten gebräuchlichen Kriegs-
regeln, der Vmfriedigung des Plateau's mit einem Schutzwalle
und der Einnahme einiger von den Jebusitern dort errichteten
festen Thünne. Besonders eine Einfriedigung des Lagers wird
diesmal nicht versäumt worden sein, wo eine stark bewehrte,
Avegen ihrer höhern Lage die schwachen Stellen der jüdischen
Lagerstatt beobachtende Feste ihm gegenüberlag, aus welcher
täglich Ausfälle zu erwarten waren.
Dass der König für seine Person sich in dieses Zelt- und
Hüttenlager der Jiulen zurückgezogen habe, ist nicht wahrschein-
lich. Wir haben vielmehr einige am Zionshügel selbst belegene
Aussenwerke der Jebusiter hier ins Auge zu fassen, deren Be-
118
Setzung zunächst erforderlich war und deren emes vermuthhch
von DaA^id vorläufig zu seinem Aufenthalte auserkoren wurde.
Es gehört vor allem zu diesen die im N. des Zion sich erhebende
kleine Felsenburg, welche auf ihrem Felsenkegel, isolirt von der
Kethzethahöhe, die nördliche Oberfläche des Zion so vollständig
überragte und beherrschte, dass sie schon von ihren jebusitischen
Erbauern die »Zionsburg« oder »ZionsAvarte« benannt worden war.
David hatte sich ohne Zweifel, unvermuthet mit einer auserlese-
nen Mannschaft durch eine kleine, später völlig ausgefüllte
Schlucht hinaufschleichend, bis zu der Felsenklippe, welche
diese Verbürg trug, herangemacht, die Besatzung durch plötz-
lichen Überfall überrascht und vertrieben und sich selbst auf
diesem Luginsland als seinem demnächstigen Hauptquartiere
festgesetzt K . Ganz analog der alsbald zu besprechenden Namen-
gebung an die Lagerstätte der Juden selbst auf Zion ward bald
nach dieser ersten kühnen That David' s die AVarte von dem
jüdischen Kriegs volke in eine «Davidsburg« umgetauft. Ja der
junge König scheint durch seinen Handstreich, der von den Sei-
nen bald gefeiert Averden sollte, in jener Zeit der Umwandlung
mehrerer alter jebusitischer Namen in israelitische, der erwähn-
ten Schlucht gleichfalls einen neuen Namen erworben zu haben,
nämlich den des »Königsgrundes«, wie wir solchen noch in II Sam.
18, 18 finden. Die Bezeichnung »Davidsburg« hat jedoch später,
seitdem der Salomonische Tempel sich in Zion's Mittelpunkte
erhob, dem Namen der »Tempelburg« weichen müssen, wie wir
denselben noch nach dem Ende der Königszeit von Nehemia an-
gewandt finden (Neh. 2. 8 und 7, 2 : blra , »Burg«]. Die Burg
diente damals dem Hananja, »dem Obersten der Burg über Jeru-
salem«, als Vertheidigungspunkt und Aufenthalt. Dass endlich
jenes Felsennest von dem syrischen Könige Antiochus Epiphanes
Akra benannt und zur Zwingburg über den nahen Tempel, wie
über die ganze Stadt bestimmt worden sei, mag hier nur, um
seine anerkannt feste Lage anzudeuten, erwähnt sein. Noch
heute weisen schwach erkenntliche Spuren im NW. -Winkel des
Haräm auf die Mühe hin. welche die erbitterte Stadtbevölkerung
sich einige zwanzig Jahre nachher unter ihres Fürsten Simon
Maccabiuis Leitung gab. jede Erinnerung an diese Schmach zu
1; \>1. ZJ)rV. I, p.SO. S4f.
119
tilgen 1) . Aber der Name Akra blieb nicht nur hartnäckig an der
Stelle selbst haften, sondern breitete sich halbmondförmig ^veiter
in einer schmalen Hänserzone um den Fuss des Heiligthnms
heiaim bis zu dessen Südseite (Ophel) aus, wie dies Josepiius
verschiedentlich zu erkennen giebt^i.
Zu gleicher Zeit mit der Überrumpelung der ZionsAvarte
wird das jüdische Heer sich vermuthlich auch noch eines ande-
ren . näher an Jebus gelegenen Vorwerkes bemächtigt haben,
nämlich des an der westlichen Felsenkante der Zionshöhe und
über der von uns noch mehrfach zu besprechenden Schlucht,
dem nahal^ icZid oder Stadtthale. Avachthaltenden jebusitischen
Millo -Forts. Wir finden dasselbe H Sam. 5, 9 als Brücken-
kopf am Eingange des von Zion nach Jebus führenden Erddam-
mes und mit der Davidsstadt verbunden, als den Mittelpiinkt der
jüdischen am Zion errichteten Yertheidigungswerke aufgeführt.
Eine so frühe Erwähnung dieser Bastion, nämlich zu einer Zeit,
wo die Festung Jebus selbst noch gar nicht in die Hände David' s
gefallen war, beAveist, dass Millo unmittelbar am Zion, dagegen
nicht am W. -Hügel gelegen hat. Zudem würde ja dessen häufig
an der NW. -Ecke der Oberstadt supponirte Lage gegen die An-
nahme derer streiten, welche hier den noch heute stehenden
Davidsthurm zur Vertheidigung dieser Ecke erbaut werden lassen.
Und diejenigen, Avelche, Avie SocI^■ (in Baedeker's Palästina und
Syrien'^, p. 25;. den Millothurm auf der NO. -Ecke des W. -Hü-
gels ansetzen und ihn damit Avohl dem Tempelberge etwas näher
bringen, übersehen dabei, dass nach Josephus Bell. jud. VI, S, 1
der Parteiführer Simon auf eben dieser Stelle gegen den Johannes
einen Thurm erbaute. Ein Millo konnte demnach nicht auf die-
sem Punkte dem Tempelberge gegenüber sich erheben. Der
Name scheint. Avie die Ausdrücke Zion und Silla .letzterer für
den Übergang zu ihrer Festung), eine den Jebusitern angehörige
Bezeichnung gCAvesen zu sein, also eine von den Juden schon
vorgefundene Benennung, Avelche ein bcAvohnbares Castell auf
künstlich aufgehäufter Unterlage avaATjixjjLa) bedeutet haben mag.
Auch im Buche der Richter 6, 9. 12 spielt ein Thurm Millo zu
Sichem eine Rolle als dortige Citadelle.
Eine Vorfeste oder kleines VertheidigungSAverk ähnlicher
1) Vgl. ZDPV. I, p. 7.5 f. 2) Vgl. ZDPV. II, p. 189 ff.
120
l)estimmung, wie die eben genannten, scheint sodann drittens
neben der Zionsburg und der Millo-Bastion ebenfalls noch den
Jebnsitern damals angehört zu haben. Es war der Migdal-Eder,
eine schon seit sehr frühen Zeiten nach Süden hin über die Trif-
ten und Weiden um Bethlehem und Thekoa ausspähende, das
Herannahen viehraubender Nomaden verkündende Warte auf der
Südspitze des Zion- Ausläufers , deren ursprünglichen Z^veckes
man sich noch spät in der beibehaltenen Bezeichnung des »Heer-
denthumis« erinnerte. Er war anscheinend unterwärts mit einer
schwachen Quelle versehen, wie dies einer Yiehhürden-Befesti-
^ung zukam, deren geringe Ergiebigkeit zu Alias' Zeiten das
Missvergnügen der umAvohnenden Stadtbevölkerung erregte
Jes. 8, 61 und nachher zu seines Sohnes Hiskia Felsendurch-
brach den Anlass gab (II Kön. 20, 20. II Chron. 30, 2 ff . 30.
Sirach 48, 18). Der Prophet Micha, ein Zeitgenosse des Jesaja.
nennt den Migdal-Eder neben dem «Hügel der Tochter Zion'sc,
die Warte neben der sie tragenden Höhe, indem er Cap. 4, 8 die-
sen Berg mit dem Gotteshause darauf, ja ganz Jerusalem feiert,
als seine alte Herrlichkeit wieder erlangend nach der ihnen zuvor
zugefügten Schmach. Dass David sich vor allem dieser drei
sicherlich schon von den Jebnsitern befestigten, aber wegen ihrer
isolirten Lage schwer gegen die jüdische Streitmacht zu halten-
den Punkte bemächtigt habe, und zwar, noch ehe es ihm gelungen
war. das Lager seiner Kriegsvölker auf dem Rücken des Zion mit
Befestigungen zu umAvallen, dass ihm hiernächst diese Aussen-
werke treffliche Stützptmkte geboten haben — das ist aus ihrer
Lage zu ermessen, indem sie wie ein schützendes Festungsdreieck
das jüdische Standlager in ihrer Mitte umgaben.
Wenn wir somit annehmen, dass durch diese Besitznahmen
am Zion selbst die Berennung von Jebus eine geraume Zeit ist
aufgehalten worden, so haben wir überdies an jene vielfachen
Nachrichten aus der weit späteren Geschichte Jerusalem's zu
erinnern, um nachzuweisen, wie diese Stadt bei ihren vielfachen
Belagerungen durch so wohlgerüstete Heere, als die der AssjTer,
Chaldäer und Römer, ja der Juden selbst unter ihrem neuernann-
ten Könige Herodes waren, immer erst nach mühsamen und
langwierigen Arbeiten gefallen ist. Man beachte vor allem auch
die Schildennigon des Josbphus von den scliAvierigen Belagerun-
gen der Römer unter Pompejus. Sosius und Titus. Sollte nun
121
der uns beschiifrij^cndc Angriff David's und seines noch nicht
im FesUinj^skrieije eino;eübtcn Heeres auf dieselbe .Stadt einen
rascheren Erfolg erzielt haben, als die Mühen jener tüchtigem
Kriegsvölker des Alterthums ? — Auch deutet ja die Bibel selbst
die unvermeidliche Langwierigkeit der A'orarbeiten der Israeliten
zum Sturmlaufen an. wenn sie zu berichten nicht unterlässt, wie
während dieser Vorbereitungen Angreifer wie Belagerte 'nach
Alt der Homerischen Helden vor Troja) sich die Weile durch
mündliche Herausforderungen und Hohnreden zu kürzen bestrebt
waren. Noch in späteren Zeiten mochten diese Prahlereien hin
und her über das Gränzgewässer der kämpfenden Heere, nämlich
jene sogleich noch Aveiter zu besprechende »Rinne« auf dem
Gninde der zAvischenliegenden Schlucht, pikant genug erschei-
nen , um im Gedächtniss des Volkes fortzuleben und sogar in
dessen heiligen Büchern verzeichnet zu werden. Hatte doch dem
Anscheine nach König David in Person nicht verschmäht, an
diesem Wortgefechte lebhaften Antheil zu nehmen (H Sam. 5, 8).
2 . Den Angriffspunkt auf Jebus im allgemeinen betreffend,
könnte man erwarten, David habe, gleich einigen späteren Feld-
herren, etwa daran gedacht, jenen an die NW. -Ecke der Festung
anstossenden Landsattel, den südlichen Ausläufer des Go'a-Ab-
falls . zunächst zur Basis seiner Sturmangriffe zu verwerthen.
Jedoch ist es nach den Andeutungen der Bibel mehr als walu-
scheinlich. dass er die schon erwähnte zwischen dem jüdischen
Heerlager und der feindlichen Stadt sich hindurchzwängende
Schlucht und zwar die Umgebung des damals allerdings augen-
blicklich abgetragenen, über dieselbe führenden Dammes der
Jebusiter hierzu benutzt habe. AVenn nämlich jene oben ge-
nannten Heerführer später meistens gegen die Oberstadt ihren
Angriff richteten, so dürfen wir nicht übersehen, dass diese Dis-
position nur so lange bevorzugt wurde, als der Tempelberg sich
noch nicht in ihrem Besitze befand und es unthunlich war, von
dort einen Angriff gegen die Stadt zu unternehmen. David da-
gegen Hess eben von dem durch die Seinen schon besetzten Zion
aus seine Sturmkolonnen gegen Jebus vorriicken. Entschei-
dend für diese Auffassung ist eben der ihm ziigcschriebene Aus-
druck »Kinne«, mit welchem er dasjenige Hinderniss bezeichnen
wollte, das die angreifenden Juden noch abhielt, sich des gegen-
überliegenden Hügels und der dortigen Festung zu bemächtigen.
Ztschr. d. Pal.-Ver. HI. 9
122
Als er es nämlich an der Zeit hielt, den Befehl zum Angriffe zn
ertheilen . zuvor jedoch der Sitte gemäss die Seinen durch ein
Mahnwort anziifeueni wünschte, welches an die höhnende Kede
erinnerte, mit der die Jebusiter sich gerühmt hatten, ihre Festungs-
mauern getrost den Lahmen und Blinden ihrer Stadt zur Ver-
theidigung überlassen zu können — während sie selbst entschlos-
sen seien, den Israeliten in offener Feldschlacht vor den Thoren
entgegen zu treten — als er ferner auch die Obersten seiner Heer-
schaaren durch Zusage von Beförderungen und Ehrenstellen zum
Wetteifer anzuspornen für nöthig befunden hatte, schloss er seine
Ansprache mit der Versicherung, dass in seinen Augen das Haupt-
erforderniss des Erfolges darin liege , die zwischen ihnen und
dem Feinde annoch sich hinziehende Rinne zu bewältioren. sie
nämlich rasch zu besetzen und unter allen Umständen zu behaup-
ten (IlSam. 5, 6— S. I Chron. 12 (11), 4—7).
Die Frage ist also : was war diese Rinne ? ^) Man hat sich
bemüht, wegen dieses Ausdrucks die abenteuerlichsten Erklä-
rungen vorzubringen. Auf die einfachste aber ist man nicht ver-
fallen, weil man den Zion und folglich auch die sich an ihm hin-
ziehende Rinne auf einer ganz falschen Stelle suchte und dabei
nur die Festung .Jebus selbst im Auge halten zu müssen glaubte •^ .
Geht man jedoch vom nachmaligen Terapelberge aus, so wird
alles einleuchtend. Denn dann kann man unter diesem von Da-
vid ihr beigelegten Spottnamen unmöglich etwas anderes ver-
stehen . als das damals noch tief einschneidende Stadtthal im
Westen Zion's nebst dem sie durchströmenden Rinnsal, w^elches
laut der Bücher Samuelis und der Könige auch nach der bald
eintretenden Erweiterung der Stadt als die Lücke an der Davids-
stadt und Tiefe neben der Millobastion (besonders in I Kön. 11.
27) hervorgehoben wird. Diese schon in ältester Zeit durch Sturz-
bäche tief eingefurchte Einkerbung zwischen Oberstadt und Zion
erscheint in späterer Zeit vorzugsweise als toäd oder nahal und
1) Hebr. -.-rs. Dieses "Wort findet sich ausser in II Sam. 5, S noch Ps. 42,
S und wird in letzterer Stelle allgemein als »Wasserfall, Katarrakt« gedeutet.
Zu der so schwierigen Stelle II Sam. 5, (i— S vgl. "VVklijiavsen, Text d. Bü-
cher Samuelis p. 1(52 ff., mit dessen Auffassung der Herr Verf. allerdings
nicht übereinstimmt. U. Ked.
2) Vgl. meine Abhandlung »Zion« in ZDPV. II, p. tS— 47.
123
ist häufig an Stellen zn snppliren. wo die Neueren' sehr irrtliüm-
lich den Kidron als den einzigen Winterbach heranziehen -wollen
(z. B. in Neh. 2, 15), Später mehr und mehr durch Geröll und
Trümmerwerk verflacht, scheint diese Rinne zum Bereich des
Tempelbergs selbst gerechnet zu sein, so dass gegen Ende der
Selbständigkeit des jüdischen Staatswesens Josephus mit Recht
den vom Temi)elberge sich westlich hinabsenkenden und ihn
umziehenden Abhang bald unter der Benennung t; -/.arcu ttoäi;
(»Unterstadt«), bald unter der noch uneigentlicheren von Akra
mit dem Bereich des Heiligthums in enge Verbindung brachte.
Das Thal selbst führt er Bell. jud. V, 4, 1 mit dem Namen t; täv
Tupo-oiciv cpapay?, »Thal der Käsemacher«, an.
Die Bibelausleger haben nun, um den ihnen befremdlichen
Ausdruck »Rinne« zu erklären, in ihrer Noth bald nach den Dach-
rinnen der Jebusitischen Häuser, bald nach deren Abzugskanälen
(Kloaken) , bald auch nach den Mauerzinnen der Festung selbst
gegriffen. Caspari^) will, dass Joab durch eine weitläuftige Was-
serleitung hindurch in die Jebusiterburg eingedrungen sei, ob-
gleich wir, bevor Salomo seine genialen Aquäducte gebaut hatte.
von einer solchen durchaus nichts wissen. Der natürlichsten Er-
klärung in Betreff dieser Rinne, des tiefen Einschnittes ZAAischen
Zion und Jebus, will sich niemand erinnern, offenbar um nur
nicht zugeben zu müssen, dass die westliche Hochstadt (Jebus)
notliAvendig erst nach Überwindung und Besetzung dieser Was-
serrinne vom Zion her angegriffen werden konnte, dass somit der
letztere auf der ostlichen Höhe gelegen hat. Liess dagegen Da^id
vom Zion, dem O. -Hügel, sein Heer angreifen, so konnte er mit
Grund aussprechen, dass vor allem dieser grossartige Festungs-
graben zu durchkreuzen und zu bewältigen sei, ehe man mit dem
Feinde drüben handgemein Averden könne. — Was aber die da-
malige Tiefe desselben anlangt, so ist neuerlich durch die Nach-
grabungen der englischen Ingenieure dieselbe als ursprünglich
über 85 englische Fuss betragend unter der jetzigen durch all-
mähliche Ausfüllung gebildeten Obei^fläche nachgcMiesen wor-
den 3), Bei der betreffenden Bestürmung senkte sich also der
1) Auch noch Fukuer, vgl. Schenkel's Bibellexicon II, p. 4ü"j, Art.
Gihon.
2) Theulog. Studien und Kritiken, Jahrgang 1S()4, p. :i2T.
3) Recovery of Jerusalem, p. 115 und 131.
9*
124
dortige schroffe Abfall jenes Plateau's um nahezu 100 Fuss hmab,
und die Überwindung der Erdspalte mag den Jebusiteni ernste
Bedenken erregt haben, deren Folgen bald hervortreten sollten.
3. Der Sturm auf Jebus und die dazu auffordernde Rede
David' s sind also nachdrücklich genug im Buche Samuelis ange-
deutet Im späteren Buche der Chronik werden diese Umstände
noch flüchtiger berührt. In keinem von beiden Geschichtswer-
ken wird aber der eigentlichen Eroberung und Einnahme der
Stadt die geringste Erwähnung gethan. Dass nun die biblischen
Erzähluno^en in dem hiernach nothwendiff eintretenden Stadium
des Kampfes und der Entscheidung, wo mit dem Überschreiten
der «Kinne« eben der kritische Moment des Sturmes eintreten
musste, sich plötzlich eines so unerwarteten Stillschweigens be-
fleissigen; dass in II Sam. 5 zwischen den Versen 8 und 9 und
ebenso in I Chron. 12 zwischen den Versen 6 und 7 der Schluss-
bericht über den Erfolg der Juden bei ihrem Sturmangriffe gänz-
lich unterblieben ist, falls wirklich eine gewaltsame Einnahme
der Feste und ein Blutbad unter deren Einwohnerschaft einge-
treten sein sollte ; dass endlich bei einer solchen \'erwüstung das
Niederreissen heidnischer Heiligthümer auch nicht mit einem
einzigen lobenden Worte sollte aufgeführt Avorden sein — das
alles wäre als unwillkürliche Lücke oder Auslassung in beiden
Geschichtsbüchern äusserst schwierig zu begreifen. Wohl aber
lässt sich ein solches stillschweigendes Überspringen völlig er-
klären, sobald wir annehmen, dass die bisher supponirte blutige
Bewältigung der Jebusiter überhaupt gar nicht das Kcsultat des
fraglichen Zusammenstosses gewesen wäre, sondern — dass die
Stadt nach David's sichtbaren Fortschritten sich ihm auf Gnade
und Ungnade rechtzeitig ergeben habe. Th?:>'Ius >) geht ganz
ohne Bemerkung über dies bedenkliche Stillschweigen hinweg
und hilft sich in Bezug auf die des Abschlusses entbehrende Er-
zählung damit, dass er in II Sam. 5, S ein durchaus unmotivirtes
Hysteronproteron annimmt: »David hatte (ehe das eben Berich-
tete geschah gesagt.« Es wird mit einer solchen Annahme von
Thenius doch wenigstens eine längere Dauer der Helagening zu-
gestanden, wenn auch nach deren Erfolge nicht weiter geforscht
wird. 1>t:ktheaü2) übergeht seinerseits das »desselbigcn Tages«
1 J)ie Bücher Samuelis erklärt- 1S(.>4) p. Kio f.
2 Die Bücher der Chronik- A^l'-i p. 112.
125
(II Sam. 5, Sj nicht ganz mit Stillschweigen und giebt damit
wenigstens zu . dass David für jenen Tag die liestürmung an-
gesetzt und damals doch wohl hinreichenden Anlass zu einer
aufmunternden Ansprache gefunden habe ; allein auch dieser
Commentator hält sich nicht für berechtigt, das zweite IJuch 8a-
muelis und die von demselben abhängige Chronik für eine so
schAver begreifliche Auslassung verantwortlich zu machen, oder
aber, was weit näher liegt, dreist den Schluss auf eine freiwillige
Übergabe der Stadt Jebus und auf eine Kapitulation unter gün
stigen Bedingungen zu Avagen. Wird doch die Verwüstimg der
Stadt mit keinem Worte erwähnt ! Jener eigenthümliche l^rauch,
den Boden einer eroberten Stadt mit Salz zu bestreuen (Rieht. 9,
45), um anzudeuten, dass der Ort auch in Zukunft unfruchtbar,
unbew^ohnt, «ein salziges Land« (Jer. 17, 6), »eine Salzgrube und
ewige W'üsteneia (Zeph. 2, 9) sein solle, wird hier ganz ausser
Acht gelassen. Eine gewaltsame Bezwingung der Feste Jebus
mit rücksichtslosem Hinschlachten der Einwohner, wie die mo-
saischen Bücher das Verhalten Israel's gegen die Kanaaniter vor-
schreiben, fand ersichtlich nicht statt. Das Stillschweigen der
betreifenden Geschichtsbücher ist eine um so auffallendere Un-
terlassung, weil wir an dieser Stelle einen Siegesbericht erwarten,
und doch einige Zeilen Aveiter in II Sam. 5, nämlich V. 17 — 25.
die die Philister vernichtenden Überfälle David's mit einem ge-
wissen Behagen weitläuftig auseinandergesetzt Averden. Es steht
ferner fest, dass die EiuAvohner von Jebus in dem ungestörten
Besitz ihrer Habe und ihres Gutes blieben. In I Chron. 12 (11), &
Avird berichtet : »Joab aber Hess leben die Übrigen in der Stadt« i) .
In David's späterer Zeit hat AraA^na der Jebusiter noch Grundbe-
sitz in Jerusalem II Sam. 24. 16 ff. Unter Salomo finden Avir die
Jebusiter, freilich Avie alle UnterAvorfenen zu Frohndiensten ge-
zwungen. AA-ieder I Kön. 9, 20. Aus Sacharja 9, 7 ist mehrfach
ein freundliches Verhältniss derselben zu der mosaischen Glau-
bensgenossenschaft, Avenn nicht eine Aufnahme in dieselbe
1) Unter Vergleichung A'on Neh, 4, 2 (3, 34) ist obige Stelle zu übeFsetzen :
»Und Joab stellte den Rest der Stadt wieder her.« Das Wiederaufrichten zer-
störter Gebäude wird als ein Lebendigniachen derselben aufgefasst, s. Beh-
THE.iU und Keil zu dieser Stelle. Nach ihrem richtigen Sinn spricht diese
allerdings erst in der Chronik auftretende Nachricht nicht für, sondern eher
gegen die oben dargelegte Ansicht des Herrn Verfassers. D. Red.
126
erschlossen worden. Selbst nach dem Exil machen die aus sol-
chem Zusammenwohnen entstandenen Missheirathen dem Esra
böse Gedanken Esra 9, 1). Alle diese Umstände scheinen hin-
reichend zu bezeugen, dass David in den Besitz der Stadt Jebus
nicht durch Eroberung, sondern durch freiwillige Übergabe der
Einwohner und friedliche Vereinbarung mit denselben ge-
langt ist 1) .
Es könnte auffallen, dass keiner der jüdischen Kriegsober-
sten sich jenen Preis erkämpft haben sollte, welchen der König
wenigstens nach I Chron. 12 (11), 6 demjenigen zugesagt, der
zuerst von Zion aus durch die davorliegende »Rinne« zur Festungs-
mauer vordringen oder in derselben eine Bresche erzwingen
Avürde. Beachten wir jedoch, dass die verheissene militärische
höhere Würde von Joab nicht mehr erworben werden konnte, da
er schon seit Jahren David's oberster Feldherr war II Sam. 2, 13.
2S. 30. 3, 23), so klärt sich das Schweigen hinsichtlich dieses
Punktes von selbst auf. Vielleicht lässt sich aus der Angabe
I Chron. 12 (11), 8 (s. oben p. 125) eine besondere, dem Joab von
David übertragene Stellung, etwa die eines Festungskomman-
danten, in der neu gewonnenen Stadt folgern. Dann könnte nur
in der völligen Unabhängigkeit Joab's den Jebusitern gegenüber
ein Beweis des königlichen Vertrauens, eine Begünstigung ge-
funden werden, während sie zugleich den bestimmten Entschluss
David's andeutet, persönlich nicht in der Mitte der heidnischen
1) Zur ferneren Stütze seiner Ansicht von der freiwilligen Übergabe der
Stadt Jebus an IJavid hatte der für die Topographie des alten Jerusalem so
rastlos bemühte Herr Verfasser in seinem Manuscripte auch noch die Kämpfe
David's gegen die Philister II Sam. 5, 17 — 2-3 herbeigezogen: Dieselben seien
zum Entsatz der durch den neuen Wahlkönig Israel's bedrohten Feste Jebus
herangezogen ; nachdem aber ihre beiden Heerhaufen durch kühne Angriffe
des David in die Flucht geschlagen worden, hätten die Jebusiter, an dem Er-
folge weiteren Widerstandes verzweifelnd, sich entschlossen, statt ferneren
Blutvergiessens ihre Stadt dem ihnen als persönlich wohlwollend bekannten
Könige zu überliefern. Diese scharfsinnige und ansprechende Combination
kann jedoch durch II Sam. 5 nicht begründet werden ; denn eine Verbinduno;
von V. 17 — 25 mit V. 0 — 10 resp. 6 — 16 erweist sich bei genauer Prüfung des
Textes als unmöglich (vgl. Wellhausen, Text der BB. Sam. p.Kiö. Bleek,
Einleitung in das A. T.'* p. 222). Die Redaction glaubte daher den Werth der
ganzen Abhandlung nicht zu beeinträclitigen, wenn sie den auf diesen Punkt
bezüglichen Abschnitt fortliess, zumal da er zu der Topographie des alten
Jerusalem in keiner Beziehung steht. D. Red.
127
Jebiisiter seinen Aufenthalt zu nehmen. In der That -wählte ja
auch der König sich zu gleicher Zeit seine Residenz in der
»Davidstadt« auf dem Zion.
Ist demnach dtirch die Uositznahme von Jehus kein neues
Lorheerblatt in den Siegeskranz des Königs eingefügt Avorden,
so wurde unserem Bedünken nach doch ein anderes Lorbeerblatt
— so zu sagen — zwar kein schriftliches, aber ein weit solideres,
nämlich durch ein Steindenkmal, damals dem Erfolge der Israeliten
und ihres Königs David gewidmet und errichtet. "Wir meinen
den Davidsthurm, der bis zur heutigen Stunde unter diesem Na-
men das Andenken des grossen Königs zurückruft, an den sich
aber auch seit langer Zeit viel historisch Unrichtiges geknüpft
findet. Dieses ursprünglich durchaus selbständige, von allen
Seiten freistehende, äusserst massive und auf einen Steinwürfel
basirte BauAverk zeigt dadmch sein graues Alter an und ward
abseits einer etwa noch älteren Citadelle der Jebusiter und gegen-
über ihrer Stadt hingestellt, offenbar um die unterworfene Ein-
wohnerschaft zu überwachen. Der neue Stadt oberste Joab wird,
indem er dieses Bollwerk, in der eigenthümlichen Form der
stufenweise ansteigenden altjüdischen (phönizischen?) Bauten,
wie z. B. der von Herodes zur Harämmauer verwendeten älteren
Gemäuer , auf das Dauerhafteste herrichtete , auch durch die
Bauart, die Lage und die Benennung des Thurms dem David,
als dem Überwinder von Jehus, ein Denkmal haben herstellen
wollen. Diese Ansicht hat freilich wiederum unsere im Obigen
schon mehrfach wiederholte Überzeugung zum Ausgangspunkte,
dass die SW.-Höhe Jerusalems damals weder als Zion bezeichnet
worden noch die Davidstadt zu irgend einer Zeit getragen habe.
Sie Avar eine eroberte Heidenstadt und desshalb von entschieden
geringem Ansehen unter den Juden !
In Bezug auf jenen definitiven Sturm auf Jehus bleibt noch
übrig, die Auffassung zu besprechen, mittelst welcher Fl. Josephus
die Andeutungen des II. Buchs Samuelis auslegt. Seinem militä-
rischen Überblicke tritt weit klarer, als manchem Bibelerklärer
am Schreibtische, der eigentliche Angelpunkt der von den An-
greifenden z\i bewältigenden Schwierigkeiten vor Augen (vgl.
Antiq.VII, 3, 1). >sachdem David seine Streitkräfte aus ihrem
Standlager auf dem Zion zum Angriff hatte ausrücken lassen,
w^ollte er durch sie die bewusste Schlucht forciren, welche schir-
128
mend der Jehiisiterstadt. -wie ein breiter Festungsgraben, vorlag
und die A'ertheidigung derselben wesentlich erleichterte. Um zu
den gegenüberliegenden Mauern hinaiifzugelangen, musste zuvor
der vor denselben den Angriff erwartende Feind aus seiner gün-
stigen Stellung vertrieben und zu diesem Zwecke der steile Zion-
abfall besetzt werden. Josephus lässt David, seinen Zuspruch
an seine Obristen umschreibend, den zvim Kampfe Aul*brechen-
den zurufen : -m ota tu)v u7:o"/£ijj.evtuv cpapaYycuv sirl xr^v oExpav äva-
ßavTt — also demjenigen . qui per subjecta praecipitia in arcem
evasisset, dem es zuerst gelingen werde, vom Zion aus durch die
zwischenliegende Schlucht hindurch und sodann, nach Bewäl-
tigung der entgegenstehenden jebusitischen Kerntruppen, zur
Festung oben vorzudringen, dem solle der Siegespreis zugesichert
sein. AVir haben schon früher in dieser Zeitschrift^) die hier
hervortretende Eigenthümlichkeit des Josephus besprochen,
den Zion oder Tempelberg unwillkürlich als den Haupttheil der
ganzen Stadt hinzustellen oder ihn als solchen von der letzteren
zu sondern und in diesem Sinne die der Stadt zugekehrten Ab-
hänge desselben, jene Schlucht (praecipitia) mit der Bezeichnung
r^ xaro) ttoXi? zu belegen, ja auf diese sogar den zu seiner Zeit von
der Stadtbevölkerung nicht mehr verstandenen Ausdruck Akra
anzuwenden , obgleich damals letztere Burg seit mehr als zwei
Jahrlnuiderten rasirt und verschwunden war. Es wird daher hier
genügen auszusprechen, dass wir in jenen praecipitia, in jener
Schlucht, das spätere Stadtthal erkennen, an dessen Ostseite sich
die vA-ia r.ohc, oder die Akra, der Bergabhang des Tempelberges
nach der Stadtseite zu, hinzog.
4. Mit der Übergabe von Jcbus war das Standlager der Israe-
liten auf dem Zionsrücken, das selbstverständlich damals schon
mit Sch\itzwehren gegen etwaige Angriffe der Jebusiter umgeben
war, zwecklos geworden. Es war nun zur \'erwirklichung des
früher gefassten Beschlusses, hier die neue Hauptstadt des israe-
litischen Gemeinwesens zu gründen, vor allem erforderlich,
einen entsprechenden Königssitz für den jungen Herrscher auf-
zurichten, auch dessen schon zahlreiche Familie von Hebron her
dorthin überzusiedeln und ihr sowohl, als dem stark vermehrten
Hofstaate, sowie den Versammlungen der Volksältcsten und der
l; ZDPV. II, p. 189—200 : Die der Stadt zugewandte Umgebung des Tem-
pelberges ah die Unterstadt des Josephus nachgewiesen etc.
129
obersten Staatsbehörden ein passendes Unterkommen zn beschaf-
fen. Die ehemalit^e Zionsbnr^ der Jebnsiter ward anscheinend
als zn enge nnd für solche Zwecke zn abgelegen erkannt. David
wird für nötliig gefunden haben, den südlichen Theil der von
seinem Heere verlassenen Lagerstatt in der Nähe der alten, bis-
her auch schon vom Geräusche des Lagers unberührt gebliebenen
Cultusstätte am heiligen Felsen, dem Moriah-Gipfcl, zu seiner
eignen Kesidcnz zu bestimmen und auszubauen. Die alten hier-
über Bericht erstattenden Geschichtsbücher Israel's hielten auch
in dieser Beziehung die beiden der Zeit nach zu unterscheidenden
Wohnsitze David's ersichtlich getrennt. Erst die späteren Com-
pilatoren vermengten, aus Unkenntniss des Sachverhältnisses,
die gehörig unterschiedenen Benenni;ngen iind gaben dadurch
zu der noch fortbestehenden A'erAvirrung Anlass. Wir halten
nämlich in dem Satze : »Und David gewann die Burg Zion, das
ist David's Stadt« die letzten 4 Worte für einen Ausfluss falscher,
wenn auch früher Gelehrsamkeit, ebenso wie in I Kön. 8, l und
in II Chron. 5, 2 die Worte »das ist Zion« eine in den Text ge-
drungene Glosse sind. Ist es schon unstatthaft, die Zion sburg,
das Hauptquartier, von wo aus der König den Angriff auf die
Festung anordnete und leitete, in diese letztere selbst hineinzu-
verlegen, so ist es noch weit weniger zulässig, die Zionsburg
(Da%ddsburg, s. p. 118) mit der erst nach ihr entstandenen Stadt
Davids, dem anfänglichen jüdischen Heerlager, zu verwechseln.
Man beachte nur, wie jene Burg genau von dem Zeitpunkte der
Einnahme von Jebus an völlig aus der Geschichtserzählung ver-
scliAvindet und der Davidsstadt den Platz einräumen muss —
keineswegs freilich in dem Sinne, dass es nunmehr dem Könige
hätte einfallen sollen, sich auf dem fernsten und höchsten Theile
der eben unterworfenen Heidenstadt festzusetzen und von dort
aus die Juden beherrschen zu w^ollen, ja sogar dieser Stadt, statt
ihres bisherigen Namens, eine neue und zwar anderwärts schon
gebrauchte Benennung beizulegen, indem er zu diesem Zwecke
dem Standquartiere seiner eignen Truppen eine ihm zu Ehren
von demselben beigelegte Bezeichnung hätte entfremden müssen .
Die häutig ausgesprochene I^ehauptung. welche eine solche uner-
hörte Namensübertragung befürwortet, findet weder in der hei-
ligen Schrift noch im Joseimius eine Stütze, dessen Worte
man geradezu verdrehen muss, um für solche Annahme einen
130
Beweis zu gewinnen. So erklärt beispielsweise der im Übrigen
so manches Gediegene nnd Brauchbare bringende Krafft gleich
zu Anfang seiner »Topographie von Jerusalem« (auch p. 3) mit
Berufung auf Josephus, wegen ihrer Festigkeit sei die Jebusiter-
Festung auf dem SW. -Hügel die »Burg des Königs David« also
wohl die »Davidsburg« , genannt worden. Josephus meldet aber
(Bell. V, 4, 1) etwas hiervon ganz verschiedenes. Die von Krafft
angezogenen AVorte besagen nur : »der Hügel, der die obere Stadt
trug, ward wegen seiner Festigkeit von dem König David Burg
(cppouptov), von uns der obere Markt genannt.«
AVir dürfen also jener Behauptung entgegen für höchst wahr-
scheinlich halten, dass nach der l^esitznahme von Jebus und bei
der nunmehr nothAvendig werdenden anderweitigen Verwendung
der jüdischen Streitkräfte König David alsbald Bedacht darauf
nahm, sein bisheriges Hauptquartier in der »Zionsburg« zu ver-
lassen und seine Residenz auf einem weit geräumigeren Abhang
des auf der Ostseite der zur Hauptstadt erwählten Hügelstadt
gelegenen Zion aufzuschlagen. Wunsch und Nothwendigkeit
trafen hier zusammen, die südliche Terrasse des Zion zu wäh-
len. Die Entwickelung des königlichen Ansehens vereinigte sich
mit der Absicht, auf der nahen altheiligen Cultusstätte einen
Centralpunkt der jüdischen Gottesverehrung entstehen zu sehen.
Beachten wir in dieser Hinsicht, dass der König nichts desto we-
niger im Sinne seiner fortbestehenden Eigenschaft eines obersten
Kriegsherrn seine Wahl traf. Trotz der Entfernung der Truppen
und trotz des Yerlassens der Zionsburg blieb unverkennbar noch
ein kriegerischer Charakter seiner neuen Ilesidenz anhaften.
Denn nun scheinen sich auf dem Südabhange des Zion und etwa
in der westlichen Schlucht neben demselben Gebäude kriege-
rischer Bestimmung um den Königssitz dort gesammelt zu haben :
Kasernen und Stallungen für die königlichen Leibwachen und
für die Trabanten, Zeughäuser und Waffendepots verschiedener
Art, Amtswohnungen für die Heerführer, Behausungen für die
Familien einzelner Leibwächter, wie die Wohntnig des Uria und
der Bathseba, wahrscheinlich unten im nahen Stadtthale — Ge-
bäude also , welche noch auf lange Zeit der Umgegend einen
kriegen sehen Anstrich ertheilten, und deren Fortbestehen selbst
über die Zeiten des Exils hinaus dieser Gegend neben ()])hcl imd
dem Stadtthale die Erinnerung an die ursprünglichen Dispositionen
131
David's, trotz der Umgestaltungen, ■\velche hier durch seine näch-
sten Nachfolger bewirkt wurden , sicherten, Avährend doch die
von den Neueren so sehr vorangestellte Oberstadt nicht das Ge-
ringste von alledem aufzuweisen hatte. Wir berufen uns dieser-
halb auf das liuch Nehemia '3, 16 — 19), Avorin. als den Grüften
Davids und damit auch der Davidstadt benachbart, aufgezählt
werden : das Haus der Gibborim [der Helden oder der Elite"
trupjien , das Harnischhaiis, ein Zeughaus mit besonderem Auf-
gang aus dem Stadtthale . vielleicht später im Millo gelegen.
Auch werden uns dort (3, 15. 12, 37) der Schlossgarten der Kö-
nige, sowie die Stufen, welche zu dem Davidssitze hinaufführten,
genannt . aiif Avelche Avir Aveiter unten unser Augenmerk noch
zu richten haben Averden.
Die Oberfläche des Zionhügels in ihrer ursprünglichen Form
— das zeigt noch jetzt trotz aller Umgestaltungen die Configu-
ration seines Kückens — gewährte neben dem nothAvendig unbe-
baut bleibenden Moriahgipfel in seiner Mitte, Aveder im Osten
an seinem Abstürze ins Kidronthal noch im Westen an dem
klippenreichen Rande der »Rinne« oder des späteren Stadtthaies
einen genügend grossen Raum für die künftige Residenz des
Königs. Gleich AA'enig möchte damals im Norden, avo soeben die
Zionsburg auf scharfem Felskamme hatte verlassen Averden müs-
sen, die dort am Fusse dieser Klippe sich zAvischen Gareb und
Zion einschneidende Schlucht, zu Avelcher überdem der Aufgang
vom Kidron her noch offen stand . für hinreichend sicher und
geräumig zur Anlage eines Königssitzes befunden Avorden sein.
Nur die südliche Terrasse des Zion zeigte sich hierzu geeignet.
Erst durch Salomo's späteren Entschluss, diesen Raum nochmals
nach Osten hin zu beschränken, um einen neuen Palast und ein
Regierungsgebäude im Anschluss daran zu errichten, ward der
Raum für den alten, Avie für den neuen Gebäudecomplex so ein-
geengt, dass die Topographen Jerusalem's noch immer, ohne von
diesem Umstände sich Rechnung zu geben, grossen Anstoss an
dieser ]ieschränktheit nehmen. Dennoch sind Avir durch die Über-
einstimmimg aller Andeutungen der Bibel. Avelche den einen Avie
den andern Complex betreffen, gezAvungen — zumal der König
mit Recht eine Niederlassung in der Jebusfeste entschieden ver-
schmähte — bei dem Zionshügel zu verbleiben und dort zunächst
eine Lage für die Davidstadt im engeren Sinne anzunehmen,
132
vermöge deren dieselbe die erste Abstufung des Zion nach Süden
zu, d.h. tiefer als der Moriah. aber doch oberhalb des noch süd-
licher gelegenen Ophers, bedeckte. Wollen Avir diesen Kaum
nach den noch jetzt darauf befindlichen Gebäuden bezeichnen,
so ist es die von dem mesdschid el-magJiüribe und von dem mes-
dschid el-aksä (zum grösseren Theil) überdeckte Fläche im Süd-
westwinkel des haräm esch-scherlf — und zwar im Norden bis
zu dem noch weiter zu besprechenden Wasserbecken el-küs.
dem Ausflusspunkte des salomonischen unteren Aquaeducts rei-
chend. Wenn wir auf dieser Fläche den Palast König David's
ansetzen, so werden Avir dadurch berechtigt, zu demselben fol-
gende in der Bibel erwähnte ürtlichkeiten zu rechnen :
1) den Standort, welcher der noch immer der Aufsicht und
Hut des königlichen Kriegsherrn anvertrauten Bundeslade, dem
Palladium des jüdischen Heeres, angewiesen worden war;
2) das nahe Millo-Fort, den Brückenkopf an dem Erddamme
der Jebusiter, durch den die Oberstadt mit dem Zion verbunden
war, zugleich Schutzwehr oder befestigtes Eingangsthor gegen
einen Feind, der durch das im Süden noch off'ene Stadtthal den
Zion anzugreifen beabsichtigte ;
3) die nach Süden an den Palast sich anlehnenden Gärten,
heute verkleinert zu dem Platze haküret el-chatümje ;
4) vor allen die Grüfte, welche David für sich und seine näch-
sten Nachfolger daselbst im felsigen Untergrunde aushauen Hess.
Griö'en wir in dieser Aufzählung schon über die Regierungs-
zeit David's hinaus, um uns die Belegenheit seines Königssitzes
besser zu vergegenwärtigen, so müssen wir noch einmal zur Da-
vidsstadt im weiteren Sinne ziirückkehren, um an die weiter oben
gemachte 15emerkung, die Umwallung der jüdischen Lagerstatt
betrefl'end, anzuknüpfen. Als der König dies nunmehr unnötliig
gewordene Feldlager, wenigstens dessen südlichen Theil, zu sei-
ner künftigen Residenz erkor, wird er sicherlich, was sich dort
an Befestigungen vorfand . nicht nur erhalten , sondern selbst
Aveiter verstärkt haben. Und dass zu David's Zeiten dergleichen
Schutzwehren um seinen Sitz im weiteren Siime (also auch um das
Areal des künftigen Tempels, wie \im das Areal des nachmaligen
salomonischen Cedernhauses sich herumzogen, möchte durch
den altherkömmlichen Alisdruck hirja bezeugt sein, welchen der
Feldherr Joab gebraucht, als er am Schluss des von Adonia seinen
133
Mitverschworenen neben der Quelle Rogel gegebenen Schmauses
das Jubeln des Volks in der Davidsstadt hoch oben über ihren
Häuptern Avahminimt (I Kön. 1, 41 und 45). Denn dieser Aus-
druck Avird sonst nur auf alte umwallte Städte angewandt, wie
z. B. V Mos. 2, 36, und er bezeichnet im Munde Joab's hier die
mit Vertheidigungsmauern oder sonstigen Bollwerken verwahrte
Davidstadt auf dem O. -Hügel Jerusalem's. In gleicher Weise
geht JosEPHUs (Antiq. VII, 3, 2) von der Voraussetzung aus, Da-
vid habe seine Residenz auf dem Zion, sowohl dessen ganze
Oberfläche, als auch dessen Abhänge, wenigstens den westlichen,
mit einer Umwallung umzogen und aus diesem allen einen zu-
sammenhängenden Stadttheil gemacht. Nur bedient er sich hier-
bei zweier Bezeichnungen, r^ xarto -oAt? (»Unterstadt«) und Akra^
welche seiner eignen Zeit angehören und hier auf die Epoche
der Gründung des jüdischen Königthums angewendet, durchaus
nicht passend erscheinen. Wie wir in dieser Zeitschrift 'II, p.l89
— 200) nachgewiesen zu haben glauben, meint Josephus mit die-
sen Ausdrücken einfach den der Davidsstadt im W^esten zunächst
liegenden Abfall des Zion. das Stadtthal; es kann nur zweifelhaft
sein, ob auch der jenseitige Abhang dieses Thals oder höchstens
dessen Thalsohle von David's neuer Befestigung umschlossen
wurde.
5. Die neue Niederlassung des David auf dem südlichen
Zion spiegelt sich noch in einzelnen Angaben der Bibel ab,
welche wir nach dieser Richtung hin zu durchmustern erforder-
lich finden. Es gehören dahin das Ausruhen des Pestengels auf
dem nahen heiligen Felsen und ohne die Familie des Königs
heimzusuchen ; die Dankbarkeit, Avelche er gern hierfür beweisen
•möchte; die nunmehr beschleunigte Herbeischaff"ung der Bun-
deslade und ihre Aufstellung unter dem Dache des Königshauses;
die bei dieser Gelegenheit bezeugte Geringschätzung seiner Ge-
mahlin Michal ; endlich die Aufrichtiing jenes Altars, weicherauf
Veranlassung dieser Feier zur Aufnahme der dabei zu bringenden
IJrand- und Dankopfer bestimmt Mar. Alle diese Einzelnheiten
bezeugen uns David's Einwohnen in seiner Davidstadt auf dem
Zion. In der Erzählung vom Ankauf der Tenne des Aravna
II Sam. 24, IS fl'. I C'hron. 21, IS ff. wird vorausgesetzt, dass
des Königs Wohninig niedriger liegt als jene. Denn der König
muss von seiner Behausung aus zu dem heiligen Felsen, der
134
Tenne des Aravna »hinaufsteigen«, xnid Aravna mit seinen auf
der Tenne beschäftigten Söhnen sieht den König heraufkom-
men. Nach Abschluss des Kaufes baut David dort einen Altar,
der ihm und seinem Hause wohl zu einem Privatheilia-thum
gedient hat, wozu er sich durch seine dem königlichen Palaste
benachbarte Lage vorzüglich eignete. In II Chron. 3, l Avird die
Tenne Aravna's ausdrücklich als das Fundament bezeichnet, aiif
welchem der Tempel des Salomo erbaut wurde. Es ist dies die
einzige Stelle des A. T., welche den Schluss nahe legt, dass der
heilige Felsen in den Tempel hineingebaut worden sei. Nachdem
dieses Gotteshaus eine hervorragende Bedeutung erlangt und
gleichzeitig daneben der neue salomonische liegierungssitz zu
grosser Bedeutung sich erhoben hatte, scheint der Name »David-
stadt«, Avelcher früher sowohl den Moriahgipfel als den zur
Dreschtenne dienenden Felsblock in sich schloss, einen engeren
Sinn erhalten zu haben und hauptsächlich nur von den im Unter-
grunde des alten Königssitzes verborgenen Grüften der Davididen
gebraucht worden zu sein. — Für unsere topographischen Unter-
suchungen ist ferner von Interesse, die Richtung des Zuges zu
betrachten , in welchem David die Bundeslade nach der »David-
stadt« hinaufbringt (II Sam. 6 . 1 ff . I Chron. 14, 2. IG, 1 ff.).
Derselbe muss von Kirjath-Jearim, der an der äussersten West-
gränze des Stammes Juda gelegenen ehemaligen Hauptstadt der
dortigen Wälderregion, her zunächst den SW. -Hügel, das ehe-
malige Jebus, berührt haben, sodann mit Benutzung des mehr-
erwähnten Brückendammes Silla die dazwischenliegende Schlucht
(Rinne) überschritten und sich endlich durch die Millo-Bastioh
gewunden haben, um sich dem l^alaste zu nähern. Von dort er-
blickt Michal, des Königs Saul stolze Tochter, die auf den Zion •
tretende Frocession, vor allen ihren Gemahl, welcher in leinener
Priestertracht mitten im Freudentaumel des Volks vor der Lade
einhertanzt, ein Anblick, der sie zum Spott veranlasst. Fügt sich
diese Erzählung bestens in das Bild, welches wir uns vom Millo-
Fort und von der Davidstadt machen, so giebt es uns auch die
Gewissheit, dass David's Wohnsitz innerhalb der Davidstadt ge-
legen habe. Die Bundeslade verblieb ninimehr daselbst in der
Hofl)urg, anscheinend in einem Hofraum unter freiem Himmel.
jedoch von einem prächtigen Teppichgezelte umgeben. Es ist
wohl dieses Zelt gemeint, wenn I Kön. 2, 28 Joab vor den mit
135
Kecht gefürcliteten Nachstelhmgen des Salomo sich in die »Hütte
des Herrn« begiebt und dort, nra sein Leben zn schützen, die
Hönier des Ahars erfasst (vgl. auch I Kön. 1, 50 f. über Adonia).
»Vor der Ikindeslade Jahve's«, also ebenfalls in diesem Heilig-
thum opfert Salomo und veranstaltet ein grosses Fest für alle
seine Knechte (I Kön. 3, 15] — wie die griechische Übersetzung
hinzufügt: sv Ziojv, »auf dem Zion«. Erst nach etwa 20 Jahren
lässt Salomo die IJundeslade nach Vollendung des Tempels »aus
der Davidstadt, das ist Zion« (I Kön. 8, 1 ff. II Cliron. 5, 2 ff.)
nach dem neuen Heiligthum hinaufbringen. Es liegt also in
dieser Stelle die soeben erwähnte l^eschränkung des IJegriffs
Davidstadt vor, insofern der Standort des Tempels derselben
entgegengesetzt wird, und ferner machen wir wieder darauf auf-
merksam, dass die jüdischen Geschichtswerke consequent an der
Auffassung einer niederen Lage des Davidischen Königssitzes im
Gegensatz zum heiligen Fels und folgeweise zum Tempel, dessen
Stellung davon abhing, festhalten.
Dass andererseits dieser Palast in Beziehung zum nahal oder
künftigen Stadtthale eine Belegenheit hatte, durch die es gestat-
tet Avar, ziemlich senkrecht in die dort befindlichen Hofräume
hineinzuschauen, beweist eine fernere Erzählung aus dem Leben
David's. Das alte Testament spricht ausführlich von dem Ehe-
bruch des Königs mit der Bathseba und von dessen hinterlistigen
Nachstellungen, Mielchen endlich ihr Ehemann, der dem Könige
treu ergebene Uria, zum Opfer fiel. Der Fürst sah das schöne
Weib im Hofe ihrer Wohnung mit Baden beschäftigt, während
er selbst auf dem flachen Dache seines Palastes der Abendkühle
genoss (II Sam. 11, 2 ff.). Die Privatwohnung des Uria, wie der
übrigen (verheiratheten ?) Leibgarden, lag also vermuthlich un-
fern ihrer Kaserne ; beide befanden sich im nahen Umkreise der
Hofburg und zwar in der Tiefe der im Westen des Zion hinstrei-
chenden Schlucht, der »Rinne«, im späteren Stadtthal, so dass vom
flachen Dache des königlichen Palastes der l)lick des Königs
imgehindert in den Innern Hofraum jener A^'ohnungeu sich sen-
ken konnte. David erspähte auf diese AVeise die Eeize der Bath-
seba. Die dadurch festgestellte Lage des Davidshauses zum
Stadtthal wird sodann noch bestätigt durch die Richtung des
Weges, welchen gleich darauf Uria einzuschlagen hat. um von
jenem zu seiner Wohnung zu gelangen. Er bezeichnet denselben
136
wiederholt als einen abwärtsführenden, indem er sich weigert,
der dringenden Aufforderung des Königs nachzukommen und zu
seinem Weibe hinabzugehen, um bei ihr der Knhe zu pflegen.
Werden wir hierdurch in der Voraussetzung bestärkt, dass das
Davidshaus und somit auch die dasselbe umgebende Davidstadt
im engeren Sinne auf der mittleren Terrasse des Zion, nach
Süden zu, gelegen gew'esen, ferner aber auch auf den Absturz
des westlichen Zionsrandes ins Stadtthal, unfern des Millo-Forts,
aufmerksam gemacht, so werden w^ir damit für das Davidshans
auch auf einen Punkt verwiesen, der in der Neuzeit wiederum —
als sog. Klagemauer der Juden von diesen für das allein echte
Überbleibsel des ehemaligen Tempels gehalten und zu einer wö-
chentlich sich wiederholenden Art von Trauerfeier verwandt —
auch unter den Forschern ein allgemeineres Interesse gefunden
hat. Hinsichtlich der Frage aber, welche uns hier speciell
beschäftigt, möchte diese noch jetzt imponirende Höschungs-
mauer aus mächtigen Quadersteinen architektonisch eine w^eit
bedeutendere Wichtigkeit darbieten, die wir desshalb hier zu
besprechen haben.
6. Allem Vermuthen nach hatte dieses dem Salomo zuge-
schriebene Mauerstück noch den besonderen Zweck, jenen gross-
artigen Thoreingang vom Stadtthale ans zu umrahmen und der
Mauer anzupassen , w^elcher mittelst einer unterirdischen Auf-
stiegstreppe dem Tempelbesucher zunächst, sodann dem zvnn
Regierungssitze sich drängenden Volke sowohl in den äusseren
Tempelhof. als in den Vorhof der neuen salomonischen Hofburg
Eintritt zu geAvähren bestimmt war. Dieser kolossale Thorweg
war damals um so unentbehrlicher, weil die von diesem Fürsten
angeordnete Absperrung des alten Jirückendamraes der Jebusiter
über das Stadtthal iind dessen Schliessung zu Gunsten seiner
auf dem W. -Hügel erbauten Frauenhäuser damals einen ander-
weitigen, von der Stadt her leicht erreichbaren Zugang zum Zion
durchaus nöthig gemacht hatte. In der liibel ist unter der Be-
zeichnung «Salomo's Aufgang« (I Kön. 10, 5 und H CJhron. 9, 4)
die Kede von diesem das System der zum Tempelhofe leitenden
verschiedenen Tunnel und verdeckten Stiegen vervollständigen-
den Zugange, welcher noch s])ät dem Chalifen Omar bei dessen
Besitznahme von Jerusalem als Haupteingang zum Tempel erst
gezeigt werden musste und dann auch nur mit Mühe von ihm
[37
benutzt wurde. Erst neuerlich ist die Aufmerksamkeit der For-
scher Avieder auf ihn gezogen worden.
AVegen dieses bemerkenswerthen Aufganges unter dem ehe-
maligen Davidspalaste haben wir zunächst einige Auffassungen
zurückzuweisen, welche auf eine im höchsten Grade gesuchte
Erklärung hinauslaufen, luid die irrige Meinung zu berich-
tigen, als handele es sich hier um eine prachtvolle Ausstattung
oder eine kunstgerechte, fast theatralische Entfaltung des Auf-
zugs der königlichen Dienerschaft, Avelche von Seiten Salomo's
bei dessen Avöchentlichen Temjielbesuchen angeordnet und von
ihm der Königin von Saba vorgeführt sei. Die angeführten
Bibelstellen erwähnen nämlich unter den Herrlichkeiten und
imponirenden Bauten, welche die bei Salomo zum Besuche wei-
lende Fürstin in Erstaunen gesetzt hätten, an letzter Stelle noch
»seines Aufganges, wodurch man hinauf zum Hause des Herrn
ging.« Es hat sich nun die Frage erhoben, ob dieser Aufgang
als Bauwerk dem ebenfalls von der Königin bewunderten Hause,
Avelches Salomo für sich gebaut hatte, ferner etwa den Wohnun-
gen für seine Knechte hinzuzurechnen sei, oder aber jenen,
ebenfalls kurz zuvor erwähnten glanzvollen Anordnungen der
königlichen Hofhaltung und speciell jenem feierlichen Ceremo-
niel, welchem das Hofgesinde und die Trabantenschaar unter-
worfen war, wenn sie den Monarchen auf seinem Kirchgange zu
begleiten hatte. Dies Letztere wird vielfach vermuthet, so noch
von O. TheniusI), Avelcher darunter einen feierlichen Aufzug
von Salomo's Cedernhause zum Tempel verstehen will, also eine
Art Kirchenparade, welche der König zum Behuf der Abhaltung
des wöchentlichen Opfergottesdienstes am Brandopfer-Altare in
Begleitung seines prächtig geschmückten Hofstaats angeordnet,
und zu welcher er seine Gastfreundin als höchst erstaunte Zu-
schauerin zugezogen habe. Allein schon Thenius selbst und
seine Nachfolger sind genöthigt, das Imponirende dieses Aufzugs
nicht sowohl in der unbewohnten Menge, Anordnung oder Klei-
derpracht der königlichen Dienerschaft bei dieser Parade zu
suchen, sondern vielmehr in der erst hinterher eintretenden Ab-
haltung des feierlichen üpferdicnstes von Seiten der Priester-
schaft. Der Pomp des jüdischen Jehovadienstes wird hier jedoch
«
1) Die Bücher der Könige- p. 155.
Ztschr. d. Pal.-Ver. III. 10
138
mit keinem Worte erwähnt, etwa als Zeugniss liefernd für die
Grossartigkeit der salomonischen Hofhaltung. Eine derartige
Auslegung erscheint demnach als äusserst gesucht und kann
scliAverlich die richtige sein.
Aber auch den Deutungen eines Robinson, Keil. Kkafft
und Anderer, welche von Thenius heftig angefochten werden,
vermögen wir nichtsdestoweniger nur in dem einen Punkte bei-
zustimmen, dass sie sämmtlich in jenem »Aufstiege« ein ]> a u -
w e r k . keineswegs aber einen feierlichen Aufzug, eine Schau-
stellung erkennen. Wenn nämlich diese Schriftsteller, den Zions-
rücken der bisherigen irrthümlichen xluffassung gemäss auf den
W. -Hügel versetzend und in Folge dessen unsere lÜbelstelle auf
einen künstlichen Übergang von diesem auf den Moriah beziehend,
den auch von uns oben nachgewiesenen Brückendamm Silla im
Auge haben, so kommen sie zwar damit der Wahrheit Aveit näher
als TiiENius, übersehen aber doch gänzlich den. wie uns scheint,
entscheidenden Fingerzeig, welchen die schon erwähnten, dem
Übergänge südlich benachbarten Baureste aus altjüdischer Zeit
im Innern des SW. -Winkels des jetzigen Haräm noch heute uns
darbieten. Dieselben beanspruchen überhaupt die Aufmerksam-
keit der Forscher weit mehr als bisher geschehen. Insbesondere
sind sie geeignet, bei vorliegender Frage eine lang gesuchte Auf-
klärung zu geben, einen Hinweis nämlich auf das wichtigste der
verschiedenen , vom salomonischen Baumeister erdachten Aus-
kunftsmittel, um den sehr fühlbaren Mangel an Raum in dessen
neuem Cedernhause, ja selbst im Tempelgehöfte zu ersetzen. Es
waren dies die unterirdischen Treppen, welche sich uns als ge-
räumige, meist in den Felsboden des Zion eingehauene und tun-
nelartige, an der überüäche mündende Zugänge von der Tiefe
her darstellen : 1) der Doppeltunnel (Iluldapforte unter der
Moschee el-aksä , eine Fortsetzung des dortigen . Doppelthores
(double gate der Engländer iind Zugang zu den königlichen
Grüften. 2) Der ihm benachbarte und auch im Bau ähnliche
Doppeltunnel, welcher jetzt durch das sog. dreifache Thor abge-
schlossen ist, beide in der Richtung von S. nach N. aufsteigend.
3j Der ursprüngliche l>auplan des jetzt das goldene Thor genann-
ten Zuganges von der Stoa Salomonis zum Priesterhofe, vermit-
telst seiner einstmals überdachten Trep])enstiege. 4 Die ursprüng-
liche Anlage des sük el-kaffünm aus dem Stadtthale herauf,
139
anscheinend erst von Herodes zum r)ehiif des Ilerantreihens des
Opferviehes nmgehaut. 5) In ähnlicher Weise der unterirdische
Zug^ang, wiederum vermittelst eines Doppeltunnels, von N. her
zur liaris-Antonia, von uns »Stratonsthurm« genannt ' i ; er führte
weiterhin die Wachtmannschaft der Antonia durch die Stufen
auf das Tempelgehöfte. Zu all diesen, nach demselben Princi])e
verdeckter und durch das Felsenmassiv hindurch aufsteigender
seitlicher Zugänge mühsam constrnirten Stiegen mit grossartigen
Zugangsportalen gehörte endlich auch unser »Aufgang«. Eine
aufmerksame Betrachtung, an Ort und Stelle angestellt, über-
zeugt uns bald davon, dass wir es mit einer theilweise noch erhal-
tenen, theilweise aber verbauten kolossalen unterirdischen Stiege
und deren vorliegendem Portale zu thun haben, welche ehemals
von der Sohle des Stadtthaies sich erhebend, durch den Unter-
grund unter der Davidstadt hindurch sowohl zum Regierungs-
sitz der Könige (nach O. zu), als auch zum höher gelegenen Tem-
pelhofe den Zugang öffnete. Dieser Aufstieg scheint somit von
Salomo zum Nutzen des zu beiden Punkten zuströmenden \o\-
kes, sogar mit einiger baulicher Gefahr für die darüber befindliche
Davidstadt hergerichtet zu sein ; freilich erst nachdem zur Be-
quemlichkeit für seine jenseits auf der Ostten-asse des SW. -Hü-
gels Aveilende zahlreiche Familie und deren Dienerschaft ein
anderer Verkehrsweg mit dem Königshause, nämlich der alt-
jebusi tische lirückendamm über dem zwischenliegenden Stadt-
thale hin, dem Volke war entzogen worden.
Dieser heut zu Tage halb verschüttete und desshalb wohl
nicht gebührend gewürdigte »Aufstieg« ist unbedingt der bester-
haltene Überrest jener ehrwürdigen l>auwerke am Zion, in deren
Trümmern wir mehr und mehr uns genöthigt fühlen, altjüdische
oder phönizische Bauweise und salomonische Genialität zu er-
kennen. Seiner Bestimmung wie seiner Construction nach mit
den eben aufgezählten Aufstiegen übereinstimmend , war er,
gleich wie jene, an seiner Aussenseite (im Stadtthale) mit einem
sehr stattlichen Eingange geschmückt. Ja wir haben Grund, aus
den hier gefundenen Resten zu schliessen, dass sich einst hier
ein Portal von imponirender Mächtigkeit und in seinen Propor-
tionen denen der Vorhalle des Tempels gleichkommend erhoben
1) Vgl. ZDPV. I, p,73f.
10^
140
habe. Dasselbe muss eine Höhe von 30 engl. Fuss und eine
Breite von etwa 20 Fuss gehabt haben und zeigt überdies noch
jetzt eine zu diesen Dimensionen durchweg passende, höchst
eigenthümliche Oberschwelle, deren besonderes Interesse darin
liegt, dass sie uns die ersten, gleichsam ängstlichen Versuche der
Baumeister Salonio's documentirt, den Gewölbebau anzuwenden ;
und ZAvar durch Einführung einer äusserst flachen, mittelst mäch-
tiger Tind keilförmig an einander geschmiegter Quadersteine (ohne
eigentlichen Schlussstein) hervorgebrachten Bogenspannung, so-
wie durch Hinzufügung eines zweiten elliptischen Entlastungs-
bogens über den ersten flachen Träger, nämlich eines Ungeheuern
Steinbalkens von 24 Fuss Länge. Den diesem oberen kühnen
Sturze entsprechenden Grundstein des Portals, die UnterscliAvelle,
hat Capt. Warren gleicher Weise beim Nachforschen im tiefen
Schutte des früheren Tyropöon wiedergefunden, indem er dort
eine nach Lage und Massverhältnissen durchaus entsprechende,
gut erhaltene ünterschwelle, aus einem geborstenen Stein beste-
hend, nebst einer zu ihr aufwärts führenden Rampe aufdeckte ') .
Dies mächtige Portal — von den Muslimen als Muhammed's Thor-
weg, gleichwie die dahinter sich öffnende Halle als die »Stallung
seines Wunderrosses hurüln^ verherrlicht — ist ohne Frage ganz
geeignet, noch jetzt, wie zur Zeit des Besuches der Königin von
Saba, das Staunen jedes Beschauers zu erregen. Nur wird in
unseni Tagen der Besucher durch eine arge Yerwahrlosiing
schmerzlich berührt, in Folge deren noch fortwährend, wie vor
1000 Jahren bei der ersten Nachforschung des Chalifen Omar
nach der Davidstadt und dem jüdischen Tempel laut Kemal ed-
din's, Said Ibn Batrik's und anderer arabischen Geschichtsschrei-
ber Berichte, eine solche Masse Kehricht und Abfälle sich auf
der eigentlichen Treppenstiege aufgehäuft findet, dass der gute
Rath, wie er damals schon vom Patriarchen Sophronios dem
Eroberer Jerusalem's erthcilt wurde, noch jetzt dem Forscher
dringend nützlich sein möchte — nämlich nur von vornherein
jedem Versuche eines Erklimmens dieser Anhäufung vonUnrath
zu entsagen. — Übrigens hat auch eine offenbar erst seit jener
Zeit dem oberen Theile dieses ftAufstieges« eingefügte (Jisterne,
durch welche der Chalif freilich noch nicht am Vordringen be-
1> Recovery of Jerusalem, p. 112 ff.
141
hindert wurde, welche aber minmchr das Aufsteigen bis zur
Fläche des Haräm hinauf unmöglich macht, das Ihrige dazu bei-
getragen, den Zusammenhang dieser, Avie wir annehmen, der
Stadtbevölkerung ihren hauptsächUchsten Zugang zum Tempel
und zum Paläste bietenden Treppenflucht mit den einstigen
\orhöfen der beiden letzteren zu verdecken und unkenntlich zu
machen. Das imbestreitbar höchst Alterthümliche des interessan-
ten IJaurestes, Avelches neben theihveis ungewöhnlich guter Er-
haltung auch arge Verunstaltungen anfweist. haben ausser den
englischen Ingenieuren Wilsün^) und Warren-) auch dkA'ogüe^*)
und DE SAULcy^) schon erkannt. Um so weniger dürfen wir uns
mit der sehr einseitigen Würdigung zufrieden geben, wie sie
z. B. ConsulRosEN^) diesen wichtigen Bauresten angedeihenlässt.
7. Als Salomo nach 2 Oj ähriger emsiger Bauarbeit endlich
seinen Sitz in der Davidstadt verliess, um sein neues »Cedern-
haus vom Libanon« zu beziehen, zwang ihn anfangs die Be-
schränktheit dieses Palastes, seine Frauen noch einstweilen so
lange in dem Hause seines Vaters zu belassen , bis deren schon
erwähnte Behausung auf dem gegenüberliegenden W. -Hügel
vollendet war. Dann aber scheint der König sich beeilt zu haben,
dieselben und namentlich die Pharaonentochter dorthin aus der
Davidstadt hinaufziehen zu lassen »in das Haus, das er ihr
erbaut hatte« (I Kön. 9, 24). Auch der Chronist bemerkt, die
Fürstin sei «aus der Davidstadt hin aufgeholt worden II Chron.
8, 11). Wir finden also, dass die höher gelegene ürtlichkeit.
Avohin sämmtliche Frauen Salomo' s versetzt worden, als solche
der eben von ihr verlassenen Davidstadt entgegengestellt Averde.
Höher aber, als die von dieser letzteren besetzte südwestliche
Terrasse des Tempelbergs, stieg zu Salomo's Zeiten ausser der
SW. -Anhöhe kein anderer Hügel der Hauptstadt empor; denn
damals gehörte Aveder der liethzetha-Hügel (Gareb) schon zu
letzterer noch auch jene nordAvestliche Berglehne. Avelche als
Go'a- Abhang später seit der Katastrophe der Assyrer den Bewoh-
nern Jerusalem's in so unheimlichem Lichte erschien.
Es ist wichtig, diese den Abstand des salomonischen Wei-
Ij Ordnance survey of Jerusalem, p.42, bes. p. 89.
2) llecovery of Jerusalem a. a. O. 3) Le temple de Jerusalem.
4) Voyage en terre saintc II, p. 171. IbU.
5) Der Haräm von Jerusalem, p. 13.
142
berhauses von seiner eignen llesideuz betreffende Angabe nicht
aus dem Gesichte zu verlieren. Allerdings verfällt der Chronist
in seiner die möglichste Verherrlichung und Heiligung des Tem-
pelbergs bezielenden Tendenz auf einen anderen Grund als das
treibende Motiv für diese Entfernung der fremden Weiber aus
der Davidstadt (II Chron. 8, 11): Salomo soll sich plötzlich (frei-
lich ein wenig spät!) daran erinnert haben, dass dort seine aus-
ländischen und heidnischen Weiber nicht wohnen dürften, weil
dies Haus geheiligt worden diu'ch jene Unterkunft, Melche es
der Bundeslade geboten habe. Dies Heiligthum Avurde ja nichts
desto weniger ungefähr zu eben dieser Zeit aus diesem Palaste
entfernt, um es im Allerheiligsten des nun vollendeten Tempels
aufzustellen ! Wie dem auch sei , so weist der Gegensatz , in
welchen der Chronist den bisherigen und den neu hergestellten
Aufenthalt der königlichen Frauen bringt, entschieden auf eine
mindere Ehrwürdigkeit hin, welcher das neue Serail sich erfreute.
Der Gedankengang des Chronisten deutet somit , wie manche
andere Beziehungen, nach unserer Auffassung auf jene noch
immer dem Zion nahe gelegene, wenn auch im Osten der Ober-
stadt sich hinziehende tiefere Terrasse hin, deren höhere Lage,
dem Tempelberge gegenüber, noch heute sich sowohl dem Auge
des Beschauers unbedingt klarstellt, als auch neuerlich durch
wissenschaftliche Messungen sich ergeben hat, nämlich auf jene
im Judenviertel gelegene Senkung der W.-Höhe, welche von
ToBLER, von FuKUER uud Olsuausen ohne den geringsten Be-
weis so besonderer l^eachtung gewürdigt worden ist, dass diese
Forscher sogar den Königssitz Salomo's selbst und seiner Nach-
folger dorthin zu verlegen sich berechtigt glaubten. Wie aber
die neuerstandenen Begünstiger dieser östlichen Absplisse der
Jebusiterstadt, auf welche sie ungerechtfertigter Weise die Be-
nennung Davidstadt anwenden, und welcher sie mittelst dieses
Umweges eine dem Tempelberge gleichkommende Heiligkeit
vindiciren möchten, mit der vorberührten Auffassung des Chro-
nisten, welche eben für diese Ortlichkcit genau das Gegentheil
voraussetzen lässt, sich abfinden wollen — das bleibt noch eine
der vielen im Gefolge dieser verunglückten Hyj)othese auftreten-
den Dunkelheiten. Die .Vbsplisse der früheren lieidenstadt sollte
dem Chrcjuisten zu Folge eben als weniger angesehen der Stand-
ort des Weiberliauses sein.
143
Zur bequcinen inul sicheren A'erhindung der verschiedenen
Paläste auf den beiden, durch das Stadtthal getiennten und sich
gegenüberstehenden Hügeln war nun ferner der Ausbau und die
Consolidirung zweier älterer mitten iune belegener Baiiwerke
erforderlich. Der Übergang der Jebusiter nämlich über die »Rinne«
oder das spätere Stadtthal, also der Damm Silla, und gleicher
Weise die schützend daran stossende Millo-Bastion mussten beide
neu befestigt, auch wohl erweitert werden. Möglich wäre, dass
schon damals jener Durchlass für eine darunter durchlaufende
Strasse und für verschiedene neuerlich wieder aufgefundene Ab-
zugskanäle hergestellt wurde, wodurch der anfangs massive Erd-
aufwurf später als durchschnitten und zu einem l>rückendamm
umgestaltet erscheint, dessen Mittelstück zur Yertheidigung des
Tempelbergs später nicht selten abgebrochen oder vermauert
worden ist. Nothwendiger Weise, selbst wenn uns dies die Ale-
xandrinische Übersetzung des A. T. nicht bezeugte (siehe unten) ,
ward schon damals jene AYasserleitung mittelst dieses Brücken-
damms auf den Tempelberg übergeführt, durch welche der untere
oder tiefer gelegene Zweig der Salomonischen Aquäducte, nach-
dem er um den W. -Hügel geführt war und dort eben zuletzt noch
die Haushaltungen des Salomonischen Serails mit Wasser versorgt
hatte, auf den Tempelhof geleitet wurde und dort in dem Sam-
melbecken, welches kelchförmig und dem ehernen Meere nach-
gebildet Avar n Chron. 4, 5) und auch jetzt noch von den Mus-
limen der Becher iel-käs genannt wird, sein Endziel fand. Ein
auf persönliche Reinheit der Priester und der Andächtigen, sowie
auf zahlreiche Opferhandlungen sich begründender Jehovadienst,
wie der damals von Salomo in seinem Tempel eingeführte, konnte
unmöglich ohne reichliche Wasserfülle bestehen. Diese Noth-
wendigkeit verbürgt uns eine vor der Einweihung des Tempels
schon vollendete Zuführung jenes Wasserreichthums der Quellen
oder Teiche von Etam, deren grossartige Anlage uns noch jetzt
mit Bewunderung erfüllen muss, und deren zweckmässige Ein-
richtung noch heute der Stadt wieder dienstbar gemacht werden
könnte, wenn nicht türkische Indolenz dem entgegenstände. Er-
wähnen wir noch, dass diese Wasserfülle gleichzeitig auch dem
Palaste Salomo's auf dem Zion, nicht weniger seinen Lustgärten
und Wasserkünsten dicht neben demselben im Süden , später
der Garten üssa's genannt) niitzbringend sein musste.
144
Um nun auf den Millo zurückzukommen, so belehrte uns
schon das I. Buch der Könige darüber, dass dies Bollwerk auch
unter Salomo emen der ihm von David beigelegten Bestimmung
ähnlichen Zweck zu erfüllen hatte. Es diente dazu, den durch
das Stadtthal noch immer dem Anch'ängen jedes Feindes offen
stehenden Zugang zu seiner Stadt zu beschirmen und zu schliessen.
Es heisst I Köu. IL 27 : »Salomo baute Millo (aus) und verschluss
die Lücke an der Davidstadt.« Wir können diese Worte nur so
verstehen, dass das Millo-Fort zum Schutze des Stadtthaies selbst,
aber auch des aus demselben zum Tempel und zum Königssitze
aufwärts gehenden »Aufstieges« bestimmt worden war. Salomo
verschloss um diese Zeit durch äussere A'ertheidigungswerke die
Schlucht, verband dadurch die beiden bisher getrennten Stadt-
theile. umzog die südwestliche Vorstadt überdies durch den »nie-
drigen Aquäduct«, Hess diese Leitung in der Nähe des heutigen
hüb el-maghCü'ibe, d. h. oben darüber auf der schon bezeichneten
ostwärts liegenden Terrasse des SW. -Hügels, in der Gegend des
jetzigen Rothschild'schen Hospitals, in die Stadt eintreten, führte
sie dort zunächst bis an sein Frauenhaus, dann aber weiter nach
Osten über den Brückendamm des Stadtthals bis zum 31illo und
endlich auf den Tempelberg, wo der umsichtige König noch den
Boden der Davidstadt durchgraben oder durchbrechen lassen
musste, um das lautere Etamwasser sowohl für sein Gotteshaus
als für seine eigne Hofhaltung zu verwenden. Diese Überfüh-
rung und Verwendung des Wasservorraths von Etam war also die
zweite Aufgabe des Brückendammes Silla sowohl als des Millo.
Über diese Baiiten des Salomo berichtet ein beachtenswerther
Zusatz der griechischen Übersetzung des ersten Buches der Kö-
nige C'ap. 3 (Anfang . Die Worte lauten '; : »Salomo machte das
Meer und die Fussgestelle und die grossen Waschbecken und die
Säulen und das Becken des Hofes und das eherne Meer, und er-
baute die Akra ihier wie in Josephus Antiq. A'II, 3, 2 für Milloj
und ihre Schutzwehren und durchgrub (legte einen Taumel durch
die Davidstadt.« Über die Wasserleitungen nach Jerusalem hat
Schick kürzlich in dieser Zeitschrift ^j Aufschlüsse geliefert,
welche über den Ausgangspvnikt der Aquäducte und auch darüber
1) Das Citat ist nach der römischen Ausgabe der Septuaginta (158T) ge-
geben worden. 1). R.
2; ZDPV. I, p. V.Vl ff.
145
kein J bedenken lassen, dass die »niedrige Leitung« für den Tem-
pelberg bestimmt "svar, wie sie auch jetzt noch, nach etwa 30U0
Jahren, dies Ziel erreicht. Nur hinsichtlich des Zeitpunkts der
Fertigstellung derselben verbleiben wir trotz jener Erörteiiing im
Dunkeln. Wie schon oben erwähnt, sind wir der Meinung, dass
diese Wasserleitungen vor dem Beginn des regelmässigen Gottes-
dienstes im Tempel vollendet worden sein müssen ', .
Wir haben endlich noch zu fragen, auf welche Weise nun-
mehr auch der Abfluss der reichhaltigen Wasserzufuhr vom Tem-
pelberge bewerkstelligt worden sei, imd ob von dergleichen
nöthig scheinenden Abzügen nicht annoch Spuren sich erhalten
haben. Eine der Ableitungen des durch den Tempelcultus. wie
beim .Schlachten des Opferviehes, beim Reinigen der Tempelge-
bäude und des Brandopferaltars verunreinigten Wassers fand er-
sichtlich am Fusse der SW.-Ecke dieses letzteren, ganz unten
durch die sog. »Nasenlöcher« statt. So belehrt uns der Middoth
genannte Traktat des Talmud. Das Abwasser floss durch eine
kreuzförmige Cisterne, die noch in dem SO. -Winkel der Tempel-
plattform erkenntlich ist, und ergoss sich von dort vermittelst
eines noch sichtbaren Kanals (am wahrscheinlichen Südende der
Stoa Salomonis] in das Ividronthal, also wohl dort, wo das »Was-
serthor gegen Morgen« (Neh. 12, 37) von einem gleichen Wasser-
abiluss ins Kidronthal seinen Namen trug. Das von der Priester-
schaft für Bäder und Lustrationen verbrauchte Wasser mag ferner,
falls es im Hinterhofe und dem Gebäude um den Tempel benutzt
worden war, seinen Abzug ins Stadtthal gehabt haben und mögen
dadurch die dort unten gelegenen Heilbäder eine Erklärung fin-
den. Ein dritter wohl hauptsächlich von der Priesterwachtstube
Beth-Mokad im Norden des Tempels ausgehender und in der
Kaphenata-Schlucht oder dem Königsgrunde (s. oben p. 118) sich
sammeliuler Abzugskanal fand ebenfalls im Kidronthal, nur wei-
1) Dieser Meinung gegenüber muss hervorgehoben Verden, dass Baurath
C. Schick in dem oben angezogenen Aufsatz »Die Wasserversorgung der
Stadt Jerusalem etc.« ZDPV. 1, p. 132 ff.) nachgewiesen hat, dass die untere
Leitung, von der oberen in Anlage und Ausführung durchaus verschieden,
die spätere und zwar von Herodes erbaut sei. Es kann also nur davon
die Rede sein, die obere Leitung (im Sinne Schick's), unter Berücksich-
tigung der von Baron von Alten betonten allgemeinen Gründe und jener
Stelle der Septuaginta , auf Salonio zurückzuführen. Vgl. Allgemeine Con-
servative Monatsschrift IV ;lb&0;, p. 12S f. D. Kcd.
146
ter nördlicher unter der obern Kidronbrücke, avo dies noch nach-
■vveisbar ist, seinen Ergnss. Besonders aber haben wir das nach
»Süden abgeleitete Wasser zii beachten. Das offene, dem schwer-
fälligen »ehernen Meere« nachgebildete 13ecken (der Becher oder
Blumenkelch, I Kön. 7, 26) mochte den oben aufgezählten Be-
dürfnissen entsprechen und den Durst des ab- und zuströmenden
A olkes zugleich stillen. Allein das auf der Linie des Zusammen-
stosses des Tempelgehöftes und der Davidstadt gelegene »Becken
des Hofes« (s. oben) gab trotzdem sein lauteres Wasser auch den
beiden ihm südlich gelegenen Palästen der weltlichen Macht ab,
sowohl dem alten, jetzt beschränkten Davidshause in der David-
stadt, als auch dem salomonischen Cedernhause und ihren
Dependenzen , und zwar bis zum Ausgange des herrschenden
Königsgeschlechtes. Wir können, nachdem auch diese Paläste
mit ihren Pumpwerken Tind Pöhren gänzlich zerstört worden
sind, nur noch vermuthen, dass die Abflüsse des schmutzigen
'\\'assers aus diesen Gebäuden in die grosse, noch erhaltene
Kloake erfolgten, welche aus dem Stadtthale sich wiederum süd-
lich, dann östlich und nun unter dem Schlossgarten hin, immer
in östlicher Richtung nach dem Kidronthale hinzog. Wichtiger
ist uns, dass das nun noch brauchbare Trinkwasser sich wiederum
im Süden der Hofburg im Hofgarten in dem auf kaum bedeck-
tem Felsgrate aufgemauerten »künstlichen Teiche« (ST'ltoyri nD"13n
Neh. 3, 16), der jiiscina operata, nochmals sammelte und dann
schliesslich durch jenen sehr abschüssigen, von Warren ent-
deckten Abzugsstollen in das als »Jungfrauen- oder Marienquelle«
bekannte Keservoir hinabstürzte , um sich einen Ausweg nach
dem Kidronthale zu bahnen, welchen ebenfalls Wakren aufge-
fuiulen hat (Pecovery of Jcr. p, 24S ff". 251 ff.)'). — ])iese zum
Iheil sehr kunstreichen Wasserwerke sind nach unserer einsieht
ebenso das Werk Salomo's, Avie die beiden Aqiülducte, von deren
früherem, dem tiefer liegenden, diese Werke grossentheils ab-
1, Unerfindlich ist übrigens, weshalb wir diesem Bassin nicht seine
altjüdische Benennung, statt einer mittelaltrigen , belassen sollten. Schon
Muhammed wusste aus jüdisclien Quellen, dass das Bassin »der Teich der
allgeschuldeten Ehefrauen« hiess, und dass hier ihnen das eventuell sie frei-
sprechende Eiferwasser verabreicht wurde (s. Mudschir ed-din bei Sauvaire
]). 1"^";. ]Ms nach IV Moses 5, 12 — ;3l zu bereitende Eiferopfer war hier-
nä hst vom Ehemann oben im Tempel darzubringen.
147
hängig Avaren. Denn auch das ( 'edernhaus mit seiner zahh-eichen
Hewühnerschaft und den Leihgarden war ohne geregelten starken
AVasserzufluss und -ahfhiss nicht .bewohnbar. Nach Salomo's
Tode waren die jüdischen Könige zu schwach vnid anderweit zu
sehr beschäftigt, um noch au solche grossartigen Friedensarbeiten
denken zu können.
8. Erst König lliskia fand etwa 100 Jahr nach dem grossen
Erdbeben und Erdsturze des Olbergs zu Usia's Zeiten, dessen bei
Amüs ;l, 1) tmd Sacharja (14, 4 und 5) und wohl auch bei
EzECHiEL (38, 20, gedacht Avird, die Mittel und die zwingende
A'eranlassung . den erwähnten Jungfrauenbrunnen im Kidron-
thal, der durch die Katastrophe unter Usia am Eingänge mit
Erdmassen verstopft war, gänzlich abzuleiten und das Wasser
durch einen neuen Felsendiirchbruch noch weiter nach Süden in
den bisher nur träge fliessenden Siloahteich (Jes. 8, 6) zu lenken.
Mochte dieser äusserste Endpunkt der Gewässer des oberen
Aquäducts aiich schon von Salomo angelegt sein und dem Gihon
entsprechend, jetzt der Siloah, die missio oder descensio aqua-
rum (Joh. 9,7), genannt worden sein, weil zu Salomo's Zeiten
ein Abfluss des Salomoteiches das Tyropöonthal hinabfloss, so
wurde ihm doch erst nach der Katastrophe unter Usia mittelst
dieser neuen Unternehmung Hiskia's durch die Südspitze des
Zion hindurch \yasser zugeführt und dasselbe der Bevölkerung
der Hauptstadt innerhalb deren Mauern zugänglich gemacht.
Eine äussere Einfriedigung mochte das Siloalibecken erhalten ^) .
L ber die ferneren Arbeiten des Hiskia -) , so weit sie die David-
1) Die «andere Mauer draussen", die Hiskia baute 'II Chron. 32, 5,, muss
zur speciellen Beschützung des Tempelberges und der Schlossgärten bestimmt,
gewesen sein.
2j Die hierauf bezüglichen Stellen des A. T. sind diese: »Hiskia machte
den Teich und die "Wasserleitung und führte das Wasser in die Stadt" 11 Köa.
20, 2ü . «Hiskia und das Volk verstopften alle Quellen und den Bach, wel-
cher mitten durch das Land LXX : durch d'e Stadt fliesst; und Hiskia baute
die ganze zerfallene Mauer und stieg auf die Thürme (LXX nur: und die
Thürmej und draussen die andere Mauer und befestigte den MiUo (LXX: die
Aufschüttung an der Davidstadt" II Chron. 32, 3 — 5;i. »Hiskia war es, der
den Ausfluss des Wassers des oberen Gihon oder : den oberen Ausfluss des
Gihonwassers; verstopfte und es unterirdisch nach dem Westen der Davids-
stadt leitete« (II Chron. 32, 30). »Hiskia befestigte seine Stadt und leitete
dt-n Gihon (Text: Gog( mitten hinein. Ei- durchgrub mit Ei'^en den harten
Stein und baute Teiche für das AVasser<' Sir. 4S, IT;. Endlich Jes 22, 9 — 11 :
148
Stadt und das Stadtthal berühren, genüge hier Folgendes. Ausser
dass er. wie schon erwähnt, für den unteren salomonischen Aquä-
duct durch den Durchbruch der Südspitze des Zion jenen Abfluss
zu dem vorher unbedeutenden Siloahteiche anlegte, ergänzte er
im Westen der Stadt die Überführung des höheren Aquäducts,
indem er die vom Gihon zur Stadt laufenden AVasserröhren unter
dem Erdboden verbarg oder die Leitung sonst dem Feinde zu
verheimlichen suchte. Er grub einen Sammelteich innerhalb der
Stadtmauern aus oder Hess die Stadtmauer um diesen herum-
ziehen, um von diesem Teiche aus das Wasser in der Oberstadt,
wie in der Marktstadt durch ein Kanalnetz vertheilen zu lassen.
Er sammelte endlich sowohl das reine, als auch das zum Trinken
nicht mehr benutzbare Wasser wiederum in dem im Osten der
Stadt tief eingeschnittenen Stadttheile und restaurirte das von
Salomo wohl zu andern Zwecken angelegte Becken zu einer
Tränke für das königliche Hausvieh oder zu dessen Wäsche, so-
wie zur Bewässerung der königlichen daneben gelegenen Gärten.
Nämlich der in II Chron. 32, 80 angedeutete, nothwendig am
Ausgange des Stadtthals belegene Sammelteich fällt mit dem
ebendort im tiefsten Tlieile der Stadt befindlichen «Salomo's
Weiher« (rj SoXojxtuvo: y.oÄajXjSrjüpa , Josephus Bell. jud. V, 4, 2)
zusammen. Er verdankt also Avohl seine ursprüngliche Ausgra-
bung dem Salomo. Der Uberflviss seiner Gewässer, dieselbe Tha-
lung verfolgend, musste jenem anderen l^assin zueilen, welches
am Ende derselben , an der Südspitze des Zionabhanges , sich
befand. Der Endpunkt dieses Wasserstrangs, der sonach schon
durch die ganze Stadt geführt worden war und auf geheimnissvolle
Weise westlich über derselben hervorspriidelte, mag schon früh
der Siloah (»Leitung«) genannt worden sein ; lliskia's weiterer
Felsendurchbruch, der der Stadtbevölkerung höchst Avillkommen
Avar, machte sein verhältnissmässig erst rein gewordenes Gewäs-
ser zu einem wichtigen und vielgenannten Zubehör der Stadt.
Wir haben eben Anstalten besprochen, welche von Iliskia
an der Absenkung der unteren Marktstadt zum Stadtthalc hin
angelegt waren, um das in deren Gassen und Häusergruppen
»Ihr sähet die Risse der Davidstadt — zahlreich waren sie — und fasstet die
Wasser des unteren Teiches und zähltet die Häuser Jerusalem's ab und zer-
störtet die Häuser, um die Mauer zu befestigen, und machtet einen Sammel-
teich zwischen den beiden Mauern für die Wasser des alten Teiches.« D. K.
149
in kleineren Kanälen verbreitete Gihongewässer wieder anzu-
sammeln und dem IJecken im unteren Stadtthale zuzuführen.
Vielleicht erlaul)t man sich zu dieser Annahme bedenklich den
Kopf zu schütteln ! Wir fragen jedoch, welche Auslegung man
für jenes so eigen thümlich geformte Wasserbecken bereit hat,
•welches der J^aurath Schick im Süden der jetzt noch bestehen-
den drei Bazare auf 'der östlichen Gränze des ehemaligen Markt-
viertels im Jahre 1875 aufgefunden hat, und welches von einem
sorgfältig zusammengesetzten Gewölbe überdeckt 100 engl. Fuss
lang von N. nach S. und vermuthlich noch weiter sich erstreckte,
dagegen nur 17' 2 Fuss breit ist. Diese Tranchee ist über SO Fuss
tief und erreicht den natürlichen Felsboden. Wilson macht in
den Qnarterly Statements von 1S77 (Januarheft, p. 9) auf diesen
Sammelkanal aufmerksam. Derselbe scheint, ähnlich wie die
nach N. zu benachbarten und auf derselben Linie liegenden be-
deutenden, jetzt zum Theil trockenen Austiefungen, welche unter
dem Deutschen Consulate liegen i) , von Hiskia herzurühren und
ist das Gegenstück zu dessen »Hiskiateiche« an der Westgränze
des Marktviertels. Sein ZAveck war, den Überfluss der diesen
Stadttheil bedienenden Gihongewässer wieder zu sammeln und
sie dem Hauptkanale Hiskia's nach S. hin zuzuführen. Die Über-
reste dieses letzteren, in welchen sich sämmtliche, vermuthlich
nur auf der Obeiüäche laufende Kanäle der Marktstadt mögen
vereinigt haben, erblicken wir in dem schön gewölbten Tunnel,
der, nur zum Theil durchforscht, sich unter der heutigen Davids-
strasse ostwäits bis zu dem alten Brückendamm der Jebusiter
hinzieht Die Muslimen, deren Schriftsteller aus dem Mittelalter
diesem Kanal mehr ^Aufmerksamkeit schenkten als die neueren
Forscher, schreiben ihn geAvöhnlich dem David zu. Erst nach-
träglich wurde derselbe in Gemächer abgetheilt. Er mag für das
lautere Wasser des Gihon dasselbe gewesen sein, was für Ab-
flüsse aus der Oberstadt (und Citadelle ?) der beim Bau der angli-
kanischen Kirche aufgefundene, bis jetzt eben so wenig aiifge-
klärte unterirdische Gang bedeutet haben mag.
Die genannten Wasserwerke schliessen die Erbauung des
Millo an dieser Stelle aus. Dasselbe wird ausserdem II Chron. 35,
5 als an der Davidstadt gelegen bezeichnet, nicht ihr gegenüber.
1) Vgl. Robinson, Palästina II, p. 126. Neuere Biblische Forschungen
p.221, not. 1.
150
Es bestand sogar noch vor dieser II Sam. 5. 9. I Chron. 11.8. \g\.
Antiq. A II, 3, 2). ehe David die Feste Jebus bezwungen hatte. Es
wird von den Septuaginta (s. oben p. 144) entsprechend »Akra«
genannt; denn es war schon als befestigter Pnnkt der Schanplatz
der Ermordung des Königs Joas gewesen (II Kön. 12, 20 . Das
Fort wnrde durch den Enkel des Ermordeten, den König Hiskia,
neu befestigt (II Chron. 32, 5). Hier deuten die Septuaginta an.
die liastion sei ein avv'ArjfjLfia -r^c -oXsojc Aaui'o gewesen, eine künst-
liche Auffüllung der Davidstadt, also zu derselben gehörend.
Dass verschiedene Erdaufschüttungen offenbar schon unter 8a-
lomo zum Zwecke der Überführmig seines Aquäducts vorgenom-
men waren — wie es der Zusatz der griechischen Übersetzung
»und ihre Schutzwehrenc andeutet — dann weitere Arbeiten unter
Hiskia den endlichen Ei folg hatten, den A'iaduct mit seinem
Brückenköpfe, dem Millo, völlig auszugleichen und die Firücke
(7S'.pupa) bis auf einen Durchlass (Mittelthor Jer. 39, 2) so sehr
zu einem Erddamm zu gestalten, dass er einer bebauten Gasse
ähnlich Avurde und die Millo-Hastion endlich im melikeme (dem
türkischen Stadthause am lab es-silsile) aufging, das alles wird
hier nur angeführt, um die Lage und sodann das Verschwinden
des Millo begreiÜich zu machen.
Besondere Beachtung verdient noch ein Ausspruch des Pro-
pheten Jesaia ("22, 9 — 11, s. p. 147 not. 2), der die in Jerusalem
zu Hiskia's Zeit gegen die anrückenden Assyrer getroffenen \er-
theidignngsmassregeln betrifft. Nach der Ausbesserung der ver-
fallenen Mauerstellen an der Davidstadt erwähnt er eine Samm-
lung der Wasser des unteren Teichs. Der in diesen Worten
liegende Hohn musste um so deutlicher die Bevölkerung treffen,
als der untere Teich nur abgestandenes, auf seinem langen Laufe
durch die Marktstadt schon benutztes Wasser enthalten konnte,
als zu welchem Zwecke ihn schon Salomo hatte ausgraben lassen.
Uns aber bestätigt der Hohn Jksaia's, dass sein rrnnterer Teicli«
jedenfalls mit dem »Weiher Salomo's« oder auch mit dem »Teich
des Königs Hiskia«, wie er seit den von ihm bei der bald darauf
eintretenden Belagerung wirklich geleisteten Diensten genaunt
wm-de, identisch war. Dass dieser Teich im Stadtthale unterhalb
der Marktstadt lag, ist doch nicht zu verkennen. Schon desshalb
muss er verschieden von dem im Folgenden genannten, ihm
gegenüber gestellten und höher gelegenen »alten Teiche« sein.
151
Des Jesaja Malmrcdo geht luiinlich nunmehr zu den ül)rig-(.'n
Mass regehl lliskias über. Sie betrafen zwei andere Sicher-
heitsvorkehrungen im Westen der Stadt. Zunächst den Bau des
westlichen Theils der Stadtmauer, zu deren HersteHung auf des
Königs Befehl dort die Häuser (wohl meist Gartenhäuser!) ab-
gerissen wurden, um deren Steine zu verbrauchen ; diese neue
Fortifikation, eine Schutzwehr gegen den von SW. erwarteten
Feind, hob vom Gennath-Thore an und zog sich nach N. bis
zum Eckthore. Sodann ein neu ausgegrabenes Reservoir einen
Graben), welches Iliskia im Winkel zAvischen der neuen Mauer
und der uralten Umwallung der Jebusiter-Stadt anlegen Hess,
gleichfalls zum Besten der Marktstadt. Es war der »Hiskiateich«,
der Amygdalon oder Thurmteich des Josephus, bestimmt für
Aufnahme des Gewässers des Gihon, welchen Jesaja, ohne ihm
einen bestimmten Unterscheidungsnamen zu geben, als »alten
Teich« aufführt. Der Abfluss desselben wurde nun innerhalb der
Stadt in einem neuen Becken aufgenommen und durch eine
Stadtmauer beschützt; von da aus durchzog das vorhin angedeu-
tete Kanalnetz die Marktstadt und sorgte für deren Wasserbe-
darf. — Des Jesaja an das Volk gerichtete Aufmunterung —
dies ist der hier hervorzuhebende Punkt — hält die Siche-
rungsmassregeln Hiskia's sehr deutlich aus einander. Er berührt
k\irz diejenigen am unteren Teiche im Stadtthale und am Tem-
pelberge, dann erst die andern am Gihon, welchen er als den
»alten Teich« aufführt, und endlich die, Avelche sich an der neu
erbauten Schutzmauer oben an der Marktstadt anreihten. Halten
wir fortan diese Unterscheidung fest, um die beiden von Jesaja
gebrauchten vagen 1 Benennungen , welche den Forschern seit
langem so viel Schwierigkeiten gemacht haben, fortan von einan-
der zu trennen und ihre sehr verschiedene Ortslage uns ein-
zuprägen.
9. Vor allem muss uns der Zusammenhang des Salomo-
teiches mit dem »unteren Teich« in Jes. 22, 9 seiner Lage nach
interessiren. Suchen wir demnach festzustellen, wohin Josephus,
welcher uns jenen ersten Namen aufbewahrt hat, dieses Keser-
voir verlegt. Er, der im Tempelhofe erzogene Priestersohn, belegt
dasselbe mit gutem Bedachte mit dem Namen des weisen Königs
(B. j. V. 4, 2,. Obgleich es schon früher, wie das A. T. beweist,
an Namen für den nach und nach verschlammenden Teich nicht
152
mano^elte . scheint die Bevölkerung der Stadt dennoch seinen
frühesten Nanaen in Ehren gehalten zii haben. Josephus führt
den i^Salomo- Weiher« au. als es gilt, den Mauerzug der ältesten
Befestigung, welche die Mauern von Jebus in sich aufgenommen
hatte, zu verdeutlichen. Folgen wir ihm in der Kürze. Die Süd-
strecke des von den Jebusitem herstammenden Festuns-swalles
ward gebildet durch eine Mauer. Avelche. am Hippicus-Thurm im
Westen beginnend, den südlichsten Theil des SW.-Hügels, dicht
innerhalb der dort vorbeieilenden salomonischen Wasserleitung
umzieht. Als ihren südlichsten Wendepunkt berührt sie das
Düngerdepot Bethso, gesammelt von den dort in dem Stadt\dertel
Beth-Cherem wohnenden Weinbauern. Von dort sich wieder
stark nach N. zurückziehend, erstreckte sich diese Linie bis zum
Quellenthor (Brunnen- oder Essenerthor , welches vermuthlich
einen hauptsächlichen Stadtausgang an jener Stelle abgab, wo
jetzt die beiden Strassen huret el-dscUaxcäni und küret el-jehxid
aus dem Judenviertel zusammenlaufen. Dann wandte sich die
Mauer nahe bei diesem Thore und zwar hoch oben über dem
Siloah-Brunnen (uTrsp tt^v -lAtudiix — was meistens übersehen
wird , um eine östliche nicht südliche) Richtung anzunehmen
und ziemlich fern vom Auslauf des Tyropöonthales zu bleiben,
den oberen Abfall dieses Thaies durchkreuzend, also etwa beim
heutigen Mistthore vorbeilaufend. Hier in der Tiefe des Stadt-
thals ging die Mauerstrecke ebenfalls an unserem Salomo- Weiher
vorüber — immer auf ihrem Laufe nach O. — sowie auch an der
Davidstadt, um dann über den Ophelhöcker den Abhang des
Kidronthals zu erreichen und dort sich an die Ostmauer des Tem-
pelhofs (östliche Doppelhalle oder Stoa Salomonis) zu lehnen.
Bei dieser von Josephus entworfenen Beschreibung dieser
Strecke des Mauerlaufs haben wir von der noch immer üblichen
Annahme abweichen müssen , wonach die Stadtmauer sich bis
zum Siloahbrunnen erstreckt habe, und sind dem Wortlaute des
Josephus gefolgt, der nichts davon sagt. Wir halten ferner da-
für, dass, vom ursprünglichen Jerusalem abgesehen, schon bei
der Anlage der Umwallung der Aelia, sowie bei den Mauerarbei-
ten des Mittelalters man gleichfalls den von der Natur vorge-
schriebenen ^'erhältnissen mehr llücksicht getragen habe , als
dies der Glaubenseifer einer Kaiserin Eudokia that. Mag sie den
Versuch gemacht haben, bis zum Siloah mit ihrer Erweiterung
153
der Stadtmauer hinabzusteigen, so -wollte sie diesen lirunnen mit
Basiliken und Capellen ausschmücken. Die natürlichen scharfen
Abfälle des SW.-IIüjafels, ■wie des Zion-Ausläufers erwiesen und
erweisen noch jetzt solche Arbeiten als unnütz. Wir meinen,
dass die Umwallung der alten Stadt, etwa vom jetzigen burdsch
el-kibrit (Pulverthurm) an, eine rein östliche Kichtung anneh-
mend, die Höhe nicht nach SO. zu verlassen habe. Wir haben
in dieser Localität sogar noch weiter nördlich der Stadt zu und
hinter den heutigen Pulverthurm zurückzuAveichen, etwa bis zu
dem offenen Räume, dessen Gränzen durch das Aufhören der
mittelaltrio-en Gebäude des Judenviertels bezeichnet Averden. Der
hier sich hinziehende Kaum, bis vor wenigen Jahren unbebaut
und seitdem nur sehr theilweise mit einem jüdisch-deutschen,
einem jüdisch-spanischen Hospize und mit dem Kothschild'schen
Hospitale bedeckt, war der freie äussere Marktplatz der ehema-
ligen Oberstadt, zugleich die »breite Gasse am Bmnnenthore«,
•worauf, wie auch auf dem äusseren Marktplatze der Marktstadt
»vor dem Ephraimsthore« Neh. S, 16], die aus dem Exil zurück-
gekehrten Juden ihr erstes Laubhüttenfest begingen. Hier liefen
noch zu des Josephus Zeiten die Stadtmauern. Weiter in der
Tiefe bestand auch damals höchstens ein Palissadenwall, ein £?«j
;j7.pa7.a)ua. wie auch im X. der Stadt nur ein solches um die Beth-
zetha-Höhe herum bis zu König Agrippa's sehr solider Mauer
sich befunden hatte 15. jud. I. 13. 3^ — ein irspi-cty laixa, welches
in B. jud. YI, S, 5 angedeutet wird und auf dessen Spuren hin
des Kaisers Theodosios II. Gemahlin. Avie oben gesagt, wohl in
Nacheiferung der Kaiserin Helena ihre schwache Mauer vom
Plateau der SW.-Höhe zum Siloah führte. Vom Siloah aber
wiederum östlich am Kidronthal auf^värts bis zum Tempelberge
irgend Überreste der supponirten Stadtmauer jemals entdeckt zu
haben, behauptet unseres Wissens auch kein Forscher noch Rei-
sender. Um dagegen zu diesem Siloah-Brunnen, vielleicht auch
zur Kogelquelle hinabzusteigen, passirten morgens und abends
die Essener den darnach recht passend Quellcnthor. Bnmnenthor
oder Essenerthor genannten Stadtausgang, auf welchen die
Hauptstrassen ^ines Viertels der Oberstadt convergirten. Dass
JosKPHüS für dieses Thor gerade den Namen der Essener wählt,
mag deren Wichtigkeit und seine Kenntniss ihrer Gebräuche
1>. jud. II, S, 5 beweisen. Ferner dürfen wir. um den vor dem
Ztsebr. d. r.il.-Ver. III. jj
154
Essenertlior gelegenen freien Platz äusseren Marktplatz; festzu-
halten, denselben eben so wenig i) mit dem »breiten Platze gegen
Morgen« innerhalb des Tempelgehöftes (11 Chron. 29, 4), also
zwischen der Stoa Salomonis und dem Weiberhofe, als mit dem
Ephraimthorplatze verwechseln, der geräumig genug war, um
dort unter Iliskia eine Heerschau abhalten zu können (II Chron.
32, 6). Vielmehr muss noch vor diesem Essenerthore ein AYart-
thurm am Mizpa-Stadtviertel der Oberstadt, eines jener isolirten
noch vor den Stadteingängen gelegenen Vorwerke, gewesen
sein, die ■^^•ir rings um die Stadt annehmen müssen. Ihre offen-
bar sehr soliden Fundamente scheint diese Warte dem heutigen
Pulverthurm [hurchch el-kibrd] später geliehen zu haben.
Von diesem Punkt nicht eben weit nach O. zu muss imser
jetzt verschollener Salomo-Weiher gelegen haben. Befand er
sich auf der Sohle des die Stadt durchziehenden, meist schon
verdeckten Kinnsals und nicht unmittelbar neben dem Festungrs-
walle der Stadt, so darf das Becken nicht so völlig unbeachtet
bleiben, wie es neuerdings geschieht, indem wir seine einst wich-
tige Eolle noch nachweisen können , mochte er nachgehends
auch anfangen zu verschlammen. Aus dem Buche Nehemia er-
giebt sich, dass des Teiches Benennung zur Zeit des Exils und
nach demselben einmal der Teich des Königs (Hiskia) und so-
dann Teich der Leitung (nblljn TDna, Siloah?) war (Neh. 2, 14
imd 3, 15). Er war also trotz der Zerstörung der Stadt durch
die Chaldäer erhalten worden. Nur dass er seinen Ursprung
von Salomo herleitete , scheint damals vergessen und erst sehr
spät wieder im Gedächtniss der Stadtbewohner aufgefrischt zu
sein. Dass jedoch der älteste Name, Salomo-Teich , auch am
längsten daran haften geblieben, davon zeugen die uns durch
Mudschir ed-din'^y erhaltenen Auszüge aiis weit älteren arabischen
Schriftstellern. Als die Muslimen Jerusalem im 7. Jahrhundert
besetzten, fanden sie dort offene Ileservoire vor, deren Benen-
nxingen sie von der jüdischen Einwohnerschaft erfuhren , und
welche uns die damalige Deutung dieser Namen erkennen lassen.
Darunter fanden sich drei Wasserbecken im Innern der Stadt :
der Teich der Kinder Israel [birket isra'll] , der Teich des 'ijüd
(König Iliskia'sj und das Bassin Salomo's, während zu den drei
1; Wie z. B. Bertue.\u, Die Bücher Esra, Nehemia und Esther p. 210.
2j S. die Übersetzung von SauvaIKE p. IDb.
155
offenen, ausser der Stadt gelegenen ein bedeckter Jirnnnen, der
der bescholtenen Frauen ^j , nicht gezählt wird , obgleich sein
Name einer altjüdischen Sitte oder Tradition entnommen war.
Mit dem Salomo-Weiher weiss Mudschir ed-din begreiflicher
Weise nichts anzufangen. Zu seiner Zeit — er starb 1521 — war
das Reservoir ausgetrocknet. Er kennt es nicht mehr, wie die
jetzigen Topographen ! ! Allerdings lag es in der Strasse des
Marzuban oder Stadtobersten; denn diese durchzog das Stadt-
thal. Es stand dagegen schwerlich in Beziehung zur Hadeanstalt
des Alä ed-din (jetzt hammüm esch-shifä^ . Wir glauben hieiinit
nachgewiesen zu haben, dass der älteste, auf Salomo zurückfüh-
rende Name des Weihers auch am längsten bestanden hat, und
wollen ihn darum beibehalten.
Wegen der dem Salomo-Teich von Nehemia beigelegten Be-
zeichnungen haben wir nun dessen Recognitionsritt, bei welchem
der Teich vorkommt, zu betrachten. Hierbei müssen wir einem
sehr verdienten Topographen Jerusalem's, dem Pfarrer D. K. Füh-
rer, sowie dem Verfasser einer ausführlichen Abhandlung in
Riehm's Handwörterbuch des biblischen Alterthums ~) , dem Pro-
fessor Dr. F. Müh LAU in Dorpat, entgegentreten. Die Umkrei-
sung der Mauern der Stadt betraf nur die von den Chaldäern
ursprünglich zerstörten, kürzlich aber nochmals von den umAvoh-
nenden, dem Wiederaufbau derselben feindlichen Völkerschaften
niedergerissenen Mauern. Dies letztere Ereigniss scheint nicht
eben lange vor Nehemia's Ankunft erfolgt zu sein 3). An dem
Tempelhof und dessen Einfriedigung sich zu vergreifen, hatten
Saneballat, Tobia und ihre Verbündeten aus Respect vor Artaxer-
xes nicht gewagt. Nehemia hatte desshalb an dem Tempelhofs-
gemäiier, dessen Herstellung bald nach dem Tempelbau von
Serubabel und Josua besorgt war , nach seiner eiligen Untersu-
chung nichts zu besichtigen, wenigstens nicht sobald und so
lange es ihn drängte, die Stadtbefestigung zu vollenden. Der
neue Pascha wollte demzufolge seinen geheimen Umritt gar nicht
bis zu den Tempelhofsmauern ausdehnen und noch weniger in
das Kidronthal hinabsteigen. AVas also Furrer^) vorbringt, um
1) A. a. ü. p. 187. 2) S. den Artikel Jerusalem p. GTS— "02.
3) S, Beutheau, Die Bücher Esra, Nehemia und Esther p, 129 ff.
4) S. Schenkel's Bibellexicon (Art. Jerusalem), III, p. 2-14 ff.; (Art.
Gihon) II, p. 463 ; (Art. Kidron) III, p. 527.
11*
15B
dieses Thal und namentlich die sog. Marienquelle darin in jene
Besichtigung hinein zu verflechten, kann uns nicht von der Rich-
tigkeit seiner Ansicht in diesem Bezüge überzeugen. Der nahal
oder Wäd Avar in unvordenklichen Zeiten tief genug ausgerissen
und führte offenbar zu jeder Zeit Wasser. Seine Abhänge waren
zu David's Zeiten, wie wir gesehen, abschüssig genug, um der
Feste Jebus damals gleichsam als Festungsgraben zu dienen.
Denn nach \\'arrex's Untersuchungen erreicht man dort den
natürlichen Felsboden erst auf kaum weniger als 100 Fuss unter
der jetzigen Oberfläche, und noch immer zieht sich darüber be-
ständig ein Wasserrinnsal hin. Nehemia hatte Grund, das Thal
als einen Winterbach anzusehen, eben so gut als den Kidron, der
einer so bedeutenden Verschüttung zu Usia's Zeiten bis zum
Kogel-Brunnen hin unterworfen gcAvesen war. Andererseits ist
das Heranziehen der sog. Marienquelle offenbar nur ein Noth-
behelf Furrer's und Anderer. Denn Nehemia hätte von dort,
selbst mit Zuhülfonahme der hellen orientalischen Nächte, der
Entfernung dieses Brunnens vom Tempel wegen an der dama-
ligen Ummauerung des Heiligthums so gut wie nichts beobach-
ten können.
Bei solchen Schwierigkeiten haben wir vielmehr anzuerken-
nen, dass Nehemia bei seinem Umritte nur bis zum Stadtthale
gelangte, und dass er an dessen südlichem Ausgange, da wo der
Königsteich von Neh. 2, 14 lag, umgekehrt ist. Den Gihon,
dessen Lage im AVesten über der Stadt nicht abzuleugnen ist,
hier heranziehen zu wollen , ist unthunlich . wie insbesondere
eine Beziehung zAvischen ihm und dem Marienbrunnen. Wohl
aber ist eine Abhängigkeit des »Gihon im Thale« (II Chron. 33, 14)
vom eigentlichen Gihon nicht nur dem Namen nach, sondern auch
den topographischen \'crhältnissen nach denkbar, und zwar war
sie sehr specieller Art. indem das Becken im Thale die Bestim-
mung von Iliskia erhalten hatte, den Abfluss des Gihon. so weit
er durch die Oberstadt und die Marktstadt herabdringen konnte,
aufzunehmen und zu verwenden. Wenn das hierzu von Iliskia
vielleicht erweiterte liecken, der Königs-Pfühl, desshalb »Gihon
im Thale« genannt wird, so wird dadurch auch dessen Lage im
Stadtthale genau gekennzeichnet. Wir haben diesen so vielfach
erörterten und missverstandenen ]^nlkt noch weiter zu berülnen
und wollen hier nur autdie Mannigfaltigkeit dieser Benennunjjen
157
avifmcrksam machen, welche, sämmtlich bisher von Flrrkh,
Mühlau, Zimmermann, Sepp und Anderen verkannt, die La^e
des verschollenen Reservoirs hestätigen und auf den südlichen
Ausgang des Stadtthals hinweisen.
Auch hei der Wiederausbesserung der Stadtumwallung
kommt Nehemia Cap. 3. 15 auf dasselbe Becken zurück. Dort
wird erzählt, dass von dem Vorsteher des Stadtbezirkes Mizpa
eine Mauerstrecke nahe dem Brunnenthore — eben weil zu die-
sem Stadttheile gehörig — ausgebessert sei. Avie es aus gleichem
Grunde mit dem »Teiche der Leitimg« geschah. Neben letzterem
lagen stadteiuAvärts mid an dem Stadtthale liinauf die innern
Mauern; Aveil sie hier schadhaft und eingefallen waren, bedurf-
ten sie der Ausbesserung. AVir Avissen ja. dass hier die Mauer-
trümmer so hoch lagen, dass sie den Nehemia zum Absteigen und
fast zum Umkehren veranlassten (Neh. 2. 14), Der Teich der
Leitung, nbien r3"}3, der als dort liegend in der Eeihenfolge eben
hier vermerkt Avird , mag selbst zum Theil ausgefüllt gcAvesen
sein. Ferner geht aus dieser Stelle hervor, dass Avir uns hier dem
Herabgange von der Da^idstadt nahe — jedoch gegenüber —
befinden. Endlich mussten die Gartenanlagen des Schlossparkes,
deren Westende, jetzt Jiakürat el-chatunlje genannt, damals das
Stadtthal theihveise abschloss, bis an den »Teich der Leitung«
hinabgehen.
Der überAvuchernde Reichthum von Benennunsen für den-
selben Teich, der sich somit hier ergiebt. Avird erklärlich. Avenn
man die Verschiedenheit der uns vorffeführten Zeiten und das
Bestreben der heiligen Bücher berücksichtigt, die Lage dieses
Teiches deutlich zu machen. Letzteres hat freilich bis jetzt eher
dazu beigetragen, unsere Kenntniss vom Salomo- Weiher zu ver-
Avirren. Wir können jedoch noch jetzt die Berechtigung aller
drei Benennungen — Gihon im Thal (II Chron.iaS. 14. Königs-
teich (Neh. 2, 14) und »Teich der Leitnngu 'Neh. 3. 151 — er-
fassen und sie sämmtlich auf dasselbe Becken deuten, nämlich
auf den alten Salomo-Weihcr . das Mittelglied ZAvischen dem
Gihon oberhalb der Stadt und dem Siloah unterhalb dersell)en,
indem AAir uns des langen geheimnissvollon. theihveis unterir-
dischen Laufes dieses GcAvässers einestheils zum Gihon hin und
anderntheils zum Zwecke seiner Kanalisation innerhalb der Stadt
erinnern, endlich noch seinen Abfluss aus d(>r Stadt zum Siloah
158
hin in Kechminj^ bringen. — Die späteste in der Bibel vorkom-
mende Benennnng dieses Teiches giebt die griechische Über-
setzung von Neh. 3, 15. Den »Teich der Leitxinga erklärt sie für
die y.oX'j[jißrji}pa tu)V y.toouov tt] xoupa ~oo ßaaiXiojc. für den Teich
der Schafwäsche bei der jährlichen Schafschur der königlichen
Heerden. Das damals schon kein TrinkAvasser mehr führende,
nahe den königlichen Gärten gelegene und zu deren Bewässe-
rung dienende Bassin mochte auch die Schafställe der königlichen
Familie in seiner Nähe haben. Den für die Heerden noch brauch-
baren Zustand seines Inhalts mochte der fortwährende Zufluss
des schon in den Badeanstalten im Stadtthal und in den Reini-
gungsanstalten am Tempelberge und in der Hofburg gebrauchten
Wassers erzeugt haben.
10. Hatte Hiskia sich vorzugsweise um die Wasserversor-
gung seiner Hauptstadt bemüht, so nahm dessen Sohn und Nach-
folger Manasse grösseren Bedacht auf die Sicherstellung des
Tempelberges und seines dortigen Hoflagers, Manasse verbesserte
(II Chron. 33, 14) die Befestigungen des Tempelbergs, besonders
der Stadt gegenüber. Er restaurirte zunächst die westlichen For-
tificationen der Davidstadt da, wo der Gihon im Stadtthale
abendwärts an sie angränzt. Er führte den Wall von hier aus
dem Tempelgehöfte entlang nach Norden zu bis an dessen Nord-
ecke. Er befestigte sorgsamer das an dieser Ecke liegende Fisch-
thor, vielleicht durch Erbauung eines soliden Aussenwerkes vor
demselben, eines fort detache. dessen beide Bollwerke später
dem Könige Agrippa bei der Yorrückinig der hier befindlichen
Stadtmauern nach Norden so nützlich wurden und zugleich als
Weiberthürme, Avie jetzt am Damascusthore noch ersichtlich ist,
dem neuen Thore am Eingange des Tyropöon als Flankenthürme
dienten. Er gelangte — wohl um den Tempelberg herum und
am Kidron hin weiter fortschreitend — zum Ophel, dessen Mauern
er zur Sicherung seines Palastes wesentlich erhöhte. Wir haben
also unter der äusseren Mauer eine Aussenmauer des Tcmpel-
bergs, nicht der Stadt, zu verstehen, deren südlicher Anfangs-
punkt damals noch , vor Erweiterung der Tempelarea , bei der
Davidstadt lag, und deren nördliches Ende an das Fischthor
reichte. Die vielbestrittene Bibelstelle erklärt sich sehr einfach,
wenn man die Davidsstadt als den südlichen Anfangspunkt der
Mauer voranstellt , so dass der Gihon im Stadtthale westlich
159
daneben la»-. Der Znsatz »im Thale« meint keines der die Stadt
umgebenden Thäler, am Avenigsten das Kidronthal, wie Furrer
und Andere ^vollen, sondern einfach das Stadtthal. Wir müssen
also der künstlichen Anslegnng der Stelle, wie sie Schenkel's
l^ibellexicon III p. 216 nnd p. 226 bringt, entschieden wider-
sprechen 1) .
11. Unserer Überzeugung nach hatte Salomo seinen unteren
Aqnäduct, indem er ihn um den SW. -Hügel der Stadt und zwar
um die damals noch dort bestehende Festungsmauer der Jebu-
siter herumführte, dem Zion und seinem dort eben erbauten
Tempel zugeleitet und von dort den Uberfluss desselben theils
seinem Cedernhause mitgetheilt, theils ins Kidronthal ablaufen
lassen, während er seinen oberen Aquäduct einfach nur bis zum
Gihonbassin oben im Westen leitete und von dort aus sich mit
Wasserröhren zur Versorgung der Stadt begnügte, wie deren die
Juden im Alterthume neben ihren Städten (z.B. Bethulia, Judith
7, 6) mehrere hatten, die allerdings leicht vom Feinde durch-
schnitten, aber auch leicht verstopft und verdeckt werden konn-
ten. Diese Röhren oder secundären Wasserleitungen werden schon
unter Ahas erwähnt (Jes. 7, 3. Vgl. II Kön. 18, 17). Sie verur-
sachten dann dem Hiskia vieles Bedenken (Jes. 36, 2) und brach-
ten ihn auf seine Wasserbauten zu Gunsten der Oberstadt und
der Marktstadt. Alles dieses bezeugt, dass Salomo hier ein Meh-
reres noch nicht hatte ausführen lassen, dass er dagegen im Stadt-
thale weiter unten oder doch an dessen unterem Ausgange auf
der AVestseite der dortigen Schlucht einen von deren Natur schon
vorgeschriebenen Wasserbehälter, den Salomo-Weiher , hatte
aufmauern lassen, um den Zudrang der damals dort bestehenden
Wasseradern dieses Thals zu regularisiren und denselben zugleich
den Abhang hinab zu leiten. Hiskia Avar dann nach 300 Jahren
genöthigt, die Anlagen seines Vorfahren zu vervollständigen und
die westlichen Stadttheile mit einem Netze von (unterirdischen l)
Kanälen zu versehen. Er suchte nun das Wasser, welches, vom
Gihon oben abgegeben, in das Stadtthal unten sich ergoss, im
Salomo-Weiher zu sammeln und zur Abführung dieses wohl nicht
1) Die Übersetzung von II Chron. 33, 14 lautet: »Danach baute Manasse
eine äussere Mauer an der Davidstadt westwärts in der llichtung nach dem
Gihon im Thal und nach dem "Wege zum Fischthore und führte sie herum bis
Ophel und machte sie sehr hoch.« D. Red.
160
mehr trinkbaren Wassers bis ins Siloah-Becken zu verwerthen.
In jener Zeit mochte jedoch dort unten dieser Zufluss Aveder lau-
ter noch auch reichUch sein. Die Wasser des Siloah, die schon
zu Ahas' Zeiten »stillea flössen (Jes. 7, 6j. Avollten ihren Dienst
nicht mehr leisten. Hiskia musste sich entschliessen. anderwei-
tig Wasser herzuleiten und den Reichthum des Tempelberges
daran nutzbar zu machen. Er verwandte jetzt den auf dem Fels-
grate des Zion in dem königlichen .Schlossgarten liegenden
»künstlichen Teich«. n^^On TDian Neh. 3. 16. s. oben p. 146'i.
Dies auf einer Felsplatte unterhalb (südlich) des Königs-Palastes
aufgemauerte Reservoir hatte bisher wohl seinen Inhalt ebenfalls
dem Kidron zugeführt . und zwar durch einen Kanal, Avelcher.
später als Kloake benutzt, noch jetzt existirt ^) . Es ward nun-
mehr von Hiskia benutzt, um durch neugebrochene Felsenstollen
und Schachte dem mattfliessenden Wasser des Siloah einen Zu-
fluss zu gcAväliren und es wieder trinkbar zu machen. Jener Fel-
sendurchbruch Hiskia's ist in seinem oberen Theile erst neuerlich
von Warren aufgedeckt worden. In seinem unteren Theile da-
gegen, MO er etwa das gleiche Niveau bis zu Ende beibehält, ist
er schon seit längerer Zeit von kühnen Forschern untersucht und
durchkrochen worden.
Zur Feststellung der Lage der Davidstadt, welche uns hier
beschäftigt, könnte es endlich von Gewicht sein, die »Stufen,
die herab von ihr kamen«, in Neh. 3, 15 und die »Stufen der Da-
vidstadt, den Aufstieg zur Mauer« in Neh. 12, 37 näher zu bespre-
chen und wo möglich getrennt zu halten. Die ersteren lassen
sich in einer im Untergrunde der Davidstadt in den Felsen ge-
brochenen, breiten Treppe noch jetzt erkennen; sie treten im
Hintergrunde des jetzt das Muhammedsthor genannten Heilig-
thums der Araber unter Schutt und Trümmern hervor. Die letzte-
ren entsprechen dem Tunnel, welcher jetzt, am Doppelthore
(doiible-gate der Engländer^ beginnend, unter der Moschee el-al/sä
hindurch an der Oberfläche des Haräm unweit des wichtigen Bas-
sin el-käs zu Tage tritt. l>eide nahmen — die Treppe von Westen
her aus dem Stadtthale herauf, die Stufen von Süden her aus den
königlichen Gartenanlagen (Garten Ussa's) über einen dort gele-
genen brückonartigen Zugang — ihre llichtimg auf die David-
stadt und das darin befindliche Haus David's.
1, S. Tobleu. Topographie von Jerusalem I, p. *.y.i.
161
12. Die Davidstadt haben wir im Vorstehenden ausführlich
besprochen ; ihre Beziehungen zu den königlichen Parkanlagen
müssen uns jetzt noch beschäftigen. Nehemia kennt noch die
Überbleibsel des Gartens des Königs und verlegt sein Westende
(Neh. 3, 15) ganz in die Nähe des Schclach-Bassins , des jetzt
verscliAvundenen und deshalb von den Forschern ignorirten Sa-
lomo-Weihers, dessen Annahme an der Westseite des Stadtthals
nahe von dessen Auslaufe nach dem Siloah-Decken doch so
manche Schwierigkeit hebt. Übergeht auch das Königsbuch ^I,
c. 7 u. 9) diese Gärten und den künstlichen Teich vollständig
unter den Werken Salomo's , so beschreibt doch Josephus die-
selben (Antiq. VIII. 5. 2< als schattenreiche Laubgänge und deutet
nebenbei auf die Pracht des benachbarten Königssitzes, sodann
auf die Zahl und Geräumigkeit jener jetzt unterirdischen Ge-
mächer, welche heutiges Tags als die Pferdeställe Salomos noch
den Standort seines Cedern-Palastes andeuten, und deren untere
Stockwerke Avegen der sie verhüllenden Schuttmassen von War-
REK nur mühsam erreicht sind'). Dem Josephus waren diese
Räume noch zugänglich und bekannt, und sein Zeugniss, dass
diese I^aulichkeiten dem Salomo angehörten, ist von nicht zu
verkennender Wichtigkeit. Im Übrigen hat des Josephus Un-
sicherheit wegen anderer königlicher Gärten in der Umgegend
Jerusalem's in dieser Frage eine arge Verwirrung angerichtet,
deren wir erwähnen müssen . Aveil unsere obige Auseinander-
setzung unter ihrem Fortbestande leiden könnte. Die Existenz
königlicher Lustgärten am königlichen Schlosse steht fest, nicht
weniger die der Anlagen Salomo's an den drei Quellen-Hassins bei
Etam. Zweifelhaft dagegen sind die Gärten der Könige am Zu-
sammenstosse des Hinnomthales mit dem Tyropöon unterhalb des
Siloah-Brxninens. Josephus sagt zwar 'Ant. VII, 14, 4), der Kron-
prätendent Adonia habe sein verrätherisches Festmahl seinen Mit-
verschworenen bei der Quelle in der Nähe des königlichen Gartens
gegeben. Die Bibel (I Kön. 1, 9^ sagt dagegen nur, beim Steine
(Felsen Sohelet, der neben dem Brunnen ßogel liege, sei dies
geschehen. Der Brunnen Rogel ist für uns unverkennbar und
hat offenbar seinen Ort seit jener Zeit nicht gewechselt; nur
ist er seit dem Erdrutsche unter König Usia sehr bedeutend an-
gefüllt und mit seiner ganzen Umgegend verschüttet und vielleicht
1) S. Recovery uf Jerasilem, p, 1.1 22(;. 3iiO. 323.
162
erst von dem König Hiskia aufgegraben worden. Wenigstens zeigt
der obere Theil seines Schachtes nur alte Arbeit. Der Felsen
Sohelet -wird gleichfalls von den herabrollenden Erdmassen ver-
schüttet sein, und Avar kein Interesse vorhanden, ihn Avieder auf-
zugraben. Er wird also seit Adonia's missglücktem Banquet
nicht mehr sichtbar oder erkenntlich geblieben sein i) . Wir er-
fahren also nur aus der Bibelstelle, dass jenes Gelage in der Um-
gegend des Rogelbrunnens stattgehabt habe ; den königlichen
Garten hier einzuflechten, ist eine Phantasie des Josephus. Ein
anderes Mal (Ant. IX, 10, 4) weist er selbst auf jenes Naturereig-
niss hin, als auf ein Zeichen des göttlichen Unwillens über des
aussätzigen Königs Usia Vergehen gegen die Priesterschaft und
die Tempelordnung; damals sei die Quelle Eroge (Rogel) ver-
schüttet worden, sowie die dortige Heerstrasse und die dortigen
königlichen Gärten. Eine Heerstrasse mochte zu Josephits Zei-
ten dort bestehen, wohl schon zum Besuch der Thierkämpfe in
dem unterhalb des Rogel von Herodes erbauten Amphitheater;
von Gärten in diesem Theile unterhalb Siloah wissen die betref-
fenden Stellen der Bibel (II Kön. 15,1 — 7. 11 Chron. 26) nichts,
und der Bergsturz Avird nur Amos 1,1. Sach. 14, 5 (Ezech. 30, 20)
erwähnt. Die verwüsteten königlichen Gärten existirten wiederum
nur in des Josephus Phantasie oder nur in Werken, die er ander-
weit eingesehen. Dagegen bestanden liebliche Gartenanlagen bei
Etam, und Josephus versäumt nicht, die häufigen morgentlichen
Ausflüge Salomo's dahin auf prächtigem Wagen und in Beglei-
tung einer Zahl Trabanten zu beschreiben (Ant. VIII, 7, 3). Allein
selbst von diesen Gärten bemerken die Geschichtsbücher der
liibel nicht ein Wort, und der Versuch, kurze Anspielungen des
Hohen Liedes [4, 12), des Predigers (2, 5. 6) auf diese entlegenen
Anlagen, statt auf die königlichen Gärten innerhalb der Stadt,
zu beziehen, ist aus verschiedenen Gründen anzufechten.
Somit muss die Existenz königlicher Gartenanl.igen unter-
halb Siloah, als nirgends in den heiligen Büchern berührt, immer
sehr zweifelhaft bleiben. Als zuverlässig erweist sich dagegen
der von Salomo angelegte Schlossgarten südlich von der Hof-
burg. Wir haben selbst als eine Art Foa-tsetzung desselben jenen
mehrgenannten Garten Ussa's zu betrachten, Avelchcr den süd-
1) Cl. Gaxneau freilich bemüht sich eifrig, den Felsen noch jetzt aufzu-
finden ; vgl. Statements 1S70, \).'2h\ f\\
163
Hellen Zugang zu dem Mausoleum der früheren Davididen und
die Grabstätten der spätem jüdischen Könige ximschloss und
endlich auch dem letzten ^'on ihnen, dem Könige Zedekia, ein
naheliegendes Mittel gewährte , die der Zerstörung durch die
Chaldäer entgegensehende Hauptstadt zu verlassen (II Kön. 25,
4 f. Jer. 39, 4 f. 52, 7 f.L Die Bibelausleger haben bisher, uner-
achtet der geringen Wahrscheinlichkeit der Annahme von Gärten
der Könige neben der Eogelquelle, dennoch ziemlich überein-
stimmend den König Zedekia den Weg durch ein dahin führen-
des Stadtthor einschlagen lassen, trotzdem dass dies Thor nach
den deutlichen Worten des Königsbuches von den Chaldäern
damals durch die bei langAvierigen Belagerungen gewöhnliche
Umwallung II Kön. 25, H gut verrammelt war und bewacht
wurde. Man scheint über diese Einschliessung der Stadtmauern
und des Thores, falls eine solche dort unten in der That statt-
fand, sehr leicht hinweg zu gehen. Man übersehe doch nicht,
dass eine von diesem Punkte aus fortgesetzte Flucht den König
Zedekia nur durch die wenig gangbaren Felsenschluchten des
Kidronthales, bei dem heutigen Felsenkloster Mar Saba vorbei,
ans todte Meer geführt, also nur nach grossen Umwegen auf
Jericho zu und darüber hinaus gebracht hätte, Avährend doch der
Flüchtling, seinen Vorfahr nachahmend (II Sam. 15, 28 ff.), sicher
über den Olberg und geraden Wegs nach Jericho eilen Avollte.
Dazu kommt, dass der ältere Bericht über dies Wagniss bei Je-
REMiA (39, 4 f.- die W^orte »den Weg an des Königs Garten vor-
bei« den Worten «durch das Thor zwischen den zwei Mauern«
vorangehen lässt. Die Flüchtlinge durcheilten somit zunächst
den Weg am Schlossgarten entlang und gelangten erst dann zu
einem Thore, während man auf Grund des jüngeren Berichts in
II Kön. 25, 4 f. Jer. 52, 7 f. das Gegentheil anzunehmen pflegt.
Das Thor musste also im Osten näher dem Kidron liegen, als
der langgestreckte Garten, an einem Punkte, wo man die Strasse
zwischen den beiden Mauern schon hinter sich hatte. Der von
Jeremia bezeichnete Ausgang aus der Stadt kann demnach nur
am Ende einer Strasse gelegen haben, welche zwischen der Mauer
des Schlossgartens — etwas südlich vom Palaste, aber noch ober-
halb des Zionabfalls Ophel) — und der ihr parallel laufenden
Schutzmauer der Vorstadt Bethzur sich hinzog. Diese Vorstadt,
welche den Südabfall des Tempelbergs einnahm, war so bedeu-
164
tencl, dass sie nach Neh 3. 16 sogar in zwei Hälften zerfiel, deren
einer selbst nach dem Exil ein Neheniia. 8olin Asbuk's, vorstand,
welcher eben diese Mauer ausbesserte . avo sie gegenüber den
Gräbern David's — d. h. gegenüber dem Eingange zu ihnen,
welcher im Schlossparke (dem Theile desselben, der der Garten
Ussa's hiess) ^var — sich dort über den früheren Schlossgraben
zum Thorwege in der Salomonischen l)öschungsmauer hinüber
schwang (double gate der Engländer . ]3er Hergang war somit
ein ziemlich einfacher. Als die Ohaldäer bei Einnahme der
Ha\iptstadt bis zum Mittelthore . dem Durchlasse unter dem
Brückendamme im Wäd mitten in der Stadt (Jer. 39,3), vorge-
drungen waren, fanden es Zedekia und seine Hauptleute an der
Zeit, auf kürzestem Wege dieselbe zu verlassen. In der Nacht
stiegen sie. wohl weil die Thore der Gartenmauer im Süden des
Palastes verrammelt Avaren. durch das weiter oben erwähnte Thor
im südlichen Stadtthale und durch den »Aufgang« Salomo's hinab
und eilten sofort dem Kidronthale zu. indem sie. rasch um die
Ecke des Bezirkes der Davidstadt jetzt SW.-Ecke des Haräm]
biegend, den Schlossgarten zur Linken behaltend und rechts an
der Nordmauer der Vorstadt Bethzur vorbeieilend, zu einem Thore
am Kidronabhange gelangten. Dies Ausgangsthor muss da ge-
legen haben , wo später der palastähnliche Hof des Monobazos
(Bell. jud.A, 6. 1) sich ausbreitete, und wo die Gebiete der sich
bis zuletzt bei der Zerstörung Jerusalem's bekriegenden Partei-
führer Simon und Johannes sich schieden. Simon hatte nebst dem
grössten Theile der Stadt auch die Vorstadt l^ethzur oberhalb
des Siloahbrunnens inne (s. Jüsephus a. a. O.). Der Weg. den
König Zedekia vormals eingeschlagen, war jetzt die Scheidelinie
zwischen den beiden Parteiführern. Die Vorstadt oder das Stadt-
viertel l^ethzur, dessen Nehcmia in seinen Aufzeichnimgcn er-
wähnt, muss den nächsten Ausgang zum Kidronthal dargeboten
haben. Diese Gegend, ziemlich östlicli vor dem Tempel gelegen,
mag von den Chaldäern -weniger überwacht und somit auch ge-
fahrloser gewesen sein, als ein Weg am Kogel vorüber. Dass hier
ein Weg zum Kidronthale hinabführte — etwa zum Brunnen der
bescholtenen Frauen — , auf dem zugleich die königlichen Pferde
zur Tränke geführt w\irden, mag der Name des Ilossthores be-
weisen (H Kön. 11.10. n Chron. 23. 1 fi : am Wege, da die Posse
eingehen zum Hause des Königs .
Iü5
Die Lage der königlichen Gärten und des brückenartigen
Zuganges zu den Davidsgräbern betreffend, haben wir nochmals
auf Nehemia's Beschreibung der Richtung der von ihm veran-
stalteten Einweihungsprocession , namentlich auf deren zweite,
von Esra geführte Abtheilung zurückzukommen 'Neh. 12,3 1 — 37) .
Wiederum wird das Hrunnenthor oder Essenerthor erwähnt und
dann auf dasselbe sofort nach O. zu folgend: die Stufen, die zur
Davidstadt führen. Der Zug ging also entschieden auf der Hohe
des 8W. -Hügels, nicht tief unten in der Nähe des Siloahteichs.
In Bethso , dem Düngerdepot der in Beth-Cherem hausenden
Winzer, berührte derselbe seinen südlichsten Punkt. Hinter dem
Brunnenthore, oben am Mizpaviertel, müsste in der nothwendig
sich hier nach O. und nicht nach S. wendenden Richtung das
Xeh. 3, 15 erwähnte Schelachbecken, also der Künigspfuhl fol-
gen. Dasselbe wird aber hier gar nicht genannt, weil das alte
Behältniss nicht unmittelbar den nach O. strebenden Mauerlauf
berührte und auch nicht Aviederum. wie die Mauer, eingeweiht
zu werden brauchte. Unfern des ehemaligen Salomo-Weihers,
jedoch an ihm nur vorüberziehend, durchschritt also die Froces-
sion das Stadtthal und erreichte am jenseitigen Abhänge die Stu-
fen, die zur Davidstadt hinaufführten, also den alten Aufgang
Salomo's , und berührte oben die Überreste des Davidshauses
selbst. Der Zug ist offenbar nicht ins Thal zum Siloahteiche
hinabgestiegen. Dieser wichtige Punkt ist bisher vielfach ver-
kannt worden; es gab weiter unten am Siloah keine Stadtmauer
einzuweihen. Die Procession beschloss ihren Umzug dadurch,
dass sie die Reste des Davidshauses und damit die Südgränze des
Tempelgehöftes berührte und auf letzterer entlang nach O. hin
bis zum »Wasserthore gegen Morgen« fortschritt, die Ruinen des
Königspalastes und den Schlossgarten rechts südlich: liegen
lassend. Am südlichen Ende der salomonischen Stoa beendete
diese Abtheilung ihren Umzug, gegenüber der Tempelfronte und
seitAvärts der von N. kommenden Abtheilung ihre Aufstellung
nehmend, Avelche unterdess das Kerkerthor Benjaminsthor un-
fern des nördlichen Endes der Stoa Salomo's) erreicht hatte.
Beide Züge hielten nun einen gemeinsamen Dankgottesdienst ab
und brachten Opfer dar.
Glauben wir im NOrstehenden die königlichen Gärten als
Dependenz des salomonischen l^alastes der "N'orstadt Beth/iir
166
gegenüber, also auf dem Ophel. und deren Fortsetzung im Gar-
ten Ussa's, der sich etwa mit dem heutigen haküret el-chatmüje
deckt, nachgeAviesen zu haben, reichten also diese Gärten vom
Kidronabhange bis zum jetzigen bäh el-maghZirihe oder Mistthore,
so bleibt uns noch übrig, ein anderes wichtiges Zubehör der Da-
vidstadt, das Erbbegräbniss der Davididen, als innerhalb dersel-
ben oder vielmehr unterhalb selbst des Davidshauses darin bele-
gen zu besprechen.
13. AVir meinen die Lage der Uavidstadt zunächst dahin
bestimmt zu haben , dass sie westlich am Tempelberge , ober-
halb der jetzigen Klagemauer der Juden und über dem heute
Thor Muhammed's genannten Aufstieg Salomo's befindlich, sich
westlich bis zu dem von N. nach S. vorüberstreichenden Stadt-
thal erstreckt und zugleich oberhalb eines Wasserbeckens am Aus-
gange dieses Thaies sich befunden habe, welches bald Salomo-
Weiher, bald Königspfuhl, bald Schelach-Reservoir, bald Gihon
im Stadtthale genannt und endlich auch als Schwemmteich für
die königlichen Schafheerden bezeichnet wird, und dessen hier
versuchte Identifikation als eine grosse Vereinfachung in der
Topographie des alten Jerusalem's erscheinen dürfte. Anderer-
seits möchte die Lage der Davidstadt auch durch die Septuaginta
schärfer als bisher markirt erscheinen, sobald war auf den von
ihnen erwähnten Ausfluss des unteren der salomonischen Aquä-
ducte, den jetzigen el-küs, Rücksicht nehmen, dessen Gewässer
sowohl dem Tempel im N. darüber als auch der Davidstadt im
S. gleich daneben und dem neueren Königssitze zu Gute kom-
men sollten. Die Davidstadt erreichte sonach nicht ganz die hohe
Lage des Tcmpelgebäudes, selbst nicht die der jenseits des Stadt-
thals sich hinziehenden unteren Terrasse der Oberstadt. Mit dem
Cedernhause Salomo's jedoch stand sie auf gleicher Stufe und
glänzte dicht an dasselbe, nur im Unterboden scharf durch den
erwähnten, noch jetzt conservirten Doppeltunnel unter der Aksä-
Moschec von ihm getrennt. Dass der letztere an seinem südlichen
Ende eine Art ^'orhalle, auf einem Monolithen ruhend, und dann
einen Ausgang hoch oben über dem dortigen Theile des könig-
lichen Gartens, dem Garten Ussa's, hatte und auf seiner Nordseite
sich in das Davidshaus öffnete, haben wir schon bemerkt. Eben
hier hatte Salomo eine Grabstätte für seinen Vater David in den
felsigen Untergrund hauen lassen und dieselbe im Laufe seines
107
langen Lebens in ein ]Mansole\im für sich und seine Nachkom-
men, die regierenden Könige, verwandelt. Xvir für etwa 12 Kö-
nige war diese Gruft berechnet, umfasste also weit weniger Grab-
stätten, als die gewöhnlichen jüdischen Felsengrüfte, und muss
uns wegen der Beschränktheit ihres liaumes auffallen, bedenken
Avir jedoch die Nähe des Teinpelgebäudes, wofür noch Ezechiel
43, 7 beim Hau des zweiten Tempels Abhülfe fordert, dann die
Nähe der Fundamente des Cedernhauses, auch diejenige der da-
mals schon bestellenden recht geräumigen Cisternen, beachten
wir endlich, dass Salomo's Treppenstiege ins Stadtthal gleich bei
ihrer ersten Anlage darauf berechnet Avar, dass sie eine Ausbie-
gimg nach Süden machen musste, die noch jetzt in einer arabi-
schen Cisterne erkenntlich ist — so Avird uns diese Beschränkt-
heit erklärlich. Dass eine solche bestand, geht aus dem im Buche
der Könige sorgfältig geführten Register der dort begrabenen
Personen hervor. Die Ausfüllung des Erbbegräbnisses imd seiner
einzelnen Grabstätten Avard nämlich dadurch verzögert', dass
einige Fürsten an ekelhaften oder ansteckenden Krankheiten
verstorben waren, wie Joram und Usia. x\uch mochte der Avahr-
scheinlich der Blutrache der Theokraten im Fort Millo erlogene
Joas andersAvo bestattet sein. Die ermordete Athalja Avard der
königlichen Gruft nicht würdig befunden. Dagegen that die ge-
nannte Partei dem Hohenpriester Jojada die Ehre einer Bei-
setzung in dieser königlichen Gruft an.
iillein schon zu Hiskia's Zeiten zeigte sich der Mangel fernerer
Grabstätten in der Davidsgruft. "S'on Errichtung eines ferneren
gemeinsamen Erbbegräbnisses für die nachfolgenden Herrscher
ist freilich nicht die Rede, Avährend es doch ein Leichtes gcAve-
sen, in einem der Felsenabhänge des südlichen Zion oder des
Kidronthals ein solches auszuhauen. Man begrub den Hiskia am
AufAvege zu den nunmehr geschlossenen Gräbern der Kinder
David's (II Chron. 32, 33) . Bei seinen Nachfolgern, Manasse,
Amon, dem ungerathenen Jojakim (Avenigstens den Septuaginta
zufolge), tritt der Garten Ussa's an eben dieser Stelle regelmässig
als ihre Begräbnissstätte hervor, obgleich von einem gemeinsamen
dort befindlichen Mausoleum nicht die Rede ist. Bei Josia, der
zum Tode verwundet aus der Schlacht bei Megiddo Aveggeführt
(II Chron. 35, 24) und durch eine grossartige Todtenklage geehrt
Avurde, Avird dessen uneraehtet der Ort seiner 1 Bestattung am
168
Tempelberge nicht angegeben. Wenn es heisst, dass seine Knechte
ihn hei seinen Vätern hegrnhen, so kann nur der Garten Ussa's
gemeint sein, wo seine vier letzten Vorgänger rnheten. Dies
waren die letzten in Jerusalem beigesetzten jüdischen Könige.
Uenn Jojachin ward nach Isabel geführt, dort geblendet und ver-
starh daselbst, gleich Avie Zedekia. Der Garten Ussa's (II Kön.
21, ISi Avird also unsere Aufmerksamkeit ganz besonders auch
als Ruhestätte der letzten Herrscher der Juden erregen und na-
mentlich die darin befindliche Krücke oder brückenartige Frei-
treppe, Avelche zum mehrgenannten Doppeltunnel hinaufführte
und diesen Garten und seine Grabstätten passend mit dem alten
Erbbegräbnisse verband.
Kein Wunder, dass noch die späteren Juden sich dieses
Punktes erinnerten! Nehemia nennt (3, 15 und 16) neben dem
Wasserleitungsteiche Schelach einmal den Garten des Königs und
dann darin die Stufen, die von der Davidstadt ^nach S.) hinab-
liefen. Die IJemerkimg, die im nächsten Verse folgt, dass näm-
lich auch noch die Nordmauer der Vorstadt Bethzur gegenüber
den Gräbern David's, also nach S. zu, gelegen habe, lehrt uns,
dass dieser Tunnel zu unterscheiden ist von der gleichfalls als
»Stufen« bezeichneten breiten Felsen treppe, Avelche (nach W. zu)
den Herabgang von der Davidstadt für die Stadtbevölkerung ins
Stadtthal bildete. Jenes Weges (von S. herauf; zogen später eben-
falls die im Talmud erAvähnten Lustrationsprocessionen der Juden
mit dem am Brandopferaltare im oberen Tempelhofe zu spren-
genden Wasser, Avelches sie unten im Siloahbassin geschöpft
hatten. Dorthin verlegten sie ferner in ihrer Legende das Grab
der Hulda, der als Prophetin noch die Späteren eine eigenthüm-
liche Verehrung zollten. Auf den Stufen des Huldaganges sassen
die Häu])ter des Sanhedrin und erliessen llundschreiben an ihre
Diaspora. Der südliche Tunnel muss also die Zerstörung Jeru-
salem's überdauert, und selbst noch Überreste jener Freitreppe
müssen existirt haben; denn diese lag ausserhalb der Aelia Ca-
])it()lina und des römischen Munici])iums , das zu betreten den
Juden verboten Avar. Wir erAvähnen diese Umstände, um die
Verschiedenheit der beiden von der Davidstadt herabführenden
Gänge einleuchtend zu ma(;hen. Während Salomo's Aufstieg
oder Herabstieg innerhalb der Stadt lag, zugleich der Stadtbe-
völkerung als regelmässiger Zugang zum Tem])el dienen sollte
169
lind vorn gastfreien Könige der Königin von Sal)a als prächtiges
liauwcrk gezeigt wurde (I Kön. 10, 5), überbrückte die Freitreppe
einen Theil des Ussa-Gartens und trat, ungefähr 30 Fuss hoch
(nach Wakkkn), in der südlichen l>ösclning>mauer ans Freie, avo
der Ausgang noch an der südlichen Ilarämmauer sichtbar ist.
Zu niskia's Zeiten scheint nämlich die Davidstadt, nachdem er
nothgedrungen ihre Risse hatte ausbessern müssen (Jes, 22, 9),
eine anderweitige Bestimmung erhalten zu haben, Sie ward er-
wählt, zur Aufbewahrung der Kostbarkeiten des regierenden
Geschlechts zu dienen, wie sie bisher schon als Wacht})Osten, am
Eingange des Tempelhofs \ind des Königssitzes von der Stadt
aus, verwendet war. Wenn die syrische IJibelübersetzung den
südlich vor ihr liegenden königlichen Garten, den Garten Ussa's.
mit »Garten des Aerarsa oder »der Schatzkammer« Aviedergiebt, so
erhalten wir damit eine Erklärung ihrer neuen Bestimmung. Dass
aber diese diirch die Gräber der letzten jüdischen Könige von
Iliskia an ausgezeichnete Stätte ebenfalls in der Nähe des Tem-
pels sich befunden hat, beweist die Mahnung Ezechiel's (43, 7),
dass in Zukunft die Könige Israel's ihre Gräber nicht wieder in
der Nähe des Tempels anlegen sollten, um nicht den heiligen
Namen Gottes zu verunreinigen. Schon während des Exils fürch-
tet er einen erneuerten Gebrauch dieser Begräbnissstätte und
stemmt sich dagegen.
Dass die Davidsgrüfte jedoch von den Chaldäcrn bei der
Zerstörung des Tempels in Wirklichkeit nicht aufgefunden noch
beraubt Avorden, sondern noch nach dem Exil in hohem Ansehen
standen, lehrt uns schon Nehemia, später auch Josephus. Die
dort aufgehäuften Schätze scheinen in der That von Salomo her-
gestammt zu haben. Das Grabgewölbe seiner Kostbarkeiten zu
berauben, konnte dem Feinde nicht Schuld gegeben Averden; es
blieb einem raakkabäischen Fürsten, dem Hohenpriester Hyrkan,
vorbehalten, daraus Kostbarkeiten über vier Millionen Thaler an
Werth fortzuschleppen (Josephus Antiq. XIII, 8, 4). — Zu er-
Avähnen ist noch, dass früher schon das Fortbestehen der Davids-
gruft an der von ims angedeuteten Stelle, auf der Südseite des
Tempelbergs, zunächst darin einen Ausdruck fand, dass diese
südliche Gegend, obgleich nach dem Exil der Königssitz und
wohl aiich die Davidstadt in Trümmern lagen, noch nicht zum
Tempelareal geschlagen Avurde, Avährend die nördliche Gegend,
Ztstlir. d. P.il.-Ver. IH. J2
170
der König sgruiid, damals mit dem Tempelgehöft vereinigt wurde
lind zwar namentlich die Tempelburg (Meal, das Schafthor und
der Thurm Hananael vom Hohenpriester Eljasib eingeweiht und
geheiligt wurden (Neh, 3, 1). Dass der bezeichnete südliche
Theil des Tempelhofs damals noch nicht zii ihm hinzugezogen
wurde, zeigt sich ebenfalls in der Richtung der ProcessioR; welche
bald darauf die Stadtmauern einweihen sollte (Neu. 12, 37). Sie
betritt diese Gegend, indem sie den Aufgang Salomo's zur Da-
vidstadt vom Quellthore aus hinaufsteigt, die letztere durchschrei-
tet und, die in Trümmern liegende HolTjurg rechts liegen lassend,
das »Wasserthor im Morgen«, also das Südende der Stoa Salomonis
erreicht.
Die Ansprüche der Priesterschaft oder der nunmehr den Kö-
nigen im Ansehen nacheifernden Hohenpriester auf diesen süd-
lichen liezirk können erst später erhoben worden sein, wurden
jedoch, wie es scheint, schon durch die Bauten des Hohenprie-
sters Simon II. zur Befestigung des Tempels zum Ausdruck ge-
bracht (SiRACii 50, 2) und treten uns ganz deutlich in der von
Ilerodes ausgeführten Tempelbergumfriedigung entgegen, inso-
fern dieser seine Tempelhofskolonnaden hier auf den Überbleib-
seln des salomonischen Königshauses durch seine Stoa basilica
abschloss. Eine Spur, wenigstens der Bezeichnung nach, scheint
sich aus diesem Zeitraum der Herrschaft der Hohenpriester noch
in der sog. Grabstätte der »Söhne Aarons« erhalten zu haben.
Diese befindet sich in der im frühesten Mittelalter hier von Kai-
ser Justinian erbauten Basilika (jetzt mesdschid el-aksä) unweit
ihres siebe nthorigen Portals und hat sichtlich alle Umformungen
dieses grossartigen Bauwerks überdauert'). Nur die IIohen})rie-
ster machten damals Ansprüche auf diesen, schon von Moses
verliehenen Namen der Söhne Aaron's. Nach dem l'räcedenz-
falle des Hohenpriesters Jojada (s. oben ]). I(i7 mögen sie da-
mals den Anspruch erhoben haben, wenigstens in dessen Nähe
beigesetzt zu werden, und diese Stelle nahe den Davidsgrüften
dazu auserwählt haben. Während der Existenz des zweiten Tem-
pels hielten die Juden dieselbe in hohen Ehren. Ebenso mag
sie Jlerodes bei dem dritten Tempelbau geschont haben, so dass
sie bei dem Bau der justinianischen Marienkirche noch respectirt
Ij Vgl. llt'covery of Jerusalem, ]>. iM(».
171
Avcidon konnte. So überkam der Name und der Standort den
Arabern. Heide sind heute noch bekannt, ja bieten, wie uns
scheint, einen Fingerzeig dafür, dass nicht fern von dort, wohl
nordwestlicher, die Davidsgruft sich befunden haben müsse.
Als die Maccabäer aus dem Tempclberge eine schwer ein-
zunehmende Feste formten, muss endlich der betreifende Südtheil
desselben mit den Kesten der Davidstadt darin und den Königs-
grüften darunter, wie auch mit diesem Denkmale der Hohenprie-
ster daneben in die Feste eingeschlossen worden sein. Jedenfalls
wiirde auch damals tiefes Geheimniss über diese Grüfte und die
darin verwahrten Schätze beobachtet. Erst einer der letzten
Sprösslinge der Maccabäer, Hyrkan, soll, von Antiochus Soter in
Jerusalem belagert und sehr geldbedürftig, um seine Freilassung
zu erkaufen, die alten Königsgräber erbrochen haben. Josephus
nennt eigenthümlicher Weise die entnommene Summe dreimal
(li. jud. I, 2, 5. Antiq. VII, 15, 13. XIII, 8, 4). Will man dess-
halb mit Hitzig ^) diese Erzählung für ein von Herodes erdachtes
und zu seiner eignen Entschuldigung verbreitetes Mährchen hal-
ten, so musste sie wenigstens wahrscheinlich erscheinen und die
früheren Grab erb eraubuugen, sowie des Herodes ähnlichen Ver-
such (Antiq. XVI, 7, 1) als möglich hinstellen. Jedenfalls ist
uns also dadurch die damalige Existenz des Mausoleums bezeugt.
Nun scheint Herodes auf Anlass des von ihm angeordneten liaues
seiner dreireihigen imposanten Säulenhalle am Südende der da-
maligen Tempelarea auch diese Davidsgruft oder doch den Ein-
gang zu ihr berührt und verletzt zu haben. Die Fundamente
dieser Stoa basilica oder die Basen ihrer zahlreichen Säulen müs-
sen an einigen Stellen der Davidstadt nahe gekommen, jedenfalls
auf die Felsenwände des zu den Grüften führenden und zum
Tempelhofe hinaufführenden Doppeltunnels (Huldagangs) fundirt
Avorden sein. Die Gallerie scheint an ihrem oberen Ausgange
verschmälert, die dort aufsteigende Kampe vei-kürzt worden zu
sein. Diese l^eeinträchtigungen mag das A^olk schon als eine
Enthoihgung der Stätte betrachtet haben, und der staatskluge
und baulustige Herodes fand sich dadurch veranlasst, das pracht-
volle Propylaion von weissem Marmor (Ant. XVI, 7, 1) als Sühne-
werk am südlichen Ausgange des Iluldatimnels zu errichten '^] ;
1 ' Geschichte Tsrael's U, p. 4()0.
2; Rs war überhaupt die An des Herodes, der Unzufrieden iioit der
12*
172
Dies Monument war noch zur Zeit der Apostel unter den l^ewoh-
nern von Jerusalem allgemein bekannt (Apostelgesch. 2, 11);
denn nur von diesem Portal kann der Apostel Petrus geredet
haben. Es überdauerte sogar die Zerstörung der Stadt (70 p. Chr.)
und erhielt sich selbst noch bis etAva 132 nach Chr. Denn Dio
Cassius berichtet'), dass dies Propylaion um diese Zeit einge-
stürzt sei, und dass dieser Znsammenbruch damals unter den
ihren letzten Aufstand gegen die Pömer und den Kaiser Iladrian
vorbereitenden Juden als ein sehr übles Omen angesehen Aviirde.
JosEPHUs lässt in seinen Werken — wohl mit Absicht — nicht
ein Wort über die Davidstadt noch über den zu ihr rmd dem
Tempel führenden Huldagang fallen , während er doch in der
Geschichte des jüdischen Krieges zur Klarstellung militärischer
Positionen andere Grabmälcr in und neben der Stadt erwähnt.
Dass weder das davidische Erbbegräbniss selbst noch die Gräber
der letzten jüdischen Könige aus David's Stamme im Garten
üssa's von den Römern erkannt worden, ist ersichtlich. Denn
wenn auch Josephus deren Auffindinig, vielleicht schliessliche
Heraulning hätte verschweigen können, so würde doch die Ab-
bildung eines der darin gefundenen Gegenstände, wenn ein sol-
cher auch nicht so AverthvoU; als der siebenarmige Leuchter oder
der Schaubrodtisch des Tempels, sein mochte, am Titusbogen in
Rom nicht versäumt worden sein. Die Römer mögen also das
äusserlich am Huldagange von Herodes errichtete Portal und den
Tunnel dahinter verschont haben, und der letztere und die darin
befindliche monolithische Säule mag durch Vermauerung ver-
deckt worden sein, weil man hier nur einen Zugang zum Tempel,
nicht auch zu den Davidsgrüften vermuthete.
Dass aber das von llerodes den Davidsgräbern vorgesetzte
l*ortal sich hier befiniden haben müsse, zeigt die sorgfältige Un-
tersuchung dieses Theils der südlichen Harämmauer, wie sie uns
(^apt. Wakhen geliefert hat 2) . Schon in Wilson's Photographien-
sammlung ^) ist die Unregelmässigkeit der hier nachlässig ein-
jüdischen Stadtbevölkerung z. B. dadurch Rechnung zu tragen, dass er frühere
l^enkmälor, Melche dieselbe wertli hielt, an anderen, weniger im Wege ste-
henden Orten wieder aufbaute. So verhalt es sich mit dem Denkmal des
Absalom (vgl. ZUPV. I, p. 83 — 86), und des Propheten Sacharja im Kidron-
thale. I Historia Kom. (>0, 1 1.
2) Kecovery of Jerusalem, p. 125.
.■J) lU'ilage zur Ordnance survey of Jerusalem, tab. 1,'la.
173
gefügten Steiiischichteii erkenntlich. Sie sollten offenbar haldigst
(Inrch das davor errichtete Frontispiz verdeckt werden, und das
fremdartige Anssehen derselben gleicht nicht der immerhin noch
sorgsamen Hearheitung der Ilerodischen Quad(!rn, wenn diese
auch keinen ^'ergleich mit den wohlberänderten (inadern der
salomonischen Höschungsraauer weiter im Osten /nlassen. Ob
damals erst, als llerodes dies l*ortal am J)o])])elthorwege errich-
ten Hess, der mehrbesprochne brückenartige Übergang, der 3üFnss
hoch vom natürlichen Felsboden nnd dem Fusse der Mauer über
den Garten Ussa's hin sich hinüber spannte und der letzten KT)-
nigs/eit der Juden angehörte, weggeräumt worden, mnss dahin-
gestellt bleiben. Das an seine Stelle tretende Frontispiz des
Herodes, das Joseph us kennt (also auch den Doppelgang !\ ver-
barg , obgleich von weissem Marmor , doch eine ohne Sorgfalt
aiifgemauerte Stelle der Südmauer. ])ieser Eingang ward bald
nach dem Einstürze des Frontispizes , beim Aufbau der Aelia
\niter Hadrian. ebenso wie das goldene Thor an der Ostseite wie-
der von den Bewohnern des neuen Municipiimis hergestellt.
Dafür zeugt der gleichmässige Styl an der Ausschmückung bei-
der. Kaiser Julian mag dann die Reiterstatuen seiner Vorgänger,
als den Tempel entheiligend, entfernt und zerbrochen, imd Justi-
nian's Haumeister mögen im G. Jahrhundert die wieder aufge-
fundenen Ins(;hriften jener Statuen an diesem Thorwege aufs
neue zu verwenden beabsichtigt haben. Sie Hessen beim liau der
Kasilika der Gottesmutter am Eingange des Tunnels unter ihr
die Dedication der Statue des Antoninus Pins wieder einfügen,
wenn auch auf dem Kopfe stehend *) . Man fühlt bei dem stück-
weisen Hervortreten dieser Merkmale verschiedener Epochen,
dass trotz der Arbeiten Wilson's, Warren's und de Saulcy's^)
der Doppcltunnel und besonders sein Eingang einer erneuten
Untersuchung bedarf.
13. Der von Thenujs •') angezogene Tiieodoket bemerkt fer-
ner, die Gräber der Davididen hätten -apa tr^v i]iXodi[jL (»neben
dem Siloahteichc«) gelegen. Er rückt damit ihrem wirklichen
Standpunkte Aveit näher, als I^en.jamin von Tri)i;i,A. der sie noch
im zwölften Jahrhundert auf den SW. -Hügel der Stadt verlegen
1) S. KiiAiTT, Die Topographie Jerusalem's, p. 73.
2) Voyage en terre sainte 1, p. 104. IT, p.Oli ff.
3) Die Bücher der Könige-, p. 15.
174
will. Freilich folgt Letzterer der damals von den Juden befolgten
Tendenz, den Namen Zion auf diesen Hügel zn beziehen, einer
Fiction. die wir unlängst') zu bekämpfen gesucht haben. Mag
der jüdische Gelehrte Benjamin von Tiidela Manches zur Ver-
breitung dieses Wahnghuibens auch bei den Christen seinerseits
beigetragen haben , so zeigt doch noch der im vierten Jahrhun-
dert lebende Theodoret, dass man damals vielmehr einen Zu-
sammenhang der Lage jener Grüfte mit dem Siloahteiche voraus-
setzte. Dieselbe Annahme scheint auch bei dem Verfasser des
Chronicon Paschale (aus dem gleichen Jahrhundert) vorgewaltet
zu haben. Denn dieses'-^) spricht davon, dass David zu ihrer An-
lage die Ostseite des Siloah durchgraben Hess {oirx'(fjrj.<liac, xata oiva-
ToXac -r^c, ^iXoac) . Es scheint hier eine Verw echslung mit dem
Felsendurchbruche des Hiskia zum Zweck der vermehrten Was-
serversorgung des Siloahbeckens zu Gnnide zu liegen, hervorge-
rufen durch den oben mehrfach besprochenen Tunnel, Avelcher
in der That unter dem Boden zu jenen Grüften führte. Auch von
einem anderweitigen unterirdischen Zugange zu ihnen hat das
Chronicon , wohl aus jüdischen Quellen , erfahren , von einem
Tunnel nämlich, der 20 Stadien w'eit von Gabaon (Gibeon) her-
komme. Ferner berichtet das Chronicon, der Prophet Jesaias sei
am Rogel auf Befehl des Königs Manasse zersägt worden , und
sein Grab solle am Zion auf dem damaligen Hegräbnissplatze der
Juden, dem jetzigen höchst verehrten und begehrten Kirchhofe
der Muslimen, also Avenigstens nicht fern von den Davidsgrüften,
sich befinden. Zwei Momente, die auch noch für ims von Interesse
sind, hat das ('hronicon hierdurch bezeugt, nämlich einmal das lie-
gehren der Juden, am echten Zion, dem alten Tempelberge, begra-
ben zu werden, sodann die Nähe eines Teiches im Stadtthale unfern
der alten Davidsgräber, an den sich die Erinnerung vom Tode eines
Propheten knüpfte. Eine ähnliche Auffassung spinnt sich näm-
lich in jenen finstern Jahrhimderten noch weiter unter den nach
Jerusalem wandernden Pilgern fort. Sie nehmen an. dass, weil
nach Jeu. 38, 6 die Vornehmen in Jerusalem einen Versuch ge-
macht hatten, den Jeremias in einer schlammigen ('isterne zu
ersäufen, er dort auch seinen Tod gefunden habe. Sie verlegen
die Grube Malchia — dies ist für uns das Wichtigste — in den
li Vgl. ZDPY. II, p. IS ff. 2) Ed. DIN DORF p.291.
175
ehrwürdigen, damuls vcrsuin})fteu .Saloiao- Weiher. JSchon der
Pilgrim von ISorch^iux. wek-her sich wieder mehr mit den Ruinen
des jüdischen 'i empels . "wie sie zu seiner Zeit bestanden . be-
schäftigt, erzählt nnter anderem') von zwei grossen Teichen,
welche zur Seite des Tempels gelegen hätten , der eine zu seiner
Hechten, der andere zu seiner Linken ; beide seien von Salomo
erbaut worden; im Innern der Stadt fänden sich ferner noch
Wasserbecken, welche piscinae gemellares. )il)o])pelteiche« , ge-
nannt würden. Wir dürfen schliessen, dass das Hecken zur Lin-
ken des nach Osten sehenden Tempels die hirket israil. und das
ihm zur Kechten. wenn auch ein wenig hinter ihm. der Salomo-
teich im Stadttliale sein soll; denn beide konnte man jener Zeit
für Werke Salomo's ansehen, und dasjenige rechter Hand führte
sogar seineu Namen. ])ie jüdischen Einwohner bezeichneten
noch zur Zeit der Eroberung Jerusalem's durch den Chalifen
Omar den Teich mit dem Namen Salomo's und überlieferten diese
Benennung den Muslimen 2). Die A'ersumpfung des Salomo-
Weihers muss damals schon sehr bedeutend gewesen sein. Dafür
sprechen Warren's Nachgrabungen im Stadtthale. Dieser Zu-
stand mag in den folgenden Jahrhunderten noch zugenommen
haben. Jedoch finden wir das Becken wiederholt erwähnt, so
zum Beispiel von Theodosius '^) , welcher mit Bezug auf seine
Versumpfung angiebt. der Versuch der Juden, den Jeremias in
einer schlammigen Cisterne zu versenken und umkommen zu
lassen (Jer. 36. l ff. j. habe hier stattgehabt. Theodosius bestimmt
noch dessen Entfernung vom Siloaliteiche unten an der Südspitze
des Zion auf hundert Schritte : piscina Siloah a lacu, ubi missus
est Jeremias Propheta, habet passus C; quae piscina intra mu-
mm est. Der Salomo-AVeiher lag also dem Theodosius noch im
Stadtthale und innerhalb der Stadtmauer; denn auf die etwa
hundert Jahre früher von der Kaiserin Eudokia erweiterte und
um den Siloahteich inid ihre dort erbaute Kirche gezogene Stadt-
mauer nimmt der Geistliche damals schon keine Rücksicht mehr.
Selbst nachdem Kaiser Justinian (527 — 565) seine Kathedrale
der Jungfrau Maria , den Kern der jetzigen el-aksä-Moschee,
1 Itinera et descriptiones terrae sanctae ed. T. Tobler I (Genevae 1877),
p. lü f.
2 Vgl. Mudschir ed-din bei S.WVAIUE p. 1S9.
3) Itinera et descriptiones terrae sanctae od. ToBLEU, p.Gö.
17b
erbaut hatte: weis^^! iiuch ein anderer Tuküj^üsius (Diakoims) von
dem ihr nahegelegenen Teiche zu erzählen. Er meldet '^ dieselbe
Sage, dass durt der Prophet Jeremias ertränkt worden sei ; der
Pfuhl musste somit noch erkenntlich sein. Selbst imi 570
erwähnt Aktoninus Martyr von Placentia der damals noch
frischen Bauwerke des Justinian, auch des nahen arcus an der
SW.-Ecke der Harämmauer, ubi antiqua porta civitatis fuit
(ßobinson's Bogen), und sudann macht er aufmerksam auf die
aquae putridae daneben, in quas missus est Jeremias. Die jeden-
falls geringe Bekanntschaft mit dem alten Testamente verrathende
Sage hatte sich also einige Jahrhunderte erhalten und — was
Avichtig ist — sich an unseren seitdem verschollenen oder zuge-
schlemmten Teich, den Gihon im Stadtthale, gehängt. War aber
so spät im sechsten Jahrhunderte dort, gegenüber dem Abstiege
aus der ehemaligen Davidstadt, nur noch fauliges A\ asser zu fin-
den, so begreift es sich, dass schon die ersten arabischen Schrift-
steller an der Existenz desselben Salomoteiches irre wurden, und
dass, Avenn 637 p. C'hr. den in Jerusalem eindringenden musli-
mischen Eroberern der Weiher als eines der Hauptwasserbecken
der Stadt gezeigt wurde, diese Berücksichtigung nur seinem
Alterthume und der ehenuiligen Wichtigkeit galt, nicht aber sei-
nem damaligen Zustande. Der Wasserbehälter ward von damals
an so sehr vernachlässigt, dass der spätere Mudschir ed-din ihn
nicht mehr aufzufinden vermochte und dies offen bekennt. Seine
spätere Erwälmung neben seinen verschiedenen, oben aufgezähl-
ten Namen in der Bibel wird das Käthsel, welches ihm bisher
anklebte, lösen und uns die Lage der Davidstadt aufliellen.
1) Itinera et descriptiones t. s. ed. Toblek, p.85.
Ghassanidengräber vor Jerusalem.
Von Frof. J, Oildcilieister in IJoim.
ToBLEK, dem auch Kleinstes an entlegenem Orte nicht ent-
ging, bringt in seiner Topogr. v. Jer. II, 322 unter lierufnng auf
Hammer eine, wenn wahr, in mehrfacher lieziehnng auffällige
Notiz : »In Jerusalem und zwar auf der Nordseite der Stadt, nicht
fern vom Mariengrab oder von Gethsemane, gab es auch Gräber
der arabischen Könige von Ghasan.«
Auch geringe Unebenheiten auszugleichen soll man sich nicht
verdriessen lassen. Mit der Sache verhält es sich so. Hammer
verkündete in den Wiener Jahrbb. P>d. 74 (1836], p. 86 bei Er-
wähnung der sog. Gräber der Könige seine Entdeckung folgen-
dermassen :
»Einen ganz neuen Aufschluss über die auf der Nordseite
nicht fern von Gethsemane gelegenen Königsgräber giebt ein
bisher ganz unbekanntes Lobgedicht Hasan Ken Sabits auf
Dschebele den Sohn Eihem's . den letzten der Könijre von (iha-
san, aus welchem hervorgeht, dass die Gräber dieser Könige zu
Jerusalem in der Nähe des Grabes Marias.«
»1. Gesegnet sei von Gott des Hauptes Königsbinde
Die von Urzeit an schon mit ihm ei'schatfen ist ;
2. Sie wird getränket nun von Rosenwasser -linde,
Iiidess der Moschuswein in Ketten niederfliesst.
i<. Heil Dschofne's Söhnen! die beschenkt mit hohen Gaben
Den Grabort in der Näh' vom Grab Marias haben.
4. Von Angesichte weiss, grossmüthig von Natur,
Ihr Saum durchduftet mit des Urgeruches Spur.
h. Sie sollen leben bis die Hunde nicht mehr klaffen,
Und nach Ankommenden nicht mehr die Städter gatt'en.«
Oder, wie er dieselben Verse IS'jO in der Literaturgesch. der
Arab. I, ]) 417 verdollmetschte :
178
»3. Dschefnc's Kinder stehn um ihrer Väter Grab,
AA''o Grossmüth'ger (Note : der Sohn Marias) ward gesenkt hinab.
2. Tränken es mit schäb'ger Hunde Blut,
Und mit Unrath, statt der reinen Fluth,
5. Decken es, bis dass nicht Hunde heulen,
Kümmeren sich nicht um schwarze Beulen.«
Die fünf Distichen, au die sicli eine Anekdote knüpft, stehen
im Original im kitäb al-agham 14, 2 und 16, 18, das vollständige
Gedicht im Diwän Hassän's Tunis 1281), p. 72; \4elfach -werden
sie einzeln, und überall in anderer Folge, angeführt ') . In Wirk-
lichkeit heissen sie :
1 . Gottes würdig ist die Trefflichkeit eines Kreises , deren
Zechgenoss ich" einst war in dschUlih Damascus) in früher Zeit.
2. Sie tränken den, Avelcher zu ihnen zum haris (Wasserlauf
oder Ort hei Damascus) sich begioht. mit liaradä[wasser] versetzt
mit dem sanften lautereu [Wein].
3. Sie, die Kinder Dschafna's, ;_stehend) um das Grah ihres
Vaters, des .Sohnes der Märija, des edlen, vorzüglichen,
4. Weissen Antlitzes, ehrenvollen Rufes, erhobener Nase,
von altem Schrot.
5. Sie empfangen Besuch, bis ihre Hunde (vor der Kälte
des Morgens) winseln , ohne dass sie fragen, wer irgend der
Nahende sei.
Es ist also nicht von der biblischen Maria, die arabisch ohne-
hin gar nicht so genannt wird, sondern von der bekannten Ghas-
sänidenfürstin Märija, und nicht von Jerusalem, sondern von
Damascus die Rede.
1) Die vollständigste Aufzählung dieser Citate s. bei AVÜsTKM'ELn Jäküt
V, 1:5. -71. Hinzufügen hissen sich: Ibn Kutaibah 2!)(> ; Maidäni 7, 3 ed.
Hfdäk, und lateinisch vollständiger aus seinem Code.x bei Keiske, Primae
lineae p. 81 ; Dschauhari unter trz\ Ibn Duraid 281 Wüstenf.; ' iUd des Ibn
Abd rabbih I, '■V-'>\ ; ZamachscharT Kasschäf I, 11 unten; Seherisch! zu IJa-
rüi mak. 2'.l, vol. II p.Sil cd. Büläk 12s'.», auch z. Th. in S.\cv's Commentar ;
Wuhidi zu Mutan. H.jS ; Iskandar Agha Raudat alarab. Bair. 1858, p. 124. 127.
Bücheranzeigen.
Map of Western Palestine in 26 sheets from surveys conductedfor
the committee of the Palestine Exploration Fund by Lieutenants
C. R. Conder and H. H. Kitchener. R. E. during the years 1872
— 1S71 . Scale: one inch to a mile = j^^j^- P/wiozincoyraphed
and printed for the committee under the superintendence of U. Col.
Carey. R. E., af the ordnance survey office Southampton, colonel
Cooke C. B., R. E., director by permission of the ßrst commis-
sioner of H. M. works. London 18S0. Subscribers copy.
(In Mappe 2S Blätter 69 und 79 Centim.)
Der lebhaften Freude, welche ich beim Empfang und bei der
ersten Durchsicht dieses grossartigen Kartenwerkes empfand,
weiss ich keinen besseren Ausdruck zu geben als dadurch, dass
ich den Lesern unsrer Zeitschrift, die sich ja wohl alle für die
Vollendung dieses »Standard Avork« interessiren, die ersten mir
dabei aufsteigenden Gedanken in Kürze mittheile, selbst auf die
Gefahl- hin, dass denselben nicht der bleibende Werth anhaftet,
den man sonst von einer wissenschaftlichen Kritik zu beanspru-
chen ein Recht hat.
Das vorliegende Kartenwerk hat in mehr als einer Heziehung
unsre Erwartungen übertroffen. Wir können uns Glück wün-
schen, nun über die Geographie des westjordanischen Palästina
besser unterrichtet zu sein , als über die mancher Staaten von
Europa. Dem ausdauernden Eifer der englischen Gesellschaft,
welche auf fremdem Territorium eine solche Arbeit untenommen
luit, zollen wir nicht weniger dankbare Anerkennung, als den
Ingenieuren, welche unter \äelen Mühsalen und lieschwerden
die schwierige A\ifgabe im Laufe von 5 bis 6 Jahren ausgeführt
haben. Die Uebersichtstafel , welche den Karten vorausgeht,
zeigt, welche Gegenden in einem jeden .lahro vermessen A^nirden;
180
wir werden zugestehen müssen, dass, die Natur der Gegenden
in Anschlao; gebracht, in relativ kurzer Zeit Erstaunliches gelei-
stet worden ist. Als Grenzen wurden nach dem AVortlavite der
1 )ibel Dan und lierseha angenommen : im Norden Avurde also
die Triangulirung bis zu den Jordanquellen und westlich zum
italir el-kasmf>Je geführt; im Süden bildet der grosse wädi cihazza
im oberen Lauf xoculi es-sel/a genannt) , Aveiter östlich der wädi
acjal . welcher bei Masada in das todte Meer ausmündet, den
Abschluss. Das Material wurde, wie schon im Titel angedeutet,
auf 20 Kartenblätter vertheilt; einige derselben freilich sind bei-
nahe ganz leer, da die angrenzenden Landestheile auch nicht
einmal im Umriss beigefügt worden sind. An den Rändern jeder
Tafel finden sich übrigens Verweisungen auf die Anschhisskarten.
AYenn bisher Yak de Veldb's Maj) of the holy land immer
noch für die beste, weil grösste Karte Aon Palästina galt, so haben
wir nun in dem englischen, wohl 5 bis 6raal grösseren Karten-
werk jedenfalls viel zuverlässigere uiul genauere Angaben. Ein
(nnziger Blick auf eine der Karten genügt, um darüber ins Klare
/u kommen, besonders bei Gegenden, Avelche von den grossen
Heerstrassen etwas mehr abseits liegen. Man vergleiche zTira
IJcisjjiel die Gegenden des inneren Samarien auf den beiden Kar-
ten. Nach VA. XI der engl. Karte habe ich ausgemessen, dass
die Ortschaft hür von hefr 'ahüsch bei Van de Velde 3, 2 mal zu
weit entfernt angegeben ist. Ausser den Distanzen sind häufig
genug auch die Ortslagen bezüglich der Himmelsrichtung auf
beiden Karten verschieden angegeben. ]>equemer für den Nicht-
Engländer wäre freilich, wenn neben dem Massstab von Statute
miles und römischen Meilen auch ein Metermassstab beigefügt
wäre; dass die Engländer auch die Höhen in englischen Euss
ausdrücken, ist selbstverständlich. Dagegen ist besonders zu loben,
dass die heute noch bewohnten Orte auf der englischen Karte
durch rothe Farbe hervorgehoben worden sind (mit Ausnahme
von lilatt IX meines Exem})lars !), Es ist nicht bloss von Inter-
esse, mit einem Blicke zu übersehen, wie stark bewohnt heute
dieser od(;r jener District ist, sondern es erleichtert dies auch das
Nachsuchen beträchtlich, da Namen von Ortschaften, Kuinen,
Thälern, Bergen u. a. in sehr grosser Fülle auf den Karten ver-
zeichnet sind.
Aber auch abgesehen von den Benennungen bietet uns die
181
Karte vieles Neue. Die Tenaiiizcichimiig ist in den meisten
Fällen sehr geluno;en : der Rücken des Gebirges tritt trefflich
hervor, nnd die Ebenen und Hochebenen heben sich sehr hübscli
davon ab. Anch die Felsthäler und besonders der rasche Absturz
gegen die Jordanebene stechen sofort in die Augen und schei-
nen mir besonders auf No. XXII und XXVI (in der Gegend des
todten Meeres) gut gezeichnet. Doch lassen sich wohl in IJezug
auf die IJehandlung der Karten gewisse Unterschiede beobach-
ten. So scheint Blatt XIV, nach unsrer Ansicht eine der schön-
sten Karten des vorliegenden Werkes, sorgfältiger ausgeführt zu
sein, als No. XII und XV; lilatt IV erscheint bedeutend klarer
als Blatt III; ich bin jedoch in kartographischen Fragen nicht
hinreichend bewandert, um beurtheilen zu können, wie Aveit
solche sinnfällige Unterschiede nicht etwa auch von der Ver-
schiedenheit des darzustellenden Teri'ains herrühren. Nach mei-
nem Laienverstande kann die Ausführung der englischen Palä-
stinakarte allerdings mit der der topographischen Karte der
Schweiz, der sogenannten Dufourkarte, nicht entfernt wetteifern ;
auch sind auf dieser die Legenden schärfer eingetragen, während
es auf der englischen Karte schwieriger ist und sogar bisweilen
eines scharfen Zusehens bedarf, um die Namen, wo sie der
Darstellung der Terrainconfiguration übergedruckt sind , sicher
zu lesen.
Gerne geben wir einen Theil der Deutlichkeit in den Kauf,
wenn wir daneben betrachten, was uns an Detailangaben arebo-
ten wird. Nicht nur Dörfer und Ruinen sind eingetragen, son-
dern auch einzelne Gebäiule, wie Moscheen, Kirchen, ja sogar
Wachtthürmchen durch Zeichen hervorgehoben. Ebenso finden
Avir Gräber, Grabhöhlen, Quellen, Cisternen, Teiche. Brücken,
femer Haui)t-Strassen und Nebenwege, alte, besonders auch Rö-
merstrassen (mit den Meilensteinen , Furten. Telegraphcnlinien
u. a. bezeichnet. Die perennirenden Wasserläufe sind von den
trockenen Wädi's unterschieden. Ferner finden wir die Marschen
und Sanddünen, die Bamn- und AVeingärten und besonders auch
den Waldbestand, Pinien, Eichen, Palmen, Gesträuch sorgfältig
eingetragen und sind erstaunt, welchen Rcichthum an Brennholz
Palästina heute besitzt. Nicht weniger anerkennenswerth ist die
Aufmerksamkeit, welche den Namen der Beduinen- und Fel-
lachcustäiiiuic durchgängig gc^scheukt worden ist: ilire Naiucn
182
sind überall eingetragen. — Eine genaue Beschreibung, beson-
ders auch der Alterthümer werden wir nun in den Memoirs näch-
stens erhalten.
Als ein besonderer Vorzug des Kartenwerkes darf hervorge-
lioben werden, dass wir, was die Legenden betrifft, stets die
Namen, wie sie im heutigen Arabisch gesprochen werden, erhal-
ten, mithin keine Identifikationen alter Ortslagen. Nur bei ein-
zelnen grösseren Ortschaften Avie Jerusalem, Jafa, Gaza, ist dieses
Princip mit Recht aufgegeben. Die vielen Tausende von Namen,
welche auf der Karte figuriren, zu sammeln und möglichst genau
wiederzugeben, war eine höchst schwierige Aufgabe. Im gan-
zen habe ich bis jetzt nur wenige Namen gefunden, bei denen
ich voraussetzen möchte, dass Unrichtigkeiten vorliegen. Auf
Karte X\ III ist »Eas Feshkah« mit k geschrieben, während die
richtigere Form mit ch respective in der engl. Transcription kh)
bei »Nükb Feshkhah« daneben steht. Ist der Name der bekann-
ten Jordanfurt wirklich )>el Ilenu« l bisher schrieb man »Hein« !
Wir bezweifeln, dass »Neby Samwil« correcter ist als schumunl ')
und dass Hannina eine Besserung für unser hanlnU ist. Für un-
richtig muss ich auch in dem Namen el-'Aziriyeh (Bethanien)
das erste i halten, ein Fehler, der allerdings auf KoBI^'SON-SMITH
(Palästina II, 311) zurückgeht, während die Schreibart e/-«;rar/;'e
(übrigens auch mit langem a) nicht bloss nach der übergrossen
Mehrzahl der Reisenden, sondern auch nach dem arabischen
Wörterbuch [tüdsch el-arüs unter 'am-zä,-rä) die richtige ist.
Wenn vor der Veröffentlichung der Karte sämmtliche Hilfs-
mittel hätten herbeigezogen werden müssen, welche zur genauen
Feststellung der Namenschreibung dienen, Avürden wir das Werk
erst nach Jahrzehnten erhalten haben. In vollstem Masse erkenne
ich daher an, dass für die Aveit grösste Mehrzahl des eine solche
Karte benutzenden I^ublikums derartige Ungenauigkeiten von
durchaus keiner Bedeutung sind. Andererseits kann nie genug
darauf hingewiesen werden, dass für den wissenschaftlichen
Forscher die genaue Darstellung der arabischen Namensformen
mit allen Finessen der arabischen CJonsonanten-, wie der Vocal-
aussprache eine der ersten Bedingmigen ist, welche die Erforscher
des heutigen Palästina zu erfüllen haben ; nur auf diesem AVege
1) Bei Jäküt findet sich der Name mit .s' geschrieben [liitniw'il] ; bei Mud-
schir ed-din dagegen lesen wir stets schaiiiwtl mit sc/i.
183
kann man den oberflächliclien und willkürlichen Identifikationen
entgehen, liesonders störend ist es, dass die eigcnthümlichen
semitischen Laute, welche Avir ZDPV. III, p. 52) mit h, s, t, k
hezeichnen, nicht von den gewöhnlichen h, s, t, k unterschieden
werden: es hätte dies ja ebenfalls durch untergesetzte I^nikte,
die den solcher sprachlichen Feinheiten Liikimdigen nicht weiter
stören, ausgedrückt werden können. Glücklicherweise finden
W'ir wenigstens das 'ain durchgängig bezeichnet, wenn auch häu-
fig an falscher Stelle \n Wir hoffen, dass die Memoirs uns später
die Möglichkeit an die Hand geben werden, alle die vorkommen-
den Namen auch in Transcription Avissenschaftlich genau wie-
derzxigeben.
Die Forderung, dass solche palästinensische Ortsnamen we-
nigstens in wissenschaftlichen Werken stets in richtiger und
leicht in arabische Schrift umzusetzender Schrift wiederzugeben
sind 2) , Avird weniger pedantisch erscheinen, wenn man bedenkt,
dass sie im entgegengesetzten Falle dann leicht aus solchen
Standard works noch weiter umgestaltet in andre Bücher überzu-
gehen pflegen, und dass dann der Willkür Thür und Thor geöff-
net ist. Wer Namen aus dem Yolksmunde aufzeichnet, soll dies
zwar zunächst durchaus nach dem Gehöre thun; jedoch ist dabei
eine gewisse Kenntniss nicht bloss der Sprachlaute, sondern auch
der fundamentalen Sprachgesetze unerlässlich. A\'ir rechnen
dazu z. B. die Hegel, dass im Bereich der semitischen Sprachen
keine Sylbe mit einem Vocale beginnen kann 3); darnach Aväre el
Midieh in el Midyeh^) zu verwandeln, wie ja bei »kurjeh« Ort-
schaft richtig das consonantische y, nicht i gesetzt ist. So finden
1) Der das ain ausdrückende Spiritus lenis ' ist in der Regel einem Yocal
übergesetzt, so dass unklar bleibt, ob er vor oder nach denaselben y.u
sprechen ist; bisweilen finden sich aber sogar Schreibungen wie (XII) Sh'air
statt Sha ir, (VI) el B'aineh statt el Ba ineh, (11) Kuleia h statt Kulei'ah.)
2,1 Man wird zugestehen, dass dies z. B. bei einer Schreibung (VIII; el
'Aüwaj für unser el-d icadsch. schwierig ist.
3) Obwohl wir die Auslassung des Hamza im Anlaut der Worte durchaus
billigen.
4) Ob die Schreibung der Femininendung mit h am Schlüsse nöthig ist,
bezweifeln wir; übrigens ist dieselbe nicht einmal consequent durchgeführt ;
denn wir finden iVI) Tubariya neben Nasirah ; bisweilen ist das a dieser
Endung sogar fälschlich mit dem Zeichen der Länge versehen, wie z. B. bei
di'u unten noch zu erwähnenden geographischen Termini »kul'ah« und
»nii'zr ah".
184
wir neben richtigen Formen wie (\ ) Wäwiyat auch Formen wie
(II) el Khiäm, lianias, i V) Seffurieh, Sheraiiat, (XXIV) Teiaha.
in Avelchen überall nach dem i im Übergang zu einem andern
Vokal ein y hätte gesetzt werden müssen . Auf Blatt VII steht
sogar falsch Kaisarieh statt Kaisäriyeh, wie diese Endung sonst
(etwa mit Ausnahme des hypertrophischen Tiikiyyia Bl. III)
geschrieben wird. In Formen, wie (IIIj Beiyad, XXVI) Seiyal,
hätte das vocalische i hinwiederum gespart werden müssen. Ahn-
lich wie mit dem i-Laute steht es mit dem u-Laute; Rüeis (V)
wird VI richtiger Ruweis geschrieben. Eigen thümlich ist ferner,
dass häutig auf den zweiten Theil eines Diphthongen ein (total
überflüssiges) Längezeichen gesetzt ist, z.B. (I) Shernei, Kubbei;
(IV) 'Aüba. Die Darstellung der Vocale ist bekanntlich stets
einer der schwächsten Punkte bei den Engländern gewesen, und
besonders störend ist die Schreibung eines sogenannten unbe-
stimmten ^'ocals mit u. Zwar suchen die Engländer diesen Laut
von dem wirklichen u durch ein Zeichen zu unterscheiden, indem
sie das erstcre mit ii umschreiben, z. B. kubr, khürbeh wo wir
kahr^ cJiirbe oder cJiörbe schreiben würden); leider ist aber in
manchen Fällen, z. B. bei Wörtern, wie kuryeh tOrtschaft. unser
harjd]. (V) Buttauf (statt hattauf). ein solches Zeichen nicht
übergesetzt, so dass man also in Versuchung käme, in diesem
Worte ein wirkliches u zu sprechen. Thatsächlich spukt die-
ses englische u schon häufig genug in deutschen Werken über
l'alästina.
Ein wichtiger l^estandtheil der arabischen Sprachgesetze
besteht darin, dass die Nomina ganz bestimmte Formen haben,
welche von vornherein feststehen. Es ist. wie wir aus Erfahrung
wissen, schwierig, einem Laien in semitischen S])rachen ein Ge-
fühl für die Zulässigkeit dieser oder jener Wortbildung beizu-
bringen ; eine gewisse Kenntniss von diesen Sprachgesetzen wäre
jedoch bei der liedaction der Kartenlegenden unerlässlich gewe-
sen. Wie schon oben bemerkt, enthält die Übersichtskarte der
lilätter eine Liste arabischer Appellativiuimen geographischer
Tennini ') . Neben einigen Ungenauigkeiten finden sich darin
1 Vor kurzer Zeit kam an mich die lütte, eine solche Liste für unsrc
Zeitschril't aufzustellen. Dieser Aufforderun«; werde ich ilemnächst entge<^en-
kommen. Die Liste MJrd in Hand IV l'^**! der Zeitsdirift veröH'entlicht
werden. 1). Ked /
185
offenbare Verstösse gej^eii die ol)eu erwähnten iirahischcn Sprach-
gesetze. >So lautet der Tlural von »birkeli- \\'asserreservoir,
»khurbehu Rnine nieht hnrak',, khurah mit huigem a, sondern
burak (wie übrigens z. H. bei den sog. salomonischen Teiclien
(XVII) richtig gedruckt ist) nnd khnrab mit kurzem a und da-
her dem Accent auf der ersten Syll)e . Das Wort »Shnkif« ist
ferner kein Dimiuutivum von slnikf, wie dort angegeben ist. son-
dern ein selbständiges Wort vgl. unsre Liste) . Der J*hiral von
Teil (Hügel) lautet nicht Tellül (eine ganz unerhörte Form),
sondern tulül, eventuell auch teliil mit ganz kurzem e. Ebenso
Avenig kann der Plural von »Kana«, Wasserleitung. »Kanat« lau-
ten, sondern letzteres ist, wie man z. H. bei den vielen Wasser-
leitungen, die um Beisän herum verzeichnet sind, ersehen kann,
einfach die vor einem nachfolgenden abhängigen Nomen (Geni-
tiv) eintretende Form von kanä. Auch rBelled^'. Ortschaft, mit
doppeltem 1 statt einfachem ist eine unmögliche Bildung, gerade
wie (XVIIIj 'Abbeidiyeh, wofür wir 'aheidije oder 'uheclije schrei-
ben würden. Wir würden auch darauf kein so grosses Gewacht
legen, wenn wir nicht, wie schon bemerkt, fürchten müssten,
solche Fehler könnten in andere Bücher übergehen ; gerade Aveil
wir das Kartenwerk als eine mehr oder weniger abschliessende
und massgebende Arbeit taxiren, fühlen wir uns verpflichtet, auf
die Mängel derselben — und diese sind ja bei der Fülle des gebo-
tenen Stoffes beinahe verscliAvindend — aufmerksam zu machen.
Was den Preis der Karte betrifft, so stellt sich derselbe für
die Subscribenten (resp. die Mitglieder der engl. Gesellschaft";
auf zwei Guineen '42 Mark) . Nach einer Notiz des .Januar-Heftes
der Statements wird die Karte erst im Herbste und zwar zum Preise
von drei Guineen in den Buchhandel kommen. Auch wird eine
reducirte Karte von ganz Palästina in 9 lUättern herausgegeben
werden. Wie hoch die Memoirs den Subscribenten zu stehen
kommen, ist nicht ersichtlich ; wir finden nnr die Notiz . dass
eine Ausgabe der Karten mit den Memoirs später 20 Guineen
kosten wird. Es ist daher vorauszusehen , dass das ganze Werk
nicht so rasch Gemeingut der Freunde der Palästinageographie
werden wird. Um so mehr sei darauf hingcAviesen, dass die Biblio-
thek des HPV. ein Exemplar der Karte besitzt.
1) wie allerdings in Folge eines Druckfehlers auch in der engl. Ausgabe
meines Reisehandbuchs p. 111 steht.
Tübingen. A. Sücin.
Ztsclir. d. Pal.-Vcr. HI. 13
186
Beiträge zur Geschichte der Kreuzzilge oonltcinholdHöhricht. Ber-
lin. Weidmann sehe Buchhandlung . Bd. I u. II., 346 ti. 452 pj),
1874 u. 1S78.
Der Name \iiid die Arhcitsweise Eöhricht's sind den Lesern
dieser Zeitschrift so wohlbekannt, dass eine Besprechung des
oben angeführten Werkes sich im wesentUchen anf eine Inhalts-
angabe desselben beschränken darf. Dieselbe ausgebreitete Lite-
raturkenntniss , dieselbe kritische Akribie und präcise Kürze,
Avelche die übrigen Arbeiten Röhricht s auszeichnen, finden sich
auch in den »Beiträgen zur Gescliichte der Kreuzzüge«, die in
der stattlichen Masse von zusammen 800 eng gedruckten Seiten
unsere Kenntniss von der Geschichte jener wundersamen \Y all-
fahrten und den gleichzeitigen Schicksalen Palästina's erheblich
vermehren. Der erste Band enthält zwei umfangreiche Abhand-
lungen über »Die Kreuzfahrt des Kaisers Friedrich II.« und »Die
Kämpfe Saladins mit den Christen in den .lahren 1187 und 1 188«
nebst »Auszügen aus dem Werke Kamal ad-dins : »Die Sahne der
Geschichte Ilalebs«« (ad a. 1095 — 11741. Der zweite Band ist
ganz THid gar angefüllt von der Darstellung der »Deutschen Pil-
ger- und Kreuzfahrten nach dem heiligen Lande (700 — 1300)«.
An (iuellenmaterial geben die »Beiträge« also nur jene Aiiszüge
aus dem Werke Kamal ad-din's, die einer von Silvkstre de Sacy
angefertigten und aus dem Nachlasse Wilken's in die Berliner
königl. Bibliothek übergegangenen Übersetzung des arabischen
Originals entnommen sind und, Avenn sie auch von Wilken sel-
ber in dessen grosser »Geschichte der Kreuzzüge« schon längst
verwerthet worden Avaren , doch ohne Zweifel noch besonders
herausgegeben zw Averden verdienten. Die übrigen Theile der
»Beiträge« bieten ausschliesslich Forschungsresviltate KÖHRiotfT's
uiul beschäftigen sich, Avie man sieht, vornehmlich mit der Thcil-
nahme der Detitschen an den Kreuzzügen. Gerade hierdurch
hat sich aber der A'erf. ein besonderes Verdienst erAvorben, Aveil
die Schicksale, Avelche die Angehihigen unseres Volkes auf den
Kreuzfahrten und im heiligen Lande gehabt haben, noch nie für
sich zusammeugostollt Avorden und bisher nur vcrhältnissmässig
lückenhaft ])ekannt Avarcn. KCuiricht liat sich deshalb auch der
Mühe unterzogen, neben dem erzählenden Theile seiner Arbeit
in AnmerkiHigen und Beilagen ein sehr reiches und ebenso wohl-
geordnetes gelehrtes Material . besonders einen »Katalog der
deutschen J'ilger« zu veröffentlichen, und er hat dadurch für ein
merkAvürdiges uiul allzu lange Acrnachlässigtes Stück unserer
Volksgeschichte eine feste Grundlage geschaffen, auf der noch
geraume Zeit fortzubauen sein Avird. Die Ergebnisse seiner For-
schung dürfen der Mehrzahl nach vertrauensvoll angenommen
Averdeu : einige l'unkte, in denen ich nicht mit ihm übereinstim-
men kann, möchte ich an dieser Stelle nicht mehr hervorheben,
187
da ein Vergleich mit den von mir vor kurzem piiblicirten Arbei-
ten meine abweichende Ansicht leicht erkennen lässt (s. meine
»Geschichte der Kreuzzüge« a. m.O. nnd meine Abhandlung über
»Peter von Amiens und Albert von Aachen« in der histor. Zeitschr.
Bd. 44, S. 22 fF.). Hier möchte ich nur noch des ganz äusser-
lichen und vielleicht nur mir allein missfälligen Umstandes ge-
denken, dass KÖHKiciiT zwar mehrere sehr bekannte orientalische
Namen, wie z. B. Saladin , nach alter deiitschcr Gewohnheit
schreibt, für die übrigen Namen aber »das FLEisciiER'sche üm-
schreibungssystem« gebraucht. Entweder wünschte ich alle Na-
men nach diesem System geschrieben zu sehen , oder — und
zwar bei Weitem lieber — alle nach alter deutscher Gewohnheit,
weil die Abhandlungen Röhricht's doch keineswegs blos für
Orientalisten, sondern auch für viele, mit der l^edeutung der
Schriftzeichen jenes Systems unbekannte Leser bestimmt sind.
Tübingen. Kugler.
Manuel du voyageur jm7^ D. Kalthrunner. Avec 280 ß gm- es inter-
calees clans le texte et tiplanches hors texte. Zürich 1810. J. Wurster
^ Cie. 762 pp. 8.
ILvltbrunner's »Reisemanual« Avill nicht nur dem For-
schungsreisenden, welcher weite Länderstrecken flüchtig durch-
misst, sondern auch dem sesshaften Bewohner interessanter
Ländergebiete ein zuverlässiger Rathgeber sein. Dieses Streben
ist für den deutschen Palästina-Verein um so beachtenswerther,
als er zur Erreichung seines Zieles in höherem Masse , als eine
andere wissenschaftliche Gesellschaft , auf die fördersame Thä-
tigkeit einer gebildeten, von Liebe zur Wissenschaft durchdrun-
genen, im Auslande ansässigen Bevölkerung mit angewiesen ist.
In l^ezug auf grossartige und kostspielige Forschungsunterneh-
mungen im Gebiet des Heiligen Landes können Avir l)eutschen es
weder den Engländern , noch den Franzosen und Amerikanern
gleichthun; in einem Punkte aber sind wir diesen Nationen
überlegen, nämlich dadurch, dass weit über tausend un-
serer tüchtigen und s t r e b s am e n L a n d s 1 e u t e a n v e r -
schiedenen Punkten Palästina' s wohnen, welche,
wenn sie unsere Bemühungen nach Kräften unterstützen, in Be-
zug auf intensive Forschungen mehr und Besseres zu leisten ver-
mögen als alle noch so gut ausgerüsteten wissenschaftlichen
Expeditionen, Avelche immer nur gleichsam im \ Orübergehen
arbeiten. Von der wirklichen Erforschung eines Landes kann
ja immer erst dann die Eede sein, wenn die Bewohner selbst
dieselbe in die Hand nehmen. Dazu bedarf es freilicli vor allem
einer passenden Anleitung, welche den Betreffenden überzeugt.
dass er auch als Nichtfachmann Nützliches leisten kann, und
ihm zeigt, auf welchem Wege dies am besten zu ermöglichen ist.
13*
188
Hierfür ist KL\ltbrunner's »Manuel du Voyageur« sehr geeignet.
Indessen ist es zu bedauern, dass nicht auch eine deutsche Aus-
gabe dieses Buches erschienen ist. weil diese jedenfalls eine be-
deutend weitere Verbreitung gefunden hätte. Unter den ver-
schiedenen Abschnitten , in welchen der reichhaltige Stoff auf
eine klare, leicht verständliche Weise behandelt ist, erscheinen
nachfolgende von besonderem Interesse für unsere strebsamen
Landsleute in Palästina: ))To])ographie« (Anfertigung kleiner
Karten und Plänel , »Geologie^ und der letzte Abschnitt : »Origines
et Histoire«, eine kurze Auseinandersetzung über vorhistorische
Funde. Wie viel das »Manuel« dem Leser bietet, erhellt am besten
aus einer kurzen Übersicht des Inhal ts. In der sehr ausführlichen
Einleitung 139 pp.) ist vorzugsweise von der Vorbereitung des
Forschers die Rede , von den erforderlichen Instrumenten und
sonstigen Ansrüstungsgcgenständen sowie von den anzuwen-
denden Beobachtungs- und Messungsmethoden. Der zunächst
folgende Hauptabschnitt (p. 140 — 4S9) »Das Land« behandelt in
seinen einzelnen Unterabtheilungen folgende Themata : Configu-
ration du pays (Topographie) , Geologie, Sol, Climat, Hydrologie,
Flore, Faune. Dann folgt der zweite Hauptabschnitt »Die Be-
wohner« (p. 490 — 752) mit den C'apiteln : Population, Races et
types, Langue et dialectes, Usages et coutumes, Idees, croyances
et religion, Costurae et parure, Alimentation, Habitation, Genre
de vie, Organisation domestique, sociale et politique, Droit et
propriete, Tnstitutions diverses, Industrie, Commerce, Litterature,
Arts et Sciences, Origines et histoire.
Selbstverständlich wird durch Bücher von der Art des vor-
liegenden eine persönliche Unterweisung nicht in allen Fällen
überflüssig gemacht; doch zu dieser findet sich in dem verkehrs-
reichen Jerusalem, wo so viele Gelehrte aller Art durchpassiren,
sowie auch anderorts in Palästina vielfach Gelegenheit, sobald nur
der gute Wille, sie zu suchen und zu benutzen, vorhaiulen ist. Und
würde es gelingen, eine archäologische oder eine natunvissen-
schaftliche Station in Palästina zu errichten, so wäre damit der
geeignete Mittelpmikt für die Organisation der zweifellos in ge-
nügender Anzahl vorhandenen Hilfskräfte gegeben. Freilich
wird auch dann noch jeder, welcher Neigung verspürt, etwas über
die täglichen Anforderungen des B(>rufs und des Lebensunter-
lialtes hinausgehendes zu leisten, oft genug auf gedruckte An-
Aveisungen zurückgreifen müssen, und als solche em])fehlen wir
nochmals das KALTBiiuNNER'sche »Maiuiel« mit dem Bemerken,
(hiss ein ta])feres Beginnen mit der Arbeit die Hauptsache ist,
uud dass die im Anfang oft unülx-rwindlichen SchAvierigkeiten
meist über Erwarten schnell schwinden, sobald man sie ernsthaft
in Angriff nimmt.
Herlin. O. Kerstkn.
Zioii. Davidstallt und die Akra iuiiorlmll) des alten
Jerusalem.
Von ])ekan Ur. Klaiber in Göppingen.
Erster Artikel.
Wenn der dnich die Überschrift bezeichnete Complex von
Fragen nach so vielfacher liehandhing mid widersprechender Be-
antwortnng abermals zum Gegenstand der Untersuchung gemacht
wird, so geschieht es selbstverständlich nur in der tJberzeugung,
dass eine sichere Beantwortung der mehrfachen Probleme mög-
lich und im Nachstehenden auch wirklich gegeben ist. Dieselbe
wird aber abhängen von der Befolgung dreier Grundregeln :
1) dass die betreifenden Angaben und Berichte geschichtlich
aitseinander gehalten und erst, nachdem sie einzeln, jede Gruppe
für sich, zur Geltung gekommen, combinirt werden; 2, dass
man nur sichere Angaben zu Grunde legt, alles bloss Hypothe-
tische oder bloss Wahrscheinliche und auch bloss Nebensächliche
als verwirrend bei Seite lässt; 3) dass man die Berichte nur nach
ihrem natürlichen itnd einfachen Wortsinn interpretirt. Diese
Regeln scheinen zAvar selbstverständlich. Jeder Kundige aber
weiss , wie weit bei ihrer Missachtung luxuriirender Scharfsinn
und Phantasie irre führen kann und irre geführt hat. —
Für den nicht ganz mit dem Gegenstande vertrauten Leser
sind einige topographische Bemerkungen voranz\tschicken. Der
Höhenrücken. Avelchcr die Stadt Jerusalem trug und trägt, ist
bekanntlich durch eine vom üamaskusthor bis ztim Siloah hin-
abgehende, ursprünglich tief und schroff eingeschnittene, heut-
zutage mehr oder weniger überbaute und diirch mehrtausendjäh-
rigen Sclmtt aufgefüllte, bei Josepmus Tyropöon, heutigen Tages
el-wäd genannte Einsenkung in eine östliche und westliche
Ztschr. .1. I';il.-Ver. III. 14
190
Hälfte getheilt. Der -vAestliche Theil ^var ursprünglich durch eme
zweite, gegenwärtig kaum bemerkliche, von RoBI^■sü^' mehr ver-
muthete als nachgewiesene, in neuerer Zeit aber constatirte Thal-
einsenkung, welche vom Jafathor fast senkrecht gegen die Tem-
pelfläche ostwärts läuft, in eine nördliche und südliche Hälfte
getrennt. Jener nördliche Theil des Westrückens trägt das heil.
Grab ; wir Averden ihn im Nachfolgenden als N o r d w e s t h ü g e 1
bezeichnen, obwohl er nicht ein eigentlicher Hügel ist. Des
Westrückens südlichen Theil, welcher nur in der XordAvestecke
bei der heutigen Citadelle ursprünglich mit dem nördlichen Ter-
rain zusammenhing, sonst aber ringsum von Thaleinsenkungen
umgeben war, werden wir nicht mit dem traditionellen Namen
Zion benennen, sondern als Süd westhügel bezeichnen. Auf
dem Ostrücken hebt sich heutzutage die Tempelfläche harüm
esch-scJienf) hervor. Nördlich von ihr findet sich eine Erhöhung,
von JosEPHUs Bezetha genannt. In der Nordwestecke des Haräm
befand sich zu Josephus Zeit eine später bis auf wenige erkenn-
bare Spiiren Aveggemeisselte Felscrhöhung. welche die Burg
Baris-Antonia trug. Es ist Resultat der neueren Forschungen,
dass die Terrasse der Omarmoschee eine ursprüngliche Felsen-
erhöhimg ist. Dabei setzen wir voraus — eine Beweisführung ist
hier nicht möglich —
1; dass die Omarmoschee ohngefähr die Stelle des altjüdi-
schen Tempels bezeichnet, wobei wir dahingestellt lassen, ob
das Heiligthum (nach De Vogue, le temple 1SG4 etwas nördlich
von dem in der Moschee befindlichen heiligen Felsen zu suchen,
ob dieser Felsen nach Rosen identisch mit der Tenne Arafna's
ist, ob auf demselben sich der Brandopferaltar oder das AUerhei-
ligste befand u. s. av. ;
2 dass abgesehen von der jetzigen, aus späterer Zeit stam-
menden Planirung der südliche Theil der Tempelfläche nicht von
Salomo , sondern von Herodes herrührt. Man vergleiche nur,
was Josephus bell. I. 21. 1 mittheilt: »Er (Herodes stellte den
Tempel neii her und schloss um ihn einen doppelt so grossen
Raum, als der frühere gewesen /(opav t?,; o-jarj; oi-Xaaiav) mit
einer Mauer-. Der Beweis scheint uns von De Vogue und Rosen
(der Ilaram von Jerusalem lSü()) vollständig geführt. Warhen
(in der Recovery of Jerusalem IS7I nimmt wenigstens die Süd-
westecke als Herodianisch. ^^'er sich nun die ursprüngliche Ge-
191
staltung und damit die Entstehung dieses Stadttheils vorstellig
maclien will . hat zuerst die künstliche Planirung des Haräm
wegzudenken imd statt derselben einen schmalen Felsrücken zu
setzen , welcher an der Stelle der Omarmoschee einen Höcker
trug, von da aus in mehrfachen Absätzen sich bis zur Südmauer
des Haräm mit einiger Einbiegung gegen Osten, sodann in der
Richtung gegen Süden fortsetzte. Für diese südliche Fortsetzung
bis Siloah, gegenwärtig ausserhalb der Stadtmauer, werden -wir
den heutigen Tags üblichen Namen Ophel gebraiichen^ .
Über die Niveauverhältnisse ist zu bemerken, dass das Ter-
rain sich im allgemeinen von Nord nach Süd, von West nach
Ost neigt. Der Südwesthügel Pseudo-Zion) ist höher als der
Haräm im ganzen , auch als die Stelle der Omarmoschee (so-
mit auch des alten Tempels^ und viel höher als der Ophel. der
Nordwesthügel höher als der Südwesthügel; ebenso senkt sich
dieser (Pseudozion) von Nord nach Süd und von AVest nach Ost.
(Näheres geben die besseren neueren Karten und Stadtpläne, am
besten Zimmermann.)
Indem wir nun die Frage stellen, auf welchen Theilen dieses
Terrains wir Zion, die Davidstadt und die syrische Akra zu suchen
haben, so werden Avir für die Beantwortung unter Beobachtung
unserer ersten obigen Regel der Reihe nach und getrennt von
einander zunächst die kanonischen Schriften des alten Testa-
ments, darauf das erste Makkabäerbuch und zuletzt erst Josephus
reden lassen.
I. Die kanonischen Schriften des alten Testa-
ments.
Wir beginnen mit der Frage : Was war ursprünglich Zion
und wo lag Zion !
Noch 1857 konnte Robinson in seinen Neueren biblischen
Forschungen als ein Axiom aufstellen, »dass Zion der südwest-
liche Hügel Avar und noch wie vor Alters gegen Norden in einem
steilen Abfall nach der Strasse, die vom Jafathor herunterläuft,
endete.« Aber nur der ZAveite Theil dieses Axioms ist durch die
r "Wir wissen wohl, dass Ophel beiXEiiEMiA, sowie Ophlüs bei Josephus
nicht diesen ganzen Ausläufer, sondern nur eine besondere Lokalität an der
Südostecke des Haräm bedeutet.
14*
192
neueren Forschungen bestätigt, der erste aber mehr und mehr
angefochten worden. Am gründUchsten ist dieses geschehen von
Caspari (evang. Geistlicher im Elsass 7 1878), Historisch geo-
graphische Einleitung in das Leben Jesu. Hamburg 1869 ').
Mit Caspari übereinstimmende topographische Auffassung
giebt Mexke (Bibelatlas . Gotha 1870). Einen theihveisen Vorgän-
ger haben sie gehabt an Olshausen (Zur Topographie des alten
Jerusalem 1838), welchem aber die Hilfsmittel der neueren For-
schungen fehlten. Mit Caspari, m elcher nicht nur dieSyrerlnirg
der Makkabäer und des Josephus, sondern auch die von David
eroberte Jebusiterburg Zion nicht auf dem südwestlichen Hügel,
sondern auf dem Ophel findet, stimmen (von Caspari nicht ge-
kannt) theilweise überein Lewin 2j ^ Tiirupp^) und in neuerer Zeit
FuRRER ^) . In den meisten Punkten tritt auch bei Dr. Kies, Dom-
kapitnlar in Rottenburg am Neckar, in seiner sorgfältigen Ar-
beit : Biblische Geographie, Beilage zu dessen liibelatlas (Frei-
burg 1872). In neuester Zeit bestreitet das Recht des Südwest-
hügels auf den Namen Zion mit Glück Baron v. Altex in dem
Aufsatz: Zion, ZDPV. II (1879), p. 18—47. Das von ihm Ge-
sagte soll hier nicht wiederholt Averden ; wir müssen aber be-
merken, dass wir nicht allem von ihm Aufgestellten zustimmen
können. —
Wir gehen aus von der Frage: Was wurde ursprünglich
unter Zion verstanden ? Wenn in den prophetischen und poeti-
schen Büchern Zion als synonym mit ganz Jerusalem vorkommt,
so ist das theokratische , nicht topographische Rede. Die ur-
sprüngliche Ik'dentung muss aber die topographische sein. In
1) Ich bekenne' gerne, dass ich meinem verstorbenen Freund C.vsPAiii
die Lineamente meiner Untersuchung verdanke. Ich empfehle sein scharf-
sinniges und gelehrtes Buch um so lieber zur Vergleichung, als ich es öfters
stillschweigend benützt, aber wenig citirt finde, und als es von mir nicht aus-
geschrieben werden will. Es enthält noch mehr auf die vorliegende Frage
Bezügliches, was von mir übergangen ist, als nicht unumgänglich für die Be-
weisführung erforderlich. Ich unterscheide mich von ihm , abgesehen von
Einzelheiten, hauptsächlich durch den eingehaltenen geschichtlichen Gang,
welcher sich mir als allein sicher zum Ziele führend aufgedrängt hat.
2) Jerusalem a sketch of the city and temple ISdl, und Siege of Jeru-
salem 1S()3.
'•ij Ancient Jerusalem Isö.").
4) Bibellexikon, herausgeg. von Schenkel 111 IsTl Art. Jerusalem.
193
solcher finden Avir »Zion« innerhalb der kanonischen liücher in
zweifacher liezielnnig gebraucht. Einmal für den Tempelberg,
als Wohnort Gottes, so fei-n er das Heiligthum trug, z. B.
Pf-alm 74, 2 »Gedenke an den Berg Zion, da du auf wohnest«;
32. 13 »Der Herr hat Zion erwählt inid hat Lust darauf zu
wohnen«, nämlich im Tempel V. 4. Jesaia 8, IS etc. Der Tem-
pelberg aber ist der östliche , nicht der westliche Hügel. Wie
soll man nun von der traditionellen Voraussetzung der Identität
Zion's mit dem Südwesthügel aus sich erklären , dass mit dem
gleichen Namen ein ganz anderer, durch eine tiefe Schkicht ge-
trennter Berg bezeichnet wird^ Olshausex a. a. O. und Hup-
FELi) ' meinen, Zion habe ursprünglich die ganze bergige Er-
höhung, worauf die Stadt lag, bezeichnet. Allein das ist eben
blosse Vermuthung. für welche jeder Beweis fehlt. Denn ob »die
ganze bergige Erhöhung« vor der Zeit, da die Stadt religiöser
Mittelpunkt wurde und also ehe der Tempelberg Zion heissen
konnte, einen besonderen Namen führte und welchen — dafür
fehlt aller und jeder geschichtliche Bericht. Vorisraelitisch er-
scheint Zion bloss als engerer Lokalname der alten Jebusiterburg
in der Beschreibung der Einnahme Jerusalem's durch David
Sam. II, 5, 7. Chron. I. 2, 5. 7. »David gewann die Burg Zion.
d. i. Davidstadt«. Man sieht. Zion ist vorisraelitischer Name für
eine Lokalität, für Avelche später der andere »Davidstadt« im Ge-
brauch war. Ein späterer Israelite hätte bei Zion an die Stelle
des Tempels gedacht. Eben darum setzt der Erzähler zur Er-,
klärung des zu seiner Zeit nicht mehr verständlichen Terminus
für die Jebusiterburg hinzu: »das ist Davidstadt«. Wir haben
also für die Bedeutung des Wortes Zion zwei Stationen, die erste
vorisraelitische, als Name der Jebusiterburg, von David an ver-
drängt durch die »Davidstadt«; die zweite seit Erbauung des Tem-
pels als Bezeichnung des Tempelbergs ; die dritte Station bildete
die Ausdehnung des Namens auf die ganze Stadt in theokrati-
schem Sinne. (Vergleiche darüber v. Altex a. a. O.i
Über die Beschaffenheit dieses jebusitischen Zion erfahren
wir ziniächst nur. dass sie so schwer einzunehmen war. dass die
Jebusiter prahlten: »Blinde und Lahme werden dich abtreiben«,
und dass die Einnahme durch Joab als eine besondere Helden-
1) Zeitschrift der deutschen morgenl. Gesellschaft ISÜI, p. 101 ff.
194
that gerühmt wird Chron. I. 2, 5. 7. Sie war ohne Zweifel eine
sehr steile, schon von Natur fast iniersteigliche Anhöhe und kann
auch als »Burg« memdcii keinen zu grossen Umfang gehabt ha-
ben. Beides passt nicht auf den Südwesthügel. Denn dieser ist
wohl auch steil . aber von ihm zu sagen : » Blinde und Lahme
werden dich abtreiben«, wäre doch nur eine sinnlose Prahlerei
gewesen, und für eine kleine Burg war diese Raiimfläche viel zu
umfassend.
Eine Handhabe zur Bestimmtmg der Lage der Jebnsiterburg
wird sodann gegeben durch die weitere Notiz : «David wohnete
in der ]iurg und hiess sie Davidstadt und bauete nmher von Millo
und inwendig.« In dieser seiner Residenz bauete er sich selbst
einen Palast, brachte die Bundeslade dorthin und errichtete für
diese ein Zelt. Sam. II, 6. 7. Dass nun auch der Name «David-
stadt« Lokalname ist, ist fast allgemein zugestanden; die schon
angeführten sowie die folgenden Stellen sprechen allzu deutlich.
Kön. I, 8, l, wird erzählt, dass Salomo »die Tochter Pharao's in
die Stadt David's brachte, bis er bauete sein Haus und des Herrn
Haus« u. s. w. Ebenso lesen wir, dass Salomo neben andern Be-
festigungen, da er Millo baute, auch die »Brüche der Stadt Da-
vid's« ausbesserte Kön. I. 11. 27, wie auch Hiskia neben andern
Mauerbauten »Millo an der Stadt David's« befestigte Chron. II,
32, 5. Mag Millo sein, was es will, jedenfalls kann die David-
stadt nur eine bestimmte Lokalität, nicht das ganze Jerusalem
bezeichnen. Die oftmals wiederholte Notiz, »er wurde begraben
in der Stadt David's«, und die Angabe des Nehemia 3. 15. 10.
12, 37), »die Stufen, die herabgehen von der Stadt David's«, und
»die Gräber David's« reden so deutlich, dass die Einwendung Le-
win's und DE Saulcy's, welche letzterer seiner Hypothese von
der Identität der alten Königsgräber mit den im Norden vom
heutigen Jerusalem 'gelegenen sog. Königsgräbern zu lieb) be-
haupten, der Ausdruck »er wurde begraben in der Stadt David's«
sei so viel als : er wurde begraben bei Jerusalem, nicht in Be-
tracht kommt.
Wenn de Saulcy die Aussage des Nehemia, dass die Grä-
ber eben in der Stadt David's gewesen, zu beseitigen sucht durch
die Hin Weisung auf die Unverständlichkeit des Berichts, so
könnte die Schuld eher an ihm, nicht an Nehemia liegen. ])ie
weitere Instanz Lewik's und de Saulcy's, dass, wenn die Kö-
195
nigsgrilhcr in der Stadt gewesen wären, die Anwohner sicli in
perpetuirlicher levitischer Unreinheit hefnnden hahen würden,
will in der That nichts besagen. Nahm der Jnde Nehemia keinen
Anstoss daran, so können wir uns anch beruhigen ; liegt doch
anf der liand. dass, wenn man die Grilber nicht unmittelbar be-
rührte, was Avohl nicht das Alltägliche gewesen sein Mird. man
auch nicht dadurch verunreinigt Aviirdc. Lewin meint sogar, in
Kön. I, S, 1 »aus der Stadt David's das ist Zion« sei der erklä-
rende Zusatz »das ist Zion« die Glosse eines späteren Interpreten,
der nicht mehr verstanden habe , dass in der früheren Stelle
Sam. II, 5. 7. mit Zion ganz Jerusalem gemeint sei — das offen-
barste, wenn auch unfreiwillige Geständniss, dass im Sinne der
biblischen Geschichtsschreiber die Davidstadt ursprünglich eine
Lokalbezeichnung ist \i .
Wo aber lag nun dieser Stadttheil Jerusalem's, mit welchem
selbstverständlich das Haus David's und die Gräber David's so
ziisammen gehören, dass, wo das eine gelegen hat, auch die an-
dern sich befunden haben müssen ? Mehrere Andeutungen lassen
dafür nicht an den westlichen , sondern nur an den östlichen
1) Was Lewin, the Siege p. 240 fF. vorbringt, ist für den weiteren Ge-
brauch des Namens »Stadt David's« = ganz Jerusalem durchaus nicht bewei-
send. Unbegreiflich ist, wie er Chron. I, 9, 7 anführen kann: »David wohnte
in der Burg, darum nannte man sie Davidstadt« — wo gerade das Gegentheil
steht. Es ist freilich darin eingeschlossen, dass er seinen "Wohnsitz von He-
bron nach Jerusalem verlegte, aber dass die »Davidstadt« so viel wie ganz Jeru-
salem sei, ist durch nichts angedeutet. "Wenn Chron. II, 28, 27 erzählt wird :
»Ahas wurde begraben in der Stadt in Jerusalem«, so zeigt eben der Beisatz :
»denn sie brachten ihn nicht in die Gräber der Könige«, dass das »in der Stadt«
eben nicht die Stadt David's, sondern eine andere Lokalität bezeichnet. Frei-
lich geben die LXX »Davidstadt« und lassen »in Jerusalem« weg. Wie unpas-
send aber diese Änderung ist, zeigt der auch bei den LXX sich befindende,
aber zu ihrem Text nicht stimmende Erklärungsbeisatz, dass er nicht in die
Gräber der Könige Israel's gebracht wurde. Die LXX haben sich wohl durch
die Parallele Kön. I, 16, 20 leiten lassen , welche im Widerspruch mit der
Chronik berichtet, dass Ahas in der Stadt David's begraben worden sei. —
Wenn Chron. IL 25, 2S berichtet Avird: »sie begruben den Amazia in der
Stadt Juda's«, so ist freilich Jerusalem gemeint, aber die »Davidstadt« gar nicht
genannt. Die LXX setzen »Davidstadt« offenbar als Interpretament des un-
gewöhnlichen Ausdrucks »Stadt Juda's«, wie uns scheint geleitet durch
Kön. II, 14, 20: »in Jerusalem bei seinen Vätern in der Stadt David's«, was
nicht zwecklose Tautologie, sondern Unterscheidung des Besondern vom All-
gemeinen sein wird.
196
Hügel denken. Bei der Geschichte der Volkszähkiiig und der
Pest Sam. II, 24, 18. 19 wird erzählt: »und Gad kam zu David
und sprach zu ihm, gehe hinauf und richte dem Herrn einen
Altar zu in der Tenne Arafna's des Jebusiters. Und David ging
hinauf wie Gad gesagt hatte.« Als der Ort, von dem David
ausging, ist ohne Zweifel sein Palast in der Davidstadt zu den-
ken. Da aber auf der Tenne des Arafna der s])ätere Tempel stand
(Chron. II, 3, 1), s'o folgt, dass Haus und Stadt David's nicht auf
dem Südwesthügel gelegen sein konnten, weil letzterer höher ist
als die Tempelfläche, folglich David von jenem zu dieser nicht
hinauf, sondern hinab hätte gehen müssen. Ebenso finden
wir dass Kön. I. 8, 1 — 4 Salomo die Bundeslade aus dem Zelte
in der Davidstadt in den Tempel »hinaufbringen« Hess.
Ferner nach Kön. I, 3, i. hatte die Tochter Pharao's, Salomo's
Gattin, zuerst ihren Sitz in der Stadt David" s, »bis er ausbauete
sein Haus und des Herren Haus«. Kön. I, 9, 24 wird dann er-
zählt, dass die Tochter Pharao's heraufzog aus der Stadt Da-
vid's in das Haus, das er für sie erbauet hatte, ohne Zweifel eine
Abtheilung des salomonischen Palastes. Daraus folgt, dass der
Palast Salomo's nicht in der Davidstadt, und dass er höher lag,
als die Davidstadt. Daher kommen diejenigen Erklärer in Yei-
legenheit. Avelche, indem sie die Davidstadt mit dem Südwest-
hügel identificiren, zugleich den salomonischen Palast auf den-
selben verlegen. Denn dann müsste der letztere ja in der Stadt
David's gelegen haben und könnte die Aegypterin nicht aus der
Stadt David's in den salomonischen Palast gezogen sein. The-
Nius^; übersieht diese Schwierigkeit, indem er schreibt: »sie zog
aus dem Hause David's hinauf«, Tind nun das Haus David's auf
eine niedrigere Stelle des Südwesthügels versetzt. Allein in
sämtlichen Textesstellen heisst es »aus der Stadt David's«, nicht
»aus dem Hause David's«. Um dieser Schwierigkeit zu entgehen,
müsste man annehmen, nur ein Theil Tind zwar der niedriger ge-
legene des Südwesthügels habe den Namen Davidstadt getragen.
Das ist aber, abgesehen von dem Mangel jeglicher Andeutung in
den Quellen, an sich gewiss nicht Avahrscheinlich . Wäre die
Davidstadt, als ixrsprünglich identisch mit der Jcbusiterburg,
ancli identisch mit dem Südwesthügel gewesen, so sieht man gar
], Die Bücher der Könige erklärt -, ]). 'lö.
197
uiclit ein. Avie sieh der Name »Davidstadt« auf einen Tlieil dieses
Hügels und zwar auf den niedrigeren, statt auf den höheren und
also festeren sollte fixirt haben.
Nun kann aber auch der Palast Salorao's unmöglich auf dem
Südwesthügel gelegen haben. Denn Jeremia 22, 1 lesen Avir •.
»Gehe hinab in das Haus des Königs von Juda«. Wie konnte
man zu demselben hinab gehen, wenn er auf dem höchst gele-
genen Theil der Stadt lag ^ Jeremia 26, 10 wird berichtet : »Da
solches höreten die Fürsten Juda's, gingen sie aus des Königs
Hause hinauf in das Haus des Herrn«. Jeremia 36, 10 — 12
heisst es: »Baruch las — in des Herrn Haus. Da nun Michaja
alle Keden des Herrn gehört hatte in dem Buche, ging er hinab
in des Königs Haus.« Kön. H, 11. 19 wird nach der Tödtung der
Athalia der junge Joas aus dem Heiligthum hinab geführt in
des Königs Haus ; beigesetzt Avird • »Und er setzte sich auf der
Könige Stuhl« — was jeden Zweifel, ob auch die eigentliche Re-
sidenz gemeint sei, beseitigt. Alle diese aus den Niveauverhält-
nissen der Stadtfläche genommenen Andeutungen machen es un-
möglich, den salomonischen Palast auf dem Südwesthügel zu
suchen ; seine Lokalität muss niedriger als der letztere, sie muss
forner niedriger als der Tempel , wiederum aber höher als die
Davidstadt, aus welcher die Aegypterin heraufzog, gelegen haben.
Unseres Wissens hat sich dieses Argument aus den Niveau-
verhältnissen zuerst Olshausen a. a. O. aufgedrängt und ist in
neuerer Zeit besonders von Lewin, auch von Furrer, Diestel ^],
sowie hie und da von anderen benützt, aber von keinem voll-
ständig durchgeführt worden. Olshausex hat sich dasselbe aus
nicht stichhaltigen Selbsteinwendungen wieder entschlüpfen las-
sen. Er wendet ein, 1 der Tempel lag nach Josephüs niedriger
als die Akra. Davon später bei Josephus ; unserer Überzeugung
nach hängt die Lösung des uns beschäftigenden Problems ganz
vorzüglich von der Auseinanderhaltung der ]')erichte aus ver-
schiedenen Zeiten ab. Voreilige Combinirung der Angaben des
Josephus mit denen des alten Testaments ist ganz wesentlich
Ursache der ^'erwirrung gewesen. 2) Tempel- und ])alastähn-
liche Wohnungen wurden als erhabnere Plätze angesehen, ohne
eigentlich physisch höher zu liegen. Das kann in dieser Allge-
1) S. Herzogs Realeacyclopädie XI 11, ]>. :v.\ö.
19S
meinheit doch nicht gesagt werden, sondern zu Grunde wird im-
mer das natiirHche Niveau liegen, wenn von Hinauf- und Hin-
abgehen die Rede ist. Man denke sich die Sache einmal in
concreto. Z. H. in Stuttgart wird man immer vom Schlosse zum
Bollwerk hinauf- und umgekehrt hinabgehen, obwohl das Schloss
eine »palastähnliche Wohnung« ist. Ferner trug die Tenne Araf-
na's zu David's Zeit weder den Tempel noch ein palastähnliches
Gebäude; hier also lag das »hinauf« blos im physischen Ver-
hältniss ,
Es ist richtig, dass, wenn zwischen dem Ausgangs- und End-
punkt der Bewegung eine Vertiefung liegt, auch von dem an sich
tiefer liegenden Endpunkt gesagt werden kann, man gehe zu ihm
hinauf, so ferne der Redende sich in Gedanken in die dazwi-
schen liegende Vertiefung stellt. Das gilt aber nur, wenn der
Ausgangspunkt nicht genannt ist. In den oben genannten Stellen
aber ist der Ausgangspunkt genannt, muss also als niedriger
denn der gleichfalls genannte Endpunkt genommen werden. Man
darf daher nicht interpretiren, Avie z. B. bei Riehm. Bibl. Hand-
wörterbuch p. 684 geschieht: »AVir lesen, dass die Tochter Plia-
rao's sei heraufgezogen, nämlich aus dem Tyropöon«, viel-
mehr ist ja der Ausgangspunkt ausdrücklich genannt : »aus der
Stadt David's«. In Betreif des Königshauses und des Tempels
aber heisst es nicht nur : » aus dem Königshause zum Tempel
hinauf«, sondern auch umgekehrt: »vom Tempel zum Königs-
hause hinab«. Damit ist also der Endpunkt ausdrücklich als der
niedrigere bezeichnet. So erledigt sich auch das, was Gatt in
der Zeitschrift Das heilige Land, Organ des A'ereins zum heil.
Grabe 1874, Heft 5 einwendet: »Vom Sion 'Südwesthügell musste
man zuerst in das Tyropöon hinab imd darauf den Moria hinauf-
steigen; alle Welt sagt z. B. auf den Brenner hinaufsteigen, a\icli
wenn man von einem Orte ausgeht, der höher liegt als der Bren-
ner«. Das kann wohl einmal der Fall sein, indem man über-
haupt zum Brenner hinaufgeht; wer aber zum Brenner hinab-
geht, der muss doch von einem Orte ausgehen , welcher höher
liegt als der Brenner. Wer vom Tempel zum Königshause (NB.
beide sind im Contexte ausdrücklich genannt hinab ging,
konnte nicht den Südwesthügel als die (angebliche) Lokalität
des Königshauses hinauf gehen — eben weil, wie Gatt a.a O.
]). 117 selber sagt »es eino nulousjbaro Thatsache ist, dass der
199
traditionelle Sioii höher ist, als der traditionelle Moria ; ist auch
der Unterschied nicht gross . so kann man denselhen doch mit
Leichtigkeit beim blossen Anblick bemerken«, und mxisste der
Unterschied, fügen wir hinzu, in der alten Zeit, avo das trennende
Tyropöon viel tiefer und schroffer eingeschnitten war, noch viel
stärker ins Auge fallen als heut zu Tage.
Direkte Zeugnisse über die Lage des königlichen Palastes
finden sich ausser Nehemia, s. unten) im alten Testamente nicht.
Was für die Versetzung desselben auf den Südwesthügel, auf
dessen dem Tempel gegenüberliegende Nordostecke geltend ge-
macht wird, ist hauptsächlich Folgendes: 1) Die Hasmonäer
werden wohl für ihren an jener »Stelle gelegenen Palast die noch
vorhandenen Grundlagen des ehemaligen salomonischen benützt
haben. Allein, das ist eine blosse Vermuthung, somit ohne ]^e-
weiskraft (vergleiche darüber auch von Alten a. a. O. p. 40. —
2) FuRRER a. a. O. p. 222 und 223, welcher im übrigen die David-
stadt auf dem Ophel findet, schliesst ans den Niveauverhält-
nissen: »Dass der salomonische Palast nicht auf Zion nach
Ftjrrer der ganze östliche Rücken ; stand , sondern eine höhere
Lage hatte, geht aus l. Kön. 9, 24 hervor: «Die Tochter Pha-
rao's stieg herauf von der Stadt David's in das Haus, welches ihr
Salomo gebaut hatte.« Allein es heisst eben nicht »sie stieg her-
auf aus Zion«, so dass dieser (nach Furrer der ganze Ost-
rücken) verlassen worden wäre, sondern »aus der Stadt David's«,
von welcher wir zunächst aus dem Texte durchaus nicht wissen,
wie weit gegen Norden auf diesem Ostrücken sie sich erstreckte.
Aus der Stelle folgt also gar nicht , dass das Haus , wohin die
Königin kam , auf dem Südwesthügel , sondern nur . dass es
ausserhalb der Davidstadt und höher als diese lag — mus auch
auf dem Ostrücken der Fall sein konnte. Wenn Furreh a. a. O.
p. 231 sagt : »Die Unterstufe der Oberstadt ist an ihrem Ostsaum
niedriger, als die Plattform der Omarmoschee [2 129 zu 2440 engl.
Fuss «, so gilt das eben nur vom Saum. Abgesehen aber davon,
dass nach Flrrer hier die später abgetragene syrische Akra ge-
legen haben soll, dass also dieser Saum früher höher gewesen
sein müsste, als er gegenwärtig ist , so lag doch der umfassende
Palast Salomo's gewiss nicht auf diesem Saume, sondern, wenn
überhaupt auf dem Südwesthügel, höher hinauf, nach Furrer an
der Stelle des hasmonäischen Palastes . uacb dem FuRRER'schen
200
Stadtplane ^] höher als die Plattform der Omarmoschee. Von
dort aus eben . sagt Josephus , weil er » avif hohem Orte « war,
habe Agrippa alles in dem Tempel Vorgehende überschauen
können. Avas die Juden zur Errichtung einer diese tbersicht hin-
dernden Mauer auf dem Tempelplatze veranlasste. Antiq. XX,
8, 11. — 3) Sehr häufig findet man schon von Krafft, auch
Thenids und Keil zu Kön. I, 7, 12 und zvi Neh. 3, 24, von
FuRRER und Anderen (auch in Riehm's Handwörterbuch p. 684)
argumentirt aus den Worten des Josephus Antiq. VIII, 5, 2
avTupuc £X«>''' vaov, da werde ja »ausdrücklich gesagt, der salo-
monische Palast habe dem Tempel gegenübergelegen« — also auf
dem Südwesthügel. Diese oft gelesene l^ehauptung über die
ausdrückliche Angabe des Josephus ist trotz des griechischen
C'itates total unrichtig und kann nur als eine jener Ungeheuer-
lichkeiten bezeichnet werden, wie sie sich hie und da in der Ge-
lehrtenwelt per traditionem fortpflanzen, aber in ihr Nichts ver-
schwinden, sobald man. etwas skeptisch gegen Citate geworden,
solche im Original vergleicht. Wo steht denn bei Josephus a, a.
O. etwas von dem Tempel^ Wo etwas von »liegen«? Viel-
mehr redet er von einem vaoc ohne Artikel , d. h. von einer
»Halle« 2) und von einem haben, nicht von einem liegen,
d. h. Josephus denkt nicht im entferntesten an eine topographi-
sche Lage des l'alastes im A erhältniss zu einem andern Stadt-
theil. sondern an eine Ijokalität innerhalb des Palastes selber.
Man lese nur die Worte des Josephus im Zusammenhang. Er
beschreibt den salomonischen Palast, indem er Kön. I, 7 vor
Augen hat. Dabei geht er dem Urtext folgend vgl. Thenhis zu
d. Stelle, von aussen nach innen. Zuerst beschreibt er den vor-
deren Theil des Palastes, parallel zu Kön. I, 7, 1 — 5. Darauf
fährt er fort: sTspcic os oixoc r^v sv [xsaoi xcttot oAou toü TrAatouc te-
T7.Y!J-£voi, TSTpa-j'cuvo;. sopo: izr^yßyj TO'.ctxovra, avrr/pu; iywv vaov,
-T/i-Ji ar-JÄou avaTSTaixsvov r^v ok iv «ut(o l^iopa ma-[jz~r^c, ev f|
y.alisl^oixivoc o ßaa'.Äsu; IxpiVcV. Das ist die fast wörtliche Über-
setzimg von Kön.I. 7, 6. 7. »lUnd die Säulenhalle iD"'"I^')25ri ob^X)
machte er 50 Ellen ihre Länge imd 30 Ellen ihre lireite und
eine Halle (ob'iX vor derselben und Säulen mid Schwellen vor
1 Hibellexikon III, Beilage.
2 So richtig schon Lewin, the Siege of Jerusalem p.262, doch hier ohne
weitere Begründung.
201
denselben und die Thronhalle, woselhst er richtete ; die Gerichts-
halle i'JEir'En □b'^St) i^edeckt mit Cedern.« Man sieht. Josephus
hat übMü. (o Halle«) das eine Mal mit vao; , das andere Mal mit
E^EÖpa übersetzt. Der vao? ist also eine Lokalität innerhalb der
zweiten Abtheilnniy des Gesammtpalastes. Wie Avenig dabei Jo-
sephus an eine topographische Bestimmung gedacht hat, zeigt
zum Lberfinss der Beisatz -a/svi stuXoi; avaTizaaivov , »durch
dicke Säulen getragen«. ' Auf eine Lokalität jener Abtheilung
des salomonischen Palastes konnte das Wort um so eher über-
tragen werden , als sie die s^sopa in sich schloss . wo der König
als Richter, somit als Stellvertreter Gottes fungirte. Damit
glauben Avir dieses wunderbarliche Argument für immer beseitigt
zu haben.
Nach unserer obigen Schlussfolgerung haben Avir also eine
dreifache Abstufung von oben nach unten : den Platz des Tem-
pels, den des salomonischen Palastes, und durch diesen begrenzt
die Stadt David' s. Diese Abstufung Aveist uns Aom Tempel aus
nicht nach Norden — denn dorthin geht es von dem Tempelplatz
zur Antonia anfAvärts -) — . vielmehr Averden Avir auf die Südseite
gewiesen.
Dabei Avird sich durch eine Aveitere sehr natürliche Combi-
nation nacliAveisen lassen, dass der salomonische Palast, Avie süd-
lich vom Tempel, so doch in der Nähe desselben — also Avie Avir
aus allem schliessen, auf einem ehemals vorhandenen niedrigeren
Absatz des heutigen Haräm — und gegen Osten , in der Rich-
tung aiif den Kidron zu, gelegen haben muss. Wir finden näm-
lich Nehem. 3, 25 vergl. Aveiter unten) auf der Ostseite der
Stadt erAvähnt ))einen Thurm. der herausgeht von dem oberen
Könio:shause « , mit dem Beisatz miüisn iSJnb "it'X = »im Hofe
O T T - ~ - -: ~ •-• -;
1) Den nicht klassischen Gebrauch des Wortes vao? hat JosEPHUs von
den LXX. Diese brauchen vao; häufig für ^="r7. — so für das AUerheiligste
r^'Zt^ br'^n, Kön. I, 6, 35. 7, 50; dann wo ^="17. den Tempel überhaiii)t be-
zeichnet, Jeu 24, 1 ; Ps. 5, 8; Chron. II, 3, IS; auch von dem Heiligthum
in Silo Sam. I, 3, 3 und A'on dem Himmel als Wohnung Gottes Ps. 11,4. IS, 7 ;
sodann vom Palaste des Königs Ps. 45, 1(5: r^-z hz-Ti vvö; ßaai/.eio; , und
Dan. 4, 2(5 : sr^rb-? br-^n br ir.l tw v/w tt,; :yj.z0.zi.ai 7'jtoj. In Kön. I,
7, 7 behalten die LXX cbflx (aEXa;^. bei, Avie auch anderSA^'o, z. B. EzEcn. 4().
41 passim. Dagegen Chron. II, 8, 12. 15, 8. 29, 7. 17 übersetzen sie cbj^if.
mit vaö?.
2) Vgl. das Nivellement der Umgebung der Antonia bei VON ALTEN
ZDPV. I, Tafel VI, ls78.
202
des Gefängnisses«. Der Beisatz beAveist, dass wir unter dem
Hause des Königs die eigentliche Residenz, nicht, -wie Bertheau
zu dieser Stelle müI, irgend ein Regierungsgebäude zu verstehen
haben; denn Jerem. 32, 2 lesen wir. dass der Prophet gefangen
war rn^T^"! 1\b)2 n-»? -im nntaiab nsrnn, »im Hofe des Gefäng-
nisses im Hause des Königs von Judau. Wir erfahren ferner aus
Kön. I. 10, 16. 21. 14, 16, dass im salomonischen Palast die
goldenen Schilde und andere Kostbarkeiten auflicAvahrt wurden,
wie auch Jes. 22 , 8 von einer Rüstkammer [nesc/iek] im Hause
des Waldes "l^DJl n"^3 pTT;; redet. Ist es nicht natürlich . mit
dieser Rüstkammer [neschek] die Stufen des «Rüsthauses« Piib^'ö.
'^i:iT\ — wiederum der Ausdruck tiescheh — welche nach Neu.
3. 19 auf der Ostseite sich befanden, zu combiniren? Wenn
Thexius zu Kön. I, 7, 2 und Ewald (Geschichte des Volkes
Israel 2 III, p. 341) ein doppeltes »Rüsthaus« annehmen, und zwar
der erstere ein zweifaches auf dem Südwesthügel, der zweite eines
auf diesem und ein ZAveites auf dem Ophel , so Verstössen sie da-
mit gegen das Gesetz der Sparsamkeit, welches bei solchen
solennen geschichtlichen Bezeichnungen wie neschek ohne die
dringendste Noth Vervielfältigung verbietet. Für die gefundene
Lage des salomonischen Palastes spricht ferner die schon berührte
Geschichte der Athalja; diese wurde getödtet Kön. II, 11, 16.
Chron. II, 23, 15 tjb/Gn iT^n D'^p^GH S"a)3 tj"!"!, »am Weg des
Kommens der Pferde in das Haus des Königs«, und nach V. 20
»in dem Hause des Königs«, d. h. in seiner Umgebimg (wie
richtig Thenius) . Nun findet sich Neh. 3, 28 »ein Rossthor«
D'^010 "Wt Dieses »Rossthor« will Thexius (und ihm folgend
Keil. . weil er den Palast Salomo's auf den Südwesthüi^el ver-
legt, zu einem i n n e r s t ä d t i s c h e n Thore , zwischen dem Süd-
westhügel und Moria, machen — eine pure Unmöglichkeit, wenn
Neh. 3, 26 von einem Wasserthor gegen Morgen am Ophel
die Rede ist. und man im V. 29 sich wiederum an einem Ost-
thore. niTTSn "'yü. d.h. an einem auf der Ostseite der Stadt ge-
legenen Thore. überhaupt mit der ganzen Umgebung der VV. 2S.
29 auf der Ostseite des Tempels befindet und endlich bei Jerem.
31, 40 liest: »Bis an den Bach Kidron, bis zur Ecke am Rossthor
gegen Morgen, soll dem Hen-n heilig sein« (D*^C^D *i?t[J PSB 13?
rr^TlSri; . Mit uns stimmt hier auch Bertheau überein. Die nächst-
liegende Annahme wird mm immer die sein, dass das Rossthor
203
seinen Namen daher hatte, dass es der nächste Weg znm könig-
lichen Marstall war. Jedenfalls hat Joskpuüs die Sache so aufge-
fasst Antiq. IX. 7. :^. Er verlegt die Todtung der Athalja an den
Kidron: »Joas befahl sie in das Kidronthal hinabzuführen und dort
zn tödten«. und fährt dann fort: »Sie führten sie zum Ihore der
königlichen Maulthiere -uh-q ttov f^ixiovojv toü ßaaiAsw;) und
tödteten sie daselbst.« Die Angabe Kon. II. 11. 20. die Athalja
sei im Hause des Königs getödtet worden, mid die des Josephus,
dass sie in den Kidron hinabgeführt worden sei, wird sich wohl
vereinigen lassen, da die erste so viel ist, als in der Umgebung
des Königshauses, und Josephus nicht sagt, sie sei in die unter-
ste Tiefe des Kidron hinabgeführt worden. Jedenfalls ist deut-
lich, dass Josephus den ))\yeg des Kommens der Kosse zum
Königshause« mit dem »Thor der Maulthiere« ^= »Kossthor«) und
die Tödtung der Athalja in der Umgebimg des Königshauses mit
dem Kidron nur dann combiniren oder richtiger das eine für das
andere setzen konnte, wenn nach seiner Auffassung die königl.
Residenz nicht auf dem Südwesthügel, westlich vom Tyropöon.
sondern irgendwo auf dem östlichen Hügel und gegen den Ki-
dron hin . ohne Zweifel auf der Südseite des Tempels und zAvar
in der Nähe des Rossthore? gelegen war.
Kehren wir zu der Stadt Davids und dem Hause David's
zurück, so finden wir dieselben erwähnt bei Nehemia in der Be-
schreibung des Mauerbaues und des Chorumgangs 3. 12. Vorher
2j 13 — 16 beschreibt Nehemia seinen ersten nächtlichen Umritt
um die Stadt. Über den Ausgangspunkt desselben, das Thal-
thor, können bloss Vermuthungen aufgestellt werden. Sicher ist
ziuiächst nur. dass Nehemia von Westen herkommt, an der Süd-
seite der Stadt herum und von Süd nach Nord durch den Kidron
ibnss , Luther : ))]>ach«j hinaufgeht. Einen festen Anhaltspunkt
bietet in dieser Eoute das »Quellthor« ''t'^S'T\ "i^TÖ . welches bei der
Siloahquelle, von welcher es den Namen führte . gelegen haben
muss. Lag es aber bei dieser, so lag es am Avestlichen Rande der
Südspitze des üphel. Denn man beachte wohl und mache sich
deutlich, was man meistens nicht gehörig ins Auge gefasst hat.
dass die Siloahquelle nichts anderes ist, als die Ausmündung des
von der Marienquelle her quer durch den Ophelrücken in der
Richtung gegen SSW. hindurch gegrabenen unterirdischen Ka-
nals. Daraus folgt, dass da> Uuellthor nur am Südwestrande des
204
Ophel. nicht am Ostiande des Südwesthügels sitiiirt sem konnte.
Denn zwischen den beiden Hügehi liegt die zn alter Zeit tiefein-
gefurclite Schlucht des Tyropöon. Mit Beziehnng darauf heisst
es von dem von Westen herkommenden Xehemia : »Ich ging hin-
über znm Quellthor«. Das Quellthor ist der Punkt, zu dem er
gelangte, nachdem er hinüber gegangen war, nämlich über das
Tyropöon — so dass das Quellthor auf die Ostseite des Tyropöon,
an den Westrand des Ophel zu stehen kommt.
Die gleiche Richtung (zuerst vom Tempel als Ausgangs-
punkt nach West , dann um den SAV. -Hügel herum) von West
nach Ost ist eingehalten Cap. 3, in der Beschreibung des Mauer-
baues. Wie 2 , 13. 14 folgen auch 3, 14. 15 das Thalthor, das
Mistthor imd das Quellthor a\ifeinander. Nach dem letzteren
werden sodann Y. 15 — 17 cler Eeihe nach aufgezählt 1 die
Mauer des Teiches der Wasserleitung schaelah oder nach anderer
Punktation schilöah) ; 2; »die Stufen, welche herabgehen von
der Stadt David's«; 31 ein Stück Mauer «bis gegenüber den Grä-
bern David's« T^l"! "'"^Sp Tu:' ; 4) ein Stück Mauer bis zum
»Kunstteiche« n'^'nTCyn nsian); 5) ein solches bis zum »Haus der
Helden !D''-1'i35n P-^S) .
Indem wir auf diese Verse genauer eingehen , fragt es sich
zuerst, ob V. 15 bei der Mauer des Teiches der Wasserleitung
zum Königsgarten die topographische Ordnung eingehalten ist,
d. h. ob dieses Mauerstück unsere obige Nr. 1] in der Aufein-
anderfolge von Quellthor und Mauer der Wasserleitung vor oder
nach dem Quellthor zu setzen ist. Da bei dem ganzen übrigen
Mauerbau die Beschreibung die topographische Aufeinander-
folge einhält, so wird es wohl auch bei diesem Verse der Fall ge-
Avesen sein, d. h. die Mauer der Wasserleitung wird in der Kich-
tung von West nach Ost, oder von Nordwest nach Südost nicht
vor das Quellthor, sondern nach demselben zu setzen sein.
Gleichwohl will Bkrtheau') hier eine Ausnahme machen. Er
meint, das Stück, welches in der Beschreibung nach dem Quell-
thor genannt wird (unsere obige Nr. 1), sei to])ographisch vor
demselben, d. h. zwischen dem Mistthor \ind dem Quellthor zu
suchen. Es werde zuerst die Hauptarbeit, der Bau des Quell-
thors, dann wie nachträglich die geringere Arbeit, Ausbesserung
des Mauerstückes, aufgeführt. IVgrüudet wird diese Annahme
1) Die Bücher Esra, Nechemia und Ester (1802 , p. li.i.
205
dadurch , dass , Avenn dieses Mauerstück erst nach dem Quell-
thor zu setzen wäre, die Mauer zwischen Mistthor und Quellthor
gar nicht erwähnt würde. Allein dieses Stillschweigen, welches
seinen Grund wohl in dem Umstand hatte, dass das übergangene
Mauerstück keiner Ausbesserung bedurfte •], kann doch gegen
die sonstige Festhaltung der topographischen Keihenfolge un-
möglich ins Gewicht fallen. Die Unterscheidung zwischen
Haupt- und Nebenarbeit ist nicht von Beweiskraft , weil bei dem
Mangel an Anhaltspunkten im Text kein Mensch sagen kann,
was bei dieser Mauerresta\iration Haupt- und Nebenarbeit war.
SchAvierigkeiten macht die Lage dieses Mauerstücks nach dem
Quellthor nur bei der Vorausetzung , dass man die Stadt und
die Gräber David' s, Avelche in der Beschreibung des Nehemia un-
mittelbar nachher genannt sind (unsere obigen Nm. 2 und 3) auf
dem Südwesthügel zu suchen habe. In der That aber werden Avir
eben für diese, Avie wir sogleich sehen Averden, bei Nehemia auf
den Ophel hingewiesen. Dann kann , Avenn AAir festhalten , dass
in der Beschreibung des Mauerbaues bei unseren obigen Nrn. 1
bis 3 die topographische Reihenfolge eingehalten sei, die Rich-
tung der Mauer, welche vom Quellthor an am Teich der Wasser-
leitung zum Garten des Königs hinzieht, von der Quelle aus nicht
nach Norden , sondern nur nach Süden oder Südosten gehen —
aus dem uuAvidersprechlichen Grunde , Aveil auch in Jerusalem
das Wasser bergab , nicht bergauf zu fliessen pflegt. Nebenbei
erfahren wir hier, dass auch der Königsgarten südlich vom Ophel
lag (dieses gegen Thrupp) , dessgleichen der Teich der Wasser-
leitung südlich von der Quelle, Avie ja der Abfluss der sogenann-
ten Siloahquelle noch heutigen Tages südAvärts dicht am Ophel-
felsen A^orbeigeht.
Befand sich nun das Quellthor, wie oben gezeigt, am Rande
des Ophel auf der Ostseite des Tyropöon , so wird auch die vom
Quellthor an südwärts ziehende Mauer am Rande des Ophel hin-
gegangen sein. Sie reichte dort bis »zu den Stufen, die herab-
gingeu von der Stadt David's« und bis »gegenüber den Gräbern
David's« — Avoraiis Avir eben den Schluss ziehen , dass die Stadt
und Gräber David's auf dem Ophel, nicht auf dem Südwesthügel,
anzusetzen sind. Wie die Aufeinanderfolge der Mauertheile , so
r Vergl. Keil, Biblischer Commentar über Chronik, Esra, Nehemia und
Esther (isTO), p. 521, not I.
Ztschr. d. Pal.-Ver. lU. j5
206
verweist V. 16 der Ausdruck »gegenüber (l^!?) den Gräbern Da-
vid's« auch diese auf den Ophel. Dieses »gegenüber« wird von
Bertheau a. a. O. als ein Gegenüber den angeblich auf dem
SW. -Hügel gelegenen Davidsgräbern genommen. Das ist aber
ganz unmöglich. Denn zwischen jener am südlichen Ophel sich
hinziehenden Mauer und dem Südwesthügel befand sich das
Tyropöon. In der ganzen Beschreibung des Mauerbaues aber
V. 10. 19. 23. 25. 28. 30. 31 bedeutet das »Gegenüber« nicht
ein Gegenüber . welches über ein Thal hinüberreicht , sondern
eine Lage von aussen nach innen , unmittelbar hinter der Mauer
innerhalb der Stadt. Daraus folgt, dass die Gräber David's un-
mittelbar hinter, d. h. innerhalb der am Ophel hinziehenden
Stadtmauer , folglich an oder auf dem Ophel selbst sich befun-
den haben. Der gleiche obige Grund spricht gegen die Annahme
Lewi>.''s, welcher wohl einsieht, dass der Mauerbau bei Neuemia
um den Ophel herumführt, aber die »Stadt David's« ganz Jeru-
salem gleichsetzt und , um das zu erklären . die Gräber David's
in den alten jüdischen Grabstätten bei dem Dorfe silwän an der
Ostseite des Kidron finden will. Wenn nach Chron. II, 26, 23
Usia begraben Avurde bei seinen Vätern »im Feld« des Begräb-
nisses der Könige , so beweist das keineswegs , dass , wie Lewin
will, die Könige ausserhalb der Stadt über dem Kidron drüben
begraben wurden, sondern nur, dass Usia als Aussätziger nicht in
den königlichen Gräbern selbst, wohl aber in der Nähe begraben
wurde. Wie endlich daraus, dass lierodes die Öffnung des Gra-
bes David's, dessen Schätze er plündern Avollte, bei Nacht vor-
nahm und alle Vorsicht dabei traf, um nicht in der Stadt gesehen
zu werden (Jos. Antiq. XVI, 7,1 folgen soll, dass das Grab
ausserhalb der Stadt gelegen habe , vermögen wir nun gar nicht
zu verstehen. Alles Gesagte trifft ja ebensogut oder noch viel
besser zu bei einer Lage innerhalb des Stadtumkreises.
Halten wir nun die Stadt David's und die Königsgräber,
weiterhin auch das »Haus der Helden« V. 16 (nach einleuchten-
der Vennuthung Lewin's identisch mit dem »Thurm David's
mit Brustwehr gebaut, daran tausend Schilde hangen und allerlei
Waffen der Starken« Hohes Lied 4, 4) als auf dem Ophel liegend
fest, nehmen wir dazu, dass die Beschreibung der Mauerrichtung
von dem Quellthor gegen Süd und Südost geht, werden wir
(s. oben) V. 25 ff. auf den Ostabhang des Ophel an der Tempel-
207
Hache gegen den Kidron hingefülirt, so ist doch kein anderer
Schhiss mögHch, als dass auch die zwischenlif^gende Mauer-
strecke, deren Aufbau V. 17 — 24 beschrieben wird, am ostHchen
Ophel von Süd nach Nord bis zum Königshause und zur Tempel-
fläche hinaufging. Thenius meint zwar i) , der üphelrücken sei
gar nicht Avieder ummauert worden uiul zwar, weil die dortige
Stadtmauer von den Chaldäern gar nicht zerstört gewesen sei.
Eine in jeder Hinsicht unhaltbare Annahme; denn die Zerstö-
rung ist nicht nur an sich höchst »wahrscheinlich« , sondern aus-
drücklich durch Nehem. 2, 14. 15 (bnr3 »im Bach«, nämlich dem
Kidron) bezeugt. Gerade vom Quellthor an war die Passage
durch heruntergestürzte Trümmer so gesperrt, dass Neheraia nur
zu Fuss und zwar den Kidron hinauf weiter konnte. Wenn nun
The>*ils zugesteht, dass doch 3, 27 ein T heil dieser üstmauer
des Ophel erwähnt Avird , so ist es unmöglich zu denken , dass
nicht die ganze Mauer sollte Avieder hergestellt Avorden sein. Es
ist gcAviss nicht richtig, mit Thenius das Nehem. 3, 20 — 25 Er-
wähnte auf den Südwesthügel , das Folgende aber auf die Ost-
seite des Ophel zu verlegen, ohne dass der Text über diesen Orts-
wechsel Andeutungen an die Hand gäbe, ja Avährend die Be-
schreibung zusammenhängend fortläuft und mit dem stets
AA-iederholten T''iri.^, »nach ihm«, an einander hängt. Die Prie-
ster, Leviten und der Hohepriester Aveisen ohnedies auf die Nähe
des Tempels . Avas ganz gut auf den nördlichen Theil des Ophel
oder den südlichen Theil der Tempelfläche passt. Denn wenn es
freilich an sich nicht unmöglich Avar, dass sie ihre Wohnung auch
auf dem SüdAvesthügel haben konnten, so spricht doch die grösste
Wahrscheinlichkeit dafür , dass sie in ihrer Masse sich anbauten
möglichst in der Nähe des Orts ihrer Funktionen, d. h. des
Tempels .
L nter Voraussetzung des von uns gcAvonnenen Resultats lässt
sich nun auch erst der Umzug des südlichen der beiden Ein-
Aveihungschöre Nehem. 12, 31 ff. recht verstehen. Der Ausgangs-
punkt der beiden Züge ist nicht genannt ; für den südlichen, der
für uns allein in Betracht kommt, sind als Stationen crAvähnt das
Mistthor V. 31. und das Quellthor V. 37. Nachdem das Quell-
thor erreicht Avar (V. 37), Avird fortgefahren: »Sie stiegen hinauf
1) Die Gräber der Könige Judas in Illgen's Zeitschrift für histor. Theo-
logie 1S44, p. 21.
15*
208
a'15;. gerade vor sich, die Stufen der Stadt David's auf dem Auf-
gang an der Mauer über dem Hause David's und bis zum Was-
serthor« am Heiligthum) . Diese Worte werden von Thenius
und mit einigen Ab-sveichungen auch von Bertheau und Keil so
interpretirt : Sie zogen am Ostrand des SW. -Hügels hin und gin-
gen erst oben ganz nördUch an der Südwestecke der Tempel-
fläche über das Tyropöon zum Tempel hinüber. Das D'lM V. 37
■wird dabei von Thenius (Gräber der Könige p. 2t) so gefasst : Und
bei dem Quell thor und zwar, als dieses »vor ihnen« war, d. i.
noch ehe sie an dasselbe kamen , »stiegen sie hinauf auf die Stu-
fen zur Davidstadt«, d. h. nach Thenius auf den Südwesthügel.
Thenius meint dabei, die Zionsmauer (d. h. die den Südwest-
hügel von AVest nach Ost und dann am Westrand des Tyropöon
hinauf nach Nord umgebende Mauer) habe an ihrer Südostecke
keinen für den Chorzug geeigneten Mauergang gehabt ; darum
habe der Zug die Mauer vor dem Quellthor verlassen und sei
den SW. -Hügel gegenüber dem Quellthor hinaufgegangen — das
Ganze, mit aller Achtung vor dem verdienten Gelehrten gesagt,
doch nur eine scharfsinnig künstliche Interpretation, hervor-
gegangen aus der falschen Voraussetzung von der Lage der
Stadt David's auf dem SW. -Hügel. Wie wird ein verständlicher
Schriftsteller, um aiiszudrücken, man habe das Thor nicht er-
reicht, schreiben, man sei zu ihm ibv) hingekommen oder an ihm
vorübergezogen ( Wie kann D'lM (»gerade vor sich«) ohne irgend
einen Beisatz heissen : »als sie das Thor sich gegenüber hatten«,
und dieses bedeuten : » ehe sie das Thor erreicht haben « .' Das
Aväre doch fast geredet nach dem Grundsatz jenes Diplomaten,
dass die Sprache den Menschen gegeben sei, seine Gedanken
nicht zu offenl)aren, sondern zu verbergen. Die natürliche Auf-
fassung des Textes führt auf etwas anderes. Zu den Worten
"{■»yri n?tD byi, »und zum Quellthor«, ist das Verbum aus dem A'or-
angehcnden zu ergänzen ; sie schliessen sich an das Ende von
V. 31 niETTitn nycb und V. 32 f-fb^l, so dass der Anfang des V. 37
so zu übersetzen ist: »Sie gingen zum Qucllthor«, d. h. sie zogen
am Quellthor oder über dem Quellthor vorüber, nicht : sie kehr-
ten, ehe sie es erreicht hatten, um, sondern : sie gingen an dem-
selben weiter, nämlich die Stufen der Stadt David's hinauf. Dass
dieses der Sinn der Präposition by ist, eine wirkliche Errciclnmg
des Thors und ein Vorübergehen an dem erreichten Thor, ersieht
209
man aus dem wiederholten Gebrauch der gleichen Partikel in
gleichem Sinn (l?T?n"5y, in der Beschreibung des nördlichen
Chorzugs V. 3S und 39. Ist das richtig, so wird auch mit den
folgenden Worten nib^'a "b? 'iby D'^ä:! nicht etwas beschrieben,
was vor dem mit den Worten "iiyn nyiT b?"! Bezeichneten, son-
dern nach demselben stattfand, d. h. der weitere Weg des Chor-
zugs in derselben Richtung wie 3, 15, s. oben. Das D'^ä: wird
ohne ZAveifel nicht nach Caspari bedeuten »parallel mit sich«
(d. h. parallel mit dem vorherigen Weg auf dem SüdAvesthügel, was
sprachlich unmöglich) , sondern richtig von Bertheau als «gerade
vor sich, gerade aus« (Jos. 6, 5 und Amos 4, 3) genommen, d. h.
geradezu nördlich mit Verlassen der Richtung nach Osten — nur
dass Avir den Zug nun nicht mit Thenius und Bertheau den
8üdAvesthügel , sondern den Ophel hinauf gehen lassen. Fehlte
es nämlich an der östlichen Ophelmauer an einem für den feier-
lichen Chorzug praktikabeln Mauerweg, so stieg man, mit einiger
Abweichung von der Mauer, die sich so angemessen darbietenden
Stufen der Davidstadt hinauf und zog. um der geweihten Erin-
nerung willen, über den Platz, wo ehemals der Palast David's
gestanden hatte. Unmöglich kann angenommen Averden, dass
bei dem Chorumzuge der ganze Ophelrücken sei bei Seite gelas-
sen worden. Das widerspräche der ganzen Bedeutung dieser
Chorzüge. Es sollte ja ein Dankfest für das Gelingen des ganzen
Werks der Mauerherstellung sein. Wie war es möglich, dabei
einen so wichtigen Theil der Stadt völlig zu übergehen , dessen
Bedeutung für das altisraelitische Jerusalem schon aus der Ver-
sorgimg mit Wasser durch mehrfache Kanalisation erhellt ! Für
die von Thexii s und Bertheau angenommene Übergehung des
Ophel bei dem Chorumzug wird geltend gemacht, dass für das
gleichzeitige Eintreffen der beiden Chöre am Tempel auch gleiche
Dimensionen und darum für den südlichen eine A'erkürzung des
Wegs durch Auslassung des Ophels erforderlich gewesen sei.
Dabei wird als Ausgangspunkt das Thalthor genommen xmd die-
ses mit dem jetzigen Jafathor identificirt. Allein im Texte ist
der Ausgangspunkt eben nicht genannt, die Identität des Thal-
thors mit dem Jafathor ist blosse A'crrauthung; das Thalthor
kann ebensogut auf der Südseite des SW. -Hügels gelegen haben.
als auf seiner Nordwestecke; denn auch auf der Südseite war
das »Thal« (ii'jiari) . Endlich aber, was die Hauptsache ist, und Avas
210
jeder Blick auf die Karte zeigt, von der Siloahquelle den Ophel
hinauf bis zur Ostseite des Tempels ist es nicht -weiter, sondern
näher als an dem Ostrand des Pseudozion hinan nnd oben über
das Tyropöon herüber zur Ostseite der Tempelfläche.
Scheint so nach Nehemia die Lage der Stadt, des Hauses
und der Gräber David's auf dem Ophel gesichert, so glauben wir
über die Lage der Gräber David's noch Genaueres ermitteln zu
können. Bilden nämlich die Nehem. 3, 15 — 25 angegebenen
Punkte »Quellthor«, »Teich der Wasserleitung«, »Stufen der Stadt
David's«, »Gräber David's«, »Kunstteich«, »Haus der Helden«,
»Aufstieg zum Rüsthaus« u. s. w. eine fortlaufende Reihe, so ha-
ben wir damit eine Beschreibung des ganzen südlichen und öst-
lichen Umfangs des Ophel von der Siloahquelle an bis zur Tem-
pelfläche. Nun läuft der Ophel südwärts in eine ziemlich schmale
Spitze aus. An seiner Südwestecke liegt die Siloahquelle. Gehen
wir am Teich Siloah vorbei, so werden die Stufen. Avelche von
der Stadt David's herabgehen, auf den Auslauf des Ophel an sei-
ner Südseite fallen; von dort herab geht auch der nächste Weg
zu des Königs Garten. Da die Gräber David's erst nach diesen
Stufen genannt sind, so werden wir sie auf die Ostseite der Süd-
spitze des Ophel verlegen müssen ; der Kunstteich, das Haus der
Helden u. s. w. bilden sodann die weiteren Stationen am Ostrand
des Ophel hinauf. Die genannte Lage der Gräber David's wird
nun bestäsigt durch eine ZAvar apokryphische, aber sehr alte No-
tiz^). Im Chronicon paschale (ed. Dufrene p. 155) wird erzählt,
wie der Prophet Jesaia den Märtyrertod erduldete. Dem Tode
nahe empfindet er heftigen Durst, und zur Erfüllung seines Ge-
bets entspringt die Quelle Siloah. Nun heisst es weiter: TcÄr^at'ov
aoTov (den Jesaia) tou iliAwatj. söa'jiav s-iitöX«); xat euoo^ox: . iva
ota Tuiv cu/(uv oiuTou (oaai)T(oc iyiooi tr^v cii~oXr/.oiiv xoh uoatoc — Ejti
0£ To ~6.'^ot e/o[x£va); Tou TOC'^ou Tojv ßaaiXsdJV, ö-iaDsv toü Ta<pou täv
'louoai'mv stti to p-spo; to irpoc votov. ^oXoii-wv yap eTcoi'vjas touc Tacpooc
TOÜ Aaoto, öiaypa'liot; xaTa Ta; avaroXa; tt^v ^ituv, tjti; iyzi sioooov
7.7:0 l'aj37.a)v ixTjV.otkv xr^^ ttoXscjdc aTaoiwv sr/oai, d. i. »Sie begruben
den Jesaia nahe am Siloah , damit sie durch seine Gebete auch
den Genuss des Wassers hätten. Es ist aber das Grab angren-
zend ^£/otx£V(o;) an das Grab der Könige hinter 07riat)£v = west-
1) Auch von Thenius benutzt, Gräber der Könige p. 38 — 40.
211
Avärts) dem Grabe der Juden auf der Südseite. ])enn Salomo
machte die Gräber David's, indem er den Sion ostwärts durch-
grub.« (Die folgende sonderbare Angabe über die Entfernung
von Gabaon berührt uns hier nicht. Ohne Zweifel hat Thenius
darin Recht, dass diesem Bericht eine hebräische Quelle zu
Grund liegt, sowie dass das »hinter« (oiriaösv) als Übersetzung des
hebräischen "inS oder '^"ini? im Sinne von »westlich« zu nehmen
ist, nämlich westlich von den Gräbern im südlichen Theil des
Kidron, wo das heutige Dorf Silwän grösstentheils in, unter und
auf alten Felsengräbern erbaut ist. Unrichtig scheint er uns da-
gegen das otaypa'^ac durch »er bestimmte den Ort dazu an der
Ostseite des Zion« zu übersetzen. Es ist vielmehr hellenistische
Übersetzung von ppn im Sinne von »graben«, wie LXX Jes. 22,16:
£'Yp7.'J>a; asauTOi £v Trstpa oy.r^y>r^v. Dann ist zu übersetzen : »indem
er an der Ostseite denZion durchgrub«. Unrichtig ist aber ferner
die Beziehung dieser Stelle auf den SüdAvesthügel. Thenius
meint nämlich , das Grab des Jesaia werde an dem Rande des-
selben gegenüber der Siloahquelle gewesen sein, indem sich dort
der Eingang zu dem nach der Tradition weiter oben innerhalb
des Pseudozion gelegenen Grabe David's befunden habe. Allein
abgesehen davon, dass von diesem Eingang bis jetzt nichts auf-
gefunden Avorden ist , passt schon die Angabe nicht , dass das
Grab des Jesaia auf der Südseite gelegen habe. Denn der von
THE>rius angenommene Eingang zum Grabe David's liegt weder
auf der Südseite des Pseudozion, überhaupt nicht auf der Süd-
seite der von Thexius vorgeschlagenen Lage des Davidgrabes,
sondern von beiden ostwärts. Ferner wenn das Grab des Jesaia
von jener Legende in die Nähe der Quelle Siloah gesetzt wird,
so muss, da diese Quelle dicht am felsigen Abhang des Ophel
liegt oder vielmehr nichts anderes ist, als die Ausmündung des
durch den Ophel hindurch gegrabenen Kanals, auch das Grab
des Jesaia am Ophel gelegen haben, nicht auf dem durch die
Thaleinsenkung des Tyropöon scharf abgetrennten Südwesthü-
gel. Endlich konnte das Grab des Jesaia nur dann zugleich in
der Nähe des Siloahquells und in unmittelbarer Nähe (s/oaivtoc)
des Grabes David's liegen, wenn letzteres in der Nähe des Quells,
nicht aber durch eine Schlucht von ihm getrennt war. Das findet
statt bei der von uns nachgewiesenen Situation der Gräber Da-
vid's. Lag der Quell an der Südwestecke, das Grab David's auf
212
der Südostecke des schmalen Ophelausläufers, so konnte das Grab
des Jesaia südlich (ro [xspo; to Tzpoc votov) und zugleich in der
Nähe der Königsgräber liegen. Dass die von uns angenommene
Lage des Grabes David's auch den jüdischen Gräbern in Sihvän
gegenüber ist. zeigt der Augenschein. Endlich bemerken wir,
dass hier in der Tradition, welche jedenfalls in die älteste christ-
liche Zeit zurückgeht, der Name Zion auf den östlichen Hügel
angewendet wird i).
Stellen wir die Ergebnisse der bisherigen Untersuchungen
zusammen, so sind sie diese:
1) Keine der beiden Benennungen Zion und Stadt David's Avird
in den kanonischen Büchern in irgend eine Verbindung mit
dem Südwesthügel gesetzt.
2) Zion ist ursprünglich die Jebusiterburg. dies ist der vorisrae-
litische Gebrauch des Namens. Den Israeliten war diese
Bedeutung desselben verloren gegangen, daher er von dem
Geschichtsschreiber erklärt wird durch den Zusatz : das ist
Davidstadt.
3) Diese Erklärung des Namens der Jebusiterburg kann in zwei-
fachem Sinne genommen werden, entweder so, dass beide
1) EzECHIEL 43, 7 — 9 lesen wir: »Das Haus Israel wird fürder nicht mehr
meinen heiligen Namen entweihen, sie nicht und ihre Könige nicht, durch
ihre Hurerei, durch die Leichen ihrer Könige bei ihrem Tode, da sie ihre Schwelle
an meine Schwelle und ihren Thürpfosten neben meinen Thürpfosten setzten
und nur eine Mauer zwischen ihnen und mir war — so werden sie nun ihre
Buhlerei und ihre Königsleichen von mir entfernen.« Daraus ist von Cas-
PARI , Thrupp und Lewin geschlossen worden, die Königsgräber seien auf
dem Osthügel in der Nähe des Tempels zu suchen. Allein gewiss richtig
bemerkt Ewai.d : »Es folgt, dass manche nicht alle) Könige ihre Gräber
auf das Tempelgebiet gesetzt halten.« In der That passen die Worte des
EzECUiEL nur auf die abgöttischen Könige (»Hurerei«) , nicht auf die frommen
Könige, wie David. Von mehreren der abgöttischen Könige wird berichtet,
dass sie nicht in der Stadt David's begraben wurden. »Manasse wurde be-
graben im Garten an seinem Hause , im Garten Ussa« ; in demselben auch
Amon. Kön. II, 21, 18. 2(). Es war also ein Garten am Königspalast unter-
schieden von den südlich vom Ophel liegenden königlichen Gärten. Chron. II,
33, 20 heisst es geradezu: »Sie begruben ihn in seinem Hause«, nach den
LXX ; "in dem Garten seines Hauses«. Über Ahas berichtet Chi-on. II, 28, 27,
dass er nicht in den Gräbern der Könige Israels begraben worden sei. — Ps.
48, 3 ist zu unsicherer Erklärung, um für unsere Frage benutzt zu werden.
Jedenfalls aber ist die Übersetzung : »Zion an der Mitternachtseite der Stadt
des grossen Königs« sowohl alt als philologisch möglich.
213
als einfach identisch mit einander gesetzt werden nnd die
dadurch bezeichneten Lokalitäten räumlich einander decken,
oder so , dass ])avidstadt einen grösseren Stadttheil be-
zeichnet . innerhalb dessen die Jebusiterburg sich befand,
welcher sich wohl nach der Einnahme durch David von sel-
ber ausgedehnt hat. AVir entscheiden inis für das zweite,
als sich selbst ergebende Wahrscheinlichkeit, und nehmen
an , dass unter Davidstadt der ganze Ophelrücken befasst
werde, die Jebusiterburg aber nur einen kleineren, aus den
Andeutungen der kanonischen laudier nicht näher bestimm-
baren Tlieil desselben eingenommen habe.
4) Die Stadt David's (sammt dem Haus und dem Grabe David's)
lag auf dem östlichen Hügel , also südlich vom Tempel und
niedriger als derselbe.
5) Der Palast Salomo's wird unterschieden von der Davidstadt,
bildete die nördliche Grenze derselben, lag nicht auf dem
südwestlichen, sondern auf dem östlichen Hügelrücken, höher
als die Davidstadt, niedriger als der Tempel, südlich von
letzterem (ohne Zw^eifel auf dem südöstlichen Theil der jetzigen
Harämfläche) . In keiner Weise findet sich eine Andeutung,
welche mit dem salomonischen Palast und der Stadt David's
auf die Nordseite des Tempels führt.
7) Dass der vorisraelitische Gebrauch des Namens Zion sich
verlor, erklärt sich leicht geschichtlich dadurch, dass der
Name Davidstadt für die Israeliten solenn wurde. In wel-
cher Weise die spätere Übertragung des Namens Zion auf
den Tempelberg sich vollzog, darüber kann man nur "N'er-
muthungen aufstellen. Das Wahrscheinlichste dünkt luis,
dass nachdem der jebusi tische Gebrauch des Namens ver-
lassen w^ar, die Bezeichnung zunächst auf den ganzen öst-
lichen Hügelrücken (Moria-Ophel) sich übertrug und sodann
auf den geweihtesten Theil desselben, die Tempellokalität,
noch enger sich fixirte, wie wir es zur Zeit der Makkabäer
vorfinden .
(Zweiter Artikel im nächsten Heft.)
In welche Gegend der AViiste Avurde der Sündenbock
geführt?
Von Baurath C. Schick in Jerusalem,
Unter den Anordnungen für die Feier des grossen Versöh-
nungstages Lev. 16 befindet sich auch die Vorschrift, über zwei
Ziegenböcke das Loos zu werfen und so einen für Jahve. den an-
deren für Asasel*) zu bestimmen. Der erstere Avurde als Sünd-
opfer des Volkes dargebracht; auf den Kopf des anderen legte
der Hohepriester vor Jahve seine Hände , bekannte auf ihn alle
Sünden der Gemeinde und Hess ihn durch einen geeigneten
Mann in die Wüste bringen, »dass also der Bock auf sich alle
ihre Schuld in wüstes Land trage« (V. 8 — 22) . Es liegt nnhe zu
fragen, wohin dieser Bock vom Tempel in Jerusalem alljährlich
am grossen Versöhnungstage geführt worden sei. Die nächste
Wüste liegt oifenbar im Osten von der heiligen Stadt, und man
greift sicher nicht fehl, wenn man den Ort. wohin dieser Bock
gebracht Avurde, nach dieser Seite hin sucht. Allein diese »Wüste«
ist von beträchtlicher Ausdehnung; alles Suchen in derselben
würde wohl vergeblich sein , wenn nicht in der Mischna nähere
Nachrichten über den Transport dieses Bockes uns erhalten
wären. Die betreffenden Stellen aus dem Seder Moed, Tractat
Joma'^ lauten folgendcrmassen : C'ap. IV. 2: (Der Hohepriester]
band ein scharlachfarbenes zungenförmiges Stück Zeug an den
Kopf des wegzusendenden Bockes und stellte ihn an den Ort,
1 Luther hat fälschlich Aaasel durch »lediger Bock« übersetzt. Levit.
16, 8 muss 88 heissen »dem Asasel«, V. 10 »das Loos für Asasel . . . und lasse
den Bock für Asasel in die Wüste«, V. 2(> »der aber den Bock für A.sasel hat
ausgeführet". Asasel ist wahrscheinlich der Xame eines Dämons der "NVüste.
D. Red.
2 Mischna, ed. SlREXHUS Amsterdam lüfl!) II, p. 22(i ff.
215
von Avo er furtgeschickt werden sollte. Ein anderes zimgenförmi-
raiges Stück Zeug band er an den Nacken des zu schlachtenden
Bockes .... Cap. VI, 2 : Er ging zu dem Avegzusendenden Bocke
und legte beide Hände auf ihn und bekannte und sprach
3 : Er übergab ihn demjenigen, der ihn führen sollte . . . 4 : Und
man machte für den dem Asasel bestimmten Bock eine Steige
(erhöhten Weg; wegen der Babylonier , Avelche ihm die Haare zu
zu])fen und zuzurufen pflegten : Mach, dass du fortkommst ! Die
A oiTiehmen eJerusalem's begleiteten ihn bis zum ersten Zelt : zehn
Zelte waren zwischen Jerusalem und sük^]] 90 rJs (die ganze
Entfernung), 7^2 ^'^^ machen eine (römische) Meile 2). 5. An
den einzelnen Zelten sprachen sie zu ihm (dem Führer des
Bockes! : hier ist zu essen und zu trinken . und begleiteten ihn
von einem Zelt zum andern , ausgenommen vom letzten ; denn
niemand ging mit ihm bis nach sTilf. sondern sie blieben von ferne
stehen und sahen zu, was er machte. 6. Was machte er? Er zer-
theilte das scharlachfarbene zungenförmige Stück Zeug. Die eine
Hälfte befestigte er an dem Felsen, die andere zwischen die Hör-
ner des Bockes und stiess ihn rückwärts, so dass er ins Eollen
kam und hinunterstürzte. Und ehe er die Hälfte des Abhangs er-
erreicht hatte, war er in Stücke zerschellt worden. (Der Führer des
Bockes kam und blieb in dem letzten Zelt, bis es finster Avurde . . .
S . Man verkündigte dem Hohenpriester : Der Bock hat die Wüste
erreicht. Aber woher wussten sie, dass der Bock die Wüste er-
reicht habe ? Sie hatten Warten errichtet und winkten mit Tü-
chern: so erfuhr man. dass der Bock die Wüste erreicht hatte.
R. Jehuda sagt: Man hatte ja auch ein sicheres Zeichen: von
Jerusalem bis nach bet hadudü Avaren drei Meilen; sie gingen
eine Meile und kehrten zurück und AA^arteten noch eine Meile
und Avussten dann , dass der Bock die Wüste erreicht hatte.
R. IsMAEL dagegen sagt : Galt ihnen nicht Aiclmehr etwas
Anderes als Zeichen i Ein scharlachfarbenes zungenförmiges
Stück Zeug war an die Thore des Tempels befestigt; sobald
nun der Bock die Wüste erreicht hatte, Avurde dieses Aveiss,
1 Sük ist sonst im Hebr. Appellativwort; es bezeichnet einen steilen Ab-
hang. D. Ked.
2 Darnach ist ein r'is fast soviel als ein Stadium ; denn auf eine römische
Meile werden S Stadien gerechnet. D. Red.
216
Denn es ist gesagt : Wenn eure Sünden wie Scharlach wären,
sie werden weiss werden wie Schnee.« i,
Mit Beziehung auf diese Angaben der Mischna hat Lieiite-
nant C. R. Conder^i den Ort. wo der Bock hinabgestürzt wurde,
in dem Berge muntär nachzuweisen gesucht. Ich habe jenen Ar-
tikel mit grossem Interesse gelesen, kann jedoch der Meinung
Conder's nicht ganz zustimmen und erlaube mir, im, Folgenden
meine abweichende Ansicht darzulegen.
Den Ausdruck Wüste kann man auf das Land östlich von
Jerusalem in weiterem und engerem Sinne anwenden. Viele
lassen die »Wüste Juda« gleich hinter dem ()lberg und Bethanien
beginnen. Ahnlich scheint R. Juda in dem aus der Mischna oben
mitgetheilten Satze die Sache anzusehen , wenn er sagt , dass bis
het hadüdü — dieser Punkt muss doch in der Wüste , wohin der
Bock gebracht werden sollte , gelegen haben — von Jerusalem
drei Meilen seien. Doch entspricht das nicht der eigentlichen
Beschaffenheit des Landes. Wie ein Blick auf die Karte lehrt ^l,
dehnt sich das C'ulturland noch einige Stunden ostwärts von Je-
rusalem auf dem Abhänge des Gebirges aus. Wenn sich auch
heut zu Tage nur wenige noch bewohnte Ortschaften finden, wie
z. B. el- azarlje und ahu dls, so werden deren doch in alten Zeiten
mehr gewesen sein. Wird doch heute noch das Land in der Nähe
der E-uinenstättcn angebaut ! Die eigentliche Wüste beginnt erst
mit den Kreidebergen . der zweiten Abstufung des Gebirges.
Während nämlich die oberste Stufe nur wenige Kreidekuppen
hat, z. B. den Olberg, den Berg des bösen Rathes, den Bethle-
hemberg u. a. , hat die zweite ein ausgedehntes Kreidegebirge,
Avelches, wie Coxder mit Recht dartluit. im dschebel muntär
kulminirt. Dasselbe gewährt mit seinen zahlreichen Rinnsalen
und Thälem und dazwischen liegenden scharfen schmalen Rücken,
namentlich von hohem Standpunkt aus gesehen, einen ganz
eigenthümlichen Anblick. Alles ist weiss; von Vegetation ist
fast nichts zu entdecken. Das Wenige, was von derselben vor-
1) Vgl. Jes. 1, 18. — Die Übersetzung nach d. Original vgl. v. d. Red.
2i Quarterly Statement ISTÜ, p. I(i4 — ItiT: On the mountain of the
scape-goat.
3; Siehe Tafel I dieses Bandes: Das Land zwischen Jerusalem und dem
todten Meere untersucht und aufgenommen vom K. W. Baurath C. Schick
in Jerusalem 1879.
217
handen ist, dient mir dazti , das Bild einer vollen Wüste etwas
malerischer zu machen. Der muntür selbst , besonders seine
Westseite bedeckt sich zur Regenzeit mit etwas Grün, da die
Hänge nicht so steil sind; die niedrigeren und mehr ausgewa-
schenen Gegenden bleiben völlig kahl.
Auf diese Gegend passt die Entfernung, welche die Mischna
für den W^eg von Jerusalem nach sük angiebt , nämlich zwölf
(römische^ Meilen. Die begleitenden vornehmen Juden durften
an jenem hohen Festtage nicht mehr gehen als einen Sabbather-
weg weit; die einzelnen Zelte werden also stets einen Sabbather-
weg von einander, bez. das erste von Jerusalem, entfernt ge-
wesen sein. 1) Nur das letzte Zelt lag noch einmal soweit von
dem Orte siik ab ; daher folgte der Begleiter dem Bocke und
seinem Begleiter auch nicht bis zum Ziele , sondern beobachtete
sein Thun von der Ferne. Nach Apostelgesch. 1, 12 ist der Öl-
berg, oder nach Luc. 24, 50 ein Punkt ostwärts vom Gipfel nach
Bethanien zu, von Jeiiisalem einen Sabbatherweg entfernt.
Nimmt man diese Entfernung zwölf Mal, also 12 Sabbather-
wege, so gelangt man gerade in die Mitte der soeben beschrie-
benen Kreide wüste. 2) Es führen dorthin zwei alte Wege. Der
südlichere folgt anfangs dem Kidronthal, steigt aber bald die
Höhe hinauf über ehalt et-t'm oder feil et-fin und führt zum
dschebel muntär und südöstlich Aveiter zum Berge mert. In der
zweiten Hälfte durchschneidet er eine Gegend, in welcher einige
Male der Name sak sich findet ; hlr es-sük . icZidi es-sük. hurdseh
sahl sük. Diesen Namen combinirt Coxder mit dem sük des
Talmuds. Er schreibt — nach dem verstorbenen T. Drake, Mit-
glied der englischen Yermessungsexpedition — sUk. nicht snk
und meint , der Wechsel von s und s komme häufig vor und sei
kein Hinderniss , jenen alten und diesen neuen Namen für iden-
tisch zvi halten. Er erblickt daher in blr es-sük die Stelle des
1) Nicht dieselben Männer bildeten daf? Geleit von Jerusalem nach den
einzelnen Zelten , sondern die Männer des ersten Zeltes gingen mit bis zum
zweiten , die des zweiten bis zum dritten u. s. w. Vor dem Versöhnungstage
schon waren die einzelnen Zelte besetzt worden.
2) Hiernach muss ein Sabbatherweg ungefähr einer römischen Meile
entsprechen; denn da 71/2 ris auf eine römische Meile gehen, so beträgt die
in Frage stehende Strecke zwölf römische Meilen = 90 m, s. oben). So
rechnen auch die Commentatoren MAlMONUiES und Bartenor.v, Mischna
ed. SuKENUUS II, p. 240. D. K.
218
letzten Zeltes und im dschehel muntZir den Ort, wo der Bock hin-
abgestürzt wurde. Gegen diese Ansicht habe ich mehrere Be-
denken. Zunächst hat der muntar gar nicht so steile Wandungen,
wie der fragliche Ort nach der Mischna gehabt haben muss.
Ferner liegt die Gegend , an welcher der Name suk haftet , noch
nicht in der eigentlichen AVüste ; endlich geht es nicht an , den
Namen sük mit dem letzten Zelt in Verbindung zu bringen , da
der 13ericht der Mischna das letzte Zelt von dem Orte sük aus-
drücklich unterscheidet.
Der nördlichere in die eigentliche Wüste führende Weg
scheint dagegen an einen durchaus passenden Ort zu bringen.
Es ist der Weg, welcher über Bethanien [el-azartje] in ziemlich
gerader Linie nach Osten geht , in die schmale Ebene westlich
von der eigentlichen Wüste hinab- und dann zur hlr ez-zarra a
und den zerstreuten und spärlichen Ruinen von het hudeclTin hin-
aufsteigt. Hier steht man plötzlich am Rande der Kreidewelt
und sieht in einen Abgrund hinab . jenseits dessen sich der hohe
Kreidekegel tantlir hudedim erhebt. Nach dieser Stelle ist meiner
Meinung nach der Bock gebracht , von hier wurde er hinabge-
stürzt. Dieser nördliche Weg ist gerader als der südliche; er hat
ebenfalls Cisternen, ja kleine Ortschaften zur Seite gehabt. Von
der Höhe bei bet liüdedün konnte man sehr Avohl beobachten,
wenn der Führer des Bockes diesen nach irgend einem der Fel-
senabhänge oder gar nach dem tanflir hudcdTin hinaufführte und
dann hinunterwarf. Ferner ist in dieser Gegend , in den jetzigen
Namen bot oder darbet hudedim — spärliche Ruinen von einsti-
gen Häusern und rothes Ackerfeld — wadi hudedTm — das
Hauptthal dieser Berggruppe und fan(tir hudedTm ohne Zweifel
das alte in der Tradition des R. Jehuda erwähnte bet hadlidü ')
erhalten. Dasselbe ist dort Bezeichnung des Ortes, von welchem
der Bock hinabgestürzt wurde. Nur herrscht keine Überein-
stimmung in der Entfernung. Nach R. Jehuda soll bet hadüdü
drei römische Meilen von Jerusalem liegen, das heutige bet hiide-
dün ist aber etwa zwölf römische Meilen \Ki\\ Jerusalem entfernt,
also gerade soweit, als sonst die Mischna den fraglichen Ort sühp)
1) Es liegt nahe, das hadüdü der Mischna mit dem Hiob 41, 22 vorkom-
menden S''-i"nn zusammenzubringen; dieses Wort bedeutet »Spitzen«. Dann
würde wohl richtiger haddüdü zu schreiben sein. D. Red.
219
(oben p. 215) in die AVüste hinein verlegt. Da also die Angaben
der Misckna selbst gegen die von R. Jehuda angegebene Ent-
fernung sprechen , so ist wohl in der letzteren ein Irrthum zu
vennuthen.
Die Meinung C. R. Conder's, welcher das Verdienst hat,
zuerst diese Frage aufgeworfen und beantwortet zu haben, wollte
ich durch Obiges weniger bestreiten , als vielmehr genauer be-
stimmen. Will man einmal einen Berg haben, so ist an den tan-
tür hüdedü». nicht an den muntär zu denken.
Zusatz der Redaction. Den von Herrn Schick gegen die An-
sicht Conder's p. 21S geltend gemachten Bedenken ist noch das
weitere hinzuzufügen, dass die beiden Wörter mli und aüh sprach-
lich nichts miteinander zu thun haben und daher nicht identifi-
cirt werden können. — Herr Prof. Fkaxz Delitzsch schreibt
mir in Bezug auf Obiges : Hienach ist die Lesart "jlTin T^l für
ITnn ri"^! , welche die Drucke des jerusalemischen Talmud bie-
ten, ein Fehler, und die harmonistische Bemerkung des dortigen
Glossators , dass R. Jehuda nur den Anfangspvmkt der Wüste
angebe und die übrigen Meilen die Entfernung von da bis suk be-
treffen, ist unbrauchbar. Das Zusammentreffen des nur einmal im
Talmud vorkommenden "niin T"'! mit het chirbet hucledtm macht
obige Combination unzweifelhaft. Auf der richtigen Fährte war
schon J, Schwarz, das heilige Land (1852) p. 109 f. Anmerkung.«
Beiträge
zur Palästinakunde aus ueuereu jüdischen Quellen.
I. und IL
iMitgetheilt von Dr. M. Steinschneider in Berlin.
Vorbemerkung.
Obwohl bereits vor 40 Jahren Ztxnz in seiner Abhandlung über
die geographische Literatur der Juden ^] verschiedene edirte und un-
edirte Schriften aufgezählt hat, welche sich in einer oder der anderen
Weise mit dem gelobten Lande beschäftigen, so ist doch meines Wis-
sens von dieser Literatur wenig zu näherer Kenntniss gebracht wor-
den. Hat doch Tobler's Bibliographie dieselben grösstentheils unbe-
achtet gelassen, wie man aus den bald erscheinenden Nachträgen der
Herren Röhricht und Meisnee. ersehen wird , in welche manche Be-
richtigung und Ergänzung zu ZuNz aus meinem Catalogus librorum
hebr. in Bibl. Bodleiana (Berlin 1852 — 60) und anderswoher aufge-
nommen ist, etwa 70 bis 80 Niimmern, die bei Tobler fehlen. Aller-
dings hat die Reise- und Gräberliteratur einen leider unberufenen Be-
arbeiter gefunden in E. Carmoly, dessen Itineraires de la terre sainte
(Bruxelles 1847), theilweise nicht direct aus dem Hebräischen über-
setzt (s. meinen Catal. p. 2695), an Ungenauigkeiten, Erfindungen und
masslosen Plagiaten aus Zünz leiden. Nach einer anonymen hebräi-
schen Schrift, welche in Venedig 1636 erschien, gab ich die Geschichte
einer folgenreichen Calamität Ende 1624 unter der Überschrift: »Statt-
halterwirthschaft in Jerusalem« in der Sammelschrift »Sippurim«, her-
ausgegeben von Pascheles, Bd. IV, 1856 p. 49 2).
Die nachfolgenden Mittheilungen sind zwei Schriftchen entnom-
men, welche jedenfalls zu den äusserst seltenen gehören. Ich gebe sie
nach Excerpten, welche ich vor 30 Jahren aus den Originalen in der
Bodleianischen Bibliothek gemacht. Ihre Genauigkeit kann ich also
jetzt nicht controliren, namentlich einige in Nr. I vorkommende Druck-
1) Englisch übersetzt von A. AsHEii im|II. Bd. des Benjamin of Tudela.
IJas deutsche Original fast unverändert abgedruckt in ZuNZ , Gesammelte
Schriften, Bd. I, Berlin 187.5.
2) Vgl. über einen darauf bezüglichen Hymnus mein Werk: Polemi-
sche und apologet. Literatur in arabischer Sprache, Leipzig 1877, p. 384.
221
fehler und incorrecte Umschreibiingen von Fremdwörtern und Namen.
Da über beide Schriftchen das Nöthigste im oben erwähnten Catalog
gesagt ist, so folgt hier nur eine äusserst kurze Angabe.
Bei der Auswahl des Stoffes habe ich hauptsächlich das Cul-
turhistorische und Historische von allgemeinerem Interesse im
Auge gehabt, doch auch Einiges aufgenommen, was die Glaubensge-
nossen der Verfasser, welche für jene schrieben, insbesondere betrifft.
Ich glaubte Derartiges auch hier nicht streichen zu müssen, da gerade
über die Juden in Palästina in den letzten Jahrhunderten nur sehr
dürftige Nachrichten bekannt sind und neuere Reisende auf diese Be-
wohner Rücksicht nehmen, ohne ihre Vorgeschichte zu kennen *). Aus
der ersten Schrift, welche eigentlich in die rituale Literatur gehört,
habe ich fast nur den ersten Abschnitt wiedergegeben, welcher genaue
Angaben über die Reiserouten und deren Kosten in der Mitte des
XVII. Jahrhunderts enthält.
Was das Verhältniss meiner Mittheilungen zu den Originalen be-
trifft, so habe ich nur einzelne Stellen wörtlich wiedergegeben, mei-
stens auf eine gedrängte Inhaltsangabe mich beschränkt. Letztere habe
ich schon in Oxford aus dem hebräischen Originale der zweiten Schrift in
deutscher Sprache abgefasst und nur wenige Textstellen notirt, die ich
erst jetzt übersetzte. Der Verlockung zu Erläuterungen und Anmer-
kungen habe ich nicht nachgegeben, bei den Lesern dieser Blätter viel-
mehr eine gewisse Kenntniss vorausgesetzt, welche jene überflüssig
macht. Ich bemerke nur noch, dass ich den Werth meiner Mitthei-
lungen nicht überschätze, aber den gegönnten Raum nicht verschwen-
det zu haben fürchte.
Berlin, im April 1880.
I.
Aus Darke Zion IT^S '^Dl'l) von Mose ben Israel Naftali
Porjes (Mose Präger).
Das Schriftchen (Bibl. Oppenh. 1267 Qnart) erschien mit
hebräischem nnd jüdisch -deutschem Titel 4« ohne Ortsangabe
(wahrscheinKch Frankfurt am Main) 1650, ist aber sonst durch-
aus in jüdisch-deutscher .Sprache abgefasst (CataL Bodl. p. 487
Xr. 3226 und Addenda) . Es beginnt: )iHört mir zu, Männer und
Weiber, das lässt enk [altdeutsch für euch] wissen Mo sehe
Präger der Schreiber.« Pforte (Abschnitt) I: fisn n^-^n ny«
über die Reise nach dem heil. Lande, beginnt (Bl. 2) mit der l}e-
merkung: Wo »Thaler« angegeben wird, ist ein Löwen thaler
i; Der 1. Theil einer Geschichte der jüdischen Gelehrten in Jerusalem
seit dem XVI. Jahrhundert u. s.w. von Arje Loeb Frumkin, betitelt ".-X
bxiniL', erschien in AVilna 1874 (XX, 124 pp).
Ztschr. d. P;il.-Ver. HI. jg
222
{"["h-J in'^b) gemeint; rotl [büSli ist als Gewicht 5 deutsche Pfund,
als Maass l \ '2 Prager Pint (Pinte , Nössel i . Ein rotl hat 1 2 Un-
zen, eine Unze 75 Dirhem. Ein Paia (iniS) ist eine .Silbermünze,
wovon 3 soviel als 2 Batzen ^r^^)' ®"^ Löwenthaler hat 30Paras
(D^-lB sie).
In einem Wagen für drei Personen zahlt man von O f en nach
l^elgrad 6 Thaler; es sind 9 Tagereisen. Von Belgrad his So-
phia (S?i"'2'nri pp) zahlt man für drei Personen ebenfalls 6 Thaler,
ebensoviel von dort bis nach Adrianopel und von dort nach
Constantinopel. Man thut am besten die Gelegenheit gleich
von Ofen bis dahin zu nehmen, damit man nicht unterwegs »Zu-
fuhren« jllS 12, so getrennt, wie oft im Jüdisch-Deutschen) be-
kömmt.
Eine andere Route von Adrianopel bis nach der Gemeinde ')
Klein Rhodus, türkisch i^l^TU^Äil , können drei Personen für
4 Thaler machen.
Aon Wien bis Sophia gelten 4 Ungarisch B Kreuzer (im Text
Druckfehler 15<';2 «"^l ; lies Töbs ^''''11 ; abs (»Bild«) für Kreuz
mit der deutschen Endsilbe, noch heute in Gebrauch bei unge-
bikbjten Juden in Süddeiitschland \ind Osterreich) . Eine Münze
heisst spanische 80 Kreuzer, soviel als 80 polnische Groschen;
diese gelten einen Reichsthaler, auch in Jerusalem. Die Löwen-
thaler gelten unterwegs eben so gut wie in Jerusalem. Von Con-
stantinopel an und weiter in der Türkei gelten Reichsthalcr nicht
so gut, wie in »diesen Ländern, sogar in Jerusalem«. Alte 'Cp'TTl,
die man in Polen alte Dreier nennt, gelten auf dem ganzen Wege
bis Jerusalem 13^2 einen Reichsthaler, d. h. ein solcher (Dreier)
ist 6 Asper ('IBTÖii), und 80 Aspern sind ein Reichsthaler. Neue
TJ13? ntJ15"'3 (?) gelten 5 einen Reichsthaler bis Belgrad. Allerlei
Dukaten gelten unterwegs 1 0 Kreuzer weniger als in »diesen Län-
dern«. Venetianische Dukaten oder Zechinen T^rp^^S) gelten
unterwegs wie in »diesen Ländern«, müssen aber vollwichtig sein.
Zu Jerusalem gilt eine Zechiue 2 ''2 Löwenthaler. Ein Realthaler
(nb-J bi?'^-'-!) gilt überall, auch in Jerusalem, für einen Reichsthaler.
In Jerusalem gibt es eine Silbermünze Para (ni<"i55S , welche in
Aegypten geprägt wird. Im grossen Rluxhis lü'lSI bekömmt
man 33 Para's für einen Löwenthaler. in Jerusalem 30 für einen
1, Der Verf. denkt an die Gemeinden seiner Glaubensgenossen.
223
Reichsthaler. Kleidungsstücke soll man in Ofen kaufen. Im
Monat Ab (August) soll man in Constantinopel sein, da im ¥Au\
(Sept.) von dort viele Schiffe ausgehen, so dass man billig mit-
kommen kann und. der Natur nach, vor Räubern sicher.
Ein anderer Weg geht von Lemburg (so), wird im Ijjar
(Mai) mit einer Karawane (l'Tl'lp) von Kaufleuten angetreten, bei
welcher man sich aufdingt. »Es sein [sind] etliche gute Leut dar-
auf bestellt.«
A'on Constantinopel nach Jerusalem giebt es zwei Wege.
entweder zu Wasser von dort oder von Klein-Rhodus aus. Die
Person bezahlt bis Gross-Rhodus oder ■'blCliin 1 \^2 Thaler. Man
soll nicht nacliMizrajim (?) dingen, welches »hinter Jerusalem« liegt
u. s. Av. In Gross-Rhodus dingen viele Personen zvisammen
ein Schiff Si'ips^a 0113, welches 25 grosse Ruder hat und vor Räu-
bern ganz sicher ist, wde vor bösem Wind, sich nahe von den
Borden hält und nur einmal Tag und Nacht auf hoher See ist.
Bei der Abfahrt von Gross-Rhodus zahlt Jeder an Steuer oder
Zoll (ODTfl) Y3 Löwenthaler an den Schiffmann, mit Einschluss der
Equipage 4 Löwenthaler bis Joppe (lBi5''i, w'elches eine halbe
Tagereise von Jerusalem entfernt ist. Bei gutem Wind fährt man
von Gr.-Rhodus bis Joppe 6 Tage. Beim Landen muss Jeder
10 (!) Löwenthaler Steuer und einen Löwenthaler der »Compag-
nie« (?) , welche bis Jerusalem mitreitet, bezahlen. Dafür giebt der
Steuereinnehmer jeder Person einen Esel bis Jerusalem. A'on
allem, was AVaare genannt werden kann, muss man Zoll zahlen,
wesshalb man Leinwand in Stücke schneide. Allezeit ist es bes-
ser, sich mit dem Zolleinnehmer, wenn man kann, auszuglei-
chen, damit er nicht besuche (untersuche) und man geplündert
werde. Am Thore zu Jerusalem muss man auf den Vermittler
('jb'imü) warten und zahlt zwei Löwenthaler Steuer.
Danach stellt sich heraus, dass man von Wien nach Jeru-
salem 50 Reichsthaler braucht, von Leniberg aus noch mehr. A'on
Constantinopel aus zu Land braucht man nach Jerusalem 7 Wo-
chen, es sind 350 deutsche Meilen. Von Constantinopel setzt
man nämlich über nach Scutari 1S5I2i:kTÜ siel, wo die Karawane
sich versammelt. Man reitet auf Mauleseln. Jede Person giebt
2 TC'^p;'a"lbp . die einen deutschen Centner wiegen, mit [als Ge-
päck]. Bis .Jerusalem braucht man von dort wenigstens 33 Lö-
wenthaler inclusive Steuer, ausser Zehrung inid anderen einzelnen
16*
224
Ausgaben, wie sonst beim Wandern. Auch kann nicht Jeder das
Reiten wohl vertragen, besonders Frauen, da man die Füsse
»gleich liegen haben muss und der Rücken bricht Einem« aus
Mangel einer Lehne, wesshalb sich Weiber in Constantinopel
eine Sänfte oder einen Stuhl machen lassen sollen, welche man
auf den Esel bindet. Das kostet aber mehr, Aveil dann Jemand
den Esel führen muss. Die jüdischen Gemeinden bis Jerusalem
sind: Angaria, Haleb a5'bi?n, d. h. nntS Dli5 (bekannte Be-
zeichnung für Haleb), Hama, d. i. Hamat, Damaskus d. i.
ein; DISi. Die meisten Karawanen ziehen nicht nach Angaria
und Haleb, sondern unmittelbar nach Hama und Damaskus. Von
Damask kann, wer da will, nach uySITl?, d. i. flBS (^^Safat), und
Sichem und von da nach Jerusalem . oder von Damaskus nach
Sichern; die Kosten sind dieselben, nur muss Jeder zu Safat 2 Lö-
Aventhaler Steuer zahlen, kann aber an vielen Gräbern der From-
men beten.
Die Totalsumme der Landreisekosten von Wien oder Lem-
berg bis Jerusalem beträgt also 100 Reichsthaler
(Bl. 3^j Silber und Gold soll man nicht viel mitnehmen, auch
wenn man reich ist; denn es »macht viel Aufsehen«. Auch ist
Gold in Jerusalem billiger, als ausserhalb des (heil.) Landes.
Auch schöneres Pelzwerk (Futter) soll man nicht mitnehmen we-
gen des Scheines ("J^y fT^iilia) . Gewürz ist in Jerusalem billiger,
nur Muscatblüte sieht man w^enig. Safran ist wohlfeil und nicht
sehr gut, ein deutsches Pfund kostet 6 Kreuzer.
(Bl. 4) Im gewöhnlichen Jahre kostet ein rotl Weintrauben
2 Kreuzer; daraus gewinnt man ^jirotl Wein, d. i. 3 Prager
Seidel, oder auch eine Frankfurter Maass.
(Bl. 4^), Die Leute, Avelche im Hof des Heiligthums Avoh-
nen, wo die Synagoge und 2 Lehrhäuser sind , wohnen beengt
und haben Avenig Wasser; dafür können sie (rechtzeitig) dem
Frühgebete ("^plb D'^l'aiTDj beiwohnen , indem der Hof nach dem
Abendgebet (ail^^tt) geschlossen und erst bei Tage geöffnet wird,
also für andere unzugänglich ist.
(Bl. 5.) Jeder Familienvater (IT'Sn bynj, auch der Arme, der
kein Haus hat, muss 3 LÖAventhaler Kharadsch ('OIH!) bezahlen,
die Hälfte im Sommer, die Hälfte im AVinter. Allerlei Essen und
Trinken ist in Jerusalem vorhanden , aber wenig Geld. Der
Reiche hat alles billig, der Arme verzichtet (»genirt sich«) mehr
225
als in der ganzen Welt, da die Gemeinde viel schuldig ist, be-
sonders seit der grossen Verwüstung (p'lH) in Polen [1648], von
wo sonst etliche Tausend jährlich kamen.
, Pforte II. (lil. 5"^): nbsnn ny©. vom Gebete. Darin führt der
Verf. gegen Anfang und Hl. 7^ an , was er von seinem limder
Gntmann Porjes rT'IIBj^) gehört habe. Aus dieser Abthei-
lung sei nur Weniges hier bemerkt. Die Betenden legen auch
zum Nachmittagsgebete den Betmantel (Talit) und Riemen (Te-
fillin) an; es werden auch Bussgebete (nirT^bo), wie des Morgens,
recitirt. Während des Vorlesens ans der Thora darf Niemand
ein lautes Wort sprechen.
(Bl, 7). Am Gesetzfreudenfeste behängt man die Synagoge
mit den Vorhängen (HDT^B) u. s. w. »Das ist gewiss Gott und
allen Erzengeln fnilUn iDS^b^j lieb.«
Bl. S'' spricht der Verf. von einem Gutachten fpDB). welches
sein Verwandter, »der da ist gewesen ein N a s i (Fürst , Vorge-
setzter) in Palästina, Jesaia Ha-Levi Hur-vvitz« (aus Horowdcz
in Böhmen stammend) , früher Rabbinatsvorsitzender ("lli^) zu
Prag, aus Palästina nach ausw^ärts geschickt hat. In demselben
waren viele Citate aus Talmud und Midrasch beigebracht und
wurde nachgewiesen, dass die Armen Palästina's als »Arme deiner
Stadt« (d. h. Ortsarme] überall anzusehen sind. Eine ähnliche
Deutung hat der Verf. gehört im Namen des Isak Kohen, »der
das teutsch C'humasch hat gemacht« , Schwiegersohn des Hirsch
A. Loeb2 .
Pforte III (Bl. 9=^): 1^'n^br\ nyiU, Pforte des Unterrichts.
Fromme Weiber stehen draussen vor dem Lehrhause, um studiren
zu hören, und lesen deutsche Gebete. Nach dem Abendgebete
studiren alle Mitglieder der Schule (rO'^TD'') die Mischna. — Nicht
w-eit vom Gottesacker sind 2 Löcher in einem Felsen ; man sagt,
eines sei der Eingang in das Gehinnom ^) . Am Grabe Raheis
betet man, predigt . tanzt herum , isst uud trinkt. — Wer zur
Thora gerufen werden soll, bekommt vorher ein silbernes Blech.
1) Dieser Name kommt noch jetzt in Prag als Familiennamen Porges vor.
2) Über diese Personen s. Catal. Bodl. sub voce.
3) Die alte Vorstellung von Eingängen in die Unterwelt lässt sich bei
den Juden bis zum Talmud hinauf verfolgen ; s. die Nachweisungen in der
Hebr. Bibliographie l!5(ll, p. 1U5, wo irrthümlich »Menachem« Porges für Mose
gedruckt ist.
226
Pforte IV: mDTn 'I^TD, Pforte des Andenkens. Anzünden
von Lichtern zur Erinnerung an Verstorbene u. s. w.
II.
Aus Seha'alu Schelom Jerusehalajim {n'^bir:"!"' nbE ibsiTT von
G e d a 1 j a aus Semiecz.
Dieses hebräische Schriftchen erschien auf 16 ungezählten
Blättern in S*', Berlin 1716 mit einer Approbation des Kabbiners
Jechiel MicheV . Der A'erfasser zeichnet sich zuletzt : Gedalja
r^U^^lsrctt (so lies in Catal. Kodl. p. 1003,, »der in Jerusalem
Avar (( .
Über den zu Anfang erwähnten Jehuda, welcher in Deutsch-
land die Ankunft des Messias in Palästina verkündet hatte, ver-
weist Wolf (Bibl. hebr. IV, p. 831) auf Phil. Nie. Lebrecht,
der geistlich todte Jude, p. 9 ff . Vgl. auch Schudt, Jüdische
Merck würd. II, p. 58 — 62.
Das Büchelchen beginnt Bl. 2 : »Am Neumond des Monats
Cheschwan 401 (Herbst 1700) am Mittwoch kam unser Lehrer
Jehüda Chasid der Fromme) mit imserer ganzen Genossenschaft
nach Jenisalem. Der Schwiegersohn des genannten Jehuda hiess
Jesaia. der Arzt der Gesellschaft, Mardochai Molco '? IDb'a^ . Den
folgenden Montag ^also am 6. des Monats starb Jehuda und ein
frommer Mann Namens Salman '^b4b'''^2; beide Avurden zusammen
begraben. 1^1. 2^ wird gelegentlich bemerkt, dass kein Jude in
der Nacht ausgehen darf. Am Ende des Jahres 460 (Spätsommer
1700) wurde die Synagoge erbaut »mit« dem heiligen Hofe, und
darin gegen 40 Häuser mit 40 verkalkten, kein AVasser durchlas-
senden Cisternen (Bl. 3). Drei aufeinanderfolgende Jahre giebt
man gewöhnlich dem vom Sultan nach Jerusalem gesendeten Pa-
scha CCiso!) 500 Thaler, welche »Löwen« genannt werden.
Wenn aber die geringste Vergrössening vorgenommen Avird, wie
es damals der Fall Avar, so kostet das eine besondere Bestechung,
\ind die J\iden müssen das Geld von den Ismaeliten\! gegen Zins
leihen. Dieser Zins Avird Bl. 16^ auf zehn Prozent angegeben.
1 Dieses Wort bedeutet gewöhnlich Muslimen. Der Verf scheint haupt-
sächlich Türken im Gegensatz zu Arabern zu meinen.
227
Bl. 3'' bespricht die Art der Besteuerung von Juden und
Christen, üer Einzug des neuen Pascha, der nach türkischer
Politik jährlich wechselt, kostet Geschenke und Bestechung
(Bl, 4). Vier Füsse eines Lammes oder einer Ziege kosten einen
Para nyiE !;, der so viel ist als 5 polnische Groschen D'^bTlJ). —
Bl. 11 wird als Preis eines Bades ebenfalls ein Para angege-
ben, der beinahe so viel werth sei als ein Kaisergroschen. — Ein
Jude, der einem Araber oder Türken etwas Wein oder Brannt-
wein verkauft, wird als Verführer eingesperrt, mit Leibes- und
Geldstrafen belegt (4^) . Die Juden ziehen Avenig nach Aegypten
hinab, weil die Karawane am Sabbat nicht rastet, «es sei denn,
dass mit dem Eselbesitzer vorher bedungen wird, dass er unter-
wegs am Sabbat warte ; erwartet aber j^auch dann?] nicht Daher
ziehen die Juden von Jerusalem nach Aegypten nur, wenn sie
dazu gezwungen siiul. — Wenige Juden haben Läden für Nah-
rungsmittel, arabisch nboiÄD (!), manche setzen sich in Compag-
nie mit Türken. Einige Juden werden Westländer liiliya "^t^:!!?,
chald. Form für aiyc), in ihrer Sprache »Moriscos« genannt; sie
reden ihre Sprache [spanisch?], auch aramäisch (?!); ihre Klei-
dung ist fast die der Araber, so dass man sie kaum unterscheiden
kann, da auch die Araber den Bart nicht scheeren. . . Sie haben
Esel, ziehen von Ort zu Ort mit Gewürzen und anderen Din-
gen und nehmen dafür Weizen und Gerste und andere Nah-
rungsmittel, welche sie nach Jerusalem bringen und verkaufen.
Damit ernähren sie sich, aber die weitaus meisten sind ami. Die
deutschen Juden können gar nichts anfangen (Bl. 5^. —
Alle Nationen, wie die Israeliten, unterstützen ihre Glau-
bensgenossen in Jerusalem. Schilderung der Speisen Bl. 5^. Je-
rusalem's Lage und Bauart Bl. 7. Es giebt beinahe mehr Chri-
sten (D'^lDy;. als Ismacliten (Türken?) und Araber in Jerusalem.
Arme, Lahme iind Blinde sind von der Kopfsteuer befreit. Der
Einnehmer wartet oft an der Synagogenthür, um die Steuerquit-
tung zu controliren. Manchmal erhält er auch durch Bestechung
vom Oberhaupt der Stadt die Bewilligung zu einer Iläuservisi-
tation. Dann flüchten sich die Armen von einem Stadtthcile zum
anderen (Bl. 7^). — Die Wasserträger rufen: Maja, Maja, das
ist die Übersetzung (D15in) von D'*'!?. »Die Araber sprechen ihre
Sprache aramäisch, das istTargum« (!)i), aber verdorben, nicht
1) So heisst bekanntlich die aramäische Übersetzung der Bibel.
228
■wie es im Targum geschrieben Avird. Daher ist das Verständniss
auch dem Gelehrten asn TTabn schwer, auch desshalb, Aveil sie
mit Geläufigkeit (oder Schnelligkeit, nSTTon) sprechen Doch
kann der Gelehrte leicht das ihm Notlüge erlernen, z. li. etwas
auf dem Markte zu kaufen u. dgl. (Bl. S). Die Araber nennen
den Richter Dajjän, das ist Targum von 122110. Sie reden nämlich
in der Sprache des Targum. Die Ismaeliten nennen ihn in ihrer
Sprache "^Ip (sie! Lies kädi. Bl. S^). Die Einnehmer ("»SaÄ) der Pa-
lästinagelder im Auslande (ynfi<b nsin mögen darauf achten,
dass kein Pfennig verloren gehe, insbesondere dass man von den-
selben nichts an Prediger und Cantoren gebe, welche von
Stadt zu Stadt umherreiseu, um sich zu ernähren. Denn die Be-
wohner Zions vertiefen sich in die Lehre (Thora) und haben
nichts, sich zu ernähren (Bl. 9'').
»Es ist bekannt, dass mein Bruder, der im ganzen Königreich
Polen berühmt ist, ein Jerusalemer, ausgezeichnet in der heiligen
Genossenschaft des Sittenpredigers Jehuda Chasid Levi, allge-
mein genannt Mose Semieczer (lTi:t:i"''ayD) , mit seinen Ge-
nossen den »Weinberg von den Dornen« gereinigt, nemlich von
Chajjim Mal' ach und dessen Genossen, so dass nur Getreide
ohne Spreu geblieben« (Bl. 9^)^).
Über die Höhle [Grabhöhle?] des Nicodemon (iTa-^lpS«) ben
Gorion und des Kalba Sabua hat der Verfasser von denen, die
dort [wo?] waren, AVunderdinge gehört, will aber nichts davon
schreiben, weil er nicht mit eigenen Augen gesehen
(Bl. lO'')-^!.
Bl. 11 fmit rabbinischer Schrift gedruckt) handelt von He-
bron etc. Im J. 466 (1705/6) fiel eine ganze Woche Schnee (Bl. 12*).
Bl. 13'^ spricht von den Trachten und Kleiderfarben; grüne oder
gelbe dürfen nur die »Ismaelitenc tragen. »Die Araber sind gegen
die Juden absolut feindlich □■^"ni2!^ D'^yTDl) und thun den Juden
auf offener Strasse Unbill (nyül sie) an. d. h. wenn der Ismaelit
1^ Ich kenne keine Quelle über diese Streitigkeit. — Ein Raphael Chaj-
jim Mal'ach (Angeli] lebte 17S1, s. HS. Almanzi44, II Vessillo, her-
ausgegeben von iServi, 1879 p. 307.
2; Über Nicodemon 8. Talmud, Tract. Gittin f. 5G'', Taanit 19, Ketubot
65», 06'^ Abot de-Kabbi Natan Kap. ü. Über Kalba s. Talmud, Gittin f. 56.
Im Index zu Carmoly, Itineraires de la terra sainte p. 559, wird unter «Kalbe
so!, Schebua" p. 376 angegeben, wo aber derselbe nicht vorkommt.
229
oder mich der Araber ein in der .Stadt angesehener Mann ist. so
Avird er dem Juden, den er anf der Strasse trifft, kein Leid zufü-
gen ; aber das Zusammentreffen mit den »Kleinen« (inihedenten-
den Personen) ist dem Israeliten ein Übel. Denn es ist demselben
nicht gestattet, die Hand gegen die Nation der Ismaeliten zu er-
heben, und die Araber haben dieselbe lleligion (ni'öS? . wie die
Ismaeliten. Wenn ein solcher einem Israeliten einen .Schlag
giebt. so geht dieser mit ]>itten [davon], wagt aber nicht zu wi-
dersprechen, damit er sich nicht eine grössere Tracht l*rügel zu-
ziehe ; denn er ist in den ATigen (des .Schlägers] verachtet. .So
benehmen sich die Sefaradim [spanisch-portugiesischen Juden],
welche schon daran gewöhnt sind. Die deutschen Juden aber,
welche noch nicht gewöhnt sind , von den Arabern Schläge zu
dulden, fluchen ihnen, wenn sie deren .Sprache verstehen, oder
springen mit Zorn auf dieselben los inid erhalten mehr l^rügel.
Allerdings wenn ein angesehener Ismaelit dazu kommt, schilt er
den Araber und jagt denselben von dem Juden Aveg oder wartet,
bis der Jude seines Weges geht. Auch die ünbeschnittenen
(Christen) leiden solche Unbill (..mb^n Dnb TiJi) . Erzürnt ein Jude
einen Ismaeliten, so haut ihn dieser zur Schmach mit dem .Schuh
an seinem Fusse in grausamer Weise, und niemand rettet ihn aus
seiner Iland. Eben so geschieht den Unbeschnittenen, über-
haupt sind die Unbeschnittenen in gleichem Exil Unterdrückung) .
nur haben sie sehr viel Geld, weil man ihnen aus allen
Ländern solches schickt. Sie bestechen also durch Geld und
wehren die Ismaeliten ab; die Juden, die nicht viel Geld zur Be-
stechung haben, sind daher etw as grösserer Unterdrückung aus-
gesetzt.«
Im Jahre 1703 empörten sich die ]^)ewohner Jerusalem's gegen
den Pascha. Als dieser nämlich einmal die .Stadt verliess. schlös-
sen sie die Thore und Hessen ihn nicht wieder ein. Er spannte
seine Zelte rings um die heilige Stadt aus. durfte dieselbe aber
nicht mit Pfeilen beschiessen , während die Einwohner ihn be-
schiessen durften. .So blieb es mehrere Wochen, so dass die
Noth in der eingeschlossenen Stadt überhand nahm , und man
hielt dieselbe aus Furcht noch geschlossen, nachdem er schon
abgezogen war. Auch zog man viele Araber als Hülfe in die
Stadt. Im folgenden Jahre kam der Nachfolger des l^ascha, der
ebenfalls mehrere Wochen vor der Stadt lag . bis man sich dahin
230
einigte, dass er nur in Begleitung von drei Dienern anf einen
einzigen Tag in die Stadt ziehen sollte , nm die Steuern einzu-
nehmen, und so -wurde es gehalten bis ziim J. 1705, -während man
heim Sultan vorgab, dass nur des Pascha' s Gewaltthaten und Er-
pressungen den Widerstand verursachten und keine Empörung
beabsichtigt sei. Im Winter des Jahres 466 (1705/6) kam ein
neuer Pascha mit starker Macht. Die Jerusalemer zerfielen unter-
einander, da eigentlich nur ein Fürst, den man nakih nennt , mit
seiner Partei den Widerstand veranlasst hatte. Seine theihveise
aus Furcht ihm zugefallenen Anhänger fielen von ihm ab , die
Angesehensten der Stadt begaben sich nach der Davidsburg
(TlT b'^^'53. -wohin der Sultan ge-wöhnlich die Besatzung legt, da-
mit sich die Stadt nicht empöre ; aber die l^esatzung selbst pflegt,
nachdem sie mit den EinAvohnern bekannt ge-worden. abzufallen).
Der nalfih blieb in seinem , ebenfalls hohen , befestigten Hause.
Man beschoss sich gegenseitig, bis auch letzterer versprach, sich
vor dem Pascha zu beugen. Dieser schrieb an jene Angesehenen,
den Rebellen nicht ent-wischen zu lassen ; -wer ihn lebendig an
den Sultan ausliefere, -werde durch ein grosses Geschenk belohnt
-«erden. Das Schreiben fiel aber in die Hand des naklb, -welcher
daher mit 300 Haupträdelsführern in der Nacht entfloh. Der ein-
ziehende Pascha aber )■> plünderte mid zertrat« D^"i1 C'Sn), Hess
nicht Einen unberaubt , sogar die ihm als reich bekannten Juden
sperrte er ein und zwang sie zvi grosser Geldbestechung. Als
Vorwand vor dem Herrscher (Sultan :') hiess es, sie seien Kebellen.
Es kam mni vom Herrscher ein neues Heer , um in der Stadt zu
bleiben und -v\eiteren Aufstand zu verhindern Hl. 14).
»Eine -wunderbare Geschichte in Jerusalem.« Ein neuer
l^ascha , ein wahrer Bösewicht , legte den Juden und Christen,
sogar theihveise 'den Muslimen, neue Erschwerungen auf. Den
Juden verbot er das Tragen Aveisser Gewänder am Sabbath , das
Eisen an den Sohlen der Schuhe. Die Gewinde (Turbanbefesti-
gungen .') des Kopfes sollten schwarz sein und die Turbane
□"'"D'^D; hoch, damit man jede Nation erkenne. Die Juden,
Avelche in den Dörfern miter den Ismaeliten umhergehen, hatten
sich nämlich der niedrigen Turbane , wie sie diese tragen, be-
dient; ebenso selbst die deutschen Juden, wie sie die Jeruschal-
mijjim aus Jerusalem Kommenden in )> diesen l^rovinzen« (in
231
Europa; haben. Da die nciiverordneten Kopfl)edeckiingeu fehl-
ten, so konnte man nicht ausgehen. Auch sollten die Jiiden
stets vor den Ismaeliten nach links ausweichen; noch andere
schwere Verordnungen (mniTSi) wurden erlassen, durch welche
die Juden »zum Spott und Gelächter unter den Völkern Avurden« .
Die Araber gingen absichtlich nach links voriil)er 'Hessen die
Juden rechtSy und horchten auf den Fusstritt wegen des verbo-
tenen Eisens. Dies geschah nach dem Wochenfest. Vor Purira
war zufällig ein Hund an den Ort des Heiligthums (der Moschee)
gekommen. Der Pascha befahl daher, alle Hunde zu tödten,
und setzte eine Belohnung auf die Erlegung eines jeden , so
dass die Huiidejäger selbst wie die Hunde überall umherliefen.
Wenn sie aber einem Juden oder Christen begegneten, so zwangen
sie ihn, den todten Hund (den sie eben bei sich hatten) aus der
Stadt hinaus zu tragen. Die Christen jedoch, wie oben bemerkt,
halfen sich durch Geld, und so zwang man den Juden, der sich
auf dem jüdischen Markt befand , den auf dem christlichen
Markte getödteten Hund aus der Stadt hinaus zu schaffen. Einst
musste ein Jude sogar mehreremal hintereinander für verschie-
dene Araber dies Geschäft verrichten. Die Juden hielten sich
daher möglichst viel zu Hause und wagten kaum, ihre nothwen-
digsten Einkäufe zu machen. Der Verfasser befand sich mit
mehreren anderen Juden in der Mühle , um Passahmehl zu be-
sorgen , als man hörte , dass die Araber todte Himde auf der
Strasse schleppten. Die Juden blieben also in der Mühle einge-
sperrt, bis die »Bösewichte« vorüber waren. Wenn aber der
Jude einen todten Hund schleppte , so liefen die arabischen
Jungen hinter ihm her, verspotteten und verhöhnten ihn. So
ging es bis zum Wochenfeste. Da aber bis dahin noch Hunde
durch Flucht und Versteck sich erhalten hatten , so befahl der
Pascha , dass jedes christliche und jüdische Gehöfte {"^ITi] einen
lebenden Hund draussen vor die Stadtmauer liefere , dort einen
Araber für das Erschlagen desselben bezahle und durch eine dar-
über ausgestellte Quittung sich als dieser Verpflichtung ledig
beweise. Dieser Befehl wurde durch schwere Strafen D'^DDp
bekräftigt. Die Juden befanden sich am 28. Ijjar, wie üblich,
auf dem Grabe Samuel's in liama, als einige spätere Ankömm-
linge diese Nachricht brachten , die man anfänglich belachte,
232
allein bei der Rückkehr nach Jerusalem als traurigen Ernst er-
kannte. Ja die Iliinde waren selten geworden und mussten oft
mit einem Thaler bezahlt werden , wenn man so glücklich war.
einen zu bekommen. — Am Wochenfest kam der oben erwähnte
Kleiderzwang. Nach einigen Tagen Hess der Pascha den näsV
(Obersten) der Safaradim unter dem Verwände einsperren , dass
er ohne Erlaubniss nach Rama gegangen sei . während diese Er-
laubniss stets von einem Diener gegen eine gewisse Summe ein-
geholt wird. Die Juden ordneten ein Fasten an. und Gott sandte
eine Zerrüttung unter die Araber . über welche der Pascha eben-
falls allerlei verfügt hatte. Auch war der erwähnte näsV bei den
Angesehenen der Stadt gxit angeschrieben, welche für ihn bei den
Ismaeliten sich verwendeten. In der Nacht des Sabbat versam-
melte sich das Volk um das Haus des Pascha ; vor allem aber be-
freite man den näst und brachte ihn mit grosser Ehi'e in sein
Haus. Der belagerte Richter T'^'H warf einen lirief unter die
Menge, dass er. in Unkenntniss der Landessitte, unschuldig und
nur der von den Ortsbewohnern ihm zugewiesene Dolmetsch^yib'ü)
— da die Meisten in Jerusalem nur arabisch, nicht türkisch, ver-
stehen — an allem schuld sei. Man »schlachtete« also den Dol-
metsch . der zu den Angesehensten der Stadt gehörte , das Haus
des Richters bewarf man mit Steinen , um anzudeuten , dass er
keine Macht mehr habe. Derselbe entfloh auch in der Nacht,
und da die Jiulen aus Fiu'cht vor einem etwaigen Nachfolger
nicht weisse Kleider am Sabbat anlegen wollten , so zwang man
sie, alle von dem Vertriebenen ausgegangenen V'erordnungen zu
annulliren. Sie beschworen iintereinander . wenn irgend ein
Richter auch nur das Kleinste von dem alten Hrauche ändern
wollte, so wollten sie ihn nach Kräften bekämpfen u. s. w. «Das
geschah aber nicht aus Liebe zu inis , sondern die Gnade Gottes
hatte es gefügt, dass sie den Richter hassten « u. s. w. [lil. 14''
und 1 5) .
lil. 16" Ende der Seite) bemerkt der Verfasser, dass einige
neue Ankommlige das alte tjbel vom Jahre 426 (1666, Auftreten
des Sabbatai Zebi als Pseudo-Messias) erneuten , indem sie be-
haupteten, dass seit jener Zeit die Gottesglorie ^Schcchina) nicht
mehr im Exile (mit den Juden i . also nicht mehr über Exil zu
trauern sei u. s. w.
233
1^1. 16'' : Der Verfasser hörte von einem alten liann Verord-
nung . dass ein Ehepaar mindestens 500 Löwenthaler (milS«; ,
abgesehen von den Keisekosten , brauche , um bei 1 0 ^ an
Zinsen jährlich 50 Löwenthaler zu verdienen: davon seien
2 rothe Gulden (D^^-Tl« D^nni ) für den Kopf [Kopfsteuer?]
in Abzug zu bringen, ausser der Hausmiethe und anderen Aus-
gaben.
Nachtrag
zu Baurath Schick's »Die alten Lauren und Klöster
in der Wüste Juda«.
Yon Pfarrer Dr. K. Furrer in Zürich.
Kyrill, der Biograph des Euthymius , berichtet als Augen-
zeuge, das Euthymiuskloster liege auf einer ganz kleinen Anhöhe
zwischen zwei Thälern , die von Morgen und Abend sich nähern
und im Süden zusammentreffen. Nördlich von der Anhöhe breite
sich eine sehr fruchtbare und anniuthige Ebene aus, zu der man
durch die ITauptp forte des Klosters gelange. Diese Beschreibung
passt auf die Lage von c/um es-sahl (s. Karte und Text Nr. 14 .
Dass hier und nirgends anderswo sich einst das Euthymiuskloster
erhob, dafür sprechen noch folgende Gründe. Kyrill, Epipha.-
Nius von Jerusalem (c. 1170) inid der Verfasser des Proskyneta-
rion (c. 1750) bezeugen, dass das Kloster östlich von l^ethanien
lag , und zwar nach Kyrill eine starke Stimde , nach dem Pros-
kynetarion ungefähr 6 Millien, also schwach zwei Stunden davon
entfernt. Im Weitern deutet Kyrill wiederholt an, dass der Weg
von Jerusalem nach Jericho nahe daran vorbeiführte. Der griech.
Anonymus von c. 1400 schreibt: «Mitte Weges (zAvischon Jeru-
salem xmd dem Jordanthal) befindet sich der Apostelbrunnen und
nicht weit von da das Kloster des h. Euthymiiis auf einem l'erge,
1 5 Millien offenbar unriclitige Angabe, da inis diese Distanz fast
bis ztim Jordanthal führte) von Jerusalem entfernt. Weiter \uiten
liegt das Kloster der Theotokos.« Mert, wo Euthymius einen Tem-
pel und einen Altar aus Trümmern errichtete , wird von Kyrill
aufs deutlichste von dem Orte des Euthymius - Klosters unter-
schieden, i) Das Kloster des Iheoktist, z\i dem man in inigefahr
einer Stunde (Distanz 3 röm. Meilen) vom Euthymiuskloster hin-
abstieg, lag 10 röm. Meilen von Jerusalem entfernt, im Süden des
Weges, der nach Jericho führt. Das Centrum des Klosters bildete
eine grosse, in eine Kirche verwandelte Höhle an der Nordwand
einer gewaltigen Schluclit. Hirten von Bethanien trieben ihre
Heeiden hierlier. Ait. Euth. 12.2l.:M). Die Buinen des Klo-
1, Vgl. ToHLKR, Topo},'r. 11, ]). !M;r, fg. Vit. Euth. ;'.4. 37. 118.155. Anon.
bei AUatius 12. LS.
235
sters war emUclielUtbch liegen 3'/.2 löniifsche Meilen von chän es-
aahl entfernt und zwar an der Nord wand des Wadi (nach der
neuen englischen Kartei, sind also offenbar diejenigen des Theok-
tistusklosters.
Da der Thurm der Eiulokia nach ausdrücklichem und wieder-
holtem Zeugniss (Vit. Euth. S4. "S'ita Sabae 38) auf dem höch-
sten Gipfel der ganzen Wüste lag, so müssen wir ihn auf muntür
suchen. Vom Euthymiuskloster war er ungefähr 30 Stadien ent-
fernt, was für die Distanz zwischen dum es-sahl und muntär zu-
triiFt. Die Fetruskirche , bei der Eudokia eine grosse Cisterne
graben Hess , und von wo man bequem auf das Kloster hinsah,
war nur 20 Stadien von letzterem entfernt (Vita Euth. 9S) und lag
wohl auf dem Hügel murassas, während ich das Kloster des Mar-
tyrius, das 15 Stadien westlich vom Euthymiuskloster entfernt
war (^'it. Euth. 95) und zwar am Wege von dort nach Jerusalem
(a. a O. 131), bei schech el-chidr südöstlich von murassas suchen
möchte.
A\if dem Hügel von mert lag das Kloster Kastellion. Nach
der Vita Sabae war dasselbe in noidöstlicher Richtung (xara
To TTpo? avatoAa; apxToJov [xipo?; 2ü Stadien von mär sabcl entfernt,
ruhte auf einem Hügel und war von Sabas aus Trümmern Avieder-
hergestellt worden. Wie es scheint , hatten die l>eduinen die
Bauten des Euthymius auf diesem Platze Avieder zerstört. Der
Name Kastellion war offenbar durch das festungsartige Aussehen
des Hügels veranlasst (s. Xr. lOy.
Derselbe Sabas erbaute beim Thurm der Eudokia auf muntär
das Kloster des Scholarios (Vit. 15. 38). Ostlich von diesem Klo-
ster und westlich von Kastellion, etwa fünf Stadien von letzterem
entfernt, 15 Stadien nördlich von mär säbä gründete Sabas an
der Nordwand einer Schlucht das Kloster »der Höhle« (Mt. 37. 38) .
Deutlich ist hiermit nxii kettär (Nr. 11) hingewiesen.
Der es-setme (Nr. 1 9; ist wühl das in A'ita Sabae § 42 erwähnte
Kloster Zaun, feil et-fm das Kloster des Photinus (Vit. Sabae 29) .
Das Kloster des Komanus , wiederaufgebaiit durch Sabas , lag
nach Vit. Sab. (§ 36) in dem Wadi südlich von Thekoa. Direct
südlich liegt icädi \irrüh. Allein nach Mta Theodosii 18 lag
dieses Kloster, nova laura geheissen, an einem Wadi, der mitW.
charetün sich vereint. Am Orte der ^'ereinigung baute Kyriakos
das Kloster Susakim. Es können wohl keine anderen Wadi als
236
»W. Miikta' el Jixss« und »W. Mii'allak« (nach der neuen engli-
schen Karte . die zusammen den W . ed-deredsc/ie hiiden. gemeint
sein. Susakim war von Mar 8aba (VitaTheod. 19i 90 Stadien ent-
fernt, was auf jene Vereinigungsstelle zutrifft.
Weiter südlich fanden sich die von den benachbarten Dör-
fern genannten Klöster Aristobulias (Vit. Euth)Tn. 29. 30. 31) und
Kapharbaricha (Vit. Sab. 16. 36). Nach EpiPHANros lag letzteres
drei (römische) Meilen von Hebron entfernt (Adv. Haeres.XL, 1),
also an Stelle des jetzigen kefr hereik [heni na im) nordöstlich von
el-ckalll. Aristobulias war nach \\i. Euth. 29 in der Wüste Ziph
gelegen. Der Name ist noch inwCliirbet Estabul« ^) erhalten, das
unweit chirbet zlf liegt. -)
Kehren wir nordwärts. Das Kloster des Sergius, Xeropo-
tamos iinid nicht Heropotamos) zubenannt, zwei (röm.) Meilen
von Bethlehem entfernt , lag nach Procopius de aedific. \ , 9 auf
dem Berge Kisserön (Cistusrosen?). Das Kloster des Abtes Za-
charias (Pkocop. 1. c. i stand wohl auf dem Platz von het zakcirja
westlich von sahl berekJU. In der Gegend von Michmas (sirl xo.
jxspTi Mayjxac) lag das Kloster des Firminus , "vvir denken an das
2 (engl.) Meilen nördlich von michmäs gelegene der dlwän.
Folgende Klöster, die alle in den Bereich der Wüste Juda
gehören, bleiben noch nachzuweisen : 1 . Maria Theotokos nova.
2. Eustorgius nahe bei Jerusalem. 3. Anastasius, 20 Stadien von
Jerusalem entfernt. 4. Penthukla. 5. Sampson. 6. Aphelios.
7. Silethis. S.^Markianos in der Nähe von Bethlehem. S. Proco-
pius a. a. O.
1) Die spätere arabisirte Bevölkerung Palästinas liebte es, die Vorsilben
der Ortsnamen abzuwerfen : 'Estabul für Aristobulias , Zib für Achzib , Tin
für Phütin, Hüm für Nahum.
2) GUERIN Judee III, 162 f.) berichtet von »Chirbet 'Estabul« : Au milieu
des vestiges d'un assez grand nombre de petites maisons completement ren-
vers6es, on distingue ceux de plusieurs conslructions plus importantes, dont
les assises inferieures sont encore debout, les unes en magnifiques pierres de
taille, les autres en blocs de grandes ditnensions egalement, niais grossiere-
ment equarris. Des cavernes artificielles et des citernes ont He creusees de
tous cotes. Avec quelle ville antique peut-on identifier ce Khirbet? C'est ce
qu'il m'est impossible de dire. — Guerin schreibt estahül. D. Red.
Bücheranzeigen.
Puhlications de la societe de Vorient latin. Serie historique II.
Quinti belli sacri scriptores minores sumptihus Societatis illustran-
dis Orietitis latini monumentis edidit Reinholdus Röhricht
Ph. Doctor. Genecce. Typis J.-G. Fick. 1819. gr. S. XLVIII
und 242 pp.
Es liegt uns hier der zweite Band ans der historischen Ab-
theihmg jener Publicationen vor, um derentwillen die »Societe
de r Orient latin« in Paris gegründet worden ist. Bekanntlich
will diese Gesellschaft diejenigen in Europäischen Sammlungen
vorhandenen auf den Oriens latin us sich beziehenden histo-
rischen und geographischen Texte herausgeben, welche von der
Pariser Academie in das grosse Recueil des Historiens des Croi-
sades nicht aufgenommen werden. So arbeiten die Franzosen
in erster Reihe mit an der wissenschaftlichen Eroberung des h.
Landes: aber Avie im MA die Deutschen ihr redlich Theil am
Kampfe um Palästina getragen, wenngleich manchmal der Wi-
derwille der Franzosen, an der Seite der Deutschen zu fechten, sich
deutlich genug aussprach, so wirken heutzutage gerade Deut-
sche — berufen durch die Leiter jener gelehrten Gesellschaft —
kräftig mit zur Erreichung des angegebenen Zieles. Wir erwäh-
nen den sei. Tobler. den Akademiker Prof. Thomas in München
und — unseren E. Röhricht. Und es geschah mit richtiger
Würdigung der Verdienste des Dr. Röhricht, wenn die «Societe
del'O.L.« gerade ihn mit der Herausgabe obiger Schriftsteller
betra\ite. Denn speziell mit den Kreuzzugsunternehmungen an
der Wende vom XIL zum XIIL Jahrhundert und mit Fried-
rich IL hat eine Reihe tüchtiger Arbeiten R.'s sich beschäftigt *).
Es war also ein dazu berufener, erprobter Mann, in dessen ITände
1) Wir erinnern den Leser an R(')URIC1IT"s Arbeiten für SvBl-x's histo-
ri<?che Zeitschrift Band. IH), Der Kinderkreuzzug , für die »Forschungen
zur deutschen Geschichte« ',lS7(j. Die Kreuzzugsbewegurig im Jahre
Ztschr. d. Pal.-Ver. III. 17
238
die Herausgabe der secundären Quellen [scriptores minores)
des fünften Kreuzzuges gelegt wurde. Als fünften Kreuzzug be-
zeichnet Röhricht die Kämpfe von 1217 — 1221, deren Theilneh-
mer er, soweit ihre Namen erhalten sind, in dem obenerwähnten
Kataloge [Beitr. 11, 364 — 377) zusammenstellt. Die Scripto-
res unseres ersten Bandes behandeln die Ereignisse vom
29. Mai 1217 bis 2. Febr. 1220.
Röhricht hat in dem vorliegenden ersten Bande der quinti
belli s. scriptores in derselben Weise die kleineren Quellen kritisch
bearbeitet, wie Sybel, Hagenmeyer u. A. es mit den Quellen der
vorangegangenen Kreuzzüge gethan haben. Unser Band enthält
zumeist Inedita |nur drei Stück haben schon gedruckt vorgele-
gen ; aber wo es anging, Avurden neuerdings Handschriften col-
lationirt) .
Das historische Ergebniss des ersten in die Sammlung auf-
genommenen Stückes erscheint gegenüber demUmfange des Textes
ziemlich gering. Es ist eine Kreuzzugspredigt, welche hie und
da des rhetorischen Schmuckes nicht entbehrt. Der doctrinäre
Theil derselben kehrt immer wieder zum Kreuze zurück. —
Es drängt sich dem Ref. wie von selbst die A'ergleichung
mit Instructionen für Kreuzzugsprediger auf, welche er in
österr. Klosterbibliothekcn gefunden. Der Leser wird erkennen,
dass unsere Schrift noch vor diesen Instructionen entstanden
sei, wenn wir einige genauere Nachrichten über dieselben hieher
setzen. Es war ein ganz detaillirtes Repertorium, was solche Ab-
handlungen bieten wollten.
1) Die Handschrift des Bened. Stiftes Kremsmünster Num.
92. VIII, 36 (chart. saec. XV. 8^) enthält einen Tractat, welcher
ausdrücklich auf die Kreuzpredigten Rücksicht nimmt : »Notan-
dum quod hec tria membra divisionis prime partis . . . plurimiun
valent pro predicatoribus verbumDei ad proponendum populo de
presenti afflictione seil, quod ipsa sit autenticis scripturis presig-
1217), für Haumeh's hist. Taschenbuch hggb. v. Rieul. 1876. Die Belage-
rung von Damiette). Die Progranimarbeit der Berliner Luisenstädtischen
Kealschule 1872 (die Kreuzfahrt des Kaisers Friedrich II. 1228—1229; hat
RöiiKicnT in den ersten Band seiner »Beiträge zur Geschichte der Kreuz-
züge« aufgenommen; im zweiten Bande derselben reproducirt er einen Katalog
deutscher Pilger, den er fürZ.vcUKU's Zeitschrift für deutsche Philologie 1870
bearbeitete ; die Nachträge sind in diese neue Edition verwoben. Aus dem
zweiten Bande der Beiträge gehören die letzten Capp. in diese unsere Zeit.
239
nata.« — Der Tractat hat folgende Rubrica: Incipit tractatus
quiclam de Turcis, prout ad presens ecclesia saiicta ab eis affli-
gitur. C'ollectus diligenti discussione a quibusdam fratribiis pre-
dicatorum Oidinis. . . Es scheint dieser Tractat derselbe zu sein,
welchen von Zkzschwitz (Vom röm. Kaiserthum deutscher Na-
tion p. lG3j aus einem Incunabeldrucke vom J. 14S1 anführt.
2] Noch deuthcher spricht sich eine Papierhandschrift ^saec.
XV. j des Chorherren-Stiftes S. Florian aus, -welche auf 12 foll.
einen vollständigen Unterricht für Kreuzzugsprediger giebt. »In-
cipit prohemium de predicatione crucis contra iSarracenos et alios
inhdeles. Ad Dfii nri Salvatoris Ihü Christi gloriam et honorem
et sce matris ecclesie utilitatem ac iidei orthodoxe dilatationis
causa infra scripta de predicatione crucis contra Sarracenos ad
hoc valere possunt, ut predicatores crucis nondum in tali
predicatione exercitati ex hijs habeant materiam procedendi. Qui
vero ad huiusmodi predicationem magis sunt ydonei ex gratia
sibi data plura addere possunt et inmeliorare. Alii vero qui in
predicatione gratiam habent excellentem ex materia eis rudi
proposita tamquam prudentes artifices producant opus pulchrius
et melius formatum. Eubricse in tractatum de predicatione crucis
contra Sarracenos. 1) De tribus exercitibus Domini. Wir gehen
nicht weiter auf den Inhalt ein, sondern erwähnen nur, dass der
Codex H. 42 der Melker-Stiftsbibliothek ein 'Memo riale pro
peregrinis tempore passagii enthält -fol. 266 — 270y, welches mit
unserer Prediger-Anweisung sich berührt, denn gleich am An-
fange wird das dreifache Gottesheer so erklärt: primus est bea-
torum angelorum secundus est omnium irrationabilium crea-
turarum tercius est hominum fidelium adversus inhdeles cer-
tantium.
So entstanden und berührten sich die Instructionen für die
Kreuzprediger und die »Promemoria« für die Kreuzzugsiuiterneh-
mer. Ja selbst die Palaestinabeschreibungen späterer Zeit dienten
nicht bloss dem Pilgerbedürfnis, sondern auch den obenangege-
benen Zwecken; dämm wird in letzteren so ausführlich über
die Tataren gehandelt und schliesst häufig ein Tractat über die
muslimische Glaubenslehre sich an.
Die S. Florianerbibliothek enthält obigen Text noch in einem
zweiten Exemplare ^Sign. 1. K. n. 21. saec. XV); aber in diesem
Codex schliesst sich an denselben folgendes interessante Stück :
240
»Sequitiir aliiis tiactatiilus de modo predicandi crucem. et neces-
saria predicatoribus.« Wir wollen die Kapp. -Überschriften hieher
setzen, damit man sehe, dass das XV. Jahrhundert es ernst mit
der gehörigen Ausstattung der Kreuzprediger nahm :
De notione necessaria predicatoribus crucis. c. I. De sex
generibus sciencie necessarie predicatori. c. II. De diversis nar-
rationibus ex historia ecclesiastica ad predicandam crucem. c. III.
De historia Anglonim quam Beda libro tertio scripsit c. Y sie).
De primo libro tripartite historie ad idem. c. IV (sie). De hi-
storia Francorum libro V. quam scripsit Gregorius Turonensis
c. VI. De speculo Ecclesie Aug. cap. VII. De dyalogo Gre-
gorii ad idem c. VIII. De gestis karuli in liyspania contra Sar-
racenos quam descripsit Turpinus Remensis archiepiscopus. c.IX.
De libro Kalixti pape ad idem. c. X. De Ilystoria Antyocena
quam scripsit Fulgerius Carnotensis de hijs. qui interfuit. c. XI.
;lies : quibus). De vitis patrum ad idem. XIII. De diversis
legendis Scbrura ad idem. Xlllf. De hijs que sunt necessaria
crucesignatis ad complendum digne votum suum. c. XV. De
hijs que valent ad bene pugnandum contra Sarracenos. XVI.
De hijs que sunt facienda a fidelibus in congressu cum hostibus.
XVII. — Näheren Aufschluss über die Zeit und die Gegend, wo
diese Instruction entstanden, könnte geben der im Codex sich
anschliessende Tractat: Modus affigendi crucem contra hereti-
cos Wikleffitas et Ilussitas pugnatoribus dat\is in dyoca^si Pata-
viensi.
Wir haben die Inhaltsangabe nicht unterbrechen wollen, aber
der aufmerksame Leser Avird wohl selbst gefunden haben , dass
auch diese Instructio in ein »Directorium ad passagium facien-
dum« ausläuft, und dass sie wirklich mit dem Directorium des
Haython sich berührt. — Was wir oben über manche spätere Pa-
laestinabeschrcibungen gesagt haben, können wir nicht nur aiis
Marin Sanudo's grossem Werke beweisen , sondern gerade aus
obiger Inhaltsangabe selber. Denn obiges (^aput II enthält die For-
derung, dass der Kreuzprediger die Geographie und Geschichte
des Heiligen Landes, speciell die »libri hystoriales«, die »Mappa
mundi« kennen soll. »De origine et processione Machumeti«
habe er sich aus dem »Alkoran« und dem P»uch '>Al])hunsi contra
.Judaeos« zu unterrichten etc. etc. Dieser Forderung kommen ent-
gegen die Werke des Picoldus de Monte crucis -'- 1:50!) und des
24
Odoricus de foro Julii. dessen ('ap. 07 mit gutem Yorhedachte an-
gefügt ist. — Wenn Burchakdus vom l>erge Sion länger bei der
Schilderung der Tataren und mit einer geAvissen ^'orliehe ent-
gegen seinem ursprünglichen Plane bei den Armeniern verweilt,
so mag das mit seiner Anschauung zusammenhängen, auf wel-
chem Wege das Heilige Land vertheidigt oder wiedererobert wer-
den soll.
Wir müssen den Leser \im Entschuldigung bitten wegen
dieses Excurses. den wir uns erlaubt haben, umsomehr als das
Ergebnis desselben ein geringes ist: den Anforderungen, welche
diese Instructionen stellen, entspricht die Kreuzzugspredigt, wel-
che Röhricht bietet, nicht durchwegs. Gewiss Avaren solche
Versuche der Homiletik in jener Zeit noch nicht vorhanden,
wenn gleich der Eifer der Prediger kein geringer war. Eben da
der Eifer und die Begeisterung, die im rechten Augenblick das
rechte Wort bietet, abnahm, musste der In t er rieht im Pre-
digen beginnen. Lnsere Kreuzzugspredigt entbehrt besonders in
ihrem letzten Theile keineswegs der rhetorischen Kraft und einer
gewissen Kunst. Man vergl. die am Schlüsse der Absätze wie-
derkehrende Aufforderung: Surga ergo... snrgite... sume cru-
cem. — Das historische Interesse, welches die Predigt bietet,
hat Röhricht in der Introductio ins rechte Licht gebracht.
Der durch die Kreuzpredigt eingeleitete Feldzug. welchen die
von Röhricht herausgegebenen Quellen schildern, hatte drei ver-
schiedene Schauplätze: auf der pyrenäischen Halbinsel und
in Syrien wurde gegen die Sarazenen gefochten, noch ehe das
ganze Kreuzheer vor Damiate ankam. Röhricht theilt daher die
Quellschriften des fünften Kreuzzugs in solche, die den portugie-
sischen, und in solche, die den a?gyptischen Schauplatz ins Auge
fassen. Die ersten bezeichnet er kurz als den rheinischen, friesi-
schen xnid kölnischen Bericht. Den kölner wird der zweite
l^)and der Script, min. enthalten; der rheinische und friet^ische
Bericht liegen in unserem Bande vor. Der rheinische Autor
berichtet über sämratliche drei Schauplätze, erzählt die Thaten
seiner Landsleute in Portugal, bringt aber auch — aus des
Oliverius' Brief — das gleichzeitig in Syrien Geschehene (die Ex-
peditionen von Accon aus zur Darstellung und bietet viel Neues
über die Belagerung von Damiate bis zu deren Eroberung durch
die Christen. — Der friesische Bericht, aus dem Chronicon
242
des Abtes Emo von FloricUis Campus entlehnt, beschäftigt sich
mit den Thaten der Friesen, ihrer Ankunft in Lissabon 14. Jnli
1217. ihrer Weigerung , bei den Kriegsziigen auf der pyrena^i-
schen Halbinsel mitzmvirken. ihrer endlichen Ankunft zu Accon
26. April 1218. Röhricht giebt die Quellen an, aus av eichen
diese drei Berichterstatter schöpften, insoweit sie nicht Aiigen-
zeugen der erzählten Thatsachen waren.
Die zweite Gruppe der Quellschriften des fünften Kreuz-
zuges befasst sich mit der Eroberung Damiates und wird von
Röhricht nach den zugrundeliegenden officiellen Nachrichten
in eine Abtheilung klerikaler und ritterlicher Schriften zerlegt ;
die erste Abtheilung bilden zwei Recensionen der »Gesta obsi-
dionis Damiatae,« das Büchlein des Johannes von Tolve und der
»Liber duellii«, welche auf offiziellen Nachrichten aus dem Haupt-
qiiartier des Legaten Felagius beruhen, aber mehr oder weniger
ausseroffizielle Erzählungen mit ver woben haben. Referent ge-
steht, dass ihm aber gerade das aus der Fragebung des Königs
Johann stammende pro vencalische Bruchstück, welches
Röhricht Avieder abdruckt, von ganz besonderem Literesse ist,
weil es tiefe }Uicke in das Treiben vor Damiate thini lässt und
gleichsam das Correctiv für die klerikalen Berichte bietet.
Zuletzt bringt Röhricht eine Frophetie in mehreren Recen-
sionen, welche im ('hristenlager angeblich aus arabischem Origi-
nale ins Lateinische übertragen von Hand zu Hand ging. Einen
latein. Text entnahm R. einer Londoner Handschrift. Zwei Re-
censionen nennen den Verfasser der Frophetie Hunain 8ohn des
Isaak; die anderen aber geben den Namen »Filius Agap«, »le fil
Agap«. Hunein ben Isaak übersetzte avoI — so Aveit dem Ref.
bekannt ist — aus dem Griechischen ins Syi'ische ^von ihm sind
syr. medizinische Werke vorhanden, auch ein grammatischer
Tractat, vgl. JJakthgen, .Syr. Grammatik des Elias, p. 3. Note^,
aber erst sein Sohn Isaak ben Hunein übersetzte aus dem Griech.
ins Arabische; speciell ist hier zu erAvähnen seine Euclides-
Übersetzimg. Denn schon in den Jahren 1120 — 30 hat der
Mönch Adelardus die Elemente des Euclides aus der arab.
Übersetzung des Isaak ins Latein, übertragen, zugleich aber das
Abendland mit AbuMa'schar Dschafar, dem Nachfolger
des Astrologen K i n d i , bekannt gemacht ') . Dieser K i n d i aber
I Vgl. Morgenländische Forschungen, Leipzig IST"), p. 2f)5 ff.
243
hatte das Jahr 693 d. IT. (heg. 2. Dez. 1293) aus astroh)gischen
(und kahhalistischen, aus dem Koran entlehnten) Gründen als
das Ende des Kelches der Araher hezcichnet. — Hatte Adclardus
wol nur einen Auszug aus Ahn Ma schar gehracht, so ühersetzte
Johannes von Toledo 1142 (welchen Höh lucirr, Heiträge I, p. 79;
Note 235 hehandelt) eine ganze Reihe astrologischer Werke aus
dem Arahisehen ins Lateinische und machte das Abendland mit
diesen Untergangsgedanken der Araher bekannt. — Geradezu
■weist der Name Agap auf ein Übersetzungswerk des Job. von
Toledo (auch der Legat Pelagius war ein Spanier), wenn lief.
Recht haben sollte, den Namen Alcabitius = el-hahisl , darunter
zu suchen. Denn el-kahlsl (967 nach Chr.) ist der Verfasser
einer Tntroducti o in astrologiam, Avelche Joh. Hispanus
ins Lateinische übertragen hat. (Wüstexfeld, die Übersetzungen
arab. Werke in das Latein. Göttingen 1877 , p. 29. 31 u. ö.) —
Man kannte also gerade in Spanien die bezüglichen astrologi-
schen Vorhersagungen, und es Avirkte auf die Christen vor Da-
miate bedeutsamer, wenn man nicht, wie es Papst Innocenz IIL
gethan, auf die apokal}-}) tische Zahl 666 sich berief, sondern auf
arabische Prophezeiungen, deren A'orhandensein den einfachen
Kriegern nur vom Hörensagen bekannt war, und deren eine nun
mit so naheliegender Erfüllungszeit leibhaftig vor ihre Augen kam .
Wenn wir erwähnen, dass Röhricht's Einleitungen zu den
Texten, die zugleich den Dienst von Texterläuterungen leisten,
eine anerkennenswerthe l>elesenheit , sowie tüchtige kritische
Crrundsätze beurkunden, so haben wir des Lobes noch nicht zu-
viel gespendet. Die Ausgabe ist — wie alle bisherigen von der
Societe des (). L. gelieferten — splendid. Wenn wir noch einige
Druckfehler anführen und Emendationen vorschlagen , so ge-
schieht es nur, um die Genauigkeit zu zeigen, mit der wir, ver-
dientermassen. anR.'sPublicationen herangehen. So möchten Avir
in der Praefatio p. X, 1. 7 lesen : facta dictaque ; p. XIX, Note 2
in linea 6 wird de zu streichen sein. — p. XXII, 1. 17 lies : l*e-
trum; pag. 19, 1. 8 lies: qui Christo. — p. 24. 1. 6 v. u. lies:
Albigenses; — p. 25, 1. 6 v. u. lies: ex quo scis. — p. 32, 1. 13
V. u. möchten wir confidunt lesen. — p. 41 , 1. 1 sollte es wol
parisiensi heissen, ibid. 1. 1 v. u. lies: vesperarum. — p. 54.
1. 14 v.u. lies: legatus. — p. 60, 1. 1 lies: aere. — p. 63. 1. 11
V. u. de obsi. — p. 70, 1. 12 quanim. — p. 106. 1. 5 utero. —
244
p. 136 . 1. 2 V. u. dominio. — p. NG . 1. S v. ii. ascensis. — p. 159.
1. 9 V. u. martirizati. — Die weite Entfernung zwischen Genf
nnd Berlin erklärt die Schwierigkeiten der Correctur . die im
übrigen eine sehr sorgföltige genannt werden muss. Wenn wir
einen Wunsch äussern dürften, so wäre es der. dass auch ein Re-
gister der in den Texten vorkommenden Wörter aus der
mediaetinfimalatinitas den sonstigen so tüchtigen Über-
sichten Tabula und Index) sich angereiht hätte. Der zweite l'and
könnte diesem Wunsche entsprochen.
Wien. Prof. Dr. W. A. Neumann.
Palästina und Syrien. Handbuch für Reisende herausgegeben von
K. Bädeker. Mit IS Karten. 44 Plänen, 1 Panorama von Jeru-
salem und 10 Ansichte7i. Ziceite verbesserte und vermehrte Auf-
lage. Leipzig ISSO. OLIV u. 517 pp.
Dass dieses von Prof. Socin verfasste Handbuch schon nach
fünf Jahren eine neue Auflage erlebte, zeugt für seine Vortrefl"-
lichkeit. In Form eines Reiseführers bietet es uns eine äusserst
reichhaltige l^eschreibung von Palästina und Syrien auf der Höhe
gegenwärtiger Wissenschaft. Ein riesiges Material ist darin mit
staunensM-erthem Fleisse klar und gründlich bearbeitet und zwar
weit über die Bedürfnisse eines gewöhnlichen Reiseführers hin-
aus. Die neue Auflage enthält Hunderte von Verbesseiimgen und
Ergänzungen und zeigt auch eine Vermehrung der Karten, Pläne
und Ansichten. Ein solches Handbuch ist für den l^alästinarei-
senden von unschätzbarem Werth, es erspart ihm Zeit, Geld,
Verdruss und Gefahr uiul erleichtert ihm in hohem Masse eine
gründliche Beobachtung von Land und Leuten. Längst Erforsch-
tes wird er fürder nicht als neue Entdeckung preisen, aber durch
dieses Buch vertraut mit allen Hauptresultaten bisheriger For-
schung wirklich Neues hinzufügen können. Wer zum ersten Mal
etwa von nebi schamwll das Gebirge Palästina's überschaut, der
möchte a\isrufen : »Was ist da viel zu sehen ! Gleichförmig sind
die Höhenzüge, nirgends kühne Gii)fel und Zacken, gleichför-
mig der Ton der Landschaftsfärbung, alles gelb in gelb gemalt,
gleichförmig die Dfirfor. armselig die A'egetation, selten eine
stattliche Ruine.« Wir müssen eben dem Land das Geheimniss
seines wundersamen Zaubers gleichsam abringen. \ind dafür ist
245
uns dieses liuch ein tiefFlicher JUmdesgenosse. Dann entdecken
wir eine Fülle landschaftlicher Schönheit, orif^inellen Menschen-
lebens, auf dem noch der Duft ferner Jahrtausende liegt. Uherall
grüssen uns ehrwürdige Erinnerungen und zu unsern Füssen
breitet die ewig gleiche Natiir einen kaum übersehbaren Reich-
thnm von l'Hanzenformen ans. Der Hlumenteppich des Früh-
lings, das Grün der l>äume. das den Sommer nicht fürchtet, das
intensive Licht der Sterne, der mächtige Thau des Morgens las-
sen lins das tiefe Naturgefühl Israel's begreifen. Unter formlosem
Schutt sind im Westjordanland allermeist die Trümmer der A'er-
gangenheit begraben, während jenseits des Flusses der Geist der
.lieduinen, der feste Wohnsitze verachtet, den Erdbeben das A\'erk
der Zerstöruno^ überlassen und dadurch manch herrliche Ruine
erhalten hat. js'och bleibt der Nachgrabung viel zu thun übrig.
Unter den grossen Schuttmassen von Asdod, Ekron, Gaza mögen
noch viele Monumente altphilistäischer Kultur verborgen sein,
noch winkt in Jerusalem der Nachgrabung begründete Hoffnung
auf glänzende Entdeckungen vi . s . w. Von prähistorischer Kviltur
haben Avir auch diesseits des Jordan zahlreiche Spuren . durch
die einzelne Stellen der Bibel neues helles Licht empfangen.
Altkanaanitische oder altisraelitische Denkmäler lassen sich mit
voller Sicherheit keine mehr nachweisen. Wohl mögen indess
manche in den Fels gehauenen Cisternen und Keltern, vielleicht
auch einzelne planmässig angelegte Höhlenwohnungen bis ins
zweite Jahrtausend vor (-'hristus hinaufreichen, ^'on der grie-
chisch-römischen Zeit sind die Ruinen sehr zahlreich und die
folgenden Zeitalter haben ebenfalls alle grössere oder geringere
Denkzeichen hinterlassen, besonders bedeutend das Zeitalter der
Kreuzzüge. Man staunt über die Menge von Kirchen- imd lUirg-
ruinen aus jener Epoche.
Obschon das Land unter der Misswirthschaft des türkischen
Regiments gar sehr leidet, so hat sich doch sein Zustand in den
letzten zwei .Jahrzehnten bedeutend gehoben. Dank der unauf-
haltsam Aordringenden abendländischen Kultur. Um Jerusalem
herum hat sich eine ansehnliche A orstadt gebildet. Viele verwil-
derte Strecken I^andes sind urbar gemacht worden. Wer ur-
sprüngliches morgenländisches Leben sehen will, thut gut. seine
Reise nicht auf lange Jahre hinauszuschieben. Der Islam hatte
einst die griechisch-römische IJildung vom 1 Joden weggefegt;
246
aber der Macht der modernen Kultur ist er nicht s^ewachsen.
Ivetztere Avird Palästina mehr und mehr in ihren l)ereich ziehen,
mit Eisenbahnen und Maschinen beglücken. An Stelle der Chane
und Hospize werden comfortable Hotels treten. Schon jetzt fehlt
es an letztem in Jemsalem nicht, ebensowenig in Jafa und Haifa.
Ob auch ein neuer Aufschwung geistigen Lebens für die Einge-
bornen einst kommen werde, das wird die Zukunft lehren.
In der zweiten Auflage hat der Verfasser ganz Syrien in den
Bereich seiner Darstellung gezogen und uns sehr viel des Merk-
Avürdigen und Neuen auch über den nördlichen Theil des Landes,
das Nosairiergebirg , Antiochien. Aleppo u. s. w. mitgetheilt. An
landschaftlicher Schönheit, an Fülle und Pracht der Ruinen wird
Palästina von Syrien bei weitem übertroffen . wir brauchen ja
nur den Libanon, }ia albek, Palmyra zu nennen. "N'erfasser zeigt
die Mittel, die den l^esuch auch schwerer zugänglicher Gegen-
den Syriens ermöglichen. Noch mehr aber verdient er unsern
Dank, dass er gerade von letzteren, überall die geschichtlichen
Spuren sorgsam beachtend , eine gründliche Schilderung uns
bietet. So sei denn dieses Buch den Reisenden, den Geschichts-
forschern, den Freunden geographischer Wissenschaft neuerdings
bestens empfohlen.
Zürich. K. Furrer.
R. V^Latizo7ie. Viaggio in Palestina e Soria di Kaid Ba, XVIII
sidtano della II dinastia mamelucca, fatto nel 1417 . Testo arabo.
Torino 1S7S. S.pji. 11. 4S. Tav. I—III.
Über eine Inspectionsreise Kä'itbä's. die kurz von Mudschir-
eddin p. 561 und von Weil Gesch. d. Abbas. V, p. 35S erwähnt
wird, verfasste ein ungenannter Begleiter das vorliegende specielle
Tagebuch, von dem der Heraiisgeber aiis einem aus dem Orient
mitgebrachten (Jodex einen lithograjihirten Abdruck liefert ohne
Aveitere Erläuterungen , als eine dürftige \orrede. Der Text der
in ziemlich vulgärem Stil abgefassten Schrift ist nicht fehlerlos
(den Namen des Abschreibers, nicht des "N'ertassers, wie er glaubt,
nimmt der Herausgeber fälschlich als »nativo di Tai«: es ist
Tajjibi. aus einem der mehrfachen fajjiha) und hat fast volle, nicht
immer ganz gute \'ocalisation . welche den innern Kennzeichen
nacli aus dem Codex selbst stammt.
247
Ans dem Itinerar heben "wir in aller Kürze das l>eachtens-
Avertheste hervor, die Namen nach den Vocalen des Drucks und
die sonst nicht . oder Avenitjstens nicht mit den Ilülfsmitteln des
Keferenten nachAveisliaren Orte mit einem 7 bezeichnet. Monats-
und Wochentage. soAvie Tageszeiten hat der Vf. überall sorg-
fältig angegeben, aber die Keduction ist nicht einfach, da einige
Vei"AA'imingen sich finden iind nach dem beobachteten, nicht dem
astronomischen Neumond gerechnet wird.
Der Sultan ritt mit vornehmem und zahlreichem Gefolge und
einem Gepäcktross. der bei scliAvierigen GebirgSAvegen andere
Konten einschlug, ziemlich schnell bis zum nördlichsten Punkt
seines Gebietes kalat er-rTim, überall von den höheren Beamten
eingeholt und begleitet. Der Vf. traf das Gefolge am Vormittag
des 23. Sept. 147 7 in el-mtvnajja am Fusse von safad sußa safad ,
das auch auf dem RückAveg vorkommt. Es ist derselbe Ort . den
Saladin bei Ibn Shaddäd p. 9S . avo Schultens die Aussprache
miinaia allerdings nicht aus der Handschrift hat.undlmadeddinll,
p. 143, 7v.u.) auf dem Wege von der Huleh nach Acco passirt, und
es Hesse sich die Frage aufAvei'fen . ob Robinson . Palästina III,
p. 541 , und ihm folgend alle Neueren ihn mit Recht mit dem chün
minjc identificiren : munja Landgut ist ja Name mancher Localitä-
ten. t'ber den Jakobsbrunnen kam man denselben Abend noch
nach 7 el-midaiha ''ob = melläha?). dann auf rauhen Pfaden über
den u'Zidi et-taim oder wädi et-tTit zu dem dschisr zainün Robinson,
Neuere Forsch, p. 645) in dem zum haurän gerechneten bika ;
auf dem Wege sind Orte, die die 7 sieben halähüt 'avoIiI kallühat;
der Name auch im Ostjordanlande bei Abdalghani Wien. Sitz.-
V5er. VI ^1 85 1 . p. 1 3S, avo er erklärt AAird als der auf felsigem Ho-
den bald aufAvärts, bald abAvärts gehende Weg genannt Averden.
I her karak twh nach P)aalbek gelangt. Avählte der Sultan den
Weg über die akabat el-lammnna , also den von Neueren selten
begangenen längs des linken Ufers des Kaddischa. der vom Dorf
el-lammTma ihn in der Nacht nach el-hadat und dann, oft äusserst
eng. in unzähligen AVindungen an 7 kafr häJiir vorbei ein kasr
käJiil haben Robinson III, p. 953 und Burton's Kartet nach
Tripolis führte. Am 2. Oct. kam er zu der etAvas über eine Post-
station entfernten also am nähr bärid gelegenenl lirücke von
arfnsija der Name erscheint, abgesehen von dem Ard-Arthüsi
auf v. p. Veij)?:'s Karte und bei Socin Hakdkkek ^ p. 440 . hier
248
meines Wissens zuerst arabisch nnd ist entscheidend für die
Frage über das alte 'ÜpÜooai'a; vgl. Eitter XVTI, p. 800; Robin-
son, Neuere Forsch, p. 759) nebst C'hän , dann längs des Gesta-
des nach el-lüdiJiiJJa , avo drei zusammenhängende Hurgen, der
zur Zeit Dschakmak's fl438 — 53) erneute Hafen und eine als
grosse Merkwürdigkeit betrachtete, nach fränkischem Muster
erbaute Windmühle erwähnt werden. Der schwierige Weg zum
Orontes ging an den Flusswindungen über das kleine Bergdorf
huraachijja nach schughr und darküsch^ dessen verMÜstete Brücke
(Ritter XA'II, p. 1634 ff.) der Sultan herzustellen befahl und in
dessen Nähe das husair el-akriid liegt. Dies ist das kusair bei
]1\RHEBR. Chr. syr. 311, Abulf. 69 (Rein.). Quatremere Maml. I,
2, 127. 265, Abu Schämah II, 130. 7 v. u. Von hier ward in 90
und einigen daradscha Graden, etwas über 6 Stunden) Antio-
chien erreicht, das ganz von Turkomanen in Häusern mit spitzen
Strohdächern bewohnt war; überhaupt fand man von Laodicea
bis zur nördlichen Gränze nur türkische Sprache. Während das
Gepäck nach f el-witäk , einem geräumigen Orte zwischen Berg
und Fluss weiter ging, war der Sultan am 14. Oct am Fuss [stißa,
Avie oben) von hughrad [baghräs] und bestieg die Burg; von dem
52/3 Stunden entfernten /a^/Z/rä, avo er die von dem Sultan Ainal
(sie; 1453 — 60) erbaute und schon verfallene »sultanische Brücke«
zu erneuern befahl, schlug))er eine vielleiclit sonst noch nicht be-
schriebene mühsame Route ein über Furten und Moräste in
SchneckenAvindungen durch Felsen und Schluchten zu dem
grossen bcAvaldeten wZidi ijrln, dann nach j el-kanfal in der
Nähe von 'azzüz. dann durch den mardsch dabigli zum hmcaih,
von diesem durch Wald und Berg an ^ zaglizaglnr (Ort?) vorbei
nach ain iah. In zehn Stunden kam er nach el-hvra und dann zu
der letzten Station ImTat el-muslimm (seit 1292 officiell so statt
kal at er-rtim genannt, vgl. Makrizi II, 1 , 11 1 Quatr.) einer volk-
reichen Stadt mit festester Burg, von avo er über den »Ort« es-
.mdscJiTir. halah^ den mahätn sad el-ansürl 'heute blos Ansari ge-
nannt , ma'arra, den -[chün m und ach ah , den chZm LjJA^ schechä.
(A'gl. Ritter XVII, p. 1565, sonst schecJiTin] hama, hims auf den
bekannten Stationen über en-nahk nach Damascus gelangte. ^ on
dort sind sechs Barld-stationen (vgl. die nur Avenig frühere, et-
Avas verschiedene Aufzählung des ChalU ez-zü/nrl bei Quatre-
mere Maml. II, 2. 92; : c/ntu ^^X\ [el-mnraidsch Quatr.), sdsa ,
249
el-urainiba, el-kunaitara , narün (so auch Chalil; Neuere: No-
■vvarän), Jakobshrücke. Der Sultan legte die gebirgige Strecke in
drei Tagen zurück und zwar zwischen sasa und el-kunaitara
über -^ harßi (l3^> (^^ q.'' ; Name eines Gebirgszugs.' . ^'on der
Brücke steigt er mit Gefolge nach mfacl hinauf und lässt das Ge-
päck nach el-munujja ^ dann nach Nazareth expediren. Er geht
über kafr kannZi^ en-nüsira^ vorbei am Makäm des Schu aib (also
einem andern, als dem bekannten bei hittln oder chijüra), el-
laddsckün, kükün u. s. w. auf morastigen Wegen vom 23. bis
81. l)ec. bei eintretendem starken ßegen, über chcm jimus ^ ez-
zaka (im 16. Jahrhundert regelmässige Pilgerstation; die ent-
stellten Namen bei Hartmanx, Africa p. 862), el- arisch ^ umm
el-hasan (Helffkichs Hemelesin, Troilo's Melhesan), katjU, el-
ghurübl , j el-cikTda^ 6 Stiniden von es - scilihijja , hidbais , el-
'^akrascha (Jäküt V, 25) nach Cairo zurück. ^)
Bonn. J. Gidemeister.
1) Um der Vermuthung zu begegnen, es könnte in einer in Cairo 1S75
auf 63 SS. in kl. 8 gedruckten Reisebeschreibung : Ed-dalilu l-amin lis-sijähati
'1-bahijja fi 'I-aktäri "1-mukaddasati 'sch-schämijja, »Zuverlässiger Führer für
die schöne Reise in die syrischen heiligen Gegenden« etwas Neues enthalten
sein, ist zu bemerken , dass der christliche Verfasser , Nachiah Salili , dessen
auf dem Umschlag aufgeführte AVerke Übersetzungen aus dem und in das
Französische und Italienische enthalten, von Alexandrien nach Beirut, von
dort nach Damascus und wieder zurück mit Abstecher nach Baalbek, dann
nach Jafa, Jerusalem, Jericho, Bethlehem, Jafa, Port Said mit Dampfschiffen
und der Post fuhr , und dass seine Beschreibungen , so weit sie nicht Persön-
liches betreffen, einem französischen Guide entnommen scheinen. Neu ist auf
dem Wege von Zahle nach Baalbek die Nennung einer Mühle , tähün esch-
schalämijja; das sonst Talliye genannte Dorf schreibt der Vf. tälijja und
Abla ablall.
Correspondenzen aus Jerusalem.
Herr Baiirath C. Schick schreibt mir unter dem 22. Septem-
ber ISSO:
«Hinter dem Ölberg. ungefähr zehn Minuten nordöstlich un-
terhalb der Stelle, ■wo man neuerdings den sog. liethphagestein
entdeckt hat, machen die Bethanier Ausgrabungen. Ich ging
kürzlich hin und besah die Sache. Man hatte kleine Häuser mit
Mosaikboden und zwei sehr grosse Cisternen aufgedeckt, auch
Marmor- und Säulenstücke gefunden. ])ie Mosaiken sind, ob-
wohl zum Theil in verschiedenen Farben, doch etAvas roh. Man
nennt die Lokalität Chirbet En Kasche.« (Der Name ist unbe-
kannt) .
Der kaiserliche Konsul Herr Freiherr von Münchhausen
theilt mir unter dem 24. November ISSU Folgendes mit:
»Die vor einem Jahre bei Gaza gefundene Kolossalstatue ist
nunmehr von den türkischen Behörden nach Jafa geschleppt -wor-
den, um von da nach Konstantinopel eingeschifft zu ■werden.
Letzteres -war bisher jedoch noch inimöglich, da die Lloyd-Kapi-
täne befürchten, die Statue möchte zu sch^wer für die Krahnen
ihrer Dampfer sein. Es soll nun damit auf die Ankunft eines tür-
kischen Kriegsschiffes gewartet werden.«
H. GUTHE.
Zeitschrift d.Di-utschea Palästina -Yereim BcLIH, Heft 2 u.3 .
Tafel V.
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Leipiitf. in Commission bei K-Baeileker.
1880.
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'■:^:^;fmW
Zeitschrift
des
Deutschen Palaestiua-Vereins.
Herausgegeben
von dem geschäftsführenden Ausschuss
unter der verantwortlichen Redaction
von
Lic. Hermann Guthe.
Band IV.
Mit 8 Tafeln.
Leipzig 1881
in Commission bei K. Baedeker
Druck von Breiticopf und Uärtel ia Leipzig.
Inhalt
des vierten Bandes der Zeitschrift des Deutscheu
Palästina-Vereins.
Seite
Nachrichten über Angelegenheiten des Deutschen Vereins zur Er-
forschung Palästinas I
Rechenschaftsbericht über das Vereinsjahr 1880 III
Personalnachrichten und geschäftliche Mittheilungen IX
Verzeichniss sämmtlicher Mitglieder etc XII
Liste arabischer Ortsappellativa. Von A. Socin 1
Sarkophage und Grabinschriften aus Jerusalem. Von V. Schnitze . . 9
Zion, Davidstadt und die Akra innerhalb des alten Jerusalem. Von
Dr. Klaiber 18
Mittheilungen über Leben, Sitten und Gebräuche der Fellachen in
Palästina. (II.! Von F. A. Klein 57
Beiträge zur Palästinakunde aus arabischen Quellen. I und II. Von
J. Gildemeister 85
Instruction für die Sammlung von Steinmetzzeichen. Von F. Rziha. 93
Instruction für das Studium der Bergfriede. Von F. Rziha .... 96
Die Siloahinschrift. Von E. Kautzsch 102
Ausgrabungen in Jerusalem. Von H. Guthe 115
Bericht über neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Palästinalite-
ratur 1880. Von A. Socin 127
Die Besitzungen des Johanniterordens in Palästina und Syrien. Von
Dr. Hans Prufz 157
Der Name chän minje. V^on J. Gildemeiste7- 194
Zwei angebliche deutsche Pilgerschriften des 15. Jahrhunderts. Von
Dr. WUhelm Erman 200
Ueber die Schrift Schaare Jeruschalajim. Von M. Steinschneider . . 207
Studien über die Einwohnerzahl des alten Jerusalem. Von C. Schick 211
Georgische Inschrift aus Jerusalem, entziffert von ZugarelU 222
Beiträge zur Bibliographie der Palästinaliteratur im Anschluss an eine
Besprechung von Dr. W. A. Xeiwia»» 224
IV
Seite
Kopeat, Karäwä, Alexandrium. Von J. Gildemeister 245
Saul's Reise I. Sam. Cap. 9. Von C Schick 247
Ueber die Siloahinschrift. Von H. Gtithe 250
Die Siloahinschrift. Von £. Kautzsch 260
Bücheranzeigen : Itinera hierosolymitana et descriptiones terrae sanc-
tae. — Plan des heutigen Jerusalem 120
Spiess, das Jerusalem des Josephus 273
Tafeln : .. Zu Seite
I. Altchristlicher Mosaikboden vom Ölberge und Mosaikfragment
bei der neuen russischen Kirche auf dem Ölberge, mit
Situtuationsplan von C. Schick 9 ff.
II. Tafel zur Instruction für die Sammlung von Steinmetzzeichen,
von F. Rziha. (Lithogr.) 93 ff.
III. Tafel zur Instruction über das Studium der Bergfriede, von
-F. Eziha. (Lithogr.) 96ff.
IV. Die Siloahinschrift, nach der mehrfach revidirten Copie von
C. »ScÄJcA;, auf die Hälfte reducirt. (Lithogr.) 102 ff.
V. Übersichtskarte der Besitzungen des Johanniterordens in Pa-
lästina. (Lithogr.) 157 ff.
VI. Georgische Inschrift aus Jerusalem. (Lithogr.) 222 ff.
VII. Die Siloahinschrift, gezeichnet' von H. Guthe (auf die
Hälfte reducirt). (Lithogr.) 250 ff.
VIII. Die Siloahinschrift , nach dem Gypsabguss gezeichnet von
A. Socin. .(Lithogr.) 260ff.
Nachrichten
über
Aiigelegeiilieiteii des Deutschen Vereins
zur
Erforschung Palästina's.
Ztschr. d. Pal.-Ver. iV.
Becheuschaftsbericht über das Yereinsjalir 1880.
Die Mitglieder des geschäftsführenden Ausschusses sahen sich,
Dank der erfreulichen Vermehrung des Expeditionsfonds, welcher im
letzten Jahresbericht erwähnt werden konnte , im Sommer des ver-
gangenen Jahres vor die Aufgabe gestellt, Vorschläge für die Arbeiten
zu entwerfen , die auf Kosten des Vereins in Palästina in Angriff zu
nehmen seien. Dieselben gingen aus Erörterungen hervor, welche von
den Mitgliedern des geschäftsführenden Ausschusses theils in gegen-
seitigem Austausch , theils unter Berathung von Autoritäten . wie
Pfarrer Dr. Fiiikee, und Baurath C. Schick, angestellt waren. Aus-
grabungen am Ophel, dem südlichen Ausläufer des östlichen Hügels
der Stadt Jerusalem, schienen den sichersten Erfolg zu versprechen.
Das »Rundschreiben an die Herren Mitglieder des weiteren Comite's«
etc. sagt mit Bezug auf diesen Plan : »Ist auch der definitive Erfolg
solcher Unternehmungen von Faktoren abhängig, die sich möglicher-
weise den gewissenhaftesten Erwägungen entziehen . so unterliegt es
doch keinem Zweifel, dass Untersuchungen an der genannten Stelle,
wo nicht zu wichtigen archäologischen Funden, so doch zur Lösung
topographischer Fragen führen werden.« Es ^^'^lrden daher die Mit-
glieder des weiteren Comite's ersucht, die theilweise Verwendung der
Mittel des Expeditionsfonds zu Arbeiten an den Abhängen des Ophel
zu genehmigen. Nachdem die Zustimmung zu den Vorschlägen des
Ausschusses ohne Widerspruch erfolgt war, reichte der Unterzeichnete,
nach längeren einleitenden Verhandlungen , ein Gesuch an das aus-
wärtige Amt des deutschen Reiches um Auswirkung des nöthigen Fer-
mans von der Hohen Pforte ein. Wenn auch dasselbe bis heute noch
nicht erledigt ist , so kann es wohl kaum einem Zweifel unterliegen,
dass es der kaiserlich deutschen Botschaft in Konstantinopel gelingen
wird, von der Hohen Pforte einen Ferman für die geplanten Unterneh-
mungen zu erlangen.
IV
Der Unterzeichnete, welcher binnen kurzem eine Reise nach dem
heiligen Lande antritt, denkt sofort nach seiner Ankunft an Ort und
Stelle die Arbeiten in Angriff nehmen zu können. Derselbe freut sich,
auf die bereitwillige Unterstützung des kaiserlich deutschen Consuls
in Jerusalem rechnen zu dürfen, und hofft, durch die Erfahrung und
Sachkunde des Herrn Baurath C. Schick in der Ausführung der von
dem Ausschuss beabsichtigten Arbeiten kräftig gefördert zu werden.
Je grösser die Schwierigkeiten sind, welche der Boden Jerusalems den
Ausgrabungen entgegenstellt, und je reger das Interesse ist, welches
dieser ehrwürdigen Stätte anhaftet, um so lebhafter regt sich der
Wunsch, dass der letzte Entschluss an Ort und Stelle nicht fehl treffe
und dass glückliche Hände einen werthvollen Erfolg dem deutschen
Palästina- Vereine bereiten !
Dasselbe Rundschreiben, welches dem weiteren Comite die Vor-
schläge zu Ausgrabungen unterbreitete, enthielt auch den Antrag, »Herrn
Baurath C. Schick in Jerusalem einen Kredit von zunächst 300 Mark
anzuweisen«, damit derselbe im Stande sei, wichtige Funde sofort aus-
beuten zu können. Dieser Antrag war veranlasst durch die zufällige
Entdeckung einer Inschrift an der Felswand desSiloahkanals, vergl.
ZDPV. III, p. 54 f. Die von dem weiteren Comite sofort bewilligten
Mittel verwandte Baurath Schick zum Theil dazu, den unteren Theil
des Kanals, in welchem sich die Inschrift befindet, von Schutt zu rei-
nigen, dadurch den Wasserspiegel tiefer zu legen, um nun die Aus-
dehnung der Inschrift sicher untersuchen zu können. Die Arbeiten,
welche am 9. November 1880 mit Erlaubniss des Pascha begannen,
erlitten eine Unterbrechung, da Herr Schick in Folge der schlechten
Luft im Innern des Kanals erkrankte . Nach seiner Wiederherstellung
nahm Schick eine möglichst genaue Kopie der Inschrift und später
noch mehrere Abklatsche. Welche Schwierigkeiten indess der Lesung
der Inschrift entgegenstehen und inwieweit es bis jetzt möglich ist,
den Werth derselben zu beurtheilen, werden die Leser aus der in die-
sem Bande sich findenden weiteren Mittheilung über die Inschrift (s.
p. 102) ersehen. — Ferner hat diese wichtige Entdeckung den Anlass
gegeben , in Jerusalem ein Lokalcomite zu bilden und demselben die
Befugniss zu verleihen, ausser dem Herrn Schick persönlich verwillig-
ten Kredit von 300 Mark weitere 500 Mark aus Vereinsmitteln durch
einstimmigen Beschluss zur Ausbeutung von zufällig gemachten Fun-
den anzuweisen. Dieses Lokalcomite besteht aus den in Jerusalem
wohnhaften Mitgliedern des weiteren Comite' s des Vereins , Herrn
Freiherrn von Münchhausen , Herrn Lic. Dr. Reinicke und Herrn
Baurath Schick, unter dem Vorsitz des erstgenannten Herrn Sgl. da-
rüber ZDPV. m, p. XXV;.
Die Zeitschrift verdankt auch in diesem Jahre wiederum werth-
volle Mittheilungen der Theilnahme, welche die in Palästina ansässigen
Mitglieder des Vereins seinen Bestrebungen zuwenden. Ausser den
verschiedenen Beiträgen von Schick, unter welchen die Untersuchun-
gen der Klöster in der Wüste Juda obenan stehen, erwähne ich beson-
ders den Plan von Jafa und die Karte der Umgebung von Jafa (Bd. III,
Tafel ni) , beides Arbeiten , welche an Genauigkeit und Sorgfalt der
Ausführung das betreffende Blatt der neuen englischen Karte über-
treffen und ohne Frage bis heute die zuverlässigste kartographische
Darstellung dieser Küstenstrecke bieten. Herr Cand. G. Schwarz,
damals in Jafa, hat durch seine erläuternden Worte zu dem Plane
und der Karte das Verständniss derselben gefördert. Die geschickte
Feder des Herrn F. A. Kleix lieferte den Anfang von Mittheilungen
über Leben, Sitten und Gebräuche der Fellachen in Palästina und wird
die Leser der Zeitschrift durch die Fortsetzung derselben erfreuen.
Auch von anderer Seite stehen Beiträge über diesen Gegenstand in
Aussicht. — Der Plan, geographische und historische Nachrichten
über Palästina aus altjüdischen, syrischen und arabischen Werken für
die Zeitschrift zu bearbeiten, ist durch eine umfangreiche Correspon-
denz erörtert worden. Ich erwähne besonders die Herren J. Giede-
MEiSTER, A. DE GoEjE, Th. NöLDEKE und A. SpRENGEK, welche durch
ihren umsichtigen Rath die Angelegenheit wesentlich gefördert haben.
Als festes Resultat hat sich eine Theilung der Aufgabe herausgestellt.
wie sie schon in der ersten Aufforderung des Unterzeichneten ange-
deutet war. Sie betrifft eine Scheidung zwischen den längeren Ab-
schnitten, welche im Zusammenhange Palästina oder angrenzende
Theile von Syrien behandeln, und zwischen den kürzeren, mehr
beiläufigen, auf Palästina und Syrien bezüglichen Bemerkungen, wel-
che sich bei Schriftstellern aus dem erwähnten Umkreise finden. Die
ersteren sollen thunlichst in chronologischer Folge in Übersetzung und
mit erklärenden Anmerkungen in der Vereinszeitschrift veröffentlicht
werden ; das vorliegende Heft bringt die ersten Proben dieser Art, von
der sachkundigen Hand des Herrn Prof. J. Gildemeister. Die letz-
teren sollen gesammelt, alphabetisch geordnet und zu einem »Lexi-
kon syrischer Ortsnamen aus arabischen Quellen« ver-
einigt werden. Wie dieser vorläufig angenommene Titel erkennen
VI
lässt, sind die Verhandlungen hauptsächlich mit Bezug auf die ara-
bische Literatur geführt worden. Ob die Angaben gleicher Art aus
syrischen Quellen ebenfalls in das Lexikon aufzunehmen seien oder
nicht, ist noch nicht definitiv entschieden. Die Nachrichten über Pa-
lästina aus altjüdischen Quellen von der Mischna an werden voraus-
sichtlich in besonderen Beiträgen gesammelt und durch die Zeitschrift
veröfi'entlicht werden. Besonders der zeitraubende und weitläufige Ver-
kehr durch Correspondenz ist der Grund, dassder »Entwurf eines Lexi-
kons syrischer Ortsnamen aus arabischen Quellen« noch nicht end-
gültig hat festgestellt Averden können. Hoff'entlich gelingt dieses auf
der zweiten Generalversammlung des Vereins im Herbst dieses Jahres.
Es wird besser sein, erst dann Genaues über den ganzen Plan und die
Art seiner Ausführung mitzutheilen . Ich spreche hier allen denjenigen,
welche ihre Mitarbeit an dieser Aufgabe so freundlich waren in Aus-
sicht zu stellen, lebhaften Dank aus und bitte zugleich, ihre Theil-
nahme diesem Plane erhalten zu wollen. Sollten noch Andere, denen
die Aufforderung nicht zugegangen ist, zur Mitwirkung bereit sein, so
wollen sich dieselben gefälligst während der Zeit meiner Abwesenheit
an Herrn Prof. Dr. J. Gilde meister in Bonn wenden. Derselbe wird
überhaupt bis zur Rückkehr des Unterzeichneten zu jeder weiteren
Auskunft in dieser Angelegenheit bereit sein.
Herr W. Duisberg in Jerusalem hat dem Vereine im vergangenen
Jahre ein besonderes Zeichen seiner Bemühung um die genauere
Kenntniss des heiligen Landes zugesandt. Er hat durch einen deut-
schen Tischler, P. Michel in Jerusalem, eine geschmackvoll geordnete
Sammlung derjenigen Holzarten, welche in Palästina verarbeitet zu
werden pflegen, anfertigen lassen und sie dem Vereine geschenkt.
Diese Sammlung enthält 95 Nummern, von jeder Holzart zwei Stücke,
das eine im Längen-, das andere im Quer durchschnitt. Die Samm-
lung befindet sich (jetzt in Berlin, wo Herr Prof. P. Ascherson die-
selbe behufs wissenschaftlicher Bestimmung zu prüfen bereits be-
gonnen hat. Derselbe wird nach Vollendung dieser Arbeit einen
Bericht darüber in unserer Zeitschrift verüä'entlichen. Da Herr Pro-
fessor P. AscHERSON der beste Kenner der orientalischen Flora ist, so
verweise ich um so lieber auf die von ihm in Aussicht gestellte Be-
schreibung und Beurtheilung und spreche in diesem Jahresberichte
nur noch den wärmsten Dank des Vereins an Herrn W. Ditisberg in
Jerusalem für seine Gabe aus. Möchte dieselbe bald Nachfolger ähn-
licher Art haben !
vn
Die Palästinabibliothek hat sich auch im verflossenen Jahre wieder
werthvoller Geschenke von verschiedenen Mitgliedern des Vereins zu
erfreuen gehabt. Die halbjährlichen Berichte weisen Näheres über den
Zuwachs auf. Hier erwähne ich nur, dass Se. Excellenz der k. preuss.
Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medicinalangelegenheiten,
Herr von Puttkammer, dem Vereine drei Exemplare der »Anleitung
zu wissenschaftlichen Beobachtungen auf Reisen«, herausgegeben von
Prof. Dr. Neumayr, geschenkt hat, sowie dass durch die Güte des
Herrn Rektor Dr. C. Zimmermann in Basel die Vereinsbibliothek in
den Besitz der »Ordnance Sxirvey of Jerusalem« 1865 gekommen ist.
Allen geehrten Gebern, genannten wie ungenannten, sei der wärmste
Dank ausgesprochen. Die neue englische Karte von Palästina ist aus
Vereinsmitteln angekaiift worden.
Die Revision der Rechnung über die Einnahmen und Ausgaben
des Vereins haben auch in diesem Jahre die Herren Prof. Dr. J. Gilde-
meister und Pfarrer K. Fitirer gütigst überaommen. Mit dem besten
Dank an diese Herren für die darauf verwandte Mühe schliesse ich
diesen Bericht.
Leipzig, 21. Febr. 1881.
Für den Ausschuss
H. GlTTHE.
In Folge der verlängerten Abwesenheit unseres Redacteurs sind
wir genöthigt, die Aufzählung der neuen Eingänge unserer Bibliothek
auf das nächste Heft zu verschieben. — Über den Erfolg der Ausgra-
bungen in Jerusalem, speciell am Ausgange des Tyropöon wird Herr
Lic. GuTHE in Berlin mündlichen Bericht erstatten; wir hoffen im
nächsten Hefte Ausführlicheres darüber zu bringen.
Tübingen, 8. Aug. 1881.
Für die Redaction
A. SociN.
Auszug aus der ßecliuuug über £inuahm<
Eiuualimeu.
M 1037 65 3^ Rückständige Jahresbeiträge von 1878 u.
- 3294 89 - Laufende Jahresbeiträge von 1880.
- 190 10 - für 10 Exemplare Jahrgang I und 9 Exemj
Jahrgang II von neu eingetretenen Mit}
dern nachbezogen.
■'■c^^
- 614 — - für 12 Jahrgang I, 14 Jahrgang II und 50 J
Jt 5136. 64 ^ gang III durch den Buchhandel abgesets
Jl 3000 — 3^ Ausserordentlicher Beitrag d. Königl. Pr«
Ministeriums der geistlichen etc. Angele
heiten in Berlin.
20 — - desgleichen von Herrn Dr. M. Krenki
Dresden.
16 — - desgleichen von Herrn Staatsrath HiTP
in St. Petersburg.
15 — - desgleichen von Herrn Professor Dr.
Delitzsch in Leipzig.
- 3061. 10 — - desgleichen voniM.BÖHRiNGERinBönnigl:
Jl 120 — ^ für getrennte Coupons von 4 Stück '6% Sä
sehe Rente ä 1000 Jl. p. 1880.
- 22 50 - desgleichen von 5 Stück 'i% Sächsische I
- 142. 50 - a 300 ^/. pro April — October.
32. 31 - Gutschrift an Zinsen und Agio für vor dem Zahh
Termin gezahlte Rechnungen.
Jl 8372. 45 - Summa der Einnahmen,
- 7249. 20 - - der Ausgaben, also
Jl 1123. 25 - Bestand baar.
An Vermögen besitzt der Verein ferner :
Jl 3174. — ^ 4 Stück \\% Sächsische Rente ä 1000 J
Cours (am 4. März 1881) von 79,35.
M 4381. 50 - - 1207. 50-5 Stück 3^ Sächsische Rente ä 300 Ji
Cours von 80,50.
Ausserdem sind noch ca. Jl 700 an Jahresbeit
rückständig.
Revi
Die Rechnung des Palästina- Vereins für 1880 ist nach (
Bonn, 14. März 1881.
Zürich.
gäbe der Kasse des D. P. A . im Jahre 1880.
Ausgaben.
259. 92 ^ Saldovortrag von voriger Kechnuug.
993. 18 - für Druck, Lithographie etc. der Zeitschrift Band III und
von Accidentien.
92. 92 - - Buchbin der- Arbeiten.
Honorar, als :
M 500. — 3jt. für Redaction der Zeitschrift von 1S80.
- 403. 96 - - Beiträge zur Zeitschrift.
903.
96
309.
75
25.
—
53.
70
17.
82
für Porti und Abschreibekosten:
- Reisekosten.
Jl 11. 10 ^ an die Revue archeologique als Preis-Un-
terschied für 1 Exempl. der Zeitschrift.
- 42. — - für 1 Map of Western Palestine.
für ausgelegte Frachten.
Jf 300. — ^' Zahlungan Herrn Baurath Schick in Jeru-
salem.
503. — - - 3. — - für Wechselspesen von J. FRUTIGER& Co.
in Jerusalem berechnet.
150. — - für Cassaführung an den Buchhalter.
6. 75 - - Packpapier zur Versendung der Zeitschrift.
133. 20 - - - angekaufte 4 Stück 3^ Sächsische Rente ä 1000^//
incl. Courtage etc.
i49. 2U ^•
Karl Baedeker, d. Z. Kassirer.
icht.
*rüfung in vollkommenster Ordnung befunden worden.
J. Gildemei.<;ter.
K. FuRRER.
Personaluachrichteu und geschäftliche Mittheilungen.
Als Mitglieder sind dem, Verein ferner beigetreten :
Alstein, Fr., Lehrer in Lüneburg.
Behm, Dr. phil. M. Th., Gymnasiallehrer in Doberan (Mecklenburg).
Bibliotheken :
Akademie von Neuchätel (Schweiz) Prof. H. Ad. Naville.
Stadtbibliothek in Mainz, Dr. Velke.
V. Bredoiü. Graf, zu Goerne bei Friesack, Mark Brandenburg.
Fahrngruber , Johmin , Aushilfspriester in Geversdorf , Nieder-Oster-
reich.
Gautier, Dr. Luden, Professor in Lausanne.
Körten, Pfarrer in Rölsdorf bei Düren.
Märcker, Franz, erster Lehrer an der deutsch-evangelischen Schule in
Jerusalem.
Mehnert, Oswald, Antiquar-Buchhändler in Dresden.
Miescher, PfaiTcr in St. Gallen.
Xapier, W. R., Rev. in London.
Prinz, H., zweiter Lehrer an der deutsch-evangelischen Schule in Je-
rusalem.
V. Proskoivetz, Dr. M., in Kwassitz (Mähren).
Schapira, M. W., Buchhändler in Jerusalem.
Wieffand, Pfarrer in Schliprüthen bei Serkenrode.
Wolters, F., Rev. in Jerusalem.
Durch den Tod verlor der Verein die Mitglieder :
Hirsch, Aron J., in Halberstadt.
Kosut, Dr. Jar., in Prag.
Loth, Dr. 0., Professor in Leipzig.
Es traten aus :
Amsler. K., königl. belg. Consul in Beirut.
Birmann. eidgen. Ständerath in Liestal.
XI
Geher, Carl, Cand. theol., in Basel.
Gonell, Pfarrer in Katznase bei Altfelde, "Westpreussen.
Görgens, Dr. E. P., Professor in Bern.
Hirsch, Gustav, in Berlin.
Holst, J., Pastor in Riga.
Jörg, Dr. med. Chr. Osw., in Leipzig.
Kirstein, Dr. med. in Berlin.
Kölling, Lic. H., Superintendent in Roschkowitz.
Stutzer, G., Pastor in Xeu-Erkerode.
Vereine :
Capitel-Lese -Verein von Gunzenhausen.
Vieiveg, /. , Pastor in Kloschwitz bei Plauen.
Herr Dr. M. Krenkel in Dresden hat dem Verein als ausser-
ordentliche Gabe für den Expeditionsfond die Summe von 20 Mark
überwiesen.
Herr Im. Böhringer in Bönnigheim desgleichen die Summe von
10 Mark.
Verzeichniss sämmtlicher Mitglieder des Deutschen Vereins
zur Erforschung Palästina's.
Seine Majestät der Deutsche Kaiser und König von Preussen.
Seine Majestät der König von Württemberg.
Seine Königliche Hoheit der Grossherzog von Mecklenburg-
Schwerin.
Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz des Deutschen
Reichs und von Preussen.
Seine Durchlaucht der Fürst von Hohenzollern-Sigmaringen.
Abbot, Ezra, Professor in Cambridge, Nordamerika.
Aberle, H. G., Sekretär d. Gesellschaft d. deutschen Tempels in Stutt-
gart.
Alstein, Fr., Lehrer in Lüneburg.
V. Alten, Baron, geh. Legationsrath in Montreux.
Antonm, Archimandrit in Jerusalem.
Arndt, Dr. 7Vi., Seminaroberlehrer in Dresden.
Asc/ierson, Professor T)y.P., in Berlin.
Auerbach, Dr. Z., Rabbiner in Halberstadt.
Auning, Pastor in Sesswegen, Livland.
Baarts, Pastor d. deutsch-franz . ev. Gemeinde in Beirut.
Baedeker, K., in Leipzig.
Ball, Dr., Ober-Consistorialrath in Coblenz.
Barclay, J., Lord Bishop of Jerusalem.
Barrelet, J., Pastor in Boiidevilliers, Neuchätel.
Barth, Dr. /. , Professor in Berlin.
Bassermann, Dr. H., Professor in Heidelberg.
Baethcke, Pfarrer in Schwarzhausen Thüringen' .
Bättig, Niki., stud. theol. nel Seminario maggiore in Mailand.
V. Baudissin, Graf, Dr. W., Professor in Strassburg.
Baur, /., Pfarrer in Dietershofen bei Klosterwald.
xni
Baur, Dr. G., Consistorialrath ii. Professor in Leipzig.
Behm, Dr. phil. , Heinr. M. Th., Gymnasiallehrer in Doberan Meck-
lenburg) .
Behrmann, Hauptpastor an St. Michaelis in Hamburg.
Berliner, Dr. A., Docent am Rabbinerseminar in Berlin.
Bernays, Dr. /. , Professor in Bonn.
Berthemi, Dr. E., Hofrath u. Professor in Göttingen.
Bertheau, Carl, Pastor an St. Michaelis in Hamburg.
Bibliotheken :
der Akademie von Neuchatel (Schweiz) Professor H. Ad. Naville,
der Hochschule für die Wissenschaft des Judenthums in Berlin,
Prof. Dr. Lazarus.
der israelitischen Cultusgemeinde in Wien, Dr. FranhL
der Synagogengemeinde in Breslau, Dr. M. Brann.
des Rabbiner-Seminars in Berlin, Dr. A. Berliner.
Diöcesanbibliothek Hornberg (Baden), Pfarrer Fr. Zimmermann
in Gutach.
Gymnasialbibliothek in Ehingen.
in Rottweil.
Königliche öffentliche Bibliothek in Stuttgart.
Ministerialbibliothek in SchafFhausen, C. A. Bächtold, Pfarrer.
Öffentliche Bibliothek in Basel, Dr. L. Sieher.
- in Leyden, Holland.
- in Oxford, Dr. Neuhauer.
Stadtbibliothek in Frankfurt a/Main, Dr. Hatieisen.
in Hamburg, Dr. Islcr.
in Mainz, Dr. Velke.
Universitätsbibliothek in Dorpat.
- in Giessen.
- in Halle.
- in Leipzig.
- in Marburg.
- in Prag.
- in Strassburg.
- in Tübingen.
- in Utrecht.
Bickell, Dr. G., Professor in Innsbruck.
Boehl, Dr. E., Professor in Wien.
XIV
Boehr'mger, Immaimel, in Bönnigheim, Württemberg.
V. Böhtlingk, Dr. O., kais. russ. Staat srath in Jena.
Bonsack, P., Pfarrer in Manebach bei Ilmenau.
Bomvetsch, Mag. N., Docent der Theologie in Dorpat.
V. Bredow, Graf zu Goerne bei Friesack, Mark Brandenburg.
Braun, Dr. /. , Landes- Advocat in Prag.
Brüll, Dr. Adolf, in Frankfurt a/M.
Brüning, C'onsul des deutschen Reiches in Beirut.
Budde, Lic. Dr. C, Professor in Bonn.
Burckhardt, Dr. C. F., Alt-Bürgermeister in Basel.
Burckhardt-Zalm, Ed., Kaufmann in Basel.
Calinich^ Dr. phil., Hauptpastor an St. Jacobi in Hamburg.
Cassel, Dr. th. P., Professor und Pastor in Berlin.
Chajilin, Dr. med. Thom., in Jerusalem.
Chapuis, Dr. P. , Professor in Lausanne.
Chwohon, Dr. Dan., wirkl. Staatsrath und Professor in St. Petersburg.
Clausen, Consistorial-Rath in Brügge bei Bordesholm (Holstein) .
Conrady, L., Pfarrer a. D. in Miltenberg.
Dnlton, Consistorial-Rath in St. Petersburg.
Delitzsch, Dr. Franz, Professor in Leipzig.
Dieckmann, R., Pastor in Beggerow bei Demmin.
Dillmann, Dr. A., Professor in Berlin.
Dittmer, Dr. phil., Astronom und Ingenieur in Charlottenburg.
Dobel, Dr. Friedr.., Archivar in Augsburg.
Dorn, Friedrich in Memmingen.
Dörr. W . , in Bonn.
Dnisberg, W., in Jerusalem.
Ebers, Dr. G., Professor in Leipzig.
Eckhardt, C. P. W., Stud. theol. in Leipzig.
Eggerling, Superir.tendent in Werther bei Bielefeld.
Ehinger-Geigy in Basel.
Einszier, Dr. med. A., Stadtarzt in Jerusalem.
Eisenlohr, Dr., Professor in Heidelberg.
Euting, Prof. Dr. /. , 01)erbibliothekar in Strassburg.
Faber, W., Superintendent in Mansfeld.
Fahrngruber, Johann, Aushilfspriester in Gerersdorf, Nieder-Österreich.
Fag. F. R., Pfarrer in Crefcld.
Fehr. Dr. Fredi-ik, Prediger in Stockholm.
XV
Fell, Dr. Win., Gymnasiallehrer in Cöln.
Fleischer, Dr. H. L., geh. Hol'rath u. Professor in Leipzig.
Floeckner, Dr. theol., Oberlehrer in Beuthen.
Förstemann, Dr., Bibliothekar in Leipzig.
Fraas, Dr. 0., Professor in Stuttgart.
Frank, Dr., Rabbiner in Cöln.
Frenkel, Dr. E., Gymn. -Oberlehrer in Dresden.
Fromme, Pastor in Wersabe (Post Sandstedt bei Bremen) .
Fruit ff er ^ Comp., J., in Jerusalem.
Fm-rer, Dr. K., Pfarrer in Zürich.
Gautier, Dr. Luden, Professor in Lausanne.
Gildemeister, Dr. /. , Professor in Bonn.
Godet, Dr. F., Professor in Neuchiitel.
de Goeje, Dr. M., Professor in Leyden.
Goldziher, Dr. /., Docent an der Universität in Budapest.
Gosche, Dr. R., Professor in Halle.
Grätz, Dr. H., Professor in Breslau.
Grossmann, Lic. Dr., Superintendent in Grimma.
Gi'ünhaum, Dr. M., in München.
Grimdt, Dr. F. /. , Oberlehrer in Dresden.
Gxähe, Lic. H., Docent in Leipzig.
Hagenmeyer , ev. Pfarrer in Gross-Eichholzheim, Baden.
Hagerup, H., Buchhändler in Kopenhagen.
Halherstamm, S. J. , in Bielitz, Oestreich.
Halevy, J ., Professor in Paris.
Harkavy, Prof. Dr. Alh., Bibliothekar an der k. öflentl. Bibliothek in
St. Petersburg.
Harnacli, Dr. Ad., Professor in Giessen.
Hartmann, Dr., Kanzler des kais. deixtschen Consulats in Beirut.
Hefter, Rever. Dr. A.^ in Frankfurt a/Main.
Heinrici, Dr., Professor in Marburg.
Helle, Dr. F. W., in Jauernig, Österr. Schlesien.
Hemann, Pfarrer im Proselytenhaus in Basel.
Heucke, Pastor in Schwerin.
Heussler, G., Pfarrer in Basel.
Hildesheimer , Dr. /. , Seminardirector in Berlin.
Hildcshcimer, A., in Halberstadt.
Hildesheimer, Levi, in Odessa.
Himpel, Dr. F., Professor in Tübingen.
XVI
V. Hitrow, W., kais. russ. wirkl. Staatsrath in Petersburg.
Hoßmann, Lic. C. , Superintendent in Frauendorf bei Züllchow, R.-
Bez. Stettin.
Hoffmann, Ch., Vorsteher des Tempels in Jerusalem.
Hoffmann, Dr. G., Professor in Kiel.
Hollenberg , Dr. /., Gymnasiallehrer in Moers.
Hommel, Dr. Fritz, Bibliothekar in München.
Hoernle, Dr. A. F. Rudolf, OfFg. Principal ^ladrasah Calcutta.
Illes, Stefayi, z. Z. auf Reisen.
Jäger, Louis, Buchhändler in Basel.
Jenner, W. . Pfarrer in Calvörde, Braunschweig.
Jonas, Dr. juris, Advocat in Frankfurt a/M.
Knftan, Dr. /., Professor in Basel.
Kalliicoda, Günther, Abt des Benediktinerstifts Raigern bei Brunn.
Kalmus, Julius, in Berlin,
Kaempf, Dr. S. J., Professor in Prag.
Kamphausen, Dr. A., Professor in Bonn.
Kattenbusch, Dr. F., Professor in Giessen.
Kauffmann, J., Buchhändler in Frankfurt a/M.
Kautzsch, Dr. E., Professor in Tübingen.
Kersten, Dr. phil. O., in Berlin.
Kiepert, Dr. H., Professor in Berlin.
Kiepert, Dr. phil. R., va. Berlin.
Kind, Dr. A., Diakonus in Jena.
Kinzler, Adolph, Pfarrer im Missionshaus in Basel.
Klaiber, Dekan in Göppingen, "Württemberg.
Klein, Stadtpfarrer in Pforzheim.
Klein, Rev. i^. ^ , in Sigmaringen.
Kneucker, Dr. /. /. , Pfarrer in Ziegelhausen bei Heidelberg.
Kober-Gobat, P. J. F., in Basel.
Koch, A. W., Hofprediger in Sofia.
Kfigel, Dr., Hofprediger in Berlin.
Köhler, Dr. A., Professor in Erlangen.
Kol, E., Bankier in Utrecht.
König, Dr. /. , Professor in Freiburg i. Br.
König, Lic. Dr. E., Oberlehrer u. Docent a. d. Universität in Leipzig.
Kornfeld, Dr. med. H., in Wohlau.
Körten, Pfarrer in Rölsdorf bei Diiren.
Krafft, Dr., Professor in Bonn.
XVII
Krähe, Dr. phil. Ed., Stadtschulinspektor in Berlin.
Krause, Alhr., Pastor an St. Catharina in Hamburg.
Krehl, Dr. L., Professor und Oberbibliothekar in Leipzig.
Krenkel, Dr. Max, in Dresden.
Kugler, Dr., Professor in Tübingen.
Küper, Dr., Consistorialrath in Stettin.
de Lagarde, Dr. P., Professor in Göttingen.
■ de Laharpe, Dr., in Genf.
Landgraff, Dr. Th., in Heidelberg.
Lantz, ^egierungs- und Baurath in Cassel.
Lange, R., Rittergutsbesitzer in Lohausen b/Kaiserswerth.
Leyding, Superintendent in Geversdorf a/d. Oste (Hannover) .
Legrer, Pfarrer, Plochingen (Württembergj .
Lichtenstein, Dr. Alh., in London.
Lindner, Dr. Br., Docent an der Universität in Leipzig.
Lorange, Dr. med., in Beirut.
Loeiveyithal, H., in Cassel.
Loytved, königl. dänischer Vice-Consul in Beirut.
Lütge, H., Pastor in Amsterdam.
Lütticke, Vice-Consul des deutschen Reiches in Damascus.
Lüttke, M., Pfarrer in Schkeuditz bei Halle a/S.
Lützenkirchen, A. L. C, Stud. phil. in Leipzig.
Märcker, Franz, erster Lehrer an der deutsch-evang. Schule in Jeru-
salem .
Marti, Lic, Pfarrer in Buus im Kanton Basell'and.
Mayer, Dr. phil., A., Professor in Leipzig.
Mehnert, 0., in Dresden.
Menzel, Dr. A., Professor in Bonn.
de Meuron, H., Pastor in St. Blaise, Canton Neuchätel.
Mezger, Seminarephorus in Schönthal, Württemberg.
Miescher, E., Pfarrer in St. Gallen.
V. Moltke, Graf, Exe, Feldmarschall in Berlin.
Mönckeberg, Dr. th., Archidiakonus an St. Nicolai in Hamburg.
Moody, A., engl. Prediger in Budapest.
Mühlau, Dr. F., kais. russ. Staatsrath, Professor in Dorpat.
Müller, Dr. /. P., Mennonitenprediger in Emden.
Müller, Dr. A., Professor in Halle.
V. Münchhausen, Freiherr, kais. deutscher Consul in Jerusalem.
Ztschr. d. Pal.-Ver. IV. K
XVIII
Miink, E., Rabbinatsassessor in Altona.
Napier, Freder., in London.
Nupier, W. R., Rev. in London.
Nestle, Dr. E., Helfer in Münsingen, Würtemberg.
Neuland, Pastor in Peterscapelle, Livland.
Neumann, Dr. W. A., Professor in Wien.
Nieden, Dr., Generalsuperintendent in Coblenz.
Nöldeke, Dr. Th., Professor in Strassburg.
Nowack, Lic. Dr., in Berlin.
Oort, Dr. H., Professor in Leyden.
V. Orelli, Dr. C, Professor in Basel.
Osgood, Howard, Professor in New-York.
Palm, Dr., Professor in SchafFliausen.
Palmer, F., Vorsteher der englischen Zionsschule in Jerusalem.
Paul, Heinr., Stadtvikar in Schwetzingen, Baden.
Paulus, Dr. /. , Pfarrer in Clcversulzbach bei Neuenstadt, Württem-
berg.
Pestalozzi^ Pfarrer am Grossmünster in Zürich.
Philippi, Dr., Professor in Rostock.
Photios , Archidiakonus des Kreuzklosters bei Jerusalem.
Preisivcrk, S., Pfarrer an St. Alban in Basel.
Prinz, H., zweiter Lehrer an der deutsch-evang. Schule in Jerusalem.
von Proskowetz, Dr. M., in Kwassitz (Mähren).
Prym, Dr. E., Professor in Bonn.
Rahener, M. S., Directyr in Jassy, Rumänien.
Rainiss, Julius, Professor und Stiftsbibliothekar in Zircz, Ungarn.
Redslob, Dr. G. M., Professor in Hamburg.
Reinicke, Lic. Dr., evangelischer Pfarrer in Jerusalem.
Reusch, Dr. P\ H., Professor in Bonn.
Reuss, Dr. E., Professor in Strassburg.
Richter, Dr. /. P., in London.
Riehm, Dr. E., Professor in Halle a/S.
Ricss, Dr., Domkapitular in Rottenburg a. N.
Riggmbanh, Dr. /. , Professor in Basel.
Ritschi, Dr. Albr., Consistorialrath u. Professor in Göttingen.
Röhricht, Lic. Dr. Reinhold, Oberlehrer am Humboldtsgymnasium in
Berlin.
du Roi, Ad., Amtsrichter in Salder, Braunschweig,
Röpe, H., Pastor an St. Jacobi in Hamburg.
XIX
Rnsc/i, G., Pfarrer in Hermaringen im Brenzthal, Wg.
V. Rosen, Baron V., Docent in Petersburg.
V. Roth, Dr. R., Professor in Tübingen.
Rothe, H., Seminarlehrer in Cammin, Pommern.
Rothstein, Lic. Dr., Gymnasiallehrer in Elberfeld.
Ruetschi, Dr. R., Decan u. Professor in Bern.
Ryssi'l, Lic. Dr. F., Überlehrer u. Docent a. d. Universität in Leipzig.
Sachse, Dr. G., Gymnasiallehrer in Posen.
Sandberger, Oberhelfer in Tübingen.
Sandreczki, Dr. med., in Jerusalem.
Sandreczki, Dr. C, in Passau.
Sarasin- Bischoff, Theodor, Kaufmann in Basel.
Sarasin-Stehlin, Ritd., Kaufmann in Basel.
Sattler, Dr. E., Privatier in Fluntern b/Zürich.
Schaff, Rev<J. Dr. Phil., Professor in New-York.
Schanz, Dr. P., Professor in Tübingen.
Schapira, Alex., in Gaza.
Schapira, M. PT., Buchhändler in Jerusalem.
Schegg, Dr. P., Professor in München.
Schick, Conr., königl. Württemberg. Baurath in Jerusalem.
Schieiden, Dr. H. C, in Hamburg.
Schlottmann, Dr. C. , Professor in Halle a/S.
Schmidt, K., Lic. theol., Pastor in Sternberg (Mecklenburg).
Schnall, K., Propstei-Cooperator an der Votivkirche in Wien.
Schönecke, L., Kaufmann in Jerusalem.
Schrader, Dr. E., Professor in Berlin.
Schrameier, W., in Duisburg.
Schroeder, Dr. P., Dolmetscher bei der kaiserl. deutschen Botschaft
in Constantinopel.
Schröder, Dr. phil. C, in Leipzig.
Schulte, Dr., Pfarrer in Erwitte b/Lippstadt.
Schultz, Generalsuperintendent in Reval.
Schürer, Dr. E., Professor in Giessen.
Schwarz, G., Director der Deutschen Schule in Beirut.
Seesemann, H., Director des livl. Landesgymnasiums in Fellin.
Seil, 0., Stud. theol. in Leipzig.
Siegfried, Dr. K., Prof. in Jena.
Sieveking, Dr. jur. Herm. , in Hamburg.
Sievers, G., Pastor in Neustadt a/d. Dosse, Brandenburg.
XX
Siffrisi- Weber, C, Kaufmann in Beirut.
Smend, Lic. Dr. Rud., Professor in Basel.
Socin, Dr. A., Professor in Tübingen.
Sommer, Dr. /. G., Professor in Königsberg.
Spaich, Pfarrer in Degenfeld bei Schwab. Gmünd.
Sprenger, Dr. A., Professor in Wabern bei Bern.
Stade, Dr. B., Professor in Giessen.
Staehelin, Dr. E., Pfarrer in Basel.
Steck, E., Pfarrer an der reformirten Gemeinde in Dresden.
Steffensen, Dr., Professor in Basel.
Steiner, Dr. H., Professor in Zürich.
Stetiglein, Reichsanwalt in Leipzig.
Stü^kel, Dr. /. G., Professor in Jena.
Stockmeyer, Dr. /,, Antistes und Professor in Basel.
Strack, Dr. Herm. L., Professor in Berlin.
Strattss, Dr. F. A., Hofprediger in Potsdam.
Streit, Dr., Gymnasialdirector in Colberg.
Siilze, Dr. E., Pastor in Dresden-Neustadt.
Snrsock, Dragoman des kaiserl. deutsch. Consulats in Beirut.
Thurhecke, Dr. H., Professor in Heidelberg.
Trtimpp, Dr. phil. E., Professor in München
V. Ustinow, Baron Plato, in Jafa.
Valeton, J. J. F., Professor in Groningen.
Vereine :
Alliance Israel, universelle in Paris.
Capitel-Lese-Verein von Rotlienburg a/Tauber (Bayern), Pfarrer
Brnglocher .
Deutscher Verein in Jafa.
Lesegesellschaft »zur Harmonie« in Frankfurt a/M., Ad. Baer.
Palestine Exploration Fund in London.
Pastoral-Gesellschaft , Anhalt-Dessauische , Archidiaconus Hesse
in Dessau.
Predigerverein von Broistedt , Pastor W. Schroeter in Broistedt,
Braunschweig.
Vischer-Hcussler, Dr. W., Professor in Basel.
Vischer-Sarasin, Adolf, Kaufmann in Basel.
Vogel, A., Pfarrer in Hohen-Reinkendorf b. Tantow, Pommern.
XXI
Volck, Dr. W., kais. russ. Staatsratli und Professor in Dorpat.
Vuilleumier, Dr. //., Professor in Lausanne.
Wackeryiagel, W., Rev. Prof. in Allentown, Pennsylvanien.
JVufftier if Debes, Geographische Anstalt in Leipzig
Wellhausen, Dr. /., l'rofessor in üreifswald.
Wenzel, Dr. phiL H., in Oxford.
Weser, Lic. H., Pastor in Berlin.
Weyrich, Pastor in Arrasch, Livland.
Wiegand, Pfarrer in Schliprüthen bei Serkenrode, Westfalen.
Wieseler, Dr., Consistorialrath und Professor in Greifswald.
Wilson, Charles W., Major R. E. in London.
Wille, Landgerichtsdirektor in Breslau und Mitglied des Reichstages.
Wolf, Dr. Ph., Stadtpfarrer in Rottweil.
Wollers, Rev. Th. F., in Jerusalem.
Wright, Dr. W., Professor in Cambridge, England.
Zander, Gymn. -Oberlehrer in Gütersloh.
Zart, Dr., Gymnasiallehrer in Fürstenwalde.
Zeller, Rev. /., Missionar in Jerusalem.
von Zielen-Schwerin^ Graf zu Janow bei Clempenow, Kreis Anclam.
Zimmermann, Dr., Gymnasial-Rector in Basel.
V. Zuylen van Nyevelt, Graf, königl. niederländ. Gesandter in Wien.
Geschlossen am 8. August 1881.
Die Redactioii.
Zur Beachtung.
Die statutenmässige Generalversammlung des Deutschen
Palüslina -Vereins tvird Millwoch den 14. September dieses
Jahres Abends 5 — 7 Uhr im Universitätsgebäude zu Berlin
abgehalten werden. Die verehrUchen Mitglieder und alle
Gönner des Vereins werden hierzu freundlichst eingeladen.
Als Praelandnm liegt u. a. die Besprechung ilber ein aus
arabischen Quellen zu schaffendes Ortslexicon von Palästina
und Syrien vor. Etwaige Anträge an die Generalversammlung
oder Ankündigungen von Vorträgen bittet man bis spätestens
zum 7. September an Herrn Dr. 0. Kersten, Berlin SW.
Planufer 93 schriftlich einzusenden.
Der geschäftsführende Ausschuss.
Liste arabischer Ortsappellativa.
Von Professor A. Socin in Tübingen.
Indem ich hiemit unternehme, das in ZDPV. III, p. 184
gegebene Versprechen zu lösen, erlaube ich mir, der nachfolgen-
den Liste arabischer Ortsappellativa einige Avenige Bemerkungen
vorauszuschicken.
Bei der Zusammenstellung der Liste bin ich von dem auf
dem ersten l^latte der englischen Karte sich findenden Verzeich-
nisse ausgegangen, habe jedoch dasselbe nicht nur in verschie-
deneu Punkten verbessert, sondern vor Allem auch wesentlich
erweitert. Bei dieser Erweiterung bin ich absichtlich sogar so
weit gegangen, dass ich einestheils auch solche Appellativa auf-
nahm, von denen ich nicht weiss, ob sie überhaupt in Eigen-
namen vorkommen ; anderntheils habe ich auch einzelne Worte
aufgeführt, welche sich, wie zum Beispiel Adjectiva, häufig im
zweiten Theile von Ortsbenennungen finden. Natüj:lich war es
schwierig, bei dieser Zusammensetzung der Liste eine Grenze
für das Aufzunehmende zu ziehen ; Winke, nach welcher Rich-
tung dieselbe zu ergänzen sein möchte , werde ich dankbar an-
nehmen. Die ganze Arbeit ist nicht darauf angelegt, Kennern
des Arabischen etwas Neues zu bieten, sondern gerade solchen,
denen dieKenntniss jener Sprache fehlt, als Hilfsmittel zu dienen.
DiePlurale (pl.) und Femininformen (fem. ; sind, wo es mir irgend-
wie nothwendig schien, beigefügt ; dagegen habe ich darauf ver-
zichtet, die Verbindungsform (status constructus, die Form der
Worte vor einem nachfolgenden Genitiv) ausdrücklich anzu-
führen; es schien mir genügend, darauf hinzuweisen, dass die-
selbe sich zunächst bei Feminin Wörtern von der gewöhnlichen
Ztsehr. .1. Tal. -Vor. IV. 1
Form nur dadurch unterscheidet, dass die auslautende Endung
a, e in at, et verwandelt wird. Wo die Plural- oder Diminutiv-
formen allzvisehr von der gewöhnlichen Form abzuweichen
schienen, d.h. m den Fällen, w^o ein den Laien beirrender Wech-
sel im Anlaut eintritt, wurden die abgeleiteten Formen besonders
aufgeführt. Ungleichheiten in Betreff der "N'ocalisation konnten
natürlich nicht vermieden werden. Einzelne Benennungen,
welche mir bloss aus der englischen Liste bekannt sind, wurden
mit einem Stern * bezeichnet.
ah. gew. abu. Vater; vor Geni-
tiven Besitzer, Inhaber von . . .
dbjad fem. heidä, hecjä. weiss.
ahmar fem. hami'ä, roth.
'^ain pl. \ijün^ ^vjü?i^ 'ajwi,
Quelle.
'äkabe, Bergsteige , Hügelab-
hang.
alä fem. 'zilj'ä . ilja . höher,
höchste.
'^ätJiücl pl. 'moänücl, Säule.
'^aräk pl. "^ örkän oder arkän,
Höhle.
ard., Erde, Boden, Land.
\irküb, Thalbiegung.
ai>fcd, fem. stifä oder si^ä, nie-
driger, niedrigste.
asfar fem. safrtij gelb.
atahe^ Oberschwelle derThüre.
at_ar, Fusseindruck, Spur.
^aiüänüd s. ämüd.
azrak fem. zerkä. blau.
häh pl. ahxväh oder hlhan. Thor,
Thüre, Durchgang.
hiidije, Wüste, Steppe.
haljara, Bassin, Dimin. hihh'a.
hahr. Meer. See, grosser Fluss.
haijüra, hijära^ Baumgartenan-
lage (auch mit einem Land-
haus) die mit einer Cisterne
bewässert wird (Jäfä) .
buk a oder buJca und bika,
Thalebene zwischen zwei
Bergreihen.
bassa, »Platz, der feucht ist und
worauf Gras wächst, weil
mitunter Wasser daselbst
stehenbleibt.« (Schick).
batJ/ia, eine von Wasser durch-
flossene rmd mit Kieseln be-
deckte Ebene (?)
batn, breites Thal, Bodende-
pression. Inneres.
bauwäbe, ThorAveg.
bedar pl. bejädii\ Tenne.
beidü^ bedä s. abjad.
beled pl. biläd. Ortschaft,
benät s. bint.
beni s. ibn.
berrlje, Wüste, Ebene, Felder.
Je^ pl. bijTitj Haus, Beduinen-
zelt.
bi'a^ Synagoge.
blbün s. bäb.
bijüt s. bei.
bik'a s. bak a.
hiläd (s. beled)^ Ortschaften,
Land, Heimat,
bint pl. betiüt^ Tochter.
bi7' pl. bijär^ Cisteme, Brunnen.
birkeY>^.burc(k^ Wasserreservoir.
bke'a Diminutivum von baUa.
buheira , belßra., Diminutivum
von bahr und bahara, kleiner
See, Bassin.
buka s. baJca.
bür, büra, Brachfeld.
burak s. birke.
burdsch, Thurm.
bustän^ bistäti])].. besätm, Baum-
garten, Garten.
buivebe Diminitivum von bäb.
challdsch, Canal.
chatte, kleines Thal.
cJiän, Carawanserai.
ch andak , Grab en .
chünkäh, chänka pl. chawänik,
Kloster.
charäb oder charäbe -^LcharclHb.
Ruine.
chaschm, Nase, länglicher Vor-
sprung.
chazne, Schatzkammer, Kam-
mer.
chetne, Zelt.
chirbe pl. churab . zerstörtes,
verfallenes Gebäude, Ruine,
Ruinencomplex .
chöcha, kleines Thürchen in
der Mitte eines Thorflügels
(auch syn. mit kmvwa und
muchtarak) .
chott, breitere Strasse.
churebe, chureijib, kleine Ru-
inenstätte (Diminutivum) .
daltr, dahra, Rücken.
dar pl. dür , Haus, Wohnsitz;
Schule.
dea pl. dija, kleine Ortschaft,
Landgut.
deika, deiga, Schlucht, Enge.
der, deir pl. dijüra, Kloster.
derb, Weg; derb es-stdftmi \'g\.
fartk; derb el-hadsch, Pilger-
strasse (nach Mekka .
deredsclie, Treppe, Stufenweg.
dihllz, Vorhalle, Flur.
dijü ' s. de'a.
dijüra s. der.
dschämVa, dschama pl. dscha-
wmni\ grosse Moschee.
dschebel pl. dschibäh dschebZil,
Gebirgszug, Berg.
dschedul fem. dsched-'ide, Dimi-
nutivum dschededfeia. dsche-
deide, dschedede, neu.
dschenne])\. dschinän, dschenän;
Diminut. dschenene, Baum-
garten.
dscheztre pl. dschazüHr, Insel,
Halbinsel.
dschisr, Brücke, Damm. Träger.
dscJtdf, Höhlung. Niederung.
dschubb, Brunnen.
dschTin, dschime. Bucht, Golf.
dschüra oder dschöra, Höhlung.
Grube.
dsrhi/rd. kahle, hohe Bergkette.
dschurf, Bachufer, an welchem
das Wasser den Boden weg-
spült, oder weggespült hat;
1*
auch einzeln stehende Erhe-
bung am Ufer des Wädi.
duJckcm\)\. dekäk'm, Kaufladen.
clür s. dar.
dmcZir, kleineres Beduinenla-
ger, einige im Kreis aufge-
stellte Zelte. (Steinkreis).
eskele., Hafen, Seehafen.
ferlk^i grosses Beduinenlager,
Lager eines ganzen Stammes.
ßrdaus , ßrdös , Diminuti\Tim
fureidls, ftü'edts, feredls.,
schöner Baumgarten (Para-
dies) .
fT>kcmi fem. Jokä, oberhalb be-
findlich.
fjhadir, Ort, wo sich zeitweilig
Wasser ansammelt.
gharhi fem. gliarhvje., westlich.
(jlior, Niederung, Tiefland.
(jhuioeir., ghuwer Diminutivum
von ghör.
ghufUj Gartenland.
gumrukchane ., gumruk., Zoll-
stätte, Zollhaus.
hadd pl. hudüd., Grenze, Rand.
had'ir^ hadlre., ein mit Zäunen
oder Mauern eingeschlossener
Platz.
hadschar pl. hidschür.i Stein.
haf'ire pl. hafiiir, Giiibe.
Ää'^V, hait pl. hJtän, Mauer.
hakl. Feld, Acker.
häkVo'a, ein Feld, auf welchem
Gemüse gezogen wird.
hamäd, Steppe.
hammäm, heisses Bad.
hamrä s. ahmar.
haram, Jiaräm, heiliger Bezirk.
hüre, Quartier.
harra^ Vulcanregion.
haud oder höd, Tränkstelle,
Tränkreservoir.
hesch., Wald, Waldgebirge.
hirsch, Wald.
höschj Hof, Gehöfte.
hösn, hisn, hmn, Festung.
hudschra, Zimmer, Gemach.
ihn pl. Verbindungsf. bani oder
beni, Sohn. (Auch wie ahu
und umm gebraucht) .
ijcile s. toilüje.
iklim. Provinz, District.
istabl, Stall.
ka, Ebene.
kaa, hoher Saal.
kabr pl. kubür, Grab.
kabü, unterirdisches Gewölbe.
kadäj Gerichtsbezirk, Bezirk.
ka/if, Höhle, Grotte.
kmsarije, überwölbte Bazar-
halle.
kafa, Castell, Burg.
kanü, kanäje pl. kaiiawäi, Was-
serleitung, Wassercanal, Di-
minutivum knej'e.
* kanän , Bergrücken , Berg-
kamm. Von Schick's Ge-
währsmann rcnän geschrie-
ben, wohl unrichtig.
kantara pl. kcmUiir, Diminuti-
vum kunetera , kenetera.,
1 brücke. Brückenbogen, Ge-
wölbebogen.
5
haria^ jeder von Gebäuden,
Mauern und anderen hervor-
ragenden Gegenständen freie
Platz.
karje pl. kura., Ortschaft.
kam pl. kurün^ karain Dimi-
nutivum kurein^ Hörn, auch
von einem Berge.
kasr pl. kusür, grosses Haus,
festes Gebäude, Schloss.
kasfal, Castell.
kefr Diminutivum kefer, kfer,
Dorf (aus dem Syrischen) .
ketilse Diminutivum kuneijise^
kuneise , kumse . ketiese,
Kirche.
kerm pl. kurüm, Weingarten,
E-ebberg.
kibli fem. kibltje^ südlich.
killäj'e, Zelle eines Mönchs, Ein-
siedlers.
kimme, Gipfel eines Berges.
küm, Haufen.
kiibhe Diminutivum kubebe. ke-
hebe^ Kuppelgebäude. Kup-
pel.
küra, Gegend, Bezirk, Land.
kiis&r ^ kser Diminuti^iim von
kasr.
kmca^ Luft- und Lichtloch.
ledschü, Zufluchtsort.
lisä/i, Landzunge.
lulif, Fuss eines niedrigen
Höhenzuges.
machäde, Fuhrt.
machzen-^\. machäzin, Magazin,
Speicher.
müde7ie pl. majüditi^ Minaret.
malialle., Gehöfte. Quartier.
majaii, Quellplatz.
maküm , eigentlich Standort,
Platz; dann besonders Hei-
ligenkapelle,
makbara, Friedhof.
makta . Ort, woselbst man über
einen Fluss setzt.
maktal., maktale , Platz an wel-
chem Jemand getödtet worden
ist.
mamlaha pl. mafnälih^ Platz auf
welchen Salzwasser zum
Zweck des Verdunstens und
der SalzgeAvinnung geleitet
wird.
manära, Ort für Feuersignale,
Landmarke, Thurni, Gränz-
stein.
mantara, Platz, von wo aus ein
Feldhüter Ländereien über-
sieht, überwacht.
mär., Heiliger (aus dem Syri-
schen) .
märistän.1 Spital, Irrenhaus.
maschraf pl. maschärif, An-
höhe, Bodenerhebung.
masjada , Gehege , in welches
man Gazellen hineintreibt.
maslach., Ort, wo Thiere ge-
schlachtet werden.
masna\ off'ene Cisterne. Reser-
voir für Regen wasser.
masfaba, Estrade mit Sitzen.
mafch . natürliche , teichartige
Niederung mit felsigem
Grunde.
6
matla Y>^. )natali\ Anstieg, Aus-
sichtspunkt.
matmür , matmäre , nnterirdi-
scher Getreidebehälter.
medine pl. madä'in, Stadt.
medrese pl. madäris , höhere
Schiüe.
medschdel, Burg, Thurm.
mehkeme, Gerichtshaus.
menzil , Unterkunftsstätte, Ab-
steigequartier s. d. f.
fne?izül , öffentliches Absteig-
quartier.
me7'ähj umzäunter Platz für
Herden.
meidcm, offener Platz, Ebene.
merdsch , Wiese, Graswiese,
Wiesenland.
merkah, Warte; Wachtthurm.
mersä^ Ankerplatz.
mersed^ Warte.
meschhed^ Ort, wo Jemand ge-
tödtet worden ist, gefallen ist.
mesdschid, Betplatz, Moschee.
yyietti. Rücken, Hochrücken.
mezär ^ Sanctuarium, zu wel-
chem man wallfahrtet.
mezraa pl. mazürt Diminuti-
vum mezeri'a^ bebautes, be-
pflügtes oder urbares Land,
Meierei.
mihräh, Gebetsnische.
mlnci, Hafen.
mizräb Dirainut. mezerih^ Was-
serfall, Rinnsal, Traufe.
muchtaraJi , schmaler, offener
Raum zwischen zwei Häusern .
mvdauicar f. mudauwara^ rund.
mughara^ meghara^ emghüra'^X.
meghair^ mughäHr^ emgliä^ir,
mughr, Höhle.
muntär s. mantara.
müristän = märistän.
mustakim^ gerade.
nahije^ District, Kanton.
nähr, perennirendes fiiessendes
Wasser, Bach, Fluss.
nakh Diminutivum nheh^ Pass.
nämTis pl. naioämls ^ Ruinen von
Häusern und Gräbern (Sinai) .
7ieh a, Quell.
nebi^ Prophet.
nezel, grösseres Beduinenlager,
dessen Zelte in gerader Linie
aufgeschlagen sind.
7ikeb s. nakb.
rabioe^ Hügel, Bodenerhebung.
raml^ ramle^ Sandhügel.
ras pl. riCüs oder rüs , Kopf,
Spitze, Vorgebirge.
rasif, Römerstrasse.
resm pl.7'e^s«m, resüm^ Ruinen-
spuren.
ribäfa, 7'ibä(, Hospiz.
ridschm oder 7'udschm pl. rw-
o?5c/'wm, Steinhaufen, Diminu-
tivum 7'udschem.
rukn, Winkel.
7'umele Diminutivum von raml^
7-amle
7'uwäk, Galerie, Halle.
ruiveis, rmocs, rtiwese Diminu-
tivum von 7'äs.
sabcha, salzgeschAvängerter Bo-
den.
sädüd pl. saicädul^ Pfeiler.
safä^ Fels, bes. kahle steile
Felswand.
safh, Fuss eines Berges.
safrZi s. asj^ar.
sähil, Meeresufer, Uferland.
sahl, Ebene.
sakrä, grosse unbebaute Ebene.
sahrldsch^ artesischer Brunnen.
sahive, Gebirgsrücken, Höhen-
rücken.
säkij'a, Wasserschöpfmaschine.
säkne , Vorstadt , Aussenquar-
tier.
sathr^X.sutTih, eig.Dach; Spitze,
Hochfläche, TeiTasse.
sarbUf pl. saräbU, Hügel, Berg-
gipfel (Sinai),
schakk, Spalte, Riss.
schob pl. sehe üb, Abzweigung
eines Thaies.
schedschere s. sedschere.
scheich, schech, Häuptling, Hei-
liger.
scheklf^ grosses Felsstück, das
vom Berge herunterstürzt
oder herunterstürzen will.
scherriali [schemeli] fem. schemü-
lije^ nördlich.
scheinet., Platz an einem Flusse,
woselbst man Wasser holt,
dann Fluss selbst.
scher ki fem. scherMje., östlich.
schukf, Felsklippe.
sebll., öff"entlicher Brunnen nicht
»wayside fountain«, sondern
ein »auf dem Wege Gottes«
gestifteter, Jedermann's Be-
nutzung anheimgegebener
Brunnen) .
sedschere eigentlich schedschere]
Baum, Strauch.
seijid, Herr, Heiliger (fem. sei-
jide^ sede, sitt) .
seil oder sei., Eegenbach.
serüi, Regierungsgebäude.
slk, Zellengallerie.
sikke, Strasse.
sira pl. sijar , Hürde, Schaf-
hürde, Steinring.
sitt, Frau, Heilige s. seijid.
sußä s. asfal.
sük pl. asiväk, Bazar.
sür, Ringmauer einer Ortschaft.
sutüh s. safh.
suiceika, kleine Bazargasse, Di-
minutivum von sük.
tabaka., grosses Zimmer auf der
Terrasse, Terrasse, Podium.
tahtüni fem. talitü. unterhalb
befindlich.
tühüne pl. tmoühm^ Mühle.
tüka, Wandnische.
taVa, Bergsteige, Aufstieg.
tantm\ hohe Mütze.
tarlk. Weg; tarik es-stdtäni
Hauptstrasse.
teklje, Kloster, Hospitz.
teil pl. tulül, telül, Hügel, bes.
künstlich aufgeworfener Erd-
hügel.
temed , Höhlung , in welcher
sich ein Rest von angesam-
meltem RegeuAvasser findet.
temile pl. tamä'il, Wasserrest,
8
bes. ein solcher^ der in einer
Felsvertiefuug übrig geblie-
ben ist.
tenljej Pass, der über einen
Hügel geht.
tughra, Engpass, Spalte.
tuleil oder iulel oder telel, Di-
minutiv, von teil, pl. tulelZit.
für, Gebirge (aus dem Syri-
schen) .
tiirhe pl. turab, Grabkapelle.
\djä s. alä.
umm, Mutter; vor Genitiven,
Besitzerin, Inhaberin von . . .
wüd'i oi\.exwäd pl. toudjZm, Thal-
bett.
wahd , wahde . Absturz eines
Berges ; unterster Abhang
eines Berges.
wa^r , Gegend, deren Terrain
Schwierigkeiten bietet, durch
spitze Steine u. dergl.
loatä, Ebene, Niederung.
well , muslimischer Heiliger,
Grab eines solchen.
wilüje, Provinz, von einem Ober-
statthalter [^ücdi) regilt.
wukr, Felskluft (Versteck).
zäivije pl. zawäjä. Kapelle.
ze7'kü s. azrak.
ziüiok, zekZik, Gasse.
Sarkophage und Grabinschriften ans Jernsalein.
Von Lic. Tictor Schultze in Leipzig.
(Hierzu Tafel I.)
I.
Schon seit einer Reihe von Jahren sind in der Umgebung
von Jerusalem durch Zufall oder in Folge planmässiger Ausgra-
bungen kleine Sarkophage aus Kalkstein zum Vorschein ge-
kommen, die in mancher Hinsicht Interesse beanspruchen. So-
weit ich sehe , geschieht dieser eigenartigen Monumente zuerst
bei EoBiKSON i) Erwähnung , welcher zwei Exemplare im soge-
nannten Grabe des Joseph imd Nikodemus in Jerusalem selbst
fand. Das eine mass 4 englische Fuss Länge ; das andere bot
noch geringere Dimensionen. Ein reicherer Fund von zwanzig
Stück Avurde im Jahre 1866 im Nordwesten der Stadt gemacht,
Avorüber Baurath Schick in der » Illustrirten Zeitung« (1866,
Nr. 1224, p. 408 f.) referirte. Bald darauf berichtete auch der
Palestine Exploration Fund 2] über mehrere neu entdeckte Sarko-
phage dieser Gattung und die von Clermont-Gakneau in der
Nekropole des Wadi Yasoul bei Jerusalem im Jahre 1874 gelei-
teten Ausgrabungen förderten eine Aveitere Anzahl zu Tage 3) .
Im September vergangenen Jahres endlich Avurde Aviederum eine
Anzahl derselben am südlichen Abhänge des Kidronthales, zehn
Minuten unterhalb des hir eij'iih aufgefunden, aaIc ich einer aus-
führlichen Mittheilung darüber an die Redaction dieser Zeit-
schrift seitens des Herrn Baurath Schick entnehme. Ebender-
1) Robinson, Neuere Biblische Forschungen (Berlin 1857), p. 178, 235.
2) Our Avork in Palestine, Lond. (1874), p. 156 (nebst Abbildung!. Vgl.
auch The recovery of Jerusalem [London 1871), p. 493 f.
3) Kevue archeol. Nov. Ib78, p. 2.
10
selbe berechnet die Zahl der bis jetzt zum Vorschein gekommenen
Sarkophage auf dreihundert. Demnach ist nur ein ganz kleiner
Bruchtheil dieser Summe der Forschung bekannt geworden.
Die Existenz von Kalksteinsarkophagen ^] dieser Klasse hat
Clermont - Ganneau auch in Lydda constatirt, und nach einem
Berichte von Neroutsos-Bey 2) über die in den Jahren 1874 bis
1S75 in Alexandrien ausgeführten Ausgrabungen haben auch die
jüdischen Katakomben daselbst mehrere Exemplare geliefert 3).
Die Sarkophage sind sämmtlich aus einem Aveichen, weissen
Kalksteine angefertigt. Die Area ruht auf kurzen, stämmigen
Füssen und weitet sich nach oben bis ungefähr zu einem Sechstel
ihrer Basisbreite. Der Deckel ist entweder platt oder dachförmig
oder gewölbt und greift durch eine Fuge in den Sarkophag-
körper ein. Die Länge der kürzlich in Jenisalem gefundenen
Exemplare bewegt sich zwischen 0,80 und 0,35 m. Das Durch-
schnittsmaass beträgt 0.6 m. Als Maasse eines alexandrinischen
Sarkophages ergaben sich: Länge 0,61; Breite der Basis 0,24;
Höhe 0. 13 ; Wandstärke 0,05 (Revue archeol. 1873 Nov. p. 303).
Die Mehrzahl, wie es scheint, ist an der Langseite, d. h. der
Vorderwand, und an den beiden Schmalseiten mit Graffito-Orna-
menten versehen. Nach den vorliegenden Beschreibungen und
Zeichnungen zu urtheilen, hielt sich diese Dekoration innerhalb
eines beschränkten Spielraumes und war durch bestimmte Tra-
dition gebunden. Sechsblätterige Rosetten und stilisirte Pflanzen,
umschlossen durch einfache oder gedoppelte Kreise oder durch
geradlinige geometrische Figuren — das ist das Grundschema
dieser glatten , mathematischen Ornamentik , die nur einmal,
soviel bekannt, durch eingesetzte Palmzweige und Colonnadcn
reicher und voller gestaltet erscheint'*). Zuweilen waren die
ornamentirten Seiten leicht mit Roth überdeckt, aus dem die
graffirten Linien weiss hei*vortreten.
1) Revue archeol. 1873, Juin p. 400.
2) Xotice sur les fouilles recentes executees ä Alexandrie 1ST4 — 1875.
Alex. 1S75, p. 49. Vgl. auch das Schreiben von Coli.ucci-Bey in der Revue
archeol. 1S73, Nov. p. 302 ff.
3) Ob ein in Quarterly Statement 1873, p. 24 als in »Khirbeth Khazneh«
(bei Nazarethj befindlich erwähnter Sarkophag dieser Klasse angehört, ist
leider aus dem Berichte selbst nicht zu erkennen. Vgl. auch p. 2^.
4j Abgebildet in Our work in l'alestine p. 15(i.
11
Nur in seltenen Fällen tragen die Sarkophage Inschriften.
Die bisher bekannt gewordenen sind :
1) lAeiPOC — lAeiPOC ICüANOY. Revue archeol. 1873, Juin p. 407 ff. Da-
selbst als im Garten des deutschen Consulats befindlich bezeichnet. —
lAeiPOC = n-XT
2; ICÜCHnOC ICüCHnOC — ICüCHROC IACPOY. Sarkophag in der Sammlung
Parent. Copie in der lUustrirten Zeit. a. a. O. n. 3' . Vgl. SaULCY,
Bulletin du Mu.see Parent p. 23; Revue archeol. a. a. O. p. 407. —
wahrscheinlich ist auch hier, in Abweichung von Saulcy, mit Cler-
moxt-Ganxeau zu lesen: lAeiPOY.
3' BePNIKH (oder BePNIKHCl. Darunter die hebräische Transscription -pjn.
In der Sammlung des Palestine Exploration Fund. Vgl. Revue archeol.
a. a. O. S. 402 ff.
4) Auf der Area TTTOAMA (= nToX|i.ä; , IlToXfiaTo;!. Auf dem Deckel ein
hebräisches Graffito, welches Saulcy las: Tix'i t'^'to {[l'an] le 4 de
Adar), Renan : i"^xi "^SlTa = theca J airi Journal asiatique, six^e
Serie XI, p. 539 f.) nach Analogie von eHKH, GHKH AIA(l>ePOYCA.
Nach Renan iSlra Substantiv nsn oder Participialform = ^STj-q =
continens Jairum). Sowohl die Erklärung Saulcy's als diejenige Re-
nan's hat Levy (Zeitschr. d. DMG. XXIII , p. 441 ff.) beanstandet,
ohne jedoch in der Lage zu sein, eine andere vorzuschlagen. — Dass
Deckel und Area ursprünglich nicht zusammen gehören, scheint Cler-
mont-Ganxeau (in der Revue archeol. a. a. O. p. 411 ff.) erwiesen zu
haben. — Der Sarkophag gehört der Sammlung Parent an.
5) ■]5n',n"' "in rcni. Auf einem jetzt im Louvre befindlichen, wahrschein-
lich aus Jafa stammenden Sarkophage. Zuerst mitgetheilt und in der
angegebenen Weise gelesen von Clermont-Ganneau Revue archeol.
1878, Nov.).
6) i'n'ni. Sarkophag des Wadi Yasoul. Clermont-Ganneau a. a. O.
7) r^D-ni. Gleicher Provenienz. Clermoxt-Gaxneau a. a. O.
8) nCÜAAA. Auf einem der jüngst aufgefundenen Sarkophage. ricuXXa,
rio/.Xa, Polla, bekannter griechisch-römischer Name.
9) ZHNAPOYTOC. Derselben Gruppe angehörig. Die Etj'mologie ist
dunkel.
Die Sarkophage fanden sich sämmtlich in Felsenhöhlen 2) ,
die auch ans dem natürlichen Gestein ausgearbeitete Gräber von
1) Dazu bemerkt indess Clerm.-Gaxx. a. a. O. p. 414 : »On a par inad-
vertance place le nom ICÜCHTTOC suivi du patronymique IACPOY, sur la face
ornementee de l'ossuaire, tandis que , d'apres M. de Saulcy, qui doit avoir
raison, puisqu'il a puexaminer lemonument ä lolsir, le patronymique n'existe
que sur la branche du coffret.«
2) über den genauem Standort Neroutsos-Bey a. a. O. S. 49: »ces cas-
settes etaient placees dans de petites niches creusees ä cet eft'et dans les parois,
ou deposees par terres dans quelque coin de la chambre mortuaire.«
12
(leu bekannten Formen enthielten. In Jerusalem entdeckte
man sie namentlich in den Gängen des Kidronthals und des 01-
bergs , auf der Höhe zwischen Jerusalem und Lifta und in der
Nähe von Mär Eljäs. In den Särgen waren noch stark verweste
Knochenreste vorhanden, aus denen erkannt werden konnte,
dass bei der Bestattung die Cremation nicht in Anwendung ge-
kommen war. Ausserdem fanden sich in denselben dünne Glas-
phiolen (sog. Thränenfläschchen) , die zur Aufnahme von Salben
dienten und in antiken und altchristlichen Gräbern ein gewöhn-
liches Inventarstück bilden (Abgeb. bei Saulcy, Voyage I.
p. 359).
Der Zweck dieser Kalksteincassetten, welche an die Aschen-
urnen heidnischer Columbarien erinnern, erscheint auf den ersten
Blick dunkel. Die Cremation, welche durch sie vorausgesetzt zu
werden scheint, wurde von den Juden ebensowenig geübt wie in
der alten Kirche. Auch fehlen, "v^ie bereits erwähnt, Spuren von
Feuerbestattung. Andererseits dienten zu regelrechten Bestat-
tungen Felsgräber oder Steinsarkophage von einem der Grösse
des Todten entsprechenden Längenmaasse. Exemplare solcher
normaler Steinsärge sind in den jerusalemitischen Königsgrä-
bern ^), in Rom 2) und sonst 3) gefunden worden. Offenbar also
haben wir in den ganz anders bemessenen vmd gestalteten Urnen
Monumente zu sehen, die nur in Ausnahmefällen dienten. Aber
wie sind diese letztern zu bestimmen ? Die Verfasser von »Our
work in Palestine« *) haben die Meinung ausgesprochen , dass
diese Cassetten die Überreste von Märtyrern umschlossen, w'elche
provisorisch begraben und dann in diese Sarkophage über-
geführt seien. Diese Vermuthung, an sich wenig wahrschein-
1) ToBLEK, Topogr. V. Jerus. p. 294; 295 Anm. 1 ; 308. — Sarkophag
in der Pelagiaka])elle in Jerusalem mit der Inschrift : 6APCI AO IMSTIAA;«; |
OYAIC AGAN | ATOC (Saulcy, Voyage en terre sainte II, p. 2S2}.
2) Exemplar im Museo Kircheriano in Rom mit dem Titulus GNSAAG
Kei|TAI *AYCTINA (s. meine »Archaeol. Studien«, Wien 1880, S.271); ein
zweites in der jüdischen Katakombe der Vigna Randanini (Garrucci, Cimi-
tero degli ant. Ebrei S. 19 ff.;.
3j RojJiNSOX la. a. O. p. 14, 23 f., 42, 44, 442, 482 f.).
4) p. 156 f.: »It is possible that the individuals thus interred were mar-
tyrs ignominiously buried at first and afterwards exhumed and honoured with
more carel'ul interment.« Wiederholt in »The recovery of Jerusalem« p. 493.
13
lieh, lässt sich durch nichts stützen. Saulcy i) hatte früher die
Cassetten seltsamerweise für Schatzkästchen erklärt, was schon
durch den Inhalt widerlegt ^vird, später aber 2] sich dahin ausge-
sprochen, dass sie zur Aufnahme der Leichnamsreste dienten,
die man bei eingetretener Uberfüllung des Grabesraumes aus
den Gräbern entfernt habe. Ihm haben Nekoutsos (a. a. O.
p. 49) und Clermont-Ganneau (a. a. O. 1S73, p. 399) beige-
stimmt. In der That kann die llichtigkeit dieser Hypothese,
welche durch schriftliche Zeugnisse gut begründet ist , nicht in
Frage gestellt Averden. Ich vermuthe, dass die kleinen Nischen,
welche in verschiedenen altjüdischen Grabanlagen nachgewiesen
sind"') und deren Grösse derjenigen der Kalksteinurnen ent-
spricht, demselben Zwecke gedient haben, ausgenommen die zur
Aufnahme von Lampen bestimmten Höhlungen. Die Sarkophage
werden von Wohlhabendem , die Nischen von Armern benutzt
worden sein.
Neben dieser Z^veckbestimmung scheint mir die Möglich-
keit offen zu stehen , dass in den Cassetten auch Leichen von
auswärts transportirt wurden. Der Umstand, dass gerade Jeru-
salem diese Monumente in so überaus grosser Zahl aufweist,
und die Anwendung griechischer Schrift machen dies w^ahrschein-
lich. Ein Begräbniss in Jerusalem ist stets die Sehnsucht der
Diaspcra-Israeliten gcAvesen. Doch sind erst weitere Funde ab-
zuwarten, ehe hierüber ein sicheres Urtheil gefällt werden
kann.
Die Zahl der jüdischen Sepulcralmonumente, welche bis zur
Gegenwart sich erhalten haben, ist eine verhältnissmässig be-
trächtliche; sie wird fast ununterbrochen durch Funde von
grösserer oder geringerer Wichtigkeit gemehrt. Leider aber fehlt
trotz des reichen Materials eine den Erfordernissen moderner
archäologischer Wissenschaft entsprechende Darstellung des alt-
jüdischen Begräbnisswesens, während keinem Zweifel unterliegen
1) Saulcy, Voyage en terre sainte I, p. 368.
2) De Saulcy, Bulletin du Musee Patent p. 21 ff.
3) So im Hinnomthale am westlichen Abhänge des ülbergs (Barclay,
The city of the great king (1857), p. 347 ; Tobler, Dritte Wanderung n. Pal.
(1859), p. 349. — Auch die mit kleinen Nischen versehenen zahlreichen Grab-
karamern in der Umgebung von Bet Dschibrin, die einer genauem Unter-
suchung noch harren, scheinen jüdischer Provenienz zu sein.
1!4
kann, dass eine solche Monographie von hohem Werthe für die
Erkenntniss altjüdischen Lebens sein würde, wie in Beziehung
auf die alte Kirche an der Katakombenforschvmg hinlänglich er-
fahren worden ist. Die von Clermont-Ganneau in Aussicht ge-
stellte Publikation altjüdischer Grabinschriften wird uns in
dieser Richtung voraussichtlich einen bedeutenden Schritt weiter
führen.
II.
A 1 1 ch r i s 1 1 i c h e Grabinschriften.
Der Boden Palästina's hat bis jetzt verhältnissmässig wenig
Monumente aus altchristlicher Zeit geliefert. Ausser einigen In-
schriften, welche zum grössten Theil im Corpus Inscript. graec.
Bd. IV. mitgetheilt sind, ist nur geringes epigraphisches und
architektonisches Material bekannt geworden. Skulpturen fehlen
ganz. Der Grund liegt darin, dass der monumentale Besitzstand
des heiligen Landes überhaupt noch nicht gründlich geprüft ist;
dass vor Allem eine Avissenschaftliche; Statistik der Denkmäler
fehlt. Nicht einmal von Jerusalem haben wir eine solche. Und
doch erscheint dieselbe in einem Lande , wo den Monumenten
der gesetzliche Schutz in Wirklichkeit fehlt, und unendlich
vieles in gewaltsamer Zerstörung untergeht, doppelt geboten.
Daneben ist die geringe Zahl der altchristlichen palästinensi-
schen Monumente wohl daraus zu erklären, dass das Land über-
haupt nie an solchen reich war. Eine nationale Kunst hat es
dort nicht gegeben . und die Abneigung des Judenthums gegen
monumentales Schaffen hat. das ist anzunehmen, unter den
ältesten christlichen Gemeinden Palästina's fortgewirkt.
Unter diesen Umständen ist jeder neue Fund doppelt will-
kommen. Der Güte des Herrn Baurath Schick verdanken wir
die Kenntniss zweier unedirter griechischer Inschriften, die in
diesem Jahre bei Jerusalem auf dem Olberge gefunden wurden.
Der Boden des Ölbergs ist mit zahlreichen Trümmerstücken
bedeckt , welche , antiken Bauten , wie Cisternen , Gräbern.
Mauern, angehören. Umgrabungen fördern von diesen Pudera
fast täglich Theile ans Tageslicht. Zu diesen gehören zwei durch
Inschriften ausgezeichnete Mosaiken. Das eine (s. Taf. VI, 1)
hat die Form eines Quadrates, dessen Seite l m misst. In dieses
15
Viereck ist ein Kreis mit einem Inschriftenbande eingelegt,
dessen äussere Peripherie 0.95 m beträgt. Das Mosaik lag fast
1 m tief imter der Erde. Über die genauere Lage berichtet HeiT
Baurath Schick: »Von der Brücke des Kidron im sog. Josaphat-
thale aus führen drei verschiedene Wege auf den Olberg; ein
nördlicher, ein südlicher und ein mittlerer. Der südliche Weg
geht durch eine Terrainfalte und biegt dann oben nordwärts
gegen das Dorf zu. Südlich von diesem Wege, nicht weit von
der Biegung nach N., liegen die sog. Prophetengräber. Nördlich
davon , zwischen dem südlichen und dem mittleren Wege, luid
ein wenig niedriger als die Prophetengräber ist die Stelle, wo das
Mosaik gefunden wurde. Die Orientirung desselben richtet sich
nach der Terrainbeschaffenheit.« Das Mosaikmuster ist sehr ein-
fach und findet sich auch sonst. Wichtiger ist die Inschrift,
welche , mit aufgelösten Ligaturen . lautet : YTT6P 6Y X H C
K(ai) ANAnAYCeOC KANSTPATOY YnOAlAKovou)
Arjia?) ANACTACeUJC d. h. »Um des Gelübdes und der
Ruhe willen des Kanstratos (?), Unterdiakonen der heiligen Auf-
erstehungskirche.« Die hier genannte 'Ayia 'Avaaraaic ist das un-
mittelbar über dem Grabe Christi sich erhebende Mausoleum,
welches durch Konstantin neu ausgeschmückt wurde (Euse-
Bius, vita Constant. III, 40) ^j . Wir ersehen aus der Inschrift, dass
die Kirche einen zahlreichen Klerus hatte ; denn darauf lässt das
Vorhandensein eines Subdiakonen schliessen. Dunkel erscheint
der Name dieses letztern. Das Wort KavozpiaTo; steht fest, und
Eigennamen mit — oTparo; zusammengesetzt, sind nicht selten 2 .
Aber wovon ist die erste Silbe, Kav — , abzuleiten ? Ich gestehe,
dass ich die Antwoi-t nicht zu geben vermag ■^] . Die Eingangs-
formel üTTsp su/r^; findet sich auch sonst im Sinne von ex voto,
doch, soviel mir bekannt, nie die Verbindung u-ip so/t^c xal
ava-au3su>c.
1) Vgl. UXGER, Die Bauten Constantins d. Gr. am hl. Grabe zu Jerusa-
lem (Gott. 1863;, p. 29 ff.
2) Auf altchristlichen Inschriften z. B. Ti|i.oa-päx7] iC.J. Gr.IV, Xr.9277),
NixoJTfiaTo; (Nr. 9301,.
3) Herr Prof. Piper in Berlin, welcher die Güte hatte, die Inschrift ein-
zusehen, möchte statt KavsToaTou lesen KavsToaiou = Kava^Tpaioo von dem
Adjektive -/.avasTpaio;). Doch ist das T in der vorletzten Silbe im Originale
gesichert.
16
Aus dem Inhalte der Inschrift ergiebt sich, dass das Mosaik
den Boden einer Grahkammer biklete. An eine Kirche ist nicht
zn denken. Da das Mosaik nach Süden und Westen sich noch
weiter erstreckt, dürfte die Anlage als ein Familienmausoleum
zu bestimmen sein. Dafür spricht ferner der Umstand, dass auch
an andern Stellen des Olbergs Mosaikfragmente zum Vorschein
gekommen sind. Eine Parallele zu diesem Monumente bietet ein
vor Kurzem in Ancona entdecktes , ebenfalls mit musivischem
Schmuck versehenes Privatkubikulum i) . Mosaikinschriften
kommen auch, freilich selten, in den römischen Katakomben vor.
Dass auch die Juden Grabanlagen mit Mosaikboden hatten, be-
zeugt ein Grab in Tibne -) .
Das zweite Mosaik wurde » an der südlichen Halde des Ol-
bergs, nahe der Spitze , auf welcher das türkische Weli steht «,
auf einem Grundstücke des russischen Archimandriten entdeckt.
Man stiess dort, bei Anlage einer auf den Trümmern einer alten
Kirche errichteten neuen Kirche auf Grundmauern von Gebäu-
den, deren ursprüngliche Bestimmung nicht klar ist. Neben
diesen fand sich ein in späterer Zeit stark restaurirter Mosaik-
fussboden. Den ursprünglichen Theilen desselben gehört das
Tafel VI, 2 abgebildete Fragment an. Die grössere Hälfte der
Inschrift ist zerstört und der Rest nicht vollständig zu entziifern.
Deutlich sind die Worte: 6NAOiÖTATHC KOYBIKOYAA
PIAC (»der angesehenen Kubikularia«) . Das vorhergehende
Wort, von welchem die Buchstaben CIMOIHC (denn der viert-
letzte Buchstabe ist wohl Fragment von O) gesichert scheinen,
ist entweder ein Stück des jetzt nicht mehr bestimmbaren Eigen-
namens der als KoußixouXapia bezeichneten Person oder, was in-
dess weniger wahrscheinlich, ein weiteres Adjektiv, Cubicularii
(gräcisirt KooßixouXapioi) sind die mit der Aufsicht über die
Zimmer betrauten Personen (in der Regel Eunuchen 3) . Nur aus-
nahmsweise Avurden hierzu Frauen verwandt, wofür die vor-
1) De Rossi, BuUett. di archeol. cristiana, 1S79, p. 128 f.
2) De Saulcy, Voyage II, p. 231. Nach einer Notiz ebenda-selbst finden
sich Beispiele auch in Philistaea.
3) Vgl. Du C.\NGE , Glossarium mediae et inf. lat. s. v. Cubicularius,
und Gloss. med. et inf. graecit. s. v. Koußf/ouXapto?. Auch auf eine kirch-
liche Beamtenschaft erscheint im Morgenlande und im Abendlande die Be-
zeichnung übertragen.
17
liegende Inschrift ein Beispiel. Auch auf einer christlichen In-
schrift ans Rom (De Rossi, Inscript. christ. I n. 612 p. 262] wird
eine CVBICVLARIA REGINAE genannt. Das beigefügte
Adjektiv weist anfeine cubicnlaria in vornehmem Hause und in
einflussreicher Stellung. Auch dieses Mosaik hat oifenbar als
Fussboden eines Grabes gedient, welches zu der anliegenden
Kirche in l^ezichinig gestanden hat. Die Mauer- und Bogenreste
daneben mögen die Umfassung *) des ganzen Areals gebildeth
aben, wofür sich auch sonst Beispiele finden.
Die Abfassungszeit der beiden Inschriften lässt sich nur an-
nähernd bestimmen. Der terminus a quo dürfte das 5. Jahr-
hundert sein. Dieser Zeit scheint mir der zuerst beschriebene
Titulus anzugehören , während der andere mindestens ein halbes
Jahrhundert jünger ist. Darauf weisen Conception und Schrift-
charaktere .
1 ) Über ein auf demselben Terrain befindliches, in seiner Bestimmung
räthselhaftes Bauwerk berichtetHerr Baurath Schick: »Neben der Mosaikin-
schrift ist ein kleines gemauertes Rondell aus zwei Lagen gut behauener
Steine bestehend, welches an der obern Fläche eine 0,08 m tiefe und 0,86 m
breite Vertiefung hat, oben mit rauher Oberfläche. Daneben steht ein zweites
aus einem einzigen Steine bestehendes Kondell, 0,80 m hoch und oben mit
einem Durchmesser von 0,94 m. Es hat gerippte Wände und oben gleich-
falls eine 0,30 m tiefe Aushöhlung. Das zweite Kondell passt genau in die
Vertiefung des ersten. Ausserdem liegt dort noch ein Kegelfragment von
Basalt.« Der Schreiber vermuthet, dass dieses Kegelstück zu jenen beiden
Rondells gehöre und das Ganze eine Ölpresse gewesen sein könne, wenn-
gleich er Abzugslöcher vermisse. Jedenfalls haben diese Theile keinem Tauf-
steine zugehört, wie man gemeint hat, auch nicht kirchlichen oder sepul-
cralen Zwecken gedient, sondern sind erst später hier aufgestellt ; zu welcher
Verrichtung, muss dahingestellt bleiben.
Ztschr. d. Pal.-Ver. IV.
Zion, Davidstadt und die Akra inuerliall) des alten
Jerusalem.
Von Dekan Dr. Klaiber in Göppingen.
Zweiter Artikel.
II. Das erste Makkabäerbuch.
Das erste Makkabäerbuch i) bat von topographischen An-
deutungen über Jerusalem mit Ausnahme des sonst ganz unbe-
kannten Kaphenata 12, 37 nur Folgendes, worüber wir uns nach
den vielfachen neueren Verhandlungen kürzer fassen können.
Wir verweisen hauptsächhch auf die Abhandlung von Caspari
in den Studien und Kritiken 1864,2,p.309fF.
1) Der Name » Sion« Avird konstant und allein vom Tempel-
berg gebraucht , wechselt synonym mit » Berg des Heiligthums «
(opo? Tou lepou), steht niemals von der Stadt im ganzen, wird
vielmehr von dieser bestimmt unterschieden. 4, 36. 5, 54. 7,33.
2) Als Lokalname im Unterschiede sowohl von der Ge-
sammtstadt als vom Tempelberg wird mehrfach die »Stadt Da-
vids» (tioXi? AauiS) erwähnt mit der Angabe, dass sie von den
Syrern zu einer Akra gemacht worden 2). Nach 1, 29 ff. hat der
Feldherr des Antiochus die ganze Stadt verwüstet und deren
Mauern ringsum eingerissen. ])arauf bauten sie die »Stadt Da-
1) Im zweiten Makkabäer finden sich gar keine topographischen Anhalts-
punkte. Die Akropolis wird erwähnt 4, 12 und 5, 5, ohne nähere Ano;abe.
In 15, 31. 35 ist die Akra die von den Syrern besetzte Burg. Die »die aus
der Akra« sind die Syrer ; denn sie stehen den »Volksgenossen« (6[Ao£iK£t?) ent-
gegen. Vgl. Keil, Commentar über d. 13B. d. Makkabäer (1875) gegen
GuiMM. Die Namen Sion und Davidstadt kommen in IL Makkabäer gar
nicht vor.
2) Vergleiche darüber auch Hupfeld in ZDMG 1861, p. 191 ff. und AR-
NOLD in Heuzog's Kealencyclopädie, Art. Zion.
19
vidsa mit starken Befestigungen, so dass sie zur Burg (axpa) und
zu einem Hinterhalt für das lieiligthnm wurde ; denn sie befand
sich in unmittelbarer Nähe des Tempelbergs (~o opo; rou Upou
To irapa tTjV axpav, 13, 52). Erst nach langer Belagerung gelang
es die Juden durch eine besondere Mauer der Akra zu isoliren
und durch Aushungerung zur Übergabe zu zwingen. Nach 14, 37
legte Simon eine jüdische Besatzung in die Burg. Dass er selbst
seine Wohnung in der Akra genommen habe, haben manche aus
13, 52 1) geschlossen. Es ist aber mit Recht entgegnet worden
(vgl. GiiiMM zu d. Stelle), dass das daselbst (ixst) auf den Tem-
pelberg als den HauptbegrifF des Satzes zu beziehen ist.
Wir haben uns hier , ehe Avir weiter gehen , zuerst mit Zim-
mermann" 2j auseinander zu setzen. Er folgt der richtigen Linie,
sofern er das ursprüngliche Zion , Davidstadt , Akra , Unterstadt
auf den Osthügel verlegt; er irrt aber nach unserer Überzeugung
darin, dass er das jebusitische Zion, die Davidsburg mit der
Baris Antonia identificirt. Dabei müssen wir seine Angaben über
den Sprachgebrauch als nicht ganz correct bezeichnen. Er sagt:
»Akra ist während der griechisch-römischen Zeit der Name für
den Hügel Zion und die von den Jebusitern zuerst darauf ge-
baute, von Nebukadnezar mit dem Tempel zerstörte, von dem
S\Terkönig Antiochus Epiphanes wieder aufgebaute Burg im
Nordwesten des Tempels. Und wie der Name Zion in den
Büchern Samuels und der Könige nicht nur der Jebusiterburg.
sondern der ganzen östlichen Hügelreihe und der von ihr
getragenen Unterstadt, der ganzen Stadt Davids zukam,
so auch bei Josephus der Name Akraa. Darnach Avären unter
Akra der gesammte Osthügel von der Baris -Antonia an mit
Einschluss der Tempelfläche sammt dem Ophel zu verstehen.
Dass dieses bei Josephus nicht zutrifft, davon später. Dass
die Makkabäerbücher die Akra von dem Tempelberg bestimmt
unterscheiden, zeigen die obigen Stellen. Die Akra steht frei-
lich synonym mit der Davidstadt ; wie sich aber die Davidstadt
dem Umfang nach zur Unterstadt verhielt, kann aus den Mak-
kabäerbüchern nicht entnommen werden , weil der Ausdruck
Unterstadt bei ihnen überhaupt nicht, sondern erst bei Ju-
1) »Er befestigte den Berg desHeiligthunis, welcher neben der Burg, und
wohnte daselbst er und seine Leute.«
2; Begleitschreiben zu den Karten und Plänen des alten Jerusalems p.39.
2*
20
JosEPHUS vorkommt. Man kann ans den oben angegebenen
Kriegsverbältnissen nur schliessen, dass die Davidstadt oder die
Akra im Sinne des Makkabäerbnclies eine sehr feste, zn einer
Zwingburg taugliche, kleinere Lokalität, nicht aber ein
grösserer Stadttheil war. Die von Zimmermann angeführten
Stellen im Targum wie in der Megillat Taanit sprechen deutlich
aus, dass das Wort chakra nur für die Burg Zion, nicht aber
für den Tempelberg oder den ganzen Ostrücken gebraucht wurde.
Wenn endlich Zimmermann noch sagt : »Das erste Makkabäer-
Buch setzt überall für d e n T e m p e 1 und d e s s e n B u r g noch
den alten Namen Sion da, wo Josephus in den Parallelschilde-
rungen Akra setzt«, so widerspricht der Augenschein bei Yerglei-
chung der angeführten Parallelstellen. Josephus unterscheidet
in denselben immer das Heiligthum von der Akra; in den von
Zi]MMERMANN angeführten Stellen aus I. Makk. findet sich der
Ausdruck Sion theils gar nicht, theils fehlt jede Andeutung, dass
unter Sion auch die Akra begriffen sei. Makk. I, 13, 52 wird
vielmehr der Tempelberg von der Akra bestimmt unterschieden
(to opo? Tou lepou To Tcapa t:^v av.pav, der Berg des Heiligthums,
welcher neben der Akra) , ebenso aber auch Sion von der Akra.
Denn von Judas heisst es 4, 37. 41 : Er stieg auf den Berg Zion
und sah das Heiligthum verwüstet. Während der Reinigung des
Heiligthums aber mussten die in der Akra befindlichen Feinde
mit Gewalt abgewehrt werden. — Nach der Tempelweihe heisst
es sodann V. 60 : »Er baute den Berg Sion mit hohen und festen
Mauern , damit ihn die Heiden nicht wieder , wie früher , zer-
träten«. Zu gleicher Zeit blieb aber die Akra von den Feinden
besetzt; dieselben konnten sich nun doch nicht in demselben
Kaum befinden, welchen Judas befestigte, dieser hätte sie ja
ganz in seiner Gewalt gehabt. Es ist also ganz unmöglich, dass
unter dem Namen Sion der Tempelbcrg und die Akra zusammen
gefasst sei. Sion ist der Tempelberg, die Akra aber, mag sie
sein, was sie will, von Sion ebenso ausgeschlossen, Avie sie nach
der vorangegangenen Stelle vom Tempelberg ausgeschlossen ist.
Der Terminus Berg Sion wird eben in I. Makk. in einer Weise
abwechselnd mit dem Ileiligtluim gebraucht, dass man an-
nehmen muss , es sei damit nicht der ganze Ostrücken , welcher
zugleich mit anderem auch das Heiligthum trug, sondern
nur die l)esondere Erhöhung des Ostrückens , auf welcher der
21
Tempel stand, gemeint. Man vergleiche G, 51 : Der König be-
lagerte (las »Heiligthnm« eine lange Zeit. Endlich wurde ihm
dasselbe unter Friedenshedingungen übergeben. Darauf heisst
es y. 62 : »Und der König zog auf den Berg Zion ein und sah
die Befestigungen«, welche er dann wortbrüchig niederreissen
Hess. Während dieser Zeit hatten aber die Syrer die Akra inne
— , welche also deutlich 6, 62 vom Berg Sion ausgeschlossen ist.
Der Name Sion ist aufs engste auf die das Heiligthnm tragende
Höhe eingeschränkt.
Wo lag nun diese Syrerburg? Man hat sie gesucht l! um
der unleugbaren Identität der Burg mit der Davidstadt Milien
auf dem Südwesthügel, dessen Identität mit der alttestament-
lichen Davidstadt man anderswoher gesichert glaubte. Dabei
konnte man freilich die Syrerburg nicht die ganze Überstadt ein-
nehmen lassen. Denn es ist gewiss nicht wahrscheinlich, dass
Antioclms zuerst die Mauern der Oberstadt eingerissen und sie
nachher Aviederum befestigt habe; es würde ferner widerspre-
chen, dass die Makkabäer die ganze Stadt sollten inne gehabt
haben, während ein so bedeutender Theil, vielleicht die halbe
Stadt in Feindes Hand goAvesen; auch Hesse sich dabei nicht
vorstellig machen, wie die Oberstadt sollte durch eine Mauer
vom Markte abgeschlossen gewesen sein , da doch immer der
"Verkehr nach aussen oifen gestanden hätte, zumal für eine dabei
erforderliche sehr bedeutende Besatzung. Darum nimmt Tobler
an, die syrische Akra habe den nordöstlichen Theil des Süd^vest-
hügels eingenommen , und ist bestrebt, als dessen Grenze eine
Thaleinsenkung nachzuAveisen , Avelche A'on Süd nach Nord
gehend , nördlich in das vom Jafathor gegen den Moria hinab-
ziehende Thal soAvie südwärts gegen den Siloah sich senkte tmd
so den SüdAvesthügel in eine' Avestliche und östliche Hälfte
trennte. Auf diese Nordostecke der Oberstadt verlegt er die
Syrerburg. So auch Furrer.
2) lloBixsoN findet sie auf dem nordwestlichen Stadttheil.
Avelcher heutzutage den C'alvarienberg einschliesst. So auch
hartnäckig vielfach die Engländer Warrex und Andere.
'3] Kraitt, Berggrex, Kosen, neuerdings vox Alten,
Zimmer:maxx (siehe oben) und andere Aerlcgen sie auf die Nord-
seite, genauer NordAvestecke der Tempelfläche, auf die ehemalige
felsige Erhöhung , Avclche die ] Jaris-Antonia trug, und identifi-
22
ciren sie mit derselben. Eine Modification dieser Annahme ist
die Svrerbiirg als verschieden von der Baris zu nehmen, wie
Tkrupp und Lewin, welche im Zusammenhang mit ihrer Hj^jo-
these betreffs der Lage des Heiligthums auf der Südseite des
Haräm die Baris - Antonia auf ,den heiligen Felsen in der Omar-
Moschee verlegen. Sepp sucht sie sammt dem alten Zion noch
weiter nördlich i) . Wir unterlassen auf diese zweite Modification
als zu weit führend näher einzugehen; sie fällt von selbst, wenn
unsere übrige Ausführung richtig ist.
4) Endlich Olshausen, Caspari, Mexke und Eiess deuten
auf die Südseite des Tempels, den Ophel.
Sämmtliche Gelehrte verbinden dabei mit den Andeutungen
des Makkabäerbuches die Angaben des Josephus. Sehen wir
zunächst , M-ie weit wir mit den Angaben des Makkabäerbuches
ohne Josephus kommen.
Fürs erste ist richtig, dass bei jeder der angenommenen Lagen
die Akra ein Hinterhalt für den Tempel sein konnte. Sodann
aber springt in die Augen, dass durchaiis nichts nöthigt oder nur
veranlasst, die Akra auf die w^estliche Seite des TjTopöon auf
den Südwesthügel nach der Hypothese 1 oder mit Robixson nach
Hypothese 2 auf das nordwestliche Terrainstück zu verlegen.
Die mehrfach hervorgehobene Nähe des Heiligthums, sowie das
stete ZusammengenommeuAverden des Tempelberges und der
Bursr deutet viel eher auf den östlichen als den westlichen der
beiden Höhenzüge. Dabei behalte man immer im Auge, dass
das die beiden Höhenzüge trennende Tyropöon in damaliger Zeit
eine noch nicht ausgefüllte tiefe Schlucht bildete. Gegen die
Hypothese 2 und 3 spricht besonders , dass eine Abschneidung
von dem Markte der Stadt eine Aushungerung der Besatzung
nicht hätte bewirken können , da ja der Weg nach aussen offen
stand. Denn weiter nördlich befanden sich damals noch keine
Stadttheile , wie aus Josephus erhellt. Ist nun unsere Beweis-
führung aus den Kanonischen Bücheni-) richtig, nämlich dass
die Davidstadt auf dem Ophel lag, so haben wir in dem Makka-
bäerbuch keine Veranlassung, die Akra, zu welcher von den
Syrern die Davidstadt gemacht wurde, anderswo zu suchen, viel-
Ij Vergl. die Stadtpläne bei ZnnrKRMANN.
2) S. den ersten Artikel in ZDPV. III, p. 189—213.
23
mehr den von der ältesten Zeit her vorhandenen topographischen
Zusammenhang zwischen Davidstadt, Zion und Tempelherg auch
für die Makkabäerbücher fest zu halten. Wir haben in dieser
Benennung so geAnss eine historische Erinnervmg, als in der Be-
zeichnung des Tempelbergs mit dem Namen Sion. Die Bezeich-
nung »Stadt David's« spricht entschieden gegen die H}']iothese
2 und 3. Auf den dabei vorausgesetzten Lokalitäten hat sich
nach allem, was wir früher ausgeführt haben, die ursprüngliche
Burg und Stadt David's gewiss nicht befunden. Nun ist freilich
ein Ortswechsel solches Namens möglich. Aber damit der Über-
gang denkbar sei, muss sich doch auch ein geschichtlicher und
topographischer Zusammenhang zwischen der früheren und spä-
teren Lokalität , welche den gleichen Namen zu verschiedenen
Zeiten ex h)-]^)othesi getragen haben soll, nachweisen lassen.
Was soll denn veranlasst haben, einen so alten und specifischen
Terminus » Stadt David's « auf eine Lokalität im Norden vom
Tempel oder im Nordwesten, in die Gegend des jetzigen Calva-
rienberges, zu übertragen? 'Das ist gewiss nicht wahrscheinlich.
Die Hypothese 4 hätte sicherlich allgemeiner Ziistimmung
sich zu erfreuen, wenn auf den heutigen Ophel sich eine Lokali-
tät fände, welche für die Akra geeignet schiene. Dieser Mangel
steht der Hypothese im W^ege. Es fragt sich, ob er sich besei-
tigen lässt, wie wir glauben. Hier setzt nun Josephus ein, dessen
Angaben wir ebenso wie die bisherigen zuerst für sich allein und
mit Berücksichtigung der Zeitunterschiede betrachten . um ein
sicheres Resultat zu gewinnen.
ni. Josephus.
Um Josephus richtig zu interpretiren , hat man seinen con-
stanten topographischen Sprachgebrauch im Auge zu behalten.
Er unterscheidet in Betreif Jerusalem's regelmässig die Ober-
stadt r^ ava> -oXic, t| xabuTtspOiV -dXi? auch vj 7.vu) ayopa], die
Unterstadt [r^ xatu) tzoXic,), den Tempel oder Tempelberg
-0 Upov 0 Xocpoc Tou Upou;, die Vorstadt (to TrpoaaTstov) und die
Neustadt, Bezetha tj xaivo-oXi; . Den Tempelberg nennt er
nur einmal, in der alttestamentlichen Geschichte »den lierg Mo-
rien«. Offenbar war zu seiner Zeit das Wort als Lokalname nicht
im Gebrauch, so wenig als der Name Zion. Unter Ophläs ver-
24
steht er nicht den ganzen südlichen Ausläufer des Tempelbergs
(den Moria extra muros' , sondern einen besonderen Platz an der
Südostecke des Tempels gegen den Kidron (Bell. V, 4, 1). Be-
trachten Avir ziierst die topographischen Angaben des Josephus
aus der vormakkabäischen Zeit, deren freilich nur wenige
sind. Da er. wie bekannt, den Namen Zion niemals gebraucht,
so ist auch die häufig zu lesende Angabe, dass nach Josephus
Zion und die damit zusammenhängende Davidstadt oder Davids-
burg identisch mit dem Südwesthügel (Oberstadt) sei und letz-
terem überhaupt der Name Zion zukomme . nur eine Schluss-
folgerung, deren Richtigkeit erst zu prüfen ist. Gewöhnlich
führt man dafür die Stelle Bell. V, 4, 1 an , wo Josephus von
dem Oberstadthügel sagt: Wegen seiner festen Lage wurde er
von David <ppouc.'.ov (Castell oder Burg) genannt. Das scheint
freilich auf den ersten Anblick zu der Folgerung zu berechtigen,
dass damit die «Burg«, die »Stadt Davids« auf den SüdAvesthügel
versetzt werde. Sie wäre annehmlich, wenn die sonstigen An-
gaben des Josephus damit übereinstimmten . Avas aber, Avie wir
sehen werden, nicht der Fall ist. Man bemerke auch, dass Jo-
sephus nicht sagt, die Oberstadt sei »Stadt David's«, noch auch,
sie sei cppoupiov tou Aoiui'o, »Burg DaAdds« genannt Avorden. AAde
manche, z. B. Gfröker in seiner Übersetzung des jüdischen
Kriegsund Krafft . Topographie von Jerusalem (1846), p. 1 ff .
Aviedergeben . Die Oberstadt konnte A^on DaA'id cppoupiov, -ca-
stellum. genannt Averden. Avegen ihrer festen Lage, ohne dass sie
damit als identisch mit der Jebusiterburg Zion oder der Stadt
David's bezeichnet Aväre. Der Ausdruck »Stadt DaA^d's« AAird
von Josephus gebraucht , in der Erzählung der Eroberung Jeru-
salem's diu-ch DaA'id, Antiqq. VH, 3. 1 ff. Aauior^? Xafxßavei xaia
xpaTo; TYjV -/.atoi ttoXiv In os XsiTrotxsvr^; ttjC axpa;. s'-jvo) etc. d. h,
beschloss er auch, die Akra zu nehmen. lxj3aÄu)v os tou; 'Uj3ou-
aaioo; iv. rr,; ay-p-xc xai a»jTo; (/.voixoooiJ-rjOa; ta IsposoXofxa -oXiv
otuTTjV Aot'jioo'j -poarjYopS'jas xcti tov a-avta ypovov iv aur7j oisipißs
J5aaiA£uiov. David nahm mit Stunn die Unterstadt; da aber die
Burg (Akra) noch ül)rig Avar, beschloss er auch diese zu nehmen,
was durch Joab geschah. — »Nachdem er nun die Jebusiter aus
der Akra hinausgcAvorfen und Jerusalem Aviedcr aufgebaut hatte
nannte er sie (auTTjv) Stadt David's und Avohnte in ihr die ganze
Zeit seiner Ke^iennig«. Hier nehmen die Interpreten geAvöhnlich
25
an, mit den AVortcn : »da die Akra noch übrig war«, sei eben die
von der Unterstadt verschiedene Oberstadt genannt. Mit Recht
aber macht Caspari darauf aufmerksam, dass Josephus niemals
die Oberstadt Akra nennt '), dass er jene immer von der Akra un-
terscheidet, dass er die letztere wiederholt und ausdrücklich mit
der Unterstadt in Verbindung setzt, so sehr, dass er die Akra einen
Hügel nennt . Avelcher die Unterstadt trug und dass er — aller-
dings verwirrend — die Unterstadt selber Akra nennt, liei
der Beschreibung der Einnahme Jerusalem's zur Eichterzeit
(Antiqq. V, 2, 2) ist nicht die xotT«) t.oXic, (Unterstadt) und die
Akra, welche hier gar nicht genannt wird, sondern t; xa-rto ttoXi;
(Unterstadt] und r^ xabuTTspööv (Oberstadt) unterschieden.
1) THRrpp, Ancient Jerusalem (1855), p. 57 beruft sich dafür, dass von
Josephus Akra auch von der Oberstadt oder einem Kastell auf derselben, ge-
braucht werde, auf Antiqq. XII, 10, 4: 7.a\ -nvA^aaz (Nicanor) d^trf[y.d'lzi 'Toö-
oav Itti TTjV £v Iepo3o).U[j.ots axpav äva'.s'JY^^"^ » Nicanor besiegte den Judas und
zwang ihn auf die Burg in Jerusalem zu fliehen«. Das müsste also eine andere
als die von den Syrern besetzte Akra in der Unterstadt gewesen sein. Nun
folgt Jos., wie der Augenschein zeigt, fast wörtlich dem parallelen Bericht in
Makk. I, 7, 27 — 34. Hier aber steht das Gegentheil von dem Bericht des Jo-
sephus , dass nämlich Nicanor von Judas besiegt worden sei. Wenn nun
Geimm zu Makkab. I, 7, 27 meint, der Irrthum des Josephus lasse sich nur
aus augenblicklicher Geistesabwesenheit und Zerstreuung beim Abschreiben
erklären, so ist vielmehr von dem Tadlet der Zusammenhang nicht beachtet ;
denn JoSEPHUS fährt unmittelbar darauf fort : ext ok ciÜTui -/.aTiovTi iv. ttj; axpot;
ei; To upov d-avTTjiavTE; twv lepsdjv Ttvs; v.rd rpEcßjTspujv ■Ir^z-i.Wtzrj 7.7t r?,;
ft'j^ia; Irsoeiy.vjov, a; 'j-'trj toü ß'/siX^oj; i^.E-fOv — poicpfp^tv : »als er von der Akra
in den Tempel hinabging, begegneten ihm (ccjtcö) der Priester« etc. Da ist nun
deutlich, dass das »ihm« (aÜTÜs) nicht auf Judas, sondern auf Nicanor zu be-
ziehen ist. So begründet sich die längst von anderen ausgesprochene Ver-
muthung, dass die obigen Worte verderbt sind und statt v. ai vtxfjaa; ,Nicanur
(ivo(Y-/.a^£t 'lo'j 0 1^ — vielmehr zu lesen ist : ö oe Judas] äv^YV-a^si rj-ov (näm-
lich den Nicanor). Es ist unrichtig, dass wie Grimm und Keil meinen, als-
dann auch der vorangehende Satz zu ändern wäre. Ohne alle Änderung ist
der ganz natürliche Sinn der vorangehenden Worte: Als Nicanor sah, dass
seine List offenbar geworden, beschloss er Gewalt zu brauchen. Dieses ge-
lang ihm aber nicht, vielmehr wurde er von Judas geschlagen. — Auch in
RiEHM, Bibl. Handwörterbuch, Art. Burg, lesen wir, Josephus brauche den
Ausdruck Akra in früheren Zeiten von der Oberstadt Antiqq. MI, 3,1. XII.
3, 3. Von dieser ist die erstere Stelle oben erledigt. In der zweiten ist die
Oberstadt gar nicht erwähnt, sondern von einer Besatzung die Rede, welclie
Antiochus M. »in der Akra in Jerusalem« zurückgelassen. Wo diese lag,
steht nicht da ; sie wird wohl dieselbe gewesen sein, welche später unter den
Makkabäern von den Svrern besetzt war.
26
Diese Unterscheidung findet sich nicht nnr in gelegentlichen
Anfühnmgen, wie die letztvorstehende, sondern auch in der aus-
führlichen topographischen Beschreibung der Stadt. Bell.V, 4, 1
wird geschildert, wie die Stadt erbaut war auf zwei Hügeln, dem
einen mit der Oberstadt, und dem zweiten b xaAouijLSVoc axpa v-ai
TT,v xaru) TToXiv ocpsoTw?, »Avelcher Akra hiess und die Lnterstadt
trug«. Antiqq. XII, 5, 4 heisst es : Antiochus riss die Mauern der
Stadt nieder und baute die in der Unterstadt befindliche Akra
(tTjV iv -^^ xa-u> ttoXsi axpav). Bell. I, t, 4 : »Er vertrieb die Sol-
daten axis der oberen Stadt und drängte sie in die untere ; dieser
Theil der Altstadt aber wird Akra genannt (si? tt^v xaTto* touto 8s
Tou asTcto? To [xipo? axpa y-i'/Xr^xon) . Also die Altstadt (aoTu) hatte
zwei Theile , die Ober- und Unterstadt , welcher letzteren auch
der Name Akra zukam. Nach Bell. V, 6, 1 hat der Parteiführer
Simon die Oberstadt, die Quelle Siloah und »die Akra« inne,
»diese aber war die Unterstadt«. So ward wohl Caspari Recht
haben, wenn er auch Antiqq. VII, 3,1.2 unter der »noch übrigen
Akra« nicht eine , ausserhalb der Unterstadt , sondern innerhalb
derselben gelegene Lokalität versteht — nach ganz gut griechi-
schem Sprachgebrauch. Die Unterstadt war gewonnen, bis auf
die in ihr hegende Akra, die alte Jebusiterburg. — Warum
JosEPHUS die Eroberung der Oberstadt nicht erzählt, wessen wir
nicht. Möglich , dass er sie übergeht , weil die Quellen davon
schweigen ; möglich auch, dass die Eroberung nicht nöthig war,
weil die Oberstadt von Israeliten bewohnt war. Jedenfalls ist
dieser Umstand für unsere Untersuchung irrelevant.
War nun die Akra nach dem Sprachgebrauch des Josephus
innerhalb der Unterstadt gelegen, so können auch die Worte
Antiqq. VII, 3, 2 lamor^c, tt]v ts xartu ttoXiv 7:£piXa,3u)v xod rr^v axpav
ouva'l^a; aur^ ir^oirpzv Sv atofxa. »David umfasste die Unterstadt
^mit einer Mauer) und schloss mit ihr die Akra zusammen und
machte so Ein Ganzes« nicht auf eine Verbindinig der Ober- und
Unterstadt, sondern nur auf eine solche Zusammenfassung der
Akra mit dem neben und theilweise um sie herumliegenden be-
bauten Terrain der Unterstadt gehen , so dass alles zusammen
eine geschlossene Befestigung bildete. Auffallend ist nur, dass
Josephus in der vorher angeführten' Stelle Antiqq. VII, 3, 2
sagt: avoixooouTjaa; Ta'l£poaoX'j[xa ttoXiv autrjv Aaotooo TTpoar^Y^P^'^^'-
»Nachdem er Jerusalem wieder aufgci)aut, nannte er dieselbe
27
Davidstaclt«. Caspari avüI das» dieselbe« (duTrjvi auf das voran-
gehende Akra beziehen, was nach der unmittelbaren Umgebung
des Textes das natürlichste wäre. Es sind aber dabei die folgen-
den A\ orte übersehen : irpcÜTo; oüv Actuior,; tou; 'Ic,3ouaaiou; iE
Iöpo3oXu;a.a)V sxßaAtuv acp' iauTou 7r&o3r,Y6p£U3s ttjv ttoXiv. »Zuerst
hat David , nachdem er die Jebusiter aus Jerusalem hinausge-
worfen, nach sich selbst die Stadt genannt«.
Entweder hat Josephus hier auf sehr ungenaue Weise den
Theil für das Ganze gesetzt oder, da im alten Testament nir-
gends die Stadt Davids synonym mit dem ganzen Jerusalem vor-
kornmt. einen allerdings auffallenden geschichtlichen Irrthum
begangen. Wäre letzteres der Fall , was wir nicht entscheiden
wollen, was für unsere sonstige Untersuchung aber bedeutungs-
los ist. so Aväre es nur ein Beweis, dass Josephus über die Ver-
hältnisse Israel's in der vormakkabäischen Zeit irrthümlich und
oberflächlich berichtet, und überhaupt, w^ie jeder, der genauere
Bekanntschaft mit ihm hat. sich leicht überzeugt, um kein Haar
mehr weiss, als Avir auch, d. h. nicht mehr als was die alttesta-
mentlichen Quellen bieten, etwa Dinge des Cultus ausgenommen,
über welche er als Priester aus der Tradition manches weiter
wissen konnte. — ^-lag es sich übrigens mit dem letztern so oder
so verhalten , wir nehmen Akt davon , dass von Josephus die
Unterstadt sammt der in ihr beschlossenen Akra zu den aller-
ältesten und von jeher wichtigsten Bestandtheilen der antiken
Stadt gerechnet wird , so sehr , dass er schon zur Richterzeit die
Ober- und Unterstadt unterscheidet.
Wir glauben nun, ausser dem schon zur Geschichte der
Athalja Gesagten') noch einen weiteren Beweis führen zii können,
dass das, was die alttestamentlichen Geschichtsbücher in die
»Stadt David's« verlegen, auch nach Josephus auf dem östlichen
Hügel iMoria-Ophel zu suchen ist. Er erzählt nämlich Antiqq. I,
13, 1. 2, auf demselben Berge, auf welchem Abraham seinen
Sohn opferte (opo; Muipiov, Berg Morien , habe David das Heilig-
thum errichtet (scp' ou ro Uoov Aaoi'oTfjc uarspov topusrai), dieses be-
zieht sich auf das Hinaufbringen der Bimdeslade in die Stadt
David's und die Errichtung des Zeltes bei dem Hause David's,
was Antiqq. VH, 4, 2 erzählt wird. Nun wird Antiqq. VH, 13, 4
1) S. den ersten Artikel ZDPV. III, p. 202 f.
28
von dem Platze der Tenne Aravna's (bei Josephus 'Opovva) , auf
welchem Salomo den Tempel baute , in gleicher Weise gesagt,
dass dort Abraham seinen Sohn geopfert habe. Das Heiligthum
David's stand also auf dem gleichen Berge , wo später der sa-
lomonische Tempel sich erhob, was sich nur so erklärt, dass
Josp:phus mit dem sonst nicht gebräuchlichen Namen Morien
den östlichen Gesammthügel (Moria-Ophel) bezeichnet, folglich
aber auch das Heiligthum David's (und was damit zusammen-
hängt, das Haus und die Stadt David's) auf diesen, nicht auf
den SW.- Hügel verlegt. Hupfeld bemerkt a. a. O. zu obiger
Stelle des Josephus : »Was aber nicht auf den Tempel Salomo's,
sondern auf das Heiligthum David' s, also aufden Zion geht«,
d. h. nach Hupfeld aufden Psexidozion, den SW. -Hügel. Wie
ist aber das möglich, wenn Josephus ausdrücklich sagt, es sei
die Stelle der Opferung Isaak's gewesen und das gleiche vom
salomonischen Tempel versichert ?
Wenden wir uns zu den Angaben des Josephus über die
svrische Akra aus der makkabäisch - römischen Zeit. Zu den
Notizen des ersten Makkabäerbuches verhält sich dabei Josephus
so, dass er von der Syrerburg so wenig den Namen l^avidstadt,
als vom Tempelberg die Bezeichnung Zion gebraucht. Indem er
aber das Makkabäerbuch selber als Quelle vor sich hat, fügt er
zu dessen Angaben folgendes hinzu : 1 ) die Akra lag in der Un-
terstadt; die Unterstadt ist der Aveitere, Akra ursprünglich der
engere Bezirk ; sie sind aber so sehr mit einander verschmolzen,
dass Josephus öfters den Namen Akra von der ganzen Unterstadt
gebraucht. 2) Sie lag aiif einem Hügel , welcher den Tempel
überragte (natürlich nicht das Heiligthum des Tempelgebäudes,
sondern die Tempclflächc) , und dadurch auf einer Seite der den
Tempel theaterartig (Osarposior^c, Antiqq. XV, 11, 5) umgebenden
Stadt, seinen Anblick verdeckte. 3) Sie war zugleich vom Tem-
])el durch eine Thaleinsenkimg getrennt, lag ihm aber doch so
nahe, dass sie einen steten Hinterhalt für ihn bildete. 4) Der
Makkabäer Simon Hess die Burg sammt dem Hügel, auf welchem
sie lag, abtragen Tuid das Thal ausfüllen, um den Hinterhalt
gegen das Heiligtlnun zu beseitigen und den Tempel mit der
Stadt der Art verbinden, dass nun das Heiligtlium gegenüber der
Stadt nach allen Seiten sichtbar wiu'de*).
1) Die wichtigsten Stellen über diese wiederhulten Angaben sind l'ol-
29
Wir weiden nun zu untersuchen haben ein Zweifaches :
1) Da die Akra mit der Unterstadt identisch ist, wo hig die Un-
terstadt? 2) Wo findet sich innerhalb des Stadtten-ains eine
Lokalität, welche dem Akrahügel entspricht ? Dabei haben wir
nicht zu vergessen, dass Josephus von einem zu seiner Zeit, also
auch zu der unsrigen, nicht mehr vorhandenen Hügel redet. Wir
dürfen also nicht suchen, wo sich heutzutage eine der 13eschrei-
bung entsprechende Erhöhung befindet, sondern wo sich eine
solche, vor Josephus' Zeiten, befunden haben kann, oder genauer,
wo sie sich allein und nirgends anders befunden haben kann.
Aus den obigen Angaben ist zunächst zweierlei ersichtlich :
A. dass die Akra im Sinne des Josephus nicht identisch ist
mit der späteren Baris-Antonia in der Nordwestecke des Haräm^
eben weil letztere zu Josephus Zeit auf hohem Felsen errichtet
noch stand, die Akra aber vollständig abgetragen war [zlc, -£Öivr,v
AcioTTjTa) . Man vergleiche doch, wie er wiederholt die Demoli-
rung der Burg und die Abtragung des Akrahügels meldet, nir-
gends aber nur das leiseste Wort über ihren W'iederaufbau ver-
liert; dagegen Antiqq. XIII, 5, 11 erzählt, wie der Makkabäer
Jonathan, nicht nur die Stadtmauer, sondern auch die Mauer um
den Tempel wieder herstellen und mit hohen Thürmen be-
festigen liess , und die Syrer durch eine mitten durch die Stadt
gezogene Mauer vom Markt ausschloss; und Antiqq. XV, 11.4.
gende : Antiq. XII ,5,4 erzählen von Antiochus Epiphanes : 1) Er liess die
schönsten Gebäude niederbrennen, schleifte die Mauern und baute die Akra
in der Unterstadt ; denn sie war hoch und überragte das Heiligthuni i,tt,v ev
TT^ -Adzw t.'jXsi qV/.ooö[j.rja£v d'y.pav r^v -^ap Ü'LtjX-^j y.oii 'j~s^jv.ii[j.brr^ to ispov. —
XII, 9, 3. Zu dieser Zeit thaten die in der Akra Befindlichen den Juden viel
Übels. Denn wenn die Leute zum Heiligthuni hinauf gingen, brachen jene
hervor und stiessen sie nieder ; denn die Akra stiess nahe an das Heiligthuni
'i~i'Ati-o Y^p ~<y Up(o Tj äv.oa\ ir.iv.eizo — entweder = stiess nahe daran, oder
ragte darüber hinaus — iniminebat . — XIII, 6, 7. Simon erstürmte die
Akra in Jerusalem und machte sie dem Erdboden gleich. Nachdem dieses
geschehen, erschien es als das Beste, auch den Hügel (clpo;), auf dem die
Akra gestanden, abzutragen, damit das Heiligthum höher wäre (ortoc b'br^l'j-
Tipov T] TO i£p6v) Sie trugen den Hügel ab und ruhten drei Jahre lang
weder Tag noch Nacht, bis sie ihn dem Erdboden gleich geebnet hatten
I xaOTfjpo'Jv TO opoc y-rn . . . xaTYjfotpov eU loacpo; xai -eoivfjV XeiÖTTjTa] ; von dieser
Zeit an überragte das Heiligthum alles , da die Akra und der Berg, auf wel-
chem sie gestanden, weggenommen waren. — Dazu nehme man die Beschrei-
bung der Stadt Bell. V, 4, 1, wovon nachher.
30
dass die Baris auf der noch bei der Einnahme durch Titus vor-
handenen Felsenerhöhimg stand , welche ohne Zweifel die
schon Neh. 2 . S. 7,7 erwähnte D'}'2.b "IttJX rTl^a (»die Burg am
Tempel«; trug , von Hyrkanus I zu seiner Wohnung eingerichtet
(Antiqq. XVIII, 4, 3i und von Herodes zur fast uneinnehmbaren
Festung ausgebaut ^^•urde, daher von Josephus bei allen Belage-
rungen als Ilauptobjekt des Angriffs erwähnt Avird. So wird
aufs sicherste klar sein, dass 1) in seinen Augen die Syrerburg
imd die Baris-Antonia zwei verschiedene Lokalitäten sind ; 2 die
Syrerakra ohne Bedeutung für die Vertheidigung des Tempels
und damit der Stadt gegen aussen war; 3) dass sie sich, wie
auf keinen Fall an der Stelle der Antonia. so überhaupt nicht an
der Nordseite des Tempels befunden haben kann. Denn
a. dann hätte die sie von dem Markt ausschliessende Maiier
durch die Tempelfläche gezogen werden müssen , nicht »mitten
durch die Stadt« (jxsaov rr^c TroÄeu);^ .
b. bei dieser Lage wäre der Zweck der Ausschliessung vom
Markte , die Abschneidung des Proviants nicht erreicht worden,
weil immer noch der Weg gegen aussen oflfen stand ^) .
c. endlich konnte zur Zeit der Makkabäer nicht gesagt
werden , dass durch die Antonia- Akra der Anblick des Heilig-
thums für die amphitheatralisch um dasselbe herum liegende
11 Unbegreiflich ist die Schlussfolgerung I.EWix's The siege of Jer. p. 54
aus Josephus Antiqq. XII, 10, 5 : »Als er aus der Akra in den Tempel hinab-
ging« (eTi oe xaTiovTi ix tyj? (X7cpa; sU xö lepov); parall. Makk. I, 7, 33 : »darnach
ging Nicanor auf den Berg Sion hinauf«}, dass demnach, weil die Akra höher
als der Tempel gewesen , sie auch nördlich von demselben gelegen habe.
Was soll denn aus der Höhe an sich für die Kichtung nach der AVeltgegend
folgen? Ein Herabgehen fand ja auch statt, wenn früher die abgetragene
Akra sich auf der Südseite befand, — worauf alle anderen Angaben deuten.
— Ein Widerspruch zwischen dem "hinabgehen« (-iCotTiövTi des Josepuus und
dem »hinaufgehen« des Makkabäerbuches findet keineswegs statt, wie Lew'IN
und ßiKcn, Statements ISTH, p. 1S3 meinen. Denn Josephus nennt im obigen
Satze den Ausgangs- und Endpunkt der Bewegung, Akra und Tempel, setzt
sie also in unmittelbare Beziehung; dagegen I. Makk. nennt den Ausgangs-
punkt nicht, setzt also Ausgangs- und Endpunkt nicht in Beziehung, sondern
spricht nur so, wie man von jedem hohen Punkte sagen kann, man gehe zu
ihm hinauf ohne dass damit über den Ausgangspunkt etwas ausgesagt war.
Eben weil Josephus die Akra selber nennt, konnte er, indem er das Makka-
bäerbuch vor sich hat, nicht nur, sondern musste das »hinaufgehen« in ein
»hinabgehen« verwandeln.
31
Stadtverdeckt, beziehungsweise durch die Demolirung der Akra
der Anblick des Heiligthums für die Stadtj^geöfFnet "wurde. Denn
nördlich von der Antonia gab es damals noch gar keinen Stadtheil.
Die Annahme einiger Forscher, die Akra sei nur bis zu einer
gewissen Höhe abgetragen worden , ist Nothbehelf, welcher den
ausdrücklichen AVorten des Josephus widerspricht.
B. Da die Akra innerhalb der Unterstadt lag, kann sie nicht
auf dem Südwesthügel (Oberstadt) gelegen haben , wie der um
die Forschung so verdiente Tobler will. Die Unterstadt selber
im allgemeinen muss selbstverständlich auf einem niedrigeren
Niveau als die Oberstadt gesucht werden.
Aus dem Vorstehenden folgt, dass wir die Unterstadt — da
ostwärts vom Tempel die Kidronschlucht sich befindet — nur,
entweder mit Robinson und den ihm Folgenden, nördlich von
der Oberstadt und nordwestlich vom Haräm in der Richtung des
Calvarienberges , oder südlich vom Haräm und östlich von der
Oberstadt, also auf dem heutigen Ophel, suchen dürfen. Welche
der beiden Situationen die richtige ist, scheint sich uns in der That
aus der vielbesprochenen Beschreibung der Stadt Bell. Y, 4, 1
mit Sicherheit zu ergeben, sobald man sie aus sich selber er-
klärt, ohne Beimischung von anders woher gebrachten vorge-
fassten Meinungen, namentlich ohne das Trugbild von Pseudo-
zion. Wir setzen die Stelle im Original und Übersetzung her,
weil sie der Leser vor Augen haben muss.
Tpiai OS w^^upuitxivT^ T£i/caiv tj ttoXic , xaüa [jlt, tal; aßaToi;
cpapay^iv exjxAou-o, -auT^j yap si? r^v TspißoAo?. aurrj \ih u-ip ouo
XocpcüV avTiTrpoatü'iio? IxTiaxo, [Asav) cpapaYyi ocifjpTjfxivtuv, et? TjV stzolX-
XrjXoi xaxsATj-j'ov ai oixiai. ~a)v os Xo'-pcuv o [xev , nr^v av«) ttoXiv iyoiw
u<|iTjX6T£poc -oXXu), xai to ij.TjXo? iiluTcpoc r^v. oia youv Tr;v oyo-
p6TT|~a cppoupiov }ji£v u-o AajSi'öou toü ßaaiAew; ixaÄcTro" -aTrjp
^oXo[j.(uvo? r^v ouTo?, xoü TzpoiTou Tov vötov xti'aavroc. t) ok av(u ayopa
•jrpo; TjULcuv. axspoc os ö xaXouixsvoc Axpa, xat xt,v xaxu) toXiv
o^psoxtüc, ottjLCpixupxoc. xouxou OS (ivxixpu xpi'xoc TjV Xocioc, xa~siv6-
xspoc xs cpu3£i XTj? Axpa; xai TtXaxst'a cpapay^i oisipYO[i.svo; aXXTfj
irpoxspov. auili? ys jjlTjV xai>' ouc ot Aaa[i.u)V7.Toi ypovouc sßaaiXsuov,
XTjV Xc cpapayya Eyu)aa\ , aovat^ai ,%uX6asvoi xw isp(o xr^v -oXiv,
xai xr,? Axpa; xaxspYaaa|j.svoi xo u<^o; s-oirjaavxo /Uatj-aXoixspov,
<u; uTTspoaivoixo xat xauxT,c xo ispov. r, os xu)v Tuporouuv -poaa-
Yop£uo[i.svTj 'ic/paY^, r^v ecpatjLSv xov xs xr^; av(u tcoXsuj; xai xov xäxcu
32
-'XuxsTav -c y.ai -okkr^v ousav, äxaAoutxcV. s'cwüsv oe, oi t^? tloXeco;
ouo Ao(poi iSaDöiat? cpotpaY^i röpiiij^ovto , xat oia xou? exatipcuöcv
xpr^fi-votj; Tipoaitov ouoajjLoQsv t,v.
Mit drei Mauern war die Stadt befestigt, soweit sie nicht von
unersteiglichen Abschüssen umgeben war; denn an diesen
Stellen befand sich nur Eine Ringmauer. Sie selbst war sich
gegenüberliegend über ZAvei Hügeln erbaut Avorden ; die in der
Mitte durch eine Thaleinsenkung getrennt waren, in welche die
beiderseitigen Häuser mündeten. Von den Hügeln war der eine,
die Oberstadt tragende, viel höher und der Länge nach gerader
gerader gestreckt) ; wegen seiner Festigkeit wurde er vom König
David (dieser war der Vater Salomo's, des ersten Erbauers des
Tempels) »Castell« genannt, von mis aber der »obere Markt«. Der
andere Hügel aber, Akra genannt, die untere Stadt tragend, war
ringsum abgerundet i) . Ihm gegenüber lag ein dritter Hügel von
Xatur niedriger als die Akra, unc^ früher durch eine andere breite
Thaleinsenkung getrennt ^l; später jedoch füllten die Hasmonäer
zur Zeit ihrer liegienmg das Thal aus und machten die Höhe der
Akra durch Abtragen niedriger; damit der Tempel auch diese
(-au-r,; — die Akraj überrage. Das sogenannte Käsemacherthal
(Tyropöon) aber, welches, wie wir sagten, den Hügel der oberen
Stadt und den unteren Hügel trennt, geht hinab bis zum Siloah;
denn so nennen wir die süsse und Avasserreiche Quelle. Von
aussen aber Avaren die zwei Hügel der Stadt, von tiefen Schluchten
umgeben und wegen der steilen Abhänge auf beiden Seiten nir-
gends zugänglich.«
Liest man zu Anfang dieser Beschreibung von den zwei
Hügeln, auf Avelchen die Stadt erbaut Avar, so Aväre man geneigt,
darunter die zAvei Gesammthöhenzüge, Avelche Jerusalem zu Jo-
sEPHUs' Zeiten trugen, den Avestlichen, als den Oberstadthügel
und den Calvarienberg, und den östlichen, als Bezeta und Moria-
1) Das ci[j/ii-/,'jpTo; wird gewöhnlich' in der Bedeutung »halbmondförmig«
oder die Gestalt des Monds im dritten Viertel tragend genommen. Es lässt
sich aber topographisch nichts damit anfangen. Wir übersetzen daher mit
andern [z. B. KrakfT) »ringsum abgerundet«, gestehen aber, dass auch dieses
uns wenig befriedigt.
2j Man darf nicht mit Paket in seiner Übersetzung, Griechische Pro-
saiker, Stuttgart 1S55, hineinsetzen: von dem ersten Hügel.
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Ophel zusammen fassend, zu verstehen, wie manche angenommen
haben. Da aber Josephus dem zweiten auch den dritten und im
folgenden Kapitel noch den vierten Hügel anfügt, so ist jene
Annahme unmöglich. Es wäre das wunderlichste Vergessen der
eigenen Worte, Avenn er zuerst unter den zwei Hügeln die beiden
Gesammthöhenzüge verstände und unmittelbar darauf liestand-
theile derselben als zweiten und dritten Hügel zählen wollte.
Die Sache verhält sich anders. In der That beschreibt uns Jo-
sephus nicht nur das Jerusalem seiner Zeit, sondern er verwebt
in die Beschreibung des Terrains zugleich eine Geschichte ihres
Baues. Daher in unserer Stelle das Plusquamperfectum (sie war
gebaut worden, sx-iato) , — womit die ursprüngliche Anlage ge-
meint ist. Er gebraucht das Wort tzoXic, (Stadt), indem er sagt:
Ol TT); TroXcU); ouo Xocpot (die zwei Hügel der Stadt), im Sinne von
aaiu, »Altstadt«, die ursprüngliche Stadt, wie er die Akra auch
geradezu zur Altstadt, aaru rechnet^), zu welcher der Tempel und
Bezeta erst im Laufe der Geschichte hinzugekommen sind. Ein-
geschlossen ist dann die Bemerkung über die Veränderung der
Unterstadt durch die Abtragung des Akrahügels unter den Makka-
bäem. Darauf folgt 4, 2 die Geschichte der drei Mauern und
die Erweiterung der Stadt diirch Hereinziehung des Bezetahügels.
Dass Josephus diese beiden Gesichtspunkte, Beschreibung der
Gestalt der Stadt und die Geschichte ihres Baues, durch einander
verfolgt, darin besteht neben seinen sonstigen Unvollständig-
keiten zu einem grossen Theil das oft getadelte Verwirrte und
den Leser bis heutigen Tags Verwirrende seiner Darstellung.
Für unsern Zweck haben wir die Situation der drei Hügel
zu suchen. Topographisch stehen fest der erste, der Südwest-
hügel und der dritte , der Tempelberg '-) . Wir sagen aber der
Tempelb erg, nicht die Harämfläche in ihrer herodianischen oder
auch jetzigen Gestalt. iVber welches war der ursprüngliche
zweite Hügel, der zu Josephus' Zeit nicht mehr vorhanden war?
Jedenfalls nicht ein Theil des Oberstadthügels, von welchem ja die
Akra a\isdrücklich imterschieden wird (gegen Tobler^). Nach
Robinson und den ihm Folgenden der Nordwesthügel, der Cal-
1) Bell. I, 1, 4 TOÜTo {■}] xattu ttöXis) toü aateios ro fiepo; -av/Xt^zii. Auch
anderswo, z. B. Bell. VI, 7, 2.
2) Siehe darüber die Erläuterung I am Schluss des Artikels.
3) Siehe die Erläuterung II am Schluss des Artikels.
Ztschr. d. Pal.-Ver. IV. 3
34
varienberg. (Vgl. oben p. 21). Da unser Text angiebt, dass die
Ober- lind Unterstadt (d. i. die zwei Hügel) durch, das Tyro-
pöon getrennt waren, so nahm Robinsox an, unter dem Tyropöon
sei zu verstehen eben jene vom Jafathore gegen den Haräm herab-
gehende Eiusenkung sammt ihrer Fortsetzung zwischen dem Mo-
ria-Ophel und dem Pseudozion bis hinab zum Siloali — so dass
also das Tyropöon ein Knie von etwa einem rechten Winkel ge-
bildet hätte. Andere Forscher (wie Ritter, Erdkunde, auch
Sepp und andere) nehmen gewiss richtiger als den obern Theil
des Tp-opöon die Eiusenkung, welche vom Damaskusthor in un-
gefährer Richtung von Nord nach Süd bis zum Siloah hinabzieh t
Robinson's Annahme ist sicherlich unstichhaltig. Josephus
deutet mit keinem Worte auf jenen von Robinson angenommenen
oberen Theil des Tyropöons ; er hat vielmehr den unteren süd-
lichen Theil dieser Schlucht, als die Ober- und Unterstadt schei-
dend im Auge. Den Beweis liefert die Bemerkung, das diese
Schlucht hinabgehe bis zum Siloah , und der unmittelbar daran
sich schliessende Satz : »Von aussen inwendig wurde sie durch
das Tyropöon getrennt) waren die zwei Hügel der Stadt von einer
tiefen Schlucht umgeben«. Da sind wir ja ganz auf die Südseite
gestellt. Ferner hätte bei der RoBiNSON'schen Hypothese der
eine der beiden Hügel, die Akra-Unterstadt, gegen a u s s en gar
keine umgebende Schlucht gehabt , während Josephus angiebt,
dass beide Hügel von solcher Schlucht umgeben waren. Das
fand und findet nur auf der Südseite statt. Auf der Nordseite
waren die drei Mauern, weil dort keine »unzugänglichen Ab-
schüsse« sich befanden , wie Josephus im Anfang des Kapitels
selber bemerkt. Endlich würde zu Robinsok's Hypothese die
Angabe des Josephus , dass durch die Abtragung der Akra der
Tem])el höher als diese geworden sei, nicht passen, da noch
heute der Calvarienberg höher , als der Haräm ist.
Hierbei haben Avir noch eine Bemerkung über den Stand-
punkt zu machen, von welchem Josephus bei seiner toi)ographi-
schen Beschreibung ausgeht. Da er eine Belagerung schildert,
ist es ihm um die Zeichnung der Festigkeit der Stadt zu thun.
])iese besteht in zweierlei, in den Maueni und der natürlichen
Hescliaffcnheit des Tenains. Letzteres beschreibt er in liell. V,
4, 1. Er beginnt zwar mit den drei Mauern; das ist ihm aber
nur Einleitung zur Zeichnung der natürlichen Festigkeit. Denn
35
kaum hat er die drei Mauern genannt, so bemerkt er, dass dort
im Norden keine nnziigänglichen Abschüsse gewesen seien, wohl
aber auf der entgegengesetzten, genauer auf den drei andern
Seiten, im Westen, Süden und Osten, und schliesst die Schilde-
rung, indem er zu Ende des Abschnitts, eben auf die von aussen
um die beiden Hügel, auf Avelchen die Stadt ursprünglich erbaut
Avar, herumgehende und sie unangreifbar machende Schlucht zu-
rückkommt. Erst im folgenden (4, 2) kommt er auf die künst-
liche Befestigung, mit Avelcher er 4, 1 begonnen hatte, Avieder
zurück. Er geht also, indem er 4, l die natürliche Festigkeit
zeichnet , A^on dem Punkte der Anschauung aus , aa^o die natür-
liche Gestalt der Stadt sich am charakteristischsten darstellt und
am schärfsten Aon ihrer Umgebung sich abscheidet, d. h. von der
Südseite. Eben darum bemerkt er, dass die die Ober- und Un-
terstadt trennende Schlucht bis zur Siloahquelle hinabgeht, und
in unmittelbarem Zusammenhang damit, dass von aussen die
beiden Hügel A^on den tiefen Schluchten umgeben Avaren. Wenn
er nun A^on diesem Standpunkt aus den Oberstadthügel als den
ersten nennt, darauf von dem bis zum Siloah hinabgehenden, die
beiden Urhügel trennenden Thale und von dem die beiden
Hügel A'on aussen umgebenden Schluchten redet, so kann er.
indem er Aom ersten zum zAveiten Hügel zählend fortgeht, nicht
die Richtung A'om Süden nach Norden im Auge haben. Avie Ro-
WNSOX meint; denn dort im Norden sind Aveder die Siloahquelle
noch die Schluchten. Sondern er steht mit beiden Urhügeln im
Süden und hat nach den von ihm selbst angegebenen Land-
marken, indem er a om ersten (Obcrstadthügelj zum ZAveiten (Un-
terstadthügel) zählt . die Richtung A'on Westen nach Osten —
zum Ophel als der Lokalität des ehemaligen Akrahügels — und
indem er A-om zAveiten zum dritten fortgeht, vom Ophel -Akra
zTim Tempelberg, die Richtung von Süden nach Norden. Diese
behält er bei, indem er 4, 2 den liezetahügel als den vierten, an
den Tempelberg sich anschliessenden Hügel aufzählt i) . Der
Tempelberg und der Bezetahügel gehören aber nicht zum ur-
sprünglichen Terrain des alten Jerusalems, auf Avelchem dieses
1) "Wenn er nun den Nordwestliügel ganz übergeht, so hat das seinen
Grund offenbar darin, dass dieser kein eigentlicher, sich abscheidender Hügel,
sondern eben nur die Fortsetzung des nördlichen Landrückens ist und über-
haupt nicht zur Altstadt gehörte.
3-
36
anfällglich erbaut Avorden war r/na-o), sondern sind erst im
Laufe der Zeit hinzugekommen.
Dass die Unterstadt im Sinne des Josephus nicht auf die
Nordwestseite des Terrains von Jerusalem gesetzt werden darf,
geht auch aus folgendem hervor. In Bell. V, 4, 2 erzählt er, wie
die innerste altjüdische Mauer, to ap/aTov Tziyo^, erbaut von den
jüdischen Königen , also die das ursprüngliche Jerusalem ein-
schliessende Mauer sich vom Hippikusthurm ostwärts am Xystus
und dem Rathhaus hin bis zur westlichen Tempelhalle erstreckte
(also vom heutigen Jafathore in ziemlich gerader Linienach
Osten gegen den Haräm , in der Richtung der heutigen David-
strasse ungefähr gegen das Kettenthor, bäb-es-sihele, ohne Z^veifel
auf dem südlichen Rande jener von Robinson fälschlich für das
obere Tyropöon gehaltenen Einsenkung), während sie nach der
anderen Seite in einem südlichen Bogen der Siloahquelle sich
näherte und dann zur Ostseite des Tempels hinaufging. Das ist
also der Umfang des ursprünglichen alten Jerusalem zur Zeit der
Könige. Nun haben wir oben gesehen, dass Josephus die Un-
terstadt sammt der innerhalb ihrer befindlichen Akra zu diesem
altjüdischen Jerusalem rechnet, folglich kann sie in seinem
Sinne nicht ausserhalb , etwa nördlich von seiner »alten Mauer«
gelegen haben.
Weiter wird Bell. V, 6, 1 erzählt, wie die beiden Rartei-
häiipter Simon und Johannes sich in die Stadt getheilt hatten.
»Simon hatte die obere Stadt und die grosse Mauer bis zum Ki-
dron inne [dieses ist die äusserste, nördlichste der drei Mauern,
V. 4, 2], von der alten Mauer dagegen den Theil, welcher sich
von der Siloahquelle nach Osten zog und bis zum Hofe des Mono-
bazes hinlief; desgleichen jene Quelle selbst und die Akra (diese
war aber die Unterstadt) und den Bezirk bis zum Ralast der He-
lena. Johannes dagegen hatte den Tempel inne und einen grossen
Theil von dessen Umgebung, sowie den Ophlas und das Kidron-
thal.« Diese Beschreibung ist doch vollkommen deutlich. Die
von den beiden Partcihäu])tern besetzten Ortlichkeitcn umschrei-
ben den ganzen Umkreis der Stadt zur Zeit des Titus. Nachdem
Josephus angegeben, dass Simon die Oberstadt in Besitz hatte,
beschreibt er zuerst, wie weit von der Oberstadt aus gegen Nor-
den und Osten, darauf von der Südseite der Oberstadt ausgehend,
wie weit gegen Südost die Besetzung des Terrains durch Simon
37
sich erstreckte, nämlich auf letzterer Seite die die Oberstadt um-
fassende alte Mauer his zur Siloaquelle und weiter von dieser aus
bis zum Palast der Helena. Hier Averden die Siloaquelle und die
Akra mit der Bemerkung, dass die Akra die Unterstadt sei. ganz
immittelbar mit einander verbunden, letztere also an densell)en
Ort mit der Siloaquelle, also gegen Süden verlegt. Welche ■wun-
derliche Art der topographischen Beschreibung traut man dem
JosEPuus zu , wenn man mit Eobinson annimmt, die Akra-Un-
terstadt sei nördlich von der Oberstadt gelegen ! Dass wir uns
mit derselben auf der Südseite befinden, zeigt die weiter sich an-
schliessende Angabe über den von Johannes besetzten Stadtbe-
zirk. Dieses ist der Tempel mit seiner Umgebung (ohne nähere
Angabe, wie weit) und Ophlas und der Kidron. Hier haben vnr
eine augenfällige Eeihenfolge von der Oberstadt zur Siloaquelle
und von dieser um die Südspitze des Ophel herum an dessen Ost-
seite hinaufgehend bis zu dem an der Südostecke der Tempel-
fläche liegenden Ophlas. Bis zum Ophlas exclusive war die
Mauer im Besitze des Simon, von dort an (den Ophlas inclusive)
aufwärts im Besitze des Johannes. Die Akra-Unterstadt muss
eben darum auf jener Südseite gelegen haben. Simon hatte dabei
den bei weitemi grösseren , Johannes den kleineren Theil des
Terrains in Händen, entsprechend dem Zahlenverhältniss ihrer
Mannschaft, welche im gleichen Kapitel für Simon auf 15,600
Mann, für Johannes auf 8,400 angegeben wird.
Von dem letzteren wird ferner Bell. IV, 9, 12 erzählt, er
habe zur Abwehr der Angriff'e des Simon auf der Tempelfläche
vier Thürme errichtet, einen an der Nord-Ostcckc, den andern
über dem Xystus, den dritten gegenüber der Unterstadt (avT'.y.pu
tt; vA~(s) TToXötüc) und den vierten über der Zinne der Pastopho-
rien. Die Reihenfolge geht hier deiitlich von Osten nach Westen
und Süden. Die Nordwesteckc hatte ihre Sicherheit schon an
der Antonia, der Xystus lag innerhalb, d. h. südwärts der alten
Mauer, also jedenfalls an der südlichen Hälfte der Westseite des
Haräm; folglich muss der dritte Thurm auf der Südseite, etwa
auf der Südwestecke der Tempelfläche sich befunden haben imd
eben darum die Unterstadt auch südwärts gesucht Averden.
In der Ecke zwischen dem Nordrand der Oberstadt und dem
nördlichen Theil der AVcstmauer des Haräm . also in der Pich-
tung des C'alvarienbergs , ist es ferner unmöglich mit Püiunsün
3S
und den Engländern, (wie Warren in der Recovery of Jerusalem)
die Unterstadt zu versetzen, weil dort nach Josephus die »Vor-
stadt« (Trpoaarsiovi lag. Nach Antiqq. XY, 11, 5 führten auf der
AVestseite des Heiligthums vier Thore in die Stadt. Eins an den
königlichen Palast, zwei in die Vorstadt '-poajTsiov) , das vierte in
die »andere Stadt«. Nun kann doch eine Vorstadt nirgends an-
ders gesucht Averden, als vor d. h. ausser der Stadt, folglich
nördlich von der die Altstadt einschliessenden altjüdischen Mauer.
Daran wird nichts geändert durch die oft mit Recht beklagte Un-
genauigkeit des Geschichtschreibers , welcher weder die Rich-
tung, in welcher er die Thore zählt, angiebt, noch auch, welcher
der beiden, sonst von ihm oft genannten königlichen Paläste ge-
meint ist. Wir können hier von der Vertheilung dieser Thore um
so mehr absehen, als auch die Ausgrabungen der Engländer noch
viel zu wenig sichere Resultate ergeben haben und auch die Auf-
stellungen Warrex's in der Recovery und im Athenaeum IST 5,
Nr. 2469 keineswegs ausser aller Einwendung stehen. Mag es
sich aber damit verhalten wie es will, sicher ist, dass eine Vorstadt
nicht innerhalb sondern nur ausserhalb der alten Stadt liegen
konnte. Die von uns angenommene Lage der Vorstadt wird auch
deutlich durch Antiqq. XIV, 13, 4. Hier lesen Avir, wie Herodes
in der Fehde ZAvischen Hyrkanus und Antigonus von dem könig-
lichen Palast einen Ausfall gegen die feindliche Partei, welche
den Tempel und die übrige Stadt (wie viel von ihr, ist nicht ge-
sagt) inne hatte, durch die Vorstadt (xata to Trpoaarsiov) machte
und sie in die Flucht trieb. In der die gleiche liegebenheit er-
zählenden Parallelstelle Hell. I, 13, 3 steht statt »durch die Vor-
stadt« geradezu nach der »Nordseite« (xara to -poaapy.-iov) . Es
ist darum unbegreiflich, Avie Tmiupp, Lewik, Warren die »sub-
urb« ^ohnedies eine irreführende Übersetzung des -podtTrsiov) öst-
lich von der Oberstadt in das Tyropöon (innenAvärts südlich von
der alten Stadtmauer) verlegen mögen. Bei Thrupp ist diese
Lage ersonnen um seiner sonstigen falschen Annahmen Avillen.
Was Avill es denn besagen, Avenn er beifügt : »the greek Avord is
not of Josephus' coinage ( — aber es kann doch nicht anders, als
in seinem natürlichen Wortsinn genommen Averden) , but Avas the
most convenient , he could cmploy to represent the HebrcAV Par-
bar 1 Chron. 26, 18. 2 Reg. 23, 11 (von Avclchem I'arbar wir
eben so viel als nichts AA'issen). Man hat auch kein Recht, der
39
»Vorstadt« die »Unterstadt« zu siibstitniren, Avie vielfach z. B. von
Rosen, der Haräm p. 139 und De Vogüe, le temple p. 50 (>iqne
cette expression designe la basseville ou Akra«) geschieht. Es
lässt sich durchaus kein Gnmd denken, wanim Josephüs in den
obigen Stellen nicht den gewöhnlichen Namen »Unterstadt« sollte
gebraucht haben, wenn er sie im Sinne hatte. Dagegen ist die
Bezeichnung Vorstadt für diesen Stadttheil als solchen so sehr
in der Natur seiner Entstehung gegründet, dass wir hier zweifel-
los einen historischen Lokalnamen vor uns haben, welcher blieb,
auch nachdem sich noch weitere Stadttheile angeschlossen
hatten *) . Man kann auch nicht einwenden , dass anderswo
Bell. V. 1.1 von der Verödung der Vorstädte plur.) durch
Abhauung der Bäume die Rede ist. Denn letztere sind die
äusseren Stadttheile , wie sie zur Zeit des Geschichtschreibers
vorhanden waren, überhaupt.
Das bisher Gefundene wird bestätigt durch die Geschichte
aller von Josephüs erwähnten Belagerungen Jerusalem's. Dabei
findet sich nicht eine einzige Notiz, welche veranlasste, die Un-
terstadt Akra nördlich oder nordwestlich vom Tempel zu suchen,
worauf längst Tobler aufmerksam gemacht hat. Bekanntlich
war der Gang aller Belagerungen von Nord nach Süd. Wo immer
dabei die Unterstadt erwähnt wird, kommt sie erst nach der Be-
setzung des Tempels zur Sprache. So wird bei der Einnahme
durch Herodes, Antiqq. XIV, 15, 2. 16. 2 erzählt, Avie er die
Stadt von Norden her und zwar am Tempel angriif. Er nahm zu-
erst die zwei Mauern; dazu wurden auch einige der] lallen um
den Tempel verbrannt. Von der Unterstadt ist dabei noch mit
keinem Wort die Rede. Alsdann heisst es : »Als der äussere
Tempel und die Unterstadt genommen waren, flohen die Juden
in den inneren Tempel und die Oberstadt«. Es ist total unrichtig,
wenn Thrupp dazu bemerkt : »Es ist deutlich , dass er zuvor die
Unterstadt nördlich vom Tempel stürmte, ehe er den Tcmpelhof
selber einnahm.« Das ist so wenig deutlich, dass vielmehr im
Texte sich auch nicht ein einziger Buchstabe davon voi-findet.
Im Texte ist zuerst gar nicht von der Unterstadt die Rede, son-
dern von zAvei Mauern, deren Bestimmung ausserhalb unserer
Untersuchung liegt. Mit ihrer Einnahme war der Belagerer
1) So auch FURRER, Bibellexikon III, p. 241.
40
schon unmittelbar an die Tempelfläche selber gelangt ; es waren
ja schon einige Hallen um den Tempel verbrannt. Darauf wurde
der äussere Tempel, d. h. die ganze äussere, also auch die süd-
liche Umgebung des eigentlichen Heiligthums und (darauf oder
zugleich! die Unterstadt eingenommen , und dadurch die Juden
in das eigentliche Heiligthum (das Tempelhaus und dessen aller-
nächste Umgebung) und in die Oberstadt zurückgedrängt. Man
sieht, mit den Worten : «als der äussere Tempel und die Unter-
stadt genommen waren« wird der ganze noch übrige Umfang der
Stadt mit Ausnahme des Tempelhauses und der Oberstadt be-
zeichnet; da kann ja die Unterstadt nichts anderes sein, als der
südlich vom Tempel gelegene Bezirk. Josephus hat dabei in der
Wortstellung: »den äusseren Tempel und die Unterstadt« den
Gang der Belagerung von Nord nach Süd eingehalten und wir
halben weder Recht noch Veranlassung die Sache umzukehren.
Ebenso verhält es sich mit der Eroberung durch Titus *) . Es
1) Wer den Josephus gelesen hat, der erstaunt, wenn er bei Lewin (the
siege p. 36 fF.) findet, wie Titus durch die Einnahme der zweiten Mauer sich
auch der von ihr eingeschlossenen »inneren Unterstadt« oder »inneren Akra«
bemächtigte, von welcher Beschaffenheit diese »innere Unterstadt« war, wie
sie nur ungefähr den dritten Theil der Unterstadt-Akra, wie den Haupttheil
derselben aber die Tempelplaltform (= »Mittel-Akra« oder »Mittel-Unter-
stadt«; bildete, die »äussere Unterstadt« aber südlich vom Tempel lag. Man
fragt sich erstaunt, wo man das gelesen oder gar übersehen habe? Aber man
mag den Josephus aufschlagen , wo man will, so findet man nicht ein Wort
davon. JosEPHUS bringt die Unterstadt niemals in Verbindung mit der
zweiten Mauer, er identificirt niemals die Tempelfläche mit der Unterstadt
oder Akra, sondern unterscheidet sie immer von derselben; ernennt nie-
mals eine mittlere, innere oder äussere Unterstadt, sondern immer nur Eine
Unterstadt und erwähnt sie in dem von Nord nach Süden gehenden Gang der
Eroberung erst nach dem Tempel. Alles andere so wie auch die »sogenannte
Kidronschlucht« als östlicher Theil der Tempelfläche, ist reine Phantasie des
Interpreten. — Auch bei de Vogüe, le temple p. 128, dessen ausgezeichneten
Leistungen wir gewiss nicht zu nahe treten wollen, heisst es : »11 lui (Titus)
fallut quatre jours de combats acharne.s pour rester maitre de cette position
et renon9ant ä s'engager dans les rues ^troites et tortuoises de la ville
basse il se contenta de faire demolir toute la partic du second mur qui re-
gardait le nord.« Schlägt man aber den JüSEPHU.s selber nach, so findet man
in den betreffenden Stellen, Hell. V, 8, 9 so wenig als irgend wo sonst, den
v(jii der zweiten Maun- eingeschlossenen Stadtftieil mit dem Namen Unter-
stadt bezeichnet. Es bleibt bei der unumstösslichen, schwer wiegenden That-
sache, dass bei der v(jn Nord nach Süden gehenden Eroberung der Unterstadt
erst nach dem Tempel gedacht wird.
41
wird weder bei der Einnahme der ersten noch der zweiten Mauer
der Unterstadt mit einem Worte gedacht. Erst nach Eroberung
und Niederbrennung des Heihgthums und nach der vergeblichen
Unterredung des Titus mit den Aufständischen wird Bell. VI.
6, 3 erzählt, dass die Römer »das Archiv und die Akra und das
Stadthaus und den Stadttheil Ophlas einäscherten und das Feuer
sich bis zum Palast der Helena verbreitete ; dieser aber war mitten
in der Akra«. (Hier die ganz gleiche Beschreibung der Südseite
wie oben V, 6, 1. Die Erwähnung des Ophlas versetzt ohnedies
gewiss auf die Südseite) . Was an diesem Tage an der Verbren-
nung fehlte, wurde am folgenden Tage nachgeholt (VI, 7, 2):
»Am folgenden Tage trieben sie die Räuber aus der Unterstadt
und steckten alles bis zum Siloah in Brand. Genossen sie aber
gleich die Freude, die Stadt von der Flamme verzehrt zu sehen,
so entging ihnen doch die Beute, da die Empörer alles ausleerten
und in die Oberstadt sich zurückzogen«.) Nämlich in einigen
Theilen der Unterstadt hatten sich die »Räuber« oder »Empörer«
noch gehalten ; sie wurden nun auch aus diesem letzten Terrain
vertrieben und alles bis zum Siloah in Brand gesteckt. Da deutet
doch auch kein Wort darauf, dass die Unterstadt, aus deren
letzten Resten die Aufständischen vertrieben wurden, sich nörd-
lich von der Oberstadt auf einer Lokalität, wo alles schon längst
in den Händen der Römer war, befunden habe ^) .
1) Eine der unklaren Stellen bei JosEFHrs ist die Angabe Bell. VI. S, 4,
dasa nach dem Beginn des Angriffs der Römer auf die Oberstadt eine Anzahl
der Insurgenten sich in die Akra zurückzogen (ävsywpo'jv toj tei/o'j; ei; tt,v
av-pav). Hätten wir diese Stelle allein, so läge am nächsten, die Akra inner-
halb der Mauer der Oberstadt zu suchen, 'mit ToBLER!. Das ist nun freilich
unmöglich. Aber -wie konnten sie sich in die Akra zurückziehen, da sich diese
ja bereits in den Händen der Römer befand, ja von diesen niedergebrannt
war? Auf keinen Fall, wenn sie nördlich von der Oberstadt lag, noch weniger,
wenn nördlich vom Tempel (= Antoniaj. Denn die Nordseite einschliesslich
der Tempelfläche wurde jedenfalls von den Römern besetzt gehalten, schon
darum, weil der Angriff auf die Oberstadt auf deren Nordwestecke gegen den
königlichen Palast , und auf der Nordostecke am Xystus und der Brücke er-
folgte (VI, 8, 1.) Ein Rückzug von der Oberstadtmauer in die Akra konnte
also überhaupt nur möglich sein, wenn letztere auf der Südseite lag. "Wir
denken uns die Sache so ■. Begreiflicher Weise konnten nicht alle einzelnen
Theile des eroberten Stadtterrains von römischen Posten besetzt gehalten
werden. Das war aber auch bei dem südlich vom Temi)el gelegenen Stadt-
theil unnöthig. theils weil derselbe vom Tempel aus vollständig beherrscht,
42
Die vorstehende Übersicht über säramtliche Auskunft gebende
Stellen des Josephus scheint uns das Resultat über die Lage der
Unterstadt Akra vollkommen sicher zu stellen. Die horizontalen
Verhältnisse des Terrains sind entsprechend. Der Ophelrücken
ist niedriger, als der Oberstadthügel, entspricht also dem Namen
Unterstadt, in welche, wie wir nicht zweifeln, auch das Tyropöon
eingerechnet wurde, wenigstens im populären Sprachgebrauch.
Auf diesen beiden Hügeln lag die Stadt, d. h. die Altstadt, avtt-
7rpo3(u~o;, »sich gegenüber« (Bell. V, 4, 1). Nur ist nie zu ver-
gessen, dass im Sinne des Josephus ursprünglich der Begriff Un-
terstadt der weitere , der der Akra , als einer besonderen inner-
halb der Unterstadt sich erhebenden Erhöhung, der engere ist,
und erst in Folge der Abtragung dieser Erhöhung der Name Akra
auf die gesammte Unterstadt übertragen wurde. Die Lokalität
des Ophel steht auch in derjenigen Verbindung mit dem Tempel-
berge , welche in allen obigen Angaben sowohl aus der makka-
bäischen, als der römischen Zeit vorausgesetzt wird. Nehmen
wir nun an , dass auf der Nordseite des Ophel, also gegenüber
der Südseite der Tempelfläche, sich ursprüglich eine einzelne Er-
höhung, etAva eine isolirte Felsenplatte , erhob , so haben wir für
die makkabäische Akra der Syrer den der Beschreibung des Jo-
sephus entsprechenden Platz. Sie war eine ausserordentlich
schwer einzunehmende, schon natürlich feste Lokalität; sie er-
hob sich über die Tempelfläche zur Makkabäerzeit, wo sich
dieselbe vom Tempelgebäude an gegen Süden Avohl in Absätzen
stärker als gegeuAvärtig senkte, verdeckte den Tempel gegen den
südlichen Theil der amphitheatralisch (DsaTpoöiorjc) um das Hei-
ligthum herumliegenden Stadt, — was zur Makkabäerzeit um so
theils weil durch die römische Rinschliessungsmauer ein weiterer Durchbruch
unmöglich gemacht war. Ein solcher wurde zuletzt VI, 8, 5. ei; rrj^ Otto
^t/.iijaji. cpäpot-ffa %aTacp£'JYO'jaiv) noch versucht, scheiterte aber an der Ein-
schliessungsmauer, so dass die den Durchbruch Versuchenden in den unter-
irdischen Gängen sich versteckten (ohne Zweifel der Unterstadt). Wir
schliessen eben aus letzterer Angabe , dass der üphel, nachdem alles darauf
Stehende abgebrannt worden, von den llömern nicht besetzt gehalten wurde,
und darum eine Anzahl Insurgenten auch vor dem letzten Durchbruchsver-
such schon in den abgebrannten Trümmern freilich nicht einen Ort zu neuem
Widerstand sie hatten ja die Oberstadtniauer aus Verzweiflung an der Mög-
lichkeil des Widerstandes verlassen, , wohl aber noch einen Ort zum Versteck
suchen konnten.
43
mehr auffiel, als der Palast Salomo's nicht mehr vorhanden war
— und flankirte den Tempel in ähnlicher Weise wie der An-
toniafelsen auf der Nordseite. Damit ist auch die Einsenkung,
welche den Akraberg von dem Tempelberg trennte, gegeben.
Wurde die Akra, d. h. jene auf dem Ophel sich erhebende Fel-
senhöhe abgetragen , ihr Terrain dem Boden gleich (st; -soivy;v
XöiTo-Tj-a) gemacht , durch den dabei gewonnenen Schutt die
mit dem Namen Ophlas bezeichnete Lokalität an der Südost-
ecke erhöht und vielleicht (was freilich nur eine Yermuthung ist)
auch ein Theil der Südwestecke des Haräm (nach Warrex in
ihrer jetzigen Gestalt ein herodianisches Werk) aufgefüllt, so
verschwand die Einsenkung hdrja-(^) von selbst, kann also heu-
tigen Tags nicht mehr aufgefunden Averden. Zugleich wurde der
Tempel gegen Süden sichtbar. Bei solcher Lage der Akra, etwa
gegen das Tyropöon steil abfallend , erklärt sich auch , wie sie
durch eine mitten durch die Stadt (Unterstadt), etwa um die
Burg herumgezogene Mauer von dem Verkehr abgeschnitten
■werden konnte.
Man hat nun freilich diese Angabe des Josephus über die
xirsprüngliche Höhe und Demolirung der Akra stark in Anspruch
genommen. Sie ist von Crome (Encyclopädie von Ersch und
Gruber), Hupfeld, a. a, O., Arnold (Herzog, Kealencyclo-
pädie Art. Zion) und Andern mit einer Fluth absonderlicher
Elirentitcl, als »Windbeutelei«, ''Schwindelei«, »Leichtfertigkeit«
und ähnlichem, recht eigentlich überschüttet und als eine reine,
alles geschichtlichen Grundes entbehrende Erfindung bezeichnet
worden. Diesen Anklagen gegenüber glauben wir den jüdischen
Geschichtsschreiber in Schutz nehmen zu müssen. A'or allem
sieht man nicht ein, warum und wozu Josephus seine Erfindung
gemacht haben soll. Auch Hupfeld gesteht : »AVie er dazu kam.
ist freilich schwer zu erklären.« Aber Arnold versucht bereits,
es zu erklären : »Die ganze Konfusion beruht darauf, dass durch
die Antonia dem Josephus der Begriff einer den Tempel beherr-
schenden Burg sich so fixirt hatte, dass er dieselbe sich gar nicht
auf dem Zion (Oberstadthügel : denken konnte ; mm war er sich
aber doch auch des Unterschiedes zAvischen der Baris und der
Burg der Syrer recht wohl bewusst und so blieb ihm nichts an-
deres übrig, als die letztere in die Unterstadt auf den nordwest-
lichen Hügel zu verlegen und die damit verbundenen Schwierig-
44
keiten durch die erwähnten Fiktionen -wegzuräumen, was bei
einem Manne seiner Leichtfertigkeit gewiss keine Schwierigkeit
hatte.« So lange man aber nichts anderes zu sagen w^eiss, besteht
der Verdacht, die Interpreten suchen eine bisher noch unerklärte
Thatsache durch Annahme einer Fiktion wegzuschaffen. Ist es
aber immer gewagt, ein Problem durch Aufhebung des Objekts
zu lösen, so scheint es uns im vorliegenden Fall ganz unzulässig.
Die Angaben des Josephus gehen auf eine keineswegs unvor-
denkliche Zeit, auf eine Sache, die wiegen ihrer Verflechtung mit
den religiösen Nationalkämpfen und Leiden seines Volks im Ge-
dächtniss der Geschlechter bleiben musste, auf Örtlichkeiten,
welche ihm Jahre lang vor Augen gestanden haben. Er ist selbst
ein geborener Hierosolymite , hat Jahre lang daselbst gelebt, ist
von klein auf cpiXo^pafi-ixaTo? (vita 2), hat die Geschichte seines
Volks und seiner Hauptstadt während der letzten Jahrhunderte
zum Gegenstand der Forschung gemacht, hat als Sprössling des
Priestergeschlechts, mütterlicherseits verwandt mit den Hasmo-
näern, Gelegenheit, Nachrichten über jene Zeit zu sammeln, zur
Genüge gehabt. Dabei ist es doch, milde aiisgedrückt, gewagt,
Angaben deren öftere Wiederholung Peweis davon giebt. soAvohl
wie sicher er ihrer ist, als welchen Werth er darauf legt, für
wissentliche Erdichtung oder Phantasieprodukt der Konfusion zu
erklären. Handelt es sich doch gar nicht um Zahlenangaben,
welche durch ungenaue Erinnerung oder nationale Prahlerei
alterirt sein können, auch nicht um Geschichtserzählungen, bei
welchen ein patriotisches Interesse ins Spiel gekommen sein
könnte, überhaupt eigentlich zuletzt nicht um die Schleifung der
Purg, sondern um einen zu Josephus' Zeit gäng und geben, von
ihm vorgefundenen Sprachgebrauch , welcher die Akra mit der
Unterstadt identificirt. Eben das für fremde, der Sache fern ste-
hende Leser Aiiffallcnde der Thatsache, dass die Akra in der
Unterstadt lag, nicht, wie Tnan hätte vermuthen können, in der
Oberstadt, veranlasst den Geschichtsschreiber, öfters davon zu
reden. Mag die Akra selber geschleift worden sein oder nicht,
so viel steht fest, dass sie in der Unterstadt gelegen war, folglich
mit dieser auf dem Ophel zu suchen ist. Die W'eiteren Angaben
des Josephus, betreffend die lu-sprüngliche Höhe des Akrahü-
gels etc., haben aber für uns Interesse, so fern sie, als thatsäch-
lich vorausgesetzt, ein weiteres Licht über den ganzen Coraplex
45
der uns beschäftigenden Fragen verbreiten oder vielmehr den
letzten Schlüssel zu ihrer Lösung darbieten und eben hierin zu-
gleich eine Gewähr für ihre Glaubwürdigkeit haben. AVenn
Hupfeld a. a. O. p. 214 f. sich dahin gedrängt findet, nicht nur
die Abtragung, sondern auch die Identität der Akra mit der Un-
terstadt für eine »windige Ei-findung« des Josephus zu erklären,
so dreht sich dieses unmittelbar zu einer Instanz gegen den Kri-
tiker um , weil jedes vernünftige Motiv für die Ei-findung fehlt.
Man macht gegen Josephus geltend, statt die Akra abzu-
tragen , wäre es vernünftiger gewesen , dass die Juden sie selber
besetzt gehalten hätten ; vollends lächerlich sei es anzunehmen,
man habe die Akra rasirt , nur damit der Tempel höher sei und
über die Akra hinweg schaue. Nun dieses ästhetische Motiv,
antworten wir, wird wohl nicht das hauptsächliche, sondern nur
ein hinzukommendes gewesen sein, aber für die Juden bei ihrer
Hochachtung für den Tempel , das Centrum ihres Gottesdienstes
und damit zugleich ihres Nationallebens, von grösserer Bedeutung,
als uns beim ersten Anblick scheint. Dieses religiös-ästhetische
Motiv verband sich mit der Erinnerung an die Leiden , welche
durch diese Zwingburg so lange Zeit verursacht waren, und
w^elche eben fürs Künftige durch die Demolirung beseitigt werden
sollten. Die fortificatorische Bedeutung aber einer Burg, für
welche Josephus als selbst gewesener Kriegsführer wohl ein
ebenso sicheres Auge hatte, als deutsche Stubengelehrte, ist denn
doch eine andere für eine fremde Oberherrschaft , welche durch
eine Zwingburg innerhalb einer Stadt deren Bevölkerung im
Zaum halten will , und eine andere für die Einwohnerschaft,
welche die fremde Besatzung los sein möchte. Letztere macht
es, wie die Juden ; sie zerstört die Zwingburg , befestigt aber die
Stadt gegen aussen. So behalten die Juden Baris- Antonia mit
ihrer Richtung nach aussen als die natürliche Schutzwehr bei
und verstärken sie, wie Josephus selber (Antiqq. XV, 11, 4:
»zur Sicherheit und Bewachung des Tempels«) berichtet. Die
Syrerburg aber konnte bei der von uns angenommenen Situation
niedergerissen werden ohne Nachtheil für die Festigkeit der Stadt
gegen aussen. Der Ophel blieb nach wie vor gegen aussen so
fest, dass er auch von den llömeni nicht von der Südseite, von
unten, sondern vom Tempel, von der Nordseite, von oben her
angegriffen und eingenommen wurde. Ahnliche Beispiele von
46
Zerstörung solcher Zwingburgen liefert bekanntlich die Ge-
schichte aller "N'ölker mehr als einmal. Übrigens ist ja sogar der
Antonia-Felsen , dessen fortificatorischer Werth so deutlich am
Tage lag , später , ungewiss wann , wegrasirt worden ; warum
sollte das Gleiche nicht auch mit der Syrerburg geschehen sein
können ? So giebt gewiss der fortificatorische Gesichtspunkt kein
Recht, dem Josepkus mit Hupfelü eine »ebenso luftige, als ab-
geschmackte Erfindunga aufzubürden. Grösseres bedenken liegt
in dem Umstand, dass 1 Makk. 14. 7 nicht nur von der Schlei-
fung der Akra schweigt, sondern geradezu sagt : »Er legte Juden
in dieselbe und befestigte sie zur Sicherheit des Landes und der
Stadt«. Es ist mit Robinson*) zuzugeben, dass prima facie ein Wi-
derspruch zwischen 1 Makk. und Josephus vorliegt. Wir halten
uns aber darum noch nicht für berechtigt, bei Josephus eine »Er-
findung« anzunehmen, auch nicht einen Irrthum. Denn Jose-
phus hatte, woran kein Zweifel, das Makkabäerbuch vor sich und
weiss es also, dass er etwas Abweichendes berichtet. Darum ist
eben eine Ausgleichung zu suchen. Diese kann eine zweifache
sein, je nachdem man annimmt, die ]^urg sei zuerst zerstört und
dann wieder aufgebaut worden , oder die Burg sei eine Zeit lang
von den Juden besetzt geblieben und erst später zerstört worden.
Für die crstere Annahme entscheiden sich diejenigen, welche die
Akra mit der Antonia identificiren. Dass nun eine Zwingburg
zuerst zerstört inid später von den Zerstörern selber wieder auf-
gebaut wurde, das ist auch anderswo vorgekommen. Mit Recht
sagt DE VoGÜE (le temple p. 161): Le fait est trop naturel pour
ne pas etre vrai ; de tont temps on a vu les insurrections victor-
ieuses demolir les citadelles qui les ont longtemps menaces, sauf
ä les retablir pour leur propre defense. Was uns bewegt, gegen
diese und für die zweite Annahme zu entscheiden , ist eben die
unbestreitbare Thatsache, dass Josephus mit den beiden Angaben,
dass zu seiner Zeit die Antonia aiif einem 50 Ellen hohen Felsen
stand, dass aber die Akra vollständig bis zur ebenen Erde abge-
tragen worden sei, die beiden liurgen aufs offenbarste von ein-
ander unterscheidet.
Noch haben wir einer möglichen Einwendung zu begegnen.
Man könnte sagen . wenn die Akra so hoch lag . dass sie den
Tempel ü])erragte . so falle unsere ganze frühere Argumentation
Ij Neuere Forschungen ji. 107.
47
aus dem «hinauf und hinab« ^) . Insbesondere wenn der ursprüng-
liche üphel so hoch gewesen, wie könnte dann gesagt werden,
dass man vom Tempel in das auf dem Ophel gelegene Königs-
haus hinab und umgekehrt hinauf gegangen sei. Wir ant-
worten :
1) Wir verlegen den Salomonischen Palast nicht auf den
Ophel, sondern auf den südlichen Theil der Tempelfläche (näher
auf deren Südostecke , wo sich die unter dem Namen der Ställe
Salomo's bekannten, übrigens heute nicht mehr in ihrer ursprüng-
lichen Gestalt vorhandenen gewölbten Substructionen befinden) ,
zu Salomo's Zeit niedriger als jetzt : sie war niedriger, als das
Tempelgebäude, und höher, als Haus und Stadt David's.
2) Was vom Theile gilt; gilt nicht vom Ganzen. AVir nehmen
nicht an , mid auch Josephus sagt nicht, dass die ganze Unter-
stadt, also der ganze Ophel diese Höhe hatte , sondern nur eine
auf ihr sich erhebende Felsenplatte, gerade gross genug, um zu
einer nicht umfangreichen , aber sehr festen 13urg zu dienen
(gegen Olshausen) . Damit ist zugleich begegnet dem von Hup-
feld a. a. O. p. 205 Gesagten: »Es würde daraus (aus des Jo-
sephus Angabe von der ursprünglichen Höhe der Akra) folgen,
dass die Unterstadt erst nach Abtragung des Hügels darauf ge-
baut worden sei , folglich vorher nicht bestanden habe, was der
eigenen Angabe des Josephus widerspricht.« Dieser angebliche
Selbstwiderspruch verschwindet, so bald man genau bei den deut-
lichen Worten des Josephus bleibt : tt,v iv t^^ xatm iroXsi axpav
»die in der Unterstadt befindliche Akra.«
Die Angaben des Josephus glauben wir aber nicht nur in
ihrer Geschichtlichkeit im allgemeinen festhalten zu müssen,
sondern sie erscheinen uns noch von besonderem Werth. indem
sie auf den Gegenstand, von dessen Untersuchung wir ausge-
gangen sind, ein volleres Licht werfen. Ein Rückblick auf den
Gesammtinhalt des ersten und zweiten Artikels dient zxir Bestä-
tigung unserer Aufstellungen, einmal Aveil dabei das Ineinander-
greifen und die gegenseitige Unterstützung der einzelnen Glieder
unserer Untersuchung ins Licht tritt, sodann weil sich dabei ein
Einblick in die Lineamente der Geschichte der Stadt, soweit
solche überhaupt möglich ist. eröff'net.
Dass der Süd-Moria, der sogenannte Ophel. im antiken Je-
1) Siehe den ersten Artikel ZDPV. III, p. 1115 fi".
48
nisalem eine viel grössere Rolle gespielt hat, als man, von dem
Irrthiim über den Psendozion ausgehend, lange angenommen,
drängt sich in neuester Zeit den Forschern mehr und mehr auf.
Das sicherste Anzeichen davon sind die Anstalten zur Wasser-
versorgung dieses Stadttheiles. Auf der lOstseite befindet sich
die immei-fliessende Marienquelle, auf der Westseite der Siloah
als Ausgang des uralten Kanals , welcher das ursprünglich den
Kidron hinunterfliessende Wasser der Marienquelle auf die West-
seite hinüberführt. Warren fand innerhalb dieses Kanals
Schächte gegen oben getrieben^ offenbar um den Bewohnern des
Ophel zum Wasserschöpfen zu dienen. Auch verschiedene an-
dere Gänge durchsetzen den Felsrücken. Wie alt jener Kanal
ist, lässt sich nicht nachweisen; jedenfalls wird der Siloah schon
zur Zeit des Königs Ahas Jes. 8, 6 erwähnt, auch stimmt die
Lage der natürlichen Marienquelle mit der von uns angenom-
menen Lage der Stadt und des Hauses David's und der Königs-
gärten überein. Sie passt auch vollständig dazu , wenn wir die
alte Jebusiterburg auf den Ophel, nicht auf den Oberstadthügel
verlegen. Die Nähe der einzigen , niemals versiegenden Quelle
war für die erste Ansiedelung von solcher Wichtigkeit, dass es
zu verwundem wäre , wenn nicht diese Lokalität unter die alier-
ältesten Tlieile der Stadt gezählt haben sollte. So finden wir
denn gerade auf diesem Ophel die alte Jebusiterstadt. Dieser
l^unkt war in jenen Zeiten viel fester als heutigen Tags, wo das
eine der anliegenden Thäler, das Tyropöon, theilweise fast ver-
schwunden ist , und der Abhang gegen den Kidron durch ange-
häuften Schutt an seiner ursprünglichen Schroffheit verloren hat.
Die steilen Abfälle auf drei Seiten — erhebt sich doch noch jetzt
das Südende 70 englische Fuss über der Siloahquelle — boten
Gelegenheit zu Festungswerken, welche für die alte Kriegskunst
schwer zu überwältigen waren. Befand sich in jener alten Zeit
auf der Nordseite in der von uns angenommenen Lage noch eine
besondere Erhebung und dadurch eine Einscnkung gegenüber
der nördlichen Anhöhe, welche später den jüdischen Tempel
trug, während die jetzige Ilarämarea eben nicht vorhanden war,
so haben wir für die Zeit der Jebusiter alle Bedingungen für
einen wohl befestigten Königssitz. Dabei machen wir darauf
aufmerksam, dass man sich die Jebusiterstadt und auch die Stadt
zu David's Anfangszeit nicht in der Ausdehnung des späteren
49
Jerusalem denken darf, Avelches seine liedeutung erst als poli-
tischer und religiöser Mittelpunkt durch David und Salomo er-
hielt. Für die alte Jebusiterstadt imd vollends für die Jebusitor-
burg erscheint uns der Oberstadthügel — als befestigt gedacht —
viel zu gross, der Ophelhügel — in seiner ursprünglichen Ge-
stalt — aber gerade Avegen seines geringeren Umfangs voll-
kommen geeignet. Er bot das vortrefflichste Terrain für eine
antike kleine, aber feste Bergstadt, wie solche sich in allen Län-
dern zu alten Zeiten gefunden haben, und wie wir uns ohne
Zweifel auch die kanaanitischen Städte — entsprechend der Ge-
spaltenheit dieser Völkerschaften , welche der grösseren Mittel-
punkte entbehrten — zu denken haben. Innerhalb dieser Berg-
stadt finden wir auf der später die syrische Akra tragenden Fel-
senerhöhung die eigentliche Burg, Akropolis. Zion, verwandt oder
identisch mit sijjTm »aufgerichteter Stein oder Mal«, bedeutet nach
Hupfeld's einleuchtender Etymologie fa. a. O.) einen aufge-
richteten Felsen, Bergstock. Diese Jebusiterburg denken wir uns
wie eine mittelalterliche Burg auf wenig umfassendem , aber
schwer ersteiglichen Terrain. Ist 1132 II Sam. 5. S (Luther:
»Dachrinnen«) , richtig nach Ewald, Geschichte des Volks Israels
III, p. 167 »jäher Absturz des Felsens«, so entspricht der Bericht
ganz unserer Annahme. Bei solcher Situation erklärt sich auch
die Hede der Jebusiter : »Blinde und Lahme werden euch ab-
halten« — was von dem Oberstadthügel in seiner Gesammtheit
gesagt eine sinnlose Prahlerei gewesen Aväre. Nach Eroberung
dieser Burg mochte sich David begreiflicher Weise nicht in sie
einschliessen, sondern erbaute sich auf dem Südabhang des Ophel
sein Haus und fügte das Haus der Helden hinzu ; von dort herab
hatte er den nächsten Wegzu der Gartengegend Jerusalem's. Weil
er dort seine Residenz hatte, behielt dieser älteste Stadttheil den
Namen »Davidstadt«, Avelcher seitdem immer in unmittelbarer
Verbindung mit dem Namen Zion vorkommt. Der natürliche
Gang aber der Erweiterung und damit ausgedehnteren Befesti-
gung der Stadt ergiebt sich aus der Verglcichung der Berichte
über den Mauerbau David's und Salomo's. \o\\ David heisst es
II Sam. 5, 9 : David wohnte in der Burg und nannte sie »Stadt
David's« und »David baute ringsiim von Millo an \nid innen-
wärts.« Das ist jedenfalls vom Standpunkte des späteren Erzäh-
lers ausgesprochen und bezeichnet darinn wohl das Tyropöon als
Ztschr. d. Pal.-Ver. IV. 4
50
die Innenseite der Stadt in späterer Zeit. Demnach hat David
eben den Ophel ringsum befestigt; nirgends aber ist von weiterem
Mauerbau David" s die Rede. Anders bei Salomo, entsprechend
der Vergrösserung der Stadt, welche sich nicht nur gegen Norden
durch Erbauung des Tempels und des Palastes Salomo's, sondern
auch auf dem Oberstadthügel ausgedehnt hatte. Von Salomo
heisst es I Kön. 3. 1 : »Er baute die Mauern Jerusalem's«. »er
baute des Herrn Haus und sein Haus imd Millo und die Mauern
Jerusalem's«. 11.27. »Erbaute wohl = befestigte noch mehr^ den
Millo und verschloss den Riss der Stadt David' s.« Der »Riss«
ist ohne Zweifel nicht ein Riss in der Mauer, sondern die noch
fehlende Verbindung der Davidstadt vermittelst einer Befestigung
entweder nordwärts mit der Tempelfläche, oder südwestwärts mit
der Oberstadt über das Tyropöon hinüber. Die »Mauern Jerusa-
lems« entsprechen der »alten Mauer«, welche Josephus Bell. V.
4, 1 erwähnt.
Damit haben wir den natürlichen Fortgang der Befestigung
der Stadt, entsprechend ihrem Wachsthum. Hat die Natürlich-
keit dieses Fortgangs ihre Gewähr in sich selbst, so erhalten die
Angaben des Josephus über die Unterstadt-Akra eine l>estätigung
durch das Licht, welches sie insbesondere über das ursprüng-
liche Zion der Jebusiter ausbreiten.
Kehren wir mit einem kurzen Blick auf unsern Ausgangs-
punkt zurück, so war Zion niemals der Oberstadthügel, sondern
ursprünglich die Felsenplatte der Jeb\isiterb\irg. Später Avurde der
Name Zion auf den ganzen östlichen Bergrücken (Moria-Ophel)
als Tempelberg übertragen und specialisirte sich als Lokalname
zuletzt für die das Heiligthura tragende Bergkuppe allein, mit
Ausschluss des Ophel (bei den Makk.). Im theokratischen Sinne
wurde er bei den Proj)heten vom ganzen Jerusalem in leicht er-
klärlicher Weise gebraucht. Bei Josephus fehlt der Name ganz;
die ältere christliche Tradition gebraucht ihn noch von dem öst-
lichen, erst die spätere von dem Oberstadthügel, dem heutigen
Pseiulozion vgl. Caspari . Die »Stadt David's« bezeichnet nach
der Einnahme der Jebusitorburg durch David den ganzen 0])hel
mitEinschluss der Jel)usiterburg. Der ()])hel behielt diesen Namen
willirend der ganzen altjiidischen Zeit; dalier die sich wieder-
liolende Notiz von den Königen: 'Er wurde begraben in der
Stadt David' s«. Erst nachdem der Name Zion auf den Tempel-
51
berg mit Ausschluss des üphel sich specialisirt hatte, wurde die
Bezeichnung y Davidstadt » auf die Stelle der alten Jebusiterburg
innerhalb des Ophel übertragen im Makkabäerbuchi . liei Jo-
SEPHUS verschwinden beide Namen. Im Laufe der Geschichte
haben dann «Zion« und »Davidstadtu zwar den ursprünglichen Ort
gewechselt ; aber dass sie auch beim Wechsel noch im topogra-
phischen Zusammenhang geblieben sind , ist eine Erinnerung an
die noch durchscheinende Gemeinsamkeit der ursj)rünglichen
Heimath und eine Gewähr für die Kichtigkeit unserer Deutung.
Erläuterung zu p. 33.
Dass der dritte Hügel der Tempelberg sei im Unterschied von
dem zweiten als dem Akrahügel, ist von fast allen Forschern ange-
nommen , neuerdings aber bestritten von Thkupp, Leavix und unter
den deutschen von Riess.
Thrupp meint , der zweite Hügel sei der Tempelberg zusammen
mit dem des Ophel, so dass nach ihm Tempelberg und Akra identisch
sind ; in dem nördlichen Theil des Haräm sei die alte Davidsburg Zion,
zugleich die Stelle der syrischen Akra gelegen , der jüdische Tempel
(nach Fergusson) auf der Südseite des Haräm, auf dem heiligen Fel-
sen der Omar-Moschee die Baris-Antonia bis hieher ebenso Leavix .
Erst nördlich von dem Haräm findet er den dritten Hügel des Jose-
PHUS im heutigen muslimischen Viertel, und noch weiter nördlich
jenseits der heutigen Stadtmauer den vierten Hügel Bezeta. Die Ab-
tragung der Akra sei benützt worden, um ein nördlich von dem heu-
tigen Ilaräm von "West nach Ost ziehendes Thal auszufüllen, so dass
die Verbindung des Tempels mit der Stadt eigentlich eine Verbindung
derselben mit dem nördlich von ihr gelegenen supponirten dritten
Hügel gewesen wäre. — Das ist eine freilich kunstreich ausgedachte,
aber sicherlich falsche Interpretation. Denn dass das alte jebusitische
Zion in der Nordwestseite des Ilaräm gelegen habe , ist ein reines
Phantasiestück. Aber auch gegen solche Lage der syrischen Akra
lässt sich gar viel einwenden. Denn einmal kann billig bezweifelt wer-
den, ob zur Zeit der Abtragung der Akra, nördlich vom Ilaräm schon
ein so bedeutender Stadttheil sich befunden habe, dass die Ausfüllung
des Thals nördlich vom Haräm , wie Thrupp annimmt . eine Verbin-
dung des Tempels mit der Stadt genannt werden konnte. Josephus
erzählt Antiqq. XIV, 1, 2 aus der Zeit des Pompejus: »Nachdem die
Anhänger des Aristobulus die Brücke zerstört , war der Tempel von
der Stadt abgeschnitten«. Demnach war die spätere Neustadt nördlich
vom Tempel damals noch nicht vorhanden. Ferner aber halten wir,
abgesehen auch von der Lage des Heiligthums , die Identification des
Tempelbergs mit der Akra-Unterstadt, so dass der Tempel unter dem
4*
52
zweiten Hügel des Josephus zu subsumiren wäre , für gänzlich un-
haltbar; denn a. Josephus nimmt sonst niemals den Tempel und die
Akra als Eins zusammen ; er redet zwar so von ihnen , dass sie als in
unmittelbarer Nähe liegend , aber doch als zweierlei Lokalitäten er-
scheinen, b. Bell. V, 4, l ist zwar nicht mit Worten gesagt, dass
der Tempel auf dem dritten Hügel gelegen, überhaupt nicht was auf
demselben gelegen habe, eine der oft beklagten Ungenauigkeiten des
Schriftstellers. Aber der nächste und natürliche Eindruck, welchen
der tenor sermonis giebt, muss erst durch anderswoher geholte Argu-
mente beseitigt werden, wenn man herausbringen soll, der Tempel
habe nicht auf dem dritten, sondern auf dem zweiten Hügel gelegen.
In den Worten : toutou oö dvrixpu TpiTo; — xai rauTr^? ro '.epov giebt
Josephus zuerst .die natürliche Beschaffenheit und das ursprüngliche
gegenseitige Niveauverhältniss der beiden Hügel. Der dritte war von
Natur niedriger als der zweite , die Akra ; auch war der dritte ur-
sprünglich durch ein Thal getrennt — von was? — Das ist wieder
nicht mit Worten ausdrücklich gesagt. Da aber im Satze von nichts
anderem als von den beiden Hügeln die Rede ist, kann man auch nichts
anderes ergänzen als : von dem zweiten Hügel. Darauf wird die von
den Hasmonäern mit dem Terrain vorgenommene Veränderung ange-
geben. Sie bestand in der Erniedrigung des einen Hügels (der Akra)
und der Ausfüllung der die beiden Hügel trennenden Schlucht und
hatte zur Absicht und Folge , dass der Tempel mit der Stadt (Akra-
Unterstadt) verbunden wurde , und der Tempel auch über diese (aus-
drücklich : xal TauTTic) hinwegschaute, d. h. wie zuvor schon auf den
anderen Seiten gegenüber der übrigen Stadt, welche theaterartig um
den Tempel her lag, wurde dieser d.h. wohl das auf dem Tempelplatz
stehende Tempelgebäude auch (xai) sichtbar gegenüber der Unter-
stadt . für welche der Anblick bisher durch die Akraspitze verdeckt
war. Ist denn, fragen wir, wenn in dieser Weise die beiden Hügel
einander gegenüber gestellt werden , und als Folge der Veränderung
des Niveauverhältnisses derselben angegeben wird, dass nun der Tempel
über den ersten der beiden fraglichen Hügel (d. Akra) hinwegschaute
und mit dem vom Akrahügel getragenen Stadttheil verbunden wurde,
— ist denn da eine andere Folgerung möglich , als dass der Tempel
auf diesem zweiten (im Text dem dritten) Hügel gelegen habe ? Man
vergleiche auch die oben schon angeführte Stelle Antiqq. XIII, 6, 7,
wo in ganz gleicher Weise der Tempel und der Akrahügel zu einander
ins Verhältniss gesetzt werden, c. Man weiss nicht, was man mit dem
dritten Hügel Thrupp's anfangen soll. Derselbe wäre ja ganz be-
deutungslos, da JoSEPHT^s nach Thripp gar nichts von ihm sagen
würde. Ausserdem ist er ganz unmöglich innerhalb der Zählung der
vier Hügel bei Josephus. Denn letzterer setzt unmittelbar in den
Norden des Tempels den Bezeta (V, 4, 2 tou Upou xa Trpooapxna Tipo;
Tfj) Xo'iO) fdem Bezeta) oup-TroXi'CovTS?) als den vierten Hügel. Wie
kann denn noch ein dritter zwischen inne gelegen haben? Ziim Über-
tluss fügt JosKPHis hinzu, dass der Bezetahügel der Antonia, deren
53
Lage im Norden des Haräm wir nicht zu beweisen brauchen, gegen-
über gelegen habe (Bell. V, 4, 2: X£t[JL£Voc avTixpu x^c 'AvTwvi'a?.
V, 5, 8: 7) BcI^sUa A6(poc 8irypT|T0 [xlv oitto xr^c, 'AvTtoviac, irotv-aiv 0£
l)«|iTjÄ6TaT0C (UV }X£p£l TT)C XaiVTC TtO^EtO; TipOatOXiaTO Xal li-OVO? TtO l£p(Ü
xat' apxTOV £7:£axo7r£i ; »er schaute über den Tempel heraus , über-
ragte denselben ') .«
Daraus folgt, dass der dritte Hügel Thrupps so gut ein reines
Phantasiestück ist , als seine Vertheilung der Akra , der Antonia und
des Heiligthums auf der Harämfläche.
Lewin hat freilich die Meinung Thrupp's insofern corrigirt,
als er den von ihm erfundenen dritten Hügel fallen lässt und den
Bezeta dahin versetzt , wohin er nach Josephus gehört , nämlich an
die Nordseite des Haräm. Aber da ihm nun der Raum für den
dritten Hügel fehlt , so meint er , derselbe sei unter dem zweiten
Hügel mitbefasst und sei vom Tempelberg zu verstehen. Akra bezieht
er daher sowohl auf den ganzen östlichen Hügelrücken als auch auf
zwei besondere T h e i 1 e desselben , nämlich auf die syrische Burg (in
der Nordwestecke des Haräm) und auf den Tempelberg (The siege of
Jerusalem p. 336. 199). Es liegt auf der Hand, dass diese Deutung
gewaltsam in die Worte des Josephus eingetragen ist, da dieser aus-
drücklich hervorhebt , dass der zweite Hügel dem dritten gegenüber
gelegen habe und von demselben durch eine Schlucht getrennt ge-
wesen sei. Die durch die Makkabäer ausgefüllte Schlucht findet er in
der vom Jafathor nach dem Haräm ziehenden Einsenkung, für welche
er den Namen «asmonäisches Thal« einführt. Aber es handelt sich um
eine Schlucht zwischen dem zweiten und dritten Hügel nicht um eine
solche zwischen dem dritten Hügel und einem anderen Stadttheile.
Alle dem Josepht^s von Lewin aufgebürdete Confusion schwindet,
wenn wir den Tempelberg als den dritten, aber von der Akra verschie-
denen, und die Akra als den zweiten, südlich vom Tempel gelegenen,
später abgetragenen Hügel auffassen.
Wie Josephus verständiger Weise als dritten Hügel einen Theil
des zweiten setzen und diesen Theil des zweiten Hügels, als dem
zweiten gegenüber liegend und von ihm durch eine Schlucht ge-
trennt bezeichnen konnte, hat Lewin nachzuweisen unterlassen.
Wir nehmen hier noch Rücksicht auf Riess, welcher, im übrigen
an Casp.vhi sich anschliessend, unter unseren nächsten Vorgängern zu
nennen ist. Er findet die Akra-Unterstadt , wie wir, südlich vom
Tempel auf dem Ophel (so in seiner biblischen Geographie — in sei-
nem Bibelatlas steht noch ein Fragezeichen). Dagegen Bell. V, 4, 1
versteht er unter dem zweiten Hügel den gesammten Moria -Ophel,
1) Nicht iT.s'z-/.6-s.i = obscurauit, wie Parkt in der Übersetzung: er ver-
hinderte, wenn man von Norden kam, die Aussicht auf den Tempel« — , was
nicht passen will, da von diesem höheren Terrain aus der Tempel gerade recht
ins Auge fiel. — Vgl de Vogüe, le temple p. \T2 : le texte imprime porte
^-£avcoT£t, mais la plupart des manuscrits ont la lecon que nous avons adoptee
et qui est bien preferable malgr6 le solecisme.
54
unter dem dritten Hügel aber die Nordostecke des Oberstadthügels,
auf welcher Tobi^er die Akra sucht. »Dieser sogenannte dritte Hügel
das heutige Judenquartier , , von Natur niedriger als Akra, wurde
einst von der Syrerburg überragt; nach ihrer Demolirung wurde aber
der Akrahügel niedriger, und zwar der Art, dass der dritte Hügel den
Tempelberg und der Tempelberg wieder den Akrahügel überragte.«
Die Schuttauffüllung findet Riess im Tyropöon vom sogen. Mistthor
an aufwärts zwischen dem Felsabhang des dritten Hügels (dem Juden-
quartier j und der Harämmauer. Wir halten diese Auffassung unseres
scharfsinnigen und gelehrten Freundes für unhaltbar, aber auch für
unnöthig. Denn l . nach ihm würde der dritte Hügel ein Theil des
ersten sein, was uns unmöglich scheint. 2. es werden dabei in den
Worten des Josephus »diesem gegenüber etc.« aus zwei zu einander
in Verhältniss gesetzten Hügeln !Akra und Tempelberg) drei gemacht,
nämlich Akra, Tempelberg und der dritte Hügel (am heutigen Juden-
quartier , ohne Andeutung im Texte. 3. die Nordostecke des Ober-
stadthügels ist topographisch eine sich viel zu wenig aus dem ganzen
Oberstadthügel heraus- und abscheidende Lokalität , als dass sie in
gleicher Linie mit den andern so stark abgegrenzten Hügel aufgeführt
werden könnte. So wird auch dieser Lokalität niemals von Josephus
als einer besondern, im Unterschied von anderen Stadttheilen gedacht.
4. unter der ausgefüllten Schlucht, kann nicht das Tyropöon verstan-
den werden. Denn a. es wird im Texte durch das aXXifj ausdrücklich
davon unterschieden, h. es ist noch jetzt nicht ganz ausgefüllt und
war es zu Josephi's Zeit noch weniger. Damals führte ja die be-
kannte Brücke hinüber. In diese Schlucht führte , wie Riess selber
annimmt , das vierte der schon angeführten westlichen Tempelthore
hinab etc. — Die Hypothese ist aber auch überflüssig, weil der Text
des JoSEPHis vollständig klar wird , sobald man die Akra auf dem
Ophel sucht. Wir vermuthen Riess sei auf seine Annahme nur durch
die Frage, w^o das ausgefüllte Thal sich befindet, geführt worden.
Auch in RiEHiVi's Handwörterbuch, Art. Jerusalem p. 696 heisst
es ; »Die Oberstadt haben wii- auf der höheren Westterrasse, die Un-
terstadt auf der niedrigeren Ostterrasse des westlichen Stadthügels
also des traditionellen Zion' zu suchen. »Ihnen« (plur.), getrennt
durch das Tyropöon. lag der Tempelberg gegenüber.« Damit sind aber
die Worte des Josephus alterirt. Bei diesem steht nicht : »ihnen«
TouTojv plur.), sondern »ihm«, tootou (sing.) gegenüber, lag der
Tempelberg; d. h. nicht der Ober- und Unterstadt zusammen, sondern
nur der Unterstadt Akra wird der Tempel gegenübergestellt. Ferner
die Schlucht , durch welche die Akra vom Tempel ehemals getrennt
war. wird ausdrücklich 'otXXrj'i von derjenigen unterschieden, durch
welche die Ober- tind Unterstadt getrennt war. A. a. O. p. 6S)() unten
steht noch die Anmerkung : »Nach der unklaren Darstellung bei Jos.
könnte es den Anschein gewinnen, als sei das Tyropöon zwischen
Ober- und Unterstadt zu suchen.« Wir fragen: »An.schein ?« Ja,
wenn Anschein so viel ist als eine buchstäbliche Angabe. Denn bei
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JosEPHrs steht am Schluss von V, 4, 1 wörtlich : )^das Käsemacher-
thal, welches, wie wir sagten, den Hügel der oberen Stadt und den
unteren Hügel trennt, geht hinab bis zum Siloah.«
Erläiitening II zu p. 33.
ToBLER verlegt die Akra sammt Unterstadt auf den SW. -Hügel.
Er theilt diesen in zwei Theile, geschieden durch eine allerdings noch
jetzt bemerkliche, wenn auch wenig in die Augen fallende Einsenkung.
welche durch die heutige Judenstrasse südlich und sodann östlich in
der Richtung gegen den Siloah läuft. Unter dieser Einsenkung ver-
steht er fvgl. Jos. Bell. Y, 4. 1 und oben p. 21) das Tyropöon, wel-
ches er demnach von el-wäd unterscheidet, unter der Westhälfte des
Südwesthügels den ersten Hügel des Josephus, als die Oberstadt, unter
der Osthälfte des Südwesthügels aber den zweiten Hügel , als die
Akra-Unterstadt. Das seien die zwei nach Josephus einandergegen-
überliegenden Hügel gewesen, der zweite (die Akral auch dem Tempel
gegenüber ; die Akra habe Unterstadt geheissen , weil die Osthälfte
des Oberstadthügels niedriger sei, als seine Westhälfte ; die die beiden
Hügel umgebenden Schluchten seien das Thal Hinnom und el-wäd ge-
wesen; eben das letztere sei ausgefüllt worden. Es ist keine Frage,
die von Tobeeb, angegebene Lage passt für die Akra, aber eben so ge-
wiss nicht für die Unterstadt des Josephus , insbesondere nach der
Beschreibung der Stadt Bell. V, 4, 1. Denn 1. jene Thaleinsenkung
ist viel zu unbedeutend, als dass man sagen könnte, dadurch sei die
Gesammterhöhung in zwei besondere Hügel , welche die ganze An-
sicht der Stadt charakterisiren , getheilt gewesen. 2. die Abdachung
des Oberstadthügels von West gegen Ost ist viel zu gering, als dass
dadurch der Unterschied zwischen der Ober- \ind Unterstadt begrün-
det wäre. Er verliert vollends seine Bedeutung für das urs[)rüngliche
Terrain, wenn man mit Tobleb, die von Josephus erzählte Abtragimg
der Akra festhält , also annehmen muss , dieses Terrain sei ursprüng-
lich höher gewesen, als jetzt. 3. In Bell. V, 4, 1 will Josephus mit
dem Tyropöon eine hervorstehende Landmarke bezeichnen , was auf
el-wäd aber nicht auf die ToBLEKSche . kaum bemerkbare seitliehe
Einsenkung passt. 4. Auch war das Tyropöon el-wäd zu Josephi's'
Zeit so wenig ausgefüllt, dass eine Brücke hinüberführte. 5. Bell. V,
4 . 1 fin. kann unter die die Stadt von aussen umgebenden Thäler
nicht el-wäd, welches ja innerhalb der Stadt war, gerechnet werden.
6. JoSEPHrsgiebtBell.il, lü, 3. VI, G, 2. S, 1 ausdrücklich an, dass
der Tempel nicht mit der Stadt überhaupt, noch weniger mit der Unter-
stadt, sondern mit der Oberstadt durch eine Brücke verbunden war.
Die Entgegnung Tobeer's : »Allerdings, aber nicht unmittelbar« 'To-
pographie I, p. 3S ist offenbar Nothbehelf. Nach ihm wäre es in der
That eine Verbindung mit der Unterstadt gewesen. 7. Endlich wider-
spricht der ganze Gang der Belagerung durch Titus. «Denn es ist
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nicht zu begreifen , wie bei Tobler's Annahme die aus der Vorstadt
vertriebenen Aufständischen dann in der von derselben Mauer um-
fassten Oberstadt Zuflucht finden konnten und wie nach Verbrennung
der Akra und ihrer Hauptgebäude (VI. 6, 3 und Vertreibung der
Räuber daraus (7, 2.) die Eroberung der Oberstadt noch als ein so
schweres "Werk erscheinen konnte (8, 1 , , die nun nicht etwa von Osten
her an der (von Toblek willkürlich angenommenen) Ostmauer, sondern
theils von Westen her. gegenüber dem königlichen Palast, theils am
Nordostwinkel gegenüber dem Xystus durch aufgeführte Werke und
Mauerbrecher unternommen wurde (8, 1), aber auf dieser Seite uner-
wartet durch panischen Schrecken der Vertheidiger gelang« ^Worte
Hltfeld's, a. a, O. p. 204).
FiTiRER schliesst sich a. a. O. an Tobler an, nimmt aber zu der
ToBLER'schen Akra (als Unterstadt; noch das Tyropöon und den Ophel
hinzu. Wenn er dabei bemerkt, dass »»im «vulgären« Sprachgebrauch
eine sehr schwankende Begriffsbestimmung für den Namen Unterstadt
sich ergebe , ein Schwanken , das sich verwirrend genug auch in den
Schilderungen des JosEPHrs wiederspiegelt««, so fehlt dafür die Be-
gründung. Von dem «vulgären« Sprachgebrauch betreffend die Unter-
stadt, also auch von ihrem Schwanken, wissen wir (ausgenommen dass
auch die Mischna von einem Ober- und Untermarkt redet) , über-
haupt nichts, als was Josephus berichtet. Josephus aber schwankt
niemals in Betreff der Unterstadt, d. h. niemals verlegt er sie auf den
Oberstadthügel westlich vom Tyropöon, sondern er giebt Inder aus-
führlichen, wenn auch leider nicht vollständigen Beschreibung der
Stadt Bell. V, 4, 1 ausdrücklich das Tyropöon (auch nach Furrer
das heutige »Thal« el-wäd als die Scheidelinie zwischen Ober- und
Unterstadt an. Das erkennt Fitirer (Bibellexicon III, p. 241) selber
mit den Worten an , »dass er die Hauptfläche des Südwesthügels zu-
sammenfassend dem Tempelberg gegenüberstellt«, nur dass die Be-
ziehung auf den Tempelberg nicht richtig ist. Aber völlig unbegreif-
lich ist, wie Furrer unmittelbar vorher aus den Worten des Josephii^s
die Anschauung ableiten kann, dass die Akra (Unterstadt) auf der un-
teren Stufe des SW. -Hügels gelegen habe und von der oberen Stufe
desselben (Oberstadt) nur durch ein »kleines Thal« getrennt gewesen
sei. Denn Josephvs sagt am Schluss desselben Abschnittes , wie
FiTBREE selbst anführt , dass nicht irgend »ein kleines Thal« — von
welchem wir eigentlich nichts wissen , und von dem man an Ort und
Stelle kaum etwas merkt, wenn man nicht sehr genau nachforscht, —
Ober- und Unterstadt getrennt habe, sondern das »Tyropöon«, das
»Käsemacherthal«, welches »bis zum Siloah hinabgeht.«
Mittheiluügeu über Leben, Sitten nnd Gebräuche der
Fellachen in Palästina.
Von Rev. F. A. Klein in Sigmaringen.
(Erste Forlsetzung •).
Die Kleidung [libs, malbm, kiswe) der Fellachen ist äusserst
einfach , aber bequem und dem Klima angemessen. Auf dem
Kopfe, der ausser einem Haarbüschel auf dem Scheitel [schüsche)
glatt rasirt ist, trägt er ein aus doppelt oder dreifach zusammen-
gelegtem -weissen l^aumwollenzeug verfertigtes Käppchen [taJilj'e),
■welches den Zweck hat, die übrigen Theile der Kopfbedeckung
vor Schweiss zu bewahren. Bei reinlichen Menschen wird es
■wöchentlich einmal gewaschen. Bei Knaben ist diese takij'e oft
die einzige Kopfbedeckung. tJber dieselbe kommt eine, manch-
mal auch zwei sich in Form dem Schädel anpassende Filzkappen
[löhhüdc , dann die türkische Nationalkopfbedeckung : der rothe
tarhüsch und darum gewunden , je nach Dorfessitte oder Ge-
schmack oder Stand entweder ein mit Franzen und rothen Strei-
fen versehenes ungebleichtes Baumwolltuch oder ein farbiges,
grün , roth , violett oder gelb geblümtes m'dndil^ oder eine gelb-
und rothgestreifte seidene kefflje^ oder ein schwarzer Kaschmir-
shawl, wie ihn angesehene Männer unter den Christen (z. B. Na-
zareth] tragen, oder ein Stück weissen Muslins, wie es beiden
Bethlehemitern und vielen Muslimen der bessern Klasse Sitte
ist, oder ein grünes Tuch, wie es die Nachkommen des »Pro-
pheten« tragen. In manchen Gegenden trägt man rothe Tücher
um den Kopf gewunden. Dieses Tuch, manchmal aiich die
ganze mit einem solchen Tuch umwundene Kopfbedeckung heisst
die lUffe (von laff = umwinden) . "S'ornehme Schechs tragen oft
1) Vgl. ZDPV. III, p. 100—115.
58
gewaltig grosse imd schwere und beschwerliche l'dffes. Ich
kannte einen christlichen Schech in']Nazareth. welcher bei Um-
tauschen seiner alten gegen eine neiie Kopfbedeckung mit der
grössten Genauigkeit dafür sorgte , dass dieselbe nicht blos den
alten Umfang, sondern hauptsächlich auch dasselbe Ge^^•icht
bekam und mit Umwindetüchern oder Filzlappen das etwa Feh-
lende ersetzte , weil er behauptete , dass eine Änderung am ge-
Avöhnten Gewicht ihm Ko])fschmerzen verursache . Diese schweren
grossen Kopfbedeckungen weichen aber mehr und mehr der tür-
kischen Mode , und manche der hohen Herrn , die früher in
mächtigen lüffe's einherstolzirten, haben diese jetzt »abgeworfen«
und tragen . was sie küschf (= aufgedeckt, abgedeckt) nennen :
einen tcirhTisch mit leichtem m'dndll umwunden oder auch nur
einen farhüsch stamhüll.
Eine so dichte Kopfumhülhmg ist natürlich ein trefflicher
Schutz gegen die glühenden Sonnenstrahlen , auch ist sie im
Nothfall ein bequemes Kopfkissen. Oft habe ich Fellachen im
AVeinbergc sich im Schatten eines Olivenbaumes niederstrecken
und süss schlafen sehen , mit nichts als einem Stein als Kopf-
unterlage. Seitdem ich dieses gesehen, ist das Mitleiden, wel-
ches ich als Knabe für den »annen« Jacob, der auf seiner Reise
nach Mesopotamien nur einen harten Stein als Kopfkissen fand,
geschwunden. Die läffe mit ihren verschiedenen Hüllen und
Verstecken dient dem Fellachen auch als Mappe oder Schatulle,
in welcher er wichtige Dokumente, Schuldscheine, Ikiefe u. s. w.
längere Zeit sicher aufbewahren kann. Eine andere Kopfl)e-
deckung, welche manche Fellachen, besonders solche, welche
viel mit Beduinen verkehren , adoptirt haben , ist eine mit einer
wollenen Schnur ,'ök;ll um den Kopf gebundene und über
Nacken und Schultern' herabhängende seidene kefflje oder ein
baumwollenes buntfarbiges ini'mdU.
Den Leib bedeckt ein aus grobem weissem oder blauem
liaumwollzeug verfertigter, an der Brust ausgeschnittener, bis
unter die Knie oder noch weiter herabreichender Kittel 7öJ) mit
weiten bequemen Ärmeln. Dieser ist zugleich Hemd und Rock
und wird durch einen breiten ledernen Gürtel zünnür) um die
Lenden festgeschnürt. Zur ernsten Arbeit oder zum raschen
\'oranschreiten auf der Reise wird das Kleid aufgeschürzt und
besonders die hindernden Ärmel aufgebunden, [srhammar = auf-
59
binden ; dachammar sich aufschürzen) . Mit iinbegürtetem . auf
dem lioden schleppendem Kleid , umhergehen [taraffal] gilt als
Zeichen der Vornehmheit oder der Arroganz und Yornehm-
thuerei. Es wurde mir oft von den Männern dieser oder jener
vornehmen muslimischen Fellachenfamilie , z. ]>. in der ghassän
gesagt, dass sie in ihren Häusern unbegürtet umhergehen : jitraf-
falTi. Den Anzug vervollständigt ein aus Wolle verfertigter,
schwarzer oder braun und schwarz gestreifter Mantel [ aJä^ , ein
liekleidungsstück höchst primitiver und unschöner Construktion,
das aber gewiss schon die Kanaaniter vor unsern jetzigen Fella-
chen getragen haben ; denn er ist offenbar keine Erfindung der
neuern Mode. Viele Fellachen, Männer wie Weiber, spinnen da-
zu in Freistunden und im Freien herumwandelnd die Wolle ; der
Weber webt daraus ein länglich viereckiges Stück Zeug, recht
dick und stark ; dieses teppichartige Stück wird dann, ohne dass
etwas darin geschnitten wird, so zusammengenäht, dass die vor-
dere Seite lind zwei Löcher zu den Seiten für die Arme offen
bleiben. So unelegant dieses Kleidungsstück aber auch ist, so
nützlich ist es. Es ist der gegen Regen und Kälte schützende
Mantel, des Nachts ist es Decke und Bett, denn der gewöhnliche
Fellach legt sich zum Schlafen einfach in seinen ahä einge-
wickelt auf die Strohmatte oder auch auf den blossen ]3oden und
schläft auf diese W^eise so gesund , wie der Europäer auf den
weichsten Matratzen und unter den feinsten Decken und Feder-
betten. Wie oft habe ich hin und wider im Lande Nachts in den
»Herbergen« Reihen so eingewickelter Schläfer wie Mumien
neben einander liegen und gesund schlafen sehen ; des Morgens
erheben sie sich, schütteln ihre Decke aus und ziehen sie als
Mantel wiederum an. Hat der Fellache Gras oder Gerste für sein
Vieh zu holen, oder Holz oder sonst etwas zu Markte zu tragen,
so ist es in vielen Fällen der «i«, der den Sack dazu liefert; will
der Muslime unterwegs sein Gebet verrichten, so ist der auf der
Erde aiisgebreitete abü der Teppich . auf dem er es in gesetz-
mässiger Weise thun kann ; hat er keine bequeme Krippe oder
Futtersack für sein Kameel. so legt er seinen 'abü auf den l>oden
und schüttet das Futter darauf; auch ein kleines Zelt bildet er
zuweilen daraus, wenn er aufs Feld hinausgeht und sich den
Klicken der Vorübergehenden entziehen will. Der Jünürlintr und
der Bettler dürfen wohl ohne abä umhergehen, aber der »respek-
60
table« Fellache wird nicht ohne denselben anzuziehen einen Aus-
gang machen, da dieses fast so viel ■wäre als nackt umherzugehen.
Manche tragen im Winter über den tob eine aus Schafsfellen die
Wolle nach innen gekehrt) verfertigte Jacke mit kurzen Armein.
die Aussenseite mit Köthel beschmiert. Von Strümpfen oder
Socken weiss der Fellache nichts, er geht entweder barfuss [hä/i)
oder trägt ein paar, zwar unelegante, aber bequeme Schuhe [ma-
däs oder waia. pl. wutt] . Sandalen habe ich keine Fellachen
diesseits des Jordans tragen sehen, wohl aber jenseits z. B. in
hereh. Zur Zeit der Ernte schafft sich aber auch derjenige, der
sonst barfuss geht, ein paar Schuhe an, um sich auf dem Stoppel-
feld ungehindert bewegen zu können, und es blüht deshalb das
Fellachenschuhmacherhandwerk um diese Zeit. Die
»Bessersituirten« weichen natürlich, je nach Hang und Mitteln,
in ihrer Kleidung vielfach von dieser reglementären Fellachen-
bekleidung ab und ahmen dem Städter nach, indem sie Hemd
[kamis], Unterhosen [libäs]^ eine Art Kaftan aus gestreiftem
Baumwollzeug oder Seide [komhäz] . feinere mit Stickereien ver-
zierte ahci's. auch schäle , sliamle genannt , oder Tuchmäntel
\(hchibhe<. auch seidene. Avollene oder baumwollene Gürtel und
städtische Sclnihe sirmäi tragen.
Die Fellachin trägt einen bis auf die Füsse herabhängenden
weissen oder blauen Rock [tob) mit weiten Armein ; für festliche
Gelegenheiten einen tob harir . d. h. ein seidenes Gewand mit
blauen, grünen, rothen. gelben seidenen Streifen mul auf der
Ihust ein A iereck von rothem und gelbem Tuch a\ifgenäht, der-
selbe wird durch einen baumAvollenen oder seidenen Gürtel zu-
sammengehalten. Darüber wird ein kürzerer und enger als bei
den Männern anliegender, gewölmlich dunkelrother 'abä ge-
tragen. Manche haben auch über dem [ob noch eine, oft reich
mit Goldstickerei verzierte Jacke {tuka'ire; z. B. in Bethlehem).
Der Kopf ist mit einer, in verschiedenen Distrikten verschieden
gestalteten Kappe , an welche Goldstücke angenäht sind , be-
deckt. In Ikthlehem tragen die Frauen eine Art Tuchhelra
[scliatwe] , an welchen , die Stirne zierend . goldene , bei den
AnneiTi silberne kleine Münzen angenäht werden. In Nazareth
und Umgegend trägt die Frau zu beiden Seiten des Gesichts eine
Art aus ausgcsto])ftem Zeug gebildete Wurst, woran eine Masse
schwerer Silbermünzen 5 oder 0 Piasterstückc) angenäht sind.
61
oft im Betrag von 1 00 — 1 5 0 Mark . Diese unsinnig schwere Kopf-
bedeckung smüde verursacht mancher Frau Kopf- und Augen-
leiden , obschon die ^meisten sich daran gcAvöhnen und das Ab-
werfen derselben , nachdem sie sich Jahre lang daran gewöhnt
hatten . eben so sehr die Veranlassung zu Augenleiden werden
kann , wie ich bei mehreren Frauen in Nazareth Gelegenheit
hatte zu beobachten. Eine derselben hatte die schAvere smüde
abgeworfen und die bedeutend leichtere [sTiki] städtische Kopfbe-
deckung : kleinen Tarbusch mit goldenem kors (eine Art plaque) ,
m'dndll und leichten, am Rücken herabhängenden Goldmünzen,
angenommen. Andere hatten, um ihren Männern aus Geldver-
legenheit zu helfen, ihre Kassen geplündert, d. h. die schweren
5 und 6 Fiasterstücke abgetrennt , so dass sie nun nur noch die
leeren ■> Zeugwürste« zu beiden Seiten des Kopfes trugen. Alle
litten in Folge dessen an Kopfschmerzen , und erstere noch an
einem unheilbaren Augenleiden. Diese Kopfbedeckung ist nicht
blos die Zierde , sondern zugleich auch die Geldkasse der Frau ;
bei ihrer Verheirathung wird das Kapital angelegt. Ist sie in
Noth, so trennt sie einige Stücke ab. Verdient sie etwas, so näht
sie einige Stücke an. Des Nachts wo sie diesen schweren Schatz
ablegt , ist sie natürlich besorgt, ihn au sicherem Orte aufzube-
wahren. Bei feindlichen Überfällen haben die Weiber nichts
Eiligeres zu thvm, als ihre smäde's zu verstecken, wie ich öfters in
Nazareth zur Zeit von Beduinenüberfällen gesehen habe. Nicht
selten geschah es, dass Beduinen und Strassenräuber Frauen über-
fielen, um ihnen ihren Kopfschmuck abzunehmen. Auch kamen
in mehreren Dörfern Fälle vor, wo Frauen auf ihrem Heim-
gang von der Quelle überfallen und ermordet Avurden, einfach
um des Geldes Avilleu, das sie auf diese Weise bei sich trugen.
Nicht selten ereignet es sich, dass christliche Frauen ihre smäde
oder einen Theil davon der Kirche vermachen , damit dafür
Messen zu ihrem Seelenheil gelesen Averden. Diese Kopfbedeck-
ungen Averden durch Bänder oder Kettchen unter dem Kinn festge-
halten [znak]', auch hängen oft Kettchen davon herab, an Avelchen
ein grösseres silbenies oder goldenes Geldstück angebracht ist
und als Medaillon die Brust ziert. Über diese mit Geld verzierte
Kappe Avird eine Art Schleier [mlindlT) gcAvorfen. der jedoch nicht
das Gesicht, sondern den Kopf und Nacken bedeckt. Sieht sich
jedoch die Fellachin einem Fremden gegenüber, so bedeckt sie
62
sich mit dem Schleier Mund und Nase ; auch wird sich eine ordent-
liche Fellachin nie vor Männern ohne diese Kopfhedeckung zei-
gen. Manchmal ist es mir passirt, dass ich in Dörfern vor offenen
Höfen vorbeiritt, wo die Weiber um es sich an heissen Tagen leicht
zu machen oder um sich das Haar zu kämmen ihre Tücher abö-e-
legt hatten; Avie der Blitz aber flogen die Schleier auf die
Köpfe, als sie meiner ansichtig wurden. Dieses Kopftuch ist in
gewissen Gegenden weiss, manchmal mit gestickter buntfarbiger
Bordüre und Franzen (Jerusalem , Betlilehemdistricf , m andern
roth [schambar ahmar]^ wie z. B. im Xablusergebiet , in andern
schwarz mit gelben Streifen, wie z. B. in und um Nazareth.
Die Zierde des Weibes bleibt somit unter dem Kopftuch
oder Schleier sorgfältig verborgen, und sieht man höchstens an
der Stime oder den Schläfen etwas davon. Alte Fellachen weiber
färben sich oft, Avie dies auch bei den Städterinnen Sitte ist, ihr
weisses Haar mit henna roth. Die einzigen »Schönheitsmittel«,
welche die Fellachinnen brauchen , sind die schwarze Augen-
schminke [kohl , welche übrigens nicht blos z\ir Verschönerung,
sondern auch zur Stärkung des Auges angewandt wird, imd die
henna, womit bei besondern frevidigen Veranlassungen (Hoch-
zeit etc.) Finger und Füsse rothgefärbt werden. An den Armen
werden aus schlechtem Silber verfertigte Armspangen asäwer.,
an den Fingern silberne , bleierne oder messingene Kinge ^cha-
wüteni) und an den Füssen in manchen Fällen Fussringe [chol-
chali getragen. Diese Stücke bilden den ganzen Schmuck [slgha.
viascigh der Fellachin. In manchen Gegenden, wie z. B. im
Nablusergcbirge , kleiden sich jedoch die Fraiien besser, indem
sie ausser den genannten Stücken noch Hemd und Hosen tragen.
Unverheirathete Frauenzimmer sind leicht von verheiratheten
Frauen zu initerschciden , indem erstere eine viel einfachere und
leichtere Kopf])edeckung tragen. Die schative und smüde werden
erst bei der Verheirathung angelegt.
Einer der sehnlichsten Wünsche der arabischen Dorfbewoh-
ner, wie der Orientalen überhaupt, ist eine zahlreiche männliche
Naclikommenschaft zu haben. Ein ^'ater, der viele Söhne, Enkel
und etwa Urenkel hat, gewinnt dadurch nicht blos Unterstützung
und Hülfe im Alter, da die Söluie in der Regel im ] lause des
\ aters oder doch im Dorfe bleiben, sondern jedes Weitere mann-
6:^
liehe Mitglied der Familie ist auch ein weiterer Zinvachs an Ehre.
Einfluss und Macht. Die haniüle (Sippe, clan), welche 200 Männer
(oder wie die Fellachen oft sagen. 200 »Flintenträger« haicardlje,
zählt , kann unter den bis jetzt in Palästina herrschenden Ver-
hältnissen , leichter ihre Ansicht zur Geltung bringen , als die-
jenige, die nur 50 zählt. Eine kleine Familie ist deshalb auch in
der Eegel eine solche, die wenig Einfluss hat, und eine zahlreiche
Familie eine solche, die etwas zu sagen hat und die im Nothfall
mit Gewalt ihren Willen durchsetzen kann. ]Mit Stolz betrachtet
deshalb der Vater seine Söhne, und der Schwester hört man es
an, dass es ihr im Innersten wohl thut, wenn sie von ihren »Brü-
dern« reden kann. Es lässt sich daher leicht begreifen , dass es
eine gesegnete Stunde ist, in welcher dem ^ ater gemeldet wird :
dir ist ein Sohn geboren. Alle Verwandten, Nachbarn und Freunde
begeben sich in diesem Falle zu ihm, um ihm mit der gewöhn-
lichen Formel mnubärak mä adschak«- (Gesegnet sei, was dir ge-
kommen!) zu gratuliren , auf welches er freudig erwidert »a/Zä//
JehZirek ßh( (Gott segne dich!) Ein Tässchen Kaffee wird bei
dieser Gelegenheit servirt, bei den Christen auch ein Gläschen
Schnaps und etwas Zuckerwerk [nokol] . Bei der Geburt eines Mäd-
chens ist der Vater . wenn nicht gerade traurig oder zornig, wie
es manchmal geschieht, wenn der Sohn und Erbe zu lange auf
sich warten lässt , so doch nicht besonders erfreut und von den
Freunden wird keine Notiz von dem Ereigniss genommen. Die
Geburt eines Mädchens hat zwar neben den Schatten- auch ihre
Lichtseiten; denn wenn die Geburt eines Sohnes ein Zuwachs
an Ehie, Hülfe und Einfluss ist, so ist die Geburt einer Tochter
ein Zuwachs an Kapital. Wenn der Vater nämlich das Mädchen
in seinem zehnten bis vierzehnten Jahr verheirathet, so erhält er
für dasselbe einige Tausend Piaster. Hat er z. J>. vier Töchter,
so repräsentiren diese eine Summe von wenigstens 12 000 Pi-
astern und darüber, und der Kaufmann eröffnet ihm hierauf einen
Credit, auch wenn er sonst ein armer Mann ist. Bei der Geburt
wird das Kind nicht gewaschen , sondern mit fein gestossenem
Salz eingerieben. Dieses ^'erfahren, das einige Wochen lang
fortgesetzt wird, soll das Kind stärken \md abhärten. Gelegent-
lich aber fügt es ihm grosseh Schaden zu. In Bethlehem sah ich
einen schönen kräftigen Knaben . welcher durch das \insinnige
Einreiben sein Augenlicht schon als Säugling verloren hatte : die
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Salzbrühe sei ihm in die Augen geflossen, so wenigstens behaup-
tete die Mutter. Im Allgemeinen aber scheint dieses Verfahren
den Kindern nicht zu schaden; denn sie wachsen bei allem
Schmutz und aller Vernachlässigung und unzweckmässigen Fütte-
rung, der glühenden Hitze wie der Kälte ausgesetzt, kräftig heran
und gewöhnen sich frühzeitig an das rauhe Leben, das ihnen be-
vorsteht. Manches Kmd aber, das in ein frühes Grab sinkt, hätte
bei vernünftiger Behandlungsweise und gelegentlicher ärztlicher
Hülfe diesem Schicksal entrinnen können. Was aber die Probe
besteht, ist gestählt zum Kampf mit den Avidrigen Elementen
und zum Ertragen der Entbehrungen und Strapazen des Fella-
chenlebens. Verwöhnt Avird in der Regel der Säugling nicht;
stundenlang muss er sich in Lumpen gehüllt, in einer primitiven
Holzwiege angebunden, rothen Grund [samaka) als Windel imter
sich, gedulden bis die Mutter, welche gewöhnlich schon am
zweiten oder dritten Tag nach ihrer Niederkunft ihren Hausge-
schäften nachgeht, vom Holz- oder Wasserholen zurück ist.
Sucht sie ihn durch ein über das Gesicht ausgebreitetes mänclll
vor Fliegen und Moskitos zu schützen, so erstickt der arme Tropf
fast vor Hitze und Mangel an Luft. Lässt sie ihn ohne diesen
Schutz, so lagern sich Dutzende von Fliegen auf seinem Gesicht
und bedecken ihm alle Öffnungen in demselben; er schreit und
brüllt Anfangs und schüttelt sich , so viel sein eingeengter Zu-
stand es ihm erlaubt, schickt sich aber schliesslich in das Unver-
meidliche. Es war mir oft unbegreiflich, Fellachenkinder in den
Strassen und auf den Dunghaufen herumsitzen zu sehen, deren
Augen förmlich mit Fliegen zugedeckt waren, und die keine Miene
machten sie zu verscheuchen. So gewöhnen sie sich schon in dem
frühesten Alter daran, die Landplagen zu ertragen. An Liebe zu
ihrem Kinde fehlt es jedoch der Fellachin nicht ; sie pflegt und
besorgt es nach ihrer Art mit der grössten Zärtlichkeit und Hin-
gebung und ist bereit sich die grössten Entbehrungen und Opfer
für dasselbe aufzulegen. Sie liebkost es und nennt es mit den
zärtlichsten Namen : Ja hab'ibi, ja aini, ja rühi, ja aldi, ja omri,
ja muluhchet kalbi (»Oh mein Freund , mein Auge , meine Seele,
mein Herr, mein Leben, o du Jilut meines Herzens«) , und singt
ihm süsse einschläfernde Wiegenlieder. Überhaupt besitzt das
Fellachenweib eine merkwürdige Liebe für Kinder im Allge-
meinen und wird nicht leicht einem solchen etwas zu Leide thun.
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Als Kindsmagd zeichnet es sich durch Anhänglichkeit, Geduld
und Ausdauer in der Arbeit und im Ertragen von Nachtwachen
vortheilhaft aus. Sein Fehler ist eher ein zu] grosses Mass von
Affenliebe, besonders für einen sahi Knaben, Sohn) . Wie manche
Mutter dient bis in ihr hohes Alter oder plagt sich auf eine an-
dere Art ab, um ihren Sohn zu verheirathen und später den
Lümmel sammt Frau und Kindern unterstützen zu können. Die
Kinder werden , wo möglich , nicht w^eniger als zwei Jahre ge-
säugt, was in dem heissen Klima ihnen sehr zu Gute kommt.
Oft geschieht es, dass 3 — 5jährige Kinder nachdem sie auf der
Strasse umhergelaufen , mit einem Stück Brod in der Hand zur
Mutter kommen und um einen massa (Schluck) bitten. Ich habe
von sechsjährigen Knaben gehört, die noch nicht entwöhnt
waren. Wittwen meinen oft ihrem jüngsten Kinde einen beson-
dern Dienst zn erweisen, indem sie es jahrelang säugen. Von
recht kräftigen Knaben habe ich oft sagen hören : »sein Kopf ist
voll von seiner Mutter Milch« oder »er hat sich an seiner Mutter
Milch satt getrunken« (räso malün min lialih ummo — hü schab an
min halib ummov.) , während der Grund einer weniger kräftigen
(Constitution oft darin gefunden wird , dass das Kind sich nicht
an Mnttennilch satt getrunken hat. Stirbt die Mutter, so wird
ein Säugling, bis eine Amme gefunden werden kann, von Nach-
barinnen gesäugt. — Ich habe von einigen Fällen gehört, wo
Kinder an einer Ziege gross gezogen wurden. Sehr bald wird das
Kind aber auch an Brodessen gewöhnt, und sein Magen oft auf die
unvernünftigste Weise mit schweren Speisen gefüllt. Hat es ein-
mal einige Zähnchen bekommen, worüber die Mutter jubelt: telä^
sinno, chahbi-lchubz "annol iSein Zahn ist heraus, versteckt das
Brod im Haus !), so kann man es zu allen Zeiten mit einem Stück
Brodfladen bewaffnet auf der Strasse herumkrabbeln sehen, und
seine Erziehung ist nun in ein neues Stadium getreten. Hat die
Fellachin in der Stadt oder auf dem Feld Geschäfte, so trägt sie
ihr Kind in einer Art Sack auf den Rücken gepackt mit sich ; in
der Ernte wird es oft in der Wiege mit aufs Feld geschleppt. In
der Kiiulerapotheke der Fellachen befinden sich nur wenig Mittel ;
vieles wird der Natur überlassen. Gegen Wundsein gebraucht
man fein gesiebte rothe Erde, die mit Wasser zu einem Brei
gerieben und so aufgestrichen wird , oder auch ein hochrothes
Pulver [zerakJin, vermillion?); gegen heisses Fieber das Hitzen
Ztschr. d. Pal.-Ver. IV. 5
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[taschfib. ritzen \exh. schaff ab] der Haut an Rücken und Füssen
mit dem Rasirmesser [müs] . bis das Blut fiiesst ; gegen schweres
Zahnen, Hirnentzündung u. a. das Brennen [fceJJ] mit einer Steck-
nadel unter der Zunge oder mit einem glühenden Nagel auf dem
Kopf. Wenn diese Mittel nicht helfen . so ist die Weisheit der
däi Hebamme am Ende und Allah kann dann nur noch durch
ein Wunder helfen. Manches langwierige Augenübel könnte im
Anfang durch den Gebrauch des reinigenden Wassers verhindert
werden; gegen den zu häufigen Gelirauch des Wassers jedoch
ausser zum Trinken hat der Fellache ein grosses Vorurtheil. Hat
das Kind seine ersten Sprachstudien mit dem Ausruf jcmima,
Jüba (oh Mutter! oh Vater !'i begonnen, so folgt gewöhnlich da-
rauf ein anderer Ausruf : abük (Abkürzung von jitan abük oder
Jehrek abük. »Verflucht sei dein Vater, verbrannt werde dein
Vater« !), und ziipft der Kleine den Vater am Bart und ruft ihm
das abük zu, so kennt sich dieser gewöhnlich nicht vor Freude
und Alles findet , dass er sehr schiifer (gescheit) sei inid ver-
spreche, ein rechter Mann zu werden.
Arabische Kinderspiele und Kinderlieder giebt es nicht. Die
Jugend tummelt sich auf den Strassen und auf öffentlichen Plätzen
umher und ist fröhlich und glücklich auf ihre Weise. Sobald der
Junge einige Jahre alt ist. kann er zu allerlei üienstleistungen ge-
bra\icht werden. Er führt die Ziegen oder Esel auf die Weide
imd hat darauf zu achten , dass sie weder auf dem angesäeten
Felde noch im Weinberge Schaden thun. Dabei kann er sich im
Schatten eines Oliven- oder Feigenbaumes ausstrecken und da
Naturbetrachtungen anstellen, oder er sucht sich die Zeit zu ver-
kürzen, indem er auf seiner zmnmera, einer primitiven aus Schilf-
rohr fabricirten l'feife, allerlei Melodien bläst. Wenn im Sommer
die Feigen oder Trauben zu reifen anfangen , so kann er den
Feigengarten oder den Weinberg bewachen und einen etwaigen
Eindringling durch Schreien und Steinewerfen zum Rückzug
zwingen. In der Ernte hilft er nach Kräften mit beim Aufladen
der Garben und Heimtreiben der bcladenen Thiere. Das Mäd-
chen wird früh angeleitet, mit einem Wasserkrug auf dem Kopf
oder einem kleinen ledernen Schlauch auf dem Rücken zur
(juello '/M g(!hen, um Wasser zu holen. Es hat das Brennmaterial
zum l>rodl)acken , Kuh- und Schafsdünger, zusammenzusuchen
inid zum Trocknen in der Sonne auszubreiten, der Mutter beim
67
llolzholen behülflich zu sein, die jüngeren Geschwister zu hüten
und herumzuschleppen und sobakl es nur seine Kräfte zulassen,
beim Weizenmahlen, Teigkneten und Hrodbacken zu helfen. In
der Nähe grösserer Städte gehen viele Fellachenkinder, Knaben
sowohl als Mädchen , bei liauten im Taglohn arbeiten, manche
kommen sogar drei bis fünf Stunden weit her und bleiben dann die
ganze Woche in der Stadt und kehren erst Samstag nach Hause
zurück. Ihre Nahrung ist IJrod mit Zwiebeln, Oliven, Käse. Öl,
Melonen, Feigen oder sonst einer Zugabe ; Fleisch bekommen sie
nur selten. Schulen, in welchen die Kinder im Lesen, Schreiben.
Rechnen und anderen nützlichen Kenntnissen unterrichtet wer-
den konnten , gab es in Palästina soAvohl für die Muslimen als
für die Christen, ehe sich seit etwa fünfzig Jahren amerikanische,
englische und deutsche Missionsgesellschaften und Vereine für
den Lnterricht der arabischen Jugend im heiligen Lande inte-
ressirten, eigentlich keine. Nun finden wir nicht blos in jeder
Stadt, sondern sogar in jedem einigermassen bedeutenden Dorf
(in ausschliesslich muslimischen jedoch weniger) eine oder meh-
rere von Christen verschiedener Denominationen (Griechen, La-
teiner, Protestanten, Armenier etc.) oder von Muslimen (Regie-
rung) unterhaltene Schulen, und viele Fellachen, von der Wich-
tigkeit und dem Nutzen des Unterrichtes überzeugt , lassen ihre
Kinder fleissig zur Schule gehen. Früher schickten nur wohl-
habendere Eltern , welche auch zugleich den Werth des Unter-
richts kannten, ihre Kinder — aber nur die Knaben — zu einem
mo allem (Lelirer für Christen) oder zu dem chatlb (Redner, Pre-
diger für Muslimen) . Die einzigen Wissenschaften , welche da
docirt wurden, waren arabisch lesen und allenfalls auch etwas
schreiben. Die MusUmen lernten Koran, die Christen Psalmen
[mazämlr] herleiern. Bis jetzt wird noch stets der Psalter für
Christen, der Koran für Miislimen als das normale Lesebuch be-
trachtet. Das Salär des Schulmeisters bestand aus Ih-od, Eiern,
welche die Schüler täglich mitbrachten, und' einigen Piastern am
Ende des Monats, ausserdem einem hachsclnsh , wenn der Schüler
an einem der Hauptabschnitte des Leselnichs angekommen Avar.
Ich habe manche alte Männer getroffen, Avelche auf diese Weise
den ganzen Psalter von Anfang bis zu Ende auswendig gelernt
hatten. Muslimen lernen ganze grosse Suren des Korans auswen-
dig. Auf eine Holztafel wurde geschrieben . In der Schreibekunst
68
brachte man es gewöhnlich nicht so weit, -wie in der Lese- oder
Auswendiglernkimst , und noch jetzt triflft man Dörfer, haupt-
sächhch mushmische, avo auch nicht ein Einziger, andere, wo nur
etwa der chatih lesen oder schreiben kann. Kommt ein Brief an,
der gelesen werden soll, oder [soll irgend etwas geschrieben wer-
den, so muss man ins nächste Dorf zum chatih schicken. Aber
auch mancher chatih kann nur nothdürftig einen Brief heraus-
buchstabiren oder mit gräulichen Buchstaben etwas zu Papier
bringen. Fvircht und Schrecken waren auch beim arabischen
Schulmeister die Hauptmittel, dem Schüler die nöthige Auf-
merksamkeit und etwas Fleiss beizubringen. Da war der unent-
behrliche Stock und der falah^ ein Holz, an dem ein Seil ange-
bracht war, in welches die Füsse des Schülers, während er auf
dem Rücken am Boden lag, so eingeklemmt wurden, dass er sich
nicht regen und der Lehrer tüchtig zuschlagen konnte. Hie und
da habe ich noch in Schulen dieses Schreckensinstrument zur
Warnung an der AVand hängen sehen. In nur ganz vereinzelten
Fällen liess einmal ein Vater auch sein Mädchen im Lesen unter-
richten ; bei Muslimen kam das aber nicht vor.
Es giebt unter den Fellachenkindern recht aufgeweckte
Köpfe, die schnell begreifen und leicht lernen. Der grosse Man-
gel bei den jetzt da und dort in den Dörfern vorhandenen Schulen
scheint mir der tüchtig gebildeter Lehrer und sachkundiger Schul-
inspektoren zu sein. In manchen Schulen geht es, wie bei dem
»Maulthier der Mühle«; es geht herum und herum, macht viel
Lärm und kommt doch nicht von der Stelle. Tüchtige Schulen
müssten in kurzer Zeit ein ganz anderes Geschlecht heranziehen.
Weiter als bis zum zehnten oder dreizehnten Jahr wird nur in
seltenen Fällen der Fellachenjunge die Schule besuchen. In die-
sem Alter ist er oft schon verlobt, manchmal sogar verheirathet,
hat bereits die männliche l'dffe auf dem Kopf und muss dem Ver-
dienste nachgehen. Manche widmen sich n\m dem Ackerbau
und haben mit Pflügen, Säen und Ernten, dem Besorgen der
Weinberge, der Olivenpflanzungen und der Feigengärten und mit
der Pflege des dazu nothwendigen Viehes (Ochsen, Kühe, Esel,
Ziegen) gemig zu thun. Andere treiben ein Handwerk : Schuster
[akiiß]^ Schreiner ^neddschär)^ Weber 'hajJäJc], Maurer [hänna).
Ausser diesen werden in gewöhnliclien Dörfern keine anderen
Handwerke betrieben, und auch diese sind nur spärlich vertreten,
69
in manchen Dörfern gar nicht. Der Weber fabricirt auf seinem
primitiven Webstuhl {nol; das dicke starke 13aumwollentuch.
woraus der tob gefertigt wird; das europäische liaumwolltuch,
welches in grossen Quantitäten in Syrien verkauft wird, ist dem
Fellachen zu dünn und zu schwach zu diesem Zweck. Ebenso
verfertigt er das Zeug zu den dicken warmen Fellachen- abä's ;
die feineren Sorten kommen von Damascus. Ein Weber, der früh
Morgens an die Arbeit geht, kann mit Leichtigkeit das zu einem
Kleid nöthige Zeug (eine schokka) in Einem Tag fertig bringen
und hat immerhin noch einen ordentlichen Verdienst. Der
Schreiner verfertigt die Holztheile des ausserordentlich einfachen
Pflugs und sonstiger Ackerbaugeräthschaften. Der in der Kennt-
niss seiner Profession etwas w-eiter vorangeschrittene versteht es
auch, rohe Thüren und Fensterläden herzustellen. Weiter geht
seine Kunst nicht. Die eisernen Theile der Ackergeräthschaften
liefert der Schmied in der benachbarten Stadt oder umherziehende
Zigeuner {nmvar), welche nicht blos in Städten, sondern auch in
Dörfern nach Bedürfniss ihre Werkstätte unter einem schwarzen
Beduinenzelt aufschlagen und Nägel , Beile und allerlei andere
eiserne Geräthschaften fabriciren. Nur jenseits des Jordans habe
ich auch in kleinern Dörfern Schmiede [haddäd] angetroff"en.
Der Ausübung dieses Handwerks ist es wohl auch zuzuschreiben,
dass der Familieiuiame haddäd (Elias el-haddäd, Jüsef el-haddäd
etc. etc.) dort so häufig vorkommt. Um den Fellachen mit denje-
nigen Artikeln zu versehen . welche er weder in seinem Dorfe
noch in der Nähe sich verschaffen kann, ziehen wandernde Schuh-
macher, Kupferschmiede [nahhäs], Silberschmiede säigli . pl.
sujjägh). Hausirer (gewöhnlich Jiulen) , Matratzen- und Couver-
tenmacher 'auch Juden), Büchsenmacher etc etc. auf dem Lande
umher und halten sich da oder dort, je nachdem sie Arbeit finden,
länger oder kürzer auf. Auch Quacksalber und solche, die Kinder
impfen [dakk). ziehen gelegentlich in den Dörfern umher. In
Bethlehem ist die Fabrikation von Rosenkränzen. Sachen aus
Perlmutter und aus schw'arzem fiebi müsä-Stein eine Industrie,
von welcher viele Familien' leben und manche reich w^erden. In
manchen Dörfern, wie z. B. rämallah , liftä etc. etc. giebt es
viele, die sich ihren Lebensunterhalt damit verdienen, dass sie
sich einige Esel halten, aufweichen sie. je nach der Jahreszeit,
Holz, Weizen, Gerste, getrocknete Feigen, Trauben. Ol. Wasser
70
etc. etc. zur Stadt transportiren. So sieht man z. B. regelmässig
Morgens in aller Frühe Eseltreiber Jiammär) in kleineren oder
grösseren Partien ihre Waare nach Jerusalem zu Markte führen
und Abends mit leeren Thieren lustig unter lebhaftem Gespräch
und allerlei Spässen nach Hause eilen. Liftä ist der Ortder Last-
thiervermiether [mukärlje) und Wasserlieferanten par excellence;
in särls^ kubehe giebt es viele Kameeltreiber [dschammäl] , welche
sich hauptsächlich mit dem Waarentransport zAvischen Jafa,
Jerusalem und Nabulus beschäftigen.
Es mag hier der passende Ort sein Einiges über Ackerbau
und Land Avirth Schaft, wie sie der Fellache betreibt, mitzu-
theilen. Zuerst jedoch einige Worte über die Grundbesitzver-
hältnisse. Man kann das Land in dieser Hinsicht eintheilen in
1. ard nüri^) = Staatsgut, Regierungsland. In diese Classe ge-
hören hauptsächlich die grossen, ausserordentlich fruchtbaren
Ebenen [sahl, mardsc/i], wie die Jafa- oder Ramie-Ebene, die
Esdrelon- Ebene [mardsch ihn ämir, etc. etc. Diese Ländereien
werden von der Regierung (vom niiri an ganze Dörfer oder ein-
zelne Personen »verpachtet« (vei-j) achten, dämman; pachten </«>;? ew;
Pächter dämeri] . Der Pächter hat für das Recht des liebauens
muzära a] der Regierung den Zehnten des Ertrags (öschr) zu
zahlen. Miri-Land kann deshalb natürlich vom Pächter weder
verkauft noch vererbt werden, »wohl aber die muzära a^ d. h. das«
»Recht der Bebauung für eine längere oder kürzere Zeit. Dies giltst
»aber blos so lange, als der Verleiher lebt; stirbt er, so sind die«
»Contrakte, die er gemacht hat, auch wenn ihre Zeit noch nicht«
»abgelaufen ist, null und nichtig. Die muzära a geht dann ohne«
»weiteres auf seine Kinder über ; hat er keine, auf seinen Bruder,«
»oder wenn solcher fehlt , auf seine Schwester ; ist eine solche«
»auch nicht da oder direkte Nachkommen von derselben, so geht«
»sie auf seinen Vater, Onkel oder Neffen väterlicherseits über,«
»und sind alle die Genannten nicht da, so fällt die mtizära an
wieder an den Staat zurück«"^;. Vor einigen Jahren hat die Re-
1) Abkürzung von urd etnlri, d. h. dem Emir Befehlshaber, Chalifen,
Sultan) gehöriges Land.
2) Baurath C. ScHiCK , Österreich. Monatsschr. für den Orient 1879,
Nr. 'A, Landwirthschaftliches aus Palästina.
71
gieruiif^; einen grossen Strich solchen Landes in der Ebene Jes-
reel an das Haus Sursuk in Beirut verkauft.
2. ard loahf = Stiftungs-. \'ennächtnissland (von aukaf
(a"\vkaf' = stiften, vermachen), d.h. Ländereien, welche vom
Landesherrn oder von irgend einer Privatperson geschenkt -wur-
den, um aus deren Ertrag Moscheen, sonstige heilige Plätze.
Schulen. Armenhäuser etc. etc. zu unterhalten. So giebt es reiche
Schenkungen von Ländereien , die der Omarmoschee , dem ?iebi
f/««f/-Grabmahl, den Saladinstiftungen (Moscheen, Universität),
der Moschee in Hebron [sajjidna-lchaVil] etc. etc. angehören.
Solches Land kann ebenfalls nicht verkauft, sondern nur ver-
])aclitet Averden. Der für die Bebauung desselben zu entrichtende
Zehnte oder sonst festgesetzte Betrag wird nicht an die Eegie-
rung sondern an den Stiftungs-A'envalter mutiolilli] abgeliefert.
Dieser selbst erhält für seine Verwaltung der Güter einen An-
theil von dem abzuliefernden Weizen, Gerste etc. etc. was man-
cher annen oder herabgekommenen Eifendifamilie eine willkom-
mene Einnahme verschafft. Li der Verwaltung dieser wakfs ist
übrigens vieles faul geworden und man schimpft mit Kecht. dass
die Eifendis dieselben »auffressen« , anstatt die Einkünfte für die
ursprünglich beabsichtigten Zwecke zu verwenden.
3. ard mulh = Eigenthum. Es sind diess meist kleinere
Grundstücke in der Nähe der Dörfer: Hügelland, Gärten, Fei-
gen- und Olivenpflanzungen , Weinberge , w^elche mit trockenen
Maueni oder Cactushecken eingefriedigt oder sonstwie abge-
grenzt sind. Diese steht es natürlich dem Eigenthümer frei nach
seinem Gutdünken gegen anderes Eigenthum auszutauschen
[häd'dl]^ was öfters geschieht, oder zu verkaufen [bl'a]. Den
Kaiifbrief [//eddsche] stellte bis jetzt irgend ein Schreibkxmdiger
im Dorfe aus , und mit den nöthigen Zeugenunterschrifteu oder
Siegeln versehen, wurde seine Gültigkeit nie angefochten. Neuer-
dings aber sucht die türkische Regierung auch diese Angelegen-
heiten unter ihre directe Controle zu bekommen.
Brachliegendes Land [ard bar) giebt es in Palästina, theils
wohl wegen der zii geringen Bevölkerung, theils wegen deren
Armuth und Trägheit noch sehr viel. In den fetten Ebenen ist
dies jedoch weniger der Fall, als in den mageren Gebirgsgegen-
den, welche freilich im Frühjahr, mit spärlichem Gras bedeckt,
als Woido für das A'ieh dienen. Auch wäch.st auf diesen IMätzen
72
eine Art Dorngewächse ^hillän\^ welche die Kalkbrenner in
grossen Quantitäten sammeln und neben dem dschift (ausgepressten
Olivenl als Brennmaterial brauchen, da sie eine ausserordentliche
Hitze hervorbringen. Mageres Hügelland wird manchmal ge-
düngt . indem man das darauf wachsende Gras und Gestrüpp,
wenn es trocken ist, verbrennt, sonst aber fällt es keinem Fella-
chen ein, sein Feld zu düngen. Es würde ihm dazu wohl auch
die nöthige Quantität Dünger fehlen, vor allem aber müsste der
Transport desselben , da es an Wagen und ordentlichen Wegen
gebricht, zu kostspielig werden. Beim Gemüsebau jedoch in be-
wässerten Gärten und gelegentlich auch bei Oliven- und Feigen-
pflanzuiigen wird Dünger angewandt.
Todtes Land [ard mejjite) ist solches, das schon lange un-
bebaut daliegt. Wer dasselbe »belebt« [jehji]^ macht es sich da-
durch zum Eigenthum {mulk) . In Nazareth habe ich manche
hübsche Weinberge gesehen , welche deren Eigenthümer durch
solche »Belebung« todten Bodens, d. h. durch Pflanzen von Re-
ben und Bäumen sich erworben hatten.
arädi mahlTde , sagt Baurath C. Schick in dem vorhin er-
wähnten Artikel , sind Ländereien , welche von den bisherigen
Besitzern verlassen worden, sei es dass die Eigenthümer ausge-
storben oder, was in diesem Lande häufig vorkommt, dass die
Leute, weil sie sehr verschuldet, besonders auch sehr im Rückstand
mit der Bezahlung ihrer Steuern sind, einfach den Ort verlassen
und anderswo sich angesiedelt (haben. Solch herrenloses Land
fällt wieder an den Staat zurück, gleichviel zu welcher Classe
es früher gehörte.
Da die mit dem Ackerbaii und der Landwirthschaft über-
haupt zusammenhängenden Geschäfte sich nach den Witterungs-
verhältnissen richten , so ist es wünschenswerth , auch hierüber
Einiges mitzuth eilen.
In Palästina giebt es eigentlich nur zwei Jahreszeiten : die
Regenzeit [schita^fasl esch-schitd) von etwa Mitte October bis
gegen Ende April und die trockene Zeit [sef, fast es-sef] von
Ende April bis Mitte October. Um Mitte October kann der erste
Regen (Frühregen) beginnen, oft aber bleibt er bis November, ja
sogar bis December aus. Dieser Monat und Januar sind gewöhn-
lich reclitc Ilegenmonate, in Avelchen es oft acht Tage und länger
fast unaufliörlich regnet. Im Monat März und April fallen die
73
Spätregen , aber von Mai an hängt die Vegetation , was ihren
Feuchtigkeitsbedarf anlangt, einzig von dem tief in die Erde einge-
dningenen Eegen und von dem starken Nachtthau näda) ab, da in
diesen sechs ^Monaten, ausser in sein* seltenen Ausnahmefällen, kein
Tropfen Regen fällt. Die Araber unterscheiden jedoch auch vier
Jahreszeiten: Frühjahr irahla, Februar, März, April), Sommer
[sef. Mai, Juni, Juli), Herbst [cJiarlf^ August, September, Octo-
ber , Winter [schita. November, December. Januar) . Der Februar
[schebüt] correspondirt etwa mit unserm veränderlichen April,
und heisst es deshalb von ihm in den Fellachenwetterregeln:
achebät ma aleh rebät (etwa : Februar uaizuverlässig immerdar) .
Doch heisst es auch von ihm : in achabat walabat rlhat es-sef
fih (etwa : ^yenn er auch tobt und rast mit wildem Sinn, so ist
doch der Geruch des warmen Sommers d'rin). Vom März adär)
heisst es: abu-zzaläzil walamtür loa jinschaf er7'ai
bela när (etwa : er ist der Vater der Erdstösse und Regengüsse,
ein Ungeheuer aber, der Hirte wird dennoch — an der warmen
Sonne nämlich — trocken ohne Feuer). Der April -Spätregen
wird als so kostbar betrachtet, dass es heisst : schetwet ?iisäti btü-
tva-ssikke wa-lfüddcm. ein Aprilregen bringt mehr als der Pflug
und das Joch (Ochsen) an Segen. Vom Juli \f,amTiz\ heisst es :
ß tamüz tighli-hnd, ß-lküz (etwa: bricht der Monat Juli herein,
so siedet das Wasser im Trinkkrüglein) . Sobald im October, No-
vember, oft aber erst im December. eine gehörige Quantität Regen
gefallen und der in Folge der langen Sommerhitze und Trock-
niss ausgebrannte und zerrissene Erdboden gehörig erweicht ist.
geht der Fellache an die Bestellung der Wintersaat [schetäwi] :
Weizen [kamh, henfa , Gerste [sc/iair], Linsen (adas) etc. etc. Das
Erdreich wird mit dem äusserst einfach construirten Pflug ^sikke]
umgebrochen, man könnte fast sagen nur aufgekratzt; denn die
Furche [tälm pl. atläni} geht nicht tief (etwa 0,10 — 0,12 m). Die
Saat [b'där) wird zuerst ausgestreut, dann umgepflügt. Den Pflug
zieht ein Joch [füddän] Ochsen oder ein Ochse und ein Esel,
manchmal auch ein Kameel, seltener ein Pferd. Die Thiere treibt
der Pflüger [harrät] mit dem Ochsenstecken ^nihmäz] an, einem
langen Stecken mit eiserner Spitze, den er gelegentlich auch zum
Zerstossen einer Erdscholle braucht. Gegen einen solchen Sta-
chel zu «locken« wird dem Thier natürlich schwer und es muss
vorangehen. Die Thiere sind, ausser wemi es etwa kräftige junge
74
noch nicht ans Joch gewöhnte Och.'sen[ edsckli sind, sehr lenksam,
auch schont sie der Fellache , besonders Avenn es seine eigenen
Thiere sind oder er nicht für sich selbst pflügt. Tief eingewur-
zeltes Dorngesträuch umgeht er oft lieber, als dass erstark auf
den Pflug drückt, um es herauszuheben. Wo wegen Felsblöcken
oder tiefeingewurzelten Dornbüschen das Pflügen schwer ist,
hilft der Fellache auch mit der Hacke \fäs) nach. Manches
kleinere Stück dieser Art, besonders im Gebirge, wird auch nur
umgehackt. Manchmal wird auch 'afi?- (trocken, d. h. ohne vor-
herigen liegen) gesät; dieses geschieht mit besonders leichtem
Boden, der auch ohne vorher aufgeweicht zu sein, bearbeitet
werden kann. Die Saat Avird dem trockenen Boden anvertraut,
wo sie dann nach dem ersten liegen schnell aufsprosst und eine
frühe Ernte giebt. Bleibt aber der liegen zu lang aus, so ist die
Saat oft verloren. ' Die Bestellung der Wintersaat dauert manch-
mal bis in den Januar hinein. Die Arbeit geht sehr langsam und
gemüthlich vor sich, zumal die Leute oft mit ihrem Vieh zwei
bis drei Stunden weit zu gehen haben, bis sie an ihren Ackern an-
kommen und bis Abends wiederum zurück sein müssen.
Die Sommersaat iseß), hauptsächlich aus dtcra (einer Art
Hirse) und Sesam {simsim] bestehend , wird erst , wenn man mit
der Wintersaat fertig ist, bestellt. Das Gedeihen derselben hängt,
da sie in der heissen und trockenen Zeit wächst, hauptsächlich
davon ab . dass während der Winterzeit der Regen tief in den
Hoden hinabgedrungen ist und hier die nöthige Feuchtigkeit für
die SommeiTOonate aufbewahrt wird. Eine ergiebige Kegenzeit
verspricht deshalb eine reichliche Sommerernte. Auch Taback
und Baumwolle sind Sommerfrüchte , und die saftigen Wasser-
melonen und gelben Melonen, die Gurken, fahküs (Gurkenart)
und gusa vegetable marrow), werden erst nach der Regenzeit ge-
setzt und reifen in den heissen Sommennonaten, wobei ihnen aber
der häufig und reichlich fallende Nachtthau zu statten kommt.
Es ist bereits erwähnt worden, dass bei weitem der grösste
Thcil des hauptsächlich zum Getreidebau tauglichen Landes,
nicht Privat-, sondern Regierungseigenthum [mirl] oder wakf ist
und dass der l^ebaucr desselben deshalb nicht Eigenthümer, son-
dern nur Pächter sein kann. Jede Ortschaft hat gewisse, ihr an-
gewiesene Strecken dieser Ländereien und diese werden beim
Beginn der Regenzeit den einzelnen Bürgern je nach ihrem Ver-
75
langen in einzelnen Parcellen durch's Loos zugewiesen. Die Art
Tincl Weise, wie diese Yertheilung durchs Loos geschieht, ist
nach JiaurathC. »Schick's Mittheilungen a.a.O. etwa Folgende:
Alle diejenigen, welche pflügen wollen, versammeln sich in der
säha (offener Platz , aber auch , weil vor der Herberge sich ge-
wöhnlich ein offener Platz, Laube etc. etc. befindet, in der Be-
deutung von madZife^ manzid. Herberge gebraucht' . Der Imäm
oder chatih]^ welcher zugleich Dorfschreiber, Archivbewahrer,
Rechn\nigsführer etc. etc. ist, hat bei diesen Versammlungen den
Vorsitz. Alle, welche pflügen wollen, melden sich und geben
die Anzahl von Pflügen {fiiddmi' , die sie stellen wollen, an. Hat
Einer nur einen halben Pflug, d. h. nur Ein Zugthier, so tritt er
mit einem Andern zusammen. Man theilt die Gesammtheit in
Classen: Es melden sich z. B. 40 Pflüge — diese werden in
4 Classen getheilt, je 10 zusammen, und über sie ein Chef oder
Schech envählt. welcher seine Partie mit ihren 10 Pflügen zu
vertreten hat. Diese Classeneintheilung erleichtert die Einthei-
lung (oder besser Austheilung des Landes. Dasselbe ist nicht
überall gleich gut u. s. w. Sind nun 4 Classen gemacht, so wird
das Land in vier Theile getheilt, so dass jeder dieser Theile gutes,
mittelgutes und schlechtes in sich begreift. Die einzelnen Par-
cellen haben von Alters hergebrachte Namen, z. B. Rebhuhnfeld,
Fuchsfeld u. s. w. Sind die Schechs über die Vertheilung in vier
Theile einig , so dass kein grosser Unterschied dabei sein kann,
so wird das Loos gezogen; dies geschieht dadurch, dass jeder der
vier Schechs dem Imäm eine Kleinigkeit in seinen Beutel legt.
Er ruft nun einen von den vier Theilen aus durch Hersagen der
Parcellennamen. die dazu gehören, und ein herbeigeholtes Kind
hat einen der vier in den Beutel gelegten Gegenstände herauszu-
nehmen. Wem nmi der herausgezogene Gegenstand gehört, dem
wird dieser Theil für dieses Jahr zu bearbeiten zugewiesen. Nun
gehen die vier Schechs daran, die ihnen zugewiesenen Stücke an
die einzelnen Mitglieder ihrer Partei zu vertheilen. Aber nicht
so, dass ein Pflug seinen Antheil in einem zusammenhängenden
Stück bekäme, vielmehr hat jeder Pflug ein Zehntel an allen
Grundstücken seiner Partei anzusprechen : die einzelnen Grund-
stücke werden darum in so viele maras (eig. Schnur) oder Strei-
fen getheilt, als Pflüge da sind. Dadurch bekommt aber der Ein-
zelne statt zwei oder drei grosse Stücke eine Anzahl langer Strei-
76
fen, die an ganz verschiedenen Orten der Dorfmarkung liegen.
Die Grenzen werden dnrch Furchen [telm) oder Steine bezeichnet
und noch heute gilt die Verrückung der Landmarke als eine
fluchwürdige That, wie in den Zeiten Israels (Deuter. 19, 14).
Schon Mitte April oder Mai, in den wärmeren tiefliegenden
Ebenen früher, in den kälteren Gebirgsstrichen später, findet die
Ernte statt. In den ausgedehnten Ebenen (Gaza, Jafa, Esdrelon)
verlangt das Schneiden und der Transport der Gerste, Avelche
zuerst reift, dann des Weizens, viele Hände, und ziehen deshalb
viele ärmere Fellachen um diese Zeit aus ihren Dörfern aus, um
sich als Schnitter [hassäd] zu verdingen. Auch arme Weiber,
besonders Wittwen mit ihren Kindern, gehen auf einige Wochen
da oder dorthin , wo geerntet wird , um Ähren zu lesen [laMat,
sejjef, A. lesen . Jeden Abend werden die Ähren, die sie auf dem
Felde gesammelt, mit einem Stein oder Holz ausgeklopft und die
Körner aufbeAvahrt, und öfters schon habe ich solche arme Frauen
nach einigen Wochen aus der Ernte heimkommen sehen mit
einem Vorrath AYeizen , welcher hinreichte, um sie mit Mehl für
das ganze Jahr zu versehen. Der Schnitter legt gewöhnlich ein
ledernes Schurzfell an , das Brust und lieine schützt ; mit einer
Sichel [mindschal pl. munädscJtel) schneidet er die Ähren, jedoch
nicht ganz nahe am Boden ab, und hat er einen Arm voll abge-
schnitten, so bindet er sie mit Halmen zu einer Garbe [hezme pl.
hezam und legt sie bei Seite. Diese Garben Averden zu grösseren
Haiifen [körn pl. kwäni] zusammengetragen und dann auf Eseln.
Maulthieren oder Kameelen auf die Dreschtennen gebracht. Alles
ist zu dieser Zeit trotz der schweren heissen Arbeit fröhlich, und
der Gesang der Männer und das Trillern [zaghürit] der Frauen
ertönt von Zeit zu Zeit und schallt über Berg und Thal.
Die Dreschtenne [hedar pl. bajäder, auch dschürn pl. dschu-
rün) ist ein offener, ziemlich ebener, geräumiger Platz in der Nähe
des Dorfes. Am liebsten wählt man, wo man diese findet, grosse
Felsplatten, welche sauber abgefegt werden. Wo solche nicht
vorhanden sind, wie besonders in den Ebenen, da dient auch ein
sonstiger ebener, fester Boden diesem Zweck. Die Tenne ist eine
dem Dürfe gemeinsame, jeder aber wählt sich seinen eigenen
Platz auf derselben. Er häuft darauf Gerste und Weizen, später
dura, Sesam etc. etc. auf und drischt dieselben dann aus. Weder
Sturm und Gewitter, noch Platzregen und Hagel sind zu befürch-
/ /
ten und der Fellache betreibt deshalb das Geschäft des Dreschens
unter freiem Himmel ganz gemüthlich durch vier Monate hin-
durch bis gegen Beginn der Regenzeit. Er lebt zu dieser Zeit
eigentlich auf der Dreschtenne und manches Dorf ist nun, wenig-
stens was die Männer betrifft, ganz ausgestorben. Gerste (ebenso
Weizen wird aufgeschüttet und das \\eh. , Ochsen und Esel
meistens oline, manchmal aber auch mit Maulkorb versehen) wer-
den jeden Tag einige Stunden darauf im Kreise herumgetrieben
und treten das Korn mit ihren Hufen aus. treten auch zugleich
das Stroh zu Häksei klein, so dass es ganz weich und zart (na im)
wird und als Futter für das Vieh dienen kann. (Dieses zerklei-
nerte Stroh heisst tibn, Stroh in Halmen und Stoppeln auf dem
Felde sind kaschsch) . Auch braucht man zu diesem Zwecke den
möredsch, ein dickes schweres l^rett, in welches wie Zähne kleine
harte Basaltsteine eingefügt sind. Dieses Instrument wird wie
ein Schlitten von einem Pferd auf dem Haufen ungedroschener
Gerste oder Weizen umhergezogen und zermalmt und zerreisst
durch sein Gewicht sowohl , weil der Treiber sich noch darauf
stellt, als durch die scharfen Zähne das Stroh. Sind die Körner
auf diese Weise aus den Ähren getreten, so geht der Bauer ans
Worfeln (Worfeln darra^ dreschen daras), das Geschäft des Dre-
schens [dräs] . Dazu benutzter die Zeit des Tages, wo ein ruhiges
Lüftchen weht; denn weder bei Windstille noch bei starkem
Winde kann er dieses Geschäft verrichten. Mit einer dreizackigen
hölzernen Gabel wirft er die zertretene Masse in die Höhe ; der
Wind weht das feine zerbröckelte Stroh in einige Entfernung,
während die Kömer herabfallen ; beide sammeln sich nach und
nach zu Haufen an , während der gänzlich unnütze feine Staub
ganz fortgeweht wird. Weizen und Gerste werden nun zxi grossem
Haufen aufgeschüttet und durch eingedrückte Formen versiegelt,
so dass sie nicht ohne Wissen des Eigenthümers angebrochen
werden können. Übrigens werden die Tennen stets von Leuten
bewacht und Nachts schläft meistens jeder bei seiner Ernte. Mit
Feuer ist man mit Recht ausserordentlich vorsichtig, und ge-
schieht es deshalb sehr selten, dass ein Feuer auf der Tenne axis-
bricht und grossen Schaden verursacht.
Von dem mm da liegenden A'onath von Weizen \ind Gerste
werden zunächst die Steuern (der Zehnte, 'öschr direct oder durch
den Pächter der Regiening oder dem Wakf entrichtet. Welche
78
Erpressungen und Schindereien dabei vorkommen, ist hinrei-
chend bekannt. Gewöhnlich gehört auch schon längst ein Theil
der Ernte dem Kaufmann in der Stadt , von dem der Fellache
Geld geborgt hat ; dieser wird nun abgeholt , wenn nicht des
Städters Saumseligkeit oder der Fellachen List es wenigstens
theilweise verhindert, denn das Borgen Avird dem arabischen
Bauern, wie auch manchen andern Leuten, gar leicht, das Zahlen
aber bitter schwer. Ist ein hart'ät (l^Üügerknecht) angestellt ge-
wesen, so erhält nun dieser auch den ihm gebührenden Antheil.
auch der Dorfgeistliche \imäm^ chafib]^ der zugleich oft als
Dorfbarbier fungirt, ist für seinen Lohn auf diese Zeit ange-
wiesen — kurz wenn der Fellache etwas braucht und er hat kein
Geld, so wird Jedermann auf die r,wakt el-hedam (Zeit der Dresch-
tenne, vertröstet, und da sucht natürlich jeder seinen Wechsel
so schnell und so gut wie möglich einzucassiren. Auch die Der-
wische, die armen Dorfpfarrer, die Blinden und die Aussätzigen
wallfahrten zum bedar und gehen selten leer aus. Manchem
»kleinen« Bauer bleibt dann, nachdem er alle rechten und un-
rechten Ansprüche an seine Habe befriedigt, kaum so viel übrig,
dass er den nöthigen Bedarf für sich , seine Familie und sein
Vieh bis zur nächsten Ernte nach Hause führen kann. Mancher
muss schon nach einigen Monaten beim Kaufmann in der Stadt
Geld borgen auf Rechnung der nächsten Ernte. Der wohlhaben-
dere Fellache aber führt schon von der Tenne weg in Säcken auf
Eseln oder Kameelen, was er nicht für seinen Bedarf nöthig hat.
zum ^ erkauf auf den Kornmarkt [chchrme] der nächsten Stadt.
Oft wird es weit weg transportirt. So kommen z. B. alljährlich
ganze Reihen Kameele mit Weizen beladen aus dem llaurän nach
Näbulus und Jerusalem. Vieles wird auch durch Mäkler {smtisäv)
aufgekauft und zum Export nach Jafa , Haifa und Akka trans-
l)ortirt. Der Rest wird in Magazinen [machzau] trockenen Zimmern
oder zu diesem Zweck angelegten Cisternen [inatmura) aufbewahrt.
Das zum Füttern des Viehs nöthige Stroh [tibti] wird ebenfalls
an trockenen Orten, öfters in Felshöhlen aufbewahrt. Was den
Ertrag der Felder betrifft , so soll sich herausgestellt haben, dass
derselbe durclischnittlich das Sechsfache der Saatkörner ist, dass
ein zwöli'facher als sehr günstig betrachtet werden darf, dass aber
ein dreissig- bis sechzig- oder gar hundertfaltiger, wie er im
Evangelium erwähnt ist, heut zu Tage nirgends vorkommt. Das
79
Maass, nach welchem bei dem Fellachen das Land nicht eigent-
lich «abgemessen«, sondern abgeschätzt Avird, ist Aar fäddän.
d. h. Joch Ochsen, und bedeutet ein Stück Land, welches ein
Mann mit einem Joch Ochsen per Tag pflügen kann, freilich ein
etwas unbestimmtes Flächenmaass.
Ausser dem Getreidebau, mit Avelchem sich besonders die in
den grossen Ebenen oder deren Nähe wohnende Bevölkerung ab-
giebt . nimmt auch die Besorgung der Weinberge , der Feigen-
gärten und der Olivenpflanzungen viel Zeit und Arbeit in An-
spnich.
Die Weinberge [kärm |pl. kurüm) werden meistens in den
gebirgigen Gegenden des Landes angelegt, weil da die natürlich
terrassenförmig aufsteigenden Hügel dem Weinbau sehr günstig
•sind und gerade dieses mit vielen Felspartien durchzogene Terrain
sich weniger für Getreidebau eignet. A'iele Dörfer haben in
grösserer oder geringerer Entfernung ihre herrlichen Weinberge,
aber leider giebt es noch ungeheure Strecken im Lande, welche
sich für den Weinbau eignen würden und die ofi'enbar in früheren
und besseren Zeiten Weinberge waren, die jetzt brach liegen. Die
Weinberge werden zum Schutz gegen Menschen und Thiere mit
trockenen Steinmauern [dschedär^ sinsele pl. sanäsel) oder Cactus-
hecken umgeben. Mit dem meistens zu reichlich auf dem 13oden
umherliegenden Steinmaterial werden da und dort, wo sie sich
nicht natürlich voi*finden, künstliche Terrassen angelegt, an
Avelche die Reben sich anlehnen , oder über welche sie herab-
liängen. In manchen Gegenden lässt man die Reben (Rebe: dä-
lije pl. duwZdi) am Hoden liegen (Nazareth, Ramallah, Rarale
etc. etc.), in andern zieht man sie aufrechtstehend (Kolönije inid
Abu Ghösch bei Jerusalem) . In den Weinbergen baut man
aus grössern Steinen meistens ohne Mörtel ein kasr Thurm.
Castell), darauf etwa eine kleine von Zweigen und lUättern be-
schattete Hütte , von wo aus man den Weinberg übersehen und
bewachen kann , \md an den kasr sich anlehnend vielleicht eine
von Reben überdeckte Laube aus rohen Stämmen, ^^'cinpressen
werden , weil der Fellache heute die Weinbereitung nicht mehr
versteht xmd Muslimen, welche bei weitem die Mehrzahl der Fella-
chen bilden, sich nicht damit beschäftigen dürfen, keine angelegt.
Man sieht aber in vielen Weinbergen noch die alten 1^-ossen
80
[mdsara] der Kauaaniter und Hebräer : zwei in Felsen gehauene
Becken, das eine, in Avelchem die Trauben ausgepresst wurden,
das andere etwas tiefer liegend, in welches der ausgepresste Saft
lief, beide mit einer Kinne verbunden. In l^ethlehem und Bet-
dschälä wird zwar von Fellachen Wein gemacht, da sie aber weder
die Bereitung noch die Aufbewahrung desselben ordentlich ver-
stehen, so liefern sie nur etwas sehr Mittelmässiges. Die mit Be-
sorgung des Weinbergs verbundene Arbeit ist : nach Aufweichung
des Bodens durch den liegen, zwei- bis dreimaliges umpflügen
oder Umhacken und das Beschneiden der Reben itaknlb^ Infin.
von kännah). Grössere Felsblöcke werden sorgfältig aus dem
Boden herausgegraben. Weitere Pflege widmet der Fellache dem
Weinberg nicht. Im dritten Jahr soll ein neu angelegter Wein-
berg [tamlre] die ersten essbaren Trauben tragen. In dem Wein-
berg sind übrigens in der Hegel nicht bloss Reben, sondern auch,
allerlei Bäume gepflanzt, z.B. Feigen-, Granat-, Apfel-, Birnen-,
Aprikosen-, Pfirsich-, Quitten-, Maulbeerbäume u. s. w. Fangen
die Reben an, ordentliche Beeren zu bilden, so muss Jemand von
der Familie des Besitzers den Weinberg bewachen ; denn schon
dann ist er den feindlichen Überfällen der Menschen und der
Thiere ausgesetzt. Sobald die Traxiben einigermassen geniessbar
sind, zieht die Familie mit Sack und Pack in den Weinberg
hinaus und lebt imd haust da einige Monate , bis Alles aufge-
gessen ist. Wer nur immer kann , sucht einige Monate oder
Wochen des heissen und ungesunden Sommers in einem Wein-
berg zuzubringen. Wer keinen eigenen Weinberg besitzt, pachtet
sich ein Stückchen, und der vornehme Städter schätzt sich glück-
lich, wenn er mit Weib und Kind unter einem Zelt oder in einer
Laiibhütte einige Wochen in einem Weinberg campiren kann.
Keine fürstliche Familie ist glücklicher und lebensfroher in Baden-
Baden, Kissingen, Ems oder Gastein, als der Araber im grünen
Weinberg, im Schatten der Reben oder des Feigenbaums! Ein
grosser Theil der täglichen Nahrung der Familie besteht zu dieser
Zeit aus dem im Weinberg vorhandenen Obst mit l^rod. Wo es
viele Cactusfcigen sahr) giebt, da heisst es »hört das Teigmachen
auf«, und viele arme Leute in Ramie, Lydda, Jafa z. B., essen
Morgens, Mittags und Abends eine Quantität sabr mit etwas Brod,
und brauchen sonst nicht viel mehr. Was die Familie an Trau-
ben nicht selbst aufzehrt, Avird in Körben oder Kistchen zur
81
nächsten Stadt zu Markte getragen oder nach solchen Dörfern,
die keine Weinberge haben , transportirt , wo sie meistens gegen
Gerste oder Weizen , -weil sich die Leute zu der Zeit gerade auf
den Dreschtennen befinden, umgetauscht -werden. Berühmte
Traubengegenden sind Hebron und es-salt jenseits des Jordans,
woher auch die im Lande sehr beliebten Cibeben kommen.
Feigengärten i^Feige, Feigenbaum^me; collect, ^m/ ge-
trocknete F. kotten) giebt es da und dort im Lande und was für
einige Distrikte die Trauben, das sind für andere die Feigen.
Die Gegend iim beün (Bethel , ain Jabrüd bis zum Anfang der
Näbluser Ebene ist durch ihre Feigengärten bekannt. Ein guter
Theil der Feigen, deren es verschiedene Sorten giebt (grüne,
schwarze etc. etc.), wird frisch verzehrt, ein bedeutend grösserer
aber an der Sonne getrocknet und im Winter so gegessen. Zur
Verproviantirung \müne] eines guten Fellachenhauses gehört es
auch, dass man sich ein gehöriges Quantum getrockneter Feigen
einlege. Getrocknete Feigen werden auch zur Schnapsfabrika-
tion gebraucht. Die Feigengärten werden einige Mal umgepflügt
oder gehackt, sonst aber wird nichts weiter gethan.
Grossartige Olivenpflanzungen (Ölbaum zetTin) giebt
es hauptsächlich im Näbluser Distrikt, aber auch fast jedes Dorf
im Lande hat seine grösseren oder kleineren Olivenhaine. Es
ist kein Zweifel, dass der Ölbaum einer der nützlichsten Bäume
des Landes ist und noch mehr, als es jetzt der Fall ist, eine Quelle
des Reichthums für dasselbe sein könnte. Er braucht nur wenig
l'flege und lebt und trägt Früchte , auch wenn er lange vernach-
lässigt wird. Die einzige Pflege, die er verlangt, ist das Pfropfen,
wenn er wild ist , das Umpflügen und gelegentliche Ausputzen^
und wird ihm dieses , so vergilt er durch reichlichen Ertrag die
geringe Mühe, die man an ihn gewandt hat. Der Fellach sagt,
der Weinstock sei eine nitt , eine zärtliche Stadtdame , iind ver-
lange viel Pflege und Aufmerksamkeit , die Feige dagegen eine
fellüha^ eine abgehärtete Bäuerin, die schon bei weniger zarter
Behandlung gedeihe, der Ölbaum aber sei eine hedatcnje, ein auch
in der Wildniss und bei langer Vernachlässigung noch kräftiges
und arbeitsames BeduinenAveib. Gegen Ende des Sommers sind
die Oliven [zetmi] reif; sie werden dann mit langen Stecken ab-
geschlagen, wobei man sorgfältig dara\if achtet, nicht zu viel von
den zarten Zweigen und Blättern zu zerstören. Die Beeren werden
Ztschr. d. Pal.-Ver. IV. 6
82_
auf dem Dach oder sonst wo ausgebreitet, dann einige Zeit auf-
gehäuft , damit sie . wie der Fellach sagt, in Gährung [jochmor,
es gährt) gerathen. dann kommen sie in die Ölpresse (bädd),
werden da unter den schweren Mühlsteinen zu einem Brei zer-
malmt und schliesslich, in Strohkörbchen gepackt, in der Presse
[masara] ausgepresst. Das Ol [zet] läuft in eine kleine ausce-
mentirte Cisterne und wird aus dieser in Lederschläuchen oder
grossen irdenen Krügen [dscharrd forttransportirt. Der Fellach
braucht Olivenöl zur Beleuchtung und als Nahrungsmittel. Wenn
er sonst nichts hat, so ist ihm Brot in Ol getaucht ein ganz will-
kommener Bissen. Auch bei den Städtern wird das Olivenöl
noch viel in der Küche verwendet; als Beleuchtungsmaterial
aber hat es das Petroleum fast überall im Lande, selbst bei vielen
Fellachen ersetzt. Grosse Quantitäten Olivenöl, besonders auch
die schlechteren Sorten, werden im Lande zur Seifenfabrikation
verwendet; in gewissen Jahren wird auch viel nach Marseille und
Italien exportirt. Die nach Auspressung des Öls übrig geblie-
benen »Traber« [dschift] werden in Seifensiedereien und Kalk-
öfen als vorzügliches Heizmaterial verbraucht.
Der Gemüsebau (Gemüse chodrd, gedeiht nur darecht,
wo das Land bewässert werden kann, obschon es einzelne Arten
Gemüse giebt, welche auch ohne Wasser wachsen, wie z.B. Gur-
ken [chijär] , Gusa (vegetable maiTow , Tomaten [bandörd] . Was
so (trocken^ wächst, heisst ba'l, das liewässerte saM. In den be-
wässerten Gärten [bistün pl. basüün) werden allerlei Sorten Ge-
müse gepflanzt: Kraut ( malfüf)^ Rüben [Uff ., Gelbrüben [dsc/ui-
sar), üettig i/idschü) , Gurken [chijär], Tomaten [bandöra), Eier-
gewächs (franz. aubergines, arab.: bedimlscJiäii) , Pfeffer [ßeße],
Zuckererbsen [bizelli] u. s. w. Liefert eine Quelle das Wasser
für mehrere Gärten, so ist es so eingerichtet, dass jeder Eigen-
thümer seine bestimmten Tage und Stunden hat, in welchen er
das Wasser in seinen Kanälchen [kanä pl. kuni) auf sein Land
leiten darf, während das andere unbewässert bleibt. Die Ertrags-
fähigkeit des Landes ist da, wo bewässert werden kann , eine
erstatin onswerthe .
Mit der Viehzucht ist es bei den F'ellachen ziemlich elend
bestellt. Ochsen und Kühe, eine kleine Rasse, werden fast nur
so viele gehalten, als man zum Ackerba\i braucht imd erst, wenn
sie zur Arbeit untauglich sind, werden sie an den Metzger ver-
83
k^uft und geschlachtet. Mastvieh giebt es nicht. Schlafe wer-
(dßn nur wenige gehalten und das Hamniclfleisch , welches des
Arabers Lieblingsfleisch ist, liefern die Beduinen, welche gros^
Heerden und gutes Weideland besitzen, oder es wird aus Kurdistan
und dena Hedschäz herbeigebracht. 13agegen werden viele Ziegen
gehalten, ihre Milch wird verkauft mid daraus auch die bei allen
Arabern sehr beliebte Sauerniilch [lühen] und der Käse Uhchihn]
bereitet. Butter wii'd nur wenig gemacht und Schnjalz, ausge-
kochte Butter [sUmn, liefert fast ausschliesslich der Beduine (Jafa,
Gaza, C'arpael, Ostjordanland) . Die Milch-, Butter-, Sauermilch-
und Käsebereitung blüht beinahe ausschliesslich, im Frühjahr,
wjQ das nöthige grüne Futter au$ der Erde hervorwächst. Trock-
net aber dieses im Monat Mai ans, sP fängt für das gute Vieh
das lange traurige Fasten-Semester an, Der Ziege geht es da
noch am besten, denn sie findet Stoppeln, Hecken und Ge-
büsch auf den Hügeln und in den Wäldern und wird in allem
Wind nnd Wetter ins Freie getrieben. Wenn das Wetter zn
schlecht und die Nahrung gar zu spärlich geworden ist, so
reicht man der Ziege, falls sie dem Städter durchaus Milch lie-
fern soll, etwas Ölkuchen aus Sesamträbern [kisbe] . Schafe so-
wohl als Ziegen können oft in den harten Wintermonaten nur
kümmerlich ihr Leben frLsten, und manches Thier crepirt aus
Mangel an nöthiger Nahrung nnd Pflege. Ochsen und Kiihe
leben den Winter über von feingetretenem Stroh. Da der Fel-
lach selbst ein rauhes und kümmerliches Leben führt, so fällt es
ihm nicht ein, für sein Vieh besondere Sorgfalt an den Tag zu
legen. Wenn ihm manches Stück Vieh aus Mangel an besserer
Pflege zu Grunde geht, so hat es eben Allah so gewollt und —
dagegen ist nichts zu machen ! Er nimmt die Sache mit ziem-
lichem Gleichmuth hin und sucht sich , wenn und wo er kann,
durch List und Betrug den Schaden zu ersetzen. Ein Städter
übergab einmal einem Fellachen in Siloah eine Anzahl Ziegen
»auf die Hälfte«, d. h. für die Pflege sollte ihm die Hälfte der
Ziegen so wie ihres Ertrags gehören, eine Art Theilhabergeschäft
[schirke], wie es auch bei Pferden etc. etc. vorkommt. Nach
einiger Zeit erkundigte er sich , wie es der kleinen lleerde er-
gehe und erhielt die frohe Kunde : 'aschscharen (sie sind träch-
tig •, nach einiger Zeit wiederum: icalladen (sie haben Junge j;
bald darauf aber die Trauerkunde : naschschafen (sie sind ver-
6*
84
trocknet, d. h. die Milch, auf deren Ertrag der Städter nun zählte) ,
und Miederum bald darauf: muten (sie sind crepirt). Oh es sich
mit der Sache wirklich so verhielt oder ob der Fellach ihn über-
listet hatte, konnte der Städter nicht genau herausfinden. Im
Frühjahr und Anfangs Sommer, avo das Vieh gutes grünes Futter
und Stoppeln (von Gerste , Weizen , dura] findet , treibt es der
Hirte [rai — der Hirte, welcher Ochsen, Esel, Pferde auf die
Weide führt, heisst "adchchcil. wohl von ^edschl^ Kalb) Morgens
auf die Weide und kehrt Abends zurück. Ist aber, besonders in
den kälteren und mageren Gebirgsgegenden das Futter ganz aus-
gegangen, so ziehen diejenigen , die einen grösseren Yiehstand
haben , mit ihrem Vieh in wärmere Distrikte , etwa gegen den
Jordan oder gar ins Jordanthal hinab und überwintern dort mit
ihrem Vieh, des Tags im Freien , des Nachts in irgend einer der
natürlichen Höhlen [maghäi'r]^ an denen das Land reich ist.
Von einer Partie, welche auf diese Art mit ihrem Xieh dem Futter
nachgezogen ist, heisst es : 'azzabü (sie sind aufs Land gezogen
d. h. dem Futter nach) und el-ghanam mo^azzeb (das Vieh ist auf
der fernen Weide) .
Da der Zweck dieser »Mittheilungen« nicht sein kann, in
alle Details einzugehen, wodurch unser Aufsatz mindestens zu
einem » liüchlein « anschwellen würde , so mögen diese Bemer-
kungen über »Landwirthschaftliches in Palästina« genügen.
Beiträge zur Palästiiiakimde ans arabischen Quellen.
I und II.
Von Professor Dr. J. Gildemeister in Bonn.
Vorerinnerung. Wenn der ZDPV. 11, p. XXI. UI, p. VII
ins Auge gefasste Plan , in der Zeitschrift geographische und histo-
rische Texte aus arabischen Schriftstellern in wörtlichen Übersetzungen
oder Bearbeitungen mitzutheilen , zuerst mit den zwei folgenden klei-
neren Stücken zur Ausführung gelangt, so ist dazu allerdings nicht
die Bedeutsamkeit des Inhalts der bestimmende Grund gewesen, son-
dern der Umstand, dass sie zu den ältesten gehören, sofern sie noch
vor das Jahr 1000 fallen. Der Verfasser des ersten, al-jakübi, über
den Reinaitd, Aboulf. trad. I. LXI, de Goeje, Descr. Al-magribi
LB. 1860 S. 15 — 21 und dessen Abhandlung: Über die Gesch. der
Abbäsiden von al-Jakubi. Leid. 1S7S zu vergleichen sind, in Ägypten
geboren, vielgereist, und als Kätib in Regierungsgeschäften bewandert,
schrieb im Jahr 278 (Chr. 891/2), vorherrschend vom administrativen
Gesichtspunct aus , einen kurzen geographischen Abriss kitüb al-bul-
dän, der, weil nicht auf Vorgängern fussend, sondern meist nach Re-
gistraturen und Anschaiiung bearbeitet, ein originales Werk darstellt.
In der einzigen erhaltenen Handschrift, auf der Jvynboll's Ausgabe
LB. 1861 beruht, sind die Ortsnamen in der Regel nicht punctirt und
zuweilen fehlerhaft überliefert ; meist sind sie von dem Herausgeber
schon befriedigend hergestellt. Genauere Angaben über die hand-
schriftlichen Lesarten verdankt Schreiber dieses der Güte de Goeje's.
Dem Verfasser liegt daran , die arabischen Stämme , die sich in den
Districten Palästina's niedergelassen , und zwar je nachdem sie zur
kaisidischen oder jemenischen Partei gehörten, einzeln anzugeben.
Hierin liegt das grösste Interesse des Fragments, sofern es einen Bei-
trag liefert zu der Entscheidung der Frage, wie weit man in der heu-
tigen Landbevölkerung noch Nachkommen der Urbewohner sehen
dürfe. Über die Thatsache, dass vor und namentlich seit der Erobe-
rung bis in neuere Zeit arabische Stämme Palästina überzogen, sich
dauernd angesiedelt oder auch von da weiter nach Ägypten begeben
haben, finden sich nicht wenige Nachrichten und in den Namen ent-
haltene Anzeichen , doch so vereinzelt und zusammenhanglos . dass
86
sich daraus kein Ganzes machen lässt ; an einer einheimischen Dar -
Stellung, wie sie Makrizi in seiner von Wüstenfeld, Gott. 1S47
herausgegebenen Abhandlung über die in Ägypten eingewanderten
arab. Stämme geliefert hat, fehlt es. Es wird nicht ungehörig sein,
das, was sich in letzterer auf Palästina bezieht, hier auszuheben. Von
der ägyptischen Gränze bis Akkä wohnte der jemenisclie Stamm der
talaba, und zwar ihre Zweige darmä und ziiraik, welche den Franken,
als diese das Land erobert hatten , Unterstützung liehen , ferner die
ihnen verwandten dscharm von tajji' , und die dschann von kudä a,
welche letztere von ghazza und ad-därüm bis nach Hebron ihre "Wohn-
sitze hatten. Nach Saladin's Siege kamen die talaba und ein Theil
der dscharm xoxi. tajjV nach Ägypten. S. 6 — 8 (45 ff.). Die Familie
nüdir und andere von den zu den dsc/iar7n gehörenden baim ghaur
wohnten bei ad-därüm und vermittelten den Verkehr zwischen den
Königen (offenbar den fränkischen und muslimischen, gerade wie Sa-
ladin sich eines sprachkundigen Unterthanen aus az-zabadäni als Corre-
spondenten bediente Jäküt IV, 913]; in ihrer Nähe wohnten die banü
fuhaid, die sich mit ihnen vermischten. S. 8. (48). Ein anderer
Zweig der Täiden, die sinbis, die in Palästina und ad-därüm wohnten,
wurden 422 (Chr. 1050/1) nach Ägypten verpflanzt. S. 9. (49). In
kafyä Sassen die achdrisa und die banü bajäda, die zu ta laba gehörten,
und in der badrijja, dem Weg zwischen Syrien und Ägjpten ^^über
den Berg badr im dschiJTir s. Muschtarik S. 39), die dazu gehörigen
banü sadr, von denen das Fort sadr (Jäküt III, 375) den Namen hat.
S. 37 (79). Zwischen Kähira und Aila wohnten die aid (vgl. Burk-
hardt, Syr. 894) S. 14 (79).
Das zweite Stück findet sich in der bekannten Anthologie al- ikd
des spanischen Arabers Ihn Abd Rabbih, der 328 (939/4 0) gestorben
ist, Bd. III, S. 3G6 ff. der Kahiriner Ausgabe von 1293. Es bietet
statistische Daten, wie sie bei andern wiederkehren, z. B. bei Mu-
dschir ed-din el- ulaiml p. 24S (55 Sauvaire) , 251 (60), 375 121),
385 (138), in dem Buche itfihä/ed. Lemming p. 15 (58. RtYNOi.Ds'
Übersetzung kann ich nicht citiren; vgl.ToBLER, Topogr. I, 463. 501.
579. 583, mit denen sie als älteste und etwas abweichende Angabe
verglichen werden können. Ibn Asäkir bei Ulaimi S. 248 citirt einen
Theil davoü, indem er als seine Quelle al-kurtubl nennt.
1. Ja'kübi.
(S. 113). (Zum Militairbezirk von Damaskus gehören:) haurän
mit der Hauptstadt buKru , dessen Bewohner Kaisiden von den banü
murra sind , mit Ausnahme von rft-sinvaidd , das Leute von kalb [also
Jemeniden] bewohnen — el-batanijjü, mit der Hauptstadt adri ät, von
87
Jemeniden und Kaisiden besetzt — der District el- halkü ') mit der
Hauptstadt amman und das ghaur mit der Hauptstadt rthä (114),
welche beide Städte das Land der ball^ä bilden; die Bewohner sind
Kaisiden und darunter auch eine Anzahl kuraisch — el-dschibül mit der
Hauptstadt arandal, bewohnt von Ghassäniden , hanu-lkain und an- 5
deren, und mit ma'äb und zughar, deren Bewohner gemischt sind; dort
ist auch das Dorf müta , in welchem Dscha'far ihn abi Tälib, Zaid ihn
Häritah und 'Abdallah ihn Ravähah getödtet wurden — esch-scharah
mit der Hauptstadt adruh, bewohnt von dienten der Häschimiden : da-
rin liegt el-humaima, der Wohnsitz des Ali ihn Abdallah ihn Alabbäs 10
ihn Almuttalib 2) und seines Sohnes — el-dschmdün mit der Haupt-
stadt bänijäs, wo Kaisiden und zwar meist banü murra wohnen, aber
auch einige Jemeniden — das Gebirg sanlr^] , mit banü dabba [Kais],
aber auch Leuten von kalb — balabakk , von Persern und an den
Gränzen auch von Jemeniden besetzt — das Gebirge el-dschatil mit Be- 1 5
wohnern vom Stamm 'cimila [Jem.] — der Libanon von saidü, wo
Kuraischiden und Jemeniden wohnen. Zu den Districten des Militair-
bezirks von Damascus an der Küste gehören der von irka, der eine
alte von nicht ansässigen •*) Persern bewohnte Hauptstadt hat , und
in dem Leute von den rab'i a (Kais) und zwar von den banü hanlfa wohnen 20
— Stadt Tripolis , deren Einwohner von Muäwija hierher versetzte
Perser sind, mit wunderbarem Hafen, der tausend Fahrzeuge fasst, —
dschubail — aaidU — bairTU\ die Einwohner aller dieser Districte sind
(115) von Muäwija verpflanzte Perser. Den ganzen District von Damask
eroberte Abu Ubaida unter dem Chalifat Umars im Jahr 1 4 . Die Grund- 25
Steuer von Damask ohne die Domainen beträgt 300 000 Dirham.
Der Militairbezirk des Jordan :el-urdunn) . Von Damask dahin
sind vier Tagesstationen, dschäsim und chisjln, die zum damascenischen
Gebiet gehören, /«A- an dem bekannten Passe und taharijja. Diese,
die Hauptstadt, liegt am Fuss eines Berges an einem grossen See, aus 30
1) Über die richtige Lesart vgl. DE Goe.te Bibl. geogr. arab. p. 294.
2) Des bekannten Stammvaters der Abbäsiden. Weil II, IS.
3) sanir bezeichnet der Aufzählung nach hier noch den Damask zunächst
gelegenen Theil des Antüibanus und id-dschuld das Gebirge vonObergalilaea,
bei Abulfeda dachuhal 'ämila genannt , während später beide Namen bei den
arabischen Geographen weiter nordwärts rücken.
4) näküat"". Der Herausgeber hat daraus ein täkilijja gemacht nach der
MaräsidIV, 521 versuchten willkürlichen Punctation eines bei Qu.xtkemkre
Maml. II, 1, 1T4, 6 ohne Puncte überlieferten, jedoch nach Tyrus gehörigen
Namens, der wohl mit dem in einer t}Tischen ürtsliste bei Prutz Aus Phö-
nicien S. 408 mitgetheilten »bakliye« identisch ist.
S8
dem der Jordan fliesst ; in ihr entspringen heisse Wasser , die im
Winter und Sommer ununterbrochen sprudeln und zu den Bädern ge-
leitet werden , ohne dass man für diese Feuerung gebraucht. Unter
ihren Einwohnern sind vorherrschend die Asch 'ariden [Jemen.]. Zu
5 diesem Bezirk gehören die Districte : der von sür, der Hauptstadt des
Küstenlandes, in der das Arsenal ist und von wo die Regierungsschiffe
zum Kreuzen gegen die Byzantiner ausfahren ; die Stadt ist fest und
gross und ihre Einwohner sind gemischt — akkä, das zum Küsten-
land gehört — kadas , einer der grossesten Districte — ^) —
Wßhl [nach amdern fahl] — dscharasch — es-sawäd, die Bewohner dieser
Districte sind aus Arabern und Persern gemischt. Die Districte des
urdunn wurden, mit Ausnahme von Tiberias, das capitulirte, von Abu
Ubaida erobert, andere eroberten Chälid und Amr (116) ihn Al'äs
als Unterfeldherrn Abu Ubaida' s im Jahr 14. Die Grundsteuer dieses
ISMilitairbezirks ohne die Domainen beläuft sich auf 100 000 Dinare.
Der Militairb ezirk Palästina. Von dem vorigen zu
diesem sind drei Stationen. Die alte Hauptstadt hiess ludd. Als Su-
laimän ihn Abdalmalik Chalif war , baute er die Stadt er-ramla, liess
ludd wüst werden und verpflanzte die Einwohner nach er-ramla, dem
20 Hauptorte von Palästina. Es hat einen kleinen Fluss, aus dem die
Einwohner trinken , während der Fluss abü ftärtts 1 2 Meilen davon
entfernt ist ; sie trinken auch Brunnenwasser und aus Cisternen, in
die der Regen läuft. Das Volk der Stadt ist gemischt aus Arabern und
Persern; die Schutzverwandten darin sind Samaritaner. Districte von
25 Palästina : der von ilijä oder hait el-mukaddas, wo die Heiligthümer
der Propheten sind — der von ludd, und sein Hauptort besteht noch,
nur dass dieser wüst ist — amawäs — nübulus, alte Stadt, in der die
beiden heiligen Berge sind ; unter der Stadt ist eine in Fels gehauene
Stadt ^ I ; bewohnt wird sie von einem Gemisch von Arabern, Persern
30 und Samaritanern — sabastija, das zu tiäbtdus geschlagen ist — kat'sü-
rijja am Meer, eine der festesten Städte Palästina's und die letzte, die
erobert wurde, und zwar von Muäwija unter dem Chalifat Umars —
jxibnu, eine alte Stadt auf einer Höhe [statt kal a muss sicher tala ge-
lesen werden]; sie ist es, von der nach der Überlieferung Usäma ihn
3.") Zaid gesagt hat : »der Prophet als er mir den Oberbefehl übergab,
5) Der Name, wie es scheint, verdorben; schwerlich tibnln , das der
Herausgeber lesen will und das zur Lage nicht passt. Man sollte baisän er-
warten.
ü) Erklärt sich wohl aus GuÜRlN Samarie 1, 399 ff.
89
sprach: überfalle jubnä (117) am frühen Morgen, dann stecke in
Brand ') ; die Einwohner dieser Stadt sind Leute von den Samarita-
nern ^) — jäfä am Ufer des Meeres, wohin die Bewohner von Ramla
verkehren'*') — der District von hait dschibr'in , einer alten, von Dschu-
dämiden bewohnten Stadt ; in ihm liegt das todte Meer, von dem 5
Asphalt oder Mümia kommt — die Stadt askalän am Strande — die
Stadt ghazza am Strande , wo das dritte Klima beginnt und das Grab
Häschims ihn Abd Manäf ist. Die Einwohner des Militairbezirks Pa-
lästina bestehen aus den Arabern von lachm, dschudäm, ümila, Hnda.
kais und Jcinüna. Das Land Palästina wurde im Jahr 16 nach längerem ^^
Widerstand erst, als Umar selbst ausgezogen war, erobert. Die Ein-
wohner der Districte llijä d. i. bait el-mukaddas wollten nur dem Cha-
lifen capituliren ; so reiste er zu ihnen und ertheilte die Capitulation :
es ^vurden die meisten Districte des Landes ausser kaisärijja erobert,
vor welchem Abu Ubaidah den Muäwija zurück liess, der es im Jahr 1^
18 einnahm. Die Summe der Grundsteuer dieses Militairbezirkes mit
Einschluss des Domainenertrags beläuft sich auf 300 000 Dinare. Wer
von Syrien an Palästina hin nach Mekka will, kommt über rauhe,
schroffe Berge , bis er nach aila und dann nach madjan gelangt, dann
führt ihn der Weg mit den von Ägypten und dem ferneren Westen 20
kommenden Pilgern weiter ^^] .
II. Ibn Abd rabbih.
(S. 366). Beschreibung der Moschee vo n Jerusalem.
Ihre Länge beträgt 784, ihre Breite 455 (367) Ellen nach der /mäw?-
EUe^i). Es werden in ihr 1500 Lampen angezündet. Die Zahl der
7) Der Text nach Bakri p. 62 verbessert; denselben Sinn giebt DE GoE-
je's Punctation "ghdu. Dass das palästinensische jubnä zu verstehen sei;
scheint DE GoEJE Mem. d'hist. orient. III 1 1 gerechtfertigt zu finden : aber
nach dem Zusammenhang bei Tabari I 5U. S2 Koseg. ist dies nicht möglich.
8; Hier und in Ramla sonst nicht erwähnt.
9) So wohl hier zu verstehen.
10) Dass die syrische Karawane damals mit der ägyptischen den Weg am
Gestade des rothen Meeres einschlug, sagt Ja'kübi auch S. 129. — Im Text
folgen die Stationen des Weges von Syrien nach Ägypten , die als von
Sphengeh , Post- und Reiserouten S. 95, schon übersetzt hier wegbleiben
können, mit Ausnahme der Notiz, dass die Bewohner von el- arisch Dschudä-
miden waren, was auch Jakut III 660 angiebt.
11) Nach dem Statement des Pal. Explor. Fund 1S74, S. 261 entdeckte
Ganneai' an der nördlichen Innenmauer des Haräm eine in nicht sehr sorg-
fältigem Nas'chi eingegrabene Inschrift, in der zu lesen war, dass die Länge
90
Holzstücke [Balken, Span-en ^■■^) ] darin. ist 0900, der Thore 50, der
Säulen 684. Innerhalb der sachra befinden sieh 30, ausserhalb 18
Säulen; sie ist mit 3392 Bleiplatten belegt und darüber sind 10210
vergoldete Kupferplatten. In der sachra brennen 464 Lampen an
5 kupfernen Haken und kupfernen Ketten ^3j_
In der Moschee selbst sind drei maksüren für die Weiber '*) , jede
80 Ellen lang und 50 breit, 600 Ketten zum Aufhängen der Lampen,
der Moschee 700, und 4 Ellen und die Breite 455 Ellen nach der
-Elle betrage. Die beiden hier mit Puncten bezeichneten Worte waren zer-
stört, doch so viel zu sehen, dass das erstere nur 30 oder SD gelautet haben
konnte. Dieselbe Inschrift sah an dei-selben Stelle der Verfasser des muür
al-(jhumm, der 752 Chr. I351j schrieb, und las das erstere Wort 80, während
auch damals das zweite unleserlich war. Noch früher im Jahr 438 fHJ46j hatte
der Perser itäsir ihn chusruii fJourn. of the R. As. Soc. 2 Ser. VI. 1873, p. 145)
die In.schrift an der Nordseite bemerkt und giebt als Länge 704 Ellen an ;
also, wenn es nicht Handschriftfehler ist, scheint das Wort schon damals un-
leserlich gewesen zu sein: das Maass nennt er die »»«/«'Ä - Elle , was aber
nach G.'^NNEAU'.s Zeugniss mit den erhaltenen Zügen unvereinbar ist. In diese
Zweifel bringt nun unsere Stelle, die nothwendig auf der Inschrift fusst,
Licht. Sie bestätigt die Zahl 784 und nennt die imäm-^We. Was die Zah-
len betrifft, so urtheilt CoxDER (Stat. 1880, p. 98), dass sie mit der ermittelten
Länge des Haräm von 1601 engl. Fugs, die Elle = 2 engl. Fuss 3 Zoll, ziem-
lich stimme (aber die Division ergiebt nur 2'/io engl. Fuss;, und eben so mit
der Breite der Nordseite von 1042 Fuss engl, (aber dies ergiebt 2y24), und
schliesst daraus, dass die Area des Haram zu allen muhammedanischen Zeiten
dieselbe gewesen sei, während er 1874 a. a. O., nicht ohne die Verschieden-
heit der arabischen Ellen in Erwägung zu ziehen, den umgekehrten Schluss
machte: in der muhammedanischen Zeit habe die Ausdehnung des Haräm
variirt. In jedem Falle haben wir hier ein chronologisch und sachlich voll-
kommen feststehendes Zeugniss aus vorfränkischer Zeit, dass Angaben, wie
die Wilhelm' s von Tyrus 8, 3 von der quadratischen Gestalt der Area (mit
denen Toblek. Top. I, 466 sich viele Mühegiebt), keine Beachtung verdienen ;
sie sind Nachhall aus Josephus. Gewiss ist die später nicht mehr geläufige
?»Kim-Elle (vermuthlich ist sie auch bei 'ülaimi S. 108 des Textes, S. 29 der
Übsg. mit dem unpassenden und sonst unerhörten Namen a7»(7n-Elle ge-
meint, der freilich eine grössere Länge, als obige, zugeschrieben wird; , die,
welche in der Inschrift stand. Ausser dieser Inschrift habe ich sie nur an
einer einzigen, augenblicklich gerade nicht aufzufindenden Stelle erwähnt ge-
lesen, in der der imäm vermuthungsweise auf Ali bezogen war.
12 Nicht Holztäfelchen, wie Tobler I, 582 aus der entsprechenden Stelle
bei dem sog. Kemaleddin, wahrscheinlich nach Kevnolds, giebt.
13) Ausgelassen ist hier die Fabel von der Höhe der Sachra, die vielfach
und z. B. bei ülaimi S. 1U8 ,29 Sauv., und 153 (35: zu lesen ist.
14) Jetzt bekanntlich nur eine, wodurch sich die Al^sä vor den meisten
andern Moscheen auszeichnet; vgl. Sauvaire 99. ToBLER I, 574. SociN-Bae-
deker'^ I. 57. Da ausführlichere Erläuterungen nicht dieses Ortes sind, ge-
nügen zur Vergleichung die Verweisungen auf diese drei Bücher.
91
jede 18 Ellen lang, 70 Gitterwerke '^) und 7 konische Gestelle für die
Lampen. Vollständige Korane hat sie 70 , und 6 grosse, bei denen
jedes Blatt von einer ganzen Pergamenthaut gebildet wird, auf Pulten,
in die sie gelegt werden.
Sie hat 10 Mihräbe , 15 Kuppeln, 24 Brunnen und 4 Minarete 5
für die zum Gebet Rufenden. Sämmtliche Dächer der Moschee, der
Kuppeln und der Minarete sind mit vergoldeten Platten bekleidet. An
Dienern mit Familien hat sie 230 Mamluken ^6), welche den Unter-
halt aus dem Staatsschatz erhalten. Die monatliche Lieferuug von Öl
an die Moschee beträgt 700 ki'st sextarien) ibrähimischen Masses, da- 10
von jedes anderthalb rotl des gi'ossen Gewichtes ausmacht, die jährliche
von Matten 8000, die jährliche von Material ^^j zu Lampendochten 12
Dinare, von Lampenglas 33 Dinare, und für die auf den Dächern be-
schäftigten Arbeiter jährlich 15 Dinare.
Heiligthümer der Propheten. In Jerusalem ist der Ort, 15
wo des Propheten Reitthier , der btiräk, angebunden wurde, unter der
Ecke der Moschee. In der Moschee ist das Thor Davids ^^), das Thor
Salomo's, das Thor hiffa , welches Wort Gott im Koran gebraucht
(2,55) : »und sprecht : hitfa!«. d. h. es ist kein Gott als Gott [vielmehr :
»Ablassl«], worauf sie spottend sagten ))^m(a (Waizen)« und er sie um 20
ihres Unglaubens willen A-erfluchte ^9) , und das Thor Muham-
mad's^O) und das Thor der Reue, in welchem Gott dem David ver-
gab, und das Thor der Barmherzigkeit, welches Gott in seinem
Buche erwähnt hat (57, 13): »es hat ein Thor, in dessen Innenseite
die Barmherzigkeit ist und vor dessen Aussenseite die Strafe« d.h. das 25
östlich von Jerusalem gelegene Thal (hchahannttm^^) , und das Thor der
Stämme -2) , nämlich der israelitischen, und das sind sechs Thore, und
15) »Siebe«; was der technische Ausdruck genauer bezeichnet, ist mir
nicht bekannt.
16) Nach dieser genaueren Bezeichnung ist also chädim hier nicht, wie
SAtv.\lRE S. 5H that, durch »schwarze Sclaven« zu übersetzen.
17) siräfa ist sonst nicht bekannt und Hess sich deshalb nicht genauer
\\-iedergeben ; zu vgl. ist suruf, das die arab. Lexicographen in ihrer "Weise
durch «etwas Wei-sses wie Cocongespinnst« erklären , wonach die Lesart sieher
scheint. Die Münchener Handschrift 594 hat nach freundlicher Mittheilung
Hrn. Au.mer's siräkah, was noch weniger Deutung erlaubt.
18; Später Kettenthor genannt. Sauv. 134.
19) Ausführlicheres bei Sauv. 13U, einiges bei Tobl. I. 502. Soc. 64.
20 Auch Thor des Propheten, jetzt das der Maghribin. Sauv. 135. Tobl.
I, 503. Soc. 67.
21) Über beide Sauv. 127. Soc. 02.
22) Sauv. 128. Tobl. 1, 500. Soc. 63.
92
das Thor Walid's und das Thor des Häschimiden und das Thor
Chidr's231 und das Thor der sak'ma (der göttlichen Gegenwart)-*).
Es ist darin der mihrüb Betcapelle) der Maria -^5), in dem die
Engel mit Früchten des Winters im Sommer und Früchten des Sommers
5 im Winter zu ihr kamen, der mihräh des Zacharias, in dem die Engel
ihm, während er darin betend stand , die Geburt des Johannes ver-
kündeten 26] j der niihräb Jakobs , der Thron Salomos 2'?) , auf dem er
Gott anrief, das Minaret Abrahams, in das er sich zum Gottesdienst
zurückzog, die Kuppel (369), von der aus der Prophet zum Himmel
10 emporstieg28) , die Kuppel, in der er mit den Propheten betete 29j. die
Kuppel, in der zur Zeit der Israeliten die Kette zum Rechtsprechen
herabhing 30^ der Gebetsplatz Gabriels und der Gebetsplatz Chidrs-'').
Wenn du in die sachra eintrittst, so bete in ihren drei Ecken
und bete auf dem Fussboden , der mit dem Felsen gleich hoch ist :
15 denn sie ist auf einem Thore des Paradieses.
Der Geburtsort Jesu ist drei Meilen von der Moschee, die Mo-
schee Abrahams und sein Grab 18 Meilen von der Stadt, und der mih-
räh dieser Moschee liegt an ihrer Westseite ^^j .
23) Diese drei später nicht mehr genannt.
24) Nicht gut übersetzt Sauv. 134 »Porte de TArche.« Die Benennung geht
zurück auf die jüdische Vorstellung, dass die Schekina von der Westmauer
des Harära nie gewichen sei. Hottixger , Cippi hebr. Heid. 1662 p. 41.
Tobler's Vermuthung I, 501 Nr, 2, dass es mit dem Kettenthor ein inneres
und äusseres Doppelthor gebildet, ist mit den bestimmten Aussagen nicht
vereinbar.
25) Nach Sauv. 103 zusammenfallend mit der »Wiege Je.su.« Tobl. 592.
See. 60.
26) Am Ostthor der Aksä, Sauv. 98. Tobl. 1, 591. Soc. 63.
27) Wohl die Kuppel Sauv. 114. Tobl. I, 598. Soc. 63,
28) Sauv. 112. Tob. 1, 595. Soc. 54.
29) Sauv. 112. Tobl. 1, 596; später verschwunden.
30, Sauv. 30. 35. Tobl. 1, 594. Soc. 54.
31) Nach Ulaimi 374 (Sauv. 113) unter dem Boden, später aufgegeben ;
darüber wurde der mihräb errichtet, der »die Höhle der Geister« hei8St(Soc.54);
verschieden von der heutigen kubbat elchidr Soc. 55.
32) Nämlich der mälikiti.sche (Sauv. 17. 137). der für den Verfasser als
Mälikiten das meiste Interes.se hatte.
Instruction für die Sammlung von Steinmetzzeichen.
Von k. k. Professor Franz Rziha in AVien.
Hierzu Tafel I.i
An den Bauwerken der verschiedensten Knnstepochen be-
finden sich Zeichen eingemeisselt, welche man Steinmetzzeichen
desshalb nennt, weil die Corporationen der Steinmetze diese Zei-
chen als Ehren- und als geheime Erkennungszeichen der Mit-
gliedschaft der Corporation anerkannten. Die Zeichen bestehen
aus geraden und krummen Linien und haben imtereinander eine
gewisse , geometrische Ähnlichkeit. Diese letztere beruht nach
den Studien des Unterzeichneten darauf, dass die Zeichen Theile
einer gemeinsamen Grundfigur, Theile eines sogenannten Schlüs-
sels sind , welche Schlüssel von den Coii)orationen geheim ge-
halten wurden. Es konnte also Niemand durch ein unechtes
Zeichen eine Legitimation der Zugehörigkeit zur Corporation
beibringen.
Der Charakter der Steinmetzzeichen hat sich im Laufe der
Zeit sehr geändert und zwar sowohl bezüglich der Grösse der
Zeichen, als bezüglich der Construction derselben.
Die Römischen Baucorporationen wendeten Zeichen an,
welche . wie diess Figur 1 zeigt , sehr einfach und oft sehr gross
Fig. 1.
E Y
waren, nämlich 25 bis 30 cm. Die Corporationen zur Zeit der
romanischen Kunst wendeten meistens Grössen von 10 —
1 5 cm an und bringen neben einfachen . linearen Zeichen schon
Formen, welche etAvas complicirter erscheinen, z. B. Figur 2.
Die Cori)orationen aus der Zeit der Gothik wenden in der
Übergangszeit der romanischen Kunst zur gothischen Zei-
chengrössen von meist 8 — 10 cm an und gelangen zu Formen,
welche durch Einfügung von krummen Linien und Kreisen mit-
94
unter recht complicirt erscheinen (Figur 3).
der Gothik wendet Zeichengrössen von 5-
Fig. 2.
Die mittlere Zeit
-6 cm an und bietet
CO >-K^^ o^
Fig. 3.
AA
bereits Formen verschiedenartigster Gestaltung und A'erschlin-
gung. wie solches durch Figur 4 verdeutlicht wird. Die Spät-
gothik wendet dieselben complicirten Formen der Figur 4, aber
Fig. 4.
><=x
in sehr kleinen Dimensionen, oft von nur 2 bis 3 cm, an. Die
Zeit der Renaissance bringt die complicirtesten Formen,
Fig. 5.
"O
y^
Figur 5, und dieselben in Grössen von 7 — 10 cm. Man kanji
also bei einer durch vergleichendes Studium erzielten Ül)ung
aus Grösse und (^Jiarcikter der Zeichen wichtige Schlüsse auf d i e
H a u z e i t ziehen .
Das Studium der Steinmetzzeichen hat aber nicht nur in
95
dieser Beziehung grosses Interesse, sondern auch insofern
als die Zeichen als Corporationszeichen angesehen werden müs-
sen, Avelche auf dem Construktionsprinzipe eines Schlüssels be-
ruhen. Findet sich nun der Nachweis, dass die Zeichen z. 1^. aus
der romanischen Zeit ebenso wie die ans der römischen und
griechischen Zeit ans Schlüsseln construirt wurden , welche auf
denselben geometrischen Prinzipien beruhen, so kann man das
hohe Alter der Baucorporationen , welches bis jetzt nur
traditionell behauptet wird, dokumentarisch feststellen.
In letzterer Beziehung ist es nun knnstgeschichtlichvon un-
gemeiner Wichtigkeit, im Oriente eingehend nachzuforschen, ob
sich Steinmetzzeichen auf Werken griechischer , römischer , by-
zantinischer, persischer, ägyptischer, jüdischer etc. Zeitperiode,
eventuell auf den ältesten Kunstwerken voi-finden. Soll die
Sammlung solcher Zeichen Werth haben , so muss folgendes be-
achtet Averden :
1) Genaue Copie in Naturgrösse, am besten durch Bürsten-
abzug, oder wenigstens durch sorgfältige Zeichnung.
2) Besonderes Augenmerk auf Dimension und auf Winkel
der sich kreuzenden oder schneidenden Linien.
3) Angabe der Lage des Zeichens auf dem Steine.
4) Art der Einmeisselung des Zeichens in den Stein, z. B.
Figur 6.
Fig. 6.
5) Angabe der Orte, wo sich die mit. Zeichen versehenen
Steine am Bauwerke befinden.
6) Angabe , ob ein und dasselbe Zeichen sich wiederholt ;
wenn ja, wie oft?
In Bezug auf das Auffinden der Zeichen unterliegt dasselbe der
Schwierigkeit des Erkennens , sobald der Stein schon stark ver-
wittert ist. Erfahrungsgemäss findet man die Zeichen am besten,
wenn man
1 ) sich in einiger Entfernung von dem l?auwerke aufstellt und
mit einem guten Fernglase Stein um Stein absucht, und
2) auf besonders wichtige Construktionstheile achtet, an
denen die Zeichen gerne angebracht wurden, z. B. an Schluss-
steinen, Kapitalen. Sockeln, Simsen etc.
Instruction für das Studium der Bergfriede.
Von k. k. Professor Franz ßziha in Wien.
(Hierzu Tafel II.)
Die Bergfriede sind Thünne mit hochgelegenem Eingange,
■welche im Vertheidigungskriege als letzte Zufluchtsstätte gedient
haben. Sie stehen immer isolirt und zwar entweder als Einzel-
objekt (Wartthürme) entlang den alten Heerstrassen, oder als das
dominirendste Objekt innerhalb der Anlage einer Burg.
Vor der Zeit der Pulvergeschosse wurden die Bergfriede
meistens in viereckigem, nahezu quadratischem Grundrisse er-
baut; seit der Zeit der Einführung des Pulvers erscheinen sie in
den Burgen in runder Grvmdrissform.
In Mittel-Europa und hier besonders am Rheine, in Bayern,
AVürttemberg, der Schweiz und in Osterreich sind die viereckigen
Bergfriede ausserordentlich zahlreich vertreten, und fällt ihre Er-
bauungszeit in die Zeit der Kreuzzüge. Auf Gnind dieses letz-
teren Umstandes und des weiteren, dass einzelne wenige Thürme
in Deutschland luid Österreich ausgesprochene , edle römische
Technik an sich tragen , sowie , dass sich auf den Heerwegen in
Mittel-Italien solche viereckige ]5ergfricdc als offenbare ehema-
lige Wartthürme vorfinden, lässt sich die gegründete Vennuthung
aussprechen , dass die Sitte , solche Thürme zu bauen , eine sehr
alte sei , und dass sie vorzugsweise durch die Kreuzfahrer nach
Mittel-Europa gebracht wurde.
Es ist deshalb von nicht geringem wissenschaftlichen Inter-
esse, dass bei einer Bereisung des Orients nachgeforscht werde,
ob sich derlei Thürme dort schon aus der vorchristlichen, even-
tuell speziell aus der römischen Zeit vorfinden.
Wie schon bemerkt, finden sich in Mittel-Europa diese
Thürme sehr zahlreich, und es mögen wohl gegen lOU Exem-
97
plare sein, welche man kennt. Nahezu alle diese Thürme trafen
die Technik der romanischen Baukunst an sich , und soweit bis
jetzt ermittelt, weisen nur 3 bis 4 Exemplare echte römische Tech-
nik auf.
Es erscheint deshalb wichtig für das Studium dieser Berg-
friede, dass in Kürze einerseits die Merkmale angegeben werden,
Avelche die diessfälligen römischen BauAverke mit den romanischen
gemeinsam haben, andrerseits diejenigen, durch welche sie sich
von einander unterscheiden lassen, und ist in dieser Richtung
folgendes anzuführen.
1) Es ist auffällig, dass alle Bergfriede, römische wie roma-
nische , nahezu die gleichen Maasse des quadratischen Grund-
risses aufweisen, nämlich zwischen 9 und 1 0 Meter Quadratseite ;
es würden daher diese Grundriss-Maasse aufzunehmen sein.
2) Die Mauerstärke ist, wie in der Regel bei jedem Bau-
werke , unten am grössten und beträgt hier nahezu den dritten
Theil der Quadratseite ; in vielen Fällen ist für die Stärkenbe-
stimmung das graphische Verfahren Fig. 1 eingeschlagen. Diese
bedeutende Stärke des Mauerwerks dürfte aus drei Gründen ge-
wählt worden sein :
a. wegen des Widerstandes gegen eine Unterminirung,
b. wegen des Widerstandes gegen angemachtes Feuer, durch
welches die Mauer abgesprengt werden sollte, und
c. wegen des W^iderstandes gegen die Stossböcke.
3) Alle Bergfriede vor der Zeit der Pulvergeschosse weisen
Etagen [Fig. 2) auf, deren Wandstärken sich meistens nach oben
verringern, und welche zum Anbringen hölzerner Fussböden ge-
dient haben; eingewölbte Etagen kommen erst in der Zeit der
Pulver-Geschosse vor.
4y Die römischen Thürme unterscheiden sich von den roma-
nischen durch eine ausgezeichnete Wahl des Baumaterials;
die grosse , fachliche Erfahrung gestattete nämlich den Römern
ein Material auszusuchen, welches die nöthige Festigkeit sowohl
gegen Stoss , wie gegen Feuer und , was ganz besonders zu be-
merken, gegen Verwitterung bot; die Römer liebten deshalb vor-
nehmlich Steine vulkanischen Ursprunges . z. B. Basalt, Lava,
lind mag hier bemerkt w^erden , dass der Borgfried zu Egcr in
Böhmen das einzige bekannte Bauwerk rechts vom Rlunnc ist,
welches aus Lava errichtet wurde.
Ztschr. d. Piil.-Ver. IV. 7
98
5) Die römischen Tliürme tragen in den wenigen mitteleuro-
päischen Exemplaren keine Steinmetzzeichen an sich , während
die romanischen fast durchweg Steinmetzzeichen aufweisen. Der
Charakter derselben ist durch Fig. 3 dargestellt und entspricht
vollständig den Steinmetzzeichen der romanischen Periode. Diese
Zeichen sind 3 bis 9 Zoll gross , und es würde sehr darauf zu
achten sein, ob bei den Bergfrieden im Oriente Stein-
metzzeichen vorkommen oder nicht.
G) Die Avenigen römischen Thürme vmterscheiden sich von
den romanischen in Bezug auf die Handwerkstechnik durch fol-
gende Merkmale :
a. durch einen ausgezeichneten Schnitt der
S tos s- und Lagerfugen. Es sind nämlich die Stein-Schich-
ten um den ganzen Thurm herum genau horizontal abgeglichen,
inul wenn die Steine für diese Abgleichung in entsprechender
Höhe nicht vorhanden Avaren, so ist wenigstens bei jeder zweiten
oder dritten Schicht . durch die Einklinkung der Steine in ein-
ander die Abgleichung durchgeführt, Avie dies Fig. 4 des näheren
zeigt. Iliebei ist noch zu bemerken, dass die Einklinkungen
ausserordentlich sf)rgfältig durchgeführt sind.
b. Durch eine vorzügliche Technik des Bogen-
G e Av ö Ib e s. •) Bei den römischen Werken ist dasselbe in seinem
Fugenschnitte ausserordentlich sorgfältig behandelt. Die Bogen-
stärke tritt überall gleich massig und deutlich hervor; die
Fugen dieser BogeuAvölbung sind durch Avegs genau radial bear-
beitet imd schliessen überall auf das genaueste; der Schluss-
stein befindet sich ganz genau in der Mitte; die übrigen
Uogensteine sind ganz symmetrisch angeordnet; endlich sind
die das Bogen-Gewölbe tragenden Steine, die Kämpfersteine k,
k in Fig. 5 ebenfalls constructiv angeordnet, so dass sie breiter
erscheinen als die Bogenstärke, also das Prinzip des Tra-
gens ausdrücken. Alles zusammengefasst. drückt der römische
Baumeister durch die Behandlung des IJogen-GeAvölbes sein volles
\ erständniss für diese ('onstruction aus. Im Gegensatze hie-
zu behandeln die romanischen Meister das Bogen-GcAvölbe nur
formal; hier finden Avir selbst bei den schönsten Bauten der
romanischen Kunst fast niemals einen Schlussstein in der Mitte
1; Uberwölbung des Raumes n in Fig. 2.
09
des Bozens . fast niemals eine symmetrische Vertheilung der
.Steine desselben ; in der Regel keine Sorgfalt in Heziig auf die
gleichmässige Darstellung der liogenstärke; sehr häufig Fugen,
welche weder genau radial sind . noch genau schliessen ; endlich
die Erscheinung , dass die Kämpfersteine k k Fig. 6 oft kleiner
sind als die liogenstärke. Die beiden Fig. 5 und 0 neben einander
verglichen werden das Gesagte näher verdeutlichen.
c. Durch die Behandlung der Stirnseite der
Mauer in der Angrenzung an den Bogen. Die Theile der ge-
wöhnlichen Mauer, welche an den Bogen grenzen, sind bei den
römischen Bauwerken, in Würdigung der l^edeutsamkeit eines
Gewölbes überhaupt, im Fugenschnitte überall symmetrisch und
durchwegs genau passend angeordnet; bei den romanischen Bau-
ten fehlt diese Symmetrie, und man empfindet die ünterschätzung
der Bedeutsamkeit des Gewölbes als Construction.
d. Durch die Behandlung der Fenster. Alle Berg-
friede haben in jeder oberhalb der Eingangsthür gelegenen Etage
ein Fenster und zwar in der Regel jedesmal auf einer anderen Seite
des Thurmes. Diese Fenster sind nur 10 bis 15 cm breit und 1
bis 1^4 m hoch, und ihre constructive Anordnung gleicht, wie
der Grundriss jP/</. 7 zeigt, derjenigen einer gew^öhnlichen, engen
Schiessscharte. Die römischen Fenster sind in ihrer äusseren Er-
scheinung, wie i^iiV/. S zeigt, durch eine schöne, symmetrische An-
ordnung der Steine ausgezeichnet; bei den romanischen fehlt
diese strenge Symmetrie. Die inneren Nischen 0, 0 in Fig. 2
und 7 dieser Fenster sind bei den römischen Thünnen durch eine
Einwölbung mit exactem, keilförmigen Fugenschnitt charakteri-
sirt; die romanische EinAvölbimg solcher Nischen entbehrt dieser
Sorgfalt vollständig und tritt dies umsomehr hervor, weil das
hier befindliche Bruchsteingewölbe durch eingeschobene » Zwi-
cker«, die in der römischen Technik gar nicht vorkommen . in
seiner Qualität beeinträchtigt erscheint.
e. Die meisten Bergfriede sind Bossen- oder
Buckelquader- Bauten, Avie dies Fig. 9 des Näheren zeigt.
Die römischen Bossen verrathen eine ausserordentlich geübte
Hand. Mit wenigen, aber sicheren und kunstgeübten Schlägen
ist hier die ra\ihe Aussen-Form des Steines hervorgerufen ; die
romanischen Bossen sind zu vielim Detail gespitzt und abgemeis-
selt und tragen dadurch das Gejirägo des «Gemachten« , der un-
100
schöllen Zierlichkeit. In der Regel haben die römischen Bossen
keinen Kandschlag ; die romanischen Bossen immer einen solchen .
f. Durch die Schärfe der Fugen. Die römischen
Quader haben in der Regel sehr feine Fugen ; die romanischen
Fugen sind meistens stark und unrein.
g. Durch die Ecken der Thürme. Wenn man bei
den römischen Thürmen die Ecken ablothet oder abvisirt , so er-
scheint überall eine gleich scharfe Ecke und eine durchwegs ge-
rade Linie, sofern die Ecken mit Handschlag versehen sind.
Ist kein Randschlag vorhanden, so sind die Ecken rauh bos-
sirt. indem sie durch quer übereinander greifende «Läufer« und
j) Bindert! gebildet sind und man erkennt, auch wenn man den
Thurm aus der Feme ansieht , die hier sehr schwierige, genaue
Einhaltung der lothrechten Linie. Die romanischen Thürme,
Avelche , weil ihre Bossen überall Randschlag haben , stets eine
scharfe Ecke aufweisen, zeigen fast niemals eine genaue loth-
rechte Linie der Ecken; im Gegentheile sind hier die Ecken un-
gerade, oder convex oder concav ausgebaucht. Die beiden
Thurmansichten in Fig. 10 und 11 werden das Gesagte näher er-
läutern.
Alles zusammengef asst, würde b eim Auffinden
von Bergfrieden im Orienteauf folgendes zu achten
sein:
1 auf die strategische Lage des liergfriedes . also die Liefe-
iiing einer .Skizze der Situation ;
2) auf die historischen Notizen über die Bauzeit;
3) auf die Dimensionen des Grundrisses, der Mauerstärken,
der Etagenhöhen und der Gesammthöhe des Thurmes ;
4) auf die Fonn und Dimensionirung des Einganges und der
Fenster, und auf die Zahl der letzteren ;
5) auf die Orientirung der Seiten des Thurmes nach
der Wcltgegend und auf die Anordnung der Fenster auf die-
sen Seiten ;
6) auf die liossenquadem mit oder ohne Handschlag;
7) auf die Technik des Ciewölbes im Ausseren (im Bogen)
und in den 'Jhür- und Fensternischen und auf die Technik des
Fugenschnittes ;
8) Auf die Architektur der eventuellen Zinnen , Consolon
oder Simse , da dieselbe ein wichtiges Mittel bildet, um zu be-
101
stimmen, ob das Object römischen oder romanischen Urspruns^es
sei; ferner
9 auf die Höhenlage des Einganges und die eventuelle An-
ordnung von Consolen an der .Sohle des Einganges zum Zwecke
der Anlehnung der Leitern oder hölzernen Stiegen ;
10) auf die eventuelle Ausstreichung der Fugen mittelst ("e-
mentmörtel ;
11; auf das Steinmaterial und
12) auf die eventuelle Anordnung eines Brunnens oder Kel-
err aumes im Thurme.
Die unter den Punkten 9 bis 1 2 zur Heobachtung dringend
empfohlenen Details sind zwar derzeit nicht als positive Unter-
scheidungsmerkmale zwischen römischen und romanischen Berg-
frieden zu betrachten; sie können indess unter Umständen An-
haltepunkte für die Entscheidung der Bauzeit des Werkes liefern.
Sollten im Oriente Bergfriede gefunden werden, -welche
muthmasslich oder nachweislich älter sind, als römische oder ro-
manische Werke , so würde auf dieselben ein besonderes Aiigen-
merk zu richten sein.
Die Siloaliiusclirift.
Von Prof. E. Kautzsch in Tübingen.
(Mit einer mehrfach revidirten Copie der Inschrift von Baurath C. Schick
in Jerusalem. Tafel 4).
In der ersten Mittheilung über die von Herrn Baurath »Schick
im Juni 18S0 entdeckte Siloahinschrift (ZDFV. 1880, p. 54fg.)
sprach Prof. Socin die Hoffnung aus , dass Avir unseren Lesern
bald Näheres über die Inschrift würden mittheilen können. Dies
ist bis heute noch nicht geschehen. Wer aber daraus schliessen
wollte , dass entweder Herr Schick oder der geschäftsführende
Ausschuss des deutschen Palästina -Vereins daran schuld sei,
wenn uns mittlerweile die Engländer mit einer theilweisen Publi-
cation der Inschrift (s. u.) zuvorgekommen sind, den wird die
nachfolgende Darlegung eines anderen belehren.
Sofort nach dem Empfang der ersten Mittheilung von Herrn
Schick (datirt vom 22. Juni 1880) wurde derselbe ersucht, die
nöthigen Arbeiten zur Bloslegung der Inschrift im Canal vor-
nehmen zu lassen, und ihm zu diesem Behuf ein Credit von 300
Mark angewiesen. Die heisse Jahreszeit und verschiedene andere
Umstände machten es jedoch unmöglich, vor dem 9. November
1S80 mit der Reinigung des Canals zu beginnen. Dabei muss
indess Herrn Schick ausdrücklich bezeugt werden, dass er nichts
unterlassen hat, um dem deutschen Verein die Priorität in dieser
Angelegenheit zu wahren. Nach den Mittheilungen des Herrn
W. Bksant im Athenaeum vom 19. März 1881 ist erst am
3. August 1880 eine Mittheilung über die Entdeckung der In-
schrift nach London gelangt , vielleicht erst auf Grund der Notiz
in der ZDl^V., deren erstes Heft auf 1880 im Juli ausgegeben
wurde.
War schon die Wegräumung des CJerölls und Schuttes wegen
der verdorbenen Luft im ('anal mit grossen Schwierigkeiten ver-
103
blinden . so nicht minder die Copie der Inschrift , obschon durch
einen Abzugsgraben der Wasserspiegel tiefer gelegt war. Immer-
hin reichte der untere Theil der Inschrift nahe an denselben heran
und es erforderte nicht geringe Anstrengung , bei ungünstigem
Lampenlicht in dem engen Tunnel den verwitterten Zügen nach-
zugehen. Kein Wunder, dass Herr Schick, wie er uns unter
dem 25. Jamiar ISSl berichtet, in Folge seiner Bemühungen um
die Inschrift zweimal erkrankt ist.
Die genauere Inspection ergab zmiächst, dass der im übrigen
sehr harte Fels, in welchen die Inschrift eingemeiselt ist; ausser-
ordentlich verwittert und von einer grossen Anzahl feiner Eisse
(hirchzogen war. Die Vermuthung, dass sich die Inschrift unter-
halb der sechsten Zeile noch weiter fortsetze , bestätigte sich
nicht; dagegen zeigte sich links eine Fortsetzung, jenseits von
einem 10 — 5 Cm. breiten Riss, durchweichen besonders die drei
ersten Zeilen gelitten haben. Die Anfertigung von Abklatschen
Avurde abgesehen von den Rissen besonders auch durch die
Silicate , welche sich zahlreich an die Tafel angesetzt haben . er-
schwert.
Herr Schick Hess sich durch alle diese Schwierigkeiten nicht
abschrecken , ausser einigen Abklatschen eine mühevolle Zeich-
nung aller erkennbaren Vertiefungen anzufertigen. Dieselbe traf
sammt den Abklatschen am 1 1 . Januar in Tübingen ein und
wurde sogleich von Prof. Socix und dem Schreiber dieses einer
genauen Analyse unterzogen.
Das Resultat war bezüglich der Entzifferung der Inschrift
völlig entmuthigend . Die peinliche Genauigkeit, mit welcher
Herr Schick alle wahrnehmbaren ^'ertiefungen aufgenommen
hatte, bot zwar eine werthvolle Bürgschaft, dass er nicht — wie
dies so häufig geschieht — bestimmte Zeichen erwartet luul da-
lier zu sehen geglaubt hatte ; anderseits aber wimmelte die Tafel
so von UnfoiTTien, dass an eine Entzifferung nicht zu denken war.
Auf »Unformen« aber mussten Avir erkennen angesichts der That-
sache, dass alle zweifellos sicheren Buchstaben mit nur geringen
Moditicationen das reine Mesa-Alphabet darstellten, und nicht
minder in Anbetracht des Umstands , dass einer der Abklatsche
liie und da reine Mesacharaktere zeigte, wo aus der Copie kein
solcher zu entnehmen war. Mit welchen Schwierigkeiten der
Zeichner zu käm])fen hatte, lehrt unter anderem die Beobachtung.
104
dass jene Copie (anders der Abklatsch) kein Mem enthielt, wäh-
rend die revidirte Zeichnung deren mindestens sechs aufweist.
Im Einzelnen ergab die Analyse folgendes Resultat. "S'on
den ca. 210 — 220 Buchstaben, welche die Inschrift ursprünglich
enthalten haben mag, Avaren 45 sicher zu bestimmen. 15 zweifel-
haft, und ZAvar sicher :
fi52n8n3 5] 10
n 3 ^ 3 'i 2 y 5 © 1
T 1 T 1 b 2 s 4 n 3
Unsicher: je ein a, ^, ^. T.n,"!, y, und je zwei D, 0, 5D, p;
gar nicht vertreten 13, 12, 2. (Auf der revidirten Copie sind
114 Buchstaben, also über die Hälfte der Gesammtzahl , zu be-
stimmen) .
Unter diesen Umständen Avar an eine l'ublication der In-
schrift nicht zu denken. Als einzige Wortlegendc bot sich rQI
an der Spitze der Inschrift, und auch diese hat sich nachmals als
irrige erAviesen, indem statt "i vielmehr p zu lesen ist. Auch die
Herren Prof. Gildemeister und Euting, denen wir das Material
übersandten, konnten in der Hauptsache nur bestätigen, dass die
Aussichten für die Entzifferung trostlose seien.
HeiT Schick hatte sämmtliche Zeichen in der ('opie nume-
rirt und sich erboten , specielle Nachforschmigen anzustellen,
wenn wir in Betreff einzelner Nummern Bedenken äussern wür-
den. Da sich unsere Bedenken jedoch auf ca. zwei Drittel der
Copie erstreckten , so hielten wir diesen modus procedendi für
aussichtslos und erhofften destomehr von erneuten Abklatsch-
versuchen. Die Erfahrung hat später gelehrt , dass wir uns bei
der thatsächlichen Beschaffenheit der Inschrift in unserer Hoff-
nung getäuscht hatten , und dass Herr Schick völlig in seinem
Rechte war , wenn er eher von einer Revision der C'opie ein Re-
sultat erhoffte. Um so mehr müssen Avir es ihm danken . Avenn
er trotz alledem auf unser Andringen sich herbeiliess, am 20.
Januar 18S1 abermals einige Abklatsche zu nehmen. Dabei
Avuvdc zugleich, Avie Herr Schick unter dem 27. Januar schreibt,
der Rath des Herni Missionar Zellkk befolgt, über die Buch-
staben, die man ja doch sehe. Avenn sie sich auch nicht abklat-
schen, zuvor mit lUeistift liinzufahren und sie dann zu copiren
und abzuklatschen. Xicht minder erfüllte Herr S(;iiicK den von
uns geäusserten Wunsch , dass das Abklatschpapicr zum Behuf
105
genaueren Anschlusses nur stückweise auf die einzelnen Theile
der Inschrift aufgelegt werden möchte. Und als mittlerweile
von Prof. Eu riNG neues und hesseres Papier zu Abklatschen ein-
gesandt worden war . unterzog sich Herr Schick am 1 . Februar
nochmals der Mühe, eine Anzahl Abklatsche zu nehmen, zugleich
aber auch eine nochmalige Copic der Inschrift zu zeichnen. Die-
selbe wurde nachmals von ihm an Ort und Stelle mit der Inschrift
verglichen und revidirt ; so entstand schliesslich das Facsimile.
welches diesem Aufsatz beigegeben ist, eine Frucht von sieben
Abklatschen und drei Abzeichnungen. Die unten folgende Ana-
lyse der Entzifferung des Herrn Sayce wird zeigen . dass Herr
Schick seine schwere Mühe nicht umsonst aufgewendet hat.
Dass für die Entzifferung aus den Abklatschen nichts zu ent-
nehmen war. ergiebt sich aus dem beifolgenden Gutachten des
Herrn Prof. Eutixg, welches wir hier in extenso einrücken.
Derselbe schreibt :
»Von der althebräischen , an der Siloahquelle durch Herrn
»Baurath Schick entdeckten Inschrift sind mir seit Juli 18S0 in
»verschiedenen Zeiträumen 7 Abklatsche und 3 Abzeichnungen
»Schick's zugekommen. Der rissige Zustand des Steines und die
• »verschiedenen Lagen von festen Niederschlägen, die sich auf der
»Oberfläche gebildet haben , verwirren nicht bloss für den epi-
»graphischen Laien, sondern auch für den Fachmann das l^ild.
»welches er zu sehen glaubt oder zu entwirren hofft. Es ist dess-
»halb auch gar nicht zu verwundern , dass, wie Schick schreibt,
»die vielen Copien , die seither von der Inschrift genommen wor-
»den sind, sämmtlich verschieden von einander ausgefallen sind;
»Schick selbst hat seine Copien nicht unwesentlich modificirt;
»die relativ vollkommenste ist die letzte (dieselbe, welche diesem
»Aufsatz beigegeben ist) . Was ich gerne mitgetheilt hätte . das
»wäre eine Wiedergabe dessen , was ich auf den Abklatschen er-
»kenne. Leider — und das soll nicht etwa ein ^'orwurf für S.
»sein , der sich dabei ja keine Mühe hat verdriessen lassen . —
«sind die Schwierigkeiten für die Herstellung eines brauchbaren
»Abklatsches derart gewesen , dass ich bis jetzt auf eine llei)ro-
»duction verzichten muss. Zuerst fehlte es in Jerusalem an ge-
»eignetem Papier; da war nur dickes flockiges englisches zu
»haben. Ein Fliesspapier aber kann für Abklatsche nicht uneng-
rtlisch geniig sein ; das beste ist ungeleimtes Handpapier 'l'apier
106
Ȋ la cuve, von Morel liercioux et Masiire in Paris, 30 Rne Maza-
»rine zu beziehen . Auch farbig darf das Papier nicht im gering-
))sten sein, weil durch eine intensive Farbe die Erkennbarkeit des
»nur auf der Wechselwirkung von Licht und Schatten beruhenden
nliildes beinahe ganz aufgehoben wird. Doppelte Papierlage,
«Falten und Blasen sind durchaus zu vermeiden. — Der Zustand
»der Erhaltung der 2 — 4. Zeile scheint allerdings der Art zu sein,
»dass selbst bei einem vollkommensten Abklatsch sich nicht Alles
»Avird erkennen lassen ; auf den bis jetzt angefertigten Abklatschen
»ist kaum ein Zeichen in jeder Zeile zu sehen während die Ab-
ozeichnung viele allerdings monströse und unmögliche Buch-
»staben aufweist. .Sollte es der unermüdlichen Anfopferung
»Schick's gelingen , mit dem verbesserten Material einen voll-
»kommen gelungenen Abklatsch einzusenden, werde ich mit
»X'ergnügen bereit sein, darnach ein Bild der Inschrift soweit er-
»kennbar für die Zeitschrift zu zeichnen.«
Strassburg, 27. März 1881.
J. Euting.
Wie bereits erwähnt, war nach London erst am 3. August
ISSO eine Kunde von der Auffindung der Lischrift gelangt. Mit
der Beschaffung eines Facsimile war indess der englische Pale-
stine-Explor.-Fund nicht glücklicher als der deutsche Verein —
eine abermalige Bestätigung der grossen Schwierigkeiten, mit
denen das Copiren und Abklatschen zu kämpfen hatte. Nach
den Mittheilungen des Herrn Walter Besant (Athen. 19. März
l&Sl. p. 395) war die erste nach London gelangte Skizze fast
ganz unbrauchbar. Das ('omittee des Pal. -Expl. -Fund ennäch-
tigte umgehend Herrn Dr. C'iiArLiN in Jerusalem, das Nöthige
vorzukehren, um eine bessere (Jopie zu erhalten. Unterdess war
die zuerst eingetroffene Skizze verschiedenen Kennern (unter
andern auch Herrn Clehmont-Ganneau) gezeigt worden ; allge-
mein aber lautete das Urtheil dahin, dass der Charakter der Copie
an eine Lesung nicht denken lasse. Nicht viel besser stand es
Ulli eine zweite Copie, die endlich am 1. Febr. 1881 in London
eintraf, und verschiedenen Gelehrten in einer Nachbildung rait-
getheilt wurde , aber ohne Kesultat. Das Gleiche geschah mit
einer etwas besseren Co])ie, die am 1. März anlangte; aber auch
jetzt vennochte niemand zu einer Lesung von so unvollkommenem
^ratcriül zu gelangen. Unterdess aber war Herr l^rof. Sayce
107
aus Oxford in Jerusalem eingetroffen und hatte an Ort \ind Stelle
eine Entzifferung der Inschrift versucht. Sein l^ericht vom 7.
Fehr. aus Jerusalem mit einer Nachschrift vom 26. Febr. aus
Beirut findet sich im Athen, vom 12. März 1881, p. 364 fg.
Herr 8ayce beginnt mit der Erklärung , dass die Inschrift
unter allen bisher in Palästina gefundenen den ersten Rang ein-
nehme , indem sie bis in die Zeiten der Könige hinaufreiche und
in den ältesten bekannten Charakteren des Phönizischen Alpha-
bets geschrieben sei. Oberhalb der eigentlichen Inschrift befinde
sich ein Graffito von drei Linien , über dessen Schriftcharakter
nichts zu entscheiden sei. Einige Buchstaben sähen aus , wie
cursives Griechisch ; dagegen schienen am Anfang zweier Linien
die arabischen Ziffern für 1843 zu stehen. In der sechszeiligen
Inschrift selbst nimmt Herr Sayce ca. 35 Buchstaben pro Zeile
an. Die Charaktere seien von ansehnlicher Grösse und müsstfen
ursprünglich sehr deutlich gewesen sein. Jetzt sei in Folge der
Ueberdeckung mit Silicaten und der durch das Wasser bewirkten
Erosion die Entzifferung sehr unbequem, zumal nur sehr schwer
die nöthige Beleuchtung zu gewinnen sei. Auf der linken Seite
hat ein Riss im Felsen den Verlust mehrerer Charaktere in den
ersten drei [nach Herrn Schick's Copie in allen sechs] Zeilen
zur Folge gehabt. Unterhalb der 6. Zeile befindet sich ein orna-
mentaler Abschluss in Gestalt zweier Triangeln, welche auf ihren
Spitzen stehen, mit einem Winkel zwischen ihnen, der in ähn-
licher Weise auf seiner Spitze ruht. [Wie verhält sich dieses
Ornament zu dem Steinmetzzeichen über der Treppe zur Marien-
quelle ?] Die Foi-m der Buchstaben sei identisch mit denen des
Mesasteins; wie auf diesem seien auch hier die einzelnen Worte
durch Punkte von einander getrennt. Einer der Charaktere, der
wenigstens dreimal vorkomme , ist Herrn Sayce neu. Er ver-
miithet, dass er das auf dem Mesastein fehlende Teth repräsen-
tire. [Über diese merkwürdige Verkennung des Zajin , welches
sich sechsmal in unserer C'opie befindet, s. u.1.
Analysiren wir nun die Lesung des HeiTu Sayce unter Bei-
halt der Heobachtungen , die sich uns aus den Copien Schick's
ergeben haben. Der Kürze wegen bezeichne ich im folgenden
die erste Copie Schick's mit A, die zweite mit B, die Lesung von
Sayce mit C.
Zeile 1 beginnt nach (/ mit nsp: (n) ; n ist also wohl nur
108
Cüiijicirt, vielleicht im Hinblick auf das gleiche Wort in der-
selben Zeile. Copie A hatte am Anfang 7131; B hat Hlp, gewiss
richtiger, da der Haken rechts oben leicht zu übersehen war.
Von dem ; . welches C vor p liest . ist in B wenigstens eine Spur
angedeutet. Auf den Stamm l'pl durchbohren weist abgesehen
von der Situation erstlich die Wiederholung nsp'n in Z. 1, so-
dann auch das 3p3 zu Anfang der 4. Zeile.
Avif nip: n) folgen nach Sayce zwei Worte, die er nicht
sicher lesen könne. Dagegen haben A und B nach einem Tren-
nungspunkt drei Worte , von denen 'die Richtigkeit der Copie
vorausgesetzt' sicher zu lesen ist: . . Sit . n? H . HT . auf eine
Deutung Avird man freilich bei diesem Befund noch verzichten
müssen. Erstlich ist unsicher , ob mit nDp2 das Ganze wirklich
beginnt, zweitens ob nicht vor ~T ein Wort ausgefallen; drittens,
wie n ? n zu ergänzen sei (rr^n 1] . viertens, ob nach 2i? ein 1 folgt
(dann Aväre der Unterstrich parasit) oder ein 3, was jedoch neben
einem anders geformten 3 auch seine Bedenken hat. Indem wir
daher auf eine Datirung aus dem Abib irgend welches Jahres
verzichten, bemerken wir nur noch, dass sich für Tö.'p'i nach Ana-
logie von nnp: Aushöhlung die Lesung HSp: zu empfehlen scheint.
Ist ni damit zu verbinden , so Aväre dieses riT (für nST) zu lesen ;
mit "Tl u. s. w. ist dann freilich nichts anzufangen.
Übereinstimmend mit B liest sodann C wieder nip2n ; dabei
ist höchstens das zweite H auf B zweifelhaft. Der scheinbare
Trennungspunkt zwischen n und 2 muss um so mehr cassirt wer-
den, als sich schon vor n ein deutlicher Piuikt findet. Ob übri-
gens das 3 selbst ausser allem Zweifel ist oder 12 1), mag vorläufig
dahingestellt bleiben. Weiter liest C: (l)Dya, das 1 mit Frage-
zeichen ; dafür gab A : y^. B : 3^3, also wie C. Auch das D nach
1 lässt sich aus B begreifen, weiteres aber ist vorläufig nicht fest-
zustellen. Jenseits des liisses ist in B nur noch ein 2 erkennbar.
Auf Z. 2 ist nach C nur zu lesen : TZJbTT .... l^-i bs? Tts: "J .
. . E"^ od. ri; b n72J?. Dafür giebt B im Anfang ITI^n . Herr Sayce
liat also das Mesa-Zajin, dessen richtige Wiedergabe uns m B
durch die fünfmalige Wiederliolung verbürgt scheint, für ein 13
angesehen und sich dadurch die Deutung verschlossen. Als
•solche drängt sich auf den ersten Hlick auf IP^n, welches Wort
sonst die ILolzaxt bedeutet. 1 Kön. 0. 7 aber ohne Zweifel vom
Meisel des Steinmetzen gebraucht ist. Wenn übrigens l Kön. (i. 7
109
vor dem "jn? die riaj^'a genannt Averden . so giebt dies doch zn
(lenken, ob nicht auf Z. l für das zweite rap:n vielleicht nnpr~
zn lesen ist.
Trotz alledem Avürde ich mich bei "ipsn erinnern , dass ^'or-
sicht die Mutter der Weisheit ist — ganz besonders der epigraphi-
schen — . wenn nicht eine Thatsache hinzukäme , welche obiger
Lesung in hohem Grade zur Bestätigung gereicht. Genau die-
selbe ^'erbindung -7"'.:\ findet sich auch Z. 4 mit Trennungspunkt
nach :, und jenseits des liit-ses ;der auf i^ etwas zu breit ange-
geben scheint; nochmals :T1 . Letzteres w ird , wie nachher zu
zeigen ist, mit dem vorhergehenden b zu "iTljib zu verbinden sein,
so dass also die Gruppe "^y^ )T\j, entsteht.
Auf Z. 2 liest C nach ; weiter 73>l bü t'i« ; davon ist auf A
nur S und dann yi zu erkennen , auf B (wo die Distanzen kaum
in Ordnung sein können) nur die Andeutung von i? und sodann
n*T . . 11 I ?) 371 Mir ist nun sehr wahrscheinlich . dass C richtig
liest bis zum y und dass darin steckt 1frii3?"l bs ISJS« . Dagegen
spricht nun allerdings: l] dass das n ganz zweifelhaft ist (C liest
"7; 2^ dass der Trennungspunkt nach 1 fehlt : 3 dass ein Haupt-
prüfstein für die Richtigkeit mangelt, nämlich eine plausible
Legende in weiterer Fortsetzung, ^yas letztere anlangt , so wäre
auch möglich nyn (für iyn Hi. 36, 33) zu lesen, wie Mesa Z. 3 ff.
constant n3. übrns. nr3. nin. nb. nh: etc. aufweist. Zum Fest-
halten an obiger Lesung bestimmt mich natürlich immer mit dem
A' orbehalt, dass B und C richtig copirt sind Aviederum der Hin-
blick auf Z. 4; darüber nachher.
Mit dem m . . . m Avolches B (nicht C) bietet . ist zunächst
nichts zu machen ; übereinstimmend folgt dann in beiden TCbt"
und in C Aveiter rras? . Letzteres aber ist . Avenn man nach B ur-
theilen darf, in CavoIiI nur gerathen. Herr Sayce denkt offenbar
an die Lesimg rUGi? TTblT . Aber abgesehen davon, dass dann der
Singular rTQ^ unerhört Aväre , stimmt kein einziges Zeichen mit
B überein. Ijotztere Copie scheint vielmehr :np oder allenfalls
;ns anzTuleuten und darnach noch y mit einem Avunderbaren
Seitenstrich rechts. Auch Aveiterhin mangelt alle l'bereinstim-
miuig. 6' bietet C (? n) b, 5 dagegen :~b oder £"b und jenseits
des llisses noch y. wie es scheint.
Über die dritte Zeile bemerkt C nur . dass das letzte Wort
TTT^a laute. Diese Lesung Avird indess durch B nicht bestätigt.
110
Letzteres bietet links vom Riss 'a'?'l3(?D^^^l; doch ist dabei -weder
3 noch 13 zweifellos und statt des vermutheten D bietet A ein
deutliches n. Wenn die links unterhalb des n sichtbaren Striche
Huchstabenreste sind, so wird selbst ;\ bedenklich. Rechts vom
Riss lassen sich in B folgende Zeichen constatiren:
n . 'Q'annTn . ■^^TTCT. . l . . y . . . . ; doch möchte ich für einen
Theil dieser Lesungen keine Garantie übernehmen.
Zeile 4 beginnt nach C mit dem Worte IpD und habe dann
nach einigen wenigen zweifelhaften Buchstaben DS?"! ripb TffS lil
"i^TD 13 . Anders B. Auch hier scheint 3p3 von dem nachfolgenden
n durch Punkt getrennt, die Lesart n3p3 is. Zeile 1) somit aus-
geschlossen. Weiter aber hat B :
'jn[alb .sn^ ?? irnpbffis ?^n •?:n .i(d)''
Unter Verweisung auf das zu Zeile 2 bemerkte möchte ich hier
eine Lesung conjieiren, die vielleicht später auf die richtige Spur
bringen wird :
IT"!?? in? !^2?n nnpb rx 2np:n ^^^,1), d. i. etwa:
»und es schlugen die Mineure einer gegenüber dem andern Meisel
gegen Meisel«. Allerdings ist in dieser Lesung ausser dem 1 an
der Spitze auch das p in Dlp: nur geratlien ; das T in n^"! ist nur
durch C nicht B) , das H gar nicht zu beweisen . Nimmt man
aber das folgende hinzn, so wird man wenigstens den Einfall be-
greiflich finden, dass in Zeile 4 vom Durchschlagen des Tnnnels
die Rede ist, wobei die Mineure von zwei Seiten her zusammen-
trafen. Ich bemerke indess nochmals, dass ich obige Lesung nur
als eine tastende Conjectur angesehen wissen möchte.
Am Schluss von Zeile 4 liest C iDb"^"^. Diese Lesung lässt
sich trotz aller Differenzen auch aus B plausibel machen. Der
Kopf des ersten 1 ist sichtbar unter dem drittletzten Zeichen C^j
der :<. Zeile, ebenso der Kopf des zweiten 1 an dem langen
Schwänze des la, mit welchem die dritte Zeile schliesst. C liest
sodann auf Zeile 5 weiter : 5bs< Ti<;n riDinn bs . . . n'Qn p D'^TSn
")2 rrcs Nachdem Herr Sayce in seinem ersten Briefe vom 7.
Februar bereits erklärt hat : it is clear from thc word TiS31 in the
tifth line, that the constructor of the condiiit speaks in the first
person (er nimmt also "^ni^IS für "'n''D2!), giebt er unter dem 26.
Febnuir statt dessen auf Grund einer Revision seiner Copie TS'QS
und übersetzt nun das Ganze : »and the waters flovved from their
111
outlet obige Lücke ist nun zu Ji'^S'i'an ers^änzt) to tbc lower pool
for a clistance of a tbousand cubits«.
Seben Ts-ir zunäebst vom Einzelnen ab, so ist der Sinn a
priori recbt plausibel. Auch die Distanz von 1000 Ellen stimmt
ungefähr zu der Länge des Tunnels. Dieselbe beträgt nach Socin-
BÄDiiKKK, Palästina und Syrien (p. 111 der 2. Aufl.). 533 Meter,
in gerader Linie 335 Meter; 1000 hebr. Ellen würden nach der
üblichen Berechnung (sechs Handbreiten pro Elle) ca. 484 Metern
entsprechen, ^'ergleicht man indess mit obiger Lesung die Copie
B, so erregt Bedenken, dass hier im Anfang der Zeile vielmehr
D'^b^n zu stehen scheint . Dass das b rein auf einer Täuschung
beruhte . kann wenigstens nicht aus der erhöhten Stellung we-
schlössen werden ; dieselbe findet sich auch in th^ auf derselben
Zeile, in nipb auf Zeile 4. sowie in by Zeile 6. Statt der Lesung
»■'STan lässt sich nach B eher i^STan begreiflich finden, und
dieses ^iisiisri wäre ohnedies in der Bedeutung Ausgangsort zu
erwarten statt des unbegreiflichen i^isi'Sri: die weitere Lesung
von C mag auf genauerer Copie beruhen. Auf B ist nur deutlich
1 nD"an bü (wobei Punkt und Trennungsstrich nach D als irrig
cassii-t werden müssten); doch liesse sich '^rj^'cn abgesehen vom r
auch nach B begreifen, desgleichen n)2S< ;:]bs< jenseits des Risses.
Dagegen ist uns völlig unklar , was sich Herr Sayce bei seiner
Übersetzung unter ^rit'cn gedacht hat. Von einem unterenTe\c\\
ist nichts zu sehen , wohl aber von den Spuren einer Lücke zwi-
schen dem angeblich schliessenden "^ und r|bi4.
In Betreff der 6. Zeile bemerkt Herr Sayce, dass sie der-
massen durch das Wasser gelitten habe , dass nichts weiter zu
erkennen sei, als die Worte TCi<-| by. Nach B sind etwa 13 Buch-
staben zu bestimmen; eine ^'erbindung und Deutung derselben
ist jedoch zur Zeit unmöglich.
Zum Schluss erklärt Herr Sayce , dass in der Inschrift die
Namen Jerusalem oder Juda ebensowenig zu entdecken seien,
wie das Wort ^bia oder irgend ein Eigenname. Dagegen werde
durch die Formen der Buchstaben bewiesen , dass die Inschrift
nicht später sein könne , als die Zeit Hiskias ; die drei Ellen in
Zeile 2 und die 1000 Ellen in Zeile 5 dürften wohl über die Ten-
denz der Inschrift einen Fingerzeig geben. Abgesehen von der
Datirung und den drei Ellen stimmen wir diesen Bemerkiniffeu
vollkommen bei. Um so unbegreiflicher erscheint uns dagegen.
1J2
"vvas Herr Sayce in dem Briefe vom 26. Febr. zum l^esten giebt.
Durch schlechtes Wetter an der Abreise verhindert , nahm er an
Ort und Stelle eine Kevision der Copie vor und hofft nun im Be-
sitze eines Facsimile zu sein , wie es abgesehen von dem Riss in
den ersten drei Zeilen nur irgend gewonnen werden könne. So
erfreulich uns diese Versicherung ist, so bedenklich werden wir
doch , Avenn Herr Sayce seine früheren Aufstellungen nunmehr
dahin corrigirt, dass die Inschrift nicht, wie er gewähnt habe, in
hebräischer, sondern vielmehr in phönicischer Sprache abgefasst
sei. Mehr als einmal komme das phönicische Relativpronomen
T2JJ? vor wo indess nach unserer Überzeugung sicher tEJi? = Tü^it
zu lesen ist) und dazu andere Eigenthümlichkeiten in der Sprache,
aus denen hervorgehe, dass der Urheber der phönizischen Küste
entstammte. Wenn Herr Sayce mit dieser Behauptung Recht
hätte, so würde der grösste Theil nicht nur unserer, sondern auch
seiner eigenen Lesungen hinfällig (man denke nur abgesehen vom
Lexicalischen an n anstatt n als phönizische Femininendimg und
an das ganz specifisch hebräische Imperf. consec. IDb^l , Avelches
Herr Sayce auch in dieser Nachschrift ausdrücklich festhält!).
Anderseits — fährt Herr Sayce fort — habe er bereits constatirt,
dass die Formen der meisten Buchstaben mit denen des Mesa-
steines identisch seien, ZAvei bis drei dürften sogar noch älter
sein. Die Inschrift könne daher nicht erst aus der Zeit Hiskias
und seiner Nachfolger datirt werden , wo sich in Folge der Zer-
störung des Reiches Israel der Verkehr z-wischen Juda und Phö-
nicien erneuerte , der bei der Empörung der zehn Stämme abge-
brochen worden war. Er stehe daher nicht an , die Inschrift der
Zeit Salomos oder vielleicht Davids (2. Sam. 5, 11) zuzuschreiben,
denn damals seien phönicische Arbeiter bei der Errichtung der
öffentlichen Jiaxiteu in Jerusalem verwendet worden. In diesem
Falle biete die Inschrift das älteste Specimen von phönicischer
Schrift, welches wir besitzen. Selbst das sei nicht unmöglich,
wenn auch sehr unwahrscheinlich, dass die Inschrift noch älteren
Datums und in dem Dialekt der Jebusiter verfasst sei (!) .
Es wäre verlorene Mühe, sich mit einer Widerlegung dieser
Argumente aufzuhalten. Gesetzt auch, die Inschrift wäre phöni-
cisch , so wäre daraus für das Zeitalter zunächst gar nichts zu
folgern. Denn dass seit der Reichss])altung bis ca. 720 kein
l'hönicier nach Jerusalem hätte gelangen können , wird Herr
113
Sayce nicht im Ernst behaupten wollen. 2. Sam. 5, 11 redet
übrigens n\ir von der Erbauung des Palastes Davids durch phöni-
cische ] Jauleute.
Mit Recht protestirt daher A. Neubauer in Athen, vom 19.
März. p. 395, gegen Sayce's allzurasche Datirung der Inschrift,
sowie gegen die Annahme phönicischen .Sprachcharakters —
letzteres Avegen des ^'erbum "^bn und des Waw consecutivum.
In derselben Nvimmer des Athenaeum erklärt sich C Warrex
aus historischen Gründen für die Datirung der Inschrift aus der
Zeit Hiskias. der »den Teich und die AVasserleitung gemacht und
das Wasser in die Stadt geführt« habe (2. Kön. 20. 20). Sayce's
Übersetzung von Zeile 5 erinnere an Jes. 22, 8 : «ihr sammelt das
Wasser des untern Teichs« (nur schade, dass in der Inschrift von
einem unteren Teich nichts zu finden ist) . Ausserdem verweist
Warren auch auf Sir. 48. 17. wo es von Hiskia heisst: er leitete
in ihre (der Stadt) Mitte den Gihon . )idurchgrub den Felsen mit
Eisen und baute Teiche für das Wassera. Dabei sei klar, dass
der «untere Teichu nicht confundirt werden dürfe mit dem Graben
zwischen den beiden Mauern für das Wasser des alten Teichs,
der nach Jes. 22, 11 gleichfalls von Hiskia angelegt ^vorden sei.
— Uns scheint es besser, auf diese historischen Gründe für die
Datirung der Inschrift so lange zu verzichten , bis man über die
eigentliche Lage des Gihon (vergl. auch 2. Chron. 32, 30), sowie
die des oberen und unteren Teiches ins Reine gekommen ist.
Was schliesslich den Schriftcharakter anlangt, so dürfte
Herr Sayce im Irrthum sein , wenn er ihn zum Theil für älter
hält, als den des Mesasteins. Alle ganz deutlichen Ihichstaben
sind, soweit nach der Copie geurtheilt werden kann, mit den
Mesatypen fast absolut identisch. Dies gilt von i5, n, H, 1, T, ">,
b. 2. y, S, p, n, TS, n. Dagegen hat 5 einen kürzeren Oberstrich.
T eine etwas andere Lage , n einen dritten Querstrich , "Q einen
längeren, stark gebogenen Schweif; D ist auf der Copie fast über-
all verstümmelt , "J. D und 2S nicht nachweisbar. Doch fand sich
auf einem der Abklatsche das Mesa-0 und S wird von Saycc auf
Zeile 5 gelesen. Einige abweichende Formen, wie S ohne Spitze
links (wofür indess die Bestätigung abzuwarten ist) , entsprechen
dem Schrifttypus der ältesten hebräischen Siegel inid Gemmen,
wie ihn Euting auf seiner grossen Schrifttafel zur engl. Über-
setzung von üickell's hebr. Grammatik) in der C'olumne «Old
Ztschr. d. Pal.-Ver. IV. 8
114
Hebr. Seals and Geras? 8 — 5 cent. E. C?« verzeichnet hat. Über
den Schriftcharakter der Siloahinschrift schreibt mir Herr Prof.
EuTiXG : »als charakteristisch betrachte ich Koph mit sehr klei-
nem Kopf lind sehr kleines Taw ; grosse Schlankheit der Buch-
staben 12, D, D, "1, überhaupt einen gewissen elastischen Zug . der
schon grosse Übung der Schrift voraussetzt. Im Allgemeinen sind
die Formen leichter und schwungvoller, als bei Mesa. Als Zeit
möchte ich 8 — 7. Jahrh. v. Chr. vermuthen; doch ist dies nur
pure Vermuthung!«
Ein Berichterstatter über die Siloahinschrift in der Sonntags-
Beilage zur Neuen Preuss. Kreuz-Ztg. vom 27, März 1881 dis-
cutirt bereits die Frage , ob Avir es hier denn auch Avirklich mit
einer ächten Inschrift oder mit einem geschickten Falsificat zu
thun haben. Nach den bekannten Erfahrungen könne man in
dieser Hinsicht nicht vorsichtig genug sein. Es müsse Verdacht
erwecken, dass ein Schulknabe der erste Entdecker Avar, während
Robinson 1838 beim Durchkriechen des Canals nichts von der
Inschrift merkte. Auch das »cursive Griechisch« und die arabi-
schen Ziffern für 1843 (nach Sayce Bericht erscheinen dem Ke-
ferenten bedenklich. Doch tröstet er sich damit, dass Prof. Socin
nicht den geringsten Zweifel geäussert habe , und dass sich die
Ansetzung von Silicaten erst im Verlauf längerer Zeit vollzogen
haben könne : zudem scheine die Überliuthung des unteren Theils
der Inschrift jeden Verdacht auszuschliessen.
Man sieht : gebrannt Kind fürchtet das Feuer — luid leider
steht es ja so, dass man eine derartige Gespensterseherei niemand
verdenken kann. Im vorliegenden Falle glauben wir jedoch
jenem vorsichtigen Referenten die Versicherung geben zu kön-
nen , dass selbst dann noch alle Umstände für die Ächtheit der
Inschrift sprechen würden, wenn sich oberhalb derselben wirk-
lich cursives oder sonstiges (xriechisch constatiren Hesse.
Weitere Aufschlüsse über die Inschrift erwarten wir von dem
zur Zeit in Jerusalem weilenden Redacteur dieser Zeitschrift,
Herrn Lic. GuTHE. Wir werden nicht ermangeln, unsere Leser
seiner Zeit von den F'ortschrittcn der Entzifferung in Kenntniss
zu setzen.
Ansgrabimgen in Jerusalem. ^)
Erster Bericht erstattet von Lic. H. Guthe.
Am 21. März Morgens 6 Uhr Avarf die »Argo« des öster-
reichisch-nngarischen Lloyd, das Schiff, auf welchem ich Sonn-
tag, den 20. März, Mittags Port Said verlassen hatte, vor Jafa
Anker. Palästina, das Ziel meiner Reise, lag im Dämmerschein
vor mir. Eben zeigten sich im Osten die ersten Strahlen der anf-
gehenden Sonne, die Berge des alten Ephraim hoben sich in
vollerem Hlan von der noch matten Farbe des Himmels ab. Die
Landung ging unter der freundlichen Führung des Herni Har-
degg, Besitzers des Jerusalem-Hotel, rasch von Statten. Eine
Stunde später sah ich, überrascht und ergriffen von der Schönheit
des Bildes , von einem Balkon des genannten Hotels die Stadt
südlich vor mir, eingefasst durch einen breiten, bis an den Hori-
zont südöstlich sich erstreckenden Kranz von Orangengärten.
Unter dem saftig-grünen Laube schauten die rothgelben Früchte
hervor , frische Blüthen erfüllten die Luft mit herrlichem Dufte
und zu meiner Rechten warf das Meer langsam , aber mit merk-
lichem Geräusch seine Wellen auf das sandige Ufer. Lauge er-
(juickte ich xVugen und Sinn durch diesen einladenden Anblick.
In Jafa blieb ich zwei Tage. Am Morgen des 2 1 . März unter-
nahm ich noch einen weiteren Spaziergang in und um die Stadt;
am Nachmittag hatte Herr Baron von Ustinow die Freundlichkeit,
mit Herrn Hardegg und mir einen Ritt in die Umgegend zu
unternehmen , namentlich nach Seiami , wo in letzter Zeit in
Höhlen und Gräbern mancherlei alte Sachen, theils von den Fella-
chen, theils von Anderen gefunden worden sind. Am Abend des
1) Obiger Bericht traf am 20. April nach Schluss der Redaction ein ; wir
glaubten jedoch, denselben unseren Lesern nicht bis zum nächsten Heft voi*-
enthalten zu dürfen.
8*
116
21. und 22. März konnte ich genauere Einsicht in die Sammhmg
palästinensischer Alterthümer nehmen, welche Herr von UstinoAv
in den Jahren seines hiesigen Aufenthaltes angelegt hat. Der
2. Tag wurde meist durch meine Theilnahme an der Geburts-
tagsfeier Sr. Majestät des deutschen Kaisers in Anspruch genom-
men. Am 23. März früh verliess ich Jafa zu Pferde und langte
Abends zwischen 6 und 7 Uhr nach einem anstrengenden Ritt in
Jerusalem an. Der deutsche Konsul, Herr Freiherr von Münch-
hausen, kam mir in Begleitung eines Kawassen etwa bis zur
letzten Höhe vor Jerusalem entgegen. Dieser unerwartete Em-
pfang freute mich sehr ; es hob meinen Muth, dass ich nicht ein-
sam und allein den Schauplatz meiner ersten Thätigkeit im heili-
gen Lande betrat. War mir doch damit die Zusicherung gegeben,
dass ich aiif die bereitwillige Unterstützung unseres Konsulates
würde rechnen können , eine doppelt willkommene Aussicht auf
einem für den Forscher so schwierigen und an Erfolgen so spar-
samen Boden, wie ihn das heutige Jerusalem darbietet.
Am Donnerstag machte ich die nothw endigsten Besuche.
Ich beabsichtigte, sofort Freitag in den Siloahkanal zu gehen und
Abklatsche sowie Copieen anzufertigen. Allein Herr Baurath
Schick rieth mir davon ab , weil an diesem Tage ein Fest der
römischen Katholiken eine grosse Anzahl von l'ilgern und Jern-
salemiten im Thale bei Siloah zu vereinigen pflege und diese
mich leicht stören könne. So begab ich mich denn Sonnabends
an die Arbeit, nachdem ich am Freitag das Terrain etwas studirt
hatte. Das Abflussloch des Siloah teiches wurde geöffiiet, nach
etwa l'/2 Stunde war das AVasser um 0,30m gesunken. Später-
liin fiel es noch um 0, 15m. Einige hölzerne Bretter mit niedrigen
Füssen , welche Herr Baurath Schick zum Zweck der besseren
Besichtigung der Inschrift hat anfertigen lassen, wurden in das
seichte Wasser gestellt , so dass man trocken bis an den Ort der
Inschrift gelangen konnte. Der Unkundige wird bei genügen-
der Beleuchtung wohl die glatte Fläche des Felsens bemerken,
welche für die Inschrift hergestellt ist; die Buchstaben selbst
fallen jedoch so wenig ins Auge, dass sie dem, welcher sie nicht
sucht, leicht verborgen bleiben. Ich fand zahlreiche S})uren und
Stücke von Wachs- oder Stearintro])fen über die ganze Tafel ver-
theilt, ein Zeichen, dass die Inschrift schon oft besucht, zugleich
mit welchem l>eleuchtungsmittel sie untersucht worden ist.
17
Meine erste Arbeit war . dass ich die ganze Inschrift sorgfältig
reinigte ; denn von einer theilweise durch fettige Stoffe befleckten
Steinplatte Abklatsche zu machen , versprach keinen Erfolg.
Dann rieb ich die Inschrift trocken. ]3ie Buchstaben schienen
mir jetzt bedeutend deutlicher hervorzutreten, als früher. Lm
diesen günstigen Zustand der Inschrift nicht unbenutzt zu lassen,
begann ich sofort, sie zu copiren. Als Licht diente mir eine
lilende mit Zubehör . wie sie die Bergleute bei ihren Arbeiten
gebrauchen. Durch gütige Vermittlung eines Leipziger Freundes
Avar mir dieselbe von Freiberg im Kgr. Sachsen zugesandt wor-
den. Sie erwies sich als sehr geeignet zu diesem Zwecke. Nur
stehen die Zeilen der Inschrift an einer schon für die blosse Besich-
tigung möglichst unbequemen Stelle. Obwohl Herr Schick den
Boden des Kanals so tief gelegt hat, als der jetzige Ausfluss des-
selben nach dem Teiche es gestattet, so befindet sich der aus
Schlamm und Steinen gebildete Grund des Wasserlaufs doch nur
0,37m unter der Inschrift. Daher war selbst die erste Zeile der
Inschrift unterhalb meiner Augenhöhe , wenn ich in dem engen
Kanal zu sitzen versuchte. Dass die unteren Zeilen der Inschrift
nur sehr unsicher in dieser Stellung gesehen werden können,
brauche ich nicht näher zu erläutern. Also halb oder ganz lie-
gend eine Copie anzufertigen erwies sich als das einzig Mögliche.
Allein die Arbeit wurde noch erschwert durch den schon früher
in dieser Zeitschrift erwähnten Zustand der Felsplatte. Dieselbe
hat zahlreiche grössere oder kleinere Spalten , durch welche die
ursprüngliche Gestalt der Buchstaben oft ganz zerstört worden
ist. Ferner haben sich die meisten Vertiefungen , welche einst
der Meisel eingegraben hat, mit sogenannten Silikaten angefüllt,
die sich häufig nur durch eine hellere Farbe allein für das Auge,
dagegen mit dem Gefühl gar nicht unterscheiden lassen , weil
jede Unebenheit der Obei-fläche geschwunden ist. So Hess mich
oft die genaueste Besichtigung über die eigentliche Figur des
IJuchstabeu in Zweifel. Begreiflicher Weise ging die Arbeit des
Copirens n\ir langsam vor sich; Nachmittags 4 Uhr unterbrach
ich dieselbe, da Herr Schick zti einer Besprechung auf meine
IJitte aus der Stadt heruntergekommen war.
Die Erfahrungen des ersten Tages hatten' mich überzeugt,
dass bei dem jetzigen Wasserstande im Kanal eine ganze zu-
verlässige Copie der Inschrift anzufertigen solir schwierig sei^
118
dass aber andererseits Abklatsche niemals ein vollkommenes
Bild der Inschrift liefern würden, nach Avelchem die Publika-
tion unternommen werden könnte. Es kam also darauf an, den
Wasserspiegel noch niedriger zu legen und dadurch eine für das
Copiren günstigere Lage der Inschrift zu gewinnen. Das konnte
nur geschehen , wenn es gelang , einen anderen Abfluss für das
Wasser des Kanals zu schaffen. Herr Schick. Avelchen seine oft
wiederholten Versuche , Copieen und Abklatsche anzufertigen,
zu derselben Meinung gebracht hatten , schlug vor, zu diesem
Zweck die Reinigung eines anderen , von ihm schon Ende des
vorigen Jahres entdeckten Kanals wiederaufzunehmen , welcher,
unterhalb des jetzigen Weges zur «Quelle«, dem (oberen Siloah-
teiche ostwärts parallel laufe. HeiT Schick hatte nämlich bei
seinen Arbeiten behufs sicherer Gewinnung der Inschrift auch
den Ausfluss des heutigen (oberen) Teiches untersucht und ge-
funden . dass derselbe nur eine kurze Strecke südwärts laufe,
dann sich ostwärts wende und in einen anderen Kanal ausmünde,
welcher von Norden kommend das AVasser südwärts , dem Thale
zu, weiter führt. Dieser letztere Kanal ist in den Felsen einge-
hauen , in seiner unteren Hälfte offen , in seiner oberen aber mit
Steinen gedeckt und ziemlich tief unter Schuttablagerung ver-
borgen und selbst mit Geröll angefüllt. Herr Schick hatte nun
aus der Richtung dieses Kanales geschlossen , dass er in gerader
Linie von der sog. Siloah quelle herkomme. Er sah seine \er-
muthung dadurch bestätigt, dass die östliche Felswand am Aus-
gange des Siloahkanalos nicht in der südwestlichen Richtung auf
den heutigen Zugang zur Quelle und auf den Teich zu be-
hauen war, sondern in ziemlich gerader südlicher Richtung, also
auf den Kanal hinwies , welcher heute zum Tlieil , wie oben er-
wähnt, durch Schutt verborgen ist. Herr Schick hatte nun die
Reinigung dieses letzteren Kanals von der Stelle an, wo der
heutige Abfluss des Siloahteiches in ihn einmündet, schon im
Winter begonnen, jedoch nicht vollenden können, weil die Lich-
ter unten in der schlechten Luft nicht mehr brennen wollten und
die Fellachen von Silwän erklärt hatten , nicht weiter arbeiten zu
können.
Da mir die Ansicht des Herrn Haurath Schick einleuchtete,
so wurde am Montag, den 28. März, begonnen, einen Schacht
zu graben, welcher direkt von oben auf den verstopften Kanal
119
treffen sollte und von dem aus die Reinigung des Kanals voll-
endet werden könnte. Zuerst arbeiteten fünf, seit Dienstag den
29. März, sechs Fellachen aus Silwän an dem Teufen des Schach-
tes , meist dieselben Leute, welche Herr Schick schon im vo-
rigen Jahre beschäftigt hatte. Da ich sehr bald merkte, dass
der Fortschritt der Arbeit nicht nach deutschem, resp. euro-
päischem Maassstabe berechnet werden durfte, so beschloss ich,
meine Arbeiten an der Inschrift Dienstag den 29. wieder zu be-
ginnen, ohne auf die Tieferlegung des Wasserspiegels zu warten.
Ich ging; Nachmittags zeitig hinunter, allein das Wasser floss von
der Marienquelle auf der anderen Seite des lierges her so stark,
dass nach zAveistündigem Warten es noch immer nicht möglich
war. die niedrigen Bänke auf dem Boden des Kanals festzu-
stellen. Ich musste unverrichteter Sache wieder zurückgehen.
Am 30. und 3 I.März indessen vollendete ich meine Gopie, nahm
einige Abklatsche und revidirte dann nochmals alles, was ich co-
pirt hatte. Ich bin jetzt damit beschäftigt, auf Grund der vor-
liegenden Abklatsche und meiner im Kanal selbst angefertigten
Copie eine Zeichnung der Inschrift herzustellen. Leider geht
die Arbeit langsam vor sich, da ich nur sehr wenig von meiner
Zeit darauf verwenden kann. Ist die Zeichnung vollendet, so
Averde ich sie an Ort und Stelle nochmals vergleichen und zwar,
wie ich hoffe, unter günstigeren Umständen, sobald der Wasser-
spiegel tiefer gelegt und die Besichtigung der Inschrift leichter
geworden ist. Auch werde ich dann nochmals Abklatsche nehmen
und überhaupt alles thun. was in meinen Kräften steht, um ein
zuverlässiges l^ild der Inschrift zu erhalten. Schon jetzt kann
ich indess behaupten, das beste Material zu haben. So kann
ich z. B. die Lesung des Herrn Prof. Sayce in Oxford, welche
derselbe im Athenaeum vom 12. März publicirt hat in mehreren
nicht unwichtigen Punkten berichtigen.
Zum Schluss noch die Mittheilung, dass der gesuchte Kanal
glücklich gefunden und dabei eine nach aufwärts führende Fel-
sentreppe entdeckt worden ist.
Jerusalem, 7. April 1881.
Bücheranzeigen.
Itinera hierosolymitana et descriptiones terrae mnctae hellis sacria
anteriora et latina lingua exarata sumptihua societatis illustrandis
orientis Jatini monument^s ediderunt Tit. Tohler ^" Aug. Molinier.
I. Genevce, typis J. G. Fick. 1879. LV u. 41S SS. 8".
Der Gedanke Pilgerscliriften zu sammeln ist bekanntlich
kein neiier. Wir begegnen seinen Anfängen , wo nicht früher,
schon im 15. Jh. Das praktische und asketische Bedürfniss er-
zengte ihn damals nnd die mehrfach in den Handschriften dieser
Zeit begegnenden Zusammenstellungen von je zMeien oder dreien
jener alten Schriftwerke sind sein bescheidener Ausdruck. Als
ein Jahrhundert später die Pilgerfahrten ausser tbung und die
heiligen Stätten aus den Augen kamen . Avar es die allerorten an-
gefachte »natürliche begierd, lust vnnd liebe viel vnnd mancher-
ley ding zu wißen vnnd zu erfahren«, die den Anstoss zu Feyr-
ABP:^'Ds bekanntem »Reyssbuch« gab. Heute tritt die Wissenschaft
als Sammlerin auf. Die Arbeit zur Auffindung und A erötfent-
lichung der in Betracht kommenden Einzelschriften dieser Gat-
tung ist im Ganzen als gethan anzusehen. Tobler's »bibliogra-
phia geographica Palaestinae« hat darüber das unvergleichliche
erste Inventar aufgenommen. So ist es ein im besten Sinne zeit-
gemässes Unternehmen, dass in der Mitte des letzten Jahrzehents.
die »socicte pour la publication de textes relatifsä
l'histoire et ä la geographie de l'Orient latin« auf den
Plan trat und ausgerüstet mit jeglichem Können den Schatz der
gesammten l'ilgerliteratur vom 4. bis 14. Jahrh. und von da ab
bis ZTim Jahr 1600 der noch nicht veröffentlichten oder seltenen
Schriftwerke der gleichen Art in genauer Zeitfolge, dabei geson-
dert nach der Sprache der einzelnen Sclniftdenkmäler und be-
arbeitet nach den heute maassgebenden Grundsätzen bei der Her-
ausgabe alter Schriftwerke, zu vereinigen begann.
In dem vorstehend genannten ^^'erke bietet sie uns auf die-
sem Gebiete ihres Schaffens ihre Erstlingsgabe dar. und Avir
nehmen dieselbe mit um so grösserer Befriedigung und Dankbar-
keit entgegen, je grösser vorab die Gefahr war, in der sie schon
bei ihrer Entstehung schwebte. Wie man nämlich aus dem ersten
"Hericht" über neue Erscheinungen auf dem Gebiete der »Palae-
stinaliteraturM dieser Ztschr. I, 2(i. und '.^Q^.\ weiss, starb mitten
in der Hearbeitung des ersten Theils des vorliegenden Bandes
der in jedem Sinne dazu berufene Herausgeber der ganzen latei-
121
iiischeii Sammlung- . unser nnvergesslicher Tüblek ; und Avie wir
jetzt aus dem Vorwort des ganzen liandes erfahren, fiel seinem
unverwcilt ernannten . uns auf diesem Felde zum ersten Male
l)ege^nenden Nachfolger Aug. MoLI^■lEK die wenig leichte Auf-
gabe zu , nicht bloss einen Meister zu ersetzen , sondern auch
dessen Nachlass z\im Theil erst z\i ordnen . wie dies schon von
S. 8 1 an nöthig wurde, von wo ab der Auszug des Textes des Theo-
Dosius neu bearbeitet . die Correcturen übernommen , die dazu
gehörigen geschichtlichen Einleitungen . von Tobler deutsch
hinterlassen, ins Lateinische übertragen und schliesslich der
ganze zweite Theil des JJuchs selbständig angeschlossen werden
musste.
Dass man trotz alledem der Gesellschaft de 1' Orient latin wie
der Wissenschaft zur gegenwärtigen Leistung von ganzem Herzen
Glück Avünschen darf, das macht unsere Befriedigung wie unsern
Dank voll. Man hat erfüllt, was man versprach imd — erwartete,
in vollem, jedes Lobes werthen Maasse.
Ist auch die Ausbeute an Neuem in der Sammlung selbst-
verständlich eine geringe zu nennen, so liegen uns nunmehr hier
nicht nur sammtliche bis jetzt ans Licht gezogene lateinische
Pilgerschriften und geographische Beschreibungen Palästinas von
:?33 bis 1096 , sondern diese auch in einer Gestalt und mit einer
kritischen Ausrüstimg vor . die ihnen ehedem nicht hat gegeben
Averden können. Sammtliche Texte haben den Vorzug genossen,
aufs neue verglichen und durchgearbeitet zu werden ; was um so
höher angeschlagen werden darf, als der ersten Hälfte des Ganzen
die reiche Erfahrung ihres zum Theil mehrfachen Herausgebers
Tobler zu gute kam ihre zweite Hälfte aber sich der frischen
Augen Molinier's bei alter Vorarbeit zu erfreuen hatte. Zu
diesem ^ orzuge kommt der andere , dass eine ganze Keihe neuer
Handschriften . deren Auffindung zum grösseren Theil Mulinier
zu danken ist, zur Vergleichung hat herangezogen werden dürfen.
Man Avird demnach nicht zu viel sagen , Avenn man den hier ge-
botenen Text den zur Zeit erreichbar besten der lateinischen Pil-
gerschriften des gedachten Zeitraums nennt.
l^esehen wir hiernach die Sammlung im einzelnen, so haben
ihre A^ier ersten Stücke, nämlich 1; itinerarium a Bordigala
Hierusalem usque (S. 3 — 25], 2) peregrinatio s. Paulae
d. h. das «hodoeporicum« aus ihrer vita bei Hierony.aius) (S. 29
— 40 , 3j Paula & Eustochium (letztere s. X^' durch ein "N'er-
sehen soror für filia l*aulae genannt) de locis sanctis in ihrem
Ihief an Marcella (S. 43 — 47), und 4) Eucherius de locis
sanctis keine namhaften Besserungen gegen früher erfahren,
da ausser beim letztgenannten neue Handschriften nicht Avaren
gefunden worden, die zu Eucherius von Molimer auf der Pariser
Nationalbibliothek entdeckte axis dem S. Jahrh. aber die ver-
schiedenen verderbten Stellen zu heilen unfähig Avar . im Gegen-
22
theil neben einigen ansprechenden mehrere schwierige Lesarten
bietet. Der Vorschlag Toblers s. XVI in dem VERGiLcitat x\en.
III. 127 der Paula concita statt consita (concitaÄ und consita«
im Texte ist jedenfalls Druckfehler, da es gegen das Versmaass
verstösst) stimmt zwar mit allen A'ergilhandschriften überein (vgl.
Heyne Verg. opp. II. 273 . während consita eine von Gerda
erst eingeführte Vermuthung ist . wäre hier aber handschriftlich
zu belegen gewesen.
Der sich den vorgenannten vier anschliessende »breviarius
de Hierosolyma« iS. 57 — 59). eine kurze Aufzählung und
Beschreibung heiliger Stätten der heiligen Stadt, erscheint hier
zum ersten Male gedruckt, nachdem ihn der verstorbene L. Beth-
maxn 1854 in einer Handschrift des 9. Jahrh.'s auf der ambro-
sianischen l^ibliothek zu Mailand entdeckt hatte. Enthält der-
selbe auch kaum mehr als das . was aus dem auf ihn folgenden
Theodosius bereits bekannt ist. so wiegt doch schon seine Gleich-
altrigkeit mit diesem nicht Avenig ; und die von Touler nament-
lich hervorgehobene l^eschreibung der constantinopolitanischen
Golgatha- und Grabkirche in ihm sind in der That ihrer Anschau-
lichkeit wegen werthvoll.
Des bereits genannten Theodosius — nicht Theodorus ,
wie ToBLER früher die Abkürzung Theod. lesen zu müssen ge-
meint hatte — liber »de terra sancta« (S. 63 — 80) hat zwar
keine Textberichtigung aufzuweisen, ist aber dadurch erheblich
brauchbarer geworden, dass der Herausgeber durch entsprechende
Einklammerungen die eingeschobenen Stellen kenntlich gemacht
hat. Als ein solches Einschiebsel bez. Anhängsel hat sich dem
Herausgeber nunmehr aiich der Schluss des Ganzen ergeben :
die »via puerorum Israel«, die er dem Ende des 12. Jahrh.'s
zuweisen zu dürfen meint.
Dem dieser Schrift beigegebenen Auszug derselben, betitelt
»de situ terrae s. secundum Theodosium«, (S. 81 — 88*^)
konnte Molimer durch Auffindiing von zunächst 3 neuen Hand-
schriften 2 vatik. und einer paris.) eine wesentliche Berichtigung
angedeihen lassen. Er hatte sogar das Glück zu den gefundenen
drei Handschriften später drei weitere und noch dazu ältere
(Wesso- [nicht, wie im Text steht: Wasso-]brunn-Münch..
Haagen-, und Wolfenb.) zu gewinnen. Aon den beiden ersteren
wurde der Text am Ende dieses Bandes mitgetheilt, vom letzteren
konnten, da der Druck bei ihrer Auffindung vollendet war , nur
die abweichenden Lesarten in einer Anmerkung der Einleitung
beigefügt werden.
Antonini marty ris hiernach folgende »p erambulatio
locorum sanctorum« (S. 91 — 118) darf sich zwar nicht einer
Textumgestaltung . doch einer auf Grund von nicht weniger als
6 neuen Handschriften ausgeführten Textbesserung rühmen.
Auch ist ihr z\ir \ ergleichung die kürzere Kecension des cod.
123
vatic. beigegeben worden (S. 119 — 135), sowie die des cod. ca-
duin. (S. 135 — 13S). Wiederum aber war es hier Molinier, des-
sen Eifer die Auffindung dreier weiterer bis dahin unbekannter
Handschriften zu Paris und Piacenza glückte. Durch sie konnte
im Anhang (S. 360 — 382) noch ein besserer Text gegeben und
diesem die aiich sprachlich Averthvolle l^egleitung einer ebenfalls
jetzt erst ans Licht gezogenen französischen Übersetzung des 13.
Jahrh.s (S. 383 — 391), aus einer Pariser Handschrift zu Theil
werden. Auffallend ist freilich, dass weder Tobler noch Mulinier
in der Einleitung das von Ebers (»Durch Gosen zum Sinai«. Lei]>-
zig 1872. 8. 559 fg. erhobene Bedenken gegen die Echtheit der
»perambulatio« gewürdigt haben , wie sie das doch bei anderen
Gelegenheiten thaten. Auch hätte wohl der Bestätigung der
streitigen Lesart; »preter aquas« c. XL (8. 114) durch den an Ort
und 8telle genommenen Augenschein desselben Gelehrten ao.
S. 220 und 560) gedacht sein können. Dass die nunmehrige Les-
art »Bessam« c. XXX VH (8. 112) der auf die frühere »Bestam«
gegründeten A ermuthung Hitzig's (Urgesch. und Mythol. der
Philistaer. Leipzig 1S45. 8. 266 fg.), welche in ihr letzte Spuren
philistäischer Ansiedelung am Horeb finden M'ill , leider nicht
günstig ist , zumal die A arianten Res^am und das diesem in der
Schreibung naheliegende Rescam bieten, sagen wir nebenbei, wie
auch das, dass Bessam den Gedanken an bassam (sc. linguam i.
e. Patois näher zu legen scheint als an das in der Anmerkung
beigebrachte »persam« einer anderen Ausgabe.
Dem Texte der sich hieran anschliessenden »relatio de
locis sanctis« des Arculfus bez. Adamnaxus 8. 141 — 202
war die A'ergleichung von 6 bisher noch unbenutzten Handschrif-
ten, namentlich einer cotton. im brit. Museum, einer Brüsseler
und einer Berner. zu nicht kleinem Nutzen. Auch ist einer ge-
schichtlichen Randbemerkung über das »sudarium domini« zu
Liebe der volle Text der caduin. Handschrift, deren ausgehobene
Lesarten bisher nur aus Delpit's »essai sur les anciens pclerinages
ä Jerusalem« Par. 1876 bekannt waren, beigegeben (8. 203 — 210) .
Gleichwohl hielt es Molimer der Mühe Averth noch 4 weitere
von Tobler zwar gekannte, aber seltsamer Weise nicht beachtete
Handschriften i zwei Wiener, eine Münchner und eine aus Laudun
in Frankreich) zu Rathe zu ziehen und deren beträchtliche und
zum Theil werthvolle (z. B. 8, 395 fg.. 401 fg., 408; abweichende
Ijcsarten im Anhang mitzutheilen, wofür ihm aller Dank gebührt.
A on den ARCuLp'schen Grundrissen fehlt n\ir derjenige, der die
Mauern Jerusalems darstellt. Er ist dem andern Unternehmen
der Gesellschaft, der »iconographia Orientis latini«. zugetheilt
worden und kann um so füglicher entbehrt werden, als er an sich
nicht allzu wichtig , ausserdem in A'an de A'elde imd Tübler's
plan of the town and emirons of Jerusalem« Gotha 1858 wieder-
gegeben ist.
124
Des Beda A'enerabilis Schrift »clelocissanctis« (S. 213
— 234), welche der des Arculfus folgt, hat vor allen bis jetzt
von ihr erschienenen Ausgaben den grossen Vorzug vorans. anf
Gnmd von nicht ^veniger als 22 theihveise znm ersten Male be-
nutzten Handschriften ihre vorliegende Textgestalt empfangen
zn haben, was bei ihrem nahen Znsammenhang mit ihrer genann-
ten Vorgängerin von nicht geringem Werthe auch für diese ist.
Desgleichen ist für die leichtere Wiedererkennnng der aus letz-
terer genommenen Bestandtheile durch besondere Verweisung in
der Capitalangabe ^'orsorge getroifen. Als Anhang erscheinen
zwei hier zum ersten Male veröffentlichte kleine Schriftstücke :
eine »relatio Bedae abbreviati (S. 235 — 237; nach einer
Würzb. und ein »fragmentum quod libro primo arculfi
additum est« iS. 238 — 240) nach einer Brüsseler, einer Pariser
und einer römischen Handschrift. Letzteres, ein bunt zusammen-
gewürfeltes A'erzeichniss von meist palästinensischen Ortsnamen,
wurde hierher verwiesen . weil sich aiis seinem Anfang ergab,
dass seine Abfassimg Beda oder einem Unbekannten . nur nicht
Arciilf zugeschrieben Averden muss.
Die hier einsetzende selbständige Arbeit Molinieks bringt
zuerst das »ho doep oricon s. AVillibaldi nach dem Bericht
der heidenheimer Klosterfrau ^S. 243 — 2S1 . das sich einer Text-
berichtiguiig aus drei zum ersten Male verglichenen Handschrif-
ten I römischen, Karlsruher und Pariser) zu erfreuen hatte. Das
ihm angeschlossene »^ a n o n y m u s i t i n e r a r i u m s . W i 1 1 i b a 1 d i
'S. 285 — 297 konnte dagegen nur eine neue A'ergleichung mit
der einzig bekannten Ochsenhaus. Handschrift erfahren.
Ebenso musste das » c o m m e m o r a t o ri u m de c a s i s d e i
vel monasteriis« (S. 301 — 305; sich mit dem von Tobler
(descriptiones terrae sanctae S. 76 — 84' kühn ergänzten Texte der
von W. Wackernagel seiner Zeit auf den Deckeln eines Buchs
in Basel entdeckten Handschrift zufrieden geben. Es hätte sich
aber vielleicht zur Anregung etwaiger anderer Lesevorschläge
empfehlen dürfen, ausser dem Tobeer'schkx Text auch noch den
unergänzten der Handschrift in der Weise . wie bei Tobler ao.
geschehen, wieder zu geben.
Hei »Bernardi monachi itinerarium« 'S. 309 — 320)
konnte die A'ergleich\nig einer Londoner und Wiener Hand-
schrift gewährt werden, l^eider ist aber auch durch sie die be-
nifene Stelle c. XI nicht gebessert worden, und der vom Heraus-
geber geraachte N'orschlag anstatt »una« »una et altera« zu lesen,
inn so die verg(;ssene vierte Kirche auf dem Platze des heiligen
(irabes heraiisztibriugen . wird, so ansprechend sie a\ich ist, mit
den vier Ketten am liude des cap.. die von den vier Kirchen
ausgehend sich atif dem freien Zwisch('n])latz in der "Weltmitte«)
sclmeiden. ebensowenig fertig, als dies die gleichartige Tübler'-
schc Ergänzung (iolg. I 10) thut.
125
Die »descriptio paro chiae Jerusalem«, ein ^'el•zeicll-
niss der Kirchengemeindennamen des Sprengeis Jerusalem, zwi-
schen 451 und 657 nach des Herausgebers näherer Darlegung
\ind zwar ursprünglich wohl griechisch aligefasst , sowie die
>-notitia p atriar chatuum Antiochiae ac Jerosol ymae«
eine Namenliste gleicher Art und etwa der gleichen Zeit, sind als
weitere Glieder der Sammlung eingefügt Avorden — ein Ver-
dienst, welches nicht dadurch geschmälert wird , dass ihnen bei-
den nur die erneute ^'ergleichung der bekannten Handschriften
hat zugewendet werden können.
Dafür ist denn das letzte Stück des Ganzen — eine gedrängte
kurze Beschreibung heiliger Stätten Jerusalems, das der Heraus-
tjeber in Ennangelung eines vorgefundenen Titels mit dem selbst-
gewählten: «qualiter sita est civitas Jerusalem« versah
— ein hier zum ersten Mal veröffentlichter Fund Molixier's aus
einer Handschrift der »historia hiersolmyit.« des Baldericis
BuRGALiENSis iu Paris, der je nach dem Gewicht, welches mau
auf die vom Herausgeber für beide Zeiträume voigebrachten
Gründe legt, dem XI. oder anfangenden XH. Jahrh. angehört
und trotz seiner Lnscheinbarkeit schon deswegen eine besondere
Aufmerksamkeit verdient, weil er sich als die Aufzeichnung eines
Augenzeugen ausweist.
Sagen wir schliesslich noch, dass die Correctheit des Druckes
eine vorzügliche ist — sind uns doch ausser den angemerkten nur
noch S. XIV ein habueribus für habueriraus uud ebenda ein ex-
pressit für expressi aufgestossen — sowie dass die Ausstattung
des Bandes eine wahrhaft vornehme genannt werden darf, so
haben wir alles gesagt . was uns die Fortsetzung des Werkes mit
freudiger Spannung erwarten lassen muss.
LuUAV. ('ONRADY.
Plan des heutigen Jeruaalem mit Umgehung nach Ingenieur-Major
IV. Wilson s Aufnahme von 1S64 — 05 und Baurath C. Schick's
Ergänzungen bis 1S79, bearbeitet von Dr. Karl Zimmermann unter
Miticirkung von Prof. A. Socin.
Kein Plan des heutigen Jerusalem vereinigt so viele Vorzüge
in sich wie dieser. Lichtere und dunklere graue Schattirtmg der
Abdachungen lässt die allgemeinen Terrainverhältnisse de\itlich
überschauen. Durch Einzeichnung von röthlichen Ciirven. die
je 3 Meter von einander abstehen, ist sodann die Höhenlage fast
jeden Punktes genau bestimmt. Abstände von 15 Metern sind
durch stärkere C'urven angedeutet. Blaue gebrochene Linien
zeigen den Lauf der unterirdischen Kanäle. Nur lange und all-
seitige Vertrautheit mit Jerusalem konnte diese Kanäle mit sol-
cher Deutlichkeit uud (ienauigkoit nachweisen. Wer mit den
topographischen Fragen vom alten Jerusalem vertraut ist. weiss.
126
■wie gerade dieser A'orziig des Planes besondere Anerkennung
verdient lilan sind ebenfalls alle Teiche gezeichnet, ob wasser-
haltig oder nicht. Birket es-Sultän , Israin, Sitti Marjam und
verschiedene kleinere Teiche haben kein Wasser. In der Um-
gebung der Stadt und auf dem Tempelplatze sind die Cisternen
notirt. In der eigentlichen Stadt Avar diess nicht möglich, da
jedes Haus eine oder mehrere Cisternen besitzt.
Wenn wir den für seine Zeit ausgezeichneten Plan der Stadt
von Tit. Tobler (1849) mit dem gegenwärtigen vergleichen, so
stellt sich uns der grosse Aufschwung, den Jerusalem in den
letzten drei Jahrzehnten genommen hat , klar vor Augen. Wie
einsam sah es damals noch vor den Thoren Jerusalems aus, wäh-
rend jetzt ein schmucker Kranz von Häusern und wohl gepflegten
Gartenanlagen vorzüglich im Westen und Nordwesten die Stadt
umgiebt. Im Innern derselben lässt die ausserordentlich grosse
Zahl öffentlicher, durch tieferes lloth hervorgehobener Gebäude
den eigen thümlichen Charakter der »heiligen Stadt« ahnen. Nicht
zum mindesten hat sich auch das Judenquartier gehoben , zählt
man doch dort auf einer Fläche von etAva zehn Hektaren 19
Synagogen. Immerhin dankt das jetzige Jerusalem sein Auf-
blühen hauptsächlich christlichen Einflüssen; die meisten der
neuern Gebäude und Gartenanlagen sind christlichen Ursprungs,
von Russen , Griechen , Armeniern , römischen Katholiken und
von Protestanten in's Dasein gerufen.
Überall ist im Plan auf die Trümmer der Vorzeit hingewie-
sen. Auch jener grosse unterirdische Steinbruch, die sog. 15aum-
wollenhöhle. ist eingezeichnet. Durch mächtige ebenfalls ange-
dexitete Schutthaufen hat sich an einzelnen Stellen von der
Stadtmauer die Terraingestalt in den letzten Decennien nicht
unwesentlich verändert. Zum Schlüsse macht eine 154 Nummern
umfassende Legende alle irgendwie bedeutsamen Punkte des
l^lanes namhaft, die nicht sclion in diesem selbst benannt sind.
Wir zweifeln nicht . dass dieser treffliche Plan von sehr vielen
Freunden Jerusalems mit Dank wird aufgenommen werden.
Von kleinen Versehen — grössere haben wir keine gefimden
— notiren wir: Weglassung des Namens vom Stei)han!>thür und
desjenigen von dem in's Ilaram führenden Mogharibethor, Pasi-
lius statt ^asilius. Der Ikauchbarkeit des l'lans wäre es förder-
lich noch eine Anzahl fränkischer Namen, z. IJ. via dolorosa,
Davidsthurm , Davidsstrasse, Königsgärten u. s. w . beizusetzen.
Audi wäre eine Andeutung der Vegetation um die Stadt herum
erwünscht.
So schliesst sich dieser Plan würdig an die sorgfältigen und
li'hrreichen Terrainpläne des alten Jerusalems an, die Dr. Zim-
.Mi,KMANN im Jahre 1870 cdirt hat.
Kd. Furrkh.
i
Bericht über neue Ersclieimmgen auf dem Gebiete der
Palästiualiteratur 1880.
Von Prof. A. Socin in Tübingen.
Wenn einestheils der Zweck unserer Zeitschrift der ist, nicht
bloss Zerstreutes zu sammehi, sondern die Palästinakunde mehr
und mehr als gesonderte wissenschaftliche Disciplin zu behan-
deln, so darf doch nie der Zusammenhang ausser Acht gelassen
werden, in welchem diese Specialstudien mit der wissenschaft-
lichen Bibelkunde stehen sollen. Und wenn Avir mm rühmen
dürfen , dass die letztere in den Ländern deutscher Zunge am
schönsten blüht, am meisten vertieft ist, so können Avir auch
erwarten, dass in unsern Kreisen die Palästinakunde wenig-
stens am gründlichsten wissenschaftlich behandelt werde. So
grossartig die Leistungen der Franzosen auf diesem Gebiete
sind, so Avaltet bei ihnen doch das archaeologische, ja das kunst-
historische Interesse vor, obwohl auch auf geographischem und
naturwissenschaftlichem Gebiete bedeutende Erfolge bei ihnen zu
verzeichnen sind. AVenn es uns aber bisweilen vorkommt, als
ob die französische Art und Weise , die Palästinakunde zu be-
treiben , von der unsrigen abweiche und auf einem von dem
unsrigen verschiedenen Boden stehe, so überkommt uns dieses
Gefühl noch weit mehr, wenn wir die Arbeiten der Engländer
(und Amerikaner) näher prüfen. Unzweifelhaft ist die Fülle
neuer Funde, mit welchen gerade von jener Seite unsere Wissen-
schaft bereichert Avorden ist, ganz ausserordentlich, und A\ir
sind gezAvungen , beständig in Fühlung damit zu bleiben. Er-
möglicht Avurden diese Errungenschaften Avesentlich durch die
hohe Bedeutung, Avelche in den englischen protestantischen Kir-
chen die Bibellectüre hat ; daraus erklärt sich a\ich, dass dort stets
von jeher so grosse Geldmittel für die Palästinaforsclnnig zur
Verfügung standen. Es Avärc geAviss höchst erfreulich. Avenn auch
Ztschr. d. I'al.-Ver. lY. 9
128
■« ir auf vermehrtes Interesse im grösseren Publikum rechnen
könnten ; doch ist nicht zu verkennen, dass eine solche breitere
Basis eine gewisse Gefahr in sich birgt. Diese besteht nicht bloss
darin, dass die Ergebnisse der -svissenschaftlichen Forschung zu
früh und in noch unreifem Zustande popularisirt "werden, son-
dern auch darin, dass eben jener Contact mit der wissenschaft-
lichen Bibelforschung, die ihrem Wesen nach stets eine esote-
rische ist. verloren geht. Dies mag Avohl der tiefere Grund sein,
warum sich englische und deutsche Palästinaforschung so wenig
verstehen. Wie die Sachen jetzt liegen, erscheint es öfters un-
nütz, sich auf eine weitläufige Kritik der Schlüsse, welche die
Engländer aus ihrem Material ziehen, einzulassen, besonders da
sie die ausländische Forschung in der Kegel Avenig berück-
ichtigen. Dagegen soll es die Aufgabe dieser Literaturberichtes
sein, diejenigen Publicatiouen, auch die fremden, hervorzuheben,
aus welchen etwas zu lernen ist ; andere werden bloss der A'oll-
ständigkeit wegen hier aufgeführt. Da nun auch die Fortsetzung
des Jahresberichtes i) der Deutschen Morgenländischen Gesell-
schaft gesichert ist, können wir uns bezüglich der Werke über
Geschichte und Alterthümer l*alästina's, mit denen wir in Con-
tact bleiben wollen, mit der Anführung des Nothwendigsten be-
gnügen, indem wir auf die Beiträge von Kautzsch zu den er-
wähnten Jahresberichten verweisen.
Bevor wir an inisere Aufgabe gehen . mögen zuvor einige
kurze Nachträge zu unserem letzten Berichte-) hier ihre Stelle
finden; es kann nämlich auf einige weitere ßecensionen der
Bücher von Kaltbkunker^), Heyd^), Röhricht ^j Schlumber-
1) Wissenschaftlicher Jahresbericht über die Morgenländischen Studien
im Jahre 1S78. Unter Mitwirkung mehrerer Fachgelehrten herausgegeben von
E, Kuhn. Erste Hälfte. Leipzig iBrockhaus) 1881.
2 A. Socin, Bericht über neue Erscheinungen auf dem Gebiete der Pa-
lästinaliteratur 187'.): ZDPV. '.i, p. öT — 87.
3; Vergl. Jahresbericht ZDPV. 'i , Nr. 4. Kaltbrunner, Manuel. Rec.
von Sonklar in Zeitschrift für wissenschaftliche Geographie I. Lahr 1880,
p. 211 ; von O. Kersten in ZDPV. 3, p. 187.
4 Vergl. Jahresbericht ZDPV. 3, Nr. 22. Heyd, Levantehandel. Rec.
von Neumann in Oesterr. Monatsschr. f. d. Orient 15. April 1880, p. 74.
5 Vergl. Jahresbericht ZDPV, 2, p. 90. Röhricht, Beiträge. Rec. von
Kuglor in ZDPV. 3, p. ISO. - Jahresbericht ZDPV. 3, Nr. 33. Rec. von
W. A. Neuniann in ZDPV. 3. p. 237.
129
GER '• und Görgens ") venviesen werden . sowie auf das freund-
liche Entj^earenkommen . welches unserer Zeitschrift von ver-
schiedenen Seiten zu Theil gcAvorden ist '^ . Einige kleinere Ar-
tikel des Jahrgangs 1879 unserer Zeitschrift, verfasst von Er-
MAx9|. GuTiiE^o), Fraas") Und Klein i2j^ sin^l in's Englische
übersetzt worden. — Einige Notizen zum Jahresberichte verdanke
ich den Herren Furrer, Gildemeister, Kautzsch, Kugler und
Prym.
Aus der Literatur über die ältesten ethnographischen Ver-
hältnisse verdienen wohl die kurzen Skizzen von B(aujr'3) und
Kautzsch genannt zu werden. Die Streitfrage über die Chit-
titeri4), die angebliche Entzifferung ihrer Inschriften, berühren
uns weniger, als die Nachricht, dass das alte Karchemisch ^^j
zwischen Sadschür und Biredschik gefunden worden sei. Die
grosse Darstellung der Geschichte der Maccabäer, welche von de
Saulcy 16) veröffentlicht wurde, hat mir leider noch nicht vorge-
6) Vergl. Jahresbericht ZDPV. 3 , Nr. 36. Schlumberger, Sceaux et
Bulles. Rec. von R. Röhricht in Sybel's Histor. Zeitschrift ISSl, 3, p. 507.
7) Vergl. Jahresbericht ZDPV. 3, Nr. 31. Goergens, Quellenbeiträge.
Rec. von M. J. de Goeje in Theologisch Tijdschrift (14) 1880, p. 505; Journal
des Savants 1879, p. 723.
8) Vergl. Himpel in Theologische Quartalschrift 1880, p. 469 ; Braun in
Monatsschrift für Gesch. u. Wiss. d. Judenthums (29) 1S80, p. 89; Revue
archeol. Juli 1880, p. 55; bes. auch von Gort in Theologisch Tijdschrift (14;
1880, p. 219.
9) Ad. Erman, A find of coins in Jerusalem : Statements 1880, p. 181
—182 nach ZDPV. 2, p. 120—123.
10) Guthe, Ascalon: Statements 1880, p. 182—187 nach ZDPV. 2,
p. 164—171.
1 1 ) Oscar Fraas , The sulphur of the valley of the Jordan : Statements
1880, p. 246—248 nach ZDPV. 2, p. 113—119.
12) F. A. Klein, Notes of a journey to Moab: Statements 1880, p. 249
—255 nach ZDPV. 2, p. 124—134.
13) Riehm, Handwörterbuch des biblischen Alterthums 1880. Philister
von Br. p. 1196—1199; Phönicier von Ktzsch. p. 1200—1205.
14; Hyde Clarke , Khita: Statements ISSO, p. 210. — W. St. C. Bos-
cawen, Hittite notes: Athenaeum 14. Aug. 1880, p.2i0. — Dunbar J. Heath,
History of the Hittite inscriptions : Statements 1880, p. 206 — 210.
15) The empire of the Hittites : Statements 188ti, p. HS — 124 (nach der
Times).
16) F. de Saulcy, Histoire des Machabees ou princes de la dynastie as-
moneenne. Paris (Leroux 1880 (?) 325 pp. 8.
9*
130
legen, l'ber die Quellen des Josephus giebt Bloch '^) eine Unter-
suchung aus der Vogelperspective . die zur ersten Orientirung
allenfalls ausreicht, als eine wirkliche Beantwortung der Avichti-
gen Frage jedoch nicht gelten kann.
Man wird kaum verlangen dürfen, dass wir , was die mittel-
alterliche Geschichte Palästina's betrifft, hier die ganze Reihe
der bezüglichen Publicationen , die sich besonders um die Ge-
schichte der Kreuzzüge drehen, unseni Lesern vorführen. Eine
Rundschau über dieselben hat Martixov i^) im Polybiblion ge-
liefert. Als eine besonders dankensAverthe Gabe müssen wir hier
Klgler's *'-') Handbuch der Geschichte der Kreuzzüge bezeichnen,
ein Buch, welches zwar auch für Historiker von Fach, nament-
lich aber dazu bestimmt ist, »dem Leser aus der breiten Masse des
Publikums unterhaltende Belehrung zu bieten , dem Anfänger
historischen Studiums und dem Schullehrer ein Bild vom heuti-
gen Stande unserer Kenntnisse sowie die Anleitung zu selbst-
ständigem Weiterarbeiten zu geben«. Fügen wir hinzu, dass das
vorliegende Buch auch für unsere Zwecke eine bisher recht em-
pfindliche Lücke ausfüllt. Referent hat sich mit hohem und
stets gesteigertem Interesse durch das Labyrinth der damaligen
Politik hindurchführen lassen ; es war wahrlich keine leichte Auf-
gabe, diese verschiedenartigen Motive, aus denen jene phantasti-
schen Züge nach dem Morgenlande hervorgingen, blosszulegen,
bei denen neben faktischer Begeisterung doch meist auch Intri-
guen aller Art , die verAvickelten A erhältnisse der europäischen
Staaten, die Interessen der Päpste , die Schlauheit und Arroganz
des byzantinischen Hofes, die in buntem AVechsel begriffene
Staatenbildung bei den Muslimen des vorderen Orients und
schliesslich vielerlei dpiastische Familieninteressen in einander
17) Dr. Heinrich Bloch, Die Quellen des Flavius Josephus in seiner Ar-
chäologie. Leipzig iTeubner'. — Vgl. Academy 3. Jan. ISSO, p. 7.
l'^ J. Martinov, Dernieres publications relatives aux croisades et ä 10-
rient latin. Paria (Societe bibliographique) 1880. Extrait du Polybiblion
tome XXIX, dec. 1880 (19 pp. 8).
19j Bernhard Kugler, Geschichte der Kreuzzüge. Mit Illustrationen und
Karten. Berlin iGrote) 1S80. VIII, 411 pp. S. ;A. u. d. Titel : Allgemeine
Geschichte in Einzeldarstellungen hrsg. von W. Oncken. Zweite Hauptab-
theilung. Fünfter Theil). — Rec. von Köhricht in Sybel's Histor. Zeitschrift
IS81 3j p. .')Ofl; Literarische Beilage der Karlsruher Zeitung 26. Dec. 1880
p. 414; Schlesische Zeitung Ende October 1880.
131
spielten. Die Zerfahrenheit aller dieser Verhältnisse machte von
vornherein das Gelingen jener kühnen Unternehmungen unwahr-
scheinlich ; was uns aber in Kugler's Buche fesselte , ist beson-
ders auch die scharfe Charakteristik von einzelnen Personen, die
in diesem Drama eine Hauptrolle spielten. Übrigens steht das
ganze Werk auch der geographischen Erforschung Palästina's
gegenüber durchaus auf der Höhe seiner Aufgabe, wie nicht bloss
der Text, sondern namentlich auch die zahlreichen Illustrationen,
mit welchen es ausgestattet ist, beweisen. Die dem Bande bei-
gegebene Karte »Syrien zur Zeit der Kreuzzüge« verdient noch
besonders hervorgehoben zu werden.
Bereits im vorigen Berichte wäre unter den Quellenschriften
zur Kreuzzugsgeschichte der vierte Band der grossen französischen
Sammlung 20 aufzuführen gewesen. Derselbe enthält : dieHistoria
Hierosolimitana des Baudri (Baldricus) , Gesta Dei per Francos
von Guibert de Nogent und hauptsächlich die Historia Hiero-
solymitana von Albert von Aachen , dessen Kritik hier etwas
weitergeführt wird. Die neue Ausgabe des Wilhelm von Tyrus-^)
ist mit dem zweiten Bande vollendet worden. Eiaxt221 hat in
verdienstvoller Weise begonnen, die auf die Kreuzzüge bezüg-
lichen Briefe zusammenzustellen und kritisch zu sichten. Unter
den Briefen , welche er in diesem ersten Bande vorlegt , finden
sich einige bisher ungedruckte ; als instructives Beispiel, wie ge-
schickt RiANT die Fälschungen aufziulecken versteht , verweisen
wir auf den angeblichen 13rief von Urban II. an den Comnenen
Alexius (p. 124) : dieses Schreiben ist von einem Veroneser Arzt
Jeronimo Donzellini i, J. 1574 verfasst ! — Sybel23] hat seine
Abhandlung über die Sagen, welche sich an Peter den Eremiten
20 Recueil des historiens des croisades. publie par les soins de l'Acade-
mie des inscriptions et belles-lettres. Historiens occidentaux. Tome 4. Paris
(Impr. nat.) 1879. XXXII, 816 pp. fol.
21) Vergl. Jahresbericht ZDPV. 3, Xr. 23. Histoire generale des croi-
sades par les auteurs contemporains. Guillaume de Tyre et ses continuateurs.
T. 2. Texte francais du Xlllf siecle, revii et annote par P. Paris. Paris
(Firmin-Didot et Cie.) 1880. 539 pp. 4 et gr.
22) Riant, Inventaire critique des lettres historiques des croisades I-Il.
768—1100. Paris (Lercux, 1880. XI, 235 pp. S. — llec. in LCB. 6. Nov.
1880, Sp. 1491.
23) Sagen und Gedichte über die Kreuzzüge in Kleine historische Schriften
von Heinrich von Sybel. Dritter Band. Stuttgart Cotta) 1880, p. 117— 155.
132
und besonders an Gottfried von Bouillon gehängt haben , unver-
ändert wieder abdrucken lassen. Herquet's ^-i) Brochüre führt uns
die Keihe der Grossmeister des Hospitaliterordens vor.
Eine für die innere Geschichte des Königreichs Jerusalem
wichtige Urkundensammlung der Abtei Notre Dame von Josa-
phat 25) ist neuerdings wieder aufgefunden worden ; auch über die
Geschichte des Bistums Bethlehem 2«) Hegt eine Specialunter-
suchung vor, sowie ein Buch über die Rolle, welche Anjou in
den Ivi-euzzügen spielte 2") . Schliesslich ist hier zu erwähnen,
dass der Streit zwischen Sepp und Prutz, dessen wir das vorige-
mal gedachten , noch eine Auseinandersetzung zwischen Gilde-
MEiSTER. und Sepp 2&), sowie eine Erklärung Röhricht' s^s) veran-
lasst hat.
Auf naturwissenschaftlichem Gebiete sind diesmal zwei her-
vorragende Leistungen von Fachgelehrten anzuführen : die
hübsche Arbeit, in Avelcher Böttger «^o) einen interessanten Theil
der Thierfauna von Syrien und Palästina aus reichem Materiale
wissenschaftlich bestimmt, und Kling gräff's ^i) Übersicht der
24) K. Herquet, Chronologie der Grossmeister des Hospitaloi'dens wäh-
rend der Kreuzzüge. Berlin Schlesier, ISSU. 45 pp. 8. — Hec. von Dela-
ville Le Roulx in Revue historique, Mai- Juni 1880.
25) Bibliotheque des Ecoles francaises dAthenes etfdesRome. XIX^ fasc.
F. Delaborde, Chartes de terre sainte provenant de l'abbaye de Notre-Dame de
Josaphat. Paris (E. Thorin) 1880. IV, 153 pp. 8. Rec. von Riant in Bi-
bliotheque de l'Ecole des chartes, XLII. 1881.
26) Louis Chevalier-Lagenissiere, Histoire de l'eveche deBethleem. Paris
Dumoulinj. — Rec. in Revue critique 13. Sept. 1S8U p. 206.
27; Eusebe Pavie, L' Anjou dans la lutte de la chretiente contre l'Isla-
misme. Premiere partie. Les pelerinages en Terre Sainte et les croisades.
Angers 1880. 395 pp. 8. — Vgl. Revue critique 29. Nov. 1880.
28) Beilage zur Zeitschrift des Deutschen Palästina- Vereins. 3, Heft 4.
4 pp. 8.
20; R. Röhricht, Erklärung: ZDPV. 1880 p. 53.
30j Dr. Oskar Böttger, Die Reptilien und Amphibien von Syrien, Palä-
stina und Cypern. Mit einer Tafel und einem Situationsplan des Krokodil-
flusses. Se])arat-Abdruck aus dem Jahresbericht der Senckenbergischen na-
turforschenden Gesellschaft 1870^ SO. Frankfurt am Main. (Druck von Mahlau
und Waldschmidt] 18S0. IV, 85 pp. 8.
31 C. J. V. Klinggräfl', Palästina und seine Vegetation: Oesterreichische
Botanische Zeitschrift XXX. Jahrgang. "Wien (C. Gerolds Sohn) 18*50 p. 23
—29; 54— öS; 04—98; 12S— 132 ; 150— 161 ; 197— 201 ; 227— 232 ; 252— 256.
— Reo. im Botan. Centralblatt von Uhlworm lS8i». Nr. 42/43, p. 1319.
133
Pflanzengeographie Palästina' s. Letztere besteht allerdings -we-
sentlich aus Anfzählnngen von Pflanzennamen, die hauptsächlich
den liotaniker von Fach interessircn dürften; jedoch ist auch
Getreidehau und IIolz wuchs im Allgemeinen berücksichtigt. Das
IJuch eines Italieners ^2 über biblische Zoologie kenne ich bloss
dem Titel nach. — Beobachtungen über die Witterungs Verhält-
nisse Palästina's müssen wir uns aus verschiedenartigen Quellen ^3)
zusammensuchen; ^vir hören, dass der kalte Winter 1879/ SO auch
dort mannigfachen Schaden angerichtet hat; Schnee fiel selbst
im Jordanthale. Beobachtungen über Windverhältnisse, Baro-
meterstand imd Regenmenge 3^) (1879 : 50 cm.) theilt ein Mitglied
der Tempelgemeinde mit.
Jedes Jahr tritt die Frage, was in Zukunft aus Palästina
werden solle, mehr und mehr in den Vordergrund. Die Ressourcen
des Landes werden dann und wann auch retrospective 3») unter-
sucht und besprochen 36] 37] _ Auch über Bodencultur erfahren
wir manche interessante Einzelheiten aus gelegentlichen Berich-
ten der Tempelcolonisten 3^] . Beispielsweise führe ich hier folgen-
des an: Die deutsche Colonie in Sarona bebaut dermalen 800
württembergische Morgen (ä circa 1/3 Hektar); davon sind unge-
fähr 200 Morgen Weinberge und Gartenland. Ein Morgen liefert
durchschnittlich 6 — 12 Ctr. guten AVeizen oder 10 Ctr. Gerste.
Die Hälfte des Ackerlandes wird mit diesen Getreidearten , die
andere mit Sesam, Welschkorn, Durra. Kartoffeln, Melonen be-
baut. Die Kartoffeln wurden am IG. März bestellt und waren am
16. Mai reif; ein Morgen lieferte circa 24 C"tr.; ein Rotl (6 Pfd.)
32) P. Cultrera, Fauna biblica, ovvero spregazione degli auimali menzio-
nati nella S. Scrittura. Palermo (tip. Lorsnaider; 18S0. VIII, 478 pp. 8. con
25 tavole. frcs. 7. Nach Schürer's ThLZ.).
So Vgl. Das heilige Land 18S0 JI p. 00; N. Nachrichten a. d. Morgen-
lande 1880 p. 78. 86. 129.
34) Correspondenz aus Sarona: Die Warte des Tempels 1880, Nr. 13.
35) The System of land tenure in ancient Palestine: Church Quarterly
Review. Juli 188U, p. 404—435.
3G A. Robin, De la Palestine; sea ressources agricoles et industrielles.
Paris (impr. Fillion) 1880. 16 pp. 8. (Nach Petermann's Mitth.).
37; Landesproductc Palästinas mit Rücksicht auf Colonisation. Von Bau-
rath Schick in Jerusalem : üesterreichische Monatsschrift für den Orient
1"). August 1S80, p. 129—131; 15. October, p. 102—165; 15. November
p. 17 5—180.
38) Correspondenz aus Sarona: Die Warte des Tempels 1880, Nr. 33.
134
konnte ä 3 Piaster (45 Pf.) verkauft werden. Bei 40 Morgen
Landbesitz hat eine Familie ihr gutes Auskommen : ein Morgen
gutes Landes gilt 10 — 12 Napol., geringeres 3 — 6 Napol. Der
Ertrag an Gurken war so ausgiebig, dass ein Rotl Gurken im
Preise zuletzt auf Y^ Piaster (2 Pf.) fiel. AVährend die deutsche
Colonie bei Jäfa ^9) und eine in der Nähe am 'Audsche-Fluss ge-
gründete jüdische Niederlassung ^o) relativ blühen, kommen von
der deutschen Colonie bei Haifa Berichte über schwere Geldver-
legenheiten ^^i. Der Umstand, dass europäische Colonisten in
Palästina mehr oder weniger von den Eingeborenen abhängig
sind, und falls sie geschädigt und beleidigt Avorden , bei den tür-
kischen Gerichten nur mit Mühe ihr Recht erlangen können *-) ,
muss die Anhänger von weiteren Colonisationsprojecten immer
wieder stutzig machen. Zwar sucht uns ein langjähriger Be-
obachter der dortigen ^ orhältnisse davon zu überzeugen, dass in
den letzten 30 Jahren durch die Zunahme des europäischen Ein-
flusses, was Sitten und Einrichtungen betreffe , bedeutende Fort-
schritte gemacht worden seien ^3, . Wir sind jedoch der Ansicht,
dass erst manches noch gründlich gebessert Averden müsste . be-
vor europäische Ansiedler sich in Palästina sicher vmd geborgen
fühlen können. Die Streitfrage, ob die Inhandnahme der C'oloni-
sation möglich, ist besonders in England, und zwar theilweise in
Verquickung mit religiösen Erwartungen besprochen worden ^^ *^ ;
Stracey^'') bringt sogar in Anregung, dem Sultan Palästina ein-
fach abzukaufen ! Die bedeutendsten Bemühungen in dieser Hin-
39) Orientpost: Warte 1880, Nr. 7. 10. 20. 31.
40j Orientpost aus Jerusalem. Die israelitische Kolonie im Audjehthale :
Warte 1S80, Nr. 27.
41,1 Die deutsche Colonie in Haifa am Fusse des Karmel : Beil. zur AUg.
Augsb. Z. 20. Jan. 1880, p. 286.
42) Türkische Justiz: Warte 1880, Nr. 32.
43 Fortschritte der Civilisation in Palästina in den letzten 2ö Jahren.
Von Baurath C. Schick: Oesterr. Monatsschr. für den Orient 15 Jänner l'S80,
p. 10— i:j; lö. April p. 62—66. — Vgl. Statements 1880. p. 187 — 188.
44) B. Walker, The future of Palestine as a prohlem of international policy
and in connection with the requiremonts of Christianity and the expectation
of the Jews. London Nisbet, ISSO. 204 pp. 8. sh.5.
45) James Neil, Palestine repeopled, a sign of the times. 7. ed. London
(Nisbet). (Umschlag der Statements Jan. 1S80 .
•16 W. J. Stracey, Palestine as it is, and as it might be. Extracted from a
letter to the »Times«): Statements 1880, p. 241—242.
13.')
sieht sind von Oliphant *'') ausgegangen. Dieser plaidirt in einem
besonderen lynche lebhaft für die Anlage einer grossen jüdischen
C'olonie im Ostjordanlande; zuerst will er den Versuch zwischen
dem Arnon und Jabbok machen, in einem Landstrich, für dessen
reiches Alluvium imd Wasserfülle er begeistert ist ; übrigens ge-
höre dieses Land der Regierung (? !), und es würden somit keine
fremden Literessen geschädigt. Auch das Ghor Seisebän müsse
in die Colonie eingeschlossen werden ; überhaupt müsse das
Jordanthal als eine Art Treibhaus dienen, und selbst die minera-
lischen Bestandtheile des todten Meeres (Kalium) müssten von
den Colonisten ausgenutzt werden. Als Communicationsstrasse
würde eine Eisenbahn von Haifa aus gebaut (s. d. Kärtchen
p. 302); von Tiberias aus würde eine Seitenlinie nach Damaskus,
vom Südende des todten Meeres eine solche nach 'Akaba einer-
seits, nach Ismailija am Suezkanal andrerseits hergestellt Aver-
den. Eine zu gründende Bank würde den Colonisten zu billigen
Zinsen Geld verschaffen. Oliphant berechnet die Anlagekosten
des Ganzen auf eine Million Pfund Sterl. Es scheint jedoch,
dass die K»etreibung der ganzen Sache in Constantinopel auf Wi-
derstand gestossen ist (obwohl in dem Buche bereits ganz unver-
hohlen eine gewisse Summe für Bestechung ausgesetzt ist!); vor
allem aber scheinen die Juden selbst eine merkwürdig lahme Be-
geisterung für dieses Project an den Tag zu legen.
In dem Buche von Oliphant scheint mir besonders ein
Hauptagens unberührt geblieben zu sein, das am segensreichsten
auf die Weiterentwicklung des Landes einzuwirken im Stande
wäre : die Erziehung der Landeseingeborenen. Ein anschauliches
lUld der protestantischen Missionsthätigkeit findet sich in einer
bereits vor Jahren erschienenen Brochure^''^. Pastor Baarts hat
eine Fortsetzung seiner früheren Arbeit geliefert und schildert
uns diesmal die Missionsbestrebungen im Libanon . in Damascus
xuid im Haurän^ö). Auch ein Bericht über die Schule am Zion
47) Laurence Oliphant, The T.and of Gilcad with excursions in the Le-
banon. Edinburgh and London "William Blackwood and sons ISSU. XXXVII,
538 pp. 8. Mit Karten und Holzschnitten; sh. 21. — Rec. in Athenaeum
1. Jan. ISSl, p. 13; von W. Simpson in Academy 8. Jan. 1881, p. 22; Beil.
zur AUgem. Augsb. Z. 8. April ISSl, p. 1441 ; the colonisation of Palestine:
Statements ISSü, p. 110— llS.
48) Missionsbilder. Asien. 1. Syrien und Palästina. Calw 187(3.
49) Vgl. Jahresbericht ZDPV. 3, Nr. 67 (p. 73). Evangelische Missions-
136
liegt wiedenini ;Vor ^o] , — Aus dem Wirkungsfekle der katholi-
schen Mission ^1) wird unter Anderem berichtet, dass die Custodie
des heiligen Landes vierzig Residenzen umfasst^^i ^[q yon mehr
als 300 Franciskanern bewohnt werden, dass die Knabenschulen
derselben von 1444, die Mädchenschulen von 1122 Kindern be-
sucht Averden. Ein anderer Artikel zählt die 17 vom Weltklerus
bedienten, vom Patriarchat unterhaltenen Stationen auf ^3; ; ein
dritter führt die hervorragendsten maronitischen Geistlichen
vor 5^ I ,
\yenn nun auch in grösseren lievölkerungscentren oder in
Dörfern , die von Christen bewohnt werden . bereits einige Ein-
Avirkung der Mission zu verspüren ist , so ändert sich daneben
zum Avenigsten bei der muslimischen Bauernbevölkerung nicht
das geringste. Die Leser unserer Zeitschrift haben gewiss mit
Vergnügen den ersten der Aufsätze Klein's ^s) gelesen, welcher
uns das Leben und Treiben der palästinensischen Fellachen schil-
dert. Ich kann nicht umhin , bei dieser Gelegenheit auch auf
Goldziher's Arbeit über die muslimischen -Heiligen ^6) hinzu-
weisen , weil dieses Thema in Verbindung mit gewissen Be-
hauptungen in Betreff der Fellachen öfters berührt worden ist.
Man muss sich bekanntlich davor hüten . alle heutigen Zustände
als bereits auch im Alterthnm dagewesene vorauszusetzen. Den
Inhalt einer Arbeit von Marmy^'^ kenne ich leider nicht. Wäh-
arbeiten in Beirut und ausserhalb Beirut : N. Nachrichten aus dem Morgen-
lande ISSO, p. 95—112.
50) Joh. Zeller, Jahresbericht des Bischof Gobat'schen Waisenhauses auf
Zion : N. Nachrichten a. d. Morgenlande ISSO, p. 120 — l'.Vi.
51; Nachrichten aus dem h. Lande: Das heilige Land 18S0 ;I) p. 19 fg.;
;III) p. 89 fg.
52) Vergl. Jahresbericht ZDPV. 3, Nr. <1S p.T3 . Die "Wirksamkeit der
Patres Franziskaner im h. Lande Schluss;: Das heilige Land ISSO I) p. 5 — 12.
ö'.i] Die katholische Mission in Palästina (Schreiben des Patriarchen):
Das heilige Land 1880 (IIj, p. 33—42.
54j Gatt, Die maronitische Hierarchie. Das heilige Tiand ISSO IV),
p. 122—124.
55) F. A. Klein, Mittheilungen über Leben, Sitten und Gebräuche der
Fellachen in Palästina: ZDPV. 3, p. luO— 115.
5ü) Ignace Goldziher, Le culte des saints chez les musulmans : Revue de
l'histoire des religions. Premiere annee 1S*^0. Tome II, Nr. 6, p. 257—351.
57 J. Marmy. Souvenirs de la Turquie d'Asie. Etudes de mc^urs orien-
137
rend die Studien von Fenton ••^ als in vieler Beziehung schief und
versch-wommen zu bezeichnen sind, können Avir dagegen die neue
Auflage eines bei uns ziemlich unbekannten anonymen liuches ^'•^)
nur empfehlen, wenigstens was die ersten vier lülcher betrifft .
Es Averden in denselben eine Anzahl trefflicher Belege zu den
biblischen Privatalterthümern geliefert; die Citate sowohl als die
Illustrationen sind aus den besten englischen Reisen in den Orient
geschöpft. In Buch 1 werden die Wohnungen und Gebäude
(Zelte , Häuser, Paläste , Gräber) , in Buch 2 Nahrung und Klei-
dung, in Buch 3 sociale Gebräuche , in Buch 4 Beschäftigungen
und Professionen vorgeführt; der 5. Abschnitt, die religiösen
Alterthümer betreffend, ist indess, wie gesagt, ungenügend.
Zur Kimstgeschichte übergehend haben wir zunächst zu be-
richten, dass die früher besprochene in Gazza gefundene Colossal-
statue , über welche in den verschiedensten Blättern Berichte zu
lesen waren ^o] . nun mit vieler Mühe nach Jafa, und von dort nach
Constantinopel transportirt worden ist. Der Notiz über den Mo-
saikfund hinter dem Ölberg f^i) habe ich beizufügen, dass der Name
der betreffenden Örtlichkeit nach Erkundigungen von Schick
arabisch Chirbet Inkäschi (».xilÄj! sie' lautet. Es erscheint nicht
übei-flüssig . von Zeit zu Zeit auf die Nothwendigkeit genauer
Transcription hinzuweisen 6-) . — Einen alten Sarcophag aus den
Königsgräbern für de Saulcy die ächten!) und einige kleinere
tales. Lyon ;impr. Riston) 1879. -13 pp. 8. Aus den Memoires de l'Academie
des sciences de Lyon VoL XXIV. (Nach Petermann's Mitth.;.
5S) J. Fenton , Early Hebrew life : a study of sociology. London (Trübner)
1S80. 120 pp. S. sh. 5. — Eec. von W. H. Simpson in Academy 4. Dec. ISSO,
p. 398; vgl. Athenaeura 12. März 1881 p. 363; von VioUet in Revue critique
1881, Nr. 15.
59' Scripture manners and customs : being an account of the domestic
habits, arts. etc., of eastern nations, mentioned in holy scripture illustrated
by extracts from the works of travellers. Published under the direction of
the committee of general literature and education appointed by the Society
for promoting Christian knowledge. Sixteenth edition London (Society for
prom. ehr. kn.) o. U. XXXIV, öhl pp. s.
(>U Statuarischer Fund bei Gaza: Archäologische Zeitung Jahrg. XXXVII,
1879 Berlin 1880) p. 198. Vgl. Statements 1880, p. 7 — 9; Revue critique
(i. December 1880; Revue de l'histoire des religions 2.annee torae 3 p. 127 ;
ZÜPV. 3, p. 250.
()l; Correspondenz aus Jerusalem: ZDPV. 3. p. 2-^0.
62 Das Transcriptionsalphabet : ZDPV. 3, p. -'12.
138
Fragmente von Alterthümern hat de Saulcy ^3) beschrieben. —
Die Frage nach dem Maasse der jüdischen Elle 6*) ist aufs neue
aufgetaucht.
Die Aufgabe , die Resultate der bisherigen historischen,
archäologischen und geographischen Forschungen über Palästina
in der Form eines Handbuches für das grössere Publikum zu be-
arbeiten, scheint im jetzigen Augenblick besonders lockend, wird
aber öfters zu vorschnell als eine leichte aufgefasst. In dieser
Beziehung ist namentlich zu rügen , dass Conder ^5) in der Vor-
rede zu seinem (in kurzer Zeit in zweiter Auflage erschienenen)
Handbuche erklärt, dass seinen Resultaten in Zukunft wohl eini-
ges beigefügt werden könne ; dass aber zu hoffen sei. dass wenig
auszumerzen sein werde ! Überblicken wir rasch dieses Muster-
buch, das über alles und jedes Aufschluss geben will. Dasselbe
beginnt p. XHl mit einer das althebräische Alphabet enthalten-
den Tafel, die jeder Beschreibung spottet. Die beiden ersten
Kapitel enthalten sodann die biblische Chronologie; p. 50 enthält
sogar die Liste der Hohenpriester von Aaron an (nämlich nach
1 Chron. 6, 3fg. ; die dort fehlende Chronologie nach Jahren der
Welt ist gewissenhaft beigefügt , und man ersieht daraus . dass
die 8 Hohenpriester von Pinchas I. bis Eli von 3333 — 3679, also
im Durchschnitt je 43Y4 Jahr amtirt haben. — Psalmenausleger
wird es interessiren , dass die vier ersten Bücher der Psalmen —
wie es scheint, sämmtlich von David — 3799 der "Welt verfasst
sind, das fünfte Buch dagegen 4293 oder 5 1 7 v. Chr. j . Im 3. Kap.
folgt die Metrologie ; die meisten Münzen sind sehr schlecht ge-
zeichnet. 4. Kap. : das jüdische Jahr; 5. Kap. : das jüdische Ri-
tual; 6. Kap.: die Regierung der Hebräer; 7. Kap.: Steuern,
Zölle und Opfel'; 8. Kap. : Kunst und Wissenschaft; 9. Kap. :
das sociale Leben. Der Verfasser beweist in diesem ersten Theil,
63) F. de Saulcy , Fragments d'art judaique: Gazette archeologique V.
Paris 1879, p. 2(il— 2G3, pl. 36.
64) Conder, Length ofthe cubit: Statements 1880 p. 98—100.
65) Vergl. Jahresbericht ZDPV. 3, Nr. 46 p. 69 . F. R. Conder and
C. R. Conder, A handbuok to the bible : being a guide to the study of the
hoiy scriptures ; derived from ancient monuments and modern exploration.
Second edition. London (Longmans, Green and Co.) 1880. XVIII, 439 pp.
8. Mit Karten und Plänen. — Kec in Athenaeum 24. Jan. 18S0, p. 11";
vergl. Acadomy 13. Dec. 1879.
139
dass ihm die ■wissenschaftlichen Probleme , um die es sich han-
delt, gänzlich unbekannt sind. — Der zweite Theil des Buches
umfasst die Geographie. 1. Kap.: physische Beschreibung des
heiligen Landes, enthält nichts Neues von Belang. 2 — 6. Kap.
führen uns Palästina vor der Eroberung . dann unter die Stämme
vertheilt , unter Richter und Königen , unter den Hasmonäern,
und zu Christi Zeit vor, wobei der Text theilweise durch Kärt-
chen erläutert Avird ; freilich sind viele Identificationen bedenk-
lich. Auch bei Kap. 7 Jerusalem und Kap. 8 der Tempel wird
manches sehr Unsichere als wissenschaftliches Resultat vorge-
tragen. Hierauf folgt eine Liste der Städte von Juda und Benja-
min ; dann eine Aufzählung der biblischen Thiere und Pflanzen
(auch mit hebräischer und arabischer Nomenclatur); zum Schlüsse
(p. 400 — 428) der Lidex der geographischen Eigennamen der
Bibel mit den Identificationen und Verweisungen auf die vorher-
gehenden Kapitel. Multa non multum ! In sprachlicher Hinsicht
ist das Buch mehr als ungenügend.
Bescheidener tritt Whitney ^'^j {j^ seinem schon vor dem Be-
richtsjahr erschienenen Buche auf; die Vorrede ist sogar vom
Jahre 1S70 datirt. Das Werk enthält ein alphabetisch geordnetes
Verzeichniss der biblischen Orts- (und Stämme) namen. Auf den
Eigennamen folgt die Nummer der Karte , auf welcher der Ort
zu suchen ist ; dann die Bedeutung des Namens , die Lage des
Ortes ; dann Geschichtliches , moderner Name , moderne Be-
schaff'enheit. Das Buch ist fleissig gearbeitet ; die Karten freilich
sind jetzt veraltet.
An dritter Stelle ist das Handbuch von Schaff 6^) zu nennen.
Dasselbe sticht von den vorhergenannten dadurch vortheilhaft
ab. dass es viel universeller gehalten und dass der Verfasser auch
mit deutscher Wissenschaft bekannt ist. Das Werk ist etwa in
6(j; Kev. George H.Whitney, Hand-book of Bible geography; containing
the name, pronounciation, and meaningof every place, nation. and tribe nien-
tioned in both the canonical and apocryphal scriptures. "With description and
historical notes. Illustrated by nearly one hundred engravings , and forty
maps and plans. Third edition. London Hodder and Stoughton) 1S77.
40] pp. S.
67 P. Schaft', A dictionary of the Bible ; including biography, natural
history, geography, topography, archaeology, and literature. "With 12 colored
maps and over four hundred illustrations. Philadelphia American Sunday
SchoolUnioni(1880). 958 pp. 8. doli. 2,50.
140
der Art von Riehm's Handwörterbuch . nur bedeutend populärer
gehalten: trotz der zahlreichen Holzschnitte zeichnet es sich
durch billigen Preis aus. —
Die Aufzählung der in die Kategorie der Pilgerreisen ge-
hörenden Publikationen eröffnen wir mit dem Hinweis auf eine
kleine Abhandlung Steck's^*^), in welcher die Richtung des Pil-
gerwegs von Galiläa über Peräa, gegen die Behauptung von Jose-
phus Arch. XX. 6, 1 (durch Samarien als die gcAvölinliche er-
wiesen wird. In einer nützlichen kleinen Brochüre erörtert
Grundt^^) mit sorgfältiger Quellenangabe sämmtliche Sagen,
welche sich an die Reise der Kaiserin Helena nach Jerusalem
knüpften, und weist nach, wie vieles in den über sie erhaltenen
Berichten auf späterer Ausschmückung beruht.
Es ist unnöthig. auf die Wichtigkeit der beiden grossen neuen
Publicationen . welche die Pilgerfahrtenliteratur so wesentlich
fördern, näher einzugehen. Im letzten Hefte unsrer Zeitschrift
hat CoNRADi die A'erdienstlichkeit der Herausgabe der nun voll-
ständig erschienenen älteren Itinera latina von Tobler und Moli-
NiER '^Oj hervorgehoben ; eine ausführliche Besprechung der deut-
schen Pilgerreisen von Röhricht und Meissner"') wird ebenfalls
unsere Zeitschrift bringen. Aus dem letztgenannten wichtigen
Buche möchte ich hier bloss die hübsche Einleitung hervorheben
(p. 1 — 42) , in welcher beschrieben wird, wie die Wallfahrten nach
der Kreuzfahrerzeit vor sich gingen: sodann kann ich nicht umhin.
68) R. Steck, Der Pilgerweg der Galilaeer nach Jerusalem : Jahrb. für
Protest. Theol. Leipzig 18S0 (VI;, p. 706—716.
69) Friedrich Grundt , Kaiserin Helena's Pilgerfahrt nach dem heiligen
I^ande Programm des Gymnasiums zum heiligen Kreuz in üresdenj. Dresden
(I^ehmann'sche Buchdruckerei 187S. 11 pp. 4. — Reo. von C. Siegfried in
Hilgenfeld'a Z. f. wiss. Theol. 23. Jahrg. 1880 (3), p. 374.
70) Vergl. Jahresbericht ZDPV. I, p. 30, Nr. 3. Itinera Hierosolymitana
et descriptiones terrae sanctae bellis sacris anteriora et latina lingua exarata
Humplibus Sücietatis illuslrandis orientis latini monumenti.s ediderunt Titus
Tobler et Augustus Molinier I. Genevae (typis J. G. Fick) 1879. LV, 418 pp.
8. — Rec. in LCB. 25. Sept. 1880, Sp. 1285; von Schürer in ThLZ. 20. Nov.
18S0, Sp. 582 ; von Heyd in GGA. 3. Nov. 18S0, p. L'HT; von L. Conrady in
ZDPV. 1. p. 120.
71) Röhricht und Meissner, Deutsche Pilgerreisen nach dem heiligen
Lande herausgegeben und erläutert. Berlin Weidmann; 18b0. 712 pp. 8. —
Rec. in TX'B. 23. Oct. 1880, Sp. 1412; von Heyd in GGA. 2. und 9. Februar
1"381, p. 132; von Furrer in Schürer's ThLZ. 1S^?1, Sp. 205.
141
die Ergänzungen und Nachträge zu Tobi.er's Bibliographie bis
1877 (p.547 — 64S) als eine höchst dankenswerthe Leistung freudig
zu hegrüssen. Es ist diese über 1000 Nummern umfassende Liste
als ein ebenbürtiges Seitenstück zu Tobler's Arbeit zu bezeich-
nen ; auch die russische Literatur ist nach Chitroa\o und Foxo-
mar Fnv "-; berücksichtigt; Steinschneider hat interessante Mit-
theilungen aus der jüdischen Literatur beigesteuert. Sorgfältige
Register (p. 656 — 711. zweispaltig!) erhöhen den Werth des
ganzen Werkes.
Eine neue Ausgabe der Palästinafahrt des Herrn von An-
GLURE ^^) ist dinch die Auffindung einer bedeutend abweichenden
Handschrift, die in Metz geschrieben ist und sich nun in der Bib-
liothek von Epinal befindet , veranlasst worden. Li der VoiTede
zu dieser hübsch ausgestatteten Publication werden historische
und genealogische Aufschlüsse über jenen Wallfahrer Ogier ^'HI
von AxGLURE gegeben. Seine Reise ging über Rhodus . Beimt,
Jaffa. Ramie, Jerusalem, den Jordan, Gazza, den Sinai, Cypern,
Rhodus, Venedig. Als Appendix wird eine Nomenclatur der
^heiligen Orte von Jerusalem und seinen Umgebungen aus dem
Manuscript de 1" Arsenal 4797 gegeben. Das ganze Buch hat einen
guten Index. — Aus der früher erwähnten Reise von Kait Bei
hat Gildemeister"'*) das wichtigste hervorgehoben. Eine von
INKrtinov (s. o. p, 130) angeführte Publication ist mir leider
nicht zu Gesicht gekommen; sie enthält einen phototypographi-
schen Druck des nach Tobler's Bibliographie p. 233) aus dem
Jahre 14 SO stammenden Tractatulus totius sacrae historiae eluci-
72) Vergl. Jahresbericht ZDPV. p. 76 (Nr. 93). Der genauere Titel
dieser in russischer Sprache geschriebenen Abhandlung lautet: Jerusalim i
Palestina w russkoi literaturje naukje shiwopisi i perewodach materialv dlja
bibliografii Jerusalem und Palästina in der russischen Literatur, "Wissen-
schaft u. Malerei. Übersetzungen. VonS.Ponomarewa. Beilage zum dreissig-
sten Theil der Memoiren der kaiserl. Acad. d. AVissenschaften Sapiski Akad.
Nauk;. Nr. 1. St. Petersburg 1S77. XX, 128pp. S. — Die sehr fleissige
bibliographische Arbeit zählt mit Ausschluss der Nachträge, 924 Nummern
von Publicationen über Palästina auf.
73; l,e saint voyage de Jherusalem du Seigneur d'Anglure public par
Fran9ois Bonnardot et Auguste Longnon. Paris Firmin Didot IST^. LXXVIll,
178 pp. S. iSociete des anciens te.xtes francais .
74, Vgl. Jahresbericht ZDPV. 2, p. DL Nr. 5. Lanzone etc. besprochen
von J. Gildemeister in ZDPV. 3, p. 240.
142
(lativus u. s. w.'^) Gildemeister macht mich darauf aufmerksam,
(lass sich in »De passagiis in Terram sanctam excerpta« '^) ein in-
teressanter und brauchbarer Plan von Acco finde. Kurze Mit-
theihingen über palästinensische Culturzustände während der
Mitte des 17. und Anfangs des 18. Jahrh. hat Steinschneider")
geliefert.
Die hervorragendste Novität des Berichtjahres ist unstreitig
die endlich nach vielen Bemühungen"^) erfolgte Veröffentlichung
der grossen Karte des cisjordanischen Landes nach den Vermes-
sungen der englischen Ingenieure "■•) . Den ersten Eindruck, wel-
chen Referent von diesem Kartenwerke erhielt , hat er bereits in
dieser Zeitschrift zu Worte kommen lassen. Leider fallen gewisse
Mängel der Karte , namentlich die Undeutlichkeit vieler Legen-
den , bei näherer Besichtigung immer mehr auf. Das Lob , wel-
ches englische Zeitungen dem Werke spenden ^ö), ist daher eher
übertrieben. Ein Urtheil über die topographische Genauigkeit
der Aufnahme wage ich noch nicht abzugeben; doch scheint
für dieselbe zu sprechen, dass Warren's *i) Länge- und Breitebe-
rechnungen nur unbedeutende Abweichungen zeigen. Was
ausser diesem, wohl auf Jahrzehnte hinaus massgebenden
75) Prologus Arminensis in raappam Terre Sancte. fol., I et. II me livrai-
sons. Publication de la Societe de l'Orient latin.
76) Jahresbericht ZDPV. 3, Nr. 35 (p. 67).
77) Beiträge zur Palästinakunde aus neueren jüdischen Quellen. I. u.U.
Mitgetheilt von M. Steinschneider: ZDPV. 3, p. 220—233.
78) The Survey of Palestine : Athenaeum 19. Juni 1880, p. 793 ; 26. Juni
p. S26.
79] Map of Westei'n Palestine in 26 sheets from surveys conducted for
the committee of the Palestine Exploration Fund by Lieutenants C. R. Conder
and H. H. Kitchener. R. E. during the years 1872 — 1877. Scale: one inch
to a mile = ^■s^^,-^. Photozincographed and printed for the committee under
the superintendence of Lt. Col. Carey. 11. pj. at the ordnance survey office
Southampton, colonel Cooke C. B., R. E., director by permission of the first
commissioner of H. M. works. London 1880. — Rec. von A. Socin in
ZDPV. 3, p. 179.
bO) The survey of western Palestine: Statements 1880, p. 200—206.
Sl) Warren, Limits of error in latitudes and longitudes of places obtained
during the reconnaissances made in Palestine: Statements 1S80, p. 243 — 246;
vgl. auch p. 17J.
143
Werke an Karten zu verzeichnen ist, hat keinen selbstständigen
Werths2)S3).
Das vom Referenten verfasste Reisehandbuch **) hat eine neue
Auflage erlebt : bei dieser Gelegenheit wurde in den praktischen
Rathschlägen manches verbessert. Ein specifisch katholisches
Gegenstück zu meinem Buche hat Fahrngruber ^^) , (gewesener
Rector des österreichischen Pilgerhauses in Jerusalem) hei-ge-
stellt ; historische Kritik ist darin, wie bei dem gleichartigen fran-
zösischen Führer von Lievin grundsätzlich vermieden ; dennoch
ist mein Buch ziemlich stark benutzt. Einige Illustrationen sind
gut, Karten und Pläne mittelmässig. Die Pilger werden von
Jerusalem nordwärts bloss über Nazareth , Tiberias , Tyrus nach
Beirut geführt. Der Stil des Buches lässt nicht selten zu wün-
schen übrig.
Ein hervorragendes Prachtwerk über Palästina ^6) ist gegen-
wärtig, so viel ich weiss , noch im Erscheinen begriffen. Nach
einer Notiz der Academy soll das Werk in 40 Lieferungen er-
scheinen und 40 Original- Stahlstiche, sowie 600 Holzschnitte
nach neuen besonders zu diesem Zwecke in Palästina aufgenom-
menen Zeichnungen enthalten. Jeder Theil des Werkes ist Spe-
ciahsten anvertraut : Rogers hat Egypten, Holland den Sinai zu
82) Streich, Handkarte zur biblischen Geographie, mit besonderer Be-
rücksichtigung des heiligen Landes. Esslingen (Weismann) 1S79. M. 0,30.
Nach Petermann' s Mittheilungen.
83) Kichard Andree, Allgemeiner Handatlas in 86 Karten mit erläutern-
dem Text. Bielefeld und Leipzig (Velhagen & Klasing) 9. Lief. 1S81. Pa-
lästina.
84) Palästina und Syrien. Handbuch für Reisende herausgegeben von
Karl Baedeker. Mit IS Karten, 44 Plänen, 1 Panorama von Jerusalem und
lU Ansichten. Zweite verbesserte und vermelu-te Autlage. Leipzig Karl Bae-
deker) 1880. CLIV, 517 pp. 8. M. lü. — Kec. von Furrer in ZDPV. 3,
p. 244.
85) Joh. Fahrngruber, Nach Jerusalem. Ein Führer für Pilgerfahrten und
Keisen nach und in dem heiligen Lande. Mit vielen Illustrationen, Karten,
Plänen und Grundrissen. Würzburg (Leo AVörl; o. D. XXXI, 474 pp. 8. —
Ilec. von W. A. Neumann in Oesterr. Monatsschrift f. d. Orient 15. Sept.
1880 p. 155. Vgl. auch Das heilige Land 1880 (IV) p. 129.
86) Picturesquc Palestine, Sinai and Egypt. Editcd by Colonel Wilson,
R. E. etc., assisted by the most eminent Palestine explorers of the day. With
an introduction by the very rev. Dean Stanley. London (Virtue & Co.) 188U
(?) 40 parts ä sh. 2,6.
Ztschr. d. Pal.-Ver. IV. JQ
144
schildern übernommen ; Palmer beschreibt die Gegend von
Hebron bis zur Wüste Sin; Cokder die Gegend nördlich von
Jerusalem bis Samarien. Als Mitarbeiter wirken ausserdem mit :
Tristram, Miss Rogers, AVarren, Scharf, Jessop, Wilson ; die
Einleitung ist vom Dean Stanley. Nach diesen Namen zu
schliessen, wird das Werk wohl das Beste bieten, was überhaupt
auf diesem Gebiet in England geschaffen werden kann. Eine
deutsche Bearbeitung des genannten Prachtwerks ist von Ebers
und Guthe übernommen Avorden. Nach den bereits erschienenen
Heften der deutschen Bearbeitung zu schliessen, wird das Werk
besonders eine Reihe trefflicher Illustrationen enthalten. Selbst
denen, welche wissen, wie grossartig heute die Photographie®^) zur
Veranschaulichung des vorderen Orients beiträgt, wird hier man-
ches Neue geboten.
l^evor wir zur Touristenliteratur übergehen , ist noch zu er-
wähnen, dass Coxder's ®*) Tent work in einerneuen billigeren Aus-
gabe und mit einem Zusatzartikel (über die Zukunft Palästina's)
erschienen und auch in holländischer Sprache ^^] überarbeitet wor-
den ist. Von neueren Reiseskizzen aus Palästina sind mir fol-
gende , meist bloss dem Titel nach, bekannt geworden : in eng-
lischer Sprache die von King 9^), Wood/"), Newton 92) , Dünn ^^),
87) Ich erlaube mir, bei dieser Gelegenheit darauf aufmerksam zu
machen, dass eine Keihe trefflicher Photogra])hien des englischen Explora-
tions-Fund durch deren Agenten Edward Stanford, 55 Charing Gross, Lon-
don , und eine ebenfalls sehr reichhaltige Sammlung von liildern des Photo-
graphen Bonfils in Beirut durch C. Detloffs Buchhandlung in Basel zu be-
ziehen ist.
88) Vergl. Jahresbericht ZDPV. 3, Nr. 84 (p. 75). C. R. Conder, Tent
work in Palestine, a record of discovery and adventure. New edition in 1 vol.
with corrections by the author and an additional chapter on the »Future of
Palestine«. sh. 7, 6. (Umschlag der Statements Oct. 1880.)
89) Volledige beschrijving van het Heilige Land. Uit het Engelsch ver-
taald door C. M. A. Douglas Lt. der Infanterie. Met 29 gravures en 3 Kar-
ten. In twee deeln. W. K. Schneider. Hertogenbosch IST'J en 1880. — Reo.
von A. Oort in Theologisch Tijdschrift (14), 1880, p. 369.
90) Rev. James King authorised lecturer to the Palestine Exploration
Fund), Palestine as it is. Notes on a recent journey made to the holy land.
(Umschlag der Statements 1880.)
91) W. S. Wood, An eastern afterglow ; or, presents aspects of sacred
scenerv. Bell. 10 sh. 'Academv 3. Juli IS'-'O,.
92, R. Newton, Rambles in Bible lands. London iWesleyan Conf. Off.)
1880. 288 pp. 16. i'Petermann's Mitth.).
93) L. A. Dünn, Footprints of the Redeemer in recent researches in the
145
DE Hass 94) und ein anonymes 'J^) Buch ; in französischer Sprache
die Reisebeschreibungen von Garnier ^^j ,. Tranchant^') und
BoNNELiERE 9S) ; in italienischer die von Romani 9'-') , in deutscher
die kurzen populären Reisenotizen von Reinicke ^oo) . In Betreff
von Alfaro's spanischer Reisebeschreibung ^^^) erfahre ich durch
die Güte Furrer's), dass der Verfasser derselben von der spani-
schen Regierung beauftragt war, die Archive Palästinas vmd
Constantinopels nach Documenten zu durchforschen , welche die
von Frankreich und Italien bestrittenen Rechte Spaniens an vie-
len Stiftungen in jenen Gegenden beglaubigen sollen. Die Reise-
beschreibung ist gemüthvoll, jedoch ohne wissenschaftliche An-
sprüche.
Gehen wir nun auf die Detailforschungen ein und beginnen
wir auch diesmal wieder mit Jerusalem , so müssen wir in erster
Linie auf den Artikel Jerusalem aufmerksam machen , welchen
Fr. W. Schultz ^02j fü^. ([[q zweite Ausgabe der HERzoa'schen
Encyclopädie bearbeitet hat. Gerade solche Versuche zeigen,
Avie bei den einschlägigen Streitfragen selbst grundlegende Vor-
aussetzungen immer wieder aufs Neue discutirt werden müssen.
So sehr wir manches Gute und Brauchbare in jener Zusammen-
holy land. Des Meines, Jowa, (Mills & Co.) 1880. 306 pp. 12. ^1.50.
(Schürer'sThLZ.j.
94; F. S. de Hass, Recent travels and explorations in Bible lands; illu-
strated with new maps and original eogravings. New York Phillips & HuntJ
1880. VI. 455 pp. 8. fSchürer's ThLZ.)
95) West and East; or, a tour through Europe and the holy land. Lon-
don 1878. 368 pp. 8. Mark 9.
96) E. Garnier, Jerusalem et laJudee; description de la Palestine. Tours
(Maine) 1879. 160 pp. 8. (Petermann's Mitth.).
97) C. Tranchant, Excursion en Palestine : Bulletin de la Soc de Geogr.
de l'Est 1879 Nr. 3 Petermann's Mitlh.)
98; F. Bonneliere, Souvenii's de mon pelerinage en terre-sainte. Kennes
(impr. Vatar) 1880, 428 pp. 8. Mit einer Karte.
99) G. Romani, Viaggio in Palestina e nell' Egitto. Como (tip. P. Osti-
nelli dei frat. Giorgetti; 1S79. 404 pp. 16. Fr. 3. fSchürer's ThLZ.).
100' Lic. Dr. Reinicke, Reiseskizzen aus dem heiligen Lande: N. Nach-
richten aus dem Morgenlande 1880, p. 1 18 — 129.
101) D. Manuel Ibo Alfaro, Jerusalem! Descripcion exacta y detallada
de los santos lugares. Madrid 1879. 416 pp. 8. Fr. 10(?).
102) Fr. W. Schultz, Jerusalem: Real- Encyclopädie für protestantische
Theologie und Kirche, herausgegeben von Herzog und Plitt. 6. Bd. Leipzig
1880 p. 538—575.
10*
146
stelhm^ finden, so thut es uns leid, zu sehen, dass Schultz den
Zion wieder auf dem Südwesthügel sucht. — Eine viel kürzere
Zusammenstellung der neuesten topographischen Forschungen
findet man in der Brochüre von Walther ^o^j. Eine kleine Epi-
sode aus der Geschichte Jerusalems ^ö^) ist, wohl für Kinder, wie-
derum heschriehen worden.
In Bezug auf die Topographie von Jerusalem liegen den Le-
sern unserer Zeitschrift zwei reichhaltige Artikel von Alten ^'^^)
und von Klaiber 'oiij vor; letzterer hat die Ergehnisse seiner For-
schungen m schlagender Weise am Schlüsse seiner Arbeit zu-
sammengestellt. Wenn es zum hessereu Verständniss der Schick'-
schen Terrainkarten des alten Jerusalem von Vortheil gewesen
wäre, die einzelnen festen Punkte, nach welchen die Curven ge-
zogen sind, namhaft zu machen, so ist doch zu rügen, dass Con-
der1''"i in seiner hierher gehörenden Arbeit auf jene Publicatiou
viel zu wenig Kücksicht genommen hat. Wenn dieser Aufsatz
Coxder's auch einiges Gute enthält, so spricht doch seine bereits
im vorigen Berichte erwähnte Hypothese in Betreff der Königs-
gräber lo^j . welcher Birch *o9) mit Recht entgegengetreten ist,
nicht gerade für topographischen Scharfsinn, ebensowenig seine
Notiz über die Davidstadt ^i^j^
Was den Tempel betrifft . so begrüssen wir es mit grosser
Freude, dass Smend^) in seiner Umarbeitung des Ezechielcom-
10.3) J. Walther, Etüde historique de la topographie de Jerusalem pen-
dant les temps bibliques. Orne dun plan explicatif. Geneve ilibr. E. Beroud
et Co. 1880). 38 pp. 8. — Rec. von Vuilleumier in Revue de theologie et de
Philosophie. Lausanne Juli 1880 (13 annee) p. 352.
104, Rev. Alfred J. Church, The story of the last days of Jerusalem from
Josephus. 18S0. Vergl. Academy 24. Dec. ISSO p. 457.
105) Baron von Alten; Die Davidstadt, der Salomoleich und die Gräber
der Könige in Jerusalem : ZDPV. 3. p. HO — 170.
100) Klaiber, Zion, Davidstadt und die Akra innerhalb des alten Jerusa-
lem. Erster Artikel : ZDPV. 3, p. 1S9-213.
107, Conder, The Tyropoeon Valley. Register of the rock levels Jeru-
salem : Statements ISSO, p. 77 — 91.
105, Jahresbericht ZDPV. 3 (p. 78) Nr. 111; jetzt auch abgedruckt in
Statements IsSO p. 101—103.
UiO W. F. Birch, The tomb of David, Zion and Josephus: Statements
1S8Ü p. 107—170.
HO) Conder, Notes on disputed points : Statements 1880 p. 228 — 230.
111) Der Prophet Ezcchiel erklärt von Rudolf Smend ( Kurzgefasstes
147
mentar's so ausführlicli auf die Frage eingeht, wie dieses Gebäude
nach Ez. 40 — 48 zu reconstriiiren sein möchte; gerade bei die-
sen schAvierigen Kapiteln darf man sich nicht immer auf den
textus receptus beiaifen. Wichtig erscheint auch Smend's An-
sicht, dass die Beschreibung wohl nach Zeichnungen gemacht
sei, die Ezechiel ausgeführt vor sich liegen hatte. Eine kurze
Notiz von Grätz ^'^j ist deswegen nicht ohne Interesse, weil darin
vielfach von dem unter dem Altar befindlichen lilutablaufsgang
die Rede ist. AusLoeb's ^^^i Aufstellungen über die alten Tempel-
thore ist nur zu bemerken . dass er die Huldapforte als Maul-
wurfsthor erklären will.
Dass der Streit, w^elcher sich in England zwischen Warren
und Fergusson erhoben hat , ein internationales Interesse bean-
spruchen könne , ist zu bezweifeln. Warren's ^^*) grosses Buch,
welches ich übrigens bloss aus Anzeigen kenne , ist wesentlich
eine Streitschrift gegen seines Gegners bekannte Theorien beson-
ders in Betreff des Herodianischen Tempels. Auch für Warren
ist der N.W. Hügel gleich Davids Stadt (Zioni und Akra, später
von den Maccabäern erniedrigt; der S.W. Hügel ist die Ober-
stadt des Josephus. Die Bibel, die Maccabäer-Bücher , sowie
JosEPHus verlegen den Tempelberg Moria (!) in den Osten. Was
die Psalmen betrifi"! , so A^iirden diejenigen, welche speciell den
Zion anführen, von David in der Zeit verfasst , wo Zion der hei-
lige Hügel war ; die Psalmen, welche nach dem Tempelbau ver-
fasst sind, nennen Zion bloss in Parallelismus. Von unsern Psal-
menauslegern dürften diese überraschenden Aufschlüsse wohl in
in eine Kategorie mit den oben erwähnten Conder's gestellt
werden.
exegetisches Handbuch zum Alten Testament. Achte Lieferung, zw-eite Auf-
lage , Leipzig iHirzel) ISSO, p. 316 fg. Mit Plan und Abbildungen. — Vgl.
dazu Kautzsch in Schürer's ThLZ. 6. Nov. ISSO Sp. 545.
112) H. Grätz, Eine dunkle Stelle in der Beschreibung der Tempelein-
richtung: Monatsschrift f. Geschichte u. "Wiss. d. Judenthums (29) 18S0,
p. 2S9-301.
113] Isidore Loeb, Les portes dans l'enceinte du temple d'Herode ISSO.
8 pp. 8. — Rec. von Clermont Ganneau in Revue critique S.November ISSO,
p. 3G1.
114) C. Warren , The temple er the tomb, London 'Bentley and son)
ISSO. — Rec. in Athenaeum 8. Jan. ISSl p. 52, von Mc. Gregor in Academy
8. Jan, ISSl p. 19. Vgl. Statements ISSO p. 129; Fergusson, The temple of
Jerusalem; Athenaeum 12 Febr. ISSl p. 231,
148
In den Statements ist eine Umarbeitung von Wilson's^'^)
Bemerkungen zur Tempelmauer erschienen, welche derselbe be-
reits vor einigen Jahren als einen Theil der revidirten Ausgabe
der Begleitschrift zum Ordnance Survey of Jerusalem (jetzt vor-
handen in der ]3ibliothek des DPV.) niedergeschrieben hat. Wil-
son geleitet den Leser um die Tempelmauer herum und führt
besonders den Thatbestand auf; dazu werden neun Pläne ge-
geben. Einige seiner Angaben sind von Warren ^i^) und Con-
DER^i'^) berichtigt worden ; aus der sich daran knüpfenden Dis-
cussion scheint uns jedoch hervorzugehen, dass noch immer unge-
heure Schwierigkeiten vorliegen, aus jenem Thatbestande histo-
rische Schlüsse auf die ]Jauzeit der einzelnen Theile zu ziehen. —
Einzelne Artikel über Bethso^'*), das heilige Grabii*^), die
Annenkirche '20j ^^d eine Schrift über den Kreuzweg i^i) sind
ohne wissenschaftlichen Werth. Eine Bemerkung Gildemei-
ster's i22j ^-eist nach, dass Ghassanidengräber nur in Folge davon
bei Jerusalem gesucht wurden , dass Joseph v. Hammer einige
arabische Verse falsch übersetzt hat. Über die Art der Auffindung
der grossen Siloainschrift ^23j j^^t Referent nach Schick'sI^s)
115) C. W. Wilson, The masom-y of the Haram wall: Statements 1880,
p. 9—65 (mit 9 Plänen); vgl. auch p. 195— 19G.
116) Warren, Notes on Colonel Wilson's paper on the masonry of the
Haram wall: Statements 1880 p. 159—166.
117) Conder, Notes on colonel Wilson's paper on the masonry of the
Haram wall: Statements 1880 p. 91—97.
118) S. Bcswick, The placed called Bethso : Statements 1880 p. 108—109.
1 19) Gatt, Zur wahren ursprünglichen Form des h. Grabes unseresHerrn :
Das heilige Land 1880 (VI) p. 193-201. (Vgl. Jahresber. ZDPV. 3, Nr. HO
p. 78).
120) Laurent de Saint-Agnan , Die St. Anna Kirche in Jerusalem: Das
heilige Land 1880 flV.) p. 111—118.
121) Der heilige Kreuzweg zu Jerusalem und die Kreuzweg-Andacht.
Von einem Priester der Erzdiöcese Köln. Nebst einem Anhang von fünf
Kreuzweg-Andachten. Mit einem Titelbilde (Ansicht von Jerusalem) und
i:« Illustrationen. Köln (H. Theissing) 1880. 60 Pf. Ich kenne diese Schrift
bloss aus Das heilige Land ISSO (III) p. 99 (IVj p. 131.
122j J. Gildemeister, Ghassanidengräber vor Jeru.salem : ZDPV. 3,
j). 176 — 177.
123; A. Socin, Eine neue Entdeckung in Jerusalem: ZDPV. 3 p. 54—55.
— Vgl. C. Schick, Pliocnician inscrij)tiün in tlie pool of Siloam : Statements
18S0p. 238—239.
149
Briefen Mittheihmg gemacht ; leider ist das Denkmal nicht un-
versehrt.
Zur Geographie des südlichen Palästina hat unsere Zeitschrift
einige hervorragende neue Beiträge gebracht. Als solche sind
zu bezeichnen der hübsche Plan von Jafa und Umgebung '24j .
Schick's Erforschung der Klöster der Wüste Juda (mit Karte) ,
bearbeitet von Marti i25j ^nd ergänzt von Furrer i^cj; Schick's
interessante Aufnahme des Frankenberges ^27j , Als den Berg,
gegen welchen hin der Sündenbock gejagt wurde, bezeichnet
Schick gegen Conder's Muntär den Tantür Hiuledün i28j _
Grätz i29j yr[\\ uns plausibel machen, erstlich, das neutestament-
liche Nazareth stehe nach dem jerusalemischen Talmud an der
Stelle des galiläischen Bethlehem im Stamme Zabulon (Jos.
XIX, 15); Migdal Nunja des Talmud soll Magdala und Tarichäa
entsprechen, Äligdal Gadara oder »Migdal Zabaja« bei den heissen
Bädern von ?7ikes zu suchen sein. Ein Aufsatz von Fritsche ^^oj
ist wohl ganz populär; eine Notiz über die Lage von Ziklag kenne
ich bloss dem Titel nach i3i). Eher als diese drei letzterwähnten
Versuche verdienen die Artikel Kapernaum und Jericho, verfasst
von Fr. W. Schultz ^32)^ einige Beachtung; der Jakobsbrunnen,
über welchen ausserdem eine Brochüre von King^^sj vorliegt,
124) Jafia und Umgebung. Erläuterung zu Tafel III. von Cand. th.
G. Schwarz in Jafa: ZDPV. 3, p. 44—51.
125) Mittheilungen von Baurath C. Schick in Jerusalem über die alten
Lauren und Klöster in der Wüste Juda. (Mit 1 Karte und 2 Plänen). Be-
arbeitet von Lic. Karl Marti, Pfarrer in Buus (Baselland! : ZDPV. 3, p. 1—43.
120; K. Furrer, Nachtrag zu Baurath Schick's »Die alten Lauren und
Klöster in der Wüste Juda.« ZDPV. 3, p. 234—236.
127) C. Schick, Der Frankenberg. Mit 2 Tafeln : ZDPV. 3, p. 88—99.
128) C. Schick, In welche Gegend der Wüste wurde der Sündenbock ge-
führt: ZDPV. 3, p. 214—219.
129) H. Grätz, Notizen zur Topographie Palästina'»: Monatsschrift für
Geschichte u. Wiss. d. Judenthums (29) 1880 p. 481—495.
130) K. Fritsche, Mar Saba in der Wüste Juda: Wiener Abendpost 1879
Nr. 223 fg. (Petermann's Mitth.).
131) Die geographische Lage von Ziklag in: Jüdisches Literaturblatt
1880, Nr. 21 und 22.
132) Fr. W. Schultz, Jericho in Herzog und Plitt , Keal-Encyclopädie
6. Bd. 1880 p. 532; Kapernaum ebd. 7. Bd., p. 500.
133) J. King, Jacob's well, the history and present apparence of the pa-
triarch's well. 6d. (Umschlag des Statements 1880).
150
und der Hermon sind von Euetschi ^^*) , Eama und Raphidim
von Mühlau i35j behandelt worden. Eine Geschichte und Be-
schreibung des KaiTQelklosters und seiner Umgebungen ^5^) hat
das heilige Land gebracht. Sayce^^tj yy{\\ dg^ Namen Beth-El
in den assyrischen Denkmälern gefunden haben.
Aus den neuen Identilicationen der Engländer ist nur weni-
ges brauchbare hervorzuheben. In der Controverse betreffs der
Lage von Gath^^sj müssen Mir ausuahmsAveise Conder beistim-
men, welcher erklärt, dass man nichts Sicheres wisse. Noch
kühner übrigens, als Coxder139)14oj^ argumentirt Birch i^i— i^^j in
seinen zahlreichen Aufsätzen ; seine Erklärung des Para als Wädi
Färä i48j Jer. XIII , ist weder neu , noch richtig und seine Lu-
cubration über Eachel's Grab ^49) äusserst seltsam. Auch die
Versuche von Saunder's^^o] fördern die Lösung der bezüglichen
Streitfragen nicht, obwohl er nach unserer XJberzeugung Conder
134) Rüetschi, Hermon: Realencyclopädie 6. B. p. 45; Jakobsbrunnen
p. 460.
135) Mühlau, Rama: Riehm , Handwörterbuch des bibl. Alterthums
1880 p. 1264; Raphidim ebd. p. 1266.
136; Der Berg Carmel. Beschreibung und Geschichte seines Heiligthunis
von P. Augustin, Religiöse auf dem Berge Carmel : Das heilige Land ISüO
(in) p. 83—88, (IV) p. 105—111, (V) p. 137—146.
137) A. H. Sayce, Resen and Beth-El in the Assyrian inscriptions. Letter :
Academy 1. Mai 1880 p. 324.
138) The Site of Gath : Athenaeum 7. Aug. 1880 p. 179; Statements 1880
p. 170—171 ; 211 — 223.
139) C. Conder, New Identifications : Statements 1880 p. 230—231.
140) Conder, Notes on disputed points : Statements 1880 p. 172 — 174.
141) F.W. Birch, The golden calfatBethel : Statements 1880 p. 103— 104.
142) \V. F. Birch: The nameless city : Statements 1880 p. 104-106.
143) W. F. Birch, The rock of Rimmon or the pomegranate: Statements
1880 p. 106—107. (Vgl. Jahresbericht ZDPV. 3, Nr. 122 p. 79.)
144) W. F. Birch, Gebim : Statements 1880 p. 108.
145) W. F. Birch, The rock Rimmon and Gibeah : Statements 1880
p. 230—237.
146) W. F. Birch, Zelzah : Statements 1880 p. 239.
147) W. F. Birch, The nameless city: Statements 1880 p. 240.
148) W. F. Birch, Hiding places in Canaan. I. Jeremiah's girdle and
Farah: Statements 1880 p. 235—236.
149, AV. F. Birch, Rachel's sepulture : Statements 1880 p. 241.
150' Trelawnay Saunders, On the river Kanah , the boundary between
Ephraim and Manasseh: Statements 1880 p. 224 — 228.
151
gegenüber Recht hat. Avenn er Meggido "wieder an seine alte Stelle
hinaufrückt '^ij.
Nach diesen wenig besagenden Miniitien bleibt uns noch
übrig, hier die Vollendung des grossen GuEKiNschen Palästina-
werkes *^2; mit Freude zu begrüssen. Viele Leser werden wohl
bereits in Guerin's dreibändiges Werk über Judäa , oder seine
zweibändige Geographie von Samarien wenigstens einen Blick
geworfen haben . so dass es unnöthig erscheint . über die Anlage
dieses dritten Theiles , dessen Ausarbeitung erst auf eine noch-
malige Reise hin erfolgte, hier zu reden. Bis zu dem in Aussicht
gestellten Erscheinen der Memoirs der Engländer wird Guerin's
fleissige Arbeit als die zuverlässigste Beschreibung des Cisjordan-
landes massgebend bleiben. Seine Distanzangaben, sowie die
genauen Berichte über den Befund der antiquarischen Reste
beinahe aller Ortschaften sind äusserst werthvoll; auch ist das
ältere historische Material bei jedem einzelnen Artikel sorgsam
angeführt, und Avir wollen mit dem Verfasser nicht darüber rech-
ten, dass er den confessionellen Standpunkt oft etwas stark her-
vorkehrt. Seine Karten freilich sind nun durch die Arbeiten der
Engländer entschieden überholt.
Zum Ostjordanland übergehend, haben wir auf einen popu-
lären Aufsatz von Klöden ^'^^i , sowie auf eine nicht uninteressante
Notiz von EgliIsij zu verAveisen. Nach letzterer beträgt das
Areal des todten Meeres 915, 1 IH Kil. ; das des See's \'on Tiberias
170,7 D Kil. die Oberfläche des IJodensees 539,14 D Kil. . Eine
willkommene Bereicherung hat unsere Kenntniss des galiläischen
Meeres durch den französischen Natiirforscher Lortet ^''^j erhal-
151) The Site of Megiddo: Statements 1880 p. 223—224.
152) M. V. Guerin, Description geographique , historique et archeolo-
gique de la Palestine, accompagnee de cartes detaillees. Troisicme partie.
Galilee. Tome 1 Paris, Impr. nat.) ISSO. 53(i pp. S. Tome 2 ibid. 56.{ pp.
8. — Rec.von Guthe in LCß. ll.Dec. 1880, Sp. 1G94; von H. Hignard in Li-
terarische Kundschau 1881. 6. (Schürer's ThLZ.); Revue des questions histo-
riques Juli ISSO ; von Rey in Bulletin de la societe de geographie 1 880 p. 366 ;
vgl. Revue critique 29. März 1880 p. 202.
153 G. A. V. Klöden, Das todte Meer: Aus allen Welttheilen XI, Nr. 1,
p. 1 — 3 (Petermann's Mitth.)
154, Egli, Areal der grossen Jordan-Seen: Zeitschrift für wissenschaft-
liche Geographie I (Lahr ISSO) p. 183.
155) Lortet, Dragages profonds executes dans le lac de Tiberiade en mai
152
ten. Derselbe bestimmt die Niveauhöhe dieses See's auf 2 1 2 M .
unter dem Mittelmeere; die grösste Tiefe (250m.) fand er im
nördlichen Theile. Das galiläische Wasserbecken hat sicher einst
in Zusammenhang mit dem Mittelmeere gestanden und ist bloss
durch die sich darein ergiessenden Wassermassen entsalzt worden.
Seine Thierfauna (Fische und Mollusken), unter denen Lortet
einige neue Species entdeckt hat. ist sehr eigenthümlich.
Die Karte des Ostjordanlandes nach den Vermessungen der
Amerikanischen Palästina-Gesellschaft scheint nicht veröffent-
licht Averden zu sollen. Nachdem die Mitglieder der englischen
Gesellschaft bereits aufgefordert -worden waren, auf dieselbe zu
subscribiren, kam unerwartet der Bericht, es werde von der Pub-
lication Umgang genommen, da die Resultate der Ausmessungen
nicht bedeutend genug seien i^^) . Bald darauf beschloss der eng-
lische Exploration Fund , die Vermessung des transjordanischen
Landes nun seinerseits in die Hand zu nehmen. Laut Privat-
nachrichten haben wir jedoch demnächst das Erscheinen einer
grösseren Beschreibung der amerikanischen Expeditionen im Ost-
jordanlande zu erwarten. Die Photographien , Avelche während
derselben aufgenommen wurden , verdienen ganz besonders her-
vorgehoben zu werden ; so viel ich weiss , erhalten wir hier zum
erstenmal Bilder von Jiosra, Kanawät, 'Atil, Musmije, Maschita,
Petra; Dscherasch, 'Amman, Ilesbän, 'Aräk el-emir waren be-
reits früher von den Engländern aufgenommen worden , jedoch
nicht so schön, wie von den Amerikanern.
Ausser Mühlau's Artikel über Rabba in Riehm's Handwör-
terbuch haben Avir noch die Ergebnisse von Oliphants i^'') Reise
vorzTiführen. Dieselbe ging von Sidon aus über Bänijäs nach
Dschedür und Dschölän, dann gegen den Yarmük hinunter; in-
teressant ist die beigegebene Abbildung der Yarmük-Schlucht
von »Tel-Ascherah« aus. Der Reisende fand, Avie bereits früher
Wetzstein, in jenen Gegenden zahlreiche Troglodytenstädte, von
denen manche (wie »Rahab, lieloola«) noch näher zu untersuchen
wären. Dank der Energie eines tüchtigen Kaimmakäm's Avar
Avährend seiner AnAvesenheit im Dschebel 'Adschhin die Sicher-
1S80: Comptes rendus hebdomadaires des seances de racademie des sciences.
Tome XCI. Paris 1880, p. 500—502.
150) Vergl. Statements 1S'^() j). 4 ; 71 ; vgl. jedoch p. 73 ; \'2b ; 171 — 172.
157; ülipatith ; siehe oben Nr. 47.
153
heit recht befriedigend. In 'Amman scheinen dort angesiedelte
Circassier die schönen Ruinen bedeutend zu beschädigen. Von
Salt aus drang der kühne Reisende ostwärts bis zu Kai at Zerka an
der Hadschstrasse vor.
Die neuen Untersuchungen, welche Guerik ^^^] in Tyrus an-
gestellt hat , drehen sich besonders um die Existenz eines Dam-
mes, welcher von dem SW. -Punkte der Insel gegen Ras el-abjad
hinlaufen soll. Ein französischer Militärschriftsteller ^^9) hat von
seinem Standpunkte aus eine fesselnde Schilderung der Belage-
rung von Tyrus durch Alexander geliefert, indem er moderne
Belagerungen , wie die von Sebastopol zur Vergleichung heran-
zieht. Bei den Dörfern Chureibe und Kana östlich von Tyrus hat
LoRTET^ßo, einen Fundort von vorgeschichtlichen Alterthümern
und dabei rohe Figuren entdeckt. ]3eim Damür im Gebirge oben
giebt es nach Thomson i*^!) einen Schlund des Wadi Fazür , der
aussieht, als ob er durch einen früher hier vorhandenen Gletscher
auspolirt w'äre. Über die Maroniten hat Zschokke ^^2, _ über
»Coelesyrien« MessedagliaI*^^) geschrieben. Sehr hübsch ist die
Reisebeschreibung des genannten Lortet i^*) , obwohl sie xms
bloss von Alexandrette bis nach Beirut führt. Die ihr beige-
gebenen Abbildiuigen sind vortrefflich , und aus denselben wie-
derum die kräftig gezeichneten Typen von Eingeborenen (p. 167,
172. 177, 184, 1S9, 292; hervorzuheben. Diese Reise liegt nun
158) V. Guerin, Sur la topographie de l'ancienTyr. : Comptes rendus des
seances de l'academie des inscriptions et heiles lettres 1879 p. 133 — 137.
159) Jurien de la Graviere (vice-admiral) , Le drame macedonien III. Le
siege de Tyr: Revue des deux mondes 15. Nov. 1880 (Tome 42 p. 394—412.
160) Lortet, Sur une nouvelle Station de Tage de la pierre ä Hanaoueh
pres de Tyr ^Syrie) : Comptes rendus hebdomadaires des seances de l'academie
des Sciences. Tome XCI, Paris 1880, p. 397 — 398. — In's Englische übersetzt:
Lortet, A Station of the age of stone near Tyre : Statements 1880 p. 198 — 200.
161) Rev. W. M. Thomson, Traces of glacial action on the flank of Mt.
Lebanon : Journal of the American Oriental Society vol. 10. New llaven 1880
p. 185— ISS.
162) H. Zschokke, Die Maroniten am Libanon : AViencr Abendpost
22. März 1880 fg. (Petermann's Mitth.).
163) G. Messedaglia, La Coele Siria: L'Esploratore III. Nr. 5 und 6. Mit
einer Karte. (Petermann's Mitth.).
164) La Syrie d'aujourd'hui par M. Lortet, doyen de la faculte de medi-
cine de Lyon, charge d'une mission scientitique par M. le ministre de l'instruc-
tion publique 1875 — 1878: Tour du monde 1S80 (l. sem.) p. 145 — 192.
154
(mit den Kupfern) auch in deutscher Bearbeitung ^^^) vor ; ebenso
die früher erwähnte von CAHUN^^ej^ Ein Artikel der Saturday
Review enthält eine Schilderung des aiifbliih enden europäischen
Lebens in Beirut ^^tj Y)qj- obengenannte Militärschriftsteller hat
auch die Schlacht bei Issus vom militärischen Standpunkte aus
geschildert ^ö^j . In dem Buche von Cassel iß'') bieten die Essay's
über Palmyra. den Libanon, Antiochien nichts Neues.
In Bezug auf den Sinai müssen wir nachträglich bemerken,
dass das in unserem letzten l^erichte bereits erwähnte Buch eines
Anonymus über die Wanderung der Israeliten *^o)^ nach den Re-
censionen zu urtheilen , ohne Werth ist. Ganz anderer Art ist
das Buch von Spencer Palmer i^i), welches wir ebenfalls schon
das letztemal (leider ungenau) angeführt haben. Dasselbe enthält
in engem Rahmen aber mit Beigabe von guten Illustrationen
einen Auszug aus dem grossen Sinai-Survey, welcher im J. 1872
in fünf Folio-Bänden (1. IJand Text. 2 — 4. Bd. Photographien.
5. Band Karten und Pläne) erschienen ist und welcher bei uns
nur wenigen zu Gebote steht (Referent hat ihn von der Münche-
ner Bibliothek einmal geliehen bekommen). Kap. 1 der vorlie-
genden Bearbeitung enthält die Beschreibung der Gegend. Wir
werden dem Verfasser freilich nicht soweit folgen können, anzu-
nehmen, dass in einzelnen Ortsnamen noch ächte Erinnerungen
an den Exodus vorhanden sind. Kap. 2 schildert das Klima, be-
165) Das heutige Syrien. (Nach dem Französischen des M. Lortet) : Glo-
bus XXXVIII (1880) p. 97— 102 ; 113—118; 128—135; 145— 149 ; 161— 165.
1G6, Die Nosairier (Nach dem Französischen des Reisenden L6on Cahun) :
Globus XXXVII (1880; p. 305—312; 321-32(1; 337—343. Vgl. Jahresbericht
ZDPV. 3, Nr. 148 (p. 84).
167) BejTout: The Saturday Review 11. Sept. 1880 p. 329—330.
168) Jurien de la Graviere, Le drame macedonien II. La bataille d'Issus :
Revue des deux mondes 15. Oct. 1880, p. 783 — 801.
169) Paulus Cassel, Vom Nil zum Ganges. Wanderungen in die orien-
talische Welt. Berlin (Hoffraann & Comp.) 1880. VI, 372 pp. 8.
170] Jahresbericht ZDPV. 3, Nr. 152 (p. 84). The hebrew migration from
Egypt. London Trübner; 1879. XT. 440 pp. 8. Mit 1 lithog. Karte, sh. 16.
— Rec. von Baudissin in Schürer'.s ThLZ. 26. März 1881 Sp. 153; in Academy
24. Januar 1880 p. 63; von Gort in Theol. Tijdschrift, Mai 1880, p. 364.
171) Vergl. Jahresbericht ZDPV. 3, Nr. 153 (p. 84). Ancient history frora
thc monuments. Sinai: From the fourth eo:yptian dynasty to the present day.
By Henry Spencer Palmer. London (Society for promoting Christian know-
ledgej o. D. (Vorrede von 1. März 1878 dat.; VIII, 216 pp. 8.
155
sonders auch die Vegetation (p. 37 — 42] und giebt eine drastische
Beschreibung von der Wirkung der »seil's« (plötzlichen Wasser-
bäche). Kap. 3 enthält die Zoologie (p. 43 — 57). Sehr hübsch
ist Kap. 4, welches von den Beduinenstämmen des Sinai handelt.
Am schwächsten erscheinen uns die letzten Kapitel , welche die
Geschichte des Sinai behandeln, besonders Kap. 7, in welchem
sich der Verfasser für Dschebel Sufsäfe als Schauplatz der üfFen-
barungsgeschichte entscheidet. — Das Buch von Adams i'2) über
die Gegend des Sinai und den Artikel von Duby i'^) habe ich
nicht zu Gesicht bekommen , ebensowenig das nur in wenig
Exemplaren gedruckte Buch des österreichischen Erzherzogs
Ludwig Salvator ^^4) . Der Bericht, welchen C. von Scherzer
von letzterem Werke gegeben hat, lässt sehr bedauern, dass diese
Arbeit mit ihren lebendigen Schilderungen dem grösseren Publi-
kum nicht zugänglich gemacht worden ist.
In Bezug auf den Schauplatz des Durchzuges durch das
Schilfmeer sind die Ansichten immer noch getheilt. Während
SayceI^^) früher ein Gegner der Brugschischen Theorie, nach
Avelcher die Israeliten durch den Sirbonis-See gezogen wären,
sich nun, nachdem er die Ortlichkeit in Augenschein genommen
hat, für dieselbe ausspricht, verwirft sie Chester i'6) nach reif-
licher Überlegung. Letzterer Gelehrte nämlich bereiste im Auf-
trage, die biblischen Alterthümer von Unter-Egypten zu prüfen,
die Gegend von Heliopolis, »Tel el-Yahoudeh« , Tel-Basta, Tel-
Faküs und ging von San über Tel-Daphneh nach el-Arisch. —
Miss Edwards 1^^) plaidirt dafür, dass »Tel-el-Maskhuta« oder
»Masroota« mit dem biblischen Raamses zu identificiren sei.
172) W.H.Adams, Mount Sinai, Petra and the Desert. London (Nelson)
1879. 161 pp. 12. sh. 2. .Petermann's Mitlh.;.
173) E. Duby, Le Sinai': Kevue theologique October 18SÜ p. 374—396.
174) (Erzherzog Ludwig Salvator) , Die Karawanenstrasse von Egypten
nach Syrien. Prag H. Mercy) 1880. — Angez. von Carl von Scherzer in
Oesterr. Monatsschrift f. d. Orient 15. Sept. l^hU p. 141—146.
175y A. H.Sayce, BrugschBey's theoryof the Exodus : Academy lü. April
1880 p, 270.
170) Greville J. Chester, A journey to the biblical sites in iower Egypt:
Statements IbbO p. 133 — 158; vgl. dazu auch Conder, Topography of the
Exodus: Statements 1880 p. 231 — 234.
177) Amelia B. Edwards, The site of Raamses: Academy 24. Aprü 1880
p. 307—308.
156
Schliesslich mögen hier noch einige Notizen über Nord-
Arabien folgen. Burton i'^) hat eine nicht unwichtige Ergänzung
zu seinen' Eeisen in Midian geliefert. In Blunt's^'^ö) Eeisebe-
schreibung ist besonderß auch die Schilderung der Nufiid , der
Wüste mit hufeisenförmigen Sandwellen, interessant. Doughty^^<>)
hat mit grosser Kühnheit die merkwürdigen Alterthümer von
Madäin Sälih (Hidjr bei Medinaj , Avelche denen von Petra ähneln,
untersucht und ist dann in's Nedschd vorgedrungen. Hier sei
noch erwähnt, dass auch Soetbeer^^ij neuerdings wieder das
Goldland Ophir in Arabien und zwar an den Grenzen von Hi-
dschäz und Jemen sucht, woselbst früher Goldlager exploitirt
Avurden.
178) Vgl. Jahresbericht ZDPV. 3, Nr. 159—161 (p. 85:. R. F. Burton,
Itineraries of the second Khedivial e.xpedition : Memoir explaining of the new
map of Midian made by the Egyptian Staff-officiers. (With map): Journal of
the Roy. Geogr. Society 1879 (vol. 49) p. 1—150.
179i W. S. Blunt, A visit to Jebel Shammar (Nejd), new routes through
northern and central Arabia: Proceedings of the R. Geogr. Society 1880, 2.
p. 81—102, mit 2 Karten. (Petermann's Mitth.) vgl. Blunt: Globus XXXVII
(1880) p. 32; 251—254.
180) Doughty's Forschungen im nördlichen Arabien. Von A. Sprenger:
Globus XXXVIl'(1880) p. 201—203.
181) Dr. A. Soetbeer, Das Goldland Ofir. Eine wirthschaftsgeschicht-
liche Untersuchung. (Separat-Abdruck aus der Vierteljahrsschrift für Volks-
wirthschaft, Politik und Kulturgeschichte Jahrgang XVII, Bd. IV) Berlin
iHerbig) 1880. OS pp. S. — Rec. von H. Schultz in Schürer's ThLZ. 29. Jan.
ISSl, Sj). 49.
Die Besitzungen des Jolianniterordens
in
Palästina und Syrien.
Von
Professor Dr. Hans Prutz in Königsberg.
(Hierzu Tafel 5.)
Als die Kreiizfahrer 1099 Jerusalem eroberten, fanden sie
dort eine etwa dreissig Jahre alte christliche Stiftung vor, welche,
ursprünglich auf einen ziemlich eng begrenzten AVirkungskreis
berechnet, bald eine weitreichende Bedeutung erlangte und der
Ausgangspunkt für den zu einer so grossen geschichtlichen Rolle
berufenen Orden der Hospitaliter oder — wie man sie nachmals
gewöhnlich nannte — der Johanniter wurde.
Ein Bürger von Amalfi, welches damals in dem Handels-
verkehr zwischen Morgen- und Abendland eine besonders be-
deutende Stellung einnahm, Pantaleon Mauro, hatte nicht
bloss in Antiochien, dem Centrum des nordsyrischen Han-
dels, ein Hospital zur Aufnahme christlicher Kaufleute und Pil-
ger errichtet, sondern auch durch seine einflussreiche Verbindung
an dem ägyptischen Hof den Chalifen Mustansir-billäh bestimmt,
ihm in dem 1064 abgegrenzten Christenviertel der Heiligen Stadt
selbst einen geräumigen Bauplatz zu überlassen ') . Dort baute
Mauro das Kloster S. Maria Latina^), in welchem ausserdem die
nach Jerusalem wallfahrenden Amalfitaner Aufnahme finden
sollten. Bald entstand daneben ein auch zur Pierberge für Pil-
gerinnen bestimmtes Nonnenkloster, das der H. Maria Magdalena
geweiht war. Beide Klöster mit den zugehörigen Hospitälern
fand Erzbischof Johannes von Amalfi, als er lOSO Jerusalem
1) J. Heyd, Geschichte des Levantehandels im Mittelalter I, 115 — II".
2) Marino Sanuto b. Bongars, Gesta Dei per Francos 178.
158
besuchte, dort schon vor ') . Beide Anstalten müssen schnell ge-
wachsen sein; auch haben sie ihre Thätigkeit nicht auf Ange-
hörige von Amalfi beschränkt, sondern allen römisch-katholi-
schen Pilgern nach Kräften Hilfe gewährt. Das beweisen die
Schenkungen, welche dem Hospital schon 1083 — 85 in Südfrank-
reich zugewandt wurden und für deren Entgegennahme wir einen
besonderen Bevollmächtigten des Hospitals bestellt finden 2) . Die
Errichtung eines christlichen Reiches in Jerusalem durch den
ersten Kreuzzug, der massenhafte Zustrom von Wall- und Kreuz-
fahrern aus allen Theilen des Abendlandes und die Anforderun-
gen, welche der fast ununterbrochen andauernde Krieg gegen die
Ungläubigen mit sich brachte, Hessen den Werth der amalfitani-
schen Gründung doppelt erkennen und führten bald zur Nach-
ahmung derselben. So entstand unmittelbar neben jenen beiden
älteren Hospitälern und ihren Kirchen eine zu ganz gleichem
Zweck bestimmte Anstalt, die ihren anfänglichen Schutzheiligen,
Johannes den Barmherzigen von Alexandrien, bald mit dem be-
kannteren Johannes dem Täufer vertauschte. Als erster Vorsteher
und vermuthlich auch Stifter der neuen Genossenschaft, deren
Angehörige das Gelübde der Armuth und der Krankenpflege ab-
legten, erscheint ein gewisser Gerhard (1113)3), von dessen
Herkunft uns nichts Näheres bekannt ist-*'. Mit ihm hatten zu-
nächst, so heisst es , neun Jünglinge edler Abkunft das Gelübde
geleistet. Einer von diesen, Kaimund von Puy, wurde der zweite
Vorsteher der neuen Genossenschaft; er war es, der ihr den Cha-
rakter als llitterorden gab, indem er den älteren Verpflichtungen
die zum Schutze der Pilger hinzufügte und so die Wendung her-
beiführte, in Folge deren der vornehmste Zweck des Ordens all-
mählich der Kampf gegen die Ungläubigen wurde. In viel
höherem Grade aber als der Anstalten zur Krankenpflege und zur
Beherbergung der Pilger bedurfte der junge christliche Staat,
der auf so unsicheren Grundlagen errichtet war, damals einer
1) Ughelli, Ital. sacra VII, 198.
2) S. Bibliotheque de l'ecole des chartes 5« Serie, tom. 5, p. 552 fF.
3) L. Paoli, Cod. dipl. sacr. müit. oidinis s. Joh. I, 2GS in einer Urkunde
P. Paschalis II (Gerardo institutori . . . ecclesiam , quam instituisti); ebenso
in einer Urk. Calixt II. von 1120 ibid. 269.
4) Was Falkenstein, Gesch. des Joh. Ordens p. 7 über Gerhard sagt, ent-
behrt der liegründung.
159
alle Zeit AvafFenbereiteii und schlagfertigen Mannschaft, ntn sich
gegen den von Jahr zu Jahr erstarkenden Ansturm der über un-
erschöpfliche Mittel verfügenden Gegner zu behaupten. Unter
solchen Umständen war es natürlich . dass der Orden in der Er-
füllung seines doppelten Berxifes durch Zuwendungen aller Art
gefördert wurde , indem Fürsten und Edle . Einheimische und
Fremde, Geistliche und Weltliche ihn mit Ländereien, Gütern,
nutzbaren Grundstücken und ertragreichen Rechten aller Art
förmlich überschütteten. So ist der Johanniterorden in verhält-
nissmässig kurzer Zeit nicht bloss zu walu-haft fürstlichem Eeich-
thum gekommen, sondern er ist der grösste Grundbesitzer Palä-
stinas geworden und hat als solcher vermöge seiner kirchlichen
und politischen Sonderstellung eine fast unabhängige und höchst
einflussreiche Stellung eingenommen.
Von den Urkunden , die sich auf diesen reichen Besitz des
Johanniterordens beziehen . ist ein beträchtlicher Theil mit dem
Archive des Ordens erst nach Rhodos und dann nach Malta ge-
kommen und so der Vernichtung entzogen worden , welcher die
a\if die palästinischen Güter des Tempelherrenordens bezüglichen
Urkunden leider ganz zum Opfer gefallen zu sein scheinen \ .
Sie liegen in dem von Paoli veröff'entlichten Codice diplomatico
del sacro militare Ordine Gerosolimitano Lucca. 1 732, 2 Bde. fol.)
gedruckt vor. Freilich genügt die Paolische Arbeit den Anforde-
rungen nur in sehr geringem Maasse . welche die moderne Wis-
senschaft an die Publication von Urkunden zu stellen gewöhnt
ist. Dennoch bietet sie uns eine in der Hauptsache ausreichende
und zuverlässige Grundlage, um den Besitzstand des Johanniter-
ordens in Palästina und Syrien zu reconstruiren und die demsel-
ben angehörigen Ortschaften unter den heute noch vorhandenen
nachzuweisen. Das Interesse, welches eine derartige Unter-
suchung für die Palästinaforschung hat , liegt aiif der Hand :
denn ganz abgesehen von der Bereicherung, welche unsere histo-
risch-to})ographischen Kenntnisse dadurch erfahren , gewinnen
wir von hieraus einen anderweitig nicht leicht zu beschafl'enden
Einblick in die Entwickelung der Landescultur . in die wirth-
schaftlichen und ethnographischen ^'erhältnisse , Avelche für die
1) Denn die Hofl'nung. dass dieselben sich ■wenigstens abschriftlich bei
den Akten des Prozesses der Templer im Vaticanischen Archiv befinden
sollten, scheint leider ungegründet zu sein.
Ztschr. d. Pal.-Yer. IV. 1 j
160
weiteren Schicksale des Landes bis auf den heutigen Tag von
Bedeutung geblieben sind.
Im Allgemeinen und namentlich in Betreff der von mir an-
gCAvandten Methode darf ich auf die Arbeit ganz ähnlicher Art
verweisen, in der ich früher die Besitzungen des deutschen Ordens
im Heiligen Lande behandelt habe^). Wie dort aber, so muss
ich auch hier ausdrücklich die Schwierigkeiten in Erinnerung
bringen, welche der Lösung der hier behandelten Aufgabe durch
die schlechte Beschaffenheit des die Hauptquelle bildenden iir-
kundlichen Materials erwachsen. Denn von den zahlreichen äugen-
fälligen und oft sehr argen Entstellungen der in den Urkunden
vorkommenden Ortsnamen wird doch nur ein Theil auf Eechnung
des Herausgebers, seiner Flüchtigkeit oder seiner Unfähigkeit zu
lesen gesetzt werden dürfen ; sehr viele Averden in den von Paoli
veröffentlichten Urkunden wirklich enthalten sein und wären da-
her auch durch einen diplomatisch genauen Abdruck derselben
nicht zu beseitigen. Von Anfang an haben die in Palästina ein-
gebürgerten Abendländer sich begreiflicherweise bestrebt, die
ihrem Gaumen und ihrer Zunge so widerstrebenden arabischen
Namen in eine ihnen bequemere Form zu bringen, sich dieselben
mehr mundgerecht zu machen. Auf diese Art sind Wandelungen
vorgekommen , die es auch ohne dazukommende Schreib- und
Lesefehler zuweilen sehr scliwer machen, die zu Grunde liegende
arabische Form des Namens herauszufinden. Daher muss auf
diesem Gebiete der Kritik und der Combination ein ziemlich
weiter Spieh'aum eingeräumt Averden und in manchen Fällen wird
nur durch ziemlich stark scheinende Emendationen zu helfen
sein. Willkürlich aber und inconsequent darf dabei natürlich
nicht verfahren werden. Dazu liegt auch um so weniger Grund
vor, als trotz der scheinbaren Willkür und Inconsequenz. welche
in der abendländischen Umgestaltung palästinischer Ortsnamen
durch die Kreuzfahrer und ihre Nachkommen offenbar wird, bei
der vergleichenden Übersicht über ein grosses Material bald ge-
wisse Kegeln oder wenigstens häiifig wiederkehrende ]3ildungs-
arten zu Tage treten, welche für viele Fälle als Analogien heran-
gezogen und (himit als Leitfaden praktisch verwerthet Averden
I Die 15esit/,ungen des deutschen Ordens im h. Lande. Ein Beitrag zur
Cullurgeschichte der Franken in Syrien. Von Hans Prutz. Leipzig 1877.
161
können. Da die Gesichtspunkte, welche dabei als die maass-
gebenden erscheinen , auch anderweitig verwerthet und bei der
Bearbeitung ähnlicher Aufgaben nützlich werden können, so
will ich die wichtigsten von den Erscheinungen hier kurz an-
führen, die beider abendländischen Umgestaltung arabischer Orts-
namen im Zeitalter der Kreuzzüge mit einer gewissen E,egel-
mässigkeit wiederkehren. Das System derselben verdanke ich in
der Hauptsache meinem hochverehrten Freunde E. G. Rey in
Paris, einem der besten Kenner des mittelalterlichen Syrien, von
welchem er eine hoffentlich nicht mehr allzu lange zu erwartende
grosse Karte vorbereitet. Die von ihm dabei angenommene Ter-
minologie entspricht derjenigen Quicherat's in der Bearbeitung
der französischen Ortsnamen ^) . Danach wandeln die Abend-
länder arabische Ortsnamen ab durch
1) Umstellung eines Lautes (Metathesis) z. B. : ara-
bisch Meide = fränkisch Belideh. [Anm. d. Red. Belideh kann
freilich auch aus belede entstanden sein, wovon Meide das Dimi-
niitivum ist] .
2) Abwerfung einer Silbe am Anfange des AVortes ( A p h a e -
rese) : z. B. arab. abu senZiti = Busenen, — ein Beispiel zu-
gleich für die oft vorkommende Zusammenziehung zweier Worte
in eins (Synaeresis) .
3; Bildung eines ungefähr gleichklingenden abendländisch
formirten Wortes (Homophonie) — die weitaus häufigste Art
der Umformung: z. B. el-Jcfür = la Fornie; el-dschedeide = la
.Judede; el-käsimlje = la Cassomie ; el-bassa = la Basse ; Embelije
= Ambelie; Buheine = Labeyne; Mehle = Meblie.
4) Ausstossung eines Yocals (Syncope), z. B. el-waranije
= La Orhanie; karak = le Krak; mljamZis = Mimas.
5) Einschiebung eines Vocals (Epenthese) z. B.: Vglmsta
= Boocosta; bkessln = Bequicin; el-ghabsije = la Gabasie.
6) Anfügung eines F)uchstabens oder einer Silbe am An-
fange des Worts (Prosthese), z. B. kurdäni = Recordane.
7) Einschiebung eines Consonanten innerhalb des Wortes
(Epenthese), z. B. : Akrue = Ancre, imd endlich
8) einfache Übersetzung des arabischen Wortes in das
1) Quicherat, Traite pratique de laformation francaise des anciens noms
de lieu. Paris 1867.
11*
162
französische, z. B. : el- ajT(n = \es fontaines, kal at Jahmür = Le
chastel rouge u. a. m.
Diese Beobachtungen werden bei der Identiiicirung mittel-
alterlicher Namen mit heute noch vorhandenen in den meisten
Fällen auf das Richtige zu leiten geeignet sein; feste, in jedem
Falle zutreffende Regeln sollen damit nicht gegeben sein : über-
haupt wird die Identificirung . wie E. G. Key treffend bemerkt,
in vielen Fällen leichter und sicherer mit dem Ohr als mit dem
Auge zu machen sein. —
I.
Die Besitzungen des Johanniterordens in Palästina und Sy-
rien setzten sich zusammen aus Grundstücken — städtischen
sowohl wie ländlichen, — Landgütern (casaliaj, dazu gehörigen
Bauern 'villani . Häusern und endlich Renten und Rentenerträge
gewährenden Rechten 'j. Wir beginnen mit einer kurzen Über-
sicht über die städtischen Besitzungen des Ordens, die
mehr ein wirthscliaftliches als ein topographisch-historisches In-
teresse darbieten.
Dieselben bestanden zunächst in Häusern oder in ganzen,
oft sehr umfänglichen Complexen von solchen. Davon hatte der
Orden eine beträchtliche Anzahl in den Städten und Flecken des
Heiligen Landes, so ausser in Jerusalem selbst namentlich in
Nabulus, Jaffa, Haifa, Ramie, Lydda, Cäsarea, Accon,
Tripolis, Rafine und Laodicea. Dieselben wurden ent-
weder zu Zwecken des Ordens selbst benutzt, was in erster Linie
gilt von den umfangreichen und stattlichen Ordenshäusern mit
ihren Hospitäleni inid Wirthschaftsgebäuden in Jerusalem,
Accon, Tyrus, Tripolis. Rafine und Antiochien;
oder sie wurden vermiethet, (wie z. B. einige Häuser zu Accon
an das dortige Cisterzienser-Nonnenkloster der H. Maria Magda-
lena für 25 Byzantiner (= 190 Mark Metall- und 1520 Mark
Courswerth; vermiethet waren. Bei manchen Häusern, die durch
Schenkung an den Orden gekommen Avaren, hatte sich der Schen-
kende gewisse Rechte vorbehalten. z.B. freie Herberge für den
1) S. die Aufzeichnung in der Urk. lialduin's I. von \\\'.i bei Paoli I,
Nr. 2 (p. 2.)
163
Fall seiner Anwesenheit in der betreffenden Stadt ^) oder freie
Wohnnng bis an sein Lebensende , zuweilen auch die Zahlung
einer j ährlichen Rente ^j . Natürlich erfuhr gerade dieser Theil
der Ordensbesitznngen durch neue Schenkungen, durch Kauf 3)
und Tausch fortwährend Veränderungen. Von dem Werthe die-
ses städtischen Besitzes, der natürlich zunächst von der Jiedeu-
tung der betreffenden Stadt abhing . können war uns bei dem
Mangel an genügenden Anhaltspunkten zur Abschätzung keinen
rechten Hegriff machen. In denjenigen Orten , welche durch die
Sicherheit, die sie boten, und durch lebhaften Handelsverkehr
bedeutend waren , ist der Werth derartigen Eigenthums für den
Orden wohl ein recht hoher gewesen: z. li. kauft derselbe 1269
in Accon einen Häusercomplex für 1700 Byzantiner d. i. 12,920
Mark Metall- und 103, 440 Mark Courswerth ^) . Unter dem städti-
schen Besitz des Ordens finden wir dann häufig Backöfen er-
wähnt'), ferner Mühlen, wie z.B. in Nabulus, Accon undAn-
tiochien '') . Auch die Buden und Handelsstände stationes,
cavutae , loggiae ' , sind hierher zu rechnen , welche sich an den
Ordenshäusern, den Kirchen u. s. w. befanden und an einheimi-
sche und fremde Kaufleute vermiethet zu werden pflegten").
Endlich kommen auch Gärten und Weinberge innerhalb der
Städte und vor den Thoren derselben häufig als Ordensbesitz vor.
Den Besitzstand , wie er sich aus den Urkunden ergiebt , im
Einzelnen aufzuzählen, würde keinen Gewinn bringen. Es mag
genügen auf dasjenige noch mit einigen Worten einzugehen, was
der Orden in J e r u s a 1 e m selbst besass . Von dem Hospital und
der zugehörigen Kirche abgesehen hatte derselbe dort sieben
Häuser, von denen eines der unter Gerhard entstehenden Ge-
nossenschaft schon durch Gottfried von Bouillon geschenkt war 8),
dem der Orden auch die Zuwendung von zwei Backöfen ver-
dankte. Ein Haus lag amTempelthor am Wege nach dem
1) Paoli I, Nr. 14.^ (pl.5) Urk. Balduin's von Beirut von 2-5. IX. 1137.
2) Ebd. Nr. 195 (p. 240).
3) Ib. Nr. 223 (p. 265) Nr. 154 (p. 196).
4) Ib. Nr. 223 (p. 265).
5) Ib. Nr. 2 (p. 2) 2 furni in Jerusalem.
6) Ib. p. 284 (Nr. 6;.
7) Ib. Nr. 6 (p. O), Nr. 25 (p. 27) , Nr. 66 (p. 88), Nr. 79 (p. 85) und Nr. 1 74
p. 216;. Vergl. im Allgemeinen Prutz: Aus Phönizien p. 265.
8) Ib. Nr. 2 (p. 2).
164
Thale Josaphat '\ ein anderes vor der S. Martinskirche^) ;
ein paar lagen in der p 1 a t e a nummulariorum; eines, welches
westlich an das capiceriiim ecclesiae Sancti Juliani an-
grenzte, war für 2 '/o Byzantiner jährlich an Sibylla von Rume
vermiethet ^) . Der Hauptbesitz aber des Ordens in der Heiligen
Stadt war natürlich der zu seinem Haupthause, dem eigent-
lichen Hospital, gehörige Gebäudecomplex, von welchem in dem
nunmehr dem Deutschen Reiche gehörigen Muri st an noch
einige interessante Reste erhalten sind. Das Hospital lag südlich
gegenüber der Heiligen Grabkirche und war wol nach Art eines
Chans gross und geräumig angelegt. Nach Süden dehnte es sich
bis zur Davidstrasse aus, wo noch heute einige ehemals dazu ge-
hörige Arkaden und Spitzbogen zu sehen sind : vermuthlich be-
fanden sich dort Magazine und Verkaufsstände , welche durch
Yermiethung nutzbar gemacht wurden. Das Grundstück wird
erst im Laufe der Zeit so erweitert und mit den vom Orden zu
verschiedenen Zwecken benutzten Gebäuden besetzt worden sein :
1174 z. E. schenkt König Amalrich dem Orden eine Strasse zwi-
schen dem Hospital und der Marienkirche , welche zu dem aus
des Amalfitaners Mauro Stiftung hervorgegangenen Nonnenklo-
ster gehörte, und erlaubt den Rittern die Hälfte der Strasse mit
Baulichkeiten zu besetzen 4) .
n.
"N'on weit höherer 13edeutung für den Orden selbst imd auch
von grösserem Werthe für die hier in 15etracht kommenden histo-
rischen und topographischen Interessen waren die ausgedehnten
und reichen ländlichen Besitzungen der Johanniter. Wird
man in lietreff derselben auch nicht von einer [eigentlichen Poli-
tik sprechen dürfen, wie sie der in ganz feste Verhältnisse ein-
tretende Deutsche Orden zu verfolgen nicht bloss im Stande,
sondern eigentlich angewiesen Avar^j, so hat es sich doch that-
sächlich so gestaltet, dass der Johanniter-Orden in gewissen Ge-
genden besonders reich begütert war und daher auch auf die
Verhältnisse dieser Gegenden besonders Rücksicht nahm und die
betreffenden Besitzungen sorgsamer pflegte als andere. Sicherlich
Ij Ib. Nr. 12 (p. 13). 2) Ibid.
3) Ib. Nr. 149 'p. 212;. 4; Ib. Nr. 200 p. 243.
5) S. Prutz: Die Besitzungen des deutschen Ordens im h. Land p.8. 21 — 22.
1G5
aber ist es kein Zufall . dass wir den Johanniterorden gerade in
denjenigen Gebieten des Heiligen Landes besonders reich be-
gütert finden, welche ihrer Lage nach im Fall eines feindlichen
Angriffes zunächst bedroht waren und deshalb auch am meisten
als Grenzmarken eingerichtet sein mussten.
L"berblickt man nämlich die Gesammtheit der noch nach-
weisbaren Casalien und Güter des Johanniterordens , so fällt die
dicht geschlossene Lage derselben an drei Stellen auf. Eine
solche Gruppe liegt im Süden, längs der alle Zeit bedrohten
Grenze gegen Ägypten, so dass der Raum von Askalon bis gegen
Hebron hin mit Casalien der Johanniter bedeckt ist. Als eine
zweite Gruppe ähnlicher Art heben sich dann die Casalien
hervor, welche der Orden n ö r d 1 i c h v o m Berge T a b o r inne
hatte, und die sich in zusammenhängender Linie von Süden nach
Norden im Westen des See's Tiberias erstrecken. Zur "Würdigung
dieses ]3esitzes genügt es daran zu erinnern, dass gerade hier eine
von den schwächsten Stellen des Königreichs Jerusalem war, die
von den östlichen Nachbaren mit Vorliebe zu ihren Einfällen be-
nutzt wurde. Eine dritte, ähnlich geschlossene Gruppe bilden
dann die Besitzungen des Ordens im N o r d en, in der G raf s cha ft
Tripolis. Natürlich sind diese Gruppen von Ordensbesitzungen
erst allmählich entstanden und durch planmässige Erwerbungen
zusammengebracht worden : gleichzeitig damit erfolgt dann die
Errichtung besonders starker Ordensburgen in den so occupirten
Gebieten. Vnd insofern wird man in der späteren Zeit ohne
Frage auch von einer bestimmten Territorialpolitik des Johanni-
terordens sprechen dürfen.
Der ältere Besitz des Ordens aber gruppirte sich natür-
lich zunächst um Jerusalem selbst. Dort erhielt derselbe
schon durch Balduinl. Bethafava^) geschenkt, d. i. betsafäfa.
SW. von Jerusalem, abseits des Weges nach Bethlehem. Bei
dem bei derselben Gelegenheit genannten Montana oder Mori-
tana dürfte vielleicht an das NO. von Jerusalem gelegene anäta
zu denken sein. N. von der Heiligen Stadt besass der Orden seit
1110 Bethanisd. h. bet hanlna-], dann das am Wege nach
Nablus gelegene Beroeth, s. b'ire^]. Das schon von Gottfried
von Bouillon geschenkte Hessilia^) ist wol das im N. der Stadt
1 Paoli I, Nr. 2 und Nr. 30 (p. 32), Nr. 12 (p. 13) steht Beccafaha.
2; Ib. Nr. 2. 3 Ib. Nr. 2S p. 30). 4) Nr. 2.
166
gelegene und zu derselben gehörige hetsilä^;. Im SO. von der
Stadt erhielt der Orden 1143 von einem Priester "Wilhelm ein
Stück Land nebst einer auf demselben im Bau begriffenen Capelle
geschenkt, das als Aceldama bezeichnet wird, d. h. zu dem
Blutacker Hakeldama gehörte, wohin die Pilger nicht bloss
wallfahrteten, sondern wo sich auch von Alters her viele von ihnen
begraben Hessen ^j. Von einem Casale zu Bethanien überliess
der Orden den ihm gebührenden Zehnten 1137 dem dortigen
Nonnenkloster zu S. Lazarus ^ . ^lehrfach erwähnt wird ferner
ein Casale S e m m e , quod vulgus casale episcopi appellatur :
dasselbe dürfte in dem NW. von Jerusalem gelegenen es-sämije *'
wiederzufinden sein, — nicht in dem AV. von Latrün gelegenen
schahme. Beträchtliche Ländereien hatte der Orden, wie wir aus
gelegentlichen Angaben über den reichen Ertrag derselben ent-
nehmen, in E mm aus, h. el-kiibebe: den Zehnten von dem
dort an Gerste, Weizen, Bohnen, Gemüse u. s. w. Gewonnenen
schiildete der Orden den Canonikern vom H. Grab, alles andere
sollte er für seine eigenen Capläne und Kirchen verwenden').
Die Casalien, welche in einer hierauf bezüglichen Urkunde als in
der benachbarten Berglandschaft gelegen genannt werden . sind
heute nicht mehr nachweisbar. Zum Theil stammte dieser Besitz
aus der Schenkung eines llobert von S. Giles, nach dem auch
eines der Casalien hiess •'i : der Name lebt noch fort in sindschil^
einer Burgruine im N. von Jerusalem, halbwegs etwa nach Nablus.
Aiich in dem benachbarten Gebiete von Kamle und Lydda
hat der Johannitcrorden frühzeitig mancherlei Güter erworben.
1181 kauft er von einem Flandrer Namens Hugo ein Casale Chole,
h. chuhle im S. von Kamle ") . Bei Lydda gehören ihm B eth ib en ,
h. vermuthlich het nehälu, NO. von Lydda, oder het nüba, und
Gen das *^), welches ohne Zweifel identisch ist mit dem von
Robinson ') angeführten , aber auf keiner der mir zugänglichen
Karten verzeichneten Orte dschendäs [auf der engl. Karte unmit-
telbar N. von ludcl. Anm. d. Red.j. Daran schloss gegen W. und
1) llobinson '6, bTO.
2) Nr. 22 ,'p. 23) «ubi peregrinorum sepeliuntur corpora.«
3) Nr. 161 (p. 204). 4 Robinson 3, 874.
5) Paoli I, Nr. 21 (p. 22,. G) Ib. Nr. 20 (p. 2ü).
7] Paoli I, p. 282 Nr. %
8) Nr. 12 ip. 13) und Nr. 30 (p. 32,. 9) 3, 870.
167
S. eine Reihe von Casalien an, welche der Orden der Freigebig-
keit der Herren von Jaffa verdankte. Schon seit 1122 zog das
Hospital den Ertrag von M i r a b e 1 . h . latrün, Luceri, Mares-
calcie imd Rentie^'*. Der letzte Ort findet sich mit dem ^e\-
chen Namen re;^^//<' bei Robinson 2): inMarescalcie aber er-
kennt man unschwer eine Verschreibung aus Mnsa Tha'lia
[auf der engl. Karte Xo. 16^ »Sh. Müsa Teil ia«. Anm. d. Red.],
welcher Ort SW. von latrün liegt. Den Namen des in derselben
Urkunde mit als dem Johanniterorden überlassen genannten Or-
tes Cafreherre möchte man in Kefr Harit auf der engl.
Karte »Kefr Häris«. Anm. d. Red.] wiedei-finden ; doch passt des-
sen Lage, S. von Nablus, nicht hierher; der gesuchte Ort muss
bei den anderen hier genannten jedenfalls im Gebiete von Jaffa
gelegen sein ; deshalb darf man Kefr Harit mit kefira identifi-
ciren, um so sicherer als das von diesem NW. liegende Lukiy eh
oder bet liJiJa Lekije sich ungezwungen mit dem anders nicht
deutbaren Luce ri in Verbindung bringen lässt.
In der Nähe von N a b u 1 u s , wo der Orden ein Hospital hatte,
besass er durch eine Schenkung ]jalduins II. eine heute nicht
mehr nachweisbare Casale Letarie^}; von einem demselben zu-
gehörigen Weinberge mussten den Keltern des Ordens jährlich
100 cantaria Trauben zugeführt werden, besonders interessant
aber ist ein dem Orden bei Gelegenheit dieser Schenkimg einge-
räumtes Recht: derselbe soll nicht blos alle in Nabulus selbst ohne
Testament verstorbenen Pilger beerben , sondern auch alle die-
jenigen, welche auf dem Wege dahin innerhalb eines, wie es
scheint , ziemlich weit bemessenen Distriktes sterben : von den
zur Begrenzung dieses Distrikts genannten Ortschaften liegt
Lubanum = luhbän S. von Nabuhis am Wege nach Jerusalem,
Cacho, h, kakün in der Küstenebene, SO. von Cäsarea. Die
sonst dabei angeführten Orte sind nicht zu identificiren ^1 . Durch
Kauf erwarb der Orden 117S das Casale Seleth^l : nach den
zur Angabe der Grenzen desselben als benachbart genannten Orten
1, Paoli I, Nr. 191 (p. 236). 2) 3, 869 etc.
3 Nr. 32 :p.34d.
4> Ibid. a castello Bei eismo (Bet ImrIn,N. von Xabulus? — ; a Perro-
ne illo. qui terminus Cacho et Malvaru (Farün O. von Kaiansuwe?)
etc.; Perrone etwa = Bar in bei van de Velde S. von Kakün?
5' Ib. Nr. G4 p. 64'.
168
handelt es sich um das heutige silet ed-claJir im NW. von Xabuhis ;
denn in den 8.. W. und X. angrenzenden Ortschaften Fende-
comie. Lathara und L o ia sind mit Sicherheit die das heutige
sllet ed-dahr umgebenden fendekümlj'e , atära und 'addsche zu
sehen. Zu diesem Besitzthum gehörten . wie eine den Kauf des-
selben bestätigende Urkunde König Balduins IV. zeigt ^ . auch
eine Anzahl von Beduine nfamilien. -welche vermuthlich in
den westlich angrenzenden Küstenlandschaften nomadisirten.
zeitweilig aber mit ihren Herden auch in die Gegend von Nablus
kamen 2j und dort weideten; es sind Beduinen verschiedener
Stämme -^j, im Ganzen 103 Zelte.
Ton besonderer Wichtigkeit waren die westlich vom See
Tiberias gelegenen Besitzungen des Johanniterordens. Denn
die Niederung im S. und im N. des Sees bot den Mohammedanern
eigentlich zu jeder Zeit einen bequemen Weg dar um durch eine
plötzliche Invasion einen vernichtenden Yorstoss in das Centrum
der christlichen Herrschaft zu machen. Augenscheinlich hängt
es damit zusammen und bezweckte die Einrichtung einer Art von
Grenzmark in jener Gegend, dass der streitbare Orden gerade
dort ausgedehnte Güter theils geschenkt erhielt, theils kaufte
und eintauschte und in der Mitte derselben eine Reihe von festen
Burgen errichtete. Grundstücke und hörige Bauern zu Tiberias
befinden sich schon unter den Besitzungen , die Balduin I. dem
Hospital 1110 bestätigte ^] . Grössere Bedeutung aber erlangten
die Ordensländereien in jener Gegend, wie es scheint, erst seit
Gautier, der Fürst von Galiläa und Castellan von S . Omer, dem-
selben 1165 zwei Casalien schenkte, nämlich Delehawa h.
kaukah el-hawa und Desaut h. es-saude^] am Rande des Berg-
landes N. von Beisan ; ersteres . südlich vom See auf einer Höhe
über dem Jordanthale gelegen , ist späterhin unter dem Namen
Belvoir'') eine der mächtigsten Burgen des Ordens und eine
1) Nr. 65.
2) 1. c. Praeterea si aliqui de heredibus supradictorum Beduinorum de
terra Sarracenoruni ad terram Francorum aliquo tempore venerint , vobis
eosdem cuncedimus.
3 Haec autem sunt nomina praedictorum Beduinorrum : de genere Beni-
Carguas, BeniCelge, Maratob , Bedre, filii Cossa, Benittel, Mothaer. filii
Mathar, Serif, Jatta.
4; Paolil, Nr. 2. 5 Nr. 41 p. 42 .
6, Nr. 46 (p. 47) C oquet il.Coqueb) quod vulgo Eelvear nuncupatur.
169
feste Grenz wehr gegen feindliche Einfälle geworden. Um das-
selbe gruppirten sich zahlreiche Ordenscasalien : an solchen wer-
den in einer Bestätigungsurkunde von 1168 i) genannt Lob erium
h. el-blre^ AVNW, von Belvoir, Losserin h. sirln (N.), Jherio ?
m dem wol das dem vorigen benachbarte el-tire zu vermuthen
ist, während Ilubeleth vielleicht mit chän Jehla im W. von
Belvoir in "S'erbindung zu bringen ist. Als dann in der zw^eiteu
Hälfte des 13. Jahrh. der Bestand der christlichen Herrschaft
immer fraglicher wurde und viele von den dort begüterten
Grossen sich ihres unsicheren Besitzes entäusserten und nach dem
Abendlande zurückkehrten , fand auch der Johanniterorden be-
sonders häufige und günstige Gelegenheit, seine Güter gerade in
jener arg exponirten Gegend abzurunden und zu erweitern. Xa-
türlich kam das auch seiner militärischen Stellung zu gute. Als
Ersatz für ein ihm vom Orden gewährtes Darlehen von 24000
Byzantinern überliess z. B. 1254 Julian, der Herr von Sidon und
Beaufort, demselben das ihm gehörige Casale 'Roberti^^. h.
hefr-kemia zwischen Tiberias und Xazareth. Das umfangreiche
Tenitorium, das dadurch in den Besitz des Ordens überging , ist
nach den zur Bezeichnung seiner Grenzen angegebenen Ort-
schaften noch genau nachweisbar. Denn im O. grenzte es an
Jub eil h, umm chcJmheil (bei v. d. Velde Um Ejbeil), S. an Ain
Meher und Ilaine , h. am mäJiil und rene (ebendaselbst u. bei
Baedellai, im N. und NO. von Nazareth gelegen; die Grenze
gegen W. wird bestimmt durch Saforie und Romene, h.
sef ünje nnd rum7nüne. die gegen N. durch Tour a an h. fUräfi.
Umfang und Werth dieser Erwerbung erhellen schon aus der
ausserordentlich beträchtlichen Schuld, welche durch ihre Über-
lassung getilgt wurde ; sie werden bestätigt durch die glänzende
Entwickelung . welche der Orden gerade von der so erlangten
Stellung aus seinem Besitzstand in jener Gegend zu geben wusste.
Denn schon im Jahr 1255 ergriff derselbe nach einem uns er-
haltenen Protokoll-^) durch seinen Bevollmächtigten Besitz von
einer ganzen Eeihe von Casalien zwischen kefr-kemui, dem Berge
Tabor und dem See von Tiberias. ohne dass wir sagen könnten,
wie er dieselben erworben hätte. Von den da angeführten Orten,
1 . Ibid.
2) Nr. 123 (p. 141 und Nr. 124 p. 1-14).
3) p. 296 (Nr. 18).
170
Avelche einem »Reis« — d. i. einem syrischen oder arabischen
Aeltesten — zur Verwaltung und Bebauung übergeben werden,
vermag ich nur das die erste Stelle einnehmende C a s t a nicht
mit einem heute noch vorhandenen Orte zu]identificiren : die an-
deren, Jubeil, Capharscept. Saronie. Demie, Sisara,
Lubie und Erbel erkennt man sofort Avieder in um edschbel (N.
von Tabor) , kefr-sabt • am Hauptweg vom Tabor nach Tiberiasi ,
särüne^). Dam eh (O. von kefr-sabt) ^ [»Dämieh« d. engl. Karte.
Anm. d. Red.] esch- schadschara (W. von kefr sabt), lübije (N.
davon und irbid (auf dem letzten Bergplateau über el-medschdel],
während E g di s vielleicht aus el Kazethe (»Hadethe« der engl.
Karte, Anm. d, Red.] entstellt ist.
Dass es sich bei der Festsetzung des Ordens gerade in jenem
oft gefährdeten Grenzgebiete namentlich auch um militärische
Maassnahmen und damit politische Gesichtspunkte handelte,
lassen spätere Vorgänge deutlich erkennen. Papst Alexander
schenkte nämlich 1256 dem Johanniterorden das Kloster auf dem
Berge Tabor, unter ausdrücklicher Zustimmung der Mönche des-
selben 2], welche bei dieser Gelegenheit erklärten, dass sie schon
seit lange ausser Stande seien, sich gegen die Sarazenen zu
schützen , deshalb ihr Kloster geräumt und auch alle ehemals
demselben gehörigen Güter eingebüsst hätten ; das sei besser ge-
worden , seitdem die Johanniter eine ]iesatzung auf dem Berge
stationirt und von da aus auch einige der Casalien wieder besetzt
hätten ; man könne oben schon wieder Gottesdienst halten und
wie früher strömten grosse Schaaren von Pilgern dorthin zusam-
men. Damit hing es offenbar zusammen, wenn 1259 auch der
P)ischof von Nazareth den 'gesammten Besitz seiner Kirche mit
19 Casalien dem Johanniterorden gegen einen Zins von jährlich
14,000 Byzantinern überliess^ , Avobei jedoch für das erste Jahr
die Pacht um den JJetrag herabgesetzt wurde , um welchen in
Folge der traurigen wirthschaftlichen Zustände der Ertrag der
Casalien hinter der genannten Summe zurückbleiben sollte. Am
29. October 1259 erklärt der Bischof von Nazareth geradezu^),
die Mittel seiner Kirche reichten nicht aus, ihre Besitzungen ge-
1 Bei Robinson 3, 882 genannt ; nicht auf den Karten. [Vgl. »Sarona« d.
engl. Karte. Anm. d. Ked.].
2] Pauli I, Nr. 127 ;p. 148).
3) Ibid. Nr. 136 (p. 166). 4) Nr. 133 tp. 162).
171
gen die Sarazenen zu behaupten ; auch vermöge er den endlosen
Streitigkeiten der Bauern auf den Casalien nicht Einhalt zu thun :
deshalb überliess er auf die nächsten vierzig Jahre gegen 2000
Byzantiner jährlich dem Orden alle Kirchengüter in der Ebene
Batuf , h. hattauf (die Ebene Sebulon , nämlich Roma. h. rüme
(S. von Äe/^rZ/e, bei Baedeker). Rometta. \i.rummane. Caphra-
harepth, h. Jiphta [dschefät? Anm.d.Red.] und Cana Gali-
lee h. känat-el-dschelll . Über dieses Abkommen brach später-
hin ein Streit aus, mit dessen Beilegung schliesslich als päpstli-
cher Legat Erzbischof Thomas von Bethlehem beauftragt wurde ^) .
III.
So unvollständig diese Notizen sein mögen . so lassen sie in
ihrer Gesammtheit doch keinen Zweifel darüber, dass die auf-
fallend schnelle und beträchtliche Erweiterung, welche die Be-
sitzungen des Ordens in der Gegend von Nazareth , dem Berge
Tabor und Tiberias erfuhren, und die zum guten Theil auf Kosten
kirchlicher Genossenschaften ging, wesentlich zusammenhing
mit dem Bestreben, an jener besonders gefährdeten Stelle grössere
Sicherheit gegen die Einfälle der östlichen Nachbarn zu er-
langen. Eine ganz ähnliche Stellung als Grenzhüter nahm der
Johanniterorden nun schon seit längerer Zeit im Süden des Lan-
des gegen Ägypten ein.
Schon im Jahr 1110 gehörte dem Hospital ein Casale im
Gebiet von Azot^ . h. Aschdod oder esdUd . und bereits 1126
wird ihm für den Fall der Eroberung von A s k a 1 o n durch den
Grafen Hugo von Jaffa das NO . von dieser Stadt gelegene Casale
Melius, h. el-medschdel zum Geschenke gemacht 3). Ebendort
liegt Bethera s, h. het duräs, welches ihm 1173 Constanze, Grä-
fin von S. Gilles, eine Schwester Ludwig's VII. von Frankreich,
zu eigen giebt , wofür dieselbe als Consoror dem Orden affiliirt
wurde und ausserdem für die Dauer ihres Aufenthalts in Palä-
stina 500 Byzantiner, nach ihrer Heimkehr nach dem Westen
aber 1 1 Y2 Mark Silber nach dem Gewichte von Troyes ausge-
zahlt erhalten sollte '') . A s k a 1 0 n selbst wurde erst 1153 erobert .
Seitdem erhielt der Orden einen wesentlichen Antheil an der
1) Nr. 141 p. 173]. 2) Nr. 2 und Nr. 30 ip. 32).
3) Ibid. Nr. 10 (p. 10). 4 Nr. 52 p. 52\
172
Behauptung dieses' wichtigen WafFenplatzes. 1177 überweist die
Gräfin Sibylla von JaiFa und Askalon , die Tochter König Amal-
richs, ein Stück der Befestigungen von Askalon zur Instandhal-
tung und A'ertheidigung nebst der dazu zu venvendenden Summe
von 500 Byzantinern jährlich aus dem Ertrage der am Thore zu
erhebenden Abgaben ^j. Später übergab Kaiser Friedrich II. die
ganze Burg von Askalon der Obhut des Ordens : nicht eher
sollte derselbe diese herauszugeben haben . als bis ihm alle auf
ihre Unterhaltung und Yertheidigung gewandten Kosten ersetzt
sein würden 2) . Der Orden richtete sich daher in Askalon ganz
häuslich ein und baute dasselbe zu einem der festesten Bolhverke
des Heiligen Landes aus. Natürlich erhielt er die darauf ver-
wendeten Summen nicht zurück und verweigerte daher auch die
ihm zugerauthete Herausgabe der Festung 3) . Auch in den be-
nachbarten Landschaften erwarb der Orden in dieser Zeit bedeu-
tende Güter: von denjenigen 13, die ihm 1256 Johann von Ibelin,
Graf von Jaffa und Askalon und Herr von Ramie . zuwandte *) ,
vermögen wir wenigstens einige noch nachzuweisen , nämlich
M al a g u e s . h. umm läkis (SO . von Askalon, auf dem Wege nach
het dschihrlu), Heleiquat, h. hTilekäi. Zeite, \\. zeta, Adje-
deide, h. dschedeide (verzeichnet auf der Karte bei Guerin,
Judee), Semsem, \i. simsim, Beitderas, \i. bei de?'dis^ Agelon,
h. 'adschlän. Doch handelt es sich dabei mehr um die Ertheilung
einer Anwartschaft, als um eine eigentliche Schenkung, weil jene
ganze südliche Grenzregion damals thatsächlich nicht im Besitz
der Christen war.
Das grösste Interesse aber von den Besitzungen des Ordens
in diesen süd. Landschaften bietet ohne Frage bei dscJiibr'in dar,
namentlich wegen dessen, was der Orden daraus zu machen
suchte. Im Jahr 1 13G bestätigt König Fulco die Schenkung Hugos
von S. Omer, welcher dem Orden bet dschibrln (Eleutheropolis,
das alte Betogabara) nebst neun Casalien gegeben hatte, und
1; Nr. 03 p. 0.3 i: es handelt sich um die turris puellarum und zwei
*ndere , zwischen dieser und der S. Marienkirche gelegene Thürme,
deren einer an das Meer stösst.
2|Nr. 111 (p. 118).
3' S. die päpstliche AnweiHung an den Erzb. von Tyrus, den Orden in
seinem Hecht auf Askalon zu schützen, ibid. p. 273 Nr. 7;.
4) Nr. 128 (p. 150).
173
fügt seinerseits vier weitere Casalicn hinzu •). Zum Theil vermögen
wir diese 13 Casalien noch nachzuweisen : es ist nämhch Hir-
nacas h. der nahäs O. von let dschibr'm , Ilirnasin, wohl h.
let nasih OSO.), Deir-el-kobeba s. kebebe[SV^.) und Zeita
h. zeta (W.j. Bei dem offenbar arg verschriebenen Belhtavva-
him kann man entweder an dmcciime 'S.) oder bet auwa denken.
Curcoza ist wohl mit ckursa (SSO.) in Verbindung zu bringen.
Von dieser Schenkung wissen wir bestimmt, dass sie geschah um
in bei dschibrrn ein Bollwerk gegen das damals noch in den Hän-
den der Ungläubigen befindliche Askalon zu schaffen 2] . Diese
Bedeutung verlor der Ort mit der Eroberung Askalons. In der
Folgezeit hat der Orden dort min den merkwürdigen Versuch zu
einer Colonisation im grösseren Stil gemacht. In einer Urkunde
vom Jahre 1168 3) giebt der Orden 27 namentlich genannten
Ansiedlern, theils neu aus dem Abendlande eingewanderten,
theils in Palästina schon heimisch geAvordenen, sowie allen, die
vor der Eroberung Askalons (1153: in jene Gegend gekommen
seien, und denen, die noch kommen würden, als erbliches Eigen-
thum zur Errichtung von Wohnhäusern und zvim Feldbau je zwei
Joch (currucatae, charrues) Land in dem Gebiete zwischen bet
dschibrrn und dem sog. ))Tamarin-Hügel«. An Abgaben soll die
Grundsteuer terruagium von Ackern, AVeinpflanzungen und sonst
nutzbaren Grundstücken gezahlt imd von den Feldfrüchten der
Zehnte entrichtet werden. Die Ansiedler sollen nach dem in Je-
rusalem geltendem Rechte leben und von demjenigen, was sie den
Ungläubigen abnehmen, dem Orden als dem Grundherrn so viel
abgeben, wie das Localrecht von Lydda gebietet. Die Ansiedlung
wird dadurch bestimmt als eine Art von Militärcolonie gekenn-
zeichnet. Die Ansiedler und ihre Nachkommen dürfen Häuser
imd Grundstücke veräiisseni, doch hat der Orden ein Vorkaufs-
recht. Bezeichnend ist die Bestimmung, dass Ehebrecher xmd
Ehebrecherinnen ausgepeitscht und verwiesen werden, beide aber
sammt ihrer Habe dem Orden zu eigen verfallen sollen.
Es ist dies das einzige Beispiel einer derartigen Colonisa-
tionsthätigkeit des Johanniterordens. Dass dieselbe nicht auf
diesen einen Fall beschränkt geblieben ist, dürfen wir natürlich
nicht annehmen: denn wir sahen schon, dass in einem anderen,
1) Nr. 17 (p. IS). 2) Wilhelm. Tyr. XIV, 22.
3) Paoli I, Nr. 45 p. 40 ft".;.
174
späterer Zeit angehörigen Falle der Orden die Casalien neu be-
setzt haben soll . Avelche ehemals dem Kloster auf dem Berge
Tabor srehört hatten. A^ermuthlich handelt es sich dabei um ein
allgemein übliches Verfahren, und dann dürften wir darin das
Vorbild sehen für dasjenige, welches später der deutsche Orden
auf Grund der im heiligen Lande durchgemachten Praxis und der
daraus gewonnenen Erfahrungen bei der Eroberung imd Coloni-
sirung Preussens so erfolgreich angewandt hat i) .
IV.
Wenden wir uns zu einer kurzen Betrachtung der Besitzun-
gen, welche der Johanniterorden sonst noch in dem Gebiete des
eigentlichen Königreichs Jerusalem erworben hat, so vermögen
wir die bei Jaf f a^) und bei Arsur^l nicht mit heute vorhandenen
Orten zu indentificiren. Zu den reichen Gütern des Ordens in
der Gegend von Cäsarea gehörten Caccho^i h. hakon (O. von
Cäsarea , Kafarfalem. h. wohl Ae/";* lüm oder chirhet faläik
[auf der engl. Karte el-fciliJx. Anm. d. Red.j an der Küste im S.
von kakön und Calamzun h. kalansaioe ebendort^j. Die dabei
erwähnte terra Marriciorum ist wohl in Marsh-ez-Zoar
[wohl ez-zor. Anm. d. Red.] wiederzufinden, worüber später
zwischen Tempelherrn und Johannitern ein schliesslich durch
Tlieilung des betreffenden Gebiets beendeter Streit ausbrach ^) .
Das dabei dem Johanniterorden zufallende B e r t r a n d e m i r ist
wohl durch Verschreibung aus kefr kannlr (O. von Marsh-ez-
Zoar) entstanden. Im Oktober 11S2 kauft der Orden von Gau-
tier, dem Herrn von Cäsarea, um den Preis von 5000 Byzantinern
Galileam totam'), was füglich nur auf K i 1 k i 1 i a [kalk'ilij'e d .
engl. Karte. Anm. d. Red.j, bei v. d. Velde Gilgol SSO. von
Cäsarea, N. vom naltr-cl- midsche gedeutet werden kann. Dabei
wird eine ganze Anzahl von »gastrinae« genannt, «quae fuerunt
olim casalia": es handelt sich offenbar um die AViederbesetzung
zur Zeit wüstliegender Hufen. Das Gut musste bis zum Meere
1) Vgl. Prutz, Die Anfänge des deutschen Ordens in Preussen und seine
Beziehungen zum h. Lande — in der Altpreuss. Monatsschrift XV, S.21 — 26.
2) Casale Bulbus Nr. 157 (p. 201;.
3; Leg Loges Nr. 147 (p. 1S5) u. Nr. 141). Vgl. Lestoire 34, 4 p. 446).
4; Nr. 14!) (p. 189;. 5) Nr. 13 ip. 14).
6) Nr. 66 u. 67 (p. 66 ff.). 7) p. 71 u. 72.
175
reichen : denn es wird als dazu gehörig erwähnt eine turris sah-
narum iuxta mare, woraus man schliessen darf, dass damals wie
noch heute vielfach an der syrischen Küste Salz durch Verdunsten
von Meerwasser gewonnen wurde. 1207 wurde dem Orden bei
Cäsarea ferner Pharain h. Faraün (SO.) \ferön der engl,
Karte. xVnm. d. Red.] geschenkt i). Bei Angabe der Grenzen
dieser Güter werden von heute noch vorhandenen Orten genannt
Fardesi h. ferdlsija (S W . von Faraün) und A r t a i s h . I r t a
(NW.) [Irtäli d. engl. Karte. Anm. d. Red.], während Calan-
chunmitdem schon erwälinten >5;a/awsat<;e zusammenfällt. Die
Stifterin dieser Schenkung Julianne von Cäsarea, nahm gleich-
zeitig von dem Orden eine Anleihe auf 2), deren Betrag u. A. auf
ein Ordenscasale Samarith. Sawanie [Süämir (schreibe suwä-
mi?'] d. engl. Karte. Anm. d. Red.] angewiesen wurde.
Besonders reich begütert war der Orden namentlich in spä-
terer Zeit in der Gegend von A c c on. Schon 1149 erwarb er dort
ein Casale album^), wohl 'abde (NO. von Accon), dann 1154
Coketum h. kmveiküt (NO.); dabei wird genannt ein Ort Re-
cordana — mit Mühlen, also an einem Flusse zu suchen, was
wohl mit dem teil kurdäni am obern nah7' tiamäii zusammenge-
hört, während Jebethra in dem SW. davon liegenden Bir
dschedra [dschidrü d. engl. Karte. Anm. d. Red.] erhalten zu
sein scheint. Die Erklärung von Recordana wird bestätigt da-
durch, dass 1262 bei Gelegenheit eines Streits zv^dschen dem
Tempelherren- und dem Johanniterorden ^) die Mühlen von Re-
cordana zusammen genannt werden mit denen von Doc, dem
heutigen teil da ük^ NO. von teil kurdäni. 1228 kommt als dem
Orden gehörig vor ein kuweiküt benachbartes Casale Beroeth^)
h. el-herioe im O. von Accon.
In der Gegend von Tyrus verdankte der Orden einer Schen-
kung Philipps von Montfort, des Herrn von Tyrus und Toron,
welche dessen Sohn Johann 1260 bestätigt 6), den Besitz des
heute noch erhaltenen Dorfes Marön; auch von den zur Be-
stimmung der Grenzen angegebenen Orten sind An der quiffe
1) Nr. 90 (p. 94,. 2; p. 289 Nr. 10).
3) Nr. 267 (p. 287'; vgl. Nr. 217 [p. 237 : quod est situm in piano Accon
juxta viam, quae vadit apud Coquetam casale.
4) Nr. 142 (p. 177). 5) p. 295 (Nr. 17).
6) Nr. 139 (p. 168).
Ztschr. d. Pal.-Ver. IV. 12
176
in deir k'ifa, Torciase in ez-Zerife [sarifa d. engl. Karte.
Anm. (l. Red.] und Nyha in niha noch nachAveisbar. Ferner be-
sass der Orden dort die Dörfer Megedelli. medschedil (OSO.
von Siir) und Tour h. türa (ONO.)^). In dem westlichen Theil
der später zu einem Gebiete vereinigten Seigneurien von Tyrus
und Toron hatte der Orden, der in Toron selbst ein Hospital be-
sass , in Folge einer Schenkung Humfrieds von Toron 2) je die
Hälfte von der Burg von Toron selbst und von Castrum Novum,
einer OMO. davon gelegenen Burg, die als Grenzhut nach dem
Jordan thal hin von Bedeutung war.
Endlich mag , um diese Gruppe abzuschliessen , noch er-
wähnt werden, dass der Orden im Osten des Todten Meeres, im
Lande Mo ab (in teri'a Craki) in der Nachbarschaft der berühmten
Burg Kerak, ein Casale Cansir hatte, h. chanzlre an der von
Kerak nach S. führenden Strasse, mit dessen Besitz das Recht
freier Schiffahrt auf dem Todten Meere verbunden war; die Ge-
gend ist noch heute ihres Wasserreich thums wegen bemerkens-
werth 3) . In dem Gebiete des noch weiter südwärts in die Wüste
hinein vorgeschobenen grossen Castells Montroyal h. scJwhek
besass der Orden ein heute nicht mehr nachweisbares Casale Be-
nisalem^).
V.
Auch in der Grafschaft Tripolis hat der Johanniter-
orden frühzeitig festen Fuss gefasst und mit dem Wachsthum
seiner militärischen Bedeutung einen immer beträchtlicheren Be-
sitz von Gütern und Burgen erworben. Schon 1120 finden wir
das Hospital im Genüsse der Zehnten von mehreren Ortschaften
und einer Anzahl von Kirchen, deren Wahrnehmung seinen
Geistlichen zustand. Das betreffende Gebiet erstreckt sich nach
S. bis Calamonh. kalcmwn^ an der Küste S. von Tripolis^).
Diese Güter wurden später Gegenstand eines Rechtsstreites
1; Ibid. u. Nr. 224 (p. 266).
2) Nr. 34 fp. 36). 3; Baedeker 191.
4) Nr. 29 (p. 31) u. Nr. 02. — chanzlre wird in dieser Urk. der terra Pe-
tracensis zugezählt.
■") 1. c. 1, ]). 269. Über die dem Orden in der Stadt Tripolis in Bezug auf
Wassernutzung, Fischerei, Handel zustehenden Gerechtsame s. Nr. 126
(p. 147).
177
zwischen dem Orden und dem Bischof von TripoHs, welcher von
den in seinem Gebiet] gelegenen Ordensbesitzungen den kirch-
lichen Zehnten gezahlt haben Avollte ; er drang damit nun in Be-
treff der Güter des Ordens im Sprengel von Artasia nicht durch,
während der Orden von den im Sprengel von Areas gelegenen
den Zehnten zu zahlen verurtheilt wurde ^). InRafaniah. Ra-
fine [nach Jäküt II, 796 rafamje. Anm. d. Red.] (NO. von
Tripolis) gehörte dem Orden ein Hospital nebst den zu dessen
Unterhalt bestimmten Gütern, ebenso das auf dem Mons Pelle-
grinus vor der Stadt Tripolis selbst; auch Casalien bei Tor-
tos a standen ihm zu 2) . Von den damit an den Orden gekom-
menen Ortschaften 3) im O. von Tripolis ist M i s d e 1 i a h. medsch-
delaj'a^ Alma h. alma, Ceraphtenie h, Kefr-Haije (S. von
Tripolis) und Bahani h. Bschennin. Bedeutend vermehrt
wurde der Besitz des Ordens in jener Gegend durch eine Schen-
kung Raimunds von Tripolis im Jahr 1145 ^), welche ausser der
Stadt Rafaniah. Rafine (NO. von Tripolis) und ihrem Ge-
biete namentlich die Herrschaft Mons Ferrandiis h. härin'^)
mit allem Zubehör, auch allen davon abhängigen adligen und
bürgerlichen Lehen und sonstigen Rechten umfasst. Bei der
durchaus ungenügenden Beschaffenheit der für diesen Theil Sy-
riens bis jetzt zur Verfügung stehenden Karten 6) ist eine Identi-
ficirung der bei dieser Gelegenheit genannten zahlreichen Ort-
schaften leider nicht möglich. Nur eine, Cratum ist als Ca-
strum Curdorum h. haVat-el-hösn später zu grosser Be-
rühmtheit gelangt : dasselbe ist nachmals eine der Hauptburgen
des Ordens in jenen nördlichen Landschaften gCAvesen und war
für die Vertheidigung der wankenden christlichen Herrschaft von
hohem Werthe. Offenbar handelte es sich bei jener Schenkung
Raimunds von Tripolis und den späteren Ergänzungen und Erwei-
terungen derselben zunächst auch — wde bei den früher bespro-
chenen Besitzungen um Tiberias und den Berg Tabor und denen
bei Bet-dschibrin — um eine im Interesse der christlichen Kir-
che ergriffene militärische Maassregel und die Errichtung einer
1; Nr. 7 (p. 7), 2) Nr. 9.
3) Nr. 11. 4) Nr. 23.
5] Wilhelm. Tyr. XiV, 25.
6 Hier gerade verheisst die eingangs erwähnte Karte von E. G. Rey eine
grosse Bereicherimg unserer Kenntnisse.
12*
178
starken Grenzmark gegen die feindlichen Nachbarn. Dass der
Orden die Aufgabe zu lösen bestrebt gewesen ist, die ihm damit
gestellt war, beweist u. A. eine Breve Papst Alexanders IV. von
1254 1). In demselben wird dem Orden von allen im Gebiete von
Cratum gelegenen Gütern der bisher gezahlte Zehnte erlassen
unter Hinweis auf die grossen Opfer, welche derselbe dem allge-
meinen Interesse dort gebracht habe : noch jetzt habe er die Ver-
pflichtung übernommen, in der Burg unausgesetzt 60 Ritter zum
Kampfe gegen die Ungläubigen zu unterhalten. Nur der Bischof
von Aradus (Ruad) setzte die weitere Zahlung der ihm gebühren-
den Zehnten durch 2) . Jene ursprüngliche Schenkung Raimmids
von Tripolis hatte der Orden inzA^•ischen durch manche neue Er-
w^erbung ei"s\'eitert ^) ; doch sind die von ihm im Gebiete von M a-
raklea*) und von Tortosa^) gewonnenen Güter heute —
wenigstens mit den zui' Zeit vorhandenen ungenügenden Hülfs-
mitteln — nicht mehr nachzuweisen. 1172 schenkt König Amal-
rich, welcher damals die Herrschaft Tripolis administrirte, dem
Orden die durch ein Erdbeben zerstörten Castelle Areas h. Ar-
kas und Gibelacar h. dschehel el-akra. S. von der Mündung
des Orontes, zur Wiedererbauung und alsdann bleibendem Eigen-
thum. Die militärische Bedeutung auch dieser Zuwendung er-
hellt daraus, dass der Orden nicht verpflichtet sein soll, von der
auf den Streifzügen gegen die Sarazenen gewonnenen Beute dem
Grafen von Tripolis den sonst schuldigen Antheil abzugeben ^j .
1174 erhält der Orden von Hugo von Gibeil das Casale Bche-
stin') h. bkesfa, O. von dschebeil (bei v. d. Velde**:. Ein Ca-
stellum rubrum, welches Raimund von Tripolis 1177 dem
Orden schenkt**), scheint nicht mehr zu existiren. Von einer an-
dern reichen Zuwendung desselben 1181 ^^) vermögen wir wenig-
stens soviel mit Sicherheit zu erkennen , dass ihr Gebiet sich
gegen O. bis zum Orontes (flumen. (piod vulgariter Fer nuncupa-
mus) und der dem Kurdenschlossc benachbarten Ebene la Bo-
quea, d. i. heka (auch als »die kleine« bezeichnet im Gegensatze
zu der »grossen«), erstreckte. Welch bedeutende Stellung der
1) p. 273 (Nr. 8). 3) Nr. 145 (p. 183).
3) Nr. 194 (p. 239). 4) Nr. 38 (p. 39): Eixserc ; Luchem.
5) Ibid. Nubia. 6) Nr. 51 p. 51).
7) Nr. liu p. 210,. 8) cf. Robinson 3, 953 ext.
9) Nr. 170 ,p. 212). 10; Nr. 70 (p. 70).
179
Orden in dieser Grenzlandschaft einnahm , zeigt ferner eine Ur-
kunde Raimunds von Tripolis von 1184i), -worin dieser die Stadt
Chamela d. i. Emesa h. höms mit allen EinAvohnem und Rech-
ten dem Orden übereignet, indem er sich selbst nur den Genuss
der Einkünfte aus der Stadt iind den jenseits des Orontes ge-
legenen Gebieten vorbehält. Auch machten die Vasallen des
Grafen mehrfach von der ihnen ertheilten Erlaubniss zu Schen-
kungen an den Orden Gebrauch; bei einer solchen Gelegen-
heit-) lernen wir ein Ordenscasale Suweissa kennen, h. Su-
w e i s a, ONO . von 'A r k a (bei v. d . Velde) .
Langwierige Händel veranlasste die Frage nach dem Rechte
des Ordens auf das wichtige Maraklea. Dieselben werfen zu-
gleich ein Licht auf die Beziehungen des Ordens zu der in den
Bergen hausenden Mördersekte der Assassinen, welchen die Ein-
bürgerung der Ritter in ihrer unmittelbaren Nähe sehr unbequem
gewesen zu sein scheint. Denn »aus Furcht vor dem Emir der
Assassinen« (timore domini Assessinorum) , d. h. durch denselben
bedroht und eingeschüchtert, Hess sich Raimund von Tripolis so-
wohl Emesa als auch das dem Orden schon früher überlassene
Maraklea 1199 wieder zurückgeben •'^) , verhiess aber gleichzeitig
die baldige Rückgabe beider, wenn der Orden die ausdrückliche
Zustimmung der nächstberechtigten Erben dazu auszuwirken im
Stande sein würde. Offenbar ist es dazu zunächst nicht gekom-
men : denn Maraklea wurde später der Gegenstand eines lang-
wierigen Rechtsstreites zwischen dem Orden und dem Grafen
von Tripolis. Erst 1234 sprach der vom Papste mit der Schlich-
tung desselben beauftragte Bischof von Valenia die Burg
dem Orden zu ^) . Auf die Appellation des Grafen aber erging
1241 ein anderes Urtheil des Patriarchen Albert von Antiochien,
welches Maraklea dem Grafen zurückgab, zugleich aber die
Verpflichtung auferlegte, dem Orden zur Entschädigung eine
jähi-liche Rente von 1300 Byzantinern zu zahlen*^).
Mit dem Tempelherrnorden stritt der der Johanniter um die-
selbe Zeit um den Besitz von Byblos h. dscheheil. Während der
mehrjährigen Wirren nämlich, die zu Anfang des 13. Jahrhun-
derts in den Herrschaften Antiochien und Tripolis und auch
1) Nr. 75. 2) p. 288 (Nr. 7).
3) Nr. 82 (p. 88). 4) Nr. 117 (p. 127)
5) Nr. 118 (p. 129).
180
zwischen beiden schwebten, war dscheheil von dem Fürsten Rai-
mund Rupin von Antiochien 1210 dem Johanniterorden i) , durch
den mit Raimund verfeindeten Raimund von Tripolis aber dem
Tempelherrenorden zu eigen gegeben worden. Der Rechtshandel
zwischen den beiden Orden, der sich daraus ergab, wurde 1221
durch den Spruch des päpstlichen Legaten Pelagius, Bischofs von
Alba, dahin entschieden, dass die beiden Orden dscheheil gemein-
sam besitzen und die Einkünfte aus demselben unter sich theilen
sollten 2] .
Im Besitze der Johanniter finden wir im Gebiete von Tripo-
lis ferner seit 1204 das Gut Tuban h. Turan, O. von Tripolis
am lüädi-el-bärid 3) . Als ein dem Orden gehöriges und von ihm
zu Lehen ausgethanes Casale kommt ferner mit dem unbestimm-
baren Bo comb re nach Resmesque h. Ras Meska [auf den
Karten Ras Meska. Anm. d. Red.]. S. von Tripolis, vor*).
YL
Auch in Betreff der Güter , welche der Orden innerhalb des
Fü rstenthume s Antiochien erworben hat, begegnen wir
der schon bei Gelegenheit der tripolitanischen Besitzungen des-
selben erwähnten Schwierigkeit , dass nämlich die zur Zeit vor-
handenen Karten von jener Gegend ungenügend sind und em zur
Identificining einer grösseren Zahl von Ortschaften durchaus
nicht hinreichendes topographisches Material darbieten & .
In der Stadt Antiochien selbst, w-o es noch von der
Zeit des vorherrschenden commerciellcn Einflusses von Amalfi
her einen besondern vicus Amalfitanorum gab ß) , hatte
schon das Johannishospital manclierlei Liegenschaften durch
Roger von Antiochien geschenkt erhalten", und auch in der
näheren imd ferneren Umgebung der Stadt C'asalien und anderen
Landbesitz erworben , so namentlich auch in den Gebieten von
l; Nr. 95 (p. 99); Bestätigung von 1215 Nr. 102 ,p. lOlj u. Tresor des
chartes d'Armenie p. 135.
2 Nr. 107 (p. 113). 3) Nr. 87 (p. 92).
4 Nr. 121 p. 138,.
5 Die beste Karte von Nordsyrien ist Carte de la montagne des Ansaries
et du jjachalik d'Alep par E. G. Rey fo. Datum,.
6) Nr. 25 (p. 27). 7) Nr. 6. Vgl. p. 284 Nr. (5.
181
Härene h. härim^), Kafarda h. Kafrtab^j bei maarrat-en-
nomän und lielthio, -welches letztere wol eins ist mit dem
zwischen Riha und el-Bätra gelegenen Belioün^). Auch in
Laodicea h. el-liuKMJe war der Orden seit 1134, wo die Stadt
noch wüst lag . begütert ^) . Bei Gelegenheit einer Bestätigung
des Ordensbesitzes durch Kaimund von Antiochien im Jahr 1 149^)
erfahren wir, dass die Johanniter auch Casalien besassen im Ge-
biete von Ar onia, welches entAveder in Oroun (Urima), NO.
von Turbessel nach dem Euphrat zu (auf der Karte von Rey) oder
mit wn'm [so Jäküt. Anm. d. Red,] im SW. von Sirmin zu fin-
den sein wird. Das Casale Cis enb u rg im Gebiete von Turbessel
wird wol eins sein mit dem S. von dem genannten Orte liegenden
teil zembür. Die sonst in jener Gegend als Besitz des Ordens
genannten Casalien ^ sind nicht nachweisbar.
Jedenfalls aber ergeben die Urkunden ein sehr stattliches
Bild von dem Besitze des Ordens in jenem nördlichen Theil des
christlichen Gebietes und von der Bedeutung der darauf beruhen-
den militärischen Stellung desselben. Diese letztere scheint na-
mentlich gegen das Füstenthum Aleppo gerichtet gewesen zu
sein , wenigstens darf man das daraus vermuthen , dass bei einer
der vielen Schenkungen , durch welche geistliche und weltliche
Grosse den Orden durch Zuwendung von Gütern und Renten
zur Erfüllung der ihm gestellten Aufgabe befähigen wollten,
1167 bestimmt wird, das Casale solle an den Schenker zurück-
fallen, wenn Aleppo von den Christen erobert sein würde ') . Als
Bestandtheil einer ausserordentlich reichen Zuwendung, die der
Orden ebenfalls 1167 dem Fürsten Boemund von Antiochien ver-
dankte^!, finden wir u. A. die Hälfte des Gebietes von Rugia
h, Ruja [ruwei/ja1 bei Rey Roueiha. Anm. d. Red.], N. von
Ma arrat-en-No'man. und Fe mi a. das alte A p ame a im Orontes-
1) Vgl. Wilh. V. Tyrus V, 1, v,o 14, u. XVII, 1 wo kaum 10 milliaria als
Entfernung von Antiochien angegeben sind; die Lage beschreibt Wilh. Tyr.
XXI, 25; vgl. Baedeker 482. — [härim nach Jäküt. Anm. d. Red.l
2) Wilh. Tyr. XI, p. 497; XIII, p. 579 u. 589. — Nach Jäküt IV, 289
kefertäb zwischen mdarret en-no'män und haleb ; vielleicht Kefer Taal von
Rey. Anm, d. Red.
3) Baedeker 489. — Vielleicht eher Behio. das Behioh von Rey, S. von
kalb lüze.
4) Nr. 158 p. 202;. 5) Nr. 25 ^p. 27;.
6)S. Nr. 37. 7) Nr. 42. 8) Nr. 43.
182
thale. Aber auch ohne Lage, Umfang und Werth der Ordens-
besitzungen im östlichen Theile des antiochenischen Gebietes
näher zu kennen^ dürfen wir auf deren ausserordentliche Bedeu-
tung daraus schliessen , dass dem Orden dort geradezu landes-
fürstliche Rechte eingeräumt waren , und zwar , was besonders
ins Gewicht fällt, in Bezug auf die auswärtige Politik. Denn am
Schlüsse der betreffenden Urkunde Balduins heisst es ausdrück-
lich : »Wegen des erwähnten Gebietes können die Hospitalbrüder
Krieg führen , wenn es ihnen beliebt , und Waffenstillstand ma-
chen, wenn sie wollen. Sobald sie mir den Abschluss eines sol-
chen Waffenstillstandes anzeigen , werde ich denselben beobach-
ten und auch meine Vasallen und, so weit ich kann, alle Christen
zur Beobachtung desselben anhalten«. Ja, der Fürst von Antio-
chien macht sich weiterhin in seiner Politik gegenüber den
Mohammedanern sogar ganz abhängig von der Autorität des
Johanniterordens. Denn nach dem ferneren Wortlaute der Ur-
kunde soll weder Boemund von Antiochien noch einer seiner
Vasallen mit den Sarazenen oder mit den zu diesen haltenden
Christen ohne den Rath, d. h. die Zustimmung des Ordens einen
Stillstand eingehen dürfen ; thue er das dennoch, so solle der Or-
den an denselben nicht gebunden sein. Mit anderen Worten :
der Johanniterorden war auf dem besten Wege, für jene wichti-
gen nördlichen Gebiete die militärische und politische Oberlei-
tung der ganzen fränkischen Colonie in seine Hand zu bringen.
Im Laufe der folgenden Jahre ist der Orden durch zahlreiche
neue Schenkungen der verschiedensten Art^), die seinen Land-
besitz und seine Geldmittel vermehrten, diesem Ziele wesentlich
näher gebracht worden. Schon 1 182 z. B. kam ganz Rugia, h.
Ruja in seinen Besitz 2). Weitaus der wichtigste Punkt aber in
dem gesammten Besitze des Ordens im Antiochenischen wurde
die gewaltige Burg Margat, h. marJmh^ zugleich eine der Haupt-
stützen für die Christen im nördlichen Syrien. Frühzeitig ist der
Orden auf die Erwerbung dieser unvergleichlichen l^osition aus-
gegangen. Schon 1163 hatte sich der Orden von Balduin von
maräsch einen Ort Namens Platta abtreten lassen, gegen tlber-
nahme der Verjjflichtung, auf demselben binnen Jahresfrist den
1) S. die Urkunden Nr. 49, 55, p. 281 (Nr. 1), p. 282 (Nr. 2), p. 284
(Nr. 5), Nr. 76 (p. 7G), Nr. 210 (p. 251j.
2) Nr. 73.
183
Bau einer Burg wenigstens zu beginnen. Anderesfalls sollte das
Landstück an Balduin zurückfallen^) . Ob etwas und was daraus
geworden, wissen wir nicht. Dagegen ervvarb der Orden 1186
von Bertrand, dem Herrn von Margat2), gegen eine demselben
zu zahlende Eente die Stadt Valenia, h. hänijäs mit dem be-
nachbarten Schlosse Margat 3), h.. kaVat-markah ^ Avelches sich
halbwegs zwischen Tortosa und Dschebeil in einiger Entfernung
von der Küste auf einem Aveithin sichtbaren Berge erhebt. Ber-
trand bekennt dabei selbst , dass seine Mittel nicht ausreichten,
die Burg so im Stand zu halten, wie es das gemeinsame Interesse
der Christen bei der Nähe der Ungläubigen erforderte. Einbe-
griffen sind in die Abtretung alle zu der Herrschaft Margat ge-
hörigen Casalien, Grundstücke, Hörige , Einkünfte und Gerech-
tigkeiten jeder Art. Um welch statthchen Erwerb es sich dabei
für den Orden handelte , zeigt die lange Keihe der als zu Margat
gehörig genannten Ortschaften. Unter denselben ist C a d e m o i s
h. Kadmous, O. von Margat, Laicash. Alaikas (Aleika)
ONO. auf der Key 'sehen Karte des Nosairiergebirges , und
Bokebeis scheint in Verbindung zu bringen zu sein mith. el-
Quobeijat, SO. von Kadmous am östlichen Abhang des Ge-
birgszug's; Russa ist h. rmoesch, S. von markah , und in
Besmesin steckt Avohl h. Beshnin (SO.) [bei Eey Beschmis,
Anm. d. Red.]. Auch für dieses Gebiet erhielt der Orden das
Recht über Krieg und Frieden, und in der Bestätigung der Schen-
kung verspricht der Fürst von Antiochien, sich in seinen Be-
ziehungen zu den Ungläubigen möglichst nach dem Rathe des
Ordens zu richten.
Die nächste Folge dieser glänzenden Erwerbung des Johan-
niterordens war nun freilich ein heftiger Streit desselben mit den
Tempelherren. Denn diese behaupteten auf Gnmd früherer Ab-
machungen ein Eigenthumsrecht auf eine Anzahl der nun von
den Johannitern occupirten Ortschaften und Güter. Beide Theile
appellirten an die Gewalt und es kam zwischen ihnen zu einem
förmlichen kleinen Kriege. Energisch trat Innocenz HI. diesem
Treiben entgegen , das der Christenheit Ärgemiss gebe und den
1) Nr. 41 p. 410).
2) Du Gange, Les familles d'outre mer fed. Rey in den Documents ine-
dits sur l'histoire de France) p. 391.
3) Paolil, Nr. 77 ^p. 77—81).
184
Ungläubigen zum Yortheil gereiche : die Johanniter wurden an-
gewiesen, die von ihnen besetzten streitigen Casalien sofort zu
räumen . die Tempelherren, ihr Recht vor einem Schiedsgerichte
in gebührender Form zu erweisen'). Den Ausgang dieses mit
grosser Leidenschaftlichkeit eröffneten Streites kennen wir nicht ;
doch scheint der Johanniterorden obgesiegt zu haben , denn wir
finden ihn später der Hauptsache nach in unangefochtenem Be-
sitze jenes wichtigen Gebiets. Margat wurde das Haupthaus
des Ordens und hat als solches eine sehr bedeutende Rolle ge-
spielt, und noch die leidlich conservirten Ruinen desselben lassen
seine ausserordentliche Wichtigkeit erkennen.
YII.
Schon durch seine Lage war Margat zu einem Waffenplatz
ersten Ranges bestimmt -) . Die Höhe, auf der die Burg liegt, ist
ungefähr dreieckig, mit der Spitze nach Süden; von den ostwärts
liegenden Nosairierbergen wird sie durch eine tiefe Schlucht ge-
trennt , während südwärts nur ein schmaler Grat zu denselben
hinüberführt . so dass das Plateau etwa wie eine Halbinsel er-
scheint. Dasselbe ist mit einer der dreieckigen Oberfläche ent-
sprechenden dreieckig gestalteten doppelten Befestigungslinie um-
geben. Die äussere Linie, zum Theil aus dem lebendigen Felsen
herausgearbeitet, ist mit starken^ meist runden Thürmen versehen.
Von der zweiten Linie ist nur noch das gemauerte Fundament
erhalten. Von dem durch die innere Mauer umschlossenen Raum
waren die an der Grundlinie des Dreiecks liegenden nördlichen
zwei Drittheile ehemals eingenommen von dem Flecken, in wel-
chem sich späterhin in Folge der zunehmenden Unsicherheit der
Gegend die Bewohner des nahen Valenia h. hänijüs und der
Bischof dieser Stadt angesiedelt hatten. Durch einen Graben
davon getrennt hatte die eigentliche Ordensburg das südliche
Drittheil inne. In der Mitte ungefähr des zu ihr gehörigen Ge-
bäudecomplexes erhebt sich, von NW. nach SO. orientirt, die
einschiffige Kirche , die mit einer etwas erhöht liegenden Apsis
1, p. :U8 (Nr. 39;.
2; Das Folgende nach Key, L architecture militaire des croises en Syrie
j). 21 ff. (in den Duc. in6d. sur l'hist. de Francej; der Plan von Margat eben-
dort PI. II und Ansicht der Ruinen PI. III.
185
abschliesst ; rechts und links von der Apsis liegen kleine , capel-
lenartige Räume. Die Säulen und Capitäle sind romanisch und
im Ornament ganz einfach gehalten. Eine Thüre führt in den
der Kirche N. vorliegenden Burghof, eine andere durch die nörd-
liche Längenwand in den wol zu Wohnräumen bestimmten Theil
der Burg, der heute in Trümmern liegt. "S'ennuthlich -waren
diese Räume in Spitzbogenstil mit sich mehrfach kreuzenden
Gewölben aufgeführt, Avie wir das an einem gut erhaltenen grossen
Saale sehen, der gleich neben dem Hauptthore der Burg liegt.
Südlich von der Kirche, unmittelbar an sie angrenzend, zwischen
ihr und dem die südliche Spitze des Dreiecks bildenden colossa-
len Thurm , steht noch ein zwei Stock hohes Gebäude , dessen
grosse Säle durch schöne Bogenfenster erhellt sind. Daran
schliesst sich dann der die Südspitze füllende Thurm, der Haupt-
theil der Befestigung von Margat. Er hat einen Durchmesser von
29 Meter und gewaltig dicke Mauern, die in beiden Stockwerken
von Schiessscharten durchbrochen sind : diese sind so vertheilt,
dass kein Raum in der Umfassung des Thiirmes unbestrichen
blieb , d. h. der Feind sich nirgends dem Fusse desselben unge-
straft nähern konnte. Die Decke zwischen den zwei Stockwerken
und die zwischen dem oberen und der Plattform des Thurmes
sind von Sprachlöchern durchbrochen , so dass die Yertheidiger
von allen dreien fortdauernd mit einander communiciren koim-
en. Die Plattform war umkränzt von einem mächtigen Zinnen-
wall, die Schiessscharten und ringsum einen gedeckten Gang
darbot . und stand mit dem flachen Dach des zwischen Thurm
imd Kirche liegenden zweistöckigen Gebäudes in Verbindung,
welches zur Aufstellung von Schleudermaschmen und anderen
"S'ertheidigungsgeräthen ausreichenden Platz darbot. Nach We-
sten stiessen dann an den Thurm wieder Casernements, natürlich
auch zur Yertheidigung eingerichtet. Vorgelagert aber ist dem
Thurme, die äusserste Südspitze des Plateaus einnehmend, ein in
den Zug der äusseren Mauer eingefügtes Vorwerk, welches halb-
kreisförmig vorspringt und so den Zugang absperrt, welchen der
von Süden zu dem Plateau führende Felsengrat einem Angreifer
etwa darbieten könnte. Von dem nördlichen Theil der eigent-
lichen Ordensburg , dem . welcher dem in der äussern Enceinte
beschlossenen Flecken zugekehrt ist. können wir uns bei der
Trümmerhaftigkeit der zugehörigen Gebäiule kein rechtes Bild
186
mehr machen. An der Aussenseite, nach dem Flecken hin, zieht
sich eine starke, mit Schiessscharten nnd gedeckten Gängen ver-
sehene Maner, an deren Fuss ein in den Felsen gearbeiteter Gra-
ben hinläuft, während ihr westliches Ende ein stattlicher Thurm
bezeichnet. Hat derselbe auch ohne Frage schon der ursprüng-
lichen Ordensbiu-g gegolten, so rührt er doch in seiner jetzigen
Gestalt sicherlich aus späterer, mohammedanischer Zeit her.
Von der Geschichte dieser gewaltigen Johanniterfestung
Avissen wir wenig. Eine Burg, der Sitz der vom Fürsten von An-
tiochien lehnsabhängigen Herren von Margat , hat dort sicher
schon früher gestanden ; \aelleicht hatten schon die Byzantiner
auf dieser die Gegend beherrschenden Höhe ein Castell errichtet
gehabt. Zu einer Festung ersten Ranges , wie sie die mächtigen
Trümmer erkennen lassen , kann Margat aber füglich nicht vor
dem Übergang in den Besitz der Johanniter geworden sein. Denn
die Aufführung eines solchen Riesenbaues war nur den gewalti-
gen Mitteln einer solchen Genossenschaft möglich. Das findet
seine Bestätigung darin, dass der Bau, "VA-ie competente Sach-
kenner urtheilen , sowol in Bezug auf die Technik als auch in
Bezug auf den Stil und die gesammte Anlage dem Anfange des
dreizehnten Jahrhunderts zuzuweisen ist. Ausgeführt muss er
gleich nach der Erwerbung jenes Gebietes durch den Orden sein.
Denn Wilbrand von Oldenburg, der 1211 durch jene Gegend
reiste, fand die Burg vollendet und giebt eine Beschreibung der-
selben, die mit den noch erhaltenen Resten vortrefflich stimmt*).
Von Tortosa kommend stieg Wilbrand nach Margat hinauf: er
rühmt die Stärke und den Umfang der Burg , ihre Doppelmauer
und ihre zahlreichen Thürme, die ihm weniger zu Vertheidi-
gungszwecken als den Himmel zu tragen bestimmt scheinen.
Den Berg , der die Vestc trägt , vergleicht er einem Atlas ; sein
Abhang liefert nach Wilbrand der Besatzung nicht weniger als
500 Fuhren Heu 2), dessen Einbringung die Feinde wiederholt,
aber immer vergebens zu hindern versuchten. Dem Alten vom
Berge und seinen Assassinen soll Margat so imponirt haben, dass
sie dem Orden seitdem 2000 Mark Silber jährlichen Tribut zahl-
ten. Dennoch sei man in der Burg alle Zeit vor einem plötzlichen
1, Laurent, Peregrinatores medii aevi quatuor p. 170.
2) So ist wohl »annuatim quinquaginta plaustra comdati novem (l.novi)
suis dominis ministrat« zu deuten.
18:
Angriffe auf der Hut: allnächtlich machen 28 Wächter unter dem
Commando von vier Ordensbrüdern die Hunde um die Mauern ;
die stehende Besatzung ist 1000 Mann stark; in den Magazinen
und Speichern aber soll auf AoUe fünf Jalire alles Nüthige an
Proviant und Kriegsgeräth aufgehäuft gelegen haben. Wie sehr
die Gegner die Bedeutung von Margat schätzten, zeigt ein Schrei-
ben des Emirs von Hamah an seinen Vezier']: »der Teufel selbst,
heisst es darin, hat sein Vergnügen daran gehabt, Markab zu be-
festigen : wie oft haben die Muselmänner versucht , zu seinen
Thürmen zu gelangen und sind dabei in die Abgründe hinabge-
stürzt. Markab ist eine in ihrer Art einzige Stadt, wie eine Warte
auf der Höhe des Felsens gelegen, zugänglich den Hilfstruppen,
unzugänglich den Angriffen: nur Adler und Geier können sich
zu seinen Wällen aufschwingen«.
Seit Margat im Besitze des Johanniterordens war, führte dort
als Stellvertreter des Hochmeisters ein Ordensritter als Castellan^)
das Commando. Selbst Saladin wagte die Veste 1187 nicht an-
zugreifen. Nachmals sass dort oben der ehemalige HeiTScher von
Cypern, Isaak Komnenos, den Richard Löwenherz der Obhut
der Johanniter übergeben hatte, in silbernen Ketten gefangen.
Damit hat mau den Namen dlwän-el-melik ^ d. i. Zimmer des
Königs, in Verbindung gebracht , der im Volksmunde an einem
noch leidlich erhaltenen Zimmer nahe dem Eingange der Burg
noch heute haftet ^) . 1204 machte Malek-ed-Daher einen vergeb-
lichen Angriff auf Margat. 1267 schloss der Orden mit Sultan,
Bibars einen 10 jährigen Stillstand für die Gebiete des Kurden-
schlosses und Margats, wobei er auf den Tribut verzichten musste,
den ihm bisher die Assassinen, die Emire von Aleppo , Hama
und Schaisar gezahlt hatten. Zwei Jahre später musste der Orden
auf alle zuletzt mit den Mohammedanern gemeinsam innege-
habten Ländereien "S'erzicht leisten und selbst die Einkünfte der
Herrschaft Margat zur Hälfte dem Sultan überlassen, auch ver-
sprechen, an Margat selbst keine Reparatur mehr vorzunehmen :
die Burg wurde also dem allmählichen Verfall preisgegeben.
Dennoch schlug dieselbe 1280 einen Augriff Scifeddins lialbeis.
des Befehlshabers des Kurdenschlosses, und seiner wilden Turk-
1) Mitgetheilt von Key a. a. O. p. 37 38.
2) Ihre Liste giebt nach den Urkunden bei Paoli Key a. a. O. 33.
3) Ebendort 29.
188
meiienhorde siegreich zurück. Erst Kelaün gelang es, das festeste
Bollwerk der Christenheit im Norden Syriens zu brechen. Am
17. April 12S5 erschien derselbe vor Margat und schlug sein Lager
südlich von der Burg auf, auf dem Grat, welcher das Plateau mit
den Nosairierbergen verbindet. Sechs gewaltige Ballisten, die
man in ihre Bestandtheile zerlegt auf die Höhe gebracht hatte,
überschütteten die äusseren Wälle mit einem Hagel von Ge-
steinen und Geschossen, wurden aber durch die Wurfmaschinen
der Vertheidiger zertrümmert. Durch neue AngrifFswerke aber
sahen sich die letztern bald genöthigt, das südliche Vorwerk zu
räumen und den grossen Eckthuim der Burg zum Hauptstütz-
pimkt der Abwehr zu machen. Nun begannen die Belagerer die
Mauern zu untergraben, trieben Minen in den Felsen, in denen
dann Holzstösse verbrannt wurden um das Gestein mürbe zu
machen, so dass es, wenn die stützenden Balken von den Flam-
men verzehrt waren, zusammenbrach und die von ihm getragenen
Mauern wankten und stürzten. So wurde schliesslich das süd-
liche Vorwerk zu Fall gebracht und die Angreifer fassten in dem
Raum zwischen der äusseren und inneren Mauer festen Fuss ; ein
Sturm aber, den sie imternahmen, wurde noch abgeschlagen.
Daher nahmen die Mineure ihre Arbeit Avieder auf, untergruben
die Fundamente des grossen Hauptthurms , der als der Schlüssel
der Festung anzusehen war, und brachten denselben bald ins
Wanken. Da aber Kelaün eine Burg von solchem Werthe mög-
lichst gut erhalten gewinnen wollte , so bot er den Vertheidigern
Capitulation an. Dieselbe wurde angenommen, nachdem Bevoll-
mächtigte des Ordens sich von der Unmöglichkeit überzeugt hat-
ten, den Zusammensturz des Thiirmes abzuAvehren. Die Ritter
erhielten freien Abzug nach Accon ; jeder diirfte seine tragbare
Habe mitnehmen. Sie führten 55 völlig ausgerüstete Pferde und
Maulthiere mit fort; aus der Ordensschatzkammer, die in Margat
gewesen zu sein scheint, durfte jeder Ritter 2000 Byzantiner mit-
nehmen. Am 29. Mai 12S5 erfolgte die Übergabe. Kelaün aber
Hess sofort den durch die Belagerung angerichteten Schaden gut
machen und den wichtigen Waffenplatz völlig in Vertheidigungs-
zustand setzen. Mit einer zahlreichen Besatzung und 150 Mame-
luken nahm einer seiner Emirs dort seinen Sitz, dem die Gebiete
von Antiochien, Laodicea und Kafartab untergeben waren.
189
VIII.
Nachdem wir nunmehr die Besitzungen des Ordens , soweit
sie heute noch nachweisbar sind, kennen gelernt und dabei zu-
gleich eine Vorstellung von der politischen und der militärischen
Bedeutung derselben gewonnen haben , werfen wir schliesslich
noch einen Blick auf die für dieselben in Betracht kommenden
wirthschaftlichen Verhältnisse , der uns zugleich ein Bild geben
kann von dem Kulturzustande Palästina's im Zeitalter der
Kreuzzüge.
Von den zahlreichen, ausgedehnten und weit zerstreuten
ländlichen Besitzungen , einzelnen Gütern und Gütercomplexen,
welche der Orden allmählich erworben hatte, behielt er natürlich
nur einen verhältnissmässig geringen Theil unmittelbar in seiner
Hand, so dass die betreffenden Ländereien unter Aufsicht seiner
Beamten durch seine Diener und die auf den Grundstücken sitzen-
den Colonen bebaut wurden. Der Ertrag dieser vom Orden selbst
bewirthschafteten Güter diente den Bedürfnissen der in dem be-
treffenden Bezirk gelegenen Ordenshäuser und Spitäler. Alle
diese unmittelbar zum Unterhalt des Ordens und seiner Glieder
dienenden Ordensgüter waren von allen Abgaben, namentlich
auch dem kirchlichen Zehnten eximirt i) . Von denjenigen Gütern
jedoch, die er nicht in dieser Weise zu eigenem Bedarf verwen-
dete, sondern irgendwie anders, also nur mittelbar nutzbar machte,
hatte der Orden dem betreffenden Bischof den kirchlichen Zehn-
ten zu entrichten 2) . Doch wurde er davon nicht selten durch be-
sondere Verleihung befreit 3) oder ersetzte den Zehnten durch ein
meist niedrig bemessenes Pauschquantum. Von anderen Gütern
entrichtete er nur den halben Zehnten *) .
Bei weitem den grössten Theil seines reichen Landbesitzes
that der Orden natürlich aus. Das konnte auf zweierlei Art ge-
schehen. Entweder gab er ganze Güter oder gar Gütercomplexe
zu Lehen und übte dann den damit beliehenen gegenüber alle
die Rechte aus, w-elche dem Lehnsherrn in militärischer und
jurisdictioneller Hinsicht dem Lehensmann gegenüber ziistanden,
und ihm schuldeten die Beliehenen alles, was der Vasall seinem
1) Paoli I, p. 268 u. Nr. 10 (p. 10).
2) Nr. 8 u. Nr. 13. 3) Nr. 69. 4) Nr. 7, 21.
190
Herrn zu leisten hatte. So erwarb der Orden z. B, 1170 in Be-
zug auf die Burgen Arkas und Dscliebel Akkar ganz die Rechte,
die bisher dem Grafen von Tripolis zugestanden hatten i) , und
1261 gewinnt er in ganz gleicher Weise die Seigneurie Arsur^).
Kam in einem solchen Gebiete dann noch die Kriegshoheit an
den Orden, so hatte derselbe thatsächlich landesherrhche Rechte
inne. Viel häufiger aber vergab der Orden seine ländlichen Be-
sitzungen nicht in compakter Masse als Lehen , sondern in ein-
zelnen Casalien oder Theilen von solchen zur Bebauung und Be-
wirthschaftung an einzelne Unternehmer, inid zwar nicht blos
Christen, sondern auch Sarazenen. Dieselben hatten dann je
nachdem einen bestimmten Theil des Ertrages in natura abzulie-
fern oder einen jährlichen Pachtzins zu zahlen; zuweilen ist
beides combinirt^). AYurden Ländereien an Einheimische ver-
geben, so geschah das nicht selten in der Weise, dass eine ganze
Gesellschaft von solchen , eine Familie oder ein Tribus ein Gut
zu gemeinsamer Bewirthschaftung erhielt; alsdann lag die Lei-
tung derselben und die Vertretmig der Gesellschaft dem Grund-
herren gegenüber entweder bei dem Aeltesten oder emem gewähl-
ten Oberhaupte, welches den Titel Reis führte '') .
Übrigens stand dem Orden an \-ielen der ihm geschenkten
Ländereien kein unbeschränktes Eigenthumsrecht zu. Mancher,
der ihm eine Schenkung zugewandt hatte, behielt sich auf Lebens-
zeit ein Mitbenutzungsrecht vor, etwa die Hälfte des Ertrages ^j ,
oder der Orden musste dem Schenker eine Rente zahlen*^); von
anderen hatte er gewisse Summen an Geistliche und Kirchen zu
zahlen'). In anderen Fällen bestanden solche Verpflichtungen
auch den Erben des Stifters gegenüber fort "") . Auch die Pachtung
einzelner Casalien oder ganzer Casaliencomplexe auf länger be-
messene Zeiträume durch den Orden kommt vor: z.B. pachtet
derselbe 1259 die vier Casalien des Erzbisthums Nazareth auf 40
Jahre gegen 2000 Byzantiner jährUch"), ein Geschäft, das bald
DNr. 51. 2) Nr. 140. 3; Nr. 21.
4) Paoli I, p. 294 (Nr. 18j wird z. B. der Casale Jubeil übergeben pro
dicta domo tenusdam, laborandum et custodiendum llaiccio Abet et Geme-
radi etc.
5) Nr. 73. 6) Nr. 52. 187. 7) Nr. 185.
8) Nr. 20. 219. 9) Nr. 133 (p. 182).
191
danach auf den gesammten Landbesitz des erwähnten Erzbis-
thums gegen eine Pacht von 14.000 Byzantinern ausgedehnt
wurde ^) .
Nicht unbeträchtlich war ferner, was der Orden aus den
Lieferungen gewann , zu denen einzelne Güter und Grundstücke
ihm verpflichtet waren. \on dem einen erhielt er ein be-
stimmtes Gewicht an Weintrauben für seine Kelter 2) , von dem
anderen Zucker zum Bedarf der Kranken im Ordenshospital zu
Accon 3) ; ein Edler stiftet ihm zum Dank für die ihm zur Befreiung
aus sarazenischer Gefangenschaft geleistete Hilfe eine Spende
von 10 Scheffeln Getreide jährlich^) . Anderwärts hatte der Orden
nutzbare Eechte , z. B. das des Fischfanges im See Tiberias ^j ,
während ihm der Zehnte zustand von den Fischen, die bei Tripolis
in dem an sein dortiges Haus und dessen Garten stossenden
Stücke des Meeres gefangen wurden "^l .
Für alles dasjenige, was der Orden zum eigenen Bedarfe auf
seinen Schiffen aus dem Abendlande einführte oder durch andere
einführen liess, genoss er Zollfreiheit ^). Besonders reichen Ge-
winn zog er aus den Einkünften gewisser Zollstätten, an denen
ihm ein Antheil verliehen Avar: so z. B. in Accon ^l, in Tripolis ^j
und in Antiochien ^^) . wo ihm auch der Ertrag des Weinzolls, der
Seifensiederei und der Gerberei angewiesen war^-).
In seiner Eigenschaft als eine zugleich auch kirchliche Ge-
nossenschaft zieht er von einzelnen Casalien und zuweilen auch
von ganzen Landschaften gewisse kirchliche Einkünfte, z. B. den
kirchlichen Zehuten '- ; anderswo fiel ihm ganz oder theilweise die
tallia Surianorum. d. h. die von den syrischen Bauern zu zah-
lende Abgabe oder Kopfsteuer zu '^ .
Aber auch Menschen finden wir unter dem nutzbaren Be-
sitz des Ordens, nicht blos soweit solche als grundhörige Bauern
auf den dem Orden übereigneten Gütern sassen ' ') . sondern auch
1) Nr. 136 ip. 1G6). 2] Nr. :J2.
3) Nr. 207 p 249). 4) Nr. 214 (p. 255,.
5) Nr. 199 (p. 242). 6) Nr. 12() p. HT .
7) Nr. 11. 8) Nr. 1S9 (p. 2;M .
9) Nr. 211 p. 251). 10) Nr. 112 (p. 12u .
IV Nr. 113. 114. 12) Nr. 98 fp. 152 .
13 Nr. 19> p. 242 . 14) Nr. 7t).
Ztschr. d. Pal.-Ver. IV. 13
192
einzelne Iranern villani) an einzelnen Orten i); ja einmal schenkt
jemand nicht blos sein Haus, sondern sich selbst dem Hospital 2j .
Hierbei kommen besonders die Beduinen in Betracht. 1160
z, B. schenkt König Baldiiin dem Orden 60 Zelte, d. h. doch
wol Familien , Avas offenbar nur dahin zu verstehen sein dürfte,
dass der Orden Vollmacht erhält sich so viel aus der Zahl der
noch freien, noch nicht einem bestimmten Besitzer übereigneten
anzueignen ^); 1178 bestätigt derselbe dem Orden eine Schenkung
Amalrichs von Nabulus zu der auch acht Beduinentribvis mit im
ganzen 103 Zelten gehören *); die Schenkung begreift ausdrück-
lich auch diejenigen zu jenen Tribus gehörigen Beduinen, die zur
Zeit im Gebiete der Ungläubigen weilen : sie sollen Eigenthum
des Ordens werden, sobald sie das christliche Gebiet betreten^) .
AVie hoch sich etwa der Gesammtertrag aus allen diesen Gü-
tern, Grundstücken, Renten und nutzbaren Rechten des Ordens
jährlich belaufen haben mag, sind wir natürlich ganz ausser
Stande auch nur annähernd zu schätzen. Dass es sich dabei aber
um gewaltige Summen handelte , ist zweifellos. Der Orden war
frühzeitig auch eine finanzielle Macht : konnte er doch Raimund
von Tripolis mit der colossalen Summe von 37,000 Byzantinern
aushelfen, d. h. 1,350,000 Francs Metall =2,800.000 Francs
Courswerth ! A\ ie der Orden diese Summen verwandte , lässt
sich nur vermuthen. In der älteren Zeit standen dafür ohne
Frage die ursprünglichen, dem Orden durch seine Statuten vor-
geschriebenen Zwecke in erster Linie. Johann von Würz-
burg, der um 1165 das Heilige Land bereiste, rühmt die Mild-
thätigkeit des Ordens, berichtet staunend von dem riesigen Spital
desselben in der Heiligen Stadt und weiss , dass derselbe über
Castelle und eine starke Kriegsmacht verfügt '') . Später Avird
darin wol so gut wie bei dem Tempelherrcnorden eine Andennig
eingetreten sein, obgleich es den Anschein hat, als ob die Johan-
niter niemals in dem Grade verweltlicht seien Avie die Tempel-
1) Nr. 2. 2j Nr. 12.
3) Nr. 3ü. Ist diese Deutung richtig?, so möchte man annehmen, dass die
Beduinen, soweit sie nicht ausdrücklich jemandem zu eigen gegeben
waren, Königsleute waren, d. h. als Eigenthum des Königs galten.
4j Nr. 0.5.
5) Ganz ebenso kommen Nr. ()6 beduini Tempil vor.
6) Tobler, Descriptiones Terrae Sac. p. 15!) (Leipzig 1874).
193
herreii und auch niemals so entschieden militärisch -politische
Tendenzen verfolgt haben wie späterhin der deutsche Orden.
Sicherlich aber wird auch dieser Orden sich den nachtheiligen
Einwirkungen nicht ganz haben entziehen können , welche die
entschieden ungesunde Entwickelung des Frankenthums im Hei-
ligen Lande auf alle daran lietheiligten ausübte , und Avie von
dem Stolze der Templer so geht im 13. Jahrhundert im Munde
des Volkes die Rede von der Eitelkeit der Johanniter ^) .
1) Boban d'Hospitaliers bei Crapelet, Proverbes et dictons francais aus
13e et Uesi^clesp. 25/27.
Der Name cliau miuje.
Von Professor Dr. J. Gildemeister in Bonn.
Wie notliwendig es sei. "vvenn man zur Bestimmung von Orts-
lagen die Namensfonn herbeiziehen will oder rauss, die philolo-
gischen und etymologischen Verhältnisse derselben richtig zu
verstehen, mag an einem Beispiel dargelegt werden.
Die verschiedene Gestalt, unter der obiger Name bei den
Reisebeschreibern und zwar (vergl, Robinson Paläst. III, 541)
seit FiJRER 1560 axiftritt; elmoinie, elmuny . elmenie, menieh.
mini, mennye (so I^jurkuakdt) u. a., führt auf das Wort, das
nach den Autoritäten Jäküt, Lubballobäb. Kämüs wntev'adsc/iaba]
el-mimja zu vocalisiren. vielfach aber durch Einwirkung des fol-
genden j namentlich in Ägypten (sehr viele Formen bietet aus
den Reisebeschreibern das Register zu Hartmanns Africa 1799)
minje gesprochen und so auch in A'ulgärtexten. z. B. in einem
von NicoLL Catal. ms. Bodl. II, 415citirten Steuerverzeichniss,
arabisch geschrieben ist. Von den arabischen Lexicographen wird
es, zum Zeichen dass es in dieser Bedeutung kein altarabisches
ist. nicht aufgeführt und findet sich daher auch nicht in unsern
Wörterbüchern; ohnehin ist sein Vorkommen fast ganz auf
Ägypten, avo einige Hunderte von Orten so lieissen, und auf Spa-
nien beschränkt. Es bedeutet Villa, Landhaus, Landgut, Gehöft,
Weiler , kleines Dorf (in der aus dem .Syrischen stammenden
Übersetzung der biblischen Chronik drückt es kafrnn, Dörfchen,
aus 1. 4, 33; 6. 41 if. u, oft), in Spanion speciell: Garten. Park.
Es wird dann davon ein l'lural nach arabischem Bildungsgesetz :
mu7m abgeleitet. Als Appellativ erfordert es ursprünglich einen
Genetiv, den des Besitzers, des nahe gelegenen Ortes, oder ein
Adjectiv, l)is es endlich, wenn die Orte grösser oder bedeutender
geworden, abgekürzt für sich allein gebraucht wird, wie munjal
195
ihn chasib am Nil jetzt bloss Monieh. Minieh, Menieh heisst. Die
AnAvenduiig des AVortes lässt sich bis in das erste Jahrhundert
des Islam verfolgen. Der im Jahr SO ^699) gestorbene Bruder
des Chalifen 'Umar ihn Abdalaziz, El-aslagh, erbaute sich die
munjat el-aslagh^ die noch 282 (905) und später geschichtlich er-
Avähnt wird Abulmahäsin II, 100. 160. 212), El-chasib, Steuer-
director unter Harun 190 (806), oder sein Sohn unter Mämün jene
munjat [ibn] el-chasib jMakr. Chitat I, 205), ein reicher Christ An-
diina (Antonius) unter Ahmed ibn Tülün um 870 die munjat an-
clüna das. 208). Andere vor der Fätimidenzeit s.bei Ibn Chall.
175 ult. Slane = 2, 69, 14 Wüst, und 644, 22 Slane. In Spanien
richtete der erste Umajjade Abdalrahmän nach seinem Regie-
nmgsantritt, also bald nach 139 (756), bei Cordova einen Pracht-
garten ein, Cien ex mimjat er-7'usäfa nannte iMakk. I, 304). In
Syrien ist der Name seltener; ein Beispiel ZDPV. II, 14 vergl.
Dschihän-numä 589, 17. Eine guastina Elmnnie zum casale
Maharoua im Gebiet von Tyrus (wohl m^aJiriimä bei Quatr.
Maml.II, 1, 174, 13) zählt im Jahr 1243 der Bailo Marsiglio
unter den Venetianischen Besitzungen auf. Tafel und Thomas
Urkunden der Stadt Venedig (Fontes rer. Austr.) II, 376.
Die sicherste Ableitung des Fremdwortes ist die zuerst von
Adler (in Eeiske's Abulfeda III, 751) aufgestellte von dem kop-
tischen 'eigentlich griechischen) [xovyj »mansio , habitatio , statio
navium, mansiones lunae« Peyron. Dem Genus folgt die ara-
bische Femininendung. Aus Äg)-pten wird das AVort früh von
den Ansiedlern nach Spanien mitgenommen sein, erst später kam
es nach Syrien. Wenn Mukaddasi 375 985) es noch nicht zu
kennen scheint und sich von einem Spanier als »Garten« erklären
Hess (S. 135), so bezieht sich das avoIü bloss auf den speciellen
Gebrauch für den meilenweiten Park bei Granada.
Der chän am galilaeischen See ist daher benannt nach einer
munja, bei der er lag, und die einen zweiten, uns unbekannten
Namen im Genetiv nach sich gehabt haben muss. Welcher
dieser gewesen, sagt kein Zeugniss. Wetzstein bei De-
litzsch Ein Tag in Capernaum. 1873. S. 147 hörte die Ruinen
südlich vom Chan mlnet-el-ghuwer , Hafen des gJnncer nennen,
was gegenüber der bei allen Reisenden so constanten Benennung
doch nur ein neueres Missverständniss sein kann. Es Hesse sich
daraus etwa auf eine frühere Benennung munja des ghuwer
196
schliessen, wobei denn diese die einzige im gliuwer gewesen und
im Gegensatz zu einer ausserhalb des glmic^r benannt sei (w^o-
gegen allerdings chcm el-ghuioer zum Unterschiede von den übri-
gen auf der Damascusroute liegenden ganz passend gesagt werden
kann' . Aber da alle sonstige Bestätigung fehlt, so wird man Be-
denken tragen den Schluss zu ziehen. Eher wird man eine an-
dere Vermuthung wahrscheinlich finden dürfen.
KazAvini erzählt in seinem geographischen Lexicon 145, 22
oder in den Wundern der Schöpfung 193, 6 (in ExHE'sÜbsg. 394):
im Landstrich von Tiberias sei ein Ort (oder Dorf) mit sieben
Quellen, deren Wasser sieben Jahre lang fliesse und die nächsten
sieben Jahre versiegt sei (wie dergleichen Regelmässigkeit ja auf
natürliche Erscheinungen hin öfters fabulirt Avird). Dies muss
sofort an das Heptapegön erinnern , Avelches nach der oben II,
59 gegebeneu Ansetzung auf oder an dem Gebirgszug oberhalb
cliZm minje gelegen hat^) . Ferner erzählt Kaz wini (Lex. 183, 2,
Wunder 195, 1, bei Ethe 397) nach dem Bericht des Ta'älibi
(f 1048 Chr.) von einer im Landstrich von Tiberias gelegenen
Quelle, Avelche diese Eigenschaft gehabt, und die sicher mit jenen
sieben Quellen identisch ist, und hier wird nun gesagt, dass sie
1 ) Dazu ist nur zu bemerken, dass die Worte der ausführlicheren Recen-
sion des Theodosius 'ßirsabee' und 'aut fedus putei, quod pepegit Abraham
mit Hecht von Tobler als unechter Zusatz bezeichnet sind (Birsabee kann
sprachlich nicht 'sieben Brunnen' heissen und des Josephus nördlicher Gränz-
ort üntergalilaea's unmöglich hier gesucht werden) und dass die Angabe
'milia ij' für die Entfernung von Magdal um zu den 7 Quellen und dem Ort der
Speisung der 5000 in der kürzeren Recension nur in einem nicht sehr cor-
recten Codex des achten Jahrhunderts und einem des zAVölften steht, während
drei Handschriften aus dem achten und neunten, sowie drei aus dem zwölften
keine Entfernung angeben und alle Handschriften der ausführlichen Re-
cension fünf Meilen bieten. Epipuanius Hagiopol. p. 59 Allatius oder
p. 9 DiiESSEL giebt dafür eine (röm.) Meile; wenn er indess das Kloster
Heptapegön und den Speisungsort der 5000 zwei Meilen von seinem Caper-
naum setzt, so stimmt dies zu der angenommenen Lage. Die übrigen geben
keine Zahlennotiz, aber deuten auf denselben Fleck. Arculf setzt den Ort
der Brotvermehrung zwischen Tiberias und Capernaum die Lesart 'per bivium
habent giebt schwerlich einen Sinn, nur '])ervium habent, wie die meisten
Codd., auch Y p. 411 lesen, so dass der topographische Schluss aus der Gabe-
lung des Weges' nicht gezogen werden darf), das sog. Commemoratorium ver-
bindet Heptapegön am ? die Praeposition fehlt) Tiberiassee mit der Speisung
der 5000, XifEPiroRis Call, mit der der 4000.
197
bei einem Dorf munjat hischäm liege. Ist nun jene Localisirung
der ETTTa Trr^Yai , wie nicht zu bezweifeln, sicher, so Aviire damit
der vielleicht auf den Umajjadenchalifen Hischäm (723 — 742 Chr.) ,
welcher viele Landgüter anlegte (Wkil, Gesch. d. Chal. I, 654),
zurückgehende Namen gegeben.
Die Verkürzung in blosses munj'a wird nach dem oben ange-
gegebenen Gebrauch veranlasst sein, weil hier eine Hauptstation
der Strasse von Damaskus nach Ghazza und es, wenn nicht über-
haupt schon der in der Gegend einzige, dadurch der bekannteste
Träger des Namens war. Tiberias, das bei den früheren Routen-
beschreibern die Station bildet, war nach der Zeit der Kreuzzüge
bald verfallen , und an seine Stelle wird el-munja getreten sein.
das Ghali 1 ez-zähiri (p. 20 bei Rosenmüller Anal, arab.)
1430 als grosses, stadtähnliches Dorf kannte. Desshalb erscheint
auch im Dschihän-numä (S. 555 vgl. 584,4. 604, 2^ der galilae-
ische See als See von el-munja\ da die Strasse hier den See er-
reichte und bald dahinter von ihm abbog, ohne mehr Tiberias zu
berühren , konnte der Ort von den Reisenden als der charakte-
ristische Punkt für den See aufgefasst werden. Über die Aus-
sprache geben die Texte des Ghali 1, des Dschihän-numä und
des Khijäri (1670) keine Auskunft ; aber in dem Leidener alten
Codex des Ihn Schaddäd, den Schultens abdruckte, vergl.
S. 98, ist nach de Goe.je's freundlicher Mittheilung das Wort
beidemal mit u bezeichnet, also el-munja gesprochen. So erscheint
es auch in Spanien in dem mehrfachen Ortsnamen Almunia und
als Appellativ in Urkunden bei Ducange.
Hieraus folgt , dass wir das spät-arabische Wort nicht aus
einer Form der in Palästina früher gesprochenen Dialekte er-
klären dürfen und die oben II, 59 versuchte Zusammenstellung
mit Dalmanutha unzulässig ist. Sie stützt sich darauf, dass
»mw?/e in syrischer Form menoto gelautet habe.« Aber dies, früher
nfnätä gesprochen, hat weder auf dem Wege einer grammatischen
" Analogiebildung , die ein nicht existirendes matiät-un (mit der
arabischen Nominalendung) ergeben hätte, noch auf dem der laut-
lichen UmAvandlung eines fremden Nom. prop., noch als Über-
setzimg [menoto heisst Theil. nicht so das arabische Wort) je
munja werden können. »Manütä oder menötö« [tifnüfa' wären
auch initer sich nicht identisch imd jenes ist überha\ii)t kein sy-
risches Wort, so dass selbst um diesen Preis die Annahme eines
198
Abfalls der Silbe dal nicht weiter führen Avürde. Dass dies mm
aber so habe ausgesprochen werden können, dass ein Abendländer
mensa heraushören mochte (wie Ahnliches schon Sepp, Neue
architekt. Studien 1867, S. 230 meint), ist undenkbar. Die lis-
pelnde Aussprache des Trav war ja bei den Aramaeern nicht vor-
handen und dies bildet ein Characteristicum ihres Dialects, in
der arabischen Form miinja oder meinethalb menja wäre für sie
kein Platz, imd wie hätte das betonte u überhört werden können?
Auch hiervon abgesehen fehlt den lateinischen Stellen alle Über-
zeugungskraft , dass das ohnehin mit tabula wechselnde mensa
anders, denn als Appellativ verstanden sei. Die älteste Erwäh-
nung um 808 im Commemoratorium , an die Beschreibung des
Klosters Ileptapegon sich anschliessend, lautet lückenhaft, wie
sie überliefert ist : Item iuxta mare ecclesia quam vocant duodec
pulis suis; ibi est mensa, ubi cum illis sedit; ibi sunt
presbyter j, clerici ij. In diesem Zusammenhang kann das eine
ibi doch nicht anders verstanden werden, als das andere. In oder
an der Kirche ist ein Priester, in oder an der Kirche oder zu ihr
gehörig sie war wohl darüber gebaut, wie Tiiietmar p. 5 Laur.
ausdrücklich sagt) der Tisch, wo er mit den Jüngern sass. Das
kann doch nicht heissen : in der Nähe ist eine (offenbar an dieser
Stelle auch nicht vorhandene) Ortschaft Mensa. Gemeint ist das
Fischfrühstück Joh. 21, das noch Epiphanius llagiop. p. 59 = 1 1
in das Dodekathronon verlegt, wie Thietmar darauf ausdrücklich
mensa bezieht, ^und nur hierzu passt doch der Tisch, der bei den
Umständen der Brotvermehrung keinen Platz hat. Damit wird
bei l^iocAS p. 13 Allat. und vorher bei Nicephoriis die von den
Evangelien ganz anderswohin verlegte Speisimg der 5000 ver-
bunden, und da diese auf grösserem Kaum geschehen sein
musste, so rückte der Name mensa weiter in die Höhe. El-munja
lag nach allem vgl. auch oben II, 61 Z. 23) doch südlich von
dem Bergrücken, da wo noch die Spuren sind, die mensa wird
nach II , CO oben auf das Vorgebirge gesetzt. Und auch später
wird nicht die Ortschaft, sondern der Platz der Speisung mensa
oder ad mensam oder mons vocatus mensa genannt.
An dem sprachlichen Thatbestande muss ebenso auch ein
anderer etymologischer A'ersuch scheitern. Aus der Schreibart
minhjv ^ die ich in den mir augenblicklieh zu Gebot stehenden
Texten nur bei Tristkam The laiul of Israel 1805 p. 491 ff.
199
finde, ist gefolgert worden (Delitzsch Tag in Capernauni 1S73,
S. 147), es sei eine Ableitung von mlnii oder wie die Yulgärform
lautet, mlna^ Hafen. Aber zu geschweigen, dass Tristram hier
keine Autorität sein kann, musste eine Ableitung von minä, ja
nur mvncivijja geben, und wollte man den Namen schon in alter
Zeit von der Yulgärform mlnah stammen lassen, so müsste doch
das lange i der ersten Silbe beibehalten sein. Noch weniger lässt
sich »el-Minieh« mit Guerin Galilee 1880, I, 216 als »petit port«
fassen; arabische Deminutivformen sehen bekanntlich anders aus.
Zwei angebliche deutsclie Pilgerschriften des 15. Jahr-
liuiulerts.
Von Dr. Willielm Erman in Berlin.
In den im vorigen Jahre in Berlin bei Weidmann erschie-
nenen »Deutschen Pilgerreisen nach dem Heiligen Lande, heraus-
gegeben und erläutert von Beinholu Röhricht und Heinrich
]Meisner« finden sich als Berichte über die -wichtige Pilgerfahrt
von 14S3, der wir vor allem die durch Umfang und Gehalt be-
deutende, in verschiedenen Versionen erhaltene Fabri'scIic Rela-
tion verdanken, neben dieser, der Breitenbach sehen xmd der
von R. und M. zum ersten Mal publicirten Reisebeschreibung
des Georg von Gumppenberg schliesslich auf Seite 503 — 505
noch zwei , ein und derselben Quelle entnommene ,- l^erichte in
kurzen Auszügen mitgetheilt. Der erste ist angeblich von dem
uns schon durch Fabri als Mitreisender bekannten Bartscherer
luid Lautenschläger Artus, hier Just Artus von Beben hausen
genannt , verfasst , der zweite von einem , so viel ich sehe , sonst
unbekannten Hans Raininger von Buchhorn. Beide sind zu-
erst in den von Chr. A. Vulpius redigirten, in Weimar erschie-
nenen » Curiositäten der physisch-literarisch-artistisch-histori-
schen Vor- und Mitwelt« veröffentlicht Band 2. 1812. S. 405 —
422 und Bd. 6. IS 17. S. 323—334), die erstere auch in Karl
Seifarts Erheiterungen, Stuttgart IS68, S. 144 — 148.
Die sich mir schon bei der Leetüre der kurzen Auszüge bei
R. und M. ergebenden Zweifel an der Authenticität beider Be-
richte, hervorgerufen durch die in beiden wiederkehrenden, aben-
theuerlich-romanhaften Erlebnisse der Pilger , fanden bei etwas
eingehenderer Prüfung der Abdrucke in den Cmiositäten ^) volle
1) Die SeifFart'schen "Erheiterungen« stehen mir in Berlin nicht zu Ge-
bote.
201
Bestätigung : beide stellen sich als unzAveifelhafte Fälschungen
heraus, "wahrscheinlich von A'ulpius selbst herrührend.
Ua die beiden mit der gesammten einschlägigen Literatur so
Avohl vertrauten Herausgeber der »Deutschen Pilgerreisen« den
wahren Charakter dieser Machwerke verkennen konnten ^ . er-
scheint es nicht ganz überflüssig, für künftige Arbeiter auf diesem
Felde hier eine Warnungstafel zu errichten, und die Beweise für
die Unechtheit beider Schriften kurz darzulegen.
1. »Wie ich, Jost Artus, gezogen bin, mit An-
deren, in's heilige Land, und was ich sah und erfuhr
auf dieser Pilgerfahrt« lautet der volle Titel der ersten in
den Curiositäten Bd. 2. IS 12. S. 405 — 422 gedruckten Schrift.
Schon was der Herausgeber über die angeblich von ihm benutzte
Handschrift (das Autograph des schriftstellernden Bartscherers !)
beibringt , ist geeignet , A'erdacht zu erregen : »Die von ihm ganz
kurz aufgezeichnete Reise war, als ein Familienstück, von Hand
zu Hand gegangen. Endlich, in einem Archive, halb vermodert
aufgefunden, erhielt dieselbe ein Freund von Papieren dieser
Art, verglich sie mit gleichzeitigen Reisen, besonders mit jener,
welche der Mitreisende P. Felix Fabri hinterliess. und theilt sie
hier den Lesern mit«. Also eine jener unbestimmten, ganz über-
flüssiger Weise die Dinge nur andeutenden , nicht beim Namen
nennenden Angaben, Avie sie für Fälschungen so charakteristisch
sind. Doch brauchen wir uns bei blossen Verdachtsmomenten
nicht aufzuhalten , da es möglich ist , den sicheren Beweis der
Fälschung aus dem Lihalt zu führen. Derselbe besteht aus zwei
durchaus heterogenen Bestandtheilen. Der eigentliche Bericht
über den Fortgang der Reise von Ort zu Ort ist nämlich ein wirk-
liches Product des 15. Jahrhunderts, nur nicht vom Bartscherer
Artus verfasst, sondern ein von dem Fälscher zusammengestop-
pelter, dürftiger Cento aus der vortrcff"lichen Reisebeschreibung
des Felix Fabri , und zwar aus der deutschen Bearbeitung , Avie
sie am zugänglichsten vorliegt in dem von Sigmundt Feyer-
1 ) Beide Berichte werden in der dem Werke vorangestellten »Historischen
Einleitung« wiederholt als Quellen benutzt (vgl. S. 6 Anm. 4, S. 23 Anm. .5).
Von dem Artus heisst es S. 504, er biete zwar für die Geographie und Tra-
dition der heiligen Orte nichts, besitze aber »sonst für die Kenntniss der Zu-
stände keinen geringen Werth«, Rainingers Bericht wird S. 575 eine »in-
teressante Fahrt« genannt.
202
ABENDT verlegten »Reyssbiich cless heyligen Lands« (Franckfiirt
a. M. 1584fol.)i) Die Übereinstimmung ist, soweit nicht die
veränderte Person des angeblich erzählenden kleine Änderungen
bedingte . eine wörtliche ! Ganze Abschnitte sind bis auf eine
leichte Modernisirung der Sprache völlig unverändert herüber-
genommen"-). Um das Verfahren zu charakterisiren , und jedem
Unbefangenen etwaige Zweifel an der stattgehabten Entlehnung
zu benehmen, genügt die Gegenüberstellung einiger weniger
Stellen :
Reissbuch fol. 12 2 \
Zu der heyligen Fahrt haben sich
die .... Herrn, herrlich und lustig
zugericht , mit allem dem das zu der
BilgerschafFt gehört, über Landt vnnd
über Wasser, und haben erworben
erlaubung die Fahrt zu verbringen,
.... von unserm heyligen Vatter
dem Bapst, und haben sich versehen
mit acht frommen trewen Knechten
und Dienern, für die sie allen Kosten
bezalten.
fol. 124^
Aufl' die Xacht namen dieHerrnund
andere Pilgri viel schreckens ein, von
dem feindtlichen wagen und krachen
dess Schiffs, und nicht viel freud noch
ruh war da. Als wir nun also lagen
in der Finsternuss, ein jeglicher in
seiner Stantz an seinem lietthloin, mit
Sorg und unruhigem Schlaff, so hebt
einer im Schlaft' an, also mördtlich
und jämmerlich zu schreyen, als wolt
man jhn ermorden, und dazu hat er
Curiositäten II, 408.
Die edlen Herren hatten »nächst
Päpstlicher Heiligkeit Erlaubniss.
sich lustig und herrlich zu der heil.
Fahrt zugerüstet, mit allen dem was
zur Pilgerschaft gehört über Land
und Meer, für sich und alle ihre
Diener, acht fromme, treue Knechte,
für die sie alle Unkosten bezahlten.
II. 410.
In der Nacht aber nahm uns viel
Schrecken ein , von dem Schweben,
Wogen, Knirren und Krachen des
Schiffes, das wir nicht gewohnt waren,
so, dass nicht viel Freude und lluhe
da war. Als wir nun so lagen in der
Finsterniss, ein jeglicher in seiner
Stanze an seinem Bettlein, mit Sorge
und unruhigem Schlafe, so hebt einer
im Schlafe, also mörderlich und jäm-
merlich an zu schreien, als wollte man
1) Dass der Fälscher in der oben mitgetheilten Notiz über die zu Grunde
liegende handschriftliche Quelle Fabri ausdrücklich als von ihm »verglichen«
erwähnt, lässt es mir fast zweifelhaft erscheinen , ob überhaupt eine ernst-
liche Täuschung Kundiger beabsichtigt war.
2) Auch der von KönuicuT und Mkisner) fS. 504) aus dem Artus citirte
Passus über das Grab des Johannes von Montfort in Nikosia gehört zu diesen
wörtlichen Entlehnungen aus Fabri. (Reyssbuch fol. 127 b.)
203
ein wildes Getümmel in seiner Stantz,
als wolt er sich wehren und fliehen.
Von dem sind allePilgri erwacht, und
vom schrecken aufgewüscht
ihn ermorden , und dazu machte er
ein wildes Getümmel in seiner Stanze,
als Avollte er sich wehren und ent-
fliehen. Davon erwachten alle Pilger,
wischten vom Schrecken auf
Ich glaube diese Beispiele genügen vollauf. Ohne ein der
Entstehung der Septuaginta analoges Wunder ist solche Überein-
stimmung zweier unabhängig von einander schreibender Bericht-
erstatter nicht möglich. Dass Felix Fabri nicht den »Artus«
ausgeschrieben hat. bedarf des Beweises nicht. Es bliebe aber
noch die Möglichkeit, dass nicht ein Fälscher unseres Jahrhun-
derts, sondern der wahre Artus des 15. Jahrhunderts, in dem Be-
dürfniss seine persönlichen Erlebnisse zu verewigen, den Grund-
stock seines Opus aus einzelnen Sätzen seines gelehrten Mitreisen-
den Fabri zusammengestoppelt, und nur die gleich zu berühren-
den Privat- Abenteuer hinzugefügt habe. So überaus unwahr-
scheinlich auch diese Annahme von vornherein erscheint . so ist
es doch gut, dass sich auch ihre absolute Unhaltbarkeit schlagend
darthun lässt. Der Fälscher hat nämhch die Unvorsichtigkeit
begangen, sich mit den von Fabri und Breitenbach überlieferten
Thatsachen in unlösbaren Widerspruch zu setzen. Während in
^V irklichkeit diejenigen IS Pilger, welche an die Jerusalemfahrt
noch eine Reise zum Sinai knüpften , darunter die nachmaligen
Historiker des Zuges Fabri und Breitenbach , 34 Tage länger
in Jerusalem verweilten als die am 22. Juli direct zurückkehren-
den, lässt der Fälscher umgekehrt die Sinaipilger zuerst abreisen,
die anderen, darunter seinen Artus noch in Jerusalem bleiben
und einiges von dem unternehmen , was in Wahrheit nach Fabri
die Sinaipilger nach der Abreise ihrer Genossen unternahmen.
Diese Änderung hat der Fälscher offenl)ar nur vorgenommen, um
möglichst lange aus Fabri abschreiben zu können. Für die
Rückreise, wo ihn die Vorlage im Sticli lässt, ist denn aiich die
eigentliche Reisebeschreibung über alle Maassen kümmerlich und
sprunghaft. Diese FABRi-Auslese füllt von den 15 Seiten des
Textes etwa 9 ; die übrigen 6 entfallen auf zAvei an verschiedenen
Stellen übrigens recht äusserlich eingeflochtene Zusätze, die.
wenn mich nicht alles täuscht , den Stempel plumper Ei-findung
unverkennbar an sich tragrcn.
Der erste kürzere Zusatz (S. 409 — 410' enthält ein Aben-
204
teuer, welches Artus in Venedig mit einem »lustigen Kaufmann
aus Nürnberg« erlebt, der zweite (S. 411, 412 — 414, 420 — 422]
eine fade, romanhafte Geschichte, würdig in einem der 50 Vul-
pius'schen Ritter- und Eäuber-Romane zu stehen, aber ganz ge-
wiss kein wahres Erlebniss eines Barbiers des 15. Jahrhunderts,
von ihm selbst erzählt : Unter den Mitreisenden ist »ein junger
Gesell, trug über den seinigen Pilgerkleider, nannte sich Frakz,
gebürtig, wie er sagte uns Brunn in Mähren. Der hatte gar feine
Sitten, schöne, weisse Hände, und schien fast gar jungferlich zu
seyn « Eine Verletzung am Fuss, die sich Franz zuge-
zogen, behandelt Artus, »und sah einen so schönen runden Fuss,
dergleichen ich mein Leben noch nicht gesehen hatte, sagt's
auch, da lachte er, und sprach: 'Da hast du noch nicht viel ge-
sehen' !« Nachdem Artus unter Beihülfe des Franz sich im ita-
lienischen vervollkommnet, wird Cypern erreicht. Sie besuchen
gemeinsam die Stadt Nikosia. Hier tritt F. plötzlich in ein Haus
und verkündet bald darauf, dem unten wartenden Artus , von
einem Söller herab : »Ehrlicher Gesell, lebe w^ohl ! Ich ziehe nicht
weiter mit fort, und bleibe hier. Kömmst du von Jerusalem zu-
rück, nach Cypern . so suche mich hier auf, und die Neugierde,
die du jetzt tragen musst, soll dir dann abgenommen werden«.
Artus kommt dieser Aufforderung nach , verlässt auf der
Ilückreise in Nikosia das Schiff, und findet statt des Gesellen
Franz eine »Signora Franziska«, die ihm kurz ihre Geschichte
erzählt, und ihn schliesslich auffordert, mit der Ilückreise auf sie
zu warten, »so kannst du mit mir reisen , \ind soll es dir keinen
Heller kosten«. Artus ist sofort bereit, quartiert sich in einer
Apotlieke ein , wo natürlich eine sechszehnjährige Nichte nicht
fehlen darf »mit Augen wie Kohlen , aber gar sehr blitzend , Avie
Karfunkel. Auch war sie gar sehr lebendig, rasch und behende,
und konnte leicht zornig werden , und sehr schimpfen , wenn es
ihr so ankam. Ich meine, die wird ihrem Manne wohl heiss ge-
nug gemacht haben ; mocht's nicht sein«. Endlich ist Franziska
zur Abreise bereit ; zwei Zeilen berichten über die gemeinsame
Reise bis Venedig ; dann lautet der Schluss : »Da schenkte mir
meine Reisegefährtin 12 Zechinen, und sprach: »Frage nun nicht
mehr juich mir. Du siehst mich nicht wieder«. Und ich sah sie
iiiclit wieder. Aber die hätte ich genommen. Das konnte nicht
seyn. So, wanderte ich fort, und kam über Augsburg, bei den
205
lieben Meiiiigen , in Ulm Avieder an . Gott sey Dank , ganz -wohl
und gesund. Gott helfe -weiter !«
Doch genug und übergenug von diesem naiv sein sollenden,
in Wahrheit doch nur läppischen Machwerke.
Die einzige Frage , die meines Erachtens offen bleibt , die
nach der Person des Fälschers, kann wenn überhaupt jemanden,
doch niu" den Historiker der modernen deutschen Litteratur in-
teressiren , bleibt also in dieser Zeitschrift am besten unerörtert.
Um so kürzer kann ich mich über den zweiten 15ericht fas-
sen, den wir in den Curiositäten Kd. 6. S. 323 — 334 unter der
Überschrift: »Hans Baininger aus Buchhorn und seine
Bedefahrt« lesen. Sie ist nach demselben Recept gearbeitet
wie die erste. Auch hier sind ganze Sätze wörtlich aus einer ech-
ten Schrift des 15. Jahrhunderts, der im »Keyssbuch« unmittelbar
vor Fabri stehenden BREiTENBACH'schen Reise , entlehnt ; auch
hier tragen andere Abschnitte denselben romanhaften Charakter,
Avie im Artus, wie man schon aus dem doch ganz unbefangenen,
und keineswegs auf Erregung von Verdacht berechneten kurzen
Auszug dieses Theils bei Röhricht und Meisner ersieht. Der-
selbe lautet: »Von Padua aus schlössen sich den Pilgern zwei
niedliche Kammermädchen der Fürstin Gonzaga als Wallfahre-
rinnen für ihre Herrin zu einer nur einige Tagereisen entfernten
Capelle an ; Hans und Felix machten intimere Freundschaft mit
ihnen , kosten und scherzten , bis Laurentia , die Gefährtin des
Hans, plötzlich sich bei der betreffenden Capelle verabschiedete,
aber ihn einlud, bei der Heimkehr in Padua nach ihr zu fragen
und in traulichen Küssen 'das Brot der Liebe' weiter zu ge-
niessen«.
Bei anderen Abschnitten ist es mir zweifelhaft , ob sie frei
erfunden oder abgeschrieben sind; wenigstens ist es mir hier
nicht in gleichem Umfang Avie bei dem Artus gelungen, die etwa
abgeschriebene Quelle ausfindig zu machen. Doch verlohnt es
wohl nicht, darauf weitere Mühe zu verwenden, da unter den aus
Breitenbach entlehnten Sätzen Avenigstens einer für directe
Entlclnnmg absolut beAveisend ist. Denn Avenn auch die S. 333 —
334 der Curiositäten und fol. 54b des Reyssbuchs Avörtlich gleich-
lautend erzählte Drachengeschichte allenfalls an beiden Stellen
aus einer gemeinsamen Quelle geflossen sein könnte (freilich ge-
hört auch zu dieser Annahme «gcloube«!), so ist dies doch ganz
206
i
ausgeschlossen bei der folgenden Erzählung eines rein persön-
lichen Erlebnisses:
Curiositäteu VI, 333.
»dass wir . . . abfuhren mit grossen
Freuden , singend , Avie gewöhnlich
ist : Salve regina, nebst etlichen an-
deren Collecten, und seegelten immer
dahin ..."
Reyssbuch fol. 53^.
»fuhren wir mit grossen freuden, sin-
gend 'als gewöhnlich ist) Salue re-
gina, mit etlichen andern Antiphon
unnd Collecten , und also mit vollen
segeln kamen wir« ....
über die Schrift Schaare Jeruschalajim.
Mitgetheilt von
M. Steinschneider iii Berlin.
In der von Eöhricht und Meisner den »deutschen Pilger-
reisen« beigegebenen »Bibliographie«, welche als Ergänzung zu
ToBLER dient, habe ich eine hebräische Schrift nicht aufgeführt,
über welche mir Herr Isidore Loeb, Secretair der »Alliance Univ.
Isr.« folgende Mittheilungen machte.
Berlin, im März 1881. M. Steinsch>-eider.
D'^blTTT' t-irTU. Schaare Jeruschalajim,
Beschreibung des Heiligen Landes und Zustand der jüd. Bevöl-
kerung, in 12 Pforten. Gedruckt auf Kosten von Jacob Elieser
Edelstein aus Bialystoc. 4. Warschau (Druckerei von Joel
Lebensohn), "ibin (October 1873, 52 Bl.).
Die 12 Capitel oder Pforten, mit besonderen Titeln versehen,
enthalten: Ij Grösse und Heiligkeit des Landes; 2) Geographie;
3) Naturgeschichte, Ackerbau u. s. w. ; 4) zur Geschichte der
Juden von Anfang ihrer Ansiedelung bis auf den heutigen Tag ;
Zahl der Jiulen in jeder Ortschaft ; 5) Jieschreibung der Städte und
Dörfer; 6) Erdproducte ; 7) Lage der Juden; Spenden aus dem
Ausland; 8) Grabstätten der Heiligen; 9 Gebräuche der Ju-
den und Araber; 10 Maasiot (Erzählungen; 11: Liturgisches;
12) Trost- imd Messiaszeit.
Verf. ist wohl ein aus Polen oder Galizien stammender Jude
Ztschr. d. Pal.-Ver. IV. 14
208
(er hat deutsche Wörter und zahlt mit österr. Gold', vielleicht
ein Chasidäer. Er kam nach Jerusalem im Jahre 1S66. Das
Buch ist so angelegt, dass es einem jüdischen Touristen als sehr
interessantes und sogar nützliches Eeisebuch dienen kann. Die
4 ersten Kapitel bieten nicht Wesentliches ; die angebliche Ge-
schichte der Juden in Palästina fängt mit der Übersiedelung des
Moses Nachmanides [XIII. Jahrh.] an. Kapitel 5 enthält Zahl
der Juden in Jerusalem (12,000), Hebron (400), Safed (3000).
Tiberias (2000), Aleppo '9000 . Damascus ^6000); Aufzählung
der jüdischen Gemeinden in Jerusalem ; Angaben über die ara-
bische Bevölkerung. — In Kapitel 5 ist besonders belehrend das
Verzeichniss (S. 2la) der Synagogen und Lehrhäuser Botte
ha-Midrasch) , deren Anzahl eine erstaunliche , religiöse und gei-
stige (obschon nicht fruchtbare) Thätigkeit verräth. Derartige
Notizen gibt auch der Verfasser über die anderen jüdischen Ge-
meinden in Palästina und Umgegend : Hebron. Safed, Tiberias,
Aleppo, Damascus. nebst einer Beschreibung vieler anderer Orte.
— Kapitel 7 behandelt besonders die Einnahmen und Ausgaben
der jüdischen Gemeinden in Jerusalem. Die Einnahmen bestehen
hauptsächlich in den Spenden , die das Ausland dorthin schickt
und -welche die »Chaluka« (Vertheilung) bilden. Die Chaluka
des Sefaradim (spanisch -portug. Juden; beträgt jährlich eine
Million Thaler (der Thaler =10 Kreuzer?). Die Peruschim er-
halten jährlich 300,000 Thaler aus Wilna und SO, 000 Thlr. aus
anderen Ländern ; die Chasidim aus Wolhynien 100,000 Thlr.,
nebst 50,000 Thlr. (kleine Chaluka); die Chasidim aus Osterreich
80,000 Thlr. aus Österreich, 60,000 Thlr. aus anderen Ländern;
die Chabad (eine besondere Art der Chasidim) 40,000 Thlr.
aus Lebowitz, nebst 5000 Thlr, aus anderen Ländern; die War-
schauer 90,000 Thlr. aus Warschau. 50.000 Thlr. aus anderen
Ländern. Die «Ilod» (aus Holland und Deutschland) 60,000
Thlr. aus Holland, 2000 aus anderen Ländern. Eine Familie
braucht jährlich 2000 Thlr. und erhält nur 40 Rubel im Durch-
schnitt, also viel zu wenig. — Kap. 10. Himmlische Bestrafung
eines "TaiS (Geistlichen und ein andermal eines Pacha's, die das
Grab David's sehen oder verwüsten wollten. Jiestrafinig eines
Beiimten. der es mit einer jüdischen Frau verunreinigen wollte.
Zur Zeit des \'erfassers des Or ha-('hajjiin ("hajjim ihn Attar,
gest. 1743 in Jerusalem) wurde eine schwere Steuer auf die Juden
209
gelegt; da versammelten sie sich im Geheimen in der Synagoge
der Kar ä er, die bis ziim heutigen Tage unter der Erde liegt;
hei dieser Gelegenheit fand man, dass die Karäer Bücher des
Moses Maimonides unter die Treppe gelegt hatten, so dass man
dieselben zum Hohn mit den Füssen treten muqste , um in die
Synagoge zu gehen: Chajjim ihn Attar belegte die Karäer mit
dem Fluche, dass sie fortan kein »minjau« Gemeinde von 10 er-
wachsenen Männern) bilden sollten, und der Fluch bestätigte
sich. Vor etwa 20 Jahren kamen 20 neue Karäische Familien
nach Jerusalem, aber die Pest raffte sie bald hiuAveg. — Das Buch
enthält auch fromme Legenden. Ein reicher Mann in Jerusalem
erzog in äusserst frommer Weise einen einzigen Sohn. Nach dem
Tode des Vaters ging der Sohn nach Constantinopel; dort sah er
einen Soldaten , der auf der Strasse einen Todten bewachte. Es
war dies die Leiche eines reichen jüdischen Banquier's (Halfon),
den der Sultan zum Tode verurtheilt hatte, weil er angeblich den
königlichen Schatz bestohlen hatte. Der junge Mann löste die
Leiche beim Sultan aus und Hess dieselbe begraben. Während
seiner Rückkehr erhob sich ein Stunn; das Schiff ging unter;
der junge Mann aber wurde von einem Adler gerettet und nach
Jerusalem getragen. Dergleichen manches Andere, z. B. aus der
Zeit des Chajjim Vital [XVI. Jahrh.]. Das Folgende ist interes-
sant: Im Jahre 1540 eroberte der Sultan Jerusalem Selim L.
1517, Munk, Palestine, 644; und wohnte in der Justizkammer
des Tempels, die über der Westmauer Klageort der Judenj steht.
Da kam eine alte Frau und leerte ihren Mistkorb an der Mauer
aus. Der Sultan fand sich beleidigt und liess die Frau in Haft
nehmen ; sie aber entschuldigte sich, indem sie sagte, sie sei eine
«Römerin«', und die Römer hätten verordnet, dass jeder von
ihnen in Jerusalem wohnende zweimal wöchentlich , diejenigen
aber , die drei Tagereisen weit von Jerusalem wohnen , einmal
monatlich, ihren Mistkorb vor der Mauer leeren müssen , um die
Mauer mit dem Mist zu bedecken. In der That kam bald eine
andere, um ihren Korb zu leeren; der Sultan liess den Mist weg-
fegen, bezahlte die Arbeiter, betheiligte sich selbst an der heili-
gen Arbeit, und so kam bald die Mauer, welche gänzlich bedeckt
gewesen war, ans Tageslicht, und das grossartige l)auwork wurde
1) Das heisst Christin. Steinsciin.
14*
210
zum erstenmal Avieder gesehen *) . — Kap. 1 1 enthält einige neuere
mystische HjTnnen (welche in der Hebr. Bibliogr. angegeben
werden, Steinschn.).
1) Dieselbe Erzählung, viel ausführlicher, habe ich aus dem in Altona
um 1738 gedruckten Schriftchen des Mose Chagis mitgetheilt in der Zeitschr.
der Deutsch. Morgenl. Gesellsch. Bd. V. S. 377 ff. Steinschneider.
Nachschrift. Dasselbe Buch ist mit dem Namen des Verf. Moses
Reischer aus Jerusalem, in Lemberg 1875 gedruckt; die AVarschauer Aus-
gabe scheinen zurückdatirter Nachdruck zu sein. S. Hebräische Bibligra-
phie 1881 S. 6 und 7. Steinschneider.
Studien über die Eimvolmerzalü des alten Jerusalem.
Von Baurath C. Schick.
Allgemein ist die Ansicht verbreitet . dass das »alte Jerusa-
lem« als die Hauptstadt des jüdischen Volkes und berühmte Cul-
tusstätte auch eine sehr grosse Anzahl von Einwohne r n gehabt
habe, ja eine solche die man auf Millionen schätzen möge, ähn-
lich wie die heutiger Weltstädte. Kommt jedoch der Geschichts-
forscher nach dem heutigen Jerusalem, und besieht sich die
Localitäten im einzelnen , um an der Hand der Geschichte die
frühere Ausdehnung der Stadt zu traciren , so geräth er in nicht
geringe Verlegenheit wegen der geringen Ausdehnung der Flä-
chen, die ihm zur Verfügung stehen; denn über die Thäler hinaus
darf er mit seinen Tracirungen nicht gehen! Es ist daher die
Frage am Platz : ob überhaupt das »alte Jerusalem« so gross ge-
wesen sei und so viele Einwohner gehabt habe , als man sich ge-
wöhnlich vorstellt. Man hat schon damit auszuhelfen gesucht,
dass man sagte: Jerusalem sei eine Berg- und Hügelstadt, und
als solche habe sie mehr Wohnräume dargeboten, als eine
Stadt von gleichem Umfang auf der Ebene. Allein dies ist, wie
sich leicht nachweisen lässt, ein Irrthum. Gesetzt, es sei die
Fläche, auf Avelcher der Berg steht, 1000 Meter lang, und die
Böschung des Berges sehr steil, z. B. 45 Grad, so wird die Bö-
schungslinie auf jeder Seite des Berges 700 Meter also im Ganzen
1 100 Meter betragen, folglich 400 Meter mehr als die Grundlinie.
Allein desshalb kann man nicht mehr Häuser hinstellen — denn
für jedes muss eine ebene Terrasse hergestellt werden (unten
durch Aufmauerung und oben [oder hinten; durch Abgrabung
des l^erges). Die Häuser bilden hernach eine Reihe übereinander
liegender kleiner Terrassen . und soll nicht die Gasse über die
212 '
Häuser selbst weg gehen, wie es z. B. heute in Safed \ielfach der
P'all ist, so bilden auch die Gassen (wenn sie auch noch so schmal
sind kleine streifenartige Terrassen. Gesetzt, es würden ein-
mal Häuser und Gassen in die Tiefe sinken . so hätten alle auch
auf der Grundlinie des Berges Platz ! Eine Bergstadt bietet nur
dann mehr Raum dar, Aveini wie schon erwähnt worden] die
Dächer der niedriger liegenden Häuser die Gassen für die höher
liegenden abgeben können. Dies ist jedoch nur in dem Falle
möglich, dass die Böschung des Berges sehr steil ist — bei einer
sanften, wie sie dieHügel Jerusalems aufweisen, kann und konnte
dies nicht stattfinden. Die Eigenschaft, welche eine Bergstadt
voraus hat , besteht darin , dass sie mehr Berührungspunkte mit
der Luft und dem Licht hat: da nun »Luft« und »Licht« auf das
Gedeihen lebender Wesen einen grossen Einfluss haben . so mag
ohne Nachtheil eine Bergstadt etwas dichter bevölkert sein als
eine in der Ebene gelegene. Hiezu kommt, dass bei abschüssigem
Boden alle schädlichen Stoffe leichter und schneller abgeführt
Averden, Allein der Satz bleibt dennoch stehen : für viele Ein-
wohner braucht man auch viel Raum ; und solcher war bei dem
»alten Jerusalem«, nach den heutigen Begriffen, die wir von einer
umfangreichen Stadt haben, nicht gross.
Man hat ferner angeführt, dass die Bewohner Jerusalem" s, de-
ren Häuser ja an Bergabhängen lagen, sich dadurch mehr Raum
schafften , dass sie , ähnlich wie im heutigen Dorfe Siloah . sich
seitlich in den Berg hinein Räume ausweiteten. Dies mag in der
That wohl auch geschehen sein. Man hat dabei jedoch zu bedenken,
dass auch bei Ortschaften , die in der Ebene lagen , Wohnungen
im Boden angelegt werden konnten ; man brauchte bloss in die
Tiefe zu gehen. In den grössten Städten Europas wohnen be-
kanntlich sehr viele Leute unter der Erde. Auch diese Aushülfe
hilft nicht über die Schwierigkeiten hinweg, sondern um diese
der Lösung entgegenzuführen , hat man zu berechnen , erstlich,
wie viel Raum in einer orientalischen Stadt im Durchschnitt auf
einen Menschen anzunehmen ist , zweitens , wie viel Raum das
alte Jerusalem wohl eingenommen, resp. wie weit etwa die alte
Stadt sich ausgedehnt "haben mag. Aus den Ergebnissen dieser
Untersuchiingcn lässt sich dann ein sicherer Schluss auf die Ein-
wohnerzahl des »alten Jerusalem's« ziehen. Vorerst aber sei
bemerkt : dass die Hauptstadt eines Landes nicht immer gross
213
sein muss, auch wenn sie die grösste Stadt eines Landes ist. So
ist das heutige Jerusalem die Hauptstadt, obwohl sie blos 25,tJ0O
Einwohner enthält.
Die \'orstellung von einer bis in Millionen gehenden Ein-
wohnerzahl ist hauptsächUch aus der Geschichtserzählung des
Josephus hergenommen worden. Die Bibel bietet uns wenig
Anhaltspunkte dafür. In prophetischen und poetischen Aus-
drücken wird allerdings die Stadt öfters als gross, stark und
berühmt angegeben und in Hinsicht der Menge ihrer Einwoh-
ner der Staub und dergleichen l^ilder gebraucht, aber es ist
meist dann iminer das ganze Volk darunter verstanden , sowie
Zeiträume und Geschichtsabschnitte. Zur Zeit Nehemia's wird
die Stadt als «gross und Aveit« von Kaum (Neh. 7, 4) beschrieben
aber, mit wenig Volk darinnen, so dass, um dieselbe besser zu
bevölkern, viele vom Lande hereinziehen mussten (Neh. 11,1 fg.] .
Wir Avissen ferner, dass jeder erwachsene Israelite verpflichtet
war. jedes Jahr auf die hohen Feste nach Jerusalem zu kommen,
und dass sich dann an solchen Festzeiten eine ungeheure Men-
schenmenge ansammelte , liegt auf der Hand. Allein dieselben
wohnten wiihrend iln-es Aufenthaltes nicht alle in der Stadt
selbst, sondern draussen hemm in Zelten , Hütten und Höfen,
besonders aber an dem Ölberg bis Bethanien hin (vgl. Neh. 12,
28. 29). Dass dami bei der Belagemng der Stadt durch die Rö-
mer viele dieser Festgäste sowie überhaupt viele vom Lande sich
in die Stadt flüchteten und dadurch die Zahl der ständigen Ein-
wohner bedeutend vermehrten, ist nicht nur AAahrscheinlich,
sondern geradezu von Josephus und Aiulcren bezeugt. Diese
Überfüllung der Stadt , durch Avelche die Noth in derselben her-
vorgerufen wurde, kann mis jedoch natürlich keinen Maassstab
geben, um die Anzahl der »ständigen« Einwohner festzustellen.
Hören wir zunächst die geschichtlichen Nachrichten in Betreif
der Zahl der letzteren. Der Verfasser des 2. Buches der Macca-
\>äer (5, 14) berichtet: dass Antiochus Epiphanes seine Horden
in der Stadt 3 Tage lang morden Hess, wobei Alt und Jung. Män-
ner und Weiber hingeschlachtet wurden, so dass 80,000 Men-
schen umkamen, 40,000 gefangen genommen und 80.000 verkauft
wurden; die Überlebenden und Zurückbleibenden nicht mitge-
rechnet ist bei diesem Anlass von 200.000 Seelen die Kede. Dass
eine Bevölkerung in der Stadt zurückblieb, beAveist der Umstand,
214
dass für sie Beamte zurückgelassen ^^^^rden. Wenn nun diese
Angaben richtig wäre, müsste die damalige Bevölkerung zum
mindesten ''4 Million, vielleicht sogar Y2 Mill. betragen haben.
Hekatäus von Abdera, der zur Zeit der Maccabäer lebte,
sagt unter anderem : »da sind in dem Lande der Juden viele und
starke Plätze, einer davon ist eine grosse Stadt, und sehr stark,
sie hat über 50 Stadien im Umfange und ungefähr 120,000 Ein-
wohner; sie nennen dieselbe Jerusalem«. Dieser Gewährs-
mann schätzt also die Einw^ohner der Stadt bedeutend geringer,
als es der Verfasser des 2. Buchs der Maccabäer angibt, schlägt
aber ihren Umfang grösser, als selbst Josephus, an. — Aristeas,
der Gesandte des egyptischen Königs (ungefähr in derselben
Zeit) giebt die Stadt zu 40 Stadien Umfang an, was der Wahrheit
nahe zu kommen scheint. — Der Hauptgewährsmann in dieser
Hinsicht ist und bleibt aber der jüdische Geschichtschreiber
Fla vi US Josephus. Er liefert nicht nur eine summarische
Beschreibung der Stadt, wie sie vor ihrer Zerstörung zur Zeit
ihrer grössten Ausdehnung bestand, sondern auch viele Einzeln-
heiten. Man wirft ihm vor , dass er Neigung zu Übertreibungen
hatte , besonders , Aveil er öfter Zahlen angibt, die auf eine Be-
völkerung Jerusalems von 2 — 3 Millionen hiuAveisen. Zugegeben,
dass er übertiieben hat , muss man aber nie vergessen , dass er
bloss nach Schätzungen Anderer Angaben macht , und sicher die
Zählungen nicht selbst nachrechnen konnte. Nicht aber so bei
der Angabe des Umfangs der Stadt. Er gibt dieselbe blos auf
33 Stadien an, folglich auf bedeutend weniger, als alle seine
Vorgänger. Die Umwallung des Titus , die natürlich länger
sein musste, gibt er zu 3!) Stadien an, was zu der ersten Angabe
im richtigen ^ erhältniss steht. Mit diesen 33 Stadien scheint
aber eine andere Stelle nicht zu harmoniren , da in derselben für
die erste Mauer 90 Thürme angegeben sind; bei dieser Zahl sind
die Thürme der ganzen liingmauer gerechnet, da die der zwei-
ten und der »alten Mauer« sich im Inneren der Stadt befanden.
Jeder Tluirm war 20 Ellen breit imd stand 200 Ellen von dem
andern ab. Wenn wir 90 mit 220 multi])liciren, so erhalten wir
19.800 Ellen, d. h.. die Elle zu 20 Zoll gerechnet = 33,000 Fuss,
und da üOO Euss gleich einem Stadium, 55 Stadien! Man hat
schon gesucht, diesen Widerspruch von 33 und 55 Stadien da-
durch zu hoben . dass man annahm . die Mauer habe sehr viele
215
Windungen gebildet ; doch kommt man damit nicht aus , da die
Differenz allzu gross ist. Auch hätte die Mauer in diesem Fall
wie gezähnt ausgesehen , was sicher nicht der Fall war ; denn
schon Avegen des Laufes der Thäler musste die Mauer für längere
Strecken gerade laufen und konnten blos die Thürme Vor-
sprünge bilden ; zum Uberfluss wird sie von Josephus selbst in
der angeführten Stelle so geschildert und ungefähr so sieht sie
noch heute so aus. Vielleicht liegt hier ein Schreibfehler im Text
des Josephus vor. 200 Ellen Distanz für die Thürme war nach
damaliger Kriegs- und Befestigungsweise eine viel zu grosse. Noch
heute finden sich an der Stadtmauer die aus dem Felsen ge-
hauenen Würfel, Avelche die Unterlagen der alten vorspringenden
Thürme bildeten ; dieselben sind einander viel näher, als oben an-
gegeben : sie finden sich durchschnittlich in einer Distanz von
()Ü Meter, d. h. ungefähr 120 jüd. Ellen. Yermuthlich hat ein
Abschreiber statt 120 zu schreiben 200 geschrieben!
Rechnen wir zu dieser Distanz von 120 Ellen die Breite eines
Thurmes mit 20 Ellen, so erhalten wir 140 Ellen und multipli-
ciren wir dies mit 90, so ergeben sich 12,600 Ellen oder 35 Sta-
dien, also 2 Stadien mehr als der gewöhnliche Umkreis, ein Uber-
schuss , der wohl auf die Krümmungen fällt : so ist alles genau
in Übereinstimmung. Das »alte Jerusalem« hatte darum sicher
einen Umfang von blos 33 Stadien; d. h. ungefähr IY2 Wegstun-
den, und Avar immerhin grösser als die heutige Stadt.
Bei einem vollkommenen Kreis würden 33 Stadien Um-
kreis 86 Quadratstadien, bei einem Viereck, wonach jede Seite
8'/4 Stadien messen Avürde, 68 Quadratstadien ergeben. Allein
die Form der Stadt war nicht rund, noch auch vollkommen vier-
eckig, sondern näherte sich dem Parallelogramm mit ungleichen
Seiten, an welchen auch gebogene und Zickzacklinien waren, so
dass die ganze Area der Stadtfläche nicht viel mehr als 60 Qua-
dratstadien umfasst haben kann. Nimmt man. wie es geMÖhnlich
geschieht, ein Stadium zu 600 Fuss oder 200 Yards ') an, so hatte
ein Quadratstadium 40,000 Quadratyards und dies 60 mal ge-
nommen, gibt für die ganze Stadt 2,400,000 Quadratyards oder
1,944,000 Quadratmeter. Wie Adele Quadratyards oder Meter ist
1) Ich behalte yards bei, da die folgenden Angaben von FergI'SSON in
diesem Maass auggedrückt sind — 1 yard ist 36 engl. Zoll.
216
nun im Durchschnitt auf eine Person als AVohnplatz anzunehmen?
A'on der Ueantwortiing dieser Frage hängt der ganze Entscheid
ab. Darüber können die Ansichten sehr getheilt sein; um einiger-
maassen sicher zu gehen , thut man gut. Vergleichungen anzu-
stellen. Im heutigen Jerusalem in welchem ich 25,000 EinAvoh-
ner annehme'^ , kommen nach meinen Berechnungen auf eine Per-
son 42 Quadratyards. Die Stadt Jäfa hat einen Umfang von un-
gefähr 150,000 Quadratyards und enthält nach Abzug der in den
Gärten lebenden Bevölkerung ungefähr 5000 Menschen; es kom-
men folglich auf eine Person 30 Quadratyards. Nach Fergusson
kommen in Cairo auf eine Person 48 Yards und -ebenso in Con-
stantinopel. In Benares , der am dichtesten bevölkerten Stadt
Indiens, kommen 40 bis 45 Yards auf den Kopf der Bevölkerung;
in Calcutta, nach Abzug der grossen Plätze, sogar 70 Quadrat-
yards. Was europäische Städte betrifft, so kommen in Hamburg,
der am dichtesten bevölkerten Stadt des Continents, auf die Person
27 Quadratyards, in der City Londons 30 Quadratyards, im übri-
gen London 1 1 8 Quadratyards, in Liverpool, einer dichtbevölker-
ten Stadt, 34 Quadratyards. Aus dieser Zusammenstellung er-
gibt sich, dass der Durchschnitt des Eaums für eine Person in
den Städten des Orients und des Occidents ziemlich gleich ist.
Nehmen wir das jetzige Jerusalem '), wo auf eine Person 42
Quadratyards kommen, als Maassstab, so erhalten wir für das alte
57,000 Einwohner; oder nehmen wir .läfa mit 30 Quadratyards
für eine Person als maassgebend, so enthielt das alte Jerusalem
80,000 Einwohner. Nun Avird aber Jedermann, der mit den hie-
sigen A'erhältnissen näher bekannt ist , zugeben , dass selbst Jäfa
noch dichter bevölkert sein könnte, und dass innerhalb der Ping-
mauer von Jerusalem noch viermal mehr Menschen wohnen könn-
ten, als heute darin Avohnen. Nach dieser llechmnig kämen auf
eine Person blos IOY2 Quadratyards und wir erhielten für das
alte Jerusalem eine Einwohnerzahl von 228,000 Seelen. Dies
scheint mir der Wahrheit auch ganz nahe zu kommen und würde
mit den ol)en angeführten alten Nachrichten so ziemlich überein-
stimmen. Man darf darum kecklich sagen , dass das alte Jerusa-
lem 200,00 0 bis 2 5 0, 0 00 ständige Einwohner gehabt
h a b e n m a g !
1) J. Fekgusson, The ancient topography of Jerusalem. London 1847,
Seite 50 fg.
217
Dass lUi/2 Quadratyards auf eine Person anzunelimen gar
nicht zu Avenig ist, beweisen die in Jerusalem -wohnenden Juden
selbst heut zu Tage. Nach Dr. Chaplins Ermittelungen ') wohnen
dieselben sogar noch enger bei einander. Er führt folgende drei
IJeispiele an :
1) Ein jüdischer Kaufmann aus den ersten Familien be-
wohnt mit 19 Seelen ein Haus, das 191/2 Fuss breit und 531/2
lang ist , also 1 1 6 Quadratyards enthält ; folj^lich kommt hier auf
eine Person blos etwas mehr als G Quadratyards.
2) Einer der Hauptrabbiner bewohnt ein Haus , das zu den
besten im jüdischen Quartier gehört; die Wohnung ist aussen
341/2 Fuss lang und 22V2 hreit und hat folglich 86V4 Quadrat-
vards Fläche. Das Haus ist von 16 Personen bewohnt, folglich
kommt auf eine jede 51/2 Quadratyards.
3) Chaplin beschreibt ein Haus, das von der ärmsten
Classe von polnischen Juden bewohnt wird; in einem Räume
desselben betreibt ein Schneider sein HandAverk und in einem
andern werden Knaben unterrichtet. Das Haus Avird von 39
Seelen bcAvohnt und hat aussen ein Maass von 60 Fuss Länge
und 50 Fuss Breite; folglich enthält es 334 Quadratyards. Es
trifft demnach auf eine Person eine Eaumfläche von S^ 2 Quadrat-
vards. Dass hier mehr Fläche auf eine Person kommt, als in den
beiden ersterwähnten besseren Wohnungen, kommt von dem
Umstände her, dass im Innern des Hauses ein grosser Hof liegt,
an Avelchen ringsum die Wohnzimmer angereiht sind.
Nimmt man diese 3 Beispiele zusammen (6 + 51/2 + 81/2 = 20)
so trifft im Durchschnitt auf eine Seele ein Flächenraum von 62/3
Quadratyards. Hiezu sind nun die nöthigen Flächen für die
Gassen zu rechnen. Nach meiner Berechnung beträgt der Raimi
einer Gasse für eines dieser Häuser im Durchschnitt 12 Yards
Länge; nimmt man hinzu die Hälfte der Gassenbreite mit II/2
Yards , so erhält man 1 S Quadratyards ; dies macht auf die Per-
son einen Zuschlag von O/;, Yard. Im heutigen Judcnqiiartier
beansprucht also jede Person einen Kaum von S Quadratyards.
Sollte dies in früherer Zeit nicht auch so gewesen sein?
Wcnii, wie schon angedeutet, die Mauern von 33 Stadien
1 Aus einem ungeclruckten Aufsatz, den er mir mittheilte. — [Vergl.
Athenaeum 23. Febr. ISTS; ZDPV. 3, p. 02, Nr. 20. Anm d. Ked.'
218
eine Fläche von 2,400,000 Quad. Yards umfassen. \ind man
ferner für die königlichen Paläste, den Tempel u. s. w. Ve ab-
zieht, so wird sich nach der heutigen Bevölkerungsdichtigkeit im
jüdischen Quartier die einstige Bevölkerungszahl ganz wie oben
schon gefunden auf eine Viertel Million stellen. Bei diesen Be-
rechnungen wäre aber nach Fergusson's Behauptung gerade eine
Null zu viel; denn er nimmt als ständige Bevölkerung bloss
25,000 Seelen an und stützt seine Ansicht auf folgende zwei
Gründe : Erstlich darauf, dass das Belagerungsheer des Titus
nicht im richtigen Verhältniss zu der Zahl der Belagerten
gestanden hätte , falls Jerusalem viel mehr als 25,000 Einwoh-
ner gehabt hätte. Die Juden, wie die Geschichte zeige, waren
tapfere Kriegsleute, mit denen der Feind zu rechnen hatte. Titus
habe aber bloss 4 Legionen und einige Hülfsvölker. im Ganzen
bloss 25,000 höchstens 30,000 Mann, z\ir Disposition gehabt.
Mit so geringer Zahl würde er eine so stark befestigte »Stadt
mit ihren Einwohnern, zu denen noch die Haufen der Partei-
häupter (23,400 Mann) hinzuzurechnen sind, anzugreifen
sich nicht getraut haben und hätte deren Einschliessung nicht
vornehmen können; denn in der Regel brauche der Belagerer
viermal mehr Leute . als die Belagerten zu ihrer Aerthei-
digung. Wenn die letzteren im Stande gewesen wären (was
bei einer starken Bevölkerung wohl möglich gewesen wäre;
auf einen Punkt 10,000 Mann hinzuwerfen, würden sie die »Um-
zingelung« leicht durchbrochen haben. Zu alledem bekomme
man aus dem ^'erlaufe des Kriegs den Eindruck, dass die Juden
der Übermacht unterlegen seien; dies alles beweise, dass die
Zahl der Bewohner Jerusalems keine grosse gewesen sein könne.
Wenn in diesen Ausführungen auch etwas Wahrheit liegt, so be-
weisen sie doch nicht viel; denn es ist dabei übersehen, dass
hauptsächlicli die innern l'arteikämpfe, wie es Josepiius ja be-
sonders hervorhebt, der Stadt den Untergang bereiteten; dass
sich ferner die Zahl der Kampffälligen durch die Ausfälle gegen
die Römer, den Hunger und das viele Überlaufen rasch vermin-
derte. Auch unterschätzt Fergusson zugleich die Stärke des
römischen J leeres. \'es])asian war mit 60.000 Mann ins Land
gekommen, und wenn sich dieses Heer auch durcli Krankheiten
1 Joseph, bell. 3, 4, 2.
219
im Verlaxife des Kriegs verminderte, so wandten sich ihm dagegen
viele Überlänf er zu , so dass man es wenigstens immerhin auf
36,000 bis 40,000 Mann schätzen muss.
Nicht glücklicher ist der zweite Beweisgrund. Fergusson
meint nämlich, die Stadt in so steriler Gegend situirt hätte, wenn
sie mehr Einwohner gehabt hätte, als er berechne (nämlich
25,000) nicht verproviantirt werden können, selbst nicht in Frie-
denszeiten! Man bedenke aber Folgendes. Die Stadt lebte ja
geradezu vom Lande — nicht vom eigenen Erzeugniss ihrer
Umgebung — hierher mussten die Opfer und Zehnten ge-
bracht werden. Die Könige hatten ihre Beamten in den Bezirken,
Avelche den königl. Haushalt und dadurch auch die Stadt mit
dem nothigen Unterhalt versehen mussten. Hierzu kamen die
Festzeiten , wo jeder erwachsene Israelite sich wenigstens für
einige Tage nach Jerusalem zu verfügen hatte. [Diese Festgäste
nahmen nun nicht nur ihren eigenen Reisebedarf mit sich, son-
dern überdiess noch die Opfer, Zehenten, Gelübde und sonsti-
gen Geschenke an den Tempel , die Priester , ihre dortigen
Freunde ii. s. w., so dass gerade in den Festzeiten die Stadt am
reichsten verproviantirt war. (In kleinerem Maassstabe ist dies
selbst heute noch so : kommen keine oder nur wenige Pilger und
sonstige Reisende nach Jerusalem, so herrscht Armuth und ^'er-
dienstlosigkeit — kommen viele, so bessern sich die Verhältnisse
für alle Einwohner) . Eine ständige Bevölkerung von '/ 1 Million
konnte sich darum, gerade weil diese Stadt Hauptstadt und Cul-
tusstelle einer Nation war , wohl das ganze Jahr hindurch er-
halten; dies um so mehr, als ja bekanntlich die Orientalen sehr
massig leben. Hierzu kommt noch, dass sich die Bewohner Je-
rusalems sehr häufig aufs Land begaben mid wenigstens zur
Sommerszeit sich meist auf dem Lande aufhielten : hatten sie
doch da ihr »väterliches Erbe« und dadurch ihre Landwirthschaft
— die Priester wechselte;! ohnehin in ihrem Dienst ab und
gingen somit ab und zu. Die verschiedenen Handwerker —
meist Stadtbürger — gingen aufs Land und in die kleineren
Städte, um ihre Brüder zu bedienen — wie es vielfach noch heute
geschieht. Beamte, Soldaten u. s. w. hatten ohnehin öfters Ge-
schäfte auf dem Lande ; die Schriftgelehrten unterrichteten das
Volk und wir finden sie daher in den Erzälilungen der Evangelien
überall im Lande. Die Studenten und Schüler hatten öfters Ferien ;
220
die Kauf leute vermittelten den Handel und waren desshalb öfters
abwesend. Von einer eigentlich dichten Bevölkerung des alten
Jerusalem kann darum nur für die Zeit der grossen Feste die
Rede sein. Wenn man die Notizen des Josephus dahin verstehen
will . als hätte die Stadt selbst eine Bevölkerung gehabt die
nach Millionen zählte, so ist dies gänzlich unrichtig. Josephus
bsrichtet, C'estius habe gewünscht eine Volkszählung zu veran-
stalten ; da eine solche jedoch gegen Sitte und Gesetz der Juden
verstiess, so habe man indirecter Weise die Osterlämmer gezählt,
von denen je eines wenigstens auf 10, manchmal selbst auf 20
Personen komme. Da nun 256,500 Osterlämmer gezählt worden
seien, so erhalte man eine Bevölkerung von 2,700,000 Seelen.
Es geht jedoch aus dieser Stelle ganz klar hervor, dass damit
nicht die ständige Bevölkerung der Stadt Jerusalem gemeint
ist, sondern die des ganzen Volkes soweit als es Osterlämmer
schlachtete ^) . Ebenso ist die andere Stelle zu verstehen, in wel-
cher von drei Millionen Menschen, die aufs Osterfest gekommen
seien, die Rede ist. Als die Römer und zwar gerade zur Oster-
zeit heranzogen . flohen viele dieser Festgäste in ihre Heimath zu
ihrer Habe zurück, viele gingen sogar zu den Römern über;
allerdings flüchteten sich viele in die befestigte Stadt; die Über-
füUung derselben veranlasste dann gerade die grosse Noth. Der
Nachweis, wie weit sich das alte Jerusalem über das heutige hinaus
erstreckt habe, um einen Umkreis von 33 Stadien zu bekommen,
gehört nicht hierher. Es sei bloss kurz bemerkt, dass sich die
alte Stadt im Süden jedenfalls bis an die Thalränder erstreckt
und im Norden über die heutige Stadtmauer hinausgereicht
haben muss. Es bleibt mir nun noch übrig einige Gründe dafür
anzuführen, dass in orientalischen Städten eine dichte Bevölke-
rung wolinen konnte und wohnen musste. Zuerst ist zu be-
denken, dass die Städte ummaiiert waren, dass man die ^'erthei-
digungslinie so kurz als möglich machte und den innern Raum
so weit als möglich zu Wohnmigen ausnützte. Es fanden sich
darum keine breiten Strassen, wenige oder keine freien Plätze
noch Gärten. Die Märkte wurden ausserhalb der Thore abge-
halten. In fresp. den Hallen bei) den 1 hören fanden die Ge-
riclitsverhandlungcn statt, wo die Parteion auf dem freien Platze
1) Bell. 0, 9, .}. und 2, 14. 2.
221
vor denselben den gehörigen Ranm hatten. Die Strassen waren
blosse Gassen, nicht nur schmäh sondern noch öfters überbant
und darum oft dunkle Gänge. Überhaupt braucht der Orientale
wenig Wohnraum, da er so äusserst wenig Hausgeräth besitzt ;
ein Zimmer für eine Familie genügt hinlänglich. Kurz alle
Umstände waren darnach angethan. dass die Stadt auch bei ver-
hältnissmässig geringer räiimlicher Ausdehnung eine weit grössere
Menschenmenge in sich fassen konnte, als dies bei Anlegung des
gewöhnlichen Maassstabs möglich erschemen würde.
(jeorgisclie Inschrift aus Jerusalem.
Entziffert von Professor Zagarelli in Petersburg.
(Hierzu Tafel VI.)
Vorbemerkung. Im September 1879 fand Baurath C. Schick
im grossen griechischen Kloster in Jerusalem an der Ecke einer Mauer
einen Stein, welcher mit grossen und schön gearbeiteten Schriftzeichen
bedeckt war. Auf nähere Nachfrage erhielt er zur Antwort, die Schrift
sei »Korgi« und rühre von einem Volke her, dessen Könige einst be-
deutenden Einfluss in Jerusalem gehabt hätten, und das heute noch
im fernen Norden, am Kaukasus, existire. Doch Niemand wusste zu
sagen, welches der heutige Name des Volkes sei. Baurath Schick
sandte mir mit diesen Nachrichten die Inschrift. Nach einiger Prü-
fung ergab sich mir als das "Wahrscheinlichste, dass die Zeichen der-
selben der alten georgischen Schrift angehören, welche »khuzuri«,
d. h. die priesterliche, genannt wird (vgl. Fr. Ballhorn, Alphabete
orientalischer und occidentalischer Sprachen. 12. Aufl. Nürnberg
1880, p. 57). Meine Vermuthung bestätigte Prof. Dr. A. Leskien
hier, auch Prof. Dr. J. Euting in Strassburg. Beide Herren erklärten
jedoch die Entzifferung nicht übernehmen zu können. Herr Professor
J. EiTiNG hatte die Güte, den Abklatsch an S. Excellenz den k. russ.
Wirkl. Staatsrath Herrn Prof. Dr. B. von Dorn in Petersburg zu
senden, dessen Verwendung endlich wir die Entzifferung der Inschrift
durch Herrn Professor Zagarelli in Petersburg verdanken. Die Ver-
öffentlichung derselben ist verzögert worden, weil der erste Brief mit
der Umschrift und Übersetzung des Herrn Professor Zagarelli auf
der Post abhanden gekommen sein muss. Einer nach längerem Warten
meinerseits erfolgte Anfrage erwiderte Prof. Zagarelli gütigst durch
Zusendung einer Abschrift seiner Arbeit.
Da ich weder die georgische Sprache noch die geor^sche Ge-
schichte kenne, so kann ich den historischen Werth der Inschrift nicht
beurtheilen. Doch macht Herr Prof. Zagarelli darauf aufmerksam,
dass die Inschrift für georgische Geschichte Bedeutung habe, insofern
sie von den lungjälirigen Beziehungen Zeugniss ablege , welche die
Georgier zum heiligen Lande unterhielten, indem sie zu verschiedenen
Zeiten Klöster erbauten und unterhielten. Auch für die georgische
Paläographie hat die Inschrift nach Prof. Zagarelli eine geAvisse Be-
223
deutung. Sie repräsentirt die alt-georgische Kirchenschrift. Jeden-
falls glaubte ich die Inschrift schon darum veröffentlichen zu sollen,
weil von den verschiedensten Seiten soviel Mühe in Anspruch ge-
nommen worden ist, um zu ihrer Entzifferung zu gelangen. Allen
Herren, welche dazu mitgewirkt haben, sei hier nochmals der beste
Dank ausgesprochen.
Leipzig, 12. Februar 1881. H. Guthe,
1 . Die Inschrift mit eingesclialteteu Ergänzungen in civil-
georgischen Buchstaben.
2. Die Inschrift in civilgeorgischen Buchstaben.
3. Übersetzung.
Christus - . HeiHger Nicolaus , sei Fürbitter vor Christo
für die Königin i= Prinzessin) von Kachetien-^), Elisabeth,
gewesene Helene^).
1) Diese georgische Inschrift ist in Anfangsbuchstaben des kirchlich-
georgischen Alphabets mit Abkürzungen verfasst ; ich gebe oben dieselbe
vollständig in der Transscription mit civilgeorgischen Buchstaben.
"2, Mit dem Buchstaben {U, ^ ;= kh, ch fängt im Altgeorgischen jedes
Document von irgend einer Wichtigkeit an ; er bedeutet etwa so viel wie das
Deutsche »mit Gott.«
3' Das frühere Königreich vonKachetien liegt im heutigen Gouver-
nement von Titlis.
4; Die hier genannte Helen e ist ohne Zweifel die Tochter des Königs
von Kachetien David II. -;- lt)04 und Schwester des Königs von Kachetien
TeimurazI. 10U5 — 1665. Sie reiste zuerst 1615 nach Persien, dann (nach
1624, nach Jerusalem, wo sie das Kloster des Heil. Nicolaus gründete, und
wurde daselbst eine Nonne, nach den einen unter dem Namen Elisabeth ,
wie auch unsere Inschrift angiebt, nach den anderen unter dem Namen Ana-
stasie. Näheres darüber in Histoire de la Georgie II, I traduite par Bros-
set ;1S>56, St. Petersb. , p.635; Additions et eclaircissements etc. par Bros-
set (1851) p. 261 ; Bullet, hist.-philolog. t. II, p. 315; t. III, p. 60.
Ztschr. d. Pal.-Ver. IV.
15
Beiträge zur Bibliographie der Palästinaliteratur im
Auscliliiss au eiue Bespreeliuug
von Prof. Dr. W. A. Neuiliaiiu in Wien.
Deutsche Pilgerreisen nach dem heiligen Lande herausgegeben und
erläutert von Reinhold Röhricht und Heinrich Meisner. Berlin,
JVeidmann, 18S0.
Das 15uch . das wir zur Anzeige bringen , ist eine deutsche
Arbeit in des Wortes voller üedentnng : nicht allein dass es vom
Antheil handelt, welchen die Deutschen an den Pilgerfahrten von
1300 — 1600 nahmen, sondern es ist auch ein rühmliches Zeug-
niss deutschen Fleisses und deutscher Gründlichkeit. Hatte der
eine der beiden Herausgeber schon in früheren Arbeiten — wel--
che wir in dieser Zeitschrift angeführt haben — den Antheil der
deutschen Nation an den Kämpfen zwischen Kreuz und Halb-
mond im Mittelalter geschildert und »die Grundlagen für eine
wissenschaftliche Kenntniss der Beziehungen zwischen Deutsch-
land und der Levante überhaupt« gelegt, so hat er in diesem
Werke eine Fortsetzung jener Arbeiten geliefert.
Nun freilich war es den Herausgebern schwer, den Endpunkt
ihrer Forschungen zu fixiren und w'\x glauben es ihnen, dass
am Beginn des XML Jahrhunderts »der Durchbruch eines neuen
Zeitalters sich deutlich entschieden hat ') .« Aber wir sind nur
theilwcise ihrer Anschamnig, dass die von ihnen gebrachten Pil-
gerfahrten die Fortsetzung der Kreuzzüge seien. Der Zeit nach
sind sie es wohl, aber dem Charakter nach sind sie das entschie-
dene Gegenthcil desjenigen, was nicht wir allein, sondern was
man auch im XH'. und den folgenden Jahrhunderten unter
I Wir vermuthen, dass diese Arbeit angeregt worden sei durch das
.Streben Roukicht s, seinen Standpunkt gegen Skpp's Barbarossaforschung
zu nehmen, denn genau denselben Endpunkt hatte er seinen diesbezüglichen
Studien gesetzt. Vgl. ZDPV. B. .'i. S. ISl.
225
Kreuzziig verstand. — Erst unsere Zeit hat einen "svirkliclien
Kampf um das Grab Christi (zunächst um die Kuppel gekannt,
der freilich fern von Palästina ausgefochten wurde. Erst unser
Jahrhundert kennt eine Culturarbeit im heiligen Land, welche
mit den kriegerischen Kreuzzugsunternehmungen auch ehemals
in ^'erhindung stand.
Im Mittelalter hatten nur ungern die Franzosen an der Seite
der Deutschen gefochten; heiitzutage nehmen die Herausgeher
der Gesta Dei per Fr an cos gern und eifersuchtslos deutsche
Mitarbeiter auf und deutsche Kräfte stehen ihnen so zu Gebote,
wie die französische Gelehrsamkeit dem Deutschen sich zur Xei-
fiigung stellt. Und doch that Röhricht Recht daran, dass er,
nachdem er der französischen Gesellschaft vom »lateinischen
Oriente« seine Kraft geliehen . nun wieder ein Stück deutschen
C'ulturbildes lieferte. Wir freuen uns dieses Werkes, wir sind
dem Herausgeber dafür dankbar ; den Dank aber glauben wir
nicht besser beweisen zu können, als dadurch, dass wir die
Herausgeber in die Lage versetzen, eine Reihe von Nachweisen
in die hoffentlich bald nothwendig werdende 2. Auflage aufzu-
nehmen. Wir hätten dies wohl auch brieflich abthun können,
aber wir ziehen es vor, in dieser Zeitschrift die Nachträge zu
bringen, damit wir ihrem ZAvecke, ein Repertoiium für Palästi-
nographie zxi werden, gerecht werden.
Beim Durchgehen der einzelnen Theile, in welche das Buch
zerfällt, finden wir es passender, die Reihenfolge des Buches
selber festzuhalten, als diejenige Abtheilung zu adoptiren, Avelche
die Verfasser in der Vorrede selber machen (S. V.), in einen histo-
rischen und bibliographischen Theil.
L Die erste Abtheilung »die historische Einleitung« bringt
auf 42 B. ein sorgfältig herausgearbeitetes Gesammtbild der Pil-
gerfahrten von 1300 — 1600; angefangen vom Entschlüsse des
einzelnen Pilgers , nach den Heiligthümern der Christenheit zu
wandern, bis zu seiner glücklichen Heimkehr. Es ist ein JUld.
das wie traurig es auch sich gegenüber den stolzen, gewaltigen
Kreuzzugsunternehmungen früherer Zeiten und gegenüber den
bequemen jetzigen »STANGEN'schen« und ähnlichen Ausflügen
ausnehmen mag, doch farbenprächtig genug zu nennen ist. Mit
tüchtiger Belesenheit haben die Herausgeber aus oft sehr ent-
fernt liegenden Litteraturkreiseu die Bestandtheile ilivor Schilde-
226
rung zusammengeholt. Wir machen jeden claranf anfmerksam.
der Freude an Cnltnrschildernngen besitzt ; die von Gelehrsam-
keit strotzenden Noten bieten oft sehr schätzenswerthe Zusam-
menstellungen. — Im Einzelnen dürfte vielleicht manches der
Sicherstellung bedürfen: S, 24 Note 1 dürfte in dem Ealikader
ein Wäli Kädir stecken. — Kalinus dürfte denn doch Kädi sein.
— Zu S. 28 ist nachzutragen, dass Heyd, Levantehandel 1, S. 1 14
den Spuren des Amalfitaner-Geschlechtes des Pantaleone in Syrien
nachgeht und die von unserem Buche angezogene Abhandlung
Strehlke's Avohl kennt, aber nicht adoptirt. S. 118. — Solche
Streifen, wie sie S. 29 Note 4 erwähnt werden, dienten auch als
priesterliche Stolen , meist dunkelbrauner Farbe, mit (in Weiss
ausgeführten, eingewebten Zeichnungen der Länge des Christus,
des Mariengrabes, der Grösse der Fussspur Jesu Christi (auf dem
Ölberge:, der Leidenswerkzeuge etc. etc. Eine derartige Stola,
wahrscheinlich vom Abte Robert Leeb aus dem h. Lande mit-
gebracht, befindet sich noch im Stifte Heiligenkreuz. Es ver-
steht sich, dass jetzt Niemand den Gebrauch kennt, welchen die
Note 4 angiebt.
S. 32. Wir sind wohl durch das vorgesetzte »z. B.« in Note 7
nicht ganz berechtigt, auch hier einen Nachtrag zu bringen,
allein wir glauben, dass es den Herausgebern nicht unerwünscht
sei, wenn wir sie auf Cod. iconogr. Monacensis 324. f. 40 — 45
aufmerksam machen, der nach unseren Aufzeichnungen die Ce-
remonien des Ritterschlages für den Orden des h. Grabes ent-
halten soll.
Wir erwähnen es gleich hier, dass es wünschenswerth er-
scheint, wenn die Herausgeber sich für eine der von ihnen noch
gleichwertig erachteten Schreibungen S u c h e m oder S u d h e i m
entscheiden würden ,siehe S. 22, 29, 46, 466. und dagegen 8,
564, 647). — Die Schreibung Brocardus (im Index), wo auf
S. 8 hingewiesen ist, während hier lixirchardus steht, scheint
überhaupt dem Recensenten veraltet, S, 526, inid für den deut-
schen Burchard nicht recht angewendet zu sein.
Die 2. Abtheilung unseres Buches enthält 23 Filgerschriften,
wovon nur eine nicht einem Deutschen angehört, nämlich die
erste. Sie sind zum Theile die Finidgrubc gewesen, aus der
unsere Verfasser die Bestandtheile der ersten Abtheilung geholt
haben. Die meisten bieten in culturgcschichtlicher, sprachlicher.
227
manche auch in geographischer Beziehung schätzenswerthe Bei-
träge. Im heiligen Lande selber ist freilich die Local-Tradition
damals schon fast auf jenem Standpinikt angekommen, auf dem
wir sie jetzt treffen. Handelte es sich doch auch selbst bei den
Baulichkeiten nur darum , das bestehende zu erhalten , während
die Zeiten der Kreuzzüge eine Reihe neuer Gründmigen iKlöster,
Kirchen, Hospize, Paläste) entstehen und die Tradition sich an
die Neubauten anranken gesehen hatten.
Die älteste Beschreibung des Jacob von ^'ERONA weist jenen,
zum wirklichen Kreuzzug vorbereitenden Charakter auf, welchen
Rec. schon in dieser Zeitschrift angedeutet hat; es fehlt ihr auch
nicht der Excurs über die Lehre Mohammeds. Wir wollen den
Inhalt der einzelnen Beschreibungen hier nicht anführen, son-
dern nur die Gedankenspäne und gelehrten Notizen anbringen,
welche uns würdig erscheinen , von den Verfassern beachtet zu
werden. Daher fügen war gleich an, dass S. 320 Z. 10 Mam-
brin uns Ambra zu sein scheint, und zu S. 402 (Gabriel v. Rat-
tenberg) haben wir zu bemerken, dass im Cod. germ. Mon. 1274
die Lagen 1 — 12 ehemals einen selbständigen Theil des Codex
bildeten, auf dem sich die Angabe »1531 scriptum« bezog.
Fol. 10 »eine kurtze vorRede von der fahrt vber mer zu dem hey-
liffen Grabe« etc. »^yir lesen viel in den alten Geschichten« ist
emfach eine Übersetzung des Burchardus a monte Sion und
erst Fol. 1 3 mit erkennbarem Wechsel der Schrift beginnt Ga-
briel V. Rattenberg. Von der Hand, welche die erste Lage ge-
schrieben hat, stammen Fol. 58. 59 und 00=", dann folgt eine
dritte etwas kleinere Schrift. (Fol. 91 — 93 ein kleines arab. deut-
sches Glossar mit den landläufigsten Wörtern. Fol. 94 leer.)
Fol. 95. Incipiunt peregrinaciones, wie im Codex vonS. Florian. —
Zuletzt Fol. 1 12 ein kurzes Gebet, — Ganz besonders interessant
ist die Reise des Ludwig vox Rautter 1567 — 1571 (S. 430 fg.)
quer durch Kleinasien von Skutari nach Antiochien, Aleppo, Da-
maskus, Safed. Wir möchten erinnern, dass der Weg den Rei-
senden kaum durch Simem (S. 440) geführt haben werde, son-
dern durch Dschenin, und dass die Hevölkenmg dieses Ortes
auch heute noch als eine etwas \inangenehme bekannt ist. wie
sie es von jeher war. Der Bach bei Dschenin, der aus höchst
lieblichem Thale sich heraus windet, verdiente von Rautteh wohl
beachtet zxi werden, während man erst ziemlich weit von Sunem
228
einen Bach Avird finden können. S. 443. Wir vermuthen trotz der
Bemerkung unserer Herausgeber unter Revil a doch die alte ^ ehe-
malige Hauptstadt) Ramla; und bemerken gleich, dass es wün-
schens-werth erscheint , es mögen die gelehrten Herausgeber so-
weit es möglich ist, eine einheitliche Transscription der oriental.
Wörter durchführen; denn es berührt eigenthümlich einmal
Birket el hajj (S. 443. Z. 2. v, u.) und dann "wieder Khan Djub
Jusuf S. 441 zu lesen.
S. 447 haben wir anzumerken, dass wir in der Innsbrucker
Univ. -Bibliothek eine Handschrift des Hirnheim gefunden
haben. — Noch die letzte von R. und M. gebotene Beschreibung
ist besonders interessant, denn Ernst von Bueseck 1587 — 1588
besuchte das nördliche Syrien und den Libanon. — Diese 32
Reisebeschreibungen ersetzen wohl manchem, der sich mit dieser
Parthie palästinischer Geschichte beschäftigt, eine kleine Biblio-
thek; manches freilich was zu ihrer Erläuterung notliAvendig war,
ist erst im dritten Theile des Buches zu finden, im Pilger ver-
z ei c hnis s. Dieses führt alle jene Deutschen an. von deren Pil-
gerschaft unseren Herausgebern Kunde geworden ist ; in dieses
Verzeichniss sind manche Urkunden mit einverwoben. — Uns
erscheint es passend, diesen dritten Theil des liuches zugleich
mit dem vierten zu behandeln, um im Referate Wiederholungen
zu vermeiden , welchen die Autoren selber nicht aus dem Wege
gegangen sind.
n. Der vierte Theil des R. M'schen Werkes will die Lücke
zwischen der Bibliographia geograph. Pal. von Tobler und den
jährlichen Berichtender ZDPV. (also 1867 — 1877) ausfüllen und
Nachträge zu Tobler bringen. Es ist die stattliche Zahl von
10(10 Nummern, welche die Verfasser hier zusammenstellten.
Man kann sich denken, dass eine grosse Menge von Katalogen
durchzuarbeiten inid eine ausgebreitete Correspondenz z\i führen
Avar, um eine solche Vollständigkeit zu erreichen. Das Hauptver-
dienst wird Avohl in der menschlich gesagt, vollständigen Biblio-
graphie der jüd. und russ. Palästinabeschreibungen liegen. Alles
Menschenstreben ist Stückwerk : und nur dem unverdrossenen,
iininterressirten Zusammenarbeiten Vieler mag endlich die "N^oU-
ständigkcit eines Werkes zu danken sein. Wir bringen, aus
Achtung vor dem Werke, das wir anzeigen, hier zum dritten und
vierten 1 heile desselben eine Reihe von Nachträgen, welche wir
229
der Beachtung der Herausgeber empfehlen. Nicht alle Werke
sind uns jetzt zu Händen , und es können sich in unsere An-
merkungen Schreibfehler u. A. eingeschlichen haben. Es Aväre
nicht angezeigt brevi manu Alles in eine neue Auflage so aufzu-
nehmen, -wie wir es hier aus unserem Handexemplare der Tohler-
sclien liibliügrai)hie abdrucken lassen. —
Wir werden hier wohl einiges von dem wiederholen müssen,
was wir bei einer Besprechimg der Tobler' sehen Bibliographie in
der Tübinger Quartalschrift 1874 S. 521 fg. schon gesagt haben,
machen aber nichts destoweniger auf diese Recension aufmerk-
sam . weil sie gerade von denjenigen beachtet zu werden ver-
dient, welche mit Tobler sich beschäftigen. Wir gehen in unse-
rem Ref. an der Hand der Abtheilung 4 unseres Buches vorwärts.
Zu S. 4S0. Dass Friedrich II. von Brandenburg wirklich im
Heiligenlande war , zeigt folgender höchst interessante Brief an
ihn, den wir der Stiftsbibliothek von Melk entnehmen (Cod.Mel.
N. 13 eh. 40 Säe. XV. Fol. 202.) Epistola missa a Rodis ad Je-
rusalem Domino Marchioni Friderico de Brannburg de salvo
conductu et ex parte turcorum.
Illustris princeps ac potens ac magniiice domine nobis hono-
rande, cordiali salutacione premissa. Per religiosum in Christo
nobis carissimum fratrem Gotfridum de Heimbach Ordinis nostri
oretenus nobis expositxim fuit illustrem dominacionem vestram
in regressu suo a peregrinacione ierosolimitana exoptare Ro-
dum videre cum hijs qui vobiscum erunt, petereque salviim con-
ductum pro patrono et nautis veneciis galliace peregrinorum qua
devehemini. Nos enim audita ingenti fama magnificentie vestre
et quantum sit aiFecta erga nos et nostram religionem tandem
letanter et leto corde uidebimus et honorabimus et ceteris ad ve-
stram pertinentibus comoditatem favebimus. De salvo vero con-
ductu petito non nobis videtur esse opus cum ciuitas nostra Rodi
communis et libera sit omnibus nacionibus C'hristianorum neque
umquam compertum fuit quod nostra religio [= Orden) aliquibus
Christianis bellum iniuriam dampnum aiit violenciam alicpiam
fecerit neque facere intendit; sed omnes possunt libere et secure
huc Rodum accedere, negocia eorum agere et discere pro eorum
libito uoluntate (sie) . Si uero patronus et naute galliacie prefate
ut apparet ex peticione vestra — dubitarent huc Rodi venire, mira-
nnir. cur hoc petatur. (|uia bonam ])acem habemus et habere in-
230
tendimus cum dominis venetis et subditis eorum ; et patroniis cum
nautis suis libere potest venire Rodiim neque aliquomodo a' q^'\
retinebitur sed cum voluerit discedat sicut veneti semper consue-
verunt. Cnva. magno dolore cordis ea que secuntur illustri domina-
cioni vestre intimare decrevimus . Magnus Theucer der Grosstürke]
cum obsedisset Constantinopolim terra marique tandem vi anno-
rum civitatem die XXIX mensis Maii proxime preterito cepit,
imperatorem constantinopolitanum interfecit. multis nobilibus
capita truncavit, totam urbem in predam dedit, crudelitates plures
exercuit. Civitatem Peram quam Januenses tenebant sine armis
obtinuit ipsamque tributariam fecit, muros illius diruit
Ciassem de novo parat ingentem qua intendit omnes insulas Egey
pelagi sibi tributarias facere vel eas, si poterit. delere. Exaltavit
namque cor sum et gloriatur se Magni Alexandri Macedonis gesta
equiparaturum uel superaturum Minatur etiam — que Alexander
numquam — se ad italiam et partes occiduas armis et potentia sua
penetrare uelit sie) se experiturum an sibi fortuna faveat quemad-
modum per hec orientalia expertus est. Quare omnes reges Chri-
stianorum et principes animadvertere deberent quonam pacto-
feritati potencie huius tyranninoti ad destruccionem christianorum
— nisi Deus prouiderit — resistatur 'siresque omnes ad ipsius turci
pemiciem convertant. quod fiet facile , si in vnitate et pace ac
caritate in communi convenerint ac congregauerint pro honore
fidei catbolice ac christianitatis proteccionem , ne diu machinata
secta in cliristicolas deseviat: rogantes omniiwtentem Deum ut
sua gracia prouideat, ubi humane vires non sufficiunt, que uos
ad uota custodiat et vestra comitiua ad haue nostram urbem Rodi
feliciter conducat. Datum Rodi in nostro conuentu die ultima
mensis Junii m*' ccc" 53^'.
Zu Arculfus, S. 552. N. 12 fcfr. S. 647), machen Avir
hiermit bekannt, dass wir die Varianten des Mettemich' sehen
Codex (2(}. H. 39) gesammelt haben, und dass sie im Archive der
Societe de V Orient latin abgedruckt worden sind. — Leider hat
ToBLBR nicht einmal alles in München vorhandene Material zu
seiner Ausgabe benutzt.
S. 552. N 13. Das Itinerarium ad Hieros. im Clm (= Co-
dex latinus Monacensis) 029 hat folgendes Inci])it : In media
aqua, que dicitur visgaa (= Fischa incipit ungaria. Fol. 21''.
"S'isio Otliniari ])vpsbytcri. — Fol; 81. de locis sanctis Omnibus
231
volentibus visitare sepiilchrum dominiciim. Siehe darüber Tü-
binger Quartalschrift. IS 74. S. 543. Dort spricht Ref. die Ver-
muthung aus, dass Gretser seine Instructio im ]ide. III, p. 129
aus diesem Codex entlehnt hat. Denselben Text liefert die Hand-
schrift des Stiftes Melk an der Donau (K. 31.). Verwandt ist
Innom. "STIL Toblers. — Wir finden in unsenn Handexemplar
die Notiz, dass der Codex von Admont N. 256. einen Beda
«Tractatus de situ alias de locis sanctis« enthält.
S. 553. Bartolfus pregrinus (siehe Toblerp. 13 f., er-
scheint unter den Autoren, welche die Societe de 1' Orient latin
herausgiebt; siehe Bongars Gesta Dei I. 572.
S. 554 vor N. 29 einzuschalten : Belardusde Esculo,
welchen Eef. für das Archiv der Soc. de l'Orient latin als in die
Zeit 1112 — 1120 gehörig bestimmt hat. Cod. Vatic. 1110.
Fol. 141 ^. Inc. Jerusalem distat a monte occidentali.
S. 555. N.33. Nachzutragen: Tobler würdigt die Hand-
schrift der Wiener Hofbibliothek N. 609 einer genaueren Be-
handlung in seinem Innomin. II. Das Stück )iin superiore libro«
ist eben die Einleitung (des Copisten?) zu Innom. II. — Fre-
TELLüS-Handschriften sind nicht selten. Wir erwähnen für eine
künftige Behandlung die der Prager Univers. -Bibliothek X. C. IS,
die der Vaticana (Bibl. Regina 48.) . Siehe Beda Duuik, Iter Ro-
manumL250. cfr. 2.47. Codexlat. Mon.5307. Sumam inicium. —
Wir haben einen ziemlich guten Text des Fretellus aus meh-
reren Handschriften zusammengestellt, und oiferiren ihn. wie es
einst unser Freund, Dr. J.C. M. Laurent, gethan hat. demjenigen,
der sich mit dieser Zeit der Palästinabeschreibungen beschäftigt.
— Vielleicht auch, dass die Redaction dieser Zeitschrift den Ab-
druck dieses Textes übernimmt. — Zugleich möchten Avir fragen,
ob es nicht angezeigt wäre, statt fretellus zu schreiben fratellus ?
S. 557. N.43. Der Innom. VIII. scheint dem Ref. nur das
Bruchstück einer grösseren Beschreibung zu sein, welche der
französ. Übersetzung in Paris Bibl. nat. Mspt. fr. 1553 in fol.
vel. rec. XIII zu Grunde gelegen. — Über die Innominati siehe
Neumann, Tüb. Quartalschrift 1S74. S. 533—539.
S. 557. N. 49. Es liegt uns ein der Societe de lOriont latin
gehörendes Verzeichniss von 83 Handschriften des Jacobus de
Vitriaco vor. — Eine wichtige Handschrift des Thadeus liegt in
der Prager LTniversitätsbibliotliek XIII. 1). 7. — Die Nunnner 55
232
auf S. 558. ^vircl -wahrscheinlich unter diese N. 49 hereinzube-
ziehen sein; auf jeden Fall ist sie zu vergleichen mit Thomas,
Tractatus ^siehe unser l^uch sub N. 45), und Neumann, Innom. V.
(2. Theil).
Des Haymaeus Monachus, Relatio tripartita ad Innoc. III.
beginnt »Terra hierosolymitana in centro mundi posita est«; — es
stehen für eine neue Ausgabe der Societe de T Orient latin bis
jetzt 16 Handschriften zu Gebote, zu denen noch nachzutragen
ist: Grazer Univers. -Bibliothek, Mspt. N. 39/23, von Fol. 6 an-
gefangen (in 2 Columnen) . Schöne Schrift des XIV . Jahrhunderts .
S. 558. N. 55. Wir können von dieser Nummer noch nicht
Abschied nehmen. Wir sind überzeugt, dass unsere Herausgeber
überall, wo sie die Initia der inibenannten Reisebeschreibungen
wussten, auch dieselben in der bibliographischen Beschreibung
nicht vergessen haben : aber gerade hier ist es zu beklagen, dass
Avie auf S. 567 (N. 99) und S. 580 ;N. 202) die Initia nicht beige-
fügt worden sind.
S. 559. N. 57. Hinter diesem Robertus scheint ein Schreib-
fehler für Albertus zu stecken, Avir meinen jenen Albertus,
welcher des Haymarus Monaclais Nachfolger im Patriarchate
Avar. — Diesem schreibt Trithemius mit Unrecht die ganze
historia tripartita zu. Vielleicht Avird denn doch ein Theil wirk-
lich dem Albertus zuzuschreiben sein. — Leider fehlt auch hier
das Initium, aber auch die Signatur der Handschriften von Mai-
land und Venedig. — Eine Handschrift von Mailand (Bresa.
A.D. IX. 43. N. 14) ist der Societe de rOrient latin als Ha y-
MARus-Handschrift bekannt.
S. 559. N. 60. ObMARTiNus Polonus Avirkhch eineDescrip-
tio terrae S. geschrieben habe, könnte, bis Avir nicht genauere An-
gaben als den Fabricius (Artikel Martinus Strepus, Oppaviensis in
der Bibl. lat. lib. XII, p. 132 — nicht 43 Avie unsere Autoren
schreiben — ) und die kurzen Verzeichnisse im Neuen Archiv IV,
33 und 393 haben, bezAveifelt Averden. Auch hier macht sich der
Mangel eines »Incipit« unangenehm fühlbar. — Es bestärkt
uns in dieser Anschauung der Nachtrag in R(öhricht) M(eisner)
S. 647, Avo mit Martinus Polonus der Avohlbckannte Fretellus
in Verbindung steht und eine Aufzählung von Sekten, Avelche
dem Berichte «Terra ierosol. in centro mundo posita est« Avahr,
schoinlich nahe verwandt ist. — Die Handschrift der Prager Uni-
233
versitätX, C. 18 enthält ebenfalls einen Text der Chronik des
Martixus und gleich darauf den Rogerius Fretellus , aber
ohne die jedenfalls jüngere Aufzählung der Sekten. — Diese Ver-
bindung des Martixus Polünus mit Fretellus mag der Grund
gewesen sein, Avarum Fabricius einfach unter den Werken des
jNIartixus aufzählte : Uescriptio terrae sanctae.
S. 560. 1271. Die Bibliothek des Grafen Rl\nt in Paris
enthält einen bisher unbekannten Mauritius Kergensis in Hand-
schrift. Itinerarium Andrea Nicolai de Norwegia in Terram S.
S. 560. zu liuRCHARDus vom Berge Sion. — Aus arab. Quellen
weist Prof. Karabacek nach, dass die Angabe des Lindauer Co-
dex von einer Gesandschaft des deutschen Königs Rudolf nach
Ägypten, geführt von Burcharuus v. B. Sion auf Wahrheit be-
ruhe. — Dass eine Beziehung des Burchardus v. B. Sion zum
Sultan von Kairo bestanden habe, davon scheint noch bis in's
XV. Jahrhundert Kunde in Europa existirt zu haben. Jedenfalls
ist folgende Notiz des Prager Codex (Univers. Bibl. XIV. C. 16,
Saec. XV) bezeichnend. Der Text des Burchardus hat die Ru-
brica: Libellus sequens de descriptione terre sancte per Soldanum
Regem babilonie fuit missus Karolo quarto Romanorum Impera-
tori ad immensissimas preces Cesaris, imperii ipsius anno quarto.
Ciim in veteribus historiis . . . Voran geht des Haymarus Re-
latio tripartita : Cum bone memorie Dominus Inn. Papa. — Das
Werk des »Brochardusa in der Handschrift des Brit . Mus . Nr . 1 S 9 2 9,
•welches unsere Autoren im Artikel »Advis directif« anführen, er-
scheint in den Notaten des Ref. unter dem Artikel Burchardus
vom Berge Sion. Leider kann ich nicht angeben, ob es die Epi-
stula oder das ausführliche Reisewerk sei : es scheint aber die
Epistula zu sein, und zwar aus dem Grunde, weil an diese in den
allermeisten Handschriften der Tractat »Terra hierosolym. in centro
mundi« angeschlossen ist. Dieser Tractat aber scheint es zu sein,
auf dessen Autor der Name »Hermanus Macre« hinweist, denn
Avahrscheinlich ist das nur ein Schreibfehler für »Haymarus Mo-
nachus« s. o.
S.Ö61. Franzüs. Handschrift des Havthon in der Berner
Bibl. Cod. 125 Fol. 219^ bis 254^ (XIV. Jahrhundert) — Flos
hystoriarum Clm. 15776. — Grazer Vniv. -Bibl. Cud. 33 34. »In
regno Tarse sunt tres provincie.«
234
S. 562. N. 71 zu Odoricus a Foroiulii, siehe: Zahn, friaul.
Studien, (Akad. d. AViss. Wien 1878) S. 75.
S. 562. N. 72. Referent findet in seinem Handexemplar auch
den Codex lat. mon. 850 (Fol. 72) als den Pipin enthaltend an-
gemerkt,
S. 563. N.76. Handschriften von Koldensele: Prag, S. Veiter
Domkapitel CXXIV. N. 13. — Lambacher-Stiftshibliothek —
München, Cod. Teg. 621. — Stadtbibliothek von Namur 50.
(Pertz, Archiv. VIH; 476). — Brüssel 8779. — Batthyänische
Bibliothek Cod .259. [Index Msptorum bibliothecae l^athyanianae
dioec. Transsylvanensis .... Kiadta Beke Antal , K. Feher-
vär 1871.1
S. 563. N. 77. Leider stehen uns weder das Druckwerk
noch die Studj I. S. 73 zu Gebote. Das Incipit wäre sehr er-
wünscht.
S. 563. N. 78. Mauxdeville: böhmisch: Prag, Strahover
Stiftsbibliothek Cod. 37. eh. fol. ao. 1437. — lateinisch: Kloster-
neuburg Cod. 722.
S. 566. N. 88 ist eine deutsche Bearbeitung des Burchardus
vom Berge Sion.
5.567. N. 95. Johannes DE Hese : Cod. Vienn. 4758.
5.568. N. 104. Der Codex 721 in München enthält von
Fol. 73 an gewiss den Jon. Poloner (ed. Tobler) »foris templum«.
— Erst von Fol. 87 an beginnt eine neue Rubrica: Peregrina-
tiones introitus terrae sanctae. In Jaffa sanctus Petrus Apostolus
resuscitavit a morte Thabitam . . . und es werden in der Weise
der Ablassverzeichnisse des XV. Jahrhunderts die Ablassstellen
mit Kreuzen bezeichnet. — Auf diese Zusammenstellung wird
sich der Name Christophorus presbiter bezichen. Man beachte,
dass hier die Ablässe noch nicht unterschieden, inid dass die
Kreuze ohne besondere Anmerkmig gesetzt werden. — Dagegen
beispielsweise Cod. germ. mon. 1274 bei R. M.S. 402. et scien-
dum, quod in illis locis in quibus signum sce crucis, ibi est ple-
naria indulgencia a pena et culpa , in aliis vero locis, in quibus
nonest signum f, sunt tantummodo 7 annorum iiululgencie et toti-
dem quadragenarum.
S. 570. Cgm (Cod. germ. mon.) 841. enthält ein Stück, das
ins XV. Jahrhundert gehört, inidauf welches sich die Unterschrift
beziehen könnte »Cunradus Rn-ioo scripsit ao. 14 49 in die S.
235
Leonhardi : «Item dornoch XX welisch meil von ackir ligt das dorf
iiaßareth auf einer hökeu« . . . (Die Ablässe sind fleissig notirt) .
S. 500. »Am T.April 1483 ist Cuxrad Beck zu Mengen us-
geritten gen Jerusalem« — 15, Oktober ist er wiederheimgekom-
men. So besagt die Familienchronik , -svelche H. J. Zeibig im
Archive der Kais. Akad. d. W. zu Wien (VIII, 210) herausge-
geben. Cfr. Blätter des Vereins für Landeskunde von Nieder-
österreich. 1875. N. 4. 5. 6. — Dieser Cunrad Beck starb zu
Mengen 1512. Dass Cunrad Beck im Jahre 1436 (wie Hormayr
will) oder 1440 (Hormayr und Wisgrill) im heil. Lande gewesen
sei), ist deshalb unmöglich, weil Cunrad Beck erst 1437 auf die
Welt kam. —
S. 530. Nicht der Grabstein des Hieronymus Beck, sondern
der Grabstein des Michael Garzin, der als treuer Diener seinem
Herrn aiif den weiten Reisen folgte, und 1555 zu Ebreichsdorf
beerdigt wurde, erwähnt die Pilgerfahrt des Hieroxymus.
S . 5 7 2 . 1469. Tobler p . 5 0 . muss corrigirt werden ; Cgm 845
(nicht 854). — Ob Kettner, den wir uns vollständig kopirt
haben, wirklich so unbedeutend sei, möchten wir ZAveifeln. Viel-
leicht finden wir einmal in der ZDPV. Platz, ihn abzudrucken.
S. 573 (S. 488 ad annum 1476) Herzog Albrechts von
Sachsen Reise befindet sich in einem Codex des Stiftes Melk.
S. 576. N. 164. Die Ablassverzeichnisse bilden eine Hand-
schriftengruppe für sich und bedürfen einer speciellen Behand-
lung. Wir stellen hier nur noch einiges Materiale bei : Archiv
des Kreisgerichtes Przemysl, Buch N. 1. (S. Beda Dudik, Ar-
chive, S. 153). — Baumgartenberger-Codex (Linz an der Donau)
Cc. VI. 10. membr. saec. XV. Iste sunt peregrinaciones terre
sancte et indulgencie concesse a beato Silvestro papa. — Mspt.
N. 2357 zu Brüssel. — Codex germ. mon. 1274. (R. M. S. 402.)
— Wahrscheinlich gehört hierher auch R.M. S. 580, N. 198 und
N. 202 Codex bav. mon. 3007 (italienisch).
S. 577. (Tobler p. 59) zu Nicolaus de Farnad. Die von
Tobler angezeigte Ausgabe des Farnadi hat Pez , Anecdota
LXXXVII nicht gekannt ; denn er führt unter den Abtheilungen,
die er gerne herausgeben möchte, eben den Fr. N. D. F. auf, wel-
cher handschriftlich sich in Melk befinde. R.M. behandeln den
Nicolaus sub 1519 8. 581 N. 219) . Die Sache liegt aber so : der
Tingarische Franziskaner Gabiuki, von Pecsvarad (Pecsväradi^ hat
236
das Werk des Farnadi sich zugeeignet und herausgegeben. Es
-existiren zwei handschriftliche Exemplare in Pesth. eines in
der Universitätsbibliothek und eins im Nationalmuseum. Petek
Hattala hat Auszüge in latein. Sprache (mit magyarischen An-
merkungen) in der Zeitschrift Magyar Sion, Esztergom lS6(i.
p. IS8— 194; 261—273; — 352—372. gebracht. Vgl. Toldy. A
magyar nemzeti irodalom törtenete. Pesten 1852. (2. Auflage
II. 57.
S.57 7. N. 172. Die Kapitelbhothek von S. Veit (Prag) hat
eine Handschrift (O. 35 in 40): Martina Kabatnika, Czesta do
Jerusalem a Egyptu.
S.579. N.195. Der Clm. 5362 enthält ein Stück »Si quis de
Joppe in Jerusalem«, das wir in der Tübinger Quart. 1874. S. 534
mit einer kurzen kritischen Bemerkung herausgegeben haben. —
Es gehört nicht ins XV., sondern ins XII. Jahrhundert.
S. 580. N. 198 ist ein Indulgenzverzeichniss , wie oben zu
Nr. 164.
S.oSO. N. 199. Arexga. — Das Wort passagium gene-
rale macht uns begierig nach einer genaueren Angabe, denn da-
runter ist etwas mehr als eine Reiseinstruction zu erwarten. A'gl.
Haython. —
S.581. (T. 65.) 1508. ANSELMUS-Handschrift in München.
Aug. civ. 95 (Fol. 1 — 40) XVI. Jahrhundert. Ut unusquisque fa-
cillime cognoscere valeat. Ob diese Handschrift noch aufzufinden
sei, weiss Ref. nicht.
S.581. N.217. Die Hinweisung aufToBLER ist vergessen
worden. —
S. 585. Nr. 248. 1552. lioxiFACio Stephani. Tobkek
erwähnt ein Exemplar als im liesitze Norow's. Letzterer hatte
ein Exemplar vom Stifte Tepl iin Böhmen) entlehnt; aber nach
dem Tode Norow's ist das Buch verschollen. Siehe das heilige
Land 1876. XX. Jahrgang, S. 95fg. Daselbst genauere Daten
über die neue Ausgabe durch F. Cyprian, Commissär des heil.
Landes.
S. 585. (T. 75 1554. Über den Soarez de ALBERGARiA,*der
ciu ^lönch von Alcobaca (S. O. Cist) gewesen, siehe: Ilistoria
chronologica e critica da Real Abbadia de Alcobaca .... for For-
tunatode Sao Bonaventura. Lisboa. Impressäo regia 1 827. p.90.
S. 533. 15G1. zu KiiKVKXiin,Li:i{ , siiOio ('zkimvkxka, Die
237
Khevenhiller Wien, Ih-aiimüller 1867. S. 185 — 2 15.) Wolf, A.,
Geschieht!, liihler ans Österreich'!. 129.
S. 587. N. 2 76. Hirnheim, Handschrift der Innsbrncker
Univ.-Bibl. 508.
S. 587. (T. 79) 1566. Georgius Huszthius deRas/ixga hat
in der Dedicationsepistel ddo. Sarendorf 27. Okt. 1566 seine Be-
schreibnng dem Hieronymns Beck von Leopoldsdorf gCAvidmet.
(Siehe zu S. 530; bei Tobler 1. c. muss es heissen 931;.
S.58S. N. 286. Eadzivil. In der Fester Univ.-Bibl. be-
findet sich ein Druck von Kaschau (Casovie) 1756. t\q)is acade-
micis Soc. Jesu. — Russische Revue, Monatsschrift für die
Kunde Russlands, hrsgb. von Carl Röttger, 1879. (YHI. Jahr-
gang, 7. Heft, S. 89) handelt über Radzivil.
S. 589. (?) 1588. Fernberger . . Georg. Christ. . . . von
Eggenberg. Reise von OberösteiTeich nach Constantinopel,
SiNAY, Babylonien und Ostindien. Cod. Vienn. 8135 (Fol. 69=^
72"^).
S.591. 1600. Abbate Angiolo Paravicino von Mailand.
Handschrift in der Bibliothek des G. Ardonato Visconti. Siehe
desselben Visconti: Cenni bibliografici sui viaggi in Terra Santa.
Torino. 1872. p. 20.
5.593. N.341. Conrad VON Parssberg. Handschrift in der
Innsbrucker Univ.-Bibl. N. 721, Papier 167 foll. in 8^. Die Reise
wird in 199 Tagen vollendet. Am 27. April ab von München.
Am 77. Tage in Jaffa, aber noch am 92. Tage zu Jaffa. Nach-
mittags nach Ramma (Ramla).
5.594. 1625. Carl Grimming, Relation ^^ld Khurtze Be-
schreibung der Wahlfarth (siehe Tüb. Quart. -Schrift 1868.
S. 327.)
S. 596. N. 373. In welchem Verhältniss die Angabe R. M's.
in diesem Artikel zu demjenigen stehe, was unser Handexemplar
enthält? darüber können Avir nur eine Vermuthung aufstellen.
Wir haben ims folgendes notirt: »1634. Cod.gr. mon. 346. Eine
»Beschreibung von Palästina, verfasst von Ananias, geschrieben
»von Acacius. Quelle für die Kunde griech. Kirchenverhältnisse.
)'siehe Haneberg. Bonner thcol. Litt. Blatt. 1868. Nr. l.c< —
Der Codex ist signirt Moll 190 in 4". — Es dürfte nach dieser
Angabe Haneberg's die Signatur, welche R. M. anführen, zu
corrigiren sein.
238
S. 596. Ob die Nummern 375. und 435. nicht besser weg-
gelassen Avürden. mögen die Herausgeber erwägen.
S. 597, In einem ^ ortrage, gehalten im Alterthums-Verein
zu Wien. 31. März 187 1 erwähnt A. R. von Perger ein Büch-
lein vom ewigen Juden V. J. 1677. Er entnahm daraus, dass
ein Freiherr von Tor^witz aus Schlesien 1641 und ein venez.
Patrizier aus dem Hause Bianchi 1643 zu Jerusalem einen Juden
(den CAvigen Juden^ sahen, der in einem unterirdischen Saale ver-
wahrt wurde, und diejenigen Kleider noch anhatte, die er zur
Zeit des Leidens Christi trug. (Mitth. der Central-Comm. für
Erhaltung der Baudenkmale, IS 72. p. CL.) — Ist ein Tornwitz
wirklich ins heil. Land gereist?
S. 607. (T. 124)1725. P. Neret, siehe Tüb. Quartalschrift
186S. S.327).
S. 611. 1756. F. Antonius Kren. — Diejenigen Parthien
dieser Handschrift Archiv des Joanneums in Graz, N. 304, Pa-
pier in 40 536 S.), welche Nazareth betreffen, hat Tobler in
seinem Werke über Nazareth nach einer Abschrift verwerthet,
welche ihm durch den Ref. vermittelt wurde.
S. 619. N. 633 DE Lamartine. In der englischen Über-
setzung stammen die poetischen Stücke von Letitia A. Landon,
Der Catalog Henry Sotheran, Jos. Baer & Co. Februar IS 72,
p. 20 N. 495 giebt das J. 1836 an. — Ebenda ist eine engl. Ver-
sion angezeigt: L. A. de. Visit of the Holy Land or Recollections
of the East, translated by Phipson, (Portrait, maps and engra-
vings). 2 vols. S". 1845.
S. 620. N. 645. Von Titus Tobler liegt uns eine kleine
latein. Broschüre vor : Hibliographia geogr. Palestinae ab anno
333. usque ad annum 1000. (S. A. aus Petzold.)
S. 621. T. 177. Die Questiou des Lieux Saints par Eugene
Bore erzeugte 2 Gegenschriften: 1) griech. 'A-avrr^ai; xata tou
ZTiTT^jJ-aTO; TOU K . EuySVl'oU Bopi, Tlcpt TtÜV £7 'l£poaoXu}XOt? A-j-ltüV TO-(ÜV.
Constantinople (Koromalos 1851. 183 pp. (Haneberg, im
Bonner theol. Lit. B)latt, 1S68, N. 1). 2) französ.: Kc-ponse ä la
brochure de M. Bore, intitulöe. Question des Lieux-Saints. 8".
Const. Lazarides 1851. (ibidem). — Bei Tobler soll es heissen :
Der La zarist Eugene Bork.
S. 622. 1840. r. IspoxT^puxo; , 'EY/sipi'oiov r. laiopia? xat
239
-spiYpoKpTjC toij votou avcts-aasujc. S. 'AUt,v. 1840. 128 pp. (Siehe
ToBLER, Descriptiones Terrae Sauctae p. 498.)
S. 623. N. 691. Ida Pfeifer, französisch: Voyage d'une
femme autour du monde. Tradiiit de lallemand, 3. edition avec
Charte 1865.
S. 627. N. 748. DE Saulcy, In »Merx, Archiv f. Avissensch.
Erforschung des A. T.« hat T. Tobler einen Aufsatz veröfFent-
Hcht: »M. J. DE Saulcy vor dem Forum der Wahrheit und Wis-
senschaft.« (II. Bd., 2. Heft, S. 115].
S. 628. 1851 zeigte Chapman and Hall in London (Paris bei
H. Mandeville 42, ruedeVienne folgendes Werk an : W.K.Kelly,
Syria and the holy Land, their scenery and their people, Inci-
dents of Travel etc.
S. 629. 1853. IlavTa^r^;, ' hpa Fso-cpacpia. Athen. Siehe
Haxeberg. 1. c.
S. 630. N. 782. Von Porters Handbook (T. p. 189^ ist
1875 die 3. Aufl. erschienen.
S. 630. P. DE Damas. 1870. Yoyages en Orient; Sinai et
Judee, Jerusalem, Galileo. 3 vol. in 8*^.
S. 632. F. W. Conrad, Reizen naar de Landengte van Suez,
Egypte, he heilige Land. Gravenhag 1858.
S. 632. Im Jahr 1858 erschien unter dem Titel »Damas et
le Liban« zu London die Beschreibung der Reise, Avelche Louis
Philipp Albert von Orleans, Graf v. Paris, mit seinem Bruder,
dem Duc de Chartres im h. Lande gemacht hatte. — Wir finden
in einem Antiquar. C'atal. von Bielefeld folgende Anzeige : Damas
ET LE Ly^ban, Extraits du Journal d'un voyage en Syrie en prin-
temps de 1860. London 1861.
S. 635. 1862. JsTOpia xr^c, k'^io-z tzoXsu); ' hpooaaXrju.. in Jeru-
salem. (Von Palamas? — Siehe Haneberg. 1. c.)
S. 635. Ibn Safir, Reisebeschreilunig . gedruckt in Lyk,
siehe Haneberg, 1. c.
S. 636. 1863. Prof. Dr. W.Pol. Geogratia zi^'mi Swic^'tej w
dwoch Kri^gach. .Geogr. d. h. L. . Lcmberg, 186 pp. 8.
S. 636. N. 858. H. B. Tristram, The topography of the
Holy Land. A succinct accord of all the places, rivers and moun-
tains of the Land of Israel mentioned in the Bible. London
(knowl. Society 1872. 358 pp. 8.
. S.637. Pr of. Dr. Herm. Zschokke. Führer durch das heil.
Ztschr. d. I'ul.-Ver. IV. 16
240
Land für Pilger. Nebst einer Karte. Wien, Braumüller 186S.
160 und CXVIII pp.
Zugleich bringen wir hiermit den zweiten kathol. Pilger-
führer von Fahrngruber, der die Arbeiten von Zschokke und
des Fr.Lieven überragt, und als kathol. Concurrenzunternehmen
neben » Socm - Baedeker « sich stellt, zu gebührender Anzeige.
Es ist ein tüchtiges Werk , das neben Socin in der Bibliothek
eines Palästinaforschers eben darum nicht fehlen soll, weil der
Autor, der ein offenes Auge hat, sehr lange in Jerusalem gelebt,
und seine Zeit wohl ausgenutzt hat. Sein Lieblingsfach scheint
Botanik zu sein. Seine Sprache ist kernig und erinnert selbst in
ihrer stellenAveisen Ungelenkheit an Tobler. — Wir hoffen, dass
im Falle] einer zweiten Auflage der Autor jene Wünsche berück-
sichtigen werde , die^ wir in der Osterr. Monatsschrift für den
Orient ausgesprochen haben.
S. 637. P. J. Weidenhaupt, Blätter aus dem Tagebuche
eines Pilgers nach Jeiaisalem in J. IS 64. — 3. verm. Aufl. 1875.
gr. &".. XXI. u. 255 S. Aachen, Barth.
S. 637. 1865. Dr. J. Chmelicek, Cesta do svate zeme.
(Reise in das h. L.) 1865. — 2. Theil 1867. Im Verlage der Hä-
redität der h. h. Cyrill und Method.
S. 639. 1867. Bericht eines Pilgers aus Bethlehem. Im
Dülmener kathol. Missionsblatt. 16. Jahrgang. N. 51.
S. 639. 1867. H. W. Dove, Über die klimatischen Ver-
hältnisse von Palästina. Monatsber. derkgl. preussischen Akad.
d. W. zu Berlin. November 1867, S. 772—776.
S. 643. N. 951. Von Wilson erschien 1873 auch in den
Proceedings of the 11. Geogr. Society XVII. Nr. V. p. 326—333.
ein Aufsatz mit dem ähnlichen Titel : On the recent surveys in
Sinai and Palestine.
1868. Andry: Le dernier pclörinage en Terre Sainte. (Le
Correspondant 1868. Tom. 38. livr. 1. p. 146).
1868. Arnaud's Werk Avurde besprochen von Ewald in den
Göttinger gel. Anzeigen 1868. 34. Stück.
1 869. Dr. Emil Schütz, Vom Schwarzwald ins Morgenland.
Stuttgart, Iloffmann 184 pp. 8. — 2. Aufl. 1875.
1869. Eine deutsche evangcl. Kirche in Jerusalem. Mess-
ners neue evangelische Kirchenzeitung 11. Jahrgang. N. 50.
241
1869. Das alte Johanniterhospital und dessen Erwerbung
durch Prexissen. Beilage zur AAZ. 346 sp.
1869. W. A. Neumann, Prof., Wädi Fära imd Umm Tuba.
(S. A. aus der Österr. Vierteljahrsschrift für kath. Theologie
1871. Heft 1).
Eine kurze Notiz über Neumanns Reise hat Tobler in der
AAZ. 1869. 18. Sept. gebracht.
1869/70. Tu. RiviNGTON, Wanderings in Scripture Lands;
being a tour of nine months in Eg^'pt, Palestine, Syria, Turkey
and Grece, in the years 1869 — 70. London (Dickinson) 1872.
428 pp. 8.
1869/70. Le A'icomte Savigny de Moncorps. Journal d'un
voyage en Orient. Paris (Hachette) 1873. 8.
1870. Schriftdenkmäler aus einer südarab. und einer paläst.
Synagoge. AAZ. 1870. Beil. zu N. 47.
1870. Brief des Herrn Prof . Kiepert (Resume seiner Tour
durch das Ostjordanland), Ztschrft. d. Ges. für Erdkunde in
Berlin. Bd. V. Heft 3. S. 261—265.
1870. Schwerdt, Jahrbuch der neuesten und interessan-
testen Reisen. 2. Bd., 2. Hlfte. Die Länder der Bibel, wie sie
waren und wie sie sind. — Langensalza (Schulbuchhandlung),
195 pp. 8.
(1870) 1871. Lehmanns Magazin für Litt, des Auslandes.
N. 49. »Die Angelegenheit des Colonisations- Vereins für Pa-
lästina.«
1871. W. Besant and E. H. Palmer. Jerusalem. The city
of Herod and Saladin. London (Bentley) 492 pp. 8.
1871. E. C. Miller, Lastern sketches, notes of scenery.
schools and tent life in Syria and Palestina. Edinburg. (Oliphant
218 pp. S.
1871. M. l'Abbe Duray, La Terre Saiute ilhistree de 60 su-
sets ä 2 Teintes, d'apres les dessins des freres Haghe ... 1875.
Nouvelle edition enrichie d'une carte de Palestine, revue corrigce.
Par l'Abbe Duray, auteur du grand atlas de l'histoire ecclesiasti-
que (Paris, Librairie internationale catholique). V'^® H. Caster-
man, Editeur Pontifical. imprimcur de rEvcchc. Tournay 1S71.
— Langathmige Titel des A'erfassers und des Biichhändlers :
Avonn aber der historische Atlas, den wir nicht kennen, so viel
16*
242
werth ist AA-ie dieses Buch mit seinen süßlichen, schalen, un-
wahren Zeichnungen, daun ist er wenig werth').
IS 72. Th. Jenner, That Gondly Mountain and Libanon;
being the narrative of a ride through the countries of Judea, Sa-
maria and Galilea, in the month of August IS 72. London (Hamil-
ton) 1874. 362 pp. 8.
1872. H. Bonnet, La Palestina. Studio geographico. —
Firenze (Tipogr. Claudiana). 54 pp. 32.
1872. W. K. TwEEDiE , Jerusalem, pictorial and descrip-
tive. London (Nelson) . 140 pp. 12.
1872. Napoleon. Campagnes d'Italie, d'Egypte et de Syrie.
3 vol. in 16. (Bibl. de l'armee francaise.)
1872. Chrys. Stangl, Reisebilder aus Ägypten, Palästina
und Constantinopel. Freiburg in B. Herder.
bS72. Zeitschrift Globus Bd. XXn. N. 22. Über R. Bur-
ton und Ch. Tyrwhitt Drake's Reisen in Syrien.
1872. R. E.B. Barrovv, Biblical geography and antiquites.
London (Relig. Tract. Society). 8.
S. 643. N. 955. Burton, Notes of a reconnaissance of the
Antilibanus. 1872. Geogr. Society. XLH. p. 408.
1872. Amy F. Fullerton, A lady's ride through Palestine
and Syria, Avith notices of Egypt and the canal of Suez. London
(Partridge) 358 pp. 8.
1872. Rev. G. H. Whitney, Handbook of Bible Geo-
gra])hy. London (Hodder & Strughton) . 401 pp. 8.
1872. Dr. Sepp, Die Architectur der Omar-Moschee. AAZ.
Beil. 121. 323 (Fergusson, Unger, Vogüc.)
S. 644. 1873. H. Grätz , Der Mons offensionis auf dem
Olberg. Monatsschrift für Gesch. und Wissenschaft des Juden-
th\ims. 22. Jahrgang. Märzheft.
1873, Wir möchten rathen, die Littcratur über »die neuen
Funde in Moab« in die Bibl. geogr. Palast, hereinzuziehen^) .
[1) 1871. Zusatz zu K. M. N. U55. C. F. Tyraviiitt Drake. Modern
Jerusalem. London (Ed. Stanford) 1875. 29 pp. 8. Für die Red. Socin.]
[2j Zum mindesten gehört hierher : Lic. Hkkaianx Weser in Jerusalem.
Unter den Beduinen Moabs. Mit 0 Holz.schnittcn nach Originalzeichnungen
von Duisberg 'so schrei])e; in Mittheilungen des Vereins für Erdkunde zu
Leipzig 1872. Leipzig 1873, S. 5.5— 112; vgl. auch Zeitschrift der D. Morg.
Ges. 26, p. 72;j— 734. Für die Red. Socin.]
243
1873. Eine Mittheilung in der Wiener Kirchenzeitung N. 1 6
(S. 252) über den Streit der Lateiner und Griechen in liethlehera.
(Cfr. N. 21. S. 335). — Wiener Volksfrennd N. 115. Brief vom
25. April 1S73 über die durch die Griechen gestörte Marcus-Pro-
zession.
1S73. Evangelische Anstalten und Regungen im Oriente.
(Neue evangel. Kirchenzeitung N. 15V
1873. Dr. O. Kersten, Die englische Expedition zur Ver-
messung des h. Landes. Ztschrft. der Ges. für Erdkunde zu
lierlin. YIIL Jahrg. Heft 4. S. 289— 297.
1873. Z"\viEDiNEK V. Südenhorst, Syrien und seine Bedeu-
tung für den Welthandel. Wien (Holder). 144 pp. 8.
1873. Abb. A. Albouy, Guide du pelerin aux Lieux Saints.
Paris, Dillet Limoges 1873. Paris 1875). 12.
1S73. Dr. O. Delitzsch. Das todte Meer. Aus allen Welt-
theilen. Nov. S. 43—46.
1873. J. Kneucker. Siloah. Quell. Teich und Thal. Hei-
delberg (Grooß) 1873. 8.
1873. E. C. S. Djebel Esdoum. Das Salzgebirge von So-
doma. Mit 1 Karte. (Mitth. d. geogr. Gesellschaft in Wien.
XVI. Jahrgang. N. 12. S. 529 fg.)
1873. Pfarrer E. Ebel , Morgenland und die heil. Schrift.
Zwei Vorträge. Königsberg (Braun »& Weber) . 45 pp. 8.
1873. A.Smith, Narrative of a modern pilgrimage through
Palestine. London (Soc. pro. ehr. knowledge). 540 pp. 8.
S. 645. 1874. F. Th. de Rivieres. Holy Places, their san-
ctity and authenticity. London (Washbiu-ne). 338 pp. 8.
1874. Edw. Hodder. On Holy Ground, or scenes and
incidents in the Land of Promise. — London (Nimo) . 358 pp. 8.
1874. Rev. A. Thomsox, In the holy Land. London. (Nel-
son). 80. 336 pp.
1874. L. F. Garnier, Abbe. Mon pelerinage aux lieux
saints, Langres Firmin Dangien), 3 vols. in 12".
1874. Otto Türk, Pilgerfahrt nach Jerusalem, Rom, Loretto
und Assissi. Bibrach (Dorn) 232 pp. 8.
Wir haben hiermit diejenigen Notizen unseres Hand-
exemplars der Tobler' sehen Bibliographie zum Drucke gebracht,
244
Avelche für die Ergänzung des E.. M'schen Werkes verwendet
Averden könnten. Da aber diese Notizen nicht alle auf Autopsie
beruhen, sondern theilweise auch aus Antiquarcatalogen entlehnt
sind, wagt Ref. nicht, ihnen mehr Werth zuzuschreiben, als
Fingerzeige zu obigem Zwecke zu bilden. Die Verf. unseres
Werkes würden auf jeden Fall gut thun, unsere obigen Angaben
zu collationiren und erst dann in ihr AVerk aufzunehmen. — Für
die auf Handschriften sich beziehenden Bemerkungen glaubt Ref.
einstehen zu können, da sie auf längeren Studien sich basiren,
welche er in österreichischen und in der besonders reichen Münch-
ner Bibliothek gemacht hat; jedenfalls lässt sich aus den von
uns gewählten Redewendungen auf den Grad der Sicherheit
schliessen, mit dem wir unsere Behauptungen hinstellen. Es
handelt sich für den Ref. nicht um irgend welches Prunken, son-
dern nur um Beförderung jener Zwecke, welche R.M. mit ihrem
Werke anstreben. Folgende Druckfehler dürften, abgesehen von
manchem kleinen Verstösse, der in unseren obigen Bemerkungen
zur Sprache gekommen ist, in einer (wir hoffen es) bald noth-
Avendig werdenden 2. Auflage ausgemerzt werden. — S.37, Z. 18
lies Sabothytanco (nach Fabri); — S. 37, Z. 12 lies dye. — S. 467
Z.lOv.u.seiner Zeit. —S. 5 45, Z. 13 v.u. lies 1587\ — S.600,
Z. 3 V. u. 1671. — S. 606. N. 486 lies Leeb. — S. 639 (N. 893)
baron.
Die Ausstattung des Buches macht der Weidmann' sehen
Buchhandlung Ehre, so dass das Buch nach Inhalt und Gewand
als ein Muster deutschen Fleisses und deutscher biederer Ge-
diegenheit bezeichnet werden kann.
Kopiat, Karawa, Alexandrium.
Voll Professor J. Giltlemeister in Bonn.
üas Kopiai oderKopsa, Avelches Josephus Ant. XIV, 3, 4
= B. J.I, 6, 5 und B. J. IV, 8, l als Etappe des Pompejus auf
seinem Zuge von Damask nach Jerusalem zwischen Scythopolis
und Jericho, und des Vespasian auf dem Marsche von Ammaüs
nach Jericho erwähnt, glaubte Robinson III, 301 mit dem gerade
südlich von nclbulus und etwas nördlich von seiJün gelegenen ka-
rij'üt ■ seine Schreibung Küriyüt ist dann in deutschen mid fran-
zösischen Büchern zu Kuriut, Kouriyouth geworden) wieder ge-
funden zu haben, und ihm sind, soweit mir bekannt, alle späteren
gefolgt: Schultz und Gross ZDMG. III, 46. 53, Rittek XV,
455 if., VAN DE Velde II, 276, Neubauer 83, Guerin Sam. II,
20. Diese Annahme reimt mit den örtlichen Verhältnissen
schlecht. Wozu, muss man zunächst fragen, sollte Pompejus,
wenn er von Scythopolis nach Jericho wollte, den Umweg bis zur
Kammhöhe des Gebirges gemacht haben, da doch der directe
Weg durch das gJiör^ wie auch die später dort angelegte Römische
Militairstrasse zeigt, kein Terrainhinderniss bot und ungleich be-
quemer war? und wozu, wenn er von karijüt nach Jerusalem
wollte, das von demselben nicht weiter als Jericho entfernt ist,
sollte er die einen rechten Winkel bildende und viel mühsamere
Route karijiit^ Jericho, Jerusalem eingeschlagen haben l \ espa-
sian zieht von Ammans an Neapolis vorbei hinab nach Kopsa
(Trapa xtjv NsaTroXiv xaxaßa«; £i? Kopsav); da aber letzteres von
ersterem in einer Entfernung von zwei deutschen Meilen gerade
südlich liegt, so kann er von Südwesten herkommend doch nicht
wohl an Neapolis vorbeigegangen sein, vielmehr setzt der Aus-
dnick eine östliche und wegen des xaxaßa? eine tiefere Lage
voraus, wogegen die Kiepertsche Karte im Baedeker für karijüt
eine um 170 Meter höhere Lage als für die Stadt Neapolis giebt.
Überdies ist die Verwandtschaft der Formen Kopsai und larijTit
keineswegs eine nahe.
24(>
Name und Sache passen dagegen völlig zu der von van de
A'elde II . 2 7 8 ff . wieder entdeckten Oase karZiwä im Ghor am
Austritt des loacli färia aus dem Gebirge, "welche Jaküt IV, 51
als mehrmals von ihm besucht und durch ihren guten Zucker be-
rühmt aufführt. Diese war zu dem durch die Verhandlungen
mit Aristobul erforderten . mehrtägigen Aufenthalt eines nicht
geringen Heeres geeignet, was von dem Dorf karijüt schwerlich
gelten wird, und lag an der genannten Strasse von baisä?i nach
Jericho. Ebenso war die Route dahin, der heutige Weg von
Nablus nach Salt, in deren Richtung Barth bei Ritter X^'.
472 Reste einer römischen Heerstrasse auffand, für Vespasian.
wenn er in das ffhör wollte, die geeignetste, die ihn oia ttjC 2a-
jxcxp£i-ioo? an Neapolis vorbeiführen musste.
Ist also karäivä mit Kopiai gleichzustellen , so wird man
Archelais nicht hier, sondern in el-basali^'a suchen müssen (vgl.
Socin-Baed. 233).
Nach der Bestimmung von Kopsrxi richtet sich die von Alexan-
drium, von dem wir bloss wissen, dass es nach Josephus Ant.
XIV, 5, 2 TTpo; ralc Kopsaic lag, wie das auch durch die Erzäh-
lung von Aristobuls öfterem Hinab- und Hinaufsteigen anschau-
lich wird. Man war also genöthigt, dafür einen Punkt in der
Nähe von karijüt ausfindig zu machen, und so erklärte sich
Schultz a. a. O. für das anderthalb Stunden entfernte kefr istüna.
wo sich Reste einer aus gewaltigen Quadern gebauten Burg er-
halten haben. Aber Alexandrium lag B. J. I, 6,5 uTisp opou;
u'j^r^Xou, Ant. XIV, 3. 4 et:' axpou tou opou; und dass passt nicht
iwxi kefr istüna . das nach Gukrin II, 28 (der desshalb auch die
Ruine ffhäbü östlich von sindschil vorzieht II, 33) sur une colline
peu elevee liegt und nicht schwer zugänglich ist, also den Has-
monaeern nicht die grösstmögliche Sicherheit für ihre Schätze
und Familiengräber bot. Auch lässt Josephus den Aristobul von
Alexandrium nach Kopeai stets hinabsteigen, während kefr
istütia nach der Map of W. V. 135 engl. Fuss liefer liegt, als ka-
rijüt. Alle Erfordernisse erfüllt aber vollständig die Burg, welche
einst auf dem Gipfel des von karäwü keine volle Meile entfernten,
hohen Berges sartaha lag und deren Trümmer wenigstens
Z.schokke und Guerin I. 244 als sicher antik beschreiben.
Saul's Reise I. Sam. Cap. 9.
Von Baiirath C. Schick in Jerusalem.
In ZDPV. 2, p. 142 (vgl. p. 245) habe ich versprochen, Mit-
theilungen über den Gang der Reise Saul's zu machen; auf der
Karte des Paschalik's von Jerusalem (ZDPV. 2. Heft 3) ist dieser
Weg bereits durch eine intermittirende Linie angedeutet worden.
Bei dieser Studie ist namentlich in Betracht zu ziehen, wo das
Grab der Rahel und avo Saul's Heimath Gibea und Samuel's ge-
wöhnlicher Aufenthaltsort ßama zu suchen sei. Auf die diver-
girenden Ansichten über Rama gedenke ich später einzugehen ;
für unsern Z^veck ist besonders die Frage nach der Lage Gibea's
von Wichtigkeit. Ziemlich allgemein wird angenommen, dass
die letztere in teil el-fTil zu suchen sei, und dass von hier aus-
gehend Saul mit seinem Knechte das Gebirge Ephraim, das Land
Salisa, das Land Saalim und das Land Benjamin durchwandert
habe, so dass sie schliesslich in das Land Zuph gelangten. Die
Reise bis Rama im Lande Zuph dauert drei Tage, und es geht
aus dem ganzen Context hervor . dass man nicht an grosse
Tagereisen z\i denken hat wie z. B. der Rabbiner Schwarz Das
hl. Land p. 121 fg. annimmt, indem er jene Reisenden ganz Sa-
marien. selbst bis zum Jordan durchwandern lässti. sondern dass
man kleine. zuFuss zurückgelegte Tagemärsche annehmen muss.
Was zunächst das Gebirge Ephraim betrifft, so bildet das
wäcli hanma. Avelches hinter nehi naminl und nördlich von Gibea
Saul's beginnt, dann in SW. Richtung an bet hanlna. kaldnije.
'ain kärim u. s. f. vorüberzieht, die natürliche Grenze zwischen
dem «Gebirge Jiula« und dem »Gebirge Ephraim«. Gibea Sauls
ist noch in ersterem xmd zwar am Rande desselben gelegen. In-
dem Saul das Thal in nördlicher Richtung überschreitet, gelangt
er jenseits desselben in das Gebirge E])hraim. Das Land Sa-
248
lisa, in welches er gelangt, ist östlich von dem heutigen räm zn
suchen; sollte damit Avohl das Lai sa von Jesaia 10, 30 zn com-
biniren sein, Melches an dieser Stelle mit Rama und Anathoth
zusammengestellt ist.
Das zweite Gebiet, in welches Sani gelangte, war das Aveiter
nach N. gelegene Land Saalim; dieses ist demnach in der Ge-
gend von michmäs und tajjihe zu suchen, einem Landstrich, wel-
cher heute der der heni salim heisst ') . Hier angekommen, hatte
Saul mit seinen Begleitern bereits das Gebiet von Benjamin über-
schritten und bog nach Westen ab. Wenn wir uns vorstellen,
dass sie nun das Land Benjamin durchziehend zunächst auf der
Höhe blieben und nach l^ethel marschirten, so haben wir uns zu
denken, dass sie etMa in sürda oder dessen Umgebung nach voll-
brachter erster Tagereise die Nacht zubrachten. Dann könnten
sie am zweiten Tage südwärts etwa bis ahn ghT)sch gelangt sein.
Als sie sich min am dritten Tage wieder ostwärts der Heimath
zuwandten, erblickten sie in der Nähe von het tiaküba vor sich
auf einem hohen Berge die Ortschaft sübä. Bereits Rohinson
hat die Identität dieser modernen Ortschaft mit dem alten Rama-
thaim Zophim, der Heimath SamueFs, nachzuweisen versucht
(Palästina 2, 583). Dann würde also dies der Schauplatz der Be-
gegnung Saul's mit Samuel sein. Die Quelle von sübü liegt unten
im westlichen Thale.
Als sich hierauf Saul am folgenden Tage verabschiedete, um
nach seiner Heimath zurückzukehren, Avurde ihm folgende Weg-
richtung angewiesen (Cap. 10, 2 fg.): das Grab Rahel's an der
Grenze Benjamin's zu Zelzach, die Eiche Thabor, Gibeat Häelo-
him, wo die Aufstellung der l*hilister sei. Wir erhalten durchaus
den Eindruck, dass diese Wegrichtinig die natürliche war, und
dass von einem Abbiegen nach dem heutigen traditionellen Grabe
Kahel's nicht die Rede sein kann : übrigens liegt letzteres im ehe-
maligen Stammgebiete von Juda. Wir müssen daher annehmen,
dass es zwei verschiedene Gräber Rahel's gegeben habe 2) . Nun
findet sich in der That auf der Höhe des langen Bergrückens,
Ij Ein Zusammenhang zwischen diesen beiden Namen ist den Sprachge-
setzen gemäss kaum denkbar ; oh aber vielleicht nicht auch die Volksetymo-
logie bei solchen Umformungen thätig gewesen ist? Anm. d. Ked.
2) Auf die bekannte Streitfrage behalten wir uns vor in einem der näch-
sten Hefte zurückzukommen. Anm. d. Ked.
249
nördlich von der r>ergknppe, welche das Dorf kastal trägt, ein
altes Grabmal, dasselbe heisst ktibbet ahd el-azlz. wird aber mit-
unter auch Kubbet Eahel genannt. Die Localität ist augenschein-
lich alt : es finden sich hier neben einigen alten Bäumen ein in
den Felsen gehauener kleiner Teich und Ruinen von Häusern.
Wenn die Grenzlinie von der Quelle von lifta nach ahn gliösch
lief, so lag dieser Punkt in der That schon im Stammgebiet von
Benjamin, und zwar nahe an der Grenze. Der directe Weg von
sTibü nach teil el-fül führt hier vorbei , indem er stets auf dem
Rücken des Gebirgs bis in die Nähe von nehi samwll nord- und
nordostwärts läuft.
Nördlich von dieser Grabstätte unterhalb der Gärten von
bet sTirlk überschreitet man ein Felsenthal ; hier etwa mag das
alte Zelzach zu suchen sein. Wenn man von dem Ihale aus
die Höhe wieder erstiegen hat, gelangt man zu einem kleinen
Hain, der als weli (Heiligthum) betrachtet wird ; vielleicht hat
sich hier eine Tradition von der Eiche Thabor erhalten, und
man hat sich zu denken, dass die drei Männer, welche an dieser
Stelle Saul's Weg kreuzten , von halomje und bet tulma kamen,
um sich über den Bergrücken an nebi samwll vorbei nach beim
zu verfügen.
Was den heute Miebi samwlh benannten Hügel betrifft, so
ist schon vielfach nachgewiesen Avorden, dass wir hier das alte
Mizpa zu suchen haben. Indem Saul zuerst auf eine Vorstufe
dieses Hügels gelangt, trifft er auf einen Posten der Philister, wel-
ches an diesem wichtigen Punkte aufgeschlagen war. Von hier
würde Saul's Weg ostwärts am südlichen Abhang des neli samic'il-
Berges weiter geführt haben ; hier haben wir nun den Schauplatz
der Scene, wo Saul sich unter den Haufen der Prophetenschüler
mischt, vorzustellen. Weil der Hügel eine der hauptsächlichsten
Cultusstätten war, hiess er «Hügel Gottes« G i b e 'a t h ä e 1 o h i m .
Damit ist auch Gib eon der Platz, an Avelchem Salomo (I Könige
3, 4) opferte, zu combiniren; Gibeon hiess die am nördlichen
Fusse des Hügels liegende Stadt. Die Tradition, dass Samuel hier
begraben sei, ist wohl relativ jung und beruht vielleicht auf Ver-
Avechselung mit einem gleichnamigen christlichen oder muslimi-
schen Heiligen. — Von hier hatte Saul, wm. nach seiner Heimath
zu gelangen, einen Weg von ungefähr einer Stunde ^über iPf
hxmma) zurückzulegen.
über die Siloaliinsclirif t.
Von Lic. Hermauu tJutbe.
(Vergl. hierzu Tafel 7.)
Endlich — nach langem Warten anf die Vollendung der Ar-
beiten in der Nähe des Siloahkanals und nach grossen Anstren-
gungen meinerseits liegt die Zeichnung der Inschrift, zur Ver-
öffentlichung bereit vor mir. Ich bedauere, hier in Jerusalem
nicht die Zeit und auch nicht die nothwendigen Hülfsmittel zu
haben , um der Kopie der Inschrift zugleich einen Commentar
und, soweit es möglich ist, die Entzifferung und Übersetzung
beigeben zu können.') Ich beschränke mich hier auf die Mit-
theilung dessen, was ich gethan habe, um das jetzt vorhandene
Material zu erlangen.
In meinem ersten Jiericht vom 7. April d. J. 2) habe ich be-
reits erwähnt, dass ich in den Tagen vom 26. bis 31. März an
Ort und Stelle im Kanal die Inschrift abgezeichnet und einige
Abklatsche angefertigt hatte. Ich stellte nun auf Grund dieser
ersten Kopie und der vorhandenen drei Abklatsche eine neue
Zeichnung her, welche die Vorzüge beider Bilder der Inschrift
in sich vereinigen und die Mängel des einen oder des anderen
lUldcs vermeiden sollte. Meine erste Copie zeigte jede einzelne
Stelle des Steines so genau und deutlich, als überhaupt das Auge
in der bekannten unbequemen Lage sie zu erkennen vermochte.
Aber die Stellung der einzelnen Buchstaben zu einander, die
Richtung der einzelnen Linien sowie ihre gegenseitige Entfer-
ninig war durch die Zeichnung nach dem Augenschein unter den
1, Aus den brieflich unter dem 15. Juli uns mitgelheilten Lesungen
Lic. GuTHE's wird alles Wesentliche in dem unten folgenden Aufsatze von
E. Kautzscu aufgeführt werden. Anm. d. K.
2 Siehe ZDl'V. IV IbSl; 1 u. 2, p. HC ff.
251
erschwerenden Umständen zu Avenig gesichert. Diese Mängel
konnten durch die Abklatsche ersetzt werden . da diese eben
immerhin den Lanf der Zeilen und den Ort eines Buchstabens
wohl erkennen Hessen, während es hingegen nur in den seltene-
ren Fällen möglich war, die Gestalt der einzelnen Buchstaben
genau nach den Abklatschen zu bestimmen. Ich theilte einen
Abklatsch und den für die Copie bestimmten Bogen in gleich
grosse Quadrate ein und sicherte dadurch , dass die auf meiner
ersten Copie vorhandenen Buchstaben und Zeichen am richtigen
Orte eingetragen wurden. Ich hatte diese Zeichnung noch nicht
vollendet, als am 3. Mai der erste Gypsabguss. durch Hemi Bild-
hauer Chr. Paulus jun. angefertigt, mir zii Gesichte kam. Der-
selbe Avar in der That besser ausgefallen , als ich nach meinen
Abklatschen erwartet hatte. Er stand indess an Deutlichkeit und
Vollständigkeit hinter meiner Copie weit zurück. Ich benutzte
ihn für meine Zeichnung wenig, meist diente er mir nur als Con-
trole der Abklatsche.
Meine Zeichnung wurde langsam fertig, aber immer noch
zu früh für die Arbeiten unter dem Boden, die ich ausführen liess
in der Hoffnung , den Wasserspiegel des Kanals so tief legen zu
können, dass die Inschrift in die richtige Augenhöhe für den Be-
obachter käme. Da das Ende dieser Ausgrabungen noch in un-
bestimmter Feme war, so unternahm ich Ende Mai eine Revision
meiner Zeichnung angesichts der Inschrift im Kanal selbst. Das
Ergebniss war befriedigend ; Fehler oder Versehen entdeckte ich
sehr wenige, dagegen erkannte ich einige neue Buchstaben, deren
wirkliche Gestalt mir bis dahin unklar gewesen war. Leider
wurde aber meine Zeichnung durch den stundenlangen Gebrauch
derselben in unmittelbarer Nähe des Wassers und in nicht eben
reinlicher Umgebung so xmsauber, dass ich zum Zweck der Xer-
öffentlichung eine dritte Copie anfertigen musste.
Inzwischen hatte ich stets überlegt, ob nicht durch Anwen-
dung einer ätzenden Flüssigkeit der Stein von den Silicaten ge-
reinigt werden könnte. Archäologen und Chemiker, die ich hier-
über vor meiner Abreise befragt hatte, wussten keinen bestimm-
ten liath ; nur mahnte mich jeder zur grössten A'orsicht. Da kam
mir durch die Güte des Herrn Professor Dr. J. Gii.nEMEiSTER in
Bonn die kleine Schrift von E. Hi'itNKH, «Über mechanische
Copien von Inschriften') (Berlin ISSl in dieJIIände. Derselbe
252
bespriclit auf p. 7 den Fall, dass sich cSchmiitz, Thon- oder Kalk-
erde. .Silicate und dergleichen auf oder in den Schriftflächen be-
finden.» Sein Urtheil lautet: «Dann kann ohne Gefahr Salzsäure
angewendet werden , je nach der Festigkeit des Schmutzes ent-
sprechend verdünnt.» Dieses ermuthigte mich, zumal da der
Stein der Inschrift sehr hart ist, sogenannte <!^7nizze.y> Um jedoch
ganz sicher zu gehen, liess ich am 1 1 . Juni nochmals einen Gyps-
abguss anfertigen , so dass ein Abdruck der bisherigen ]Jeschaf-
fenheit der Inschrift in duplo vorhanden Avar. Dann begab ich
mich an die Reinigung der Inschrift. Salzsäure, halb mit Wasser
verdünnt , strich ich zuerst mit einem Pinsel auf solche Stellen
und Buchstaben des Steins , welche schon durch meine C/Opie
unzweifelhaft festgestellt waren. Ganz deutlich entstand ein
starkes Brausen in den Vertiefungen der Buchstaben, während
auf der glatten Fläche des Steines die Salzsäure abfloss, ohne ein
merkliches Zischen hervorzurufen. Nach dieser günstigen Beob-
achtung bestrichen nun Herr Paulus und ich den ganzen Stein
stark mit Salzsäure und bemerkten von Sekunde zu Sekunde,
wie die Ikichstaben schärfer hervortraten , Avie aber auch neue
Ritzen , die bisher durch Schmutz ausgefüllt und verdeckt ge-
wesen Maren, sich dem Auge zeigten. Trotzdem bewies der nun
angefertigte Gypsabguss , wie ausserordentlich vortheilhaft die
Behandlung mit Salzsäure für die Deutlichkeit der Inschrift ge-
Avesen Avar.
Aber immer Avar die Frage noch nicht beantAvortet, ob der
Wasserspiegel in Folge meiner Ausgrabungen östlich vom Kanal
tiefer gelegt Averden könne oder nicht. Näheres über den Fort-
gang dieser Arbeiten Averden die Aveiteren Berichte über meine
Ausgrabungen enthalten. Ich bemerke hier nur kurz, dass end-
lich am 23. Juni der letzte grosse Stein ZAvischen dem jetzigen
und dem alten Wasserausfltisskanal gehoben Avurde. Sofort lief
alles Wasser durch den alten Kanal ab, der heutige Teich Avurde
ganz trocken. Bei näherer Untersuchung ergab sich, dass der
durch meine Ausgrabungen Avieder geöff'nete alte Kanal aller-
diugs 40 cm. tiefer lag als der heutige Ausfluss. Aber zugleich
fand sich als nördlicher Rand des alten Kanals, also eiuAvärts
nach dem bereits bekannten Siloahkanal und nach dem Ort der
Inschrift zu. der behauene Felsen, über Avolchen das Wasser eben
10 cm. tief auf den Boden des aou mir aufgedeckten Kanals hin-
253
abfloss. Z-vvei Tage lang, den 22. und 23. Juni, Hess ich das
südliche Ende des alten Siloahkanals durch drei Arbeiter reinigen,
.Steine und Schlamm herausbringen, so dass das Wasser rasch
und vmgehindert abfliessen konnte. Allein es sank eben nicht
tiefer, als die Höhe des quer vor dem Ausiluss anstehenden Fel-
sens, d. h. der Wasserspiegel sank nur soweit, dass er sich
20 cm. unter dem unteren Rande der Inschrifttafel oder 34 cm.
unter der letzten Zeile der Inschrift befand. Somit war der
Wasserspiegel nur um ein Geringes tiefer gelegt Avorden , aber
mehr zu erreichen war nicht möglich.
Jetzt Avar der Zeitpunkt gekommen, wo entschieden werden
konnte, ob ein Aushauen der Inschrifttläche aus dem Felsen Er-
folg verspreche oder nicht. Ich zog zu diesem Zweck Herrn
Bildhauer Paulus von hier und den Aufseher meiner Arbeiten,
Herrn Maurermeister Bauerle von hier , als Sachverständige zu
Rathe. Ihr Urtheil ging dahin , dass der Erfolg des Aushauens
sehr zweifelhaft sei ; bei der rissigen Beschaffenheit des Steines
sei gar nicht voraus zu sehen , in wieviel Stücken der Stein vom
Felsen abspringen würde; zerspringen werde er jedenfalls, wahr-
scheinlich in drei Theile ; die grossen Schrote, welche von allen
Seiten um den Stein in den Felsen hineingehauen werden mussten'
seien von oben und von den Seiten leicht auszuführen . dagegen
der untere unmöglich : der letztere müsse nothwendig in einer
Breite von 20 cm. angefangen werden; soAael betrage aber gerade
nur der Zwischenraum zwischen dem Wasser und dem unteren
Rande der Inschrift; es bleibe also kein Raum für die Hand-
habung von Meisel und Hammer übrig. Dazu kamen die Ört-
lichen Umstände, welche diese Arbeit hinderten. Der Kanal ist
so enge , dass man wohl mit dem Hammer von oben nach unten
oder umgekehrt in senkrechter Richtung , auch wohl schräg von
der Seite schlagen kann , aber nicht in wagerechter Linie , ge-
schweige denn in der Nähe des Wasserspiegels von unten. Letz-
teres wäre aber, um den unteren Schrot ausführen zu können,
unbedingt nothwendig gewesen. Endlich wäre es sehr zweifel-
haft, ob man für diese langwierige und ungewöhnliche Arbeit
einen Avilligen Steinmetz finden würde. Dieselbe hätte drei
Wochen in Anspruch genommen, und der Arbeiter hätte bestän-
dig im Wasser stehen oder sitzen müssen. Aber schon die oben
angeführten Bedenken bewogen mich . den Versucli nicht zu
254
wagen. Vielleicht hätte die Arbeit mitten in ihrer Ausführung
wegen unüberwindlicher Schwierigkeiten unterbrochen werden
müssen. Eine Zerstückelung des Steines war sehr wahrschein-
lich , und wer mochte voraussagen , dass dieselbe ohne wesent-
lichen Schaden für dieses so wichtige Denkmal ablaufen würde ?
Die Verantwortung für eine mögliche Vernichtung der Inschrift
Avollte ich nicht auf mich nehmen. Von ihrem Inhalte war durch
meine Bemühungen für die Wissenschaft soviel gerettet Avorden,
als bei ihrem sicherlich mehr als 2000jährigen Alter heute über-
haupt möglich war. Ich glaube nicht, dass eine neue Unter-
suchung derselben die Ergebnisse der meinigen ändern wird. Es
kann ja sein, dass man in späterer Zeit den jetzigen elenden Zu-
gang zur Quelle ganz abbrechen und die alten prächtigen Über-
bauten, welche heute durch denselben verborgen werden, wieder
aufdecken und herstellen wird. Dann mag man den Felsen,
welcher jetzt das ausfliessende Wasser aufstaut, wie ich oben er-
wähnt habe , wegsprengen , den Siloahkanal bis auf seinen Fel-
senboden reinigen und dadurch den Wasserspiegel so tief legen,
als überhaupt möglich ist. Auch durch meine Arbeiten nämlich
ist der ursprüngliche Felsboden des Kanals nicht festgestellt
worden. Wie hoch Schlamm und Steine ihn bedecken, ist noch
ganz unbestimmt. Aber gelingt es, wie oben gesagt, das Wasser
Avieder unmittelbar über den Felsen fliessen zu lassen , so wird
die Inschrift Avahrscheinlich in die Höhenlage der Augen kom-
men und man Avird sie stehend besichtigen können — eine Ave-
sentliche Erleichterung. Indessen hat eine solche Veränderung
der örtlichen Umstände noch lange Weile, und auch dann — ich
glaube diese Iloff'nung aussprechen zii dürfen — wird man nicht
mehr sehen, als ich jetzt gesehen habe. Die Wahl, Avelche mir
zur Entscheidung vorlag, Avar entAveder, die Inschrift an Ort und
Stelle zu lassen und sie in ihrer jetzigen Beschafl"enheit zu er-
halten, oder die Inschrift auszuhauen auf die Gefahr hin , sie zu
zerstören. Ich entschied mich für das Erstere.
Gespannt Avar ich auf eine Vergleichung meiner Copie mit
der Inschrift nach ihrer Keinigung durch Salzsäure. Ich nahm
dieselbe am 1. und 2. Juli vor unter Magnesiumbelcuchtung.
Ich benutzte dazu einen Apparat, den ich aus der Handlung von
F. IIuGEKSnoFF in Lci])zig bezogen hatte. Der dünne Magne-
siumdraht wird v(»n der Rückseite her ZAvischen zAvei Kollen hin-
255
durch in eine kleine Eöhre geleitet , deren Mündung sich vor
einer Blende heffndet. [Der Uraht -wird vor der Mündung ange-
zündet und rauss durch eine Schraube , welche die untere Rolle
dreht, gleichmässig vorwärts bewegt werden , damit die Flamme
stets Nahrung hat. Ein grosser Übelstand war. dass der Magne-
siumdraht sich leicht zu Knoten verwickelte, welche die gleich-
massige Vorwärtsbewegung desselben hinderten. Die Flamme
erlosch häufig, und die Arbeit musste daher oft unterbrochen
werden , um den Magnesiumdraht wieder zu ordnen. Freilich
befand sich an dem Apparat eine Rolle zum Aufwickeln des
Drahtes ; allein dieselbe Avar viel zu klein und für ihren ZAveck
ganz ungenügend. Vorzüglich klar traten aber die Züge der
Buchstaben bei dieser Beleuchtung hervor. Die neuen Beobach-
tungen, welche ich machte, waren folgende :
Zeile 2 , Buchstabe 15 bestätigte sich meine Vermuthung,
dass den beiden zusammenlaufenden Strichen von links zwei aus-
einanderlaufende von rechts entgegenkommen. Ich erkenne den
eigentlichen Buchstaben in den rechts stehenden Strichen mid
lese ihn als y.i; Die Striche von links her sind kleine Risse,
durch welche dieser Buchstabe zum Theil zerstört ist. In der un-
mittelbar folgenden Spalte nach links wird ein Buchstabe imter-
gegangen sein; ich vennuthe ein 1, so dass zu lesen wäre: Tij^a^.
(Vgl. die letzten drei Buchstaben der ersten Zeile rechts vor der
grossen Spalte) . Den letzten Buchstaben der zweiten Zeile vor
der Spalte vermochte ich auch jetzt nicht mit Sicherheit zu er-
kennen ; nur mache ich darauf aufmerksam . dass sich innerhalb
der Spalte noch zwei Striche erhalten haben, die von einem alten
i< heniihren könnten. Links von der Spalte kann der Schwanz
auf ein )2, 3, E, vielleicht auf ein D hindeuten. Das darüber
stehende Zeichen schien mir ein ii zu sein ; doch ist dasselbe
sehr schlecht erhalten. Deutlicher, als bisher, traten mir dann
die Reste eines b entgegen. Das folgende Zeichen könnte man
wieder für ein p halten , doch weicht die Form von der in dieser
•Inschrift sonst üblichen etAvas ab. Man könnte auch an ein miss-
rathenes 1 denken ; ein "1 ist durch den Schaft nach unten aus-
geschlossen. Den letzten Buchstaben der zweiten Zeile erkannte
1) Dieses ? ist auf dem Gypsabguss ganz zweifellos zu constatiren. Arm.
der Red.
Ztschr. d. Pal.-Ver. IV. 17
256
ich jetzt mit Bestimmtheit als p. Was dahinter folgt, scheint
nur ein Loch des Gesteins zu sein ; es liegt auch ausserhalb der
Linie, -welche man vom letzten Buchstaben der fünften Zeile bis
zum letzten Zeichen der ersten Zeile ziehen kann.
Eigenthümlich ist in der dritten Zeile die mehrfach ge-
krümmte Linie zwischen den beiden K. Ich hatte sie bei der vor-
letzten Revision meiner Copie bemerkt und darin eine Correktur
des Steinhauers vermuthet. Ich sah dieselbe ganz deutlich wie-
der bei der letzten A'ergleichung meiner Zeichnung mit der In-
schrift. Da die folgenden Ikichstaben ohne Zweifel iy") biJ zu
lesen sind , so muss^ man, entsprechend der A'erbindung. Avelche
sich in der zweiten Zeile findet , ein t'X vorher fordern. Dieses
ergiebt sich aber niir. Avenn man die gekrümmte Linie als ein
kleines TT auffasst. Der Steinmetz scheint dieses Zeichen ver-
gessen, bei einer Durchsicht den Fehler aber bemerkt zu haben
und hat nun, so gut es eben ging, den Buchstaben nachträglich
eingemeiselt.^) Auffallend ist, dass in denselben Worten der
2. Zeile — nn bs5 rs« — das C einen Strich nach links zu viel
hat. vielleicht ebenfalls ein Versehen des Steinhauers. '■^j Das vor
dem ersten i? stehende Zeichen blieb mir auch bei der letzten
Vergleichung unleserlich. Man kann zweifeln, ob ein Buchstabe
darin verborgen ist oder nicht. Für das Erstere scheint der Um-
stand zu sprechen, dass eine vom ersten Buchstaben der sechsten
Zeile (r) zum ersten Buchstaben der zAveiten Zeile (n) gezogene
Linie dieses Zeichen gerade schneidet. Dagegen erscheint -vor
der Verbindung "3?"i bii TUS alles Weitere überflüssig. Die rechts
davor stehende P^igur halte ich nur für ein Loch des Gesteins,
obgleich sie mit einem p etAvas Ähnlichkeit hat. — Den auf ^
folgenden Buchstaben hatte ich früher als T gezeichnet. Indess
erschien er mir bei Magnesiumbelcuchtung mehr als "^ ; freilich
verbindet jetzt ein Strich die beiden rechten Schenkel des "^ ; der-
selbe ist aber Avohl nur eine kleine Lnebenheit des Felsens. ZAvei-
felhaft blieb mir das zAvischen n und T stehende Zeichen. Ich
hielt es anfangs nur für eine durch Silicate entstandene Figur,
die eine grosse Ähnlichkeit mit einem 1 habe. Durch die Salz-
1) Dies ist nach dem Gypsabguss unmöglich ; dieser zeigt ganz deutlich
blos X — N; die Kritzel dazwischen sind kleine Kisse. Anm. d. ]{.
2) Im Gypsabguss ist deutlich die normale Gestalt dieses u; zu consta-
tiren. Anm. d. Ked.
257
säure war das Zeichen viel undeutlicher geworden ; es fand sich
jetzt nur eine Vertiefung des Gesteins, allerdings in ähnlicher
Form. Es wird wohl durch eine glückliche Enträthselnng dieses
schwierigen Satzes der Inschrift erst entschieden werden, oh man
hier wirklich einen Buchstaben oder nur einen Punkt zu lesen
hat.^) üas Zeichen zwischen den beiden 12 erkannte ich jetzt be-
stimmt als ein ^, also Ü'^'O. Das vorletzte Zeichen vor der Spalte
blieb unsicher. Auf der anderen Seite derselben glaubte ich das
erste Zeichen für die Reste eines S5 halten zu dürfen . das zweite
ist unsicher (1 oder ^l\ , an dritter Stelle zeigten sich Spuren
eines y.^i Die vierte und fünfte Zeile gab zu Verbesserungen
keinen Anlass. Der letzte Buchstabe der fünften Zeile, hinter D,
blieb auch jetzt undeutlich : das Gestein ist zu sehr abgesplittert.
In der sechsten Zeile erkannte ich an zweiter Stelle mit Be-
stimmtheit ein i? , an dritter vielleicht 3 , an vierter Stelle ziem-
lich sicher ein n. Der achte Buchstabe — ich hielt die Striche
wenigstens stets für einen solchen — ist entweder ein 1 oder 3 ;
ersteres ist mir wahrscheinlicher. Was durch die beiden Spalten
hinter dem S zerstört worden ist , konnte ich auch bei der guten
Beleuchtung nicht feststellen. 3)
Über die Inschrifttafel im allgememen füge ich noch folgen-
des hinzu. Die Glättung des Felsens erstreckt sich über eine
Fläche von ziemlich genau 70 cm. im Quadrat. Die Inschrift
befindet sich nur auf der unteren Hälfte. Es ist mir durchaus
unwahrscheinlich, dass jemals auf der oberen Fläche noch Buch-
staben gestanden haben sollten. Einige Risse sehen freilich bis-
weilen so aus, als ob sie Reste einer Buchstabenform seien. In-
dessen ist der Stein oben viel unebener und löcherichter als
unten. Dieser Unterschied wird in der ursprünglichen Beschaf-
fenheit dieser Stelle des Felsens seinen Grund haben. Man
brachte die Inschrift nur auf der unteren Fläche an, weil sich die
obere nicht dazu eignete. Allerdings ist die erste Zeile zu An-
fang defect. Es fehlen zwei, höchstens drei Buchstaben, wenn
man den Beginn der Zeile nach den unteren bemisst. Ich ver-
muthe etwa nST oder HT ; also lautete der Eingang : T^Z'pZT'] rST
1/ Der Gypsabguss hat ganz deutlich mT. r-n. "^z. A. d. K.
2) Auf dem Gypsabguss steht ganz deutlich n a'^m. A. d. R.
3; Siehe die Lesung der ü. Zeile nach dem vollständig deutlichen Gyps-
abguss in der unten folgenden Abhandlung. Anm. der Ked.
17*
258
oder nspin HT, ('dieses ist die Aiishöhhnigo oder der Kanal. Mit
den folgenden Worten beginnt ein neuer vollständiger Satz :
n3p:n nm HTJ ÜTI , «und so hat es sich mit dem Kanal verhal-
ten» oder «dieses ist die Geschichte des Kanals». Auch das
Zeichen . Avelches sich auf meiner Copie oberhalb der ersten
Zeile dicht rechts vor der grossen Spalte befindet, kann nicht als
ein Rest einer höheren Zeile angesehen werden. Es steht viel zu
nahe über der ersten Reihe und gleicht in Wahrheit keinem alt-
hebräischen Schriftzeichen. Es sind nur kleine Risse des Fel-
sens. Alles andere, das sich sonst über der ersten Reihe befin-
det, hat noch viel weniger Ähnlichkeit mit einem althebräischen
Buchstaben. Die sechste Zeile reicht nur bis gerade unter die
Mitte der grossen Spalte. Über die Lesung des Schlusses kann
kein Zweifel bestehen . wenn auch der letzte liuchstabe zerstört
ist. Die vorhergehenden sind deutlich und bieten : ISnn "CS51 by.
Dies ist nach meiner Meinung zu ergänzen CDSrin TCii"\ b? , oauf
das Haupt» (oder «auf dem Haupte»] der Steinhauer». Auch unter-
halb der Zeilen findet sich nichts Bemerkenswerthes. Nament-
lich vermag ich den ornamentalen Abschluss in Gestalt zweier
Triangel . welche auf ihren Spitzen stehen , mit einem Winkel
zwischen ihnen , der in ähnlicher Weise auf seiner Spitze ruht»,
nicht zu entdecken. Der Gypsabguss zeigt gerade unter dem S
drei Figuren . welche wohl von Herrn Professor Sayce mit den
eben angeführten Worten gemeint sind. Ich halte sie für Risse
oder Löcher im Stein und glaube, dass nur die so kräftige Phan-
tasie des Herrn Professor Sayce sie zu höherer liedeutung em-
porzuheben sucht. Eben so gut könnte man auch in anderen
Rissen des Gesteins imter der sechsten Zeile ein Geheimniss
suchen . aber ich bin überzeugt , dass es vergebliche Mühe sein
Avürde.
Ein aufmerksamer Beobachter Avird einige Abweichungen
zwischen dem Gypsabguss und meiner ('oi)ie herausfinden. Solche
sind mir wohlbekannt. Einmal habe ich nicht alle Risse und Un-
ebenheiten in meiner Kopie aufgenommen , zumal wenn sie mit
dem liilde des Buchstabens nicht in enger Beziehung standen.
Sodann liegt meiner Copie das Bild des Steines zu Grunde , wie
es vor der Reinigung durch Salzsäure beschaffen war. Endlich
sind die Buclistaben und Zeilen nicht nach dem Gypsabguss,
sondern nach einem Abklatsch zu einander gerichtet. Papier
I
259
aber dehnt sich aus und zieht sich wieder zusammen , je nach
dem betreffenden Zustande. Sind nun gar einige Falten in dem
Abklatsch vorhanden, wie es der Fall war, so entspricht die
Stellung der Buchstaben zu einander auf dem Papier nicht ganz
der auf dem Originale. Das Bild des Ganzen wird ja durch einen
Gypsabguss stets besser wiedergegeben als durch eine gezeich-
nete Copie.
Mir sind hier in Jerusalem noch einige andere Copien zu
Gesicht gekommen; namentlich hatte Herr W. M. Schapira die
Freundlichkeit , mir einen Einblick in die von ihm angefertigte
zu gewähren, welche ziagleich die Varianten und Conjecturen
von Professor Sayce enthielt. Letzterer hat, wie ich höre, jetzt
seine Copie mit Übersetzung und Erklärung erscheinen lassen.
Da dieselbe noch nicht in meine Hände gekommen ist , so war
mir eine ^'ergleichung unmöglich. Hinsichtlich dessen, was ich
bei Herrn W. M. Schapira gesehen habe, bemerke ich, dass
meine Copie ein weit genaueres und deutlicheres Bild der In-
schrift giebt. Ich habe mich von dem Grundsatz leiten lassen,
nicht unfertiges und unsicheres Material meinen Freunden nach
Deutschland zu senden und diese dadurch zu voreiligen Deu-
tungen zu veranlassen, sondern habe bis zur Vollendung meiner
Copie, über welche ich oben Rechenschaft gegeben habe, ge-
wartet. Ich lege diese und die Gypsabgüsse jetzt vor in der
Hoffnung, für die Entzifferungsarbeit damit möglichst festen
Boden geschaffen und eine leidliche Erkenn tniss dessen, was die
Verfertiger der Inschrift einst einmeiselten. angebahnt zu haben.
Jerusalem. 14. Jiüi ISSl.
Die Siloaliinsclirift.
Von Prof. E. Kautzsch in Tübingen.
(Mit einer Kopie der Inschrift , nach dem Gypsabguss auf '2 reducirt von
Prof. A. SoCiN in Tübingen. Tafel 8.)
Seit nnserem letzten Bericht (ZDPV. 1881, p. 102 ff.) ist die
Siloahinschrift fort xmd fort Gegenstand eifriger Bemühungen
gehlieben. Am 25. Jnni erhielten Avir durch Vermittelnng von
Prof. Strack in Berlin eine neue Transcription der Inschrift in
hebräische Buchstaben nebst einem Deutungsversuch zu den
zwei ersten Zeilen, beides von der Hand des Buchhändler Sciia-
PIRA in Jerusalem. Da Herr Schapira seine Lesungen unterdess
selbst veröffentlicht hat (Athen., 16. und 30. JuU 1881), so be-
gnügen wir uns hier, ihm für die Überlassung der Kopie zu
danken; was sich von seinen Lestmgen stichhaltig erwiesen hat,
soll später angemerkt werden. Hierauf erschien im Juliheft der
Quarterly Statements eine Lesung und Commentirung der Li-
schrift von Rev. A. H. Sayce nebst einem Facsimile, auf das
man um so mehr gespannt sein durfte , als Rev. Sayce selbst in
seinen früheren Aufsätzen mit grosser Zuversicht von dem Erfolg
seiner Arbeit geredet hatte. Ehe wir jedoch unsere Leser mit dem
thatsächlichen Ergebniss dieser Bemühungen bekannt machen,
haben wir noch einen energischen Protest gegen die Art und
Weise vorauszuschicken , in welcher das Juliheft der Quarterly
Statements die deutschen Bemühungen in dieser Sache abzuthun
für gut findet.
Seite 128 des genannten Heftes findet sich unter den Notes
and News die Notiz: There is also a paper on the same subject
in the Zeitschiift of the German Society , but infortunately of
little value, because the writer had only the imperfect transcript
published by us last A])ril. Dass der Verfasser dieser Notiz den
Aufsatz in ZD]*V. 1881, p. 102 nicht gelesen haben kann, liegt
axif der Hand. Dort ist aktenmässig genaue Rechenschaft darüber
261
f?egeben , dass Avir drei Facsimile von der Hand des Herrn Bau-
rath Schick znr Verfügung hatten, und p. 105 erklärt auch Prof .
EuTiNG in Strassburg, dass ihm «seit Juli 18S0 in verschiedenen
Zeiträumen 7 Abklatsche und drei Abzeichnungen Schicks zu-
gekommen» seien. Dass wir nicht blos das Facsimile im April-
heft der Statements benutzten, zeigen verschiedene Lesungen,
die aus jenem Facsimile unmöglich gewonnen werden konnten,
nämlich in Zeile 1 HT und die C'onjectur n^n ; in Zeile 2 ')T"ian,
in Zeile 3 ni?"l bK ITi« dieses TTif! lange vor Halevy's Lesung in
Athen, vom 14. Mai 1881); in Zeile 4: -jn^b ^ns H^T rnpb t'X,
vor welchen Worten wir ziemlich richtig DDp;n iD"''^ conjicirten
(in \A'ahrheit steht da cn^rnn IDn) ; in Zeile 5 btSItt statt if^S^'ü —
lauter neue Lesungen , die sich nachher mit geringen Modifica-
tionen als richtig bestätigt haben. Angesichts dieses Thatbe-
standes ist doch der Wunsch berechtigt : wenn der Einsender
jener Notiz nicht genug deutsch verstand, um den fraglichen
Aufsatz zu lesen , so hätte er lieber ganz über denselben schwei-
gen sollen.
Nicht minder befremdlich erscheint 'uns das Verfahren von
Rev. Sayce, p. 153 des Julihefts der Statements. Er versichert,
den Aufsatz in der ZDPV nach Revision seiner Abhandlung
gelesen zu haben , «but learning nothing from it. A copy of the
Inscription is published , which is as incorrect as that published
in the last Quarterly Statements . . . and Dr. Kaltzsch's rea-
dings based upon it are naturally Avorthless , as is also , for the
same reason, his supposition that the Inscription is not older
than the age of Hezekiah. Dieses behauptet Rev. Sayce, nach-
dem er zuvor (p. 14S so gut, wie alle oben von uns aufgezählten
neuen Lesungen in seine Transcription aufgenommen hat ! ! Wie
soll man dann seine Behauptung qualiüciren t Wir nehmen gern
an, dass Rev. Sayce unterdess selbst die richtigen Lesungen ge-
funden hatte, resp. von andern auf dieselben aufmerksam ge-
macht worden war, z. B. nach p. 145 von Dr. Neubauer darauf,
dass ein Zajin ein Zajin und nicht ein Tet sei, — dann erforderte
aber der wissenschaftliche Anstand, entweder darüber zu schwei-
gen, dass diese Lesungen bereits in der ZDP\' vorlagen, oder
die Übereinstimmmig zu constatiren !
Doch Rev. Sayck hat uns in einer Anmerkung zu p. 142 fg.
noch zwei andere Irrtlinmer vorzuwerfen. Erstlich, dass ich in
262
der AAZ. vom 29. Apiil behauptet habe, der DPV habe gleich-
falls Geld zum Behuf der Reinigung des Tunnels gesandt. Dann
heisst es weiter : Dr. Kautzsch has been in such a huny to vin-
dicate the German Palestine Association . that he supposes Mr.
Schicks copy of the inscription published in the Quarterly Sta-
tements, to be mine».
Nun, wir pflegen auch wenn wir «in Eile» sind, nach bestem
Wissen und Gewissen die Wahrheit zu sagen , und dies zu thun
sind wir auch in den beiden genannten Fällen fest überzeugt ge-
wesen. Rev. Sayce wird uns nicht Lügen strafen wollen, wenn
wir behaupten . dass Avir auf Grund eines Beschlusses des ge-
schäftsführenden Vorstands des DPV einen Credit von 300 Mark
zur Bloslegung der Inschrift in Jerusalem angewiesen haben
(vergl. auch die in diesem Heft enthaltenen Nachrichten, p. IV .
Wie weit dieser Credit gerade für den genannten Zweck verwen-
det worden ist. wird sich bei der Abrechnung am Ende des Jahres
ganz von selbst ergeben. Thatsache ist, dass wir überzeugt
waren (mit Recht; s. das Postscript zu unserem Aufsatz!) , dass
die Reinigung des Kanals eben auf unsere Kosten erfolgt sei. Vnd
was die (irrige) Meinung anlangt, dass die Kopie im Aprilstate-
ment von Rev. Sayce herrühre, so war diese Meinung durch das
betreffende Heft (p. 69) sehr nahe gelegt. Dort ist zuerst von
einer früheren Kopie des Herrn Schick die Rede, dann heisst es
(nach einer vierzeiligen Notiz über die Absicht Clermokt-gan-
NEAu's, die Inschrift zu entziffern): Another and an improved
transciipt of the inscription arrived on the P* of March ....
This second copy is published with this number». Wer sollte
hieraus errathen , dass auch diese zweite Kopie von Baurath
Schick herrührte, zumal das Facsimile auf p. 70, welches mitten
in dem Aufsatze des Rev. Sayce steht, keine Aveitere Aufschrift
trägt, als «Inscription found at the Pool of Siloam» t Da nun der
betreffende Aufsatz des Rev. Sayce vom 7. Februar datirt ist, so
lag nichts näher, als die Annahme, dass das am 1 . März in Eng-
land eingetroffene Facsimile eben seine erste noch unvollkom-
mene Kopie enthielt!
Diese unsere Annahme war also ein schwerer Irrthum, den
wir hiennit roctificircn. Nach allen den angeführten Äusserun-
gen der Statements hätten Avir nun erAvartet, dass durch das eigene
Facsimile des Rev. Sayce die Entzifferung zum relativen Ab-
263
schluss gelangen werde. In dieser Erwartung sind wir leider
durch das Julilieft der Statements gründlich getäuscht worden.
Um das Ergebniss gleich hier zu fixiren : als Zuwachs an wirk-
lichen Lesungen ist zu verzeichnen auf Zeile l die Bestätigung
des von uns conjicirten HTI ; das (von Dr. Nelbauer richtig con-
jicirte) -Q"! nach n^H imd Tm ; auf Zeile 2 : bi? ffiS5 und noch-
mals "nyn (in Wahrheit steht aber dort -113?^) ; auf Zeile B : 1^1 5«
und nsn; auf Zeile 4: Dnsnn (statt unserer Conjectur an[p:nl).
Das ist aber auch alles ! Die übrigen angeblichen Entzifferungen
kommen auf wunderbare Phantasien hinaus , mit deren \ orfüh-
rung wir unsere Leser verschonen wollen. Nur die Bemerkung
können wir im Namen der ernsten Wissenschaft nicht unter-
drücken: wer Dinge zu Tage fördert, wie die Notiz (1. 1. p. 144
■und 150) , dass die Schreibung US? für TT'^ij! auf die Ableitung des
phönizischen Relativpronomens ein Licht werfe ; oder wie »isrib,
■wie '^nii'a = TIS kcann. im räumlichen Sinn = for a distance ! ! )
oder endlich , wie nnsiD als angebliche Schreibung für nnn —
der sollte sich füglich mit etwas mehr Reserve an der Lösung
paläographischer Aufgaben betheiligen , anstatt durch seine Zu-
versichtlichkeit das Urtheil des grösseren Publikums . resp. an-
derer Dilettanten, irre zu führen. Und dies um so mehr, wenn
diese Zuversichtlichkeit mit einem so gänzlichen Mangel an pa-
läographischem Blick verbunden ist, wie wir ihn bei Herrn Sayce
durch das thatsächliche Facsimile der Inschrift constatirt sehen.
Auf den Rath von Prof. Euting hatte Lic. Guthe abge-
sehen von seiner eigenen (oben mitgetheilten) vorzüglichen Zeich-
nung der Inschrift auch mehrere Gypsabgüsse anfertigen lassen
vergl. oben p. 259, einer derselben ist nach einer brieflichen
Notiz von dem Anfertiger. Herrn Bildhauer Pauli-s in Jerusalem,
dem DP^' geschenkt Avorden. Z^vei von diesen Abgüssen wur-
den am 1. August von Prof. Socin und dem Schreiber dieses in
Tübingen ausgepackt. Der eine Avar leider zerbrochen und durch
den Druck stark beschädigt ; der andere aber rief unser höchstes
Erstaunen hervor durch die nie erhoffte Schärfe und Deutlichkeit
der Zeichen. Wir waren bald darüber einig, dass gegenüber einem
solchen Facsimile streng genommen alle anderen Ikunühungen
überflüssig gewesen sind. Abgesehen von dem Riss auf der
rechten Seite erwies sich der zerstörende Einfluss der Silikate so
minim. dass mit sorgfältiger Benutzung verschiedener Beleuch-
264
tiing. soAvie der bereits sicher constatirten Formen , Zeichen für
Zeichen in relativ kurzer Zeit definitiv von nns festgestellt wer-
den konnte. Dabei kann ich ausdrücklich versichern , dass Avir
eine Reihe scheinbar ganz unleserlicher Zeichen nicht etwa er-
gänzt oder nur zu sehen geglaubt, sondern schliesslich mit Sicher-
heit erkannt haben, denn die Durchkreuzung der Zeichen durch
Risse oder Silikate ist zum Glück fast immer aus der Fortsetzung
beider ausserhalb des Buchstabens zu erkennen. Und so machen
wir uns anheischig, dass das von Prof. Socin als Resultat unserer
Ermittelungen gezeichnete Facsimile den Thatbestand mit defi-
nitiver Sicherheit wiedergiebt. Das wenige Zweifelhafte ist selbst-
verständlich als solches von uns hervorgehoben worden. Damach
lautet der überhaupt noch zugängliche Text in Transcription fol-
gendermassen :
n^^'a . rap;n . im . n-^n . rw. . nnp:n
p irs . bp . i? :nb . rrx . irbtc . -;iym . lyn . b« . c« . i^^yn
n . c^m b'i; . D'^'a . ")2n . rm . n^n . ^d . ^y•) . bx xh
■bb-'i . -n^ . by . -ti.^ . ^yn •. nnpb . irs . ansnn . nsn . nnps
[»])2^ . nttK . rbi^n . o'^ri^'an . ronnn . bs« . ss^-cn . )i2 . D^ttn
[n nsnn . ©i^-i . by . isn . nn^ . n-^n . ni2« . n
Die punktirtcn Buchstaben sind zweifelhaft, die eingeklam-
merten von uns ergänzt; . Ich übersetze dies :
1. ... der Durchstich. Und dies -war der Hergang des
Durchstichs. Als noch . . .
2. den Meisel einer (in der Richtung) gegen den andern.
Und als noch drei Ellen waren bis ... da rief die Stimme des
einen
3 . dem andern zu , denn es Avar TmT im Felsen : Wasser
[oder: vom Tage ...!'].. und am Tage des
4. Durchstichs schlugen die Mineurs einer gegenüber dem
andern Meisel auf Meisel und es flössen
5. die Wasser vom Ausgangspunkt in den Teich in (einer
Linie von) 1200 Ellen und
6. 100 Ellen war die Höhe des Felsens über dem Haupte
der Mineurs.
Leider sind die Lücken in den drei ersten Zeilen der Art,
dass man nur vermuthungsweise die eigentliche Tendenz der be-
züglichen Angaben feststellen kann. Ob vor nap:n Zeile l über-
265
haupt etwas zu ergänzen ist, könnte zweifelhaft scheinen. Es
wäre denkbar, dass die Inschrift nur mit diesem Worte als einer
Art Überschrift begann. Ist etwas zu ergänzen, so kann es sich
nur um zwei, höchstens drei liuchstaben handeln rjiT ?} ; andern-
falls wäre die zweite Zeile in ganz ungewöhnlicher Weise einge-
rückt. Im weiteren denke ich mir den Gedankengang so : das
erste «als noch» ist ent"\veder. wie das zweite, durch eine Maass-
angabe zn ergänzen oder der Satz lautete etwa : als der Fels noch
intakt war. Übrigens können in der Lücke höchstens 12 bis
18 Buchstaben gestanden haben, und dies nur. wenn die Zeile
ebenso lang Avar, wie die zweite. Da nun von jenen 1 2 — 13 Buch-
staben nothwendig auch das Regens zu )T'\yn abgezogen werden
muss, so bleiben zur Ergänzung des liyiS etwa S — 10 Buchstaben.
Zu erkennen ist links vom Riss gar nichts. Als Regens zu 'TlSn
denke ich mir «sie richteten» (hielten gewendet} den Meisel einer
gegen den andern», und dies will nichts Aveiter besagen, als dass
der Tunnel von zwei Seiten in Angriff genommen wurde.
Bei dem zweiten *T13^1 haben wir zwar die Maassangabe, wer-
den aber durch den leidigen Riss um den terminus ad quem ge-
bracht. Von Sayce's nsnb ;bis zur Mündung !) kann schon wegen
des Contextes keine Rede sein. Wenn vorher die Eintreibung
des Tunnels von zwei Seiten berichtet ist, Mas sollte es dann
heissen : als n o ch drei Ellen bis zur Mündung waren. Melmehr
wird in dem Worte nach 5 ein Infinitiv stecken (vergl. zur Con-
struction Gen. 48,7) und ZAvar wohl ein Wort wie «diu'chbrechen»
(als noch drei Ellen waren bis zur Vollendung des Durchbruchs) .
Immerhin Avill hierbei noch einiges erwogen sein. Von wo an
sind die drei Ellen gerechnet ? Von beiden Seiten ( Dann hätten
noch sechs Ellen Felsen angestanden und dies reimt sich schwer
zw dem nachher berichteten. Fasst man aber : «noch drei Ellen
im Ganzen» , so bleibt immer die Frage , wie dieses Maass nach
Vollendung des Durchbruchs bestimmt werden konnte. Man
kann allerdings antworten : wenn jene Techniker im Stande
waren . die Tunnelaxe so genau festzustellen , dass die Mineurs
in der Mitte richtig zusammentrafen , so werden sie auch die
Länge der Axe im \'oraus richtig bestimmt haben. Immerhin
schliesst das erste nicht ohne weiteres das zweite ein, wie z. B.
noch der Gotthardtunnel gelehrt hat.
Der auf liya etc. folgende Satz wird kaum anders ergänzt
266
werden können, als oben geschehen ist. Unsicher ist das i? von TTS?
und auf Zeile 3 das 1 am Anfang. Der weite Abstand des letz-
teren von S Hesse sich so erklären, dass bereits ein Loch im Fel-
sen war. welches der Steinhauer umgehen musste. Das ganze
denke ich mir so : als noch drei Ellen fehlten bis zi;m Durchbruch,
da riefen die Mineurs einander zu — es war nämlich eine HIT
im Felsen — Wasser (rinnt oder zeigt sich!). Freilich bleiben
auch hier manche Fragezeichen. Hmter dem letzten erkennbaren
Zeichen (D) ist bis zu D"^!! noch Raum für ca S Buchstaben; es
muss also mehr ergänzt Averden . als ein Particip oder eine son-
stige ^erbalform. Ferner: Avenn derSiimist, dass schon jetzt
Wasser durchsickerte , wer sind dann die Kufen den? Kufen es
die Mineurs im südlichen Theil dts Tunnels einander zu oder
rufen sie es (durch eine Felswand von drei Ellen t] den Mineurs
im nördlichen Theile zu i Und wo kam das Wasser her ? Von
einer zufällig aufgeschlossenen neuen Ader '. Wahrscheinlicher
doch von der Wasserader, die man eben durch den Tunnel führen
wollte. Man müsste sich dann denken, dass diese zwar zur Er-
möglichung des Tunnelbaues abgesperrt war :was bei der Be-
schaffenheit der Marienquelle schwer denkbar ist) , dass aber doch
noch einiges Wasser im oberen Tunnel fortlief und nun auch in
<len miteren Theil eindrang.
Alles wäre vielleicht klar, wenn man dem verzweifelten mT
beikommen könnte. Die Lesung ist absolut sicher und vorher
und nachher steht deutlich ein Trennungspunkt. Lic. Guthe
vermuthet nif von l^T analos: mo von "^'ID ; dieses TMf nimmt er
TT Ott ' TT
im .Sinn von «Ubermuth, Empörung, Frevel», denkt im folgenden
an WJlQ "l?3 und gewinnt so den Satz : «denn es Avar ein Frevel
geschehen in der Wasserbcdrängniss». Mit Kccht bemerkt er
jedoch selbst, dass ihm die A'erbindung ü'^'ü 1i3 nicht zusage,
zumal man dann D'^TSn erAvarten müsse. Dieser Anstoss fällt Aveg,
Avenn man las vergl. isn Z. ü liest und D'^'Q als Subject des
von S"ip ^"1)5 oder V^'ip) abhängigen Aussagesatzes fasst. Aber
mit der Ableitung von IIT hat Guthe doch vielleicht Kecht. Ist
mi etAva tenninus technicus für eine « Wasserauf Avallung» und
handelt es sich doch (s. o.) um eine neue Wasserader, die beim
Durchbrechen aufgeschlossen Avurde!" Oder steckt in mi ein Be-
griff, Avie Kiss oder Spalte' Dann könnte der explicative Satz,
der durch ""l eingeleitet ist. cntAveder den Grund dafür angeben,
267
dass sich die Arbeiter durch die Felswand hindurch verstanden,
oder den Grund dafür, dass schon jetzt Wasser durchlief. Näheres
•wage ich nicht zu entscheiden . zumal bei der Unsicherheit des
Ganzen ausser der Lesung D'''^ schliesslich noch □'^'2 (als Gegen-
satz zu n'^n^ Z. 3. ? zxir Discussion gestellt werden muss.
Vom Schlüsse der dritten Zeile an ist alles klar. Die Lesung
Di'^ai empfiehlt sich schon durch den Punkt nach D ; das nach-
folgende n ist der Artikel zu nnp: auf Zeile 4 ; dieses Wort for-
dert in diesem Context deutlich die Bedeutung: «Durchstich« in
activem Sinn, Avahrend es Zeile 1 zuerst im passiven Sinn ^Durch-
stich = Tunnel) . dann aber 'in 'Sn 13"; gleichfalls in activem
Sinne gebraucht scheint. Ob nach Analogie von n*^]?; Aus-
höhlung nn]^: zu punctiren ist. oder nap; (so Lic. Guthe. als
Feminin zu ip: lässt sich nicht entscheiden.
Sinn der Notiz in Zeile 4 : Die Mineurs trafen so genau zu-
sammen . dass sie nicht mehr blos den INIeisel l^l bb? t'i? gerich-
tet hielten (Z. 2), sondern einander gegenüberstehend Meisel auf
Meisel schlugen — ein Ausdruck , der natürlich nicht Inichstäb-
lich zu nehmen ist.
In Zeile 5 fragt sich . welcher Ausgangspunkt ist gemeint ?
Doch wohl der obere Eingang des Tunnels. Berechnet man
1200 hebr. Ellen auf 5S2 Meter, so haben wir 4 9 Meter Über-
schuss über die heutige Länge des Tunnels 533 Meter; vergl.
ZDPV. ISSl, p. 111). Diese 49 Meter müssten dann auf die
Distanz des Teiches vom unteren Tunnelausgang gerechnet wer-
den. Nach der ZiMMERMAN^'schen Terrainkarte beträgt diese
Distanz in gerader Linie (bis zum heutigen Siloahteich; circa
26 Meter. Rechnet man etwaige Krümmungen hinzu und bringt
man die Ungewissheit der hebr. Elle in Anschlag, so spricht doch
alles dafür, dass mit der runden Summe 1200 in der That die
Länge des Wasserlaufs von der Marienquelle bis zum Siloahteich
gemeint ist. Dazu kommt, dass diese Fassung in naturgemässem
Zusammenhang mit der Schlussbcmerkung steht (Länge des Tun-
nels, dann Tiefe desselben) .
Zu der Verbindiuig rbs^" D'^rs^'an vergl. z. H. Nura. 3. 50.
Die Übersetzung «und hundert Ellen war die Höhe des Felsens»
ergänzt i< zwischen dem 12 am Schlüsse der 5. Zeile und dem r
am Anfang der 6. Zeile (vergleiche dasselbe Abbrechen des Wortes
am Ende der zweiten und dritten Zeile^ . Allerdings ist von die-
268
sem S5 kaum eine Spur zu constatiren (das j am Ende der 5. Zeile
in Sayce's Facsimile ist offenbar gerathen, um nnSD )12 = mp '12
herauszubringen) und vor dem n auf Zeile 6 steht definitiv nichts.
Soll man an ein Versehen des Steinhauers denken oder liegt eine
kühne Syncope der Volkssprache vor (ITa = nx^, ( Das sicher-
ste bleibt schliesslich die Annahme , das S5 hinter "ü zerstört ist,
zumal auch Lic. Guthe bemerkt, am Schlüsse der Zeile schienen
noch zwei Buchstaben vorhanden zu sein , der letzte (dies wäre
«ben das Vi) sei nicht zu erkennen. Die Lesung TMliü rstttl wurde
von Prof. SociN und mir gleichzeitig gefunden; auf fisä verfiel
ich erst, nachdem Socin nha vermuthet hatte. Nachträglich sehen
wir , dass auch Guthe vermuthungsweise nS3» zur Wahl gestellt
hatte.
Um alle Gerechtigkeit zu erfüllen, registriren wir noch, dass
in der uns mitgetheilten Transcription Schapika's von neuen
richtigen Lesungen zu finden sind: Ende der 3. Zeile n a"^!")
(wie es scheint; wie Schapira dies gedeutet, weiss ich nicht, da
mir das Athenäum vom 16. Juli nicht zur Hand ist; unsere
Lesung entstand unabhängig von jener Transcription an der Hand
des Gypsabgusses) ; ferner IDH in Zeile 4 und in Zeile 5 die rich-
tige Vermuthung. dass J|bs< "^rsilOl noch durch 1D inmitten beider
"Worte zu ergänzen sei. Lic. Guthe hat von neuen Lesungen
oder Conjecturen: [HT oder TüiJ] am Eingang der Inschrift; auch
IST auf Zeile l hat er ohne Zweifel unabhängig von Neubauer
gelesen ; ferner in Zeile 3 : D'^Ü 121 niT SlTl "^D (über seine Deu-
tung s. o.) ; in Zeile \ IDH und '^^ b?; in Zeile 5 : '«lI] D'^rii'aa
in Zeile 6 : lin nil rr^n vermuthet indess für nil bereits Hl!* und
ergänzt sn richtig zu "isn, indem er wieder an clJedrängniss))
denkt. Am Schlüsse liest er richtig Dünn ffii^l by.
Kecapituliren wir nun die Ausbeute der Entzifierung, so ist
dieselbe in historischer oder topographischer Beziehung fast Null.
Denn der Uzziali Schapira' s dürfte durch unsere Analyse ebenso
grüiullich beseitigt sein, wie die «bh'ä/i or (Jastle» von Sayce am
Schluss der dritten Zeile. Sie ist ein Luftschloss, Avie verschie-
dene andere, die seit dem Bekanntwerden der Inschrift in und
auf den Siloahtunnel gebaut worden sind. AVer sollte auch nur
von weitem für möglich lialtcn, dass sich der A'crfertiger der In-
schrift bemüssigt fand, der Nachwelt neben dem Bericht über
den Tunnel, den er in dem finsteren Loche selbst aushieb . auch
269
noch die Kunde zu übermitteln : «and they woiked eageily at
(the Castle they had excavated (?)», Von einem Namen oder
emer Datirung nirgends eine Spur, höchstwahrscheinlich aus dem
Grunde , weil die Anfertigung der Inschrift nicht eine officiell
angeordnete . sondern das Privatvergnügen eines dabei bethei-
ligten gewesen ist. Eine Prunkinschrift hätte man nicht an einer
fast unzugänglichen Stelle angebracht. Was Avir aus der Inschrift
sicher entnehmen können, sind schliesslich nur die Notizen über
das Anbohren des Felsens von zwei Seiten, das Zusammentreffen
in der Mitte , die Länge des Wasserlaufs und die Höhe des Fel-
sens über dem Tunnel — vielleicht auch die Notiz über eine im
Tunnel angetroffene Wasserader.
In sprachlicher Hinsicht haben wir zunächst den Zuwachs
von zwei Wörtern zu dem alttestamentlichen Wortschatz zu ver-
zeichnen, nipD Durchstich und das räthselhafte rnx in Zeile 3,
Übrigens bietet der lesbare Text in grammatischer und syntak-
tischer Hinsicht das correcteste Hebräisch. Die einzige Abwei-
chung von den uns gelänfigen Schreibungen ist XT^T\ = HJ^'^n in
Zeile 3. Es ist mir indess sehr zweifelhaft, ob bei dieser Schrei-
bung nicht bereits die Aussprache VpTj vorausgesetzt ist. Ein
Missverständniss der Form war unmöglich, da anderweit mögliche
Lesungen, tVT] etc., durch den Context ausgeschlossen sind. So
gilt, wie man fort und fort nblip für riVj]? u. s. w. schrieb, konnte
man auch n"^n für ^t;^'!T\ schreiben. Defectivschreibung findet sich,
wie zu erwarten , in TCS): r"T2i? bp 12 a'"^ Onssh nnpb , dagegen I'le-
nescription in li3>21 (sehr begreiflich zur Unterscheidung von lys ;
ebenso schrieb man Avohl in der Kegel liy gegenüber 1?) und in
iiSi'a ; auch letzteres begreift sich aus der Etymologie und aus
der Nöthigung, die mancherlei Formen des Stammes iilfO auszu-
schliessen . Übrigens zeigt auch der Mesastein p"^": rih'^Q ^neben
na und ipin.
Der Epigraphiker kann aus dem sprachlichen liefund der
Inschrift aufs neue die Lehre ziehen, wie äusserst vorsichtig man
sein muss, unerhörte grammatische oder syntaktische Erschei-
nungen zu acccptircn, so lange nicht die Lesung über allen Zwei-
fel erhaben ist. Trotz der Zuversicht, mit der Sayce undSciiAPiKA
die Lesung T^'QÜi irblü behaiiptet haben, steht eben doch T'aS t'biT
da , und ich hätte nie an etwas anderes geglaubt, so lange ich es
nicht mit eigenen Augen gesehen hätte. Ebenso sind eine Reihe
270
anderer grammatischer Monstra, die dilettantischer Eifer erzengt
hat, dnrch die richtige Lesnng in ihr Nichts zerflossen.
Vieles Interessante bietet die Inschrift in paläographischer
Hinsicht. Das Alphabet weicht von dem Mesa - Alphabet viel
stärker ab, als es nach den früheren Kopien nnd z. Th. selbst
nach der trefflichen Zeichnung Guthe's scheinen konnte. Vor
allem haben wir zu constatiren , dass es mit der von Sayce be-
haupteten Doppelgestalt mehrerer Zeichen nichts ist. Vielmehr
findet sich in der ganzen Inschrift eine merkwürdige Constanz
der Formen, so dass sich höchstens in der Länge einiger Striche
minime Differenzen nachweisen lassen. Dem Mesatypus folgen
fast genau ji , n (doch mit geradem Hauptstrich) , D , B TD und
n. Dagegen ist D eckiger und mit längerem Unterstrich, ^ hat
auf einer Seite bereits eine Verlängerung nach unten , T hat
viel längere Querstriche, desgleichen "^ einen viel längeren Unter-
strich, : eine Verlängemng des linken Oberstrichs unter den
Querstrich , die Kreislinie des 3? ist in ein eckiges Oval überge-
gangen; ebenso sind die Köpfe des p und n etwas eckiger ge-
worden. Starke Veränderungen zeigen b?, 1 (der obere Halbkreis
ist in einen Fortsatz nach links oben nebst Widerhacken und
einen ziemlich langen Querstrich verwandelt; ; n hat drei Quer-
striche; b steht auffällig hoch in der Zeile mit sehr langem und
geradem Oberstrich; 12 ist nicht mehr die gezackte Wellenlinie,
sondern gleicht eher einem : mit einem dritten Strich zwischen
den beiden senkrechten Oberstrichen; eine ganz auffällig ver-
schiedene und kaum irgendwie zu belegende Form zeigt das S ;
12 und D fehlen ganz. Fast alle Formen der Siloahinschrift (ausser
b y B S) finden sich in Eutixg's grosser Inschriftentafel zu
BicKKLLS hebr. Grammatik (engl. IJearbeitung von Curtiss,
Lpz. 1877) unter der Rubrik: Old Ilebr. Seals and Gems. ? 8
bis 5. Cent. B. C. ? Dass das S. Jahrhundert als der äusserste
terminus a quo für die Ansetzung der Siloahinschrift zu betrach-
ten ist, dürfte aus den oben angeführten Instanzen von selbst
einleuchten. Herr Isaac Tayloh urthcilt in seinem trefflichen
Aufsatz über die Datinmg der Siloahinschiift (Quarterly State-
ments, Juli 1881, p. 106) : These letters (nämlich «, \ 12, "l)
establish decisively thc fact that the Siloam aiphabet is a Tran-
sition AI]) habet, belonging to a period intermediate between
thc Moabite aiphabet of thc iJ^''** Century, and the newer forms
271
by which in the 6^''^ Century they were replaced. So urtheilt Herr
Taylor auf Grund des Facsimile von Sayce, welches von Phan-
tasien (z. B. dem links geschlossenen Zajin! !; wimmelt und da-
her paläographisch völlig Averthlos ist. Aiif Grund des authen-
tischen Facsimile Avird vielmehr zu urtheilen sein, dass der
Übergang vom Mesaalphabet zu dem späteren Typus in vielen
Punkten schon vollzogen ist. Man sieht deutlich , Avelches lie-
streben obAvaltet , den (für den Meiselschlag sehr unbequemen)
Rundungen aus dem Wege zu gehen oder vne bei S die ältere
Form einfacher und bequemer zu gestalten. Und so muss ich
durchaus Lic. Guthe beistimmen, wenn er in seinem Briefe vom
15. Juli zum Schluss bemerkt, dass man besonders wegen der
grossen Ähnlichkeit des S mit dem auf makkabäischen Münzen
eigentlich an eine spätere Datirung der Inschrift denken müsste,
wenn nicht die Combination mit 2 Kön. 20 , 20 zu verlockend
wäre, zumal wir aus der Zeit nach Hiskia keine Nachricht über
eine solche Wasseranlage besitzen. In der That scheint auch uns
die Datinnig aus der Zeit Hiskias nach Avie vor das plausibelste.
Endlich noch ein Wort über die angeblichen Ligaturen, für
die u. a. auch Herr Schapira (Athen. 30. Juli Sl) mit Eifer ein-
tritt. Aber trotz des Anathema' s, das uns in diesem Punkte be-
reits getroffen hat, bleiben Avir dabei, dass diese Ligaturen purer
Schein sind. Es handelt sich um mehrere Fälle, wo der untere
Querstrich des 1 den senkrechten Strich des n berührt oder den
senkrechten Strich des l durchschneidet. Wenn nun die Sache
so stände, dass der Unterstrich des 1 zum Behuf der Verbindung
mit M oder "i verkürzt Aväre, dann könnte man von einer Ligatur
reden. Denn eine solche ist die beabsichtigte, meist stereotype
\'erbindung zAveier Buchstaben in der Weise , dass der eine von
beiden oder beide irgend eine , Avenn auch geringe, Modification
erleiden. Hier aber steht es so, dass bei normaler Distanz der
liiichstaben der lange Seh Avanz des 2 notliAvendig von einem nach-
folgenden senkrechten Strich berührt oder von 1) geschnitten
Averden musste. Gerade der letztere Umstand, das Schneidon des
L'nterstrichs von 3 , hätte über den Avahren Sachverhalt belehren
können. Und so behält auch in dieser Beziehung der Standpinikt
Hecht , der sich auf epigraphischem Gebiete zu allen grammati-
schen und paläograi)hischen inauditis möglichst skeptisch verliält.
ZtsohT. d. Pal.-Ver. IV . 18
Püstscriptum zu pag. 262.
Nachdem obiges bereits gesetzt war, ging am 10. August ein
vom 28. Juli datirter l^rief Lic. Guthe's aus Jerusalem ein, wel-
cher u.a. folgende Notiz enthält: »Sayce behauptet in seiner
Publication : Schick habe für die engl. Gesellschaft den Wasser-
spiegel niedriger gelegt. Allerdings hat Dr. Chaplin dem Bau-
rath Schick 25 Pfund zur A'erfügung gestellt. Schick hat es aber
nicht angenommen. sondern mit luiserem Gelde gearbeitet, wo-
rüber ich jetzt detaillirte Rechnung in Händen habe.«
Wenn somit Herr Haurath Schick , wie sich dies für uns
von selbst verstand, glänzend gerechtfertigt ist, so bleibt nur
noch der Rath für Herrn Sayce, die Angaben anderer so lange
lieber nicht zu bezweifeln, bis er seiner Sache ganz ge^^iss ist!
Bezüglich des beigegebenen Facsimile Tafelt' HI) bemerken
wir noch, dass dasselbe um so zuverlässiger ist, als ihm die
Durchzeichnung einer Photographie zu Grunde liegt, welche
dann von Prof. Socin auf das sorgfältigste nach dem Gyi)sabguss
revidirt inid ergänzt wurde. Die betreffende sehr wohlgelungene
Photographie der Inschrift von W. Hornung in Tübingen kann
zum Preise von 3 Mark durch ^'ermittlung der Buchhandlung
von K. Baedeker bezogen werden.
Bücheranzeigen.
Das Jeruacdem des Josephus. — Bin Beitrag zur Topographie der
h. Stadt — von F. Spiess. Mit 2 litJiogr. Tafeln Plan von Jeru-
salem und vom Tempel . — Berliii 18S1. Verlag von Karl Hahel.
{Lüderitz' sehe Verlagshuchhandlung . 112. S.
Verfasser erstrebt »eine in aller Kürze umfassende und er-
schöpfende Darstellung derjenigen Angaben, die Flavius Juse-
PHUS. theils in ausführlichen .Schildeiimgen. theils in gelegent-
lichen, deshalb aber oft genug um so belehrenderen Bemerkungen
über seine A'aterstadt vorführt.« — Mit dem Stoffe vollständig
vertraut, behandelt er in dem recht gut, sorgfältig, -wohl geord-
net und verarbeitet, sowie knapp ' — ^vas kein Tadel sein soll — )
geschriebenen Büchlein alles Einschlagende unter folgenden
Titeln: I. Lage der Stadt; II. Umfang der Stadt; III. die alte
Mauer und die von ihr eingeschlossenen Stadttheile ; die Ober-
stadt; die Akra-Unterstadt; IV. der Tempel und die Antonia.
Zur Geschichte des Tempels ; der äussere l'empelraum : die An-
tonia; der innere Tempelbezirk ; Das Tempelhaus. Die Dimen-
sionen des inneren Tempelbezirks. V. die Vorstadt und die zweite
Mauer. VI. die Neustadt und die äussere Mauer. VII. die Um-
gegend der Stadt. — Die Daten des Josephus sind vollständig
aufgenommen; die Grenze zwischen dem Sicheren und Beweis-
baren und dem blos Möglichen luid etwa Wahrscheinlichen ist
vorsichtig eingehalten. Die Beweisführung ist fast durchaus
thetisch ; Avenn auch die Vertrautheit des ^'erf. mit dem Stand
der Forschung überall durchscheint, so ist doch directe Ausein-
andersetzung mit abweichenden Aufstellungen, ja die Xenn\uig
anderer Forscher, bezielnnigsweise "Vorgänger selten. Die Citate
aus Josephus geben den Text mir theilweise, und wie uns scheint,
in öfters allzuverkürztem Maasse: denn die Leser, die wohl den
Josephus selber nicht immer zur Hand haben, müssen so manches
a\if Treu und Glauben annehmen, was wenigstens Referent, durch
Erfahrimg misstrauisch gemacht, nicht gerne thut. — Heben wir
einen einzelnen Punkt heraus . so ist die Ausführung über die
Lage und Ausdehnung der Akra-Unterstadt p. 32 flg. besonders
wohl gelungen. Referent freut sich um so mehr dieses auszu-
sprechen, als er iniabhängig von dem Verfasser auf das gleiche
Resultat geführt worden ist und der Aufstellung in s. Aufsatz
»Zion, Davidstadt und die Syrerakra« in ZDF\'. ISSO, p. 1S9 i^.
und ISSl. p. IS fg. eine noch etwas breitere Unterlage zu geben und
sie in einen umfassenderen /iusaramenhang zu stellen vcrs\u'ht
hat. Gewünscht hätte dabei Referent, es wäre auch der Xanu'
des Mannes genannt worden, der zuerst diese Aufstelhnig betreffs
einer viel umstrittenen, aber für die Topograi)liie der alten Stadt
IS*
274
eiitsclieiclenden Frage mit den haltbaren Grundlagen gegeben hat.
Es ist dieses Caspari in s. historisch geograph. Einleitung in das
Leben Jesu 1S70, p. 221 fg.. wo bereits die für immer gültigen
hauptsächlichsten Argumente aufgeführt sind ^ j . Nicht einverstan-
den kann Referent mit der Auffassung des zAveiten und dritten
Hügels sein, -welche in der Beschreibung der Stadt bell. j. 5, 4, 1
erwähnt Averden hier wäre die Aufnahme des Textes von Josephus
zu wünschen gewesen) . Spiess nimmt als den zweiten Hügel
der »Akra Tempelrücken« und versteht unter dem dritten Hügel
das nordwestliche Terrain , welches den heutigen Calvarienberg
trägt, und über dessen östlichen Abhang sich die ■A'orstadt« hin-
zog, wie S. 95 richtig ausführt; die Schlucht, durch deren Aus-
füllung der Tempel mit der Stadt in bessere Verbindung kam,
soll nun jener nördliche Theil des Tyrapöon gcAvesen sein. So
schon der Engländer Lewin. gewiss unrichtig. Denn in bell. 5,
4. 1 wird eben der Akrahügel von dem Tempelberg unterschieden
und werden eben diese beiden, nicht ein anderweitiger Hügel und
der Tempelberg zu einander in Beziehung gesetzt; yergl. das
Original, ZDPV. 18S1, p. 31 . Die Erniedrigung des ZAveiten
Hügels (Akra) und die Ausfüllung der den zweiten und dritten
Hügel trennenden Schlucht hatte zur Absicht und Folge, dass
der Tempel mit der Stadt verbunden wurde und den Tempel über
die Akra (nicht über einen andern Stadttheil — die Akra ist in
unmittelbarem Zusammenhang genannt, und die Beziehung noch
besonders durch Taur^ ausgedrückt) hervorragte. Da ist ja keine
andere Folgerung möglich, als dass eben der Tempel auf dem
dritten Hügel gelegen habe. — Man braucht nur consequent mit
dem Verf. S. 41 festzuhalten, "dass die Akra im Süden des
Tempelgcbäxules auf einem hohen Höcker des Ostrückens gelegen
hat — derselbe wurde durch die makkabäische Abtragung be-
seitigt.« Damit haben wir in dem heutigen Ophel mit der jetzt
nicht mehr vorhandenen Akraerhöhung den zweiten, in der
Tempelerhöhung den dritten Hügel, und zugleich die Schlucht
zwischen beiden, welche mit der Akraabtragung von selber ver-
schwand. beziehungsw'eise ausgefüllt wurde. — Der Abschnitt
über den Tempel ist gleichfalls sehr sorgfältig ausgearbeitet und
enthält mannigfach P>emerkenswerthes . worauf einzugehen uns
der Kaum fehlt.
Göppingen, Württemberg. Klaibek.
1) C^sp.ARl war elsässischer Geistlicher ■;- 1S78. Sein Werk, erschienen
zu einer Zeit, da der Elsa.ss nocli nicht zu Deutschland gehörte, war für die
deutsche Gelehrtenwelt geschrieben. Casp.\ki war aber ohne Verbindung
mit literarischen und buchhündlerischen Kreisen Deutschlands. So über-
nahm der ihm befreundete Referent, einen Verleger zu suchen, was nur nach
langer Bemühung gelang ; denn Deutschland ist ein schlechter Markt für ge-
lehrte Literatur. — Das scharfsinnige und gelehrte Werk Ca^pari's sei hier-
mit anfs neue der Beachtung empfohlen.
Zpitsdn-iftd.Deulscheii Palastina -Veredim , Bd.rcHBft 1.
lafiel 1.
L^VllcliristlirluM' ^tosaikbodon vom Ölborgo Loi .lorusalom .
■■lÄ (Ipi- iial.Cirössc.
I Aunjawmmai van BaunUh ('.Schiel; in Jerusalem i/ii Januar 1880
Ma- xclxt xich dasjfosaik unter- dem. Modai fort Süden^
5-
yoi-dni/
AscAwnrze An-eisse AroOie L (jelhe < *^ blaue & grüne Sieine
rjCentnuptPT ^
lO 20 30 «_
eo 70
ao K>o„
2^osaikfraemeiit bei der neuen russischen Kirclie
^ auf dem Ölberge, »^is dei'TiHl. Grösse.
JmJuni 1880 ijezeiclnietTon
Bauratli CSchict
Xordcn —
Geograph jliuitalt
Leipzig .in C'ammissinn bra K.BnpdiOcpr.
iflsr.
ß
i
Zeitschrift dDeulchenTaiäatinaA'ereins BaJV.Heftl.
Tafem.
Fi^ 1
25-30
rig.2.
10-15J {
00 ^+^ 00
Fiö3
ri|.4.
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1-10
Cm.*
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Fig6.
— V
R«o^ra^in>taftvon
Leipxig ,in Commission >ei K Baedeker
Yrs|iur«DeM« .T.ei;u^
I
Zeit sritr. il. Deut srii. Falnstiim-VcTdiis ■ Btl I^- Heft 3 .» 4
Taf.3.
(Tpogi-aioli. Anstillt voii
W'aeiicr/- Drhrs, I.Hpxi«.
l>«npzie'. in Conimission bri K. Hririckcr,
1881.
i
GETTY CENTER LIBRARY
3 3125 00698 6497