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Full text of "Zeitschrift des Deutschen Palästina-Vereins"

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X  CENT^^ 


AS 


Zeitschrift 


des 


Deutschen  Palaestina-Vereins. 

Herausgegeben 

von  dem  geschäftsführenden  Ausschuss 

unter  der  verantwortlichen  Redaction 


von 


Lic.  Hermaiiii  Gutlie. 

3'Ji 

Band  III     - 

Mit    5    Tafeln. 


-•■»■«- 


Leipzig  1880 
in  Commissi  (tn  bei  K.   B:edeker, 


Beilage  zur  Zeitschrift  des  Deutschen  Palästina-Vereins 

Bd.  III,  Heft  4  (1880). 

In  Folge  der  llecension  des  Herrn  Prof.  J.  Gildkmeistku  in 
Bonn  über  die  Schrift  des  Herrn  Prof.  J.  N.  Sepp  in  München  »Kaiser 
Friedrich  I.  Barbarossa's  Tod  und  Grab  (Berlin,  Habel ,  1879)  «in 
ZDl'V.  II,  p.  25()  f.  sandte  mir  der  Letztere  am  3  1 .  Oct.  d.  J.  die  unten- 
stehende Entgegnung  zu.  Der  Abdruck  geschieht  auf  dieser  Beilage, 
weil  ich  einerseits  solche  Auseinandersetzungen  grundsätzlich  aus  der 
Zeitschr.  selbst  ausschliessen  möchte ,  aber  doch  andrerseits  Herrn 
Prof.  Sepp  an  dem  Versuche,  seine  Behauptungen  zu  rechtfertigen,  an 
dieser  Stelle  nicht  Idndern  durfte.  Mit  dieser  und  der  weiter  folgen- 
genden Entgegnung,  welche  Herr  Prof.  Gildemeister  zur  Verthei- 
digung  seines  Urtheils  eingesandt  hat ,  ist  die  Angelegenheit  für  die 
Zeitschrift  des  Deutschen  Palästina- Vereins  abgeschlossen. 

H.    GUTHE. 

Zur  freundlichen  Verständigung.  Die  scharfe  Censur 
in  Bd.  II,  p.257  f.  dieser  Zeitschr. ,  kehrt  die  Spitze  gegen  ihren  Autor.  Er 
missverstehe  mich  ja  nicht,  als  ob  ich  die  Existenz  der  grossen  Moschee 
zu  Tyrus  vom  Namen  Manärah  abhängig  mache.  Die  Kibleh  fällt  im 
mittleren  Chor  ebenso  nachträglich,  wie  in  der  Kubbet  es  Sachra  auf, 
mag  auch  Abulfeda  1321,  drcissig  Jahre  nach  der  Zerstörung,  Tyrus 
noch  einen  Ruinenhaufen  ohne  Bewohner  nennen.  Wenn  mein  ge- 
strenger Kritiker  selber  für  Manärah  keine  andere  Erklärung  weiss, 
als  "Ort  des  Lichtes"  oder  »Leuchter«,  so  dürfte  er  vielmehr  anerken- 
nend erwähnen,  dass  ich  zuerst  unter  Hinweis  auf  Menörah  undMinäret 
dies  explicirte.  So  hiessen  die  Araber  zuerst  den  Pharos  in  Alexandria, 
und  im  Grunde  stellen  die  Moscheethürme,  namentlich  in  Kairo,  Pha- 
nale  vor,  indem  sie  Girandolen  für  die  Illuminationen  am  Bairam  und 
anderen  Festen  tragen.  Die  Benennung  könnte  ohne  Wortfuchserei  von 
der  Pracht  und  Herrlichkeit  der  eroberten  Kathedrale  herrühren  ;  dabei 
nahm  ich  aber  Manärah  nicht  pedantisch  correkt  als  Particip,  als  hiesse 
die  Moschee  nach  allen  Hegeln  der  Grammatik  die  rtLeuchtende«,  sondern 
paraphrasirte  nomen  instrumenti  vel  loci  wie  üblich.  Bei  weiterer  Er- 
wägung lehne  ich  die  Bedeutung  »Candelaber  oder  Leuchtthurm«  nicht 
für  Minäret  ab  ;  dagegen  sind  wir  berechtigt  bei  der  Manärah,  wie  bei 
der  berühmten  Moschee  el  Azhar  inKah'o,  welche  buchstäblich  »Glanz« 
bezeichnet ,  an  das  geistige  Licht  zu  denken ,  welches  von  da  aus- 
strahlt. Legen  doch  die  Hagadisten  selbst  dem  Namen  Moria  die  Wur- 
zel TlSt  zu  Grunde,  weil  von  da  das  Licht  ausgegangen. 

Was  den  samarisehen  ha-Täheb  und  die  Identificirung  mit  dem 
ha-Tischbi  betrifft,  so  nimmt  es  mich  stark  Wunder,  dass  Herr  CoUega 


Gildemeister  nicht  auf  das  einheitliche  Wort  3^TZJ ,  rediie,  mit  prae- 
form.  t1 ,  chald.  S^n^  sich  besonnen  hat.  Mir  war  es  nie  zweifelhaft, 
dass  der  »Wiederkehrende  und  Zurückführende«,  sog.  Messias  der  Sa- 
mariter im  Evangelium  Joh.  IV,  25  dieselbe  religiöse  Gestalt  sei  mit  dem 
Matth.XVII,  10.  11  und  XXVU,  46.  47  erwarteten  Elias,  der  wieder- 
kommen und  Alles  wieder  herstellen  soll.  »Vollständige  Unkenntniss 
in  sprachlichen  Dingen«  lasse  ich  mir  darum  nicht  nachsagen. 

»Der  Verfasser  verkennt  den  Ernst  der  Wissenschaft«,  sagt 
Herr  Kecensent  mir  ins  Gesicht.  Auch  diesen  Vorwurf  gebe  ich  sine 
ira  et  studio  zurück.  Mag  er  die  arabischen  Quellenbeiträge  von  Dr. 
GoEKGENS  und  RöHKiCHT  als  meister-  oder  schülerhafte  Übersetzung 
hinstellen;  sie  haben  den  Sinn  nicht  verdreht ,  sondern  die  Wahrheit 
erfasst ,  wenn  sie  die  p.  248  wie  25S  gerügte  Version  bieten:  »Auf 
einem  Schiffe  landeten  300  lobenswerthe  Weiber  derFreng,  welche 
sich  der  Pflege  Armer  Verlassener  als  einem  sehr  gottgefälligen  Werke 
widmeten.  Bei  den  F'reng  ist  die  Ehelosigkeit  für  den  ,  der  sie  aus- 
halten kann  ,  keine  Schande  ,  und  wie  rein  sind  die  Priester ,  wenn  es 
für  die  Ehelosen  eine  Freude  war ,  sich  der  Geschlechtsliebe  zu  ent- 
halten.« Es  handelt  sich  um  einen  Zug  in  der  Geschichte  der  Kreuz- 
züge, wonach  fränkische  Diakonissen  oder  barmherzige  Schwestern 
herübergekommen,  um  die  Kranken  und  auf  den  Schlachtfeldern  Ver- 
Avundeten  zu  pflegen.  Als  Historiker  weise  ich  für  meinen  Theil  (im 
Anschluss  an  Freund  Goekgens,  der  meines  Wissens  eben  Frankreich 
und  England  zur  Excerpirung  arab.  Handschriften  bereist)  den  zwei- 
deutigen Text  Abu  Schama's  zurück ,  als  ob  sie  an  Freund  und  Feind 
Barmherzigkeit  im  erotischen  Sinne  geübt?  !  ? 

Prof.  Dr.  Sepp. 

Eine  bessere  Kechtfertigung  des  gefällten  Urtheils,  als  diese  Entgegnung, 
ist  nicht  denkbar. 

1)  In  Beziehung  auf  das  Wort  tnannrah  tritt  der  Hr.  Vf.  einen  unter 
Ausflüchte  versteckten  llückzug  an.  Was  auch  ,  so  lange  noch  grammatische 
Richtigkeit  in  philologischen  Fragen ,  aus  denen  geschichtliche  P'olgerungen 
gezogen  werden  sollen,  nicht  «pedantisch«,  und  Böcke  zu  schiessen  nicht  »üb- 
lich« ist,  in  aller  Weise  zu  empfehlen  war. 

^lanäraJi  heisst  Ort  für  Feuersignale,  Leuchtthurm,  Landmarke  für  die 
Schiffahi-t,  Wegzeichen  für  die  Wüste,  und  was  dem  ähnlich  ist,  Thurm, 
Moscheethurm,  Obelisk,  Gränzstein.  ij  Der  hochragende  lluinenstumpf  in 
Tyrus  wird  von  den  ja  erst  in  neuerer  Zeit  hingezogenen  Ansiedlern  so  be- 
nannt, weil  er  wirklich  oder  vermeintlich  zu  Feuersignalen  oder  zur  Land- 
marke dienen  konnte  oder  gelegentlich  gedient  hat.  Als  »Verbalform«  ,  als 
Particip  müsste  das  Wort  muniruh  oder  drgl.  lauten,  könnte  aber  wieder  nicht 
zu  Moschee,  die  zwar  im  Deutschen,  aber  nicht  im  Arabischen  Femininum 
ist,  Attril)ut  sein.  Dennoch  wird  es  (Vortrag  p.  .'54  oben)  für  den  »Schlüssel« 
zur  Annahme  einer  einstigen  Verwendung  zur  Moschee  erklärt,  für  welche 
auch  die  vermeintlich  in  den  fränkischen  Chor,  also  nach  1201,  zum  Zweck 
der  Kiblah  gegen  Osten  eingehauene  Nische  geltend  gemacht  wird,  welche, 

I)  Auch  Leuchter,  was  hier  nicht  anwondbar  ist.  Die  Vorstellung,  dass  »geistiges  Licht« 
von  einer  Moschee,  die  ja  nur  Gebetslocal  ist,  »  ausstrahle  a,  ist  nicht  arabisch.  Eben  so 
wenig,  als  diff  Mi'taphor  für  die  »VVundorhcrrlichkeita  einer  »us  schönen  Steinen  gebauten 
^ui>cbuo  statthaft  ist. 


da  Mekka  südlich  von  Syrien  lic'<?t  und  die  syrischen  Gel)etsnischen  in  den 
südlichen  Maviern  ang;ebracht  sind,  f^ar  nicht  eine  Kiblah  sein  kann.  Aber  für 
eine  Moschee  ist  geschichtlich  kein  Kaum.  Die  Zerstörung  von  12',ll  hatte  den 
Zweck  ,  die  Stadt  ganz  unbewohnbar  zu  niaclien ,  um  den  Franken  alle  Lust 
zur  Wiederbesetzung  zu  benehmen,  und  doch  sollen  die  Zerstörer  a.  a.  0.  •5  4 
oben)  hier  sofort  eine  Moschee  eingerichtet  haben.  1321  meldet  Abulfeda, 
Tyrus  sei  ein  Kuinenhaufen  ohne  Bewohner,  um  145(1  stellt  al-Chalil  es  als 
ganz  zerstört  in  Gegensatz  zu  dem  zerstörten  md  schük  ,  das  wenigstens  noch 
ein  Dorf  sei;  lü'^s  nuisste  Abdalghäni  aus  Nabnlus  (Wiener  Sitz. -Her.  lS5ü 
1134;v,  der  als  angesehener  Gelehrter  überall  bestens  aufgenommen  ward, 
als  er  hier  Abends  einzukehren  durch  das  Wetter  genöthigt  war ,  in  Kuinen 
übei-nachten,  wie  gleichzeitig  M.vunduell  auf  der  ganzen  Halbinsel  kein  ein- 
ziges ganzes  Haus  und  nur  Fischer  als  armselige  Bewohner  fand.  Wozu  da 
eine  Moschee  ?  Aus  der  Zeit  vor  den  Kreuzzügen  wusste  und  weiss  man  natür- 
lich darüber  gar  nichts. 

Wenn  Jemand  (um  nur  bei  den  beiden  Seiten  34.  35  des  Vortrags  stehen 
zu  bleiben)  von  einem  phoenikischen  Worte  Ma  »Ort«  redet,  das  es  nicht  giebt ; 
wenn  derselbe  die  Entdeckung  macht,  dass  Melkart  «Erdgott«  heisse  (offenbar 
ist  an  arabisches  ard  Erde  gedacht ;  kann  der  Schreiber  wohl  je  den  Namen 
mit  phönikischen  oder  auch  nur  hebräischen  Buchstaben  geschrieben  ge- 
sehn haben,  da  dieser  nipb'2  ist,  Erde  phönikisch  wie  hebräisch  l'"",X  heisst, 
Y  nie  in  n  übergehen  kann  und  ~b^  ein  -  und  kein  p  hat?  auch  erledigt  sich 
der  übrigens  ni(;hts  sagende  Einwand  von  der  »Function«  p.  5t)  ja  schon  durch 
die  griechische  Überlieferung  MeXiy.apilo?)  ;  wenn  er  lehrt ,  die  grosse  Moschee 
zu  Damascus  heisse  dsclHimissi  cl-kehir,  ohne  zu  ahnen ,  dass  sein  -asi  ein 
türkisches  Possessivpronomen  ist ,  das  nicht  stehen  kann ,  ohne  dass  ein  Ge- 
nitiv voraufgehe  oder  verstanden  werde;  wenn  er  den  Erbauer  der  Azhar- 
Moschee,  den  fatimidischen  General  {haid]  Dschauhar  den  Namen  »Sultan 
Gori  el  Gaid«  geben  kann,  ohne  zn  sehen,  dass  der  Sultantitel  für  diesen  un- 
möglich ist;  wenn  er,  in  der  Meinung,  »buchstäblich«  zu  übersetzen  ,  behaup- 
tet, azhar  heisse  Glanz,  während  jeder  Anfänger  weiss,  dass  es  eine  Adjectiv- 
form  ist ;  wenn  er  an  einem  andern  Ort  den  acht-  und  altarabischen  Gruss 
marhahan  für  ursprünglich  syrisch  und  bloss  bei  Maroniten  gebräuchlich  er- 
klärt;  denn  inar  heisse  im  Syrischen  Herr:  so  ist  nicht  abzusehn,  mit  welchen 
Gründen  er  ein  nicht  nur  von  mir  ausgesprochenes  Verdict  auf  vollständige 
Unkenntniss  in  s])rachlichen  Dingen  widerlegen  will.  Denn  einige  elementare 
Bekanntschaft  mit  dem  Hebräischen  u.  s.  w.  soll  ihm  damit  nicht  abgespro- 
chen werden,  wohl  aber  die  zur  Handhabung  von  Etymologie  und  Sprach- 
vergleichung erforderliche  wissenschaftliche  Einsicht  in  die  Bildungsgesetze 
und  den  Sprachgebrauch,  ohne  die  man  zu  den  bekannten  haarsträubenden, 
auf  blossen  Gleichklang  einiger  Buchstaben  beruhenden  Wortbildungen  vgl. 
tascheb)  und  Wortdeutungen  gelangen  muss.  Will  er  bloss  »sich  dieselbe 
nicht  nachsagen  lassen«,  so  ist  damit  nicht  entschieden  ,  ob  sie  vorhanden  ist 
oder  nicht,  es  braucht  Beweise.  Unkenntniss  semitischer  oder  anderer  Spra- 
chen ist  ja  keine  Schande,  man  muss  nur  nicht  mit  ihr  prunken. 

2)  Den  Hauptpunkt ,  dass  den  Samaritern  ein  nicht  vorhandenes  Wort 
ruhig  angedichtet  ist,  umgeht  die  Entgegnung,  indem  sie  es  als  mit  dem  Prä- 
formativ  r  aus  ^''i^  gebildet  dar.stellen  will.  Es  giebt  ein  solches  r,  das  aber, 
wie  alles  in  der  Sprache  nach  festen  Gesetzen  geht ,  sehr  bestimmte  Gränzen 
seines  Gebrauches  und  seiner  Formbildungen  hat.  Ohne  diese  zu  kennen  und 
darzulegen,  kann  man  nicht  ein  imaginäres  Wort  damit  construiren.  Eine 
Bildung  »tuschch'  wäre  nicht  erhört,  noch  weniger  lässt  sich  tischhi  irgend 
mit  der  AVurzel  schuh  combiniren  ,  da  deren  mittlerer  Vocal  nie  ganz  verloren 
gehen  kann,  und  von  »fascliebu  abgeleitet  könnte  es  nur  den  dem  »fasrli eh«  An- 
gehörigen bezeichnen,  also  gerade  recht  nicht  der  »fascheh«  selbst  sein.  A1)er 
wäre  die  Form  auch  möglich,  so  ist  sie  doch  nicht,  wofür  sie  mit  aller 
Seelenruhe  ausgegeben  ward,  in  wirklichem  Gebrauch,  und  letzteres  musste 
jeder  Unkundige  aus  den  Worten  entnehmen.  Da  überdies  von  den  Samari- 


tern  fest  steht,  dass  sie  keinen  nachmoaaischen  Propheten  anerkannten,  so 
muss  es  dabei  bleiben,  dass  die  ganze  luftige  Combination  von  Mangel  an 
wissenschaftlichem  Ernst  zeigt ;  denn  dieser  verlangt,  dass  nichts  ohne  Kennt- 
niss  und  Beweis  behauptet  werde. 

3)  Üb  der  Text  des  Abu  Schämah  zweideutig  ist,  kann  Hr.  Sepp  nicht 
wissen,  da  er  begreiflicher  Weise  ihn  nicht  lesen  kann.  Er  kann  sich  dar- 
auf verlassen,  dass  derselbe  höchst  unzweideutig  ist,  wie  ihn  auch  Mudschir- 
aldin  p.  321  und  Rkixaud  Extr.  p.  258  nicht  anders  auflassen  konnten,  und 
wie  denn  auch  der  eigentliche  Sinn  durch  den  Schleier  der  GoERGENS'schen 
sog.  Übersetz  mg  deutlich  genug  an  verschiedenen  Stellen  hindurchscheint. 
Der  mittlere  Theil  der  Stelle  ward  in  der  Recension  der  Kürze  wegen  ausge- 
lassen, da  GoERGENS  wenigsten  den  allgemeinsten  Sinn  gegeben  hatte;  er 
mag  nachgeholt  werden  und  lautet :  »Zu  unserem  Heere  flohen  eine  Anzahl 
leichtsinniger  Mamluken  und  unbesonnener  Freigelassenen  [der  Ausdruck 
soll  verhindern,  dass  der  Vorwurf  die  eigentlichen  Muslimen  treff"e],  die  der 
Begierde  nicht  widerstehen  konnten  und  den  Irrenden  [Christen]  folgten ; 
einigen  von  ihnen  war  die  Erniedrigung  wegen  der  Lust  genehm,  andere 
fühlten  Reue  über  ihren  Fall  und  suchten  die  Rückkehr  zu  bewerkstelligen, 
denn  die,  welche  nicht  abfielen,  konnten  nicht  viel  erreichen.  Die  Lage  der 
zu  jenen  Fliehenden  war  wegen  des  an  ihnen  haftenden  Verdachtes  schwierig 
und  die  Pforte  der  Begierde  verschluss  sich  ihnen  «  Hr.  Sepp  konnte  nun  auch 
zum  Erweise  des  Satzes,  dass  von  berufsmässigen  Krankenpflegerinnen  i)  (denn 
so  ist  doch  der  anachronistische  Ausdruck:  »Diaconissen  und  barmherzige 
Schwestern:'  zu  verstehen  ;  natürlich  haben  sich  ja  immer,  wo  irgend  Frauen 
waren,  diese  dem  Dienst  der  Verwundeten  gewidmet)  die  Rede  sei,  die  von 
ihm  gepriesene  Übersetzung  gar  nicht  gebrauchen,  ohne  GoERGENs'  Worte  : 
»entwichen  von  der  Liebe  zu  jenen  hingezogen«  stillschweigend  in  ihr 
Gegentheil  »wichen  vor  ihnen  erfüllt  von  Liebe  (oder  Ehrfurcht)  zurück«  zu 
verdrehen  und  in  das  Citat  als  solches  einige  aus  der  Luft  gegrifi"ene  Worte 
einzuschwärzen.  Dies  war  der  Punkt,  auf  den  es  ankam:  aber  hierüber 
schweigt  die  Entgegnung;  sie  behauptet,  die  klate  Stelle  des  Abu  Schämah 
oder  vielmehr  des  Imädaldin  dürfe  nur  den  Sinn  haben,  den  Hr.  Sepp  darin 
zu  finden  beliebe.  Wenn  er  desshalb  die  Nachricht  des  Augenzeugen  »für 
seinen  Theil  als  Historiker  abweist",  so  ist  das  völlig  irrelevant,  und  darüber 
wird  die  Geschichtschreibung  zur  Tagesordnung  übergehn.  Er  thut  es  ohne- 
hin als  ein  Historiker,  für  den  Zeugnisse,  wie  das  auf  ungefähr  dieselbe  Zeit 
(1202)  bezügliche  und  mit  Imädaldin  so  merkwürdig  auch  in  der  Molivirung 
übereinstimmende  Arnold's  von  Lübeck  (Leibnitz  scriptt.  Brunsv.  H,  709)  : 
»Quanti  enim  fuerunt ,  qui  pi-o  Christo  legitimas  suas  rellquerant,  qui  ibi 
meretriculis  adhaerebant !  llas  enim  ad  sua  niinisteria  sub  specie  reli- 
gionis  quasi  ex  necessitate  admitlebant,  postea  Moabitidas  sentie- 
bant,  quae  olim.  peccare  fecerunt  Israel,  quando  irato  doniino  coram  hoslibus 
cade])ant«  eine  Überraschung  sein  werden. 

J.  GlLDEMEISTER. 

1)  Rollte,  was  p.  27  des  Vortrags  aus  dem  Jalir  1M7  gemeldet  wird,  auf  die  in  verschie- 
denen Riichern  angefiilirto  Stolle  des  Nicetas  p.  4t  P.  gelien  ,  so  ist  zii  bemerken,  dass  in 
dieser  zwar  von  reitenden,  in  Rüstungen  paradierenden  und  putzsüchtigen  Dämon  die  Rede 
ist,  aber  nicht  von  Krankenpflegerinnen. 


Inhalt 

des  dritten  Bandes  der  Zeitschrift  des  Deutschen 
Palästina -Vereins. 


Seite 
Nachrichten   über  Angelegenheiten   des   Deutschen    Vereins    zur  Er- 
forschung Palästina's I 

Rechenschaftsbericht  über  das  Vereinsjahr  1879 lU 

Auszug  aus   der  Rechnung   über  Einnahme   und  Ausgabe  der  Kasse 

des  D.  P.-V.  im  Jahre  1879 VIII 

Persoualnachrichten  und  geschäftliche  Mittheilungen  ...   IX.  XXI.  XXV 

Verzeichniss  sämmtlicher  Mitglieder  etc XI 

Verzeichniss   der  bis  zum  25.  Oct.  1880   für   die    Palästinabibliothek 

eingegangenen  Bücher,  Zeitschriften  u.  .-4.  w XXII 


Mittheilungen  von  Baurath  C  Schick   in  Jerusalem  über    die    alten 

Lauren  und  Klöster  in  der  Wüste  Juda.    Bearbeitet  von  K.  Marti  1 

Jafa  und  Umgebung.     Erläuterung  zu  Tafel  III  von   G.   Schwarz   .    .  44 

Das  Transcriptionsalphabet 52 

Erklärung.     Von  M.  Röhricht 53 

Eine  neue  Entdeckung  in  Jerusalem.     Von  A.   Socin 54 

Bericht   über   neue   Erscheinungen   auf   dem   Gebiete    der   Palästina- 
literatur 1879.     Von  J.   Socin 57 

Der  Frankenberg.     Von  C.  Schick 88 

Mittheilungen  über  Eeben,    Sitten   und  Gebräuche   der  Fellachen   in 

Palästina.     Von  F.  A.   Klein 100 

Die  Davidstadt,  der  Salomotcich   und    die  Gräber  der  Könige  in  Je- 
rusalem.    Von  Baron  von  Alten 116 

Ghassänidengräber  vor  Jerusalem.     Von  J.    Gildemeister 177 

Zion,  Davidstadt  und  die  Akra  innerhalb  des  alten  Jerusalem.     Von 

Dr.  Klaihcr l>5i) 

In  welche  Gegend  der  Wüste  wurde  der  Sündenboek  geführt?     Von 

C.  Schick 214 


IV 

Seite 


Beiträge  zur  Palästinakunde  aus  neueren  jüdischen  Quellen.    I  und  II. 

Mitgetheilt  von  31.   Steiiisclmeider 22U 

Nachtrag  zu  Baurath  Schick's  »Die  alten  Lauren  und  Klöster  in  der 

"Wüste  Juda«.     Von  K.  Furrer 234 


Correspondenzen  aus  Jerusalem 250 


Bücheranzeigen :  Map  of  Western  Palestine.  —  R.  Röhricht,  Beiträge 
zur  Geschichte  der  Kreuzzüge.  —  Kaltbrunner,  Manuel  du 
voyageur 179 

Röhricht,  Quinti  belli  sacri  scriptores  minores.  —  Palästina  und 

Syrien ,    herausgegeben    von   K.  Bcedeker.    —   Lanzone,    Viaggio 

in  Palestina  e  Soria  di  Kaid  Ba 237 


Tafeln :  Zu  Seite 

I.  Das   Land   zwischen  Jerusalem  und   dem  Todten  Meere    (Wüste 
Juda),  untersucht  und  aufgenommen  von  C.  Schick.      Lithogr.)  .     1  ff. 

II.  Plan  der  Ruinen  von  'ttbedlje  und  Plan  von  Mert,  aufgenommen 

und  gezeichnet  von   C.  Schick.     (Lithogr. 35  fF.   19 ff. 

III.  Karte  der  Umgebung  von  Jafa  und  Plan  von  Jafa,  aufgenommen 

und  gezeichnet  von  Th.   Sandel  (Lithogr.) 44ff. 

lY.  Grundriss  des  Frankenberges  (Herodium),  aufgenommen  und  ge- 
zeichnet von   C.   Schick   (Lithogr.) isSft'. 

V.  Zwei  Durchschnitte    und  Profile   des  Frankenberges,    entworfen 

von   C   Schick    Lithogr.) 88 ff. 


Nachrichten 


über 


Angelegenheiten  des  Deutschen  Vereins 


zur 


Erforschung  Palästina's. 


Ztsthr.  d.  Pal.-Ver.  III. 


Rechenschaftsbericht  über  das  Tereinsjahr  1879. 


Im  vorigen  Rechenschaftsbericht  ^ZDPV.  II,  p.III — VI  wurde 
die  Hoffnung  ausgesprochen,  dass  binnen  Jahresfrist  der  deutsche  Ver- 
ein zur  Erforschung  Palästina" s  dem  Ziele,  Forschungen  in  Palästina 
selbst  in  Angriff  zu  nehmen,  näher  gekommen  sein  möchte.  Diese 
Hoffnung  ist  in  schöner  "Weise  erfüllt  worden.  Am  30.  April  d.  J. 
hat  Se.  Excellenz  der  Königlich  Preussische  Minister  der  geistlichen, 
Unterrichts-  und  Medicinal-Angelegenheiten.  Herr  vox  Putxkamek. 
auf  ein  im  Auftrage  des  geschäftsführenden  Ausschusses  eingereichtes 
Gesuch  dem  Verein  »als  Beitrag  zur  Begründung  eines  Expe- 
ditionsfonds einen  Betrag  von  3000  M.  bewilligt«.  Am  21.  Mai 
d.  J.  hatten  Herr  Dr.  O.  Kerstej;  und  der  Unterzeichnete  die  Ehre, 
von  Sr.  Excellenz  dem  Herrn  Minister  empfangen  zu  werden  und  ein 
von  sämmtlichen  Mitgliedern  des  geschäftsführenden  Ausschusses 
unterzeichnetes  Schreiben,  in  welchem  dem  lebhaften  Danke  des  Ver- 
eins für  die  freigebige  Unterstützung  seiner  Zwecke  Ausdruck  gegeben 
worden  war,  zu  überreichen.  Ich  entspreche  sicherlich  der  Gesinnung 
sämmtlicher  Mitglieder  des  Vereins ,  wenn  ich  auch  an  dieser  Stelle 
öffentlich  den  wärmsten  Dank  derselben  für  jene  reiche  Bewilligung 
ausspreche,  deren  Erwähnung  mit  Fug  und  Recht  an  die  Spitze  dieses 
Jahresberichtes  gestellt  werden  musste. 

In  Folge  dieser  bedeutenden  Vermehrung  des  Expeditionsfonds 
ist  der  Ausschuss  sofort  in  Verhandlungen  über  die  in  Angriff  zu  neh- 
menden Arbeiten  eingetreten.  Da  dieselben  noch  nicht  zum  Abschluss 
gekommen  sind,  so  können  genaiiere  Mittheilungen  darüber  vor  der 
Hand  nicht  gemacht  werden.  Indessen  wird  es  nicht  streitig  sein, 
welche  Richtung  die  Forschungen  des  deutschen  Palästina-Vereins 
jetzt,    nachdem   die   lange    erwartete    englische   Karte   von    Palästina 


IV 


erschienen  ist .  zu  nehmen  haben.  Abgesehen  von  der  Prüfung  der 
durch  die  Engländer  vorgelegten  Ergebnisse  wird  nun  die  Erforschung 
des  Einzelnen  an  die  Reihe  kommen.  Ohne  Zweifel  hat  dieselbe 
durch  die  neue  Karte  von  Palästina  die  erwünschte  genaue  Unterlage 
endlich  erhalten.  In  erster  Linie  sind  Ausgr  abu  n  g  e  n  ins  Auge 
zu  fassen  ;  und  die  Schutt-  und  Trümmerstätten  des  Heiligen  Lan- 
des lassen  für  diese  Arbeiten  reichen  Lohn  erwarten.  Denn  während 
der  Boden  anderer  Länder,  Avelche  eine  denkwürdige  Vergangenheit 
hinter  sich  haben,  schon  vielfach  nach  den  Resten  der  vergangenen. 
Culturperioden  durchforscht  ist ,  verdeckt  in  Palästina  noch  immer 
der  alte  Schutt,  wenigstens  zum  grössten  Theil  von  Spaten  und  Hacke 
unberührt,  vielleicht  sehr  werthvolle  Denkmäler  der  Völker  des  Alter- 
thums  und  des  Mittelalters.  An  vorsichtiger  Ueberlegung  wird  es  der 
Vorstand  des  Vereins  nicht  fehlen  lassen,  um ,  soviel  menschliche  Er- 
kenntniss  vermag,  die  Arbeiten  an  der  rechten  Stelle  einzuleiten  und 
so  die  dem  Verein  anvertrauten  Mittel  in  erfolgreicher  Weise  zu  ver- 
werthen.  Sobald  ein  Plan  für  die  Ausgrabungen  festgestellt  ist,  wird 
darüber  Mittheilung  gemacht  werden.  Hoffen  Avir  nur,  dass  die  Aus- 
führung desselben  vom  Glück  begünstigt  sein  möge ! 

Auch  von  Seiten  einzelner  Vereinsmitglieder,  so  namentlich  von 
Herrn  Baron  von  Ustinow  in  Jafa  sind  einmalige  ausserordentliche 
Beiträge  zum  Expeditionsfonds  eingegangen.  Die  geehrten  Geber  kön- 
nen sich  des  besonderen  Dankes  des  Vereins  versichert  halten.  Der 
Ausschuss  glaubt  gerade  in  diesem  Augenblick ,  wo  er  über  die  Ver- 
wendung der  bereits  vorhandenen  Mittel  beräth,  die  Hoffnung  aus- 
sprechen zu  dürfen ,  dass  der  Expeditionsfonds ,  abgesehen  von  dea 
laufenden  höheren  Beiträgen  einer  nicht  geringen  Anzahl  von  Mitglie- 
dern, noch  häufiger  als  bisher  durch  einmalige  ausserordentliche  Gaben 
erhöht  w-erden  möge.  Ebenso  ist  jede  Bemühung,  dem  Vereine  neue 
Freunde  und  Unterstützer  zu  gewinnen,  vom  Ausschuss  stets  mit  leb- 
hafter Freude  begrüsst  worden  und  wird  wie  bisher,  so  auch  in  Zu- 
kunft durch  Zusendung  von  Prospecten  und  Nachrichten  unterstützt 
werden.  Es  ist  für  den  Ausschuss  eine  Unmöglichkeit,  in  den  ver- 
schiedenen Orten  und  Kreisen  selbst  das  Interesse  für  den  Verein  zu 
wecken.  Er  muss  es  daher  zum  grossen  Theil  dem  Eifer  der  Mitglieder 
vertrauensvoll  anheimstellen,  durch  Vorträge  oder  durch  Aufsätze  in 
öffentlichen  Blättern  für  die  stets  zu  vermehrende  Betheiligung  an  den 
Bestrebungen  des  Vereins  Sorge  zu  tragen. 

Unseren  Landsleuten  in  Palästina  haben  wir  auch  für  das- 


X 

hinter  uns   liegende  Vereinsjahr  verschiedene   werthvolle  Beiträge  zur 
Palästinaforschung  zu   verdanken  gehabt.    Der  zweite  Band  der  Zeit- 
schrift giebt   davon  Kunde.     Neben  Herrn  Baurath  C.   Schick,   von 
dessen  unermüdlichem  Fleiss  jedes  Heft  unserer  Zeitschrift  Zeugnis« 
giebt,  hat  der  kaiserlich  deutsche  Consul  im  heiligen  Lande ,   Freiherr 
vo>-  Mf-xcHHAXTSEN,  ebeuso  aus  freiem  Antriebe  wie  auf  unsere  Bitte, 
uns  in  dankenswerther  Weise  mit  Nachrichten  und  Beiträgen  unter- 
stützt.   Dem  Aufsatze  von  Herrn  Dr.  O.  Fbaas  (ZDPV.  II,  p.  113  ff. 
liegen  Mittheilungen  von  Herrn  Chr.  Paulus  sen.   in  Jerusalem  zu 
Grunde,   und  auch  der  dritte  Band  der  Zeitschrift  wird  durch  seinen 
Inhalt  zeigen,  dass  unsere  Bitte  um  Unterstützung  unserer  Zwecke  an 
die  Freunde  und  Gönner  des  Vereins  in  Palästina  nicht  vergeblich  ge- 
wesen ist :  sie  vor  allen  sind  im  Stande,  dauernd  und  regelmäs  sig 
zu  beobachten,  von  jeder  neuen  Entdeckung  sofort  Notiz  zu  nehmen 
und  zu  berichten.    Der  Verein  legt  daher  grossen  "Werth  auf  die   bis 
jetzt  schon  freundlichst  gewährte  und  stets  neu  erbetene  Unterstützung 
seiner  in  Palästina  wohnhaften  Mitglieder  und  Freunde.    In  der  Hoff- 
nung auf  ihre  Geneigtheit .    die  Kenntniss  der  sie  in  der  neuen  Hei- 
math  umgebenden  Landbevölkerung  bei  uns  zu  vermehren ,    hat  der 
Unterzeichnete  in   seiner  Eigenschaft  als  Redacteur  im  Februar  und 
März  dieses  Jahres  zahlreiche  Aufforderungen  an  sie  ergehen  lassen, 
über  die  L  e  b  e  n  s  w  e  i  s  e  ,   Sitten,  Gebräuche,  Sprache.  An- 
schauungen etc.   der  Fellachen  Berichte  an  die  Redaction  ein- 
zusenden, damit  auf  Grund  möglichst  zahlreicher,  mit  den  genauesten 
Nachweisungen  über  Ort  und  Zeit  der  Beobachtung  versehener  An- 
gaben ein  sicheres  LTrtheil  über  die  Herkunft  und  die  Eigenthümlich- 
keit  derselben,    beziehentlich  über  einen  Zusammenhang  mit  früheren 
Bewohnern  und  Sitten  des  Landes,  herbeigeführt  werde. 

Freilich  würde  eine  solche  Mitarbeit  von  Landesbewohnern  an  der 
Erforschung  Palästina's  raschere  und  grössere  Erfolge  in  Aussicht  stel- 
len, wenn  es  gelänge,  dieselbe  zu  organisiren.  Alle  zur  Hülfe  bereiten 
Kräfte  müssten  sich  zu  gemeinsamem  Anschluss  um  einen  Mittelpunkt 
vereinigen.  Dorthin  würden  sie  ihre  Mittheilungen  richten,  von  dort 
Rathschläge  und  Winke  empfangen.  An  dieser  Centralstelle  wären 
die  Mittheilungen  zu  prüfen,  eventuell  durch  neue  oder  andere  Beob- 
achtungen zu  erweitern,  zu  ordnen  und  so  zur  Veröffentlichung  vorzu- 
bereiten. Natürlich  ist  für  diese  Geschäfte  ein  Mann  erforderlich, 
welcher  die  nöthige  Fachbildung  besitzt  und  die  bisherigen  Resultate 
der  Forschung  kennt  und   beherrscht.     Die   Lösung  der  Aufgabe  in 


VI 


vollem  Umfange  erforderte  allerdings  zwei  Kräfte ,  die  eine  für  die 
sprachlich-archäologiscli-historisclie,  die  andere  für  die  naturwissen- 
schaftliche Seite  der  Forschung.  Von  beiden  ist  die  sprachlich-archäo- 
logisch-historische Seite  die  dringlichere  ;  denn  das  Material,  welches 
ihr  zufällt,  verändert  sich  stets  und  entfernt  sich  zusehends  mehr  von 
seiner  ursprünglichen  Gestalt.  Hingegen  sind  die  Objecte  der  natur- 
wissenschaftlichen Beobachtungen  durchaus  nicht  in  gleichem  Maasse 
Veränderungen  unterworfen  ;  sie  bestehen  zum  grossen  Theil  in  regel- 
mässig Aviederkehrenden  Erscheinungen  oder  gar  bleibenden  Eigen- 
thümlichkeiten.  Es  müssen,  kurz  gesagt.  Avissenschaft liehe  Sta- 
tionen in  Palästina  errichtet  werden  ,  und  zwar  in  erster  Linie  eine 
historisch-archäologische,  in  zweiter  Linie  eine  natur- 
wissenschaftliche. Die  Vortheile  liegen  auf  der  Hand :  dauernde 
und  regelmässige  Beobachtung,  Beurtheilung  des  Wahrgenommenen 
durch  eine  fachmännische  Kraft,  wissenschaftliche  Berichterstattung, 
endlich  Organisation  der  im  Lande  einheimischen  Kräfte.  Ohne  Zwei- 
fel ist  die  Emchtung  auch  nur  der  archäologischen  Station  in  dem 
eben  angedeuteten  Umfange  eine  kostspielige  Sache.  Allein  desshalb 
darf  der  Plan  nicht  aufgegeben  werden.  Für  eine  richtig  gestellte  und 
lohnende  Aufgabe  haben  sich  noch  immer  die  Mittel  gefunden. 

Ueber  die  erste  Generalversammlung  zu  Trier  am  2  5 .  Sep- 
tember 1879  ist  der  protokollarische  Bericht  in  den  »Nachrichten  über 
Angelegenheiten  des  deutschen  Vereins  zur  Erforschung  Palästina's« 
ZDPV.  II,  p.  XX  flf.)  veröffentlicht.  Von  der  damals  dem  geschäfts- 
führenden Ausschuss  ertheilten  Vollmacht ,  für  das  weitere  Comite 
einige  neue  Mitglieder  zu  gewinnen ,  ist  in  der  Weise  Gebrauch  ge- 
macht worden,  dass  die  Herren  Professoren  DD.  G.  Bickell  in  Inns- 
bruck,  Ed.  Böhx  und  W.  A.  Xeumann  in  Wien,  P.  Schegg  und 
E.  Trijmpp  in  München  ,  soweit  sie  nicht  schon  in  Trier  von  der  Ge- 
neralversammlung gewählt  waren ,  um  ihren  Eintritt  in  das  weitere 
Comite  ersucht  worden  sind.  Nachdem  von  sämmtlichen  genannten 
Herren  eine  bejahende  Antwort  eingegangen  ist,  zählt  das  weitere  Co- 
mite 24  Mitglieder.  Durch  die  Zusammensetzung  desselben  glaubt  der 
Ausschuss  deutlich  an  den  Tag  gelegt  zu  haben,  dass  weder  politische 
Grenzen  noch  confessionelle  Unterschiede  der  Theilnahme  an  den 
Verein  hindernd  in  den  Weg  treten  sollen. 

Der  auf  der  Generalversammlung  des  Vereins  ausgesprochene 
Plan,  unsere  Kenntniss  des  alten  Palästina  durch  Bearbeitung  der 
in  altjüdischen,    syrischen    und  arabischen  Schriften 


VII 


enthaltenen  Nachrichten  über  dieses  Land  zu  erweitern ,  ist 
nicht  auser  Acht  gelassen  worden.  In  den  Monaten  April  und  Mai  hat 
die  Redaction  Aufforderungen  zur  Betheiligung  an  dieser  Aufgabe  an 
solche  Gelehrte,  deren  Urtheil  und  Hülfe  für  werthvoU  und  erreichbar 
erachtet  werden  konnte  ,  gelangen  lassen.  Diese  Anregung  hat  sym- 
pathische Aufnahme  gefunden.  Von  mehreren  Gelehrten  sind  bereits 
Beiträge  in  nahe  Aussicht  gestellt  worden.  Indessen  wird  über  die 
genauere  Ausführung  des  Planes ,  namentlich  hinsichtlich  der  arabi- 
schen Literatur,  gegenw'ärtig  noch  verhandelt. 

Ueber  den  Zuw'achs  der  Palästina-Bibliothek  ist  inZDPV. 
II,  p.  VIII — X,  pp.  XXV.  XXVI  berichtet  worden.  Den  geehrten 
Gebern,  welchen  diese  Vermehrung  hauptsächlich  zu  verdanken  ist,  sei 
an  dieser  Stelle  nochmals  der  wärmste  Dank  ausgesprochen.  Eine  Be- 
nutzung der  Bibliothek,  sowohl  hier  in  Leipzig  als  nach  auswärts,  hat 
schon  verschiedene  Male  statt  gefunden.  Gegen  Einsendung  eines 
Leihscheins  wird  das  gew'ünschte  Buch,  wenn  vorhanden,  sofort  ver- 
abfolgt. 

Ueber  die  Kassen  Verhältnisse  giebt  der  nachfolgende  »Aus- 
zug aus  der  Rechnung  über  Einnahme  und  Ausgabe  der  Kasse  des 
D.P.V.  im  Jahre  1879«  Rechenschaft.  Auch  dieses  Mal  haben  sich 
die  Herren  Prof.  Dr.  Gildemeister  und  Pfarrer  Dr.  K.  Furrer  in 
Zürich  durch  rasche  Revision  der  Rechnung  um  den  Verein  verdient 
gemacht  und  sich  aufs  neue  ein  Anrecht  auf  den  Dank  desselben  er- 
worben. 

Leipzig.  IS.  Juni  ISSO. 

Für  den  Ausschuss 

H.   GUTHE. 


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Persoiialuaclirichteu  uud  geschäftliche  Mittheiluugen. 

Als  Mitglieder  sind  dem  Vereine  ferner  beigetreten  : 

Behrmami,  Hauptpastor  an  St.  Michaelis  in  Hamburg. 
Bibliotheken : 

Bibliothek  der  Hochschule  für  die  Wissenschaft  des  Judenthums 
in  Berlin,  Prof.  Dr.  Lazarus. 

Bibliothek  der  israelitischen  Cultusgemeinde  in  Wien,  Dr.  Franhl. 

Bibliothek  der  Synagogengemeinde  in  Breslau.  Dr.  M.  Bra7m. 

Königliche  Universitätsbibliothek  in  Marburg,  Prof.  Dr.  Cäsar. 
Calinic/i,  Dr.  phil.,  Hauptpastor  an  St.  Jacobi  in  Hamburg. 
Cassel,  Dr.  th.  P.,  Professor  und  Pastor  in  Berlin. 
CIncolson,  Dr.  Dan.,  wirkl.  Staatsrath  und  Professor  in  Petersburg. 
Ditfmer.  Dr.  phil.,  Astronom  und  Ingenieur  in  Charlottenburg. 
Dobel,  Dr.  Friedr.,  Archivar  in  Augsburg. 
Eckhardt,  C.  P.  W.,  Stud.  theol.  in  Leipzig. 
Geher.  Cand.  theol.  C,  in  Basel. 
Grimbamn,  Dr.  M.,  in  München. 
Hemann,  Pfarrer  im  Proselytenhaus  in  Basel. 
Klein,  Rev.  F.  A.,  in  Sigmaringen. 
Krähe.  Dr.  phil.  Ed.,  Stadtschulinspektor  in  Berlin. 
Lantz,  JH.,  Rittergutsbesitzer  in  Lohausen  b/Kaiserswerth. 
Lei/ding,  Superintendent  in  Geversdorf  a/d.  Oste  (Hannover) . 
Loijtved,  königl.  dänischer  Vice-Consul  in  Beirut. 
Mönckebcrg,  Dr.  th.,  Archidiakonus  an  St.  Nicolai  in  Hamburg. 
Paul,  Heinr.,  Stadtvikar  in  Schwetzingen    Baden~  . 
Sattler,  Dr.  E.,  Privatier  in  Fluntern  b/Zürich. 
Schieiden,  Dr.  phil.,  in  Hamburg. 
Schrameier,   W.,  Stud.  phil.  in  Leipzig. 
Schulte,  Dr.,  Pfarrer  in  Erwitte  b/ Lippstadt. 

Schtcarz.  Cand.  th.  G..  Vorsteher  der  Deutschen  Schule  in  .lata. 
Sieveking.  Dr.  jur.  Herrn.,  in  Hamburg. 
Smend,  Dr.  phil.  Rud.,  Professor  in  Basel. 
Trtimpp.  Dr.  phil.  E..  Professor  in  München. 


X 


Vereine : 

Deutscher  Verein  in  Jafa. 

WacTiernagel,   IV.,  luth.  Pastor  in  Manch  Chunk,  Pennsylvanien. 
Wagiier  ^  Debes,  Geographische  Anstalt  in  Leipzig. 
Witte,  Landgerichtsclirektor  in  Breslau  und  Mitglied  des  Reichstags. 
Zeller,  Rev.  /. ,  Missionar  in  Jerusalem. 

V.  Zuylen  van  Nyevelt,   Graf.   Königl.   Niederländischer  Gesandter  in 
Wien . 

Aus  dem  Vereine  traten  aus  : 
Capitel-Lese- Verein  von  Memmelsdorf  in  Bayern. 
Monssa,  Rev.  A.,  Ann  Arbor  in  Nordamerika. 
Schuhe,  Lic.  Dr.  G.,  Prediger  in  Langensalza. 
Wagner,  Gottlieb,  in  Belsen  by Tübingen. 


Am  30.  April  d.  J.  hat  Se.  Excellenz  der  Königlich  Preussische 
Minister  der  geistlichen,  Unterrichts-  und  Medicinal- Angelegenheiten, 
Herr  von  Puttkamer,  auf  ein  im  Auftrage  des  geschäftsführenden  Aus- 
schusses eingereichtes  Gesuch  dem  Verein  als  Beitrag  zur  Begründung 
eines  Expeditionsfonds  einen  Betrag  von  3000 Mark  bewilligt.  Diese 
Summe  ist  aus  dem  vorhandenen  Kassenbestande  des  Vereins  um  so 
viel  erhöht  worden,  dass  dafür  4  Stück  S'^/q  Sächsische  Rentenbriefe 
ä  1000  Mark  zum  Course  von  77,10  angekauft  werden  konnten. 

Se.  Excellenz  der  wirkl.  Staatsrath  Herr  von  Hitroio  in  St.  Peters- 
burg hat  dem  Verein  eine  einmalige  Gabe  für  den  Expeditionsfonds 
von  16  Mark  ttbersandt. 

Die  Originalzeichnungen  des  Herrn  Th.  Sandcl,  Architecten  in 
Jerusalem,  nach  welchen  die  diesem  Hefte  beigegebene  Tafel  lU  an- 
gefertigt ist,  verdanken  wir  der  Güte  des  Herrn  Baron  von  Ustinow  in 
Jafa.  Derselbe  hat  die  Originalaufnahmen,  welche  auf  seine  Kosten 
gemacht  wurden  (Maasstab  des  Planes  von  Jafa  1:2000,  der  Karte 
1 : 1  0000; ,  der  Redaction  behufs  der  Veröffentlichung  zeitweise  freund- 
lichst zur  Verfügung  gestellt.  Der  Verein  ist  dem  genannten  Herrn 
dafür  zu  lebhaftem  Danke  verpflichtet. 


Verzeichniss  sämmtlicher  Mitglieder  des  Deutschen  Vereins 
zur  Erforschung  Palästina's. 


Seine  Majestät  der  Deutsche  Kaiser  und  König  von  Preüssen. 

Seine  Majestät  der  König  von  Württemberg. 

Seine   Königliche    Hoheit    der    Grossherzog    von    Mecklenburg- 

ScmVERIN. 

Seine  Kaiserliche  und  Königliche  Hoheit  der  Kronprinz  des  Deutschen 

Reichs  und  von  Preüssen. 
Seine  Durchlaucht  der  Fürst  von  Hohenzollern-Sigmaringen. 

Abbot,  Ezra,  Professor  in  Cambridge,  Nordamerika. 

Aberle,  H.  G.,  Sekretär  d.  Gesellschaft  d.  deutschen  Tempels  in  Stutt- 
gart. 

V.  Alten,  Baron,  geh.  Legationsrath  in  Montreux. 

Amsler,  K.,  königl.  belg.  Consul  in  Beirut. 

Antunin,  Archimandrit  in  Jerusalem. 

Arndt,  Dr.  Th.,  Seminaroberlehrer  in  Dresden. 

Auerbach,  Dr.  L.,  Rabbiner  in  Halberstadt. 

Aiming,  Pastor  in  Sesswegen,  Livland. 

Baarts,  Pastor  d,  deutsch-franz .  ev.  Gemeinde  in  Beirut. 

Baedelcer,  K. ,  Buchhandlung  in  Leipzig. 

Baethcke.  Pfarrer,  Bibliothekar  der  Ephorie  Thal  Schwarzhausen'  in 
Thüringen . 

Ball,  Dr.,  Ober-Consistorialrath  in  Coblenz. 

Barrelet,  J.,  Pastor  in  Boudevilliers,  Neuchatel. 

Barth,  Dr.  /. ,  in  Berlin. 

Bassermann,  Dr.  H.,  Professor  in  Heidelberg. 

V.  Baudissin,  Graf,  Dr.   W.,  Professor  in  Strassburg. 

Baur,  Dr.  G.,  Consistorialrath  u.  Professorin  Leipzig. 

Baur.  J.,  Pfan-er  in  Dietershofen  bei  Klosterwald. 


XII 


Behrmann,  Hauptpastor  an  St.  Michaelis  in  Hamburg. 
Beritner,  Dr.  A.,  Docent  am  Rabbinerseminar  in  Berlin. 
Bernays,  Dr.  /. .  Professor  in  Bonn. 
Bertheati,  Carl,  Pastor  an  St.  Michaelis  in  Hamburg. 
Berthean,  Dr.  E..  Hofrath  u.  Professor  in  Göttingen. 

Bibliotheken : 

der  Hochschule  für  die  "Wissenschaft  des  Judenthums  in  Berlin, 

Prof.  Dr.  Lazarus. 
der  israelitischen  Cultusgemeinde  in  Wien,  Dr.  Frankl. 
der  Synagogengemeinde  in  Breslau,  Dr.  M.  Braun. 
des  Rabbiner-Seminars  in  Berlin,  Dr.  A.  Berliner. 
Diöcesanbibliothek  Hornberg     Baden  ,    Pfarrer  Fr.  Zimmermaim 

in  Gutach. 
Gymnasialbibliothek  in  P^hingen. 

in  RottAveil. 
Königliche  öffentliche  Bibliothek  in  Stuttgart. 
Ministerialbibliothek  in  Schaff  hausen,  C.  A.  Bächtold,  Pfarrer. 
Öffentliche  Bibliothek  in  Basel,  Dr.  L.  Sieber. 

-  in  Leyden.  Holland. 

-  in  Oxford,  Dr.  Neubauer. 
Stadtbibliothek  in  Frankfurt  a/Main,  Dr.  Haueisen. 

-  in  Hamburg.  Dr.  Isser. 
Universitätsbibliothek  in  Dorpat. 

-  in  Giessen, 

-  in  Halle.  Dr.  0.  Hartwig. 

-  in  Leipzig. 

-  in  Marburg,  Prof.  Dr.  Caesar. 

-  in  Prag. 

-  in  Strassburg. 

in  l'trecht,  Prof.  P.  A.  Tiele. 

Birmann,  eidgen.  Ständerath  in  Liestal. 

Boehl,  Dr.  F..,  Professor  in  Wien. 

Boehringer.  Immanuel,  in  Bönnigheim,  Württemberg. 

V.  Böhtlingk,  Dr.   0.,  kais.  russ.  Staatsrath  in  Jena. 

Boettger,  G.,  Pastor  emer.  in  Dresden. 

Bonsack,  P.,  Pfarrer  in  Sundhausen  bei  Gotha. 

Bonwetsch,  Mag.  N.,  Docent  der  Theologie  in  Dorpat. 


XIII 


Braut!.  Dr.  /. .  Landes- Advocat  in  Frag. 

ßn'ill,  Dr.  Adolf,  in  Frankfurt  a  M. 

Briming,  Consul  des  deutschen  Reiches  in  Beirut. 

Budde,  Lic.  Dr.  C.  Professor  in  Bonn. 

Bitrckhardt,  Dr.  C.  F.,  Alt-Bürgermeister  in  Basel. 

Brtrchhardt-Zahn,  Ed.,  Kaufmann  in  Basel. 

Calinich.  Dr.  phil.,  Hauptpastor  an  St.  Jacobi  in  Hamburg. 

Cassel.  Dr.  th.  P. .  Professor  und  Pastor  in  Berlin. 

Chaplin.  Dr.  med.   Thom.,  in  Jerusalem. 

Chapuis,  Dr.  F.,  Professor  in  Lausanne. 

C/iioolson,  Dr.  Dan.,  wirkl.  Staatsrath  und  Professor  in  St.  Petersburg. 

Clause?},  Consistorial-Rath  in  Brügge  bei  Kiel. 

Conradij,  L.,  Pfarrer  a.  D.  in  Miltenberg. 

Dalton,  Consistorial-Rath  in  St.  Petersburg. 

Delitzsch,  Dr.  Franz.  Professor  in  Leipzig. 

Dieckmann,  F.,  Pastor  in  Xetzelkow,  Pommern. 

Dillmann.  Dr.  A.,  Professor  in  Berlin. 

Dittmer.  Dr.  phil..  Astronom  und  Ingenieur  in  Charlottenburg. 

Dobel,  Dr.  Friedr..  Archivar  in  Augsburg. 

Dörr,    iV.,  in  Bonn. 

Duisberg,    W.,  Kaufmann  in  Jerusalem. 

Ebers,  Dr.  G.,  Professor  in  Leipzig. 

Eckhardt,  C.  F.    IV.,  Stud.  theol.  in  Leipzig.     , 

Ehinger-Geigy  in  Basel. 

Eisenlohr,  Dr.,  Professor  in  Heidelberg. 

Euting,  Dr.  /. ,  Oberbibliothekar  in  Strassburg. 

Faber,   W.,  Superintendent  in  Mansfeld. 

Fag,  F.  R.,  Pfarrer  in  Crefeld. 

Fehr,  Dr.  Fredrik.  Docent  in  Stockholm. 

Fell,  Dr.    Win.,  Gymnasiallehrer  in  Cöln. 

Fleischer,  Dr.  H.  L..  geh.  Hofrath  u.  Professor  in  Leipzig. 

Floeckner,  Dr.  theol.,  Oberlehrer  in  Beuthen. 

Fdrstemami,  Dr.,  Bibliothekar  in  Leipzig. 

Fraas,  Dr.  O.,  Professor  in  Stuttgart. 

Frank.  Dr.,  Rabbiner  in  Cöln. 

Frenkel,  Dr.  E.,  Gymn. -Oberlehrer  in  Dresden. 

Frutiger  if  Comp..  /..  in  Jerusalem. 

Furrer.  Dr.  K.,  Pfarrer  in  Zürich. 

Geizer.  Carl.  Cand.  theol.  in  Basel. 


XIV 


Gildemeister,  Dr.  /. ,  Professor  in  Bonn. 

Oodet,  Dr.  F.,  Professor  in  Neuchätel. 

de  Goeje,  Dr.  M.,  Professor  in  Leyden. 

Görgens,  Dr.  E.  P.,  Professor  in  Bern. 

Goldzi/ier,  Dr.  /. ,  Docent  an  der  Universität  in  Budapest. 

Gonell,  Pfarrer  in  Katznase  bei  Altfelde,  Westpreussen. 

Gosche,  Dr.,  Professor  in  Halle. 

Grätz,  Dr.  H.,  Professor  in  Breslau. 

Grossmann,  Lic.  Dr.,  Superintendent  in  Grimma. 

Grünbaum,  Dr.  M.,  in  München. 

Griindt,  Dr,  F.  J.,  Oberlehrer  in  Dresden. 

Guthe,  Lic.  H.,  Docent  in  Leipzig. 

Hagenmeyer,  ev.  Pfarrer  in  Gross-Eichholzheim,  Baden. 

Halberstamm,  S.  J. ,  in  Bielitz,  Oestreich. 

Haleiy,  J .,  Professor  in  Paris. 

HarJcavy,  Prof.  Dr.  Alb.,  Bibliothekar  an  der  k.  öffentl.  Bibliothek  in 

St.  Petersburg. 
Har7iach,  Dr.  Ad.,  Professor  in  Giessen. 
Hartcke,  J..  Schulvorsteherin  in  Neu-Stettin. 
Hartmann,  Dr.,  Kanzler  des  kais.  deutschen  Consulats  in  Beirut. 
Hefter,  Rever.  Dr.  yi  ,  in  Frankfurt  a/Main. 
Heinrici,  Dr.,  Professor  in  Marburg. 
Helle,  Dr.  F.   W.,  in  Frankenstein. 
Hemann,  Pfarrer  im  Proselytenhaus  in  Basel. 
Heucke,  Pastor  in  Schwerin. 
Hetissler,  G.,  Pfarrer  in  Basel. 
Hildesheimer,  A..  in  Halberstadt. 
Hildesheimer.  Dr.  /. ,  Seminardirector  in  Berlin. 
Hildesheimer,  Levi,  in  Odessa. 
Himpel,  Dr.  F.,  Professor  in  Tübingen. 
Hirsch,  Aro7i  J.,  in  Halberstadt. 
Hirsch,  Gustav,  in  Berlin. 

v.  Hitroic,    W.,  kais.  russ.  wirkl.  Staatsrath  in  Petersburg.     . 
Hoernle,  R  .  Professor  in  Calcutta. 
Hnffmann.  Lic.  C. ,  Superintendent  in   Frauendorf  bei  ZüUchow.    R.- 

Bez.  Stettin. 
Hoffmann,  Ch.,  Vorsteher  des  Tempels  in  Jerusalem. 
Hoffmann,  Dr.  G.,  Professor  in  Kiel. 
Hollcnberg,  Dr.  /. ,  Gymnasiallehrer  in  Moers. 


x\ 


Holst,  /.,  Pastor  in  Riga. 
Hommel,  Dr.,  Bibliothekar  in  München. 
Illes,  Stefan,  in  Bern. 
Jäger,  Buchhändler  in  Basel. 
Jenner,   W..  Cand.  theol.  in  Wolfenbüttel. 
Jö7-g.  Dr.  med.  Chr.  Osic,  in  Leipzig. 
Jonas.  Dr.  juris,  Advocat  in  Frankfurt  a  M. 
Kaempf,  Dr.  aS'.  /.,  Professor  in  Prag. 
Kaftan,  Dr.  /. ,  Professor  in  Basel. 

Kalliivoda,  Günther,  Abt  des  Benediktinerstifts  Raigern  bei  Brunn. 
Kalmus,  Julius,  in  Berlin. 
Kamphausen,  Dr.  A.,  Professor  in  Bonn. 
Kattenbusch,  Dr.  F.,  Professor  in  Giessen. 
Kauffma7m,  J.,  Buchhändler  in  Frankfurt  a/M. 
Kautzsch,  Dr.  E.,  Professor  in  Tübingen. 
Reisten,  Dr.  phil.  O.,  in  Berlin. 
Kiepert,  Dr.  H.,  Professor  in  Berlin. 
Kiepert,  Dr.  phil.  R.,  in  Berlin. 
Kind,  Dr.  A.,  Diakonus  in  Jena. 
Kinzler,  Adolph,  Pfarrer  im  Missionshaus  in  Basel. 
Kirstein,  Dr.  med.,  in  Berlin. 
Klaiher,  Dekan  in  Göppingen,  "Württemberg. 
Klein,  Stadtpfarrer  in  Pforzheim. 
Klein,  Rev.  F.  A  .  in  Sigmaringen. 

Kneucker,  Dr.  /.  /. ,  Pfarrer  in  Ziegelhausen  bei  Heidelberg. 
Kober-Gobat,  P.  J.  F.,  in  Basel. 
Koch,  A.  W.,  Professor  in  Stuttgart. 
Kngel,  Dr. ,  Hofprediger  in  Berlin. 
Köhler,  Dr.  A.,  Professor  in  Erlangen. 

Koelling,  Lic.  H.,  Superintendent  in  Roschkowitz  bei  Pitschen.  Über- 
Schlesien. 
König,  Dr.  /. ,  Professor  in  Freiburg  i.  Br. 

König,  Lic.  Dr.  E.,  Oberlehrer  u.  Docent  a.  d.  Universität  in  Leipzig. 
Kol,  E.,  Bankier  in  Utrecht. 
Konifeld,  Dr.  med.  H.,  in  Wohlau. 
Kosut,  Dr.  Jar..  in  Prag. 

Krähe,  Dr.  phil.  Ed.,  Stadtschulinspektor  in  Berlin. 
Krafft,  Dr.,  Professor  in  Bonn. 
Krause,  Albr.,  Pastor  an  St.  Catharina  in  Hamburg. 


XVI 


Krehl,  Dr.  L.,  Professor  und  Oberbibliotliekar  in  Leipzig. 

Krenkel,  Dr.  Max,  in  Dresden. 

Küper,  Dr.,  Consistorialrath  in  Stettin. 

de  Lagarde,  Dr.  P.,  Professor  in  Göttingen. 

de  Laharpe,  Dr.,  in  Genf. 

Landgraff,  Dr.  Th. ,  in  Heidelberg. 

Lange,  Regierung«-  und  Baurath  in  Cassel. 

Lantz,  H.,  Rittergutsbesitzer  in  Lohausen  b/Kaisers\verth. 

Leyding,  Superintendent  in  Geversdorf  a/d.  Oste  i  Hannover) . 

Legrer,  Pfarrer,  Plochingen  (Württemberg] . 

Lichtejistein,  Alb.,  in  London. 

Lindner,  Dr.  Br.,  Docent  an  der  Universität  in  Leipzig. 

Loewenthal,  H.,  in  Cassel. 

Lorange,  Dr.  med.,  in  Beirut. 

Loth,  Dr.  O.,  Professor  in  Leipzig. 

Loytved,  königl.  dänischer  Vice-Consul  in  Beirut. 

Lütge,  H.,  Pastor  in  Amsterdam. 

LAitticke,  Vice-Consul  des  deutschen  Reiches  in  Damascus. 

Lüttke,  31.,  Pfarrer  in  Schkeuditz  bei  Halle  aS. 

Lüizenkirc/ien,  A.  L.  C,  Stud.  phil.  in  Leipzig. 

Marti,  Lic,  Pfarrer  in  Buus  im  Kanton  Baselland. 

Menzel,  Dr.  A.,  Professor  in  Bonn. 

Merhle,  l'farrer  in  Wurzach,  Württemberg. 

de  Meuron,  H.,  Pastor  in  St.  Blaise,  Canton  NeuchiUel. 

Mezger,  Seminarephorus  in  Schönthal,  Württemberg. 

Mönckeberg,  Dr.  th.,  Archidiakonus  an  St.  Nicolai  in  Hamburg. 

V.  Moltke,  Graf,  Exe,  Feldmarschall  in  Berlin. 

Moody,  A.,  Pastor  der  evang.  Gemeinde  in  Prag. 

Mühlau,  Dr.  F.,  kais.  russ.  Staatsrath,  Professor  in  Dorpat. 

Müller,  Dr.  A.,  Professor  in  Halle. 

Müller,  Dr.  /.  F.,  Mennonitenprediger  in  Emden. 

V.  Münr/i/iausen,  Freiherr,  kais.  deutscher  Consul  in  Jerusalem. 

Mnnk,  E.,  Rabbinatsassessor  in  Altona. 

Napier,  Freder.,  in  London. 

Nestle,  Dr.  E.,  Helfer  in  Münsingen,  Würtemberg. 

Neuland.  Pastor  in  Peterscapelle,  Livland. 

Neumann,  Dr.   Wilh.,  Professor  in  Wien. 

Nieden,  Dr.,  Generalsuperintendent  in  Coblenz. 

Nfildeke,  Dr.  Th..  I'rofessor  in  Strassburg. 


XVII 


Nowack,  Lic.  Dr.,  in  Berlin. 

Oort,'Dx.  H.,  Professor  in  Leyden. 

V.  Orelli,  Dr.  C,  Professor  in  Basel. 

Osgood,  Howard,  Professor  in  New-York. 

Palm.  Dr.,  Professor  in  Schaff  hausen . 

Palmer,  F.,  Vorsteher  der  englischen  Zionsschule  in  Jeriisalem. 

Paul,  Heinr.,  Stadtvikar  in  Schwetzingen,  Baden. 

Paulus,  Dr.  /. ,  in  Cleversulzbach  bei  Neuenstadt,  Württemberg. 

Pestalozzi,  Pfarrer  am  Grossmünster  in  Zürich. 

Plulippi,  Dr.,  Professor  in  Rostock. 

PJiotius,  Archidiakonus  des  Kreuzklosters  bei  Jerusalem. 

Preiswerk,  S.,  Pfarrer  an  St.  Alban  in  Basel. 

Pnjm,  Dr.  E..  Professor  in  Bonn. 

Rabener,  M.  S.,  Director  in  Jassy,  Moldau. 

Rainiss,  Julius,  Professor  und  Stiftsbibliothekar  in  Zircz,  Ungarn. 

Redslob,  Dr.  G.  M.,  Professor  in  Hamburg. 

Reifu'cke,  Lic.  Dr.,  evangelischer  Pfarrer  in  Jerusalem. 

Reusch,  Dr.  F.  H.,  Professor  in  Bonn. 

Reuss,  Dr.  E.,  Professor  in  Strassburg. 

Richter,  Dr.  /.  P.,  in  London. 

Riehm,  Dr.  E.,  Professor  in  Halle  a  S. 

Riess,  Dr.,  Stadtpfarrer  in  Ludwigsburg,  Württemberg. 

Rigge7ihach,  Dr.  /. ,  Professor  in  Basel. 

Ritschi,  Dr.  Albr.,  Consistorialrath  u.  Professor  in  Göttingeu. 

Röhricht,   Lic.  Dr.  Reinhold,  Oberlehrer  am  Humboldtsgymnasium  in 

Berlin . 
Röpe,  H.,  Pastor  an  St.  Jacobi  in  Hamburg. 

Rösch,  G.,  Pfarrer  in  Langenbrand  b.  Neuenbürg,  Württemberg. 
du  Roi,  Ad. ,  Amtsrichter  in  Salder,  Braunschweig. 
V.  Rosen,  Baron  V.,  Docent  in  Petersburg. 
r.  Roth,  Dr.  R..  Professorin  Tübingen. 
Rothe,  H.,  Seminarlehrer  in  Cammin,  Pommern. 
Rothstein,  Lic.  Dr.,  Gymnasiallehrer  in  Elberfeld. 
Ruetschi,  Dr.  R.,  Decan  u.  Professor  in  Bern. 

Ryssel,  Lic.  Dr.  F.,  Oberlehrer  u.  Docent  a.  d.  Universität  in  Leipzig. 
Sachse,  Dr.  G..  Gymnasiallehrer  in  Posen. 
Sandreczki,  Dr.  med.,  in  Jerusalem. 
Sandreczki,  Dr.  C,  in  Passau. 
*Sarasin- Bischoff ,  Theodor,  Kaufmann  in  Basel. 

Ztschr.  (1.  Pul.-Ver.  III.  ^ 


XVIII 


Sarasin-Stehlin .  Riid..  Kaufmann  in  Basel. 

Sattler,  Dr.  E.,  Privatier  in  Fluntern  b/Zürich. 

Schaff,  Dr.  Phil.,  Professor  in  New- York. 

Schanz,  Dr.  F..  Professor  in  Tübingen. 

Schegg,  Dr.  P. ,  Professor  in  München. 

Schick,  Conr.,  königl.  Württemberg.  Baurath  in  Jerusalem. 

Schieiden,  Dr.  phil.,  in  Hamburg. 

Schlottmann,  Dr.  C. ,  Professor  in  Halle  a/S. 

Schmidt,  K.,  Lic.  theol.,  Privatdocent  in  Erlangen. 

Schnahl,  K.,  Weltpriester  in  Jerusalem. 

Schröder,  Dr.  E.,  Professor  in  Berlin. 

Schrameier,   W.,  Stud.  phil.  in  Leipzig. 

Schröder,  Dr.  phil.  C. ,  in  Leipzig. 

Schroeder,   Dr.  P.,    Dolmetscher  bei  der  kaiserl.  deutschen  Botschaft 

in  Constantinopel. 
Schürer,  Dr.  E.,  Professor  in  Giessen. 
Schulte,  Dr.,  Pfarrer  in  Erwitte  b/Lippstadt. 
Schultz.  Generalsuperintendent  in  Reval. 

Schwarz,  Cand.  th.  G.,  Vorsteher  der  Deutschen  Schule  in  Jafa. 
Seesemann,  H.,  Director  des  livl.  Landesgymnasiums  in  Fellin. 
Seil,  O.,  Stud.  theol.  in  Leipzig. 
Sengbusch,  Pastor  in  Papendorf,  Livland. 
Siegfried,  Dr.  K.,  Prof.  in  Jena. 
Sieveking,  Dr.  jur.  Herrn.,  in  Hambiirg 
Sievers,  G.,  Pastor  in  Neustadt  a/d.  Dosse.  Brandenburg. 
Sigrist-Weber,   C.  Kaufmann  in  Beirut. 
Smend,  Lic.  Dr.  Rud.,  Professor  in  Basel. 
Socin,  Dr.  A.,  Professor  in  Tübingen. 
Sommer,  Dr.  /.  G.,  Professor  in  Königsberg. 
Spaich,  Pfarrer  in  Degenfeld  bei  Schwab.  Gmünd. 
Sprenger,  Dr.  A.,  Professor  in  Wabern  bei  Bern. 
Stade,  Dr.  B..  Professor  in  Giessen. 
Staehelin,  Dr.  E.,  Pfarrer  in  Basel. 

Steck,  R. ,  Pfarrer  an  der  reformirten  Gemeinde  in  Dresden. 
Steffensen,  Dr.,  Professor  in  Basel. 
kleiner,  Dr.  H.,  Professor  in  Zürich. 
Stickel,  Dr.  /.  G.,  Professor  in  Jena. 
Stockmeyer .  Dr.  ./..  Antistes  und  Professor  in  Basel. 
Strack.  Dr.  Herrn.  L..  l'rofessor  in  Berlin. 


XIX 


Sirai/ss,  Dr.  F.  A..  Hofprediger  in  Potsdam. 

Streit  Dr.,  Gymnasialdirector  in  Colberg. 

Stutzer,  G.,  Pastor  in  Neu-Erkerode,  Braunschweig. 

Sülze,  Dr.  E.,  Pastor  in  Dresden-Neustadt. 

Snrsock,  Dragoman  des  kaiserl.  deutseh.  Consulats  in  Beirut. 

Thorhecke,  Dr.  H.,  Professor  in  Heidelberg. 

Trmnpp.  Dr.  phil.  E.,  Professor  in  München. 

V.   Ustinow,  Baron  Plato,  in  Jafa. 

Valeton,  J.  J.  P..  Professor  in  Groningen. 

Vereine : 

Allianee  israel.  universelle  in  Paris. 

Capitel-Lese- Verein     von    Gunzenhausen    (Bayern/  ,     Pfarrvicar 

F.  Nägelsbach. 

-  -  -  -    Rothenburg  a  Tauber  (Bayern),   Pfarrer 

Bniglocher. 
Deutscher  Verein  in  Jafa. 

Lesegesellschaft  »zur  Harmonie«  in  Frankfurt  a/M.,  Ad.  Bacr. 
Palestine  Exploration  Fund  in  London. 
Pastoral-Gesellschaft ,   Anhalt-Dessauische  ,  Archidiaconus  Hesse 

in  Dessau. 
Predigerverein  von  Broistedt ,   Pastor  W.  Schroeter  in  Broistedt, 

Braunschweig. 

Yieiveg,  J..  Pastor,  Kloschwitz  bei  Plauen. 
Tl'scher-Heussler,  Dr.   W..  Professor  in  Basel. 
Jlscher-Sarasin,  Adolf,  Kaufmann  in  Basel. 

Vogel,  A..  Pfarrer  in  Hohen-Reinkendorf  b.  Tantow,  Pommern. 
J'ülek,  Dr.   W..  kais.  russ.  Staatsrath  und  Professor  in  Dorpat. 
Viiilleumier,  Dr.  H.,  Professor  in  Lausanne. 

Wackernagel.   W.,  luther.  Pastor  in  Manch  Chunk,  Pennsylvanien. 
Wagner  hf  Debes,  Geographische  Anstalt  in  Leipzig 
Wellhatisen,  Dr.  /. ,  Professor  in  Greifswald. 
Wenzel,  Dr.  phil.  //. ,  in  Strassburg  i/Elsass. 
Weser,  Lic.  //. ,  Pastor  in  Berlin. 
Wei/rich,  Pastor  in  Arrasch,  liivland. 

Wieseler,  Dr.,  Consistorialrath  und  Professor  in  Greifswald. 
Wilson,  Charles  W..  Major  R.  E.  in  London. 

Wittr.  Landgerichtsdiroktor  in  Breslau    \ind  Mitglied  des  Reichstages. 

b- 


XX 


Wolff\  Dr.  Ph.,  Stadtpfarrer  in  Rottweil. 

Wright,  Dr.   W.,  Professor  in  Cambridge. 

Zander,  Gymn. -Oberlehrer  in  Gütersloh. 

Zart,  Dr.,  Gjmnasiallehrer  in  Fürstenwalde. 

Zeller,  Rev.  /. ,  Missionar  in  Jerusalem. 

Zimmermann,  Tix.,  Gymnasial-Rector  in  Basel. 

V.  Zui/len  van  Kyevelt^  Graf,  königl.  niederländ.  Gesandter  in  Wien. 


Geschlossen  am  30.  Juni  1880. 


Die  Redaction. 


XXI 


Persoiialnacliricliteu  und  geschäftliche  Mittheiluiigeii. 

Als  Mitglieder  sind  dem  Vereine  ferner  beigetreten  : 

Aüchersoii,  Dr.  P.,  Professor  in  Berlin. 
Bibliotheken  : 

Königliche  Universitäts-Bibliothek  in  Tübingen. 
Bickell,  Dr.  6^.,  Professorin  Innsbruck. 
Dorn,  Friedric/i ,  in  Memmingen. 
Hagerup,  H.,  Buchhändler  in  Kopenhagen. 
Krigler,  Dr.  B.,  Professor  in  Tübingen. 
Lord  Bishop  of  Jerusalem,  in  Jerusalem. 
Schapira  in  Gaza. 
^'on  Zieten-Schiverin,  Graf,  in  Janow  bei  Clempenow  (Kreis  Anclam) , 

Durch  den  Tod  verlor  der  Verein  das  Mitglied  : 
Boettger^  G.,  Pastor  emer.  in  Dresden. 


Herr  Geh.  Kirchenrath  Professor  Dr.  Fr.  Delitzsch  in  Leipzig  hat 
dem  Verein  als  ausserordentliche  Gabe  für  den  Expeditionsfonds  die 
Summe  von  15  Mark  überwiesen. 

Der  von  dem  geschäftsführenden  Ausschuss  entworfene  Plan  zu 
Ausgrabungen  in  Palästina  ist  den  Mitgliedern  des  weitern  Comite's 
vorgelegt  und  von  denselben  genehmigt  worden.  Nähere  Mittheilungen 
über  denselben  zu  geben,  behält  sich  der  Ausschuss  für  das  erste  Heft 
des  nächsten  Bandes  der  Zeitschrift  (IV,  1,  1881)  vor. 

Um  zu  verhüten,  dass  aus  Mangel  an  sofort  verfügbaren  Mitteln 
ein  wichtiger  Fund  in  oder  bei  Jerusalem  für  den  Verein  nicht  ausge- 
beutet werden  könnte,  ist  auf  Antrag  des  geschäftsführenden  Aus- 
schusses und  unter  Genehmigung  des  weiteren  Comite's  Herrn  Bau- 
rath  (y.  Scliick  in  Jerusalem  ein  Kredit  von  zunächst  30  0  Mark  ange- 
wiesen worden. 


XXII 


Terzeiclmiss  der  Ins,  zum  25.  Oct.  1880  für  die  Palästiiia- 
bibliotliek  eiugegaiigeneii  Bücher,  Zeilscliriften  u.  s.  w. 


Von  Henti  Dr.  phil.  O.  Kersten  in  Berli7i : 

57.  T,ois  et  coutumes  snivies  dans  le  Pachalik  de  Jerusalem  traduites  de 
l'arabe  et  annotees  par  Alhoigo.    Paris  18r>0.    8. 

5S.  Buch  des  klaren  Spiegels  vom  inneren  Zustand  des  Herzens ,  umfassend 
10  Bilder,  die  die  Beschaffenheit  des  Herzens  mit  seinen  Neigungen 
darstellen.  Das  Herz  des  Menschen  entweder  ein  Tempel  Gottes  oder  eine 
Höhle  des  Teufels.   (Arabisch.)    Beirut  1S72.    Ki. 

59.  Buch  der  Anfänge  des  Lesens  zum  Nutzen  der  Kleinen  in  den  Schulen 
des  heiligen  Landes.  (Arabisch.)  3.  Aufl.  Jerusalem,  Franziskanerkloster 
1S71.    Ki. 

Von  Herrn  Gymn.-Rector  Dr.  Zimmermann  in  Basrl: 

GO /()■>.  Palestine  Exploration  Fund.  Quarterly  Statement  for  1873 — 1S7(>. 
2  Bde.    8.    Quarterly  Statement  for  1877,  4  Hefte.    London.    8. 

Vom  Herrn  Dr.  ph.  lt.  RöhricJit  in  Berlin: 
(53.    Publications  de  la  societe  de  l'orient  latin.    Serie  historique  II :  Quinti 
belli   sacri   scriptores  minores  sumptibus   societatis   illustrandis  orientis 
latini  monumentis  ed.  Reinholdics  Röhricht.    Genevae.    Typis  F.  G.  Fick. 
1879.    gr.  8. 

Ol.  Publications  de  la  societe  de  l'orient  latin.  Serie  geographique  I — II. 
Itinera  hierosolymitana  et  descriptiones  terrae  sanctae  bellis  sacris  ante- 
riora  et  latina  lingua  exarata  sumptibus  societatis  illustrandis  orieniis 
latini  monumentis  edid.  'J\  Tohler  et  Autj.  Molinier.  I,  1  u.  2.  Gene- 
vae, 1877  u.  1880.    gr.  8. 

(i5.  Deutsche  Pilgerreisen  nach  dem  heiligen  I,ande.  Herausgeg.  und  erläu- 
tert von  R.  Röhricht  und  H.  Meissner.  Berlin,  Weidmann'sche  Buch- 
handlung, 1880.    gr.  8. 

Von  dem  Herrn  Veiifasscr  : 

tWi.  Schefff/.  Dr.  P.,  Die  Bauten  Konstantins  über  dem  heiligen  Grabe  zu 
Jerusalem.  Mit  einer  artistischen  Beilage.  18(17.  Druck  von  Fr.  P.  Dat- 
terer  in  Freising  (nicht  im  Buchhandel;.    8. 

Von  Hei'rn  Professor  Dr.  H.  Thorheche  in  Heidelberg : 

07.  Lanzone,  R.  T'.,  Viaggio  in  Palestina  e  Soria  di  Kaid  Ba  (1477).  Testn 
arabo.    Koma-Torina- Firenze,  Fratelli  Bocca,  1878.    gr.  8. 

Von  Herrn  Professor  Dr.  A.  Socin  in  Tübingen: 

08.  Sechster  Jahresbericht  und  Kassenabschluss  des  deutschen  Vereins  zu 
Jerusalem.  1878 — ■\>>'i\i.  Basel.  Pilgermissions- Buchdruckerei  St.  Chri- 
schona.    1879.    10. 


XXIII 


Von  den  liedactionen : 


69.  Oesterreichische  Monatsschrift  für  den  Orient.  Heraiisgfg.  von  dem 
orientalischen  Museum  zu  Wien,  lledigirt  von  A.  vo7i  Scalu.  (>.  Jahr- 
gang.   Nr.  1  —  10.    Jänner— Octüber  18bO.  AVien  1880.    4. 

70.  Neueste  Nachrichten  aus  dem  Morgenlande.  Neue  Folge.  Herausgeg. 
von  Lic.  C.  Hoff  mann.  23.  Jahrgang.  Heft  1 — G.  Berlin  1879.  24.  Jahr- 
gang.   Heft  1—3.    Berlin  1880.    8. 

71.  Zeitschrift  für  wissenschaftliche  Geographie,  herausgeg.  von  ./.  /.  Kettler 
[Lahr  in  Baden).   Band  1,  Heft  1—4.  Lahr,  M.  Schauenburg.   1880.  gr.  8. 

72.  Die  Warte  des  Tempels.  Keligiöses  und  politisches  Wochenblatt  für  das 
deutsche  Volk.  Herausgeg.  von  2'V.  2>W(u7/.   Stuttgart  1  SSO.  Nr.  1 — 43.4. 

73.  Neues  Plvangelisches  Kirchen-  und  Schulblatt.  Begründet  und  heraus- 
geg. von  Jm/ws  J&r^ew;:wj^(V.    I.Jahrgang.    Nr.  3.    Wien  1880.    8. 

74.  Monatsschrift  für  Geschichte  und  Wissenschaft  des  Judcnthums.  Heraus- 
geg. von  Prof.  Dr.  Grätz.  IX,  2,  p.  81—96  feinz.  Bogen] .  Breslau  1880.  8. 

75.  Neue  Evangelische  Kirchenzeitung.  Herausgeg.  von  D.  .ff.  iJfcsswer.  Ber- 
lin 21.  August  18S0.    Jahrgang  22,  Nr.  34.    4. 

70.  Daheim.  Ein  deutsclies  Familienblatt  mit  Illustrationen.  XVII.  Jahr- 
gang.   No.  3.    4. 

77.  Allgemeine  conservative  Monatsschrift.  Herausgeg.  von  P.  vo7i  Nathii- 
sius  in  Quedlinburg.    Jahrgang  IV,  p.  111 — 142  (2  einz.  Bogen). 

Von  der  Redaction  der  Revue  urcheologique  in  Paris: 

78.  Saulcy,  M.  F.  de,  L'arc  de  l'ecce  homo.  Paris  (Librairie  academique 
Didier  et  Cie)  1801.    4. 

79.  Derselbe,  Numismatique  des  Macchabees.  Recherches  sur  l'origine  du 
droit  monetaire  de  ces  princes.    Extrait  de  la  Revue  archeologique.    8. 

80.  Vlermont-Ganneau,  M.  Ch.,  Gomorrhe,  Segor  et  les  tilles  de  Lot.  (Lettre 
ä  M.  F.  de  Saulcy.)    Extrait  de  la  Kevue  archeologique.    8. 

81.  Derselbe,  Ossuaire  juif  provenant  d'Alexandrie.  ExtraitdelaRev.  arch.  8. 

82.  Derselbe,  Une  stele  du  temple  de  Jerusalem.  Extrait  de  la  Rev.  arch. 
1872.   8. 

83.  Derselbe,  Nouveaux  ossuaires  juifs  avec  inscriptions  grecques  et  hebrai- 
ques.    Extrait  de  la  Rev.  arch.  1S73.    8. 

84/85.  Derselbe,  ^lonuments  inedits  des  Croises.  La  presentation  du  Christ 
au  temple.  Extrait  de  la  Rev.  arch.  Mai  1877.  8.  La  pierre  de  Beth- 
phage.    Extrait  de  la  Rev.  arch.  Decembre  1877.  8. 

86.  Derselbe,  Ossuaire  juif  de  Joseph.  Epitaphe  judeo-grecque  de  Jaffa. 
Inscription  de  Xanthe  en  Lycie.  Extrait  de  la  Rev.  arch.  Novembre 
1877.    8. 

87.  Schlumbrrger ,  M.  Gust. ,  Monnaies  des  princes  chretiens  d'orient  ä 
l'epoque  des  croisades.   Extrait  de  la  Rev.  arch.  1875.    8. 

88.  Itobiou,  3f.,  Deux  questions  de  Chronologie  et  d'histoire  eclaircies  par 
les  annales  d'Assurbanipal.    E.xtrait  de  la  Rev.  arch.  1875.    8. 

89.  Revue  archeologique  ou  recueil  de  documents  et  de  memoires  etc.  pu- 
blica par  les  principaux  archeologues  francais  et  etrangers.  Nouvelle 
Serie.  21'"  annee  ,  Äni — IX,  Juli — Sept.  ISSO.  Paris  iLibrairie  acade- 
mique Didier  et  0«=).   8. 

Von  der  Societi  de  la  Geograj}hie  in  Paris: 

90.  Bulletin  de  la  Societe  de  Geographie.  Sixieme  Serie.  T.  XVIII.  Nov. 
et  Dec.  1^79.   T.  XIX,  Janv.  —  Juin  1880.   S. 


XXIV 


Von  dem  Verein  für  JErdkunde  zu  Leipzig  : 

91.  Mittheilungendes  Vereins  für  Erdkunde  zu  Leipzig.  1879.  Nebst  dem 
19.  Jahresbericht  des  Vereins,  4  Karten  und  der  Bibliotheksordnung. 
Leipzig,  Duncker  &  Humblot  1S8U.    S. 

T  on  dem  Verein  für  Erdkunde  zu  3Ictz: 

92.  Zweiter  Jahresbericht  des  Vereins  für  Erdkunde  zu  Metz  pro  1879.  Mit 
zwei  Blatt  Zeichnungen.    Metz,  G.  Scriba,  1880.    8. 

Von  der  kais.  und  kön.  Geographischen  Gesellschaft  in  Wien: 

93.  Mittheilungen  der  kaiserl.  und  königl.  Geographischen  Gesellschaft  in 
Wien  1S79.    XXII.  Band  (der  neuen  Folge  XII.).  Wien,  1S79. 

Von  der  Geographischen  Gesellschaft  in  Hamburg: 

94.  Mittheilungen  der  Geographischen  Gesellschaft  in  Hamburg  1878 — 79. 
Heft  II.  Im  Auftrage  des  Vorstandes  herausgeg.  von  L.  Frirderichsen. 
Mit  2  Karten,  6  Tafeln  und  5  Holzschnitten.  Hamburg,  L.  Friederich- 
sen  &  Co.    1880. 

Von  dem  English  Palestine  Exploration  Fund: 

95/97.  Quarterly  Statement.  Jan.  —  Oct.  1878.  Jan.  —  Oct.  1879.  Jan. — 
July  ISSO.    11  Hefte.    London  1878-80.    8. 

Von  der  Deutschen  Morgenländischen  Gesellschaft : 

98.  Wissenschaftlicher  Jahresbericht  über  die  morgenländischen  Studien 
von  Oct.  4876  bis  Dec.  1877.  Unter  Mitwirkung  mehrerer  Fachgelehrten 
herausgeg.  von  Ernst  Kuhn  und  Albert  Socin.  Heft  I  und  IL  I^eipzig 
1879.    8. 

99.  Zeitschrift  der  Deutschen  Morgenländischen  Gesellschaft.  Herausgeg. 
von  den  Geschäftsführern  unter  der  verantwortlichen  Redaction  des  Prof. 
Dr.  E.  Windisch.  34.  Band.  Heft  1  (mit  einer  Tafel).  2.  3.  Leipzig 
1S80.    8. 

Von  dem  Verein  vom  heiligen  Grabe  in  Köln : 

100.  Das  heilige  Land.    Organ  des  Vereins  vom  heiligen  Grabe.  XXIII.  Jahr- 
gang.   Köln  1879.    Heft  3— ö.    XXIV.  Jahrgang.  Köln  1880.  Heft  1-4. 

Von  der  geographischen  Gesellschaft  in  Bremen : 

101.  Dritter  Jahresbericht  des  Vorstandes  der  Geographischen  Gesellschaft 
in  Bremen.    Bremen.    Carl  Schünemann's  Buchdruckerei.    8. 


Geschlossen  am  25.  October  1880. 

Die   Redaction. 


XXV 


Personaluachrichteu  und  geschäftliche  Mittheiluugen. 

Als  Mitglieder  sind  dem  Vereine  ferner  beigetreten : 

Bättig,  Stud.  theol.  Niki.,  in  Mailand. 

EggerUng,  Superintendent,  in  Werther  bei  Bielefeld. 

Einszier,  Dr.  med.  A..,  Stadtarzt  in  Jerusalem. 

Fromme,  Pastor  in  Wersabe  bei  Sandstedt  i  Bremen  . 

Mayer,  Dr.  phil.  Ad.,  Professor  an  der  Universität  in  Leipzig. 

Sandberger,  Oberhelfer  in  Tübingen. 

Schöneke,  L.,  Kaufmann  in  Jerusalem. 

Stenglein,  Reichsanwalt  in  Leipzig. 


Am  9.  November  dieses  Jahres  hat  Herr  Baurath  C.  Schick  in 
Jerusalem  im  Auftrage  und  auf  Rechnung  des  Vereins  die  Arbeiten 
begonnen,  welche  zur  Ableitung  des  Wassers  aus  dem  Siloahkanal  und 
zur  Reinigung  des  letzteren  erforderlich  sind,  um  auf  diese  Weise 
sichere  Kunde  über  die  im  Juni  d.  J.  dort  gefundene  Inschrift  (s. 
ZDPV.  IIL  1.  p.  54  f.'   zu  erlangen. 

Auf  Anregung  des  Herrn  Dr.  O.  Keksten  in  Berlin  ist  von  dem 
geschäftsführenden  Ausschuss  am  15.  November  d.  J.  folgender  An- 
trag dem  weiteren  Comite  des  Vereins  vorgelegt  und  von  letzterem  ge- 
nehmigt worden ; 

«Um  zur  Ausbeutung  neuer  Funde  in  oder  bei  Jerusalem  auch 
grössere  Arbeiten,  für  welche  der  Herrn  Baurath  C.  Schick  überwie- 
sene Kredit  von  300  Mark  nicht  ausreicht,  sofort  einleiten  zu  können, 
wird  den  in  Jerusalem  anwesenden  Mitgliedern  des  weiteren  Comites, 
den  Herren  Freiherr  von  Münchhaisex,  kaiserlich  deutschem  Consul, 
Lic.  Dr.  Reinicke,  evangelischem  Pfarrer,  und  C.  Schick,  königlich 
württembergischem  Baurath,  das  Recht  ertheilt,  als  Localcomite  des 
Deutschen  Vereins  zur  Erforschung  Palästinas  unter  dem  Vorsitz  des 
Kaiserlich  deutschen  Consuls  Herrn  Freiherrn  von  Münchhausen 
durch  einen  einstimmigen,  sofort  an  den  geschäftsführenden  Ausschuss 


XXVI 


(Leipzig)  mit  Begründung  zu  meldenden  Bescbluss  eine  Summe  von 
Fünfhundert  Mark,  ausser  dem  bereits  an  Herrn  Schick  bewil- 
ligten Kredit,  bei  der  Agentur  des  Deutschen  Vereins  zur  Erforschung 
Palästina's,  den  Herren  J.  Frutiger  &  C*®,  zu  erheben  und  Herrn 
Schick  zu  übergeben.  Über  die  Verwendung  dieser  Mittel  im  Interesse 
des  Vereins  hat  Herr  Baurath  Schick  dem  Local-Comite  Rechnung 
abzulegen  ;  dasselbe  ertheilt  nach  stattgehabter  Prüfung  Decharge  und 
berichtet  darüber  an  den  Cassirer  des  Vereins  in  Leipzig.« 


Geschlossen  am  15.  December  18S0. 

Die   Redaction. 


Mittheilungen  von  Baurath  C  Schick  in  Jerusalem 

über 

die  alten  Lauren  und  Klöster  in  der  Wüste  Juda. 

(Mit  1  Karte  und  2  Plänen.) 

Bearbeitet  von  Lic.  Karl  Marti, 

Pfarrer  in  Buus  Baselland). 

Die  im  Verhältniss  zu  der  grossen  Ausdehnung  der  Wüste 
Juda  geringe  Anzahl  von  Städten,  welche  uns  im  Buche  Josua^) 
hei  der  Vertheilung  des  Landes  Kanaan  unter  die  zwölf  Stämme 
Israel's  als  in  dem  »Wüste  Juda«  bezeichneten  Gebiete  liegend 
namhaft  gemacht  werden,  weist  darauf  hin,  dass  von  uralter  Zeit 
her  der  Ostabhang  des  judäischen  Gebirges  nur  spärlich  bevöl- 
kert war.  Zudem  lagen  die  aufgezählten  Städte  aller  Wahrschein- 
lichkeit nach  in  der  Nähe  des  Jordanufers  oder  am  todten  Meer. 
Denn  Beth-Araba  ist  nach  Jos.  15,6  nicht  weit  im  SW.  von 
Beth-Hagla.  den  heutigen  Ruinen  von  kasr  hadschlä,  oder  viel- 
leicht, wenn  man  das  alte  Beth-Hagla  in  dem  nordöstlich  von 
den  Ruinen  gelegenen  ain  hadschlä  findet,  in  diesen  Ruinen 
selbst  zu  suchen,  während  die  beiden  letzten  Städte  des  Verzeich- 
nisses bei  Josua  (15,62),  Ir  ham-Melach  und  Engeddi,  erstere 
wegen  der  Bedeutung  ihres  Namens  ;=  Salzstadt)  und  letztere 
wegen  der  Erhaltimg  ihres  Namens  in  dem  heutigen  ain  dschidi, 
am  todten  Meere  gelegen  haben.  ]^a  nun  ferner  Beth-Araba 
und  Engeddi  ungefähr  die  Endpunkte  an  der  Ostgrenze  der  ^^'üste 
Juda,  sowie  auch  Anfang  und  Schluss  in  der  Aiifzähhmg  bei  Jo- 
sua bilden,  so  ist  wohl  anzunehmen,  dass  die  übrigen  vier  Städte, 

1  Jos.  15,61  f.  Beth-Araba,  Middin,  Sechacha,  Nibsan, 'Ir  ham-Melach 
und  Engeddi,  von  welchen  aber  Beth-Araba  Jos.  IS, 22  auch  zu  Benjamin  ge- 
rechnet wird. 

ZtBchr.  d.  Pal.- Vor.   III.  1 


deren  genaue  Lage  bis  heute  noch  nicht  nachgewiesen  ist.  zwi- 
schen Beth  -Araba  und  Engeddi  im  ghor  zu  suchen  sind.     So- 
mit bleibt  uns  der  ganze  grosse,   noch  übrige  Theil  der  "Wüste 
Juda,  der  sich  im  Südosten  von  Jerusalem,  nach  Süden  bis  über 
Hebron  hinaus  reichend,   ausdehnt  und  den  ganzen  Ostabhang 
des  judäischen  Gebirges  bis  an  den  letzten  Abfall  desselben  zum 
ghor  einnimmt,  vollständig  unbevölkert  und  unangebaut.    Schon 
hieraus  ist  ersichtlich,  dass  die  Beschaffenheit  dieses  Gebietes  zu 
jeder  Ansiedelung  und  zu  jedem  Anbau  ungeeignet  sein  musste. 
Mochten  auch  etwa  beim  Eindringen  der  Israeliten  die  ursprüng- 
lichen Einwohner  des  Landes  in  diese  Gegenden   zunächst  sich 
flüchten,  so  zeigt  doch  der  Mangel  an  Notizen  selbst  aus  der  spä- 
tem Zeit  im  Alten  Testament,  Avie  allezeit  die  Wüste  Juda  eigent- 
lich unbewohnt  war  und  auch  späterhin  nur  für  Verfolgte  und 
Flüchtige  eine  sichere  Bergungsstätte  bildete.    Während  über  die 
an  der  Grenze  der  Wüste  Juda  gelegenen  Orte  die  Nachrichten 
reichlich  fliessen,  über  die  Palmenstadt  Jericho  im  Norden,  über 
das  weinbergreiche  Engeddi  im  Osten,  über  die  Patriarchen-  und 
einstige  Residenzstadt  Hebron,  über  Thekoa,  den  Heimatsort  des 
Helden  Ira  und  des  Propheten  Arnos,  und  über  Bethlehem,  »die 
Stadt  Davids«  im  AYesten,  so  ist  uns  das  innerhalb  dieser  Grenzen 
liegende  Gebiet  ein  unbekanntes  Land.   Auch  bis  in  die  neuere  Zeit 
hat  sich  im  grossen  und  ganzen  daran  nichts  geändert.    Was  diese 
Gegend  früher  gewesen  ist,  das  ist  sie  bis  jetzt  meist  geblieben, 
ein  unbewohntes  und  unbekanntes  Gebiet.     Beides  hat  sie  ihrer 
Beschaffenheit  zu  verdanken.     Bam-ath  Schick  giebt  uns  von  ihr 
folgende  anschauliche  Schilderung  :   »Der  östliche  Abfall  des  ju- 
däischen Gebirges  gegen  den  Jordan  und  das  todte  Meer  ist  viel 
kürzer  und  stärker,  als  gegen  Westen.    Darum  sind  auch  die  Ab- 
stürze jäher,  die  eingerissenen  Felsenthäler  wilde,  schaiierliche 
Schluchten,  während  die  Thäler  gegen  Westen  milder  und  sanfter 
sind  und  weniger   schroffe  Felswände  aufweisen.     Ein  weiterer 
grosser  Unterschied  zwischen  dem  westlichen  und  östlichen  Ab- 
fall ist  der,    dass  im  Westen  die  Berge  allmählich  abfallen,  da- 
gegen der  Abfall  nach  dem  tiefliegenden  todten  Meer  ganz  merk- 
lich drei  Stufen  bildet,  wodurch  jedesmal  bis  zum  Abfall  des  Ge- 
birges ziir  nächsten  Stufe  eine  Fläche  vcrhältnissmässig  ebenen 
Landes  entsteht,  der  Abstinz  der  Berge  und  Thäler  aber  jeweilen 
beim  Abfall  zu  der  tieferliegenden  Stufe  nur  um  so  jäher  wird. 


Natürlich  sind  diese  drei  Ahstufuiigen  des  Gebirges  nicht  in  ganz 
geraden  Linien  abgeschnitten .  -vvolil  aber  durch  die  Höhenzüge 
der  Kreide .  hinter  welchen  jedesmal  auch  die  jäh  abfallenden 
wilden  Thälcr  entspringen,  doch  leicht  erkennbar.  Die  erste  auf 
diese  Weise  deutlich  sichtbare  Abstufung  zieht  sich  vom  Olberg 
südwärts  über  Bethlehem  hinaus.  ])ie  zweite  beginnt  ungefähr 
in  der  Mitte  des  Weges  von  Jenisalem  zum  Jordanthal  und  zieht 
sich  nicht  wie  die  erste  in  südlicher,  sondern  in  einer  schiefen 
Richtung  von  Nordosten  nach  Südwesten,  nämlich  beginnend  bei 
den  Berffen  unterhalb  von  cliän  hadrür  und  sich  hinziehend  über 
den  muntäi\  oberhalb  von  mär  säbii  durch  bis  nach  tekua.  Die 
dritte  Stufe  endlich  bildet  der  Gebirgsabhang  im  Thale  des  Jor- 
dan und  des  todten  Meeres.  Diesen  drei  Abstufungen  entsprechen 
nun  auch  drei  Hochebenen,  von  denen  die  erste,  d.  h.  diejenige, 
welche  durch  den  ersten  Höhenzug  (vom  Olberg  nach  Bethlehem) 
von  der  untern  getrennt  ist,  die  geringste  Ausdehnung  hat.  An 
dem  nördlichen  Fusse  der  dritten  Abstufung  bildet  sich  dazu  noch, 
weil  das  todte  Meer  nicht  ganz  hinaufreicht,  eine  kleinere  Ebene, 
die  aber  wegen  ihrer  ganz  anderen  Beschaifenheit  nicht  mit  den 
drei  oberen  Zonen  zu  A'ergleichen  ist«.    (Vgl.  die  Karte.) 

Doch  nicht  immer  war  diese  gebirgige  Wüste  von  Menschen 
so  unbeAvohnt,  wie  sie  es  in  vorchristlicher  Zeit  war  und  heutzu- 
tage wieder  meist  geworden  ist.  da  auch  jetzt  nur  wenige  arm- 
selige Beduinendörfer  und  da  und  dort  zerstreute  Zelt-  und  Lager- 
plätze von  räuberischen  Arabern  in  dieser  Wildniss  sich  finden. 
Gerade  in  einer  Zeit  nämlich .  wo  viele  Christen  meinten,  dass 
sie  abgeschlossen  von  dem  Umgang  mit  der  Welt  und  mit  den 
Menschen  ein  heiligeres  Leben  führen,  in  Asketik  und  fortwäh- 
rendem Gebet  den  natürlichen  Menschen  ertödten  und  Gott  wohl- 
gefälliger werden  könnten,  in  einer  Zeit,  wo  die  Städte  sich  ent- 
völkerten und  die  Wildniss  sich  mit  Menschen  füllte,  da  musste 
die  Wüste  Juda  gerade  wegen  ihrer  wilden  Thäler.  schauerlichen 
Klüfte  und  verborgenen  Höhlen  eine  grosse  Anziehungskraft  auf 
so  gestimmte  Gemüther  ausüben,  da  mussten  die  früheren  Zu- 
fluchtsorte und  Höhlen  wilder  Thicrc  zu  Gebets-  und  Wohn- 
stätten von  Heiligen  werden,  die  der  AVeit  entsagend  ein  gottge- 
weihtes Leben  führen  wollten.  Eine  solche  Zeit  brach  an  im 
vierten  Jahrhundert  nach  Christus,  als  von  Ag}'])ten  her.  avo  das 
Anaclroretcnthum  wohl  durch  bei  den  vielen  Verfolgunafen  in  die 

1* 


Einsamkeit  geflüchtete  Christen  seinen  Anfang  nahm,  dieser  as- 
ketische Zug  nnd  der  Glanbe  an  eine  besondere  Heiligkeit  des 
Eremitenlebens  durch  H  i  1  a  r  i  o  n  auch  auf  den  Boden  Palästina's 
vei*jjflanzt  Avurde.  Bald  jedoch  wurden  hier  solche  Eremiten  oder 
Anachoreten  um  ihrer  Sicherheit  "svillen  gezwungen ,  sich  mehr 
zusammenzuthun  und  die  Wohnungen  in  grösserer  Nähe  von  ein- 
ander herzurichten.  Hier  lebten  sie  nun  in  einzelnen  abgeson- 
derten Zellen  bei  einander,  und  dennoch  gleichsam  als  Einsiedler, 
indem  jeder  die  möglichst  grosse  Freiheit  besass,  und  die  in 
solcher  Nähe  Mohnenden  Eremiten  nur  etwa  zu  gottesdienstlichen 
Versammhingen  zusammen  kamen.  Lange  konnte  zwar  auch  der 
Schein,  in  so  zahlreicher  Nachbarschaft  wirklicher  Einsiedler  zii 
sein,  nicht  aufrecht  erhalten  werden.  Bald  war  es  nicht  mehr 
bloss  der  Schutz  für  das  eigene  Leben ,  das  eine  Mehrzahl  von 
Einsiedlern  zusammenhielt,  sondern  es  verband  solche  Zellen- 
complexe  auch  eine  gemeinsame  Ordnung  und  Kegel,  deren  Aus- 
führung von  einem  Vorsteher  überwacht  wurde.  Solche  lose 
oder  enger  verbundene  Mönchszellen ,  wie  sie  besonders  in  Pa- 
lästina sich  entwickelten,  nannte  man  Sukken  oder  Suken  (hebr. 
nsp  Hütte) ,  eine  Bezeichnung .  die  wohl  ursprünglich  nur  von 
der  einzelnen  Zelle  gebraucht  Avurde,  —  oder  aber  noch  gewöhn- 
licher Laura  ;Xaupa) ,  welches  immer  von  dem  ganzen  Complexe 
gebraucht  wird  ^) .  Je  mehr  nun  in  einer  Laura  der  gemeinsamen 
Regeln  und  Gesetze  wurden,  vmi  so  enger  wurde  der  Verband; 
es  ergab  sich  dann  von  selbst,  dass  noch  ein  Schritt  weiter  zum 
gemeinsamen  Leben  gethan  wurde ,  und  dass  fast  die  meisten 
Lauren  mit  der  Zeit  zu  förmlichen  Klöstern  sich  umgestalteten. 
Natürlich  sind  Tins  von  den  einzelnen  Eremiten,  die  allein 
an  abgesonderten  Orten  ihr  Leben  fristeten,  oder  die  auch  nach 
der  Bildung  von  Lauren  und  nach  der  Gründung  von  Klöstern 
in  fanatischem  Eifer  und  in  dem  Streben  nach  vollkommener 

1)  Laura  bedeutet  ursprünglich  nichts  anderes  als  »Strasse,  Gang«  und 
wurde  wohl  deswegen  die  eigentliche  Bezeichnung  für  solche  Zeliencomplexe, 
weil  sie  einer  links  und  rechts  mit  Häusern  bebauten  Strasse  ähnlich  waren. 
Wenn  auch  Schick' s  Angabe,  dass  Laura  einen  IJüschel  oder  eine  Traube 
bedeute,  unrichtig  ist,  so  giebt  doch  diese  Erklärung  uns  ein  anschauliches 
Bild  einer  Laura,  da  diese,  wenn  auch  zusammen  ein  Ganzes  bildend,  doch 
wie  die  Traube  in  die  einzelnen  Beeren  oder  ein  Büschel  in  die  einzelnen 
Zweige,  in  einzelne  Wohnungen  zerfiel. 


5 


Einsamkeit  in  unbekannter  "NMldniss  sich  aufhielten,  keine  Spiiren 
mehr  erhahen.  Ihre  Wohnstätten  wurden  nach  ihrem  Tode  hahl 
Avieder,  was  sie  gewesen  waren,  ja  vieUeicht  nie  vollständig  zu 
sein  aufgehört  hatten,  zu  Höhlen  von  Schakalen  und  anderen 
Wüstenthieren.  Anders  ist  es  dagegen  mit  den  Lauren.  die  jetzt 
noch  vielfach  den  Eilgern  aiiffallen.  wenn  sie  etwa  den  ]>erg 
haranfal  (Quarantania)  oder  das  »fürAvahr  höchst  sehens-sverthec 
Kloster  mär  süha^]  besuchen,  das  allein  von  allen  Punkten  in 
der  sonst  wenig  bereisten  Wüste  Juda  die  Wanderer  immer  an- 
zuziehen vermochte .  mögen  auch  jetzt  die  Lauren  als  Speicher 
dienen  für  die  armen  Habseligkeiten  der  Beduinen  oder  auch  hin 
und  wieder  Schakale  darin  hausen  -) .  Vor  allem  aber  haben  sich 
natürlich  alte  Klostermauern  erhalten.  Ein  noch  heute  bewohn- 
tes, aus  einer  Laura  hervorgegangenes  Kloster,  nämlich  das  eben 
genannte  mär  sZihä.  giebt  jetzt  noch  von  jenen  alten  Lauren  ein 
deutliches  Zeugniss. 

Aber  auch  ohne  die  Auffindung  von  Riiinen  und  ohne  Er- 
haltung der  Erinnerungen  an  jene  Zeit  in  dem  Namen  des  icädi 
er-rähib^  »Mönchthal«,  wäre  die  Kunde  von  jenen  Lauren  und 
Klöstern  auf  die  Nachwelt  gekommen  in  den  vielfachen  Berichten 
über  die  Einsiedler,  welche  einst  die  AVüste  Juda  bewohnten  und 
unter  welchen  auch  manche  in  der  Kirchengeschichte  berühmte 
Namen  sich  finden.  So  erwähnt  Tobler^)  aus  alten  IJiographieen 
lind  Eeiseberichten  eine  Eeihe  von  siebzehn  eingegangenen  Klö- 
stern, » die  oder  deren  Stätte  er  nicht  besuchte ,  und  die  heutzu- 
tage nur  theilweise  und  sehr  wenig  bekannt  sind«,  iind  giebt 
nach  diesen  Berichten  ihre  wahrscheinliche  Lage  und  Geschichte 
an.  Baurath  Schick  hat  es  sich  nun  zur  besondern  Aufgabe  ge- 
macht, diese  Orte,  ihre  Lage  und  ihre  Ueberreste  aufzusuchen 
und  zu  erforschen.  Er  hat  zii  diesem  Zwecke  besonders  die  wil- 
desten Felsschluchten  durchsucht,  weil  gerade  dort  die  Eremiten 
die  für  ihre  Niederlassungen  günstigsten  AA'ohnstätten  finden 
mussten.  Wenn  nun  auch  hierdurch  der  Erweis  der  ehemaligen 
Existenz  von  Lauren  an  dieser  oder  jener  Stelle  einigermassen  er- 
leichtert Avurdc.   so  wird  doch  die  Identificirung  der  aufgefun- 

1)  ToBLEK,  Topographie  von  Jer.  11,  p.  S3S,  Anni.  1  1  :  dignissimus   nihi- 
lominus  est  ut  videatur. 

2)  Vgl.  OuELLi,  Uurch's  heilige  Land  p.  151. 

3)  Topogr.  II,  p.  9G:<ff. 


6_     _ 

denen  Lanreu  mit  ans  alten  Naclirichten  bekannten  -sviederum 
dadurch  erschwert,  dass,  ausgenommen  füra,  mär  säbä,  der  dösl 
und  c/iaretün.  mit  den  einstigen  Bewohnern  auch  die  damahgen 
Namen  ganz  verschwunden  sind.  Die  bisherigen  Ergebnisse  der 
unermüdlichen  Thätigkeit  von  Baurath  Schick  liefern  uns  schon 
so  werthvoUe  Beiträge  für  die  Kenntniss  dieses  Theiles  des  hei- 
ligen Landes,  dass  von  nun  an  die  bisher  in  diesem  Distrikte  meist 
namenlos  gebliebenen  Karten  auf  einmal  ein  ganz  anderes  Aus- 
sehen bekommen  werden,  und  dass  von  jetzt  an  die  Wüste  Juda 
mit  ihren  alten  Ueberresten  wenigstens  Zeugniss  eines  einst  regen 
Lebens  ablegt.  Um  so  mehr  sind  wir  Baurath  Schick  zu  grossem 
Danke  verpflichtet,  als  er  selber  durch  den  Entwurf  einer  eigenen 
Karte  uns  den  Abstand  der  wirklichen  Wüste  Juda  von  der  bis- 
her auf  Karten  verzeichneten  deuthch  erkennen  lässt. 

Da  nun  die  drei  Gebirgsab stufungen  der  Wüste  Juda  von 
keinem  Einfluss  auf  die  etwa  verschiedenartige  Gestaltung  der 
Lauren  und  Klöster  gewesen  sind,  —  w^enn  wir  wenigstens  von 
dem  (/hör  absehen,  wo  der  Mangel  an  Schluchten  nur  die  Errich- 
tung von  Klöstern  und  nicht  auch  von  Lauren  begünstigte,  —  so 
nehmen  Avir  diese  Stufen  nicht  zum  Eintheilungsgrunde  unserer 
Aufzählung,  sondern  erwähnen  zuerst  diejenigen  an  der  Xord- 
grenze,  begeben  uns  dann  vom  Nordwesten  südwestlich  in  die 
Mitte  des  Gebietes ,  von  da  zurück  in  die  Nähe  von  Jerusalem, 
dann  wieder  nach  Südwesten  und  über  den  Süden  zurück  nacli 
Jerusalem  ^) . 

1.    Die  Laura  Pharan. 

Die  älteste  Laura,  mit  -welcher  die  übrigen  Lauren  der  Wüste 
Juda  meist  durch  ihre  Gründer  in  irgend  Avelcher  Beziehung 
standen,  scheint  die  xonfära  zu  sein.  Die  Angaben,  die  Tobler- 
über  die  Lage  der  Laura  Pharan  aus  Cyrill's  Lebensgeschichte 
des  Euthymius  in  den  Acta  sanctorum  entnommen  hat,  sind  fol- 
gende :  »Sie  lag  am  Jerichoer-Wege,  sechs  Meilen  (zwei  Stunden) 
östlich  von  Jerusalem ,  zehn  Stadien  (25  Minuten)  westlich  vom 
Dorfe  Pharan«-').    Tobler  bedauert  nun,   dass   sich  nach  diesen 

1)  Zur  leichteren  Benutzung  der  Karte  sind  die  verschiedenen  besuchten 
und  beschriebenen  Oertlichkeiten  in  gleicher  Weise  in  der  folgenden  Auf- 
zählung, wie  auf  der  Karte  numerirt. 

2,  Topogr.  II,  p.  977  f. 

3)  Vgl.  BoLLANDi,  Acta  sanctorum,  edit.  noviss.  II,  Jan.  20  pp.  OöSu.öOl. 


Angaben  die  Lage  der  Laura  nicht  genau  nachweisen  lasse.  »Nach 
der  Entfernung«,  so  urtheilt  er,  »würde  die  Laura  mit  dem  heutigen 
Om  Eäsras  zusammenfallen ;  allein  damit  reimt  sich  die  Angabe 
nicht,  wenigstens  nicht  strenge,  dass  jene  am  Jerusaleraer-Wege 
lag«i).  Eine  andere  Meinung  stellt  Rokinsox-]  auf,  nämlich  die, 
dass  sich  das  Thal  »Pharan«  irgendwo  in  der  Nähe  des  todten 
Meeres  müsse  befunden  haben.  Dabei  ging  er  von  dem  ]>erichte 
des  JosEPHus  aus,  welcher  erzählt,  dass  ein  gCAvisser  Simon,  Gio- 
ras'  Sohn,  ein  Gerasener,  in  dem  Thale  Pharan  viele  Höhlen  er- 
weitert, Aiele  aber  schon  geeignet  gefunden  habe,  iim  darin  seine 
Schätze  und  seine  Beute  aufzubewahren  und  um  selbst  viele  seiner 
Genossen  dort  Quartier  nehmen  zu  lassen  ^j .  Weil  nun  kurz  vor- 
her 4)  Simon  sein  Standquartier  bei  Masada,  dem  heutigen  es- 
sebbe^),  am  todten  Meere  hatte,  so  schloss  Eobinson  hieraus, 
dass  das  Thal  Pharan  ir^  <I>apav  7rp(o;aYop£oo[i.£vrj  ci(/pa-(?  in  der 
Nähe  von  Masada  sein  müsse.  Dass  Robixsox's  Yermuthung  un- 
sicher ist,  erhellt  auf  den  ersten  P»lick,  und  dass  sie  unrichtig  ist, 
beweist  die  Absicht  Simonis,  von  Pharan  aus  Jerusalem  anzu- 
greifen 6) .  Noch  viel  weniger  darf  aber  wegen  der  Uebereinstim- 
mung  des  Namens  die  Laura  Pharan  in  der  im  A.  T.  oft  genannten 
Wüste  Paran  ('j'^iiE)  gesucht  werden ,  da  auch  keine  einzige  An- 
gabe über  die  Laura  auf  eine  Lage  im  Süden  von  Palästina  hin- 
weist. Wir  haben  im  Gegentheil  ganz  in  der  Nähe  von  Jerusa- 
lem zu  verweilen,  und  da  bietet  sich  uns  als  die  unzweifelhaft  der 
Laura  Pharan  entsprechende  Localität  der  wädifära  dar.  Daran 
lässt  sich  um  so  weniger  zweifeln,  als  neben  der  Lebereinstim- 
mung in  der  Entfernung  von  Jerusalem  mit  den  Angaben  C-yrill's 
in  der  Tita  des  Euthymius  auch  der  alte  Name  sich  bis  heute  in 
icadifUra  erhalten  hat,  ein  Name,  der  bis  in  die  Zeiten  des  A.T. 
hinaufreicht,  da  gewiss  ebenda  die  benjaminitische  Stadt  hap-Para^) 
zu  suchen  ist,   wenn  auch  jetzt  ein  anderer  Sinn  mit  demselben 

1)  TOBLER,  Topogr.  II,  p.  977.  2)  Pal.  I,  p.  428. 

3   Jos.  bell.  IV,9,4.  4j  Jos.  bell.  IV,9,3. 

.5   Vgl.  Socin-Baedeker,  Pal.  u.  Syrien- (ISSOj,  p.  176f. 

6)  Joseph.  bell.IV,9,4of,/.o;  os  -?/;  -o  -t  a'jvTaY[JLazp07Uij.va^ojv-AaiTa;  rap'x- 
G-iC£'jd;  vca-a  -öjv  'hpoooX'jjAcuv.  Vgl.  auch  ebendaselbst  IV, 9, 5  den  Bericht  über 
einen  von  Simon  zurückgeschlagenen  Ausfall  aus  Jerusalem,  den  die  Zeloten 
zur  Vertreibung  Simon's  unternahmen. 

7   Jos.  IS, 23.    Vgl.GuEKlx,  Judee  III,  p.  71  ff.  ri-sn,  -iwj-    ^)^- 


8 

Worte  verbunden  wird;  indem  das  hebräische  Para  (mS)  »Kuh«, 

in  das  arabische  fcira  (^;^),  »Maus«,  sich  verwandelt  hatV  •  Bloss 
mit  der  Angabe ,  dass  die  Laura  Pharan  am  Jerichoer-Wege  ge- 
legen habe,  scheint  sich  die  Lage  von  tvädi  fära  nicht  zu  reimen. 
Schick  hat  deshalb  die  Vermuthung  aufgestellt,  dass  bei  dieser 
Angabe  von  einem  zweiten,  etwas  nördlicher,  als  dem  gewöhn- 
lichen, gelegenen  Wege  von  Jerusalem  nach  Jericho  die  Rede 
sei.  Einen  solchen  hat  jedenfalls  David  auf  seiner  Flucht  vor  Ab- 
salom  eingeschlagen.  Denn  nach  der  Erzählung  des  zweiten  Sa- 
muelisbuches  steigt  David  den  Oelberg  hinauf  2)  und  trifft  an  der 
Bergspitze,  woselbst  man  Gott  anzubeten  pflegte,  Husai,  den  Ara- 
chiter  ^j .  Unter  dieser  Bergspitze  kann  aber  Mohl  keine  andere 
verstanden  sein,  als  eine  der  zAvei  nördlichen  Spitzen  des  Oel- 
bergs,  entweder  geradezu  die  Hauptspitze  desselben  oder  die  noch 
höhere  nördlichere  [karem  es-seiJUd) ;  beide  waren  zu  einer  Anbe- 
tungsstätte wohl  geeignet.  Nun  steigt  aber  der  gewöhnliche  Weg 
nirgends  zu  einer  Berghöhe  hinan,  sondern  führt  durch  die  ziem- 
lich tiefe  Einsattelung,  welche  die  beiden  nördlichen  Spitzen  des 
Oelbergs  von  dem  südlichen  Gipfel  [dschebel  hapi  el-Jimca  trennt, 
nach  el-  azarlje.  Auch  zu  einer  Digression  auf  diese  oder  jene 
Bergspitze,  die  vom  Wege  ablag,  ergab  sich  dem  fliehenden  König 
keine  Veranlassung,  mindestens  müsste  dieselbe  angeführt  sein. 
Demnach  schon  hat  die  Annahme  einer  nördlichen  Strasse  grosse 
Wahrscheinlichkeit.  Auf  diesem  Wege  gelangte  der  König  so- 
dann nach  Bahurim^Jj  einem  benj  amini  tischen  Städtchen''^),  wel- 
ches aber  nirgends  bestimmt  nachzuAvcisen  ist,  weder  an  der 
jetzigen  Jerichostrasse ,  noch  auf  der  nördlich  davon  liegenden, 
von  David  wohl  auf  seiner  Flucht  eingeschlagenen  Strasse  in  den 
wZidi  fcira.  Es  sind  daher  allerlei  A  ermuthungen  über  dessen 
Lage  schon  aufgestellt  worden.  Gewiss  zu  weit  südlich  liegt  ahu 
dis,  um  mit  einem  benjaminitischen  Städtchen  identificirt  zu 
werden.  Eher  Hesse  sich  hören,  dass  wir  etwa  in  Om  Pasräs  das 
alte  Bah\irim  aufsuchen  sollten  *>  .  Doch  spricht  entschieden  für 
eine  nördlichere  Lage  die  Notiz,  dass  Abner,  als  er  die  Tochter 
Sauls,   Michal .    dem  David  nach  Hebron  zuführte,  in  Bahurim 

1)  KiiaiM,  IJibl.  Handwb.  Art.  Hapara,  p.  570. 

2)  II  Sam.  V>;M).         :i,  II  Sam.  i:),:r2.         4,  II  Sam    Ki.ö. 
5)  I  Könige  2,S.         6)  Tobler,  Topogr.  II,  p.  767. 


9 


ihren  bisherigen  Mann.  Namens  l^altiel.  zurücksandte';.     Dieser 
stammte  nämUch  ans  Gallim^)  und  hatte  die  scheidende  Gattin 
von  Gallim  bis  ]5ahnrim  bes^leitet.     Obschon  nun  die  Lage  von 
Gallim  nicht  genau  zu  bestimmen  ist,  so  nnterUegt  es  keinem 
Zweifel,  dass  es  im  Norden  von  Jerusalem  in  der  Nähe  von  Kama 
[er-rani]  und  Gibea  Saul's   tuUl  el-füli)  gestanden  hal)en  muss''). 
Wollte  eben  Abner  von  da  nach  Hebron  gelangen,  so  hat  er  doch 
■svohl  die  über  das  allerdings  noch  in  jebusitischem  Besitz  stehende 
Jerusalem  führende  Strasse  nach  Süden  eingeschlagen,  und   es 
Avird  daher  liahurim  irgendAvo  zwischen  Jerusalem^    und  Gallim 
zu  suchen  sein.     Es  hat  darum  auch  die  Vermuthung  des  Kabbi 
ScHAVARZ^)  grosse  Wahrscheinlichkeit,   dass  JJahurim.  Almon*» 
Alemeth ")  und  AsmaA^eth  "^    identisch  und  von  dem  heutigeai  almit 
östlich  von   anätZi  zu  verstehen  sein.    Von  Bahurim  kam  auch  auf 
eben  dieser  Flucht  David's  ein  Mann  heraus  vom  Geschlechte  des 
Hauses  Saul  mit  Namen  Simei ,  der  fluchte  David  und  ging  ihm 
nach  an  der  Seite  des  lierges  -^j .     Auch  diese  Erzählung  stimmt 
zu  der  von  uns  angenommenen  Ortlichkeit  am  alten  Wege,    ob- 
schon übrigens  auch  an  der  geAvöhnlichen  Jerichostrasse  solche 
Berghöhen  nicht  fehlen"^    ;  denn  nahe  bei  almU  überschreitet  der 
Weg  das  tiefe  Thal  xowfära  und  hier  am  Abhänge  Aväre  dann  die 
Stelle  zu  finden,  avo  Simei.  an   der  Seite  des  Berges  neben  David 
hergehend,  mit  Steinen  vnid  Erde  nach  dem  König  gcAvorfen  hat. 
Nach   diesem  Vorfall,   so   Avird  uns  Aveiter  erzählt,   kam  DaAid 
hinein  und  erquickte  sich  daselbst  ") .     Unter  dem  Orte,  avo  der 
König  rastete,   kann  nicht  Bahurim  gemeint  sein.    Denn  Simei 
Avar  aus  Bahurim  herausgekommen  und  neben  dem  König  her. 
also  in  gleicher  Richtung  Aveiter  gegangen,  sonach  lag  Bahurim 
schon  hinter  ihnen.    Es  ist  daher  entAveder  der  Name  des  Ortes 
ausgefallen  oder  in  ajefm,  das  Liither  mit  »müde«  übersetzt,  die 
Bezeichnung  des  Dorfes  zu  finden.     GcAviss  bleibt  aber,  dass  Avir 

1;  II  Sam.  :i,16.         2;  I  Sam.  25, 11.         .3)  Jes.  10.2^-32. 

4)  Denn  über  Jerusalem  südlich  hinaus  zu  gehen,  verbietet  die  Nachricht, 
dass  Bahurim  ein  benjaminitisches  Städtchen  Avar,  und  die  Angabe  der  Süd- 
grenze des  Stammes  Benjamin  (Jos.  18,10.17). 

5;  Das  hl.  Land  [Frankfurt  1S.J2;,  p.OSfg. 

()j  Jos.  21, IS.  7i  I  Chr.  7,60  hebr.  0,45^ 

8)  IChron.  9,36  (8,36).    Esr.  2,24.    Neh.  7,28. 

9)  II  Sam.  16,5  ff.       Kl   Vgl.  ÜUELLI,  Durch's  heilige  Land  (1878  ,  p.  137, 
11)  II  Sam.  16,1  1. 


10 


einen  Ort  im  vadi  fara  als  den  Eastort  Davids  anzusehen  haben, 
wo  der  flüchtige  Könio^  mit  seinen  Leuten  kurze  Zeit  ruhte  und 
sieh  erquickte.  Denselben  Weg  machten  auch  die  beiden  Kund- 
schafter David's ,  Jonathan  und  Ahimaaz ,  Avogegen  ihr  Standort 
bei  der  Rogelquelle,  dem  heutigen  hlr  eijüb  ^)  im  Südwesten  von 
Jerusalem ,  nicht  beweisend  sein  kann .  da  dieselbe  sich  ebenso 
wenig  an  dem  jetzigen  Jerichowege  befindet  und  da  sie  vielleicht 
gerade  zur  Täuschung  der  Feinde  erwählt  Avurde.  Auf  ihrem 
Wege  kamen  die  beiden  nach  Eahurim  und  Avurden  daselbst  von 
einer  Frau  in  einer  leeren  Cisterne  vor  den  nacheilenden  Schergen 
Absalom's  verborgen-).  Auch  die  AntAvort  dieser  Frau  auf  das 
Befragen  der  Verfolger  stimmt  zu  der  vermutheten  Lage  a'ou  Ba- 
hurim .  denn  sie  Avill  mit  ihren  Worten :  »Sie  gingen  über  das 
Wässerlein«  '^',  nichts  anderes  sagen  als :  »Sie  haben  bereits  das 
Bett  des  Wassers  überschritten,  haben  dasyara-lhal  schon  hinter 
sich.«  Wenn  es  sich  nach  der  Aussage  der  Frau  verhielt,  —  und 
das  mussten  sie  annehmen,  da  sie  beim  Durchsiichen  des  Hauses 
die  beiden  nicht  fanden,  —  so  Aersprach  ein  Aveiteres  Nachjagen 
keinen  Erfolg,  Aveil  der  Yorsprung  zu  gross  Avar.  und  es  kehrten 
darum  die  Verfolger  zurück. 

Unterliegt  nach  diesen  Zeugnissen  die  Existenz  eines  nörd- 
licheren Weges  nach  Jericho  in  früherer  Zeit  kaum  einem  ZAveifel, 
so  ist  es  doch  sehr  inigcAA'iss,  ob  der  etAvas  nach  5UÜ  n.  Chr.  schrei- 
bende C/YRiLL.  dem  Avir  ja  die  Angaben  über  die  Lage  von  Pharan 
verdanken,  bei  der  einfachen  Nennung  des  JerichoAveges  einen 
nördlichem  gemeint  habe.  Doch  sind  andern theils  diese  Nach- 
richten AA'ieder  nicht  so  zu  pressen,  dass  Pharan  unmittelbar  am 
Wege  gelegen  haben  müsse,  denn,  Avie  sich  unter  Nr.  10  zeigen 
Avird,  redet  derselbe  Cyrill  von  der  gleichen  Laura  des  Euthy- 
mius  bald,  dass  sie  nahe  am  JerichoerAvege  gelegen  sei.  und  bald, 
dass  die  zum  Jordan  hinabpilgernden  Besucher  des  hl.  Landes 
einen  Abstecher  zur  Laura  des  Euthymius  machten^  .  Wir  Averden 
daher  urtheilen,  dass  die  alten  Angaben  der  Wiederfindung  der 
Laura  ]*haran  im  loüdi  fZira  nicht  Avidcrsprechon .  vornehmlich 
auch  deshalb,  Aveil  sich  eine  Viertelstunde  oberhalb  der  Stelle, 
Avo  der  alte  JerichoAveg  das  Thal  überschreitet,  auf  dessen  Nord- 
seite er  dann  Aveiter  führt,  und  avo  Kuinen   einer  Ortschaft    chir- 

1)  Vgl.  ZDPV  II,  3,  p.  17(3.         2)  II  Sam.  17,  IT  ff.  .{    II  Sam.  17,20. 

4    ToBLER,  Topogr.  v.  Jer.  II,  p.  96-5  u.  907. 


11 

het  fära  =  'ajTflm?  oder  Para  ?)  ijliegen,  in  dem  engen  und  felsigen 
Theile  des  Thaies,  welches  hier  stellenweise  selbst  überhängende 
Felsenwände  hat,  viele  grosse  Höhlen  nnd  Grotten  sich  finden, 
die  schon  Gi;erin2j  für  theilweise  künstlich  nnd  für  alte  Ein- 
siedlerwohnungen angesehen  hat.  Eine  kleine  Karte  mit  Plan 
der  Laura  und  Beschreibung  dieser  Ortlichkeit  mit  ihrer  starken 
Wasserquelle,  ihren  Puinen  mid  Höhlen  imd  Einsiedlerwohnungen 
hat  auch  Schick  schon  im  Jahre  1 S67  im  Ausland  Nr.  24.  p.  5  72  f. 
gegeben.  Ebenso  hat  Schick  in  dem  dortigen  Aufsatze  den  xcädi 
fctra  mit  dem  jeremianischen  Phrath  •*  identificirt,  was  durch  die 
Nähe  von  "anätä^  dem  Heimatorte  des  Propheten  und  die  grössere 
Einfachheit  der  Erklärung  jener  symbolischen  Handlung  recht 
wahrscheinlich  wird.  Auch  steht  nichts  im  Wege  für p^räta  das 
dann  erforderliche  päräta  zu  lesen.  Von  hier  aus  konnte  auch 
der  schon  erwähnte  Simon,  Gioras'  Sohn,  ebensogut  wie  Baesa, 
der  König  von  Israel,  von  dem  etAvas  Avestlicher  gelegenen  Rama 
(er-räm)  aus^),  Jerusalem  bedrohen  und  in  den  Höhlen  dieses 
Thaies  seine  Beute  sichern. 

2.    Der  Abu  Allassi. 

Steigen  wir  von  der  Laura  Pharan ,  die  noch  der  oberen 
Kreidestufe  angehört,  dem  Laufe  des  icädi füra  folgend,  zur 
mittleren  Stufe  hinab,  so  lag  nach  Tobler^)  zwölf  Meilen  unter- 
halb Jerusalem  und  sechs  über  Jericho,  also  zwischen  dem  zweiten 
und  letzten  Drittel  des  Weges  von  Jerusalem  nach  Jericho  »das 
Kloster  oder  Haus  Joachims.  Nahe  dabei  stand  eine  Kirche,  avo 
nach  der  Sage  Adam  dem  Paradiese  gegenüber  sitzend  weinte«  6). 
Ob  mit  dem  hier  erwähnten  Jericho wege.  Avie  Schick  vcrmuthet, 
abermals  der  alte  frühere  gemeint  sei,  oder  der  geAvöhnliche,  Avas 
doch  Aveit  Avahrscheinlicher  ist,  kommt  hier  nicht  in  Iktracht,  da 
die  beiden  Wege  sich  im  untern  loädi  fära,  der  hier  u-ädi  el-kelt  ■ 
heisst,  so  nähern,  dass  zur  Bestimmung  der  Lage  beide  dasselbe 
Resultat  liefern.  Nun  entdeckte  Tobler  nordöstlich  von  chäii 
hadrür  an  der  NordAvand  des  tvädi  el-kelt,  der  hier  zur  Schlucht 

Ij  II  Sam.  10,14  oder  Jos.  IS, 23.  2   Judee  III,  p.  72. 


3,  Jer.  13,4—7.  4   I  Kg.  15,1 


5)  Topogr.  II,  p.  97(i.  .507.    ö  oi-/.o;  toO  'Iioa-/.£iu.,  [^.ovaarr,p'.ov. 

6)  Schick  vermuthet  mit  Kecht,  dass  diese  Sage  aus  der  Benennung  dieser 
Gegend  mit  Adummim  fvgl.  Jos.  10.7.  ls,17    herstamme. 


12 


geworden  ist.  die  Ruinen  eines  Klosters  ^  ,  in  dessen  Xälie  eine 
Aquaednktbrücke  [dschisr]  sich  befindet,  welche  auch  von  Dr.  H. 
ZzscHOKKE  ist  gesehen  und  beschrieben  Avorden  2  .  Diese  Kloster- 
ruinen nannte  man  Toblek  Deir  Abu  Allassi.  Schick  möchte  sie 
mit  dem  Kloster  und  Haus  Joachim's  identificiren ;  auch  hält  er 
dafür ,  dass  hier  Chariton .  der  vorher  nahe  bei  Pharan  sich  auf- 
gehalten hatte,  aber  bald  nach  grösserer  Stille  Verlangen  trug 
und  darum  von  füra  Aveiter  in  die  Wüste  hineinwanderte  3; .  was 
soviel  heisse  als,  der  den  wüdi  fcira  hinunterzog,  einige  Zeit  ge- 
wohnt, doch  in  kurzer  Zeit,  weil  er  auch  hier  die  gCAvünschte 
Ruhe  nicht  fand,  eben  diese  Gegend  Avieder  Aerlassen  habe. 
AVegen  des  Namens  Der  abu  el-Lassi  möchte  ich  die  Vermuthung 
Avagen,  dass  Avir  hier  vielmehr  das  Kloster  der  Lazi.  eines  Seiten- 
ZAveigs  der  Iberer,  Avelches  in  der  Wüste  von  Jerusalem  lag,  an- 
zunehmen hätten*). 

3.    Das  Kloster  C'huzoba. 

Gehen  Avir  im  wüdi  el-kelt  von  der  ahu  xVUassi  in  der  Rich- 
tung nach  Jericho  Aveiter  hinab,  so  Averden  wir  durch  den  Anblick 
einer  tiefen  schauerlichen  Felsschlucht  überrascht.  Wir  bemerken 
A'iele  Offnuuifen  in  der  senkrechten  FelsAvand  und  hoch  oben  da- 
rüber  allerlei  MauerAverk ,  selbst  der  Dragoman  Aveiss,  dass  hier 
einst  EinsiedlerAvohnungen  sich  befanden,  d.h.  dass  hier  eine 
Laura  Avar.  Unten  am  Fuss  der  FelsAvand  rauscht  der  Bach  durch 
Röhricht  und  Gebüsch.  Wenn  es  auch  möglich  ist,  dass  wir  hier 
mit  manchen  Reisenden  den  Bach  Krith  zu  suchen  haben .  so 
ist  es  doch  Avahrscheinlicher,  dass  AAir  diese  Schlucht  mit  dem 
Thale  Achor  (Jos.  15,7)  identificiren  müssen'^).  Doch  sei  dem, 
Avio  ihm  Avollte,  Avir  haben  hier  gcAviss  eine  alte  Laura,  Avenn  auch 
ihr  Name  aus  der  IJlüthezeit  des  Eremitenthums  nicht  mehr  be- 
kannt ist.  A'ielleicht  zAvar  ist  diese  Laura  gemeint,  avo  Eaagrius 
von  der  Laura  Chuzika  (ev  Xou^ixa  ~\  Xaupa)  am  JerichoAvege 
redet"  .    Schick  hält  dieselbe  für  die  Laura.  Avelche  bei  dem  der 

1,  Denkblätter  p.  TOn. 

'2,  Beiträge  zur  Topographie  der  westlichen  Jordansau   Jerusalem  18Gü), 
p.  7f.' 

'^]  TOBLER,  Tbpogr.  II,  p.  522. 

4   TOBM-K,  Topogr.  II,  p.  OTC).    Rittf.R,  Erdkunde  XVI.  p.   l't.^. 

ö   Socin-Baedkkkr,  Palast,  u.  Syr.'- p.  1  l'i. 

ü,  ToBLER,  Topogr.  II,  p.9ii4. 


13 

hl.  Jungfrau  geweihten  Kloster  Chuzoha  gelegen  hat.  Für  die 
Richtigkeit  dieser  Annahme  sprechen  folgende  Gründe.  Vor 
allem  ergiebt  sich  aus  den  von  Tobler  i)  zusammengestellten  An- 
gaben, dass  um  GOÜ  n.  Chr.  (,'huzoba  nahe  am  Jordanwege  lag 
und  eine  Laura  dabei  sich  befand,  die  vom  h.  Johannes,  späterem 
liischof  von  Cäsarea.  gestiftet  Avar.  Die  Acta  »Sanctorum  erzählen 
nämlich,  dass  der  »h.  Theodor  Siceota  (f  613],  als  er  zum  Jordan 
hinabging,  in  die  Kirche  Chuzoba  in  der  Nähe  einer  Laura  trat.« 
Ausserdem  ist  berichtet,  dass  »um  das  Jahr  602  ein  Vater  in  den 
Zellen  zu  »Kuzibaa  sich  gegen  die  AVandercr  ungemein  edel  er- 
zeigte, indem  er  die  Strasse  vom  Jordan  nach  dem  Olberg  durch- 
streifte, um  die  Pilger  mit  Brot  oder  Wasser  zu  erquicken,  auch 
ihnen  die  Bürde  zu  erleichtern«.  Ferner  aber  erhellt  aus  einem 
Berichte  vom  Jahre  1185,  dass  ein  Kloster  »Choziba«  (wozu  in- 
zwischen die  Laura  geworden  war)  zwölf  Meilen  d.h.  vier  Stun- 
den unterhalb  des  Euthvmiusklösters  auf  der  andern,  d.  h.  N.- 
Seite  einer  ungeheuren  Schlucht  gelegen  habe,  dass  die  Löcher 
der  Höhlen  als  Mönchszellen  dienten  und  der  Tempel  selbst  und 
der  Begräbnissplatz  in  einer  Felsenspalte  ausgehauen  waren,  i 
Die  Beschreibung  passt  genau  auf  die  Schlucht  im  tcädi  el-Aelf : 
auch  die  Entfernung  von  Mert,  dem  Euthymiuskloster  ;doch  vgl. 
Xr.  1 0  .  ist  gleich  den  angegebenen  vier  Stunden.  Darum  werden 
wir  dem  Lrtheile  Schick's  .  dem  auch  schon  Tobler's  Vermu- 
thung,  dass  wahrscheinlich  die  im  letzten  Berichte  beschriebene 
Ortlichkeit  ivädi  el-kelt  sei.  zur  Bestätigung  dient,  auch  Avenn  wir 
in  Mert  nicht  das  Euthymiuskloster  finden,  ohne  Zögern  bei- 
stimmen. 

4.    Die  Laura  des  dschebel  karantal. 

Nicht  weit  im  Norden  vom  icädi  el-kelt  und  der  Laura  bei 
»Chuzoba«  war  auf  derselben  untern  Stufe  diejenige  des  l^erges 
der  Versuchung  oder  Qiiarantania  oder  des  dschebel  harantal.  wie 
die  Araber  heute  den  Berg  nennen.  Dieser  hohe,  kegelförmige 
Felsberg  im  Westen  von  Jericho  bildet  eine  steile,  felsige  Ge- 
birgswand  gegen  die  Jordanebene ,  steht  aber  ein  wenig  gegen 
die  anderen  Berge  zurück.  Er  hat  ungefähr  in  halber  Höhe 
Höhlen  und  Mauerwerk,  was  auf  eine  einstige  Laura  hiiuleutet. 

1    ToBLER,  Topogr.  II,  p.9G3f. 


14 

lind  üben  auf  seiner  Spitze  eine  Kirche.  Von  Reisenden  ist  dieser 
Berg  öfters  besucht  und  beschrieben  '  .  Gewiss  waren  hier  schon 
zur  jüdischen  Zeit  Höhlen  vorhanden,  welche  nachmals  die  christ" 
liehen  Einsiedler  benutzen  konnten.  Ein  gewisser  Elpidins  er- 
weiterte dieselben  so,  dass  man  die  Laura  selbst  mit  einer  Stadt 
vergleichen  konnte,  da  er  sich  durch  den  Ruf  seiner  strengen  Ent- 
haltsamkeit und  Heiligkeit  einen  grossen  Zulauf  und  Anhang 
verschaffte.  Den  Namen  Quarantania  erhielt  der  Berg  erst  in  der 
Kreuzfahrerzeit .  da  man  ihn  für  den  Berg  der  Versuchung  und 
des  vierzigtägigen  Fastens  des  Herrn  ansah.  Das  damalige  Kloster 
stand  unter  der  Aufsicht  der  Geistlichkeit  von  Jerusalem. 

5,    Kasr  hadschlü. 

In  der  Jordanebene,  in  die  wir  hinabsteigen,  und  besonders 
am  Jordanufer  lagen  verschiedene  Klöster.  Jedoch  sind  diese 
nicht  aus  ursprünglichen  Lauren  oder  Einsiedeleien  hervorge- 
gangen, w^eil  das  Flussufer  und  die  ganze  Ebene  hierzu  keine  ge- 
eigneten Ortlichkeiten  darbot.  Sie  sind  vielmehr  zur  Bequemlich- 
keit und  Sicherheit  der  Pilger  von  vornherein  als  förmliche  Klöster 
gegründet,  womit  ganz  im  Einklang  steht,  dass  ihre  Namen  erst 
in  späterer  Zeit  auftauchen. 

Zunächst  verdient  das  Kloster  des  Hieronymus  er- 
wähnt zu  M'erden.  Seine  nicht  unbedeutenden  Ruinen  liegen  auf 
einer  kleinen  Anhöhe  inigefähr  in  der  Mitte  zwischen  der  Sultans- 
quelle (ain  es-sulfßn)  und  dem  todten  Meer.  Unter  den  Trümmern 
sind  die  einer  Kirche  noch  leicht  zu  erkennen,  von  deren  Ge- 
mälden mit  griechischen  Lischriften  bis  zu  Anfang  unseres  Jahr- 
hunderts noch  Ueberreste  an  den  Mauern  zu  sehen  waren  2j .  "S'on 
den  Arabern  werden  die  Ruinen  mit  Ilerübernahme  des  ursprüng- 
lichen alten  Namens,  der  mit  dieser  Gegend  verknüpft  war  und 
sich  in  der  nicht  weit  entfernten  Quelle  hadschlü  [ain  hadschlä) 
erhalten  hatte  3],  und  in  Erinnerung  an  die  Bedeutung  dieses 
Klosters  als  eines  Schlosses  zum  Schutze  der  Pilger  kasr  hadschlü 
(Schloss  hadschlä)  genannt.  Doch  hat  sich  daneben  bei  den  Ara- 
bern aucli  die  anderweitige,  frühere  Verwendung  dieser  Gebäu- 
lichkeiten,   als  Wohnung  von  Mönchen,  in   dem  anderen  Namen 

1,  Vgl.  darüber  ZscnoKKE ,  Beiträge  zur  Topogr.  der  westl.  Jordansau, 

p.  9  ff.  und  S0CIN-]}.\EI)EKF,U2  p.  1.52  f. 

2    ToHLKK,  Topogr.  II,  p.  074.  .3;  Jos.  l.j.d.   IS.lii. 


15 

der  mär  hanna.  d.  h.  Kloster  des  heiligen  Johannes,  erhalten, 
wenn  auch  an  Stelle  des  den  Arahern  unbekannten  Ilieronymus 
der  beliebte  mZir  Jiannä  getreten  ist.  Doch  wäre  es  nicht  unmög- 
lich, dass  sich  in  diesem  arabischen  Namen  das  Richtige  erhalten 
hätte;  denn  obwohl  die  jetzige  Wüste  hadscJilä  im  vierzehnten 
Jahrhundert  Wüste  des  Hieronymus  genannt  wurde,  so  hat  sich 
doch  Ilieronymus  wohl  niemals  hier  aufgehalten,  weil  er  in  einer 
weit  nördlichem  Gegend  eine  Zeit  lang  als  Einsiedler  gelebt 
haben  muss.  Hatte  man  aber  nun  einmal,  wenn  auch  fälschlicher 
Weise ,  diese  Gegend  am  Ausfluss  des  Jordan  ins  todte  Meer  die 
Wüste  des  Hieronymus  genannt,  so  wurde  dieser  Xame  dann 
weiter  übertragen  auf  ein  Kloster,  mit  welchem  Hieronymus  im 
Grunde  nichts  zu  thun  hatte.  Auch  findet  sich  der  Name  eines 
Klosters  des  Hieronymus  in  dieser  Gegend  erst  im  Jahre  1479  i) . 

6.    Kasr  el-jelmd. 

Fast  ebenso  bedeutend  sind  die  weiter  nördlich  und  in 
grösserer  Nähe  des  Jordans  gelegenen  Euinen  eines  andern  Klo- 
sters, das  nun  unzweifelhaft  ein  Johanniskloster  war.  Na- 
türlich trug  es  diesen  Namen,  der  von  600  n.  Chr.  an  nachweisbar 
ist.  von  Johannes  dem  Täufer,  der  nach  der  Sage  an  der  Stelle 
des  Klosters  getauft  haben  soll.  Es  lag  auf  einer  der  dortigen 
öden  Klippen,  welche  das  alte  Flussufer  bildeten -) ,  jetzt  aber  un- 
gefähr zehn  Minuten  vom  Strome  entfernt  liegen.  Das  Kloster 
wurde  zur  Zeit  der  fränkischen  Herrschaft  durch  ein  Erdbeben 
zerstört,  vom  Kaiser  Emanuel  Komnenus(l  143 — 1  ISO) wieder  auf- 
gebaut und  ist  nachher  von  Pilgern  öfters  erwähnt,  seit  längerer 
Zeit  aber  in  Zerfall  und  unbewohnt,  so  dass  spätere  Reisende  l)loss 
von  dessen  Ruinen  sprechen ,  welche  von  den  Arabern  hasr  el- 
Jehüd  Judenschloss^  genannt  werden.  In  neuerer  Zeit  ist  jedoch 
einiges  daran  restaurirt  worden;  dasselbe  kann  zeitweise  wieder 
von  zwei  griechischen  Mönchen  bewohnt  werden  3) . 

1)  Vergl.  über  das  Hieronymuskloster  im  ganzen  und  über  die  "Wüste 
Tobleu,  Topogr.  II,  p.  972— <J76. 

2   Vgl.  dazu  ZscuoKKE  a.  a.  O.  p.  20  und  dagegen  Tobler,  Topogr.  IL 
p.  GS" f. 

3)  Vgl.   über  kasr  el-jehüd   [if.yXr^ai'x  oder    [jiovaaTr,piov  toö  rooofjöu.'jj 
Tobler,  Topogr.  II,  p.()S4fF.  bes.  p.  Tos  ff.  u.  Zschokke.  a.a.O.  p.2ort'. 


16 

7.    Nehi  müsä. 

Obschon  in  der  Jordaiiebene  noch  manche  andere  Klöster 
gestanden  haben,  steigen  Avir  doch,  ohne  ihren  Standorten  nach- 
zuforschen, die  unterste  Kreidestufe  hinauf,  Aveil  unsere  Unter- 
suchung vornehmlich  den  Laiiren  und  Klöstern  in  den  drei  Ge- 
birgszonen  gilt,  und  gelangen  zuerst  nach  tiehi  müsä.  Es  ist  dies 
heutzutage  ein  muslimischer  Wallfahrtsort,  Aveil  sich  daselbst  nach 
muslimischer  Anschauung  das  Grab  Mose's  befinden  soll,  obwohl 
nach  alttestamentlichem  Berichte  bekanntlich  dasselbe  auf  dem 
transjordanischem  Gebirge  zu  suchen  wäre,  wenn  wir  überhaupt 
glücklicher  zu  sein  hoffen  könnten,  als  der  Berichterstatter  über 
Mose's  Tod  selber  1; .  Schick  hält  nun  dafür,  dass  zw  nebt  mnsä 
schon  in  alten  Zeiten  eine  Stätte  der  Anbetung  und  des  Zu- 
sammenkommens nach  Art  der  damals  häufigen  Höhen  oder  lä- 
tnöt  gCAvesen  sei.  Ferner  soll  dann  hier  zur  Zeit  der  Blüthe  des 
Einsiedlerwesens  vor  dem  Einfall  der  Muslimen  eine  Laura  sich 
befunden  haben  und  aus  dieser  nachher  ein  Kloster  entstanden 
sein,  dessen  Stifter  den  Namen  Mose  getragen  habe.  Als  aber 
die  Muslimen,  die  von  Osten  her  in  das  Land  eindrangen,  auch 
dieses  Moseskloster  in  l^esitz  nahmen .  machten  sie  dasselbe  in 
der  Meinung,  dass  es  von  dem  hier  befindlichen  Grabe  des  auch 
von  ihnen  als  Propheten  verehrten  Mose  den  Namen  der  müsä 
bekommen  habe,  trotz  der  ganz  unmöglichen  Lage  zu  ihrem  Hei- 
ligthum  und  verehrten  hier  das  Grab  des  Propheten  müsä. 

S .    Emdschellidsch . 

Wenn  man  von  nebi  müsä  aus  den  Weg  nach  Jerusalem  etwa 
eine  Stunde  weit  hinaufgeht,  so  gelangt  man  in  eine  dem  wädi 
el-helt  ganz  ähnliche  Schlucht  mit  hohen  senkrechten  Felswänden 
zu  beiden  Seiten.  Von  der  Nordwand  aus,  an  welcher  der  Weg- 
vorüberführt,  erblickt  man  auf  der  Südseite  des  Thaies  Höhlen 
und  Löcher,  die  einst  von  Anachoreten  beAvohnt  waren.  13ie 
Araber  nennen  diesen  Ort  ^car  emtschellitsch  [mutscli.]  oder  wie 
CoNDEK  angiebt.  Mukellik.  Weniges  Mauerwerk  Aveist  unzweifel- 
haft darauf  hin,  dass  einst  Einsiedler  in  dieser  Gegend  hausten. 
Da  Schick  den  Ort  noch  nicht  hat  besuchen  können,  hat  er  vor- 
läufig darauf  verzichtet,  ihn  mit  irgend  einer  alten  Laura  in  "S'er- 
bindung  zu  setzen. 

1)  Deut.  34.5.  (J. 


17 


9.     War  ez-zaränik. 

Von  nebi  müsti  wenden  Avir  uns  zuerst  südwärts  \ind  über- 
schreiten den  wcidi  gleiches  Namens ,  durchziehen  darauf  die 
Ebene  saJd  hkea  in  südwestlicher  Richtinig,  bis  wir  zur  mittleren 
Gebirgsstufe  gelangen.  Hier  biegen  Avir  in  den  xcädi  ez-zarünlk 
ein.  Bei  einer  besondern  Heise,  die  liaurath  Schick  zur  Durch- 
forschung dieser  Gegend  machte,  ergab  sich,  dass  das  Thal  ez-za- 
ränlkj  wie  manche  Xachbarthäler.  von  dem  nahen  Gebirgsstock 
des  muntär  ^  ausgeht.  Nicht  weit  vor  seinem  Ausgang  in  die  Ebene 
bke'a  wird  es  zur  Felsenschlucht  und  zeigt  an  seiner  Nordwand 
einen  überhängenden  langen  hohen  Felsen,  der  etwas  gekrümmt 
ist.  so  dass  in  der  Ecke  sich  ein  stumpfer  Winkel  bildet.  In  diesem 
Winkel  führt  der  höchst  gefährliche  Zugang  über  eine  abschüs- 
sige, schmale  und  lange  Felsenplatte,  und  oberhalb  dieser  schma- 
len Bank  finden  sich  kleine  Höhlen  und  an  einer  Stelle  Stufen, 
die  höher  hinaufführen ,  sowie  eine  Cisteme,  während  unterhalb 
derselben  nur  noch  die  üeberreste  des  Mauerwerkes  vorhanden 
sind,  das  einst  bis  zur  Felsbank  hinaufgeführt  war  und  die  höher 
und  niedriger  liegenden  Gemächer  in  sich  einschloss.  Weiter 
unten  in  dem  ganz  öden  und  weglosen  Thale  soll  zu  gewissen 
Zeiten  sich  Wasser  finden. 

Diese  Ruinenstätte  hält  Schick  für  den  Ort.  wo  einst  Theo- 
ktist  seine  Einsiedlerwohnung  einrichtete  und  das  später  daraus 
hervorgegangene  Theoktistuskloster  stand.  Und  zwar  haben  wir- 
diese  Felsschlucht  für  den  Ort  des  untern  2j  Theoktistusklosters 
anzusehen,  neben  welchem  weiter  oben  vielleicht  im  gleichen 
Thal  ein  zweites  wird  existirt  haben,  wenn  nicht  etwa,  was  aber 
doch  unwahrscheinlich  ist,  beide  Klöster  hier  im  loädi  ez-zarä- 
nik zu  suchen  sind,  das  obere  in  den  Zellen  oberhalb  der  Fels- 
bank, das  untere  in  den  im  Mauerwerk  unterhalb  derselben  befind- 
lichen Zellen. 

Zu  der  Identificirung  dieser  Trümmerstätte  mit  dem  Theo- 
ktistuskloster führten  folgende  Gründe.    Aus  der  Beschreibung 

1)  müntär  GuERix,  Judee  III,  p.  101,  vgl.  dazu  Socin-B.\edeker2  pp.  205 
und  207  über  einen  andern  Berg  bei  Gaza  mit  Namen  muntär,  wo  SociN  ver- 
muthet,  der  Name  sei  von  dem  eines  muslimischen  Heiligen  abgeleitet,  und 
endlich  ZDPV  II ,  3,  p.  12(3  den  dschchel  muntär  zwischen  Hebron  und  aiu 
dschidi. 

2)  ToBLER,  Topogr.  II,  p.965. 

Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  III.  •> 


18 

dieser  Laura  \in(l  a\is  der  Erzählung  über  ihre  Gründung  ergieht 
sich,  dass  die  Ortlichkeit ,  -wo  die  Laura  angelegt  Avurde,  genau 
mit  der  Beschaffenheit  von  e^-^aräwl^  übereinstimmt,  und  dass 
auch  die  Angabe  der  Entfernung,  eine  Stunde  nördlich  vom  Eu- 
thymiuskloster  oder  vom  ]?erge  Marda  (Mert)  ^) ,  auf  den  wädi 
ez-zarämk  \im\veist.  Es  wird  nämlich  berichtet  2):  »Im  fünften 
Jahrhundert  n.Chr.  kam  ein  Anachoret,  Namens  Euthymius^  zu 
der  Laura  Pharan  ^j  und  lernte  unter  den  Brüdern  dieser  Laura 
einen  mit  Namen  Theoktistus  näher  kennen.  Nach  fünf  Jahren 
verliessen  beide  Pharan  mid  wanderten  weiter  in  die  Wüste  hinein 
(also  wohl  südostwärts) .  In  einer  gäh wandigen  und  tiefen  Schlucht 
(ad  praecipitem  quendam  et  profundum  torrentem)  •*)  fanden  sie 
auf  der  Nordseite  derselben  eine  grosse  Höhle,  Avelche  sie  zu  ihrer 
Wohnung  wählten,  und  sie  trugen  sich  mit  dem  Gedanken .  die 
Höhle  in  eine  Laura  zu  verwandeln  nach  dem  Vorbilde  von  Pha- 
ran. Aber  die  Eauheit  des  beinahe  unzugänglichen  Ortes  Hess 
den  Bau  einer  eigentlichen  Laura  nicht  zu.  Darum  waren  sie  an- 
gewiesen, gerade  am  Aufgange  zum  Felsabsturze  für  die  Brüder 
ein  Kloster  (d.  h.  Zellen,  die  nachher  zu  einem  förmlichen  Kloster 
wurden)  zu  erbauen,  das  dann  gleich  dem  Kloster  mär  säbci  wie 
an  die  Felsen  geklebt  erschien.  Von  da  begab  sich  dann  Euthy- 
mius  allein  weiter  in  die  Wüste  Ruban  (d.i.  die  Gegend  zwischen 
mär  säbä  und  dem  todten  Meer)  auf  den  Berg  Marda  (Mert).  dann 
weiter  in  die  Wüste  Ziphon  (d.  i.  die  Gegend  des  Abfalls  der  Berge 
gegen  das  todte  Meer  in  der  Nähe  von  Engeddi) .  Von  hier  wollte 
Euthymius  wieder  ins  Theoktistuskloster  zurück,  fand  aber  drei 
Meilen  (=  l  Stunde)  davon  einen  schicklichen  Ort  mit  milder  und 
heiterer  Luft  und  liess  sich  hier  in  einer  kleinen  Höhle  nieder.« 
(Dieser  Ort  soll,  wie  wir  imter  Nr.  10  sehen  werden,  nach  Schick 
in  dem  schon  auf  seiner  Hinreise  gesehenen  Berg  Mert  liegen) . 

Ausserdem  stimmen  mit  dem  Umstand,  dass  in  spätem 
Zeiten  das  Theoktistuskloster  nicht  mehr  erwähnt  Avird  '^] .  die 
ganz  zerfallenen  Uebcrbleibsel  übcrcin,  die  darauf  hinweisen, 
dass  der  Ort  bald  verlassen  und  nicht  mehr  aufgebaut  wurde. 

1)  Vgl.  weiter  unten  Nr.  10  und  die  Karte. 

2)  Vgl.  bei  ToBLKR,  Topogr.  II,  p.  !»ßöf. 

3)  Vgl.  Nr.  1,  p.  6ff. 

4  BoLLAXDi,  Acta  sanctorum  ed.  noviss.  Jan.  20  II,  p.G68. 

5  ToRLKR,  Topogr.  II,  j).  n^:<. 


19 

An  einer  unbedingten  Zustimmung  zu  dieser  Identification 
des  Theoktistusklosters  mit  war  ez-zaränlk  hindern  uns  die  aus- 
drücklichen Angaben,  dass  Euthymius  inid  Iheoktist  eine  grosse 
Höhle ^)  gefunden  haben,  welche  aber  Schick  nicht  erwähnt, 
und  dass  das  Theoktistuskloster  am  Jericho wege  sich  befunden 
habe  -) .  ^löglich  ist  ja  aber  allerdings,  dass  die  Höhle  beim  Zu- 
sammensturz verschüttet  und  darum  von  Schick  noch  nicht 
wieder  entdeckt  wurde ,  und  ferner  ist  zuzugeben,  dass  die  An- 
gaben über  die  Lage  am  JerichoAvege  nicht  so  genau  zu  nohmon 
seien  (doch  vgl.  darüber  Nr.  10). 

10.    Mert. 

Wenden  wir  uns  vom  icädi  ez-zarämk  am  Fusse  der  mittleren 
Stufe  nach  Süden ,  so  gelangen  wir  in  ungefähr  einer  Stunde  in 
den  xoädi  abu  schöle,  ein  enges  Seitenthal  des  Kidron.  das,  wie 
Aßx  wädi  ez-zarünlk,  schnell  und  stark  vom  Gebirgsstocke  des  nwn- 
tär  abfallt.  Überall  wo  diese  ?w?^w^är-Thäler  in  die  Ebene  hlea 
auslaufen,  besonders  aber  in  der  Gegend  von  Mert.  sind  die 
Schichten  des  Gesteins  so  aufgerichtet,  dass  sie  fast  senkrecht  auf 
den  Kopf  gestellt  sind  und  daher  alle  einzelnen  deutlich  hervor- 
treten. Ihre  Beschaffenheit  kann  deshalb  beim  Darüberhinarehen 
leicht  erkannt  werden.  Wie  im  ^ccidi  müsä  treten  hier  auch  solche 
von  schwarzen  Bitumensteinen  hervor;  dagegen  ist  hier  in  diesen 
besonders  steilen  und  rauhen  15ergen  von  einer  graueren  Farbe 
nirgends  etwas  A-on  Kreide  zu  sehen.  Unter  allen  den  gegen  die 
Ebene  vortretenden  Bergen  fällt  besonders  in  die  Augen  der 
kegelförmige  Mert  auf  der  rechten  Seite  des  wädi  abu  schoJe.  avo 
das  Thal  in  die  Ebene  blie  a  einmündend  sich  für  kurze  Zeit  etAvas 
mehr  nach  Süden  richtet.  Wegen  seiner  Gestalt  machte  er  auf 
Schick  den  Eindruck  eines  erloschenen  Vulkans.  Obwohl  er 
niedriger  ist,  als  die  andern  Avestlicheren  Berge  hinter  ihm.  ragt  er 
doch  in  seiner  Kegelform  aus  der  vor  ihm  liegenden  Ebene  hoch 
hervor,  und  diesen  Eindruck  erhöhen  noch  bedeutend  seine  sehr 
steilen  FelsAvandungen ,  die  an  verschiedenen  Stellen  und  be- 
sonders an  der  Krone  mit  MauerAverk  umgürtet  sind.  Wer  vom 
todten  Meere  nach  mlir  sähä  hinaufgeht ,  sieht  diesen  Berg  mit 

1    BoLL.,  Acta  sanct.  ed.  noviss.  Jan.  20  II.  p.  (>Cs :  offendunt  magnam 
quandam  speluncam. 

2)  ToBLER,  Topogr.  II,  p.  965. 

2* 


20 

seinen  Ruinen,  von  Avelchen  die  Araber  jetzt  noch  erzählen,  dass 
sie  von  Kirchen  herrühren.  Mit  den  hinter  ihm  liegenden  Bergen, 
die  dasselbe  Gestein  aufweisen ,  ist  dieser  Kegel  durch  einen 
Sattel  verbunden,  auf  welchem  in  bedeutender  Länge  und  Breite 
der  Fels  zu  einem  tiefen  Graben  ausgehauen  ist,  der  vrie  zum 
Schutze,  so  auch  zur  Auffassung  und  Aufbewahrung  des  Regen- 
wassers diente.  Quer  durch  diesen  Graben  ist  eine  senkrechte 
dicke,  mauerartige  Felswand  unausgehauen  geblieben.  Die  da- 
rüber hoch  aufgebaute  Mauer  trägt  auf  ihrer  Stirn  eine  Wasser- 
leitung, welche  durch  zwei  Berge  tunnelartig  hindurchgebrochen 
ist  und  das  Aveither  geführte  Wasser  in  den  Kegel  des  Berges  ge- 
rade unter  die  noch  an  den  Trümmern  auf  der  Spitze  erkennbare 
einstige  Kirche  hineinleitet.  Die  grossen  Höhlungen  des  Berges 
sind  vielfach  mit  Schutt  angefüllt,  dagegen  die  doppelten  Ring- 
mauern des  eigentlichen  Klosters  noch  erkennbar.  Am  Südab- 
hange  befindet  sich  eine  alte  Begräbnissgrotte.  Unter  derselben 
sieht  man  heute  noch  im  Thale  Ruinen  von  einstigen  Bauten,  die 
wohl  mehr  zur  Oekonomie  dienten,  und  in  der  Ebene  selbst  weiter 
entfernt  mit  niedern  Mauern  umfriedigte  Grundstücke.  Da  wo 
der  Weg  nach  Jerusalem,  nachdem  er  von  der  Krone  des  Berges 
auf  den  Sattel  herab  und  in  nördlicher  Richtung  an  der  Ostseite 
des  Felsgrabens  entlang  geführt  hat,  an  den  Rand  des  nördlichen 
tiefen  Thaies ,  des  ^oäd^  abu  schöle,  tritt ,  ist  eine  schöne  runde 
Cisterne  und  in  ihrer  Nähe  die  Reste  von  drei  Zellen.  In  gleicher 
Weise  finden  sich  auf  den  hinter  Mert  liegenden  Bergen  noch 
viele  Riiinen  einstiger  Zellen,  die  sich,  wie  diejenigen  von  chare- 
tün  vgl.  unten  Xr.  23 1,  von  allen  übrigen  dadurch  unterschieden, 
dass  sie  wirkliche,  wenn  auch  geringe  und  einfache  Bauten  dar- 
stellten, während  die  andern  alle  in  den  Höhlen  eingerichtet 
waren  (vgl.  hiezu  Tafel  H,  Plan  von  Mert) . 

Schon  bei  dem  unter  Nr.  9  behandelten  Theoktistuskloster 
haben  Avir  erwähnt ,  dass  an  dem  Berge  Mert  die  Ansiedlungen 
des  Euthymius  zu  suchen  seien,  und  die  Identificirung  von  Mert 
mit  dem  Euthymiuskloster  dort  vor  der  Hand  als  so  sicher  hin- 
gestellt, dass  wir  neben  der  Beschreibung  des  Theoktistxisklosters 
vornehmlich  auf  die  Entfernung  vom  Euthymiuskloster  die  dortige 
Identificirung  gründeten.  Um  so  mehr  haben  wir  daher  die  Über- 
einstimmung von  Mert  mit  dem  Euthymiuskloster  zu  i)rüfen  und 
dürfen  hiezu  die  Entfernung  einer  Stunde  vom  Theoktistuskloster 


21 

nicht  für  hinreichend  ansehen.  Sehen  wir  von  letzterem  ab.  so 
dürfen  wir  uns  nicht  verhchkui .  dass  zvi  allemächst  schon  eine 
alte  Angabe  nicht  genau  eintrifft,  nämlich  die,  dass  das  Euthy- 
miuskloster  rechts  am  Wege  von  Jerusalem  nach  Jericho  gelegen 
habe^).  Doch  dürfen  wir,  wie  wir  schon  unter  Nr.  1  bemerkt 
haben,  solche  Angaben  nicht  zu  genau  auffassen  und  hier  nicht 
auf  eine  Lage  unmittelbar  am  Wege  schliessen.  Denn  sonst  hätte 
ja  nicht  in  derselben  Lebensbeschreibung  derselbe  Schriftsteller 
uns  berichten  können,  dass  die  vierhundert  Armenier  auf  ihrer 
Pilgerfahrt  von  der  heiligen  Stadt  nach  dem  Jordan  einen  Ab- 
stecher zur  Laura  des  Euthymius  gemacht  hätten  '^] .  Auf  eine 
Entfernung  vom  Jerichowege  weist  uns  ferner  die  Nachricht  des- 
selben Cyrill  ,  dass  das  Euthymiuskloster  drei  Meilen  in  süd- 
licher Richtung  vom  Theoktistuskloster  entfernt  sei.  welches 
wiederum  als  nahe  am  Jerichowege  bezeichnet  wird  '^] .  Damit  ist 
ein  Abgehen  von  der  Strasse  nach  dem  Jordan  gerechtfertigt, 
und  möchte  selbst  eine  mehr  als  einstündige  Entfernung  erlaubt 
sein,  wenn  alle  andern  Angaben  bei  einem  so  weit  abliegenden 
Orte  einträfen.  Aber  der  Berg  Mert  hat  doch,  um  mit  dem  Eu- 
thymiuskloster identificirt  zu  werden,  eine  allzuweite  Distanz  vom 
Jericho Avege ,  welche  auch  viele  andere  Mittheilungen,  frühere, 
wie  spätere,  nicht  erlauben.  So  berichtet  schon  Cykill*)  in  der 
mehrfach  erwähnten  vita  Euthymii,  dass  eine  Frau  aus  Betabudi- 
son  [abu  dis  ,  welche  vom  Teiifel  besessen  war,  bei  dem  eine  starke 
Stunde  östlich  wohnenden  grossen  Euthymius  Heilung  gesucht 
und  gefunden  habe  ^  ,  Avelche  Entfernung  nicht  genügt,  um  den 
Wohnort  des  Euthymius  in  Mert  anzunehmen.  Im  Jahre  11  So 
sodann  lag  das  Kloster  des  grossen  EutliATuius  dem  des  Theodo- 
sius,  an  dessen  Lage  nicht  zu  zAveifeln  ist  (vgl.  der  dosl  Nr.22  , 
gegenüber ,  etwas  mehr  links  gegen  die  Niederung  der  Jordan- 
wüste, was  auch  eher  auf  eine  Lage  im  Süden  von  c/iän  hadrlir 
hinweist,  und  »um  1400  hiess  es,  dass  das  Euthymiuskloster  fast 

1)  ToBLER,  Topogr.  II,  p.  9().5.         2)  Das.  II,  p.  967. 

3)  Das.  II,  p.  9G4f.  4    Das.  II,  p.  342. 

5)  Bei  ToBLER,  a.  a.  O.  II,  p.  342  wird  als  Wohnort  des  Euthymius  die 
Laura  Pharan  bezeichnet,  eine  unrichtige  Erklärung  des  unbestimmten  Be- 
richtes von  Cyrill,  der  ohne  Nennung  des  Namens  der  Laura  bloss  von  einem 
confugere  ad  magnum  Euthymium  redet,  vgl.  BOLL.  Act.  sanct.  ed.  uoviss. 
Jan.  II,  p.  690. 


22 


mitten  auf  dem  Wege  von  Jerusalem  nach  Jericho,  und  vor  einem 
Jahrhundert,  dass  es  sechs  Meilen  östlich  von  Bethanien  lag« ') . 
Ich  sehe  mich  daher  genöthigt,  sowohl  das  Euthymiuskloster. 
Avie  auch  infolge  davon  das  Theoktistuskloster  -weiter  nördlich  zu 
suchen,  als  Schick  es  thut,  und  der  Yermuthung  von  Toblek  2) 
mich  anzuschliessen,  die  Lage  des  Euthymiusklosters  dagegen 
etwas  südlich  von  chZin  hadrur  (\-ielleicht  bei  chmi  es-sahl(l\  vgl. 
Nr.  14!  anzunehmen. 

Dagegen  gebe  ich  gern  zu,  dass  die  Ruinen  von  Mert  vor- 
trefflich zu  den  andern  Angaben,  die  uns  über  die  Ansiedelung 
des  Euthymius  erhalten  sind ,  passen,  und  bin  sehr  geneigt,  da 
uns  auch  sonst  3)  von  zwei  Klöstern  des  Euthymius  berichtet  wird, 
anzunehmen ,  dass  bei  Cyrill  insoweit  eine  Verwechslung  vor- 
gekommen sei,  als  er  in  seinen  Angaben  über  die  Lage  desselben 
das  auch  später  mehr  erwähnte  Kloster  bei  chZm  hadrilr  im  Aiige 
habe,  während  er  uns  doch  die  Ansiedelung  am  Mert  beschreibt. 
Das  Theoktistuskloster  Aväre  aber  auch  dann  nicht  in  ez-zaränlk 
zu  finden.  Lassen  Avir  daher  hier  noch  die  Erzählung  über  die 
Ansiedelung  folgen.  Schon  imter  Nr.  9  haben  Avir  die  Kückkehr 
des  Euthymius  aus  der  Wüste  Ziphon  und  seine  Ansiedelung  in 
einer  kleinen  Höhle  erAvähnf*) .  In  der  Nähe  derselben  grub  so- 
dann ein  von  Euthymius  getaufter  Sarazene,  Aspebet,  seinem 
Lehrer  eine  Cisterne  und  erbaute  daneben  einen  Ofen  zum  Brot- 
backen und  drei  Zellen.  Bei  diesem  Berichte  denken  Avir  unAvill- 
kürlich  an  die  am  Nordabhange  des  Berges  Mert  gelegene  noch 
jetzt  erkennbare  Cisterne  mit  den  drei  Zellen  (A-gl.  d.  Plan  Taf.  11^ . 
Als  die  Zahl  der  getauften  Sarazenen  sich  mehrte,  AAdes  Euthy- 
mius ihnen ,  um  sich  in  seiner  liuhe  nicht  gestört  zu  sehen,  in 
einiger  Entfernung  Wohnplätze  an  (vielleicht,  Avie  Schick  an- 
nimmt, am  südlichen  Fusse  des  ]3erges;,  avo  sie  bald  in  der  Per- 
son des  Aspebet,  der  nun  Petrus  hiess.  einen  Bischof  bekamen. 
»Als  Euthymius  verschiedene  Männer  einst  empfing,  ermahnte  er 

1)  ToBLER,  a.  a.  O.  II,  p.  970.         2    Das.  II,  p.  977. 

'6,  Das.  II,  p.  970,  Anm.  2. 

4)  Gegen  Schick  spricht  auch,  dass  hier  bei  der  llückkchr  der  Ort  nicht 
genannt  wird,  während  wir  doch  aus  dem  Berichte  über  seinen  Zug  nach  der 
Wüste  Ruban  und  Ziphon  wissen,  dass  Cyrill  den  Namen  Marda  kennt. 
Wir  dürften  daher  erwarten,  dass  er  es  bemerklich  machte,  wenn  es  wiederum 
Marda  gewesen  wäre.    Vgl.  olien  unter  Nr.  9. 


23 

den  Bischof  Petrus,  dass  er  ihnen  kleine  Zellen  einrichte  und 
einen  Tempel  gehörig  ziere,  und  so  entstand  in  kurzer  Zeit  eine 
Laura,  Avelche  der  in  Fharan  nicht  nachstand.«  Im  52.  Jahre  des 
Euthymiiis  besuchte  der  Patriarch  Juvenalis  die  Laura  und  weihte 
den  Tempel  ein.  Von  Pilgern  wurde  die  Laura  öfters  besucht 
und  die  Zahl  der  Mönche  stieg  bald  auf  fünfzig  und  für  jeden  war 
eine  Zelle  erbaut.  Nach  einem  abermaligen  Aufenthalt  in  der 
Wüste  Ruban,  wohin  es  den  leidenschaftlichen  Einsiedler  ge- 
trieben hatte ,  wollte  die  Kaiserin  Eudokia  seiner  Laura  den 
nöthigen  Unterhalt  verschaffen ,  aber  Euthymius  wies  das  Aner- 
bieten zurück.  Nun  Hess  die  Kaiserin  ungefähr  1 1/4  Stunde  west- 
lich davon  auf  einem  erhabenen  Punkte  ^)  einen  Thurm  und  eine 
Peterskirche  erbauen ,  von  wo  aus  man  alle  die  einzelnen  Zellen 
der  Laura  übersehen  konnte.  Unter  diesem  erhabenen  Punkte 
kann,  wenn  wir  Schick  in  seiner  Identificirung  des  Klosters  mit 
Mert  beistimmen ,  nichts  anderes  gemeint  sein  als  der  dschehel 
mimtür,  wenn  wir  dagegen  das  Kloster  bei  chün  es-sahl  suchen, 
nur  murassas  verstanden  werden2j .  Nach  dem  Tode  des  Euthy- 
mius, der  um  das  Jahr  470  erfolgte,  übernahm  der  Patriarch  Ana- 
stasius  von  Jerusalem  die  Leitung  der  Laura  und  übertrug  dem 
Diakon  Pheidos  die  Besorgung  des  Klosterbaues ,  zu  dem  nun 
sollte  geschritten  werden.  Die  ursprüngliche  Höhle  des  Euthy- 
mius auf  der  Spitze  des  Berges  AAurde  zu  einer  Kirche  umgebaut, 
in  deren  Mitte  das  Grab  des  Euthymius  mit  einer  Platte  bedeckt 
zwischen  zwei  Reihen  von  Gräbern  für  die  Prälaten  und  Heiligen 
stand.  Das  Kloster  wurde  mit  Wall  und  Graben  umgeben,  wie 
auch  die  Ruinen  aufweisen,  vuid  die  frühere  Kirche  zu  einem 
Ess-Saale  für  die  Ih-üder  hergerichtet.  Zum  Schutze  der  ganzen 
Gegend  führte  Pheidos  einen  Thurm  innerhalb  des  Klosters  auf. 
Übschon  nach  drei  Jahren  das  Mauerwerk  aufgeführt  war,  konnte 
die  Ausschmückung  Avegen  A'erzögerung  durch  Wassermangel 
erst  zwölf  Jahre  nach  Euthymius  Tode,  im  Jahre  4S2.  vollendet 
und  das  Kloster  sammt  der  Kirche  vom  Patriarchen  Martyrius 
eingcAveiht  werden  3) . 

1)  in  altissimo  promontorio  bei  Tobleh  a.  a.  O.  II,  p.  765. 

2)  Ob  der  dschehel  »iitntär  oder  iiiiirussas  eher  mit  einem  Promontorium 
zu  vergleichen  sei,  lässt  sich  bloss  hieraus  nicht  entscheiden  und  hängt  von 
der  Lage  des  Klosters  ab. 

3)  ToBLEK,  a.  a.  O.II,  p.  «ICG— <l7u. 


24 

Um  den  Streit  zu  schlichten,  ob  Schick  oder  Tobler  Recht 
habe,  wird  auch  eine  Vergleichung  der  Abbiklung  des  Euthymius- 
klosters  im  npo;xuvTjTapiov  von  1749  mit  dem  Schick' sehen  Plane 
nicht  ausreichen ,  da ,  abgesehen  davon  .  dass  es  mit  seiner  An- 
gabe von  6  Äleilen  als  Entfernung  von  Bethanien  gegen  Schick 
zu  zeugen  scheint ,  »seine  Abbildungen  durchgängig  schlecht« 
sind  ^( ,  sondern  werden  noch  weitere  Erforschungen  des  Gebietes 
zwischen  murassas  und  nehi  müsä  gemacht  werden  müssen.  Auf 
alle  Fälle,  mögen  wir  auch  gegen  Schick  Recht  bekommen, 
bleiben  natürlich  seine  Erforschungen  von  Mert  und  der  Umge- 
gend, sowie  der  Plan  dieser  Gegend,  gleich  werthvoll  und  höchst 
dankensAverth. 

1 1 .    Kettär. 

Folgen  wir,  vom  Berge  Mert  scheidend,  dem  oben  beschrie- 
benen Wege .  der  hoch  am  Rande  des  ivädi  ahn  schale  in  Curven 
westwärts  führt,  so  sehen  wir  bald  rechts  unten  im  Thalgrund 
einen  Brunnen  [blr  abu  schäle)^  wo  die  Araber  ihr  Vieh  tränken, 
links  an  zwei  Stellen  die  Reste  der  oben  unter  Nr.  lü  erwähnten 
Wasserleitung.  Sobald  der  Weg  stärker  ansteigt  und  in  gerader 
Linie  weiter  führt,  sehen  wir  am  Nordabhange  des  wädi  ahu 
schäle  einiges  Mauerwerk,  das  von  den  Arabern  y^hettürv-  genannt 
wird,  hinter  dem  der  Araber  auch  Höhlen,  kleine  Zimmer  und 
eine  Cisterne  kennt.  Nun  belehrt  uns  Cyrill  in  der  vita  Euthy- 
mii-  ,  dass  man  beim  Heraufgehen  vom  Euthymiuskloster  nach 
einem  Marsche  von  fünfzehn  Stadien  achtunddreissig  Miiniten) 
das  Kloster  des  Martyrius  gegenüberliegen  habe,  und  dass  man 
von  da  gerades  Weges  nach  der  heiligen  Stadt  hinaufziehen  könne. 
Schick  ist  darum,  weil  er  Mert  mit  dem  Euthymiuskloster  ideiiti- 
ficirt,  berechtigt,  in  dieser  Ruinenstätte  Ä'e^^är  das  frühere  Mar- 
tyriuskloster  zu  finden.  Es  i.st  aber  klar,  dass  auch  dieses  Klo.ster. 
wie  das  des  Theoktist,  mit  dem  Euthymiuskloster  auf  Mert  steht 
oder  fällt,  und  dass  daher  die  Bedenken  gegen  Mert  als  den  Ort 
des  Euthymiusklosters  auch  hier  uns  hindern,  der  ScmcK'schen 
Annahme  beizustimmen. 


1)  ToBLER,  Topogr.  II,  p.  KiOO. 

2)  Das.  II,  p.  '.)7()f. 


25 


1 2 .    DscJiehel  muntar  ^] . 

An  kettär  vorbei  steigen  wir  die  stellenweise  noch  gut  erhal- 
tene Strasse  von  Mert  nach  Jerusalem  weiter  hinauf  und  gelangen 
auf  diese  Weise  in  kurzer  Zeit  an  den  l?erg  muntär.  Dieser  von 
weither  sichtbare  und  hochgelegene  lierg  bildet  einen  eigent- 
lichen Gebirgsstock .  von  welchem  nach  allen  llichtungen,  be- 
sonders nach  Süden  und  Osten.  Thäler  abfallen.  Er  besteht,  wie 
der  Oelberg,  aus  Kreide  und  hat  ebenso  drei  verschiedene  Spitzen. 
Auf  der  mittleren  befinden  sich  noch  Ruinen .  aus  welchen  aber 
ohne  Ausgrabungen  kein  Plan  zu  entnehmen  ist.  Hier  hätte 
auch,  wenn  Schick' s  Annahme  über  Mert  die  richtige  Aväre.  die 
Kaiserin  Eudokia  den  schon  erwähnten  Thurm  imd  eine  dem  hl. 
Petrus  geweihte  Kirche  erbaut  21 .  Von  hier  aus  kann  man  näm- 
lich nicht  bloss  den  ]^erg  Mert  mit  seinen  Umgebungen  deutlich 
übersehen,  sondern  man  hat  hier  eine  Rundschau,  wie  sie  kaum 
der  Oelberg  bietet.  Während  auf  diesem  der  Blick  nach  Westen 
zu  sehr  gehemmt  ist.  lässt  sich  auf  dem  muntär  ein  weites  Stück 
Land  mit  vielen  Bergen  und  Thälern  sammt  dem  Oelberg  und 
der  Stadt  Jerusalem  nach  Westen  hin  überschauen.  Zudem  ist 
die  Aussicht  nach  Norden  und  Süden  ebenso  weit,  wenn  nicht 
noch  weiter,  als  auf  dem  Olberg.  und  nach  Osten  hat  man  alles 
viel  näher  vor  sich,  besonders  das  todte  Meer  mit  seiner  Halb- 
insel [el-Iisän] .  Am  Fusse  des  Berges  sind  in  den  verschiedenen 
Thälern  Cisternen  und  Brunnen  und  stets  in  deren  Nähe  Lager 
von  Beduinen  3) .  Vom  muntär  führt  nach  der  vom  Berge  aus 
sichtbaren  heiligen  Stadt  eine  Strasse,  an  welcher  stationenweise 
Cisternen  und  Wachthäiiser  waren  *) .  Nach  Nordosten  zieht  sich 
■von  ihm  aus  bis  zum  loädi  cl-kelt  eine  Reihe  von  meist  kegelför- 
migen Kreidebergen  hin.  die  aber  jenseits,  d.h.  östlich  des  tiefen 
u-(idi  esch-scharaf  liegen  und  auch  niedriger  sind,  als  der  muntär. 
ihr  Ausgangspunkt.   Die  auffallendsten  Spitzen  dieses  Zuges  sind 

1)  Diese  Schreibung  ist  von  Jerusalem  aus  bestätigt  worden. 

2j   Vgl.  p.  Ti  und  ToBLER,  a.  a.  O.  II,  p.  765. 

3;  Der  englische  Ingenieur  CoNDER  hält  diesen  Berg  für  das  talmudische 
Zuk,  wohin  am  Versöhnungstage  der  Sündenbock  dem  Azazel  zugeführt  wurde 
(vgl.  Lev.  16,10.  21  f.),  von  welcher  Ansicht  Schick  jedoch  abweicht.  Seine 
Gründe  hiefür  gedenkt  er  in  einer  besonderen  Abhandlung  beizubringen. 

4)  Vgl.  WiNER,  Bibl.  Realwörterb.  II,  p.  6.">6,  Anmerk.  4. 


26 


der  tantur  hudedun  (»hohe  Mütze«  i)  oder  »Hörn«  2)  von  hudedun) 
Tind  der  scha'äb  el-huioebZit. 

13.    Chan  hadrür. 

Der  eben  genannte  Gebirgszug  führt  nns  an  die  Jerichostrasse 
nach  chUn  hadrür.  Oberhalb  desselben  befindet  sich  ein  altes, 
einst  sehr  festes  und  •weithin  sichtbares  Kastell.  Der  chün  Avird 
nach  der  Tradition  für  die  Herberge  (iravooysTov  Luc.  10,34)  ge- 
halten. Avo  das  Gleichniss  im  Evangelium  den  barmherzigen  Sa- 
mariter mit  dem  unter  die  ]Mörder  gefallenen  VerAvundeten  ein- 
kehren lässt.  Chan  hadrür  liegt  in  der  Mitte  des  Weges  A^on  Je- 
rusalem nach  Jericho  und  beherrscht  von  seiner  hohen  Lage  aus 
mit  seinem  Kastell  diesen  Weg.  Gab  es  auch  verschiedene  (A'gl. 
Nr.  1)  Wege  von  Jerusalem  nach  dem  Jordan thale,  so  führte 
sicher  der  über  Bethanien  kommende  da  vorbei,  Avenn  er  auch  an 
manchen  Stellen  in  ZAvei  Wege  sich  theilen  mochte,  die  sich  bald 
nachher  Avieder  A'ereinigten  (Agl.  die  Karte) .  ObAvohl  es  nahe  liegt 
zu  vermuthen,  dass  an  diesem  durch  die  Tradition  geheiligten 
Orte  auch  eine  Kirche  oder  ein  Kloster  möge  erbaut  Avorden  sein 3) , 
so  deutet  doch  in  den  vorhandenen  Kuinen  nichts  darauf  hin. 
Im  Gegentheil  stammt  das  in  Ruinen  liegende  Gebäude  aus  der 
Zeit  der  Muslimen.  Doch  auch  dies  schliesst  nicht  aus,  dass 
früher  hier  eine  Kirche  oder  ein  Kloster  gestanden  habe ;  denn 
ein  so  Avichtiger  Ort  Avurde  Avohl  öfters  zerstört  und  immer  Avieder 
aufgebaut.  Da  das  Erdreich  hier  eine  röthliche  Farbe  hat,  aus 
der  man  selbst  auf  Eisenhaltigkeit  geschlossen  hat,  hielt  man 
chün  hadrür  für  das  in  Jos.  15,7  und  18,17  erAvähnte,  ander 
Grenze  von  IJenjamin  und  Juda  gelegene  Adumim,  Avelchen 
Namen  diese  Gegend  auch  noch  bei  Eusebius  mid  Hieronymüs 
trügt,  da  Maledomim  nichts  anderes  ist  als  das  hebräische  ma'ale 
adummim  •) .  Aus  dem  gleichen  Grunde  hcisst  auch  heutzutage 
mitunter  cJiün  hadrür  noch  «rother  Chan«,  chün  el-ahmar. 

1  Vgl.  ZDPV.  II,  .'i,  ]).  161  über  den  fanfür  bei  mär  clßs,  ferner  SociN- 
Bakdeker^  p.  lOS  über  tantür  ßr  aun  (das  Absalomsgrab)  und  endlich  unten 
Nr.  20  p.  32  über  tantür  ahu  kelüb. 

2)  Vgl.  ToiiLER,  Dritte  Wanderung,  p.  194  :  ntantür  heisstdas  Hörn,  Avel- 
ches  die  Drusinnen  auf  dem  Kopfe  tragen.« 

.'V  ToiJLEH  Topogr.  II,  p.  .jiJTj  fragt,  ob  nicht  vielleicht  hier  das  Eusta- 
chiuskloster  zu  suchen  sei. 

};  ToBLER,  a.  a.  O.  II,  p.  TG")  f.  dväßaot;  -ufjpojv  =  Rothensteig)  und  Ro- 


27 

1  4.    Chan  es-suhl. 

Eine  halbe  »Stunde  in  südwestlicher  Richtung  von  chZm 
haclrür  entfernt  liegt  in  einer  von  Bergen  umgebenen  verborgenen 
Ebene  cJmn  es  -  sa/d  [der  Chan  der  Ebene,  hie  imd  da  auch  im 
Gegensatz  zum  »rothen  Chan«  von  hadrTir  der  »grüne«  [chän  el- 
achdar  genannt.  Nach  Dieterici,  Reisebilder  aus  dem  Morgen- 
lando  II,  p.  223  ')  giebt  es  in  dieser  Ebene,  «eine  den  weiten  Moor- 
grund überragende  Anhöhe  mit  Trümmern  einer  Feste«.  Nach 
den  Untersuchungen  von  Schick  stellen  sich  diese  Ruinen  als 
bedeutend  heraus.  Noch  mehrere  GeAvölbe  des  Untergnindes 
sind  erhalten,  und  Avas  besonders  auffällt,  zwei  sehr  bedeutende, 
äusserst  gut  gebaute  Cisternen ,  die  nicht  nur  durch  das  Regen- 
wasser, sondern  durch  den  Bach  des  Thaies  gefüllt  werden  konnten. 
Aus  der  Beschaffenheit  der  Ruinen  ergiebt  sich,  dass,  "wie  auch 
der  unbestimmte  Name  chän  es-sahl  (Chän  der  Ebene)  wahrschein- 
lich macht,  hier  ursprünglich  kein  chUn,  sondern  avoIiI  ein  Kloster 
stand,  das  allerdings  später  dann  als  chän  benutzt  wurde.  Denn 
für  einen  chän  finden  sich  im  Lmern  des  Hofes  zuviel  Gebäude, 
ebenso  erkennt  man  daselbst  die  Apsis  einer  Kirche.  Gegen 
einen  ursprünglichen  chäii  sprechen  ferner  auch  die  Nähe  von 
chän  hadrür  und  die  Entfernung  von  jeder  eigentlichen  Strasse, 
da  auch  der  Weg  nach  nehi  mTisä  etwa  zehn  Minuten  nördlich  da- 
von vorbeiführt.  Auf  zeitweilige  Beniitzung  als  cJiän  Aveist  da- 
gegen hin,  dass  man  wiederholte  Restaurationen  in  den  Ruinen 
wahrnehmen  kann.  Der  Haupteingang  nämlich,  der  auf  der 
Nordseite  lag  und  einen  grossen,  -wenig  gespitzten  Bogen  aufwies, 
wurde  bei  einer  Restauration  vermauert,  indem  ein  neues  Ge- 
bäude davor  errichtet  wurde.  Wahrscheinlich  geschah  dies  dazu, 
um  das  damals  als  Festung  benutzte  Gebäude  sicherer  zu  machen, 
da  der  Eingang  von  Süden,  als  etwas  höher  liegend,  auch  schwerer 
zugänglich  war.  Was  es  einst  für  ein  Kloster  war,  etwa  das  der 
Lazi,  wie  Schick  2^  vermuthet,  Avenn  überhaupt  die  Lage  eines 
Klosters  an  dieser  Stätte  als  sicher  angenommen  Averden  könnte, 

denburg,  Avobei  aber  Toblek  an  mnrassas  denkt ;  die  Pilgerschriften  denken 
bei  diesem  Namen  meist  an  das  viele  Vergiessen  des  Blutes  ;=  damim  hebr.) 
an  dieser  Stelle,  vgl.  Luc.  10,;iO. 

1    Vgl.  bei  Tobleu,  a.a.  O.  II,  p.971,  Anmerk.  1. 

2,  Vgl.  dagegen  unsere  Vermuthung  über  das  Kloster  der  Lazi  unter  Nr.  2, 
]).  12  und  über  chän  es-suhl  unter  Nr.  10,  p.22f. 


28 

oder  ob  da  gar  in  der  ältesten  Zeit  schon  ein  Bauwerk  gestanden 
habe,  ist  schwer  zu  entscheiden.  Auf  jeden  Fall  ist  von  einer 
ehemaligen  Laura  oder  Einsiedelei  hier  nichts  zu  entdecken.  Wir 
sind  daher,  wenn  wir  nicht  an  eine  Verschüttung  der  Laura 
denken  und  doch  diesen  Platz  für  ein  Kloster  beanspruchen 
wollen,  zu  der  x\nnahme  genöthigt,  dass  hier,  falls  das  Gebäude 
nicht  schon  uralt  war,  sogleich  ein  Kloster  angelegt  wurde  und 
zwar  zu  einer  Zeit ,  als  sich  auch  sonst  überall  aus  den  früheren 
Lauren  schon  förmliche  Klöster  entwickelt  hatten. 

Heute  gehört  der  Ort  und  das  darum  gelegene  angebaute, 
schöne  Feld,  eine  Gegend,  die  sich  für  die  Ansiedelung  von 
deutschen  Colonisten  ganz  gut  eignete ,  den  Bewohnern  von  sil- 
wän  bei  Jerusalem. 

1 5 .    Miirassas . 

Wenn  wir  von  dieser  Trümmerstätte  scheidend  uns  in  nord- 
westlicher Richtung  die  Thalebene  hinaufwenden,  gelangen  wir 
zunächst  nach  zehn  Minuten  zu  dem  Wege  nach  nehi  mTisä  und  in 
weiteren  fünfzehn  bis  zwanzig  Minuten  zu  dem  Wege  von  Jerusa- 
lem nach  Jericho.  Schlagen  wir  nun  auf  diesem  Wege  die  Rich- 
tung nach  Jerusalem  ein  und  steigen  zur  oberen  Stufe  des  Ge- 
birges hinan,  so  gelangen  wir  nach  einer  kleinen  halben  Stmide 
dahin,  wo  der  Weg  nach  nebi  77iTisä  sich  vom  Jerichowege  ab- 
zweigt. Nahe  bei  dieser  Stelle,  fast  am  gleichen  Scheidepunkte 
führt  ein  alter  Weg  den  Berg  hinan  nach  murassas  ^] ,  einer  An- 
höhe ,  die  sich  durch  ihre  ausgebreiteten  Ruinen  von  den  vielen 
kahlen  Nachbarhöhen  unterscheidet  und  dieselben  auch  ein  wenig 
überragt,  so  dass  man  hier  eine  ziemlich  ausgedehnte  Rundschau 
geniesst.  Wenn  es  auch  höchst  wahrscheinlich  ist,  dass  wir  hier 
eine  alte  Ortslage  zu  suchen  haben ,  so  lässt  sich  der  alte  Name 
nicht  mehr  nachweisen.  Auch  stammen  die  erhaltenen  Ruinen 
sichtlich  aus  christlicher  Zeit.  Denn  an  dem  erhaltenen  Thurm- 
rest,  sowie  an  dem  grossen  Schöpflochstein  über  einer  Cisterne 
finden  sich  in  Kreise  gesetzte  Kreiize.  Schon  Tohler  ^)  beschreibt 
«in  solches  Kreuz  irait  ausgeschweiften  Linien  und  vier  gleich- 

1)  So  ist  die  Schreibung  dieses  Namens  auf  Anfrage  von  Jerusalem  aus 
angegeben  worden.  Damit  übereinstimmend  findet  sich  auf  der  so  eben  er- 
schienenen Karte  der  Engländer  Chirbet  Murussus.  Tobler  schrieb  Om 
Kasräs.      D.Red. 

2;  ToiiLEH,  a.  a.  O.  II,  p.  Tß.'i. 


29 

langen  Ijalkcn«,  und  Schick  entdeckte  noch  ein  gerades  Kreuz 
in  der  Mitte  einer  Figur,  die  aus  z^vvei  in  der  Diagonale  auf  ein- 
ander gelegten  Quadraten  bestand  <^J.    Daneben  fand  er  mehrere 

grosse  Cisternen,  ■weshalb  anzunehmen  ist,  dass  einst  hier  eine 
kleine  Stadt,  später  eine  offene  Ortschaft  mit  geräumigem  Kastell 
lag.  Übrigens  sind  die  Ruinen  derart,  dass  ohne  Ausgrabungen 
kaum  ein  zuverlässiger  Plan  davon  könnte  entworfen  Averden.  So- 
viel aber  lässt  sich  noch  erkennen,  das  der  feste  Platz  ohne  Graben 
war ;  es  musste  demnach  die  Stärke  desselben  auf  der  günstigen 
Lage  und  auf  der  Festigkeit  der  Mauern  beruhen ') . 

Von  murassas  führt  ein  AVeg,  immer  auf  der  Anhöhe  blei- 
bend, westwärts  fort  bis  nach  Bethanien  [el -' azarlje] .  Er  ist  an 
vielen  Stellen  noch  ganz  gut  erkenntlich  und  war  wohl  der  ur- 
sprüngliche Weg  von  cJüm  hadrür  nach  Jerusalem,  da  er  kaum 
etwas  länger,  besonders  aber  gegen  Überfälle  viel  sicherer  und 
auch  bei  Regenwetter  besser  zu  begehen  ist,  als  der  im  Thale 
(vgl.  die  Karte) .  Zudem  lagen  an  diesem  Wege  über  die  Berg- 
hohe einige  kleine  Ortschaften  und  mehrere  Cisternen.  Murassa& 
bildete  dann  etwa  die  Mittelstation  zwischen  Jerusalem  und  chän 
und  kaVat  hadrür^  gleichwie  das  in  der  Nähe  von  Wasserleitungen 
gelegene  bet  dschabr  zwischen  chän  hadrür  und  Jericho.  Ist  diese 
Annahme  richtig,  so  darf  gewiss  als  sicher  angenommen  Averden, 
dass  an  einem  solchen  Platz  weder  Kirche  noch  Kloster  fehlten. 
Jedoch  lassen  historische  Nachrichten  uns  darüber  im  Stich,  und 
ohne  vorher  angestellte  Ausgrabungen  kann  auch  aus  den  Ruinen 
kein  sicherer  Beweis  dafür  entnommen  werden. 

16.  Ort  der  Begegnung  des  Herrn  und  der  bei- 
den Schwestern  Martha  und  Maria,   bei  el- azarlje. 

Schlagen  wir  von  murassas  aus  die  eben  beschriebene  ur- 
sprüngliche Strasse  nach  Jerusalem  ein,  so  führt  uns  dieselbe  zu- 
nächst über  ein  kleines  ebenes  Feld,  dann  an  den  Ruinen  der  ein- 
stigen Ortschaften  el-tvebdi  [chirbet  el-webdi]  und  wmm  esrh-scha- 
chällb,  wo  heute  noch  einige  Cisternen  sind,  und  am  blr  Esbil  [b'ir 
es-sebll,  öffentlicher  l^runnen  ?)  vorbei,  hierauf  eine  starke  halbe 
Stunde  über  steinigten,  hohen  l>oden  zu  der  Stelle ,  wo   in  Er- 

1)  Vgl.  den  ganz  ähnlichen  Eindruck,  den  ToBLER  (a.  a.  O.  II,  p.  763  ff.) 
von  diesem  Orte  erhalten  hat. 


innerung  an  die  Ijegegninig  des  Herrn  und  der  Martha  und 
Maria  '  früher  eine  Kirche  Avar  erbaut  worden ^i.  und  wo  neuer- 
dings nebst  einem  kleinen  Kloster  wieder  eine  Kirche  vom  grie- 
chischen Kloster  in  Jerusalem  aufgebaut  worden  ist.  Beim 
Nachgraben  wurden  daselbst  auch  alte  Gräber  aufgefunden.  Die 
Localisirung  der  Begegnung  an  dieser  Stelle  weist  möglicher- 
weise darauf  hin,  dass  der  Tradition  noch  die  Kunde  von  einem 
Weg  über  murassas  bekannt  war.  Danach  wäre  dann  auch  an- 
zunehmen ,  dass  Jesus  auf  seiner  Reise  nach  l^ethanien  diesen 
alten  AYeg  eingeschlagen  habe ,  welchem  der  Weg  durch  das 
Thal  erst  dann  vorgezogen  wurde ,  als  imirassas  inid  die  an- 
dern Ortschaften  auf  der  Höhe  zerfallen  und  unbewohnt,  die 
Cisternen  unbrauchbar  geworden  Avaren ,  und  infolge  dessen 
an  der  immeriliessenden  Quelle  el-Jwd  ein  chän  vielleicht  auf 
alten  Grundlagen  erbaut  wurde.  Dass  in  der  Nähe  der  jetzigen 
griechischen  Kirche  die  Begegnung  Jesu  und  der  Martha  statt- 
gefunden habe,  ist  nicht  zu  bezAveifeln.  Dagegen  hält  uns  schon 
die  Nähe  von  Bethanien ,  avo  ja  ZAvei  verschiedene  Häuser,  das 
eine  als  das  der  Martha  und  das  andere  als  das  der  Maria,  gezeigt 
^\•urden.  davon  ab,  genau  die  »Stelle  der  Tradition  für  die  unbe- 
dingt richtige  zu  halten  und  daraus  einen  Schluss  auf  den  Weg 
zu  Avagen,  den  Jesus  genommen  hatte.  Gegen  Tobler  hält  Schick 
von  neuem  fest,  dass  an  dem  traditionellen  Begegnungsorte  eine 
Kirche  gestanden  habe,  Aveil  die  Griechen  bei  dem  Bau  ihrer 
Kirche  auf  alte  Fundamente  sollen  gestossen  sein.  Was  die  Ent- 
fernung dieses  Ortes  von  Bethanien  betrifft,  so  gebrauchte  Schick 
am  5.  November  A'ergangenen  Jahres  von  l)ethanien  bis  oben  an 
die  Steige ,  avo  der  jetzige  Weg  nach  Jericho  merklich  sich  /u 
senken  beginnt ,  sechs  Minuten  und  von  da  noch  zAvei  Minuten 
bis  zur  neuen  griechischen  Kirche  oder  dem  traditionellen  B)e- 
gegnungsorte  Jesu  mit  Martha  inid  Maria. 

1 7 .    El-  azarije . 

In  liethanien  selbst  befanden  sich  mehrere  Kirchen  inul 
Klöster.  Als  l'aula,  die  Schülerin  und  Freiuulin  des  Hieronymus. 
im  vierten  Jahrhundert  das  Grab  des  Lazarus  besuchte,  Avar  da- 
rüber schon  eine  Kirche  erbaut,  und  670  stand  dabei  ein  Kloster, 

1)  Jon.  II,  20.  :tOff. 

2)  Vgl.  ge<?cn  diese  Annahme  Tobler,  Topotir.  II,  p.  444. 


31 

das  865  noch  erhalten  war.  In  der  !St.  Lazaruskirchc  der  Kieiiz- 
fahrerzeit  zeigte  man  auch  die  Gräber  vieler  liischöfe  von  Jeru- 
salem. Im  Jahre  113S  gründete  ebendaselbst  Melisendis,  die  Ge- 
mahlin des  Königs  Fulco  von  Jerusalem,  ein  Frauenkloster,  dem 
nachher  ihre  jüngere  Schwester  Juditli  als  Äbtissin  vorstand. 
Schon  um  das  Jahr  600  wird  sogar  von  mehreren  Klöstern  und 
merkwürdigen  Stellen  in  l^ethanien,  sowie  von  einer  Klausur  mit 
Männern  und  Frauen  auf  dem  JJerge  berichtet;  noch  aus  dem 
Jahre  1099  wird  von  einem  Einsiedler  bei  liethanien  gemeldet  ^^ . 
In  derTliat  finden  sich  in  der  Nähe  von  Bethanien  viele  Höhlen, 
die  wenigstens  zeitweise  von  Einsiedlern  als  Wohnungen  mögen 
gebraucht  worden  sein,  jetzt  aber  als  Werkstätten  zum  Matten- 
flechten oder  als  Viehställe  benutzt  werden. 

1 S .    IVüdi  er-rabäbi. 

Von  Bethanieu  aus  folgen  Avir  der  gewöhnlichen  Strasse  nach 
Jerusalem,  steigen  am  Ölberg  hinunter  bis  in  das  Kidronthal. 
^  on  da  wenden  wir  uns  nach  Süden  und  treffen  in  dem  gleichen 
Thale,  nachdem  wir  an  sihccm  vorübergezogen  sind,  am  blr  eijäb 
den  Vereinigungspunkt  des  Kidronthals  des  jetzigen  icTuK  sitti 
marjani]  mit  dem  alten  Hinnomthal  \ge  bene  hinnom],  dem  jetzigen 
wädi  er  -  rababi.  Steigen  wir  dieses  letztere  Thal  hinauf,  so  er- 
blicken wir  an  seiner  felsigen  Südwand,  gerade  der  Südseite  von 
Jerusalem  gegenüber,  eine  grosse  Anzahl  von  alten  eingehauenen 
Felsengräbern  und  von  Höhlen.  Da  diese  Stätte,  wie  die  Gegend 
von  Bethanien,  hinlänglich  bekannt  ist,  halten  Avir  uns  hier  nicht 
lange  auf,  sondern  bemerken  nur,  dass  auch  hier  einst  Einsiedler 
Avohnten ,  vielleicht  selbst  eine  Laura  sich  hier  befand,  Avas  uns 
der  Bau  einiger  Kammergruppen  und  die  Keste  von  Gemälden, 
noch  mehr  aber  die  geschichtlichen  Urkunden  lehren'-).  Gegen 
eine  Ansiedelung  in  diesem  Thale  spricht  nicht  die  Nähe  der 
heiligen  Stadt;  denn  mochten  auch  anfangs  die  Einsiedler  in  die 
Wüste  hinausziehen,  so  musste  es  doch  einen  besondern  Reiz 
haben .  in  nicht  minder  Avilder  Gegend  ganz  in  der  Nähe  von 
Jerusalem  als  vollständige  Einsiedler  zu  leben.   Auch  ist  es  leicht 

1  Vgl.  über  Bethanien  ToBLER ,  a.a.O.  II,  p.  122—401,  bes.  432t'.  und 
453  f.,  auch  Socix-EAEDEKERa.a.  O.  p.  147  f.; 

2)  Vgl.  Tobleu,  a.a.O.  II,  p.  2.30— 2(ii»  und  Socix -Baedeker  a.a.O. 
p.  114ff. 


32 

begreillich.  Avie  solche  Einsiedler  von  der  nahen  Kirche  begünstigt 
Avurden.  indem  man  zu  einer  Zeit,  da  man  solch  ein  Leben  be- 
sonders hoch  stellte,  gern  die  Beispiele  dieses  heiligen  Lebens 
in  die  Nähe  der  Städte  rückte.  Auch  in  neuester  Zeit  hat  sich  in 
einer  dieser  Grabhöhlen  ein  Einsiedler  mehrere  Monate  aufge- 
halten. Als  er  aber  entdeckt  und  in  der  Folge  durch  öfteren  Be- 
such in  seinem  Stillleben  gestört  wurde ,  verliess  er  diesen  Ort 
und  suchte  sich  anderswo  eine  ungestörte  Wohnstätte. 

19.  Der  es-senne. 

Kehren  wir  zum  b'ir  eijüb  zurück  und  folgen  eine  kleine  halbe 
Stunde  dem  Laufe  des  Kidronthales,  so  treffen  wir  auf  der  Nord- 
seite des  Thaies  auf  einen  Yorsprung,  Avelcher  in  der  durch  ein 
von  der  Olbergspitze  im  Osten  herabfliessendes  Thälchen,  toädi 
kattün.  mit  dem  Kidronthale  gebildeten  Gabel  liegt,  eine  Buinen- 
stelle,  die  den  Namen  der'  es-senne  trägt.  Auf  ein  früheres  Klo- 
ster an  diesem  Orte  weist  der  Name  [der)  hin,  allein  es  ist  uns  über 
dasselbe  nichts  weiteres  bekannt.  Es  finden  sich  nahe  dabei  auch 
Cisternen  und  gegenüber  (auf  der  Ostseite  des  tccidi  kattün?)  eine 
Höhle,  die  meghZiret  isa  i  Jesushöhle]  genannt  wird.  Weiter  hinab 
im  Thale  Kidron,  das  hier  wädi  en-nZir  (Feuerthal)  heisst,  finden 
sich  in  den  Thalabhängen  noch  öfters  Höhlen. 

20.  Fell  et-tln. 

Besonders  häufig  sind  solche  Felsenhöhlen  bei  feil  et-ün 
{=  »missrathene  Feige«)  ^)  auf  dem  linken  Plateau  des  Kidron  in 
einem  Thale,  das  gegen  Osten  abfällt.  Noch  heute  sind  dieselben 
bewohnt.  Auch  hier  haben  wir  eine  alte  Laura  anzunehmen, 
deren  Name  uns  nicht  aufbehalten  ist;  in  der  Nähe  (S.)  finden 
sich  auch  mehrere  Cisternen  und  Dreschtennen.  Eine  halbe 
Stunde  südlich  davon  ist  auf  der  Höhe  ein  neues  Haus  gebaut 
Avorden.  Zwanzig  Minuten  Aveiter  südlich  steht  ein  kleines,  meist 
zerfallenes,  nur  zeitAveise  von  den  Beduinen  beAvohntes,  auf  alten 
Grundlagen  sich  erhebendes  Dorf  haradän,  oder  Avegen  seines 
Zerfalls  geAvöhnlich  chirbet  haradän  genannt.  Der  wädi  el- 
leben führt  von  hier  SO.  in  das  Kidronthal  hinab.  Von  feil  et- 
tln  führt  ein  Weg   nach  dem  muntür  und  Mert ,  an   mehreren 

1]  Die  Bedeutung  ist  zAveifelhaft.   »FeU"  ist  ein  Boden,  der  mehrere  Jahre 
A-om  Regen  nicht  bewässert  worden  ist.  Die  Red. 


33 

liuiuen  und  einstigen  Stationshäusern ,  nämlich  an  cliirhcf  cz- 
zurnru,  schech  wadi  ed-dukkün  und  hurdsch  saJil  es-mk  vorüber, 
bei  denen  sich  (Zisternen  finden  ') .  Ein  Nebenwejy;;  führt  80.  zu  den 
auf  einer  flachen  Anhöhe  Hegenden,  von  zwei  Seiten  mit  Ihäh'rn 
mngebenen  lluinen  von  dsrhindscJiis ,  einer  einst  ansehnlicluMi 
Ortschaft  mit  grossen  Cüsternen,  einigen  Höhlen  und  vielen  ge- 
hauenen liausteinen  2) .  Steigen  wir  von  da  durch  eines  der  hier 
beirinnenden  Thäler  weiter  südostwärts  siiWA  hinunter  in  die 
mittlere  Stufe,  so  gelangen  wir  zu  einem  spitzigen  Hergkegel, 
tantür  abu  kelüb  ^  weiter  unten  zum  gleichnamigen  Hrininen  hir 
ahn  kelüh  (=  »Brunnen  des  Vaters  von  Hundeno)  und  gleich  da- 
rauf wieder  in  das  Kidronthal,  das  wir  vor  feil  ei-ün  verlassen 
haben.  In  der  durch  den  Einfluss  des  imdi  ahu  keläh  gebildeten 
Erweiterung  desselben  findet  sich  ein  muslimisches  Weli  des 
Scheck  misif.  Wenig  weiter  unten  führt  an  der  Südwand  des  Ki- 
dronthales  ein  künstlich  angelegter  Weg  zu  dem  Kloster 

2 1 .  MZir  säbü, 
das  neben  andern  Eigenthümlichkeiten  auch  darin  seine  Seltsam- 
keit und  Sehenswürdigkeit  bewährt .  dass  es  das  einzige  noch 
heute  bestehende,  wenn  auch  durch  manche  Zerstörung  und  man- 
chen Wiederaufbau  hindurchgegangene  Kloster  ist,  das  aus  einer 
Laura  sich  erweitert  hat.  Da  es  als  eine  Art  Unicum  von  den 
meisten  Reisenden  besucht  wird,  hiermit  genügend  bekannt  ist, 
auch  der  erhaltene  Name  keinen  Zweifel  an  der  Identität  mit  der 
alten  Laura  des  mar  sähü  aufkommen  lässt,  so  beschränken  wir 
uns  auf  einige  Notizen  über  die  erste  Besiedelung  des  Klosters. 
Der  Ruhm,  an  dieser  merkwürdigen  Stelle  zuerst  sich  niederge- 
lassen zu  haben,  kommt,  so  weit  sich  die  Geschichte  dieser  Laura 
verfolgen  lässt.  nicht  dem  hl.  Saba  zu,  nach  welchem  das  Kloster 
den  Namen  trägt,  sondern  dem  schon  mehrfach  erwähnten  Euthy- 
mius,  von  dem  Avir  wissen^),  dass  er  noch  in  den  letzten  Jahren 
seines  licbens  für  kiu'ze  Zeit  seine  Laiu'a  verlassen  und  in  der 
Wüste  Ruban  eine  neue  Wohn\nig  sich  aufgesucht  hatte.  Diese 
neue  Ansiedelungsstätte  soll  dann  Euthymius  unter  die  Leitung 
des  hl.  Saba,  seines  Schülers,  gestellt  haben,  der  in  der  Nähe  v(m 
Oäsarea  in  Oappadocien  im  Jahre  4  39  geboren  wurde  und  nach 

1)  Vgl.  Nr.  12,  i).2r>.  2j  Vgl.  GiKRTN,  Judee  111,  p.  hil. 

;j)  Vgl.  p.  8  und  22. 

Ztschr.  d.  Piil.-Ver.  MI.  3 


34 

einer  Pilgerreise  in  das  heilige  Land  etwa  in  seinem  20.  Alters- 
jahre der  Lanra  des  Euthymins  sich  angeschlossen  hatte.  Im 
Jahr  484  wurde  er  vom  Patriarchen  zum  Priester  geweiht  mid 
der  Abt  eines  von  ihm  gestifteten  Ordens  der  Sabaiten.  Nach 
einem  langen,  nicht  bloss  für  das  Einsiedlerwesen,  sondern  auch 
für  die  ganze  Kirche  sehr  thätigen  Leben  starb  er  im  Jahre  531 . 
Die  Laura  mär  säbä  und  später  das  daraus  hervorgegangene  Kloster 
wurde  mehrmals  zerstört,  aber  immer  wieder  aufgebaut  und  er- 
hielt 1840,  als  es  von  den  Küssen  übernommen  wurde,  die  jetzige 
Gestalt.  Erwähnenswerth  um  der  Analogie  willen  mit  dem  in  der 
Nähe  des  Euthymiusklosters  von  Eiulokia  erbauten  Tlmrme  ist 
noch  der  bald  als  Wachtthurm .  bald  als  Herberge  für  die  vom 
IJetreten  des  Klosters  ausgeschlossenen  Frauen  benutzte,  isolirt 
stehende  Thurm  in  der  Nähe,  von  dem  aus  auch  solche  Jiesuche- 
rinnen  das  ganze  Kloster  übersehen  können') . 

22.    Der  closl. 

Von  mär  säbä  führen  zwei  Wege  zurück  nach  Jerusalem, 
der  eine  auf  dem  hohen  Kandc  der  Südwand  des  Kidronthales, 
der  andere  durch  das  Thal  selbst.  Wir  wählen  den  letztern  mid 
ziehen  an  mehreren  Cisternen  vorbei,  die  sämmtlich  am  Fusse 
der  südlichen  Thalwand  liegen,  und  von  denen  die  erste  blr  haf- 
tUbe  stets,  die  übrigen  blr  el-kuttlje^  harazije  mid  cl-mizlük,  nur 
zeitweise  Wasser  haben.  l>ei  btr  el-mizläk  verlassen  wir  nochmals 
das  Kidron thal.  ersteigen  auf  der  Südseite  des  Wädi  die  Höhe  der 
mittleren  Stufe  und  gelangen  hier  bald  zu  den  Ruinen  des  Theo- 
dosiusklosters,  die  jetzt  entweder  nach  dem  hier  wohnenden 
Stamme  der  'ubedlje^  'ubcdlje  oder  mit  einer  Abkürzung  von  Theo- 
dosius,  der  döst  genannt  werden.  Von  Jerusalem  führte  früher 
der  Weg  hierher  nicht,  wie  heute,  durch  das  Kidronthal,  sondern 
zuerst  eine  Strecke  weit  auf  dem  Wege  nach  IJethlehem  bleibend, 
dann  ostwärts  abbiegend  und  meist  auf  der  Höhe  sich  hinziehend 
(vgl.  die  Karte) .  Dass  wir  uns  hier  an  der  Stelle  des  alten  Theo- 
dosiusklosters  befinden,  lässt  sich  nicht  bezweifeln,  da  abgesehen 
davon,  dass  sich  die  Erinnerung  an  den  Stifter  imheutigen  Namen 
der  dnsl  noch  theilwcise  erhalten  hat,  alle  alten  Angaben  über  die 
Ortslage  genau  mit  der  Ortlichkcit  ubedlje  übereinstimmen. 

I,  Vgl.  über  iiwr  sähü  ToBi.v.K,  a.a.O.  II,  ]>.  s:!7— s.").").    Gri-UTX,  .ludec 
III,  p.  M2— lol.    SiM  in-Hai;i.i:kki(-,  p.  Hi2  II 


35 

Ehe  wir  zur  IJcschreibuiig'  der  noch  vorliaiKlciieii  bechnittni- 
deu  Ruinen  übersehen,  verge^enwiirtigen  wir  uns  kurz  die  Grün- 
dungsgeschiclite  der  Laura  sanimt  ihren  einstigen  Einrichtungen. 
Wie  die  Laura  mZi7'  säbä  ihre  Berühmtheit  einem  ("appadocier  ver- 
dankt, so  stammt  auch  Theodosius  (geh,  432),  der  .Stifter  von  der 
dösl,  aus  CJappadocien.  In  gleichem  Alter,  wie  Saba,  kam  auch 
er  nach  Jerusalem,  wohnte  zuerst  einige  Zeit  beim  Davidsthurm, 
zog  dann  zu  dein  » alten  Sitz «  (in  veterem  sedem)  an  der  öfFent- 
liehen  Strasse  nach  Jiethlehem  inid  von  da  (ostwärts)  in  die  Wüste, 
liier  fand  er  auf  einem  l^erge  eine  Höhle,  von  der  man  annahm, 
dass  die  Weisen  aus  Morgenland  auf  ihrer  Heimreise  von  Beth- 
lehem darin  übernachtet  haben .  und  wählte  sie  sich  zu  seiner 
Wohnung.  Als  sich  viele  andere  Mönche  zu  ihm  gesammelt 
liatten,  baute  er  hier  eine  Laura  \) . 

Die  Unabhängigkeit  der  Gründung  von  den  früher  erwähnten, 
meist  mit  Pharan  direct  oder  indirect  in  Verbindung  stehenden 
Lauren,  macht  sich  hier  in  mehr  denn  einer  Weise  bemerklich. 
Wie  sich  die  Lage  dieser  Laura  schon  dadurch  auszeichnete,  dass 
sie  nicht  in  einer  schauerlichen  FelsschliTcht,  sondern  in  heiterer 
Hergeshöhe,  welche  eine  weite  Aussicht  gewährte  und  frucht- 
baren Hoden  zeigte,  gegründet  wurde,  so  war  auch  die  innere  Ein- 
richtung in  analoger  Weise  nach  freieren  Grundsätzen  imd  mit 
ökonomischem  Sinne  durchgeführt.  Ein  bei  den  übrigen  palästi- 
nensischen Ijauren  unerhörter  Unterschied  in  Wohnung  und  Le- 
bensweise nach  den  verschiedenen  Ständen  kam  hier  zur  Geltung. 
Man  unterschied  zwischen  Lauren  für  Vornehme  und  Geringe, 
für  Kranke  und  Gäste;  selbst  ein  Verpllegungshaus  für  alte 
Mönche,  für  vornehme  Freunde,  für  bessere  Frauen  wurde  ein- 
gerichtet. Unter  den  693  Brüdern,  die  unter  der  Leitung  des 
Theodosius  standen,  konnte  man  alle  Arten  von  Handwerkern 
sehen.  Noch  bei  seinen  Lebzeiten  war  er  durch  die  Menge  der 
Mönche  gezwungen,  ein  förmliches  Kloster  zu  baiien.  Er  wählte 
zum  l]au])latz  die  Abendseite  der  Laura,  indem  er  von  den*  bis- 
herigen Kirche,  Kathisma,  sich  zTirückzog.  Ucr  Neubau  enthielt 
drei  Kirchen  (indem  als  vierte  die  früluue  mit  dem  Namen  Kathisma 
hinzu  kam) .  Man  betete  darin  nach  den  Landsmannschaften  in 
drei  Sprachen.  \iud  unter  der  llauptkirche  wurde  später  Theodo- 

1)  Vgl.  bei  Toiu>KR,  a.a.O.  IT,  p.'.isdf. 


36 

sius  in  einer  Hölile  begraben,  zn  der  um  das  Jahr  602  achtzehn 
Stufen  hinabführten.  Nach  einem  Zeitraum  von  fünflnindert 
Jahren  erhalten  Avir  aus  dem  Jahre  1185  folgende  Beschreibung: 
»Das  Kloster  ist  mit  verschiedenen  Tliiirmen  iimschanzt.  In  der 
Mitte  steht  auf  einer  erhabenen  Stelle  die  Domkirche  mit  einer 
runden  Kn})pel  und  unter  dem  Tempel  befindet  sich  eine  Höhle 
mit  dem  Grabe  des  Heiligen,  neben  welcher  noch  viele  Gewölbe 
sind,  die  die  Ueberbleibsel  grosser  Heiligen  enthalten.«  Ferner 
zeigte  man  damals  einen  Pfeilschuss  weit  vom  Kloster  entfernt 
eine  Knppel  an  dem  Orte ,  wo  nach  der  Sage  in  der  Hand  des 
Theodosius  einmal  erloschene  Kohlen  wieder  Feuer  fingen  •) , 
welche  Angabc  auf  das  hentige  muslimische  ^veli  schech  challfe, 
die  liegräbnissstiitte  der  jetzt  hier  Avohnenden  Araber,  passt. 
Theodosius,  dieser  wohl  nnter  allen  Laurenstiftern  bedeutendste 
Mann,  erhielt  von  dem  l^atriai'chen  zu  Jerusalem  die  Aufsicht 
über  alle  zusammenwohnenden  Mönche  (Koenobiten)  in  l'alästina, 
Aveshalb  er  auch  oft  nur  mit  dem  Namen  des  Koenobiarchen 
(=  Vorstehers  der  Koenobiten)  genannt  wird.  Er  starb  im  Jahre 
529  2). 

Schick  hat  nns  über  den  jetzigen  Ik'fund  der  Ueberreste 
dieses  grossartigen  Klosters  einen  werthvoUen  Plan  entworfen 
(vgl.  Taf.  II) .  Die  genannten  Höhlen  sind  noch  heute  vorhanden, 
wenn  auch  vielfach  mit  Schutt  angefüllt,  l'ber  einer,  die  Avir 
demnach  als  die  liegräbnisshöhle  des  Theodosius  ansehen  dürfen, 
stand  eine  Kirche,  deren  Pfeiler  und  Apsiden  noch  heute  erhalten 
sind  und  die  nach  den  Ueberresten  zu  schliessen  eine  Ku])])el 
hatte.  Ebenso  sind  an  der  Kuinenstätte,  besonders  im  westlichen 
Tlieile,  noch  viele  Zimmer  erhalten,  wo  jetzt  die  IJeduinen  des 
Stammes  'uhedlje  ihre  Feldfrüchte  und  ihr  Stroh  aufbewahren. 
Der  Avestlichc  nnd  nordAvestliche  Theil  dieser  ansehnlichen  imd 
ansgebnnteten  Rninen  war  einst  offenbar  ein  einheitlicher  liau, 
während  im  südlichen  inid  östlichen  Thcile  eine  Anzahl  verschie- 
dener Gebäiide  standen.  Auffallend  ist  ein  im  Osten  befindlicher, 
ausgeebneter  \ind  mit  Steinplatten  belegter,  viereckiger  ]*latz, 
der  gegen  Mittag  und  Abend ,  avo  das  'I  errain  ansteigt ,  in  den 
Felsen  eingehaiuni  ist,  Avährend  die  andern  Seiten  mit  einer  nie- 
drigen Mauer  eingefasst  sind.    In  der  Ostseite  ist  noch  die  Thüre 

1)  S.  alle  diese  historischen  Angaben  hei  'rinil.Kil,  a.a.O.  II,   p  UM  f. 
2;  GUKRIN,  Ju<K'e  III,  ]).  ".Mt. 


:m 


mit  einer  js^rossen  Unteischwelle  sichtltar,  an  der  .Süchvand  stehen 
noch  einige  l'iUisteransätze,  inul  anch  im  Innern  deuten  .Spnren 
am  Hoden  anf  frühere  Pfeiler  hin.  In  dem  gkMchen  lioden  findet 
sich  eine  Öffnung  wie  das  Mundh)ch  einer  C'isterne  (andere  der- 
artige Offnungen  scheinen  verschlossen  zu  sein^ ,  mid  darunter  eine 
grosse,  tiefe,  ganz  in  Felsen  ausgehauene  Cisterne  von  rundlicher 
Form.  Dieselbe  erkannte  Schick  durch  eine  Öffnung  in  dem  so- 
genannten «Tiad«,  einer  in  den  Felsen  gehrochenen,  einst  nach 
Osten  offenen,  jetzt  aher  mit  Mauerwerk  verschlossenen  Höhle. 
In  eben  diesem  liad  sind  zwei  JJassins^  zn  denen  eine  Anzahl 
Stufen  hinabführt.  Es  scheint,  dass  wir  es  hier  mit  alten  Uädern 
zn  thun  haben.  Die  Araber  nannten  diesen  Platz  »Kirche«;  dann 
müsste  derselbe  früher  wenigstens  theilweise  bedeckt  gewesen  sein. 
Die  ganze  Ruinenstelle  bildet  heutzutage  die  Ortschaft  oder 
den  Mittelpunkt  —  denn  hier  haben  die  J^eduinen  ihre  Speicher 
und  beim  weit  schech  challfe  ihren  Gebetsplatz  und  ihre  Gräber 
—  des  Araberstammes  der  ubed'tje.  weshalb  sie  auch  den  Fremden 
gegenüber  die  Ruinen  \d>edije  nennen .  während  sie  unter  sich 
der  Stätte  den  alten  Namen  der  dösl  erhalten  haben.  Diese  uhedlje- 
Hedninen  sind  arm  und  möchten  daher  gern  etAvas  von  diesen  Ru- 
inen, z.  H.  die  Kirche  mit  ihren  Höhlen,  thcuer  verkaufen,  wenn 
jemand  zum  Ankaufe  geneigt  wäre.  Zwei  griechische  Mönche 
sollen  auch  einmal  dort  gewohnt  haben,  um  die  Sachlage  genauer 
zu  mitersuchen ,  und  dabei  nach  dem  IJericht  der  Araber ,  die 
übrigens  die  kleinste  eingegrabene  Verzierung  Inschrift  nennen, 
eine  solche  gefunden  haben. 

23.    Charetim. 

Indem  wir  in  der  gleichen  (mittleren)  Zone  bleiben,  wenden 
wir  uns  von  diesem  alten  Theodosiuskloster  ungefähr  drei  Stun- 
den nach  Süden  über  den  imdi  ct-üi mar ^  am  Frankenberg  [dsrhe- 
bel  cl-furedu)  vorbei,  bis  wir  im  Osten  von  tekü  a  in  dem  Felsen- 
thal von  charetün  eintreffen.  Hier,  wo  der  zur  Schlucht  gewor- 
dene ivüdi  charctün,  der  in  seinem  Oberläufe  ivädi  et-taicüh'tn 
(Mühlenthar  luid  icadi  arfUs  heisst,  für  kurze  Zeit  seine  östliche 
Richtmig  mit  der  südlichen  vertauscht  hat,  finden  wir  bei  der 
Ortschaft  t7<«/•('^^</^.  die  den  alten  Namen  bewahrt  hat.  die  einstige 
Laura  des  Anachoreten  Chariten  auf  der  hohen  Südwaiul  des 
Thaies,  welches  hier  denselben  Felsencharakter  aufweist,  wie  die 


38 


Schhichteii  des  icädi  el-hvlt  und  des  toädi  en-när  bei  miir  säba. 
Doch  unterscheidet  sich  die  Laura  des  charetTm  dadurch  wieder 
von  denen  im  tcädi  el-kelt  und  bei  mär  sähä,  dass,  abgesehen 
von  der  einen  grossen  Höhle  meyliZirct  charetxui  (die  fälschhch  für 
die  Höhle  Adullam  angesehen  wird  •)),  hier  nur  wenige  Anacho- 
retenhöhlen  zu  finden  sind,  tnid  die  oben  mehr  am  Kande  des 
Abhanges  liegenden  Zellen  der  Mönche  gemauert  waren.  Auch 
jetzt  erkennt  man  dort  am  Eande  noch  Spuren  einer  grossen 
Cisterne.  Etwa  acht  Minuten  südlich  davon  ist  am  gleichen  Ab- 
hänge die  weit  in  den  IJerg  eindringende  tiefe  Höhle,  und  zwei 
weitere  Minuten  südlicher  eine  überhängende  Felswand ;  durch 
dieselbe  sickert  AVasser  hinab,  das  sich  unten  in  Felslöchern  zu 
einer  Art  von  Quelle  sammelt,  die  den  Namen  ' ain  charetTm  trägt. 
Auch  diese  Laura  hängt  durch  ihren  Stifter  mit  der  Laura 
Pharan  zusammen  und  scheint  überhaupt  eine  der  ältesten  Lauren 
gewesen  zu  sein.  Denn  ('hariton,  ein  liruder  der  Laura  l^haran, 
der  im  vierten  Jahrhundert  gelebt  und  gegen  410  gestorben  sein 
soll,  wurde  anfeinem  seiner  Gänge  nach  Jerusalem  von  ßäubern 
überfallen  und  in  eine  Höhle  geschleppt,  in  der  er  dann  als  in 
seiner  Wohn-  und  lietstätte  einige  Zeit  sich  aufhielt.  Wegen 
des  vielfachen  Zulaufs  aber  verliess  er  diesen  Ort  und  waiulte 
sich  nach  Osten.  Weil  er  auch  an  dem  neuen  Aufenthaltsorte-) 
die  gewünschte  lluhe  nicht  fand,  wanderte  er  Meiter  nach  Süden, 
bis  er  in  der  Nähe  von  'Ihekoa  [tekua]  die  grosse  Höhle  bei  cha- 
rc'tün  sich  zum  bleibenden  Wohnsitz  erwählte.  Auch  hier  sammel- 
ten sich  die  in  der  Wildniss  herumirrenden  Mönche  zu  ihm,  und 
er  gründete  darum  in  der  Nähe  eine  Sukka  •')  oder  Laura.  Diese 
Laura  wurde  bald  so  berühmt,  dass  sie  viel  von  andern  berühmten 
Anachoreten besucht  wurde,  wie  z.U.  von  dem  Gründer  so  vieler 
Tiauren  in  der  Wüste  Juda,  von  Euthymius.  Ebenso  schrieb  in 
dieser  Sukka  CvRiLLum  500  die  Lebensgeschichte  des  Euthymius. 
Zu  einem  förmlichen  Kloster  scheint  sie  niemals  umgewandelt 
worden  zu  sein,  da  heute  di(;  Spuren  davon  ganz  fehlen  ').  Der 
Grund  wird  in  den  vielfachen  Zerstörungen  und  Angriffen  liegen, 

1)  Vgl.  darüber  ToßLKK,   a.a.O.  II,   p.  öo«»  — .'329.    GUEliIN  ,  Judec  III, 
p.  l'.i'd—V.V.}.    Socin-Uaedkkkk-  p.  1  11. 

2)  Vf,'l.  p.  12.  :{)  Vgl.  p.  1. 

1)  Vgl.  aber  TuliLKK,   a.a.O.  II,  \).^tl'>i'.,  wo  von  ulneni   Kloster  Chari- 
ton's  die  Kede  ist. 


39 

welche  die  Laura  sowohl,  wie  ihre  liewohucr,  von  den  Arabern 
schon  in  früher  Zeit  zu  erleiden  hatten.  Demi  wenn  die  Nach- 
richten glauhwürdig  sind,  so  fand  die  erste  Zerstörung  schon 
kurz  nach  dem  Tode  Chariton's  im  Jahre  410  statt.  Doch  muss 
sie  bald  neu  erstanden  sein,  da  (!yrill  dort  die  vita  Euthymii 
verfasste  inul  im  Jahre  029  beim  Einzüge  des  Kaisers  lleraclius 
in  Jerusalem  auch  Mönche  der  Suka  anwesend  waren ') .  Im 
Unterschied  zu  der  gleich  zu  erwähnenden  neuen  Sukka^j  wurde 
die  Laura  Chariton's  die  alte  Sukka  oder  Laura  (iraXaia  Xaupa)  und 
von  der  Lage  am  IJergabsturze  die  Höhle,  in  welcher  sich  Cha- 
riten aufhielt,  die  »schwebende«  (xo  xpsjxaarov  a-r^Xaiov)  genannt. 

24.    Die  neue  Sukka. 

Zu  der  Gründung  der  neuen  Sukka  gab  die  Strenge  des  Abtes 
Saba  in  mär  säbä  die  Veranlassung.  Eine  Anzahl  Mönche  von 
daselbst  nämlich,  welchen  die  Regeln  und  Ordnungen  von  mär 
säbä  zu  hart  schienen  und  welche  geflohen  waren,  baten  in  der 
Laura  Chariton's  bei  dem  damaligen  Vorsteher  Aquilin  um  Auf- 
nahme. Obschon  ihre  Bitte  ihnen  abgeschlagen  Avurde,  kehrten 
sie  nicht  zurück,  sondern  wandten  sich  südwärts  inid  gründeten 
in  einer  nahen  Felsenschlucht  des  wäcU  el~arrüb  oder  eines  Seiten- 
thaies desselben  als  eigene  Laura  die  neue  Sukka.  Schon  der  Bio- 
graph in  den  Acta  sanctorum  kennt  die  Lage  nicht  mehr  be- 
stimmt 3) ,  dennoch  hält  Schick  dieselbe  für  auffindbar.  Zwar  hat 
er  ebensoAvenig,  wie  irgend  ein  anderer  Europäer,  bisher  dorthin 
gelangen  können,  es  ist  aber  seine  Meinung,  dass  in  dem  von 
ToBLER*)  mitgetheilten  Berichte  aus  dem  zwölften  Jahrhundert, 
nach  welchem  die  A'äter  Dionysius  und  Theodosius  etwa  zwei 
Meilen  (=  vierzig  Minuten)  weiter  südlich,  als  die  Klöster  Saba's 
inid  Chariton's,  in  dem  Kloster  des  Dionysius  wohnten,  die  eben 
besprochene  neue  Sidcka  gemeint  sei.  Nach  diesem  Berichte  ver- 
zeichnet darum  auch  die  Karte  in  dem  Seitenthale  des  tvädi  el- 
arrüb  das  Dionysiuskloster,  weil  mit  einer  Entfernung  von  bloss 
vierzig  Minuten  wir  noch  nicht  in  das  tvädi  cl-'iürnb  selber  ge- 
langen. 

1)  Vgl.  ToBLKu,  a.a.O.  11,  p.;V24. 

2)  Tobleu,  a.a.  ().  II,  p.  523.    Doch  wurde  auch  viär  säbä  die  neue  Suka 
genannt,  vgl.  Todlku,  a.a.O.  p.  52;{  Anmerk. 

3)  ToHLEU,  a.  a.  O.  11,  p.  .")2.'i :  nee  situs  lamen  satis  e.\ploratus. 
I)  A.a.O.  II,  p.<Mil. 


40 

25.    Aöic  uedschm. 

Von  der  Sukka  charettm  steigen  wir  im  gleichnamigen  Wadi 
anfwärts  und  erblicken  bald  links  das  sehr  hoch  gelegene,  "weit- 
hin sichtbare,  schon  der  obersten  Stufe  angehörige,  muslimische 
weli  ahu  neduchm.  Da  die  Entferiuuig  von  Bethlehem,  in  dessen 
Süden  es  liegt,  vier  Meilen  oder  1  '/y  Stunde  beträgt,  so  möchte 
hier  ursprünglich  die  Kirche  und  das  Kloster  des  Paretolis  ge- 
standen haben ,  das  nach  Tobleh  ')  in  dieser  Entfernung  von 
])Othlehem  nach  Süden  sich  befand ,  und  dessen  Mönche  nach 
Jerusalem  gebracht  werden  mussten,  da  sie  beim  Tode  ihres  Vor- 
stehers auch  mit  sterben  wollten.  Ob  der  liefund  an  Ort  und 
Stelle  diese  Annahme  rechtfertigt ,  ist  noch  nicht  untersucht 
worden.  Sollte  sie  sich  nicht  erwahren,  so  wird  die  Kirche  und 
das  Kloster  in  dem  sog.  der  el-henät  (:^ Nonnenkloster),  das  sich 
in  einem  Seitenthale  des  obern  wadi  artas  an  einem  sehr  abge- 
schlossenen Orte  befindet,  zu  suchen  sein  2) . 

20.    Der  es-sjjar. 

Wenden  wir  uns  aus  dem  wädi  artüs  nach  Norden,  so  sind 
wir  in  kurzer  Zeit  vor  Piethlehem,  in  dessen  Nähe  einst  zwei  Mei- 
len entfernt  das  »Heropotamus«  geiumnte  Kloster  des  hei- 
ligen Sergius  lag^j.  Da  die  Himmelsrichtung,  nach  welcher 
die  Entfernung  gemessen  ist,  nicht  angegeben  wird,  so  sind  viele 
\  ermuthungen  uiöglich.  Doch  kann,  wenn  wir  uns  unter  den 
jetzt  näher  bekannten  Kuinenstätten  in  der  Nähe  von  Hethlehem 
umsehen,  nur  das  gerade  zwei  Meilen  im  Osten  abliegende  der 
es-fjijar  in  Frage  konnnen ,  weil  das  im  Westen  liegende  der  el- 
r/z/V/r  (St.  Georgskloster),  an  das  man  etwa  auch  denken  könnte, 
viel  mehr  als  zwei  Meilen  entfernt  ist.  Schick  deutet  den  Namen 
der  cii-KiJar  fälschlich  als  »Wallfalirtskloster,  Kloster,  wohin  man 
wallfahrtet«,  in  dem  er  oifcnbar  (/^T  cs-s/jär  mit  der  ez-ztjärc  xer- 
wechselt.    Der  Name  besagt  vielmehr,  Avie  der  erklärende  Zusatz 

1)  A.a.O.  II,  p.  1)77. 

2]  Vgl.  die  ScuiCK'schc  Wasscrleitungskarte  in  /Dl'V.  1,  1.  und  :<.  Heft, 
II,.'{,  p.  152.  GuEKlN,  Judeelll,  p.  :{<»2f.  Tobli:k,  Dritte  Wanderung,  p. '.»(If. 
Wie  Schick  den  Namen  der  vl-hoiät  in  Verbindung  mit  der  Krziililung  von 
dem  Todesmuth  der  Mönche  des  Paretolis  zu  bringen  wünscht,  verstehe  ich 
nicht. 

;<)  Tohlkk,  Topogr.  11,  [>.  !)78. 


41 

el-<jhanani,  ilen  dTir  cs-sijür  oft  erhält,  beweist,  »Kloster  der 
Sfliafhiirden«  [der  sijär  cl-ff/iunum)^).  »Schick  hörte  den  Ort  von 
den  Landlcnten  wiederholt  »Issia«,  sowohl  fü't  Issia,  als  auch 
chirbet  \n\A  der  Issia  nennen'^;.  Toülkr  beschreibt  f/?/' rs-sy'är 
folo^enderraassen :  »liier  überraschte  mich  vor  allem  eine  sehr 
schöne  Cisterne.     Der  Www  ist  sehr  solid,  mit  grösseren  Qnadern 

gewölbt Nördlich  daneben  steht  noch  ein  »Stück  INIosaik- 

bodon  ;  die  Steinchen  sind  weisser  Marmor.  Wenig  Schritte  gegen 
SW.  folgt  eine  runde,  ziemlich  grosse  ("isterue.  Nahe  dabei 
sieht  man  auch  felsige  Grundlagen  von  Gebäuden,  auch  eine 
alte,  zur  Zeit  wasserlose  Cisterne  mit  einem  Troge  daneben.  Es 
kann  von  keinem  ZAveifel  angefochten  werden,  dass  hier  bedeu- 
tende Gebäulichkeiten  gestantlen  haben.  Der  Name  weiset  viel- 
leicht richtig  auf  ein  Kloster  zurück«  3) .  Bei  den  jetzt  behufs  Her- 
stellung einiger  Gebäude  und  Anlegung  eines  Weinberges  ge- 
machten Ausgrabungen  hat  sich  herausgestellt,  dass  ausser  der 
von  ToBLER  beschriebenen  Cisterne  sich  unter  dem  Mosaikboden 
nahe  unter  der  baumlosen  Kuppe  des  Hügels  eine  sehr  grosse 
Felsenhöhle  befindet^).     Der  ganze  Ort  liegt  nahe  am  Wege  von 

1)GUERIN,  Judee  I,  p.  211  ff.  übersetzt  "bergeries,  etabies  ä  muutuns«. 
(Aber  »Hürden«  heisst  .syV/r;  ob  danach  »der  ni-sijarw!         D.  lt.) 

2)  Schick  denkt  dabei,  gewiss  mit  Unrecht,  an  Je-s-se  (teaoat,  "nU";),  den 
Vater  Davids  I  Sam.  lti,l.  |u.  17,12.  20,27.  Mtth.  l,5f.  Luc.  .i, 32.  Act.  1:5,22. 
Rom.  l."),12.  Das  AN'alirscheiidichste  scheint  mir  zu  sein,  da.ss  Issia  bloss  eine 
schlechte  Aussprache  der  Landleute  für  ilcr  es-sijär  ,oder  der  cs-sijur.  D.K.j  mit 
Weglassung  des  »r«  sei,  wodurch  auch  allein  das  »i«  vor  »a«  in  »Issia«  erklärt 
wird,  das  bei  der  Ableitung  von  Jesse  unbegreiflich  ist.  Das  »r«  ging  zunächst 
in  »^  über,  wie  ToBLEli  .i.  Wanderung  p.  SO)  in  dem  nahen  .wr  i(7////- ebenso 
oft  von  den  Leuten  dort  sür  häJiil  S])rechen  hörte.  Auch  sonst  ist  ein  Wechsel 
von  »r«  und  »/«  nicht  selten  vgl.  Beliar  und  Belial  (II  Cor.  (i,!")),  cl-ishitnr  und 
der  Ilospitaliter,  hebr.  vianör,  der  Weberbaum  (I  Sam.  17,7)  und  arab.  niuinäl, 
U.S.W.  »/«  ging  dann  leicht  in  »?t?«  über,  wie  auch  die  IJauern  im  Oberaargau 
das  »/«  nach  einem  Vocal  wie  hc»  z.B.  statt  »Emil«  stets  »Emiw«  spreciien. 
Ahnliches  kommt  auch  sonst  vor,  und  wie  leicht  ein  solches  >'W«  überhört 
wird  oder  ganz  wegfällt,  ist  genügend  bekannt. 

3)  ToBLER,  3.  Wanderung  p.  M  f. 

4)  Dass  diese  Höhle  im  Jahre  lOK»  für  die  Höhle,  in  welcher  Saul  »seine 
Füsse  deckte«,  angesehen  wurde 'wie  SciiKK  vermuthet),  ist  jedesfalls  un- 
richtig, da  man  vom  Hirtenort  bei  Bethleliem  aus  bis  zu  der  Höhle  von  der 
i.s-sijür  nicht  Berge  und  Thäler  zu  überschreiten  hat,  wie  der  Bericht  aus 
dieser  Zeit  mittheilt,  vgl.  Touleu,  Top.  II,  p.  '.IG3. 


42 


inar  aaba  mich  liethlehem,  1 3  Minuten  nördlich  von  bot  sahur  am 
Ahhange  eines  Thaies. 

27.  Der  er-ruät. 

Ehe  wir  auf  dem  Wege  nach  IJethlehem  an  bet  sähür  vor- 
beigehen, treffen  wir  die  bedeutenden  liuinen  eines  grossen  Klo- 
sters, das,  wie  der  Ort,  von  den  hier  nach  der  Tradition  das  Evan- 
gelium von  Christi  Geburt  vernehmenden  Hirten  den  Namen  der 
cr-rw'ä^  ^Kloster  der  Hirten)  erhalten  hat '  .  An  eine  ursprüng- 
liche Laura  an  diesem  gewiss  vielbesuchten  Orte  ist  nicht  zu 
denken. 

28.  Bethlehem. 

Tn  Bethlehem  selber  waren,  wie  bekannt,  von  jeher  Klöster; 
für  unsere  Untcrsnclumg  über  die  Einsiedlerstätten  und  Klöster 
in  der  Wüste  Jnda  ist  bloss  erwähnenswerth,  dass  in  den  Höhlen 
nnter  den  Klöstern  mehrere  in  der  Kirchengeschichte  berühmt 
gewordene  Personen  ein  Einsiedlerleben  führten,  vor  allem  der 
grosse  Kirchenvater  nnd  Bibelübersctzer  Ilieronymus  und  seine 
Schülerin,  die  vornehme  Römerin  Paula  mit  ihrer  Tochter  Eusto- 
chium  u.  a.  m. 

29.  3Iär  vlj'äs. 

Die  Rückkehr  an  nnseren  Ausgangspunkt  nach  Jerusalem 
führt  uns  auf  dem  Wege  von  Bethlehem  noch  an  einigen  Kloster- 
stätten vorbei.  Am  wichtigsten  und  hier  allein  noch  zu  er- 
wähnen ist  das  Eliaskloster,  der  mZir  cJJcis,  das  bis  auf  nnsere  Tage 
bewohnt,  fest  gebant  nnd  wohl  bekannt  ist 2) ,  und  das,  wenn  man 
seine  Entstehung  aus  einer  Laura  beweisen  könnte ,  als  zweites 
noch  bewohntes,  ans  früherer  Laura  tiragewandeltes  Kloster  neben 
mZtr  säbü  zu  nennen  wäre.  Es  liegt  eine  starke  halbe  Stunde  west- 
lich von  tinim  fübä^)  (»Miitter  der  Seligkeit«),  einer  einst  grossen, 
jetzt  beinahe  gänzlich  verschwundenen  Ortschaft,  an  deren  Stelle 
heute  Gärten  mit  einer  giossen  Anzahl  Oisternen  nnd  dem  noch 
erhaltenen  muslimischen  Weli  getreten  sind.    Obschon  m(7r  cl/üs 

1)  Vgl.  Gu^RlN,  Judee  I,  p.  202 f.   Socin-Baedeker2  p.  139. 

2)  Tobleu,  Topogr.  II,  p.  547  -558. 

.'<)  =  Antüheli  Tor.Mat,  Top.  II,  p.  'VM.  Dritte  AVandeninp,  p.RO,  und  = 
Metopa  bei  CvKii.Lvila  Eulliym.  in  JJoll.  acta  sanctoruni  cdit.  noviss.  Jan.  11, 
p.  ()t»s.    Vgl.  GUEKIN,  Judüc  111,  p.  s.ift".  «mcre  de  beatitude«. 


43 

sehr  alt  ist  ',,  hat  es  doch  mit  deni  Propheten  Elias,  dem  This- 
hiter,  gewiss  nichts  zu  thun,  sondern  trägt  wohl  seinen  Namen 
eljüs^  wie  mar  sühci,  der  clösl  und  charetün^  von  einem  hedeuten- 
den  Begründer  Elias.  Möglich  ist,  dass  es  zu  idcntificiren  ist  mit 
dem  »alten  Sitz«  an  der  Strasse  nach  liethlehem.  an  welchem 
Theodosius,  der  Gründer  von  der  dost,  auf  seiner  Wanderung  nach 
uhed'ije  vorbei  kam  -) . 


Zusatz  der  Kedaction.  Auf  der  Karte  sind  durch  kleine  Drei- 
ecke die  Lagerstellen  der  lieduinen  bezeichnet.  Nach  Schick  ent- 
spricht die  Zahl  derselben  der  Zahl  der  Lager.  Stellen,  avo 
dieselben  aufgeschlagen  werden,  giebt  es  freilich  mehr.  Die  Ge- 
gend namentlich,  innerhalb  deren  die  Lager  von  einem  Ort 
zum  anderen  wandern,  ist  genau  angegeben  worden.  Die  Zelte 
liegen  zum  grössten  Theil  wohl  nahe  dem  Kande  der  Kreide- 
wüste, halten  sich  aber  doch  noch  im  »halben«  Kulturlande.  Eine 
Ausnahme  machen  einige  von  solchen  Stämmen,  welche  früher 
als  Fellachen  fest  in  ihren  Ortschaften  sich  angesiedelt  hatten, 
jetzt  aber  nomadisiren.  Dahin  gehören  die  (Halb-) Beduinen  von 
het  sciJßr  unterhalb  Jerusalem's,  deren  Lager  stets  in  der  Nähe  von 
Scheck  sad  sich  befindet;  ferner  die  von  haradcm  im  tvädiruk- 
bet  el-chaj'äd und  die  tdcmiire  von  hat  tamar  bei  dem  Frankenberge. 
Woher  die  unterhalb  ^ancitä  campirenden  gekommen  sind,  vermag 
Schick  nicht  mit  Sicherheit  anzugeben.  Er  vermuthet,  dass  sie 
sich  von  der  Wüste  aus  mehr  nach  Westen  in  jener  unbewohnten 
Gegend  ausgedehnt  haben.  In  dem  ganzen  District  von  Jerusa- 
lem bis  zur  Ebene  vor  der  Kreidcwüste  werden  die  Felder  meist 
von  den  Bewohnern  der  Dörfer  sihcän.  cf-für^  el-azar'ijc  und  ahti 
d'is  bebaut.  So  pflegen  z.B.  die  Einwohner  von  siltvän  in  der 
Gegend  des  chän  el-Jwd,  die  von  aha  dls  in  der  Gegend  von  mu- 
rassas  zu  arbeiten. 

1  j  ToBLER,  Top.  II,  p.  551.  2)  Vgl.  Nr.  22,  p.  35. 


.hifii  iiiul  U mg (3 billig. 

Erläuterung  zu  Tafel  III 
von   ('and.  th.  (x.  Schwarz   in  Jiifa. 

DtT  Hafen  für  kleinere  Segelschiffe  (s.  den  Plan  \üii  Jafa  in 
der  oberen  linken  Ecke  der  Tafel)  ist  ohne  Zweifel  der  Hafen  des 
alten  Joppe.  Vgl.  Josephus,  IJell.  jud.  III,  9,3.  Es  ist  schon  die 
Yermuthung  ansgesprochen  wurden,  das  alte  Joppe  habe  an  der 
Stelle  der  Niederung  O.  von  Jafa  (Karte  Nr.  37)  einen  völlig  ge- 
sicherten Hafen  gehabt.  Jedoch  Avird  sich  dafür  wohl  kein  histo- 
risclior  Helcg  üuden  lassen.  Für  kleine  Schiffe  ist  auch  dieser 
Hafen  ausreichend,  d.h.  er  kann  etwa  zwanzig  bis  fünfundzwan- 
zig Segler  fassen. 

Die  »Felseneinfahrt«  in  den  Hafen  von  NNW.  her 's.  Plan) 
ist  ül)rigens  nicht,  wie  Sepp  sagt,  100  Fuss  breit,  in  welchem 
Fall  ja  die  Einfalnt  selbst  für  grosse  Segelschiffe  keine  Schwierig- 
keiten bieten  würde,  sondern  ungefälir  2.ö  F.,  so  dass  die  Kuder 
an  die  Felsen  anschlagen ,  wenn  die  Hootsleute  sie  nicht  recht- 
zeitig einziehen.  Hei  gewöhulicheni  Wasserstand  können  Segel- 
schiffe gut  in  den  Hafen  einfahren  und  auch  die  Hoote  unmittel- 
bar am  Landungsplatz  anlegen,  so  dass  man  aus  dem  Hoot  die 
Treppe  hinaufsteigen  kann.  Manchmal  jedoch,  und  zwar  soweit 
meine  Heobachtung  reicht,  stets  bei  anhaltendem  Sirocco  '],  tritt 
das  Meer  bedeutend  zurück,  so  dass  die  Felsen,  welche  den  Hafen 
einschliessen ,  1  bis  G  F.  höher  über  den  Wasserspiegel  hervor- 
ragen, als  gewöhnlich,  und  im  Hafen  selbst  an  vieleu  Stellen  der 
Felsl)oden  sichtbar  wird.  Dann  reicht  auch  dass  Wasser  nicht 
mehr  bis  an  den  Landungsplatz  und  die  Hafenmauer  heran,  die 

1)  lüst  neulich  habe  ich  wieder  einen  solchen  niedrigen  Wasserstand  im 
Hafen  beobachtet.  Der  Meeresspiegel  war  wenigstens  l  Fuss  niedriger  als  ge- 
wöhnlich. Ks  war  dies  einige  Tage  nach  einem  lieftigen  Sturm  aus  Westen, 
auf  well  hon  ein  Nordwind  gefolgt  war,  der  zur  Zeit  der  l'jeobachtung  noch 
anhielt. 


45 

r>üote  können  nicht  an  die  Treppe  anfuhren,  so  dass  die  Insassen 
ans  liand  getragen  werden  müssen. 

Das  Zollhaus  (s.  Plan)  ist  eine  elende  Urctterhütte,  die  von 
der  aus  dem  Hafen  aufsteigenden  Festungsmauer  his  an  das 
gegenüherstehende  griechische  Kloster,  welches  das  /ollmaga/.in 
enthält,  über  die  Strasse  hinübergebant  ist  und  für  diese  IIaui)t- 
strasse  der  Stadt  nur  einen  schmalen  Durchgang  frei  lässt.  Das 
/ollmagazin  ist  ein  dunkles,  feuchtes  Gewölbe  im  imteren  Stock- 
werk des  griechischen  Klosters  mit  ein  er  Fensteröffnung.  Der 
einzige  Eingang  in  die  Stadt  von  der  Meerseite  her  am  Landinigs- 
platz  unter  den  Augen  des  in  der  Zollhütte  am  Fenster  sitzcniden 
Zolleffendi  ist  etwa  20  bis  30  F.  breit  und  an  SchifFstagen  mit 
Gepäckstücken,  Orangenkisten,  Olfässern,  Kornsäcken  etc.  gänz- 
lich verbarrikadirt ,  ebenso  die  schmale  Strasse  (Quai) ,  die  zwi- 
schen der  Mauer  und  den  gegenüberliegenden  Häusern  am  Meere 
hin  führt,  so  dass  man  oft  nur  über  Säcke  und  Kisten  passiren 
kann. 

Am  südlichen  Ende  des  Hafens ,  wo  sich  die  Ruinen  eines 
kleinen  Forts  ans  neuerer  Zeit  befinden,  sind  die  unteren  Theile 
der  Mauer,  sowie  weiterhin  die  unteren  Schichten  der  Mauer  an 
der  Aussenseite  des  armenischen  Thors  aus  grösseren  Quader- 
steinen, \nid  hauptsächlich  besteht  aus  solchen  ein  grösseres  Stück 
der  Stadtmauer  unterhalb  des  Leuchtthurms  [Plan  4  9)  gegenüber 
dem  1  Jadeplatz.     Hier  hat  die  Mauer  eine  Höhe   von  ungefähr 
:U)  F.    Das  feste,  regelmässige  Gefüge  dieser  Mauertheile  und  die 
grösseren  Steine  lassen  annehmen,  dass  dieselben  aus  einer  frü- 
heren Zeit,  vielleicht  aus  der  der  Kreuzzüge,  herrühren.    Jeden- 
falls sind  es  die  ältesten  Stücke  der  ganzen  Festungsmauer.   Noch 
weiter  südlich  (in  der  Gegend  von  Nr.  10  der  Karte)  liegen  hart  am 
Ufer  grosse   abgerissene    Mauerstücke,    Avelche  zwar  nicht  aus 
grösseren  Steinen  gefügt,  aber  mit  sehr  festem  Mörtel  verbunden 
sind.    Seit  den  neun  Jahren,  in  Avelchen  ich  sie  beobachtet  habe, 
liegen  sie  stets  gleich  da.  werden  vom  Meere  bes])ült.  ja  Winters 
von  heftiger  IJrandung  geschlagen,  aber  nicht  zerbröckelt,    t'bri- 
gens  sind  auch  die  Steine  der  jetzigen  Stadtmauer  mit  ähnlichem 
Mörtel  zusammengefügt.    "\'or  zwei  Jahren  nämlich  brachen  etwas 
südlich  vom  Zollhaus  ebenfalls  mehrere  grössere  Theile  derselben 
ab,  von  etwa   :U)  F.Länge  oder  mehr,  sammt  Stücken  vom  Quai. 
Die  Mauer,    welche  dort  etwa  ä    F.  breit  ist.  war  vom  Meer  all- 


46 

mählich  unterhöhlt  worden,  so  dass  durch  ihr  Gewicht  die  Stücke 
endlich  hinabgedrückt  wurden.  Aber  zerbröckelt  sind  sie  bis 
heute  nicht,  unverletzt  hängen  sie  schief  ins  Meer  hinein ;  kein 
Mensch  entfernt  sie.  In  gleicher  Weise  mögen  niui  auch  die 
oben  erwähnten  südlich  des  Stadtendes  liegenden  Mauerstücke 
von  einer  früheren  weiter  nach  S.  reichenden  Stadtmauer  abge- 
rissen sein.  Eine  ähnliche  Beschädigung  des  Quai's  gegenüber 
dem  »Hospitium  latinum«  (PI.  29),  in  Folge  deren  das  Wasser  bei 
bewegter  See  bis  an  die  Pforte  des  Hospizes  schlug,  wurde  vom 
lateinischen  Kloster  auf  eigene  Kosten  wiederhergestellt.  So  hat 
dort  der  Quai  gegen  früher  eine  bedeutende  A'erbreitening  er- 
fahren. 

Südlich  von  der  Stadt  liegt  die  Quarantaine  (Karte  1 3) ,  ein 
von  Mehemed  Ali  erbautes,  jetzt  halb  zerfallenes  Gebäude.  Das- 
selbe ist  Eigenthum  des  armenischen  Klosters  und  wird  armeni- 
sches Lazareth  genannt,  gegenwärtig  aber  nur  zu  (iuarantaine- 
z wecken  benutzt.  Es  erhebt  sich  auf  einem  fast  unmittelbar  vom 
.  Meer  aufsteigenden  Hügel.  Eine  hohe  und  schmale,  halb  zer- 
fallene Treppe  führt  vom  Ufer  zu  der  etwa  40  F.  hoch  stehenden 
Thüre.  Wenn  Quarantaine  verhängt  ist,  werden  die  Passagiere, 
welche  sich  ausschiffen  wollen,  direkt  vom  Dampfschiff  auf  dem 
Hoot  an  diese  Treppe  geführt  mid  so  in  die  Quarantaine  geschafft, 
ohne  mit  der  Stadt  in  lierührung  zu  kommen.  Unten  an  der 
Tre])pe  liegt  ein  etwa  G  F.  langes  Stück  einer  Granitsäule  von 
2  F.  Durchmesser,  ein  einsamer  Zeuge  früherer  l*racht. 

Gegenüber  dem  Hafen,  vom  Landungsplatz  am  Quai  gegen 
Norden  sich  hinziehend,  erheben  sich  das  griechische  (PL  32), 
lateinische  (PL  29)  und  armenische  (PL  27)  Kloster,  welche  einen 
so  fest  ziisammenhängenden  lläuserkomplex  bilden,  dass  die  ein- 
zelnen Gebäiule  nicht  unterschieden  werden  können.  Von  den 
TeiTassen  dieser  Klöster  hat  man  einen  interessanten  t'berblick 
über  den  Hafen  und  das  bunte  Treiben  in  demselben.  Hinter 
den  Klöstern  erhebt  sich  das  Kastell  (PL  33),  welches  bereits  auf 
dem  Kücken  des  I  lügeis  und  zwar  «auf  der  am  weitesten  gegen 
das  Meer  vors])ringenden  Stelle  desscdben  steht.  Das  Kastell  und 
nächst  ihm  die  drei  Klöster  sind  ohne  Zweifel  die  ältesten  Theile 
der  jetzigen  Stadt.  Von  jenem  zieht  sich  der  Kamm  des  Hügels, 
an  dessen  Abhängen  die  »Stadt  erbaut  ist,  gegen  SSO.  bis  zu  dem 
Hos]nt;il  der  französischen  Schwestern 'Soeurs  de  St. .Joseph.  PL  54), 


47 

welches  an  der  Stelle  einer  früheren  liastion  steht.  Von  diesem 
Punkt  füllt  der  Hügel  gegen  Ost  und  West  stark  ah,  während 
gegen  Süd  sich  eine  fortlaufende  llügelreihe.  durch  kleine  Ein- 
senkungen  getrennt,  hinzieht. 

Die  Quaistrasse  läuft  vom  Nordende  der  Stadt  gegen  Osten 
in  die  Stadt  hinein  und  wird  die  eigentliche  Marktstrasse.  Sie 
ist  die  Ilauptstrasse  von  Jafa  und  hat  seit  zwei  Jahren  ein  wirk- 
lich gutes  Pflaster.  Piesonders  von  da  an,  wo  sie  sich  etwas  er- 
weitert ^Pl.  7  und  8),  dehnt  sich  in  dieser  Strasse  und  in  den  Sei- 
tengässchen  der  liazar  aus,  im  NO.  der  Stadt  und  in  der  Nähe 
der  Moschee.  Pemerkenswerth  ist  der  sük  el-faradscli  wegen 
seiner  alt-arabischen  Pauart.  In  neuerer  Zeit  hat  der  Marktplatz 
eine  bedeutende  Erweiterung  erfahren ,  indem  er  sich  jetzt  auch 
auf  dem  Räume  des  alten  Stadtthores  (PI.  1 0)  und  der  abgetra- 
genen Festungsw^erke  ausdehnt.  Ausserdem  setzt  sich  derselbe 
ausserhalb  der  eigentlichen  Stadt,  als  Gemüse-,  Früchte-  und 
Getreidemarkt,  noch  auf  der  Näbulusstrasse  und  auf  der  Jerusa- 
lemstrasse weiter  fort.  Hier  im  NO.  bei  dem  Thor  und  der  Mo- 
schee ist  der  niedrigste  Stadttheil,  nicht  viel  höher  gelegen,  als 
der  Quai.  Gegen  die  Mitte  der  Stadt  steigen  die  Strassen  überall 
an,  die  vom  Quai  aufführenden  engen  Gässchen  bestehen  fast 
sämmtHch  aus  Treppen.  In  der  Bazarstrasse  und  ihrer  nächsten 
Umgebung,  also  im  niedrigsten  Theile  Jafa's,  vereinigen  sich  die 
Geschäfte  der  Handelsleute  und  Handwerker;  der  gesammte 
übrige  Raum  der  Stadt  dagegen,  nach  der  !Mitte  und  gegen  Süden 
hin,  enthält  nur  Wohnhäuser, 

Die  alten  Festungswerke  sind  jetzt  vollständig  nur  noch  auf 
der  Seeseite  vorhanden ;  auf  der  Landseite  sind  sie  mit  einigen 
Ausnahmen  abgetragen  worden.  So  steht  am  Xordende  der  Stadt 
noch  ein  altes  Fort  auf  einem  niedrigen  Rücken ,  der  sich  zwi- 
schen dem  Marktplatz  und  der  Küste  erhebt,  und  ein  Theil  der 
Stadtmauer  von  hier  bis  ziun  Meer  hinunter.  Auf  jener  Pastion 
wird  noch  jetzt  mit  der  einzigen  Kanone  Jafa's  im  Raraadän  bei 
Sonnenxmtergaug  der  Schuss  abgegeben ,  welcher  den  Fastenden 
die  ersehnte  Erla\ibniss  zum  Essen  giebt,  und  bei  dessen  Knall 
das  auf  dem  Markt  sitzende  niedere  Volk  sofort  den  schon  bereit 
gehaltenen  Pissen  zum  Munde  führt.  Auf  der  Ostseite  steht  noch 
das  Neuthor  el-büb  el-dschedld  V\.  53),  welches  aber  nicht  mehr 
benutzt  wird,  da  dicht  daneben  ein  breiter  Ausgang  aus  der  Stadt 


48 

eröffnet  ist.  A'om  ehemaligen  Stadtgraben  sind  nnr  einzelne 
Stücke  übrig  \ind  auch  diese  werden  von  Tag  zu  Tag  mehr  ans- 
gefüllt.  Wohnhäuser  erheben  sich  darauf,  und  so  bildet  sich  all- 
millilich  eine  neue,  verhältnissmässig  breite  Strasse  vom  Jerusa- 
lemsthor bis  zu  dem  Hospital  der  Josephsschwestern  (PI.  54). 
Dieses  letztere,  übrigens  erst  im  Bau  begriffene  Gebäude,  an  der 
Stelle  des  sogenannten  englischen  Forts,  der  bedeutendsten  Ka- 
stion der  früheren  Festung  errichtet,  und  das  gegenüberliegende 
Mädcheninstitut  der  Miss  Arnott.  einer  schottischen  Dame,  haben 
die  schönste  I^age  in  ganz  Jafa ,  da  sie  fast  auf  dem  höchsten 
Punkte  stehen,  und  die  Aussicht  nicht  durch  anstossende  Gebäude 
verbaut  ist.  Nur  die  im  (Jentrum  der  Stadt  liegenden  Häuser  sind 
etwas  höher.  Die  Aussicht  von  diesen  höchstgelegenen  Häusern 
auf  die  Gärten  Jafas,  auf  das  Meeresufer  und  auf  die  Gebirge 
Palästina's  ist  vortrefflich.  Auch  im  Süden  findet  man  noch  einige 
Reste  der  Stadtmauer,  die  frühere  Bastion  gegenüber  der  Qua- 
rantaine  ist  jedoch  ganz  abgetragen.  Die  Stadt  hat  jetzt  auch 
hier  mehrere  Ausgänge. 

Die  Mädchenschule  der  Miss  Arnott  mit  Pensionat,  in  wel- 
chem etwa  sechzig  arabische  Mädchen  ernährt  und  unterrichtet 
werden,  ist  von  dieser  Dame  auf  eigene  Hand  unternommen  und 
wird  durch  Beiträge  von  Freunden  aus  Schottland  unterhalten. 
In  der  Stadt  selbst  befindet  sich  in  den  Häusern  PI.  4  5  imd  40 
eine  von  der  englischen  kirchlichen  Mission  unterhaltene  Schule 
für  Knaben  initer  der  Leitung  des  Kev.  L.  Hall,  welche  eben- 
falls stark  besucht  ist.  Auch  die  Soeurs  de  St.  Joseph  beschäf- 
tigen sich  mit  Unterricht.  Die  Schiilen  des  griecliisclien  nnd  la- 
teinischen Klosters ,  sowie;  die  muslimischen  Sclnden  sind  ohne 
Bedeutung.  —  Die  Moschee  im  N.  der  Stadt  hat  kürzlich  ein 
neues  Minaret  erhalten,  dessen  hoher,  schlanker  Bau  eine  Zierde 
Jafa's  ist. 

Die  Gebäude  an  der  Jerusalemstrassc  sind  meist  ('haue, 
welche  als  Getreidemagazinc  und  Pferdeställe  dienen. 

Die  Im  gebung  Jafa's  ist  eine  von  Hügeln  durchzogene 
Ebene.  Dies(dben  setzen  sich  nach  Süden  fort  bis  sa/iuef  el-chcJic- 
hcllje  Karte  25).  Über  sie  führt  die  Strasse  nach  Gaza.  Rechts 
und  links  dcrscllx'u  stehen  viele  neuerbauü*  Häuser,  welche  meist 
von  Christen  bewohnt  sind.     Zwischen  dieser  Strasse  und  dem 


49 

Meere  sind  in  den  letzten  Jahren   mehrere  kkiine  Dörfer  entstan- 
den,  vornehnilicli   von   der  ärmeren   Klasse   der  Stadtbewohner 
bevölkert.    Sie  dehnen  sich  an  mehreren  Punkten  bis  an  das  Meer 
ans  nnd  bilden  zusammen  eine  südliche  ^'orstadt  im  höchsten 
Theile  der  Umgebung  Jafa's.     Im  Osten  erstreckt  sich  die  Hiio^el- 
reihe  von  teil  er-rlsch  (Karte  29}  bis  Mount  llope  (Karte  44)  am 
tvädi  misrüra  und  bezeichnet  ungefähr  die  Grenzlinie  der  Gärten 
nach  dem  Innern  des  Landes  zu.    Mehr  innerhalb  der  Gärten  er- 
heben sich  einige  nette  Landhäuser  (Karte  28.  30.31).     liei  dem 
Ivandhaus  des  früheren  französischen  Vicekonsuls  Philibert  über- 
schreitet die  Jerusalemstrasse  den  Höhenzug.     Weiter  nördlich 
(Karte  39   ist  der  Garten  des  russischen  Archimandriten  Antonin 
von  Jerusalem,   kurz  der  russische  Garten  genannt.    Es  wird  be- 
hauptet,  dass  hier  das  Haus  der  Tabea   gestanden  habe;   auch 
sollen  sich  in  dem  dazii  gehörigen  Garten  christliche  Gräber  a\is 
den  ersten  Jahrhunderten  der  Kirche  gefunden  haben,     (jrab- 
steine  aus  diesem  Garten  mit  griechischen  Inschriften  befinden 
sich  in  der  Sammlung  des  Herrn  liaron  von  Ustinow,  jedoch 
ohne  Zeitangabe.    Das  von  den  erwähnten  Hügeln  umschlossene 
.Gebiet  bildet  einen  Kessel,  dessen  tiefste  Stelle  die  auf  der  Karte 
mit  Nr.  37  bezeichnete  Niederung  ist.     Von  ihr  führt  ein  Graben 
an  der  ägyptischen  Colonie  (Karte  5)  vorbei  ins  Meer,    llbrigens 
liegt  diese  Niedervmg  selbst  kaum  höher  als  der  Meeresspiegel, 
so   dass   das  Wasser   aus  derselben  nicht  ganz  abfliesst  und  im 
Winter  zu  einem  Sumpf  anwächst. 

Von  den  Gärten  vor  Jafa  erwähne  ich  noch  den  des  k .  deut- 
schen Vicekonsuls,  Herrn  S.  S.  Muräd,  eines  Armeniers,  welcher 
den  Namen  führt:  teil  er-nCüs  »Hügel  der  Köpfe«.  Die  Erklä- 
rung desselben  glaubt  Herr  Muräd  in  einer  Notiz  eines  arme- 
nischen l'ilgerbuchs  aus  dem  vorigen  Jahrhundert  gefunden  zu 
haben.  Dieselbe  lautet  wörtlich  :  »Im  Jahr  17  75  kam  aus  Ägyp- 
ten Mehemed  Abu  Dahab  nach  Jafa  und  schhig  sein  Lager  auf 
einem  Hügel  in  der  Nähe  der  Stadt  Jafa  auf,  von  wo  aus  er  die 
Stadt  belagerte.  Am  27.  Mai  (8.  Juni  n.  Stils)  an  einem  Sonntag 
stünnte  er  die  Stadt  Tind  nahm  sie  ein,  plünderte  sie  und  führte 
alle  männlichen  ('bristen,  die  er  fand,  in  scnn  Lager.  Dort  Hess 
er  ihnen  die  Kö])fe  abschlagen  und  aus  denselben  einen  Hügel 
errichten.  Dies  hat  der  Jierichterstatter  mit  eigenen  Augen  an- 
gesehen.«   Herr  Murad  hat  in  der  That  beim  tieferen  Umgraben 

ZUchr.  d.  Pal.-Ver.  \\\.  ^ 


50 

viele  Schädel  und  andere  Gebeine  aufgefimden.     Er  liess  sie  an 
demselben  Orte  wieder  einscharren. 

N.  von  Jafa  finden  die  niedrigen  Hügel  ihren  Abschlnss  in 
einem  steil  gegen  das  Meer  abfallenden  Vorsprang,  der  eine  schöne 
Anssicht  auf  das  Ufer  und  die  Stadt  gewährt  und  das  Grabmal 
eines  muslimischen  Heiligen  trägt,  des  abd  en-nebl^  zu  dem  häufig 
gepilgert  wird  (Karte  53).  Diese  Hügelreihe  trennt  das  östlich 
gelegene  Land  der  (.'olonie  Sarona  und  des  arabischen  Dörfleins 
summel  vom  Meere.  Das  AVasser  in  dem  Gebiet  dieser  Orte  fliesst 
daher,  soweit  es  nicht  versumpft,  zum  tvädi  el-misrära  und  zum 
nähr  el-audsche  ab. 

Jenseits  der  östlichen  Hügel  verflacht  sich  das  Land  zu  einer 
Ebene  bis  gegen  das  0  km  von  Jafa  entfernte  A^oriJüzUr.  In  diese 
tritt  von  Osten  her  der  VHidi  el-misrära  ein.  Wo  derselbe  sich 
gegen  Norden  Avendet,  Avird  sein  Thal  wieder  von  einer  Hügel- 
kette eingeengt,  welche  die  Gränze  der  Ebene  gegen  Norden  bil- 
det. Im  Süden  stösst  an  dieselben  ein  mehrere  Stunden  weit  süd- 
wärts und  bis  gegen  jäzTir  ostwärts  sich  ausdehneiules .  völlig 
unfruchtbares  Sandfeld.  Diese  Ebene  war  w^ahrscheinlich  der 
Schauplatz  der  Schlacht,  die  Ilichard  Löwenherz  dem  Sultan  Sa- 
ladiu  am  5.  August  1192  lieferte,  in  welcher  er  den  Angrifl"  des 
überlegenen  Heeres  der  Muslimen  so  kräftig  abwies,  dass  Sala- 
din  sich  am  Abend  des  Tages  nach  jüzTir  zurückziehen  musste 
(vgl.WiLKEN  IV,  552  —  561).  Doch  ist  auch  möglich,  dass  das 
Gartengebiet  in  jener  Zeit  viel  kleiner  gewesen  istund  die  Schlacht 
sich  westlich  der  oben  beschriebenen  Hügelreihe  begeben  hat. 
Heute  liegt  an  dem  Südrand  dieser  Ebene  die  israelitische  Acker- 
baukolonic  Mikwe  Israel ,  eine  Unternehmung  der  Alliance  Is- 
raelite  in  Paris  und  hau])tsächlich  das  Werk  eines  thätigen  Mit- 
glieds dieser  Gesellschaft,  dos  Herrn  (Üiarles  Netter  in  Paris. 
Diese  Anstalt,  auf  welcher  junge  Israeliton  zum  Ackerbau  ange- 
leitet werden  sollen,  besitzt  l)edeuten(le  Gebäulichkeiten  und  ein 
ausgedehntes  Terrain ,  welches  von  der  Strasse  nach  Gaza  am 
Südrand  der  Karte  nördlich  bis  zum  iiHidi  el-misrära  reicht  und 
von  der  den  Orangengarten  der  Kolonie  östlich  berührenden 
Kaktushecke  westlich  bis  zu  dem  von  N.  nach  S.  durch  Acker- 
feld, dicht  an  den  Orangegärten  Jafa's  hinlaufenden  Wege.  Eine 
nach  S.  angrenzende  Strecke  Landes,  welche  die  Kolonie  anfangs 
in  IJesitz  genommen  hatte,  musste  an  die  Fellachen  von  Jäzür 


wieder  ahfretrctcu  werden.  Auf  der  Westseite  dieses  Gutes  nach 
teil  er-risch  vm  bildet  sicli  im  Winter  ein  Sumpf,  welcher  im 
Gegensatz  zu  dem  innerhalb  der  Gärten  gelegenen  (s.  oben)  »der 
grosse  Sumpf«  genannt  wird.  Ähnliche  Sümpfe  bilden  sich  im 
Winter  westlich  und  östlich  von  summcl. 

l^er  ivädi  inisrära  ist  meist  ganz  trocken.  Nur  nördlich  von 
Mount  Hopc  und  besonders  nordöstlich  von  Sarona  findet  sich 
stets  etwas  Wasser  in  demselben,  da  namentlich  in  letzterer  Ge- 
gend an  zahlreichen  Stellen  das  Wasser  aiis  dem  Doden  hervor- 
dringt. Im  AVinter  führt  der  Wadi  nach  starken  Regengüssen  oft 
eine  sehr  grosse  Wassermenge,  so  dass  er  über  seine  Ufer  tritt 
und  schon  die  Ih-eite  des  Rheins  bei  liasel  erreicht  hat.  Aber 
nach  einigen  Tagen  ist  das  Wasser  wieder  völlig  verlaufen.  Mis- 
rära  ist  der  arabische  Name  für  den  breitblättrigen  Rohrkoll)en 
oder  die  Pumpkeide,  Typha  latifolia,  welche  in  grosser  Menge  in 
diesem  Wadi  wächst. 

Die  Markung  der  Kolonie  Sarona  erstreckt  sich  von  dem 
Wege,  der  von  Mount  Hope  (Karte  44)  westlich  zur  Näbnlus- 
strasse  führt,  gegen  Norden.  Östlich  wird  sie  durch  den  tvädi  el- 
misrära  begränzt,  Avestlich  zuerst  durch  die  Näbulusstrasse,  dann 
durch  den  Weg ,  welcher  von  der  Näbulusstrasse  nach  summel 
(Karte  55)  abzweigt.  Nach  N.  zu  ist  sie  nicht  abgerundet,  reicht 
aber  in  einzelnen  Stücken  bis  an  den  nähr  el-audsche. 

Die  Mühle,  welche  dieser  Fluss  treibt  (Karte  61),  gehört  der 
Regierung.  Dadurch,  dass  der  Fluss,  der  sehr  wenig  Fall  hat, 
durch  ein  Wehr  gespeiTt  ist  —  jedenfalls  ein  Werk  alter  Zeit  — , 
ist  eine  grosse  Wasserkraft  gewonnen  worden.  Die  Mühle  hat 
eilf  sehr  primitive  Gänge ,  die  jedoch  nicht  durch  ein  gemein- 
sames Wasserrad  in  Bewegung  gesetzt  werden ,  sondern  deren 
jeder  seinen  besonderen  Wasserzufluss  hat  und  diirch  eine  Tur- 
bine, in  welche  das  W^asscr  mit  grosser  Gewalt  einschiesst.  ge- 
trieben wird.  Das  Wehr  iind  die  Mühle,  aus  der  überall  die 
Wasser  schäumend  hervorstürzen,  sowie  das  kleine  Fellachendorf 
el-dscherische i  von  Palmbäumen  beschattet,  endlich  der  blaue 
Wasserspiegel  geben  zusammen  einen  malerischen  Anblick. 


4* 


Das  Transcriptioiisalpliabet. 


Da  die  hebräischen  Namen  der  aUen  Ortshigen  sich  in  sehr 
vielen  Fällen  his  auf  unsere  Zeit  erhalten  hahen  und  in  die  ara- 
bische Volkssprache  übergegangen  sind,  so  ist  zum  IJelnif  der 
Vergleichung  alter  mid  jetziger  Bezeichnungen  durchaus  nöthig, 
die  heutigen  Namen  mit  möglichster  Genauigkeit  zu  transcribiren. 
Das  arabische  Alphabet  enthält  nun  aber ,  wie  das  hebräische, 
eine  Anzahl  Laute ,  Avelche  uiisern  Sprachen  fremd  sind.  Es 
müssen  daher  gewisse  Laute  durch  llinzufügung  von  Zeichen 
näher  bestimmt  werden.  Dabei  scheint  es  uns  jedoch  in  Kück- 
sicht  auf  unsern  Leserkreis  angemessen,  bei  der  Auswahl  solcher 
diakritischer  Zeichen  so  zu  verfahren,  dass  der  Leser,  welcher 
des  Arabischen  unkundig  ist,  sich  durch  dieselben  nicht  braucht 
stören  zu  lassen.  Andrerseits  sollen  durch  eine  solche  möglichst 
genaue  Transcription  manche  Willkürlichkeiten  bei  der  Verglei- 
chung der  älteren  und  neueren  Namen  von  vornherein  abge- 
schnitten werden.  Wir  lassen  hier  das  arabische  Alphabet  in 
Transcrii)tion  folgen : 

'  (Zeichen  für  den  Hiatus  im  Linern  des  AVortes),  b,  t,  t, 
dsch,  h,  ch,  d,  d,  r,  z  (deutsches  s  in  Rose),  s,  seh,  s,  d,  l,  z, 
'  (Ain),  gh,  f,  k,  k,  1,  m,  n,  h,  w,  j.  Bei  den  Bauern  und  Beduinen 
hört  man  auch  den  Laiit  tsch.  Die  A^ocale  schreiben  wir  gemäss 
der  Aussprache ;  lange  A'ocale  bezeichnen  wir  durch  übergesetzten 
Strich  (a,  ä).  Diejenigen  Namen,  deren  arabische  Schrcilnmg 
feststeht,  werden  in  c u r s i v e r  S c h r i f t  gednickt  mit  klei- 
nem Anfangsbuchstaben,  mögen  sie  Eigennamen  oder  A])pella- 
tivnamen  sein.  Wörter  hingegen,  deren  arabische  Schreibung 
ganz  oder  theilweise  zweifelhaft  ist,  Averdcn  in  gewöhnlicher 
Schrift  gegeben.  Allgemein  bekannte  Namen  wie  Gaza,  Jafa, 
Nabulus  u.a.  werden  nicht  transcribirt. 


Erkläniiig. 

Der  Endesiinteraeidinete  erklärt  in  Bezug  auf  die  in  dieser 
Zeitschrift  II,  S.  \8'1{.  berührte  Frage  nach  der  Grabstätte  des 
Kaisers  Friedrich  I.  auf  Grund  einer  neuen  Prüfung  der  Quellen 
inul  der  von  Herrn  Frof.  Scheffek-Koichorst  (im  Neuen  Eeich 
1879,  Nr.  46)  gegebenen  kritischen  Analyse,  dass  er  seine  Zweifel 
an  einer  definitiven  Zurücklassung  der  Gebeine  des  Kaisers 
in  Tynxs  nicht  mehr  aufrecht  erhalten  kann  und  fallen  lässt.  Dass 
die  uns  barbarisch  erscheinende  JSitte  der  Trennung  von  Fleisch 
und  Knochen  zum  Zwecke  einer  doppelten  Beisetzung  im  Mittel- 
alter in  der  That  sehr  verbreitet  gewesen  ist,  hat  Jaffe  in  seiner 
Inauguraldissertation  De  arte  medica  saeculi  XII.  Berolini  1853, 
S.  30 f.  (er  führt  ausser  den  auf  Friedrichs  Bestattung  bezüglichen 
Stellen  noch  an :  Anonym.  Weing.  ed.  Hess  46  ;  Chron.  de  Mailros 
ed.  Fell  170;  Chron.  Siloens.  1167;  Ilenr.  Berchtolgad.:  Histo- 
ria  calam.  Salzburg,  eccl.  212  f.)  eingehender  erwiesen.  Damit 
finden  die  ZDPV.  II,  248  —  256  hier  und  da  gegen  den  Unter- 
zeichneten mit  vorgebrachten,  sachlich  berechtigten,  Ausstellun- 
gen zum  Theil  ihre  Erledigung ;  über  Einzelnes  hat  er  gegen  den 
Herrn  Kecensenten  sich  brieflich  näher  ausgesprochen. 

Berlin.  R.  Röhricht. 


Eine  neue  Entdeckung  in  Jerusalem'). 


Unter  dem  Datum  des  22.  Juni  dieses  Jahres  berichtet  Herr 
Baiirath  Schick  in  Jerusalem  von  einer  neulich  j^efundenen  In- 
schrift, welche  für  die  Topographie  des  alten  Jerusalem  vielleicht 
von  grösster  Bedeutung  werden  könnte.  Einige  Knaben  badeten 
vor  einiger  Zeit  an  der  Ausmündmig  des  Felsenkanals,  welcher 
von  der  Marienquelle  zum  Siloahteiche  hinabführt.  Die  Knaben 
scheinen  während  des  Badens  sich  geneckt  zu  haben ;  dabei  ging 
ein  Schüler  Schick's,  welcher  sich  unter  ihnen  befand,  etwas 
tiefer  in  den  Felsentunnel  hinein;  in  der  Eile  stolperte  er  über 
Geröll  ins  Wasser,  und  als  er  sich  beim  Emporrichten  umsah, 
bemerkte  er  an  der  FelsenAvand  kleine  Striche.  Er  war  indess 
nicht  ganz  gewiss,  ob  diese  Striche  liuchstaben  seien.  Als  der 
Knabe  Herrn  Schick  von  der  Sache  erzählt  hatte,  ging  derselbe 
hin  und  fand  in  der  That  die  bezeichnete  Stelle.  Ungefähr  8  Meter 
vom  Eingang  gerechnet  zeigte  sich  an  der  östlichen  Felswand 
eine  glatt  und  eben  ausgearbeitete,  vonnals  poliite  Fläche,  wäh- 
rend der  Fels  sonst  roh  belassen  ist.  Diese  Fläche  bildet  eine 
Art  Tafel  von  0,60m  Breite  und  wenigstens  ebenso  viel  Höhe; 
ihr  unteres  Ende  reicht  ins  Wasser  hinein.  Auf  der  Tafel  ist 
eine  Inschrift  von  acht  bis  zehn  Zeilen;  (ob  inid  wie  viele  sich 
solche  noch  unterhalb  der  Wasserfläche  befinden,  konnte  zu- 
nächst nicht  ausgemacht  -werden) .  Die  Schriftzeichen  der  Tafel 
sind  klein  und  fein  und  schienen  Herrn  Schick  den  auf  dem 
Mesastein  befindlichen  ähnlich  oder  gleich  zu  sein.  Leider  sind 
die  Zeichen  bereits  vom  Steinhauer  nicht  grob  und  dick  genug 
eingchaucn ;  dazu  sind  sie  im  Laufe  der  Zeit  noch  dia"ch  deu  An- 
satz von  Silicaten  verunstaltet.  Der  Abklatsch ,  welchen  Herr 
Schick  von  der  Inschrift  nahm ,  fiel  daher  nicht  günstig  aus ; 
doch  ist  zu  hoffen,  dass  eine  genaue  Zeichnung  noch  manche 

1)  Nach  Abschluss  der  lledaction  dieses  Heftes  eingesandt.       D.  11. 


55 

einzelne  (Charaktere  clentlicher  würde  hervortreten  lassen,  da  die- 
selhen,  obwohl  theilweise  dnrch  Silicate  ausgefüllt,  doch  anderer- 
seits durch  verschiedene  Färbung  hervorstechen.  Eine  solche 
Zeichninig  liegt  bis  jetzt  nicht  vor. 

Gegenüber  der  Tafel  befindet  sich  im  Felsen  eine  Nische, 
wahrscheinlich  zum  IJehuf  der  Aufstelhmg  einer  Ijampe ;  ein 
IJeweis,  dass  die  Inschrift  in  situ  eingemeisselt  worden  ist.  Der 
Felsenkanal  ist  oberhalb  der  Tafel  noch  gerade  zwei  Meter  hoch 
bis  zur  Decke;  das  Wasser  ist  ungefähr  0,3m  tief  und  lä\ift  über 
Geröll.  Herr  Schick  veiTUuthet,  das  der  Felsboden  in  der  Tiefe 
von  ungefähr  einem  Meter  zu  finden  wäre.  Da  derjenige;  welcher 
durch  den  Felskanal  schlüpft,  an  einzelnen  Stellen  wegen  des 
hohen  Wasserstandes  nur  mit  Mühe  sich  durchwinden  kann,  so 
ist  zu  vermuthen ,  dass  viel  Geröll  und  Schmutz  in  dem  Stollen 
liegt:  die  Arbeiter,  welche  denselben  bohrten,  müssen  dies  we- 
nigstens in  sitzender  Stellung  haben  thun  können,  und  auch  die 
jetzige  tiefe  Lage  der  Inschrift  w^eist  auf  grosse  Schuttanhäufung 
hin.  Herr  Schick  schlägt  nun  in  seinem  Briefe  vor,  den  Felsen- 
kanal wenigstens  bis  zu  der  Stelle,  an  welcher  sich  die  In- 
schrift findet  zu  reinigen  und  für  Ablauf  des  Wassers  nach  dem 
Siloahteichc  zu  sorgen.  Hierbei  würde  vielleicht  die  Frage  ge- 
löst, woher  das  Wasser  in  den  Felsenkanal  fliesst  und  ob,  wie 
Herr  Schick  vermuthet,  im  Innern  des  Schachtes  noch  andere 
Zuflüsse  ausser  dem  Hauptzufluss  sich  finden,  vielleicht  aiich, 
welche  Bewandtniss  es  mit  den  »falschen  Gängen«  hat. 

Wir  hoffen  unseren  Lesern  bald  Näheres  über  die  Inschrift 
und  etwaige  Arbeiten  am  Felsenkanal  mittheilen  zu  können.  Es 
wäre  von  hohem  Interesse,  wenn  es  gelänge,  die  Inschrift  zu 
lesen,  da  wir  als  deren  Inhalt  wahrscheinlich  einen  Bericht  über 
die  Bohrung  des  Tunnels  voraussetzen  dürfen.  Herrn  Professor 
Kati'I'sch  sowohl,  als  mir  selbst,  schienen  die  Schriftzeichen, 
welche  wir  auf  dem  Abklatsch  sicher  entziffern  konnten :  jod, 
mem,  samech,  ajin,  von  sehr  alterthümlicher  Gestalt  zu 
sein.  Um  so  mehr  verdanken  wir  Herrn  Schick  die  rasche  Be- 
nachrichtigung über  diesen  interessanten  Fund. 

Tübingen,  7.  Juli  1880.  A.SociN, 


Bericht  über  neue  Ersclieinnngeii  auf  dem  Gebiete  der 
Palästiualiteratur  1879. 

Von  Prof.   A.  Socin  in  Tübingen. 

Der  Jahresbericht  über  neue  Erscheinungen  auf  dem  Ge- 
biete der  Palästinaliteratur,  dessen  Ausarbeitung  ich  auch  für 
das  dritte  Jahr  wieder  übernommen  habe,  soll  hauptsächlich  zwei 
Bedürfnissen  entgegenkommen.  In  erster  Linie  soll  eine  möglichst 
vollständige  bibliographische  tJbersicht  gegeben  werden.  Die 
Schwierigkeit  dieser  Aufgabe  wird  jedem  erst  deutlich  werden, 
der  sich  an  ihre  Lösung  Magt;  ein  jeder  Avird  schliesslich  finden, 
dass  seine  Arbeit  eine  unvollkommene  bleiben  muss.  Im  Grunde 
ist  diese  Unvollständigkeit  jedoch  nicht  von  allzugrosser  Bedeu- 
tung ;  auch  könnte  ihr  dadurch  am  besten  abgeholfen  werden, 
dass  die  Leser  des  Berichtes  den  Verfasser  auf  Fehler  und  Aus- 
lassungen aufmerksam  machen.  Diesem  Wunsche,  welchen  ich 
schon  wiederholt  ausgesprochen  habe,  ist  im  vergangenen  Jahre 
bloss  mein  Freund  Prof.  Prym  in  Bonn  nachgekommen,  indem 
er  mich  auf  einiges  mir  Unbekannte  hinwies.  —  Im  grossen  und 
ganzen  wird  von  demjenigen,  welcher  die  Palästinaliteratur,  be- 
sonders auch  nach  den  so  äusserst  genauen  und  dankenswerthen 
bibliographischen  Angaben  in  Schürer's^)  Theol.  Lit.-Zeitung  ver- 
folgt, nur  selten  ein  wichtiges  Buch  übersehen  werden  können. 
Aber  auch  das  zweite  von  den  oben  angedeuteten  Bedürfnissen 
haben  wir  zu  berücksichtigen.  Nicht  eine  Bibliographie  allein  ei- 
streben  wir ;  wir  möchten  bei  dieser  Gelegenheit  zu  gleicher  Zeit 
mit  Hilfe  von  detaillirteren  Inhaltsangaben  die  Literatur,  welcher 

I)  Theologische  Literaturzeitung.  Herausgegeben  von  Prof.  Dr.  E.  Schürer 
in  Giessen.  I.Jahrgang.  1879.  Bibliographie  von  Dr.  Caspar  liene  Gi'e- 
gory.  —  Titel  und  Recensionen,  welche  ich  bloss  aus  diesen  Verzeichnissen 
kenne,  bezeichne  ich  mit  Seh. 

Ztschr.  (1.  Pill. -Vor.    MI.  5 


58 

ein  bleibender  Wertli  zukommt,  von  der  ephemeren  scheiden. 
Die  Palästinaliteratur  lässt  sich  in  dieser  Hinsicht  am  besten  in 
drei  Theile  theilen :  ganz  populäre,  halb  Avissenschaftliche  (wozu 
in  der  Kegel  auch  die  apologetische  gehört)  und  streng-wissen- 
schaftliche. Es  ist  nun  durchaus  anzuerkennen,  dass  die  Wissen- 
schaft auch  aus  manchen  Schriften  der  beiden  ersten  Kategorien 
Nutzen  ziehen  kann,  und  es  wird  die  Aufgabe  unseres  Berichtes 
sein,  diese  speciell  hervorzuheben. 

Noch  ein  anderer  Punkt  muss  hier  berührt  Averden,  nämlich 
die  Frage,  in  welcher  Ausdehnung  unser  Bericht  sich  auf  die 
Ethnographie  und  Geschichte  Palästina's  im  allgemeinen  zu  er- 
strecken hat.  Es  wird  schwierig  sein,  in  dieser  Beziehung  irgend- 
wo von  vornherein  eine  Grenze  zu  ziehen;  es  muss  dem  Belieben 
des  Berichterstatters  hierbei  Spielraum  gelassen  werden.  Glück- 
licherweise können  wir,  was  das  Fach  der  alttestamentlichen 
Exegese,  Geschichte  und  Archäologie  betrifft,  nun  darauf  hinwei- 
sen, dass  neben  Friderici's  2)  Bibliographie  (welcher  wir  einige 
Angaben  verdanken)  für  die  Jahre  1876  (4.  Quart.)  und  1877  auch 
der  Jahresbericht  der  Deutschen  Morgenländischen  Ge- 
sellschaft^)  nach  langer  Unterbrechung  wieder  vorliegt  und 
auch  für  die  Zukunft  gesichert  ist.  In  dem  bezeichneten  Band 
hat  Kautsch  über  Hebraica,  Landauer  über  Rabbinica  berichtet; 
ebenso  kann  auf  Euting's  Zusammenstellung  der  Archäologie  des 
Orients  verwiesen  werden.  Ich  selbst  habe  in  jenem  Bande  einen 
Auszug  aus  meinem  ersten  Berichte  (1877)  abdrucken  lassen;  in 
Zukunft  und  zwar  zunächst  in  dem  unter  der  Presse  befindlichen 
Jahresberichte  der  D.  Morg.  Ges.  für  1878  wird  dies  übei*flüssig 

2)  Bibliotheca  orientalis  oder  eine  vollständige  Liste  der  im  Jahre  187t) 
in  Deutschland,  Frankreich,  England  und  den  Colonien  erschienenen  Bücher, 
Broschüren,  Zeitschriften  u.  s.  w.  über  die  S])rachen,  Religionen,  Antiqui- 
täten ,  I>iteraturen ,  Geschichte  und  Geographie  des  Ostens.  Zusammenge- 
stelll  von  Karl  Friderici ,  IV.  Jahrgang.  London  (Trübner  &  Co.)  etc. 
108  pp.  8.  —  Büchertitel,  welche  ich  bloss  aus  diesem  Verzeichnisse  kenne, 
bezeichne  ich  mit  Fr. 

.3)  Wissenschaftlicher  Jahresbericht  über  die  Morgenländischen  Studien 
vom  Okto1)er  iSTti  bis  December  1S77.  Unter  Mitwirkung  mehrerer  Fachge- 
lehrten herausgegeben  von  Ernst  Kuhn  und  All)ert  Socin.  HeftI:  XVI, 
l;{2p]).;  H.TI,  1S4  pp.  8.  Leipzig  (Brockhaus)  1870  (Supplement  zum  dreiund- 
dreiaaigsten  Bande  der  Zeitschrift  der  Deutschen  Morgt-nländischen  Gesell- 
schaft, . 


59 

sein.  Auch  kann  und  soll  der  Jaliresbericlit.  wie  er  in  unserer 
Zeitschrift  erscheint,  viel  mehr  ins  Detail  eingehen,  als  dies  in 
der  allgemeinen  Übersicht  über  die  Fortschritte  orientalischer 
Studien  je  möglich  wäre,  da  diese  in  Zukunft  ausdrücklich  von 
geographischer  Literatur  nur  das  berücksichtigen  wird,  »was  in 
philologisch-historischer  oder  ethnographischer  Beziehung  von 
Bedeutung  ist.« 

Unser  A'ercin  muss  sich  vorläufig  noch  immer  darauf  be- 
schränken, die  Zwecke  der  Palästinakunde  literarisch  zu  fördern. 
Wenn  einmal  die  Zeit  der  Expeditionen  gekommen  sein  wird, 
mag  sich  ihm  auch  das  Geschenk  nützlich  erweisen,  das  ihm  im 
Beginn  des  letzten  Jahres  ziigekommen  ist,  nämlich  des  Hand- 
buches für  wissenschaftliche  Expeditionen,  welches  Kaltbrun- 
NER  ^)  herausgegeben  hat  und  welches  sich  andern  liüchern  dieser 
Art  mindestens  ebenbürtig  an  die  Seite  stellt.  Auch  der  sehr 
hübschen  Ausstattung  wegen  verdient  dieses  Werk  den  Expe- 
ditionsreisenden warm  empfohlen  zu  werden.  —  In  Betreff  der 
Fortschritte ,  welche  unser  Verein  gemacht  hat,  sei  auf  die  dem 
II.  Bande  der  Zeitschrift  beigegebenen  Nachrichten  über  Ange- 
legenheiten des  DPV.  (XXVI  pp.),  sowie  auf  das  freundliche 
Entgegenkommen,  welches  ihm  von  manchen  Blättern  ^)  und  be- 
sonders auch  in  einzelnen  Übersichten  über  Palästinaliteratur  ^'^) 
zu  Theil  wurde,  hingewiesen. 

Bevor  ich  die  neueren  Erscheimuigen  im  einzelnen  vorführe, 

4)  J.  Kaltbrunner ,  Manuel  du  Voyageur.  Avec  280  figures  intercalees 
dans  le  texte  et  24  planches  hors  texte.  Zürich  1879.  J.  Wurster  &  Cie. 
Paris,  C.  Reinwald  &  Cie.  8.  —  Andere  Bücher  dieser  Art  sind  angeführt 
Bädeker  Syr.  und  Pal.  '\  p.  XLVIII. 

5)  Prof.  Neumann ,  Zur  Palästinakunde :  Oesterr.  Monatsschrift  f.  d. 
Orient.  Nov.  1ST9,  p.  19(1.  —  Monatsschrift  für  Gesch.  und  Wissensch.  des 
Judenthums.  Febr.  lS8o.  — Der  deutsche  Palästinaverein :  Daheim  2G.  Juli 
1879,  p.  094.  —  Warte  6.  Nov.  1879. 

6)  Dr.  H.Oort,  Geographie  van  Palestina.  Letterkundig Overzicht:  Theo- 
logisch Tijdschrift.    Leiden  1879,  p.  117—140. 

7)  J.  E.  Duby ,  Bulletin  des  plus  recentes  publications  d'archeologie  et 
de  geographie  sacree.  I.  Les  enseignements  des  catacombes.  IL  Explora- 
tion de  la  Palestine :  Revue  theologique,  Januar  1879,  p.  261—288  fnicht  ges.). 

8)  Gl.  Lüdtke,  Biblische  und  palästinensische  Geographie  literarischer 
Handweiser,  zunächst  für  das  kathcdische  Deutschland.  Münster  1879.  Sp. 
'M\ — 309;  409 — 414.  —  Besonders  Besjjrechung  der  katholischen  Palästina- 
Literatur. 


^0 

möchte  ich  mir  erlauben,  hier  einige  Nachträge-*)  und  Berich- 
tigungen einzufügen.  Nicht  zum  wenigsten  sei  auch  auf  Heim's  ^^) 
ausführhches  Lebensbikl  T.  Tobler's  aufmerksam  gemacht,  wel- 
ches uns  freilich  mehr  den  Mann  aus  Appenzell,  als  den  Palästina- 
forscher vorführt ;  immerhin  sind  manche  einzelne  Züge  aus  dem 
EntAvickelungsgang  jenes  Mannes  auch  von  allgemeinerem  In- 
teresse. 

Aus  einem  Buche ,  das  sich  speciell  mit  der  Geschichte 
Abraham's  1 1) ,  und  zwar  durchaus  ohne  Kenntniss  der  einschlä- 
gigen Literatur,  beschäftigt,  mag  nur  erwähnt  werden,  dass  (p.lÜ2) 
der  Name  Kiryath  Arba  als  ein  »göttliches  Zahlensymbol«  erklärt 
Avird.  Das  grosse,  bereits  in  zweiter  Auflage  erschienene  Werk 
von  ViGouREUX  ^2)^  welches  besonders  Palästina's  Yerhältniss  zu 
den  Nachbarländern  beleuchtet ,  ist  mir  nicht  zu  Gesicht  ge- 
kommen ;  doch  möchte  gerade  gegenüber  einem  solchen,  wie  es 
scheint,  die  Ergebnisse  der  betreffenden  Forschungen  stark  po- 
pularisirenden  Werke  der  Wunsch  geäussert  werden,  dass  auch 
ausländische  Forscher  sich  Gutschmid's  eindringlicher  Warnung, 
aus  den  Ergebnissen  der  Entzifferungen  keine  allzuraschen  histo- 
rischen Schlüsse  zu  ziehen,  doch  nicht  verschliessen  möchten. 
Mit  den  Identificationen  assyrischer  Ortsnamen,  welche  Schra- 
DER '  3)  auf  die  seinem  neuesten  Buche  beigegebene  Karte  einge- 

9)  ZDPV.  II,  p.  Ol  Z.  1  lies  Raschid  st.  Ilaschid;  p.  92,  Nr.  8  füge  bei : 
angez.  von  Gregory  in  ZDPV.  II,  p.  107;  p.  94,  bei  4)  statt  et-Muhalhil  1. 
el-M.;  p.  95  bei  2)  1.  Simpson  st.  Simpleton  ;  ZDPV.  I,  p.  33,  Nr.  1  füge  bei 
nach  Tome  IV:  p.  35—98. 

lüj  Heinrich  Jakob  Heim,  Dr.  Titus  Tol)ler  der  Palästinafahrer.  Ein 
appenzellisches  Lebensbild.  Nach  handschriftlichen  Quellen  bearbeitet.  Zü- 
rich (Schulthess)  etc.  1879.  12(1  pp.  8.  (Mit  einem  Bilde  Tobler's).  —  llec.  in 
AUgem.  Aug.sb.  Z.  Beilage  Nr.  122.    2.  Mai  1S79,  p.  1787. 

11)  Henry  G.Tomkins,  Studies  on  the  Times  of  Abraham  (nicht  ges.).  — 
Rec.  in  Academy,  11.  Jan.  1879. 

12)  F.  Vigüureux ,  La  Bible  et  les  decouvertes  modernes  en  Palestine, 
en  Egypte  et  en  Assyrie.  Avec  des  illustrations  d'apres  les  monuments  par 
M.  rAbb6  Düuillard.  2e  cd.  revue  et  augmentee.  3  vois.  Paris  (Berche  et 
Tralin)  187S.  VIII,  1313  pp.  12.  (Fr.).  —  Rec.  von  J.  Variot  in  Revue  des 
questions  historiques,  April  1879.   (Seh.) 

13)  l'jberhard  Schrader,  Keilinschriften  und  Geschiclitsforschung.  Ein 
Beitrag  zur  monumentalen  Geographie,  Geschichte  und  Chronologie  der 
Assyrer.  Mit  einer  Karte.  Giesscn  (Ricker)  ISTS.VIII,  555  ])p.  8.  — P. 
119:  Amgarrun-l'',kron  im  T-andc  Philistaea  ;  p.  123:   Das  I-and  Pala.stav  der 


61 

trafen  hat,  wird  man  sic-h  wohl  im  i^vosscn  uiul  ganzen,  soweit 
sie  unser  Gebiet  betreffen,  einverstanden  erklären  können;  frei- 
lich erscheint  uns  die  Zusammenstellung  von  Amgarriin  der  In- 
schriften mit  Ekron  nicht  absolut  gesichert,  und  die  Thatsache, 
dass  auf  den  assyrischen  Denkmälern  das  Wort  Palastav  (riiili- 
staea !)  bereits  in  weitcrem  Sinne  gebraucht  w^irde  nnd  auch  Juda 
nmfasste,  erklärt  sich  wohl  einfach  daraus,  dass  die  Assyrer 
hau])tsächlich  das  Küstengebiet  durchzogen  und  die  Benennung 
desselben  verallgemeinerten.  Unkenntlicher  als  in  der  assyri- 
schen Form  siml  die  Ortsnamen  l'alästina's,  wie  sie  inis,  freilich 
aus  einer  bedeutend  älteren  Zeit  [Tutmes  III),  auf  der  Liste 
von  Karnak  anfliewahrt  sind.  In  einem  an  de  Rouge  gerich- 
teten llriefe  hat  de  Saulcy  ^'*)  die  in  jenem  Verzeichnisse  erhal- 
tenen Ortsnamen  Palästina's .  auf  einer  neuen  von  Deveria  ver- 
fertigten Copie  jenes  Denkmals  fiissend,  mit  den  uns  bekannten 
Ortschaften  wiederum  zusammengestellt.  In  allen  den  Fällen, 
wo  eine  solche  Verglcichnng  sich  mehr  auf  einen  äusseren  l^aut- 
anklang  beschränken  muss,  wird  nothwendig  manches  Einzelne 
stets  fraglich  bleiben ,  nnd  ich  möchte  daher  auch  nicht  be- 
hau})ten ,  dass  durch  diese  neue  Arbeit  ein  Fortschritt  erzielt 
worden  sei.  Wirklich  gesichert  scheint  mir  nur  die  Identifikation 
von  Akka(Nr.'l();  und  etwa  noch  von  Mäketa  (Mäketai)  gleich 
Megiddo.  —  Da  ich  hier  gerade  von  ägyptischen  Denkmälern 
spreche ,  so  sei  erwähnt ,  dass  auch  in  den  Berichten  über  die 
Kriegszüge  Seti's  IJ^)  Syrien  eine  Holle  spielt.  —  Es  sei  be- 
merkt, dass  Maspeko's  ^^)  Veröffentlichung  der  Sage  von  der  listi- 
gen Einnahme  Joppe's  durch  ägyptische  Krieger,  die  in  Krügen 
eingeschmuggelt  wurden,  auch  separat  erschienen  ist. 

Inschriften.  —  Vgl.  besonders  die  Recension  von  Baudissin  in  Schürer's 
TliLZ.  2.  Aug.  187!),  S]).  :U)9. 

14)  F.  de  Saulcy,  Villes  du  Loutcn  superieur  (Syrie  des  anciens  Egyp- 
tiens):  Bulletin  de  la  societe  de  geographie  (VI,  XVI 1)  1879,  p.  20!»  — 241  ; 
327— 357. 

15)  E.  L.  Lushington,  The  victories  of  Scli  I,  rccorded  in  tlie  great  teniple 
at  Karnak.  Transactions  of  tlie  Society  of  biblical  archaeology.  Vol.  VI. 
London  1878,  p.  .509—534, 

10)  ZDPV.  II,  p.  97,  Nr.  6.  G.  Maspero,  Konians  et  poesies  du  Papy- 
rus Harris  N.  500  conservö  au  British  Museum,  avec  facsimile,  texte,  Iraduc- 
tion  et  commentaLre.  Paris  (Maisonneuve  <.V  Co.)  187!).  S.  —  Kec.  in  LCB. 
3.  Jan.  1880,  Sp.  10. 


62 


Über  Judas  Maccabäus  und  den  jüdischen  liefreiungskrieg 
ist  ein  Buch  von  Conder  *') ,  dem  ehemahgen  Chef  der  englisclien 
Expedition  nach  Palästina,  veröffentlicht  worden ;  leider  ist  mir 
dasselbe  nicht  zu  Gesicht  gekommen.  Es  wird  an  dem  Buche 
hervorgehoben ,  dass  es  neben  einer  Schilderung  der  politischen 
und  religiösen  Verhältnisse  während  jenes  Krieges  besonders 
auch,  Avie  zu  erwarten  ist,  Geographisches  enthalte.  Die  Ar- 
beit Böttger's  1^),  welcher  die  sämmtlichen  bei  Josephus  vor- 
kommeiulen  geographischen  Namen  in  alphabetischer  Reihen- 
folge zusammengestellt  und  mit  den  wichtigsten  NacliAveisen  ver- 
sehen hat,  ermöglicht  zwar  einen  raschen  und  leichten  Überblick 
über  das  bei  Josephus  erhaltene  Material ;  es  wird  aber  an  dem 
Buche  mit  Recht  getadelt,  dass  leider  nicht  sämmtliche  Stellen, 
an  denen  die  betreffenden  Ortsnamen  vorkommen ,  angeführt 
sind.  Die  Ausbeutung  dieses  Schriftstellers  für  geographische 
Zwecke  wird  freilich  in  ein  anderes  Stadium  treten,  Avenn  einmal 
die  von  Niese  "^j  längst  vorbereitete  kritische  Ausgabe  desselben 
ans  Tageslicht  treten  wird.  Zur  Rettung  der  so  oft  übertrieben 
erscheinenden  Zahlangaben  bei  Josephus  ist  der  Nachweis  Chap- 
lin's2<^)  von  Interesse,  dass  das  alte  Jerusalem  nach  heutigen 
Verhältnissen  bemessen  bequem  250,000  Menschen  fassen  konnte. 

Für  Geographie  ziemlich  bedeutungslos  ist  der  Versuch 
IIerzfeld's^i),    eine    Schilderung    des    Handels   der  Juden   im 

17)  Claude  K.  Conder,  Judas  Maccabaeus  and  the  jewish  war  of  indepen- 
dance.  London  (Marcus  Ward  &  Co.)  1879.  —  Kec.  in  Athenaeuni  23.  Aug. 
1879  (Nr.  2704),  p.  237. 

18)  Gustav  Böttger,  Topographisch-historisches  Lexicon  zu  den  Schriften 
des  Flavius  Josephus.  Compilatorisch  zusammengestellt  und  herausgegeben 
von  G.  B.  Leipzig  (L.  Fernau)  1879,  XIV,  285  pp.  8.  —  llec.  in  LCB. 
11.  Okt.  1879,  Sp.  13U9;  von  Schürer  in  Schürer's  ThLZ.  8,  Novbr.  1879, 
Sp.  510. 

19)  Vgl.  Zeitschrift  der  Deutschen  Morgenländischen  Gesellschaft.  1878, 
p.  V,  Anm.  1. 

20)  Th.  Chaplin  ,  Note  on  the  population  of  Jerusalem  during  the  siege 
by  Titus:  Athenaeum  23.  Februar  187M,  p.  255. 

21)  Dr.  Ti.  Herzfeld  (Landesrabbiner; ,  Hanfleisgeschichte  der  Juden  des 
Alterthums.  Aus  den  Uuellen  erforscht  und  zusammengestellt.  Braunsclnveig 
(J.  H.  Meyer)  1879.  VIII,  244  pp.  8.  —  Rec.  von  Kamphausen  in  Schürer's 
ThLZ.  24.  Mai  1879,  p.  243  ;  von  Grünwald  in  Monatsschr.  f.  Gesch.  u.  Wiss. 
d.  Judenthums  Mai  1879;  von  Oort  in  theol.  Tijdschrift,  Mai  1879;  Athe- 
naeum 9.  Aug.  1879, 


63 

Altcrtlunii    /u    liefern ;   dabei   werden   auch   die    Ilandels^egen- 
stiinde,  die  Gcldsorteii ,   GcAvichte  und  Masse  vorgeführt.     Dem 
Hiiche  ist  von  competenter  Seite  vorgeworfen  worden .    dass  es 
nicht  streng  wissenschaftUcli  gehalten  sei.    Ein  Werk  ganz  an- 
derer Art  ist  Hkyd's  22)  Geschichte  des  mittelalterlichen  Levante- 
handels, das  Resultat  vieljähriger  eingehendster  Studien,  die  der 
>"erfasser,  der  verdienstvolle  Oberhibliothekar  in  Stuttgart,  ange- 
stellt hat.     \\'ir  haben  hier  ein  höchst  nützliches,  auf  sorgfältig- 
stem Qtiellenstudium  beruhendes  Nachschlagebuch  vor  uns ;  da- 
her wir  es  hier   ausführlicher  behandeln.     Zuerst  erhalten   wir 
eine  allgemeinere  Schilderung  des  Levantehandels  vor  den  Zeiten 
der  Kreuzzüge ;   damals  betheiligten  sich,  was  Palästina  betrifft, 
besonders  die  Amalfitaner  und  Venetianer  an  demselben.     Be- 
sonders wichtig  wurden  die  italienischen  Handelsrepubliken  Ve- 
nedig, Pisa  und  Genua  mit  ihren  Flotten  beim  Ausbau  und  zur 
Behauptung  der  Kreuzfahrerstaaten  in  Syrien.  Die  syrischen  See- 
städte kamen  bloss  mit  Hilfe  jener  italienischen  Handelsstaaten 
in  fränkischen  Besitz,  und  in  diesen  setzten  sich  nun  Kolonien 
mit  besonderer  Verfassung  in  meist  eigens  für  die  Mithülfe  aus- 
bedungenen Quartieren  fest.     Solche  Kolonien  waren  steuerfrei 
und  besassen  eigene  Häuser,  ja  Stadttheile,  Waarenhäuser,  Kir- 
chen, Bäder,   Backöfen;  ja  sogar  ausserhalb  der  Städte  Lände- 
reien,  die  von  syrischen  Bauern  bcAvirthschaftet  wurden.     Am 
ScUusse  des  ersten  Syrien  betreffenden  Abschnittes  (p.  145  —  208) 
werden  die  Handelswege  und  Handelsartikel ,   welche  in  jenem 
Lande  eine  Rolle  spielten,  aufgeführt.     In  einem  folgenden,  auf 
Spien  bezüglichen  Theile  (p,  343 — 396)  schildert  der  Verfasser, 
wie   die  Handelskommunen,  unter   denen  nun  auch  spanische 
und  südfranzösische  Kolonisten  auftraten,    im  zweiten  Jahrhun- 
dert des  Bestehens  der  Kreuzfahrerstaaten  (nach  der  Schlacht  bei 
Hattin    1187)    besonders   auch   eine   politisch   bedeutende  Rolle 
s])ielten,  ihre  Verfassung  ausbauten,  dabei  aber  sowohl  mit  den 
Landesfürsten  und  IJaronen,  als  unter  sich  (z.  I>.  Venedig  —  Ge- 

22)  Dr.  Wilhelm  Heyd,  Geschichte  des  Levantehandels  im  Mittelalter. 
Erster  Band:  XXII,  (504  pp.  8.  Zweiter  Band  VI ,  781  pp.  8.  Stuttgart 
(Cotta)  1879.  M.  W.  —  Rec.  in  LCB.  10.  Mai  1870,  Sp.  G05  und  20.  Sept. 
Sp.  1211;  von  Hirsch  in  Mittheil.  a.  d.  histor.  Literatur  VIII,  1  ;  Revue  criti- 
que  1879  (Tome  VII)  p.  .{48.  —  Vgl.  auch  vThomas)  Eine  freie  Anzeige.  Mün- 
chen (F.  Straub)  1880,  15  pp.    8. 


64 

nua)  in  Competenzstreit,  ja  sogar  in  Krieg  geriethcii.  Nachdem 
die  Besitzungen  der  Kreuzfahrer  mit  dem  Falle  Akko's  (1291)  in 
muslimische  Hände  übergegangen  waren ,  lagen  die  Seestädte, 
in  denen  sich  der  Handel  koncentrirt  hatte,  grossentheils  in 
Trümmern  [II,  p.  67).  Die  grossen  muslimischen  Emporien 
Damaskus  und  Aleppo  mit  ihren  Hafenstädten  gaben  jetzt  auf 
commerciellem  Gebiet  den  Ton  an.  Gegen  das  Ende  des  Mittel- 
alters nahm  der  "S^erkehr  des  Abendlandes  mit  Syrien  einen  neuen 
Aufschwung  ;  bereits  in  dieser  Zeit  spielten  Damaskus  und  Beirut 
eine  wichtige  Rolle  (II,  p.  4  56  if.)  —  Es  sei  hier  schliesslich  auch 
auf  Anhang  I  des  HEYü'schen  Buches  (II,  p.  543  —  699)  hinge- 
wiesen, in  welchem  die  Gegenstände  des  Austausches  zwischen 
Morgenland  und  Abendland  aufgeführt  werden. 

Von  allgemeineren  Werken  aus  dem  Gebiet  der  Geschichte 
der  Kreuzzüge  ist  eine  neue  Ausgabe  der  französischen  Über- 
setzung von  Wilhelm  von  Tyrus^s)  zu  nennen.  An  diese  ist 
die  Chronik  von  Ernoul,  dann  die  Erzählung  Bernarts  bis  zum 
Jahre  1231  angeschlossen;  hierauf  folgen  Fortsetzungen  anderer 
Chronisten  bis  zum  Ende  des  13.  Jahrhiinderts.  Es  wird  an 
dieser  Ausgabe  rühmend  hervorgehoben  ,  dass  wir  in  derselben 
sehr  oft  bessere  Lesarten  finden,  als  im  Hecueil  des  historiens 
des  croisades.  Der  Brief  des  Comnenen  Alexius  an  Robert  von 
Flandern  ist  von  Rlvnt^^]  wieder  abgedruckt  worden;  in  der 
langen  Einleitung  dazu  wiederholt  Riant  den  Nachweis ,  dass 
dieses  Schreiben ,  von  welchem  man  früher  angenommen  hatte, 
dass  es  den  ersten  Kreuzzug  hervorgerufen  habe,  eine  Fälschung 
sei.  Hagenmeyer  2^)  hat  in  seinem  beinahe  allzu  weitschweifigen 
Buche  über  Feter  den  Eremiten ,   der  mit  Unrecht  statt  Urban's 

23)  Guillaume  de  Tyret  ses  continuateurs.  Texte  francais  du  XIII "  siccle 
revu  et  annote  par  M.  Paulin  Paris  [Tome  premier].  Paris  Firmin-Didot  et 
C'e)  187!t.  XXVII,  5r)'j  pp.  8.  Mit  Karten.  iXicht  ges.)  Kec.  von  Mussafia 
in  Literaturblatt  für  germ.  und  roman.  Philologie  Mai  1880,  p.  182. 

24)  Comte  lliant,  Alexii  I  Comneni  Ronianorum  imperatoris  ad  Rober- 
lum  I  Fhuulriae  comilem  Kpistola  spuria.  Genf  1879,  Pari.s  Leroux  .  Leipzig 
(Harrassowitz,  LXXX,  08  pp.    8.  —  Kec.  in  LCB.  28.  Juni  IST!),  Sp.  832. 

2.^)  Heinrich  Hagenmeyer,  Peter  der  Kremite.  Ein  kritischer  Beitrag  zur 
Geschichte  de.s  I.  Kreuzzuges.  Leipzig  Harrassowitz)  1879.  XII,4olpp.  8.  — 
Kec.  in  LCB.  1.  Nov.  1879,  Sp.  1415;  von  B.  Kugler  in  Sybel's  historischer 
Zeitschrift  N.  F.  VIII.  Band.  1.  H.,  p.  22-  Ki :  Peter  der  Kremite  und  Albert 
von  Achen  mit  Nachwort  von  H.  v.  Sybel. 


65 

als  Veraulassor  des  ersten  KreiizzuLis  angesehen  \\ir(l.  mit  vielem 
Fleisse  zerstreutes  Material ,  besonders  auch  aus  französischen 
Quellen  zusainmeugetragen  und  manche  einzelne  Punkte  erhellt, 
ohne  dass  das  Hild.  welches  bereits  Syhel  von  Peter  entworfen 
hat,  dadurch  wesentlich  verändert  würde.  Peters  R\ihra  beruht 
hauptsächlich  auf  der  ("hronik  des  Albrecht  von  Achen,  für  deren 
relative  Gla\ibwür(liij;keit  Ku(iLK]i  bei  der  Hesprechunfj^  des  Ha- 
GENMEYEU  sehen  Werkes  mit  Recht  iu  die  Schranken  getreten 
ist.  —  Zur  Geschichte  der  Hesetzung  des  Üstjordanlandes  durch 
die  Kreuzfahrer  ist  eine  kleine  Arbeit  von  de  Mas  LATiUE^ß] 
anzuführen . 

Ein  grosser  Streit  hat  sich  an  die  Expedition  der  Herren  Puhtz 
und  Sepp  geknüpft,  welche  von  der  Kegierung  des  deutschen 
Reichs  i.  J.  1874  nach  Tyius  geschickt  worden  waren,  um  daselbst 
Nachgrabungen  nach  den  Gebeinen  Friedrich  Barbarossa's  anzu- 
stellen. Da  einige  der  betreffenden  Schriften  bereits  in  unserer 
Zeitschrift  ihre  Würdigung  gefunden  haben ,  so  genügt  es  hier 
nochmals  die  Hauptpunkte,  iim  welche  sich  der  ganze  nun 
hoffentlich  abgeschlossene  Streit  dreht,  kurz  hervorzuheben. 
j»;BPp27-29j  y^[\\  in  (\ey  Kirchen ruine  von  Tyrus  die  Reste  des 
alten  Paulinus-Dom's ,  -svo  sich  früher  auch  das  Grab  des  Ori- 
genes  befunden  habe,  inid  die  Reste  der  mittelalterlichen  Kathe- 
drale erkennen ;   Prutz  -^"j  sieht  in  diesen  Ruinen  eine  dem  hei- 

26)  L.  de  Mas  Latrie.  La  terre  au  delä  du  Jourdain  et  ses  premiers  sei- 
gneurs.  Extr.  de  la  Bibliot.  de  l'Ecole  des  chartes  1878,  5  et  6;  p.  4ltj— 420) 
Nogent-le-Kotrou  (imp.  Daupeley)  1879.    (>  pp.    8.    (Nicht  ges.). 

27)  Sepp,  Meerfahrt  nach  Tyrus  zur  Ausgrabung  der  Kathedrale  mit 
Barbarossa's  Grab.  Im  Auftrag  des  Fürsten  Reichskanzler  unternommen. 
Mit  Holzschnitten  ,  drei  Lichtdrucken  und  einer  Karte.  I^eipzig  (E.  A.  See- 
mann) 1879.  XXIV,  382  pp.  8.  M.  10.  —  Rec.  von  Guthe  in  ZDPV.  II,  p.  108; 
LCB.  8.  März  1879,  Sp.292;  von  Neumann  in  üesterr.  Monatsschrift  f.  d. 
Ofient  15.  Jänner  1879,  p.  18  (vgl.  März  p.(J3);  von  C).  Zöckler  in  Beweis  des 
Glaubens  Aug.  1879;  Academy  IS.  Oct.  1879. 

28)  Sepp,  Kaiser  Friedrich  I.  Barbarossa's  Tod  und  Grab.  Berlin  1879 
{Sammlung  gemeinverständlicher  wissenschaftlicher  Vorträge  herausgeg.  von 
Virchüw  u.  Holtzendorü'  Ser.  XIV,  Heft  '-VM.  (llabel)  1879.  5(1  pp.  s.  —  Rec. 
von  J.  Gildemeister  in  ZDPV.  II,  p.  2.57. 

29)  Johannes  und  Bernhard  Sepp.  Das  Resultat  der  deutschen  Ausgra- 
bungen in  Tyrus  :  Sybel's  historische  Zeitschrift  N.  F.  Vlll.  Band,  I.H.,  p.  86 
— 115,  mit  Replik  von  Hans  Prutz. 

30)  H.  Prutz,  Kaiser  Friedrich's  I.  Grabstätte.     Eine  kritische  Studie. 


66 

ligen  Markus  g'eweihte  Kirche  der  in  Tyriis  angesessenen  vene- 
tianischen  Kommune.  Sepp  will  in  jener  »Kathedrale«  die  Stelle 
gefunden  haben,  an  welcher  die  Gebeine  des  Kaisers  einst  beige- 
setzt waren.  Prutz  bestreitet,  dass  ]>arbarossa  überhaupt  hier  be- 
erdigt worden  sei.  Was  den  ersten  Streitpunkt  betrifft,  so  geben 
manclie  Kritiker  Sepp  darin  AAcnigstens  Keclit,  dass  in  jener  Kir- 
chenruine  die  Reste  der  Kathedrale  vonTyrus  vorliegen;  in  Uezug 
auf  den  zweiten  Pmikt  verweisen  wir  auf  Giluemki.ster's  Urtheil 
(ZDFV.  II,  254 ff.),  nach  Avelchem  Jiarbarossa's Gebeine  allerdings 
in  Tyrus  und  zwar  in  einem  lieutel  aufbewahrt  wurden.  Wir  kön- 
nen dabei  aber  die  Bemerkung  nicht  zurückhalten,  dass  Sepp,  mag 
er  nun  in  Bezug  auf  das  Endresultat  materiell  mehr  oder  weniger 
Hecht  behalten ,  besser  thäte,  in  solchen  Arbeiten,  Avie  die  vor- 
liegenden, seine  sämmtlichen  prähistorisch-mythologischen  Spie- 
lereien, die  er  häufig  mit  total  unwissenschaftlichen  Etymologien 
stützt,  vollständig  zu  unterdrücken,  da  sie  nach  dem  Urtheile 
aller  Sachverständigen  seinen  sonstigen  Verdiensten  um  die  Pa- 
lästinakunde  wesentlich  Eintrag  thun.  In  dem  Streite  mit  Ni-iu- 
MANN  (O.  Monatsschrift,  s.  u.)  hat  Sepp  gerade  einige  seiner 
wildesten  Namenserklärungen  zu  vertheidigen  geseicht.  Jeder 
Orientalist  muss  nothwendig  heiter  gestimmt  werden,  wenn  Sepp 
p.  108  seiner  Schrift  das  nordische  Orakelwesen  Mimir  mit  dem 
persönlichen  Logos  Memrä  (wörtliche  Übersetzung  von  »Logos« 
vom  Stammw  ort  \imar)  zusammeuAvirft.  Dies  nur  eines  von  vielen 
Beispielen. 

Anderer  Art  sind  die  Ausstellungen ,  die  an  dem  I  Juchc  von 
Görgens'*')  haften.  Es  w^ar  sicher  ein  guter  Gedanke,  das  wich- 
tige Puch .  welches  der  berühmte  muslimische  Gelehrte  Abu 
Schäma  (starb  13.  Juni  1267)  über  die  Regierung  von  Nureddin 
und  Saladin  verfasst  hat ,  durch  eine  Übersetzung  zugänglich  zu 

Daiizif,'  (E.  Gruihn)  IS79.  51  pp.  8.  —  Kec.  von  K.  Jtöhricht  in  ZDPV.  IJ, 
y.  181;  vgl.  aucli  Scheffer-Büichorst ,  Barbarossa's  Grab:  Im  neuen  lleich 
1879,  Nr.  4ü,  p.(iS)3— 701. 

31)  E.  P.  Gocrgena,  Arabische  Q,aellenbeiträge  zur  Geschichte  der  Kreuz- 
züge übersetzt  und  hcrausj^egeben  etc.;  unter  Mitwirkunfi^  von  Keinhold  Köh- 
richt.  Erster  liand.  Zur  Geschichte  Salali  ad-din's.  Berlin  (Weidmann)  1S7J), 
XXIII,  '2!J5  pp.  8.  —  Reo.  von  Gilderaeister  in  ZDPV.  II,  p.  248—256;  von 
Dieterici  in  JLZ.  28.  Juni  1879,  p.  359;  LCB.  27.  Dec.  1879,  Sp.  Iö92;  Ke- 
vue  critique  52;  llevue  de  iheol.  et  de  ))hilosophie  Juli  1S79;  Comptes  rendus 
de  l'Acad.  des  Inscr.  IS79,  p.  i8(». 


67 

machen.  Der  erste  Jiand  derselben,  enthaltend  Auszüge  aus  dem 
zweiten  Tlieil  jenes  Werkes,  der  Geschichte  Saladin's,  liegt  vor. 
Die  sachkundige  Kecension  Gildkmkistp^r's  hat  jedoch  erwiesen, 
dass  die  vorliegende  l'hersetzung  nur  mit  Vorsicht  historisch  ver- 
werthet  werden  darf  und  dabei  stets  auf  den  Wortlaut  des  ara- 
bischen Textes  zurückgegangen  werden  muss.  Die  Heiträge 
RöiiuiciiT's,  welche  sich  initer  anderm  besonders  auch  auf  den 
Nachweis  der  vorkommenden  Ortsnamen  erstrecken,  sind  immer- 
hin lehrreich;  wir  heben  aus  denselben  besonders  auch  Heilage  V 
(p.  2ü2 — 295)  hervor,  welche  eine  Vergleichinig  des  Berichtes  über 
die  von  8aladin  in  den  Jahren  1187  und  USb  eroberten  christ- 
lichen Städte  lind  Plätze  (s.  p.  75 — 76  der  Übers.)  aus  niorgen- 
ländischen  und  abendländischen  Quellen  ermöglicht,  so  w'eit  die 
Namen  zuverlässig  transcribirt  sind.  —  Auf  reichem  Material  be- 
ruht Röhricht's  32)  Darstellung  der  Eroberung  Akko's  durch  die 
Muslimen,  eine  Fortsetzung  früherer  Studien  desselben  Ver- 
fassers. Die  Veröffentlichung  von  bisher  meist  ungedruckten 
Materialien  zur  Geschichte  des  fünften  Kreuzzuges  ^3)  (1217 — 21) 
ist  für  unsere  Zwecke  ebenso  Avenig  von  Relang,  als  der  Versuch 
von  Prutz  31) ,  die  Ketzereien  der  Tempelritter  als  historisch  er- 
wiesen darzustellen.  Auch  die  prachtvolle  l'ublication  einer  aus 
dem  Reginn  des  14.  Jahrlninderts  stammenden  ('hronik3^)  er- 
wähnen wir  nur,  weil  sich  darin  auf  einer  der  Tafeln  ein  Plan 
von  Jerusalem  findet. 

Die  xylogra])hischen  iVbbildungen  von  Siegeln  und  Hüllen 
des  lateinischen  Orients ,   welche  Schlumbergkr  •">)  mit  genauen 

32)  Reinhold  Röhricht,  Die  Eroberung 'Akkäs  durch  die  Muslimen  (1291): 
Forschungen  zur  Deutschen  Geschichte.  20.  B.,  1.  H.  Göttingen  1879, 
]).  93—120. 

33)  Quinti  belli  .sacri  scriptores  minores  sumptibus  societatis  illustrandis 
Orientis  latini  monumcntis  edidit  Heiuholdus  Röhricht.  Genevae  (Fick)  1879. 
XLVIII,  242  pp.    8. 

34)  H.  Prutz,  Geheimlehre  und  Geheimstatuten  des  Tempelherren-Ordens. 
Eine  kritische  Untersuchung.  Berlin  (Ernst  Siegfried  Mittler  \:  Sohn' .  l!579. 
IX,  183  pp.    8.  —  Rec.  in  LCB.  20.  Juni  1880.  Sp.  830. 

35)  De  passagiis  in  Terram  sanctam  excerpta  ex  chronologia  magna  codi- 
cis  latini  CCCXCIX  Bibliothecae  add.  Marci  Venetiarum  auspice  societatis 
illustrandis  Orientis  latini  monumentis  edidit  Georgius  Martinus  Thomas. 
Venedig  1879.    Gr.  l'ol.    0  Seiten  Text  und  15  Tafeln  in  Lichtdruck.    M.   10. 

30)  Gust.  Schlumberger ,  Sceaux  et  BuUes  de  l'Orient  latin  au  moyen- 


68 


historiscluMi  Evläuteniiigen  versehen  herausf>;oi>ebcn  hat.  zeigen, 
was  für  Schätze  (Uis  National-Archiv  von  Paris  noch  enthält. 

Auf  dem  Gebiete  der  Kunstgeschichte  zeigt  sich  ebenfalls, 
wie  reich  unsere  Nachharn  uns  gegenüber  sind.  Die  Schrift  von 
Herün  de  Villefosse  ^') ,  nun  in  zweiter  Auflage  erschienen, 
enthält  einen  allerdings  nicht  absolut  mustergültigen  Katalog  der 
palästinensischen  Altcrthümer  des  Louvre.  Für  Kunstgeschichte 
sowohl ,  als  für  Mythologie  ist  die  Auffindung  einer  eigenthüm- 
lichen  Statue  bei  Gaza  von  Interesse ,  über  die  uns  bestens  zu 
verdankende  Mittheilungen  aus  Jerusalem  ziigekommcn  sind. 
Z\i  dem  bezüglichen  Aufsatze  Guthb's  ^^)  erlaube  ich  mir  zu 
bemerken,  dass  nach  dem  Urtheil  meines  Collegen  l'rofessor 
Schwabe  man  wohl  erst  eine  genauere  Zeichnuug  —  da  die  Statue 
auf  dem  Kücken  liegt,  war  eine  solche  schwierig  anzufertigen  — 
oder  eine  Photographie  wird  abAvarten  müssen,  bevor  man  de- 
finitiv bestimmen  kann,  welcher  Gott  hat  dargestellt  werden 
sollen.  Für  Zeus  würde  Haar-  und  liarttracht  (s.  Tafel)  und  das 
Tragen  des  Mantels  auf  der  linken  Schulter  sprechen ;  bei  einem 
Serapis  dürfte  auf  dem  Kopfe  der  »Kalathos«  nicht  fehlen.  Auch 
ist  noch  näher  zu  untersuchen,  ob  die  Statue  Avirklich  ein  Sitz- 
bild gewesen  ist.  (Es  wird  sich  Gelegenheit  bieten,  darauf  zurück- 
zukommen. 1).  K.)  —  Eine  kurze  Übersicht  über  die  Münzge- 
schichte  Palästina's  (mit  Tafel)  hat  uns  Erman  '^'•^)  geliefert  und 
zwar  im  Anschluss  an  eine  Aufforderinig  Friedi-Xndrr's  "^),  es 
möchte  nach  Münzen  gesucht  werden.  Der  Münzfund  in  Jeru- 
salem vom  Jahre  1872  hat  l*h{MAN  *')  Gelegenheit  gegeben,  inis 
ein  Hild  von  den  Münzverhältnissen  Palästina's  in  der  ersten 
Hälfte   des  zehnten  Jahrhunderts   vorzuführen.   —   Ueswick^^) 

lige.  Extrait  du  Musee  archeologique.  Paris  1879.  52  pj).  kl.  fol.  —  Rec.  in 
l.Cß.  2'>.  Mai  1880,  Sp.  7()<». 

;i7)  Ant.  Herun  de  Villefosse;,  Notice  des  nioniiincnts  provenant.s  de  la 
Palestine  et  conserves  au  Musee  du  Louvre.  2.  edil.  (Ch.  de  Mourges)  1879 
(nicht  ges.).  —  Rec.  von  Ganneau  in  Revue  critique  26.  Juli  1879  p.  73. 

38)  H.  Guthe,  IJericht  über  die  Statue  von  Gaza  (Tafel  VI)  :  ZDl'V.  11, 
p.  ls:5— |S8(vgl.  auch  p.  182). 

.'J9)  Ad.  Kvman ,  Kurze  Übersicht  der  Münzgeschichto  Palästina's  (mit 
einer  Münztafel].  /DPV.  11,  p.  75—80.  40)  Aufruf:   ZDPV.  II,  p.  lüG. 

41)  Ad.  Krman,  Der  Münzfund  von  Jerusalem :  ZDl'V.  11,  p.  120—123. 

42)  S.  Beswick,  The  sacred  cubit  —  Test  cases  :  Statements  1879,  p.  181 
bis  181. 


60 


will  die  Länge  der  heiligen  Elle  auf  17,724  englische  Zoll  be- 
stimmen. 

Für  Archäologie  Palästina's  sind  einige  grosse  Sammelwerke 
von  IJedentnng,  in  sofern  bisweilen  die  einzelnen  darin  enthal- 
tenen Artikel  den  Werth  von  kleinen  Monographien  haben.  In 
dem  4.  und  5.  IJand  der  neuen  Autlage  von  Herzog's  ^•'^)  Ency- 
clopädie  findet  sich  beisi)ielsAveise  ein  grosser  Artikel  von 
Fr.  W.  Schultz  über  das  heilige  Grab  und  andere  geographische 
Artikel  von  Rüetschi.  Von  Riehm's*^)  Handwörterbuch  sind 
im  Laufe  des  Jahres  bloss  zwei  Lieferungen  erschienen ;  die  geo- 
graphischen Artikel,  welche  dieses  Werk  enthält,  sind  meist  von 
Mühlau  ,  andere  von  Smend  oder  Fraas,  die  ethnographischen 
Artikel  von  Kautzsch  verfasst;  auch  enthält  das  Werk  viele  zu- 
verlässige Illustrationen  zur  Geographie  Palästina's.  Der  Artikel 
»Galilee«  in  der  Encyclopaedia  liritannica  hat  den  schon  oben 
erwähnten  Ingenieur  Conder  ^^)  zum  Verfasser.  Derselbe  Mannte) 
hat  in  Verbindimg  mit  einem  andern  gleichnamigen  ein  grösseres 
Werk  erscheinen  lassen .  welches  die  Resultate  der  historischen 
und  archäologischen  lÜbelforschung  übersichtlich  zusammen- 
fasst.  Eine  eingehendere  Peurtheilung  dieses  mir  nini  bereits  in 
zweiter  Auflage  (1880)  vorliegenden  liuches  verspare  ich  auf  eine 
spätere  Gelegenheit  und  bemerke  hier  nur  so  viel,  dass  die  histo- 
rischen Theile  dieser  Arbeit  vollständig  kritiklos  sind.  Dagegen 
ist  die  darin  enthaltene  Zusammenstelliuig  der  neiiesten  geogra- 
phischen Entdeckmigen  der  Engländer  (Avobei  die  ausländische 
Forschung  ganz  ausser  Spiel  bleibt ! )  entschieden  so  weit  von  In- 
teresse, alslhatsachen  mitgetheilt  werden;  dass  wir  uns  mit  vielen 
Theorien  des  Verfassers  nicht  befreunden  können,  haben  wir  schon 
wiederholt  bemerkt.    Die  im  Athenaeum  erschienene  Kritik  hat 

43)  Real-Encyklopädie  für  protestantische  Theologie  und  Kirche  .  .  . 
hrsg.  von  J.  J.  Herzog  und  G.  L.  Pütt.  Zweite  AuH.  Leipzig  ;Hinrichs)  4. 
und  5.  Band.    1879. 

44)  Handwörterbuch  des  Biblischen  Altertums  für  gebildete  Bibelleser 
herausgegeben  . .  .  von  E.  C.  A.  Kiehm.  Bielefeld  und  Leipzig  ( Velhagen  und 
Klasing)  1871).    12.  und  l.'i.  Lieferung.    (Matthias  —  Paulus). 

45)  Conder,  Galilee:  Encyclopaedia  britannica.    Vol.  X  (nicht  ges.). 

46)  F.  K.  and  C.  R.  Conder,  A  band  book  to  the  Bible,  being  a  guide 
!o  the  lioly  scripturcs,  dcrived  from  ancient  monumonts  and  modern  explana- 
tion.  liondon  (Longmansl  187!).  45R  pp.  8.  sh.  7,  d.  (>.  —  Kcc.  in  Saturday 
Review  9.  Nüv.  1879;  Athenaeum  24.  Jan.  1880,  p.  117. 


70 

bereits  mit  Recht  hervorgehoben ,  dass  die  Verfasser  in  sprach- 
lichen Dingen  aiif  sehr  schwachen  Füssen  stehen.  — ■  Ein  Aufsatz 
von  Simpson  *^)  über  Fixirung  bestimmter  Tradition  an  heihgen 
Stätten  enthält  nichts  Neues ;  aus  Goldziher's  ^8)  Mittheilung  geht 
hervor,  welcher  Werth  den  muslimischen  Gräbertraditionen  bei- 
zumessen ist.  Einige  Notizen  über  das  Leben  der  Muslimen  und 
der  Christen  giebt  Schnabl  4«) .  Ein  liuch  von  A.  Thomson  ^o)  über 
häusliches  Leben  im  alten  Palästina  kann  ich  nur  dem  Titel  nach 
anführen;  zu  W.  M,  Thompson's  empfehlenswerthem  Buche  The 
land  and  the  book  und  zu  Lennep's  Bible  Lands  (ZDPV.  I,  p.  29, 
Nr.  3)  hat  Lawie^^)  einige  Bemerkungen  geliefert.  Manche  einzelne 
Notiz  findet  sich  in  den  Tagebuchblättern  von  Isabel  Burton  ^2) . 
der  Gemahlin  des  berühmten  Reisenden ;  doch  ist,  was  Palästina 
betrifft  (s.  bes.  den  zweiten  Band),  der  geographische  Lihalt  der 
»Pilgen'eise«  weniger  neu  und  anziehend,  als  die  ganze  Art  und 
Weise,  wie  die  Lebensverhältnisse  der  Bewohner  Syriens  von  der 
originellen  Verfasserin  aufgefasst  werden.  Bitrton's  kurze  Amts- 
stellung in  Syrien  Avar  nicht  gerade  die  angenehmste;  aus  dem 
vorliegenden  Buche  geht  wenigstens  hervor,  mit  welcher  Energie 
sich  sowohl  er  als  seine  Gemahlin  in  das  Leben  und  die  Bedürf- 
nisse der  Landeseinwohner  einarbeiteten  mid  bei  jeder  sich  dar- 
bietenden Gelegenheit  thätig  eingriffen.  —  Studien  über  die  gegen- 
wärtigen ethnographischen,  politischen  und  religiösen  Zustände 
Palästina's  hat  unsere  Zeitschrift  bis  jetzt  leider  noch  nicht 
bringen  können,  so  interessant  gerade  auch  dieses  Thema  ist. 
Um  über  solche  Verhältnisse  ein  eingehendes  Urtheil  abzugeben, 
sind  längere  Beobachtungen  im  Lande  durchaus  erforderlich.  Wir 

47)  William  Simpson,  Transference  of  Sites  :  Statements  1879,  p.  18 — 32. 

48)  Ign.  Goldziher,  Muhammedanischc  Traditionen  über  den  Grabesort 
desJosua:  ZDPV.  II,  p.  13—17.     Übersetzt  in  Statements  1879,  p.  193—195. 

49)  Karl  Schnabl ,  Zum  socialen  Leben  der  Moslim  imd  der  Christen : 
Das  heil.  Land  ISTi)  (II),  p.  72—75. 

5ü)  A.  Thomson,  Home  life  in  ancient  Palestinc.    London  1878. 

51)  Thomas  Lawie,  Bible  illustrations  from  IJiblc  lands  :  IJibliotheca  sacra 
1879,  p.  534— 5(iO;  647— (i(il. 

52)  Isabel  Burton,  The  inner  life  of  Syria,  Palestinc  and  the  holy  land. 
New  and  cheaper  edition  with  photographs  and  coloured  plates.  London  (Paul) 
1879.  51()  j)p.  8.  10  sh.  (id.  (Fr.)-  —  Ich  kenne  bloss  die  ältere  Ausgabe 
dieses  Werkes  :  London  (S.  King  i^' Co.)  187(),  1vol..  X,376])p.;  II  vol.:  3IOp]). 
8.    Mit  Kurte  und  sehr  guten  Photographien  von  11.  und  J.  Burton. 


71 

versag^en  uns  liier,  über  zwei  herleutonde  mit  grosser  Sachkcnnt- 
niss  geschriel)one  Aufsätze  von  Mrs.  Finn  ■''■')  und  von  Schick  ^^j 
an  dieser  Stelle  eingehender  zu  berichten ,  da  dieselben  binnen 
kurzer  Zeit  in  unserer  Zeitschrift  bearbeitet  Averden  sollen.  Auch 
in  lietreff  der  Heduinen^^)  l*alästina's  würden  wir  nähere  Mit- 
theilungen mit  Freude  begrüssoTi ;  freilich  ist  eine  Statistik  der- 
selben und  eine  Abgrenzung  derTeiTitorien  der  einzelnen  Stämme 
keine  leichte  Aiifgabe.  Vorarbeiten  dazu  wären  schon  vorhan- 
den ;  daneben  müsste  man  sich  an  Eingeborene  wenden,  die  mit 
den  Wanderstämmen  bekannt  sind,  wie  ja  Huart^^)  neulich  eine 
von  einem  Eingeborenen  verfasste  Liste  veröffentlicht  hat.  Wer 
sich  für  Beduinenverhältnisse  der  syrischen  Wüste  interessirt, 
mag  auch  gelegentlich  einen  lilick  in  das  neue  Buch  von  Anne 
Blunt^^)  werfen. 

Aus  dem  städtischen  Leben  Palästina  s  kann  ich  bloss  einen 
kurzen  Aufsatz  von  Martinas)  anführen.  Aus  gelegentlichen 
Notizen  erfahren  wir,  dass  eine  französische  Gesellschaft  ernst- 
lich daran  denkt ,  die  Mineralschätze  des  Todten  Meeres  auszu- 
beuten ^'J) .  An  die  Ausführbarkeit  dieses  Gedankens  glaube  ich 
vorläufig  beinahe  ebenso  wenig,  als  an  den  abenteuerlichen  Vor- 
schlag, den  neulich  ein  französischer  Abbe  ß^)  gemacht  hat.    Der- 

53)  Mrs.  Finn,  The  Fellahheen  of  Palestine  :  Statements  1879,  p.  33—48  ; 
72—87.  Vgl.  einen  Auszug  davon  in  Neueste  Nachr.  aus  d.  Morgenlande 
1879  (III),  p.  sS— 9«:  Einiges  über  die  Fellachen  in  Palästina. 

54)  Baurath  Schick,  Landwirthschaftliche  Verhältnisse  in  Palästina: 
Oesterreichische  Monatsschrift  f.  d.  Orient  1879,  Mäi-z  p.  .50 — 52  ;  Mai  p.  Wi — 
101  ;  Juli  p.  1:53—135. 

55i  Die  Beduinen  Palästina's  (nach  Conder's  TentAVork):  Globus  1879, 
p.  252. 

56)  Clement  Huart ,  Notice  sur  les  tribus  arabes  de  la  Mesopotamie  tra- 
duite  del'avabe:  Journal  asiatique.  7.  serie.  XIII.  Tome.  Mars — Avril  1879, 
p.  215ff.  —  Auch  als  extrait  erschienen,  vgl.  Revue  critique  4.  Oct.  1879, 
p.  2(;i. 

57)  I.ady  Anne  Blunt,  The  Bedouin  Tribe.s  of  the  Euphrates.  Edited, 
with  a  preface  and  some  account  of  the  Arabs  and  their  horses  by  W.  S.  B. 
2  vols.  London  [Murray)  1879.  — Kec.  in  Athenaeum  1.  März  1879,  p.  271; 
von  Arnold  in  Acadcmy  15.  März  1879. 

58)  F.  Martin,  La  Palestine  industrielle.  Paris  (impr.  Mouillet).  Extrait 
de  la  Revue  de  France  1879.    16  pp.    8.  (Fr.  062). 

59j  Das  heilige  Land  1S79,  ]>.  135. 

60)  Vgl.  Das  heilige  Land  ls79,  p.  204. 


72 


selbe  fordert  nämlich  allen  Ernstes  dazu  auf,  mit  einem  ('apital 
von  500,000  Franken  bei  den  Bitterseen  die  versalzenen  Reste 
der  vernichteten  Armee  Pharao's  auszugraben !  Ähnliche  Hin- 
weise, wie  z.B.  auch  der  von  demselben  Verfasser  auf  das  Suchen 
nach  den  vom  Himmel  gefallenen  Aerolithen  von  Jos.  X,  11 
sind  jedoch  nicht  ausser  Acht  zu  lassen,  da  sie  darauf  hindeuten, 
welche  Kategorie  von  coelaren  und  submarinen  Alterthümern  wir 
nach  den  terrestrischen  nunmehr  aus  Palästina  und  den  angren- 
zenden Ländern  erwarten  dürfen ! 

Die  Frage  nach  der  Kolonisation  Palästina's  ist  neuerdings 
wieder  stark  in  den  ^  ordergnuid  getreten.  Von  katholischer 
Seite  sucht  man  auch  deutsche  Kolonisten  zu  gewinnen  "^j .  Zwar 
lauten  die  Berichte  über  die  Tempel-Kolonien,  mit  Avelchen  uns 
die  Warte  ^''^)  versorgt,  nicht  ermuthigend:  wir  finden  darin  manche 
Klagen.  Dasselbe  Blatt  spricht  auch  von  einer  schwedischen 
Kolonie  ^^j  und  bringt  die  Nachricht,  dass  sich  die  Engländer  im 
Haurän  (in  welcher  Gegend  übrigens  im  verflossenen  Jahre  grosse 
Unruhen  stattfanden)  ansiedeln  wollen  ^^) .  Vielleicht  liegt  hierin 
eine  Verwechselung  vor  mit  dem  Plane,  welcher  durch  alle  Zei- 
tungen lief:  nämlich  eine  grosse  israelitische  Kolonie  im  Ostjor- 
danland auf  dem  Boden  des  alten  Moab  zu  gründen.  Wir  sind 
von  vorn  herein  überzeugt,  dass  ohne  gewaltige  politische,  ja 
ohne  Umgestaltung  der  jetzigen  Beschafl'enheit  jenes  Landes  alle 
diese  Projecte  Luftschlösser  sind.  Etwas  greifbarere  Gestalt 
haben  die  Vorschläge  (Jonder's  c^) ,  der  doch  wenigstens  den  (Cha- 
rakter des  Landes  kennt.  Conder  möchte  europäische  Koloni- 
sation (und  zwar  durch  Israeliten)  auf  der  Ebene  Esdrelon  in 
Angriff"  genommen  sehen,  wo  bereits  durch  die  griechische  Fa- 
milie Sursock  ein  guter  Anfang  gemacht  sei.    Li  zwei  Punkten 

61)  P.  Ladislaus  Schneider,  Das  heilige  Land  und  seine  katholischen  Be- 
wohner in  kirchlicher  und  socialer  Beziehung.  Münster  (Theissing)  1879. 
4b  pp.    S.    Pf.  .50. 

62)  Vgl.  z.B.  Orientpost  4.  April;  17.  April;  22.  Mai;  23.  Sept. 

63)  Warte  30.  Oct.  1879. 

64)  Warte  17.  Juli  1879. 

65)  C.  11.  Conder,  The  i)re.sent  condition  of  Palestine  (reprinted  from  the 
Jewish  Chronicle):  Statem.  1879,  p.  6 — 15.  In  der  Revue  de  geographie  März 
1879,  p.  227  findet  sich  bereits  die  Notiz,  dass  eine  englisch-französische  Ge- 
sellschaft gegründet  werden  solle ,  um  Kolonien  zwischen  dem  Jordan  und 
dem  Karmel  anzulegen. 


73 

sind  wir  mit  (^ondkr  völlig'  einverstanden ,  nämlich  darin,  dass 
die  Fellachen  Palästina's  durch  gnte  Tind  consequente  B(?hand- 
liing  von  Seiten  europäischer  Kolonisten  zu  besserer  Ik^hauunf^ 
des  Landes  herangezogen  werden  sollten,  und  zweitens,  dass  ein 
solcher  Plan  ausser  mit  bedeutenden  Geldmitteln  nur  unter  eng^- 
lischer  A\ifsicht  und  theilweiser  Occupation  ausgeführt  werden 
könnte.  Solchen  kühnen  Plänen  gegenüber  macht  aber  bekannt- 
lich die  Orientfrage  nur  sehr  langsame  Schritte ! 

Inzwischen  nimmt  der  »friedliche  Kreuzzug  nach  Palästina«, 
wie  Neumann  es  nannte,  seinen  ruhigen  Fortgang :  die  von  Euro- 
päern im  Lande  gegründeten  Anstalten  entwickeln  sich  zu- 
sehends. Wer  sich  für  die  Pestrebungen  der  Protestanten  in  Pa- 
lästina interessirt,  lese  zunächst  den  Bericht  von  Strauss"'')  über 
die  Thätigkeit  des  Jerusalem-Vereins  im  Orient,  vor  allem  aber 
die  sehr  reichhaltige  Schilderung,  welche  Pastor  Paarts  ''^j  aus 
Beirut  von  der  Missions-,  besonders  aber  der  Schulthätigkeit  in 
jener  Stadt  entworfen  hat.  Eine  grosse  Pührigkeit  entfaltet  haupt- 
sächlich die  katholische  Mission,  trotzdem  dass  auch  von  ihren 
Leitern  über  Geldmangel  geklagt  wird.  Neben  einigem  All- 
gemeinerem über  katholische  Anstalten  *''*"*'9j  möchten  wir  die 
Berichte  "•')  über  die  Thätigkeit  in  Nazareth,  das  Priesterseminar  in 
Jerusalem  (mit  24  Alumnen),  über  das  Institut  St.  Peter  in  Jeru- 
salem und  das  Waisenha\is  in  Bethlehem"')  imd  über  die  Acker- 
bauschule in  b?t  el~dschimaV'^)  (westlich  von  het  ' aUih]  hervor- 
heben. —  Nicht  übergehen  wollen  wir  schliesslich  den  erfreu- 

06)  Hofprediger  Strauss,  Bericht  am  Jahresfeste  :  N.  Nachr.  a.  d.  Morgen- 
lande 1879,  p.  1—7. 

ü7)  Baarts,  Evangelische  Missionsarbeit  in  Beirut:  N.  Nachr.  a.  d.  Mor- 
genlande 1879  (V),  p.  119 — 141.  —  Orientpost  der  Warte  des  Tempels  2.  Jan.; 
13.  März;  2U.  März  1879. 

<)8)  Die  Wirk.samkeit  der  Patres  Franziskaner  (sie)  im  h.  liande.  Vor- 
trag des  P.  Hilarion  ,  O.S.F.  in  der  Katholiken- Versammlung  zu  Paris  am 
16.  April  1879  (nach  Terre  Sainte  1879,  Nr.  11):  Das  heil.  Land  1879  (VI), 
p.  194—20(1. 

69)  A.  Andermatt ,  Die  Missions-Anstalten  Fx'ankreichs  für  den  Orient 
und  für  das  heilige  Land  :  Das  heil.  Land  1879  (I),  p.  21 — 27. 

70)  Bericht  des  hochwürdigsten  Patriarchen  (Vincentius)  von  Jerusalem  : 
Das  heil.  Land  1879  (I),  p.  1—6. 

71)  Belloni ,  Jahresbericht  über  das  "Werk  der  h.  Familie  im  h.  T,andt' : 
Das  heil.  Land  1879,  p.  9;i— 9.s. 

72)  Nachrichten  aus  dem  h.  Lande:  Das  heil.  Land  1879,  p.  133  ft". 

Ztsrhr.  (1.    riil.-Vcr.   III.  ß 


74 

liehen  Bestand  des  deutschen  Verems  in  Jerusalem''  .  Ueber 
die  rasche  Besetzung  der  Stelle  eines  protestantischen  Bischofs 
in  Jerusalem  (mit  Barclay)  lese  man  einen  Artikel  der  Allgem. 
Augsb.  Zeitung^-*). 

Noch  bleibt  uns  hier  zu  erwähnen ,  was  zur  Bereicherung 
der  Naturkunde  Palästina's  geleistet  wurde.  In  erster  Linie 
stehen  in  dieser  Beziehung  die  fortgesetzten  Studien  Theobald 
Fischer's  '^) ,  der  in  seiner  fleissigen  inid  schönen  Arbeit  zunächst 
eine  allgemeine  Charakteristik  des  ^Slittelmeerklima's  giebt,  so- 
dann uns  die  Niederschlags-  und  Temperaturverhältnisse,  sowie 
die  Windströmungen,  mit  Tabellen  vorführt  und  dabei  stets  auf 
dem  neuesten  Materiale  fusst.  Ein  kleiner  Aufsatz  über  die  Jeri- 
chorose und  den  heute  noch  sich  daran  knüi)fenden  Aberglauben  '^^) 
ist  durchaus  populär  gehalten.  —  Eine  Notiz  vom  Prediger  Mül- 
ler''^) möchte  ich  nicht  unerAvähnt  lassen;  derselbe  constatirt 
nämlich  (im Widerspruch  mit  Tobler,  Denkblätter  p.  116;  Tris- 
tram, Natural  history  of  the  Bible  3.edit.  London  1S73,  p.  79; 
RiEHM,  Handwörterbuch  p.  647)  das  gelegentliche  Vorkommen 
der  Wuthkrankheit  von  Hunden  im  Orient. 

Wir  kommen  nun  zu  der  Geographie  Palästina's  im  engeren 
Sinne  und  haben  dabei  zuerst  die  Pilgerschriften  vorzuführen. 
Eine  Uebersetzung  der  Peregrinatio  Sanctae  Patlae'*)  (Tühler, 
Itineraetc.  I,  29  ff.)  wurde  im  Kölner  Blatt  veröffentlicht;  eben- 
daselbst findet  sich  der  Schluss  der  schon  im  vorigen  IJericht  er- 
wähnten Bearbeitung  Sawulf's^-*)  .    Ungleich  wichtiger  und  als 

73)  Sechster  Jahresbericht  und  Cassen-Abschluss  des  Deutschen  Vereins 
zu  Jerusalem.  Hasel  Pilgermissiüns-Buchdruckerei  St.  Chrischona;  1879,  S  pp. 
8.    Vgl.  AAZ.  10.  Nov.  IST'J,  p.  4t)22. 

74)  AAZ.  17.  Juli  1879  (Nr.  198)  p.  2896. 

75)  Th.  Fischer,  Studien  über  das  Klima  der  Älittelmeerländer.  Gotha 
(Perthes;  1879.  (J4  p]).  4.  Mit  .{  Tafeln.  Petermann's  Mittheilunj^en  hrsg. 
von  Böhm  und  Lindemann.  Krgänzungsheft  ."JS.  —  Wir  erlauben  uns  berich- 
tigend zu  bemerken,  dass  Herr  Dr.  I.orange  in  Beirut,  der  p.  5  genannt  wird, 
ein  Deutscher  ist. 

70)  C.  M.Blaas,  Die  Rose  von  Jericho:  Das  heil.  Land  1879  (V\  p.KK» 
—  Iü3. 

77)  N.  Nachrichten  aus  dem  Morgenlande  1879,  j).  7  7. 

78)  Paula  und  Eustüchium  an  Marcella.  Ueber  die  heiligen  Stätten.  (Nach 
der  Übersetzung  von  Leipet  in  »Thalhofer,  Bibliothek  der  Kirchenvätern):  Das 
heil.  l,and  1S79    TU  ,  p.  SO— 9:{. 

79    Die  Pilgerfahrt  des  Aiigelsachsen  Säwulf  nach  Jerusalem  1102 — 1 103. 


75 


eine  sehr  dankciiswcrthe  Arbeit  ist  zu  bezeichnen  die  Neuhera\is- 
gabe  der  lieisc  Schildtbekgehs^";  (nach  Tobler's  J>ibho^ra|)hie 
p.  44  aus  dem  Jahre  1410),  nebst  Einleitung  Tind  Anmerkungen. 
In  russischer  Sprache  ist  die  Beschreibung  der  Pilgerfahrt  des 
Fürsten  Radzivil  *")  (Tobler,  ebd.  p.  82  aus  dem  Jahre  1583) 
neu  erschienen,  wie  aus  der  russischen  Revue  zu  ersehen  ist.  — 
Noch  möchte  ich  eine  Notiz  hervorheben ,  in  welcher  be^^-iesen 
wird,  dass  Honomi  ^'^]  (nach  seinen  eigenen  Aufzeichnungen)  der 
erste  Europäer  gewesen  ist,  welcher  in  unserm  Jahrhundert  den 
Haräm  betreten  hat;  eine  ausführlichere  Mittheilung  über  diesen 
in  der  That  merkwürdigen  Mann  bietet  einiges  Interessante  ^-'j . 
Von  allgemeineren  Werken  über  die  Geographie  Falästina's 
ist  Coxdek's  ^-^'j  Tent  work  ohne  Zweifel  das  wichtigste,  trotz  der 
mannigfachen  Ausstellungen,  welche  der  Referent  daran  zu 
machen  hatte.  Es  war  mir  ein  Bedürfniss,  bei  Gelegenheit  der 
Besprechung  jenes  Buches  gerade  auch  einzelne  principielle  Fra- 
gen, welche  unsere  ]^>estrebungen  von  denen  der  Engländer  schei- 
den, hervorzuheben.  Coxder's  Buch  scheint  übrigens  trotz  seiner 
Mängel  bei  dem  englischen   Publicum  einen  durchschlagenden 

Von  Pfarrer  ßrammerz    IV:  Das  heil.  Land  1S79,  p.  ß— 11.    (Vgl.  ZDPV.  II, 
p.  91,  Nr.  3.) 

80)  The  bondage  and  travels  of  Johann  Schiltberger,  a  native  of  Bavaria, 
translated  ....  by  Commander  J.  Buchan  Telfer.  With  notes  by  Professor 
T.  Bruun.  . .  at  Odessa ;  and  a  preface,  introduction  and  notes  by  the  trans- 
lator  and  editor.  With  a  map.  London  1879.  iNicht  ges.).  —  Rec.  in  LCB. 
8.  Mai  1880,  Sp.  GIB. 

81)  Die  Pilgerfahrt  des  Fürsten  Radziwill  Sierotki  nach  dem  gelobten 
Lande  1.582 — 1.584,  zum  Druck  vorbereitet  und  commentirt  von  dem  wirk- 
lichen Mitglied  der  K.  R.  Geogr.  Gesellschaft  P.  A.  Hiltebrandt.  Beilage 
zum  XV.  Bande  der  Nachrichten  der  K.  R.  Geogr.  Gesellschaft  1879.  (Nicht 
gas.).    Vgl.  Russische  Revue  von  K.  Röttger,  XV.  Band,  1879,  p.  89. 

82)  William  Simpson,  The  visit  of  Bonomi,  Cathcrwood,  and  Arundale  to 
the  Haram  es  Scheriffat  Jeru.salem  in  1833;  Statements  1S79,  p.  51  — äU. 

83j  AVilliam  Simpson,  Memoir  of  Joseph  Bonomi :  Transactions  of  the  So- 
ciety of  biblical  archaeology,  Vol.  VI,  1878,  p.  568 — 573. 

8l)  Claude  Reignier  Conder,  Tent  work  in  Palestine.  A  record  of  dis- 
covery  and  adventure.  Published  for  the  Committec  of  the  Palestine  Explo- 
ration Fund.  In  two  volumes.  With  illustrations  by  J.  W.  Whymper.  New 
edition.  London  (R.  Bentley  &  Son)  1879,  I :  XXVI,  *381  pp.;  II :  VIII,  352  pp. 
8.  sh.  24.  —  Rec.  von  A.  Socin  in  ZDPV.  II,  p.  172;  Saturday  Re^^ew  (i.  Juli 
1878;  Statements  1878,  p.  114 — 123;  Athenaeum  .3.  Aug.  1878,  p.  13(1:  von 
Wilson  in  Academy  17.  Aug.  1878,  p.  155. 

6* 


76 

Erfolg  erzielt  zu  haben.  Unter  der  neueren  englischen  Tonristen- 
literatur  könnte  man  wohl  noch  das  grössere  Werk  von  Bakt- 
LgrprpSiöj  hervorheben,  Avelches  ich  jedoch  nicht  zu  Gesicht  be- 
kommen habe.  Ebensowenig  da.s  Buch  von  Farley^ö)  und  das- 
jenige von  KoNAR  und  C HEYNE '''^j.  Von  französischen  IJüchern 
weiss  ich  bloss  das  von  Jolivet-Castelot  **)  und  ein  anonymes^^) 
anzuführen,  von  italienischen  Reiseskizzen  die  von  Zanoni''*^) 
und  ÜERNARDi'''^).  Mehr  Wissenschaftliches  enthält  die  kurze 
E-eisebeschreibung  von  IIuart  "'■^) ,  der  seine  Reise  bis  Mittelsyrien 
ausgedehnt  hat.  Eine  Abhandlung  über  Palästina  in  franzö- 
sischer Sprache,  von  einem  Russen  -'3)  verfasst,  habe  ich  ange- 
führt gefunden ,  aber  vergeblich  in  dem  bezeichneten  Bande  ge- 
sucht. Unter  der  deutschen  Literatur  hebe  ich  gerne  die  im  besten 
Sinne  populären  Schildervmgen  von  Orelli^^j  nochmals  hervor; 

85J  S.  C.  Bartlett,  From  Egyptto  Palestine,  through  Sinai,  the  wilderness 
and  the  south  country;  observations  of  a  journey  made  with  special  reference 
tu  the  history  of  the  Israelites  ;  with  maps  and  illustrations.  New  York  (Har- 
per)  1879,  55.5  pp.  8.  Doli.  3.50.  —  llec.  von  Merrill  in  Bibliotheca  Sacra, 
Juli  1879. 

8(J)  J.  L.  Farley,  Egypt,  Cyprus  and  Asiatic  Turkey.  London  (Trübner) 
1879.  268  pp.  8.  10  sh.  (J  d.  —  Dieses  Werk  ist  bereits  in  ZDPV.  II,  p.  92, 
Nr.  7  erwähnt;  Parley  ist  in  Farley  zu  verbessern  ;  ob  die  Jahreszahl  1878  oder 
1879  richtig  ist,  kann  ich  nicht  constatiren. 

87)  A.  A.  Bonar  und  Mc  Cheyne,  Narrative  of  a  visit  to  the  Holy  J^and. 
New  edit.    Edinburgh  (üliphant).    1878.    8.    ;i  sh.  G  d.   (Fr.). 

88)  F.  Jolivet-Castelot.  Trois  semaines  en  Palestine.  Douai  (impr.  De- 
christe)  1879.    127  pp.    8.   (Nicht  ges.). 

89)  Une  excursion  en  Orient;  ])ar  J.  T  .  .  .  .,  missionaire.  Limoges  (Ar- 
dant)  1879,  192  pp.    8.    (Nicht  ges.). 

90)  G.  B.  Zanoni :  Un  pellegrinaggio  in  Terra  Santa.  Cremo  (tip.  nell' 
Instituto  dellaCaritä)  1878.    IGO  pp.    IG.  lira  I.   (Nach  Peterm.  Mitth.). 

91)  J.  Bernardi,  Viaggio  in  Terra  Santa.  Treviso  1878.  442  ]>]).  IG.  (Nach 
Peterm.  Mitth.). 

92)  Cl.  Huart,  Notes  prises  pendant  un  voyage  en  Syrie  :  Journal  asiatique 
Oct.— Nüv.-Dec.  187S,  p.  478—498;  Jan  —Febr.  1879,  p.  105-159. 

93)  S.Ponomerev(?),  Jerusalem  et  la Palestine  danslalitterature.lascience, 
la  peinture  et  dans  Ics  traductions  russes.  App.  au  Tome  XXX'"  des  Mcm.  de 
l'Acad.  des  Sciences  de  S.Petersburg    1877.    XX,  128  pp.  —  So  nach  Fr. 

94)  C.  v.  ürelli,  Durch's  heilige  Land.  Tagebuch])lättcr.  2.  Auii.  Basel 
(Spittler)  1879  VII,  350  pp.  8.  Mit  einer  chromolith.  Karte.  M.  3,  20.  — 
llec.  von  K.  Furrer  in  Schürer's  ThliZ.  25.  October  1879,  Sp.  513 ;  von  Riehm 
in  1).  Liter,  lil.  l.l''cbr,  |S8();  von  Kngelhardt  in  Beweis  des  Cülaubens,  April 
IS79. 


die  kurze  Reisebesclireibun^  von  üaute^^)  ist  unbedeutend. 
Einige  1  hiefe  •'•■')  aus  Jafa  entluiltou  nur  sehr  wenig  Neues;  von 
andern  bereits  im  Jahre  IS77  gedruckten  JJeisebriefen  ■'")  ist  kaum 
zu  bedauern ,  dass  sie  auf  buchhändlerischem  Wege  schwer  er- 
hältHch  sind.  —  Es  erübrigt  noch,  dass  ich  hier  auch  einige  neue 
Karten"*'-'***'),  so  viele  ich  mir  notirt  habe,  zusammenstelle,  so- 
wie ein  Schulbuch  über  Geographie  von  Palästina  anführe'*"). 

Einen  erfreulichen  Eindruck  macht  es,  dass  das  lleisen  nach 
und  durch  l^alästina  von  Jahr  zu  Jahr  mit  wenigen  Schwierig- 
keiten verknüpft  ist,  speciell  auch  Jerusalem  immer  leichter  zu- 
gänglich wird.  Die  Fahrstrasse  von  Jafa  nach  Jerusalem' 02 j  [^^ 
leidlich  hergerichtet  worden,  und  die  Templer  befördern  auf 
derselben  viele  Eeisende.  Aus  Jafa  "'3)^  das  sich  immer  mehr 
entwickelt,  kommt  die  Kunde,  dass  man  wieder  von  Eisenbahn- 
projecten  spricht :  eine  französische  (xesellschaft  Avill  über  Lydda, 
Horon,  Scha'fät  einen  Schienenstrang  legen ;  von  anderer  Seite 
Avird  für  eine  Linie  Haifa-Nabulus-Jerusalem  plaidirt,  wegen  des 
besseren  Hafens  der  Kopfstation  "*^) . 

Auf  dem  Gebiete  der  Topographie  von  Jerusalem  ist  nur  sehr 
wenig  Neues  erschienen.     Wir  nennen  in  erster  Linie  die  beiden 

95)  Johannes  Baute  ( Priester  der  Diöcese  Osnabrück) ,  Erinnerungen  an  das 
h.  Land.  Mit  den  Ansichten  von  Jaffa,  Bethlehem,  Nazareth  und  Jerusalem. 
Osnabrück  (G.  Veithj  1879.  Gli  pp.  Pf.  40.  —  Vgl.  Das  heilige  Land  1879, 
p.  107. 

96)  Briefe  aus  Palästina:  Deutsche  Warte  (Chicago)  1S79.  i;$.  Febr.; 
20.  Febr.;  29.  Mai;  19.  Juni;  26.  Juni. 

97)  Aus  dem  Orient.  Keisebriefe  an  Freundinnen  in  der  Heimat  von 
E.  S.  Als  Handschrift  gedruckt.  Bonn  (Universitätsbuchdruckerei  von  Carl 
Georgi)  1877,  72  pp.    8. 

98)  New  biblical  Atlas  and  Scripture  Gazetteer  publ.  by  the  Religious 
Tract  Society.  Scripture  Atlas  of  Messrs.  W.  &  A.  K.  Johnston  1879.  Vgl. 
Athenaeum  ;k  Mai  1879,  p.  700. 

99)  Outline  text  Map  (unlettered)  of  Palestine.     London  (Johnston)  1879. 

100)  V.  Vogt,  Kart  over  Palaestina.    Christiania  Mailing)  1879.   Kr.  0,50. 

101)  D.  Koriülh,  Geographie  von  Palästina.  Zum  Schulgebrauch.  (Mit 
bischöfl. Approb.)  l.Aufl.  IStiS.  3.  Aufl.  1879.  P'reiburg  Herder  81  pp.  8. 
M.  1,()0.  —  Rec.  von  Lüdtke  8.  o.  Nr.  8. 

102)  Orientpost  der  Warte :  18.  Sept.;  13.  Nov.;  18.  Dec.  1879. 

103)  Jafla  im  Monate  December  :  Das  heil.  I>and  1879,  p.  15 — 21. 

KU    Nach    dem   Jewish   Chronicle  in  Oesterr.  Monatsschrift  f.  d.  Orient 
15.  Jänner  1879,  p.  10. 


78 

Abhandlungen  des  Herrn  l^aron  von  Alten  ^o^-'o^).  In  der 
ersteren  weist  der  Verfasser  nach,  dass  Zion  sicher  auf  dem  Ost- 
hügel gelegen  habe  und  erklärt,  wie  später  der  AVesthügel  zu 
dem  traditionellen  Namen  Zion  gelangt  sei.  An  den  Eccehomo- 
bogen  und  einige  Steincylinder  im  Keller  des  Instituts  der  Zions- 
schwestern  hat  Sepp  i07j  gewagte  Hypothesen  geknüpft.  Ein  in 
italienischer  1"^) ,  französischer  ">oj  und  deutscher  •'")  Sprache  er- 
schienener Aufsatz  über  das  heilige  Grab  enthält  nichts  Neues. 
Während  ConderI'i)  den  Einfall  hatte  die  Gräber  der  jüdischen 
Könige  in  den  neuen  Kökim  der  Rotunde  der  Grabeskirche  zu 
suchen,  hat  sich  Kirci[112i  mit  der  schwierigen  Frage  beschäf- 
tigt, an  welcher  Stelle  der  Westseite  des  Tyropöon  David's  Grab 
gewesen  sein  könnte ;  diese  bereits  vielfach  aufgeworfene  Streit- 
frage hängt  zusammen  mit  der  Frage,  wo  die  alte  Mauer  ^^^^  das 
Tyropöonthal  durchschnitten  hat  und  was  für  alte  Teiche  die 
jetzigen  Siloahteiche  i'^)  repräsentiren,  respective  ob  ein  anderer 
Teich  noch  weiter  oben  im  Tyropöon  gelegen  hat.  Nordwestlich 
vom  Damaskusthore  hat  Schick '^^)  gelegentlich  alte  Reste  ent- 
deckt, die  vielleicht  von  der  durch  die  Kaiserin  Eudokia  dort  ge- 
stifteten Stephanskirche  herrühren.  —  Hier  mag  auch   auf  eine 


105)  Baron  von  Alten,  Zion :  ZDPV.  II,  p.  18—47. 

106)  Baron  von  Alten,  Die  der  Stadt  zugewandte  Umgebung  des  Tempel- 
1)erges  als  die  Unterstadt  des  Josejjhus  nachgewiesen:  ZDPV.  II,  p.  1^9—200. 

107)  J.  N.  Sepp,  Der  Stein  hat  -  Toim  am  Eccehomubogen :  ZDl'V.  II, 
p.48 — 51.    Uebersetzt  in  den  Statements  1879,  p.  195 — 197. 

los  Della  Vera  forma  primitiva  ed  attuale  del  Sepolcro  di  Gesü  Christo. 
Dissertazione  del  P.  Cypriano  da  Treviso,  Corredata  da  sette  tavole.  Venezia 
(tipogr.  li.  Merlo  fu.  G.  B.)  187<J. 

109)  La  vraie  forme  primitive  et  actuelle  du  S.  Sepulcre  ...  par  l'abbe 
Laurent  de  Saint-Agnan.    Paris  (librairie  des  lieu.x  saints)  1879. 

110)  P.  Cyprianus  da  Treviso,  Die  wahre  ursprüngliche  und  gegenwärtige 
Form  des  h.  Gral)es  unseres  Herrn.  Mit  7  Ab])ilduiigen  .  Das  heil.  Land 
1879,  p.  ILi— 119;   145—154. 

111;  Claude  K.  Conder,  The  tombs  of  the  Kings  of  Judah  :  Athenaeum 
27.  Dec.  1879,  p.  850. 

112)  W.  F.  Birch,  The  tomb  of  David:  Statements  ls79,  p.  172— 17H. 

1111)  W.  F.  Birch,  Nehemia's  wall  and  David's  tomb:  Statements  1879, 
p.  170—179.    Mit  Plan. 

114)  "W.  F.  B.,  Note  on  the  two  pools :  Statements  1879,  p.  179—180. 

115)  C.  Schick,  Neue  Funde  im  Norden  von  Jerusalem  :  ZDPV.  II,  p.  102 
—  105;  übeis.  in  Statements  1879,  p,  198—200. 


79 

Notiz  über  die  beiden  Aussätzigenhäiiser  '  ^^]  bei  Jervisalem  hin- 
jj^ewieseii  werden;  neben  dem  deutschen  Institut  (mit  zwan/ifj; 
Insassen)  giebt  es  bei  Siloah  auch  noch  ein  muslimisches  mit 
\  ierzig  Kranken ! 

Zu  der  Herausgabe  der  Ortsliste  des  Paschalik  Jerusalem  '  '^) 
sah  ich  mich  unter  anderem  dadurch  bcAvogen,  dass  ich  zeigen 
wollte ,  wie  sehr  wir  in  liezug  auf  die  Kenntniss  der  genauen 
Namensform  solcher  Ortschaften  noch  im  Ungewissen  sind. 
IIekdeksün's  ^'*')  Notiz  über  Emmaus  enthält  nichts  Neues. 
Hikch's  ••'>')  Vermuthung,  dass  die  Stadt  Samuel's  (l  Sam.  9)  gleich 
Rama  inul  Gibeat  ha-Elohim  gleich  Jerusalem  sei,  ist  ebenso  vag 
und  unbewiesen,  wie  ('onder's  ^^oj  Ansicht,  dass  Nephthoa  gleich 
Etam  [ain  'atän],  Kirjath  Jearim  gleich  'erma  bei  bet  'atäb  sei. 
Auch  die  schon  öfters  vorgebrachte  Identification  von  Mizpa  mit 
schafäf^'^^)  leidet  nicht  bloss  an  äusseren  sprachlichen,  sondern 
auch  an  inneren  Schwierigkeiten,  weshalb  wir  lieber  bis  auf 
Weiteres  an  nebi  scham^vil  festhalten.  Wenn  in  dem  Aufsatz  von 
Kawnslky^22j  i^i^s  ebenfalls  die  Identificationen  zu  weitgehend 
erscheinen ,  so  lesen  wir  doch  gerne  seine  Beschreibung  einer 
interessanten  Höhle  und  Quelle  (mit  Bildern  und  Plan!)  im  iccidi 
suiveimt  (NO.  von  Jerusalem).  In  einem  Vortrage  über  Gilgal 
will  Schick '23j  diesem  Worte  eine  appellative  Bedeutung  als 
y>harüm,  Cultusstätte«  zxiweisen  und  führt  dann  die  verschiedenen 
bekannten  Ortlichkeiten  dieses  Namens  auf;  wir  müssen  jedoch 
dahin  gestellt  sein  lassen,  ob  das  Gilgal  der  Jordanebene  in  der 

IIG)  Pastor  Reinicke ,  Die  beiden  Aussätzigenhäuser  bei  Jerusalem :  N. 
Nachrichten  a.  d.  Morgenlande  1S71),  p.  21 — 2(). 

117)  Alphabetisches  Verzeichnisa  von  Ortschaften  des  Paschalik  Jerusa- 
lem :  ZDPV.  II,  p.  135—163.    Mit  Karte.    Vgl.  ebenda  p.  245. 

118)  A.Henderson,  On  the  site  of  Emmaus  :  Statements  lS79,p.  105 — 107. 

119)  W.  F.  Birch,  The  nameless  city :  Statements  1S79,  p.  130—131;  vgl. 
Conder  p.  171 — 172. 

120)  Claude  R.  Conder,  Nephtoah  and  Kirjath- Jearim:  Statements 
1879,  p.  95—99. 

121)  G.  Gatt,  Mizpa  im  Stamme  Benjamin:  Das  lieil.  Land  1S79  p.  119 
bis  126;  p.  154—160;  p.  181—194. 

122)  H.  B.  Rawnsley,  The  rock  of  the  pomegranate:  Statements  1879, 
p.  118 — 126.  —  Note  by  Lieut.  Conder  ebds.  p.  126—127.  —  Observations  on 
the  above.    By  Rev.  W.  F.  Birch  ebds.  p.  1 27—1 29  ;  vgl.  p.  112;  Conder  p.  1 70. 

123)  Schick,  Vortrag  im  deutschen  Verein  zu  Jerusalem  am  17.  Mai  ls78 
gehalten.    Ueber  Gilgal:  N.  Nachrichten  a.  d.  Morgenlande  1879,  p.  39 — 53. 


80 

That  ganz  in  der  Nähe  des  heutigen  rlhä  zu  suchen  ist.  Da  wir 
gerade  in  das  Jordan thal  hinabgestiegen  sind,  so  sei  bemerkt,  dass 
der  Bericht  Selah  Merrill's  '24^^  welcher  schon  früher  erwähnt 
Avurde,  nun  auch  in  den  Statements  der  englischen  Gesellschaft 
im  Auszuge  abgedruckt  worden  ist.  Derselbe  beschäftigt  sich  be- 
sonders mit  dem  Jordanthal.  Gegen  den  von  Merrill  versuchten 
Nachweis  der  Ortslagen  von  Sukkoth  und  Pnuel  ist  Paine  '2^) 
aufgetreten.  Derselbe  scheint  die  fragliche  Gegend  genau  durch- 
forscht zu  haben.  Zuerst  weist  er  nach,  dass  Pnuel  unmöglich 
bei  tulül  ed-dahah  (die  »Goldhügel«  sind  nach  der  Art  des  Sand- 
steins der  dortigen  Gegend  so  benannt)  zu  suchen  sei;  durch 
den  sehr  wasserreichen  unteren  zerkä  führt  kein  Weg,  wohl 
aber  eine  Eömerstrasse.  Was  Sukkoth  betrifft,  so  könne  man  es 
nicht  mit  Deir  'Allä  und  rabbinischem  Tar'alah  identificiren,  da 
Sukkoth  dem  Sakütah  der  Talmudisten  entspreche.  —  Weiter 
\inten  im  Jordanthal  will  Merrill  bekanntlich  den  Euinenort 
Zoar  in  »Teil  Ektanu«  (vgl.  ZDPV.  I,  44,  Z.  13  lies  kfn)  wieder 
gefunden  haben;  dagegen  plaidirt  Birch  ^26)  f{ij.  teil esch-schaghür , 
welches  an  dem  Punkte  liegt,  wo  der  tmdi  hesbän  in  das  Jordan- 
thal fällt.  Zeboim  will  Birch  in  dem  nahen  teil  schdlh  entdeckt 
haben.  Wird  uns  schon  hier  viel  Glauben  an  die  Möglichkeit 
von  Laxitübergängen  zugemuthet,  so  sind  Zusammenstellungen, 
wie  Birch  sie  mit  /wA?^  (Jesaia  15,  5)  vornimmt,  einfach  lächer- 
lich. BiRCii  sucht  nämlich  liiJfit  in  einem  Thale  nahe  bei  seinem 
Zoar  und  hndet  es  auch ;  habe  man  doch  daselbst  dem  Reisenden 
FiNN  viel  Geissblatt  (arab.  »luwäyeh«)  gebracht;  woraus  er  frisch- 
weg folgert,  dass  von  diesem  Geissblatt  das  Ihal  den  Namen  ge- 
habt habe,  und  in  der  Benennung  »luwäyeh«  das  alte  lüJfit  zu  er- 
kennen sei !  !  Wir  Averden  uns  dem  ans  sehr  verschiedenartigen 
Gründen  (sollte  wohl  eine  Verw^echselung  von  'emek  has-siddmi 
I  Mose  14,  8  mit  hasch-schitt'im  Josua  2,  l  hincingespielt  haben f) 
entspnnigenen  Dogma  der  Engländer  und  Amerikaner,  dass  die 
Pentapolis  im  Norden  des  todtcn  Meeres  zu  suchen  sei,  dnrchaus 

124)  Selah  Merrill ,  Modern  researches  in  Palestine  (abridged  from  the 
l)ulletin  of  the  american  geographica!  society):  Statements  1879,  p.  138 — 154. 
Vgl.  ZDl'V.  11,  p.  98,  Nr.  G. 

125]  J.  A.  Paine,  Succoth  and  Penuel  not  yet  identitied .  Pibliotheca 
Sacra  1878,  p.  481—498. 

12Ü)  W.  F.  Birch,  Zoar:  Statements  1879,  p.  15—18;  p.  99— lül. 


81 


entschlagen  müssen.  Auch  Stellen  wie  VMose  34,  2.  3  sprechen, 
so  gnt  -wie  I  Mose  13,  10  geradezu  für  die  ältere  Ansicht,  dass 
Zoar  am  Südende  des  todten  Meeres  zu  suchen  sei,  und  wenn 
jemand  den  Gründen  Nöldekk's  Im  Neuen  Reich  1871,  Nr.  28, 
Die  Entstehung  des  todten  Meeres)  nicht  zugänglich  sein  sollte, 
kann  er  sich  doch  unmöglich  dem  Gewicht  der  Auseinander- 
setzungen Wetzstein's,  dass  Zoar  am  Südende  des  todten  Meeres 
noch  his  in  die  Kreuzfahrerzeit  existirt  habe,  verschliessen.  Ob- 
gleich auf  Wetzsteik's  Abhandlung  in  Gesenius '27)  Wörterbuch 
ausdrücklich  hingewiesen  ist,  scheinen  die  Engländer  sie  doch 
absolut  zw  ignoriren ;  wir  werden  uns  daher  erlauben,  von  nun 
au  bis  auf  weiteres  ihr  krampfhaftes  Suchen  nach  der  Fentapolis 
ebenfalls  nicht  mehr  zu  berücksichtigen.  Auch  mit  der  That- 
saclie  des  ^'orkommens  von  Schwefelstücken  etwas  nördlich  vom 
todten  Meere  Avird  man  die  Annahme,  dass  die  Katastrophe  von 
I  Mose  19,  24  hier  stattgefunden  habe,  nicht  stützen  können,  da 
Fraas  '2S|  nachgcAviesen  hat,  dass  das  Vorkommen  des  Schwefels 
bei  'ai?i  hadschlä  geologisch  aus  versiegten  Schwefelquellen  erklärt 
Averden  müsse.  Für  einen  neuen  l^eitrag  sind  wir  Wetzstein  ^^o) 
auch  dieses  Jahr  Avieder  zu  Dank  verpflichtet;  derselbe  hat  näm- 
lich in  der  Stelle  Jos.  19,  34  das  schwierige  »Juda  am  Jordan«, 
das  uns  freilich  kritisch  verdächtig  ist,  aus  der  Welt  zu  schaffen 
gesucht,  indem  er  ^Jehüd^^  in  der  Bedeutung  Niederung  (oder  ähn- 
lich  zu  fassen  vorschlägt. 

Eine  interessante  Unnvanderung  des  todten  Meeres  mit  allen 
SchAvierigkeiten  einer  solchen  hat  Kersten  '^*')  beschrieben  ;  auch 
hat  er  Fingerzeige  gegeben ,  Avie  eine  solche  Entdeckungstour 
auszuführen  sei.  GcAvissermassen  eine  Ergänzung  zu  dem  Rou- 
tier  Kersten's  bildet  Schnabl's  '3')   Beschreibung  einer  Reise 

127)  Wilhelm  Gesenius,  Hebräisches  und  chaldäisches  Handwörterbuch 
über  das  alte  Testament.  Achte  Auflage,  neu  bearbeitet  von  F.  ^lühlau  und 
W.  Volck.  Leipzig  (F.  C.W.  Vogel)  1878.  XL,  982  pp.  8.  Die  Sorgfalt,  mit 
welcher  in  dieser  neuen  Auflage  gerade  auch  die  geographischen  Artikel  aus- 
gearbeitet sind,  ist  ausdrücklich  zu  betonen. 

128)  ü.scar  Fraas,  Der  Schwefel  im  Jordanthal:    ZDPV.  II,  p.  li:{— 11!». 

129)  J.  G.  Wetzstein  in  Fr.  Delitzsch,  Biblischer  Commentar  über  den 
Propheten  Jesaia.    3.  Ausg.,  Leipzig  1879,  p.  692 — 695. 

i;{0)  Dr.  ü.  Kersten,  Umwanderung  des  Todten  Meeres  im  Frühjahr  1874  : 
ZDPV.  II,  p.  2(MJ— 244. 

131)  Karl  Schnabl   (Kaplan  des  Johanniter-Ürdens-Hospizes  in  Jerusa- 


82_ 

nach  Machänis  [mkaur] .  Zu  Schick's '^'2)  Reise  nach  Moah. 
welche  von  Kiepert  zum  Druck  heföidert  wurde,  liegt  eine  hüb- 
sche Kartenskizze  vor,  der  auch  ein  Plan  von  Dibon  beigegeben 
ist.  Auch  von  Klein ''^j  haben  wir  einen  kurzen  liericht  über 
eine  Tour  nach  Moab  erhalten.  Missionar  Müller  '^^j  schildert 
uns  seine  Erlebnisse  auf  einer  Missionsreise  nach  es-salt  und 
ammän  und  berichtet  über  die  Aerhältnisse  jener  Gegend,  be- 
sonders auch  über  die  Tscherkessenansiedelung  in  ammän  man- 
ches Interessante. 

Kehren  wir  wieder  ins  Westjordanland  zurück,  so  haben  wir 
zunächst  die  Veröffentlichung  des  SciiicK'schen  Planes  von  As- 
kalon  zu  nennen,  welchen  Guthe^  3^)  mit  einigen  Bemerkungen 
versehen  hat.  IJesonders  interessant  ist  an  diesem  Plane  der  Um- 
stand, dass  auch  der  alte  Hafen  von  Askalon  eingezeichnet  ist. 
Nestle's  136)  Aufsatz  über  Elkösch  (ZDPV.  I,  p.  222  —  225)  ist 
ins  Englische  übersetzt  worden.  King'sI^^j  Bemerkungen  über  den 
Jakobsbrunnen  enthalten  nichts  Neues.  —  Ueber  die  bestrittenen 
Ortslagen  am  See  von  Tibcrias  sind  vielfache  alte  Meinungen 
wiederholt  und  neue  geäussert  worden.  Conuer's'''^)  und  IIiüü- 
avay's'^'')  Bemerkungen  über  Capernaum  uiul  Bethsaida  kömien 

lern),    Reise  nach  Machärus  (vgl.  ZDPV.  II,  p.  lüO,  Nr.  1):    Das  heilige  Land 
1879,  p.  11—14;  53  —  66. 

l:}2j  C.  Schick,  Bericht  über  eine  Keise  nach  Moab,  im  April  1S77  in  Be- 
gleitung des  K.  deutschen  Consuls  Baron  von  Münchhausen.  Mit  Karte  und 
Abbildungen:  ZDPV.  II,  p.  1  — 12;  v^l.dazu  p. 24ü.  —  Uebersetzt  in  den  Sta- 
tements 1870,  p.  187— l'J2. 

133)  F.  A.  Klein,  Notizen  über  eine  Reise  nach  Moab  im  Jahre  1872: 
ZDPV.  II,  p.  124—134. 

134)  Brief  von  Missionar  Müller  in  Bethlehem  :  N.  Nachrichten  a.  d.  Mor- 
genlande 1879,  p.  150—192. 

135)  II.  Guthe,  Die  Ruinen  Ascaloiis.  (Erläuterung  zu  Tafel  V):  ZDPV. 
II,  p.  164—171. 

13G)  Nestle,  Where  is  the  birtlijjlace  of  the  prophet  Nahum  to  be  sought; 
Statements  1879,  p.  136—138. 

137;  James  King,  Jacol)'s  well,  its  liistory  and  associations :  Statements 
1879,  p.  87—95. 

138)  Conder,  Notes  on  the  topography  of  the  sea  of  Galileo  :  Statements 
1879,  p.  168—170. 

139)  Rev.  ('anon  Ridgway,  Biblical  sites  —  (Sumniary  of  Paper):  Trans- 
actions  of  the  Society  of  Biblical  arcliaeology  :  Vol.  VI,  London  1878,  p.  256 
—259. 


83 

wir  zwar  übersehen  ;  Kitchener  '^o)  plaidirt  kurz  dafür,  Hethsaida 
^uiid  IJethsaida  Julias)  sei  in  tellhüm^  Caperuaiim  in  chirbet  minje 
■L\\  erkennen.  Ein  neues  System  der  Ortslagen  am  See  hat  de 
Saulcy'^*)  aufgestellt,  dessen  Schlusssätze  wir  hier  (nachp.  549) 
k\irz  wiedergeben  wollen :  Tarichäa  liegt  bei  Kedes,  3 — 4  km  vom 
Südende  des  Sees  nordwärts.  Südlich  von  den  liädern  el-ham- 
mäm  (Emmaus)  sind  lleste  eines  Lagergrabens  Ves])asian's  zu  er- 
kennen. Die  Kuinen  des  Herodischen  Tiberias  bedecken  die  kleine 
Ebene  zwischen  den  Bädern  und  dem  heutigen  Tiberias.  El- 
medschdel  ist  Magdala.  ('apernaum  lag  am  Fusse  der  Höhen  der 
kleinen  Ebene  el-ghuiceir  (Gennesar  des  Josephus),  also  bei  ain 
el-mudauwara.  Kinneret  lag  bei  dem  heutigen  »Abou  C'houched« ; 
die  Grenze  von  Zebuion  und  Naftali  ging  den  Thalweg  des  ivcidi 
rahadlje  entlang.  Chorazin  lag  bei  chUn  minje  \n\(\.  \iin  et-tin-, 
Bethsaida  [später  Julias)  ist  in  den  lluinen  von  teil  1mm  zu 
suchen.  —  Aus  der  schönen  Arbeit  Furrek's '^2j  yyX^^x  denselben 
Gegenstand  heben  w  ir  besonders  die  Bestimmung  von  Magdala 
als  Tarichäa  und  die  etwas  gewagte  C'onjectur  hervor,  dass  l)al- 
manutha  in  Manutha  abgekürzt ,  in  Mensa  (Ort  der  Speisung) 
latinisirt  und  im  heutigen  arabischen  minje  erhalten  sei.  Im  all- 
gemeinen sind  Furker's  Gründe  die  zutreffendsten.  Besonders 
sind  auch  seine  Bestimmungen  der  Ortschaften  am  Ostufer  des 
Sees  von  Wichtigkeit  (Gamala  =  dschemle ;  kersa  =  Gerasa,  Ger- 
gesa; liippos  =  el-hösn).  —  Es  sei  gestattet,  hier  nachträglich 
auf  eine  Abhandlung  von  Guerin  i^^)  über  Jotapata(f/Är/!e/iz^;  hin- 
zuweisen . 

Zum  Schlüsse  betrachten  wir  noch  kurz  die  an  Palästina  an- 
grenzenden Länder.  Ein  maronitischer  Erzbischof '^^j  hat  seine 
Eeise  durch  den  Libanon  beschrieben.    Prediger  Baarts^^sj  be- 

140)  Schaff,  Capernaum:  Statements  1879,  p.  131—135;  Obvervations  on 
the  abüve  by  Lieut.  Kitchener  p.  135 — 136. 

141 J  F.  de  Saulcy,  Etüde  sur  la  geographie  comparee  de  Vd.  rive  occiden- 
tale  du  lac  de  Gennczareth,  ou  mer  de  Galilee  :  Journal  des  Savants.  Aug. 
1879,  I,  p.  489—501  :  II,  ebds.  p.  537—550. 

142)  K.  Furrer,  Die  Ortscliaften  am  See  Genezareth  :  ZUPV.  II,  p.52— 7-J. 

143)  V.  Guerin,  Sur  lemplacement  et  les  ruines  de  Jotapata,  ville  de  Pa- 
lestine:  Acad.  des  inscript.  Comptes  renrlus  des  seances.  1877.  4"  serie.  T.  V. 
Jan.  bis  Sept.  (Fr.  1321). 

144  li.  Zouain,  Notes  et  Souvenirs  d'un  voyageur  libanais.  Paris  (Chaila- 
mel  aine;  1879.    VIII,  212  pp.    s.    (Seh.) 

145)  Baarts,  Die  Tropfsteinhöhlen  des  Hundsflusses  bei  Beirut:  N.  Nach- 


84 

richtet  über  drei  im  Jahre  1S73  von  amerikanischen  luul  engli- 
schen Ingenienren  ausgeführte  Expeditionen  in  die  grossartigen 
Stalaktiten-Höhlen  am  Hnndsflnss.  Nach  einer  Notiz  im  iVthe- 
naenm  soll  man  nnn  ans  assyrischen  Qnellen  Näheres  über  die 
assyrischen  Bildwerke  am  Hnndsflnss  i*^]  wissen.  De  Saulcy  ^^') 
hat  eine  Notiz  über  palmyrenische  Münzen  veröffentlicht.  Recht 
unterhaltend  nnd  mit  hübschen  Bildern  ansgestattet ,  sind  die 
Schildernngen,  welche  Cahun  '^^)  von  den  Nosairiem  nnd  ihrem 
Lande  entworfen  hat. 

Wenden  wir  uns  nnn  zn  den  (regenden  südlich  von  Palästina, 
so  haben  Avir  zunächst  die  englische  Auflage  von  BAEnEKEK's  ^*'-*) 
Unterägypten  und  eine  neue  Auflage  von  Isambert's  ■&")  Buch, 
welche  Werke  beide  auch  die  sinaitische  Halbinsel  umfassen, 
zu  verzeichnen.  Ueber  einzelne  Aufsätze  ^^''^^^j  ^  Avelche  die 
Wanderung  der  Israeliten  betreffen,  sowie  die  Schriften  von 
Palmek^53j  und  Adams '5*)  kann  ich  kein  Urtheil  fällen.  Ueber 
die  ausserordentliche  Trockenheit  bei  Suez  berichtet  William 
Andrews  ''^^j  .  In  den  Strichen  südlich  von  1  Palästina  und  auf  der 
Sinaihalbinsel  ist   Holland  i^'')   gewandert  imd  bringt   darüber 

richten  a.  d.  Morgenlande  1S79,  p.  33 — 38  (aus  dem  Monatsblatt  Good  Words, 
Nov.  1875.) 

146;  W.  St.  Chad  Boscawen,  Syrian  Topography :  Athenäum  28.  Sept. 
1878,  p.  406. 

147)  F.  de  Saulcy,  Note  sur  las  monnaies  coloniales  de  Palmyre.  Paris 
(impr.  Arnou  de  Kiviere)  1878.  11  pp.  8.  et  pl.  (Extrait  des  melanges  de  nu- 
mismatique  1  ""ö  serie,  tome  3).    (Nicht  ges.). 

148)  Leon  Cahiin,  I,es  Ansarie's:  Tour  du  monde  13.  l)ec.  1879,  p.  361) 
bis  384  ;  20.  Dec.  p.  38.')— 4üO. 

140)  K.  Büdeker,  Egy])t.  Handbook  for  travellers.  Vol.  I.  TiOwer  Rgypt 
with  the  Fayüm  and  tlie  peninsula  of  Sinai.  With  16  niap.s,  29plan.s,  7views 
etc.    Leipzig  (Biedeker)  1878.    XIV,  526  pp.    8.    M.  10. 

150  E.  Isambert,  Itineraire  descriptif,  historique  et  archeologique  de 
rOrient.  2epartie.  Malte,  Egypte,  Nubie,  Abyssinie,  Sinai,  contenant  6  car- 
tes,  19  plans  et  4  gravures.  2eedition.  Paris  (Hachette)  1878.  LIV,  77  (?) 
pp.  18.    fr.  30.    (Nicht  ge.s.  Frid.). 

151)  E.  Ledrain,  l.srael  dan.s  Ic  desert:  Lc  C'onteniporain  Januar  1878  (Fr.) 

152j  Hebrew  migration  i'rom  Egypt.  London  (Trübner).  1879  (?)  450  pp. 
8.    sh.  16.    fSch.). 

153)  H.  S.  Palmer,  Sinai:  from  the  fourth  Egyptian  Dynasty  to  the  Prä- 
sent Day.    New  York  (Pott  c^-  Co.)  1S78.    16.    75  c.  (Fr.). 

154)  W.  H.  Adams,  Mount  Sinai,  Petra,  and  the  desert,  dcscribed  and 
iilustrated.    l''dinl)ünrgh  (Nelsons)  1S79.  I(;6  ])p.    12.    sh.  2.  (Seh.). 

155    William  Andrews,  Suez  and  its  desert:   Statements   1879,  p.  48 — 51. 
156)  Rev.   F.   W.  Holland.    A  journey  on  toot   through  Arabia  Petraea : 
Statements  1879,  p.  59—72. 


85 

einiges  Nene  in  liezug  auf  licduincuverliältnisse .  Spuren  alter 
Ansiedelungen  und  besonders  auch  den  Lauf  der  Thäler.  Einen 
wichtigen  IJeitrag  zur  Lösung  der  Streitfrage  über  sela  hat  Wetz- 
stein '^^)  geliefert.  Er  fasst  scJa  als  Appellativ  und  will  be- 
weisen, es  bezeichne  einen  Felsenspalt,  eine' Felsenkluft,  in  wel- 
cher Menschen  und  Thierc  vor  Sonne  und  Unwetter  sich  bergen, 
und  in  welcher  besonders  auch  TauV)en  nisten.  Daher  sei  unter 
sela  Richter  I,  3()  der  gewaltige  S])alt  des  so/aA-Passes,  unter 
sela  Jes.  16,  1  ;  42,  11  die  Arnonschlucht  zu  verstehen,  und  has- 
sela  sei  nicht  der  eigentliche  Name  der  edomitischen  Stadt,  son- 
dern dieser  habe  ursprimglich  hosra  (Jes.  34  und  63  ;  Arnos  1,  12), 
vollständiger  hosrat  has-sela  gelautet. 

Mit  Petra  haben  wir  bereits  Arabien  betreten.  Die  neueren 
Forschungen  über  dieses.Land  verfolgt  und  verzeichnet  Zehme  ^^^) 
mit  grossem  Eifer.  Hei  der  ^Vichtigkeit ,  welche  Arabien  über- 
haupt (man  denke  an  I  Mose  10),  in  Sonderheit  aber  dem  Lande 
Midian  in  seinen  lieziehungen  zu  Palästina  und  dem  alten  Testa- 
ment eigen  ist,  erlaube  ich  mir  zum  Schlüsse  bei  der  neulich  er- 
folgten Erforschung  dieses  bisher  so  unbekannten  Landes  etwas 
länger  zu  verweilen.  Li  meinem  vorjährigen  Berichte  habe  ich 
bereits  auf  die  erste  lieise  Bukton's  hingewiesen ;  die  Beschrei- 
bung derselben  scheint  seitdem  in  zweiter  Auflage  erschienen  zu 
sein  '^■');  ebenso  ist  ein  Midian  betreftender  Aufsatz,  der  im  Jour- 
nal of  the  Anthropological  Listitute  Februar  1879)  erschien,  mir 
in  einem  Separatabdruck  zugekommen  iß") .  Die  l*)eschreibung 
der  zw^eiten  Expedition  Burto^^'s  ^^^)  ist  in  vieler  Hinsicht  wich- 
tiger und  interessanter,  als  die  der  ersten,  und  vor  allem  sind  die 

157)  ybo  Jes.  IC),  1  ;  42,  II.  fTi}I3  Jes.  34,  6;  63,  1  :  Biblischer  Commen- 
tar  über  den  Propheten  Jesaia  von  Franz  Delitzsch.  3.  Ausgabe.  Leipzig 
(Dörffling  und  Franke;  1879,  p.  696—707. 

15S;  A.  Zehme,  Aus  und  über  Arabien:  Globus  1879.  VI,  p.  43;  VII, 
p.  2S2.  VIII,  p.  374  (Nicht  ges.,  da  diese  Zeitsciirift  mir  in  Tübingen  nicht 
zugänglich  ist). 

159)  Capt.  Richard  F.  Burton,  The  gold-mines  of  Midian  and  the  ruined 
Midianite  cities.  A  fortnight's  tour  in  north-western  Arabia.  With  numerous 
illustrations.    Second  edition.    London  (C  Kegan  PauKV:  Co.)  187?.    sh.  lis. 

160;  R.  F.  Burton,  Stones  and  bones  from  Egypt  and  Midian.    30  pp.  S. 

161)  Richard  F.  Burton,  The  land  of  Midian  revisited  .  With  map,  and 
illusti-ations  on  wood  and  by  chromo-lithography.  London  C.  Kegan  Paul  iV 
Co.)  1879.  I:  XXV,  338;  11:  VII,  319  pp.  8.  — Rec.  von  Sprenger  in  JLZ. 
21.  Mai  1879,  p.  281;  von  Schweinfurth  in  üesterr.  Monatsschrift  f.  d.  Orient 


86 


für  die  Geographie  des  Landes  geAvonnenen  Resultate,  wie  ein 
Blick  auf  die  Leigegebene  Karte  lehrt,  höchst  bedeutend.  Bur- 
ton geht  dabei  über  die  Grenze  des  eigentlichen  Midian  (welches 
von  el-^alaba  bis  zu  el-muivelih,  respective  zum  tocidi  es-surr  reicht, 
vgl.  I,  294)  hinaus  und  bringt  für  die  weiter  südlich  bis  zum  icädi 
humd  streichende  Landschaft,  so  weit  das  Land  ägyptische  Pro- 
vinz ist,  den  unhistorischen  Namen  Süd-Midian  auf.  Die  Länge 
von  Nord-Midian  würde  also  200  km,  die  von  Süd-Midian  194,8  km 
betragen;  gegen  Osten  ist  das  Land  durch  den  Gebirgsrücken 
begrenzt  (jenseits  dessen  »daulat  Shäm«,  d.  h.  syrische  Regierung 
ist) ;  im  nördlichen  Theil  hat  es  auf  diese  Weise  eine  Breite  von 
44,5  bis  65km,  im  Süden  etwa  doppelt  so  viel.  Dieses  ganze 
Land  ist  nun  reich  gegliedert  (II,  86);  vom  Meere  an  gelangt  man 
zuerst  in  die  sandige  und  steinige  maritime  Region,  die  niedrigen 
Hügel  der  »Ghät«,  die  aus  Granit  und  Trapp  mit  starken  Adeni 
und  Ausbrüchen  von  Quarz  bestehen,  und  Thälern,  die  mit  dicken 
(!onglomeratbetten  eingefasst  sind.  Es  folgen  gegen  Osten  mit 
dieser  Formation  parallel  die  Berge  et-tihüma,  eine  majestätische 
Bergkette,  die  das  Küstenland  abschliesst,  mit  breiten  Thäleni 
und  engen  Schluchten.  Hierauf  folgt  weiter  gegen  Osten  die 
Bergkette  escli-schafa^  die  »Lippe«  von  Nordwestarabien,  der 
Grenz  wall  des  centralarabischen  Nedschplateau's.  Eigentlich 
schon  zum  letzteren  gehört  die  Ilisma  (I.  322)  eine  Hochterrasse, 
aus  losem  Sandstein,  uiul  Aveiter  innen  dehnt  sich  ebenfalls  wie- 
der parallel  mit  der  Küste  laufend,  die  lange  Kette  der  Lava-  und 
Basaltregion  (/»«/ra)  aus  (I,  325  ff.,  II,  104).  Diese  Regionen  hat 
BiiRTON  mit  seinen  ägyptischen  und  beduinischen  Begleitern  mit 
vieler  Anstrengung  n\in  durchforscht,  besonders  auf  ihre  geolo- 
gische Structur  hin.  Im  nördlichen  Midian  wurden  reiche  Ku})fer- 
silicatc  und  ('arbonate,  sowie  auch  Schwefellager  entdeckt;  süd- 
lich von  muwelil)  goldführende  Quarzadern,  bei  /iba Türkisminen. 
Leider  verstehe  ich  nichts  von  Geologie  und  kann  daher  die 
Wichtigkeit  der  gemachten  mineralogischen  Entdeckungen  '^^J 
besonders  bei  den  Quarzbergen  II,  66.237  (vgl.  auch  II,  158.  173), 
sowie  auch  die  eigentliclien  Resultate  der  ganzen  Expedition  nicht 

März   1879,  p.  4S  ;  in  Petermann's  Mittheilunf^en    1871»,   p.  I.")();    Athenauum 
15.  März  1871),  p.  .'{37. 

Iü2;  Vgl.   H.  F.   Rurton,   ]{cport  upon  tho  niiiKM-ids  of  Midian.    London 
(C.  Kegan  Paul  cV  Co.)  1879.    ^Aus  der  Vorrede  von  Midian  ruvisited.) 


87   

gehörig  Avürdigen.  Selir  wiclitig  ist  jedenfalls,  dass  Htihtox  an 
manchen  Orten  Spuren  ehemaligen  üerghaues  entdeckt  hat. 
Unsere  Zweifel,  oh  sich  die  Wiederinangritfnahme  des  lierghaues 
in  jener  Gegend  lohnen  Aviirde,  hasiren  natürlich  mehr  auf  allge- 
meinen (niinden  ,  -werden  aher,  wie  -wir  heifügen  können,  auch 
von  (ieologen  getheilt.  Aher  auch  die  archäologische  Ausheute 
Hdkton's  ist  keine  geringe.  Unter  anderm  wurden  Inschriften 
gefunden  (z.H.  II,  156).  Sehr  interessant  ist  im  dritten  (Kapitel 
die  Heschrcilning  von  maghüir  schu'aib  (Höhlen  Jethro's),  in 
welchem  Platze  Hurton  das  alte  Madiama  des  Ptolemäus  (I,  85) 
gefunden  hahen  will.  Unter  den  zahlreichen  in  Midian  ent- 
deckten Ruinen  von  Ortschaften  (I,  132  ff.)  finden  sich  auch  sonst 
noch  einige,  deren  Namen  mit  altüberlieferten  zusammenstimmen ; 
so  wird  El-Uakl  'Hakul)  mit  A'i'xaXrj  (I,  132),  Schuwak  mit  Zoaxa 
(II,  10  .  und  das  Wadi  Salme  mit  dem  alten  Namen  ^llcXfxa  (II, 
40)  zusammengestellt.  Auch  Ruinen  eines  alten  (römischen?) 
Tempels  wurden  entdeckt  und  zw^ar  ganz  im  Süden ,  im  ivädi 
liamd  II,  219.  Allzu  kühn  ist  jedoch  die  C-onjectur ,  dass  der 
Name  Jethro's  mit  dem  alten  Namen  von  Medina  (Jathrib)  iden- 
tisch sei  (I,   130). 

Von  besonderem  Interesse  sind  die  l^emerkinigen ,  Avelche 
sich  auf  die  Ijewohner  jener  Gegenden  beziehen.  H)Iirton  schil- 
dert uns  die  einzelnen  Heduinenstämme ,  welche  übrigens  alle 
mehr  oder  weniger  mit  Ägypten  zusammenhängen  und  dort  noch 
gleichnamige  Verwandte  haben  (vgl.  I,  p.  161  ff.).  Unter  diesen 
Heduinen,  den  huweität,  heni  'uhba.  maknaioi  (I,  201)  nehmen 
die  Jmtaim  (I,  161;  II,  117)  eigenthümlicherweise  die  Stellung 
von  Haria's  ein.  Sehr  hübsch  ist  die  Schilderung  der  Schwierig- 
keiten ,  welche  Hurton  in  der  Hizma  gegenüber  dem  Räuberge- 
sindel des  syro-ägyptischen  »Ma'äziw-Stammes  durchzufechten 
hatte  (I,  331  ff.  Auch  die  Urtheile  über  die  anderen  Hegleiter 
der  Expedition  sind  bisweilen  köstlich  (vgl.  I.  31  ff.) . 

Obwohl  die  Heschreibungen  Hurton's  meist  lebendig  sind, 
so  glauben  wir  doch .  dass  das  Buch  etwas  kürzer  hätte  gefasst 
werden  können.  Dies  soll  aber  unserer  Anerkennimg.  die  wir 
vor  allem  auch  d(>r  Kutn-gie  des  Reisenden  zollen  müssen,  keinen 
Eintrag  thun. 


Der  Frankeuberg. 

Von  Eaiiiath  C.  Schick  in  Jerusalem. 
(Hierzu  Tafel  IVund  V.) 


Auf  dem  Wege  von  Jerusalem  nach  Betlilehem  bietet  sich 
dem  Blick  des  Reisenden,  sobald  er  die  Höhe  von  mar  eljüs  über- 
stiegen hat,  eine  weit  ausgedehnte  Landschaft :  in  der  Nähe  das 
freundliche  Bethlehem,  weiter  östlich  eine  grosse  Anzahl  von 
Bergen  und  Thälern  nicht  nur  diesseits,  sondern  auch  jenseits 
des  todten  Meeres.  Unter  den  näher  gelegenen  Bergen  fällt  be- 
sonders einer  durch  seine  isolirte  Lage  und  regelmässige  Erhe- 
bung')  auf —  es  ist  der  Frankenberg  oder,  wie  die  Araber 
ihn  nennen,  der  dschebel  el-furcidls^  »Berg  des  kleinen  Paradie- 
ses«'^). Er  ist  darum  häufig  besucht  und  beschrieben  worden. 
PococKE  gab  schon  1743 — 1748  eine  Zeichnung  desselben  3). 
Andere  suchten  durch  Yergleichung  mit  vaterländischen  Gipfeln 
den  Lesern  eine  deutlichere  Vorstellung  von  dieser  pyramiden- 
förmigen Kuppe  zu  geben.  So  stellte  ihn  Dr.  Wulff  mit  der 
Achalm  bei  Reutlingen  zusammen.  In  Erinnerung  an  ein  früher 
gegebenes  A'ersprechen  'j  habe  ich  den  Berg  nivcllirt,  gemessen 
und  Zeichnungen  (s.  Tafel  IV  u.  V)  darnach  angefertigt,  welche 
ich  mit  folgenden  Bemerkungen  versehe. 

Oestlich  von  der  Wasserscheide  zwischen  Bethlehem  und 
arfäs  sind  die  Anfänge  zweier  nach  Südosten  streichender  Thäler, 
eines  südlichen,  welches  nach  einander  die  Namen  loädi  ar(üs, 
wädi  üt-taimhln  und  wadi  charctiin  führt,  und  eines  nördlichen, 
Avelchcs  anfangs  wüdi  er-rähib  ^  später  ivüdi  et-taümire  heisst. 

1;  Vgl.  Tobleu,  Topographie  von  Jerusalem  11,  p.  5Ü() — 572. 
'2)  Ueber  den  Namen  vgl.  ZDPV.  II,  p.  15:5. 

3    Be.schreibuiig  des  Morgenlandes  II.    Aus  dem  Englischen  übersetzt. 
Krlangen  I75J.  4)  S.  ZDPV.  I,  p.  1(>S. 


89      _ 

Das  zmschen  diesen  Thillem  sich  aiisdehiiendo  Tafelland  senkt 
sich  stets  von  Westen  nach  Osten,  'svird  nach  Osten  immer  hreiter 
lind  trägt  mehrere  Hügel  auf  seinem  Rücken,  von  denen  der 
Frankenherg  schon  von  Natur  der  höchste  ist.  Je  mehr  das 
Tafelland  sich  zwischen  den  genannten  Thälern  ausdehnt,  um 
so  häiifiirer  und  tiefer  wird  es  selbst  von  kleinem  nach  S.  und  N. 
sich  senkenden  .Seitenthälern  durchschnitten.  Der  Fuss  des  Fran- 
kenherges,  welcher  im  allgemeinen  niedriger  ist  als  die  Umge- 
hung liethlelu'm's,  liegt  daher,  zumal  von  ihm  aus  auch  einige 
Thäler  nach  NO.  zu  abfallen,  durchaus  nicht  auf  allen  Seiten  in 
gleicher  Höhe.  Weiter  ist  dadurch  bedingt,  dass  seine  Form  am 
Fusse  keine  vollkommen  runde  und  die  untere  Böschung  ver- 
schieden gestaltet  ist.  Aber  nach  oben  zu  wird  liöschimg  und 
Rundung  durchaus  gleichmässig.  Man  erkennt  deutlich,  dass 
menschliche  Kunst  der  von  der  Natur  angedeuteten  Form  nach- 
geholfen hat.  Sowohl  die  jetzige  runde  Form  als  auch  die  jetzige 
Höhe  des  Berges  ist  erst  durch  Aufschüttung  hergestellt  Avorden. 
Den  Berg  für  einen  erloschenen  Vulkan  zu  halten,  ist  ohne  allen 
thatsächlichen  Grund ;  denn  nirgends  findet  man  Lava  oder  vul- 
kanisches Gestein,  als  sichere  Spuren  eines  solchen. 

Der  arabische  Name  dschebel  el-fureidis^  »Berg  des  kleinen 
Paradieses«,  passt  zu  dem  heutigen  Aussehen  der  Ortlichkeit 
nicht:  alles  umher  ist  öde,  ohne  Wasser  und  Bäume.  Aber  vor 
Zeiten  muss  es  anders  hier  gewesen  sein.  Man  findet  heute  noch 
zahlreiche  Reste  alter  Einrichtungen  zum  Zweck  der  Wasserver- 
sorgung. Dahin  gehören  nicht  bloss  einige  Cisternen,  "welche 
sich  unter  den  Ruinen  am  Fusse  des  Berges  befinden  und  wahr- 
scheinlich einer  einstigen  kleinen  Ortschaft  ihren  Bedarf  liefer- 
ten, sondern  ein  künstlich  hergestellter  Teich  (s.  Tafel  IV)  und 
die  denselben  speisende  alte  Wasserleitung,  Avelche  ich  ZDPV.  I, 
p.  167  ff",  beschrieben  habe.  Ferner  deuten  die  noch  fast  erhal- 
tenen künstlichen  Terrassen  im  N.  und  NW.,  am  Fusse  und  am 
Abhänge  des  Berges  auf  einstige  Baum-  und  Gartenkultur  hin. 
Man  muss,  so  scheint  es,  auf  die  Zeiten,  in  denen  alle  diese  Ein- 
richtungen noch  ihren  Zweck  erfüllten,  zurückgreifen,  Avenn 
man  überha\ipt  den  arabischen  Namen  des  Berges  deuten  will ') . 

1 )  In  dem  Quarterly  Statement  des  English  Palestine  Exploration  Fund, 
January  1877,  p.  27  stellt  Lieut.  Condeu  der  gewöhnlichen,  auch  ZDPV.  II, 
p.   15;{  angegebenen  und  oben  kurz  angeführten  Deutung  des  Namens  die 
Ztschr.  d.  I'al.-Vor.  Ul.  7 


90 

Die  hei  den  Europäern  übliche  Benennung  »Fraukenhevg«  ist 
sehr  jimgcn  Ursprungs  ^) .  »Im  15.  Jahrhundert  nahm  man  an, 
dass  hier  auf  dem  Berge,  der  auch  Bethulia  hiess,  das  Schloss 
Rama  stand.  Bethulia  hielt  sich  bei  den  Pilgern  bis  heute,  wenig- 
stens in  bet  tamar.  Der  einmal  unzweifelhaft  von  den  Franken 
aufgebrachte  Name  verschaffte  sich  so  viel  Geltung,  dass  den 
Ort  [bet  tamar)  selbst  die  Eingebornen  Beth\ilia  der  Franken 
nannten  2),  wodann  der  kürzere  Name  Frankenberg  aufkam.  .  .  . 
Mit  dem  Namen  Beth^ilia  wurde  auch  die  Sage  bekannt,  dass  auf 
ihm  die  Franken  noch  dreissig  oder  vierzig  Jahre  Stand  hielten, 
nachdem  Jerusalem  schon  in  die  Hände  der  Sarazenen  überge- 
gangen war.  Diese  Sage ,  historisch  ganz  und  gar  ohne  Halt, 
verdient  nicht  den  mindesten  Glauben.« 

Robinson  schreibt  dem  Italiener  Giovanni  Mariti  (1767) 
das  Verdienst  zu,  zuerst  die  Vennuthung  ausgesprochen  zu  haben, 
dass  in  den  Ruinen  des  sog.  Frankenberges  das  H  e  r  o  d  i  u  m  des 
JosEPHUS  zu  suchen  sei  3) .  Yon  späteren  Reisenden  und  Palästina- 
forschern (Sieber  1818,  Berggren  1821,  Raumer  1834,  Robin- 
son 1838  u.  A.)  ist  diese  Meinung  gebilligt  worden  und  erfreut 
sich  jetzt  allgemeiner  Zustimmung.    Eine  Vergleichung  der  P>e- 


Vermuthung  zur  Seite,  dass  »Ferdüs«  eine  in  der  Sprache  der  Fellachen  vorge- 
gangene Corruption  von  Herodes  sei, und  stützt  dieselbe  durch  Vergleichung  des 
Namens  «Kabr  elMelek  Ferdüs«,  welcher  einem  von  ihm  in  der  Mitte  des  Landes 
aufgefundenen  Grabmal  angehöre ;  dieser  könne  doch  wohl  nicht  bedeuten  »Grab 
des  Königs  Parjidies«,  sondern  vielleicht  »Grab  des  Königs  Herodes«,  nämlicli 
eines  der  vielen  idumäisthen  Prinzen  dieses  Namens;  so  werde  der  jetzige 
Name  passend  gerechtfertigt,  und  die  Identifikation  mit  dem  alten  Herodion 
noch  mehr  gesicliort.  .'allein  letztere  ist  aucli  aus  anderen  Gründen  annehm- 
bar. (Zu  beachten  ist,  dass  es  auf  die  Erklärung  des  gewöhnlichen  Namens 
dsrltehel  el-fureidls  ankommt,  in  welchem /Mi<;«Vri,s-,  wie  der  Artikel  zeigt,  von 
der  Sprache  als  Appellativname  —  als  Diminutivum  \onfardns,  Paradies  — 
betrachtet  wird.  Schick  schreibt  »Dschebel  Fardos«.  Der  Name  Herodes 
lautet  im  Arabischen  (^k.^»-*^.  Sp:i'P,  Jerusalem  und  das  heilige  Land  I,  p.  VA'S 
macht  zu  dem  Namen  die  ]5emerkung :  »Paradies  ist  in  Palästina  der  herge- 
l>rachte  Name  für  Grabstätten«.  D.  li.) 

1)  Vgl.  llouiNSON,  Palästina  II,  p.  .'{94  f.    Aus  Tdblkr,  Tojjographie  U, 
p..571  sind  die  folgenden  Sätze  des  Textes  genommen. 

2)  Die  Hethlehemiten  nennen  noch  heute  den  liewohnor  \on  bet  tu  nun 
Hettuliano  oder  Bethulier.  S.  ToHLicii,  a.  a.  O.  p.  421. 

:$)   Vgl.  KoHiNSüN  a.  a.  O.  II,  p.  :iTi,  not.  1.    Toblkr  a.  a.  O.  11,  p.  r,(;9, 
not.   l. 


91 

richte  des  JosEPirtTS  mit  dem  jetzigen  Befunde  an  wnd  auf  dem 
Frankenberge  dient  derselben  d\nchans  zur  Bestätigung. 

Als  Ilerodcs  der  Grosse  im  parthischcn  Kriege  (40  vor  ("hr.) 
aus  Jerusalem  vor  den  Nachstellungen  seiner  Gegner  nach  Ma- 
sada am  todten  Meere  floh,  stellten  sich  ihm  unterwegs,  60  Sta- 
dien südlich  von  Jerusalem,  die  Juden  entgegen,  wurden  jedoch 
von  ihm  besiegt.  An  diesem  Punkte  gründete  er  später  »zum 
Andenken  jenes  Sieges  eine  Ortschaft,  welche  er  mit  den  präch- 
tigsten Palästen  schmückte,  imd  führte  auch  eine  sehr  feste  Burg 
auf,  die  er  nach  seinem  Namen  Herodeion  benannte«  (Joskpu. 
Helium  jud.  I,  13,  8).  Ein  »ansehnlicher  Palast«  und  eine  »Stadt 
Herodia  als  dessen  Umgebung«  wird  für  denselben  Punkt  er- 
wähnt Antiq.  XIV,  13,  9.  Zweimal  beschreibt  Josephus  die  neuen 
Anlagen  genauer,  Bell.  jud.  I,  21,  10  und  Antiq.  XV,  9,  4.  Die  letz- 
tere Stelle  lautet:  »Diese  Burg  (cppoupiov)  ist  von  Jerusalem  etwa 
00  Stadien  entfernt,  von  Natur  fest  und  zur  l^ebauung  sehr  ge- 
eignet. Denn  in  der  Nähe  (nämlich  des  vorher  erwähnten  Sieges- 
ortes) ist  ein  massiger  Berg,  welcher  in  einen  von  menschlicher 
Hand  hergestellten  Gipfel  ausläuft,  so  dass  er  busenförmige  Ge- 
stalt hat ;  umgeben  A\ärd  derselbe  von  runden  Thünnen ;  er  hat 
einen  geraden  Aufgang,  aus  etwa  200  behauenen  Stufen  erbaut. 
Die  inneren  Gebäude  sind  herrliche  königliche  Wohnimgen,  in 
gleicher  Weise  zum  Schutze  wie  zum  Schmucke  aufgeführt.  .  Am 
Fnsse  des  Hügels  befinden  sich  bemerkenswerthe  Lustbauten ;  un- 
ter anderen  ist  ein  Wasserzufluss  —  der  Ort  war  wasserann  —  von 
weit  her  imd  mit  bedeutendem  Kostenaufwande  hergestellt.  Die 
Gebäude  unten  in  der  Ebene  können  jeder  Stadt  an  die  Seite  gestellt 
werden,  der  Hügel  ist  wie  ihre  Akropolis.«  An  der  oben  zuerst 
genannten  Stelle  wird  mehr  die  Pracht  der  ganzen  Anlage  her- 
vorgehoben. Neues  findet  sich  für  unseren  Ort  jedoch  nicht. 
Erwähninig  verdient  nur,  dass  dort  Josephus  noch  von  einem 
anderen  Herodeion  redet :  »Herodes  sorgte  auch  für  sein  eigenes 
Andenken  und  nannte  eine  Burg  (cppoupiov),  welche  er  auf  einem 
nach  Arabien  zu  gelegenen  Berge  erbaiit  hatte,  nach  seinem  Na- 
men Herodeion.  Ebenso  (o|xoi'a)!:)  nannte  er  den  busenförmigen. 
von  Menschenhand  gestalteten,  etwa  60  Stadien  von  Jerusalem 
entfernten  Berg,  den  er  jedoch  mit  grösserer  Israelit  ausschmücken 
Hess  u.  s.  w.«  (folgt  die  erwähnte  lieschreibuug).  Es  ist  klar. 
dass  Josephus  hier  zwei  Herodoion's  neben  einander  stellt,   das 


92 


eine  nach  Arabien  zu,  das  andere  in  der  Nähe  von  Jerusalem. 
Es  leidet  ferner  keinen  Zweifel,  dass  für  die  hier  in  Frage  stehende 
Identifikation  nur  der  60  Stadien  von  Jerusalem  entfernte  Berg 
in  lietracht  kommen  kann  ') . 

Zunächst  lässt  sich  auf  den  heutigen  Frankenberg  die  An- 
gabe des  JosEPHUs  beziehen,  dass  die  Juden  den  von  Jerusalem 
nach  Masada  fliehenden  Herodes  aufzuhalten  suchten ;  deini  er 
liegt  am  Wege  zwischen  diesen  beiden  Funkten.  Auch  die  An- 
gabe der  Entfernung  trifi't  bis  auf  eine  geringe  Differenz  zu.  Nach 
Baedeker,  Falästina  und  Syrien'^  p.  145  soll  die  Entfernung  von 
Jerusalem  bis  zum  Frankenberge  in  der  That  60  Stadien  betra- 
gen, allein  nach  meiner  Meinung  ist  sie  etwas  grösser.  Eine  um 
so  gi'össere  Übereinstimmung  ist  aber  zwischen  den  heutigen 
Ruinen  am  Frankenberge  inid  jener  Beschreibung  des  Josepiiur 
vorhanden.    Fassen  wir  daher  dieselben  näher  ins  Auge. 

Von  Westen,  von  Bethlehem  her,  dem  Orte  sich  nähernd, 
findet  man  die  ersten  Trümmer  auf  einem  von  Natm*  ebenen 
Boden.  Sie  sind  umfangreich  —  sie  dehnen  sich  nämlich  noch 
weiter,  als  Tafel  IV  zeigt,  nach  W.  hin  aus  —  aber  imbedeutend 
und  rühren,  Avie  auch  einige  (Zisternen  andeuten,  von  einer  ein- 
stigen Stadt  her.  Weiter  nach  ().  beginnt  die  Senkung  eines 
nach  NO.  abfallenden  Thaies.  Hier,  in  künstlich  geebnetem 
Ten'ain,  ist  ein  Teich  (Tafel  IV,  9)  angelegt,  74m  lang,  45m 
bniif^),  der  durch  die  Wasserleitung  vom  loädi  el- arrlih  her  ge- 
speist wurde.  In  der  Mitte  zeigen  sich  Reste  von  Bauwerken, 
einer  Insel  ähnlich,   deren  Zweck  nicht  mehr  klar  ist.    Vielleicht 

1 )  Ob  schon  vor  Herodes  die  Stätte  bebaut  war,  ist  nicht  mit  Sicherheit 
festzustellen.  Doch  scheinen  mir  diejenigen  Recht  zu  haben,  welche  hier  das 
alte  Beth  Oberem  (Jek.  (> ,  1)  suchen.  Nach  Hieronymis  hat  dieser  Ort 
zwischen  Thekoa  und  IJethlehem  gelegen,  so  dass  dieser  Kirchenvater  (von 
Bethlehem  aus)  denselben  täglich  vor  Augen  hatte.  Dies  konnte  bei  dem 
Frankenberge  der  Fall  sein,  aber  sonst  nirgends,  ausser  an  solchen  Stellen, 
wo  nie  eine  Stadt  gelegen  hat.  (Der  Bericht  des  Hieuonymus,  Comment.  in 
Jekem.  vi,  1  ist  nicht  genau  wiedergegeben.  Er  lautet  wörtlich  übersetzt: 
„Dass  Thekoa  ein  auf  einer  Anhöhe  gelegenes  und  von  Jerusalem  12  Meilen 
entferntes  Dorf  ist,  sehen  wir  täglich  mit  unseren  Augen.  Zwischen  diesen 
(inter  hos  —  wohl:  zwischen  Thekoa  und  Jerusalem]  giebt  es  ein  anderes 
Dorf,  das  in  der  syrischen  und  hebräischen  Sprache  IJetcharma  genannt  wird, 
ebenfalls  auf  einem  Berge  liegend."     D.  R.) 

2)  Da  der  Teich  stark  mit  Schutt  angefüllt  ist,  konnte  die  ursprüngliche 
Tiefe  nicht  ermittelt  werden. 


93 


waren  es  Wasserwerke  (doch  v^rl.  ]).!>S).  Nach  ().  zu  schliesst 
den  ebenen  Platz  eine  do])])elte  Dammmauer  (T.  IV,  S).  welche 
ohne  Zweifel  zur  Aufschüttung  des  liodens  und  Herstellung  des 
Teiches  eiTichtet  wurde.  Vom  Teiche  aus  konnte  das  Wasser  in 
die  übrigen  königlichen  Gebäude,  zu  den'verschiedenen  Terras- 
sen (Tafel  IV  u.  V,  10  bis  16),  deren  Mauern  meist  mit  Erde  be- 
deckt sind  inid  nun  steile  x\bhänge  darbieten,  soAvie  in  den  tiefer 
liegenden ,  ebenen  Grund  ostwärts,  in  welchem  sich  vielleicht 
der  Gemüsegarten  des  Königs  befand,  geleitet  werden.  Gebäiule 
scheinen  hier  an  der  nördlichen  Seite  des  Berges  nur  wenige  ge- 
standen zu  haben.  Auf  dem  Plan  sind  die  Reste  derselben  unter 
Nr.  5  und  (>  verzeichnet.  8ie  lassen  auf  geräumige  Hauten  mit 
Gewölben  schliessen,  von  denen  bis  heute  noch  mehrere  erhalten 
sind.  Die  mit  Nr.  5  bezeichneten  übertreffen  Nr  6  durch  feine 
Arbeit.  Alle  hier  liegenden  Häuser  w^aren  wohl  für  die  Beamten 
des  Königs  bestimmt,  also  Amts-  und  Oekonomiehäuser. 

Von  diesen  Anlagen  war  die  eigentliche  Erhebung  des  Ber- 
ges an  der  Nordseite  durch  eine  Mauer  getrennt.  Spuren  einer 
s<)lc;hen  lassen  sich  auf  den  übrigen  Seiten  nicht  nachweisen. 
Man  bestieg  den  Berg  auf  einer  grossen  Freitreppe,  die  schnur- 
gerade hinaufführte  und  auch  von  den  Seiten  her  zugänglich 
war.  Dieselbe  begann  unmittelbar  hinter  der  erwähnten  Mauer, 
die  hier  wahrscheinlich  von  einem  Thor,  das  vielleicht  mehr  zur 
Zierde,  als  zum  Schutze  bestimmt  war,  unterbrochen  wurde.  Die 
Treppe  liegt  in  ihrer  unteren  Hälfte  unmittelbar  auf  der  natür- 
lichen Böschung  des  Berges  auf,  die  in  einem  Winkel  von  25" 
ansteigt.  Die  Unterlage  derselben  ist  bis  heute  erhalten  und  er- 
kennbar, ja  an  einigen  Stellen  findet  man  sogar  noch  die  Stufen, 
welche  nahezu  einen  englischen  Fuss  hoch  sind.  Die  Zahl  der- 
selben darf  nun  (hirchaus  nicht  nach  der  ganzen  Höhe  des  Berges 
berechnet  werden.  Diese  beträgt  nach  Rohinson^)  300  bis  400 
Fuss,  nach  Socm^)  120m.  Ich  mass  vom  Wege  bei  der  unteren 
Ummauerung  im  N.  bis  zur  Spitze  des  Bergkegels  nur  82  m,  von 
der  tiefsten  Stelle  an  der  N. -Seite  104m.  Die  Treppe  beginnt 
nun  erst  innerhalb  der  nördlichen  Umfassimgsmauer.  also  ober- 
halb des  jetzigen  und  auch  wohl  alten  Weges  von  Engeddi  nach 
Hethlehem  und  führt  nicht,   wie  namentlich  die  Durchschnitte 

1)  A.a.O. II,  p.  :<!)2. 

2)  Baedeker,  Palästina  und  Syrien-  p.  145. 


94 


zeigen,  luif  die  Höhe  des  aufgescliüttcten  Walles,  sondern  ver- 
mittelst einer  Tliüre  in  den  bedeutend  tiefer  liegenden  Hof. 
Dalier  beträgt  die  Ausdehnung  der  Treppe  nicht  mehr  als  55 
bis  höchstens  60m  oder  ungefähr  190  englische  Fuss.  Das  er- 
giebt  für  die  ganze  Treppe  eine  Zahl  von  etwa  200  Stufen,  die 
genau  mit  dem  oben  angeführten  liericht  des  Josephus  überein- 
stimmt. Der  obere  Theil  der  Treppe  ist  allerdings  verschüttet. 
Ausgrabungen  Avürden  wohl  noch  eine  Anzahl  Stufen  zu  Tage 
fördern.  Da  die  Böschung  hier  steiler,  in  einem  Winkel  von  35" 
ansteigt,  so  muss  die  Treppe  hier  etwas  ins  Erdreich  eingeschnit- 
ten gewesen  sein.  Übrigens  erkennt  man  die  künstliche  Auf- 
schüttung noch  deutlich  nicht  bloss  an  der  verschiedenen  Lö- 
schung, sondern  auch  besonders  an  der  Farbe  des  mit  kleinen 
Steinen  unteraiischten  Bodens,  sowie  daran,  dass  an  dem  Gipfel 
des  Berges  nirgends  die  Felsen  herausschauen,  was  doch  an  dem 
unteren  Theil  desselben  öfter  der  Fall  ist.  Auffallend  ist,  dass 
die  Treppe  nicht  in  der  Mitte  des  Berges  ange))racht  ist  und 
nicht  direkt  in  den  nördlichen  Thurm  (Tafel  IV,  1),  sondern 
zwischen  dem  nördlichen  und  östlichen  Thurm  (Tafel  IV,  4)  in 
den  Hof  hineinführt,  ferner  dass  nur  westlich  von  der  Treppe  bis 
zur  halben  Höhe  hiiuiuf  Terrassenanlagen  sich  fiiulen,  die  nach 
Westen  sich  ausdehnend  etwa  kaum  den  dritten  Theil  des  l^erges 
einnehmen.  Vielleicht  hatte  mau  bei  der  Anlage  die  Pyramiden- 
form im  Auge  und  wollte  von  dieser  nicht  zu  sehr  durch  Anlage 
von  regelmässigen  Terrassen  abweichen. 

Die  Trei)pe  kann  heute  nicht  mehr  zur  Besteig\ing  des  Ber- 
ges benutzt  werden.  Man  gelangt  auf  einem  in  Schlangenlinien 
an  der  Westseite  des  Berges  hinaufführenden  Bfade  an  den  Kand 
des  Gipfels  und  ist  nicht  wenig  durch  den  sich  darbietenden  An- 
blick überrascht.  Man  vermuthet  oben  eine  geebnete  Terrasse 
mit  einigen  darauf  sich  erhebenden  Ruinen  zu  finden;  statt 
dessen  sieht  man  in  eine  Art  von  Krater  hinab,  der  mit  einer 
Menge  von  Bausteinen  bedeckt  ist.  Der  Schutt  der  eingestürzten 
Mauern  und  Thürme  liegt  immerhin  Gm  hoch  über  dem  Boden 
d,es  einstigen  Hofes.  Aus  dem  kreisförmigen  Erdwall  ragen  noch 
die  Trümmer  von  vier  runden  Thürnien  liervor,  am  meisten  die 
des  ö.stlichen  Tafel  IV,  4),  des  am  besten  erhaltenen  (vgl.  Durch- 
schnitt I).  Diese  vier  Thürme  sind  nach  den  Himmelsgegenden 
gestellt  und  durch  drei  kreisförmige  Mauern  mit  einander  ver- 


95 


buiulen.  Die  taste,  welche  den  ilusseisteii  l'iiiikt  der  'J'hi'iime 
berührt,  stockt  jetzt  jj^unz  in  der  Erde  und  raj^t  nur  an  einzelnen 
Stellen  ans  dem  Walle  hervor.  ISie  hat  einen  Umfang  von  230m. 
üie  ZAveite  länft  je  von  der  äusseren  Mitte  des  einen  zu  der  äusse- 
ren Mitte  des  anderen  Thurms  Die  dritte  berührt  die  innere 
Aussenwand  der  Thürrae  und  umgiebt  in  einer  Ausdehnung  von 
I30m  den  45m  im  Durchmesser  haltenden  Hof.  Die  ungleiche 
Höhe  der  Mauern  wird  schwerlich  durch  den  Verfall  allein  ver- 
ursacht sein.  Ich  vermuthe,  dass  die  Käume  zwischen  der  äusse- 
ren und  mittleren  Mauer  sich  als  ein  zweites  »Stockwerk  über  das 
erste  oder  das  Erdgeschoss  zwischen  der  mittleren  und  inneren 
Mauer  erhoben.  Die  äussere  Ringmauer  war  und  ist  noch  heute 
von  aussen  durch  den  aufgeschütteten  Wall  verdeckt.  Wahr- 
scheinlich ragte  sie  ursprünglich  mit  einer  am  ganzen  Rande 
umlaufenden  Brustwehr  aus  der  Erde  hervor  (vgl.  die  Recon- 
struction  auf  Durchschnitt  I) .  Die  Thürme  zeigen  oben  und 
unten  dieselbe  Rundung :  von  irgend  Avelchen  eingerückten  oder 
vorgebauten  Absätzen  fand  ich  keine  »Spur.  Vom  Hofe  aus  hatte 
Luft  und  Licht  reichlichen  Zutritt  in  die  Gemächer  der  Thürme 
und  in  die  Stockwerke  des  Rundbaus.  Ob  auch  Luftöffnungen 
nach  aussen  durch  den  Wall  gelegt  waren,  kann  erst  durch  Aus- 
grabungen festgestellt  Averden. 

Vor  und  zu  beiden  Seiten  neben  dem  nördlichen  Thürme  im 
Hofe  finden  sich  noch  die  Reste  eines  Vorbaus.  Derselbe  enthielt 
den  Eingang  in  den  nördlichen  Thurm  und  kann,  vielleicht  in  Ver- 
biiulung  mit  diesem,  etwa  als  das  Trep])enhaus  des  ganzen  Rund- 
baues angesehen  werden.  Ostlich  daneben  führt  ein  Gang  auf 
die  Freitreppe ;  westlich  sind  einige  mit  Schutt  fast  angefüllte 
Gemächer,  von  denen  das  erste  rund,  das  zweite  viereckig  ist. 
Unter  ihnen  ist  wohl  ein  Stockwerk  jetzt  ganz  in  Erde  und  Schutt 
verborgen.  Überhaupt  vermuthe  ich.  dass  unter  den  über  eirian- 
der  geworfenen  Bausteinen  des  Hofes  sich  noch  viele  erhaltene 
Gewölbe  mul  Gemächer  vorfinden.  Ohne  Zweifel  ist  ätich  im 
Hofe  oder  seitwärts  eine  Cistenie  vorhanden  gewesen,  welche  die 
Besatzung  der  Burg  mit  Wasser  versorgte.  Es  ist  freilich  nicht 
erwiesen,  aber  doch  höchst  wahrscheinlich,  dass  die  äussere  King- 
mauer auf  dem  Felsen  stand.  Dann  dürften  sich  noch  tiefer 
liegende  Gewölbe  voi-findcn.  nämlich  zwischen  der  Ringmauer 
und  der  ursprünglichen  Spitze  des  Berges.     Mir   scheint   daher 


96 


der  Frankeiiberg  zu  Ausgrabinigeii  ausserordentlich  geeignet.  Es 
ist  nicht  anzunehmen,  dass  der  Ort  schon  irgendwann  in  früherer 
Zeit  untersucht  und  ausgeleert  und  später  restaurirt  worden  sei. 
Denn  dem  steht  entgegen,  dass  der  jetzige  Hefxnid  noch  so  deut- 
lich an  die  Beschreil)ung  des  Josephus  erinnert,  soAvie  dass  z.  B, 
für  eine  regelmässige  Hurg  der  Kreuzfahrer  der  Ort  sich  nicht 
eignete,  da  er  zu  einer  solchen  Anlage  viel  zu  klein  ist.  Ich 
glauhc  daher,  dass  die  jetzigen  Trümmer  direct  von  dem  Hau  des 
prachtliebenden  Herodes  herrühren. 

Zu  den  aus  dem  Bisherigen  sich  ergebenden  allgemeinen 
und  besonderen  Merkmalen  der  Identität  des  heutigen  Franken- 
berges mit  dem  alten  Ilerodeion  muss  noch  die  schon  von  Kohin- 
SON  II.  A.  verwerthete  Notiz  des  Jospnmus  hinzugefügt  werden, 
dass  Herodeion  nahe  bei  Thekoa  lag  '),  Avas  auf  den  Frankenberg 
Aviederum  zutriff't.  Kann  danach  die  Lage  des  alten  Herodeion 
als  nachgewiesen  gelten,  so  gewinnt  die  Nachricht  des  Josephus 
um  so  grösseres  Interesse,  dass  gemäss  der  Verordnung  des  Hero- 
des sein  Leichnam  nach  Herodeion  gebracht  und  dort  beigesetzt 
worden  sei.  Leider  ist  dieselbe  von  Josephus  nicht  mit  der  wün- 
schensAverthen  Deutlichkeit  mitgetheilt.  Einmal  sagt  er  nicht 
ausdrücklich,  Avelclien  der  beiden  von  ihm  unter  dem  Namen 
Herodeion  angeführten  Orte  (Bell.  jud.  I,  21,  10;  s.  oben)  er  hier 
meint.  Jedoch  liegt  es  nahe,  an  den  von  Herodes  »mit  grösserer 
Pracht«  ausgeschmückten  inid  daher  von  Joskpihis  besonders  be- 
schriebenen Hcrg,  also  an  den  heutigen  Frankenberg  zu  denken. 
Grössere  Sclnvierigkeit  macht  jedoch  der  Umstand,  dass  die 
Länge  des  Weges,  Avelchen  der  Leichenzug  von  Jericho  bis  Hero- 
deion zurücklegen  musste,  sehr  verschieden  angegeben  Avird.  Bell, 
jud.  I,  33,  9  lesen  Avir  am  Ende:  »Der  Leichnam  des  Herodes 
Avnrde  200  Stadien  Aveit  nach  Herodeion  gebracht,  avo  er  seinen 
Anordnungen  gemäss  beigesetzt  Avurde.«  Dagegen  heisst  es  An- 
tiq.  XVn,  8,  3  :  Sie  (das  Gefolge  der  Leiche)  zogen  bis  nach 
Ilerodeion  8  Stadien;  dort  nämlich  Avurde  er  seinem  Befehle  ge- 
mäss beigesetzt.«  Letztere  Angabe  verAveist  uns  in  die  unmittel- 
bare Nähe  von  Jericho  imd  lässt  eine  Beziehung  auf  das  »etAva 

1)  Vgl.  Bell.  jud.  IV,  9,  5:  »Simon  schlug  bei  einem  Dorf'e  mit  Namen 
Thekoa  ein  Lager  auf  und  .schickte  an  die  Besatzung  des  nahen  Herodeion 
einen  seiner  Vertrauten,  Eleazar,  der  sie  zur  Übergabe  der  Festung  bewegen 
sollte.« 


97 

60  Stadien  (südlich)  von  Jcrusuleni  entfernte«  llerodeion  (l>ell. 
jiid.  I,  21,  lU)  nicht  /u.  Anch  die  ebendaselbst  erwähnte  linrj^, 
Avelchc  Herodes  »auf  einem  nach  Arabien  /u  ^•elej);enen  l'>erge 
erbaut«  inid  nach  seinem  Namen  llerodiuon  j'enamit  hatte  (s.  oben 
p.9l),  wird  man  nicht  in  solcher  Nähe  bei  Jericho  suchen  wol- 
len. Somit  steht  diese  Angabe  des  Joskimius  ausser  jeder  liezie- 
huufj^  zu  seinen  übrigen,  auf  llerodeion  bezüglichen  ') .  Wir  lassen 
sie  daher  bei  Seite  und  wenden  uns  zu  der  anderen,  welche  die 
Entfernung  von  Jericho  bis  Herodeion  auf  200  Stadien  beziffert. 
Allerdings  kann  dieselbe  nicht  von  einer  geraden  Luftlinie 
zwischen  den  beiden  Punkten  verstanden  werden ;  dafür  ist  sie 
zu  gross.  Es  kommt  aber  auch  ausschliesslich  der  auf  dieser 
Strecke  zurückzulegende  Weg  in  lietracht.  Einen  gewissen  An- 
halt gewährt  die  Angabe  über  die  Entfernung  vom  Herodium 
(Frankenberg)  nach  Jerusalem,  nämlich  etwa  60  Stadien  oder 
mehr  (s.  oben  p.92).  Wie  ein  lUick  auf  die  Karte  lehrt,  ist  es 
vom  Frankenberg  nach  Jericho  mehr  als  zweimal  so  weit,  als 
nach  Jerusalem.  Wir  würden  danach  etwa  120  bis  150  Stadien 
erhalten.  Vorausgesetzt,  dass  der  Leichenzug  sich  von  Jericho 
nicht  über  Jerusalem  nach  demi  Frankenberge,  sondern  direkt 
dorthin  begab,  hatte  er  ein  sehr  schwieriges  Terrain  zu  durch- 
schreiten, in  mehrere  tiefe  Thäler  hinab-  und  mehrere  beträcht- 
liche Höhen  hinaufzusteigen.  Auf  die  hierdurch  nothwendigen 
Krümmungen  des  Weges  können  wohl  die  an  der  Zahl  des  Jose- 
PHUS  noch  fehlenden  Stadien  gerechnet  werden,  so  dass  die  in 
Kell.  jud.  I,  33,  9  angegebene  Länge  des  Weges,  Avelchen  der 
Leichenzug  des  Herodes  von  Jericho  ab  zurücklegte,  sich  auf  den 
heutigen  Frankenberg  beziehen  lässt.  —  Welchen  Weg  der 
Leichenzug  von  Jericho  nach  dem  Frankenberge  eingeschlagen 
hat,  ist  kaum  mehr  zu  bestimmen.  Mich  dünkt,  derselbe  ist  über 
den  chän  hadrür  2)  in  den  tcädi  muclauwara  und  dieses  Thal  hinauf 

1)  W.  Whiston  in  seiner  englischen  Ausgabe  des  Josephus  p.  471,  Anm. 
will  die  Worte  so  verstehen,  als  habe  der  Zug  an  je  einem  Tage  8  Stadien 
zurückgelegt  und  so  25  Tage  zu  dem  Wege  von  Jericho  nach  Herodeion  ge- 
braucht. Aber  das  ist  äusserst  unwahrscheinlich ;  der  Zug  hätte  damit  alle 
Feierlichkeit  verloren,  und  es  wären  viele  Ungelegenheiten  entstanden,  wie 
z.  H.  die  Verpflegung  des  Volkes  in  der  Wüste.  'Diese  Erklärung  widerspricht 
auch  dem  einfachen  AV^ortsinne.  Vermuthlich  ist  der  Text  fehlerhaft.  Vgl. 
auch  DE  Saulcy,  Voyage  en  terre  sainte,  I,  p.  182.     D.  R.) 

2]  Vgl.  hierzu  die  Karte  des  Landes  zwischen  Jerusalem  und  dem  todten 
Meere  von  C.  ScuiCK,  Tafel  I  dieses  Bandes.     U.  K. 


98 

bis  brr  ez-zarüra  gezogen ;  dann  ^\u^  er  durch  den  loädi  rukbe 
ins  Kidronthal  hinah,  überscliritt  dieses  unterhalb  der  döst,  stieg 
den  gegenüberliegenden  Abhang  hinauf  und  gelangte  etwa  auf 
dem  heutigen  l^ethlehemwege  zum  jetzigen  schlich  hahoa;  von 
hier  erreichte  er  unter  Benutzung  der  Thäler  die  Hochebene, 
über  welche  der  Frankenberg  sich  erhebt. 

Wo  soll  nun  unter  den  heutigen  Trümmern  des  Franken- 
berges die  Grabstätte  des  Herodes  gesucht  werden?  De  Saulcy  ') 
vennuthet  in  dem  Inselgebäude  des  Teiches  (Tafel  IV  und  V,  9) 
die  Keste  seines  Grabmals.  Allein  das  ist  mir  nicht  wahrschein- 
lich. Dort  Aväre  doch  die  Grabstätte  des  Herodes  der  rachesüch- 
tigen Zerstörungswuth  seiner  zahlreichen  Feinde  zu  sehr  ausge- 
setzt gewesen !  Man  bedurfte  ja  nicht  einmal  eines  IJootcs,  um 
zu  demselben  zu  gelangen.  Man  brauchte  nur  den  Abzugskanal 
zu  öffnen  oder  den  Wasserzufluss  abzulenken,  und  der  Teich  war 
trocken  gelegt.  Die  Ruinen  des  Inselgebäudes  selbst  zeugen  frei- 
lich weder  gegen  noch  für  die  Annahme  de  Saulcy's.  Wahr- 
scheinlich gehörte  dasselbe  zu  den  Wasseranlagen  und  enthielt 
Springbrunnen  oder  andere  Ausflüsse  des  Wassers  (vgl.  Jüsephus 
Helium  jud.  V,  4,  4) .  Die  Gral)stätte  des  Herodes  möchte  ich 
dagegen  oben  auf  der  Höhe  des  Berges  suchen  und  überhaupt 
die  ganze  Anlage  nicht  sowohl  für  eine  Bing,  als  für  ein  befestig- 
tes Mausoleum  halten 2).  Bei  einer  Burg  würde  man  keine 
Freitreppe,  auf  welcher  dieselbe  leicht  von  aussen  erstiegen  wer- 
den könnte,  anbringen.  Auch  pflegte  man  damals  noch  nicht  die 
Mauern  einer  Burg  von  aussen  mit  Erde  einzuhüllen.  Wohl 
aber  geschah  solches  bei  Gräbern,  wodurch  diese  das  Aussehen 
ifrosser  tumuli  erhielten.  Es  fehlt  über  der  Kimduns'  des  Hofes, 
der  inneren  Rundmauer,  nur  die  grosse  Kuppel,  und  wir  hätten 
ein  römisches  »l'antheon«.  Selbst  die  Masse  würden  mit  den  be- 
kannten Gebäuden  in  Rom  Übereinstimmung  zeigen.  Das  dortige 
Pantheon  hat  im  Innern  einen  lichtweiten  Durchmesser  von 
45m,  die  Aussenwand  hinzugenjchnct  von  6()m;  der  Durchmesser 
des  Rundbaues   an   dem  Mausoleum   des  Hadrian   beträgt  Kim 

1)  Nach  einor  Notiz  in  IUkdkkkr's  Palästina  und  Syrien-,  p.  11;"). 

'1,  Seit,  Jerusalem  und  das  heilige  band-,  p.<ill  bringt  eine  Stelle  aus 
HliaioNYMUS  Kpit.  Paul,  bei,  in  welcher  ein  turaulus  des  Königs  Archelaos  in 
der  Nähe  von  liethlehem  erwähnt  wird,  und  ist  geneigt,  diese  Worte  vom 
Herodeion  zu  verstehen.     1).  U. 


99 


und  65in  —  eine  Übereinstimmung  mit  den  oben  an<;egebenen 
Massen ,  welche  bei  einem  Nachahmer  römischer  liauten  ,  wie 
llerodes,  nicht  ohne  Hcdeiitunfj;  ist.  Das  (irubmal  müsste  dann 
in  der  Mitte  des  Hofes  oder  in  der  Wandnische  dem  Eingange 
gegenüber  gesucht  -werden.  Wölbte  sich  je  eine  Kuppel  über 
dem  Hofe,  so  konnte  das  Licht  von  der  Galerie  des  inneren,  nur 
einstöckigen  Rinidbaues  von  allen  Seiten  in  den  überdeckten 
Raum  eindringen. 

Nur  genauere  Untersuchungen  iind  Ausgrabungen  können 
die  Frage  nach  der  Stelle  der  Ueisetzung  des  llerodes  entschei- 
den .  Neben  den  genannten  Punkten  könnte  auch  wohl  eines  der 
königlichen  Gebäude  am  Fuss  des  lierges,  das  vielleicht  mit  einer 
Höhle  in  \'erbindung  stehen  mochte,  in  Betracht  kommen.  Uer 
Frankenberg  ladet  sehr  dazu  ein,  weitere  Nachforschungen  unter 
den  Trümmern  anzustellen. 


Mittheilungcii  über  Leben,  Sitte»  und  Gebriinehe  der 
Fellachen  in  Palästina'). 

Von  Rev.  F.  A.  Klein  in  Si^maringen. 

Die  hcviti^cn  Bewohner  Palästina's  (d.h.  die  Eingeborenen, 
atilad  el-arah^  Kinder  der  Araber;  Sing.:  ibn  arah^  Arabersohn) 
lassen  sich  in  sozialer  Hinsicht  in  drei  ziemlich  scharf  von  einan- 
der geschiedene  Klassen  eintheilen : 

1.  Die  Städtebewohner  [rnadaiü^  PI .  madamje) ,  d .  h .  die 
Bewohner  der  grösseren  Städte. 

2.  Die  Dorfbewohner  (ye//ä/A,  VX.fcUüh'in^  Hauern,  acker- 
bautreibende l^evölkerung ,  von  fulah.  er  bebaute  (das 
Land,  er  trieb  Ackerbau). 

3.  Die  Beduinen  [hedaioi^  AVüstenbewohner) ,  welche  sich 
als  die  Araber  »par  excellence«  ansehen  und  sich  deshalb 
mit  Stolz  el-arah^  »die  Araber«  nennen  und  auch  von 
Andern  so  genannt  werden. 

Diese  drei  Klassen  nnterscheiden  sich  sowohl  dinch  Sprache, 
Kleidung,  Hau  und  Einrichtung  ihrer  Wohnungen ,  als  auch 
durch  Sitten  und  Lebensweise  im  Allgemeinen  ziemlich  scharf 
von  einander,   so  dass  man  bei  einiger  Kenntniss  der  Leute  in 

1)  Die  Redaction  eröffnet  hiemit  die  Berichte  über  Leben,  Sitten,  Ge- 
bräuche etc.  der  Fellachen,  von  denen  in  dem  Kechenschaftsbericht  über  das 
Vereinsjahr  IST!)  p.  V  die  Kede  war.  Der  Verfasser  obiger  Mittheilungen, 
Herr  F.  A.  KLEIN,  der  Entdecker  des  Mesa-Steines,  lebt  allerdings  gegen- 
wärtig nicht  mehr  in  Palästina.  Derselbe  hat  aber  während  eines  2()jährigen 
Aufenthaltes  im  heiligen  Lande  besonders  in  seiner  Stellung  als  Geistlicher 
der  arabisch-protestantischen  Gemeinde  —  fünf  Jahre  lang  in  Nazareth,  die 
übrige  Zeit  in  Jerusalem  —  viel  Gelegenheit  gehabt,  namentlich  in  den  Filial- 
gemeinden mit  Fellachen  zu  verkehren.  Seine  Mittheilungen  beruhen  daher 
auf  jahrelanger  Beobachtung  und  werden  den  Lesern  der  Zeitschrift  sehr 
willkommen  sein.     D.  R. 


101 

der  Regel  gleich  auf  den  ersten  liliek  oder  beim  TTören  des  ersten 
Sat/es  den  Städter  vom  Fellachen  und  beide  voui  Ueduinen  Tuiter- 
scheiden  wird. 

Natürlich  giebt  es  zwischen  einzehien  Individuen  jecUn'  dieser 
Klassen  gewisse  Abstufungen  hinsichtlich  der  Intelligenz,  der 
Gesittung  und  der  Lebensweise,  aber  auch  zwischen  den  einzel- 
nen Städten ,  Dörfern  und  Beduinenstämmen  als  Gesammtheit 
bemerken  wir  allerlei  grössere  oder  kleinere  Unterschiede  in 
Sprache,  Klei(hing  und  Charakter.  So  ist  der  Nabuluser  der  Ty- 
pus eines  etwas  läppischen,  bornirten  Menschen  und  schon  seine 
Sprache,  z.  li.  die  Verwechslung  des  seh  mit  s,  se7ns  (Sonne)  an- 
statt schems,  welcher  er  sich  durchgehends  schuldig  macht,  die 
träge  und  gedehnte  Art,  mit  welcher  er  die  Schlusswörter  in  die 
Länge  zieht  [atd  tnä  suffööös  anstatt  ana  mä  scJmftösch]  reizen 
einen  ziim  Lächeln  iind  geben  Veranlassung  zu  manchem  Witz 
und  Spott.  Das  Charakteristische  des  Jafensers  ist,  dass  er  mit 
Leib  und  Seele  im  Handel  steckt  und  Geldmachen  seine  Keligion 
ist.  Die  Jervisalemiten  sind  dawatsclüje^  in  Jerusalem  der  tech- 
nische Ausdruck  für  diejenigen,  die  für  des  Sultans  und  des 
lleichs  Gedeihen  beten  i) .  Die  heiligen  Orte  beschäftigen  sowohl 
Muslimen  als  Christen  in  hohem  Masse ;  die  meisten  Christen 
hängen  mehr  oder  Aveniger  von  ihren  Klöstern  oder  kirchlichen 
Leitern  ab,  sind  einem  gewissen  Pauperismus  verfallen  imd  haben, 
mit  seltenen  ehrenhaften  Ausnahmen,  alles  wahre  Ehrgefühl, 
allen  edlen  Unabhängigkeitssinn  und  alle  Energie  zu  ernstem 
Streben  und  Schaffen  verloren. 

Was  nun  die  Dorfbewohner  betrifft,  so  sind  manche  sprüch- 
wörtlich geworden  als  Diebe  und  Betrüger,  so  z.B.  die  Bewohner 
von  hct  lianinä,  liftä  bei  Jerusalem,  kahäfij'e  im  Nabuluser  Ge- 
birge etc.,  andere  als  miruhige  und  händelsüchtige  Köpfe,  wie 
z.  B.  rümallah  bei  Jerusalem,  andere  wiederum  als  Dummköpfe, 
mit  denen  man  die  Mauern  durchstossen  könnte,  wie  z.  B.  die 
Leute  von  bet  dschalä  bei  Jerusalem.  Hier  sehen  wir  ein  Dorf 
[dschifna]  von  ruhigen,  ehrlichen  und  arbeitsamen  Leutchen  be- 
wohnt, und  ganz  in  der  Nähe  [i'cmiallah]  ein  Dorf  von  Scluirken, 
Dieben  und  lläubern,  w^elche  die  Hehörden  und  Gensdarmen 
Jahr  aus  Jahr  ein  in  Athem  erhalten.    Da  finden  wir  z.  \\.  in 

1)  IMeseForm  ist  ausdrücklich  von  dem  Herrn  Verf.  bestätigt  worden.  Man 
sollte  in  l'annnerung  an  diiä,  «Gehet,  Fürhitte«,  eher  ihi'ätschi  erwarten.  D.  M. 


102 


Hcthlehem  einen  äusserst  arbeitsamen  nnd  intelligenten,  erfin- 
derischen nnd  unternehmenden  Menschenschlag,  während  wir 
kaum  eine  halbe  Stunde  davon  entfernt  in  het  dscliälä  ein  ziem- 
lich schwerfälliges  und  ungehobeltes  Geschlecht  treffen,  dessen 
Sprache  schon  zu  erkennen  giebt.  dass  sie  aus  roherem  Material 
formirt  sind,  als  die  geschliffenen  Bethlehemiten.  Die  Nazarener 
sind  ein  wackeres,  muthiges  Völkchen  von  starkem  Unabhängig- 
keitssinn ,  auch  ihre  Sprache  ist  eine  kräftige ,  und  besonders 
werden  die  Gutturalen  reiner  und  kräftiger  ausgesprochen,  als 
man  es  sonstwo  in  Palästina  trifft.  So  hat  jeder  District.  ja  viel- 
fach jedes  bedeutendere  Dorf  seine  charakteristischen  Eigenheiten. 

Was  die  liediiinen  anbelangt,  so  sieht  z.  B.  der  Stamm  der 
heni  sachr  mit  souveräner  Verachtung  a\if  den  Stamm  der  ta  amire 
oder  gar  der  ghaxülirine  im  Jordanthale  hei-ab,  weil  diese  in  der 
Tliat  an  männlichem  Selbstgefühl,  Mnth  und  Avürdigem  Beneh- 
men jenen  bedeutend  nachstehen,  und  auch  weil  sie  sich  mit  dem 
Ackerbau  befassen,  was  jedem  ächten  Beduinen  als  eine  Ernie- 
drigung erscheint. 

Obschon  nun,  wie  oben  bemerkt,  die  drei  erwähnten  Klassen 
sich  ziemlich  scharf  von  einander  unterscheiden,  so  gibt  es  doch 
wiederum  vei'mittelndc  Elemente,  welche  den  Übergang  von  der 
einen  zin-  andern  Klasse  bilden.  So  giebt  es  einzelne  grössere 
Städte,  in  welchen  zwar,  was  Sitten,  Gebräuche  und  allgemeint; 
Lebensweise  betrifft,  die  städtische  Art  vorwaltet,  in  denen  sieh 
aber  auch  so  manche  Fellachenelemente  finden ,  dass  man  sie 
füglich  als  Mittelglied  zwischen  Städter-  und  Fellachcnthum  an- 
sehn kann.  In  diese  Kategorie  gehört  z.  B.  die  grosse  Stadt  Gaza. 
Hinwiederum  finden  wir  in  manchen  der  grösseren  und  wohlha- 
benderen Dörfer,  wie  Bethlehem  und  Nazarcth,  welches  trotz  sei- 
ner 5000  Einwohner  doch  nur  ein  grosses  Dorf  ist  und  dem  Fel- 
lachcnthum angehört,  manches  von  den  feineren  Elementen  der 
städtischen  (Zivilisation ,  und  ist  zwischen  der  Lebensweise  in 
solchen  bessern  Dörfern  und  derjenigeii,  wie  wir  sie  in  den  armen, 
besonders  in  den  rein  muslimischen  Hüttendörfern  beobachten, 
ein  sehr  grosser  Unterschied. 

Als  Mittelglied  zwischen  dem  Fellachen-  und  dem  Beduinen- 
thum  könnte  man  die  liewohner  der  Ortschaften  jenseits  des 
.lordans  im  (hchebel  ailschltm  und  in  der  /x-Ilftc  bc^trachten,  bei 
welchen   mau    neben   städtischen    mid    fcllachischen   Elementen 


1^03 

sehr  viel  von  der  Sprache,  den  Sitten  und  Gebräuchen  und  der 
Lebensweise  der  lieduinen  findet.  In  kcrek  besonders  k!ben  die 
meisten  christliclien  Familien  dem  j^anzen  Sommer  über  ganz  wie 
die  lieduinen  in  Zelten.  Den  Winter  nur  bringen  sie  in  ihren 
festen  Wolmungen  in  kcrek  zu,  wo  die  Einrichtinig  und  Ijchens- 
weise  dann  so  ziemlich  nach  Art  der  Fellachen  ist.  Die  Frauen 
des  Ostjordanlandes,  ob  christlich  oder  muslimisch,  sind  in  ihrer 
äussern  Erscheinung  kaum  von  den  IJeduinenfrauen  zu  unter- 
scheiden. 

Der  Städter  betrachtet  sich  natürlich  als  das  non  plus  ultra 
der  Civilisation  und  sieht  mitleidig  auf  den  »dummen,  mrgeho- 
belten«  Fellachen  herab.  Deshalb  ist  auch  der  Name  irfelläh  [ja 
felliili\  O  dii  Fellach!)  ein  beliebter  Schimpfname,  um  einen 
dummen ,  luigebildeten  Menschen  zu  bezeichnen.  Der  Fellach 
gesteht  ganz  gutmüthig  seinen  Mangel  an  feinerer  »städtischer« 
liildung  ein,  und  sein  naiver  Entschuldigungsgrund  für  manchen 
^  erstoss  und  dummen  Streich  ist  einfach  das :  mäni  fcUüh  ? ! 
I  >in  ich  denn  nicht  ein  Fellach  i !  Der  ächte  Beduine  aber  schaut 
mit  dem  Gefühl  der  Überlegenheit,  ja  mit  Verachtung  sowohl 
auf  den  Städter  als  den  Fellachen  herab  und  betrachtet  sich,  be- 
sonders wenn  er  von  seinem  Zeltlager  aus  die  weite  vor  ihm  aus- 
gebreitete Ebene  überschaut  oder  auf  seiner  edlen  Stute  daher- 
sprengt,  als  den  Hen"n  der  Schöpfung,  weit  über  dem  zwischen 
elenden  Mauern  eingeengten  Geschlecht  erhaben.  — 

Die  Fellachendörfer  sind ,  je  nach  dem  AVohlstand  ihrer 
liewohner  und  dem  Baumaterial ,  das  sie  in  ihrer  Umgebung 
vorfinden ,  besser  oder  sclilechter  gebaut.  In  den  gebirgigen  Ge- 
genden, wo  Steine  reichlicli  vorhanden  sind,  Averden  meistens 
Gewölbbauten  von  melu'  oder  weniger  fein  behauenen  Steinen 
aufgeführt.  In  Dörfern,  deren  Bewohner  wohlhabend  sind,  sehen 
wir  oft  eine  Anzalil  stattlicher  Bauten  mit  geräumigen,  durch  hohe 
feste  Mauern  eingeschlossenen  Höfen,  wo  das  Vieh  sich  bequem 
herumlagern  kann ;  die  Wohnungen  sind  grosse  und  hohe,  mit 
dicken  Mauern  versehene  und  auf  ungeheuer  massiven  Pfeilern 
[rokab^  Sing,  rokhe)  ruhende  gewölbte  Zimmer,  bei  welchen  es 
übrigens  dem  Erbauer  weniger  auf  Schönheit  des  Styls  und  strenge 
Symmetrie,  als  auf  Stärke  und  Dauerluiftigkeit  ankam  ') .    Selten 

1)  Der  ganze  Wohnungscomplex :  Wohnzimmer,  Stallunfien,  Hof.  ist  ein 


104 


sieht  man  in  diesen  Ränmlichkeiten  scharfe  Kanten,  correkte  Hö- 
ij;en  oder  genaue  Winkel ;  überhaupt  ist  der  Scliönheitssinn  bei 
den  jetzif3;en  liewohneni  des  heiligen  Landes  eben  so  wenig  ent- 
wickelt, als  er  es  bei  den  alten  Hebräern  gewesen  zu  sein  scheint. 
Dessenungeachtet  trifft  man  oft  in  reichen  Dörfern,  besonders  im 
Nabuluser  Gebirge,  Häuser,  vornehmlich  diejenigen  der  Schechs 
und  sonstiger  angesehener  Familien,  die  mit  allerlei  architekto- 
nischem Schmuck,  netten  Erkern  imd  Altanen,  reich  verzierten 
Portalen  und  Fenstereinfassinigen,  geziert  sind.  Sprüche,  Jahres- 
zahl der  Erbauung  [türlch]  sind  oft  über  den  Thüren  oder  sonst 
irgendwo  an  der  Mauer  angebracht;  überhaupt  lassen  es  sich  die 
Leute  oft  \iel  Geld  kosten,  um  ihre  Wohniingen  recht  stattlich  her- 
zurichten und  manches  Schechhaus  sieht  eher  einem  uneinnehmba- 
ren Castell,  als  einem  gewöhnlichen  Wohnhaus  ähnlich  ^so  z.  li.  in 
ahiKjhmch^  het  dschihrln.  er-ras.  dschaba\  sätmr  etc.  etc.).  Solche 
feste  Wohnungen  Avaren  übrigens  zu  einer  Zeit,  wo  die  verschiedt»- 
nen  Dörfer  in  beständiger  Fehde  mit  einander  lagen  und  öfteni 
])lötzlichen  Überfällen  ausgesetzt  waren,  ein  Ding  der  Nothwen- 
digkeit.  Wo  die  Mittel  nicht  zu  einem  Gewölbbau  reichen,  werden 
vier  Mauern  aus  theils  rohen,  theils  behauenen  Steinen  mit  Mör- 
tel oder  blossem  Lehm  als  Bindemittel  aufgeführt.  Diese  werden 
mit  rohen  Baumstämmen,  Asten  und  Reisig  überdeckt  und 
darüber  eine  etwa  einen  Fuss  dicke  Schicht  Erde  ausgebreitet 
und  gut  gestampft.  Das  Ganze  wird  dann  schliesslich  mit  einem 
aus  Lehm  und  Stroh  bereiteten  lirei  überzogen,  welcher  bald  .an 
der  Sonne  trocknet  inid,  besonders  da  das  Dach  nach  allen  Sei- 
ten abschüssig  ist,  den  nöthigcn  Schutz  gegen  die  winterlichen 
Regengüsse  gewährt.  Diese  Decke  wird  jedesmal  am  Anfang  des 
Winters  ausgebessert  und  mit  einer  Walze  midhale ')  geebnet 
und  festgedrückt.  Wo  dieses  vernachlässigt  wird ,  sickert  der 
Regen  in  die  Erdschicht  hinein  und  macht  dieselbe  so  schwer, 
dass  das  ganze  Dach ,  besonders  wenn  die  tragenden  lialken 
morsch  geworden  sind,  zusammenbricht,  was  gar  oft,  hau})tsäch- 
li(;h  bei  lange  anhaltendem  Regenwetter,  stattfindet  und  nicht 
immer  ohne  Unglück  vorübergeht.    In  Dörfern,  welche  nicht  in 

dar,  das  einzelne  Zimmer  ein  hct  oder  ötla,  die  Hütte  eine  cliosdmche,  PI.  chi- 
achiisrh. 

1)  Im   Jiihanon  lautet  dieses  Wort  nach  einer  Mittheihing  des  Herrn 
Dr.  Hautmann  aus  Beirut  ?»«/u/«/e.      D.  R. 


105 


zu  grosser  Entferninig  vom  Meere  liegen,  und  wo  die  Herbei- 
schafFung  von  IJalken  und  lirettern  deshalb  nicht  zu  schwierig 
und  kostspielig  ist.  werden  oft.  besonders  für  bessere  Oberzim- 
mer,  nette  Ilolzdecken  hergestellt  und  diese  mit  einer  Art  Cement : 
Kalk  und  Asche  mit  Kieselsteinchen  hasma  .  kleinen  Muscheln 
oder  gestossener  Töpferwaare  vermengt,  Avasserdicht  gemacht, 
so  z.B.  in  Nazareth  und  Umgegend. 

In  den  grossen  Ebenen  (bei  Gaza.  Jafa.  Akko  etc.),  wo  die 
Herbeischaffung  von  Steinen  mühsam  und  kostspielig  ist,  bauen 
die  Fellachen  ihre  Häuser  oder  vielmehr  Hütten  aus  an  der  Sonne 
getrockneten  Ijacksteinen  [tüh  i"   . 

In  der  Eegel  liegen  die  Dörfer,  wo  die  Verhältnisse  dieses 
zugeben,  erhöht,  entweder  auf  der  Höhe  oder  doch  am  Abhang 
eines  Hügels.  So  liegen  sie  in  der  Regenzeit,  wo  die  oft  acht,  ja 
vierzehn  Tage  anhaltenden  Regengüsse  manche  Ebenen  in  förm- 
lich unpassirbare  Sümpfe  verwandeln .  trocken.  Auch  sind  sie 
in  erhöhter  Lage  besser  gegen  Angriffe  der  Beduinenhorden  ge- 
schützt; der  Beduine  ist  nämlich  nur  ein  Herr  der  Ebenen  und 
»Gründe«  und  kein  auf  gebirgigem  Terrain  zu  fürchtender  Gegner. 

Die  Fellachendörfer  sehen  in  der  Regel,  wenn  nicht  etwa  die 
sie  umgebende  Natur,  grüne  Weinberge,  ein  Olivenhain,  einige 
graciöse  Palmbäume  oder  doch  wenigstens  ein  paar  belaubte 
Bäume,  ihnen  einigen  Reiz  verleihen,  ziemlich  unschön  und  unro- 
mantisch aus.  Da  sieht  man  weder  rothe  Ziegeldächer,  welche 
freundlich  gegen  die  weissen  Mauern  mit  grünen  Fensterläden 
abstechen .  noch  zierliche  Kuppeln  und  Minarete ,  welche  aus 
dem  einförmigen  Chaos  flacher  Dächer  emporragen  und  Variation 
in  die  monotone  Scenerie  hineinbringen.  Da  giebt's  nur  graue, 
ohne  Ordnung  und  Planmässigkeit  aufgebaute  Häuser  und  Häus- 
chen und  Hütten,  welche  alle  aus  der  Ferne  und  noch  mehr  in 
der  Nähe  ruinenmässig  oder  im  besten  Fall  doch  unfertig  er- 
scheinen. Denn  selbst  die  besten  Gewölbbaxiten  Averden  selten 
oben  abgeschlossen  und.  Avie  dies  in  den  Städten  geschieht,  mit 
einer  Brustwehr,  Avelche  mit  dem  Nützlichen  auch  das  Schöne 
verbindet,  versehen,  was  ihnen  Avenigstens  ein  fertiges  Aussehen 
verleihen  Avürde.  Sondern,  sobald  das  Gewölbe  ( oA'^i  aufgesetzt 
ist.   Avird  ein  Lehmbrei  darüber  gebreitet  und  die  Häuser  sehen 

1    Wie  mir  Hr.  Dr.  HaRTMAnx  niittheih ,  nennt  man  diese  Steine  in  Sy- 
rien libn  ;  vgl.  das  hebr.  lehenü.     D.  11. 

Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  m.  g 


106 


dann  aus  w^e  viereckige  Steinmassen  mit  aufgesetzten  Erclhügeln. 
auf  Avelchen  im  Frühjahr  das  Gras  wächst,  und  avo  man  hie  und 
da  ein  Schaf  oder  eine  Ziege  auf  die  "Weide  gehen  sieht.  Da  die 
Häuser  übrigens  ganz  die  Farbe  der  Erde  oder  der  sie  umgeben- 
den Felsen  haben,  so  kann  man  oft  aus  der  Ferne  kaum  unter- 
scheiden, ob  man  ein  Dorf  oder  einen  Haufen  Felsblöcke  vor  sich 
hat.  Am  erbärmlichsten  sehen  allerdings  die  Dörfer  aus,  deren 
Häuser  aus  getrockneten  Backsteinen  oder  Schlamm  erbaut  sind, 
wie  man  sie  in  den  grossen  Ebenen  antrifft.  Wird  ein  solches 
Dorf  aus  irgend  einem  Grund  einmal  von  seinen  Bewohnern  ver- 
lassen, was  öfters  geschieht,  so  bedarf  es  keines  Jahrhunderts, 
um  es  gänzlich  von  der  Erdfläche  verschwinden  zu  machen;  und 
auch  seine  Spur  ist  dann  nicht  mehr  aufzufinden,  wenn  nicht 
etwa  ein  ausgemauerter  ]3runnen  oder  ein  grosser  Mühlstein  seine 
Stätte  bezeichnet.  Dieses  ist  wohl  auch  ein  Grund,  warum  so 
mancher  in  der  Bibel  erwähnte  Ort  heute  nicht  mehr  aufzufinden 
ist.  Licht  und  Luft  braucht  der  Fellache  in  seiner  Wohnung  nur 
wenig,  und  grosse  Fenster,  durch  welche  ihm  diese  Gottesgaben 
zuströmen,  bedarf  er  deshalb  an  derselben  nicht.  Wie  sollte  er 
auch  mit  grossen  Fensteröfliiungen  sich  des  Winters  gegen  die 
Kälte,  den  Regen  und  die  scharfen  Winde  schützen,  da  er  den 
Luxus  der  Fensterscheiben  nicht  kennt,  und  der  Dorfschreiner 
(in  manchem  Dorf  gibt  es  überhaupt  einen  solchen  nicht)  nur  mit 
Mühe  Bretter  und  Balken  zu  einer  ordentlichen  Thüre  zusam- 
menfügen kann !  Der  Hauptgrund  jedoch,  warum  der  Fellache 
sich  mit  einem  oder  im  besten  Fall  mehreren  kleinen  Luftlöchern 
{(älia]  begnügt,  ist  die  Furcht  vor  nächtlichen  Besuchen  der  Diebe 
und  die  Absicht,  seine  Wohnung  in  Zeiten  feindlicher  Überfälle 
oder  eines  kleinen  Krieges  im  Dorfe  selbst  für  sich  oder  doch  die 
Seinigen  zu  einer  Art  Burg  zu  machen.  In  manchen  Dörfern, 
wie  z.  B.  rümallah,  existirt  die  rohe  Sitte,  dass  man  sich  in  stiller 
Nacht  zum  Hause  seines  Feindes  schleicht  und  durch  die  erste 
beste  ()ff"nung  eine  Flintenkugel  hineinjagt,  in  der  Hoffnung, 
dass  sie,  wenn  sie  nicht  tödtet,  doch  Schrecken  einflösst  und  ein- 
schüchtert. Schläft  die  Familie  nicht  gerade  der  Thüre  gegen- 
über, so  verursachen  solche  nächtliche  Schüsse  mehr  Schrecken 
und  Aufregung,  als  Schaden.  Den  Tag  über  bleibt  die  Thüre. 
wenn  die  Bewohner  zu  Hause  sind,  immer  offen ;  es  würde  als 
ein  Mangel  an  Lebensart  angesehn,  als  triebe  man  etwas  Schlim- 


107 

mes  und  wollte  sich  deshalb  den  lilicken  anderer  entziehen,  oder 
als  fürchtete  man  den  Besuch  eines  Gastes,  Avollte  man  die  Thüre 
zuschliessen.  Wozu  braucht  übrigens  der  Fellache,  Avenn  er  nicht 
etwa  Weber  oder  Schuhmacher  ist,  deren  es  Avenige  gibt,  eine 
helle  Wohnung?  Hält  er  sich  doch  meistens,  wenn  er  nicht  auf 
dem  Felde,  im  Weinberg  oder  im  Feigengarten  beschäftigt  ist, 
auf  der  Strasse ,  dem  Marktplatz ,  der  Dreschtenne  oder  sonst 
einem  öffentlichen  Platze  auf,  wo  er  am  Boden  hockend  oder  in 
der  warmen  Sonne  ausgestreckt,  sein  Schläfchen  macht,  ins 
]Uaue  hineinsieht  oder,  seine  Pfeife  schmauchend,  mit  seinen 
("oilegen  die  Tagesneuigkeiten  bespricht.  Wird  es  ihm  da  zu 
heiss  oder  zu  langweilig,  so  begiebt  er  sich  in  die  »Herberge« 
[nmdäfe],  Avelche  in  einem  Dorfe  das  Rathhaus,  Casino,  oft  auch 
die  Kirche  (bei  Muslimen)  repräsentirt.  Überhaupt  liebt  er  das 
»öffentliche  Lebena  und  sucht  seine  dumpfe  Wohnung  nur  auf. 
um  seinen  einfachen  Imbiss  zu  sich  zu  nehmen  und  an  geschütz- 
tem Orte  seine  Nachtruhe  zu  geniessen. 

Die  meisten  Häuser  sind  nur  einstöckig;  wohlhabendere 
Leute  aber,  und  besonders  die  Schechs,  halten  viel  darauf,  ausser 
der  Parterre-Wohnung  auch  noch  ein  Obergemach,  eine  soge- 
nannte üllije  zu  haben,  wo  geehrte  Gäste  beherbergt  werden 
können,  und  wo  auch  der  Hausherr  selbst  ungestört  mit  Freun- 
den sich  unterhalten  kann.  Hier  ist  man  vor  der  Zudringlichkeit 
und  Neugierde  unberufener  Besucher  und  Horcher  einigermassen 
geschützt;  auch  sind  diese  »Söllera  gewöhnlich  etwas  sorgfältiger 
gebaut  (die  Wände  verputzt  und  die  Böden  ordentlich  cementirt) , 
als  es  die  untern  Räumlichkeiten  sein  können,  wo  Menschen  aller 
Art  und  sogar  das  Vieh  Zugang  haben.  Meistens  ist  vor  dem 
Obergemach  auch  noch  ein  Stück  freier  Terrasse  {haz'ir,  in  Naza- 
reth  auch  miiliawioata  genannt),  bei  bessern  Häusern  mit  einer 
Brustwehr  versehen,  von  welcher  man  freie  Aussicht  und  frische 
Luft  geniessen  kann  und  welche  nach  der  Tageshitze  und  früh 
Morgens  ein  herrlicher  Aufenthaltsort  ist.  In  den  heissen  Ebenen 
sieht  man  auch  auf  sonst  elenden  Hütten  leichte,  aiis  Zweigen, 
Matten  und  Laub  aufgebaute  Oberzimmer,  wo  die  Hausbewohner 
während  der  heissen  Sommermonate,  besonders  Nachts,  Schutz 
gegen  die  drückende  Hitze  und  das  Ungeziefer  suchen,  welche 
die  unteren  lläumlichkeiten  fast  unbewohnbar  machen. 

Der  Stein,   welcher  zum  Bau  der  Häuser  benutzt  wird,  ist 

8* 


108 


der  überall  im  Land,  ausser  den  grossen  Ebenen,  reichlich  vor- 
handene, mehr  oder  weniger  harte  Kalkstein.  Es  giebt  davon  ver- 
schiedene Arten :  der  kakiiU ,  ein  gelblicher,  ziemlich  -weicher 
Stein ,  der  sich  besonders ,  wenn  er  frisch  gebrochen  ist ,  mit 
grösster  Leichtigkeit  behauen,  ja  mit  dem  Messer  schaben  lässt. 
Er  wird  zwar  an  der  Luft  härter,  ist  aber  kein  dauerhaftes  Ma- 
terial und  zerbröckelt  sehr  leicht.  Da  er  aber  leichter  ist,  als  die 
andern  Steinarten,  so  wird  er  oft  zum  Bau  oberer  Stockwerke 
benutzt,  um  die  auf  die  unteren  Gewölbe  drückende  Last  zu  ver- 
mindern ;  auch  wird  er  viel  zu  Thür-  und  Fenstereinfassungen 
gebraucht,  besonders  wo  allerlei  Verzierungen  angebracht  wer- 
den sollen.  Ein  zwar  härter  zu  bearbeitender,  aber  auch  bei 
weitem  dauerhafterer  Stein  ist  der  malaki,  schön  weiss  und  seine 
Farbe  bei  EiuAvirkung  der  Witterung  viel  besser  bewahrend  als 
der  kakidl.  Dieses  ist  der  Stein,  den  die  Fellachen  meistens  zum 
Bau  ihrer  bessern  Häuser  verwenden.  Der  je hüdl  (Judenstein) 
ist  ein  grauer,  oft  auch  gelblich  oder  röthlich  aussehender,  ausser- 
ordentlich schwerer  und  harter  Stein  und  wird  von  den  Fellachen 
zu  ihrem  Häuserbau  nicht  verwendet;  erst  in  den  letzten  Jahren 
ist  man  durch  den  grossen  Bedarf  an  Bausteinen  zu  den  vielen 
Bauten  in  und  um  Jeitisalem  dahin  gebracht  Avorden.  diesen  Stein 
Avie  die  weicheren  Sorten  viereckig  zu  behauen  und  wie  den  ma- 
laki  zu  benützen,  und  es  sind  besonders  die  Bethlehem-  und  het 
f/scÄ«/«-Steinhauer,  welche  sich  durch  Gebrauch  passender  In- 
strumente \ind  Übung  eine  ausserordentliche  Fertigkeit  im  Be- 
hauen dieses  Steines  erworben  haben.  An  sehr  alten  Ruinen 
sieht  man  ZAvar,  dass  die  frühern  Geschlechter  diese  Steinart  zu 
verwenden  Avussten,  sie  aber  meistens  auch  nur  ganz  roh  bear- 
beiteten oder  als  unbehauene  Blöcke  auf  einander  legten.  In  und 
um  Nazareth  A'erAvendet  man  hauptsächlich  einen  sehr  porösen 
Kalkstein,  wän,  Feuerstein  genannt.  Avohl  deshalb,  Aveil  er  im 
Feuer  nicht  zerspringt  und  daher  auch  für  den  Bau  von  Backöfen 
gebraucht  Avird.  Für  Aufführung  des  GcAvölbes  braucht  man 
vorzüglich  den  auch  sehr  porösen  und  verhältnissmässig  leichten 
sogenannten  akküd,  d.  h.  GcAvölbstein  (von  'akd,  GcAVÖlbe).  In 
neuerer  Zeit  verAvendet  man  in  Bethlehem  besonders  ziemlich 
allgemein  einen  sehr  schönen,  aber  auch  scliAver  zu  bearbeitenden 
Kalkstein,  mizzi  höht  genannt.  In  einigen,  dem  Jordan,  dem  See 
Tiberias  und  dem  todten  Meer  nahe  gelegenen  Gegenden  sieht 


109 


man  aus  schAvarzem  Basaltstcin  gebaute  Dörfer.  Avelche  einen  gar 
melancholischen  Eindruck  machen.  Natürlich  benützen  die  Leute 
das  Material  von  alten  Kuinen,  wo  sich  solches  voi-findet.  und 
sieht  man  deshalb  in  manchen  Dörfern  grosse  Steine,  Kapitale 
und  Säulenstücke  in  den  neuen  Bau  eingefügt.  Der  Mörtel  {ßn) 
besteht  aus  Kalk  [schul)  mit  gesiebter  Erde  vermischt ;  bei  klei- 
nern Häuschen  und  Hütten  genügt  ein  blosser  Lehrabrei.  l^eim 
Bau  eines  Hauses,  vorzüglich  eines  Gewölbbaues,  kommt  es  vor 
allem  darauf  an,  dass  man  die  Fundamente  auf  festen,  gesunden 
»Fels«  [mehr,  'eräk]  lege,  und  man  gräbt  oft,  wo  man  diesen  nicht 
bald  findet,  eben  so  tief  hinab,  als  man  dann  in  die  Höhe  baut, 
und  ist  nicht  eher  beruhigt,  als  bis  man  festen  Felsen  gefunden 
hat.  Ein  Grund  dafür  ist  natürlich,  dass  man  für  die  fürchterlich 
schweren  Gewölbbauten  eine  feste  Unterlage  haben  muss ;  aber 
ein  weiterer  Grund  hängt  mit  dem  dortigen  Klima  zusammen. 
Die  winterlichen  Stürme  und  llegengüsse  von  October  bis  April 
bringen  nämlich  in  der  Regel  solche  Massen  Wasser  herab,  dass 
dasselbe  mehrere  Fuss  tief  in  den  Boden  eindringt  und  Alles  er- 
weicht; ein  Fundament  von  blosser  Erde,  wenn  auch  im  Sommer 
sehr  fest,  wird  unter  solchen  Umständen  der  Last  nachgeben  und 
der  Bau  zusammenstürzen. 

Der  Bau  eines  neuen  Hauses  in  einem  Dorfe  ist  immer  ein 
grosses  Ereigniss.  Des  Erbauers  Gedanken  sind  dann  haupt- 
sächlich mit  diesem  wichtigen  Geschäfte  erfüllt.  Schon  beim 
Abmessen  und  Graben  der  Fundamente  setzt  er  sich  zu  seinem 
Architekten,  l^aumeister  und  Maurer  (alles  in  Einer  Person  ,  seine 
Pfeife  behaglich  rauchend,  und  verfolgt  den  ganzen  l^rocess  mit 
höchstem  Interesse,  gelegentlich  Beifall  bezeigend,  Rath  erthei- 
lend  oder  zur  Arbeit  ermunternd.  Gute  Freunde  und  Xachbaren 
und,  besonders  wenn  es  sich  um  den  Bau  der  Wohnung  eines 
Schechs  oder  einer  sonstigen  DorfAvürde  handelt,  die  »Honora- 
tioren«, als  da  sind  Mdi,  mufti,  chafib ,  Priester,  Aelteste  des 
Dorfes,  gesellen  sich  gelegentlich  zu  ihm,  um  ihre  Theilnahme 
an  dem  Avichtigen  Geschäfte  zu  beweisen.  Da  wird  geschwätzt, 
geraucht,  zu  wiederholten  Malen  Kaffee  getrunken,  der  Maurer 
belobt  oder  ihm  llath  erthcilt,  die  Knaben  \nid  Mädchen,  auch 
Weiber.  Avelche  in  Körbchen  [h'oße]  Schutt  Avegtragen  oder  auf 
kleinen  viereckigen  Brettchen  iinkl)\  Mörtel  herbeitragen,  aufge- 
muntert.   Ohne  einen  Aufseher  oder  Treiber  [wakkäf).   Avelcher 


110 

mit  der  Peitsche  oder  einem  Stock  bcAvafFnet  immer  umhergeht, 
wie  ein  Schäferhund  um  die  Heerde  Schafe,   und  die  Saumse- 
ligen mit  emem  gelegentlichen  Hieb  zur  Arbeit  antreibt,  geht 
es  auch  hier  nicht  ab.    Von  Zeit  zu  Zeit,  besonders  wenn  die 
Arbeit  schon  lange  gedauert  und  die  Hitze  drückend  geworden 
ist  und  der  Eifer  erlahmen  will,  wird  ein  Liedchen  angestimmt. 
Der  Eine  singt  einige  Strophen  vor,  worauf  der  Chor  einfällt  — 
oft  barer  Unsinn ,   manchmal  Witze  und  Anspielungen  auf  ein 
schönes  Bachschisch  oder  gute  Abfütterung,  die  man  am  Schluss 
der  Arbeit  sich  erbittet,  was  Alles  zu  schallendem  Gelächter  ver- 
anlasst.   Der  Maurer   [mo^allem]  ist,   Avährend  der  Bau  vor  sich 
geht,  eine  geachtete  Persönlichkeit,  welche  vom  BaTiherrn,  selbst 
wenn  er  ein  strenger  Muslim  und  der  Maurer  ein  Christ  ist,   mit 
der  grössten  Rücksicht  behandelt  Mird.     Es  ist  besonders  das 
öftere  DaiTeichen  eines  Tässchen  schwarzen  Kaffees,    was  den 
Mavirer  bei   der   schweren  Arbeit  in  des  Tages  Hitze  bei  guter 
Laune  erhält;   auch  thut  ihm  die  damit  verbundene  Ehre  wohl. 
Zum  Erstaunen  ist  es  anzusehen,   wie  der  arabische  Maurer  von 
Sonnenaufgang  bis  Sonnenuntergang,  auf  der  Mauer  stehend  der 
fürchterlichsten  Hitze  ausgesetzt,   mit  einer  Unterbrechung  von 
nur  11/2  Stunde  zu  Mittag  seine  schwere  Arbeit  vollbringt,  mit 
wenig  Nahrung  zufrieden  und  mit  keiner  weitern  Stärkung  den 
ganzen  Tag  über  als  hie  und  da  einem  Tässchen  Kaffee,  was  der 
Araber  überhaupt  bei  Hitze  und  Ermüdung  für  die  beste  Erfri- 
schung hält.    Ist  das  Werk  dann  so  Aveit  gediehen,   dass  die  Sei- 
tenmaueni  [helalcd]  dastehen,  das  Gerüst  [dohär]  für  das  GcAvölb 
aufgerichtet  inid  die  Form  desselben  aus  Asten,  Reisig,  Matten 
und  darüber  geschütteter  Erde  hergerichtet  ist,  und  das  Gewölbe 
selbst  nun  gemacht  werden  soll,    so  läuft  das  ganze  Dorf  zusam- 
men, um  bei  dieser  Arbeit  Hilfe  zu  leisten  und  zugleich  an  dem 
am  Schlüsse  zu  veranstaltenden  Festmahl  Theil  zxi  nehmen.    Da 
geht  es  nun  an  ein  Rennen  und  Laufen,   Singen  und  Schreien, 
dass  man  ganz  toll  wird.  Einige  bereiten  Mörtel;  Mädchen,  Kna- 
ben und  Weiber  reichen  ihn  dem  »Meister«,   Männer  und  Jüng- 
linge schleppen  akhüd  herbei.    Der  Maurer  reiht  Stein  an  Stein 
und  wirft  zwischen  hinein  den  Mörtelbrei ;  er  wirft  und  hämmert 
und  keucht  und  schwitzt  dabei  aus  allen  Poren ;  zAvischen  hinein 
summen  die  Kinder,    singt  der  Chor  der  Männer,   trillern   die 
Weiber  zaghürtti ,  bis  endlich  der  »feierliche«  Augenblick  heran- 


111 


gekommen  ist,  wo  der  Schlussstein  {(/halak)  eingefügt  werden  soll. 
Der  Maurer  hält  inne  und  schickt  sich  dann  an,  nachdem  ein 
Jüngling  mit  Stentorstimme  dem  ganzen  Dorfe  verkündigt  hat, 
dass  es  nun  zur  Krönung  des  Werkes  gekommen  ist.  auf  würdige 
Weise  den  ganzen  Akt  zu  vollziehen.  Zugleich  schielt  er  aber 
mit  erwartungsvollem  Blick  hinüber  zum  Bauherrn,  welcher  denn 
auch  nach  vollbrachter  That  auf  ihn  zuschreitet  und  ihm  einen 
Ehrenmantel,  einen  schwarzen,  mit  Silberstickerei  verzierten  abä 
über  die  Schultern  hängt  oder  ihm  sonst  noch  ein  Bachschisch 
einhändigt.  Nun  fällt  die  ganze  Versammlung  über  das  mittler- 
weile bereitete  Festmahl,  Reis,  Fleisch  und  Brod,  her  und  zer- 
streut sich  schliesslich  höchlichst  erfreut  über  die  Arbeit  und  den 
Lohn.  Oft  habe  ich  derartigen  Scenen  in  Nazareth  und  benach- 
barten Dörfern,  als  rene^  jäfa  etc.,  beigewohnt.  Wären  die  Leute 
so  glücklich,  ein  »Tageblatt«  oder  einen  »Dorfanzeiger«  zu  be- 
sitzen, so  würde  wahrscheinlich  ein  langer  Leitartikel  den  näch- 
sten Tag  alle  die  Details  des  grossen  Ereignisses  bringen  und 
dafür  sorgen,  dass  es  auch  spätem  Geschlechtem  noch  bekannt 
werde. 

Zu  jedem  ordentlichen  Wohnhaus  gehört  nothwendig  ein 
Backofen  [tübün  ^j);  denn  das  Brod  ist  bei  den  Arabern  der  »StafF 
of  life«.  Wenn  der  Arme  nur  AVeizen  oder  auch  nur  dura  feine 
Art  Hirse)  hat,  um  sein  Brod  daraus  bereiten  zu  können,  so  ist 
er  gut  verproviantirt  und  hinreichend  gegen  Mangel  und  Hun- 
gersnoth  geschützt.  Alles  Andere,  selbst  Fleisch,  ist  ihm  nur  ein 
Zugemüse,  das  er  im  Nothfall  auch  entbehren  kann.  Manches 
Haus  hat  seinen  eigenen  Backofen,  öfters  aber  theilen  sich  meh- 
rere Familien  in  Einen.  Derselbe  besteht  aus  einer  aus  Lehm 
und  unbehauenen  Steinen  errichteten  Hütte,  kaum  so  hoch,  dass 
man,  durch  die  kleine  Thüre  hineingekrochen,  sich  darin  auf- 
richten kann.  Hier  ist  die  Hauptmaschinerie  der  Ofen:  eine  aus 
Lehm  geformte  Platte  oder  Schüssel,  etwa  Y2  Meter  im  Durch- 
messer, der  Boden  derselben  mit  kleinen  Kieselsteinen  [hisa]  be- 
legt und  ein  genau  daraufpassender,  ebenfalls  aus  Lehm  gemach- 
ter Deckel  [smäme]  mit  ziemlich  langem  Griff.  Soll  nun  gebacken 
werden,  so  wird  die  Schüssel  mit  dem  Deckel  zugedeckt,  eine 
gute   Quantität  Kuh-,    Pferde-  oder  Schafmist  auf  demselben 

1)  In  Syrien  und  dem  Libanon  kennt  man  für  Backofen  nur  dasAVort/wvi 
(nach  Dr.  Hartmanx;  .  D.Red.  Ebenso  in  den  Städten  Palästinas.  Klein. 


112 

aufgeschüttet  und  angezündet.  Nach  einigen  Stunden  ist  die 
ganze  Schüssel  und  besonders  die  darin  befindlichen  Kieselsteine 
glühend  heiss ;  die  Asche  wird  nun  vorsichtig  vom  Deckel  ent- 
fernt, derselbe  abgehoben  und  der  bereitstehende  Teig  in  dünnen 
Fladen,  etwa  wie  Pfannkuchen,  auf  die  glühenden  Kieselsteine 
gelegt,  und  in  wenigen  Minuten  ist  der  Brodiladen  gebacken. 
Ist  das  Kacken  zu  Ende,  so  wird  die  Schüssel  wiederum  zugedeckt, 
die  noch  glühende  Asche  darüber  gebreitet  und  weiteres  Brenn- 
material dazugethan,  so  dass  der  Ofen  fortwährend  heiss  erhalten 
wird.  Da  die  1  Jackofenhütte  beständig  Avarm  ist,  so  kriecht  auch 
hie  und  da  im  kalten  Winter  ein  Fellache  hinein,  um  sich  zu 
Avärmen  oder  gar  sein  Schläfchen  darin  zu  machen.  Werden  auch 
seine  Kleider  von  dem  eigenthümlichen  Geruch  des  Dünger- 
rauches parfümirt,  so  macht  ihm  das  nichts,  und  die  Asche  schüt- 
telt er  ab,  so  wie  die  Spottreden  seiner  Kameraden.  Vor  einiger 
Zeit  aber  passirte  es  einer  Mutter,  dass  sie  in  strenger  Winterzeit 
ihr  kleines  Kind  auf  einer  Matte  in  eine  solche  Backofenhütte 
legte,  um  es  zu  erwärmen;  als  sie  es  aber  nach  längerer  Zeit 
holen  wollte,  fand  sie  es  todt  und  halb  gebraten.  Der  Backofen 
war  zu  heiss  gewesen. 

Jedes  grössere  Dorf  ist  in  Jßrcit  (Quartiere)  eingetheilt.  Diese 
erhalten  ihre  Benennung  entweder  von  ihrer  Lage  [el-Jiäret  el- 
fökä ,  das  obere  Viertel ;  el-häret  et-tahtä ,  das  untere  Viertel) 
oder  von  der  Familie  [hamide  =  clan,  Familienverband) ,  Avelche 
dasselbe  bewohnt.  So  giebt  es  z.B.  in  dem  Dorfe  ramallah  eine 
häret  esch  - schakara ,  Quartier  der  Schakara;  hZiret  el-hadade. 
Quartier  der  Hadade  u.  s.  w.  —  Diese  dasselbe  Dorf  bewohnen- 
den Familienverbände  [hama'il]  liegen  oft  in  jahrelanger  Fehde 
mit  einander,  und  dann  betritt  keines  des  andern  Gebiet.  Jedes 
hat  dann  seine  eigene  Herberge  [madäfe]  ,  und  Avenn  z.  B.  in 
einem  christlichen  Dorfe  die  Kirche  in  dem  Quartier  A  Hegt  und 
die  Bewohner  des  Quartiers  B  mit  demselben  in  Feindschaft  sind, 
so  wird  oft  Jahre  lang  kein  Bewohner  des  Quartiers  B  den  Gottes- 
dienst in  der  Kirche  besuchen.  Kommt  es  nach  längerer  Zeit 
durchaus  zu  keiner  Avissöhnung,  so  wird  vielleicht  das  Quartier 
B  einen  eigenen  Priester  wählen  und  seine  eigene  Kirche  ein- 
richten, wie  ich  es  z.  B.  in  dem  Dorfe  taijibe  (Ophra  ^)  beobachtet 
habe.  Damit  ist  dann  aller  A'erkehr  zAvischen  beiden  Parteien 
gründlich  abgeschnitten.    Eine  gemeinsame  Herberge  in  einem 


113 

Dorfe  kann  deshalb  als  Zeichen  der  Eintracht  der  Bewohner  an- 
gesehen werden.  Avährend  das  A'orhandensein  von  verschiedenen 
Herbergen  gewöhnlich  auf  sich  bekämpfende  Parteien  schliessen 
lässt. 

»ÖfFentlichc  Gebäude« ,  »Anstaltena  und  »Institute«  giebt  es 
in  einem  Dorfe  eigentlich  nur  zwei,  nämlich  eines  für  kirchliche 
Zwecke  :  Kirche  [kenlse]  oder  Moschee  {dschämz,  Versammlungs- 
ort) und  eines  für  Aveltliche  ZAvecke,  die  Herberge  [madäfe.  man- 
zul) .  In  manchem  Dorfe  befindet  sich  noch  etwa  die  Grabstätte 
irgend  eines  »Heiligen«  (wei^,  iceli  oder  schech) ,  ein  sogenannter 
makcmi,  meistens  ein  mit  einer  Kuppel  versehenes  und  von  schat- 
tigen liäumen  umgebenes  kleines  Gebäude.  In  muslimischen 
Dörfern  ist  die  »Herberge«  gewöhnlich  auch  der  Gebetsort 
[dschämi) ,  wo  der  Fremde,  der  hier  einkehrt,  nicht  blos  Obdach 
und  Nahrung  findet  und  sich  mit  den  »Bürgern«  über  Civil-  und 
politische  Angelegenheiten  besprechen  kann,  sondern  auch  Ge- 
legenheit hat,  sich  mit  der  kirchlichen  Gemeinde  zum  Gebete  zu 
vereinigen.  Der  Marktplatz  [sük]  oder  Fruchtmark  [itschrene^ 
Nazareth)  in  grössern  Dörfern,  der  »Laden«  [dukkäu]  in  kleinern, 
sind  ebenfalls  Orte,  wo  man  sich  zusammenfindet,  um  sich  die 
Tagesneuigkeiten  mitzutheilen  oder  auf  sonst  eine  Weise  die 
übrige  Zeit,  deren  der  Fellach  immer  emen  grossen  Vorrath  hat, 
todtzu  schlagen. 

Die  innere  Einrichtung  der  Fellachenwohnung  ist  sehr  pri- 
mitiv. Das  Zimmer  ist  in  zwei  übereinander  liegende  Käumlich- 
keiten  abgetheilt ,  wovon  die  untere  von  dem  ^'ieh  —  Ochsen. 
Kühe,  Esel,  Hühner  — ,  die  obere  [mastabe.  sidde)^  zu  welcher 
man  auf  einer  kleinen  Treppe  emporsteigt,  von  den  Menschen 
bewohnt  wird.  Auf  diese  Weise  hat  der  Fellache,  wenn  er  Nachts 
seine  Thüre  zugeschlossen  hat,  seine  ganze  Familie  bei  sich  und 
kann  sie  schützen  und  pflegen.  Da  das  Vieh  sich  in  der  untern 
Abtheilung  aufhält,  so  ist  der  als  Wohnplatz  der  Familie  benutzte 
Raum,  Avelcher  gewöhnlich  einen  mit  irgend  einem  Cement  be- 
legten Boden  hat,  leichter  rein  zu  halten.  Wo  ein  grösserer  ^"ieh- 
stand  vorhanden  ist,  hat  man  natürlich  besondere  Räumlichkeiten 
für  denselben.  Kommt  ein  Gast  an,  so  hat  die  Hausfrau  oder 
die  Tochter  nichts  Eiligeres  zu  thun,  als  den  Boden  schnell  zu 
kehren  und  eine  Strohmatte  [hasire  oder  in  bessern  Familien 
einen  Teppich  {siddsc/iüde,  hesiU]  auszubreiten,   worauf  man  sich 


114 


setzt.  Haben  sich  nach  einer  Weile  die  Augen  des  Besuchers 
einigermassen  an  das  Halb-  oder  Vierfünftel-Dunkel  der  Räum- 
lichkeit gewohnt,  so  ist  er  Avohl  neugierig,  sich  das  Ameublement 
dieses  eigenthümlichen  Empfangsalons  anzusehen.  Dasselbe  hat 
er  bald  in  Augenschein  genommen,  da  es  Aveder  aus  zahlreichen 
noch  kunstvoll  gearbeiteten  Stücken  besteht.  Da  befinden  sich 
ein  oder  mehrere  von  den  Weibeni  und  Mädchen  aus  Lehm  und 
Stroh  fabricirte  Behälter  zur  Aufbewahrung  von  Weizen  oder 
Gerste  'chZihije^  V\.  cliaxmhi] .  Oben  hat  derselbe  eine  Öffnung, 
wo  der  Weizen  hineingeschüttet  Avird ;  am  untern  Ende  ist  ein 
kleines  rundes  Loch,  das  man  mit  irgend  einem  Lappen  zustopft. 
Durch  dasselbe  Avird  der  jedesmalige  Bedarf  entnommen. 

Da  diese  Behälter  geAvöhnlich  etAvas  von  der  Wand  abstehn, 
so  befindet  sich  hinter  denselben  eine  bequeme  «Rumpelkammer«, 
Avo  aller  unnöthige  oder  unschöne  Kram  aufl:>eAvahrt  Avird,  imd 
Avo  der  Aveibliche  Theil  der  Eamilie  auch  im  Nothfall  einen  pas- 
senden Versteck  findet.  In  einer  Ecke  steht  ein  grosser  bauchiger 
Wasserbehälter,  auch  chähije  genannt  und  ebenfalls  Fabrikat  der 
Hausfrau,  Avelcher  mehrere  Krüge  [tscharra]  Wassers  hält.  Ein 
kleines  Krüglein  vom  selben  Stoff  dient  zum  Herausschöpfen  des 
jedesmaligen  Bedarfs  und  zugleich  zum  Trinkbecher.  Wo  es 
etAvas  eleganter  hergeht,  hat  man  Avohl  ein  aus  schAvarzer  Erde 
verfertigtes,  mit  rothen  Verzierungen  geschmücktes  und  mit  einer 
Schnauze  versehenes  Trinkkrüglein  [küz)^  aus  dem  der  Geübte 
den  Wasserstrahl  in  den  Schlund  fallen  lässt,  ohne  dass  seine 
Lippen  die  Schnauze  berühren.  Vergessen  darf  nicht  Averden  ein 
anderes,  höchst  Avichtiges  Listrument,  die  Mühle.  Zum  Heizen 
des  Zimmers  und  gelegentlichen  Kochen  oder  Kaffeebereiten  ist 
in  der  Wand  ein  Kamin  vorhanden ,  Avelches  aber  in  manchen 
Fällen  nicht  mit  einem  Schornstein  versehen  ist,  durch  Avelchen 
der  Rauch  entweichen  kann.  Es  ist  dann  dem  Rauch,  Avelcher 
sich  reichlich  aus  dem  schlechten  Brennmaterial  entAvickelt,  er- 
laubt, nachdem  er  die  BcAvohner  des  »Salons«  nicht  blos  zum 
Weinen,  sondern  fast  bis  zur  VerzAvciflung  gebracht  hat,  durch 
irgend  ein  in  der  AVand  angebrachtes  kleines  Luftloch  ganz  all- 
mählich zu  entAveichon.  Diese  Heizmigsart  hat  übrigens  den 
Vortheil,  da  die  Zimmer  Aveder  verj)utzt  noch  tapezirt  Averden, 
dieselben  nach  und  nach  mit  einem  bramien  und  stellenAveise 
scliAvarzglänzenden  Überzug  zu  versehen.     Auf  das  Kamin  oder 


115 

sonst  irgend  einen  ^'orspl•llno■  wird  die  einfache  irdene  Lampe 
[sirädsch]  hingestellt,  welche  in  der  Regel  die  ganze  Nacht  hin- 
durch von  Zeit  zu  Zeit  mit  dem  nöthigen  Oel  versehen  Avird. 
Denn  nur  der  ärmste  Mensch  schläft  hei  den  Arahern  im  Finstern, 
und  Avenn  es  von  einem  heisst :  Der  Arme,  er  schläft  im  Finsteni 
[alal-  atme) ,  so  will  das  so  viel  heissen  als  :  Der  arme  Kerl  hat 
keinen  Pfennig  mehr,  um  Oel  zu  kaufen,  hei  dem  ist's  Matthaei 
am  letzten.  Eine  grün,  roth  oder  hraun  angestrichene,  mit  aller- 
lei Flitter  verzierte  Kiste  [ßcmdäh]  enthält  die  Garderohe  und 
»Kleinodien«  der  Frau,  ist  auch  der  sicherste  Ort  zur  Aufbewah- 
rung von  Geld,  Dokumenten  und  andern  Werthgegenständen. 
Obschon  nun  die  meisten  dieser  Kisten  mit  einem  einfachen 
Apparat  versehen  sind,  der  ein  Glöckchen  schellen  macht,  sobald 
der  Schlüssel  umgedreht  wird,  so  ist  es  schon  oft  geschehen, 
dass  Diebe  sich  des  Inhaltes  solcher  ^andük'^a  durch  nächtliches 
Einbrechen  in  die  Wohnung  und  Wegschleppen  der  wxrthvollen 
Kiste  bemächtigt  haben.  Ein  paar  irdene  und  hölzerne  Gefässe 
[büti/e,  PI.  hawctti)  stehen  da  zum  Teigmachen  und  Kochen.  Eine 
oft  recht  nett  mit  schAvarzem  und  rothem  Stroh  verzierte  runde 
Strohmatte  {tahak),  die  Arbeit  der  Frauen  und  Mädchen,  ist 
Tisch,  Tischtuch  und  Platte.  Ein  irdener  Krug,  in  manchen 
Dörfern  ein  lederner  Schlauch  [kirbe]  und  Eimer  [delu]  dienen 
zum  AVasserholen.  Das  sind  die  hauptsächlichsten  Möbel  und 
Hausgeräthe,  deren  der  Fellache  bedarf,  und  er  lebt  glücklich, 
heiter  und  zufrieden  in  seinem  patriarchalischen  Heim. 

Fortsetzung  folgt.) 


Die  Davidsstadt,  der  Saloiuoteicli  imd  die  Gräber  der 

Könige  iu  Jerusaleiu. 

Von  Baron  von  Alteil  in  Montreux. 

Wie  viel  den  Israeliten  einst  daran  gelegen  sein  mnsste.  in 
der  Landschaft  von  Jebns  festen  Fuss  zn  fassen ,  leuchtet  gar 
bald  ein,  wenn  wir  uns  nur  der  für  ganz  Palästina  überaus  gün- 
stigen Lage  von  Jebus  erinnern.  Dieser  Bezirk,  zwischen  den 
nördlichen  Stämmen  Israel' s  und  dem  Stammgebiete  Juda's  ein- 
gekeilt, lag  auf  der  Wasserscheide  des  ganzen  Landes,  am  Kreu- 
zungspunkte verschiedener  Karawanenstrassen  zwischen  Aegypten 
und  Spien,  zwischen  dem  Mittelmeere,  dem  todten  Meere  und 
dem  Euphrat  höchst  vortheilhaft.  Diese  A'orzüge  mussten  dem 
jungen  König  David  den  Besitz  der  Stadt  ungewöhnlich  ver- 
lockend erscheinen  lassen  und  ihn  bestimmen,  jenen  von  Natur 
festen  Sitz  der  Jebusiter  zum  Mittelpunkte  des  israelitischen  Ge- 
meinwesens, zum  Yereinigungspunkte  der  militärischen  und 
commerciellcn,  ja  später  auch  der  religiösen  Interessen  auszu- 
wählen. Hier  also  war  Schonung  der  endlich  sich  unterwerfen- 
den Völkerschaft  das  jetzt  allein  der  Staatsklugheit  Entsprechende. 
und  die  Eroberung  von  Jebus  hat  sicherlich  nicht  mit  einer  ent- 
schiedenen Knechtung  der  Einwohner  abgeschlossen,  wie  viele 
Erklärer  der  Berichte  über  dieselbe,  vielleicht  durch  deren  sehr 
bedauerliche  Kürze  und  Verworrenheit  verleitet,  vorausgesetzt 
haben.  Vergegenwärtigen  Avir  inis  zunächst  den  Angriff  auf  die 
Feste  Jebus  mit  den  Vorbereitungen  dazu,  um  uns  dadurch  die 
Lage  der  dabei  in  Betracht  kommenden  Oertlichkeiten  um  so 
besser  veranschaulichen  zu  können. 

1.  Wenn  wir  uns  dem  durch  die  Wortkargheit  in  II  Sam.  5, 
6  ff.  und  selbst  I  Chron.  12  ill).  4  ff.  unwillkürlich  hervorge- 
brachten  Eindrucke    einer    ganz    ungewöhnlichen   Energie   und 


17 


Schlagfertigkeit  seitens  der  bisher  so  zertheilten  und  damals 
schwerfällig  den  Angriff  der  Feinde  erwartenden  israelitischen 
Stämme  entziehen  nnd  uns  dagegen  in  die  der  Bestürmung  von 
Jebus  vorhergehende  Lage  der  Dinge  versetzen,  so  wird  uns  bald 
klar  werden,  wie  es  dem  jungen  Könige  bei  dem  rasch  durch  ihn 
erfolgten  Aufgebote  und  bei  dem  erstmaligen  Ansammeln  der 
erforderlichen  Mannschaften  avis  ihren  entfernten  AVohnsitzen, 
nicht  Aveniger  während  des  Herbeischaffens  des  Feldzeuges  und 
der  Angriffsmaterialien  zur  Berennung  einer  wohlverwahrten  und 
kampfbereiten  Feste  gleichmässig  an  Zeit  und  Raum  gemangelt 
haben  müsse  —  wie  dem  Könige  deshalb  zunächst  auch  die  Er- 
werbung eines  Operations-  oder  Stützpunktes ,  nämlich  einer 
geräumigen  und  daneben  leicht  zu  befestigenden  x\nhöhe.  welche 
der  feindlichen  Feste  möglichst  nahe  lag.  als  erstes  Erfordeniiss 
künftiger  Erfolge  habe  erscheinen  müssen. 

Keine  Höhe  aber  in  der  nächsten  Umgegend  der  Feste  Jebus, 
die  auf  den  Klippen  des  nachherigen  W. -Hügels  der  jüdischen 
Hauptstadt  gelegen  war,  kann  aber  damals  diesen  Erfordernissen 
so  genau  entsprochen  haben,  als  der  jener  Feste  im  Osten  gele- 
gene Zionshügel.  wie  ihn  die  Jebusiter  schon  damals  benannt 
hatten,  der  spätere  Tempelberg,  welchen  nur  ein  schmales,  wenn 
auch  tiefes  Thal  von  der  anzugreifenden  Höhe  trennte.  Die  Fläche 
des  Zion  mit  ihren  schroffen  Abstürzen  reichte  andererseits  völ- 
lig aus ,  dem  jüdischen  Volksheere  als  Lagerstätte  zu  dienen, 
ohne  den  mitten  inne  dort  hervorragenden ,  ihm  vermuthlich 
schon  ehrwürdigen  heiligen  Fels  zu  benachtheiligen.  Zur  dauern- 
den Herstellung  eines  solchen  festen  Punktes  bedurfte  es  freilich 
zuvörderst,  laut  der  auch  bei  den  Israeliten  gebräuchlichen  Kriegs- 
regeln, der  Vmfriedigung  des  Plateau's  mit  einem  Schutzwalle 
und  der  Einnahme  einiger  von  den  Jebusitern  dort  errichteten 
festen  Thünne.  Besonders  eine  Einfriedigung  des  Lagers  wird 
diesmal  nicht  versäumt  worden  sein,  wo  eine  stark  bewehrte, 
Avegen  ihrer  höhern  Lage  die  schwachen  Stellen  der  jüdischen 
Lagerstatt  beobachtende  Feste  ihm  gegenüberlag,  aus  welcher 
täglich  Ausfälle  zu  erwarten  waren. 

Dass  der  König  für  seine  Person  sich  in  dieses  Zelt-  und 
Hüttenlager  der  Jiulen  zurückgezogen  habe,  ist  nicht  wahrschein- 
lich. Wir  haben  vielmehr  einige  am  Zionshügel  selbst  belegene 
Aussenwerke  der  Jebusiter  hier  ins  Auge  zu  fassen,   deren  Be- 


118 


Setzung  zunächst  erforderlich  war  und  deren  emes  vermuthhch 
von  DaA^id  vorläufig  zu  seinem  Aufenthalte  auserkoren  wurde. 
Es  gehört  vor  allem  zu  diesen  die  im  N.  des  Zion  sich  erhebende 
kleine  Felsenburg,  welche  auf  ihrem  Felsenkegel,  isolirt  von  der 
Kethzethahöhe,  die  nördliche  Oberfläche  des  Zion  so  vollständig 
überragte  und  beherrschte,  dass  sie  schon  von  ihren  jebusitischen 
Erbauern  die  »Zionsburg«  oder  »ZionsAvarte«  benannt  worden  war. 
David  hatte  sich  ohne  Zweifel,  unvermuthet  mit  einer  auserlese- 
nen Mannschaft  durch  eine  kleine,  später  völlig  ausgefüllte 
Schlucht  hinaufschleichend,  bis  zu  der  Felsenklippe,  welche 
diese  Verbürg  trug,  herangemacht,  die  Besatzung  durch  plötz- 
lichen Überfall  überrascht  und  vertrieben  und  sich  selbst  auf 
diesem  Luginsland  als  seinem  demnächstigen  Hauptquartiere 
festgesetzt  K .  Ganz  analog  der  alsbald  zu  besprechenden  Namen- 
gebung  an  die  Lagerstätte  der  Juden  selbst  auf  Zion  ward  bald 
nach  dieser  ersten  kühnen  That  David' s  die  AVarte  von  dem 
jüdischen  Kriegs volke  in  eine  «Davidsburg«  umgetauft.  Ja  der 
junge  König  scheint  durch  seinen  Handstreich,  der  von  den  Sei- 
nen bald  gefeiert  Averden  sollte,  in  jener  Zeit  der  Umwandlung 
mehrerer  alter  jebusitischer  Namen  in  israelitische,  der  erwähn- 
ten Schlucht  gleichfalls  einen  neuen  Namen  erworben  zu  haben, 
nämlich  den  des  »Königsgrundes«,  wie  wir  solchen  noch  in  II  Sam. 
18,  18  finden.  Die  Bezeichnung  »Davidsburg«  hat  jedoch  später, 
seitdem  der  Salomonische  Tempel  sich  in  Zion's  Mittelpunkte 
erhob,  dem  Namen  der  »Tempelburg«  weichen  müssen,  wie  wir 
denselben  noch  nach  dem  Ende  der  Königszeit  von  Nehemia  an- 
gewandt finden  (Neh.  2.  8  und  7,  2  :  blra ,  »Burg«].  Die  Burg 
diente  damals  dem  Hananja,  »dem  Obersten  der  Burg  über  Jeru- 
salem«, als  Vertheidigungspunkt  und  Aufenthalt.  Dass  endlich 
jenes  Felsennest  von  dem  syrischen  Könige  Antiochus  Epiphanes 
Akra  benannt  und  zur  Zwingburg  über  den  nahen  Tempel,  wie 
über  die  ganze  Stadt  bestimmt  worden  sei,  mag  hier  nur,  um 
seine  anerkannt  feste  Lage  anzudeuten,  erwähnt  sein.  Noch 
heute  weisen  schwach  erkenntliche  Spuren  im  NW. -Winkel  des 
Haräm  auf  die  Mühe  hin.  welche  die  erbitterte  Stadtbevölkerung 
sich  einige  zwanzig  Jahre  nachher  unter  ihres  Fürsten  Simon 
Maccabiuis  Leitung  gab.  jede  Erinnerung  an  diese  Schmach  zu 

1;  \>1.  ZJ)rV.  I,  p.SO.  S4f. 


119 

tilgen  1) .  Aber  der  Name  Akra  blieb  nicht  nur  hartnäckig  an  der 
Stelle  selbst  haften,  sondern  breitete  sich  halbmondförmig  ^veiter 
in  einer  schmalen  Hänserzone  um  den  Fuss  des  Heiligthnms 
heiaim  bis  zu  dessen  Südseite  (Ophel)  aus,  wie  dies  Josepiius 
verschiedentlich  zu  erkennen  giebt^i. 

Zu  gleicher  Zeit  mit  der  Überrumpelung  der  ZionsAvarte 
wird  das  jüdische  Heer  sich  vermuthlich  auch  noch  eines  ande- 
ren .  näher  an  Jebus  gelegenen  Vorwerkes  bemächtigt  haben, 
nämlich  des  an  der  westlichen  Felsenkante  der  Zionshöhe  und 
über  der  von  uns  noch  mehrfach  zu  besprechenden  Schlucht, 
dem  nahal^  icZid  oder  Stadtthale.  Avachthaltenden  jebusitischen 
Millo -Forts.  Wir  finden  dasselbe  H  Sam.  5,  9  als  Brücken- 
kopf am  Eingange  des  von  Zion  nach  Jebus  führenden  Erddam- 
mes und  mit  der  Davidsstadt  verbunden,  als  den  Mittelpiinkt  der 
jüdischen  am  Zion  errichteten  Yertheidigungswerke  aufgeführt. 
Eine  so  frühe  Erwähnung  dieser  Bastion,  nämlich  zu  einer  Zeit, 
wo  die  Festung  Jebus  selbst  noch  gar  nicht  in  die  Hände  David' s 
gefallen  war,  beAveist,  dass  Millo  unmittelbar  am  Zion,  dagegen 
nicht  am  W. -Hügel  gelegen  hat.  Zudem  würde  ja  dessen  häufig 
an  der  NW. -Ecke  der  Oberstadt  supponirte  Lage  gegen  die  An- 
nahme derer  streiten,  welche  hier  den  noch  heute  stehenden 
Davidsthurm  zur  Vertheidigung  dieser  Ecke  erbaut  werden  lassen. 
Und  diejenigen,  Avelche,  Avie  SocI^■  (in  Baedeker's  Palästina  und 
Syrien'^,  p.  25;.  den  Millothurm  auf  der  NO. -Ecke  des  W. -Hü- 
gels ansetzen  und  ihn  damit  Avohl  dem  Tempelberge  etwas  näher 
bringen,  übersehen  dabei,  dass  nach  Josephus  Bell.  jud.  VI,  S,  1 
der  Parteiführer  Simon  auf  eben  dieser  Stelle  gegen  den  Johannes 
einen  Thurm  erbaute.  Ein  Millo  konnte  demnach  nicht  auf  die- 
sem Punkte  dem  Tempelberge  gegenüber  sich  erheben.  Der 
Name  scheint.  Avie  die  Ausdrücke  Zion  und  Silla  .letzterer  für 
den  Übergang  zu  ihrer  Festung),  eine  den  Jebusitern  angehörige 
Bezeichnung  gCAvesen  zu  sein,  also  eine  von  den  Juden  schon 
vorgefundene  Benennung,  Avelche  ein  bcAvohnbares  Castell  auf 
künstlich  aufgehäufter  Unterlage  avaATjixjjLa)  bedeutet  haben  mag. 
Auch  im  Buche  der  Richter  6,  9.  12  spielt  ein  Thurm  Millo  zu 
Sichem  eine  Rolle  als  dortige  Citadelle. 

Eine  Vorfeste   oder  kleines  VertheidigungSAverk  ähnlicher 

1)  Vgl.  ZDPV.  I,  p.  7.5  f.  2)  Vgl.  ZDPV.  II,  p.  189  ff. 


120 


l)estimmung,  wie  die  eben  genannten,  scheint  sodann  drittens 
neben  der  Zionsburg  und  der  Millo-Bastion  ebenfalls  noch  den 
Jebnsitern  damals  angehört  zu  haben.  Es  war  der  Migdal-Eder, 
eine  schon  seit  sehr  frühen  Zeiten  nach  Süden  hin  über  die  Trif- 
ten und  Weiden  um  Bethlehem  und  Thekoa  ausspähende,  das 
Herannahen  viehraubender  Nomaden  verkündende  Warte  auf  der 
Südspitze  des  Zion- Ausläufers ,  deren  ursprünglichen  Z^veckes 
man  sich  noch  spät  in  der  beibehaltenen  Bezeichnung  des  »Heer- 
denthumis«  erinnerte.  Er  war  anscheinend  unterwärts  mit  einer 
schwachen  Quelle  versehen,  wie  dies  einer  Yiehhürden-Befesti- 
^ung  zukam,  deren  geringe  Ergiebigkeit  zu  Alias'  Zeiten  das 
Missvergnügen  der  umAvohnenden  Stadtbevölkerung  erregte 
Jes.  8,  61  und  nachher  zu  seines  Sohnes  Hiskia  Felsendurch- 
brach  den  Anlass  gab  (II  Kön.  20,  20.  II  Chron.  30,  2  ff .  30. 
Sirach  48,  18).  Der  Prophet  Micha,  ein  Zeitgenosse  des  Jesaja. 
nennt  den  Migdal-Eder  neben  dem  «Hügel  der  Tochter  Zion'sc, 
die  Warte  neben  der  sie  tragenden  Höhe,  indem  er  Cap.  4,  8  die- 
sen Berg  mit  dem  Gotteshause  darauf,  ja  ganz  Jerusalem  feiert, 
als  seine  alte  Herrlichkeit  wieder  erlangend  nach  der  ihnen  zuvor 
zugefügten  Schmach.  Dass  David  sich  vor  allem  dieser  drei 
sicherlich  schon  von  den  Jebnsitern  befestigten,  aber  wegen  ihrer 
isolirten  Lage  schwer  gegen  die  jüdische  Streitmacht  zu  halten- 
den Punkte  bemächtigt  habe,  und  zwar,  noch  ehe  es  ihm  gelungen 
war.  das  Lager  seiner  Kriegsvölker  auf  dem  Rücken  des  Zion  mit 
Befestigungen  zu  umAvallen,  dass  ihm  hiernächst  diese  Aussen- 
werke  treffliche  Stützptmkte  geboten  haben  —  das  ist  aus  ihrer 
Lage  zu  ermessen,  indem  sie  wie  ein  schützendes  Festungsdreieck 
das  jüdische  Standlager  in  ihrer  Mitte  umgaben. 

Wenn  wir  somit  annehmen,  dass  durch  diese  Besitznahmen 
am  Zion  selbst  die  Berennung  von  Jebus  eine  geraume  Zeit  ist 
aufgehalten  worden,  so  haben  wir  überdies  an  jene  vielfachen 
Nachrichten  aus  der  weit  späteren  Geschichte  Jerusalem's  zu 
erinnern,  um  nachzuweisen,  wie  diese  Stadt  bei  ihren  vielfachen 
Belagerungen  durch  so  wohlgerüstete  Heere,  als  die  der  AssjTer, 
Chaldäer  und  Römer,  ja  der  Juden  selbst  unter  ihrem  neuernann- 
ten Könige  Herodes  waren,  immer  erst  nach  mühsamen  und 
langwierigen  Arbeiten  gefallen  ist.  Man  beachte  vor  allem  auch 
die  Schildennigon  des  Josbphus  von  den  scliAvierigen  Belagerun- 
gen der  Römer  unter  Pompejus.  Sosius  und  Titus.    Sollte  nun 


121 

der  uns  beschiifrij^cndc  Angriff  David's  und  seines  noch  nicht 
im  FesUinj^skrieije  eino;eübtcn  Heeres  auf  dieselbe  .Stadt  einen 
rascheren  Erfolg  erzielt  haben,  als  die  Mühen  jener  tüchtigem 
Kriegsvölker  des  Alterthums  ?  —  Auch  deutet  ja  die  Bibel  selbst 
die  unvermeidliche  Langwierigkeit  der  A'orarbeiten  der  Israeliten 
zum  Sturmlaufen  an.  wenn  sie  zu  berichten  nicht  unterlässt,  wie 
während  dieser  Vorbereitungen  Angreifer  wie  Belagerte  'nach 
Alt  der  Homerischen  Helden  vor  Troja)  sich  die  Weile  durch 
mündliche  Herausforderungen  und  Hohnreden  zu  kürzen  bestrebt 
waren.  Noch  in  späteren  Zeiten  mochten  diese  Prahlereien  hin 
und  her  über  das  Gränzgewässer  der  kämpfenden  Heere,  nämlich 
jene  sogleich  noch  Aveiter  zu  besprechende  »Rinne«  auf  dem 
Gninde  der  zAvischenliegenden  Schlucht,  pikant  genug  erschei- 
nen ,  um  im  Gedächtniss  des  Volkes  fortzuleben  und  sogar  in 
dessen  heiligen  Büchern  verzeichnet  zu  werden.  Hatte  doch  dem 
Anscheine  nach  König  David  in  Person  nicht  verschmäht,  an 
diesem  Wortgefechte  lebhaften  Antheil  zu  nehmen  (H  Sam.  5,  8). 
2 .  Den  Angriffspunkt  auf  Jebus  im  allgemeinen  betreffend, 
könnte  man  erwarten,  David  habe,  gleich  einigen  späteren  Feld- 
herren, etwa  daran  gedacht,  jenen  an  die  NW. -Ecke  der  Festung 
anstossenden  Landsattel,  den  südlichen  Ausläufer  des  Go'a-Ab- 
falls .  zunächst  zur  Basis  seiner  Sturmangriffe  zu  verwerthen. 
Jedoch  ist  es  nach  den  Andeutungen  der  Bibel  mehr  als  walu- 
scheinlich.  dass  er  die  schon  erwähnte  zwischen  dem  jüdischen 
Heerlager  und  der  feindlichen  Stadt  sich  hindurchzwängende 
Schlucht  und  zwar  die  Umgebung  des  damals  allerdings  augen- 
blicklich abgetragenen,  über  dieselbe  führenden  Dammes  der 
Jebusiter  hierzu  benutzt  habe.  AVenn  nämlich  jene  oben  ge- 
nannten Heerführer  später  meistens  gegen  die  Oberstadt  ihren 
Angriff  richteten,  so  dürfen  wir  nicht  übersehen,  dass  diese  Dis- 
position nur  so  lange  bevorzugt  wurde,  als  der  Tempelberg  sich 
noch  nicht  in  ihrem  Besitze  befand  und  es  unthunlich  war,  von 
dort  einen  Angriff  gegen  die  Stadt  zu  unternehmen.  David  da- 
gegen Hess  eben  von  dem  durch  die  Seinen  schon  besetzten  Zion 
aus  seine  Sturmkolonnen  gegen  Jebus  vorriicken.  Entschei- 
dend für  diese  Auffassung  ist  eben  der  ihm  ziigcschriebene  Aus- 
druck »Kinne«,  mit  welchem  er  dasjenige Hinderniss  bezeichnen 
wollte,  das  die  angreifenden  Juden  noch  abhielt,  sich  des  gegen- 
überliegenden Hügels  und  der  dortigen  Festung  zu  bemächtigen. 

Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  HI.  9 


122 


Als  er  es  nämlich  an  der  Zeit  hielt,  den  Befehl  zum  Angriffe  zn 
ertheilen .  zuvor  jedoch  der  Sitte  gemäss  die  Seinen  durch  ein 
Mahnwort  anziifeueni  wünschte,  welches  an  die  höhnende  Kede 
erinnerte,  mit  der  die  Jebusiter  sich  gerühmt  hatten,  ihre  Festungs- 
mauern getrost  den  Lahmen  und  Blinden  ihrer  Stadt  zur  Ver- 
theidigung  überlassen  zu  können  —  während  sie  selbst  entschlos- 
sen seien,  den  Israeliten  in  offener  Feldschlacht  vor  den  Thoren 
entgegen  zu  treten  —  als  er  ferner  auch  die  Obersten  seiner  Heer- 
schaaren  durch  Zusage  von  Beförderungen  und  Ehrenstellen  zum 
Wetteifer  anzuspornen  für  nöthig  befunden  hatte,  schloss  er  seine 
Ansprache  mit  der  Versicherung,  dass  in  seinen  Augen  das  Haupt- 
erforderniss  des  Erfolges  darin  liege ,  die  zwischen  ihnen  und 
dem  Feinde  annoch  sich  hinziehende  Rinne  zu  bewältioren.  sie 
nämlich  rasch  zu  besetzen  und  unter  allen  Umständen  zu  behaup- 
ten (IlSam.  5,  6— S.    I  Chron.  12  (11),  4—7). 

Die  Frage  ist  also  :  was  war  diese  Rinne  ?  ^)  Man  hat  sich 
bemüht,  wegen  dieses  Ausdrucks  die  abenteuerlichsten  Erklä- 
rungen vorzubringen.  Auf  die  einfachste  aber  ist  man  nicht  ver- 
fallen, weil  man  den  Zion  und  folglich  auch  die  sich  an  ihm  hin- 
ziehende Rinne  auf  einer  ganz  falschen  Stelle  suchte  und  dabei 
nur  die  Festung  .Jebus  selbst  im  Auge  halten  zu  müssen  glaubte  •^  . 
Geht  man  jedoch  vom  nachmaligen  Terapelberge  aus,  so  wird 
alles  einleuchtend.  Denn  dann  kann  man  unter  diesem  von  Da- 
vid ihr  beigelegten  Spottnamen  unmöglich  etwas  anderes  ver- 
stehen .  als  das  damals  noch  tief  einschneidende  Stadtthal  im 
Westen  Zion's  nebst  dem  sie  durchströmenden  Rinnsal,  w^elches 
laut  der  Bücher  Samuelis  und  der  Könige  auch  nach  der  bald 
eintretenden  Erweiterung  der  Stadt  als  die  Lücke  an  der  Davids- 
stadt und  Tiefe  neben  der  Millobastion  (besonders  in  I  Kön.  11. 
27)  hervorgehoben  wird.  Diese  schon  in  ältester  Zeit  durch  Sturz- 
bäche tief  eingefurchte  Einkerbung  zwischen  Oberstadt  und  Zion 
erscheint  in  späterer  Zeit  vorzugsweise  als  toäd  oder  nahal  und 


1)  Hebr.  -.-rs.  Dieses  "Wort  findet  sich  ausser  in  II  Sam.  5,  S  noch  Ps.  42, 
S  und  wird  in  letzterer  Stelle  allgemein  als  »Wasserfall,  Katarrakt«  gedeutet. 
Zu  der  so  schwierigen  Stelle  II  Sam.  5,  (i— S  vgl.  "VVklijiavsen,  Text  d.  Bü- 
cher Samuelis  p.  1(52  ff.,  mit  dessen  Auffassung  der  Herr  Verf.  allerdings 
nicht  übereinstimmt.     U.  Ked. 

2)  Vgl.  meine  Abhandlung  »Zion«  in  ZDPV.  II,  p.  tS— 47. 


123 


ist  häufig  an  Stellen  zn  snppliren.  wo  die  Neueren'  sehr  irrtliüm- 
lich  den  Kidron  als  den  einzigen  Winterbach  heranziehen  -wollen 
(z.  B.  in  Neh.  2,  15),  Später  mehr  und  mehr  durch  Geröll  und 
Trümmerwerk  verflacht,  scheint  diese  Rinne  zum  Bereich  des 
Tempelbergs  selbst  gerechnet  zu  sein,  so  dass  gegen  Ende  der 
Selbständigkeit  des  jüdischen  Staatswesens  Josephus  mit  Recht 
den  vom  Temi)elberge  sich  westlich  hinabsenkenden  und  ihn 
umziehenden  Abhang  bald  unter  der  Benennung  t;  -/.arcu  ttoäi; 
(»Unterstadt«),  bald  unter  der  noch  uneigentlicheren  von  Akra 
mit  dem  Bereich  des  Heiligthums  in  enge  Verbindung  brachte. 
Das  Thal  selbst  führt  er  Bell.  jud.  V,  4,  1  mit  dem  Namen  t;  täv 
Tupo-oiciv  cpapay?,  »Thal  der  Käsemacher«,  an. 

Die  Bibelausleger  haben  nun,  um  den  ihnen  befremdlichen 
Ausdruck  »Rinne«  zu  erklären,  in  ihrer  Noth  bald  nach  den  Dach- 
rinnen der  Jebusitischen  Häuser,  bald  nach  deren  Abzugskanälen 
(Kloaken) ,  bald  auch  nach  den  Mauerzinnen  der  Festung  selbst 
gegriffen.  Caspari^)  will,  dass  Joab  durch  eine  weitläuftige  Was- 
serleitung hindurch  in  die  Jebusiterburg  eingedrungen  sei,  ob- 
gleich wir,  bevor  Salomo  seine  genialen  Aquäducte  gebaut  hatte. 
von  einer  solchen  durchaus  nichts  wissen.  Der  natürlichsten  Er- 
klärung in  Betreff  dieser  Rinne,  des  tiefen  Einschnittes  ZAAischen 
Zion  und  Jebus,  will  sich  niemand  erinnern,  offenbar  um  nur 
nicht  zugeben  zu  müssen,  dass  die  westliche  Hochstadt  (Jebus) 
notliAvendig  erst  nach  Überwindung  und  Besetzung  dieser  Was- 
serrinne vom  Zion  her  angegriffen  werden  konnte,  dass  somit  der 
letztere  auf  der  ostlichen  Höhe  gelegen  hat.  Liess  dagegen  Da^id 
vom  Zion,  dem  O. -Hügel,  sein  Heer  angreifen,  so  konnte  er  mit 
Grund  aussprechen,  dass  vor  allem  dieser  grossartige  Festungs- 
graben zu  durchkreuzen  und  zu  bewältigen  sei,  ehe  man  mit  dem 
Feinde  drüben  handgemein  Averden  könne.  —  Was  aber  die  da- 
malige Tiefe  desselben  anlangt,  so  ist  neuerlich  durch  die  Nach- 
grabungen der  englischen  Ingenieure  dieselbe  als  ursprünglich 
über  85  englische  Fuss  betragend  unter  der  jetzigen  durch  all- 
mähliche Ausfüllung  gebildeten  Obei^fläche  nachgcMiesen  wor- 
den 3),     Bei   der  betreffenden  Bestürmung  senkte  sich  also  der 

1)  Auch  noch  Fukuer,  vgl.  Schenkel's  Bibellexicon  II,  p.  4ü"j,  Art. 
Gihon. 

2)  Theulog.  Studien  und  Kritiken,  Jahrgang  1S()4,  p.  :i2T. 

3)  Recovery  of  Jerusalem,  p.  115  und  131. 

9* 


124 


dortige  schroffe  Abfall  jenes  Plateau's  um  nahezu  100  Fuss  hmab, 
und  die  Überwindung  der  Erdspalte  mag  den  Jebusiteni  ernste 
Bedenken  erregt  haben,  deren  Folgen  bald  hervortreten  sollten. 

3.  Der  Sturm  auf  Jebus  und  die  dazu  auffordernde  Rede 
David' s  sind  also  nachdrücklich  genug  im  Buche  Samuelis  ange- 
deutet Im  späteren  Buche  der  Chronik  werden  diese  Umstände 
noch  flüchtiger  berührt.  In  keinem  von  beiden  Geschichtswer- 
ken wird  aber  der  eigentlichen  Eroberung  und  Einnahme  der 
Stadt  die  geringste  Erwähnung  gethan.  Dass  nun  die  biblischen 
Erzähluno^en  in  dem  hiernach  nothwendiff  eintretenden  Stadium 
des  Kampfes  und  der  Entscheidung,  wo  mit  dem  Überschreiten 
der  «Kinne«  eben  der  kritische  Moment  des  Sturmes  eintreten 
musste,  sich  plötzlich  eines  so  unerwarteten  Stillschweigens  be- 
fleissigen;  dass  in  II  Sam.  5  zwischen  den  Versen  8  und  9  und 
ebenso  in  I  Chron.  12  zwischen  den  Versen  6  und  7  der  Schluss- 
bericht  über  den  Erfolg  der  Juden  bei  ihrem  Sturmangriffe  gänz- 
lich unterblieben  ist,  falls  wirklich  eine  gewaltsame  Einnahme 
der  Feste  und  ein  Blutbad  unter  deren  Einwohnerschaft  einge- 
treten sein  sollte ;  dass  endlich  bei  einer  solchen  \'erwüstung  das 
Niederreissen  heidnischer  Heiligthümer  auch  nicht  mit  einem 
einzigen  lobenden  Worte  sollte  aufgeführt  Avorden  sein  —  das 
alles  wäre  als  unwillkürliche  Lücke  oder  Auslassung  in  beiden 
Geschichtsbüchern  äusserst  schwierig  zu  begreifen.  Wohl  aber 
lässt  sich  ein  solches  stillschweigendes  Überspringen  völlig  er- 
klären, sobald  wir  annehmen,  dass  die  bisher  supponirte  blutige 
Bewältigung  der  Jebusiter  überhaupt  gar  nicht  das  Kcsultat  des 
fraglichen  Zusammenstosses  gewesen  wäre,  sondern  —  dass  die 
Stadt  nach  David's  sichtbaren  Fortschritten  sich  ihm  auf  Gnade 
und  Ungnade  rechtzeitig  ergeben  habe.  Th?:>'Ius  >)  geht  ganz 
ohne  Bemerkung  über  dies  bedenkliche  Stillschweigen  hinweg 
und  hilft  sich  in  Bezug  auf  die  des  Abschlusses  entbehrende  Er- 
zählung damit,  dass  er  in  II  Sam.  5,  S  ein  durchaus  unmotivirtes 
Hysteronproteron  annimmt:  »David  hatte  (ehe  das  eben  Berich- 
tete geschah  gesagt.«  Es  wird  mit  einer  solchen  Annahme  von 
Thenius  doch  wenigstens  eine  längere  Dauer  der  Helagening  zu- 
gestanden, wenn  auch  nach  deren  Erfolge  nicht  weiter  geforscht 
wird.    1>t:ktheaü2)  übergeht  seinerseits  das  »desselbigcn  Tages« 

1  J)ie  Bücher  Samuelis  erklärt-    1S(.>4)  p.  Kio  f. 

2  Die  Bücher  der  Chronik-  A^l'-i    p.  112. 


125 

(II  Sam.  5,  Sj   nicht  ganz  mit  Stillschweigen  und  giebt  damit 
wenigstens  zu  .   dass  David  für  jenen  Tag  die  liestürmung  an- 
gesetzt und   damals   doch  wohl  hinreichenden  Anlass  zu  einer 
aufmunternden  Ansprache  gefunden  habe ;    allein  auch   dieser 
Commentator  hält  sich  nicht  für  berechtigt,  das  zweite  IJuch  8a- 
muelis  und  die  von  demselben  abhängige  Chronik  für  eine  so 
schAver  begreifliche  Auslassung  verantwortlich  zu  machen,   oder 
aber,  was  weit  näher  liegt,  dreist  den  Schluss  auf  eine  freiwillige 
Übergabe  der  Stadt  Jebus  und  auf  eine  Kapitulation  unter  gün 
stigen  Bedingungen  zu  Avagen.    Wird  doch  die  Verwüstimg  der 
Stadt  mit  keinem  Worte  erwähnt !  Jener  eigenthümliche  l^rauch, 
den  Boden  einer  eroberten  Stadt  mit  Salz  zu  bestreuen  (Rieht.  9, 
45),  um  anzudeuten,   dass  der  Ort  auch  in  Zukunft  unfruchtbar, 
unbew^ohnt,  «ein  salziges  Land«  (Jer.  17,  6),  »eine  Salzgrube  und 
ewige  W'üsteneia  (Zeph.  2,  9)    sein  solle,  wird  hier  ganz  ausser 
Acht  gelassen.    Eine  gewaltsame  Bezwingung   der  Feste  Jebus 
mit  rücksichtslosem  Hinschlachten  der  Einwohner,   wie  die  mo- 
saischen Bücher  das  Verhalten  Israel's  gegen  die  Kanaaniter  vor- 
schreiben, fand  ersichtlich  nicht  statt.    Das  Stillschweigen  der 
betreifenden  Geschichtsbücher  ist  eine  um  so  auffallendere  Un- 
terlassung, weil  wir  an  dieser  Stelle  einen  Siegesbericht  erwarten, 
und  doch  einige  Zeilen  Aveiter  in  II  Sam.  5,  nämlich  V.  17  —  25. 
die  die  Philister  vernichtenden  Überfälle  David's  mit  einem  ge- 
wissen Behagen  weitläuftig  auseinandergesetzt  Averden.    Es  steht 
ferner  fest,  dass  die  EiuAvohner  von  Jebus  in  dem  ungestörten 
Besitz  ihrer  Habe  und  ihres  Gutes  blieben.  In  I  Chron.  12  (11),  & 
Avird  berichtet :  »Joab  aber  Hess  leben  die  Übrigen  in  der  Stadt«  i) . 
In  David's  späterer  Zeit  hat  AraA^na  der  Jebusiter  noch  Grundbe- 
sitz in  Jerusalem  II  Sam.  24.  16  ff.    Unter  Salomo  finden  Avir  die 
Jebusiter,   freilich  Avie  alle  UnterAvorfenen  zu  Frohndiensten  ge- 
zwungen.  AA-ieder  I  Kön.  9,  20.     Aus  Sacharja  9,  7  ist  mehrfach 
ein  freundliches  Verhältniss  derselben  zu  der  mosaischen  Glau- 
bensgenossenschaft,     Avenn    nicht    eine   Aufnahme   in    dieselbe 

1)  Unter  Vergleichung  A'on  Neh,  4,  2  (3,  34)  ist  obige  Stelle  zu  übeFsetzen  : 
»Und  Joab  stellte  den  Rest  der  Stadt  wieder  her.«  Das  Wiederaufrichten  zer- 
störter Gebäude  wird  als  ein  Lebendigniachen  derselben  aufgefasst,  s.  Beh- 
THE.iU  und  Keil  zu  dieser  Stelle.  Nach  ihrem  richtigen  Sinn  spricht  diese 
allerdings  erst  in  der  Chronik  auftretende  Nachricht  nicht  für,  sondern  eher 
gegen  die  oben  dargelegte  Ansicht  des  Herrn  Verfassers.     D.  Red. 


126 


erschlossen  worden.  Selbst  nach  dem  Exil  machen  die  aus  sol- 
chem Zusammenwohnen  entstandenen  Missheirathen  dem  Esra 
böse  Gedanken  Esra  9,  1).  Alle  diese  Umstände  scheinen  hin- 
reichend zu  bezeugen,  dass  David  in  den  Besitz  der  Stadt  Jebus 
nicht  durch  Eroberung,  sondern  durch  freiwillige  Übergabe  der 
Einwohner  und  friedliche  Vereinbarung  mit  denselben  ge- 
langt ist  1) . 

Es  könnte  auffallen,  dass  keiner  der  jüdischen  Kriegsober- 
sten sich  jenen  Preis  erkämpft  haben  sollte,  welchen  der  König 
wenigstens  nach  I  Chron.  12  (11),  6  demjenigen  zugesagt,  der 
zuerst  von  Zion  aus  durch  die  davorliegende  »Rinne«  zur  Festungs- 
mauer vordringen  oder  in  derselben  eine  Bresche  erzwingen 
Avürde.  Beachten  wir  jedoch,  dass  die  verheissene  militärische 
höhere  Würde  von  Joab  nicht  mehr  erworben  werden  konnte,  da 
er  schon  seit  Jahren  David's  oberster  Feldherr  war  II  Sam.  2,  13. 
2S.  30.  3,  23),  so  klärt  sich  das  Schweigen  hinsichtlich  dieses 
Punktes  von  selbst  auf.  Vielleicht  lässt  sich  aus  der  Angabe 
I  Chron.  12  (11),  8  (s.  oben  p.  125)  eine  besondere,  dem  Joab  von 
David  übertragene  Stellung,  etwa  die  eines  Festungskomman- 
danten, in  der  neu  gewonnenen  Stadt  folgern.  Dann  könnte  nur 
in  der  völligen  Unabhängigkeit  Joab's  den  Jebusitern  gegenüber 
ein  Beweis  des  königlichen  Vertrauens,  eine  Begünstigung  ge- 
funden werden,  während  sie  zugleich  den  bestimmten  Entschluss 
David's  andeutet,  persönlich  nicht  in  der  Mitte  der  heidnischen 

1)  Zur  ferneren  Stütze  seiner  Ansicht  von  der  freiwilligen  Übergabe  der 
Stadt  Jebus  an  IJavid  hatte  der  für  die  Topographie  des  alten  Jerusalem  so 
rastlos  bemühte  Herr  Verfasser  in  seinem  Manuscripte  auch  noch  die  Kämpfe 
David's  gegen  die  Philister  II  Sam.  5,  17 — 2-3  herbeigezogen:  Dieselben  seien 
zum  Entsatz  der  durch  den  neuen  Wahlkönig  Israel's  bedrohten  Feste  Jebus 
herangezogen  ;  nachdem  aber  ihre  beiden  Heerhaufen  durch  kühne  Angriffe 
des  David  in  die  Flucht  geschlagen  worden,  hätten  die  Jebusiter,  an  dem  Er- 
folge weiteren  Widerstandes  verzweifelnd,  sich  entschlossen,  statt  ferneren 
Blutvergiessens  ihre  Stadt  dem  ihnen  als  persönlich  wohlwollend  bekannten 
Könige  zu  überliefern.  Diese  scharfsinnige  und  ansprechende  Combination 
kann  jedoch  durch  II  Sam.  5  nicht  begründet  werden ;  denn  eine  Verbinduno; 
von  V.  17 — 25  mit  V.  0 — 10  resp.  6 — 16  erweist  sich  bei  genauer  Prüfung  des 
Textes  als  unmöglich  (vgl.  Wellhausen,  Text  der  BB.  Sam.  p.Kiö.  Bleek, 
Einleitung  in  das  A.  T.'*  p.  222).  Die  Redaction  glaubte  daher  den  Werth  der 
ganzen  Abhandlung  nicht  zu  beeinträclitigen,  wenn  sie  den  auf  diesen  Punkt 
bezüglichen  Abschnitt  fortliess,  zumal  da  er  zu  der  Topographie  des  alten 
Jerusalem  in  keiner  Beziehung  steht.     D.  Red. 


127 

Jebiisiter  seinen  Aufenthalt  zu  nehmen.  In  der  That  -wählte  ja 
auch  der  König  sich  zu  gleicher  Zeit  seine  Residenz  in  der 
»Davidstadt«  auf  dem  Zion. 

Ist  demnach  dtirch  die  Uositznahme  von  Jehus  kein  neues 
Lorheerblatt  in  den  Siegeskranz  des  Königs  eingefügt  Avorden, 
so  wurde  unserem  Bedünken  nach  doch  ein  anderes  Lorbeerblatt 
—  so  zu  sagen  —  zwar  kein  schriftliches,  aber  ein  weit  solideres, 
nämlich  durch  ein  Steindenkmal,  damals  dem  Erfolge  der  Israeliten 
und  ihres  Königs  David  gewidmet  und  errichtet.  "Wir  meinen 
den  Davidsthurm,  der  bis  zur  heutigen  Stunde  unter  diesem  Na- 
men das  Andenken  des  grossen  Königs  zurückruft,  an  den  sich 
aber  auch  seit  langer  Zeit  viel  historisch  Unrichtiges  geknüpft 
findet.  Dieses  ursprünglich  durchaus  selbständige,  von  allen 
Seiten  freistehende,  äusserst  massive  und  auf  einen  Steinwürfel 
basirte  BauAverk  zeigt  dadmch  sein  graues  Alter  an  und  ward 
abseits  einer  etwa  noch  älteren  Citadelle  der  Jebusiter  und  gegen- 
über ihrer  Stadt  hingestellt,  offenbar  um  die  unterworfene  Ein- 
wohnerschaft zu  überwachen.  Der  neue  Stadt  oberste  Joab  wird, 
indem  er  dieses  Bollwerk,  in  der  eigenthümlichen  Form  der 
stufenweise  ansteigenden  altjüdischen  (phönizischen?)  Bauten, 
wie  z.  B.  der  von  Herodes  zur  Harämmauer  verwendeten  älteren 
Gemäuer ,  auf  das  Dauerhafteste  herrichtete ,  auch  durch  die 
Bauart,  die  Lage  und  die  Benennung  des  Thurms  dem  David, 
als  dem  Überwinder  von  Jehus,  ein  Denkmal  haben  herstellen 
wollen.  Diese  Ansicht  hat  freilich  wiederum  unsere  im  Obigen 
schon  mehrfach  wiederholte  Überzeugung  zum  Ausgangspunkte, 
dass  die  SW.-Höhe  Jerusalems  damals  weder  als  Zion  bezeichnet 
worden  noch  die  Davidstadt  zu  irgend  einer  Zeit  getragen  habe. 
Sie  Avar  eine  eroberte  Heidenstadt  und  desshalb  von  entschieden 
geringem  Ansehen  unter  den  Juden ! 

In  Bezug  auf  jenen  definitiven  Sturm  auf  Jehus  bleibt  noch 
übrig,  die  Auffassung  zu  besprechen,  mittelst  welcher  Fl.  Josephus 
die  Andeutungen  des  II.  Buchs  Samuelis  auslegt.  Seinem  militä- 
rischen Überblicke  tritt  weit  klarer,  als  manchem  Bibelerklärer 
am  Schreibtische,  der  eigentliche  Angelpunkt  der  von  den  An- 
greifenden z\i  bewältigenden  Schwierigkeiten  vor  Augen  (vgl. 
Antiq.VII,  3,  1).  >sachdem  David  seine  Streitkräfte  aus  ihrem 
Standlager  auf  dem  Zion  zum  Angriff  hatte  ausrücken  lassen, 
w^ollte  er  durch  sie  die  bewusste  Schlucht  forciren,  welche  schir- 


128 


mend  der  Jehiisiterstadt.  -wie  ein  breiter  Festungsgraben,  vorlag 
und  die  A'ertheidigung  derselben  wesentlich  erleichterte.  Um  zu 
den  gegenüberliegenden  Mauern  hinaiifzugelangen,  musste  zuvor 
der  vor  denselben  den  Angriff  erwartende  Feind  aus  seiner  gün- 
stigen Stellung  vertrieben  und  zu  diesem  Zwecke  der  steile  Zion- 
abfall  besetzt  werden.  Josephus  lässt  David,  seinen  Zuspruch 
an  seine  Obristen  umschreibend,  den  zvim  Kampfe  Aul*brechen- 
den  zurufen :  -m  ota  tu)v  u7:o"/£ijj.evtuv  cpapaYycuv  sirl  xr^v  oExpav  äva- 
ßavTt  —  also  demjenigen .  qui  per  subjecta  praecipitia  in  arcem 
evasisset,  dem  es  zuerst  gelingen  werde,  vom  Zion  aus  durch  die 
zwischenliegende  Schlucht  hindurch  und  sodann,  nach  Bewäl- 
tigung der  entgegenstehenden  jebusitischen  Kerntruppen,  zur 
Festung  oben  vorzudringen,  dem  solle  der  Siegespreis  zugesichert 
sein.  AVir  haben  schon  früher  in  dieser  Zeitschrift^)  die  hier 
hervortretende  Eigenthümlichkeit  des  Josephus  besprochen, 
den  Zion  oder  Tempelberg  unwillkürlich  als  den  Haupttheil  der 
ganzen  Stadt  hinzustellen  oder  ihn  als  solchen  von  der  letzteren 
zu  sondern  und  in  diesem  Sinne  die  der  Stadt  zugekehrten  Ab- 
hänge desselben,  jene  Schlucht  (praecipitia)  mit  der  Bezeichnung 
r^  xaro)  ttoXi?  zu  belegen,  ja  auf  diese  sogar  den  zu  seiner  Zeit  von 
der  Stadtbevölkerung  nicht  mehr  verstandenen  Ausdruck  Akra 
anzuwenden ,  obgleich  damals  letztere  Burg  seit  mehr  als  zwei 
Jahrlnuiderten  rasirt  und  verschwunden  war.  Es  wird  daher  hier 
genügen  auszusprechen,  dass  wir  in  jenen  praecipitia,  in  jener 
Schlucht,  das  spätere  Stadtthal  erkennen,  an  dessen  Ostseite  sich 
die  vA-ia  r.ohc,  oder  die  Akra,  der  Bergabhang  des  Tempelberges 
nach  der  Stadtseite  zu,  hinzog. 

4.  Mit  der  Übergabe  von  Jcbus  war  das  Standlager  der  Israe- 
liten auf  dem  Zionsrücken,  das  selbstverständlich  damals  schon 
mit  Sch\itzwehren  gegen  etwaige  Angriffe  der  Jebusiter  umgeben 
war,  zwecklos  geworden.  Es  war  nun  zur  \'erwirklichung  des 
früher  gefassten  Beschlusses,  hier  die  neue  Hauptstadt  des  israe- 
litischen Gemeinwesens  zu  gründen,  vor  allem  erforderlich, 
einen  entsprechenden  Königssitz  für  den  jungen  Herrscher  auf- 
zurichten, auch  dessen  schon  zahlreiche  Familie  von  Hebron  her 
dorthin  überzusiedeln  und  ihr  sowohl,  als  dem  stark  vermehrten 
Hofstaate,   sowie  den  Versammlungen  der  Volksältcsten  und  der 

l;  ZDPV.  II,  p.  189—200  :  Die  der  Stadt  zugewandte  Umgebung  des  Tem- 
pelberges  ah  die  Unterstadt  des  Josephus  nachgewiesen  etc. 


129 

obersten  Staatsbehörden  ein  passendes  Unterkommen  zn  beschaf- 
fen.   Die  ehemalit^e  Zionsbnr^  der  Jebnsiter  ward  anscheinend 
als  zn  enge  nnd  für  solche  Zwecke  zn  abgelegen  erkannt.    David 
wird  für  nötliig  gefunden  haben,  den  südlichen  Theil  der  von 
seinem  Heere  verlassenen  Lagerstatt  in  der  Nähe  der  alten,  bis- 
her auch  schon  vom  Geräusche  des  Lagers  unberührt  gebliebenen 
Cultusstätte  am  heiligen  Felsen,   dem  Moriah-Gipfcl,   zu  seiner 
eignen  Kesidcnz  zu  bestimmen  und  auszubauen.    Die  alten  hier- 
über Bericht  erstattenden  Geschichtsbücher  Israel's  hielten  auch 
in  dieser  Beziehung  die  beiden  der  Zeit  nach  zu  unterscheidenden 
Wohnsitze  David's  ersichtlich  getrennt.    Erst  die  späteren  Com- 
pilatoren  vermengten,    aus  Unkenntniss   des  Sachverhältnisses, 
die  gehörig  unterschiedenen  Benenni;ngen  iind  gaben  dadurch 
zu   der  noch  fortbestehenden  A'erAvirrung  Anlass.     Wir  halten 
nämlich  in  dem  Satze :  »Und  David  gewann  die  Burg  Zion,  das 
ist  David's  Stadt«  die  letzten  4  Worte  für  einen  Ausfluss  falscher, 
wenn  auch  früher  Gelehrsamkeit,  ebenso  wie  in  I  Kön.  8,  l  und 
in  II  Chron.  5,  2  die  Worte  »das  ist  Zion«  eine  in  den  Text  ge- 
drungene Glosse  sind.    Ist  es  schon  unstatthaft,  die  Zion sburg, 
das  Hauptquartier,   von  wo  aus  der  König  den  Angriff  auf  die 
Festung  anordnete  und  leitete,  in  diese  letztere  selbst  hineinzu- 
verlegen,   so  ist  es  noch  weit  weniger  zulässig,   die  Zionsburg 
(Da%ddsburg,  s.  p.  118)  mit  der  erst  nach  ihr  entstandenen  Stadt 
Davids,  dem  anfänglichen  jüdischen  Heerlager,   zu  verwechseln. 
Man  beachte  nur,   wie  jene  Burg  genau  von  dem  Zeitpunkte  der 
Einnahme  von  Jebus  an  völlig  aus  der  Geschichtserzählung  ver- 
scliAvindet  und   der  Davidsstadt   den  Platz   einräumen  muss  — 
keineswegs  freilich  in  dem  Sinne,   dass  es  nunmehr  dem  Könige 
hätte  einfallen  sollen,  sich  auf  dem  fernsten  und  höchsten  Theile 
der  eben  unterworfenen  Heidenstadt  festzusetzen  und  von  dort 
aus  die  Juden  beherrschen  zu  w^ollen,  ja  sogar  dieser  Stadt,  statt 
ihres  bisherigen  Namens,  eine  neue  und  zwar  anderwärts  schon 
gebrauchte  Benennung  beizulegen,  indem  er  zu  diesem  Zwecke 
dem  Standquartiere  seiner  eignen  Truppen  eine  ihm  zu  Ehren 
von  demselben  beigelegte  Bezeichnung  hätte  entfremden  müssen . 
Die  häutig  ausgesprochene  I^ehauptung.  welche  eine  solche  uner- 
hörte Namensübertragung  befürwortet,   findet  weder  in  der  hei- 
ligen   Schrift    noch   im    Joseimius    eine    Stütze,    dessen    Worte 
man  geradezu  verdrehen  muss,   um  für  solche  Annahme  einen 


130 


Beweis  zu  gewinnen.  So  erklärt  beispielsweise  der  im  Übrigen 
so  manches  Gediegene  nnd  Brauchbare  bringende  Krafft  gleich 
zu  Anfang  seiner  »Topographie  von  Jerusalem«  (auch  p.  3)  mit 
Berufung  auf  Josephus,  wegen  ihrer  Festigkeit  sei  die  Jebusiter- 
Festung  auf  dem  SW. -Hügel  die  »Burg  des  Königs  David«  also 
wohl  die  »Davidsburg« ,  genannt  worden.  Josephus  meldet  aber 
(Bell.  V,  4,  1)  etwas  hiervon  ganz  verschiedenes.  Die  von  Krafft 
angezogenen  AVorte  besagen  nur :  »der  Hügel,  der  die  obere  Stadt 
trug,  ward  wegen  seiner  Festigkeit  von  dem  König  David  Burg 
(cppouptov),  von  uns  der  obere  Markt  genannt.« 

AVir  dürfen  also  jener  Behauptung  entgegen  für  höchst  wahr- 
scheinlich halten,  dass  nach  der  l^esitznahme  von  Jebus  und  bei 
der  nunmehr  nothAvendig  werdenden  anderweitigen  Verwendung 
der  jüdischen  Streitkräfte  König  David  alsbald  Bedacht  darauf 
nahm,  sein  bisheriges  Hauptquartier  in  der  »Zionsburg«  zu  ver- 
lassen und  seine  Residenz  auf  einem  weit  geräumigeren  Abhang 
des  auf  der  Ostseite  der  zur  Hauptstadt  erwählten  Hügelstadt 
gelegenen  Zion  aufzuschlagen.  Wunsch  und  Nothwendigkeit 
trafen  hier  zusammen,  die  südliche  Terrasse  des  Zion  zu  wäh- 
len. Die  Entwickelung  des  königlichen  Ansehens  vereinigte  sich 
mit  der  Absicht,  auf  der  nahen  altheiligen  Cultusstätte  einen 
Centralpunkt  der  jüdischen  Gottesverehrung  entstehen  zu  sehen. 
Beachten  wir  in  dieser  Hinsicht,  dass  der  König  nichts  desto  we- 
niger im  Sinne  seiner  fortbestehenden  Eigenschaft  eines  obersten 
Kriegsherrn  seine  Wahl  traf.  Trotz  der  Entfernung  der  Truppen 
und  trotz  des  Yerlassens  der  Zionsburg  blieb  unverkennbar  noch 
ein  kriegerischer  Charakter  seiner  neuen  Ilesidenz  anhaften. 
Denn  nun  scheinen  sich  auf  dem  Südabhange  des  Zion  und  etwa 
in  der  westlichen  Schlucht  neben  demselben  Gebäude  kriege- 
rischer Bestimmung  um  den  Königssitz  dort  gesammelt  zu  haben  : 
Kasernen  und  Stallungen  für  die  königlichen  Leibwachen  und 
für  die  Trabanten,  Zeughäuser  und  Waffendepots  verschiedener 
Art,  Amtswohnungen  für  die  Heerführer,  Behausungen  für  die 
Familien  einzelner  Leibwächter,  wie  die  Wohntnig  des  Uria  und 
der  Bathseba,  wahrscheinlich  unten  im  nahen  Stadtthale  —  Ge- 
bäude also ,  welche  noch  auf  lange  Zeit  der  Umgegend  einen 
kriegen  sehen  Anstrich  ertheilten,  und  deren  Fortbestehen  selbst 
über  die  Zeiten  des  Exils  hinaus  dieser  Gegend  neben  ()])hcl  imd 
dem  Stadtthale  die  Erinnerung  an  die  ursprünglichen  Dispositionen 


131 


David's,  trotz  der  Umgestaltungen,  ■\velche  hier  durch  seine  näch- 
sten Nachfolger  bewirkt  wurden ,  sicherten,  Avährend  doch  die 
von  den  Neueren  so  sehr  vorangestellte  Oberstadt  nicht  das  Ge- 
ringste von  alledem  aufzuweisen  hatte.  Wir  berufen  uns  dieser- 
halb  auf  das  liuch  Nehemia  '3,  16 — 19),  Avorin.  als  den  Grüften 
Davids  und  damit  auch  der  Davidstadt  benachbart,  aufgezählt 
werden :  das  Haus  der  Gibborim  [der  Helden  oder  der  Elite" 
trupjien  ,  das  Harnischhaiis,  ein  Zeughaus  mit  besonderem  Auf- 
gang aus  dem  Stadtthale .  vielleicht  später  im  Millo  gelegen. 
Auch  werden  uns  dort  (3,  15.  12,  37)  der  Schlossgarten  der  Kö- 
nige, sowie  die  Stufen,  welche  zu  dem  Davidssitze  hinaufführten, 
genannt .  aiif  Avelche  Avir  Aveiter  unten  unser  Augenmerk  noch 
zu  richten  haben  Averden. 

Die  Oberfläche  des  Zionhügels  in  ihrer  ursprünglichen  Form 
—  das  zeigt  noch  jetzt  trotz  aller  Umgestaltungen  die  Configu- 
ration  seines  Kückens  —  gewährte  neben  dem  nothAvendig  unbe- 
baut bleibenden  Moriahgipfel  in  seiner  Mitte,   Aveder  im  Osten 
an   seinem  Abstürze  ins  Kidronthal  noch  im  Westen   an   dem 
klippenreichen  Rande  der  »Rinne«  oder  des  späteren  Stadtthaies 
einen  genügend  grossen  Raum  für  die   künftige  Residenz   des 
Königs.    Gleich  AA'enig  möchte  damals  im  Norden,  avo  soeben  die 
Zionsburg  auf  scharfem  Felskamme  hatte  verlassen  Averden  müs- 
sen,  die  dort  am  Fusse  dieser  Klippe  sich  zAvischen  Gareb  und 
Zion  einschneidende  Schlucht,  zu  Avelcher  überdem  der  Aufgang 
vom  Kidron  her  noch  offen  stand .   für  hinreichend  sicher  und 
geräumig  zur  Anlage  eines  Königssitzes  befunden  Avorden  sein. 
Nur  die  südliche  Terrasse  des  Zion  zeigte  sich  hierzu  geeignet. 
Erst  durch  Salomo's  späteren  Entschluss,  diesen  Raum  nochmals 
nach  Osten  hin  zu  beschränken,   um  einen  neuen  Palast  und  ein 
Regierungsgebäude  im  Anschluss  daran  zu  errichten,  ward  der 
Raum  für  den  alten,  Avie  für  den  neuen  Gebäudecomplex  so  ein- 
geengt, dass  die  Topographen  Jerusalem's  noch  immer,  ohne  von 
diesem  Umstände  sich  Rechnung  zu  geben,   grossen  Anstoss  an 
dieser  ]ieschränktheit  nehmen.  Dennoch  sind  Avir  durch  die  Über- 
einstimmimg  aller  Andeutungen  der  Bibel.  Avelche  den  einen  Avie 
den  andern  Complex  betreffen,   gezAvungen  —  zumal  der  König 
mit  Recht  eine  Niederlassung  in  der  Jebusfeste  entschieden  ver- 
schmähte —  bei  dem  Zionshügel  zu  verbleiben  und  dort  zunächst 
eine  Lage   für    die  Davidstadt  im   engeren  Sinne  anzunehmen, 


132 

vermöge  deren  dieselbe  die  erste  Abstufung  des  Zion  nach  Süden 
zu,  d.h.  tiefer  als  der  Moriah.  aber  doch  oberhalb  des  noch  süd- 
licher gelegenen  Ophers,  bedeckte.  Wollen  Avir  diesen  Kaum 
nach  den  noch  jetzt  darauf  befindlichen  Gebäuden  bezeichnen, 
so  ist  es  die  von  dem  mesdschid  el-magJiüribe  und  von  dem  mes- 
dschid  el-aksä  (zum  grösseren  Theil)  überdeckte  Fläche  im  Süd- 
westwinkel des  haräm  esch-scherlf  —  und  zwar  im  Norden  bis 
zu  dem  noch  weiter  zu  besprechenden  Wasserbecken  el-küs. 
dem  Ausflusspunkte  des  salomonischen  unteren  Aquaeducts  rei- 
chend. Wenn  wir  auf  dieser  Fläche  den  Palast  König  David's 
ansetzen,  so  werden  Avir  dadurch  berechtigt,  zu  demselben  fol- 
gende in  der  Bibel  erwähnte  ürtlichkeiten  zu  rechnen  : 

1)  den  Standort,  welcher  der  noch  immer  der  Aufsicht  und 
Hut  des  königlichen  Kriegsherrn  anvertrauten  Bundeslade,  dem 
Palladium  des  jüdischen  Heeres,  angewiesen  worden  war; 

2)  das  nahe  Millo-Fort,  den  Brückenkopf  an  dem  Erddamme 
der  Jebusiter,  durch  den  die  Oberstadt  mit  dem  Zion  verbunden 
war,  zugleich  Schutzwehr  oder  befestigtes  Eingangsthor  gegen 
einen  Feind,  der  durch  das  im  Süden  noch  off'ene  Stadtthal  den 
Zion  anzugreifen  beabsichtigte ; 

3)  die  nach  Süden  an  den  Palast  sich  anlehnenden  Gärten, 
heute  verkleinert  zu  dem  Platze  haküret  el-chatümje ; 

4)  vor  allen  die  Grüfte,  welche  David  für  sich  und  seine  näch- 
sten Nachfolger  daselbst  im  felsigen  Untergrunde  aushauen  Hess. 

Griö'en  wir  in  dieser  Aufzählung  schon  über  die  Regierungs- 
zeit David's  hinaus,  um  uns  die  Belegenheit  seines  Königssitzes 
besser  zu  vergegenwärtigen,  so  müssen  wir  noch  einmal  zur  Da- 
vidsstadt im  weiteren  Sinne  ziirückkehren,  um  an  die  weiter  oben 
gemachte  15emerkung,  die  Umwallung  der  jüdischen  Lagerstatt 
betrefl'end,  anzuknüpfen.  Als  der  König  dies  nunmehr  unnötliig 
gewordene  Feldlager,  wenigstens  dessen  südlichen  Theil,  zu  sei- 
ner künftigen  Residenz  erkor,  wird  er  sicherlich,  was  sich  dort 
an  Befestigungen  vorfand .  nicht  nur  erhalten ,  sondern  selbst 
Aveiter  verstärkt  haben.  Und  dass  zu  David's  Zeiten  dergleichen 
Schutzwehren  um  seinen  Sitz  im  weiteren  Siime  (also  auch  um  das 
Areal  des  künftigen  Tempels,  wie  \im  das  Areal  des  nachmaligen 
salomonischen  Cedernhauses  sich  herumzogen,  möchte  durch 
den  altherkömmlichen  Alisdruck  hirja  bezeugt  sein,  welchen  der 
Feldherr  Joab  gebraucht,  als  er  am  Schluss  des  von  Adonia  seinen 


133 

Mitverschworenen  neben  der  Quelle  Rogel  gegebenen  Schmauses 
das  Jubeln  des  Volks  in  der  Davidsstadt  hoch  oben  über  ihren 
Häuptern  Avahminimt  (I  Kön.  1,  41  und  45).  Denn  dieser  Aus- 
druck Avird  sonst  nur  auf  alte  umwallte  Städte  angewandt,  wie 
z.  B.  V  Mos.  2,  36,  und  er  bezeichnet  im  Munde  Joab's  hier  die 
mit  Vertheidigungsmauern  oder  sonstigen  Bollwerken  verwahrte 
Davidstadt  auf  dem  O. -Hügel  Jerusalem's.  In  gleicher  Weise 
geht  JosEPHUs  (Antiq.  VII,  3,  2)  von  der  Voraussetzung  aus,  Da- 
vid habe  seine  Residenz  auf  dem  Zion,  sowohl  dessen  ganze 
Oberfläche,  als  auch  dessen  Abhänge,  wenigstens  den  westlichen, 
mit  einer  Umwallung  umzogen  und  aus  diesem  allen  einen  zu- 
sammenhängenden Stadttheil  gemacht.  Nur  bedient  er  sich  hier- 
bei zweier  Bezeichnungen,  r^  xarto  -oAt?  (»Unterstadt«)  und  Akra^ 
welche  seiner  eignen  Zeit  angehören  und  hier  auf  die  Epoche 
der  Gründung  des  jüdischen  Königthums  angewendet,  durchaus 
nicht  passend  erscheinen.  Wie  wir  in  dieser  Zeitschrift  'II,  p.l89 
— 200)  nachgewiesen  zu  haben  glauben,  meint  Josephus  mit  die- 
sen Ausdrücken  einfach  den  der  Davidsstadt  im  W^esten  zunächst 
liegenden  Abfall  des  Zion.  das  Stadtthal;  es  kann  nur  zweifelhaft 
sein,  ob  auch  der  jenseitige  Abhang  dieses  Thals  oder  höchstens 
dessen  Thalsohle  von  David's  neuer  Befestigung  umschlossen 
wurde. 

5.  Die  neue  Niederlassung  des  David  auf  dem  südlichen 
Zion  spiegelt  sich  noch  in  einzelnen  Angaben  der  Bibel  ab, 
welche  wir  nach  dieser  Richtung  hin  zu  durchmustern  erforder- 
lich finden.  Es  gehören  dahin  das  Ausruhen  des  Pestengels  auf 
dem  nahen  heiligen  Felsen  und  ohne  die  Familie  des  Königs 
heimzusuchen ;  die  Dankbarkeit,  Avelche  er  gern  hierfür  beweisen 
•möchte;  die  nunmehr  beschleunigte  Herbeischaff"ung  der  Bun- 
deslade und  ihre  Aufstellung  unter  dem  Dache  des  Königshauses; 
die  bei  dieser  Gelegenheit  bezeugte  Geringschätzung  seiner  Ge- 
mahlin Michal ;  endlich  die  Aufrichtiing  jenes  Altars,  weicherauf 
Veranlassung  dieser  Feier  zur  Aufnahme  der  dabei  zu  bringenden 
IJrand-  und  Dankopfer  bestimmt  Mar.  Alle  diese  Einzelnheiten 
bezeugen  uns  David's  Einwohnen  in  seiner  Davidstadt  auf  dem 
Zion.  In  der  Erzählung  vom  Ankauf  der  Tenne  des  Aravna 
II  Sam.  24,  IS  fl'.  I  C'hron.  21,  IS  ff.  wird  vorausgesetzt,  dass 
des  Königs  Wohninig  niedriger  liegt  als  jene.  Denn  der  König 
muss  von   seiner  Behausung   aus  zu  dem  heiligen  Felsen,    der 


134 

Tenne  des  Aravna  »hinaufsteigen«,  xnid  Aravna  mit  seinen  auf 
der  Tenne  beschäftigten  Söhnen  sieht  den  König  heraufkom- 
men. Nach  Abschluss  des  Kaufes  baut  David  dort  einen  Altar, 
der  ihm  und  seinem  Hause  wohl  zu  einem  Privatheilia-thum 
gedient  hat,  wozu  er  sich  durch  seine  dem  königlichen  Palaste 
benachbarte  Lage  vorzüglich  eignete.  In  II  Chron.  3,  l  Avird  die 
Tenne  Aravna's  ausdrücklich  als  das  Fundament  bezeichnet,  aiif 
welchem  der  Tempel  des  Salomo  erbaut  wurde.  Es  ist  dies  die 
einzige  Stelle  des  A.  T.,  welche  den  Schluss  nahe  legt,  dass  der 
heilige  Felsen  in  den  Tempel  hineingebaut  worden  sei.  Nachdem 
dieses  Gotteshaus  eine  hervorragende  Bedeutung  erlangt  und 
gleichzeitig  daneben  der  neue  salomonische  liegierungssitz  zu 
grosser  Bedeutung  sich  erhoben  hatte,  scheint  der  Name  »David- 
stadt«, Avelcher  früher  sowohl  den  Moriahgipfel  als  den  zur 
Dreschtenne  dienenden  Felsblock  in  sich  schloss,  einen  engeren 
Sinn  erhalten  zu  haben  und  hauptsächlich  nur  von  den  im  Unter- 
grunde des  alten  Königssitzes  verborgenen  Grüften  der  Davididen 
gebraucht  worden  zu  sein. —  Für  unsere  topographischen  Unter- 
suchungen ist  ferner  von  Interesse,  die  Richtung  des  Zuges  zu 
betrachten ,  in  welchem  David  die  Bundeslade  nach  der  »David- 
stadt« hinaufbringt  (II  Sam.  6 .  1  ff .  I  Chron.  14,  2.  IG,  1  ff.). 
Derselbe  muss  von  Kirjath-Jearim,  der  an  der  äussersten  West- 
gränze  des  Stammes  Juda  gelegenen  ehemaligen  Hauptstadt  der 
dortigen  Wälderregion,  her  zunächst  den  SW. -Hügel,  das  ehe- 
malige Jebus,  berührt  haben,  sodann  mit  Benutzung  des  mehr- 
erwähnten Brückendammes  Silla  die  dazwischenliegende  Schlucht 
(Rinne)  überschritten  und  sich  endlich  durch  die  Millo-Bastioh 
gewunden  haben,  um  sich  dem  l^alaste  zu  nähern.  Von  dort  er- 
blickt Michal,  des  Königs  Saul  stolze  Tochter,  die  auf  den  Zion  • 
tretende  Frocession,  vor  allen  ihren  Gemahl,  welcher  in  leinener 
Priestertracht  mitten  im  Freudentaumel  des  Volks  vor  der  Lade 
einhertanzt,  ein  Anblick,  der  sie  zum  Spott  veranlasst.  Fügt  sich 
diese  Erzählung  bestens  in  das  Bild,  welches  wir  uns  vom  Millo- 
Fort  und  von  der  Davidstadt  machen,  so  giebt  es  uns  auch  die 
Gewissheit,  dass  David's  Wohnsitz  innerhalb  der  Davidstadt  ge- 
legen habe.  Die  Bundeslade  verblieb  ninimehr  daselbst  in  der 
Hofl)urg,  anscheinend  in  einem  Hofraum  unter  freiem  Himmel. 
jedoch  von  einem  prächtigen  Teppichgezelte  umgeben.  Es  ist 
wohl  dieses  Zelt  gemeint,   wenn  I  Kön.  2,  28  Joab  vor  den  mit 


135 

Kecht  gefürcliteten  Nachstelhmgen  des  Salomo  sich  in  die  »Hütte 
des  Herrn«  begiebt  und  dort,  nra  sein  Leben  zn  schützen,  die 
Hönier  des  Ahars  erfasst  (vgl.  auch  I  Kön.  1,  50  f.  über  Adonia). 
»Vor  der  Ikindeslade  Jahve's«,  also  ebenfalls  in  diesem  Heilig- 
thum  opfert  Salomo  und  veranstaltet  ein  grosses  Fest  für  alle 
seine  Knechte  (I  Kön.  3,  15]  —  wie  die  griechische  Übersetzung 
hinzufügt:  sv  Ziojv,  »auf  dem  Zion«.  Erst  nach  etwa  20  Jahren 
lässt  Salomo  die  IJundeslade  nach  Vollendung  des  Tempels  »aus 
der  Davidstadt,  das  ist  Zion«  (I  Kön.  8,  1  ff.  II  Cliron.  5,  2  ff.) 
nach  dem  neuen  Heiligthum  hinaufbringen.  Es  liegt  also  in 
dieser  Stelle  die  soeben  erwähnte  l^eschränkung  des  IJegriffs 
Davidstadt  vor,  insofern  der  Standort  des  Tempels  derselben 
entgegengesetzt  wird,  und  ferner  machen  wir  wieder  darauf  auf- 
merksam, dass  die  jüdischen  Geschichtswerke  consequent  an  der 
Auffassung  einer  niederen  Lage  des  Davidischen  Königssitzes  im 
Gegensatz  zum  heiligen  Fels  und  folgeweise  zum  Tempel,  dessen 
Stellung  davon  abhing,  festhalten. 

Dass  andererseits  dieser  Palast  in  Beziehung  zum  nahal  oder 
künftigen  Stadtthale  eine  Belegenheit  hatte,  durch  die  es  gestat- 
tet Avar,  ziemlich  senkrecht  in  die  dort  befindlichen  Hofräume 
hineinzuschauen,  beweist  eine  fernere  Erzählung  aus  dem  Leben 
David's.  Das  alte  Testament  spricht  ausführlich  von  dem  Ehe- 
bruch des  Königs  mit  der  Bathseba  und  von  dessen  hinterlistigen 
Nachstellungen,  Mielchen  endlich  ihr  Ehemann,  der  dem  Könige 
treu  ergebene  Uria,  zum  Opfer  fiel.  Der  Fürst  sah  das  schöne 
Weib  im  Hofe  ihrer  Wohnung  mit  Baden  beschäftigt,  während 
er  selbst  auf  dem  flachen  Dache  seines  Palastes  der  Abendkühle 
genoss  (II  Sam.  11,  2  ff.).  Die  Privatwohnung  des  Uria,  wie  der 
übrigen  (verheiratheten ?)  Leibgarden,  lag  also  vermuthlich  un- 
fern ihrer  Kaserne ;  beide  befanden  sich  im  nahen  Umkreise  der 
Hofburg  und  zwar  in  der  Tiefe  der  im  Westen  des  Zion  hinstrei- 
chenden Schlucht,  der  »Rinne«,  im  späteren  Stadtthal,  so  dass  vom 
flachen  Dache  des  königlichen  Palastes  der  l)lick  des  Königs 
imgehindert  in  den  Innern  Hofraum  jener  A^'ohnungeu  sich  sen- 
ken konnte.  David  erspähte  auf  diese  AVeise  die  Eeize  der  Bath- 
seba. Die  dadurch  festgestellte  Lage  des  Davidshauses  zum 
Stadtthal  wird  sodann  noch  bestätigt  durch  die  Richtung  des 
Weges,  welchen  gleich  darauf  Uria  einzuschlagen  hat.  um  von 
jenem  zu  seiner  Wohnung  zu  gelangen.   Er  bezeichnet  denselben 


136 


wiederholt  als  einen  abwärtsführenden,  indem  er  sich  weigert, 
der  dringenden  Aufforderung  des  Königs  nachzukommen  und  zu 
seinem  Weibe  hinabzugehen,  um  bei  ihr  der  Knhe  zu  pflegen. 
Werden  wir  hierdurch  in  der  Voraussetzung  bestärkt,  dass  das 
Davidshaus  und  somit  auch  die  dasselbe  umgebende  Davidstadt 
im  engeren  Sinne  auf  der  mittleren  Terrasse  des  Zion,  nach 
Süden  zu,  gelegen  gew'esen,  ferner  aber  auch  auf  den  Absturz 
des  westlichen  Zionsrandes  ins  Stadtthal,  unfern  des  Millo-Forts, 
aufmerksam  gemacht,  so  werden  w^ir  damit  für  das  Davidshans 
auch  auf  einen  Punkt  verwiesen,  der  in  der  Neuzeit  wiederum  — 
als  sog.  Klagemauer  der  Juden  von  diesen  für  das  allein  echte 
Überbleibsel  des  ehemaligen  Tempels  gehalten  und  zu  einer  wö- 
chentlich sich  wiederholenden  Art  von  Trauerfeier  verwandt  — 
auch  unter  den  Forschern  ein  allgemeineres  Interesse  gefunden 
hat.  Hinsichtlich  der  Frage  aber,  welche  uns  hier  speciell 
beschäftigt,  möchte  diese  noch  jetzt  imponirende  Höschungs- 
mauer  aus  mächtigen  Quadersteinen  architektonisch  eine  w^eit 
bedeutendere  Wichtigkeit  darbieten,  die  wir  desshalb  hier  zu 
besprechen  haben. 

6.  Allem  Vermuthen  nach  hatte  dieses  dem  Salomo  zuge- 
schriebene Mauerstück  noch  den  besonderen  Zweck,  jenen  gross- 
artigen Thoreingang  vom  Stadtthale  ans  zu  umrahmen  und  der 
Mauer  anzupassen ,  w^elcher  mittelst  einer  unterirdischen  Auf- 
stiegstreppe dem  Tempelbesucher  zunächst,  sodann  dem  zvnn 
Regierungssitze  sich  drängenden  Volke  sowohl  in  den  äusseren 
Tempelhof.  als  in  den  Vorhof  der  neuen  salomonischen  Hofburg 
Eintritt  zu  geAvähren  bestimmt  war.  Dieser  kolossale  Thorweg 
war  damals  um  so  unentbehrlicher,  weil  die  von  diesem  Fürsten 
angeordnete  Absperrung  des  alten  Jirückendamraes  der  Jebusiter 
über  das  Stadtthal  iind  dessen  Schliessung  zu  Gunsten  seiner 
auf  dem  W. -Hügel  erbauten  Frauenhäuser  damals  einen  ander- 
weitigen, von  der  Stadt  her  leicht  erreichbaren  Zugang  zum  Zion 
durchaus  nöthig  gemacht  hatte.  In  der  liibel  ist  unter  der  Be- 
zeichnung «Salomo's  Aufgang«  (I  Kön.  10,  5  und  H  CJhron.  9,  4) 
die  Kede  von  diesem  das  System  der  zum  Tempelhofe  leitenden 
verschiedenen  Tunnel  und  verdeckten  Stiegen  vervollständigen- 
den Zugange,  welcher  noch  s])ät  dem  Chalifen  Omar  bei  dessen 
Besitznahme  von  Jerusalem  als  Haupteingang  zum  Tempel  erst 
gezeigt  werden  musste  und  dann  auch  nur  mit  Mühe  von  ihm 


[37 

benutzt  wurde.    Erst  neuerlich  ist  die  Aufmerksamkeit  der  For- 
scher Avieder  auf  ihn  gezogen  worden. 

AVegen  dieses  bemerkenswerthen  Aufganges  unter  dem  ehe- 
maligen Davidspalaste  haben  wir  zunächst  einige  Auffassungen 
zurückzuweisen,  welche  auf  eine  im  höchsten  Grade  gesuchte 
Erklärung  hinauslaufen,  luid  die  irrige  Meinung  zu  berich- 
tigen, als  handele  es  sich  hier  um  eine  prachtvolle  Ausstattung 
oder  eine  kunstgerechte,  fast  theatralische  Entfaltung  des  Auf- 
zugs der  königlichen  Dienerschaft,  Avelche  von  Seiten  Salomo's 
bei  dessen  Avöchentlichen  Temjielbesuchen  angeordnet  und  von 
ihm  der  Königin  von  Saba  vorgeführt  sei.  Die  angeführten 
Bibelstellen  erwähnen  nämlich  unter  den  Herrlichkeiten  und 
imponirenden  Bauten,  welche  die  bei  Salomo  zum  Besuche  wei- 
lende Fürstin  in  Erstaunen  gesetzt  hätten,  an  letzter  Stelle  noch 
»seines  Aufganges,  wodurch  man  hinauf  zum  Hause  des  Herrn 
ging.«  Es  hat  sich  nun  die  Frage  erhoben,  ob  dieser  Aufgang 
als  Bauwerk  dem  ebenfalls  von  der  Königin  bewunderten  Hause, 
Avelches  Salomo  für  sich  gebaut  hatte,  ferner  etwa  den  Wohnun- 
gen für  seine  Knechte  hinzuzurechnen  sei,  oder  aber  jenen, 
ebenfalls  kurz  zuvor  erwähnten  glanzvollen  Anordnungen  der 
königlichen  Hofhaltung  und  speciell  jenem  feierlichen  Ceremo- 
niel,  welchem  das  Hofgesinde  und  die  Trabantenschaar  unter- 
worfen war,  wenn  sie  den  Monarchen  auf  seinem  Kirchgange  zu 
begleiten  hatte.  Dies  Letztere  wird  vielfach  vermuthet,  so  noch 
von  O.  TheniusI),  Avelcher  darunter  einen  feierlichen  Aufzug 
von  Salomo's  Cedernhause  zum  Tempel  verstehen  will,  also  eine 
Art  Kirchenparade,  welche  der  König  zum  Behuf  der  Abhaltung 
des  wöchentlichen  Opfergottesdienstes  am  Brandopfer-Altare  in 
Begleitung  seines  prächtig  geschmückten  Hofstaats  angeordnet, 
und  zu  welcher  er  seine  Gastfreundin  als  höchst  erstaunte  Zu- 
schauerin zugezogen  habe.  Allein  schon  Thenius  selbst  und 
seine  Nachfolger  sind  genöthigt,  das  Imponirende  dieses  Aufzugs 
nicht  sowohl  in  der  unbewohnten  Menge,  Anordnung  oder  Klei- 
derpracht  der  königlichen  Dienerschaft  bei  dieser  Parade  zu 
suchen,  sondern  vielmehr  in  der  erst  hinterher  eintretenden  Ab- 
haltung des  feierlichen  üpferdicnstes  von  Seiten  der  Priester- 
schaft.  Der  Pomp  des  jüdischen  Jehovadienstes  wird  hier  jedoch 

« 
1)  Die  Bücher  der  Könige-  p.  155. 

Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  III.  10 


138 

mit  keinem  Worte  erwähnt,  etwa  als  Zeugniss  liefernd  für  die 
Grossartigkeit  der  salomonischen  Hofhaltung.  Eine  derartige 
Auslegung  erscheint  demnach  als  äusserst  gesucht  und  kann 
scliAverlich  die  richtige  sein. 

Aber  auch  den  Deutungen  eines  Robinson,  Keil.  Kkafft 
und  Anderer,  welche  von  Thenius  heftig  angefochten  werden, 
vermögen  wir  nichtsdestoweniger  nur  in  dem  einen  Punkte  bei- 
zustimmen, dass  sie  sämmtlich  in  jenem  »Aufstiege«  ein  ]>  a u - 
w  e  r  k  .  keineswegs  aber  einen  feierlichen  Aufzug,  eine  Schau- 
stellung erkennen.  Wenn  nämlich  diese  Schriftsteller,  den  Zions- 
rücken  der  bisherigen  irrthümlichen  xluffassung  gemäss  auf  den 
W. -Hügel  versetzend  und  in  Folge  dessen  unsere  lÜbelstelle  auf 
einen  künstlichen  Übergang  von  diesem  auf  den  Moriah  beziehend, 
den  auch  von  uns  oben  nachgewiesenen  Brückendamm  Silla  im 
Auge  haben,  so  kommen  sie  zwar  damit  der  Wahrheit  Aveit  näher 
als  TiiENius,  übersehen  aber  doch  gänzlich  den.  wie  uns  scheint, 
entscheidenden  Fingerzeig,  welchen  die  schon  erwähnten,  dem 
Übergänge  südlich  benachbarten  Baureste  aus  altjüdischer  Zeit 
im  Innern  des  SW. -Winkels  des  jetzigen  Haräm  noch  heute  uns 
darbieten.  Dieselben  beanspruchen  überhaupt  die  Aufmerksam- 
keit der  Forscher  weit  mehr  als  bisher  geschehen.  Insbesondere 
sind  sie  geeignet,  bei  vorliegender  Frage  eine  lang  gesuchte  Auf- 
klärung zu  geben,  einen  Hinweis  nämlich  auf  das  wichtigste  der 
verschiedenen ,  vom  salomonischen  Baumeister  erdachten  Aus- 
kunftsmittel, um  den  sehr  fühlbaren  Mangel  an  Raum  in  dessen 
neuem  Cedernhause,  ja  selbst  im  Tempelgehöfte  zu  ersetzen.  Es 
waren  dies  die  unterirdischen  Treppen,  welche  sich  uns  als  ge- 
räumige, meist  in  den  Felsboden  des  Zion  eingehauene  und  tun- 
nelartige, an  der  überüäche  mündende  Zugänge  von  der  Tiefe 
her  darstellen :  1)  der  Doppeltunnel  (Iluldapforte  unter  der 
Moschee  el-aksä ,  eine  Fortsetzung  des  dortigen .  Doppelthores 
(double  gate  der  Engländer  iind  Zugang  zu  den  königlichen 
Grüften.  2)  Der  ihm  benachbarte  und  auch  im  Bau  ähnliche 
Doppeltunnel,  welcher  jetzt  durch  das  sog.  dreifache  Thor  abge- 
schlossen ist,  beide  in  der  Richtung  von  S.  nach  N.  aufsteigend. 
3j  Der  ursprüngliche  l>auplan  des  jetzt  das  goldene  Thor  genann- 
ten Zuganges  von  der  Stoa  Salomonis  zum  Priesterhofe,  vermit- 
telst seiner  einstmals  überdachten  Trep])enstiege.  4  Die  ursprüng- 
liche   Anlage    des    sük  el-kaffünm  aus   dem   Stadtthale  herauf, 


139 

anscheinend  erst  von  Herodes  zum  r)ehiif  des  Ilerantreihens  des 
Opferviehes  nmgehaut.  5)  In  ähnlicher  Weise  der  unterirdische 
Zug^ang,  wiederum  vermittelst  eines  Doppeltunnels,  von  N.  her 
zur  liaris-Antonia,  von  uns  »Stratonsthurm«  genannt ' i ;  er  führte 
weiterhin  die  Wachtmannschaft  der  Antonia  durch  die  Stufen 
auf  das  Tempelgehöfte.  Zu  all  diesen,  nach  demselben  Princi])e 
verdeckter  und  durch  das  Felsenmassiv  hindurch  aufsteigender 
seitlicher  Zugänge  mühsam  constrnirten  Stiegen  mit  grossartigen 
Zugangsportalen  gehörte  endlich  auch  unser  »Aufgang«.  Eine 
aufmerksame  Betrachtung,  an  Ort  und  Stelle  angestellt,  über- 
zeugt uns  bald  davon,  dass  wir  es  mit  einer  theilweise  noch  erhal- 
tenen, theilweise  aber  verbauten  kolossalen  unterirdischen  Stiege 
und  deren  vorliegendem  Portale  zu  thun  haben,  welche  ehemals 
von  der  Sohle  des  Stadtthaies  sich  erhebend,  durch  den  Unter- 
grund unter  der  Davidstadt  hindurch  sowohl  zum  Regierungs- 
sitz der  Könige  (nach  O.  zu),  als  auch  zum  höher  gelegenen  Tem- 
pelhofe den  Zugang  öffnete.  Dieser  Aufstieg  scheint  somit  von 
Salomo  zum  Nutzen  des  zu  beiden  Punkten  zuströmenden  \o\- 
kes,  sogar  mit  einiger  baulicher  Gefahr  für  die  darüber  befindliche 
Davidstadt  hergerichtet  zu  sein ;  freilich  erst  nachdem  zur  Be- 
quemlichkeit für  seine  jenseits  auf  der  Ostten-asse  des  SW. -Hü- 
gels Aveilende  zahlreiche  Familie  und  deren  Dienerschaft  ein 
anderer  Verkehrsweg  mit  dem  Königshause,  nämlich  der  alt- 
jebusi tische  lirückendamm  über  dem  zwischenliegenden  Stadt- 
thale  hin,  dem  Volke  war  entzogen  worden. 

Dieser  heut  zu  Tage  halb  verschüttete  und  desshalb  wohl 
nicht  gebührend  gewürdigte  »Aufstieg«  ist  unbedingt  der  bester- 
haltene Überrest  jener  ehrwürdigen  l>auwerke  am  Zion,  in  deren 
Trümmern  wir  mehr  und  mehr  uns  genöthigt  fühlen,  altjüdische 
oder  phönizische  Bauweise  und  salomonische  Genialität  zu  er- 
kennen. Seiner  Bestimmung  wie  seiner  Construction  nach  mit 
den  eben  aufgezählten  Aufstiegen  übereinstimmend ,  war  er, 
gleich  wie  jene,  an  seiner  Aussenseite  (im  Stadtthale)  mit  einem 
sehr  stattlichen  Eingange  geschmückt.  Ja  wir  haben  Grund,  aus 
den  hier  gefundenen  Resten  zu  schliessen,  dass  sich  einst  hier 
ein  Portal  von  imponirender  Mächtigkeit  und  in  seinen  Propor- 
tionen denen  der  Vorhalle  des  Tempels  gleichkommend  erhoben 

1)  Vgl.  ZDPV.  I,  p,73f. 

10^ 


140 


habe.  Dasselbe  muss  eine  Höhe  von  30  engl.  Fuss  und  eine 
Breite  von  etwa  20  Fuss  gehabt  haben  und  zeigt  überdies  noch 
jetzt  eine  zu  diesen  Dimensionen  durchweg  passende,  höchst 
eigenthümliche  Oberschwelle,  deren  besonderes  Interesse  darin 
liegt,  dass  sie  uns  die  ersten,  gleichsam  ängstlichen  Versuche  der 
Baumeister  Salonio's  documentirt,  den  Gewölbebau  anzuwenden ; 
und  ZAvar  durch  Einführung  einer  äusserst  flachen,  mittelst  mäch- 
tiger Tind  keilförmig  an  einander  geschmiegter  Quadersteine  (ohne 
eigentlichen  Schlussstein)  hervorgebrachten  Bogenspannung,  so- 
wie durch  Hinzufügung  eines  zweiten  elliptischen  Entlastungs- 
bogens  über  den  ersten  flachen  Träger,  nämlich  eines  Ungeheuern 
Steinbalkens  von  24  Fuss  Länge.  Den  diesem  oberen  kühnen 
Sturze  entsprechenden  Grundstein  des  Portals,  die  UnterscliAvelle, 
hat  Capt.  Warren  gleicher  Weise  beim  Nachforschen  im  tiefen 
Schutte  des  früheren  Tyropöon  wiedergefunden,  indem  er  dort 
eine  nach  Lage  und  Massverhältnissen  durchaus  entsprechende, 
gut  erhaltene  ünterschwelle,  aus  einem  geborstenen  Stein  beste- 
hend, nebst  einer  zu  ihr  aufwärts  führenden  Rampe  aufdeckte  ') . 
Dies  mächtige  Portal  —  von  den  Muslimen  als  Muhammed's  Thor- 
weg, gleichwie  die  dahinter  sich  öffnende  Halle  als  die  »Stallung 
seines  Wunderrosses  hurüln^  verherrlicht  —  ist  ohne  Frage  ganz 
geeignet,  noch  jetzt,  wie  zur  Zeit  des  Besuches  der  Königin  von 
Saba,  das  Staunen  jedes  Beschauers  zu  erregen.  Nur  wird  in 
unseni  Tagen  der  Besucher  durch  eine  arge  Yerwahrlosiing 
schmerzlich  berührt,  in  Folge  deren  noch  fortwährend,  wie  vor 
1000  Jahren  bei  der  ersten  Nachforschung  des  Chalifen  Omar 
nach  der  Davidstadt  und  dem  jüdischen  Tempel  laut  Kemal  ed- 
din's,  Said  Ibn  Batrik's  und  anderer  arabischen  Geschichtsschrei- 
ber Berichte,  eine  solche  Masse  Kehricht  und  Abfälle  sich  auf 
der  eigentlichen  Treppenstiege  aufgehäuft  findet,  dass  der  gute 
Rath,  wie  er  damals  schon  vom  Patriarchen  Sophronios  dem 
Eroberer  Jerusalem's  erthcilt  wurde,  noch  jetzt  dem  Forscher 
dringend  nützlich  sein  möchte  —  nämlich  nur  von  vornherein 
jedem  Versuche  eines  Erklimmens  dieser  Anhäufung  vonUnrath 
zu  entsagen.  —  Übrigens  hat  auch  eine  offenbar  erst  seit  jener 
Zeit  dem  oberen  Theile  dieses  ftAufstieges«  eingefügte  (Jisterne, 
durch  welche  der  Chalif  freilich  noch  nicht  am  Vordringen  be- 

1>  Recovery  of  Jerusalem,  p.  112  ff. 


141 

hindert  wurde,  welche  aber  minmchr  das  Aufsteigen  bis  zur 
Fläche  des  Haräm  hinauf  unmöglich  macht,  das  Ihrige  dazu  bei- 
getragen, den  Zusammenhang  dieser,  Avie  wir  annehmen,  der 
Stadtbevölkerung  ihren  hauptsächUchsten  Zugang  zum  Tempel 
und  zum  Paläste  bietenden  Treppenflucht  mit  den  einstigen 
\orhöfen  der  beiden  letzteren  zu  verdecken  und  unkenntlich  zu 
machen.  Das  imbestreitbar  höchst  Alterthümliche  des  interessan- 
ten IJaurestes,  Avelches  neben  theihveis  ungewöhnlich  guter  Er- 
haltung auch  arge  Verunstaltungen  anfweist.  haben  ausser  den 
englischen  Ingenieuren  Wilsün^)  und  Warren-)  auch  dkA'ogüe^*) 
und  DE  SAULcy^)  schon  erkannt.  Um  so  weniger  dürfen  wir  uns 
mit  der  sehr  einseitigen  Würdigung  zufrieden  geben,  wie  sie 
z.  B.  ConsulRosEN^)  diesen  wichtigen  Bauresten  angedeihenlässt. 

7.  Als  Salomo  nach  2  Oj ähriger  emsiger  Bauarbeit  endlich 
seinen  Sitz  in  der  Davidstadt  verliess,  um  sein  neues  »Cedern- 
haus  vom  Libanon«  zu  beziehen,  zwang  ihn  anfangs  die  Be- 
schränktheit dieses  Palastes,  seine  Frauen  noch  einstweilen  so 
lange  in  dem  Hause  seines  Vaters  zu  belassen ,  bis  deren  schon 
erwähnte  Behausung  auf  dem  gegenüberliegenden  W. -Hügel 
vollendet  war.  Dann  aber  scheint  der  König  sich  beeilt  zu  haben, 
dieselben  und  namentlich  die  Pharaonentochter  dorthin  aus  der 
Davidstadt  hinaufziehen  zu  lassen  »in  das  Haus,  das  er  ihr 
erbaut  hatte«  (I  Kön.  9,  24).  Auch  der  Chronist  bemerkt,  die 
Fürstin  sei  «aus  der  Davidstadt  hin  aufgeholt  worden  II  Chron. 
8,  11).  Wir  finden  also,  dass  die  höher  gelegene  ürtlichkeit. 
Avohin  sämmtliche  Frauen  Salomo' s  versetzt  worden,  als  solche 
der  eben  von  ihr  verlassenen  Davidstadt  entgegengestellt  Averde. 
Höher  aber,  als  die  von  dieser  letzteren  besetzte  südwestliche 
Terrasse  des  Tempelbergs,  stieg  zu  Salomo's  Zeiten  ausser  der 
SW. -Anhöhe  kein  anderer  Hügel  der  Hauptstadt  empor;  denn 
damals  gehörte  Aveder  der  liethzetha-Hügel  (Gareb)  schon  zu 
letzterer  noch  auch  jene  nordAvestliche  Berglehne.  Avelche  als 
Go'a- Abhang  später  seit  der  Katastrophe  der  Assyrer  den  Bewoh- 
nern Jerusalem's  in  so  unheimlichem  Lichte  erschien. 

Es  ist  wichtig,  diese  den  Abstand  des  salomonischen  Wei- 

Ij  Ordnance  survey  of  Jerusalem,  p.42,  bes.  p.  89. 

2)  llecovery  of  Jerusalem  a.  a.  O.  3)  Le  temple  de  Jerusalem. 

4)  Voyage  en  terre  saintc  II,  p.  171.  IbU. 

5)  Der  Haräm  von  Jerusalem,  p.  13. 


142 


berhauses  von  seiner  eignen  llesideuz  betreffende  Angabe  nicht 
aus  dem  Gesichte  zu  verlieren.  Allerdings  verfällt  der  Chronist 
in  seiner  die  möglichste  Verherrlichung  und  Heiligung  des  Tem- 
pelbergs bezielenden  Tendenz  auf  einen  anderen  Grund  als  das 
treibende  Motiv  für  diese  Entfernung  der  fremden  Weiber  aus 
der  Davidstadt  (II  Chron.  8,  11):  Salomo  soll  sich  plötzlich  (frei- 
lich ein  wenig  spät!)  daran  erinnert  haben,  dass  dort  seine  aus- 
ländischen und  heidnischen  Weiber  nicht  wohnen  dürften,  weil 
dies  Haus  geheiligt  worden  diu'ch  jene  Unterkunft,  Melche  es 
der  Bundeslade  geboten  habe.  Dies  Heiligthum  Avurde  ja  nichts 
desto  weniger  ungefähr  zu  eben  dieser  Zeit  aus  diesem  Palaste 
entfernt,  um  es  im  Allerheiligsten  des  nun  vollendeten  Tempels 
aufzustellen !  Wie  dem  auch  sei ,  so  weist  der  Gegensatz ,  in 
welchen  der  Chronist  den  bisherigen  und  den  neu  hergestellten 
Aufenthalt  der  königlichen  Frauen  bringt,  entschieden  auf  eine 
mindere  Ehrwürdigkeit  hin,  welcher  das  neue  Serail  sich  erfreute. 
Der  Gedankengang  des  Chronisten  deutet  somit ,  wie  manche 
andere  Beziehungen,  nach  unserer  Auffassung  auf  jene  noch 
immer  dem  Zion  nahe  gelegene,  wenn  auch  im  Osten  der  Ober- 
stadt sich  hinziehende  tiefere  Terrasse  hin,  deren  höhere  Lage, 
dem  Tempelberge  gegenüber,  noch  heute  sich  sowohl  dem  Auge 
des  Beschauers  unbedingt  klarstellt,  als  auch  neuerlich  durch 
wissenschaftliche  Messungen  sich  ergeben  hat,  nämlich  auf  jene 
im  Judenviertel  gelegene  Senkung  der  W.-Höhe,  welche  von 
ToBLER,  von  FuKUER  uud  Olsuausen  ohne  den  geringsten  Be- 
weis so  besonderer  l^eachtung  gewürdigt  worden  ist,  dass  diese 
Forscher  sogar  den  Königssitz  Salomo's  selbst  und  seiner  Nach- 
folger dorthin  zu  verlegen  sich  berechtigt  glaubten.  Wie  aber 
die  neuerstandenen  Begünstiger  dieser  östlichen  Absplisse  der 
Jebusiterstadt,  auf  welche  sie  ungerechtfertigter  Weise  die  Be- 
nennung Davidstadt  anwenden,  und  welcher  sie  mittelst  dieses 
Umweges  eine  dem  Tempelberge  gleichkommende  Heiligkeit 
vindiciren  möchten,  mit  der  vorberührten  Auffassung  des  Chro- 
nisten, welche  eben  für  diese  Ortlichkcit  genau  das  Gegentheil 
voraussetzen  lässt,  sich  abfinden  wollen  —  das  bleibt  noch  eine 
der  vielen  im  Gefolge  dieser  verunglückten  Hyj)othese  auftreten- 
den Dunkelheiten.  Die  .Vbsplisse  der  früheren  lieidenstadt  sollte 
dem  Chrcjuisten  zu  Folge  eben  als  weniger  angesehen  der  Stand- 
ort des  Weiberliauses  sein. 


143 

Zur  bequcinen  inul  sicheren  A'erhindung  der  verschiedenen 
Paläste  auf  den  beiden,  durch  das  Stadtthal  getiennten  und  sich 
gegenüberstehenden  Hügeln  war  nun  ferner  der  Ausbau  und  die 
Consolidirung  zweier  älterer  mitten  iune  belegener  Baiiwerke 
erforderlich.  Der  Übergang  der  Jebusiter  nämlich  über  die  »Rinne« 
oder  das  spätere  Stadtthal,  also  der  Damm  Silla,  und  gleicher 
Weise  die  schützend  daran  stossende  Millo-Bastion  mussten  beide 
neu  befestigt,  auch  wohl  erweitert  werden.  Möglich  wäre,  dass 
schon  damals  jener  Durchlass  für  eine  darunter  durchlaufende 
Strasse  und  für  verschiedene  neuerlich  wieder  aufgefundene  Ab- 
zugskanäle hergestellt  wurde,  wodurch  der  anfangs  massive  Erd- 
aufwurf später  als  durchschnitten  und  zu  einem  l>rückendamm 
umgestaltet  erscheint,  dessen  Mittelstück  zur  Yertheidigung  des 
Tempelbergs  später  nicht  selten  abgebrochen  oder  vermauert 
worden  ist.  Nothwendiger  Weise,  selbst  wenn  uns  dies  die  Ale- 
xandrinische  Übersetzung  des  A.  T.  nicht  bezeugte  (siehe  unten) , 
ward  schon  damals  jene  AYasserleitung  mittelst  dieses  Brücken- 
damms auf  den  Tempelberg  übergeführt,  durch  welche  der  untere 
oder  tiefer  gelegene  Zweig  der  Salomonischen  Aquäducte,  nach- 
dem er  um  den  W. -Hügel  geführt  war  und  dort  eben  zuletzt  noch 
die  Haushaltungen  des  Salomonischen  Serails  mit  Wasser  versorgt 
hatte,  auf  den  Tempelhof  geleitet  wurde  und  dort  in  dem  Sam- 
melbecken,  welches  kelchförmig  und  dem  ehernen  Meere  nach- 
gebildet Avar  n  Chron.  4,  5)  und  auch  jetzt  noch  von  den  Mus- 
limen der  Becher  iel-käs  genannt  wird,  sein  Endziel  fand.  Ein 
auf  persönliche  Reinheit  der  Priester  und  der  Andächtigen,  sowie 
auf  zahlreiche  Opferhandlungen  sich  begründender  Jehovadienst, 
wie  der  damals  von  Salomo  in  seinem  Tempel  eingeführte,  konnte 
unmöglich  ohne  reichliche  Wasserfülle  bestehen.  Diese  Noth- 
wendigkeit  verbürgt  uns  eine  vor  der  Einweihung  des  Tempels 
schon  vollendete  Zuführung  jenes  Wasserreichthums  der  Quellen 
oder  Teiche  von  Etam,  deren  grossartige  Anlage  uns  noch  jetzt 
mit  Bewunderung  erfüllen  muss,  und  deren  zweckmässige  Ein- 
richtung noch  heute  der  Stadt  wieder  dienstbar  gemacht  werden 
könnte,  wenn  nicht  türkische  Indolenz  dem  entgegenstände.  Er- 
wähnen wir  noch,  dass  diese  Wasserfülle  gleichzeitig  auch  dem 
Palaste  Salomo's  auf  dem  Zion,  nicht  weniger  seinen  Lustgärten 
und  Wasserkünsten  dicht  neben  demselben  im  Süden ,  später 
der  Garten  üssa's  genannt)  niitzbringend  sein  musste. 


144 


Um  nun  auf  den  Millo  zurückzukommen,  so  belehrte  uns 
schon  das  I.  Buch  der  Könige  darüber,  dass  dies  Bollwerk  auch 
unter  Salomo  emen  der  ihm  von  David  beigelegten  Bestimmung 
ähnlichen  Zweck  zu  erfüllen  hatte.  Es  diente  dazu,  den  durch 
das  Stadtthal  noch  immer  dem  Anch'ängen  jedes  Feindes  offen 
stehenden  Zugang  zu  seiner  Stadt  zu  beschirmen  und  zu  schliessen. 
Es  heisst  I  Köu.  IL  27  :  »Salomo  baute  Millo  (aus)  und  verschluss 
die  Lücke  an  der  Davidstadt.«  Wir  können  diese  Worte  nur  so 
verstehen,  dass  das  Millo-Fort  zum  Schutze  des  Stadtthaies  selbst, 
aber  auch  des  aus  demselben  zum  Tempel  und  zum  Königssitze 
aufwärts  gehenden  »Aufstieges«  bestimmt  worden  war.  Salomo 
verschloss  um  diese  Zeit  durch  äussere  A'ertheidigungswerke  die 
Schlucht,  verband  dadurch  die  beiden  bisher  getrennten  Stadt- 
theile.  umzog  die  südwestliche  Vorstadt  überdies  durch  den  »nie- 
drigen Aquäduct«,  Hess  diese  Leitung  in  der  Nähe  des  heutigen 
hüb  el-maghCü'ibe,  d.  h.  oben  darüber  auf  der  schon  bezeichneten 
ostwärts  liegenden  Terrasse  des  SW. -Hügels,  in  der  Gegend  des 
jetzigen  Rothschild'schen  Hospitals,  in  die  Stadt  eintreten,  führte 
sie  dort  zunächst  bis  an  sein  Frauenhaus,  dann  aber  weiter  nach 
Osten  über  den  Brückendamm  des  Stadtthals  bis  zum  31illo  und 
endlich  auf  den  Tempelberg,  wo  der  umsichtige  König  noch  den 
Boden  der  Davidstadt  durchgraben  oder  durchbrechen  lassen 
musste,  um  das  lautere  Etamwasser  sowohl  für  sein  Gotteshaus 
als  für  seine  eigne  Hofhaltung  zu  verwenden.  Diese  Überfüh- 
rung und  Verwendung  des  Wasservorraths  von  Etam  war  also  die 
zweite  Aufgabe  des  Brückendammes  Silla  sowohl  als  des  Millo. 

Über  diese  Baiiten  des  Salomo  berichtet  ein  beachtenswerther 
Zusatz  der  griechischen  Übersetzung  des  ersten  Buches  der  Kö- 
nige C'ap.  3  (Anfang  .  Die  Worte  lauten  ';  :  »Salomo  machte  das 
Meer  und  die  Fussgestelle  und  die  grossen  Waschbecken  und  die 
Säulen  und  das  Becken  des  Hofes  und  das  eherne  Meer,  und  er- 
baute die  Akra  ihier  wie  in  Josephus  Antiq.  A'II,  3,  2  für  Milloj 
und  ihre  Schutzwehren  und  durchgrub  (legte  einen  Taumel  durch 
die  Davidstadt.«  Über  die  Wasserleitungen  nach  Jerusalem  hat 
Schick  kürzlich  in  dieser  Zeitschrift  ^j  Aufschlüsse  geliefert, 
welche  über  den  Ausgangspvnikt  der  Aquäducte  und  auch  darüber 

1)  Das  Citat  ist  nach  der  römischen  Ausgabe  der  Septuaginta  (158T)  ge- 
geben worden.     1).  R. 
2;  ZDPV.  I,  p.  V.Vl  ff. 


145 


kein  J bedenken  lassen,  dass  die  »niedrige  Leitung«  für  den  Tem- 
pelberg bestimmt  "svar,  wie  sie  auch  jetzt  noch,  nach  etwa  30U0 
Jahren,  dies  Ziel  erreicht.  Nur  hinsichtlich  des  Zeitpunkts  der 
Fertigstellung  derselben  verbleiben  wir  trotz  jener  Erörteiiing  im 
Dunkeln.  Wie  schon  oben  erwähnt,  sind  wir  der  Meinung,  dass 
diese  Wasserleitungen  vor  dem  Beginn  des  regelmässigen  Gottes- 
dienstes im  Tempel  vollendet  worden  sein  müssen  ', . 

Wir  haben  endlich  noch  zu  fragen,  auf  welche  Weise  nun- 
mehr auch  der  Abfluss  der  reichhaltigen  Wasserzufuhr  vom  Tem- 
pelberge bewerkstelligt  worden  sei,  imd  ob  von  dergleichen 
nöthig  scheinenden  Abzügen  nicht  annoch  Spuren  sich  erhalten 
haben.  Eine  der  Ableitungen  des  durch  den  Tempelcultus.  wie 
beim  .Schlachten  des  Opferviehes,  beim  Reinigen  der  Tempelge- 
bäude und  des  Brandopferaltars  verunreinigten  Wassers  fand  er- 
sichtlich am  Fusse  der  SW.-Ecke  dieses  letzteren,  ganz  unten 
durch  die  sog.  »Nasenlöcher«  statt.  So  belehrt  uns  der  Middoth 
genannte  Traktat  des  Talmud.  Das  Abwasser  floss  durch  eine 
kreuzförmige  Cisterne,  die  noch  in  dem  SO. -Winkel  der  Tempel- 
plattform erkenntlich  ist,  und  ergoss  sich  von  dort  vermittelst 
eines  noch  sichtbaren  Kanals  (am  wahrscheinlichen  Südende  der 
Stoa  Salomonis]  in  das  Ividronthal,  also  wohl  dort,  wo  das  »Was- 
serthor gegen  Morgen«  (Neh.  12,  37)  von  einem  gleichen  Wasser- 
abiluss  ins  Kidronthal  seinen  Namen  trug.  Das  von  der  Priester- 
schaft für  Bäder  und  Lustrationen  verbrauchte  Wasser  mag  ferner, 
falls  es  im  Hinterhofe  und  dem  Gebäude  um  den  Tempel  benutzt 
worden  war,  seinen  Abzug  ins  Stadtthal  gehabt  haben  und  mögen 
dadurch  die  dort  unten  gelegenen  Heilbäder  eine  Erklärung  fin- 
den. Ein  dritter  wohl  hauptsächlich  von  der  Priesterwachtstube 
Beth-Mokad  im  Norden  des  Tempels  ausgehender  und  in  der 
Kaphenata-Schlucht  oder  dem  Königsgrunde  (s.  oben  p.  118)  sich 
sammeliuler  Abzugskanal  fand  ebenfalls  im  Kidronthal,  nur  wei- 

1)  Dieser  Meinung  gegenüber  muss  hervorgehoben  Verden,  dass  Baurath 
C.  Schick  in  dem  oben  angezogenen  Aufsatz  »Die  Wasserversorgung  der 
Stadt  Jerusalem  etc.«  ZDPV.  1,  p.  132  ff.)  nachgewiesen  hat,  dass  die  untere 
Leitung,  von  der  oberen  in  Anlage  und  Ausführung  durchaus  verschieden, 
die  spätere  und  zwar  von  Herodes  erbaut  sei.  Es  kann  also  nur  davon 
die  Rede  sein,  die  obere  Leitung  (im  Sinne  Schick's),  unter  Berücksich- 
tigung der  von  Baron  von  Alten  betonten  allgemeinen  Gründe  und  jener 
Stelle  der  Septuaginta ,  auf  Salonio  zurückzuführen.  Vgl.  Allgemeine  Con- 
servative  Monatsschrift  IV  ;lb&0;,  p.  12S  f.     D.  Kcd. 


146 


ter  nördlicher  unter  der  obern  Kidronbrücke,  avo  dies  noch  nach- 
■vveisbar  ist,  seinen  Ergnss.  Besonders  aber  haben  wir  das  nach 
»Süden  abgeleitete  Wasser  zii  beachten.  Das  offene,  dem  schwer- 
fälligen »ehernen  Meere«  nachgebildete  13ecken  (der  Becher  oder 
Blumenkelch,  I  Kön.  7,  26)  mochte  den  oben  aufgezählten  Be- 
dürfnissen entsprechen  und  den  Durst  des  ab-  und  zuströmenden 
A  olkes  zugleich  stillen.  Allein  das  auf  der  Linie  des  Zusammen- 
stosses  des  Tempelgehöftes  und  der  Davidstadt  gelegene  »Becken 
des  Hofes«  (s.  oben)  gab  trotzdem  sein  lauteres  Wasser  auch  den 
beiden  ihm  südlich  gelegenen  Palästen  der  weltlichen  Macht  ab, 
sowohl  dem  alten,  jetzt  beschränkten  Davidshause  in  der  David- 
stadt, als  auch  dem  salomonischen  Cedernhause  und  ihren 
Dependenzen ,  und  zwar  bis  zum  Ausgange  des  herrschenden 
Königsgeschlechtes.  Wir  können,  nachdem  auch  diese  Paläste 
mit  ihren  Pumpwerken  Tind  Pöhren  gänzlich  zerstört  worden 
sind,  nur  noch  vermuthen,  dass  die  Abflüsse  des  schmutzigen 
'\\'assers  aus  diesen  Gebäuden  in  die  grosse,  noch  erhaltene 
Kloake  erfolgten,  welche  aus  dem  Stadtthale  sich  wiederum  süd- 
lich, dann  östlich  und  nun  unter  dem  Schlossgarten  hin,  immer 
in  östlicher  Richtung  nach  dem  Kidronthale  hinzog.  Wichtiger 
ist  uns,  dass  das  nun  noch  brauchbare  Trinkwasser  sich  wiederum 
im  Süden  der  Hofburg  im  Hofgarten  in  dem  auf  kaum  bedeck- 
tem Felsgrate  aufgemauerten  »künstlichen  Teiche«  (ST'ltoyri  nD"13n 
Neh.  3,  16),  der  jiiscina  operata,  nochmals  sammelte  und  dann 
schliesslich  durch  jenen  sehr  abschüssigen,  von  Warren  ent- 
deckten Abzugsstollen  in  das  als  »Jungfrauen-  oder  Marienquelle« 
bekannte  Keservoir  hinabstürzte ,  um  sich  einen  Ausweg  nach 
dem  Kidronthale  zu  bahnen,  welchen  ebenfalls  Wakren  aufge- 
fuiulen  hat  (Pecovery  of  Jcr.  p,  24S  ff".  251  ff.)').  —  ])iese  zum 
Iheil  sehr  kunstreichen  Wasserwerke  sind  nach  unserer  einsieht 
ebenso  das  Werk  Salomo's,  Avie  die  beiden  Aqiülducte,  von  deren 
früherem,   dem  tiefer  liegenden,   diese  Werke  grossentheils  ab- 

1,  Unerfindlich  ist  übrigens,  weshalb  wir  diesem  Bassin  nicht  seine 
altjüdische  Benennung,  statt  einer  mittelaltrigen  ,  belassen  sollten.  Schon 
Muhammed  wusste  aus  jüdisclien  Quellen,  dass  das  Bassin  »der  Teich  der 
allgeschuldeten  Ehefrauen«  hiess,  und  dass  hier  ihnen  das  eventuell  sie  frei- 
sprechende Eiferwasser  verabreicht  wurde  (s.  Mudschir  ed-din  bei  Sauvaire 
]).  1"^";.  ]Ms  nach  IV  Moses  5,  12 — ;3l  zu  bereitende  Eiferopfer  war  hier- 
nä  hst  vom  Ehemann  oben  im  Tempel  darzubringen. 


147 

hängig  Avaren.  Denn  auch  das  ( 'edernhaus  mit  seiner  zahh-eichen 
Hewühnerschaft  und  den  Leihgarden  war  ohne  geregelten  starken 
AVasserzufluss  und  -ahfhiss  nicht  .bewohnbar.  Nach  Salomo's 
Tode  waren  die  jüdischen  Könige  zu  schwach  vnid  anderweit  zu 
sehr  beschäftigt,  um  noch  au  solche  grossartigen  Friedensarbeiten 
denken  zu  können. 

8.  Erst  König  lliskia  fand  etwa  100  Jahr  nach  dem  grossen 
Erdbeben  und  Erdsturze  des  Olbergs  zu  Usia's  Zeiten,  dessen  bei 
Amüs  ;l,  1)  tmd  Sacharja  (14,  4  und  5)  und  wohl  auch  bei 
EzECHiEL  (38,  20,  gedacht  Avird,  die  Mittel  und  die  zwingende 
A'eranlassung .  den  erwähnten  Jungfrauenbrunnen  im  Kidron- 
thal, der  durch  die  Katastrophe  unter  Usia  am  Eingänge  mit 
Erdmassen  verstopft  war,  gänzlich  abzuleiten  und  das  Wasser 
durch  einen  neuen  Felsendiirchbruch  noch  weiter  nach  Süden  in 
den  bisher  nur  träge  fliessenden  Siloahteich  (Jes.  8,  6)  zu  lenken. 
Mochte  dieser  äusserste  Endpunkt  der  Gewässer  des  oberen 
Aquäducts  aiich  schon  von  Salomo  angelegt  sein  und  dem  Gihon 
entsprechend,  jetzt  der  Siloah,  die  missio  oder  descensio  aqua- 
rum  (Joh.  9,7),  genannt  worden  sein,  weil  zu  Salomo's  Zeiten 
ein  Abfluss  des  Salomoteiches  das  Tyropöonthal  hinabfloss,  so 
wurde  ihm  doch  erst  nach  der  Katastrophe  unter  Usia  mittelst 
dieser  neuen  Unternehmung  Hiskia's  durch  die  Südspitze  des 
Zion  hindurch  \yasser  zugeführt  und  dasselbe  der  Bevölkerung 
der  Hauptstadt  innerhalb  deren  Mauern  zugänglich  gemacht. 
Eine  äussere  Einfriedigung  mochte  das  Siloalibecken  erhalten  ^) . 
L  ber  die  ferneren  Arbeiten  des  Hiskia  -) ,   so  weit  sie  die  David- 

1)  Die  «andere  Mauer  draussen",  die  Hiskia  baute  'II  Chron.  32,  5,,  muss 
zur  speciellen  Beschützung  des  Tempelberges  und  der  Schlossgärten  bestimmt, 
gewesen  sein. 

2j  Die  hierauf  bezüglichen  Stellen  des  A.  T.  sind  diese:  »Hiskia  machte 
den  Teich  und  die  "Wasserleitung  und  führte  das  Wasser  in  die  Stadt"  11  Köa. 
20,  2ü  .  «Hiskia  und  das  Volk  verstopften  alle  Quellen  und  den  Bach,  wel- 
cher mitten  durch  das  Land  LXX  :  durch  d'e  Stadt  fliesst;  und  Hiskia  baute 
die  ganze  zerfallene  Mauer  und  stieg  auf  die  Thürme  (LXX  nur:  und  die 
Thürmej  und  draussen  die  andere  Mauer  und  befestigte  den  MiUo  (LXX:  die 
Aufschüttung  an  der  Davidstadt"  II  Chron.  32,  3 — 5;i.  »Hiskia  war  es,  der 
den  Ausfluss  des  Wassers  des  oberen  Gihon  oder :  den  oberen  Ausfluss  des 
Gihonwassers;  verstopfte  und  es  unterirdisch  nach  dem  Westen  der  Davids- 
stadt leitete«  (II  Chron.  32,  30).  »Hiskia  befestigte  seine  Stadt  und  leitete 
dt-n  Gihon  (Text:  Gog(  mitten  hinein.  Ei-  durchgrub  mit  Ei'^en  den  harten 
Stein  und  baute  Teiche  für  das  AVasser<'    Sir.  4S,  IT;.    Endlich  Jes  22,  9 — 11  : 


148 


Stadt  und  das  Stadtthal  berühren,  genüge  hier  Folgendes.  Ausser 
dass  er.  wie  schon  erwähnt,  für  den  unteren  salomonischen  Aquä- 
duct  durch  den  Durchbruch  der  Südspitze  des  Zion  jenen  Abfluss 
zu  dem  vorher  unbedeutenden  Siloahteiche  anlegte,  ergänzte  er 
im  Westen  der  Stadt  die  Überführung  des  höheren  Aquäducts, 
indem  er  die  vom  Gihon  zur  Stadt  laufenden  AVasserröhren  unter 
dem  Erdboden  verbarg  oder  die  Leitung  sonst  dem  Feinde  zu 
verheimlichen  suchte.  Er  grub  einen  Sammelteich  innerhalb  der 
Stadtmauern  aus  oder  Hess  die  Stadtmauer  um  diesen  herum- 
ziehen, um  von  diesem  Teiche  aus  das  Wasser  in  der  Oberstadt, 
wie  in  der  Marktstadt  durch  ein  Kanalnetz  vertheilen  zu  lassen. 
Er  sammelte  endlich  sowohl  das  reine,  als  auch  das  zum  Trinken 
nicht  mehr  benutzbare  Wasser  wiederum  in  dem  im  Osten  der 
Stadt  tief  eingeschnittenen  Stadttheile  und  restaurirte  das  von 
Salomo  wohl  zu  andern  Zwecken  angelegte  Becken  zu  einer 
Tränke  für  das  königliche  Hausvieh  oder  zu  dessen  Wäsche,  so- 
wie zur  Bewässerung  der  königlichen  daneben  gelegenen  Gärten. 
Nämlich  der  in  II  Chron.  32,  80  angedeutete,  nothwendig  am 
Ausgange  des  Stadtthals  belegene  Sammelteich  fällt  mit  dem 
ebendort  im  tiefsten  Tlieile  der  Stadt  befindlichen  «Salomo's 
Weiher«  (rj  SoXojxtuvo:  y.oÄajXjSrjüpa ,  Josephus  Bell.  jud.  V,  4,  2) 
zusammen.  Er  verdankt  also  Avohl  seine  ursprüngliche  Ausgra- 
bung dem  Salomo.  Der  Uberflviss  seiner  Gewässer,  dieselbe  Tha- 
lung  verfolgend,  musste  jenem  anderen  l^assin  zueilen,  welches 
am  Ende  derselben ,  an  der  Südspitze  des  Zionabhanges ,  sich 
befand.  Der  Endpunkt  dieses  Wasserstrangs,  der  sonach  schon 
durch  die  ganze  Stadt  geführt  worden  war  und  auf  geheimnissvolle 
Weise  westlich  über  derselben  hervorspriidelte,  mag  schon  früh 
der  Siloah  (»Leitung«)  genannt  worden  sein ;  lliskia's  weiterer 
Felsendurchbruch,  der  der  Stadtbevölkerung  höchst  Avillkommen 
Avar,  machte  sein  verhältnissmässig  erst  rein  gewordenes  Gewäs- 
ser zu  einem  wichtigen  und  vielgenannten  Zubehör  der  Stadt. 

Wir  haben  eben  Anstalten  besprochen,  welche  von  Iliskia 
an  der  Absenkung  der  unteren  Marktstadt  zum  Stadtthalc  hin 
angelegt  waren,    um  das  in  deren  Gassen  und  Häusergruppen 

»Ihr  sähet  die  Risse  der  Davidstadt  —  zahlreich  waren  sie  —  und  fasstet  die 
Wasser  des  unteren  Teiches  und  zähltet  die  Häuser  Jerusalem's  ab  und  zer- 
störtet die  Häuser,  um  die  Mauer  zu  befestigen,  und  machtet  einen  Sammel- 
teich zwischen  den  beiden  Mauern  für  die  Wasser  des  alten  Teiches.«     D.  K. 


149 

in  kleineren  Kanälen  verbreitete  Gihongewässer  wieder  anzu- 
sammeln und  dem  IJecken  im  unteren  Stadtthale  zuzuführen. 
Vielleicht  erlaul)t  man  sich  zu  dieser  Annahme  bedenklich  den 
Kopf  zu  schütteln !  Wir  fragen  jedoch,  welche  Auslegung  man 
für  jenes  so  eigen thümlich  geformte  Wasserbecken  bereit  hat, 
•welches  der  J^aurath  Schick  im  Süden  der  jetzt  noch  bestehen- 
den drei  Bazare  auf 'der  östlichen  Gränze  des  ehemaligen  Markt- 
viertels im  Jahre  1875  aufgefunden  hat,  und  welches  von  einem 
sorgfältig  zusammengesetzten  Gewölbe  überdeckt  100  engl.  Fuss 
lang  von  N.  nach  S.  und  vermuthlich  noch  weiter  sich  erstreckte, 
dagegen  nur  17'  2  Fuss  breit  ist.  Diese  Tranchee  ist  über  SO  Fuss 
tief  und  erreicht  den  natürlichen  Felsboden.  Wilson  macht  in 
den  Qnarterly  Statements  von  1S77  (Januarheft,  p.  9)  auf  diesen 
Sammelkanal  aufmerksam.  Derselbe  scheint,  ähnlich  wie  die 
nach  N.  zu  benachbarten  und  auf  derselben  Linie  liegenden  be- 
deutenden, jetzt  zum  Theil  trockenen  Austiefungen,  welche  unter 
dem  Deutschen  Consulate  liegen  i) ,  von  Hiskia  herzurühren  und 
ist  das  Gegenstück  zu  dessen  »Hiskiateiche«  an  der  Westgränze 
des  Marktviertels.  Sein  ZAveck  war,  den  Überfluss  der  diesen 
Stadttheil  bedienenden  Gihongewässer  wieder  zu  sammeln  und 
sie  dem  Hauptkanale  Hiskia's  nach  S.  hin  zuzuführen.  Die  Über- 
reste dieses  letzteren,  in  welchen  sich  sämmtliche,  vermuthlich 
nur  auf  der  Obeiüäche  laufende  Kanäle  der  Marktstadt  mögen 
vereinigt  haben,  erblicken  wir  in  dem  schön  gewölbten  Tunnel, 
der,  nur  zum  Theil  durchforscht,  sich  unter  der  heutigen  Davids- 
strasse ostwäits  bis  zu  dem  alten  Brückendamm  der  Jebusiter 
hinzieht  Die  Muslimen,  deren  Schriftsteller  aus  dem  Mittelalter 
diesem  Kanal  mehr  ^Aufmerksamkeit  schenkten  als  die  neueren 
Forscher,  schreiben  ihn  geAvöhnlich  dem  David  zu.  Erst  nach- 
träglich wurde  derselbe  in  Gemächer  abgetheilt.  Er  mag  für  das 
lautere  Wasser  des  Gihon  dasselbe  gewesen  sein,  was  für  Ab- 
flüsse aus  der  Oberstadt  (und  Citadelle  ?)  der  beim  Bau  der  angli- 
kanischen Kirche  aufgefundene,  bis  jetzt  eben  so  wenig  aiifge- 
klärte  unterirdische  Gang  bedeutet  haben  mag. 

Die  genannten  Wasserwerke  schliessen  die  Erbauung  des 
Millo  an  dieser  Stelle  aus.  Dasselbe  wird  ausserdem  II  Chron.  35, 
5  als  an  der  Davidstadt  gelegen  bezeichnet,  nicht  ihr  gegenüber. 

1)  Vgl.  Robinson,  Palästina  II,  p.  126.     Neuere  Biblische  Forschungen 
p.221,  not.  1. 


150 


Es  bestand  sogar  noch  vor  dieser  II  Sam.  5.  9.  I  Chron.  11.8.  \g\. 
Antiq.  A  II,  3,  2).  ehe  David  die  Feste  Jebus  bezwungen  hatte.  Es 
wird  von  den  Septuaginta  (s.  oben  p.  144)  entsprechend  »Akra« 
genannt;  denn  es  war  schon  als  befestigter  Pnnkt  der  Schanplatz 
der  Ermordung  des  Königs  Joas  gewesen  (II  Kön.  12,  20  .  Das 
Fort  wnrde  durch  den  Enkel  des  Ermordeten,  den  König  Hiskia, 
neu  befestigt  (II  Chron.  32,  5).  Hier  deuten  die  Septuaginta  an. 
die  liastion  sei  ein  avv'ArjfjLfia  -r^c  -oXsojc  Aaui'o  gewesen,  eine  künst- 
liche Auffüllung  der  Davidstadt,  also  zu  derselben  gehörend. 
Dass  verschiedene  Erdaufschüttungen  offenbar  schon  unter  8a- 
lomo  zum  Zwecke  der  Überführmig  seines  Aquäducts  vorgenom- 
men waren  —  wie  es  der  Zusatz  der  griechischen  Übersetzung 
»und  ihre  Schutzwehrenc  andeutet  —  dann  weitere  Arbeiten  unter 
Hiskia  den  endlichen  Ei  folg  hatten,  den  A'iaduct  mit  seinem 
Brückenköpfe,  dem  Millo,  völlig  auszugleichen  und  die  Firücke 
(7S'.pupa)  bis  auf  einen  Durchlass  (Mittelthor  Jer.  39,  2)  so  sehr 
zu  einem  Erddamm  zu  gestalten,  dass  er  einer  bebauten  Gasse 
ähnlich  Avurde  und  die  Millo-Hastion  endlich  im  melikeme  (dem 
türkischen  Stadthause  am  lab  es-silsile)  aufging,  das  alles  wird 
hier  nur  angeführt,  um  die  Lage  und  sodann  das  Verschwinden 
des  Millo  begreiÜich  zu  machen. 

Besondere  Beachtung  verdient  noch  ein  Ausspruch  des  Pro- 
pheten Jesaia  ("22,  9  — 11,  s.  p.  147  not.  2),  der  die  in  Jerusalem 
zu  Hiskia's  Zeit  gegen  die  anrückenden  Assyrer  getroffenen  \er- 
theidignngsmassregeln  betrifft.  Nach  der  Ausbesserung  der  ver- 
fallenen Mauerstellen  an  der  Davidstadt  erwähnt  er  eine  Samm- 
lung der  Wasser  des  unteren  Teichs.  Der  in  diesen  Worten 
liegende  Hohn  musste  um  so  deutlicher  die  Bevölkerung  treffen, 
als  der  untere  Teich  nur  abgestandenes,  auf  seinem  langen  Laufe 
durch  die  Marktstadt  schon  benutztes  Wasser  enthalten  konnte, 
als  zu  welchem  Zwecke  ihn  schon  Salomo  hatte  ausgraben  lassen. 
Uns  aber  bestätigt  der  Hohn  Jksaia's,  dass  sein  rrnnterer  Teicli« 
jedenfalls  mit  dem  »Weiher  Salomo's«  oder  auch  mit  dem  »Teich 
des  Königs  Hiskia«,  wie  er  seit  den  von  ihm  bei  der  bald  darauf 
eintretenden  Belagerung  wirklich  geleisteten  Diensten  genaunt 
wm-de,  identisch  war.  Dass  dieser  Teich  im  Stadtthale  unterhalb 
der  Marktstadt  lag,  ist  doch  nicht  zu  verkennen.  Schon  desshalb 
muss  er  verschieden  von  dem  im  Folgenden  genannten,  ihm 
gegenüber  gestellten  und  höher  gelegenen  »alten  Teiche«  sein. 


151 


Des  Jesaja  Malmrcdo  geht  luiinlich  nunmehr  zu  den  ül)rig-(.'n 
Mass  regehl  lliskias  über.  Sie  betrafen  zwei  andere  Sicher- 
heitsvorkehrungen im  Westen  der  Stadt.  Zunächst  den  Bau  des 
westlichen  Theils  der  Stadtmauer,  zu  deren  HersteHung  auf  des 
Königs  Befehl  dort  die  Häuser  (wohl  meist  Gartenhäuser!)  ab- 
gerissen wurden,  um  deren  Steine  zu  verbrauchen ;  diese  neue 
Fortifikation,  eine  Schutzwehr  gegen  den  von  SW.  erwarteten 
Feind,  hob  vom  Gennath-Thore  an  und  zog  sich  nach  N.  bis 
zum  Eckthore.  Sodann  ein  neu  ausgegrabenes  Reservoir  einen 
Graben),  welches  Iliskia  im  Winkel  zAvischen  der  neuen  Mauer 
und  der  uralten  Umwallung  der  Jebusiter-Stadt  anlegen  Hess, 
gleichfalls  zum  Besten  der  Marktstadt.  Es  war  der  »Hiskiateich«, 
der  Amygdalon  oder  Thurmteich  des  Josephus,  bestimmt  für 
Aufnahme  des  Gewässers  des  Gihon,  welchen  Jesaja,  ohne  ihm 
einen  bestimmten  Unterscheidungsnamen  zu  geben,  als  »alten 
Teich«  aufführt.  Der  Abfluss  desselben  wurde  nun  innerhalb  der 
Stadt  in  einem  neuen  Becken  aufgenommen  und  durch  eine 
Stadtmauer  beschützt;  von  da  aus  durchzog  das  vorhin  angedeu- 
tete Kanalnetz  die  Marktstadt  und  sorgte  für  deren  Wasserbe- 
darf. —  Des  Jesaja  an  das  Volk  gerichtete  Aufmunterung  — 
dies  ist  der  hier  hervorzuhebende  Punkt  —  hält  die  Siche- 
rungsmassregeln Hiskia's  sehr  deutlich  aus  einander.  Er  berührt 
k\irz  diejenigen  am  unteren  Teiche  im  Stadtthale  und  am  Tem- 
pelberge, dann  erst  die  andern  am  Gihon,  welchen  er  als  den 
»alten  Teich«  aufführt,  und  endlich  die,  Avelche  sich  an  der  neu 
erbauten  Schutzmauer  oben  an  der  Marktstadt  anreihten.  Halten 
wir  fortan  diese  Unterscheidung  fest,  um  die  beiden  von  Jesaja 
gebrauchten  vagen  1  Benennungen ,  welche  den  Forschern  seit 
langem  so  viel  Schwierigkeiten  gemacht  haben,  fortan  von  einan- 
der zu  trennen  und  ihre  sehr  verschiedene  Ortslage  uns  ein- 
zuprägen. 

9.  Vor  allem  muss  uns  der  Zusammenhang  des  Salomo- 
teiches  mit  dem  »unteren  Teich«  in  Jes.  22,  9  seiner  Lage  nach 
interessiren.  Suchen  wir  demnach  festzustellen,  wohin  Josephus, 
welcher  uns  jenen  ersten  Namen  aufbewahrt  hat,  dieses  Keser- 
voir  verlegt.  Er,  der  im  Tempelhofe  erzogene  Priestersohn,  belegt 
dasselbe  mit  gutem  Bedachte  mit  dem  Namen  des  weisen  Königs 
(B.  j.  V.  4,  2,.  Obgleich  es  schon  früher,  wie  das  A.  T.  beweist, 
an  Namen  für  den  nach  und  nach  verschlammenden  Teich  nicht 


152 


mano^elte .  scheint  die  Bevölkerung  der  Stadt  dennoch  seinen 
frühesten  Nanaen  in  Ehren  gehalten  zii  haben.  Josephus  führt 
den  i^Salomo- Weiher«  au.  als  es  gilt,  den  Mauerzug  der  ältesten 
Befestigung,  welche  die  Mauern  von  Jebus  in  sich  aufgenommen 
hatte,  zu  verdeutlichen.  Folgen  wir  ihm  in  der  Kürze.  Die  Süd- 
strecke des  von  den  Jebusitem  herstammenden  Festuns-swalles 
ward  gebildet  durch  eine  Mauer.  Avelche.  am  Hippicus-Thurm  im 
Westen  beginnend,  den  südlichsten  Theil  des  SW.-Hügels,  dicht 
innerhalb  der  dort  vorbeieilenden  salomonischen  Wasserleitung 
umzieht.  Als  ihren  südlichsten  Wendepunkt  berührt  sie  das 
Düngerdepot  Bethso,  gesammelt  von  den  dort  in  dem  Stadt\dertel 
Beth-Cherem  wohnenden  Weinbauern.  Von  dort  sich  wieder 
stark  nach  N.  zurückziehend,  erstreckte  sich  diese  Linie  bis  zum 
Quellenthor  (Brunnen-  oder  Essenerthor  ,  welches  vermuthlich 
einen  hauptsächlichen  Stadtausgang  an  jener  Stelle  abgab,  wo 
jetzt  die  beiden  Strassen  huret  el-dscUaxcäni  und  küret  el-jehxid 
aus  dem  Judenviertel  zusammenlaufen.  Dann  wandte  sich  die 
Mauer  nahe  bei  diesem  Thore  und  zwar  hoch  oben  über  dem 
Siloah-Brunnen  (uTrsp  tt^v  -lAtudiix  —  was  meistens  übersehen 
wird  ,  um  eine  östliche  nicht  südliche)  Richtung  anzunehmen 
und  ziemlich  fern  vom  Auslauf  des  Tyropöonthales  zu  bleiben, 
den  oberen  Abfall  dieses  Thaies  durchkreuzend,  also  etwa  beim 
heutigen  Mistthore  vorbeilaufend.  Hier  in  der  Tiefe  des  Stadt- 
thals ging  die  Mauerstrecke  ebenfalls  an  unserem  Salomo- Weiher 
vorüber  —  immer  auf  ihrem  Laufe  nach  O.  —  sowie  auch  an  der 
Davidstadt,  um  dann  über  den  Ophelhöcker  den  Abhang  des 
Kidronthals  zu  erreichen  und  dort  sich  an  die  Ostmauer  des  Tem- 
pelhofs (östliche  Doppelhalle  oder  Stoa  Salomonis)  zu  lehnen. 

Bei  dieser  von  Josephus  entworfenen  Beschreibung  dieser 
Strecke  des  Mauerlaufs  haben  wir  von  der  noch  immer  üblichen 
Annahme  abweichen  müssen ,  wonach  die  Stadtmauer  sich  bis 
zum  Siloahbrunnen  erstreckt  habe,  und  sind  dem  Wortlaute  des 
Josephus  gefolgt,  der  nichts  davon  sagt.  Wir  halten  ferner  da- 
für, dass,  vom  ursprünglichen  Jerusalem  abgesehen,  schon  bei 
der  Anlage  der  Umwallung  der  Aelia,  sowie  bei  den  Mauerarbei- 
ten des  Mittelalters  man  gleichfalls  den  von  der  Natur  vorge- 
schriebenen ^'erhältnissen  mehr  llücksicht  getragen  habe ,  als 
dies  der  Glaubenseifer  einer  Kaiserin  Eudokia  that.  Mag  sie  den 
Versuch  gemacht  haben,   bis  zum  Siloah  mit  ihrer  Erweiterung 


153 


der  Stadtmauer  hinabzusteigen,  so  -wollte  sie  diesen  lirunnen  mit 
Basiliken  und  Capellen  ausschmücken.  Die  natürlichen  scharfen 
Abfälle  des  SW.-IIüjafels,  ■wie  des  Zion-Ausläufers  erwiesen  und 
erweisen  noch  jetzt  solche  Arbeiten  als  unnütz.  Wir  meinen, 
dass  die  Umwallung  der  alten  Stadt,  etwa  vom  jetzigen  burdsch 
el-kibrit  (Pulverthurm)  an,  eine  rein  östliche  Kichtung  anneh- 
mend, die  Höhe  nicht  nach  SO.  zu  verlassen  habe.  Wir  haben 
in  dieser  Localität  sogar  noch  weiter  nördlich  der  Stadt  zu  und 
hinter  den  heutigen  Pulverthurm  zurückzuAveichen,  etwa  bis  zu 
dem  offenen  Räume,  dessen  Gränzen  durch  das  Aufhören  der 
mittelaltrio-en  Gebäude  des  Judenviertels  bezeichnet  Averden.  Der 
hier  sich  hinziehende  Kaum,  bis  vor  wenigen  Jahren  unbebaut 
und  seitdem  nur  sehr  theilweise  mit  einem  jüdisch-deutschen, 
einem  jüdisch-spanischen  Hospize  und  mit  dem  Kothschild'schen 
Hospitale  bedeckt,  war  der  freie  äussere  Marktplatz  der  ehema- 
ligen Oberstadt,  zugleich  die  »breite  Gasse  am  Bmnnenthore«, 
•worauf,  wie  auch  auf  dem  äusseren  Marktplatze  der  Marktstadt 
»vor  dem  Ephraimsthore«  Neh.  S,  16],  die  aus  dem  Exil  zurück- 
gekehrten Juden  ihr  erstes  Laubhüttenfest  begingen.  Hier  liefen 
noch  zu  des  Josephus  Zeiten  die  Stadtmauern.  Weiter  in  der 
Tiefe  bestand  auch  damals  höchstens  ein  Palissadenwall,  ein  £?«j 
;j7.pa7.a)ua.  wie  auch  im  X.  der  Stadt  nur  ein  solches  um  die  Beth- 
zetha-Höhe  herum  bis  zu  König  Agrippa's  sehr  solider  Mauer 
sich  befunden  hatte  15.  jud.  I.  13.  3^  —  ein  irspi-cty laixa,  welches 
in  B.  jud.  YI,  S,  5  angedeutet  wird  und  auf  dessen  Spuren  hin 
des  Kaisers  Theodosios  II.  Gemahlin.  Avie  oben  gesagt,  wohl  in 
Nacheiferung  der  Kaiserin  Helena  ihre  schwache  Mauer  vom 
Plateau  der  SW.-Höhe  zum  Siloah  führte.  Vom  Siloah  aber 
wiederum  östlich  am  Kidronthal  auf^värts  bis  zum  Tempelberge 
irgend  Überreste  der  supponirten  Stadtmauer  jemals  entdeckt  zu 
haben,  behauptet  unseres  Wissens  auch  kein  Forscher  noch  Rei- 
sender.  Um  dagegen  zu  diesem  Siloah-Brunnen,  vielleicht  auch 
zur  Kogelquelle  hinabzusteigen,  passirten  morgens  und  abends 
die  Essener  den  darnach  recht  passend  Quellcnthor.  Bnmnenthor 
oder  Essenerthor  genannten  Stadtausgang,  auf  welchen  die 
Hauptstrassen  ^ines  Viertels  der  Oberstadt  convergirten.  Dass 
JosKPHüS  für  dieses  Thor  gerade  den  Namen  der  Essener  wählt, 
mag  deren  Wichtigkeit  und  seine  Kenntniss  ihrer  Gebräuche 
1>.  jud.  II,  S,  5    beweisen.    Ferner  dürfen  wir.   um  den  vor  dem 

Ztsebr.  d.  r.il.-Ver.  III.  jj 


154 

Essenertlior  gelegenen  freien  Platz  äusseren  Marktplatz;  festzu- 
halten, denselben  eben  so  wenig  i)  mit  dem  »breiten  Platze  gegen 
Morgen«  innerhalb  des  Tempelgehöftes  (11  Chron.  29,  4),  also 
zwischen  der  Stoa  Salomonis  und  dem  Weiberhofe,  als  mit  dem 
Ephraimthorplatze  verwechseln,  der  geräumig  genug  war,  um 
dort  unter  Iliskia  eine  Heerschau  abhalten  zu  können  (II  Chron. 
32,  6).  Vielmehr  muss  noch  vor  diesem  Essenerthore  ein  AYart- 
thurm  am  Mizpa-Stadtviertel  der  Oberstadt,  eines  jener  isolirten 
noch  vor  den  Stadteingängen  gelegenen  Vorwerke,  gewesen 
sein,  die  ■^^•ir  rings  um  die  Stadt  annehmen  müssen.  Ihre  offen- 
bar sehr  soliden  Fundamente  scheint  diese  Warte  dem  heutigen 
Pulverthurm  [hurchch  el-kibrd]  später  geliehen  zu  haben. 

Von  diesem  Punkt  nicht  eben  weit  nach  O.  zu  muss  imser 
jetzt  verschollener  Salomo-Weiher  gelegen  haben.  Befand  er 
sich  auf  der  Sohle  des  die  Stadt  durchziehenden,  meist  schon 
verdeckten  Kinnsals  und  nicht  unmittelbar  neben  dem  Festungrs- 
walle  der  Stadt,  so  darf  das  Becken  nicht  so  völlig  unbeachtet 
bleiben,  wie  es  neuerdings  geschieht,  indem  wir  seine  einst  wich- 
tige Eolle  noch  nachweisen  können ,  mochte  er  nachgehends 
auch  anfangen  zu  verschlammen.  Aus  dem  Buche  Nehemia  er- 
giebt  sich,  dass  des  Teiches  Benennung  zur  Zeit  des  Exils  und 
nach  demselben  einmal  der  Teich  des  Königs  (Hiskia)  und  so- 
dann Teich  der  Leitung  (nblljn  TDna,  Siloah?)  war  (Neh.  2,  14 
imd  3,  15).  Er  war  also  trotz  der  Zerstörung  der  Stadt  durch 
die  Chaldäer  erhalten  worden.  Nur  dass  er  seinen  Ursprung 
von  Salomo  herleitete ,  scheint  damals  vergessen  und  erst  sehr 
spät  wieder  im  Gedächtniss  der  Stadtbewohner  aufgefrischt  zu 
sein.  Dass  jedoch  der  älteste  Name,  Salomo-Teich ,  auch  am 
längsten  daran  haften  geblieben,  davon  zeugen  die  uns  durch 
Mudschir  ed-din'^y  erhaltenen  Auszüge  aiis  weit  älteren  arabischen 
Schriftstellern.  Als  die  Muslimen  Jerusalem  im  7.  Jahrhundert 
besetzten,  fanden  sie  dort  offene  Ileservoire  vor,  deren  Benen- 
nxingen  sie  von  der  jüdischen  Einwohnerschaft  erfuhren ,  und 
welche  uns  die  damalige  Deutung  dieser  Namen  erkennen  lassen. 
Darunter  fanden  sich  drei  Wasserbecken  im  Innern  der  Stadt : 
der  Teich  der  Kinder  Israel  [birket  isra'll] ,  der  Teich  des  'ijüd 
(König  Iliskia'sj  und  das  Bassin  Salomo's,  während  zu  den  drei 

1;  Wie  z.  B.  Bertue.\u,  Die  Bücher  Esra,  Nehemia  und  Esther  p.  210. 
2j  S.  die  Übersetzung  von  SauvaIKE  p.  IDb. 


155 

offenen,  ausser  der  Stadt  gelegenen  ein  bedeckter  Jirnnnen,  der 
der  bescholtenen  Frauen  ^j ,  nicht  gezählt  wird ,  obgleich  sein 
Name  einer  altjüdischen  Sitte  oder  Tradition  entnommen  war. 
Mit  dem  Salomo-Weiher  weiss  Mudschir  ed-din  begreiflicher 
Weise  nichts  anzufangen.  Zu  seiner  Zeit  —  er  starb  1521  —  war 
das  Reservoir  ausgetrocknet.  Er  kennt  es  nicht  mehr,  wie  die 
jetzigen  Topographen !  !  Allerdings  lag  es  in  der  Strasse  des 
Marzuban  oder  Stadtobersten;  denn  diese  durchzog  das  Stadt- 
thal. Es  stand  dagegen  schwerlich  in  Beziehung  zur  Hadeanstalt 
des  Alä  ed-din  (jetzt  hammüm  esch-shifä^ .  Wir  glauben  hieiinit 
nachgewiesen  zu  haben,  dass  der  älteste,  auf  Salomo  zurückfüh- 
rende Name  des  Weihers  auch  am  längsten  bestanden  hat,  und 
wollen  ihn  darum  beibehalten. 

Wegen  der  dem  Salomo-Teich  von  Nehemia  beigelegten  Be- 
zeichnungen haben  wir  nun  dessen  Recognitionsritt,  bei  welchem 
der  Teich  vorkommt,  zu  betrachten.  Hierbei  müssen  wir  einem 
sehr  verdienten  Topographen  Jerusalem's,  dem  Pfarrer  D.  K.  Füh- 
rer, sowie  dem  Verfasser  einer  ausführlichen  Abhandlung  in 
Riehm's  Handwörterbuch  des  biblischen  Alterthums  ~) ,  dem  Pro- 
fessor Dr.  F.  Müh  LAU  in  Dorpat,  entgegentreten.  Die  Umkrei- 
sung der  Mauern  der  Stadt  betraf  nur  die  von  den  Chaldäern 
ursprünglich  zerstörten,  kürzlich  aber  nochmals  von  den  umAvoh- 
nenden,  dem  Wiederaufbau  derselben  feindlichen  Völkerschaften 
niedergerissenen  Mauern.  Dies  letztere  Ereigniss  scheint  nicht 
eben  lange  vor  Nehemia's  Ankunft  erfolgt  zu  sein  3).  An  dem 
Tempelhof  und  dessen  Einfriedigung  sich  zu  vergreifen,  hatten 
Saneballat,  Tobia  und  ihre  Verbündeten  aus  Respect  vor  Artaxer- 
xes  nicht  gewagt.  Nehemia  hatte  desshalb  an  dem  Tempelhofs- 
gemäiier,  dessen  Herstellung  bald  nach  dem  Tempelbau  von 
Serubabel  und  Josua  besorgt  war ,  nach  seiner  eiligen  Untersu- 
chung nichts  zu  besichtigen,  wenigstens  nicht  sobald  und  so 
lange  es  ihn  drängte,  die  Stadtbefestigung  zu  vollenden.  Der 
neue  Pascha  wollte  demzufolge  seinen  geheimen  Umritt  gar  nicht 
bis  zu  den  Tempelhofsmauern  ausdehnen  und  noch  weniger  in 
das  Kidronthal  hinabsteigen.    AVas  also  Furrer^)  vorbringt,  um 

1)  A.  a.  ü.  p.  187.  2)  S.  den  Artikel  Jerusalem  p.  GTS— "02. 

3)  S,  Beutheau,  Die  Bücher  Esra,  Nehemia  und  Esther  p,  129  ff. 

4)  S.  Schenkel's  Bibellexicon   (Art.  Jerusalem),  III,  p.  2-14  ff.;    (Art. 
Gihon)  II,  p.  463  ;   (Art.  Kidron)  III,  p.  527. 

11* 


15B 

dieses  Thal  und  namentlich  die  sog.  Marienquelle  darin  in  jene 
Besichtigung  hinein  zu  verflechten,  kann  uns  nicht  von  der  Rich- 
tigkeit seiner  Ansicht  in  diesem  Bezüge  überzeugen.  Der  nahal 
oder  Wäd  Avar  in  unvordenklichen  Zeiten  tief  genug  ausgerissen 
und  führte  offenbar  zu  jeder  Zeit  Wasser.  Seine  Abhänge  waren 
zu  David's  Zeiten,  wie  wir  gesehen,  abschüssig  genug,  um  der 
Feste  Jebus  damals  gleichsam  als  Festungsgraben  zu  dienen. 
Denn  nach  \\'arrex's  Untersuchungen  erreicht  man  dort  den 
natürlichen  Felsboden  erst  auf  kaum  weniger  als  100  Fuss  unter 
der  jetzigen  Oberfläche,  und  noch  immer  zieht  sich  darüber  be- 
ständig ein  Wasserrinnsal  hin.  Nehemia  hatte  Grund,  das  Thal 
als  einen  Winterbach  anzusehen,  eben  so  gut  als  den  Kidron,  der 
einer  so  bedeutenden  Verschüttung  zu  Usia's  Zeiten  bis  zum 
Kogel-Brunnen  hin  unterworfen  gcAvesen  war.  Andererseits  ist 
das  Heranziehen  der  sog.  Marienquelle  offenbar  nur  ein  Noth- 
behelf  Furrer's  und  Anderer.  Denn  Nehemia  hätte  von  dort, 
selbst  mit  Zuhülfonahme  der  hellen  orientalischen  Nächte,  der 
Entfernung  dieses  Brunnens  vom  Tempel  wegen  an  der  dama- 
ligen Ummauerung  des  Heiligthums  so  gut  wie  nichts  beobach- 
ten können. 

Bei  solchen  Schwierigkeiten  haben  wir  vielmehr  anzuerken- 
nen, dass  Nehemia  bei  seinem  Umritte  nur  bis  zum  Stadtthale 
gelangte,  und  dass  er  an  dessen  südlichem  Ausgange,  da  wo  der 
Königsteich  von  Neh.  2,  14  lag,  umgekehrt  ist.  Den  Gihon, 
dessen  Lage  im  AVesten  über  der  Stadt  nicht  abzuleugnen  ist, 
hier  heranziehen  zu  wollen ,  ist  unthunlich .  wie  insbesondere 
eine  Beziehung  zAvischen  ihm  und  dem  Marienbrunnen.  Wohl 
aber  ist  eine  Abhängigkeit  des  »Gihon  im  Thale«  (II  Chron.  33,  14) 
vom  eigentlichen  Gihon  nicht  nur  dem  Namen  nach,  sondern  auch 
den  topographischen  \'crhältnissen  nach  denkbar,  und  zwar  war 
sie  sehr  specieller  Art.  indem  das  Becken  im  Thale  die  Bestim- 
mung von  Iliskia  erhalten  hatte,  den  Abfluss  des  Gihon.  so  weit 
er  durch  die  Oberstadt  und  die  Marktstadt  herabdringen  konnte, 
aufzunehmen  und  zu  verwenden.  Wenn  das  hierzu  von  Iliskia 
vielleicht  erweiterte  liecken,  der  Königs-Pfühl,  desshalb  »Gihon 
im  Thale«  genannt  wird,  so  wird  dadurch  auch  dessen  Lage  im 
Stadtthale  genau  gekennzeichnet.  Wir  haben  diesen  so  vielfach 
erörterten  und  missverstandenen  ]^nlkt  noch  weiter  zu  berülnen 
und  wollen  hier  nur  autdie  Mannigfaltigkeit  dieser  Benennunjjen 


157 

avifmcrksam  machen,  welche,  sämmtlich  bisher  von  Flrrkh, 
Mühlau,  Zimmermann,  Sepp  und  Anderen  verkannt,  die  La^e 
des  verschollenen  Reservoirs  hestätigen  und  auf  den  südlichen 
Ausgang  des  Stadtthals  hinweisen. 

Auch  hei  der  Wiederausbesserung  der  Stadtumwallung 
kommt  Nehemia  Cap.  3.  15  auf  dasselbe  Becken  zurück.  Dort 
wird  erzählt,  dass  von  dem  Vorsteher  des  Stadtbezirkes  Mizpa 
eine  Mauerstrecke  nahe  dem  Brunnenthore  —  eben  weil  zu  die- 
sem Stadttheile  gehörig  —  ausgebessert  sei.  Avie  es  aus  gleichem 
Grunde  mit  dem  »Teiche  der  Leitimg«  geschah.  Neben  letzterem 
lagen  stadteiuAvärts  mid  an  dem  Stadtthale  liinauf  die  innern 
Mauern;  Aveil  sie  hier  schadhaft  und  eingefallen  waren,  bedurf- 
ten sie  der  Ausbesserung.  AVir  Avissen  ja.  dass  hier  die  Mauer- 
trümmer so  hoch  lagen,  dass  sie  den  Nehemia  zum  Absteigen  und 
fast  zum  Umkehren  veranlassten  (Neh.  2.  14),  Der  Teich  der 
Leitung,  nbien  r3"}3,  der  als  dort  liegend  in  der  Eeihenfolge  eben 
hier  vermerkt  Avird ,  mag  selbst  zum  Theil  ausgefüllt  gcAvesen 
sein.  Ferner  geht  aus  dieser  Stelle  hervor,  dass  Avir  uns  hier  dem 
Herabgange  von  der  Da^idstadt  nahe  —  jedoch  gegenüber  — 
befinden.  Endlich  mussten  die  Gartenanlagen  des  Schlossparkes, 
deren  Westende,  jetzt  Jiakürat  el-chatunlje  genannt,  damals  das 
Stadtthal  theihveise  abschloss,  bis  an  den  »Teich  der  Leitung« 
hinabgehen. 

Der  überAvuchernde  Reichthum  von  Benennunsen  für  den- 
selben Teich,  der  sich  somit  hier  ergiebt.  Avird  erklärlich.  Avenn 
man  die  Verschiedenheit  der  uns  vorffeführten  Zeiten  und  das 
Bestreben  der  heiligen  Bücher  berücksichtigt,  die  Lage  dieses 
Teiches  deutlich  zu  machen.  Letzteres  hat  freilich  bis  jetzt  eher 
dazu  beigetragen,  unsere  Kenntniss  vom  Salomo- Weiher  zu  ver- 
Avirren.  Wir  können  jedoch  noch  jetzt  die  Berechtigung  aller 
drei  Benennungen  —  Gihon  im  Thal  (II  Chron.iaS.  14.  Königs- 
teich (Neh.  2,  14)  und  »Teich  der  Leitnngu  'Neh.  3.  151  —  er- 
fassen und  sie  sämmtlich  auf  dasselbe  Becken  deuten,  nämlich 
auf  den  alten  Salomo-Weihcr .  das  Mittelglied  ZAvischen  dem 
Gihon  oberhalb  der  Stadt  und  dem  Siloah  unterhalb  dersell)en, 
indem  AAir  uns  des  langen  geheimnissvollon.  theihveis  unterir- 
dischen Laufes  dieses  GcAvässers  einestheils  zum  Gihon  hin  und 
anderntheils  zum  Zwecke  seiner  Kanalisation  innerhalb  der  Stadt 
erinnern,   endlich  noch  seinen  Abfluss  aus  d(>r  Stadt  zum  Siloah 


158 

hin  in  Kechminj^  bringen.  —  Die  späteste  in  der  Bibel  vorkom- 
mende Benennnng  dieses  Teiches  giebt  die  griechische  Über- 
setzung von  Neh.  3,  15.  Den  »Teich  der  Leitxinga  erklärt  sie  für 
die  y.oX'j[jißrji}pa  tu)V  y.toouov  tt]  xoupa  ~oo  ßaaiXiojc.  für  den  Teich 
der  Schafwäsche  bei  der  jährlichen  Schafschur  der  königlichen 
Heerden.  Das  damals  schon  kein  TrinkAvasser  mehr  führende, 
nahe  den  königlichen  Gärten  gelegene  und  zu  deren  Bewässe- 
rung dienende  Bassin  mochte  auch  die  Schafställe  der  königlichen 
Familie  in  seiner  Nähe  haben.  Den  für  die  Heerden  noch  brauch- 
baren Zustand  seines  Inhalts  mochte  der  fortwährende  Zufluss 
des  schon  in  den  Badeanstalten  im  Stadtthal  und  in  den  Reini- 
gungsanstalten am  Tempelberge  und  in  der  Hofburg  gebrauchten 
Wassers  erzeugt  haben. 

10.  Hatte  Hiskia  sich  vorzugsweise  um  die  Wasserversor- 
gung seiner  Hauptstadt  bemüht,  so  nahm  dessen  Sohn  und  Nach- 
folger Manasse  grösseren  Bedacht  auf  die  Sicherstellung  des 
Tempelberges  und  seines  dortigen  Hoflagers,  Manasse  verbesserte 
(II  Chron.  33,  14)  die  Befestigungen  des  Tempelbergs,  besonders 
der  Stadt  gegenüber.  Er  restaurirte  zunächst  die  westlichen  For- 
tificationen  der  Davidstadt  da,  wo  der  Gihon  im  Stadtthale 
abendwärts  an  sie  angränzt.  Er  führte  den  Wall  von  hier  aus 
dem  Tempelgehöfte  entlang  nach  Norden  zu  bis  an  dessen  Nord- 
ecke. Er  befestigte  sorgsamer  das  an  dieser  Ecke  liegende  Fisch- 
thor, vielleicht  durch  Erbauung  eines  soliden  Aussenwerkes  vor 
demselben,  eines  fort  detache.  dessen  beide  Bollwerke  später 
dem  Könige  Agrippa  bei  der  Yorrückinig  der  hier  befindlichen 
Stadtmauern  nach  Norden  so  nützlich  wurden  und  zugleich  als 
Weiberthürme,  Avie  jetzt  am  Damascusthore  noch  ersichtlich  ist, 
dem  neuen  Thore  am  Eingange  des  Tyropöon  als  Flankenthürme 
dienten.  Er  gelangte  —  wohl  um  den  Tempelberg  herum  und 
am  Kidron  hin  weiter  fortschreitend  —  zum  Ophel,  dessen  Mauern 
er  zur  Sicherung  seines  Palastes  wesentlich  erhöhte.  Wir  haben 
also  unter  der  äusseren  Mauer  eine  Aussenmauer  des  Tcmpel- 
bergs,  nicht  der  Stadt,  zu  verstehen,  deren  südlicher  Anfangs- 
punkt damals  noch ,  vor  Erweiterung  der  Tempelarea ,  bei  der 
Davidstadt  lag,  und  deren  nördliches  Ende  an  das  Fischthor 
reichte.  Die  vielbestrittene  Bibelstelle  erklärt  sich  sehr  einfach, 
wenn  man  die  Davidsstadt  als  den  südlichen  Anfangspunkt  der 
Mauer  voranstellt ,    so   dass   der   Gihon   im  Stadtthale   westlich 


159 

daneben  la»-.  Der  Znsatz  »im  Thale«  meint  keines  der  die  Stadt 
umgebenden  Thäler,  am  Avenigsten  das  Kidronthal,  wie  Furrer 
und  Andere  ^vollen,  sondern  einfach  das  Stadtthal.  Wir  müssen 
also  der  künstlichen  Anslegnng  der  Stelle,  wie  sie  Schenkel's 
l^ibellexicon  III  p.  216  nnd  p.  226  bringt,  entschieden  wider- 
sprechen 1) . 

11.  Unserer  Überzeugung  nach  hatte  Salomo  seinen  unteren 
Aqnäduct,  indem  er  ihn  um  den  SW. -Hügel  der  Stadt  und  zwar 
um  die  damals  noch  dort  bestehende  Festungsmauer  der  Jebu- 
siter  herumführte,  dem  Zion  und  seinem  dort  eben  erbauten 
Tempel  zugeleitet  und  von  dort  den  Uberfluss  desselben  theils 
seinem  Cedernhause  mitgetheilt,  theils  ins  Kidronthal  ablaufen 
lassen,  während  er  seinen  oberen  Aquäduct  einfach  nur  bis  zum 
Gihonbassin  oben  im  Westen  leitete  und  von  dort  aus  sich  mit 
Wasserröhren  zur  Versorgung  der  Stadt  begnügte,  wie  deren  die 
Juden  im  Alterthume  neben  ihren  Städten  (z.B.  Bethulia,  Judith 
7,  6)  mehrere  hatten,  die  allerdings  leicht  vom  Feinde  durch- 
schnitten, aber  auch  leicht  verstopft  und  verdeckt  werden  konn- 
ten. Diese  Röhren  oder  secundären  Wasserleitungen  werden  schon 
unter  Ahas  erwähnt  (Jes.  7,  3.  Vgl.  II  Kön.  18,  17).  Sie  verur- 
sachten dann  dem  Hiskia  vieles  Bedenken  (Jes.  36,  2)  und  brach- 
ten ihn  auf  seine  Wasserbauten  zu  Gunsten  der  Oberstadt  und 
der  Marktstadt.  Alles  dieses  bezeugt,  dass  Salomo  hier  ein  Meh- 
reres  noch  nicht  hatte  ausführen  lassen,  dass  er  dagegen  im  Stadt- 
thale  weiter  unten  oder  doch  an  dessen  unterem  Ausgange  auf 
der  AVestseite  der  dortigen  Schlucht  einen  von  deren  Natur  schon 
vorgeschriebenen  Wasserbehälter,  den  Salomo-Weiher ,  hatte 
aufmauern  lassen,  um  den  Zudrang  der  damals  dort  bestehenden 
Wasseradern  dieses  Thals  zu  regularisiren  und  denselben  zugleich 
den  Abhang  hinab  zu  leiten.  Hiskia  Avar  dann  nach  300  Jahren 
genöthigt,  die  Anlagen  seines  Vorfahren  zu  vervollständigen  und 
die  westlichen  Stadttheile  mit  einem  Netze  von  (unterirdischen  l) 
Kanälen  zu  versehen.  Er  suchte  nun  das  Wasser,  welches,  vom 
Gihon  oben  abgegeben,  in  das  Stadtthal  unten  sich  ergoss,  im 
Salomo-Weiher  zu  sammeln  und  zur  Abführung  dieses  wohl  nicht 

1)  Die  Übersetzung  von  II  Chron.  33,  14  lautet:  »Danach  baute  Manasse 
eine  äussere  Mauer  an  der  Davidstadt  westwärts  in  der  llichtung  nach  dem 
Gihon  im  Thal  und  nach  dem  "Wege  zum  Fischthore  und  führte  sie  herum  bis 
Ophel  und  machte  sie  sehr  hoch.«     D.  Red. 


160 


mehr  trinkbaren  Wassers  bis  ins  Siloah-Becken  zu  verwerthen. 
In  jener  Zeit  mochte  jedoch  dort  unten  dieser  Zufluss  Aveder  lau- 
ter noch  auch  reichUch  sein.  Die  Wasser  des  Siloah,  die  schon 
zu  Ahas'  Zeiten  »stillea  flössen  (Jes.  7,  6j.  Avollten  ihren  Dienst 
nicht  mehr  leisten.  Hiskia  musste  sich  entschliessen.  anderwei- 
tig Wasser  herzuleiten  und  den  Reichthum  des  Tempelberges 
daran  nutzbar  zu  machen.  Er  verwandte  jetzt  den  auf  dem  Fels- 
grate des  Zion  in  dem  königlichen  .Schlossgarten  liegenden 
»künstlichen  Teich«.  n^^On  TDian  Neh.  3.  16.  s.  oben  p.  146'i. 
Dies  auf  einer  Felsplatte  unterhalb  (südlich)  des  Königs-Palastes 
aufgemauerte  Reservoir  hatte  bisher  wohl  seinen  Inhalt  ebenfalls 
dem  Kidron  zugeführt .  und  zwar  durch  einen  Kanal,  Avelcher. 
später  als  Kloake  benutzt,  noch  jetzt  existirt  ^) .  Es  ward  nun- 
mehr von  Hiskia  benutzt,  um  durch  neugebrochene  Felsenstollen 
und  Schachte  dem  mattfliessenden  Wasser  des  Siloah  einen  Zu- 
fluss zu  gcAväliren  und  es  wieder  trinkbar  zu  machen.  Jener  Fel- 
sendurchbruch Hiskia's  ist  in  seinem  oberen  Theile  erst  neuerlich 
von  Warren  aufgedeckt  worden.  In  seinem  unteren  Theile  da- 
gegen, MO  er  etwa  das  gleiche  Niveau  bis  zu  Ende  beibehält,  ist 
er  schon  seit  längerer  Zeit  von  kühnen  Forschern  untersucht  und 
durchkrochen  worden. 

Zur  Feststellung  der  Lage  der  Davidstadt,  welche  uns  hier 
beschäftigt,  könnte  es  endlich  von  Gewicht  sein,  die  »Stufen, 
die  herab  von  ihr  kamen«,  in  Neh.  3,  15  und  die  »Stufen  der  Da- 
vidstadt, den  Aufstieg  zur  Mauer«  in  Neh.  12,  37  näher  zu  bespre- 
chen und  wo  möglich  getrennt  zu  halten.  Die  ersteren  lassen 
sich  in  einer  im  Untergrunde  der  Davidstadt  in  den  Felsen  ge- 
brochenen, breiten  Treppe  noch  jetzt  erkennen;  sie  treten  im 
Hintergrunde  des  jetzt  das  Muhammedsthor  genannten  Heilig- 
thums  der  Araber  unter  Schutt  und  Trümmern  hervor.  Die  letzte- 
ren entsprechen  dem  Tunnel,  welcher  jetzt,  am  Doppelthore 
(doiible-gate  der  Engländer^  beginnend,  unter  der  Moschee  el-al/sä 
hindurch  an  der  Oberfläche  des  Haräm  unweit  des  wichtigen  Bas- 
sin el-käs  zu  Tage  tritt.  l>eide  nahmen  —  die  Treppe  von  Westen 
her  aus  dem  Stadtthale  herauf,  die  Stufen  von  Süden  her  aus  den 
königlichen  Gartenanlagen  (Garten  Ussa's)  über  einen  dort  gele- 
genen brückonartigen  Zugang  —  ihre  llichtimg  auf  die  David- 
stadt und  das  darin  befindliche  Haus  David's. 
1,  S.  Tobleu.  Topographie  von  Jerusalem  I,  p.  *.y.i. 


161 

12.  Die  Davidstadt  haben  wir  im  Vorstehenden  ausführlich 
besprochen ;  ihre  Beziehungen  zu  den  königlichen  Parkanlagen 
müssen  uns  jetzt  noch  beschäftigen.  Nehemia  kennt  noch  die 
Überbleibsel  des  Gartens  des  Königs  und  verlegt  sein  Westende 
(Neh.  3,  15)  ganz  in  die  Nähe  des  Schclach-Bassins ,  des  jetzt 
verscliAvundenen  und  deshalb  von  den  Forschern  ignorirten  Sa- 
lomo-Weihers,  dessen  Annahme  an  der  Westseite  des  Stadtthals 
nahe  von  dessen  Auslaufe  nach  dem  Siloah-Decken  doch  so 
manche  Schwierigkeit  hebt.  Übergeht  auch  das  Königsbuch  ^I, 
c.  7  u.  9)  diese  Gärten  und  den  künstlichen  Teich  vollständig 
unter  den  Werken  Salomo's ,  so  beschreibt  doch  Josephus  die- 
selben (Antiq.  VIII.  5.  2<  als  schattenreiche  Laubgänge  und  deutet 
nebenbei  auf  die  Pracht  des  benachbarten  Königssitzes,  sodann 
auf  die  Zahl  und  Geräumigkeit  jener  jetzt  unterirdischen  Ge- 
mächer, welche  heutiges  Tags  als  die  Pferdeställe  Salomos  noch 
den  Standort  seines  Cedern-Palastes  andeuten,  und  deren  untere 
Stockwerke  Avegen  der  sie  verhüllenden  Schuttmassen  von  War- 
REK  nur  mühsam  erreicht  sind').  Dem  Josephus  waren  diese 
Räume  noch  zugänglich  und  bekannt,  und  sein  Zeugniss,  dass 
diese  I^aulichkeiten  dem  Salomo  angehörten,  ist  von  nicht  zu 
verkennender  Wichtigkeit.  Im  Übrigen  hat  des  Josephus  Un- 
sicherheit wegen  anderer  königlicher  Gärten  in  der  Umgegend 
Jerusalem's  in  dieser  Frage  eine  arge  Verwirrung  angerichtet, 
deren  wir  erwähnen  müssen .  Aveil  unsere  obige  Auseinander- 
setzung unter  ihrem  Fortbestande  leiden  könnte.  Die  Existenz 
königlicher  Lustgärten  am  königlichen  Schlosse  steht  fest,  nicht 
weniger  die  der  Anlagen  Salomo's  an  den  drei  Quellen-Hassins  bei 
Etam.  Zweifelhaft  dagegen  sind  die  Gärten  der  Könige  am  Zu- 
sammenstosse  des  Hinnomthales  mit  dem  Tyropöon  unterhalb  des 
Siloah-Brxninens.  Josephus  sagt  zwar  'Ant.  VII,  14,  4),  der  Kron- 
prätendent Adonia  habe  sein  verrätherisches  Festmahl  seinen  Mit- 
verschworenen bei  der  Quelle  in  der  Nähe  des  königlichen  Gartens 
gegeben.  Die  Bibel  (I  Kön.  1,  9^  sagt  dagegen  nur,  beim  Steine 
(Felsen  Sohelet,  der  neben  dem  Brunnen  ßogel  liege,  sei  dies 
geschehen.  Der  Brunnen  Rogel  ist  für  uns  unverkennbar  und 
hat  offenbar  seinen  Ort  seit  jener  Zeit  nicht  gewechselt;  nur 
ist  er  seit  dem  Erdrutsche  unter  König  Usia  sehr  bedeutend  an- 
gefüllt und  mit  seiner  ganzen  Umgegend  verschüttet  und  vielleicht 
1)  S.  Recovery  uf  Jerasilem,  p,  1.1  22(;.  3iiO.  323. 


162 

erst  von  dem  König  Hiskia  aufgegraben  worden.  Wenigstens  zeigt 
der  obere  Theil  seines  Schachtes  nur  alte  Arbeit.  Der  Felsen 
Sohelet  -wird  gleichfalls  von  den  herabrollenden  Erdmassen  ver- 
schüttet sein,  und  Avar  kein  Interesse  vorhanden,  ihn  Avieder  auf- 
zugraben. Er  wird  also  seit  Adonia's  missglücktem  Banquet 
nicht  mehr  sichtbar  oder  erkenntlich  geblieben  sein  i) .  Wir  er- 
fahren also  nur  aus  der  Bibelstelle,  dass  jenes  Gelage  in  der  Um- 
gegend des  Rogelbrunnens  stattgehabt  habe ;  den  königlichen 
Garten  hier  einzuflechten,  ist  eine  Phantasie  des  Josephus.  Ein 
anderes  Mal  (Ant.  IX,  10,  4)  weist  er  selbst  auf  jenes  Naturereig- 
niss  hin,  als  auf  ein  Zeichen  des  göttlichen  Unwillens  über  des 
aussätzigen  Königs  Usia  Vergehen  gegen  die  Priesterschaft  und 
die  Tempelordnung;  damals  sei  die  Quelle  Eroge  (Rogel)  ver- 
schüttet worden,  sowie  die  dortige  Heerstrasse  und  die  dortigen 
königlichen  Gärten.  Eine  Heerstrasse  mochte  zu  Josephits  Zei- 
ten dort  bestehen,  wohl  schon  zum  Besuch  der  Thierkämpfe  in 
dem  unterhalb  des  Rogel  von  Herodes  erbauten  Amphitheater; 
von  Gärten  in  diesem  Theile  unterhalb  Siloah  wissen  die  betref- 
fenden Stellen  der  Bibel  (II  Kön.  15,1 — 7.  11  Chron.  26)  nichts, 
und  der  Bergsturz  Avird  nur  Amos  1,1.  Sach.  14,  5  (Ezech.  30, 20) 
erwähnt.  Die  verwüsteten  königlichen  Gärten  existirten  wiederum 
nur  in  des  Josephus  Phantasie  oder  nur  in  Werken,  die  er  ander- 
weit eingesehen.  Dagegen  bestanden  liebliche  Gartenanlagen  bei 
Etam,  und  Josephus  versäumt  nicht,  die  häufigen  morgentlichen 
Ausflüge  Salomo's  dahin  auf  prächtigem  Wagen  und  in  Beglei- 
tung einer  Zahl  Trabanten  zu  beschreiben  (Ant.  VIII,  7,  3).  Allein 
selbst  von  diesen  Gärten  bemerken  die  Geschichtsbücher  der 
liibel  nicht  ein  Wort,  und  der  Versuch,  kurze  Anspielungen  des 
Hohen  Liedes  [4,  12),  des  Predigers  (2,  5.  6)  auf  diese  entlegenen 
Anlagen,  statt  auf  die  königlichen  Gärten  innerhalb  der  Stadt, 
zu  beziehen,  ist  aus  verschiedenen  Gründen  anzufechten. 

Somit  muss  die  Existenz  königlicher  Gartenanl.igen  unter- 
halb Siloah,  als  nirgends  in  den  heiligen  Büchern  berührt,  immer 
sehr  zweifelhaft  bleiben.  Als  zuverlässig  erweist  sich  dagegen 
der  von  Salomo  angelegte  Schlossgarten  südlich  von  der  Hof- 
burg. Wir  haben  selbst  als  eine  Art  Foa-tsetzung  desselben  jenen 
mehrgenannten  Garten  Ussa's  zu  betrachten,   Avelchcr  den  süd- 

1)  Cl.  Gaxneau  freilich  bemüht  sich  eifrig,  den  Felsen  noch  jetzt  aufzu- 
finden ;  vgl.  Statements  1S70,  \).'2h\  f\\ 


163 


Hellen  Zugang  zu  dem  Mausoleum  der  früheren  Davididen  und 
die  Grabstätten  der  spätem  jüdischen  Könige  ximschloss  und 
endlich  auch  dem  letzten  ^'on  ihnen,  dem  Könige  Zedekia,  ein 
naheliegendes  Mittel  gewährte ,  die  der  Zerstörung  durch  die 
Chaldäer  entgegensehende  Hauptstadt  zu  verlassen  (II  Kön.  25, 
4  f.  Jer.  39,  4  f.  52,  7  f.L  Die  Bibelausleger  haben  bisher,  uner- 
achtet  der  geringen  Wahrscheinlichkeit  der  Annahme  von  Gärten 
der  Könige  neben  der  Eogelquelle,  dennoch  ziemlich  überein- 
stimmend den  König  Zedekia  den  Weg  durch  ein  dahin  führen- 
des Stadtthor  einschlagen  lassen,  trotzdem  dass  dies  Thor  nach 
den  deutlichen  Worten  des  Königsbuches  von  den  Chaldäern 
damals  durch  die  bei  langAvierigen  Belagerungen  gewöhnliche 
Umwallung  II  Kön.  25,  H  gut  verrammelt  war  und  bewacht 
wurde.  Man  scheint  über  diese  Einschliessung  der  Stadtmauern 
und  des  Thores,  falls  eine  solche  dort  unten  in  der  That  statt- 
fand, sehr  leicht  hinweg  zu  gehen.  Man  übersehe  doch  nicht, 
dass  eine  von  diesem  Punkte  aus  fortgesetzte  Flucht  den  König 
Zedekia  nur  durch  die  wenig  gangbaren  Felsenschluchten  des 
Kidronthales,  bei  dem  heutigen  Felsenkloster  Mar  Saba  vorbei, 
ans  todte  Meer  geführt,  also  nur  nach  grossen  Umwegen  auf 
Jericho  zu  und  darüber  hinaus  gebracht  hätte,  Avährend  doch  der 
Flüchtling,  seinen  Vorfahr  nachahmend  (II  Sam.  15,  28  ff.),  sicher 
über  den  Olberg  und  geraden  Wegs  nach  Jericho  eilen  Avollte. 
Dazu  kommt,  dass  der  ältere  Bericht  über  dies  Wagniss  bei  Je- 
REMiA  (39,  4  f.-  die  W^orte  »den  Weg  an  des  Königs  Garten  vor- 
bei« den  Worten  «durch  das  Thor  zwischen  den  zwei  Mauern« 
vorangehen  lässt.  Die  Flüchtlinge  durcheilten  somit  zunächst 
den  Weg  am  Schlossgarten  entlang  und  gelangten  erst  dann  zu 
einem  Thore,  während  man  auf  Grund  des  jüngeren  Berichts  in 
II  Kön.  25,  4  f.  Jer.  52,  7  f.  das  Gegentheil  anzunehmen  pflegt. 
Das  Thor  musste  also  im  Osten  näher  dem  Kidron  liegen,  als 
der  langgestreckte  Garten,  an  einem  Punkte,  wo  man  die  Strasse 
zwischen  den  beiden  Mauern  schon  hinter  sich  hatte.  Der  von 
Jeremia  bezeichnete  Ausgang  aus  der  Stadt  kann  demnach  nur 
am  Ende  einer  Strasse  gelegen  haben,  welche  zwischen  der  Mauer 
des  Schlossgartens  —  etwas  südlich  vom  Palaste,  aber  noch  ober- 
halb des  Zionabfalls  Ophel)  —  und  der  ihr  parallel  laufenden 
Schutzmauer  der  Vorstadt  Bethzur  sich  hinzog.  Diese  Vorstadt, 
welche  den  Südabfall  des  Tempelbergs  einnahm,   war  so  bedeu- 


164 


tencl,  dass  sie  nach  Neh  3.  16  sogar  in  zwei  Hälften  zerfiel,  deren 
einer  selbst  nach  dem  Exil  ein  Neheniia.  8olin  Asbuk's,  vorstand, 
welcher  eben  diese  Mauer  ausbesserte .  avo  sie  gegenüber  den 
Gräbern  David's  —  d.  h.  gegenüber  dem  Eingange  zu  ihnen, 
welcher  im  Schlossparke  (dem  Theile  desselben,  der  der  Garten 
Ussa's  hiess)  ^var  —  sich  dort  über  den  früheren  Schlossgraben 
zum  Thorwege  in  der  Salomonischen  l)öschungsmauer  hinüber 
schwang  (double  gate  der  Engländer  .  ]3er  Hergang  war  somit 
ein  ziemlich  einfacher.  Als  die  Ohaldäer  bei  Einnahme  der 
Ha\iptstadt  bis  zum  Mittelthore .  dem  Durchlasse  unter  dem 
Brückendamme  im  Wäd  mitten  in  der  Stadt  (Jer.  39,3),  vorge- 
drungen waren,  fanden  es  Zedekia  und  seine  Hauptleute  an  der 
Zeit,  auf  kürzestem  Wege  dieselbe  zu  verlassen.  In  der  Nacht 
stiegen  sie.  wohl  weil  die  Thore  der  Gartenmauer  im  Süden  des 
Palastes  verrammelt  Avaren.  durch  das  weiter  oben  erwähnte  Thor 
im  südlichen  Stadtthale  und  durch  den  »Aufgang«  Salomo's  hinab 
und  eilten  sofort  dem  Kidronthale  zu.  indem  sie.  rasch  um  die 
Ecke  des  Bezirkes  der  Davidstadt  jetzt  SW.-Ecke  des  Haräm] 
biegend,  den  Schlossgarten  zur  Linken  behaltend  und  rechts  an 
der  Nordmauer  der  Vorstadt  Bethzur  vorbeieilend,  zu  einem  Thore 
am  Kidronabhange  gelangten.  Dies  Ausgangsthor  muss  da  ge- 
legen haben ,  wo  später  der  palastähnliche  Hof  des  Monobazos 
(Bell.  jud.A,  6.  1)  sich  ausbreitete,  und  wo  die  Gebiete  der  sich 
bis  zuletzt  bei  der  Zerstörung  Jerusalem's  bekriegenden  Partei- 
führer Simon  und  Johannes  sich  schieden.  Simon  hatte  nebst  dem 
grössten  Theile  der  Stadt  auch  die  Vorstadt  l^ethzur  oberhalb 
des  Siloahbrunnens  inne  (s.  Jüsephus  a.  a.  O.).  Der  Weg.  den 
König  Zedekia  vormals  eingeschlagen,  war  jetzt  die  Scheidelinie 
zwischen  den  beiden  Parteiführern.  Die  Vorstadt  oder  das  Stadt- 
viertel l^ethzur,  dessen  Nehcmia  in  seinen  Aufzeichnimgcn  er- 
wähnt, muss  den  nächsten  Ausgang  zum  Kidronthal  dargeboten 
haben.  Diese  Gegend,  ziemlich  östlicli  vor  dem  Tempel  gelegen, 
mag  von  den  Chaldäern  -weniger  überwacht  und  somit  auch  ge- 
fahrloser gewesen  sein,  als  ein  Weg  am  Kogel  vorüber.  Dass  hier 
ein  Weg  zum  Kidronthale  hinabführte  —  etwa  zum  Brunnen  der 
bescholtenen  Frauen  — ,  auf  dem  zugleich  die  königlichen  Pferde 
zur  Tränke  geführt  w\irden,  mag  der  Name  des  Ilossthores  be- 
weisen (H  Kön.  11.10.  n  Chron.  23.  1  fi  :  am  Wege,  da  die  Posse 
eingehen  zum  Hause  des  Königs  . 


Iü5 

Die  Lage  der  königlichen  Gärten  und  des  brückenartigen 
Zuganges  zu  den  Davidsgräbern  betreffend,  haben  wir  nochmals 
auf  Nehemia's  Beschreibung  der  Richtung  der  von  ihm  veran- 
stalteten Einweihungsprocession ,  namentlich  auf  deren  zweite, 
von  Esra  geführte  Abtheilung  zurückzukommen  'Neh.  12,3 1 — 37) . 
Wiederum  wird  das  Hrunnenthor  oder  Essenerthor  erwähnt  und 
dann  auf  dasselbe  sofort  nach  O.  zu  folgend:  die  Stufen,  die  zur 
Davidstadt  führen.  Der  Zug  ging  also  entschieden  auf  der  Hohe 
des  8W. -Hügels,  nicht  tief  unten  in  der  Nähe  des  Siloahteichs. 
In  Bethso ,  dem  Düngerdepot  der  in  Beth-Cherem  hausenden 
Winzer,  berührte  derselbe  seinen  südlichsten  Punkt.  Hinter  dem 
Brunnenthore,  oben  am  Mizpaviertel,  müsste  in  der  nothwendig 
sich  hier  nach  O.  und  nicht  nach  S.  wendenden  Richtung  das 
Xeh.  3,  15  erwähnte  Schelachbecken,  also  der  Künigspfuhl  fol- 
gen. Dasselbe  wird  aber  hier  gar  nicht  genannt,  weil  das  alte 
Behältniss  nicht  unmittelbar  den  nach  O.  strebenden  Mauerlauf 
berührte  und  auch  nicht  Aviederum.  wie  die  Mauer,  eingeweiht 
zu  werden  brauchte.  Unfern  des  ehemaligen  Salomo-Weihers, 
jedoch  an  ihm  nur  vorüberziehend,  durchschritt  also  die  Froces- 
sion  das  Stadtthal  und  erreichte  am  jenseitigen  Abhänge  die  Stu- 
fen, die  zur  Davidstadt  hinaufführten,  also  den  alten  Aufgang 
Salomo's ,  und  berührte  oben  die  Überreste  des  Davidshauses 
selbst.  Der  Zug  ist  offenbar  nicht  ins  Thal  zum  Siloahteiche 
hinabgestiegen.  Dieser  wichtige  Punkt  ist  bisher  vielfach  ver- 
kannt worden;  es  gab  weiter  unten  am  Siloah  keine  Stadtmauer 
einzuweihen.  Die  Procession  beschloss  ihren  Umzug  dadurch, 
dass  sie  die  Reste  des  Davidshauses  und  damit  die  Südgränze  des 
Tempelgehöftes  berührte  und  auf  letzterer  entlang  nach  O.  hin 
bis  zum  »Wasserthore  gegen  Morgen«  fortschritt,  die  Ruinen  des 
Königspalastes  und  den  Schlossgarten  rechts  südlich:  liegen 
lassend.  Am  südlichen  Ende  der  salomonischen  Stoa  beendete 
diese  Abtheilung  ihren  Umzug,  gegenüber  der  Tempelfronte  und 
seitAvärts  der  von  N.  kommenden  Abtheilung  ihre  Aufstellung 
nehmend,  Avelche  unterdess  das  Kerkerthor  Benjaminsthor  un- 
fern des  nördlichen  Endes  der  Stoa  Salomo's)  erreicht  hatte. 
Beide  Züge  hielten  nun  einen  gemeinsamen  Dankgottesdienst  ab 
und  brachten  Opfer  dar. 

Glauben    wir  im   NOrstehenden  die  königlichen  Gärten  als 
Dependenz    des    salomonischen   l^alastes    der   "N'orstadt   Beth/iir 


166 


gegenüber,  also  auf  dem  Ophel.  und  deren  Fortsetzung  im  Gar- 
ten Ussa's,  der  sich  etwa  mit  dem  heutigen  haküret  el-chatmüje 
deckt,  nachgeAviesen  zu  haben,  reichten  also  diese  Gärten  vom 
Kidronabhange  bis  zum  jetzigen  bäh  el-maghZirihe  oder  Mistthore, 
so  bleibt  uns  noch  übrig,  ein  anderes  wichtiges  Zubehör  der  Da- 
vidstadt, das  Erbbegräbniss  der  Davididen,  als  innerhalb  dersel- 
ben oder  vielmehr  unterhalb  selbst  des  Davidshauses  darin  bele- 
gen zu  besprechen. 

13.  AVir  meinen  die  Lage  der  Uavidstadt  zunächst  dahin 
bestimmt  zu  haben ,  dass  sie  westlich  am  Tempelberge ,  ober- 
halb der  jetzigen  Klagemauer  der  Juden  und  über  dem  heute 
Thor  Muhammed's  genannten  Aufstieg  Salomo's  befindlich,  sich 
westlich  bis  zu  dem  von  N.  nach  S.  vorüberstreichenden  Stadt- 
thal erstreckt  und  zugleich  oberhalb  eines  Wasserbeckens  am  Aus- 
gange dieses  Thaies  sich  befunden  habe,  welches  bald  Salomo- 
Weiher,  bald  Königspfuhl,  bald  Schelach-Reservoir,  bald  Gihon 
im  Stadtthale  genannt  und  endlich  auch  als  Schwemmteich  für 
die  königlichen  Schafheerden  bezeichnet  wird,  und  dessen  hier 
versuchte  Identifikation  als  eine  grosse  Vereinfachung  in  der 
Topographie  des  alten  Jerusalem's  erscheinen  dürfte.  Anderer- 
seits möchte  die  Lage  der  Davidstadt  auch  durch  die  Septuaginta 
schärfer  als  bisher  markirt  erscheinen,  sobald  war  auf  den  von 
ihnen  erwähnten  Ausfluss  des  unteren  der  salomonischen  Aquä- 
ducte,  den  jetzigen  el-küs,  Rücksicht  nehmen,  dessen  Gewässer 
sowohl  dem  Tempel  im  N.  darüber  als  auch  der  Davidstadt  im 
S.  gleich  daneben  und  dem  neueren  Königssitze  zu  Gute  kom- 
men sollten.  Die  Davidstadt  erreichte  sonach  nicht  ganz  die  hohe 
Lage  des  Tcmpelgebäudes,  selbst  nicht  die  der  jenseits  des  Stadt- 
thals sich  hinziehenden  unteren  Terrasse  der  Oberstadt.  Mit  dem 
Cedernhause  Salomo's  jedoch  stand  sie  auf  gleicher  Stufe  und 
glänzte  dicht  an  dasselbe,  nur  im  Unterboden  scharf  durch  den 
erwähnten,  noch  jetzt  conservirten  Doppeltunnel  unter  der  Aksä- 
Moschec  von  ihm  getrennt.  Dass  der  letztere  an  seinem  südlichen 
Ende  eine  Art  ^'orhalle,  auf  einem  Monolithen  ruhend,  und  dann 
einen  Ausgang  hoch  oben  über  dem  dortigen  Theile  des  könig- 
lichen Gartens,  dem  Garten  Ussa's,  hatte  und  auf  seiner  Nordseite 
sich  in  das  Davidshaus  öffnete,  haben  wir  schon  bemerkt.  Eben 
hier  hatte  Salomo  eine  Grabstätte  für  seinen  Vater  David  in  den 
felsigen  Untergrund  hauen  lassen  und  dieselbe  im  Laufe  seines 


107 

langen  Lebens  in  ein  ]Mansole\im  für  sich  und  seine  Nachkom- 
men, die  regierenden  Könige,  verwandelt.  Xvir  für  etwa  12  Kö- 
nige war  diese  Gruft  berechnet,  umfasste  also  weit  weniger  Grab- 
stätten, als  die  gewöhnlichen  jüdischen  Felsengrüfte,  und  muss 
uns  wegen  der  Beschränktheit  ihres  liaumes  auffallen,  bedenken 
Avir  jedoch  die  Nähe  des  Teinpelgebäudes,  wofür  noch  Ezechiel 
43,  7  beim  Hau  des  zweiten  Tempels  Abhülfe  fordert,  dann  die 
Nähe  der  Fundamente  des  Cedernhauses,  auch  diejenige  der  da- 
mals schon  bestellenden  recht  geräumigen  Cisternen,  beachten 
wir  endlich,  dass  Salomo's  Treppenstiege  ins  Stadtthal  gleich  bei 
ihrer  ersten  Anlage  darauf  berechnet  Avar,  dass  sie  eine  Ausbie- 
gimg nach  Süden  machen  musste,  die  noch  jetzt  in  einer  arabi- 
schen Cisterne  erkenntlich  ist  —  so  Avird  uns  diese  Beschränkt- 
heit erklärlich.  Dass  eine  solche  bestand,  geht  aus  dem  im  Buche 
der  Könige  sorgfältig  geführten  Register  der  dort  begrabenen 
Personen  hervor.  Die  Ausfüllung  des  Erbbegräbnisses  imd  seiner 
einzelnen  Grabstätten  Avard  nämlich  dadurch  verzögert',  dass 
einige  Fürsten  an  ekelhaften  oder  ansteckenden  Krankheiten 
verstorben  waren,  wie  Joram  und  Usia.  x\uch  mochte  der  Avahr- 
scheinlich  der  Blutrache  der  Theokraten  im  Fort  Millo  erlogene 
Joas  andersAvo  bestattet  sein.  Die  ermordete  Athalja  Avard  der 
königlichen  Gruft  nicht  würdig  befunden.  Dagegen  that  die  ge- 
nannte Partei  dem  Hohenpriester  Jojada  die  Ehre  einer  Bei- 
setzung in  dieser  königlichen  Gruft  an. 

iillein  schon  zu  Hiskia's  Zeiten  zeigte  sich  der  Mangel  fernerer 
Grabstätten  in  der  Davidsgruft.  "S'on  Errichtung  eines  ferneren 
gemeinsamen  Erbbegräbnisses  für  die  nachfolgenden  Herrscher 
ist  freilich  nicht  die  Rede,  Avährend  es  doch  ein  Leichtes  gcAve- 
sen,  in  einem  der  Felsenabhänge  des  südlichen  Zion  oder  des 
Kidronthals  ein  solches  auszuhauen.  Man  begrub  den  Hiskia  am 
AufAvege  zu  den  nunmehr  geschlossenen  Gräbern  der  Kinder 
David's  (II  Chron.  32,  33) .  Bei  seinen  Nachfolgern,  Manasse, 
Amon,  dem  ungerathenen  Jojakim  (Avenigstens  den  Septuaginta 
zufolge),  tritt  der  Garten  Ussa's  an  eben  dieser  Stelle  regelmässig 
als  ihre  Begräbnissstätte  hervor,  obgleich  von  einem  gemeinsamen 
dort  befindlichen  Mausoleum  nicht  die  Rede  ist.  Bei  Josia,  der 
zum  Tode  verwundet  aus  der  Schlacht  bei  Megiddo  Aveggeführt 
(II  Chron.  35,  24)  und  durch  eine  grossartige  Todtenklage  geehrt 
Avurde,    Avird   dessen  uneraehtet   der  Ort  seiner  1  Bestattung   am 


168 

Tempelberge  nicht  angegeben.  Wenn  es  heisst,  dass  seine  Knechte 
ihn  hei  seinen  Vätern  hegrnhen,  so  kann  nur  der  Garten  Ussa's 
gemeint  sein,  wo  seine  vier  letzten  Vorgänger  rnheten.  Dies 
waren  die  letzten  in  Jerusalem  beigesetzten  jüdischen  Könige. 
Uenn  Jojachin  ward  nach  Isabel  geführt,  dort  geblendet  und  ver- 
starh  daselbst,  gleich  Avie  Zedekia.  Der  Garten  Ussa's  (II  Kön. 
21,  ISi  Avird  also  unsere  Aufmerksamkeit  ganz  besonders  auch 
als  Ruhestätte  der  letzten  Herrscher  der  Juden  erregen  und  na- 
mentlich die  darin  befindliche  Krücke  oder  brückenartige  Frei- 
treppe, Avelche  zum  mehrgenannten  Doppeltunnel  hinaufführte 
und  diesen  Garten  und  seine  Grabstätten  passend  mit  dem  alten 
Erbbegräbnisse  verband. 

Kein  Wunder,  dass  noch  die  späteren  Juden  sich  dieses 
Punktes  erinnerten!  Nehemia  nennt  (3,  15  und  16)  neben  dem 
Wasserleitungsteiche  Schelach  einmal  den  Garten  des  Königs  und 
dann  darin  die  Stufen,  die  von  der  Davidstadt  ^nach  S.)  hinab- 
liefen. Die  IJemerkimg,  die  im  nächsten  Verse  folgt,  dass  näm- 
lich auch  noch  die  Nordmauer  der  Vorstadt  Bethzur  gegenüber 
den  Gräbern  David's,  also  nach  S.  zu,  gelegen  habe,  lehrt  uns, 
dass  dieser  Tunnel  zu  unterscheiden  ist  von  der  gleichfalls  als 
»Stufen«  bezeichneten  breiten  Felsen  treppe,  Avelche  (nach  W.  zu) 
den  Herabgang  von  der  Davidstadt  für  die  Stadtbevölkerung  ins 
Stadtthal  bildete.  Jenes  Weges  (von  S.  herauf;  zogen  später  eben- 
falls die  im  Talmud  erAvähnten  Lustrationsprocessionen  der  Juden 
mit  dem  am  Brandopferaltare  im  oberen  Tempelhofe  zu  spren- 
genden Wasser,  Avelches  sie  unten  im  Siloahbassin  geschöpft 
hatten.  Dorthin  verlegten  sie  ferner  in  ihrer  Legende  das  Grab 
der  Hulda,  der  als  Prophetin  noch  die  Späteren  eine  eigenthüm- 
liche  Verehrung  zollten.  Auf  den  Stufen  des  Huldaganges  sassen 
die  Häu])ter  des  Sanhedrin  und  erliessen  llundschreiben  an  ihre 
Diaspora.  Der  südliche  Tunnel  muss  also  die  Zerstörung  Jeru- 
salem's  überdauert,  und  selbst  noch  Überreste  jener  Freitreppe 
müssen  existirt  haben;  denn  diese  lag  ausserhalb  der  Aelia  Ca- 
])it()lina  und  des  römischen  Munici])iums ,  das  zu  betreten  den 
Juden  verboten  Avar.  Wir  erAvähnen  diese  Umstände,  um  die 
Verschiedenheit  der  beiden  von  der  Davidstadt  herabführenden 
Gänge  einleuchtend  zu  ma(;hen.  Während  Salomo's  Aufstieg 
oder  Herabstieg  innerhalb  der  Stadt  lag,  zugleich  der  Stadtbe- 
völkerung als  regelmässiger  Zugang  zum  Tem])el  dienen  sollte 


169 


lind  vorn  gastfreien  Könige  der  Königin  von  Sal)a  als  prächtiges 
liauwcrk  gezeigt  wurde  (I  Kön.  10,  5),  überbrückte  die  Freitreppe 
einen  Theil  des  Ussa-Gartens  und  trat,  ungefähr  30  Fuss  hoch 
(nach  Wakkkn),  in  der  südlichen  l>ösclning>mauer  ans  Freie,  avo 
der  Ausgang  noch  an  der  südlichen  Ilarämmauer  sichtbar  ist. 
Zu  niskia's  Zeiten  scheint  nämlich  die  Davidstadt,  nachdem  er 
nothgedrungen  ihre  Risse  hatte  ausbessern  müssen  (Jes,  22,  9), 
eine  anderweitige  Bestimmung  erhalten  zu  haben,  Sie  ward  er- 
wählt, zur  Aufbewahrung  der  Kostbarkeiten  des  regierenden 
Geschlechts  zu  dienen,  wie  sie  bisher  schon  als  Wacht})Osten,  am 
Eingange  des  Tempelhofs  \ind  des  Königssitzes  von  der  Stadt 
aus,  verwendet  war.  Wenn  die  syrische  IJibelübersetzung  den 
südlich  vor  ihr  liegenden  königlichen  Garten,  den  Garten  Ussa's. 
mit  »Garten  des  Aerarsa  oder  »der  Schatzkammer«  Aviedergiebt,  so 
erhalten  wir  damit  eine  Erklärung  ihrer  neuen  Bestimmung.  Dass 
aber  diese  diirch  die  Gräber  der  letzten  jüdischen  Könige  von 
Iliskia  an  ausgezeichnete  Stätte  ebenfalls  in  der  Nähe  des  Tem- 
pels sich  befunden  hat,  beweist  die  Mahnung  Ezechiel's  (43,  7), 
dass  in  Zukunft  die  Könige  Israel's  ihre  Gräber  nicht  wieder  in 
der  Nähe  des  Tempels  anlegen  sollten,  um  nicht  den  heiligen 
Namen  Gottes  zu  verunreinigen.  Schon  während  des  Exils  fürch- 
tet er  einen  erneuerten  Gebrauch  dieser  Begräbnissstätte  und 
stemmt  sich  dagegen. 

Dass  die  Davidsgrüfte  jedoch  von  den  Chaldäcrn  bei  der 
Zerstörung  des  Tempels  in  Wirklichkeit  nicht  aufgefunden  noch 
beraubt  Avorden,  sondern  noch  nach  dem  Exil  in  hohem  Ansehen 
standen,  lehrt  uns  schon  Nehemia,  später  auch  Josephus.  Die 
dort  aufgehäuften  Schätze  scheinen  in  der  That  von  Salomo  her- 
gestammt zu  haben.  Das  Grabgewölbe  seiner  Kostbarkeiten  zu 
berauben,  konnte  dem  Feinde  nicht  Schuld  gegeben  Averden;  es 
blieb  einem  raakkabäischen  Fürsten,  dem  Hohenpriester  Hyrkan, 
vorbehalten,  daraus  Kostbarkeiten  über  vier  Millionen  Thaler  an 
Werth  fortzuschleppen  (Josephus  Antiq.  XIII,  8,  4).  —  Zu  er- 
Avähnen  ist  noch,  dass  früher  schon  das  Fortbestehen  der  Davids- 
gruft an  der  von  ims  angedeuteten  Stelle,  auf  der  Südseite  des 
Tempelbergs,  zunächst  darin  einen  Ausdruck  fand,  dass  diese 
südliche  Gegend,  obgleich  nach  dem  Exil  der  Königssitz  und 
wohl  aiich  die  Davidstadt  in  Trümmern  lagen,  noch  nicht  zum 
Tempelareal  geschlagen  Avurde,   Avährend  die  nördliche  Gegend, 

Ztstlir.  d.  P.il.-Ver.  IH.  J2 


170 

der  König sgruiid,  damals  mit  dem  Tempelgehöft  vereinigt  wurde 
lind  zwar  namentlich  die  Tempelburg  (Meal,  das  Schafthor  und 
der  Thurm  Hananael  vom  Hohenpriester  Eljasib  eingeweiht  und 
geheiligt  wurden  (Neh,  3,  1).  Dass  der  bezeichnete  südliche 
Theil  des  Tempelhofs  damals  noch  nicht  zii  ihm  hinzugezogen 
wurde,  zeigt  sich  ebenfalls  in  der  Richtung  der  ProcessioR;  welche 
bald  darauf  die  Stadtmauern  einweihen  sollte  (Neu.  12,  37).  Sie 
betritt  diese  Gegend,  indem  sie  den  Aufgang  Salomo's  zur  Da- 
vidstadt vom  Quellthore  aus  hinaufsteigt,  die  letztere  durchschrei- 
tet und,  die  in  Trümmern  liegende  HolTjurg  rechts  liegen  lassend, 
das  »Wasserthor  im  Morgen«,  also  das  Südende  der  Stoa  Salomonis 
erreicht. 

Die  Ansprüche  der  Priesterschaft  oder  der  nunmehr  den  Kö- 
nigen im  Ansehen  nacheifernden  Hohenpriester  auf  diesen  süd- 
lichen liezirk  können  erst  später  erhoben  worden  sein,   wurden 
jedoch,   wie  es  scheint,   schon  durch  die  Bauten  des  Hohenprie- 
sters Simon  II.  zur  Befestigung  des  Tempels  zum  Ausdruck  ge- 
bracht (SiRACii  50,  2)   und  treten  uns  ganz  deutlich  in  der  von 
Ilerodes  ausgeführten  Tempelbergumfriedigung  entgegen,   inso- 
fern dieser  seine  Tempelhofskolonnaden  hier  auf  den  Überbleib- 
seln des  salomonischen  Königshauses  durch  seine  Stoa  basilica 
abschloss.   Eine  Spur,  wenigstens  der  Bezeichnung  nach,  scheint 
sich  aus  diesem  Zeitraum  der  Herrschaft  der  Hohenpriester  noch 
in  der  sog.  Grabstätte  der  »Söhne  Aarons«  erhalten  zu  haben. 
Diese  befindet  sich  in  der  im  frühesten  Mittelalter  hier  von  Kai- 
ser Justinian  erbauten  Basilika  (jetzt  mesdschid  el-aksä)  unweit 
ihres  siebe nthorigen  Portals  und  hat  sichtlich  alle  Umformungen 
dieses  grossartigen  Bauwerks  überdauert').    Nur  die  IIohen})rie- 
ster  machten  damals  Ansprüche   auf  diesen,   schon  von  Moses 
verliehenen  Namen   der  Söhne  Aaron's.    Nach  dem  l'räcedenz- 
falle  des  Hohenpriesters  Jojada  (s.   oben  ]).  I(i7     mögen  sie  da- 
mals den  Anspruch  erhoben  haben,   wenigstens  in  dessen  Nähe 
beigesetzt  zu  werden,   und  diese  Stelle  nahe  den  Davidsgrüften 
dazu  auserwählt  haben.    Während  der  Existenz  des  zweiten  Tem- 
pels hielten   die  Juden  dieselbe  in  hohen  Ehren.    Ebenso  mag 
sie  Jlerodes  bei  dem  dritten  Tempelbau  geschont  haben,   so  dass 
sie  bei  dem  Bau  der  justinianischen  Marienkirche  noch  respectirt 

Ij  Vgl.  llt'covery  of  Jerusalem,  ]>.  iM(». 


171 


Avcidon  konnte.  So  überkam  der  Name  und  der  Standort  den 
Arabern.  Heide  sind  heute  noch  bekannt,  ja  bieten,  wie  uns 
scheint,  einen  Fingerzeig  dafür,  dass  nicht  fern  von  dort,  wohl 
nordwestlicher,  die  Davidsgruft  sich  befunden  haben  müsse. 

Als  die  Maccabäer  aus  dem  Tempclberge  eine  schwer  ein- 
zunehmende Feste  formten,  muss  endlich  der  betreifende  Südtheil 
desselben  mit  den  Kesten  der  Davidstadt  darin  und  den  Königs- 
grüften darunter,  wie  auch  mit  diesem  Denkmale  der  Hohenprie- 
ster daneben  in  die  Feste  eingeschlossen  worden  sein.  Jedenfalls 
wiirde  auch  damals  tiefes  Geheimniss  über  diese  Grüfte  und  die 
darin  verwahrten  Schätze  beobachtet.  Erst  einer  der  letzten 
Sprösslinge  der  Maccabäer,  Hyrkan,  soll,  von  Antiochus  Soter  in 
Jerusalem  belagert  und  sehr  geldbedürftig,  um  seine  Freilassung 
zu  erkaufen,  die  alten  Königsgräber  erbrochen  haben.  Josephus 
nennt  eigenthümlicher  Weise  die  entnommene  Summe  dreimal 
(li.  jud.  I,  2,  5.  Antiq.  VII,  15,  13.  XIII,  8,  4).  Will  man  dess- 
halb  mit  Hitzig  ^)  diese  Erzählung  für  ein  von  Herodes  erdachtes 
und  zu  seiner  eignen  Entschuldigung  verbreitetes  Mährchen  hal- 
ten, so  musste  sie  wenigstens  wahrscheinlich  erscheinen  und  die 
früheren  Grab  erb  eraubuugen,  sowie  des  Herodes  ähnlichen  Ver- 
such (Antiq.  XVI,  7,  1)  als  möglich  hinstellen.  Jedenfalls  ist 
uns  also  dadurch  die  damalige  Existenz  des  Mausoleums  bezeugt. 
Nun  scheint  Herodes  auf  Anlass  des  von  ihm  angeordneten  liaues 
seiner  dreireihigen  imposanten  Säulenhalle  am  Südende  der  da- 
maligen Tempelarea  auch  diese  Davidsgruft  oder  doch  den  Ein- 
gang zu  ihr  berührt  und  verletzt  zu  haben.  Die  Fundamente 
dieser  Stoa  basilica  oder  die  Basen  ihrer  zahlreichen  Säulen  müs- 
sen an  einigen  Stellen  der  Davidstadt  nahe  gekommen,  jedenfalls 
auf  die  Felsenwände  des  zu  den  Grüften  führenden  und  zum 
Tempelhofe  hinaufführenden  Doppeltunnels  (Huldagangs)  fundirt 
Avorden  sein.  Die  Gallerie  scheint  an  ihrem  oberen  Ausgange 
verschmälert,  die  dort  aufsteigende  Kampe  vei-kürzt  worden  zu 
sein.  Diese  l^eeinträchtigungen  mag  das  A^olk  schon  als  eine 
Enthoihgung  der  Stätte  betrachtet  haben,  und  der  staatskluge 
und  baulustige  Herodes  fand  sich  dadurch  veranlasst,  das  pracht- 
volle Propylaion  von  weissem  Marmor  (Ant.  XVI,  7,  1)  als  Sühne- 
werk am  südlichen  Ausgange  des  Iluldatimnels  zu  errichten  '^] ; 

1 '  Geschichte  Tsrael's  U,  p.  4()0. 

2;    Rs   war   überhaupt   die   An   des  Herodes,    der  Unzufrieden iioit    der 

12* 


172 


Dies  Monument  war  noch  zur  Zeit  der  Apostel  unter  den  l^ewoh- 
nern  von  Jerusalem  allgemein  bekannt  (Apostelgesch.  2,  11); 
denn  nur  von  diesem  Portal  kann  der  Apostel  Petrus  geredet 
haben.  Es  überdauerte  sogar  die  Zerstörung  der  Stadt  (70  p.  Chr.) 
und  erhielt  sich  selbst  noch  bis  etAva  132  nach  Chr.  Denn  Dio 
Cassius  berichtet'),  dass  dies  Propylaion  um  diese  Zeit  einge- 
stürzt sei,  und  dass  dieser  Znsammenbruch  damals  unter  den 
ihren  letzten  Aufstand  gegen  die  Pömer  und  den  Kaiser  Iladrian 
vorbereitenden  Juden  als  ein  sehr  übles  Omen  angesehen  Aviirde. 
JosEPHUs  lässt  in  seinen  Werken  —  wohl  mit  Absicht  —  nicht 
ein  Wort  über  die  Davidstadt  noch  über  den  zu  ihr  rmd  dem 
Tempel  führenden  Huldagang  fallen ,  während  er  doch  in  der 
Geschichte  des  jüdischen  Krieges  zur  Klarstellung  militärischer 
Positionen  andere  Grabmälcr  in  und  neben  der  Stadt  erwähnt. 
Dass  weder  das  davidische  Erbbegräbniss  selbst  noch  die  Gräber 
der  letzten  jüdischen  Könige  aus  David's  Stamme  im  Garten 
üssa's  von  den  Römern  erkannt  worden,  ist  ersichtlich.  Denn 
wenn  auch  Josephus  deren  Auffindinig,  vielleicht  schliessliche 
Heraulning  hätte  verschweigen  können,  so  würde  doch  die  Ab- 
bildung eines  der  darin  gefundenen  Gegenstände,  wenn  ein  sol- 
cher auch  nicht  so  AverthvoU;  als  der  siebenarmige  Leuchter  oder 
der  Schaubrodtisch  des  Tempels,  sein  mochte,  am  Titusbogen  in 
Rom  nicht  versäumt  worden  sein.  Die  Römer  mögen  also  das 
äusserlich  am  Huldagange  von  Herodes  errichtete  Portal  und  den 
Tunnel  dahinter  verschont  haben,  und  der  letztere  und  die  darin 
befindliche  monolithische  Säule  mag  durch  Vermauerung  ver- 
deckt worden  sein,  weil  man  hier  nur  einen  Zugang  zum  Tempel, 
nicht  auch  zu  den  Davidsgrüften  vermuthete. 

Dass  aber  das  von  llerodes  den  Davidsgräbern  vorgesetzte 
l*ortal  sich  hier  befiniden  haben  müsse,  zeigt  die  sorgfältige  Un- 
tersuchung dieses  Theils  der  südlichen  Harämmauer,  wie  sie  uns 
(^apt.  Wakhen  geliefert  hat 2) .  Schon  in  Wilson's  Photographien- 
sammlung  ^)  ist  die  Unregelmässigkeit  der  hier  nachlässig  ein- 
jüdischen Stadtbevölkerung  z.  B.  dadurch  Rechnung  zu  tragen,  dass  er  frühere 
l^enkmälor,  Melche  dieselbe  wertli  hielt,  an  anderen,  weniger  im  Wege  ste- 
henden Orten  wieder  aufbaute.  So  verhalt  es  sich  mit  dem  Denkmal  des 
Absalom  (vgl.  ZUPV.  I,  p.  83 — 86),  und  des  Propheten  Sacharja  im  Kidron- 
thale.  I    Historia  Kom.  (>0,  1 1. 

2)  Kecovery  of  Jerusalem,  p.  125. 

.■J)  lU'ilage  zur  Ordnance  survey  of  Jerusalem,  tab.  1,'la. 


173 

gefügten  Steiiischichteii  erkenntlich.  Sie  sollten  offenbar  haldigst 
(Inrch  das  davor  errichtete  Frontispiz  verdeckt  werden,  und  das 
fremdartige  Anssehen  derselben  gleicht  nicht  der  immerhin  noch 
sorgsamen  Hearheitung  der  Ilerodischen  Quad(!rn,  wenn  diese 
auch  keinen  ^'ergleich  mit  den  wohlberänderten  (inadern  der 
salomonischen  Höschungsraauer  weiter  im  Osten  /nlassen.  Ob 
damals  erst,  als  llerodes  dies  l*ortal  am  J)o])])elthorwege  errich- 
ten Hess,  der  mehrbesprochne  brückenartige  Übergang,  der  3üFnss 
hoch  vom  natürlichen  Felsboden  nnd  dem  Fusse  der  Mauer  über 
den  Garten  Ussa's  hin  sich  hinüber  spannte  und  der  letzten  KT)- 
nigs/eit  der  Juden  angehörte,  weggeräumt  worden,  mnss  dahin- 
gestellt bleiben.  Das  an  seine  Stelle  tretende  Frontispiz  des 
Herodes,  das  Joseph  us  kennt  (also  auch  den  Doppelgang  !\  ver- 
barg ,  obgleich  von  weissem  Marmor ,  doch  eine  ohne  Sorgfalt 
aiifgemauerte  Stelle  der  Südmauer.  ])ieser  Eingang  ward  bald 
nach  dem  Einstürze  des  Frontispizes ,  beim  Aufbau  der  Aelia 
\niter  Hadrian.  ebenso  wie  das  goldene  Thor  an  der  Ostseite  wie- 
der von  den  Bewohnern  des  neuen  Municipiimis  hergestellt. 
Dafür  zeugt  der  gleichmässige  Styl  an  der  Ausschmückung  bei- 
der. Kaiser  Julian  mag  dann  die  Reiterstatuen  seiner  Vorgänger, 
als  den  Tempel  entheiligend,  entfernt  und  zerbrochen,  imd  Justi- 
nian's  Haumeister  mögen  im  G.  Jahrhundert  die  wieder  aufge- 
fundenen Ins(;hriften  jener  Statuen  an  diesem  Thorwege  aufs 
neue  zu  verwenden  beabsichtigt  haben.  Sie  Hessen  beim  liau  der 
Kasilika  der  Gottesmutter  am  Eingange  des  Tunnels  unter  ihr 
die  Dedication  der  Statue  des  Antoninus  Pins  wieder  einfügen, 
wenn  auch  auf  dem  Kopfe  stehend  *) .  Man  fühlt  bei  dem  stück- 
weisen Hervortreten  dieser  Merkmale  verschiedener  Epochen, 
dass  trotz  der  Arbeiten  Wilson's,  Warren's  und  de  Saulcy's^) 
der  Doppcltunnel  und  besonders  sein  Eingang  einer  erneuten 
Untersuchung  bedarf. 

13.  Der  von  Thenujs  •')  angezogene  Tiieodoket  bemerkt  fer- 
ner, die  Gräber  der  Davididen  hätten  -apa  tr^v  i]iXodi[jL  (»neben 
dem  Siloahteichc«)  gelegen.  Er  rückt  damit  ihrem  wirklichen 
Standpunkte  Aveit  näher,  als  I^en.jamin  von  Tri)i;i,A.  der  sie  noch 
im  zwölften  Jahrhundert  auf  den  SW. -Hügel  der  Stadt  verlegen 

1)  S.  KiiAiTT,  Die  Topographie  Jerusalem's,  p.  73. 

2)  Voyage  en  terre  sainte  1,  p.  104.    IT,  p.Oli  ff. 

3)  Die  Bücher  der  Könige-,  p.  15. 


174 


will.  Freilich  folgt  Letzterer  der  damals  von  den  Juden  befolgten 
Tendenz,  den  Namen  Zion  auf  diesen  Hügel  zn  beziehen,  einer 
Fiction.  die  wir  unlängst')  zu  bekämpfen  gesucht  haben.  Mag 
der  jüdische  Gelehrte  Benjamin  von  Tiidela  Manches  zur  Ver- 
breitung dieses  Wahnghuibens  auch  bei  den  Christen  seinerseits 
beigetragen  haben ,  so  zeigt  doch  noch  der  im  vierten  Jahrhun- 
dert lebende  Theodoret,  dass  man  damals  vielmehr  einen  Zu- 
sammenhang der  Lage  jener  Grüfte  mit  dem  Siloahteiche  voraus- 
setzte. Dieselbe  Annahme  scheint  auch  bei  dem  Verfasser  des 
Chronicon  Paschale  (aus  dem  gleichen  Jahrhundert)  vorgewaltet 
zu  haben.  Denn  dieses'-^)  spricht  davon,  dass  David  zu  ihrer  An- 
lage die  Ostseite  des  Siloah  durchgraben  Hess  {oirx'(fjrj.<liac,  xata  oiva- 
ToXac  -r^c,  ^iXoac) .  Es  scheint  hier  eine  Verw  echslung  mit  dem 
Felsendurchbruche  des  Hiskia  zum  Zweck  der  vermehrten  Was- 
serversorgung des  Siloahbeckens  zu  Gnnide  zu  liegen,  hervorge- 
rufen durch  den  oben  mehrfach  besprochenen  Tunnel,  Avelcher 
in  der  That  unter  dem  Boden  zu  jenen  Grüften  führte.  Auch  von 
einem  anderweitigen  unterirdischen  Zugange  zu  ihnen  hat  das 
Chronicon ,  wohl  aus  jüdischen  Quellen ,  erfahren ,  von  einem 
Tunnel  nämlich,  der  20  Stadien  w'eit  von  Gabaon  (Gibeon)  her- 
komme. Ferner  berichtet  das  Chronicon,  der  Prophet  Jesaias  sei 
am  Rogel  auf  Befehl  des  Königs  Manasse  zersägt  worden ,  und 
sein  Grab  solle  am  Zion  auf  dem  damaligen  Hegräbnissplatze  der 
Juden,  dem  jetzigen  höchst  verehrten  und  begehrten  Kirchhofe 
der  Muslimen,  also  Avenigstens  nicht  fern  von  den  Davidsgrüften, 
sich  befinden.  Zwei  Momente,  die  auch  noch  für  ims  von  Interesse 
sind,  hat  das  ('hronicon  hierdurch  bezeugt,  nämlich  einmal  das  lie- 
gehren der  Juden,  am  echten  Zion,  dem  alten  Tempelberge,  begra- 
ben zu  werden,  sodann  die  Nähe  eines  Teiches  im  Stadtthale  unfern 
der  alten  Davidsgräber,  an  den  sich  die  Erinnerung  vom  Tode  eines 
Propheten  knüpfte.  Eine  ähnliche  Auffassung  spinnt  sich  näm- 
lich in  jenen  finstern  Jahrhimderten  noch  weiter  unter  den  nach 
Jerusalem  wandernden  Pilgern  fort.  Sie  nehmen  an.  dass,  weil 
nach  Jeu.  38,  6  die  Vornehmen  in  Jerusalem  einen  Versuch  ge- 
macht hatten,  den  Jeremias  in  einer  schlammigen  ('isterne  zu 
ersäufen,  er  dort  auch  seinen  Tod  gefunden  habe.  Sie  verlegen 
die  Grube  Malchia  —  dies  ist  für  uns  das  Wichtigste  —  in  den 

li  Vgl.  ZDPY.  II,  p.  IS  ff.  2)  Ed.  DIN  DORF  p.291. 


175 


ehrwürdigen,  damuls  vcrsuin})fteu  .Saloiao- Weiher.  JSchon  der 
Pilgrim  von  ISorch^iux.  wek-her  sich  wieder  mehr  mit  den  Ruinen 
des  jüdischen  'i  empels .  "wie  sie  zu  seiner  Zeit  bestanden .  be- 
schäftigt, erzählt  nnter  anderem')  von  zwei  grossen  Teichen, 
welche  zur  Seite  des  Tempels  gelegen  hätten ,  der  eine  zu  seiner 
Hechten,  der  andere  zu  seiner  Linken ;  beide  seien  von  Salomo 
erbaut  worden;  im  Innern  der  Stadt  fänden  sich  ferner  noch 
Wasserbecken,  welche  piscinae  gemellares.  )il)o])pelteiche« ,  ge- 
nannt würden.  Wir  dürfen  schliessen,  dass  das  Hecken  zur  Lin- 
ken des  nach  Osten  sehenden  Tempels  die  hirket  israil.  und  das 
ihm  zur  Kechten.  wenn  auch  ein  wenig  hinter  ihm.  der  Salomo- 
teich  im  Stadttliale  sein  soll;  denn  beide  konnte  man  jener  Zeit 
für  Werke  Salomo's  ansehen,  und  dasjenige  rechter  Hand  führte 
sogar  seineu  Namen.  ])ie  jüdischen  Einwohner  bezeichneten 
noch  zur  Zeit  der  Eroberung  Jerusalem's  durch  den  Chalifen 
Omar  den  Teich  mit  dem  Namen  Salomo's  und  überlieferten  diese 
Benennung  den  Muslimen  2).  Die  A'ersumpfung  des  Salomo- 
Weihers  muss  damals  schon  sehr  bedeutend  gewesen  sein.  Dafür 
sprechen  Warren's  Nachgrabungen  im  Stadtthale.  Dieser  Zu- 
stand mag  in  den  folgenden  Jahrhunderten  noch  zugenommen 
haben.  Jedoch  finden  wir  das  Becken  wiederholt  erwähnt,  so 
zum  Beispiel  von  Theodosius  '^) ,  welcher  mit  Bezug  auf  seine 
Versumpfung  angiebt.  der  Versuch  der  Juden,  den  Jeremias  in 
einer  schlammigen  Cisterne  zu  versenken  und  umkommen  zu 
lassen  (Jer.  36.  l  ff.  j.  habe  hier  stattgehabt.  Theodosius  bestimmt 
noch  dessen  Entfernung  vom  Siloaliteiche  unten  an  der  Südspitze 
des  Zion  auf  hundert  Schritte  :  piscina  Siloah  a  lacu,  ubi  missus 
est  Jeremias  Propheta,  habet  passus  C;  quae  piscina  intra  mu- 
mm est.  Der  Salomo-AVeiher  lag  also  dem  Theodosius  noch  im 
Stadtthale  und  innerhalb  der  Stadtmauer;  denn  auf  die  etwa 
hundert  Jahre  früher  von  der  Kaiserin  Eudokia  erweiterte  und 
um  den  Siloahteich  inid  ihre  dort  erbaute  Kirche  gezogene  Stadt- 
mauer nimmt  der  Geistliche  damals  schon  keine  Rücksicht  mehr. 
Selbst  nachdem  Kaiser  Justinian  (527 — 565)  seine  Kathedrale 
der  Jungfrau   Maria ,    den  Kern    der  jetzigen  el-aksä-Moschee, 

1  Itinera  et  descriptiones  terrae  sanctae  ed.  T.  Tobler  I  (Genevae  1877), 
p.  lü  f. 

2  Vgl.  Mudschir  ed-din  bei  S.WVAIUE  p.  1S9. 

3)  Itinera  et  descriptiones  terrae  sanctae  od.  ToBLEU,  p.Gö. 


17b 


erbaut  hatte:  weis^^!  iiuch  ein  anderer  Tuküj^üsius  (Diakoims)  von 
dem  ihr  nahegelegenen  Teiche  zu  erzählen.  Er  meldet  '^  dieselbe 
Sage,  dass  durt  der  Prophet  Jeremias  ertränkt  worden  sei ;  der 
Pfuhl  musste  somit  noch  erkenntlich  sein.  Selbst  imi  570 
erwähnt  Aktoninus  Martyr  von  Placentia  der  damals  noch 
frischen  Bauwerke  des  Justinian,  auch  des  nahen  arcus  an  der 
SW.-Ecke  der  Harämmauer,  ubi  antiqua  porta  civitatis  fuit 
(ßobinson's  Bogen),  und  sudann  macht  er  aufmerksam  auf  die 
aquae  putridae  daneben,  in  quas  missus  est  Jeremias.  Die  jeden- 
falls geringe  Bekanntschaft  mit  dem  alten  Testamente  verrathende 
Sage  hatte  sich  also  einige  Jahrhunderte  erhalten  und  —  was 
Avichtig  ist  —  sich  an  unseren  seitdem  verschollenen  oder  zuge- 
schlemmten  Teich,  den  Gihon  im  Stadtthale,  gehängt.  War  aber 
so  spät  im  sechsten  Jahrhunderte  dort,  gegenüber  dem  Abstiege 
aus  der  ehemaligen  Davidstadt,  nur  noch  fauliges  A\  asser  zu  fin- 
den, so  begreift  es  sich,  dass  schon  die  ersten  arabischen  Schrift- 
steller an  der  Existenz  desselben  Salomoteiches  irre  wurden,  und 
dass,  Avenn  637  p.  C'hr.  den  in  Jerusalem  eindringenden  musli- 
mischen Eroberern  der  Weiher  als  eines  der  Hauptwasserbecken 
der  Stadt  gezeigt  wurde,  diese  Berücksichtigung  nur  seinem 
Alterthume  und  der  ehenuiligen  Wichtigkeit  galt,  nicht  aber  sei- 
nem damaligen  Zustande.  Der  Wasserbehälter  ward  von  damals 
an  so  sehr  vernachlässigt,  dass  der  spätere  Mudschir  ed-din  ihn 
nicht  mehr  aufzufinden  vermochte  und  dies  offen  bekennt.  Seine 
spätere  Erwälmung  neben  seinen  verschiedenen,  oben  aufgezähl- 
ten Namen  in  der  Bibel  wird  das  Käthsel,  welches  ihm  bisher 
anklebte,  lösen  und  uns  die  Lage  der  Davidstadt  aufliellen. 

1)  Itinera  et  descriptiones  t.  s.  ed.  Toblek,  p.85. 


Ghassanidengräber  vor  Jerusalem. 

Von  Frof.  J,  Oildcilieister  in  IJoim. 


ToBLEK,  dem  auch  Kleinstes  an  entlegenem  Orte  nicht  ent- 
ging, bringt  in  seiner  Topogr.  v.  Jer.  II,  322  unter  lierufnng  auf 
Hammer  eine,  wenn  wahr,  in  mehrfacher  lieziehnng  auffällige 
Notiz :  »In  Jerusalem  und  zwar  auf  der  Nordseite  der  Stadt,  nicht 
fern  vom  Mariengrab  oder  von  Gethsemane,  gab  es  auch  Gräber 
der  arabischen  Könige  von  Ghasan.« 

Auch  geringe  Unebenheiten  auszugleichen  soll  man  sich  nicht 
verdriessen  lassen.  Mit  der  Sache  verhält  es  sich  so.  Hammer 
verkündete  in  den  Wiener  Jahrbb.  P>d.  74  (1836],  p.  86  bei  Er- 
wähnung der  sog.  Gräber  der  Könige  seine  Entdeckung  folgen- 
dermassen : 

»Einen  ganz  neuen  Aufschluss  über  die  auf  der  Nordseite 
nicht  fern  von  Gethsemane  gelegenen  Königsgräber  giebt  ein 
bisher  ganz  unbekanntes  Lobgedicht  Hasan  Ken  Sabits  auf 
Dschebele  den  Sohn  Eihem's .  den  letzten  der  Könijre  von  (iha- 
san,  aus  welchem  hervorgeht,  dass  die  Gräber  dieser  Könige  zu 
Jerusalem  in  der  Nähe  des  Grabes  Marias.« 

»1.  Gesegnet  sei  von  Gott  des  Hauptes  Königsbinde 

Die  von  Urzeit  an  schon  mit  ihm  ei'schatfen  ist ; 
2.  Sie  wird  getränket  nun  von  Rosenwasser -linde, 

Iiidess  der  Moschuswein  in  Ketten  niederfliesst. 
i<.   Heil  Dschofne's  Söhnen!   die  beschenkt  mit  hohen  Gaben 

Den  Grabort  in  der  Näh'  vom  Grab  Marias  haben. 
4.   Von  Angesichte  weiss,  grossmüthig  von  Natur, 

Ihr  Saum  durchduftet  mit  des  Urgeruches  Spur. 
h.  Sie  sollen  leben  bis  die  Hunde  nicht  mehr  klaffen, 

Und  nach  Ankommenden  nicht  mehr  die  Städter  gatt'en.« 

Oder,   wie  er  dieselben  Verse  IS'jO  in  der  Literaturgesch.  der 
Arab.  I,  ])  417  verdollmetschte : 


178 


»3.  Dschefnc's  Kinder  stehn  um  ihrer  Väter  Grab, 

AA''o  Grossmüth'ger  (Note  :  der  Sohn  Marias)  ward  gesenkt  hinab. 
2.  Tränken  es  mit  schäb'ger  Hunde  Blut, 

Und  mit  Unrath,  statt  der  reinen  Fluth, 
5.  Decken  es,  bis  dass  nicht  Hunde  heulen, 
Kümmeren  sich  nicht  um  schwarze  Beulen.« 

Die  fünf  Distichen,  au  die  sicli  eine  Anekdote  knüpft,  stehen 
im  Original  im  kitäb  al-agham  14,  2  und  16,  18,  das  vollständige 
Gedicht  im  Diwän  Hassän's  Tunis  1281),  p.  72;  \4elfach  -werden 
sie  einzeln,  und  überall  in  anderer  Folge,  angeführt ') .  In  Wirk- 
lichkeit heissen  sie : 

1 .  Gottes  würdig  ist  die  Trefflichkeit  eines  Kreises ,  deren 
Zechgenoss  ich"  einst  war  in  dschUlih   Damascus)  in  früher  Zeit. 

2.  Sie  tränken  den,  Avelcher  zu  ihnen  zum  haris  (Wasserlauf 
oder  Ort  hei  Damascus)  sich  begioht.  mit  liaradä[wasser]  versetzt 
mit  dem  sanften  lautereu  [Wein]. 

3.  Sie,  die  Kinder  Dschafna's,  ;_stehend)  um  das  Grah  ihres 
Vaters,  des  .Sohnes  der  Märija,  des  edlen,  vorzüglichen, 

4.  Weissen  Antlitzes,  ehrenvollen  Rufes,  erhobener  Nase, 
von  altem  Schrot. 

5.  Sie  empfangen  Besuch,  bis  ihre  Hunde  (vor  der  Kälte 
des  Morgens)  winseln ,  ohne  dass  sie  fragen,  wer  irgend  der 
Nahende  sei. 

Es  ist  also  nicht  von  der  biblischen  Maria,  die  arabisch  ohne- 
hin gar  nicht  so  genannt  wird,  sondern  von  der  bekannten  Ghas- 
sänidenfürstin  Märija,  und  nicht  von  Jerusalem,  sondern  von 
Damascus  die  Rede. 

1)  Die  vollständigste  Aufzählung  dieser  Citate  s.  bei  AVÜsTKM'ELn  Jäküt 
V,  1:5. -71.  Hinzufügen  hissen  sich:  Ibn  Kutaibah  2!)(> ;  Maidäni  7,  3  ed. 
Hfdäk,  und  lateinisch  vollständiger  aus  seinem  Code.x  bei  Keiske,  Primae 
lineae  p.  81  ;  Dschauhari  unter  trz\  Ibn  Duraid  281  Wüstenf.;  ' iUd  des  Ibn 
Abd  rabbih  I,  '■V-'>\  ;  ZamachscharT  Kasschäf  I,  11  unten;  Seherisch!  zu  IJa- 
rüi  mak.  2'.l,  vol.  II  p.Sil  cd.  Büläk  12s'.»,  auch  z.  Th.  in  S.\cv's  Commentar ; 
Wuhidi  zu  Mutan.  H.jS  ;  Iskandar  Agha  Raudat  alarab.  Bair.  1858,  p.  124.  127. 


Bücheranzeigen. 

Map  of  Western  Palestine  in  26  sheets  from  surveys  conductedfor 
the  committee  of  the  Palestine  Exploration  Fund  by  Lieutenants 
C.  R.  Conder  and  H.  H.  Kitchener.  R.  E.  during  the  years  1872 
— 1S71 .  Scale:  one  inch  to  a  mile  =  j^^j^-  P/wiozincoyraphed 
and printed  for  the  committee  under  the  superintendence  of  U.  Col. 
Carey.  R.  E.,  af  the  ordnance  survey  office  Southampton,  colonel 
Cooke  C.  B.,  R.  E.,  director  by  permission  of  the  ßrst  commis- 
sioner  of  H.  M.  works.  London  18S0.  Subscribers  copy. 
(In  Mappe  2S  Blätter  69  und  79  Centim.) 

Der  lebhaften  Freude,  welche  ich  beim  Empfang  und  bei  der 
ersten  Durchsicht  dieses  grossartigen  Kartenwerkes  empfand, 
weiss  ich  keinen  besseren  Ausdruck  zu  geben  als  dadurch,  dass 
ich  den  Lesern  unsrer  Zeitschrift,  die  sich  ja  wohl  alle  für  die 
Vollendung  dieses  »Standard  Avork«  interessiren,  die  ersten  mir 
dabei  aufsteigenden  Gedanken  in  Kürze  mittheile,  selbst  auf  die 
Gefahl-  hin,  dass  denselben  nicht  der  bleibende  Werth  anhaftet, 
den  man  sonst  von  einer  wissenschaftlichen  Kritik  zu  beanspru- 
chen ein  Recht  hat. 

Das  vorliegende  Kartenwerk  hat  in  mehr  als  einer  Heziehung 
unsre  Erwartungen  übertroffen.  Wir  können  uns  Glück  wün- 
schen, nun  über  die  Geographie  des  westjordanischen  Palästina 
besser  unterrichtet  zu  sein ,  als  über  die  mancher  Staaten  von 
Europa.  Dem  ausdauernden  Eifer  der  englischen  Gesellschaft, 
welche  auf  fremdem  Territorium  eine  solche  Arbeit  untenommen 
luit,  zollen  wir  nicht  weniger  dankbare  Anerkennung,  als  den 
Ingenieuren,  welche  unter  \äelen  Mühsalen  und  lieschwerden 
die  schwierige  A\ifgabe  im  Laufe  von  5  bis  6  Jahren  ausgeführt 
haben.  Die  Uebersichtstafel ,  welche  den  Karten  vorausgeht, 
zeigt,  welche  Gegenden  in  einem  jeden  .lahro  vermessen  A^nirden; 


180 


wir  werden  zugestehen  müssen,  dass,  die  Natur  der  Gegenden 
in  Anschlao;  gebracht,  in  relativ  kurzer  Zeit  Erstaunliches  gelei- 
stet worden  ist.  Als  Grenzen  wurden  nach  dem  AVortlavite  der 
1  )ibel  Dan  und  lierseha  angenommen :  im  Norden  Avurde  also 
die  Triangulirung  bis  zu  den  Jordanquellen  und  westlich  zum 
italir  el-kasmf>Je  geführt;  im  Süden  bildet  der  grosse  wädi  cihazza 
im  oberen  Lauf  xoculi  es-sel/a  genannt) ,  Aveiter  östlich  der  wädi 
acjal .  welcher  bei  Masada  in  das  todte  Meer  ausmündet,  den 
Abschluss.  Das  Material  wurde,  wie  schon  im  Titel  angedeutet, 
auf  20  Kartenblätter  vertheilt;  einige  derselben  freilich  sind  bei- 
nahe ganz  leer,  da  die  angrenzenden  Landestheile  auch  nicht 
einmal  im  Umriss  beigefügt  worden  sind.  An  den  Rändern  jeder 
Tafel  finden  sich  übrigens  Verweisungen  auf  die  Anschhisskarten. 
AYenn  bisher  Yak  de  Veldb's  Maj)  of  the  holy  land  immer 
noch  für  die  beste,  weil  grösste  Karte  Aon  Palästina  galt,  so  haben 
wir  nun  in  dem  englischen,  wohl  5  bis  6raal  grösseren  Karten- 
werk jedenfalls  viel  zuverlässigere  uiul  genauere  Angaben.  Ein 
(nnziger  Blick  auf  eine  der  Karten  genügt,  um  darüber  ins  Klare 
/u  kommen,  besonders  bei  Gegenden,  Avelche  von  den  grossen 
Heerstrassen  etwas  mehr  abseits  liegen.  Man  vergleiche  zTira 
IJcisjjiel  die  Gegenden  des  inneren  Samarien  auf  den  beiden  Kar- 
ten. Nach  VA.  XI  der  engl.  Karte  habe  ich  ausgemessen,  dass 
die  Ortschaft  hür  von  hefr  'ahüsch  bei  Van  de  Velde  3, 2  mal  zu 
weit  entfernt  angegeben  ist.  Ausser  den  Distanzen  sind  häufig 
genug  auch  die  Ortslagen  bezüglich  der  Himmelsrichtung  auf 
beiden  Karten  verschieden  angegeben.  ]>equemer  für  den  Nicht- 
Engländer wäre  freilich,  wenn  neben  dem  Massstab  von  Statute 
miles  und  römischen  Meilen  auch  ein  Metermassstab  beigefügt 
wäre;  dass  die  Engländer  auch  die  Höhen  in  englischen  Euss 
ausdrücken,  ist  selbstverständlich.  Dagegen  ist  besonders  zu  loben, 
dass  die  heute  noch  bewohnten  Orte  auf  der  englischen  Karte 
durch  rothe  Farbe  hervorgehoben  worden  sind  (mit  Ausnahme 
von  lilatt  IX  meines  Exem})lars  !),  Es  ist  nicht  bloss  von  Inter- 
esse, mit  einem  Blicke  zu  übersehen,  wie  stark  bewohnt  heute 
dieser  od(;r  jener  District  ist,  sondern  es  erleichtert  dies  auch  das 
Nachsuchen  beträchtlich,  da  Namen  von  Ortschaften,  Kuinen, 
Thälern,  Bergen  u.  a.  in  sehr  grosser  Fülle  auf  den  Karten  ver- 
zeichnet sind. 

Aber  auch  abgesehen  von  den  Benennungen  bietet  uns  die 


181 


Karte  vieles  Neue.  Die  Tenaiiizcichimiig  ist  in  den  meisten 
Fällen  sehr  geluno;en :  der  Rücken  des  Gebirges  tritt  trefflich 
hervor,  nnd  die  Ebenen  und  Hochebenen  heben  sich  sehr  hübscli 
davon  ab.  Anch  die  Felsthäler  und  besonders  der  rasche  Absturz 
gegen  die  Jordanebene  stechen  sofort  in  die  Augen  und  schei- 
nen mir  besonders  auf  No.  XXII  und  XXVI  (in  der  Gegend  des 
todten  Meeres)  gut  gezeichnet.  Doch  lassen  sich  wohl  in  IJezug 
auf  die  IJehandlung  der  Karten  gewisse  Unterschiede  beobach- 
ten. So  scheint  Blatt  XIV,  nach  unsrer  Ansicht  eine  der  schön- 
sten Karten  des  vorliegenden  Werkes,  sorgfältiger  ausgeführt  zu 
sein,  als  No.  XII  und  XV;  lilatt  IV  erscheint  bedeutend  klarer 
als  Blatt  III;  ich  bin  jedoch  in  kartographischen  Fragen  nicht 
hinreichend  bewandert,  um  beurtheilen  zu  können,  wie  Aveit 
solche  sinnfällige  Unterschiede  nicht  etwa  auch  von  der  Ver- 
schiedenheit des  darzustellenden  Teri'ains  herrühren.  Nach  mei- 
nem Laienverstande  kann  die  Ausführung  der  englischen  Palä- 
stinakarte allerdings  mit  der  der  topographischen  Karte  der 
Schweiz,  der  sogenannten  Dufourkarte,  nicht  entfernt  wetteifern ; 
auch  sind  auf  dieser  die  Legenden  schärfer  eingetragen,  während 
es  auf  der  englischen  Karte  schwieriger  ist  und  sogar  bisweilen 
eines  scharfen  Zusehens  bedarf,  um  die  Namen,  wo  sie  der 
Darstellung  der  Terrainconfiguration  übergedruckt  sind ,  sicher 
zu  lesen. 

Gerne  geben  wir  einen  Theil  der  Deutlichkeit  in  den  Kauf, 
wenn  wir  daneben  betrachten,  was  uns  an  Detailangaben  arebo- 
ten  wird.  Nicht  nur  Dörfer  und  Ruinen  sind  eingetragen,  son- 
dern auch  einzelne  Gebäiule,  wie  Moscheen,  Kirchen,  ja  sogar 
Wachtthürmchen  durch  Zeichen  hervorgehoben.  Ebenso  finden 
Avir  Gräber,  Grabhöhlen,  Quellen,  Cisternen,  Teiche.  Brücken, 
femer  Haui)t-Strassen  und  Nebenwege,  alte,  besonders  auch  Rö- 
merstrassen (mit  den  Meilensteinen  ,  Furten.  Telegraphcnlinien 
u.  a.  bezeichnet.  Die  perennirenden  Wasserläufe  sind  von  den 
trockenen  Wädi's  unterschieden.  Ferner  finden  wir  die  Marschen 
und  Sanddünen,  die  Bamn-  und  AVeingärten  und  besonders  auch 
den  Waldbestand,  Pinien,  Eichen,  Palmen,  Gesträuch  sorgfältig 
eingetragen  und  sind  erstaunt,  welchen  Rcichthum  an  Brennholz 
Palästina  heute  besitzt.  Nicht  weniger  anerkennenswerth  ist  die 
Aufmerksamkeit,  welche  den  Namen  der  Beduinen-  und  Fel- 
lachcustäiiiuic   durchgängig  gc^scheukt  worden   ist:   ilire  Naiucn 


182 


sind  überall  eingetragen.  —  Eine  genaue  Beschreibung,  beson- 
ders auch  der  Alterthümer  werden  wir  nun  in  den  Memoirs  näch- 
stens erhalten. 

Als  ein  besonderer  Vorzug  des  Kartenwerkes  darf  hervorge- 
lioben  werden,  dass  wir,  was  die  Legenden  betrifft,  stets  die 
Namen,  wie  sie  im  heutigen  Arabisch  gesprochen  werden,  erhal- 
ten, mithin  keine  Identifikationen  alter  Ortslagen.  Nur  bei  ein- 
zelnen grösseren  Ortschaften  Avie  Jerusalem,  Jafa,  Gaza,  ist  dieses 
Princip  mit  Recht  aufgegeben.  Die  vielen  Tausende  von  Namen, 
welche  auf  der  Karte  figuriren,  zu  sammeln  und  möglichst  genau 
wiederzugeben,  war  eine  höchst  schwierige  Aufgabe.  Im  gan- 
zen habe  ich  bis  jetzt  nur  wenige  Namen  gefunden,  bei  denen 
ich  voraussetzen  möchte,  dass  Unrichtigkeiten  vorliegen.  Auf 
Karte  X\  III  ist  »Eas  Feshkah«  mit  k  geschrieben,  während  die 
richtigere  Form  mit  ch  respective  in  der  engl.  Transcription  kh) 
bei  »Nükb  Feshkhah«  daneben  steht.  Ist  der  Name  der  bekann- 
ten Jordanfurt  wirklich  )>el  Ilenu«  l  bisher  schrieb  man  »Hein« ! 
Wir  bezweifeln,  dass  »Neby  Samwil«  correcter  ist  als  schumunl ') 
und  dass  Hannina  eine  Besserung  für  unser  hanlnU  ist.  Für  un- 
richtig muss  ich  auch  in  dem  Namen  el-'Aziriyeh  (Bethanien) 
das  erste  i  halten,  ein  Fehler,  der  allerdings  auf  KoBI^'SON-SMITH 
(Palästina  II,  311)  zurückgeht,  während  die  Schreibart  e/-«;rar/;'e 
(übrigens  auch  mit  langem  a)  nicht  bloss  nach  der  übergrossen 
Mehrzahl  der  Reisenden,  sondern  auch  nach  dem  arabischen 
Wörterbuch  [tüdsch  el-arüs  unter  'am-zä,-rä)  die  richtige  ist. 

Wenn  vor  der  Veröffentlichung  der  Karte  sämmtliche  Hilfs- 
mittel hätten  herbeigezogen  werden  müssen,  welche  zur  genauen 
Feststellung  der  Namenschreibung  dienen,  Avürden  wir  das  Werk 
erst  nach  Jahrzehnten  erhalten  haben.  In  vollstem  Masse  erkenne 
ich  daher  an,  dass  für  die  Aveit  grösste  Mehrzahl  des  eine  solche 
Karte  benutzenden  I^ublikums  derartige  Ungenauigkeiten  von 
durchaus  keiner  Bedeutung  sind.  Andererseits  kann  nie  genug 
darauf  hingewiesen  werden,  dass  für  den  wissenschaftlichen 
Forscher  die  genaue  Darstellung  der  arabischen  Namensformen 
mit  allen  Finessen  der  arabischen  CJonsonanten-,  wie  der  Vocal- 
aussprache  eine  der  ersten  Bedingmigen  ist,  welche  die  Erforscher 
des  heutigen  Palästina  zu  erfüllen  haben ;  nur  auf  diesem  AVege 

1)   Bei  Jäküt  findet  sich  der  Name  mit  .s'  geschrieben  [liitniw'il]  ;  bei  Mud- 
schir  ed-din  dagegen  lesen  wir  stets  schaiiiwtl  mit  sc/i. 


183 

kann  man  den  oberflächliclien  und  willkürlichen  Identifikationen 
entgehen,  liesonders  störend  ist  es,  dass  die  eigcnthümlichen 
semitischen  Laute,  welche  Avir  ZDPV.  III,  p.  52)  mit  h,  s,  t,  k 
hezeichnen,  nicht  von  den  gewöhnlichen  h,  s,  t,  k  unterschieden 
werden:  es  hätte  dies  ja  ebenfalls  durch  untergesetzte  I^nikte, 
die  den  solcher  sprachlichen  Feinheiten  Liikimdigen  nicht  weiter 
stören,  ausgedrückt  werden  können.  Glücklicherweise  finden 
W'ir  wenigstens  das  'ain  durchgängig  bezeichnet,  wenn  auch  häu- 
fig an  falscher  Stelle  \n  Wir  hoffen,  dass  die  Memoirs  uns  später 
die  Möglichkeit  an  die  Hand  geben  werden,  alle  die  vorkommen- 
den Namen  auch  in  Transcription  Avissenschaftlich  genau  wie- 
derzxigeben. 

Die  Forderung,  dass  solche  palästinensische  Ortsnamen  we- 
nigstens in  wissenschaftlichen  Werken  stets  in  richtiger  und 
leicht  in  arabische  Schrift  umzusetzender  Schrift  wiederzugeben 
sind  2) ,  Avird  weniger  pedantisch  erscheinen,  wenn  man  bedenkt, 
dass  sie  im  entgegengesetzten  Falle  dann  leicht  aus  solchen 
Standard  works  noch  weiter  umgestaltet  in  andre  Bücher  überzu- 
gehen pflegen,  und  dass  dann  der  Willkür  Thür  und  Thor  geöff- 
net ist.  Wer  Namen  aus  dem  Yolksmunde  aufzeichnet,  soll  dies 
zwar  zunächst  durchaus  nach  dem  Gehöre  thun;  jedoch  ist  dabei 
eine  gewisse  Kenntniss  nicht  bloss  der  Sprachlaute,  sondern  auch 
der  fundamentalen  Sprachgesetze  unerlässlich.  A\'ir  rechnen 
dazu  z.  B.  die  Hegel,  dass  im  Bereich  der  semitischen  Sprachen 
keine  Sylbe  mit  einem  Vocale  beginnen  kann  3);  darnach  Aväre  el 
Midieh  in  el  Midyeh^)  zu  verwandeln,  wie  ja  bei  »kurjeh«  Ort- 
schaft richtig  das  consonantische  y,  nicht  i  gesetzt  ist.   So  finden 

1)  Der  das  ain  ausdrückende  Spiritus  lenis  '  ist  in  der  Regel  einem  Yocal 
übergesetzt,  so  dass  unklar  bleibt,  ob  er  vor  oder  nach  denaselben  y.u 
sprechen  ist;  bisweilen  finden  sich  aber  sogar  Schreibungen  wie  (XII)  Sh'air 
statt  Sha  ir,    (VI)  el  B'aineh  statt  el  Ba  ineh,    (11)  Kuleia  h  statt  Kulei'ah.) 

2,1  Man  wird  zugestehen,  dass  dies  z.  B.  bei  einer  Schreibung  (VIII;  el 
'Aüwaj  für  unser  el-d icadsch.  schwierig  ist. 

3)  Obwohl  wir  die  Auslassung  des  Hamza  im  Anlaut  der  Worte  durchaus 
billigen. 

4)  Ob  die  Schreibung  der  Femininendung  mit  h  am  Schlüsse  nöthig  ist, 
bezweifeln  wir;  übrigens  ist  dieselbe  nicht  einmal  consequent  durchgeführt  ; 
denn  wir  finden  iVI)  Tubariya  neben  Nasirah  ;  bisweilen  ist  das  a  dieser 
Endung  sogar  fälschlich  mit  dem  Zeichen  der  Länge  versehen,  wie  z.  B.  bei 
di'u  unten  noch  zu  erwähnenden  geographischen  Termini  »kul'ah«  und 
»nii'zr  ah". 


184 

wir  neben  richtigen  Formen  wie  (\ )  Wäwiyat  auch  Formen  wie 
(II)  el  Khiäm,  lianias,  i  V)  Seffurieh,  Sheraiiat,  (XXIV)  Teiaha. 
in  Avelchen  überall  nach  dem  i  im  Übergang  zu  einem  andern 
Vokal  ein  y  hätte  gesetzt  werden  müssen .  Auf  Blatt  VII  steht 
sogar  falsch  Kaisarieh  statt  Kaisäriyeh,  wie  diese  Endung  sonst 
(etwa  mit  Ausnahme  des  hypertrophischen  Tiikiyyia  Bl.  III) 
geschrieben  wird.  In  Formen,  wie  (IIIj  Beiyad,  XXVI)  Seiyal, 
hätte  das  vocalische  i  hinwiederum  gespart  werden  müssen.  Ahn- 
lich wie  mit  dem  i-Laute  steht  es  mit  dem  u-Laute;  Rüeis  (V) 
wird  VI  richtiger  Ruweis  geschrieben.  Eigen thümlich  ist  ferner, 
dass  häutig  auf  den  zweiten  Theil  eines  Diphthongen  ein  (total 
überflüssiges)  Längezeichen  gesetzt  ist,  z.B.  (I)  Shernei,  Kubbei; 
(IV)  'Aüba.  Die  Darstellung  der  Vocale  ist  bekanntlich  stets 
einer  der  schwächsten  Punkte  bei  den  Engländern  gewesen,  und 
besonders  störend  ist  die  Schreibung  eines  sogenannten  unbe- 
stimmten ^'ocals  mit  u.  Zwar  suchen  die  Engländer  diesen  Laut 
von  dem  wirklichen  u  durch  ein  Zeichen  zu  unterscheiden,  indem 
sie  das  erstcre  mit  ii  umschreiben,  z.  B.  kubr,  khürbeh  wo  wir 
kahr^  cJiirbe  oder  cJiörbe  schreiben  würden);  leider  ist  aber  in 
manchen  Fällen,  z.  B.  bei  Wörtern,  wie  kuryeh  tOrtschaft.  unser 
harjd].  (V)  Buttauf  (statt  hattauf).  ein  solches  Zeichen  nicht 
übergesetzt,  so  dass  man  also  in  Versuchung  käme,  in  diesem 
Worte  ein  wirkliches  u  zu  sprechen.  Thatsächlich  spukt  die- 
ses englische  u  schon  häufig  genug  in  deutschen  Werken  über 
l'alästina. 

Ein  wichtiger  l^estandtheil  der  arabischen  Sprachgesetze 
besteht  darin,  dass  die  Nomina  ganz  bestimmte  Formen  haben, 
welche  von  vornherein  feststehen.  Es  ist.  wie  wir  aus  Erfahrung 
wissen,  schwierig,  einem  Laien  in  semitischen  S])rachen  ein  Ge- 
fühl für  die  Zulässigkeit  dieser  oder  jener  Wortbildung  beizu- 
bringen ;  eine  gewisse  Kenntniss  von  diesen  Sprachgesetzen  wäre 
jedoch  bei  der  liedaction  der  Kartenlegenden  unerlässlich  gewe- 
sen. Wie  schon  oben  bemerkt,  enthält  die  Übersichtskarte  der 
lilätter  eine  Liste  arabischer  Appellativiuimen  geographischer 
Tennini ') .    Neben   einigen   Ungenauigkeiten  finden   sich  darin 

1  Vor  kurzer  Zeit  kam  an  mich  die  lütte,  eine  solche  Liste  für  unsrc 
Zeitschril't  aufzustellen.  Dieser  Aufforderun«;  werde  ich  ilemnächst  entge<^en- 
kommen.  Die  Liste  MJrd  in  Hand  IV  l'^**!  der  Zeitsdirift  veröH'entlicht 
werden.      1).  Ked  / 


185 

offenbare  Verstösse  gej^eii  die  ol)eu  erwähnten  iirahischcn  Sprach- 
gesetze.     >So    lautet    der    Tlural    von    »birkeli-    \\'asserreservoir, 
»khurbehu  Rnine  nieht  hnrak',,    khurah  mit  huigem  a,   sondern 
burak  (wie  übrigens  z.  H.   bei  den  sog.   salomonischen  Teiclien 
(XVII)  richtig  gedruckt  ist)   nnd  khnrab  mit  kurzem  a    und  da- 
her dem  Accent  auf  der  ersten  Syll)e  .     Das  Wort  »Shnkif«  ist 
ferner  kein  Dimiuutivum  von  slnikf,  wie  dort  angegeben  ist.  son- 
dern ein  selbständiges  Wort    vgl.  unsre  Liste) .    Der  J*hiral  von 
Teil    (Hügel)    lautet  nicht  Tellül    (eine  ganz   unerhörte   Form), 
sondern  tulül,   eventuell  auch  teliil  mit  ganz  kurzem  e.    Ebenso 
Avenig  kann  der  Plural  von  »Kana«,  Wasserleitung.  »Kanat«  lau- 
ten,  sondern  letzteres  ist,   wie  man  z.  H.  bei  den  vielen  Wasser- 
leitungen,  die  um  Beisän  herum  verzeichnet  sind,  ersehen  kann, 
einfach  die  vor  einem  nachfolgenden  abhängigen  Nomen  (Geni- 
tiv)  eintretende  Form  von  kanä.    Auch  rBelled^'.  Ortschaft,  mit 
doppeltem  1  statt  einfachem  ist  eine  unmögliche  Bildung,  gerade 
wie  (XVIIIj  'Abbeidiyeh,  wofür  wir  'aheidije  oder  'uheclije  schrei- 
ben würden.    Wir  würden  auch  darauf  kein  so  grosses  Gewacht 
legen,    wenn  wir  nicht,   wie  schon  bemerkt,   fürchten  müssten, 
solche  Fehler  könnten  in  andere  Bücher  übergehen ;  gerade  Aveil 
wir  das  Kartenwerk  als  eine  mehr  oder  weniger  abschliessende 
und  massgebende  Arbeit  taxiren,  fühlen  wir  uns  verpflichtet,  auf 
die  Mängel  derselben  —  und  diese  sind  ja  bei  der  Fülle  des  gebo- 
tenen Stoffes  beinahe  verscliAvindend  —  aufmerksam  zu  machen. 
Was  den  Preis  der  Karte  betrifft,   so  stellt  sich  derselbe  für 
die  Subscribenten   (resp.  die  Mitglieder  der  engl.  Gesellschaft"; 
auf  zwei  Guineen  '42  Mark) .    Nach  einer  Notiz  des  .Januar-Heftes 
der  Statements  wird  die  Karte  erst  im  Herbste  und  zwar  zum  Preise 
von  drei  Guineen  in  den  Buchhandel  kommen.    Auch  wird  eine 
reducirte  Karte  von  ganz  Palästina  in  9  lUättern  herausgegeben 
werden.     Wie  hoch  die  Memoirs   den  Subscribenten  zu  stehen 
kommen,   ist  nicht  ersichtlich ;    wir  finden  nnr  die  Notiz .   dass 
eine  Ausgabe  der  Karten  mit  den  Memoirs  später  20  Guineen 
kosten  wird.    Es  ist  daher  vorauszusehen ,   dass  das  ganze  Werk 
nicht  so  rasch  Gemeingut  der  Freunde  der  Palästinageographie 
werden  wird.  Um  so  mehr  sei  darauf  hingcAviesen,  dass  die  Biblio- 
thek des  HPV.  ein  Exemplar  der  Karte  besitzt. 

1)  wie  allerdings  in  Folge  eines  Druckfehlers  auch  in  der  engl.  Ausgabe 
meines  Reisehandbuchs  p.  111  steht. 

Tübingen.  A.  Sücin. 


Ztsclir.  d.  Pal.-Vcr.    HI.  13 


186 


Beiträge  zur  Geschichte  der  Kreuzzilge  oonltcinholdHöhricht.  Ber- 
lin.   Weidmann  sehe  Buchhandlung .    Bd.  I  u.  II.,   346  ti.  452  pj), 

1874  u.  1S78. 

Der  Name  \iiid  die  Arhcitsweise  Eöhricht's  sind  den  Lesern 
dieser  Zeitschrift  so  wohlbekannt,  dass  eine  Besprechung  des 
oben  angeführten  Werkes  sich  im  wesentUchen  anf  eine  Inhalts- 
angabe desselben  beschränken  darf.  Dieselbe  ausgebreitete  Lite- 
raturkenntniss ,  dieselbe  kritische  Akribie  und  präcise  Kürze, 
Avelche  die  übrigen  Arbeiten  Röhricht  s  auszeichnen,  finden  sich 
auch  in  den  »Beiträgen  zur  Gescliichte  der  Kreuzzüge«,  die  in 
der  stattlichen  Masse  von  zusammen  800  eng  gedruckten  Seiten 
unsere  Kenntniss  von  der  Geschichte  jener  wundersamen  \Y all- 
fahrten und  den  gleichzeitigen  Schicksalen  Palästina's  erheblich 
vermehren.  Der  erste  Band  enthält  zwei  umfangreiche  Abhand- 
lungen über  »Die  Kreuzfahrt  des  Kaisers  Friedrich  II.«  und  »Die 
Kämpfe  Saladins  mit  den  Christen  in  den  .lahren  1187  und  1 188« 
nebst  »Auszügen  aus  dem  Werke  Kamal  ad-dins  :  »Die  Sahne  der 
Geschichte  Ilalebs««  (ad  a.  1095 — 11741.  Der  zweite  Band  ist 
ganz  THid  gar  angefüllt  von  der  Darstellung  der  »Deutschen  Pil- 
ger- und  Kreuzfahrten  nach  dem  heiligen  Lande  (700 — 1300)«. 
An  (iuellenmaterial  geben  die  »Beiträge«  also  nur  jene  Aiiszüge 
aus  dem  Werke  Kamal  ad-din's,  die  einer  von  Silvkstre  de  Sacy 
angefertigten  und  aus  dem  Nachlasse  Wilken's  in  die  Berliner 
königl.  Bibliothek  übergegangenen  Übersetzung  des  arabischen 
Originals  entnommen  sind  und,  Avenn  sie  auch  von  Wilken  sel- 
ber in  dessen  grosser  »Geschichte  der  Kreuzzüge«  schon  längst 
verwerthet  worden  Avaren  ,  doch  ohne  Zweifel  noch  besonders 
herausgegeben  zw  Averden  verdienten.  Die  übrigen  Theile  der 
»Beiträge«  bieten  ausschliesslich  Forschungsresviltate  KÖHRiotfT's 
uiul  beschäftigen  sich,  Avie  man  sieht,  vornehmlich  mit  der  Thcil- 
nahme  der  Detitschen  an  den  Kreuzzügen.  Gerade  hierdurch 
hat  sich  aber  der  A'erf.  ein  besonderes  Verdienst  erAvorben,  Aveil 
die  Schicksale,  Avelche  die  Angehihigen  unseres  Volkes  auf  den 
Kreuzfahrten  und  im  heiligen  Lande  gehabt  haben,  noch  nie  für 
sich  zusammeugostollt  Avorden  und  bisher  nur  vcrhältnissmässig 
lückenhaft  ])ekannt  Avarcn.  KCuiricht  liat  sich  deshalb  auch  der 
Mühe  unterzogen,  neben  dem  erzählenden  Theile  seiner  Arbeit 
in  AnmerkiHigen  und  Beilagen  ein  sehr  reiches  und  ebenso  wohl- 
geordnetes gelehrtes  Material .  besonders  einen  »Katalog  der 
deutschen  J'ilger«  zu  veröffentlichen,  und  er  hat  dadurch  für  ein 
merkAvürdiges  uiul  allzu  lange  Acrnachlässigtes  Stück  unserer 
Volksgeschichte  eine  feste  Grundlage  geschaffen,  auf  der  noch 
geraume  Zeit  fortzubauen  sein  Avird.  Die  Ergebnisse  seiner  For- 
schung dürfen  der  Mehrzahl  nach  vertrauensvoll  angenommen 
Averdeu  :  einige  l'unkte,  in  denen  ich  nicht  mit  ihm  übereinstim- 
men kann,  möchte  ich  an  dieser  Stelle  nicht  mehr  hervorheben, 


187 

da  ein  Vergleich  mit  den  von  mir  vor  kurzem  piiblicirten  Arbei- 
ten meine  abweichende  Ansicht  leicht  erkennen  lässt  (s.  meine 
»Geschichte  der  Kreuzzüge«  a.  m.O.  nnd  meine  Abhandlung  über 
»Peter  von  Amiens  und  Albert  von  Aachen«  in  der  histor.  Zeitschr. 
Bd.  44,  S.  22  fF.).  Hier  möchte  ich  nur  noch  des  ganz  äusser- 
lichen  und  vielleicht  nur  mir  allein  missfälligen  Umstandes  ge- 
denken, dass  KÖHKiciiT  zwar  mehrere  sehr  bekannte  orientalische 
Namen,  wie  z.  B.  Saladin ,  nach  alter  deiitschcr  Gewohnheit 
schreibt,  für  die  übrigen  Namen  aber  »das  FLEisciiER'sche  üm- 
schreibungssystem«  gebraucht.  Entweder  wünschte  ich  alle  Na- 
men nach  diesem  System  geschrieben  zu  sehen ,  oder  —  und 
zwar  bei  Weitem  lieber  —  alle  nach  alter  deutscher  Gewohnheit, 
weil  die  Abhandlungen  Röhricht's  doch  keineswegs  blos  für 
Orientalisten,  sondern  auch  für  viele,  mit  der  l^edeutung  der 
Schriftzeichen  jenes  Systems  unbekannte  Leser  bestimmt  sind. 
Tübingen.  Kugler. 

Manuel  du  voyageur  jm7^  D.  Kalthrunner.    Avec  280  ß gm- es  inter- 
calees  clans  le  texte  et  tiplanches  hors  texte.  Zürich  1810.  J.  Wurster 

^  Cie.  762  pp.  8. 
ILvltbrunner's  »Reisemanual«  Avill  nicht  nur  dem  For- 
schungsreisenden, welcher  weite  Länderstrecken  flüchtig  durch- 
misst,  sondern  auch  dem  sesshaften  Bewohner  interessanter 
Ländergebiete  ein  zuverlässiger  Rathgeber  sein.  Dieses  Streben 
ist  für  den  deutschen  Palästina-Verein  um  so  beachtenswerther, 
als  er  zur  Erreichung  seines  Zieles  in  höherem  Masse ,  als  eine 
andere  wissenschaftliche  Gesellschaft ,  auf  die  fördersame  Thä- 
tigkeit  einer  gebildeten,  von  Liebe  zur  Wissenschaft  durchdrun- 
genen, im  Auslande  ansässigen  Bevölkerung  mit  angewiesen  ist. 
In  l^ezug  auf  grossartige  und  kostspielige  Forschungsunterneh- 
mungen im  Gebiet  des  Heiligen  Landes  können  Avir  l)eutschen  es 
weder  den  Engländern ,  noch  den  Franzosen  und  Amerikanern 
gleichthun;  in  einem  Punkte  aber  sind  wir  diesen  Nationen 
überlegen,  nämlich  dadurch,  dass  weit  über  tausend  un- 
serer tüchtigen  und  s  t  r  e b  s  am e  n  L a n  d  s  1  e u  t  e  a  n  v  e r - 
schiedenen  Punkten  Palästina' s  wohnen,  welche, 
wenn  sie  unsere  Bemühungen  nach  Kräften  unterstützen,  in  Be- 
zug auf  intensive  Forschungen  mehr  und  Besseres  zu  leisten  ver- 
mögen als  alle  noch  so  gut  ausgerüsteten  wissenschaftlichen 
Expeditionen,  Avelche  immer  nur  gleichsam  im  \ Orübergehen 
arbeiten.  Von  der  wirklichen  Erforschung  eines  Landes  kann 
ja  immer  erst  dann  die  Eede  sein,  wenn  die  Bewohner  selbst 
dieselbe  in  die  Hand  nehmen.  Dazu  bedarf  es  freilicli  vor  allem 
einer  passenden  Anleitung,  welche  den  Betreffenden  überzeugt. 
dass  er  auch  als  Nichtfachmann  Nützliches  leisten  kann,  und 
ihm  zeigt,  auf  welchem  Wege  dies  am  besten  zu  ermöglichen  ist. 

13* 


188 

Hierfür  ist  KL\ltbrunner's  »Manuel  du  Voyageur«  sehr  geeignet. 
Indessen  ist  es  zu  bedauern,  dass  nicht  auch  eine  deutsche  Aus- 
gabe dieses  Buches  erschienen  ist.  weil  diese  jedenfalls  eine  be- 
deutend weitere  Verbreitung  gefunden  hätte.  Unter  den  ver- 
schiedenen Abschnitten ,  in  welchen  der  reichhaltige  Stoff  auf 
eine  klare,  leicht  verständliche  Weise  behandelt  ist,  erscheinen 
nachfolgende  von  besonderem  Interesse  für  unsere  strebsamen 
Landsleute  in  Palästina:  ))To])ographie«  (Anfertigung  kleiner 
Karten  und  Plänel ,  »Geologie^  und  der  letzte  Abschnitt :  »Origines 
et  Histoire«,  eine  kurze  Auseinandersetzung  über  vorhistorische 
Funde.  Wie  viel  das  »Manuel«  dem  Leser  bietet,  erhellt  am  besten 
aus  einer  kurzen  Übersicht  des  Inhal  ts.  In  der  sehr  ausführlichen 
Einleitung  139  pp.)  ist  vorzugsweise  von  der  Vorbereitung  des 
Forschers  die  Rede ,  von  den  erforderlichen  Instrumenten  und 
sonstigen  Ansrüstungsgcgenständen  sowie  von  den  anzuwen- 
denden Beobachtungs-  und  Messungsmethoden.  Der  zunächst 
folgende  Hauptabschnitt  (p.  140 — 4S9)  »Das  Land«  behandelt  in 
seinen  einzelnen  Unterabtheilungen  folgende  Themata  :  Configu- 
ration  du  pays  (Topographie) ,  Geologie,  Sol,  Climat,  Hydrologie, 
Flore,  Faune.  Dann  folgt  der  zweite  Hauptabschnitt  »Die  Be- 
wohner« (p.  490 — 752)  mit  den  C'apiteln :  Population,  Races  et 
types,  Langue  et  dialectes,  Usages  et  coutumes,  Idees,  croyances 
et  religion,  Costurae  et  parure,  Alimentation,  Habitation,  Genre 
de  vie,  Organisation  domestique,  sociale  et  politique,  Droit  et 
propriete,  Tnstitutions  diverses,  Industrie,  Commerce,  Litterature, 
Arts  et  Sciences,  Origines  et  histoire. 

Selbstverständlich  wird  durch  Bücher  von  der  Art  des  vor- 
liegenden eine  persönliche  Unterweisung  nicht  in  allen  Fällen 
überflüssig  gemacht;  doch  zu  dieser  findet  sich  in  dem  verkehrs- 
reichen Jerusalem,  wo  so  viele  Gelehrte  aller  Art  durchpassiren, 
sowie  auch  anderorts  in  Palästina  vielfach  Gelegenheit,  sobald  nur 
der  gute  Wille,  sie  zu  suchen  und  zu  benutzen,  vorhaiulen  ist.  Und 
würde  es  gelingen,  eine  archäologische  oder  eine  natunvissen- 
schaftliche  Station  in  Palästina  zu  errichten,  so  wäre  damit  der 
geeignete  Mittelpmikt  für  die  Organisation  der  zweifellos  in  ge- 
nügender Anzahl  vorhandenen  Hilfskräfte  gegeben.  Freilich 
wird  auch  dann  noch  jeder,  welcher  Neigung  verspürt,  etwas  über 
die  täglichen  Anforderungen  des  B(>rufs  und  des  Lebensunter- 
lialtes  hinausgehendes  zu  leisten,  oft  genug  auf  gedruckte  An- 
Aveisungen  zurückgreifen  müssen,  und  als  solche  em])fehlen  wir 
nochmals  das  KALTBiiuNNER'sche  »Maiuiel«  mit  dem  Bemerken, 
(hiss  ein  ta])feres  Beginnen  mit  der  Arbeit  die  Hauptsache  ist, 
uud  dass  die  im  Anfang  oft  unülx-rwindlichen  SchAvierigkeiten 
meist  über  Erwarten  schnell  schwinden,  sobald  man  sie  ernsthaft 
in  Angriff  nimmt. 

Herlin.  O.  Kerstkn. 


Zioii.  Davidstallt  und  die  Akra  iuiiorlmll)  des  alten 

Jerusalem. 

Von  ])ekan  Ur.  Klaiber  in  Göppingen. 


Erster  Artikel. 

Wenn  der  dnich  die  Überschrift  bezeichnete  Complex  von 
Fragen  nach  so  vielfacher  liehandhing  mid  widersprechender  Be- 
antwortnng  abermals  zum  Gegenstand  der  Untersuchung  gemacht 
wird,  so  geschieht  es  selbstverständlich  nur  in  der  tJberzeugung, 
dass  eine  sichere  Beantwortung  der  mehrfachen  Probleme  mög- 
lich und  im  Nachstehenden  auch  wirklich  gegeben  ist.  Dieselbe 
wird  aber  abhängen  von  der  Befolgung  dreier  Grundregeln : 
1)  dass  die  betreifenden  Angaben  und  Berichte  geschichtlich 
aitseinander  gehalten  und  erst,  nachdem  sie  einzeln,  jede  Gruppe 
für  sich,  zur  Geltung  gekommen,  combinirt  werden;  2,  dass 
man  nur  sichere  Angaben  zu  Grunde  legt,  alles  bloss  Hypothe- 
tische oder  bloss  Wahrscheinliche  und  auch  bloss  Nebensächliche 
als  verwirrend  bei  Seite  lässt;  3)  dass  man  die  Berichte  nur  nach 
ihrem  natürlichen  itnd  einfachen  Wortsinn  interpretirt.  Diese 
Regeln  scheinen  zAvar  selbstverständlich.  Jeder  Kundige  aber 
weiss ,  wie  weit  bei  ihrer  Missachtung  luxuriirender  Scharfsinn 
und  Phantasie  irre  führen  kann  und  irre  geführt  hat.  — 

Für  den  nicht  ganz  mit  dem  Gegenstande  vertrauten  Leser 
sind  einige  topographische  Bemerkungen  voranz\tschicken.  Der 
Höhenrücken.  Avelchcr  die  Stadt  Jerusalem  trug  und  trägt,  ist 
bekanntlich  durch  eine  vom  üamaskusthor  bis  ztim  Siloah  hin- 
abgehende, ursprünglich  tief  und  schroff  eingeschnittene,  heut- 
zutage mehr  oder  weniger  überbaute  und  diirch  mehrtausendjäh- 
rigen Sclmtt  aufgefüllte,  bei  Josepmus  Tyropöon,  heutigen  Tages 
el-wäd  genannte    Einsenkung    in    eine    östliche    und   westliche 

Ztschr.  .1.  I';il.-Ver.  III.  14 


190 

Hälfte  getheilt.  Der  -vAestliche  Theil  ^var  ursprünglich  durch  eme 
zweite,  gegenwärtig  kaum  bemerkliche,  von  RoBI^■sü^'  mehr  ver- 
muthete  als  nachgewiesene,  in  neuerer  Zeit  aber  constatirte  Thal- 
einsenkung, welche  vom  Jafathor  fast  senkrecht  gegen  die  Tem- 
pelfläche ostwärts  läuft,  in  eine  nördliche  und  südliche  Hälfte 
getrennt.  Jener  nördliche  Theil  des  Westrückens  trägt  das  heil. 
Grab ;  wir  Averden  ihn  im  Nachfolgenden  als  N  o  r  d  w  e  s  t  h  ü  g  e  1 
bezeichnen,  obwohl  er  nicht  ein  eigentlicher  Hügel  ist.  Des 
Westrückens  südlichen  Theil,  welcher  nur  in  der  XordAvestecke 
bei  der  heutigen  Citadelle  ursprünglich  mit  dem  nördlichen  Ter- 
rain zusammenhing,  sonst  aber  ringsum  von  Thaleinsenkungen 
umgeben  war,  werden  wir  nicht  mit  dem  traditionellen  Namen 
Zion  benennen,  sondern  als  Süd  westhügel  bezeichnen.  Auf 
dem  Ostrücken  hebt  sich  heutzutage  die  Tempelfläche  harüm 
esch-scJienf)  hervor.  Nördlich  von  ihr  findet  sich  eine  Erhöhung, 
von  JosEPHUs  Bezetha  genannt.  In  der  Nordwestecke  des  Haräm 
befand  sich  zu  Josephus  Zeit  eine  später  bis  auf  wenige  erkenn- 
bare Spiiren  Aveggemeisselte  Felscrhöhung.  welche  die  Burg 
Baris-Antonia  trug.  Es  ist  Resultat  der  neueren  Forschungen, 
dass  die  Terrasse  der  Omarmoschee  eine  ursprüngliche  Felsen- 
erhöhimg  ist.  Dabei  setzen  wir  voraus  —  eine  Beweisführung  ist 
hier  nicht  möglich  — 

1;  dass  die  Omarmoschee  ohngefähr  die  Stelle  des  altjüdi- 
schen Tempels  bezeichnet,  wobei  wir  dahingestellt  lassen,  ob 
das  Heiligthum  (nach  De  Vogue,  le  temple  1SG4  etwas  nördlich 
von  dem  in  der  Moschee  befindlichen  heiligen  Felsen  zu  suchen, 
ob  dieser  Felsen  nach  Rosen  identisch  mit  der  Tenne  Arafna's 
ist,  ob  auf  demselben  sich  der  Brandopferaltar  oder  das  AUerhei- 
ligste  befand  u.  s.  av.  ; 

2  dass  abgesehen  von  der  jetzigen,  aus  späterer  Zeit  stam- 
menden Planirung  der  südliche  Theil  der  Tempelfläche  nicht  von 
Salomo ,  sondern  von  Herodes  herrührt.  Man  vergleiche  nur, 
was  Josephus  bell.  I.  21.  1  mittheilt:  »Er  (Herodes  stellte  den 
Tempel  neii  her  und  schloss  um  ihn  einen  doppelt  so  grossen 
Raum,  als  der  frühere  gewesen  /(opav  t?,;  o-jarj;  oi-Xaaiav)  mit 
einer  Mauer-.  Der  Beweis  scheint  uns  von  De  Vogue  und  Rosen 
(der  Ilaram  von  Jerusalem  lSü())  vollständig  geführt.  Warhen 
(in  der  Recovery  of  Jerusalem  IS7I  nimmt  wenigstens  die  Süd- 
westecke als  Herodianisch.    ^^'er  sich  nun  die  ursprüngliche  Ge- 


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staltung  und  damit  die  Entstehung  dieses  Stadttheils  vorstellig 
maclien  will .  hat  zuerst  die  künstliche  Planirung  des  Haräm 
wegzudenken  imd  statt  derselben  einen  schmalen  Felsrücken  zu 
setzen ,  welcher  an  der  Stelle  der  Omarmoschee  einen  Höcker 
trug,  von  da  aus  in  mehrfachen  Absätzen  sich  bis  zur  Südmauer 
des  Haräm  mit  einiger  Einbiegung  gegen  Osten,  sodann  in  der 
Richtung  gegen  Süden  fortsetzte.  Für  diese  südliche  Fortsetzung 
bis  Siloah,  gegenwärtig  ausserhalb  der  Stadtmauer,  werden  -wir 
den  heutigen  Tags  üblichen  Namen  Ophel  gebraiichen^  . 

Über  die  Niveauverhältnisse  ist  zu  bemerken,  dass  das  Ter- 
rain sich  im  allgemeinen  von  Nord  nach  Süd,  von  West  nach 
Ost  neigt.  Der  Südwesthügel  Pseudo-Zion)  ist  höher  als  der 
Haräm  im  ganzen ,  auch  als  die  Stelle  der  Omarmoschee  (so- 
mit auch  des  alten  Tempels^  und  viel  höher  als  der  Ophel.  der 
Nordwesthügel  höher  als  der  Südwesthügel;  ebenso  senkt  sich 
dieser  (Pseudozion)  von  Nord  nach  Süd  und  von  AVest  nach  Ost. 
(Näheres  geben  die  besseren  neueren  Karten  und  Stadtpläne,  am 
besten  Zimmermann.) 

Indem  wir  nun  die  Frage  stellen,  auf  welchen  Theilen  dieses 
Terrains  wir  Zion,  die  Davidstadt  und  die  syrische  Akra  zu  suchen 
haben,  so  werden  Avir  für  die  Beantwortung  unter  Beobachtung 
unserer  ersten  obigen  Regel  der  Reihe  nach  und  getrennt  von 
einander  zunächst  die  kanonischen  Schriften  des  alten  Testa- 
ments, darauf  das  erste  Makkabäerbuch  und  zuletzt  erst  Josephus 
reden  lassen. 

I.  Die  kanonischen  Schriften  des  alten  Testa- 
ments. 

Wir  beginnen  mit  der  Frage :  Was  war  ursprünglich  Zion 
und  wo  lag  Zion ! 

Noch  1857  konnte  Robinson  in  seinen  Neueren  biblischen 
Forschungen  als  ein  Axiom  aufstellen,  »dass  Zion  der  südwest- 
liche Hügel  Avar  und  noch  wie  vor  Alters  gegen  Norden  in  einem 
steilen  Abfall  nach  der  Strasse,  die  vom  Jafathor  herunterläuft, 
endete.«    Aber  nur  der  ZAveite  Theil  dieses  Axioms  ist  durch  die 

r  "Wir  wissen  wohl,  dass  Ophel  beiXEiiEMiA,  sowie  Ophlüs  bei  Josephus 
nicht  diesen  ganzen  Ausläufer,  sondern  nur  eine  besondere  Lokalität  an  der 
Südostecke  des  Haräm  bedeutet. 

14* 


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neueren  Forschungen  bestätigt,  der  erste  aber  mehr  und  mehr 
angefochten  worden.  Am  gründUchsten  ist  dieses  geschehen  von 
Caspari  (evang.  Geistlicher  im  Elsass  7  1878),  Historisch  geo- 
graphische Einleitung  in  das  Leben  Jesu.    Hamburg  1869  '). 

Mit  Caspari  übereinstimmende  topographische  Auffassung 
giebt  Mexke  (Bibelatlas .  Gotha  1870).  Einen  theihveisen  Vorgän- 
ger haben  sie  gehabt  an  Olshausen  (Zur  Topographie  des  alten 
Jerusalem  1838),  welchem  aber  die  Hilfsmittel  der  neueren  For- 
schungen fehlten.  Mit  Caspari,  m  elcher  nicht  nur  dieSyrerlnirg 
der  Makkabäer  und  des  Josephus,  sondern  auch  die  von  David 
eroberte  Jebusiterburg  Zion  nicht  auf  dem  südwestlichen  Hügel, 
sondern  auf  dem  Ophel  findet,  stimmen  (von  Caspari  nicht  ge- 
kannt) theilweise  überein  Lewin  2j  ^  Tiirupp^)  und  in  neuerer  Zeit 
FuRRER  ^) .  In  den  meisten  Punkten  tritt  auch  bei  Dr.  Kies,  Dom- 
kapitnlar  in  Rottenburg  am  Neckar,  in  seiner  sorgfältigen  Ar- 
beit :  Biblische  Geographie,  Beilage  zu  dessen  liibelatlas  (Frei- 
burg 1872).  In  neuester  Zeit  bestreitet  das  Recht  des  Südwest- 
hügels auf  den  Namen  Zion  mit  Glück  Baron  v.  Altex  in  dem 
Aufsatz:  Zion,  ZDPV.  II  (1879),  p.  18—47.  Das  von  ihm  Ge- 
sagte soll  hier  nicht  wiederholt  Averden ;  wir  müssen  aber  be- 
merken, dass  wir  nicht  allem  von  ihm  Aufgestellten  zustimmen 
können.  — 

Wir  gehen  aus  von  der  Frage:  Was  wurde  ursprünglich 
unter  Zion  verstanden  ?  Wenn  in  den  prophetischen  und  poeti- 
schen Büchern  Zion  als  synonym  mit  ganz  Jerusalem  vorkommt, 
so  ist  das  theokratische ,  nicht  topographische  Rede.  Die  ur- 
sprüngliche Ik'dentung  muss  aber  die  topographische  sein.     In 

1)  Ich  bekenne' gerne,  dass  ich  meinem  verstorbenen  Freund  C.vsPAiii 
die  Lineamente  meiner  Untersuchung  verdanke.  Ich  empfehle  sein  scharf- 
sinniges und  gelehrtes  Buch  um  so  lieber  zur  Vergleichung,  als  ich  es  öfters 
stillschweigend  benützt,  aber  wenig  citirt  finde,  und  als  es  von  mir  nicht  aus- 
geschrieben werden  will.  Es  enthält  noch  mehr  auf  die  vorliegende  Frage 
Bezügliches,  was  von  mir  übergangen  ist,  als  nicht  unumgänglich  für  die  Be- 
weisführung erforderlich.  Ich  unterscheide  mich  von  ihm  ,  abgesehen  von 
Einzelheiten,  hauptsächlich  durch  den  eingehaltenen  geschichtlichen  Gang, 
welcher  sich  mir  als  allein  sicher  zum  Ziele  führend  aufgedrängt  hat. 

2)  Jerusalem  a  sketch  of  the  city  and  temple  ISdl,  und  Siege  of  Jeru- 
salem 1S()3. 

'•ij  Ancient  Jerusalem  Isö."). 

4)  Bibellexikon,  herausgeg.  von  Schenkel  111    IsTl    Art.  Jerusalem. 


193 

solcher  finden  Avir  »Zion«  innerhalb  der  kanonischen  liücher  in 
zweifacher  liezielnnig  gebraucht.  Einmal  für  den  Tempelberg, 
als  Wohnort  Gottes,  so  fei-n  er  das  Heiligthum  trug,  z.  B. 
Pf-alm  74,  2  »Gedenke  an  den  Berg  Zion,  da  du  auf  wohnest«; 
32.  13  »Der  Herr  hat  Zion  erwählt  inid  hat  Lust  darauf  zu 
wohnen«,  nämlich  im  Tempel  V.  4.  Jesaia  8,  IS  etc.  Der  Tem- 
pelberg aber  ist  der  östliche ,  nicht  der  westliche  Hügel.  Wie 
soll  man  nun  von  der  traditionellen  Voraussetzung  der  Identität 
Zion's  mit  dem  Südwesthügel  aus  sich  erklären ,  dass  mit  dem 
gleichen  Namen  ein  ganz  anderer,  durch  eine  tiefe  Schkicht  ge- 
trennter Berg  bezeichnet  wird^  Olshausex  a.  a.  O.  und  Hup- 
FELi) '  meinen,  Zion  habe  ursprünglich  die  ganze  bergige  Er- 
höhung, worauf  die  Stadt  lag,  bezeichnet.  Allein  das  ist  eben 
blosse  Vermuthung.  für  welche  jeder  Beweis  fehlt.  Denn  ob  »die 
ganze  bergige  Erhöhung«  vor  der  Zeit,  da  die  Stadt  religiöser 
Mittelpunkt  wurde  und  also  ehe  der  Tempelberg  Zion  heissen 
konnte,  einen  besonderen  Namen  führte  und  welchen  —  dafür 
fehlt  aller  und  jeder  geschichtliche  Bericht.  Vorisraelitisch  er- 
scheint Zion  bloss  als  engerer  Lokalname  der  alten  Jebusiterburg 
in  der  Beschreibung  der  Einnahme  Jerusalem's  durch  David 
Sam.  II,  5,  7.  Chron.  I.  2,  5.  7.  »David  gewann  die  Burg  Zion. 
d.  i.  Davidstadt«.  Man  sieht.  Zion  ist  vorisraelitischer  Name  für 
eine  Lokalität,  für  Avelche  später  der  andere  »Davidstadt«  im  Ge- 
brauch war.  Ein  späterer  Israelite  hätte  bei  Zion  an  die  Stelle 
des  Tempels  gedacht.  Eben  darum  setzt  der  Erzähler  zur  Er-, 
klärung  des  zu  seiner  Zeit  nicht  mehr  verständlichen  Terminus 
für  die  Jebusiterburg  hinzu:  »das  ist  Davidstadt«.  Wir  haben 
also  für  die  Bedeutung  des  Wortes  Zion  zwei  Stationen,  die  erste 
vorisraelitische,  als  Name  der  Jebusiterburg,  von  David  an  ver- 
drängt durch  die  »Davidstadt«;  die  zweite  seit  Erbauung  des  Tem- 
pels als  Bezeichnung  des  Tempelbergs ;  die  dritte  Station  bildete 
die  Ausdehnung  des  Namens  auf  die  ganze  Stadt  in  theokrati- 
schem  Sinne.    (Vergleiche  darüber  v.  Altex  a.  a.  O.i 

Über  die  Beschaffenheit  dieses  jebusitischen  Zion  erfahren 
wir  ziniächst  nur.  dass  sie  so  schwer  einzunehmen  war.  dass  die 
Jebusiter  prahlten:  »Blinde  und  Lahme  werden  dich  abtreiben«, 
und  dass  die  Einnahme  durch  Joab  als  eine  besondere  Helden- 

1)  Zeitschrift  der  deutschen  morgenl.  Gesellschaft  ISÜI,  p.  101  ff. 


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that  gerühmt  wird  Chron.  I.  2,  5.  7.  Sie  war  ohne  Zweifel  eine 
sehr  steile,  schon  von  Natur  fast  iniersteigliche  Anhöhe  und  kann 
auch  als  »Burg«  memdcii  keinen  zu  grossen  Umfang  gehabt  ha- 
ben. Beides  passt  nicht  auf  den  Südwesthügel.  Denn  dieser  ist 
wohl  auch  steil .  aber  von  ihm  zu  sagen :  » Blinde  und  Lahme 
werden  dich  abtreiben«,  wäre  doch  nur  eine  sinnlose  Prahlerei 
gewesen,  und  für  eine  kleine  Burg  war  diese  Raiimfläche  viel  zu 
umfassend. 

Eine  Handhabe  zur  Bestimmtmg  der  Lage  der  Jebnsiterburg 
wird  sodann  gegeben  durch  die  weitere  Notiz :  «David  wohnete 
in  der  ]iurg  und  hiess  sie  Davidstadt  und  bauete  nmher  von  Millo 
und  inwendig.«  In  dieser  seiner  Residenz  bauete  er  sich  selbst 
einen  Palast,  brachte  die  Bundeslade  dorthin  und  errichtete  für 
diese  ein  Zelt.  Sam.  II,  6.  7.  Dass  nun  auch  der  Name  «David- 
stadt« Lokalname  ist,  ist  fast  allgemein  zugestanden;  die  schon 
angeführten  sowie  die  folgenden  Stellen  sprechen  allzu  deutlich. 
Kön.  I,  8,  l,  wird  erzählt,  dass  Salomo  »die  Tochter  Pharao's  in 
die  Stadt  David's  brachte,  bis  er  bauete  sein  Haus  und  des  Herrn 
Haus«  u.  s.  w.  Ebenso  lesen  wir,  dass  Salomo  neben  andern  Be- 
festigungen, da  er  Millo  baute,  auch  die  »Brüche  der  Stadt  Da- 
vid's« ausbesserte  Kön.  I.  11.  27,  wie  auch  Hiskia  neben  andern 
Mauerbauten  »Millo  an  der  Stadt  David's«  befestigte  Chron.  II, 
32,  5.  Mag  Millo  sein,  was  es  will,  jedenfalls  kann  die  David- 
stadt nur  eine  bestimmte  Lokalität,  nicht  das  ganze  Jerusalem 
bezeichnen.  Die  oftmals  wiederholte  Notiz,  »er  wurde  begraben 
in  der  Stadt  David's«,  und  die  Angabe  des  Nehemia  3.  15.  10. 
12,  37),  »die  Stufen,  die  herabgehen  von  der  Stadt  David's«,  und 
»die  Gräber  David's«  reden  so  deutlich,  dass  die  Einwendung  Le- 
win's  und  DE  Saulcy's,  welche  letzterer  seiner  Hypothese  von 
der  Identität  der  alten  Königsgräber  mit  den  im  Norden  vom 
heutigen  Jerusalem  'gelegenen  sog.  Königsgräbern  zu  lieb)  be- 
haupten, der  Ausdruck  »er  wurde  begraben  in  der  Stadt  David's« 
sei  so  viel  als :  er  wurde  begraben  bei  Jerusalem,  nicht  in  Be- 
tracht kommt. 

Wenn  de  Saulcy  die  Aussage  des  Nehemia,  dass  die  Grä- 
ber eben  in  der  Stadt  David's  gewesen,  zu  beseitigen  sucht  durch 
die  Hin  Weisung  auf  die  Unverständlichkeit  des  Berichts,  so 
könnte  die  Schuld  eher  an  ihm,  nicht  an  Nehemia  liegen.  ])ie 
weitere  Instanz  Lewik's  und  de  Saulcy's,  dass,   wenn  die  Kö- 


195 

nigsgrilhcr  in  der  Stadt  gewesen  wären,  die  Anwohner  sicli  in 
perpetuirlicher  levitischer  Unreinheit  hefnnden  hahen  würden, 
will  in  der  That  nichts  besagen.  Nahm  der  Jnde  Nehemia  keinen 
Anstoss  daran,  so  können  wir  uns  anch  beruhigen ;  liegt  doch 
anf  der  liand.  dass,  wenn  man  die  Grilber  nicht  unmittelbar  be- 
rührte, was  Avohl  nicht  das  Alltägliche  gewesen  sein  Mird.  man 
auch  nicht  dadurch  verunreinigt  Aviirdc.  Lewin  meint  sogar,  in 
Kön.  I,  S,  1  »aus  der  Stadt  David's  das  ist  Zion«  sei  der  erklä- 
rende Zusatz  »das  ist  Zion«  die  Glosse  eines  späteren  Interpreten, 
der  nicht  mehr  verstanden  habe ,  dass  in  der  früheren  Stelle 
Sam.  II,  5.  7.  mit  Zion  ganz  Jerusalem  gemeint  sei  —  das  offen- 
barste, wenn  auch  unfreiwillige  Geständniss,  dass  im  Sinne  der 
biblischen  Geschichtsschreiber  die  Davidstadt  ursprünglich  eine 
Lokalbezeichnung  ist  \i . 

Wo  aber  lag  nun  dieser  Stadttheil  Jerusalem's,  mit  welchem 
selbstverständlich  das  Haus  David's  und  die  Gräber  David's  so 
ziisammen  gehören,  dass,  wo  das  eine  gelegen  hat,  auch  die  an- 
dern sich  befunden  haben  müssen  ?  Mehrere  Andeutungen  lassen 
dafür  nicht  an  den  westlichen ,    sondern  nur  an  den   östlichen 

1)  Was  Lewin,  the  Siege  p.  240  fF.  vorbringt,  ist  für  den  weiteren  Ge- 
brauch des  Namens  »Stadt  David's«  =  ganz  Jerusalem  durchaus  nicht  bewei- 
send. Unbegreiflich  ist,  wie  er  Chron.  I,  9,  7  anführen  kann:  »David  wohnte 
in  der  Burg,  darum  nannte  man  sie  Davidstadt«  —  wo  gerade  das  Gegentheil 
steht.  Es  ist  freilich  darin  eingeschlossen,  dass  er  seinen  "Wohnsitz  von  He- 
bron nach  Jerusalem  verlegte,  aber  dass  die  »Davidstadt«  so  viel  wie  ganz  Jeru- 
salem sei,  ist  durch  nichts  angedeutet.  "Wenn  Chron.  II,  28,  27  erzählt  wird  : 
»Ahas  wurde  begraben  in  der  Stadt  in  Jerusalem«,  so  zeigt  eben  der  Beisatz  : 
»denn  sie  brachten  ihn  nicht  in  die  Gräber  der  Könige«,  dass  das  »in  der  Stadt« 
eben  nicht  die  Stadt  David's,  sondern  eine  andere  Lokalität  bezeichnet.  Frei- 
lich geben  die  LXX  »Davidstadt«  und  lassen  »in  Jerusalem«  weg.  Wie  unpas- 
send aber  diese  Änderung  ist,  zeigt  der  auch  bei  den  LXX  sich  befindende, 
aber  zu  ihrem  Text  nicht  stimmende  Erklärungsbeisatz,  dass  er  nicht  in  die 
Gräber  der  Könige  Israel's  gebracht  wurde.  Die  LXX  haben  sich  wohl  durch 
die  Parallele  Kön.  I,  16,  20  leiten  lassen  ,  welche  im  Widerspruch  mit  der 
Chronik  berichtet,  dass  Ahas  in  der  Stadt  David's  begraben  worden  sei.  — 
Wenn  Chron.  IL  25,  2S  berichtet  Avird:  »sie  begruben  den  Amazia  in  der 
Stadt  Juda's«,  so  ist  freilich  Jerusalem  gemeint,  aber  die  »Davidstadt«  gar  nicht 
genannt.  Die  LXX  setzen  »Davidstadt«  offenbar  als  Interpretament  des  un- 
gewöhnlichen Ausdrucks  »Stadt  Juda's«,  wie  uns  scheint  geleitet  durch 
Kön.  II,  14,  20:  »in  Jerusalem  bei  seinen  Vätern  in  der  Stadt  David's«,  was 
nicht  zwecklose  Tautologie,  sondern  Unterscheidung  des  Besondern  vom  All- 
gemeinen sein  wird. 


196 

Hügel  denken.     Bei  der  Geschichte  der  Volkszähkiiig  und  der 

Pest  Sam.  II,  24,  18.  19  wird  erzählt: »und  Gad  kam  zu  David 

und  sprach  zu  ihm,  gehe  hinauf  und  richte  dem  Herrn  einen 
Altar  zu  in  der  Tenne  Arafna's  des  Jebusiters.  Und  David  ging 
hinauf  wie  Gad  gesagt  hatte.«  Als  der  Ort,  von  dem  David 
ausging,  ist  ohne  Zweifel  sein  Palast  in  der  Davidstadt  zu  den- 
ken. Da  aber  auf  der  Tenne  des  Arafna  der  s])ätere  Tempel  stand 
(Chron.  II,  3,  1),  s'o  folgt,  dass  Haus  und  Stadt  David's  nicht  auf 
dem  Südwesthügel  gelegen  sein  konnten,  weil  letzterer  höher  ist 
als  die  Tempelfläche,  folglich  David  von  jenem  zu  dieser  nicht 
hinauf,  sondern  hinab  hätte  gehen  müssen.  Ebenso  finden 
wir  dass  Kön.  I.  8,  1 — 4  Salomo  die  Bundeslade  aus  dem  Zelte 
in  der  Davidstadt  in  den  Tempel  »hinaufbringen«  Hess. 
Ferner  nach  Kön.  I,  3,  i.  hatte  die  Tochter  Pharao's,  Salomo's 
Gattin,  zuerst  ihren  Sitz  in  der  Stadt  David" s,  »bis  er  ausbauete 
sein  Haus  und  des  Herren  Haus«.  Kön.  I,  9,  24  wird  dann  er- 
zählt, dass  die  Tochter  Pharao's  heraufzog  aus  der  Stadt  Da- 
vid's in  das  Haus,  das  er  für  sie  erbauet  hatte,  ohne  Zweifel  eine 
Abtheilung  des  salomonischen  Palastes.  Daraus  folgt,  dass  der 
Palast  Salomo's  nicht  in  der  Davidstadt,  und  dass  er  höher  lag, 
als  die  Davidstadt.  Daher  kommen  diejenigen  Erklärer  in  Yei- 
legenheit.  Avelche,  indem  sie  die  Davidstadt  mit  dem  Südwest- 
hügel identificiren,  zugleich  den  salomonischen  Palast  auf  den- 
selben verlegen.  Denn  dann  müsste  der  letztere  ja  in  der  Stadt 
David's  gelegen  haben  und  könnte  die  Aegypterin  nicht  aus  der 
Stadt  David's  in  den  salomonischen  Palast  gezogen  sein.  The- 
Nius^;  übersieht  diese  Schwierigkeit,  indem  er  schreibt:  »sie  zog 
aus  dem  Hause  David's  hinauf«,  Tind  nun  das  Haus  David's  auf 
eine  niedrigere  Stelle  des  Südwesthügels  versetzt.  Allein  in 
sämtlichen  Textesstellen  heisst  es  »aus  der  Stadt  David's«,  nicht 
»aus  dem  Hause  David's«.  Um  dieser  Schwierigkeit  zu  entgehen, 
müsste  man  annehmen,  nur  ein  Theil  Tind  zwar  der  niedriger  ge- 
legene des  Südwesthügels  habe  den  Namen  Davidstadt  getragen. 
Das  ist  aber,  abgesehen  von  dem  Mangel  jeglicher  Andeutung  in 
den  Quellen,  an  sich  gewiss  nicht  Avahrscheinlich .  Wäre  die 
Davidstadt,  als  ixrsprünglich  identisch  mit  der  Jcbusiterburg, 
ancli  identisch  mit  dem  Südwesthügel  gewesen,  so  sieht  man  gar 

],    Die  Bücher  der  Könige  erklärt  -,  ]).  'lö. 


197 


uiclit  ein.  Avie  sieh  der  Name  »Davidstadt«  auf  einen  Tlieil  dieses 
Hügels  und  zwar  auf  den  niedrigeren,  statt  auf  den  höheren  und 
also  festeren  sollte  fixirt  haben. 

Nun  kann  aber  auch  der  Palast  Salorao's  unmöglich  auf  dem 
Südwesthügel  gelegen  haben.  Denn  Jeremia  22,  1  lesen  Avir  •. 
»Gehe  hinab  in  das  Haus  des  Königs  von  Juda«.  Wie  konnte 
man  zu  demselben  hinab  gehen,  wenn  er  auf  dem  höchst  gele- 
genen Theil  der  Stadt  lag  ^  Jeremia  26,  10  wird  berichtet :  »Da 
solches  höreten  die  Fürsten  Juda's,  gingen  sie  aus  des  Königs 
Hause  hinauf  in  das  Haus  des  Herrn«.  Jeremia  36,  10  — 12 
heisst  es:  »Baruch  las  —  in  des  Herrn  Haus.  Da  nun  Michaja 
alle  Keden  des  Herrn  gehört  hatte  in  dem  Buche,  ging  er  hinab 
in  des  Königs  Haus.«  Kön.  H,  11.  19  wird  nach  der  Tödtung  der 
Athalia  der  junge  Joas  aus  dem  Heiligthum  hinab  geführt  in 
des  Königs  Haus ;  beigesetzt  Avird  •  »Und  er  setzte  sich  auf  der 
Könige  Stuhl«  —  was  jeden  Zweifel,  ob  auch  die  eigentliche  Re- 
sidenz gemeint  sei,  beseitigt.  Alle  diese  aus  den  Niveauverhält- 
nissen der  Stadtfläche  genommenen  Andeutungen  machen  es  un- 
möglich, den  salomonischen  Palast  auf  dem  Südwesthügel  zu 
suchen ;  seine  Lokalität  muss  niedriger  als  der  letztere,  sie  muss 
forner  niedriger  als  der  Tempel ,  wiederum  aber  höher  als  die 
Davidstadt,  aus  welcher  die  Aegypterin  heraufzog,  gelegen  haben. 

Unseres  Wissens  hat  sich  dieses  Argument  aus  den  Niveau- 
verhältnissen zuerst  Olshausen  a.  a.  O.  aufgedrängt  und  ist  in 
neuerer  Zeit  besonders  von  Lewin,  auch  von  Furrer,  Diestel  ^], 
sowie  hie  und  da  von  anderen  benützt,  aber  von  keinem  voll- 
ständig durchgeführt  worden.  Olshausex  hat  sich  dasselbe  aus 
nicht  stichhaltigen  Selbsteinwendungen  wieder  entschlüpfen  las- 
sen. Er  wendet  ein,  1  der  Tempel  lag  nach  Josephüs  niedriger 
als  die  Akra.  Davon  später  bei  Josephus  ;  unserer  Überzeugung 
nach  hängt  die  Lösung  des  uns  beschäftigenden  Problems  ganz 
vorzüglich  von  der  Auseinanderhaltung  der  ]')erichte  aus  ver- 
schiedenen Zeiten  ab.  Voreilige  Combinirung  der  Angaben  des 
Josephus  mit  denen  des  alten  Testaments  ist  ganz  wesentlich 
Ursache  der  ^'erwirrung  gewesen.  2)  Tempel-  und  ])alastähn- 
liche  Wohnungen  wurden  als  erhabnere  Plätze  angesehen,  ohne 
eigentlich  physisch  höher  zu  liegen.    Das  kann  in  dieser  Allge- 

1)  S.  Herzogs  Realeacyclopädie  XI 11,  ]>.  :v.\ö. 


19S 

meinheit  doch  nicht  gesagt  werden,  sondern  zu  Grunde  wird  im- 
mer das  natiirHche  Niveau  liegen,  wenn  von  Hinauf-  und  Hin- 
abgehen die  Rede  ist.  Man  denke  sich  die  Sache  einmal  in 
concreto.  Z.  H.  in  Stuttgart  wird  man  immer  vom  Schlosse  zum 
Bollwerk  hinauf-  und  umgekehrt  hinabgehen,  obwohl  das  Schloss 
eine  »palastähnliche  Wohnung«  ist.  Ferner  trug  die  Tenne  Araf- 
na's  zu  David's  Zeit  weder  den  Tempel  noch  ein  palastähnliches 
Gebäude;  hier  also  lag  das  »hinauf«  blos  im  physischen  Ver- 
hältniss , 

Es  ist  richtig,  dass,  wenn  zwischen  dem  Ausgangs-  und  End- 
punkt der  Bewegung  eine  Vertiefung  liegt,  auch  von  dem  an  sich 
tiefer  liegenden  Endpunkt  gesagt  werden  kann,  man  gehe  zu  ihm 
hinauf,   so  ferne  der  Redende  sich  in  Gedanken  in  die  dazwi- 
schen liegende  Vertiefung  stellt.    Das  gilt  aber  nur,   wenn  der 
Ausgangspunkt  nicht  genannt  ist.  In  den  oben  genannten  Stellen 
aber  ist  der  Ausgangspunkt  genannt,     muss  also    als  niedriger 
denn  der  gleichfalls  genannte  Endpunkt  genommen  werden.  Man 
darf  daher  nicht  interpretiren,  Avie  z.  B.  bei  Riehm.  Bibl.  Hand- 
wörterbuch p.  684  geschieht:   »AVir  lesen,  dass  die  Tochter  Plia- 
rao's  sei  heraufgezogen,   nämlich  aus  dem  Tyropöon«,  viel- 
mehr ist  ja  der  Ausgangspunkt  ausdrücklich  genannt :  »aus  der 
Stadt  David's«.    In  Betreif  des  Königshauses  und  des  Tempels 
aber  heisst  es   nicht  nur :   » aus  dem  Königshause  zum  Tempel 
hinauf«,    sondern  auch  umgekehrt:   »vom  Tempel  zum  Königs- 
hause hinab«.    Damit  ist  also  der  Endpunkt  ausdrücklich  als  der 
niedrigere  bezeichnet.    So  erledigt  sich  auch  das,   was  Gatt  in 
der  Zeitschrift  Das  heilige  Land,   Organ  des  A'ereins  zum  heil. 
Grabe  1874,  Heft  5  einwendet:  »Vom  Sion  'Südwesthügell  musste 
man  zuerst  in  das  Tyropöon  hinab  imd  darauf  den  Moria  hinauf- 
steigen; alle  Welt  sagt  z.  B.  auf  den  Brenner  hinaufsteigen,  a\icli 
wenn  man  von  einem  Orte  ausgeht,  der  höher  liegt  als  der  Bren- 
ner«.   Das  kann  wohl  einmal  der  Fall  sein,   indem  man  über- 
haupt zum  Brenner  hinaufgeht;   wer  aber  zum  Brenner  hinab- 
geht,  der  muss  doch  von  einem  Orte  ausgehen ,   welcher  höher 
liegt  als  der  Brenner.    Wer  vom  Tempel  zum  Königshause  (NB. 
beide    sind    im   Contexte    ausdrücklich    genannt     hinab    ging, 
konnte  nicht    den  Südwesthügel  als    die   (angebliche)   Lokalität 
des  Königshauses  hinauf  gehen  —  eben  weil,  wie  Gatt  a.a  O. 
]).  117   selber  sagt  »es  eino  nulousjbaro  Thatsache  ist,    dass  der 


199 

traditionelle  Sioii  höher  ist,  als  der  traditionelle  Moria ;  ist  auch 
der  Unterschied  nicht  gross .  so  kann  man  denselhen  doch  mit 
Leichtigkeit  beim  blossen  Anblick  bemerken«,  und  mxisste  der 
Unterschied,  fügen  wir  hinzu,  in  der  alten  Zeit,  avo  das  trennende 
Tyropöon  viel  tiefer  und  schroffer  eingeschnitten  war,  noch  viel 
stärker  ins  Auge  fallen  als  heut  zu  Tage. 

Direkte  Zeugnisse  über  die  Lage  des  königlichen  Palastes 
finden  sich  ausser  Nehemia,  s.  unten)  im  alten  Testamente  nicht. 
Was  für  die  Versetzung  desselben  auf  den  Südwesthügel,    auf 
dessen  dem  Tempel  gegenüberliegende  Nordostecke  geltend  ge- 
macht wird,    ist    hauptsächlich  Folgendes:    1)  Die  Hasmonäer 
werden  wohl  für  ihren  an  jener  »Stelle  gelegenen  Palast  die  noch 
vorhandenen  Grundlagen  des  ehemaligen  salomonischen  benützt 
haben.    Allein,  das  ist  eine  blosse  Vermuthung,  somit  ohne  ]^e- 
weiskraft  (vergleiche  darüber  auch  von  Alten  a.  a.  O.  p.  40. — 
2)  FuRRER  a.  a.  O.  p.  222  und  223,  welcher  im  übrigen  die  David- 
stadt auf  dem  Ophel  findet,   schliesst   ans    den  Niveauverhält- 
nissen:   »Dass    der   salomonische  Palast   nicht    auf  Zion    nach 
Ftjrrer  der  ganze  östliche  Rücken ;  stand ,  sondern  eine  höhere 
Lage  hatte,  geht  aus  l.  Kön.  9,  24  hervor:   «Die  Tochter  Pha- 
rao's  stieg  herauf  von  der  Stadt  David's  in  das  Haus,  welches  ihr 
Salomo  gebaut  hatte.«   Allein  es  heisst  eben  nicht  »sie  stieg  her- 
auf aus  Zion«,   so  dass  dieser   (nach  Furrer  der  ganze  Ost- 
rücken) verlassen  worden  wäre,  sondern  »aus  der  Stadt  David's«, 
von  welcher  wir  zunächst  aus  dem  Texte  durchaus  nicht  wissen, 
wie  weit  gegen  Norden  auf  diesem  Ostrücken  sie  sich  erstreckte. 
Aus  der  Stelle  folgt  also  gar  nicht ,   dass  das  Haus ,  wohin  die 
Königin  kam ,   auf  dem   Südwesthügel ,    sondern   nur .    dass   es 
ausserhalb  der  Davidstadt  und  höher  als  diese  lag  —  mus  auch 
auf  dem  Ostrücken  der  Fall  sein  konnte.    Wenn  Furreh  a.  a.  O. 
p.  231  sagt :  »Die  Unterstufe  der  Oberstadt  ist  an  ihrem  Ostsaum 
niedriger,  als  die  Plattform  der  Omarmoschee  [2  129  zu  2440  engl. 
Fuss  «,  so  gilt  das  eben  nur  vom  Saum.    Abgesehen  aber  davon, 
dass  nach  Flrrer  hier  die  später  abgetragene  syrische  Akra  ge- 
legen haben  soll,   dass  also  dieser  Saum  früher  höher  gewesen 
sein  müsste,  als  er  gegenwärtig  ist ,  so  lag  doch  der  umfassende 
Palast  Salomo's  gewiss  nicht  auf  diesem  Saume,  sondern,  wenn 
überhaupt  auf  dem  Südwesthügel,  höher  hinauf,  nach  Furrer  an 
der  Stelle  des  hasmonäischen  Palastes .  uacb  dem  FuRRER'schen 


200 

Stadtplane  ^]  höher  als  die  Plattform  der  Omarmoschee.  Von 
dort  aus  eben .  sagt  Josephus  ,  weil  er  » avif  hohem  Orte «  war, 
habe  Agrippa  alles  in  dem  Tempel  Vorgehende  überschauen 
können.  Avas  die  Juden  zur  Errichtung  einer  diese  tbersicht  hin- 
dernden Mauer  auf  dem  Tempelplatze  veranlasste.  Antiq.  XX, 
8,  11.  —  3)  Sehr  häufig  findet  man  schon  von  Krafft,  auch 
Thenids  und  Keil  zu  Kön.  I,  7,  12  und  zvi  Neh.  3,  24,  von 
FuRRER  und  Anderen  (auch  in  Riehm's  Handwörterbuch  p.  684) 
argumentirt  aus  den  Worten  des  Josephus  Antiq.  VIII,  5,  2 
avTupuc  £X«>'''  vaov,  da  werde  ja  »ausdrücklich  gesagt,  der  salo- 
monische Palast  habe  dem  Tempel  gegenübergelegen«  —  also  auf 
dem  Südwesthügel.  Diese  oft  gelesene  l^ehauptung  über  die 
ausdrückliche  Angabe  des  Josephus  ist  trotz  des  griechischen 
C'itates  total  unrichtig  und  kann  nur  als  eine  jener  Ungeheuer- 
lichkeiten bezeichnet  werden,  wie  sie  sich  hie  und  da  in  der  Ge- 
lehrtenwelt per  traditionem  fortpflanzen,  aber  in  ihr  Nichts  ver- 
schwinden, sobald  man.  etwas  skeptisch  gegen  Citate  geworden, 
solche  im  Original  vergleicht.  Wo  steht  denn  bei  Josephus  a,  a. 
O.  etwas  von  dem  Tempel^  Wo  etwas  von  »liegen«?  Viel- 
mehr redet  er  von  einem  vaoc  ohne  Artikel  ,  d.  h.  von  einer 
»Halle« 2)  und  von  einem  haben,  nicht  von  einem  liegen, 
d.  h.  Josephus  denkt  nicht  im  entferntesten  an  eine  topographi- 
sche Lage  des  l'alastes  im  A  erhältniss  zu  einem  andern  Stadt- 
theil.  sondern  an  eine  Ijokalität  innerhalb  des  Palastes  selber. 
Man  lese  nur  die  Worte  des  Josephus  im  Zusammenhang.  Er 
beschreibt  den  salomonischen  Palast,  indem  er  Kön.  I,  7  vor 
Augen  hat.  Dabei  geht  er  dem  Urtext  folgend  vgl.  Thenhis  zu 
d.  Stelle,  von  aussen  nach  innen.  Zuerst  beschreibt  er  den  vor- 
deren Theil  des  Palastes,  parallel  zu  Kön.  I,  7,  1 — 5.  Darauf 
fährt  er  fort:  sTspcic  os  oixoc  r^v  sv  [xsaoi  xcttot  oAou  toü  TrAatouc  te- 
T7.Y!J-£voi,  TSTpa-j'cuvo;.  sopo:  izr^yßyj  TO'.ctxovra,  avrr/pu;  iywv  vaov, 
-T/i-Ji  ar-JÄou  avaTSTaixsvov  r^v  ok  iv  «ut(o  l^iopa  ma-[jz~r^c,  ev  f| 
y.alisl^oixivoc  o  ßaa'.Äsu;  IxpiVcV.  Das  ist  die  fast  wörtliche  Über- 
setzimg  von  Kön.I.  7,  6.  7.  »lUnd  die  Säulenhalle  iD"'"I^')25ri  ob^X) 
machte  er  50  Ellen  ihre  Länge  imd  30  Ellen  ihre  lireite  und 
eine  Halle  (ob'iX    vor  derselben  und  Säulen  mid  Schwellen  vor 

1  Hibellexikon  III,  Beilage. 

2  So  richtig  schon  Lewin,  the  Siege  of  Jerusalem  p.262,  doch  hier  ohne 
weitere  Begründung. 


201 

denselben  und  die  Thronhalle,  woselhst  er  richtete ;  die  Gerichts- 
halle i'JEir'En  □b'^St)  i^edeckt  mit  Cedern.«  Man  sieht.  Josephus 
hat  übMü.  (o Halle«)  das  eine  Mal  mit  vao; ,  das  andere  Mal  mit 
E^EÖpa  übersetzt.  Der  vao?  ist  also  eine  Lokalität  innerhalb  der 
zweiten  Abtheilnniy  des  Gesammtpalastes.  Wie  Avenig  dabei  Jo- 
sephus an  eine  topographische  Bestimmung  gedacht  hat,  zeigt 
zum  Lberfinss  der  Beisatz  -a/svi  stuXoi;  avaTizaaivov ,  »durch 
dicke  Säulen  getragen«. '  Auf  eine  Lokalität  jener  Abtheilung 
des  salomonischen  Palastes  konnte  das  Wort  um  so  eher  über- 
tragen werden ,  als  sie  die  s^sopa  in  sich  schloss .  wo  der  König 
als  Richter,  somit  als  Stellvertreter  Gottes  fungirte.  Damit 
glauben  Avir  dieses  wunderbarliche  Argument  für  immer  beseitigt 
zu  haben. 

Nach  unserer  obigen  Schlussfolgerung  haben  Avir  also  eine 
dreifache  Abstufung  von  oben  nach  unten :  den  Platz  des  Tem- 
pels, den  des  salomonischen  Palastes,  und  durch  diesen  begrenzt 
die  Stadt  David' s.  Diese  Abstufung  Aveist  uns  Aom  Tempel  aus 
nicht  nach  Norden  —  denn  dorthin  geht  es  von  dem  Tempelplatz 
zur  Antonia  anfAvärts  -)  — .  vielmehr  Averden  Avir  auf  die  Südseite 
gewiesen. 

Dabei  Avird  sich  durch  eine  Aveitere  sehr  natürliche  Combi- 
nation  nacliAveisen  lassen,  dass  der  salomonische  Palast,  Avie  süd- 
lich vom  Tempel,  so  doch  in  der  Nähe  desselben  —  also  Avie  Avir 
aus  allem  schliessen,  auf  einem  ehemals  vorhandenen  niedrigeren 
Absatz  des  heutigen  Haräm  —  und  gegen  Osten ,  in  der  Rich- 
tung aiif  den  Kidron  zu,  gelegen  haben  muss.  Wir  finden  näm- 
lich Nehem.  3,  25  vergl.  Aveiter  unten)  auf  der  Ostseite  der 
Stadt  erAvähnt  ))einen  Thurm.  der  herausgeht  von  dem  oberen 
Könio:shause « ,  mit  dem  Beisatz  miüisn  iSJnb  "it'X  =  »im  Hofe 

O  T      T      -     ~  -      -:  ~  •-•     -; 

1)  Den  nicht  klassischen  Gebrauch  des  Wortes  vao?  hat  JosEPHUs  von 
den  LXX.  Diese  brauchen  vao;  häufig  für  ^="r7.  —  so  für  das  AUerheiligste 
r^'Zt^  br'^n,  Kön.  I,  6,  35.  7,  50;  dann  wo  ^="17.  den  Tempel  überhaiii)t  be- 
zeichnet, Jeu  24,  1  ;  Ps.  5,  8;  Chron.  II,  3,  IS;  auch  von  dem  Heiligthum 
in  Silo  Sam.  I,  3,  3  und  A'on  dem  Himmel  als  Wohnung  Gottes  Ps.  11,4.  IS, 7  ; 
sodann  vom  Palaste  des  Königs  Ps.  45,  1(5:  r^-z  hz-Ti  vvö;  ßaai/.eio;  ,  und 
Dan.  4,  2(5  :  sr^rb-?  br-^n  br  ir.l  tw  v/w  tt,;  :yj.z0.zi.ai  7'jtoj.  In  Kön.  I, 
7,  7  behalten  die  LXX  cbflx  (aEXa;^.  bei,  Avie  auch  anderSA^'o,  z.  B.  EzEcn.  4(). 
41  passim.  Dagegen  Chron.  II,  8,  12.  15,  8.  29,  7.  17  übersetzen  sie  cbj^if. 
mit  vaö?. 

2)  Vgl.  das  Nivellement  der  Umgebung  der  Antonia  bei  VON  ALTEN 
ZDPV.  I,  Tafel  VI,  ls78. 


202 

des   Gefängnisses«.     Der  Beisatz   beAveist,   dass  wir    unter   dem 
Hause  des  Königs  die  eigentliche  Residenz,  nicht,  -wie  Bertheau 
zu  dieser  Stelle  müI,  irgend  ein  Regierungsgebäude  zu  verstehen 
haben;  denn  Jerem.  32,  2  lesen  wir.  dass  der  Prophet  gefangen 
war  rn^T^"!  1\b)2  n-»?  -im  nntaiab  nsrnn,   »im  Hofe    des  Gefäng- 
nisses im  Hause  des  Königs  von  Judau.   Wir  erfahren  ferner  aus 
Kön.  I.  10,    16.  21.  14,  16,   dass  im   salomonischen   Palast   die 
goldenen  Schilde  und  andere  Kostbarkeiten  auflicAvahrt  wurden, 
wie  auch  Jes.  22 ,  8  von  einer  Rüstkammer  [nesc/iek]  im  Hause 
des  Waldes    "l^DJl  n"^3  pTT;;   redet.     Ist  es  nicht  natürlich  .  mit 
dieser  Rüstkammer  [neschek]  die  Stufen  des  «Rüsthauses«  Piib^'ö. 
'^i:iT\  —  wiederum  der  Ausdruck  tiescheh  —  welche  nach  Neu. 
3.   19  auf  der   Ostseite   sich   befanden,   zu  combiniren?    Wenn 
Thexius  zu  Kön.  I,  7,  2  und  Ewald  (Geschichte   des  Volkes 
Israel  2 III,  p.  341)  ein  doppeltes  »Rüsthaus«  annehmen,  und  zwar 
der  erstere  ein  zweifaches  auf  dem  Südwesthügel,  der  zweite  eines 
auf  diesem  und  ein  ZAveites  auf  dem  Ophel ,  so  Verstössen  sie  da- 
mit  gegen    das  Gesetz    der   Sparsamkeit,    welches  bei  solchen 
solennen  geschichtlichen  Bezeichnungen  wie   neschek  ohne    die 
dringendste  Noth  Vervielfältigung  verbietet.  Für  die  gefundene 
Lage  des  salomonischen  Palastes  spricht  ferner  die  schon  berührte 
Geschichte  der  Athalja;   diese  wurde   getödtet  Kön.  II,  11,  16. 
Chron.  II,  23,   15  tjb/Gn   iT^n   D'^p^GH    S"a)3   tj"!"!,    »am  Weg  des 
Kommens  der  Pferde  in  das  Haus  des  Königs«,  und  nach  V.  20 
»in   dem  Hause  des  Königs«,    d.  h.  in   seiner  Umgebimg   (wie 
richtig  Thenius)  .     Nun  findet  sich  Neh.  3,  28  »ein  Rossthor« 
D'^010    "Wt     Dieses  »Rossthor«  will  Thexius  (und  ihm  folgend 
Keil.  .  weil  er  den  Palast  Salomo's  auf  den  Südwesthüi^el  ver- 
legt,  zu  einem  i  n  n  e  r  s  t  ä  d  t  i  s  c  h  e  n  Thore ,  zwischen  dem  Süd- 
westhügel und  Moria,  machen  —  eine  pure  Unmöglichkeit,  wenn 
Neh.  3,  26  von  einem  Wasserthor  gegen  Morgen  am  Ophel 
die  Rede  ist.  und  man  im  V.  29  sich  wiederum  an  einem  Ost- 
thore.   niTTSn  "'yü.  d.h.  an  einem  auf  der  Ostseite  der  Stadt  ge- 
legenen Thore.  überhaupt  mit  der  ganzen  Umgebung  der  VV.  2S. 
29  auf  der  Ostseite  des  Tempels  befindet  und  endlich  bei  Jerem. 
31,  40  liest:  »Bis  an  den  Bach  Kidron,  bis  zur  Ecke  am  Rossthor 
gegen  Morgen,   soll  dem  Hen-n  heilig  sein«  (D*^C^D  *i?t[J  PSB  13? 
rr^TlSri; .  Mit  uns  stimmt  hier  auch  Bertheau  überein.  Die  nächst- 
liegende Annahme  wird  mm  immer  die  sein,   dass  das  Rossthor 


203 

seinen  Namen  daher  hatte,  dass  es  der  nächste  Weg  znm  könig- 
lichen Marstall  war.  Jedenfalls  hat  Joskpuüs  die  Sache  so  aufge- 
fasst  Antiq.  IX.  7.  :^.  Er  verlegt  die  Todtung  der  Athalja  an  den 
Kidron:  »Joas  befahl  sie  in  das  Kidronthal  hinabzuführen  und  dort 
zn  tödten«.  und  fährt  dann  fort:  »Sie  führten  sie  zum  Ihore  der 
königlichen  Maulthiere  -uh-q  ttov  f^ixiovojv  toü  ßaaiAsw;)  und 
tödteten  sie  daselbst.«  Die  Angabe  Kon.  II.  11.  20.  die  Athalja 
sei  im  Hause  des  Königs  getödtet  worden,  mid  die  des  Josephus, 
dass  sie  in  den  Kidron  hinabgeführt  worden  sei,  wird  sich  wohl 
vereinigen  lassen,  da  die  erste  so  viel  ist,  als  in  der  Umgebung 
des  Königshauses,  und  Josephus  nicht  sagt,  sie  sei  in  die  unter- 
ste Tiefe  des  Kidron  hinabgeführt  worden.  Jedenfalls  ist  deut- 
lich, dass  Josephus  den  ))\yeg  des  Kommens  der  Kosse  zum 
Königshause«  mit  dem  »Thor  der  Maulthiere«  ^=  »Kossthor«)  und 
die  Tödtung  der  Athalja  in  der  Umgebimg  des  Königshauses  mit 
dem  Kidron  nur  dann  combiniren  oder  richtiger  das  eine  für  das 
andere  setzen  konnte,  wenn  nach  seiner  Auffassung  die  königl. 
Residenz  nicht  auf  dem  Südwesthügel,  westlich  vom  Tyropöon. 
sondern  irgendwo  auf  dem  östlichen  Hügel  und  gegen  den  Ki- 
dron hin .  ohne  Zweifel  auf  der  Südseite  des  Tempels  und  zAvar 
in  der  Nähe  des  Rossthore?  gelegen  war. 

Kehren  wir  zu  der  Stadt  Davids  und  dem  Hause  David's 
zurück,  so  finden  wir  dieselben  erwähnt  bei  Nehemia  in  der  Be- 
schreibung des  Mauerbaues  und  des  Chorumgangs  3.  12.  Vorher 
2j  13 — 16  beschreibt  Nehemia  seinen  ersten  nächtlichen  Umritt 
um  die  Stadt.  Über  den  Ausgangspunkt  desselben,  das  Thal- 
thor, können  bloss  Vermuthungen  aufgestellt  werden.  Sicher  ist 
ziuiächst  nur.  dass  Nehemia  von  Westen  herkommt,  an  der  Süd- 
seite der  Stadt  herum  und  von  Süd  nach  Nord  durch  den  Kidron 
ibnss  ,  Luther  :  ))]>ach«j  hinaufgeht.  Einen  festen  Anhaltspunkt 
bietet  in  dieser  Eoute  das  »Quellthor«  ''t'^S'T\  "i^TÖ  .  welches  bei  der 
Siloahquelle,  von  welcher  es  den  Namen  führte .  gelegen  haben 
muss.  Lag  es  aber  bei  dieser,  so  lag  es  am  Avestlichen  Rande  der 
Südspitze  des  üphel.  Denn  man  beachte  wohl  und  mache  sich 
deutlich,  was  man  meistens  nicht  gehörig  ins  Auge  gefasst  hat. 
dass  die  Siloahquelle  nichts  anderes  ist,  als  die  Ausmündung  des 
von  der  Marienquelle  her  quer  durch  den  Ophelrücken  in  der 
Richtung  gegen  SSW.  hindurch  gegrabenen  unterirdischen  Ka- 
nals.   Daraus  folgt,  dass  da>  Uuellthor  nur  am  Südwestrande  des 


204 

Ophel.  nicht  am  Ostiande  des  Südwesthügels  sitiiirt  sem  konnte. 
Denn  zwischen  den  beiden  Hügehi  liegt  die  zn  alter  Zeit  tiefein- 
gefurclite  Schlucht  des  Tyropöon.  Mit  Beziehnng  darauf  heisst 
es  von  dem  von  Westen  herkommenden  Xehemia  :  »Ich  ging  hin- 
über znm  Quellthor«.  Das  Quellthor  ist  der  Punkt,  zu  dem  er 
gelangte,  nachdem  er  hinüber  gegangen  war,  nämlich  über  das 
Tyropöon  —  so  dass  das  Quellthor  auf  die  Ostseite  des  Tyropöon, 
an  den  Westrand  des  Ophel  zu  stehen  kommt. 

Die  gleiche  Richtung  (zuerst  vom  Tempel  als  Ausgangs- 
punkt nach  West ,  dann  um  den  SAV. -Hügel  herum)  von  West 
nach  Ost  ist  eingehalten  Cap.  3,  in  der  Beschreibung  des  Mauer- 
baues. Wie  2  ,  13.  14  folgen  auch  3,  14.  15  das  Thalthor,  das 
Mistthor  imd  das  Quellthor  a\ifeinander.  Nach  dem  letzteren 
werden  sodann  Y.  15 — 17  cler  Eeihe  nach  aufgezählt  1  die 
Mauer  des  Teiches  der  Wasserleitung  schaelah  oder  nach  anderer 
Punktation  schilöah)  ;  2;  »die  Stufen,  welche  herabgehen  von 
der  Stadt  David's«;  31  ein  Stück  Mauer  «bis  gegenüber  den  Grä- 
bern David's«  T^l"!  "'"^Sp  Tu:'  ;  4)  ein  Stück  Mauer  bis  zum 
»Kunstteiche«  n'^'nTCyn  nsian);  5)  ein  solches  bis  zum  »Haus  der 
Helden  !D''-1'i35n  P-^S) . 

Indem  wir  auf  diese  Verse  genauer  eingehen ,  fragt  es  sich 
zuerst,  ob  V.  15  bei  der  Mauer  des  Teiches  der  Wasserleitung 
zum  Königsgarten  die  topographische  Ordnung  eingehalten  ist, 
d.  h.  ob  dieses  Mauerstück  unsere  obige  Nr.  1]  in  der  Aufein- 
anderfolge von  Quellthor  und  Mauer  der  Wasserleitung  vor  oder 
nach  dem  Quellthor  zu  setzen  ist.  Da  bei  dem  ganzen  übrigen 
Mauerbau  die  Beschreibung  die  topographische  Aufeinander- 
folge einhält,  so  wird  es  wohl  auch  bei  diesem  Verse  der  Fall  ge- 
Avesen  sein,  d.  h.  die  Mauer  der  Wasserleitung  wird  in  der  Kich- 
tung  von  West  nach  Ost,  oder  von  Nordwest  nach  Südost  nicht 
vor  das  Quellthor,  sondern  nach  demselben  zu  setzen  sein. 
Gleichwohl  will  Bkrtheau')  hier  eine  Ausnahme  machen.  Er 
meint,  das  Stück,  welches  in  der  Beschreibung  nach  dem  Quell- 
thor genannt  wird  (unsere  obige  Nr.  1),  sei  to])ographisch  vor 
demselben,  d.  h.  zwischen  dem  Mistthor  \ind  dem  Quellthor  zu 
suchen.  Es  werde  zuerst  die  Hauptarbeit,  der  Bau  des  Quell- 
thors, dann  wie  nachträglich  die  geringere  Arbeit,  Ausbesserung 
des   Mauerstückes,  aufgeführt.     IVgrüudet  wird  diese  Annahme 

1)  Die  Bücher  Esra,  Nechemia  und  Ester  (1802  ,  p.  li.i. 


205 


dadurch ,  dass ,  Avenn  dieses  Mauerstück  erst  nach  dem  Quell- 
thor zu  setzen  wäre,  die  Mauer  zwischen  Mistthor  und  Quellthor 
gar  nicht  erwähnt  würde.  Allein  dieses  Stillschweigen,  welches 
seinen  Grund  wohl  in  dem  Umstand  hatte,  dass  das  übergangene 
Mauerstück  keiner  Ausbesserung  bedurfte  •],  kann  doch  gegen 
die  sonstige  Festhaltung  der  topographischen  Keihenfolge  un- 
möglich ins  Gewicht  fallen.  Die  Unterscheidung  zwischen 
Haupt-  und  Nebenarbeit  ist  nicht  von  Beweiskraft ,  weil  bei  dem 
Mangel  an  Anhaltspunkten  im  Text  kein  Mensch  sagen  kann, 
was  bei  dieser  Mauerresta\iration  Haupt-  und  Nebenarbeit  war. 
SchAvierigkeiten  macht  die  Lage  dieses  Mauerstücks  nach  dem 
Quellthor  nur  bei  der  Vorausetzung ,  dass  man  die  Stadt  und 
die  Gräber  David' s,  Avelche  in  der  Beschreibung  des  Nehemia  un- 
mittelbar nachher  genannt  sind  (unsere  obigen  Nm.  2  und  3)  auf 
dem  Südwesthügel  zu  suchen  habe.  In  der  That  aber  werden  Avir 
eben  für  diese,  Avie  wir  sogleich  sehen  Averden,  bei  Nehemia  auf 
den  Ophel  hingewiesen.  Dann  kann ,  Avenn  AAir  festhalten ,  dass 
in  der  Beschreibung  des  Mauerbaues  bei  unseren  obigen  Nrn.  1 
bis  3  die  topographische  Reihenfolge  eingehalten  sei,  die  Rich- 
tung der  Mauer,  welche  vom  Quellthor  an  am  Teich  der  Wasser- 
leitung zum  Garten  des  Königs  hinzieht,  von  der  Quelle  aus  nicht 
nach  Norden ,  sondern  nur  nach  Süden  oder  Südosten  gehen  — 
aus  dem  uuAvidersprechlichen  Grunde ,  Aveil  auch  in  Jerusalem 
das  Wasser  bergab ,  nicht  bergauf  zu  fliessen  pflegt.  Nebenbei 
erfahren  wir  hier,  dass  auch  der  Königsgarten  südlich  vom  Ophel 
lag  (dieses  gegen  Thrupp)  ,  dessgleichen  der  Teich  der  Wasser- 
leitung südlich  von  der  Quelle,  Avie  ja  der  Abfluss  der  sogenann- 
ten Siloahquelle  noch  heutigen  Tages  südAvärts  dicht  am  Ophel- 
felsen  A^orbeigeht. 

Befand  sich  nun  das  Quellthor,  wie  oben  gezeigt,  am  Rande 
des  Ophel  auf  der  Ostseite  des  Tyropöon ,  so  wird  auch  die  vom 
Quellthor  an  südwärts  ziehende  Mauer  am  Rande  des  Ophel  hin- 
gegangen sein.  Sie  reichte  dort  bis  »zu  den  Stufen,  die  herab- 
gingeu  von  der  Stadt  David's«  und  bis  »gegenüber  den  Gräbern 
David's«  —  Avoraiis  Avir  eben  den  Schluss  ziehen ,  dass  die  Stadt 
und  Gräber  David's  auf  dem  Ophel,  nicht  auf  dem  Südwesthügel, 
anzusetzen  sind.    Wie  die  Aufeinanderfolge  der  Mauertheile ,  so 

r  Vergl.  Keil,  Biblischer  Commentar  über  Chronik,  Esra,  Nehemia  und 
Esther  (isTO),  p.  521,  not  I. 

Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  lU.  j5 


206 


verweist  V.  16  der  Ausdruck  »gegenüber  (l^!?)  den  Gräbern  Da- 
vid's«  auch  diese  auf  den  Ophel.  Dieses  »gegenüber«  wird  von 
Bertheau  a.  a.  O.  als  ein  Gegenüber  den  angeblich  auf  dem 
SW. -Hügel  gelegenen  Davidsgräbern  genommen.  Das  ist  aber 
ganz  unmöglich.  Denn  zwischen  jener  am  südlichen  Ophel  sich 
hinziehenden  Mauer  und  dem  Südwesthügel  befand  sich  das 
Tyropöon.  In  der  ganzen  Beschreibung  des  Mauerbaues  aber 
V.  10.  19.  23.  25.  28.  30.  31  bedeutet  das  »Gegenüber«  nicht 
ein  Gegenüber .  welches  über  ein  Thal  hinüberreicht ,  sondern 
eine  Lage  von  aussen  nach  innen ,  unmittelbar  hinter  der  Mauer 
innerhalb  der  Stadt.  Daraus  folgt,  dass  die  Gräber  David's  un- 
mittelbar hinter,  d.  h.  innerhalb  der  am  Ophel  hinziehenden 
Stadtmauer ,  folglich  an  oder  auf  dem  Ophel  selbst  sich  befun- 
den haben.  Der  gleiche  obige  Grund  spricht  gegen  die  Annahme 
Lewi>.''s,  welcher  wohl  einsieht,  dass  der  Mauerbau  bei  Neuemia 
um  den  Ophel  herumführt,  aber  die  »Stadt  David's«  ganz  Jeru- 
salem gleichsetzt  und ,  um  das  zu  erklären .  die  Gräber  David's 
in  den  alten  jüdischen  Grabstätten  bei  dem  Dorfe  silwän  an  der 
Ostseite  des  Kidron  finden  will.  Wenn  nach  Chron.  II,  26,  23 
Usia  begraben  Avurde  bei  seinen  Vätern  »im  Feld«  des  Begräb- 
nisses der  Könige ,  so  beweist  das  keineswegs ,  dass  ,  wie  Lewin 
will,  die  Könige  ausserhalb  der  Stadt  über  dem  Kidron  drüben 
begraben  wurden,  sondern  nur,  dass  Usia  als  Aussätziger  nicht  in 
den  königlichen  Gräbern  selbst,  wohl  aber  in  der  Nähe  begraben 
wurde.  Wie  endlich  daraus,  dass  lierodes  die  Öffnung  des  Gra- 
bes David's,  dessen  Schätze  er  plündern  Avollte,  bei  Nacht  vor- 
nahm und  alle  Vorsicht  dabei  traf,  um  nicht  in  der  Stadt  gesehen 
zu  werden  (Jos.  Antiq.  XVI,  7,1  folgen  soll,  dass  das  Grab 
ausserhalb  der  Stadt  gelegen  habe ,  vermögen  wir  nun  gar  nicht 
zu  verstehen.  Alles  Gesagte  trifft  ja  ebensogut  oder  noch  viel 
besser  zu  bei  einer  Lage  innerhalb  des  Stadtumkreises. 

Halten  wir  nun  die  Stadt  David's  und  die  Königsgräber, 
weiterhin  auch  das  »Haus  der  Helden«  V.  16  (nach  einleuchten- 
der Vennuthung  Lewin's  identisch  mit  dem  »Thurm  David's 
mit  Brustwehr  gebaut,  daran  tausend  Schilde  hangen  und  allerlei 
Waffen  der  Starken«  Hohes  Lied  4,  4)  als  auf  dem  Ophel  liegend 
fest,  nehmen  wir  dazu,  dass  die  Beschreibung  der  Mauerrichtung 
von  dem  Quellthor  gegen  Süd  und  Südost  geht,  werden  wir 
(s.  oben)  V.  25  ff.  auf  den  Ostabhang  des  Ophel  an  der  Tempel- 


207 


Hache  gegen  den  Kidron  hingefülirt,   so   ist  doch  kein  anderer 
Schhiss  mögHch,    als    dass  auch    die   zwischenlif^gende  Mauer- 
strecke, deren  Aufbau  V.  17 — 24  beschrieben  wird,  am  ostHchen 
Ophel  von  Süd  nach  Nord  bis  zum  Königshause  und  zur  Tempel- 
fläche hinaufging.    Thenius  meint  zwar  i) ,  der  üphelrücken  sei 
gar  nicht  Avieder  ummauert  worden  uiul  zwar,  weil  die  dortige 
Stadtmauer  von  den  Chaldäern  gar  nicht  zerstört  gewesen  sei. 
Eine  in  jeder  Hinsicht  unhaltbare  Annahme;  denn  die  Zerstö- 
rung ist  nicht  nur  an  sich  höchst  »wahrscheinlich« ,  sondern  aus- 
drücklich durch  Nehem.  2,  14.  15  (bnr3  »im  Bach«,  nämlich  dem 
Kidron)   bezeugt.     Gerade  vom  Quellthor  an  war  die  Passage 
durch  heruntergestürzte  Trümmer  so  gesperrt,  dass  Neheraia  nur 
zu  Fuss  und  zwar  den  Kidron  hinauf  weiter  konnte.    Wenn  nun 
The>*ils  zugesteht,  dass  doch  3,  27  ein  T heil  dieser  üstmauer 
des  Ophel  erwähnt  Avird ,   so  ist  es  unmöglich  zu  denken ,  dass 
nicht  die  ganze  Mauer  sollte  Avieder  hergestellt  Avorden  sein.     Es 
ist  gcAviss  nicht  richtig,  mit  Thenius  das  Nehem.  3,  20 — 25  Er- 
wähnte auf  den  Südwesthügel ,  das  Folgende  aber  auf  die  Ost- 
seite des  Ophel  zu  verlegen,  ohne  dass  der  Text  über  diesen  Orts- 
wechsel Andeutungen  an  die  Hand  gäbe,  ja  Avährend  die  Be- 
schreibung   zusammenhängend    fortläuft    und    mit    dem    stets 
AA-iederholten  T''iri.^,  »nach  ihm«,  an  einander  hängt.    Die  Prie- 
ster, Leviten  und  der  Hohepriester  Aveisen  ohnedies  auf  die  Nähe 
des  Tempels  .  Avas  ganz  gut  auf  den  nördlichen  Theil  des  Ophel 
oder  den  südlichen  Theil  der  Tempelfläche  passt.    Denn  wenn  es 
freilich  an  sich  nicht  unmöglich  Avar,  dass  sie  ihre  Wohnung  auch 
auf  dem  SüdAvesthügel  haben  konnten,  so  spricht  doch  die  grösste 
Wahrscheinlichkeit  dafür ,  dass  sie  in  ihrer  Masse  sich  anbauten 
möglichst  in    der  Nähe   des  Orts   ihrer  Funktionen,    d.  h.   des 
Tempels . 

L  nter  Voraussetzung  des  von  uns  gcAvonnenen  Resultats  lässt 
sich  nun  auch  erst  der  Umzug  des  südlichen  der  beiden  Ein- 
Aveihungschöre  Nehem.  12,  31  ff.  recht  verstehen.  Der  Ausgangs- 
punkt der  beiden  Züge  ist  nicht  genannt ;  für  den  südlichen,  der 
für  uns  allein  in  Betracht  kommt,  sind  als  Stationen  crAvähnt  das 
Mistthor  V.  31.  und  das  Quellthor  V.  37.  Nachdem  das  Quell- 
thor erreicht  Avar  (V.  37),  Avird  fortgefahren:   »Sie  stiegen  hinauf 

1)  Die  Gräber  der  Könige  Judas  in  Illgen's  Zeitschrift  für  histor.  Theo- 
logie 1S44,  p.  21. 

15* 


208 


a'15;.  gerade  vor  sich,  die  Stufen  der  Stadt  David's  auf  dem  Auf- 
gang an  der  Mauer  über  dem  Hause  David's  und  bis  zum  Was- 
serthor« am  Heiligthum) .  Diese  Worte  werden  von  Thenius 
und  mit  einigen  Ab-sveichungen  auch  von  Bertheau  und  Keil  so 
interpretirt :  Sie  zogen  am  Ostrand  des  SW. -Hügels  hin  und  gin- 
gen erst  oben  ganz  nördUch  an  der  Südwestecke  der  Tempel- 
fläche über  das  Tyropöon  zum  Tempel  hinüber.  Das  D'lM  V.  37 
■wird  dabei  von  Thenius  (Gräber  der  Könige  p.  2t)  so  gefasst :  Und 
bei  dem  Quell thor  und  zwar,  als  dieses  »vor  ihnen«  war,  d.  i. 
noch  ehe  sie  an  dasselbe  kamen  ,  »stiegen  sie  hinauf  auf  die  Stu- 
fen zur  Davidstadt«,  d.  h.  nach  Thenius  auf  den  Südwesthügel. 
Thenius  meint  dabei,  die  Zionsmauer  (d.  h.  die  den  Südwest- 
hügel von  AVest  nach  Ost  und  dann  am  Westrand  des  Tyropöon 
hinauf  nach  Nord  umgebende  Mauer)  habe  an  ihrer  Südostecke 
keinen  für  den  Chorzug  geeigneten  Mauergang  gehabt ;  darum 
habe  der  Zug  die  Mauer  vor  dem  Quellthor  verlassen  und  sei 
den  SW. -Hügel  gegenüber  dem  Quellthor  hinaufgegangen  —  das 
Ganze,  mit  aller  Achtung  vor  dem  verdienten  Gelehrten  gesagt, 
doch  nur  eine  scharfsinnig  künstliche  Interpretation,  hervor- 
gegangen aus  der  falschen  Voraussetzung  von  der  Lage  der 
Stadt  David's  auf  dem  SW. -Hügel.  Wie  wird  ein  verständlicher 
Schriftsteller,  um  aiiszudrücken,  man  habe  das  Thor  nicht  er- 
reicht, schreiben,  man  sei  zu  ihm  ibv)  hingekommen  oder  an  ihm 
vorübergezogen  (  Wie  kann  D'lM  (»gerade  vor  sich«)  ohne  irgend 
einen  Beisatz  heissen :  »als  sie  das  Thor  sich  gegenüber  hatten«, 
und  dieses  bedeuten :  » ehe  sie  das  Thor  erreicht  haben « .'  Das 
Aväre  doch  fast  geredet  nach  dem  Grundsatz  jenes  Diplomaten, 
dass  die  Sprache  den  Menschen  gegeben  sei,  seine  Gedanken 
nicht  zu  offenl)aren,  sondern  zu  verbergen.  Die  natürliche  Auf- 
fassung des  Textes  führt  auf  etwas  anderes.  Zu  den  Worten 
"{■»yri  n?tD  byi,  »und  zum  Quellthor«,  ist  das  Verbum  aus  dem  A'or- 
angehcnden  zu  ergänzen  ;  sie  schliessen  sich  an  das  Ende  von 
V.  31  niETTitn  nycb  und  V.  32  f-fb^l,  so  dass  der  Anfang  des  V.  37 
so  zu  übersetzen  ist:  »Sie  gingen  zum  Qucllthor«,  d.  h.  sie  zogen 
am  Quellthor  oder  über  dem  Quellthor  vorüber,  nicht :  sie  kehr- 
ten, ehe  sie  es  erreicht  hatten,  um,  sondern :  sie  gingen  an  dem- 
selben weiter,  nämlich  die  Stufen  der  Stadt  David's  hinauf.  Dass 
dieses  der  Sinn  der  Präposition  by  ist,  eine  wirkliche  Errciclnmg 
des  Thors  und  ein  Vorübergehen  an  dem  erreichten  Thor,  ersieht 


209 

man  aus  dem  wiederholten  Gebrauch  der  gleichen  Partikel  in 
gleichem  Sinn  (l?T?n"5y,  in  der  Beschreibung  des  nördlichen 
Chorzugs  V.  3S  und  39.  Ist  das  richtig,  so  wird  auch  mit  den 
folgenden  Worten  nib^'a  "b?  'iby  D'^ä:!  nicht  etwas  beschrieben, 
was  vor  dem  mit  den  Worten  "iiyn  nyiT  b?"!  Bezeichneten,  son- 
dern nach  demselben  stattfand,  d.  h.  der  weitere  Weg  des  Chor- 
zugs in  derselben  Richtung  wie  3,  15,  s.  oben.  Das  D'^ä:  wird 
ohne  ZAveifel  nicht  nach  Caspari  bedeuten  »parallel  mit  sich« 
(d.  h.  parallel  mit  dem  vorherigen  Weg  auf  dem  SüdAvesthügel,  was 
sprachlich  unmöglich) ,  sondern  richtig  von  Bertheau  als  «gerade 
vor  sich,  gerade  aus«  (Jos.  6,  5  und  Amos  4,  3)  genommen,  d.  h. 
geradezu  nördlich  mit  Verlassen  der  Richtung  nach  Osten  —  nur 
dass  Avir  den  Zug  nun  nicht  mit  Thenius  und  Bertheau  den 
8üdAvesthügel ,  sondern  den  Ophel  hinauf  gehen  lassen.  Fehlte 
es  nämlich  an  der  östlichen  Ophelmauer  an  einem  für  den  feier- 
lichen Chorzug  praktikabeln  Mauerweg,  so  stieg  man,  mit  einiger 
Abweichung  von  der  Mauer,  die  sich  so  angemessen  darbietenden 
Stufen  der  Davidstadt  hinauf  und  zog.  um  der  geweihten  Erin- 
nerung willen,  über  den  Platz,  wo  ehemals  der  Palast  David's 
gestanden  hatte.  Unmöglich  kann  angenommen  Averden,  dass 
bei  dem  Chorumzuge  der  ganze  Ophelrücken  sei  bei  Seite  gelas- 
sen worden.  Das  widerspräche  der  ganzen  Bedeutung  dieser 
Chorzüge.  Es  sollte  ja  ein  Dankfest  für  das  Gelingen  des  ganzen 
Werks  der  Mauerherstellung  sein.  Wie  war  es  möglich,  dabei 
einen  so  wichtigen  Theil  der  Stadt  völlig  zu  übergehen ,  dessen 
Bedeutung  für  das  altisraelitische  Jerusalem  schon  aus  der  Ver- 
sorgimg  mit  Wasser  durch  mehrfache  Kanalisation  erhellt !  Für 
die  von  Thexii  s  und  Bertheau  angenommene  Übergehung  des 
Ophel  bei  dem  Chorumzug  wird  geltend  gemacht,  dass  für  das 
gleichzeitige  Eintreffen  der  beiden  Chöre  am  Tempel  auch  gleiche 
Dimensionen  und  darum  für  den  südlichen  eine  A'erkürzung  des 
Wegs  durch  Auslassung  des  Ophels  erforderlich  gewesen  sei. 
Dabei  wird  als  Ausgangspunkt  das  Thalthor  genommen  xmd  die- 
ses mit  dem  jetzigen  Jafathor  identificirt.  Allein  im  Texte  ist 
der  Ausgangspunkt  eben  nicht  genannt,  die  Identität  des  Thal- 
thors mit  dem  Jafathor  ist  blosse  A'crrauthung;  das  Thalthor 
kann  ebensogut  auf  der  Südseite  des  SW. -Hügels  gelegen  haben. 
als  auf  seiner  Nordwestecke;  denn  auch  auf  der  Südseite  war 
das  »Thal«  (ii'jiari) .    Endlich  aber,  was  die  Hauptsache  ist,  und  Avas 


210 


jeder  Blick  auf  die  Karte  zeigt,  von  der  Siloahquelle  den  Ophel 
hinauf  bis  zur  Ostseite  des  Tempels  ist  es  nicht  -weiter,  sondern 
näher  als  an  dem  Ostrand  des  Pseudozion  hinan  nnd  oben  über 
das  Tyropöon  herüber  zur  Ostseite  der  Tempelfläche. 

Scheint  so  nach  Nehemia  die  Lage  der  Stadt,  des  Hauses 
und  der  Gräber  David's  auf  dem  Ophel  gesichert,  so  glauben  wir 
über  die  Lage  der  Gräber  David's  noch  Genaueres  ermitteln  zu 
können.     Bilden  nämlich  die  Nehem.   3,    15  —  25  angegebenen 
Punkte  »Quellthor«,  »Teich  der  Wasserleitung«,  »Stufen  der  Stadt 
David's«,   »Gräber  David's«,   »Kunstteich«,    »Haus  der  Helden«, 
»Aufstieg  zum  Rüsthaus«  u.  s.  w.  eine  fortlaufende  Reihe,  so  ha- 
ben wir  damit  eine  Beschreibung  des  ganzen  südlichen  und  öst- 
lichen Umfangs  des  Ophel  von  der  Siloahquelle  an  bis  zur  Tem- 
pelfläche.  Nun  läuft  der  Ophel  südwärts  in  eine  ziemlich  schmale 
Spitze  aus.  An  seiner  Südwestecke  liegt  die  Siloahquelle.   Gehen 
wir  am  Teich  Siloah  vorbei,    so  werden  die  Stufen.   Avelche  von 
der  Stadt  David's  herabgehen,  auf  den  Auslauf  des  Ophel  an  sei- 
ner Südseite  fallen;   von  dort  herab  geht  auch  der  nächste  Weg 
zu  des  Königs  Garten.    Da  die  Gräber  David's  erst  nach  diesen 
Stufen  genannt  sind,  so  werden  wir  sie  auf  die  Ostseite  der  Süd- 
spitze des  Ophel  verlegen  müssen ;  der  Kunstteich,  das  Haus  der 
Helden  u.  s.  w.  bilden  sodann  die  weiteren  Stationen  am  Ostrand 
des  Ophel  hinauf.    Die  genannte  Lage  der  Gräber  David's  wird 
nun  bestäsigt  durch  eine  ZAvar  apokryphische,   aber  sehr  alte  No- 
tiz^).   Im  Chronicon  paschale  (ed.  Dufrene  p.  155)  wird  erzählt, 
wie  der  Prophet  Jesaia  den  Märtyrertod  erduldete.     Dem  Tode 
nahe  empfindet  er  heftigen  Durst,   und  zur  Erfüllung  seines  Ge- 
bets entspringt  die  Quelle  Siloah.    Nun  heisst  es  weiter:  TcÄr^at'ov 
aoTov  (den  Jesaia)   tou  iliAwatj.  söa'jiav  s-iitöX«);  xat    euoo^ox: .   iva 
ota  Tuiv  cu/(uv  oiuTou  (oaai)T(oc  iyiooi  tr^v  cii~oXr/.oiiv  xoh  uoatoc  —  Ejti 
0£  To  ~6.'^ot  e/o[x£va);  Tou  TOC'^ou  Tojv  ßaaiXsdJV,  ö-iaDsv  toü  Ta<pou  täv 
'louoai'mv  stti  to  p-spo;  to  irpoc  votov.  ^oXoii-wv  yap  eTcoi'vjas  touc  Tacpooc 
TOÜ  Aaoto,  öiaypa'liot;  xaTa  Ta;  avaroXa;  tt^v  ^ituv,  tjti;  iyzi  sioooov 
7.7:0  l'aj37.a)v  ixTjV.otkv  xr^^  ttoXscjdc  aTaoiwv  sr/oai,   d.  i.  »Sie  begruben 
den  Jesaia  nahe  am  Siloah ,  damit  sie  durch  seine  Gebete  auch 
den  Genuss  des  Wassers  hätten.    Es  ist  aber  das  Grab  angren- 
zend ^£/otx£V(o;)  an  das  Grab  der  Könige  hinter   07riat)£v  =  west- 

1)  Auch  von  Thenius  benutzt,  Gräber  der  Könige  p.  38 — 40. 


211 


Avärts)  dem  Grabe  der  Juden  auf  der  Südseite.  ])enn  Salomo 
machte  die  Gräber  David's,  indem  er  den  Sion  ostwärts  durch- 
grub.« (Die  folgende  sonderbare  Angabe  über  die  Entfernung 
von  Gabaon  berührt  uns  hier  nicht.  Ohne  Zweifel  hat  Thenius 
darin  Recht,  dass  diesem  Bericht  eine  hebräische  Quelle  zu 
Grund  liegt,  sowie  dass  das  »hinter«  (oiriaösv)  als  Übersetzung  des 
hebräischen  "inS  oder  '^"ini?  im  Sinne  von  »westlich«  zu  nehmen 
ist,  nämlich  westlich  von  den  Gräbern  im  südlichen  Theil  des 
Kidron,  wo  das  heutige  Dorf  Silwän  grösstentheils  in,  unter  und 
auf  alten  Felsengräbern  erbaut  ist.  Unrichtig  scheint  er  uns  da- 
gegen das  otaypa'^ac  durch  »er  bestimmte  den  Ort  dazu  an  der 
Ostseite  des  Zion«  zu  übersetzen.  Es  ist  vielmehr  hellenistische 
Übersetzung  von  ppn  im  Sinne  von  »graben«,  wie  LXX  Jes.  22,16: 
£'Yp7.'J>a;  asauTOi  £v  Trstpa  oy.r^y>r^v.  Dann  ist  zu  übersetzen :  »indem 
er  an  der  Ostseite  denZion  durchgrub«.  Unrichtig  ist  aber  ferner 
die  Beziehung  dieser  Stelle  auf  den  SüdAvesthügel.  Thenius 
meint  nämlich ,  das  Grab  des  Jesaia  werde  an  dem  Rande  des- 
selben gegenüber  der  Siloahquelle  gewesen  sein,  indem  sich  dort 
der  Eingang  zu  dem  nach  der  Tradition  weiter  oben  innerhalb 
des  Pseudozion  gelegenen  Grabe  David's  befunden  habe.  Allein 
abgesehen  davon,  dass  von  diesem  Eingang  bis  jetzt  nichts  auf- 
gefunden Avorden  ist ,  passt  schon  die  Angabe  nicht ,  dass  das 
Grab  des  Jesaia  auf  der  Südseite  gelegen  habe.  Denn  der  von 
THE>rius  angenommene  Eingang  zum  Grabe  David's  liegt  weder 
auf  der  Südseite  des  Pseudozion,  überhaupt  nicht  auf  der  Süd- 
seite der  von  Thexius  vorgeschlagenen  Lage  des  Davidgrabes, 
sondern  von  beiden  ostwärts.  Ferner  wenn  das  Grab  des  Jesaia 
von  jener  Legende  in  die  Nähe  der  Quelle  Siloah  gesetzt  wird, 
so  muss,  da  diese  Quelle  dicht  am  felsigen  Abhang  des  Ophel 
liegt  oder  vielmehr  nichts  anderes  ist,  als  die  Ausmündung  des 
durch  den  Ophel  hindurch  gegrabenen  Kanals,  auch  das  Grab 
des  Jesaia  am  Ophel  gelegen  haben,  nicht  auf  dem  durch  die 
Thaleinsenkung  des  Tyropöon  scharf  abgetrennten  Südwesthü- 
gel. Endlich  konnte  das  Grab  des  Jesaia  nur  dann  zugleich  in 
der  Nähe  des  Siloahquells  und  in  unmittelbarer  Nähe  (s/oaivtoc) 
des  Grabes  David's  liegen,  wenn  letzteres  in  der  Nähe  des  Quells, 
nicht  aber  durch  eine  Schlucht  von  ihm  getrennt  war.  Das  findet 
statt  bei  der  von  uns  nachgewiesenen  Situation  der  Gräber  Da- 
vid's.   Lag  der  Quell  an  der  Südwestecke,   das  Grab  David's  auf 


212 


der  Südostecke  des  schmalen  Ophelausläufers,  so  konnte  das  Grab 
des  Jesaia  südlich  (ro  [xspo;  to  Tzpoc  votov)  und  zugleich  in  der 
Nähe  der  Königsgräber  liegen.  Dass  die  von  uns  angenommene 
Lage  des  Grabes  David's  auch  den  jüdischen  Gräbern  in  Sihvän 
gegenüber  ist.  zeigt  der  Augenschein.  Endlich  bemerken  wir, 
dass  hier  in  der  Tradition,  welche  jedenfalls  in  die  älteste  christ- 
liche Zeit  zurückgeht,  der  Name  Zion  auf  den  östlichen  Hügel 
angewendet  wird  i). 

Stellen  wir  die  Ergebnisse  der  bisherigen  Untersuchungen 
zusammen,  so  sind  sie  diese: 

1)  Keine  der  beiden  Benennungen  Zion  und  Stadt  David's  Avird 
in  den  kanonischen  Büchern  in  irgend  eine  Verbindung  mit 
dem  Südwesthügel  gesetzt. 

2)  Zion  ist  ursprünglich  die  Jebusiterburg.  dies  ist  der  vorisrae- 
litische Gebrauch  des  Namens.  Den  Israeliten  war  diese 
Bedeutung  desselben  verloren  gegangen,  daher  er  von  dem 
Geschichtsschreiber  erklärt  wird  durch  den  Zusatz :  das  ist 
Davidstadt. 

3)  Diese  Erklärung  des  Namens  der  Jebusiterburg  kann  in  zwei- 
fachem Sinne  genommen  werden,   entweder  so,   dass  beide 

1)  EzECHIEL  43,  7 — 9  lesen  wir:  »Das Haus  Israel  wird  fürder  nicht  mehr 
meinen  heiligen  Namen  entweihen,  sie  nicht  und  ihre  Könige  nicht,  durch 
ihre  Hurerei,  durch  die  Leichen  ihrer  Könige  bei  ihrem  Tode,  da  sie  ihre  Schwelle 
an  meine  Schwelle  und  ihren  Thürpfosten  neben  meinen  Thürpfosten  setzten 
und  nur  eine  Mauer  zwischen  ihnen  und  mir  war  —  so  werden  sie  nun  ihre 
Buhlerei  und  ihre  Königsleichen  von  mir  entfernen.«  Daraus  ist  von  Cas- 
PARI ,  Thrupp  und  Lewin  geschlossen  worden,  die  Königsgräber  seien  auf 
dem  Osthügel  in  der  Nähe  des  Tempels  zu  suchen.  Allein  gewiss  richtig 
bemerkt  Ewai.d  :  »Es  folgt,  dass  manche  nicht  alle)  Könige  ihre  Gräber 
auf  das  Tempelgebiet  gesetzt  halten.«  In  der  That  passen  die  Worte  des 
EzECUiEL  nur  auf  die  abgöttischen  Könige  (»Hurerei«) ,  nicht  auf  die  frommen 
Könige,  wie  David.  Von  mehreren  der  abgöttischen  Könige  wird  berichtet, 
dass  sie  nicht  in  der  Stadt  David's  begraben  wurden.  »Manasse  wurde  be- 
graben im  Garten  an  seinem  Hause ,  im  Garten  Ussa« ;  in  demselben  auch 
Amon.  Kön.  II,  21,  18.  2().  Es  war  also  ein  Garten  am  Königspalast  unter- 
schieden von  den  südlich  vom  Ophel  liegenden  königlichen  Gärten.  Chron.  II, 
33,  20  heisst  es  geradezu:  »Sie  begruben  ihn  in  seinem  Hause«,  nach  den 
LXX  ;  "in  dem  Garten  seines  Hauses«.  Über  Ahas  berichtet  Chi-on.  II,  28,  27, 
dass  er  nicht  in  den  Gräbern  der  Könige  Israels  begraben  worden  sei.  —  Ps. 
48,  3  ist  zu  unsicherer  Erklärung,  um  für  unsere  Frage  benutzt  zu  werden. 
Jedenfalls  aber  ist  die  Übersetzung :  »Zion  an  der  Mitternachtseite  der  Stadt 
des  grossen  Königs«  sowohl  alt  als  philologisch  möglich. 


213 


als  einfach  identisch  mit  einander  gesetzt  werden  nnd  die 
dadurch  bezeichneten  Lokalitäten  räumlich  einander  decken, 
oder  so ,  dass  ])avidstadt  einen  grösseren  Stadttheil  be- 
zeichnet .  innerhalb  dessen  die  Jebusiterburg  sich  befand, 
welcher  sich  wohl  nach  der  Einnahme  durch  David  von  sel- 
ber ausgedehnt  hat.  AVir  entscheiden  inis  für  das  zweite, 
als  sich  selbst  ergebende  Wahrscheinlichkeit,  und  nehmen 
an ,  dass  unter  Davidstadt  der  ganze  Ophelrücken  befasst 
werde,  die  Jebusiterburg  aber  nur  einen  kleineren,  aus  den 
Andeutungen  der  kanonischen  laudier  nicht  näher  bestimm- 
baren Tlieil  desselben  eingenommen  habe. 

4)  Die  Stadt  David's  (sammt  dem  Haus  und  dem  Grabe  David's) 
lag  auf  dem  östlichen  Hügel ,  also  südlich  vom  Tempel  und 
niedriger  als  derselbe. 

5)  Der  Palast  Salomo's  wird  unterschieden  von  der  Davidstadt, 
bildete  die  nördliche  Grenze  derselben,  lag  nicht  auf  dem 
südwestlichen,  sondern  auf  dem  östlichen  Hügelrücken,  höher 
als  die  Davidstadt,  niedriger  als  der  Tempel,  südlich  von 
letzterem  (ohne  Zw^eifel  auf  dem  südöstlichen  Theil  der  jetzigen 
Harämfläche) .  In  keiner  Weise  findet  sich  eine  Andeutung, 
welche  mit  dem  salomonischen  Palast  und  der  Stadt  David's 
auf  die  Nordseite  des  Tempels  führt. 

7)  Dass  der  vorisraelitische  Gebrauch  des  Namens  Zion  sich 
verlor,  erklärt  sich  leicht  geschichtlich  dadurch,  dass  der 
Name  Davidstadt  für  die  Israeliten  solenn  wurde.  In  wel- 
cher Weise  die  spätere  Übertragung  des  Namens  Zion  auf 
den  Tempelberg  sich  vollzog,  darüber  kann  man  nur  "N'er- 
muthungen  aufstellen.  Das  Wahrscheinlichste  dünkt  luis, 
dass  nachdem  der  jebusi tische  Gebrauch  des  Namens  ver- 
lassen w^ar,  die  Bezeichnung  zunächst  auf  den  ganzen  öst- 
lichen Hügelrücken  (Moria-Ophel)  sich  übertrug  und  sodann 
auf  den  geweihtesten  Theil  desselben,  die  Tempellokalität, 
noch  enger  sich  fixirte,  wie  wir  es  zur  Zeit  der  Makkabäer 
vorfinden . 

(Zweiter  Artikel  im  nächsten  Heft.) 


In  welche  Gegend  der  AViiste  Avurde  der  Sündenbock 

geführt? 

Von  Baurath  C.  Schick  in  Jerusalem, 


Unter  den  Anordnungen  für  die  Feier  des  grossen  Versöh- 
nungstages Lev.  16  befindet  sich  auch  die  Vorschrift,  über  zwei 
Ziegenböcke  das  Loos  zu  werfen  und  so  einen  für  Jahve.  den  an- 
deren für  Asasel*)  zu  bestimmen.  Der  erstere  Avurde  als  Sünd- 
opfer des  Volkes  dargebracht;  auf  den  Kopf  des  anderen  legte 
der  Hohepriester  vor  Jahve  seine  Hände  ,  bekannte  auf  ihn  alle 
Sünden  der  Gemeinde  und  Hess  ihn  durch  einen  geeigneten 
Mann  in  die  Wüste  bringen,  »dass  also  der  Bock  auf  sich  alle 
ihre  Schuld  in  wüstes  Land  trage«  (V.  8 — 22) .  Es  liegt  nnhe  zu 
fragen,  wohin  dieser  Bock  vom  Tempel  in  Jerusalem  alljährlich 
am  grossen  Versöhnungstage  geführt  worden  sei.  Die  nächste 
Wüste  liegt  oifenbar  im  Osten  von  der  heiligen  Stadt,  und  man 
greift  sicher  nicht  fehl,  wenn  man  den  Ort.  wohin  dieser  Bock 
gebracht  Avurde,  nach  dieser  Seite  hin  sucht.  Allein  diese  »Wüste« 
ist  von  beträchtlicher  Ausdehnung;  alles  Suchen  in  derselben 
würde  wohl  vergeblich  sein  ,  wenn  nicht  in  der  Mischna  nähere 
Nachrichten  über  den  Transport  dieses  Bockes  uns  erhalten 
wären.  Die  betreffenden  Stellen  aus  dem  Seder  Moed,  Tractat 
Joma'^  lauten  folgendcrmassen :  C'ap.  IV.  2:  (Der  Hohepriester] 
band  ein  scharlachfarbenes  zungenförmiges  Stück  Zeug  an  den 
Kopf  des  wegzusendenden  Bockes  und  stellte  ihn  an  den  Ort, 

1  Luther  hat  fälschlich  Aaasel  durch  »lediger  Bock«  übersetzt.    Levit. 

16,  8  muss  88  heissen  »dem  Asasel«,  V.  10  »das  Loos  für  Asasel  .  .  .  und  lasse 

den  Bock  für  Asasel  in  die  Wüste«,  V.  2(>  »der  aber  den  Bock  für  A.sasel  hat 

ausgeführet".  Asasel  ist  wahrscheinlich  der  Xame  eines  Dämons  der  "NVüste. 

D.  Red. 

2  Mischna,  ed.  SlREXHUS   Amsterdam  lüfl!)   II,  p.  22(i  ff. 


215 


von  Avo  er  furtgeschickt  werden  sollte.  Ein  anderes  zimgenförmi- 
raiges  Stück  Zeug  band  er  an  den  Nacken  des  zu  schlachtenden 
Bockes  ....  Cap.  VI,  2  :  Er  ging  zu  dem  Avegzusendenden  Bocke 

und  legte  beide  Hände  auf  ihn  und  bekannte  und  sprach 

3  :  Er  übergab  ihn  demjenigen,  der  ihn  führen  sollte  .  .  .  4 :  Und 
man  machte  für  den  dem  Asasel  bestimmten  Bock  eine  Steige 
(erhöhten  Weg;  wegen  der  Babylonier ,  Avelche  ihm  die  Haare  zu 
zu])fen  und  zuzurufen  pflegten :  Mach,  dass  du  fortkommst !    Die 
A  oiTiehmen  eJerusalem's  begleiteten  ihn  bis  zum  ersten  Zelt :  zehn 
Zelte  waren    zwischen  Jerusalem  und  sük^]]  90  rJs  (die  ganze 
Entfernung),    7^2  ^'^^  machen  eine   (römische)   Meile  2).    5.  An 
den  einzelnen    Zelten  sprachen    sie    zu  ihm    (dem  Führer  des 
Bockes!  :  hier  ist  zu  essen  und  zu  trinken .  und  begleiteten  ihn 
von  einem  Zelt  zum  andern ,  ausgenommen  vom  letzten ;   denn 
niemand  ging  mit  ihm  bis  nach  sTilf.  sondern  sie  blieben  von  ferne 
stehen  und  sahen  zu,  was  er  machte.    6.  Was  machte  er?    Er  zer- 
theilte  das  scharlachfarbene  zungenförmige  Stück  Zeug.  Die  eine 
Hälfte  befestigte  er  an  dem  Felsen,  die  andere  zwischen  die  Hör- 
ner des  Bockes  und  stiess  ihn  rückwärts,  so  dass  er  ins  Eollen 
kam  und  hinunterstürzte.  Und  ehe  er  die  Hälfte  des  Abhangs  er- 
erreicht hatte,  war  er  in  Stücke  zerschellt  worden.  (Der  Führer  des 
Bockes  kam  und  blieb  in  dem  letzten  Zelt,  bis  es  finster  Avurde .  .  . 
S .  Man  verkündigte  dem  Hohenpriester :  Der  Bock  hat  die  Wüste 
erreicht.    Aber  woher  wussten  sie,  dass  der  Bock  die  Wüste  er- 
reicht habe  ?    Sie  hatten  Warten  errichtet  und  winkten  mit  Tü- 
chern:   so  erfuhr  man.   dass  der  Bock  die  Wüste  erreicht  hatte. 
R.  Jehuda  sagt:  Man  hatte  ja  auch  ein  sicheres  Zeichen:  von 
Jerusalem  bis    nach  bet  hadudü  Avaren  drei  Meilen;   sie  gingen 
eine  Meile  und   kehrten  zurück  und  AA^arteten  noch  eine  Meile 
und  Avussten  dann ,    dass  der  Bock    die   Wüste    erreicht   hatte. 
R.   IsMAEL    dagegen    sagt :     Galt   ihnen    nicht   Aiclmehr    etwas 
Anderes    als    Zeichen  i     Ein    scharlachfarbenes   zungenförmiges 
Stück   Zeug  war   an   die  Thore   des  Tempels  befestigt;    sobald 
nun   der  Bock   die  Wüste  erreicht  hatte,    Avurde   dieses  Aveiss, 

1  Sük  ist  sonst  im  Hebr.  Appellativwort;  es  bezeichnet  einen  steilen  Ab- 
hang.    D.  Ked. 

2  Darnach  ist  ein  r'is  fast  soviel  als  ein  Stadium  ;  denn  auf  eine  römische 
Meile  werden  S  Stadien  gerechnet.     D.  Red. 


216 

Denn  es  ist  gesagt :  Wenn  eure  Sünden  wie  Scharlach  wären, 
sie  werden  weiss  werden  wie  Schnee.«  i, 

Mit  Beziehung  auf  diese  Angaben  der  Mischna  hat  Lieiite- 
nant  C.  R.  Conder^i  den  Ort.  wo  der  Bock  hinabgestürzt  wurde, 
in  dem  Berge  muntär  nachzuweisen  gesucht.  Ich  habe  jenen  Ar- 
tikel mit  grossem  Interesse  gelesen,  kann  jedoch  der  Meinung 
Conder's  nicht  ganz  zustimmen  und  erlaube  mir,  im, Folgenden 
meine  abweichende  Ansicht  darzulegen. 

Den  Ausdruck  Wüste  kann  man  auf  das  Land  östlich  von 
Jerusalem  in  weiterem  und  engerem  Sinne  anwenden.  Viele 
lassen  die  »Wüste  Juda«  gleich  hinter  dem  ()lberg  und  Bethanien 
beginnen.  Ahnlich  scheint  R.  Juda  in  dem  aus  der  Mischna  oben 
mitgetheilten  Satze  die  Sache  anzusehen ,  wenn  er  sagt ,  dass  bis 
het  hadüdü  —  dieser  Punkt  muss  doch  in  der  Wüste ,  wohin  der 
Bock  gebracht  werden  sollte ,  gelegen  haben  —  von  Jerusalem 
drei  Meilen  seien.  Doch  entspricht  das  nicht  der  eigentlichen 
Beschaffenheit  des  Landes.  Wie  ein  Blick  auf  die  Karte  lehrt  ^l, 
dehnt  sich  das  C'ulturland  noch  einige  Stunden  ostwärts  von  Je- 
rusalem auf  dem  Abhänge  des  Gebirges  aus.  Wenn  sich  auch 
heut  zu  Tage  nur  wenige  noch  bewohnte  Ortschaften  finden,  wie 
z.  B.  el-  azarlje  und  ahu  dls,  so  werden  deren  doch  in  alten  Zeiten 
mehr  gewesen  sein.  Wird  doch  heute  noch  das  Land  in  der  Nähe 
der  E-uinenstättcn  angebaut !  Die  eigentliche  Wüste  beginnt  erst 
mit  den  Kreidebergen .  der  zweiten  Abstufung  des  Gebirges. 
Während  nämlich  die  oberste  Stufe  nur  wenige  Kreidekuppen 
hat,  z.  B.  den  Olberg,  den  Berg  des  bösen  Rathes,  den  Bethle- 
hemberg u.  a.  ,  hat  die  zweite  ein  ausgedehntes  Kreidegebirge, 
Avelches,  wie  Coxder  mit  Recht  dartluit.  im  dschebel  muntär 
kulminirt.  Dasselbe  gewährt  mit  seinen  zahlreichen  Rinnsalen 
und  Thälem  und  dazwischen  liegenden  scharfen  schmalen  Rücken, 
namentlich  von  hohem  Standpunkt  aus  gesehen,  einen  ganz 
eigenthümlichen  Anblick.  Alles  ist  weiss;  von  Vegetation  ist 
fast  nichts  zu  entdecken.    Das  Wenige,  was  von  derselben  vor- 

1)  Vgl.  Jes.  1, 18.  —  Die  Übersetzung  nach  d.  Original  vgl.  v.  d.  Red. 

2i  Quarterly  Statement  ISTÜ,  p.  I(i4  —  ItiT:  On  the  mountain  of  the 
scape-goat. 

3;  Siehe  Tafel  I  dieses  Bandes:  Das  Land  zwischen  Jerusalem  und  dem 
todten  Meere  untersucht  und  aufgenommen  vom  K.  W.  Baurath  C.  Schick 
in  Jerusalem  1879. 


217 

handen  ist,  dient  mir  dazti ,  das  Bild  einer  vollen  Wüste  etwas 
malerischer  zu  machen.  Der  muntür  selbst ,  besonders  seine 
Westseite  bedeckt  sich  zur  Regenzeit  mit  etwas  Grün,  da  die 
Hänge  nicht  so  steil  sind;  die  niedrigeren  und  mehr  ausgewa- 
schenen Gegenden  bleiben  völlig  kahl. 

Auf  diese  Gegend  passt  die  Entfernung,  welche  die  Mischna 
für  den  W^eg  von  Jerusalem  nach  sük  angiebt ,  nämlich  zwölf 
(römische^  Meilen.  Die  begleitenden  vornehmen  Juden  durften 
an  jenem  hohen  Festtage  nicht  mehr  gehen  als  einen  Sabbather- 
weg weit;  die  einzelnen  Zelte  werden  also  stets  einen  Sabbather- 
weg von  einander,  bez.  das  erste  von  Jerusalem,  entfernt  ge- 
wesen sein.  1)  Nur  das  letzte  Zelt  lag  noch  einmal  soweit  von 
dem  Orte  siik  ab ;  daher  folgte  der  Begleiter  dem  Bocke  und 
seinem  Begleiter  auch  nicht  bis  zum  Ziele ,  sondern  beobachtete 
sein  Thun  von  der  Ferne.  Nach  Apostelgesch.  1,  12  ist  der  Öl- 
berg,  oder  nach  Luc.  24,  50  ein  Punkt  ostwärts  vom  Gipfel  nach 
Bethanien  zu,  von  Jeiiisalem  einen  Sabbatherweg  entfernt. 
Nimmt  man  diese  Entfernung  zwölf  Mal,  also  12  Sabbather- 
wege, so  gelangt  man  gerade  in  die  Mitte  der  soeben  beschrie- 
benen Kreide  wüste.  2)  Es  führen  dorthin  zwei  alte  Wege.  Der 
südlichere  folgt  anfangs  dem  Kidronthal,  steigt  aber  bald  die 
Höhe  hinauf  über  ehalt  et-t'm  oder  feil  et-fin  und  führt  zum 
dschebel  muntär  und  südöstlich  Aveiter  zum  Berge  mert.  In  der 
zweiten  Hälfte  durchschneidet  er  eine  Gegend,  in  welcher  einige 
Male  der  Name  sak  sich  findet ;  hlr  es-sük  .  icZidi  es-sük.  hurdseh 
sahl  sük.  Diesen  Namen  combinirt  Coxder  mit  dem  sük  des 
Talmuds.  Er  schreibt  —  nach  dem  verstorbenen  T.  Drake,  Mit- 
glied der  englischen  Yermessungsexpedition  —  sUk.  nicht  snk 
und  meint ,  der  Wechsel  von  s  und  s  komme  häufig  vor  und  sei 
kein  Hinderniss ,  jenen  alten  und  diesen  neuen  Namen  für  iden- 
tisch zvi  halten.    Er  erblickt  daher  in  blr  es-sük  die  Stelle   des 

1)  Nicht  dieselben  Männer  bildeten  daf?  Geleit  von  Jerusalem  nach  den 
einzelnen  Zelten ,  sondern  die  Männer  des  ersten  Zeltes  gingen  mit  bis  zum 
zweiten  ,  die  des  zweiten  bis  zum  dritten  u.  s.  w.  Vor  dem  Versöhnungstage 
schon  waren  die  einzelnen  Zelte  besetzt  worden. 

2)  Hiernach  muss  ein  Sabbatherweg  ungefähr  einer  römischen  Meile 
entsprechen;  denn  da  71/2  ris  auf  eine  römische  Meile  gehen,  so  beträgt  die 
in  Frage  stehende  Strecke  zwölf  römische  Meilen  =  90  m,  s.  oben).  So 
rechnen  auch  die  Commentatoren  MAlMONUiES  und  Bartenor.v,  Mischna 
ed.  SuKENUUS  II,  p.  240.     D.  K. 


218 


letzten  Zeltes  und  im  dschehel  muntZir  den  Ort,  wo  der  Bock  hin- 
abgestürzt wurde.  Gegen  diese  Ansicht  habe  ich  mehrere  Be- 
denken. Zunächst  hat  der  muntar  gar  nicht  so  steile  Wandungen, 
wie  der  fragliche  Ort  nach  der  Mischna  gehabt  haben  muss. 
Ferner  liegt  die  Gegend ,  an  welcher  der  Name  suk  haftet ,  noch 
nicht  in  der  eigentlichen  AVüste ;  endlich  geht  es  nicht  an ,  den 
Namen  sük  mit  dem  letzten  Zelt  in  Verbindung  zu  bringen ,  da 
der  13ericht  der  Mischna  das  letzte  Zelt  von  dem  Orte  sük  aus- 
drücklich unterscheidet. 

Der  nördlichere  in  die  eigentliche  Wüste  führende  Weg 
scheint  dagegen  an  einen  durchaus  passenden  Ort  zu  bringen. 
Es  ist  der  Weg,  welcher  über  Bethanien  [el-azartje]  in  ziemlich 
gerader  Linie  nach  Osten  geht ,  in  die  schmale  Ebene  westlich 
von  der  eigentlichen  Wüste  hinab-  und  dann  zur  hlr  ez-zarra  a 
und  den  zerstreuten  und  spärlichen  Ruinen  von  het  hudeclTin  hin- 
aufsteigt. Hier  steht  man  plötzlich  am  Rande  der  Kreidewelt 
und  sieht  in  einen  Abgrund  hinab .  jenseits  dessen  sich  der  hohe 
Kreidekegel  tantlir  hudedim  erhebt.  Nach  dieser  Stelle  ist  meiner 
Meinung  nach  der  Bock  gebracht ,  von  hier  wurde  er  hinabge- 
stürzt. Dieser  nördliche  Weg  ist  gerader  als  der  südliche;  er  hat 
ebenfalls  Cisternen,  ja  kleine  Ortschaften  zur  Seite  gehabt.  Von 
der  Höhe  bei  bet  liüdedün  konnte  man  sehr  Avohl  beobachten, 
wenn  der  Führer  des  Bockes  diesen  nach  irgend  einem  der  Fel- 
senabhänge oder  gar  nach  dem  tanflir  hudcdTin  hinaufführte  und 
dann  hinunterwarf.  Ferner  ist  in  dieser  Gegend ,  in  den  jetzigen 
Namen  bot  oder  darbet  hudedim  —  spärliche  Ruinen  von  einsti- 
gen Häusern  und  rothes  Ackerfeld  —  wadi  hudedTm  —  das 
Hauptthal  dieser  Berggruppe  und  fan(tir  hudedTm  ohne  Zweifel 
das  alte  in  der  Tradition  des  R.  Jehuda  erwähnte  bet  hadlidü  ') 
erhalten.  Dasselbe  ist  dort  Bezeichnung  des  Ortes,  von  welchem 
der  Bock  hinabgestürzt  wurde.  Nur  herrscht  keine  Überein- 
stimmung in  der  Entfernung.  Nach  R.  Jehuda  soll  bet  hadüdü 
drei  römische  Meilen  von  Jerusalem  liegen,  das  heutige  bet  hiide- 
dün  ist  aber  etwa  zwölf  römische  Meilen  \Ki\\  Jerusalem  entfernt, 
also  gerade  soweit,  als  sonst  die  Mischna  den  fraglichen  Ort  sühp) 

1)  Es  liegt  nahe,  das  hadüdü  der  Mischna  mit  dem  Hiob  41,  22  vorkom- 
menden S''-i"nn  zusammenzubringen;  dieses  Wort  bedeutet  »Spitzen«.  Dann 
würde  wohl  richtiger  haddüdü  zu  schreiben  sein.    D.  Red. 


219 

(oben  p.  215)  in  die  AVüste  hinein  verlegt.  Da  also  die  Angaben 
der  Misckna  selbst  gegen  die  von  R.  Jehuda  angegebene  Ent- 
fernung sprechen ,  so  ist  wohl  in  der  letzteren  ein  Irrthum  zu 
vennuthen. 

Die  Meinung  C.  R.  Conder's,  welcher  das  Verdienst  hat, 
zuerst  diese  Frage  aufgeworfen  und  beantwortet  zu  haben,  wollte 
ich  durch  Obiges  weniger  bestreiten ,  als  vielmehr  genauer  be- 
stimmen. Will  man  einmal  einen  Berg  haben,  so  ist  an  den  tan- 
tür  hüdedü».  nicht  an  den  muntär  zu  denken. 


Zusatz  der  Redaction.  Den  von  Herrn  Schick  gegen  die  An- 
sicht Conder's  p.  21S  geltend  gemachten  Bedenken  ist  noch  das 
weitere  hinzuzufügen,  dass  die  beiden  Wörter  mli  und  aüh  sprach- 
lich nichts  miteinander  zu  thun  haben  und  daher  nicht  identifi- 
cirt  werden  können.  —  Herr  Prof.  Fkaxz  Delitzsch  schreibt 
mir  in  Bezug  auf  Obiges :  Hienach  ist  die  Lesart  "jlTin  T^l  für 
ITnn  ri"^! ,  welche  die  Drucke  des  jerusalemischen  Talmud  bie- 
ten, ein  Fehler,  und  die  harmonistische  Bemerkung  des  dortigen 
Glossators  ,  dass  R.  Jehuda  nur  den  Anfangspvmkt  der  Wüste 
angebe  und  die  übrigen  Meilen  die  Entfernung  von  da  bis  suk  be- 
treffen, ist  unbrauchbar.  Das  Zusammentreffen  des  nur  einmal  im 
Talmud  vorkommenden  "niin  T"'!  mit  het  chirbet  hucledtm  macht 
obige  Combination  unzweifelhaft.  Auf  der  richtigen  Fährte  war 
schon  J,  Schwarz,  das  heilige  Land  (1852)  p.  109  f.  Anmerkung.« 


Beiträge 
zur  Palästinakunde  aus  ueuereu  jüdischen  Quellen. 

I.  und  IL 
iMitgetheilt  von  Dr.  M.  Steinschneider  in  Berlin. 


Vorbemerkung. 

Obwohl  bereits  vor  40  Jahren  Ztxnz  in  seiner  Abhandlung  über 
die  geographische  Literatur  der  Juden  ^]  verschiedene  edirte  und  un- 
edirte  Schriften  aufgezählt  hat,  welche  sich  in  einer  oder  der  anderen 
Weise  mit  dem  gelobten  Lande  beschäftigen,  so  ist  doch  meines  Wis- 
sens von  dieser  Literatur  wenig  zu  näherer  Kenntniss  gebracht  wor- 
den. Hat  doch  Tobler's  Bibliographie  dieselben  grösstentheils  unbe- 
achtet gelassen,  wie  man  aus  den  bald  erscheinenden  Nachträgen  der 
Herren  Röhricht  und  Meisnee.  ersehen  wird ,  in  welche  manche  Be- 
richtigung und  Ergänzung  zu  ZuNz  aus  meinem  Catalogus  librorum 
hebr.  in  Bibl.  Bodleiana  (Berlin  1852  —  60)  und  anderswoher  aufge- 
nommen ist,  etwa  70  bis  80  Niimmern,  die  bei  Tobler  fehlen.  Aller- 
dings hat  die  Reise-  und  Gräberliteratur  einen  leider  unberufenen  Be- 
arbeiter gefunden  in  E.  Carmoly,  dessen  Itineraires  de  la  terre  sainte 
(Bruxelles  1847),  theilweise  nicht  direct  aus  dem  Hebräischen  über- 
setzt (s.  meinen  Catal.  p.  2695),  an  Ungenauigkeiten,  Erfindungen  und 
masslosen  Plagiaten  aus  Zünz  leiden.  Nach  einer  anonymen  hebräi- 
schen Schrift,  welche  in  Venedig  1636  erschien,  gab  ich  die  Geschichte 
einer  folgenreichen  Calamität  Ende  1624  unter  der  Überschrift:  »Statt- 
halterwirthschaft  in  Jerusalem«  in  der  Sammelschrift  »Sippurim«,  her- 
ausgegeben von  Pascheles,  Bd.  IV,   1856  p.  49  2). 

Die  nachfolgenden  Mittheilungen  sind  zwei  Schriftchen  entnom- 
men, welche  jedenfalls  zu  den  äusserst  seltenen  gehören.  Ich  gebe  sie 
nach  Excerpten,  welche  ich  vor  30  Jahren  aus  den  Originalen  in  der 
Bodleianischen  Bibliothek  gemacht.  Ihre  Genauigkeit  kann  ich  also 
jetzt  nicht  controliren,  namentlich  einige  in  Nr.  I  vorkommende  Druck- 

1)  Englisch  übersetzt  von  A.  AsHEii  im|II.  Bd.  des  Benjamin  of  Tudela. 
IJas  deutsche  Original  fast  unverändert  abgedruckt  in  ZuNZ ,  Gesammelte 
Schriften,  Bd.  I,  Berlin  187.5. 

2)  Vgl.  über  einen  darauf  bezüglichen  Hymnus  mein  Werk:  Polemi- 
sche und  apologet.  Literatur  in  arabischer  Sprache,  Leipzig  1877,  p.  384. 


221 

fehler  und  incorrecte  Umschreibiingen  von  Fremdwörtern  und  Namen. 
Da  über  beide  Schriftchen  das  Nöthigste  im  oben  erwähnten  Catalog 
gesagt  ist,  so  folgt  hier  nur  eine  äusserst  kurze  Angabe. 

Bei  der  Auswahl  des  Stoffes  habe  ich  hauptsächlich  das  Cul- 
turhistorische  und  Historische  von  allgemeinerem  Interesse  im 
Auge  gehabt,  doch  auch  Einiges  aufgenommen,  was  die  Glaubensge- 
nossen der  Verfasser,  welche  für  jene  schrieben,  insbesondere  betrifft. 
Ich  glaubte  Derartiges  auch  hier  nicht  streichen  zu  müssen,  da  gerade 
über  die  Juden  in  Palästina  in  den  letzten  Jahrhunderten  nur  sehr 
dürftige  Nachrichten  bekannt  sind  und  neuere  Reisende  auf  diese  Be- 
wohner Rücksicht  nehmen,  ohne  ihre  Vorgeschichte  zu  kennen  *).  Aus 
der  ersten  Schrift,  welche  eigentlich  in  die  rituale  Literatur  gehört, 
habe  ich  fast  nur  den  ersten  Abschnitt  wiedergegeben,  welcher  genaue 
Angaben  über  die  Reiserouten  und  deren  Kosten  in  der  Mitte  des 
XVII.  Jahrhunderts  enthält. 

Was  das  Verhältniss  meiner  Mittheilungen  zu  den  Originalen  be- 
trifft, so  habe  ich  nur  einzelne  Stellen  wörtlich  wiedergegeben,  mei- 
stens auf  eine  gedrängte  Inhaltsangabe  mich  beschränkt.  Letztere  habe 
ich  schon  in  Oxford  aus  dem  hebräischen  Originale  der  zweiten  Schrift  in 
deutscher  Sprache  abgefasst  und  nur  wenige  Textstellen  notirt,  die  ich 
erst  jetzt  übersetzte.  Der  Verlockung  zu  Erläuterungen  und  Anmer- 
kungen habe  ich  nicht  nachgegeben,  bei  den  Lesern  dieser  Blätter  viel- 
mehr eine  gewisse  Kenntniss  vorausgesetzt,  welche  jene  überflüssig 
macht.  Ich  bemerke  nur  noch,  dass  ich  den  Werth  meiner  Mitthei- 
lungen nicht  überschätze,  aber  den  gegönnten  Raum  nicht  verschwen- 
det zu  haben  fürchte. 

Berlin,  im  April  1880. 

I. 

Aus  Darke  Zion  IT^S  '^Dl'l)  von  Mose  ben  Israel  Naftali 
Porjes  (Mose  Präger). 

Das  Schriftchen  (Bibl.  Oppenh.  1267  Qnart)  erschien  mit 
hebräischem  nnd  jüdisch -deutschem  Titel  4«  ohne  Ortsangabe 
(wahrscheinKch  Frankfurt  am  Main)  1650,  ist  aber  sonst  durch- 
aus in  jüdisch-deutscher  .Sprache  abgefasst  (CataL  Bodl.  p.  487 
Xr.  3226  und  Addenda) .  Es  beginnt:  )iHört  mir  zu,  Männer  und 
Weiber,  das  lässt  enk  [altdeutsch  für  euch]  wissen  Mo  sehe 
Präger  der  Schreiber.«  Pforte  (Abschnitt)  I:  fisn  n^-^n  ny« 
über  die  Reise  nach  dem  heil.  Lande,  beginnt  (Bl.  2)  mit  der  l}e- 
merkung:    Wo  »Thaler«  angegeben  wird,    ist  ein  Löwen  thaler 

i;  Der  1.  Theil  einer  Geschichte  der  jüdischen  Gelehrten  in  Jerusalem 
seit  dem  XVI.  Jahrhundert  u.  s.w.  von  Arje  Loeb  Frumkin,  betitelt  ".-X 
bxiniL',  erschien  in  AVilna  1874  (XX,  124  pp). 

Ztschr.  d.  P;il.-Ver.    HI.  jg 


222 

{"["h-J  in'^b)  gemeint;  rotl  [büSli  ist  als  Gewicht  5  deutsche  Pfund, 
als  Maass  l  \  '2  Prager  Pint  (Pinte ,   Nössel  i .    Ein  rotl  hat  1 2  Un- 
zen, eine  Unze  75  Dirhem.    Ein  Paia  (iniS)  ist  eine  .Silbermünze, 
wovon  3  soviel  als  2  Batzen  ^r^^)'  ®"^  Löwenthaler  hat  30Paras 
(D^-lB  sie). 

In  einem  Wagen  für  drei  Personen  zahlt  man  von  O  f  en  nach 
l^elgrad  6  Thaler;  es  sind  9  Tagereisen.  Von  Belgrad  his  So- 
phia (S?i"'2'nri  pp)  zahlt  man  für  drei  Personen  ebenfalls  6  Thaler, 
ebensoviel  von  dort  bis  nach  Adrianopel  und  von  dort  nach 
Constantinopel.  Man  thut  am  besten  die  Gelegenheit  gleich 
von  Ofen  bis  dahin  zu  nehmen,  damit  man  nicht  unterwegs  »Zu- 
fuhren« jllS  12,  so  getrennt,  wie  oft  im  Jüdisch-Deutschen)  be- 
kömmt. 

Eine  andere  Route  von  Adrianopel  bis  nach  der  Gemeinde  ') 
Klein  Rhodus,  türkisch  i^l^TU^Äil ,  können  drei  Personen  für 
4  Thaler  machen. 

Aon  Wien  bis  Sophia  gelten  4  Ungarisch  B  Kreuzer  (im  Text 
Druckfehler  15<';2  «"^l ;  lies  Töbs  ^''''11 ;  abs  (»Bild«)  für  Kreuz 
mit  der  deutschen  Endsilbe,  noch  heute  in  Gebrauch  bei  unge- 
bikbjten  Juden  in  Süddeiitschland  \ind  Osterreich) .  Eine  Münze 
heisst  spanische  80  Kreuzer,  soviel  als  80  polnische  Groschen; 
diese  gelten  einen  Reichsthaler,  auch  in  Jerusalem.  Die  Löwen- 
thaler gelten  unterwegs  eben  so  gut  wie  in  Jerusalem.  Von  Con- 
stantinopel an  und  weiter  in  der  Türkei  gelten  Reichsthalcr  nicht 
so  gut,  wie  in  »diesen  Ländern,  sogar  in  Jerusalem«.  Alte  'Cp'TTl, 
die  man  in  Polen  alte  Dreier  nennt,  gelten  auf  dem  ganzen  Wege 
bis  Jerusalem  13^2  einen  Reichsthaler,  d.  h.  ein  solcher  (Dreier) 
ist  6  Asper  ('IBTÖii),  und  80  Aspern  sind  ein  Reichsthaler.  Neue 
TJ13?  ntJ15"'3  (?)  gelten  5  einen  Reichsthaler  bis  Belgrad.  Allerlei 
Dukaten  gelten  unterwegs  1 0  Kreuzer  weniger  als  in  »diesen  Län- 
dern«. Venetianische  Dukaten  oder  Zechinen  T^rp^^S)  gelten 
unterwegs  wie  in  »diesen  Ländern«,  müssen  aber  vollwichtig  sein. 
Zu  Jerusalem  gilt  eine  Zechiue  2 ''2 Löwenthaler.  Ein  Realthaler 
(nb-J  bi?'^-'-!)  gilt  überall,  auch  in  Jerusalem,  für  einen  Reichsthaler. 
In  Jerusalem  gibt  es  eine  Silbermünze  Para  (ni<"i55S  ,  welche  in 
Aegypten  geprägt  wird.  Im  grossen  Rluxhis  lü'lSI  bekömmt 
man  33  Para's  für  einen  Löwenthaler.   in  Jerusalem  30  für  einen 

1,   Der  Verf.  denkt  an  die  Gemeinden  seiner  Glaubensgenossen. 


223 

Reichsthaler.  Kleidungsstücke  soll  man  in  Ofen  kaufen.  Im 
Monat  Ab  (August)  soll  man  in  Constantinopel  sein,  da  im  ¥Au\ 
(Sept.)  von  dort  viele  Schiffe  ausgehen,  so  dass  man  billig  mit- 
kommen kann  und.  der  Natur  nach,  vor  Räubern  sicher. 

Ein  anderer  Weg  geht  von  Lemburg  (so),  wird  im  Ijjar 
(Mai)  mit  einer  Karawane  (l'Tl'lp)  von  Kaufleuten  angetreten,  bei 
welcher  man  sich  aufdingt.  »Es  sein  [sind]  etliche  gute  Leut  dar- 
auf bestellt.« 

A'on  Constantinopel  nach  Jerusalem  giebt  es  zwei  Wege. 
entweder  zu  Wasser  von  dort  oder  von  Klein-Rhodus  aus.  Die 
Person  bezahlt  bis  Gross-Rhodus  oder  ■'blCliin  1  \^2  Thaler.  Man 
soll  nicht  nacliMizrajim  (?)  dingen,  welches  »hinter  Jerusalem«  liegt 
u.  s.  Av.  In  Gross-Rhodus  dingen  viele  Personen  zvisammen 
ein  Schiff  Si'ips^a  0113,  welches  25  grosse  Ruder  hat  und  vor  Räu- 
bern ganz  sicher  ist,  wde  vor  bösem  Wind,  sich  nahe  von  den 
Borden  hält  und  nur  einmal  Tag  und  Nacht  auf  hoher  See  ist. 
Bei  der  Abfahrt  von  Gross-Rhodus  zahlt  Jeder  an  Steuer  oder 
Zoll  (ODTfl)  Y3  Löwenthaler  an  den  Schiffmann,  mit  Einschluss  der 
Equipage  4  Löwenthaler  bis  Joppe  (lBi5''i,  w'elches  eine  halbe 
Tagereise  von  Jerusalem  entfernt  ist.  Bei  gutem  Wind  fährt  man 
von  Gr.-Rhodus  bis  Joppe  6  Tage.  Beim  Landen  muss  Jeder 
10  (!)  Löwenthaler  Steuer  und  einen  Löwenthaler  der  »Compag- 
nie«  (?) ,  welche  bis  Jerusalem  mitreitet,  bezahlen.  Dafür  giebt  der 
Steuereinnehmer  jeder  Person  einen  Esel  bis  Jerusalem.  A'on 
allem,  was  AVaare  genannt  werden  kann,  muss  man  Zoll  zahlen, 
wesshalb  man  Leinwand  in  Stücke  schneide.  Allezeit  ist  es  bes- 
ser, sich  mit  dem  Zolleinnehmer,  wenn  man  kann,  auszuglei- 
chen, damit  er  nicht  besuche  (untersuche)  und  man  geplündert 
werde.  Am  Thore  zu  Jerusalem  muss  man  auf  den  Vermittler 
('jb'imü)  warten  und  zahlt  zwei  Löwenthaler  Steuer. 

Danach  stellt  sich  heraus,  dass  man  von  Wien  nach  Jeru- 
salem 50  Reichsthaler  braucht,  von  Leniberg  aus  noch  mehr.  A'on 
Constantinopel  aus  zu  Land  braucht  man  nach  Jerusalem  7  Wo- 
chen, es  sind  350  deutsche  Meilen.  Von  Constantinopel  setzt 
man  nämlich  über  nach  Scutari  1S5I2i:kTÜ  siel,  wo  die  Karawane 
sich  versammelt.  Man  reitet  auf  Mauleseln.  Jede  Person  giebt 
2  TC'^p;'a"lbp .  die  einen  deutschen  Centner  wiegen,  mit  [als  Ge- 
päck]. Bis  .Jerusalem  braucht  man  von  dort  wenigstens  33  Lö- 
wenthaler inclusive  Steuer,  ausser  Zehrung  inid  anderen  einzelnen 

16* 


224 


Ausgaben,  wie  sonst  beim  Wandern.  Auch  kann  nicht  Jeder  das 
Reiten  wohl  vertragen,  besonders  Frauen,  da  man  die  Füsse 
»gleich  liegen  haben  muss  und  der  Rücken  bricht  Einem«  aus 
Mangel  einer  Lehne,  wesshalb  sich  Weiber  in  Constantinopel 
eine  Sänfte  oder  einen  Stuhl  machen  lassen  sollen,  welche  man 
auf  den  Esel  bindet.  Das  kostet  aber  mehr,  Aveil  dann  Jemand 
den  Esel  führen  muss.  Die  jüdischen  Gemeinden  bis  Jerusalem 
sind:  Angaria,  Haleb  a5'bi?n,  d.  h.  nntS  Dli5  (bekannte  Be- 
zeichnung für  Haleb),  Hama,  d.  i.  Hamat,  Damaskus  d.  i. 
ein;  DISi.  Die  meisten  Karawanen  ziehen  nicht  nach  Angaria 
und  Haleb,  sondern  unmittelbar  nach  Hama  und  Damaskus.  Von 
Damask  kann,  wer  da  will,  nach  uySITl?,  d.  i.  flBS  (^^Safat),  und 
Sichem  und  von  da  nach  Jerusalem .  oder  von  Damaskus  nach 
Sichern;  die  Kosten  sind  dieselben,  nur  muss  Jeder  zu  Safat  2  Lö- 
Aventhaler  Steuer  zahlen,  kann  aber  an  vielen  Gräbern  der  From- 
men beten. 

Die  Totalsumme  der  Landreisekosten  von  Wien  oder  Lem- 
berg  bis  Jerusalem  beträgt  also  100  Reichsthaler 

(Bl.  3^j  Silber  und  Gold  soll  man  nicht  viel  mitnehmen,  auch 
wenn  man  reich  ist;  denn  es  »macht  viel  Aufsehen«.  Auch  ist 
Gold  in  Jerusalem  billiger,  als  ausserhalb  des  (heil.)  Landes. 
Auch  schöneres  Pelzwerk  (Futter)  soll  man  nicht  mitnehmen  we- 
gen des  Scheines  ("J^y  fT^iilia) .  Gewürz  ist  in  Jerusalem  billiger, 
nur  Muscatblüte  sieht  man  w^enig.  Safran  ist  wohlfeil  und  nicht 
sehr  gut,  ein  deutsches  Pfund  kostet  6  Kreuzer. 

(Bl.  4)  Im  gewöhnlichen  Jahre  kostet  ein  rotl  Weintrauben 
2  Kreuzer;  daraus  gewinnt  man  ^jirotl  Wein,  d.  i.  3  Prager 
Seidel,  oder  auch  eine  Frankfurter  Maass. 

(Bl.  4^),  Die  Leute,  Avelche  im  Hof  des  Heiligthums  Avoh- 
nen,  wo  die  Synagoge  und  2  Lehrhäuser  sind ,  wohnen  beengt 
und  haben  Avenig  Wasser;  dafür  können  sie  (rechtzeitig)  dem 
Frühgebete  ("^plb  D'^l'aiTDj  beiwohnen ,  indem  der  Hof  nach  dem 
Abendgebet  (ail^^tt)  geschlossen  und  erst  bei  Tage  geöffnet  wird, 
also  für  andere  unzugänglich  ist. 

(Bl.  5.)  Jeder  Familienvater  (IT'Sn  bynj,  auch  der  Arme,  der 
kein  Haus  hat,  muss  3  LÖAventhaler  Kharadsch  ('OIH!)  bezahlen, 
die  Hälfte  im  Sommer,  die  Hälfte  im  AVinter.  Allerlei  Essen  und 
Trinken  ist  in  Jerusalem  vorhanden ,  aber  wenig  Geld.  Der 
Reiche  hat  alles  billig,   der  Arme  verzichtet  (»genirt  sich«)  mehr 


225 

als  in  der  ganzen  Welt,  da  die  Gemeinde  viel  schuldig  ist,  be- 
sonders seit  der  grossen  Verwüstung  (p'lH)  in  Polen  [1648],  von 
wo  sonst  etliche  Tausend  jährlich  kamen. 

,  Pforte  II.  (lil.  5"^):  nbsnn  ny©.  vom  Gebete.  Darin  führt  der 
Verf.  gegen  Anfang  und  Hl.  7^  an ,  was  er  von  seinem  limder 
Gntmann  Porjes  rT'IIBj^)  gehört  habe.  Aus  dieser  Abthei- 
lung sei  nur  Weniges  hier  bemerkt.  Die  Betenden  legen  auch 
zum  Nachmittagsgebete  den  Betmantel  (Talit)  und  Riemen  (Te- 
fillin)  an;  es  werden  auch  Bussgebete  (nirT^bo),  wie  des  Morgens, 
recitirt.  Während  des  Vorlesens  ans  der  Thora  darf  Niemand 
ein  lautes  Wort  sprechen. 

(Bl,  7).  Am  Gesetzfreudenfeste  behängt  man  die  Synagoge 
mit  den  Vorhängen  (HDT^B)  u.  s.  w.  »Das  ist  gewiss  Gott  und 
allen  Erzengeln  fnilUn  iDS^b^j  lieb.« 

Bl.  S''  spricht  der  Verf.  von  einem  Gutachten  fpDB).  welches 
sein  Verwandter,  »der  da  ist  gewesen  ein  N  a  s  i  (Fürst ,  Vorge- 
setzter) in  Palästina,  Jesaia  Ha-Levi  Hur-vvitz«  (aus  Horowdcz 
in  Böhmen  stammend)  ,  früher  Rabbinatsvorsitzender  ("lli^)  zu 
Prag,  aus  Palästina  nach  ausw^ärts  geschickt  hat.  In  demselben 
waren  viele  Citate  aus  Talmud  und  Midrasch  beigebracht  und 
wurde  nachgewiesen,  dass  die  Armen  Palästina's  als  »Arme  deiner 
Stadt«  (d.  h.  Ortsarme]  überall  anzusehen  sind.  Eine  ähnliche 
Deutung  hat  der  Verf.  gehört  im  Namen  des  Isak  Kohen,  »der 
das  teutsch  C'humasch  hat  gemacht« ,  Schwiegersohn  des  Hirsch 
A.  Loeb2  . 

Pforte  III  (Bl.  9=^):  1^'n^br\  nyiU,  Pforte  des  Unterrichts. 
Fromme  Weiber  stehen  draussen  vor  dem  Lehrhause,  um  studiren 
zu  hören,  und  lesen  deutsche  Gebete.  Nach  dem  Abendgebete 
studiren  alle  Mitglieder  der  Schule  (rO'^TD'')  die  Mischna.  —  Nicht 
w-eit  vom  Gottesacker  sind  2  Löcher  in  einem  Felsen ;  man  sagt, 
eines  sei  der  Eingang  in  das  Gehinnom  ^) .  Am  Grabe  Raheis 
betet  man,  predigt .  tanzt  herum ,  isst  uud  trinkt.  —  Wer  zur 
Thora  gerufen  werden  soll,  bekommt  vorher  ein  silbernes  Blech. 

1)  Dieser  Name  kommt  noch  jetzt  in  Prag  als  Familiennamen  Porges  vor. 

2)  Über  diese  Personen  s.  Catal.  Bodl.  sub  voce. 

3)  Die  alte  Vorstellung  von  Eingängen  in  die  Unterwelt  lässt  sich  bei 
den  Juden  bis  zum  Talmud  hinauf  verfolgen ;  s.  die  Nachweisungen  in  der 
Hebr.  Bibliographie  l!5(ll,  p.  1U5,  wo  irrthümlich  »Menachem«  Porges  für  Mose 
gedruckt  ist. 


226 


Pforte  IV:   mDTn  'I^TD,   Pforte  des  Andenkens.     Anzünden 
von  Lichtern  zur  Erinnerung  an  Verstorbene  u.  s.  w. 


II. 

Aus  Seha'alu  Schelom  Jerusehalajim  {n'^bir:"!"'  nbE  ibsiTT    von 

G  e  d  a  1  j  a  aus  Semiecz. 

Dieses  hebräische  Schriftchen  erschien  auf  16  ungezählten 
Blättern  in  S*',  Berlin  1716  mit  einer  Approbation  des  Kabbiners 
Jechiel  MicheV .  Der  A'erfasser  zeichnet  sich  zuletzt :  Gedalja 
r^U^^lsrctt  (so  lies  in  Catal.  Kodl.  p.  1003,,  »der  in  Jerusalem 
Avar  (( . 

Über  den  zu  Anfang  erwähnten  Jehuda,  welcher  in  Deutsch- 
land die  Ankunft  des  Messias  in  Palästina  verkündet  hatte,  ver- 
weist Wolf  (Bibl.  hebr.  IV,  p.  831)  auf  Phil.  Nie.  Lebrecht, 
der  geistlich  todte  Jude,  p.  9  ff .  Vgl.  auch  Schudt,  Jüdische 
Merck würd.  II,  p.  58  —  62. 

Das  Büchelchen  beginnt  Bl.  2  :  »Am  Neumond  des  Monats 
Cheschwan  401  (Herbst  1700)  am  Mittwoch  kam  unser  Lehrer 
Jehüda  Chasid  der  Fromme)  mit  imserer  ganzen  Genossenschaft 
nach  Jenisalem.  Der  Schwiegersohn  des  genannten  Jehuda  hiess 
Jesaia.  der  Arzt  der  Gesellschaft,  Mardochai  Molco  '?  IDb'a^ .  Den 
folgenden  Montag  ^also  am  6.  des  Monats  starb  Jehuda  und  ein 
frommer  Mann  Namens  Salman  '^b4b'''^2;  beide  Avurden  zusammen 
begraben.  1^1.  2^  wird  gelegentlich  bemerkt,  dass  kein  Jude  in 
der  Nacht  ausgehen  darf.  Am  Ende  des  Jahres  460  (Spätsommer 
1700)  wurde  die  Synagoge  erbaut  »mit«  dem  heiligen  Hofe,  und 
darin  gegen  40  Häuser  mit  40  verkalkten,  kein  AVasser  durchlas- 
senden Cisternen  (Bl.  3).  Drei  aufeinanderfolgende  Jahre  giebt 
man  gewöhnlich  dem  vom  Sultan  nach  Jerusalem  gesendeten  Pa- 
scha CCiso!)  500  Thaler,  welche  »Löwen«  genannt  werden. 
Wenn  aber  die  geringste  Vergrössening  vorgenommen  Avird,  wie 
es  damals  der  Fall  Avar,  so  kostet  das  eine  besondere  Bestechung, 
\ind  die  J\iden  müssen  das  Geld  von  den  Ismaeliten\!  gegen  Zins 
leihen.   Dieser  Zins  Avird  Bl.  16^  auf  zehn  Prozent  angegeben. 

1    Dieses  Wort  bedeutet  gewöhnlich  Muslimen.  Der  Verf  scheint  haupt- 
sächlich Türken    im  Gegensatz  zu  Arabern    zu  meinen. 


227 

Bl.  3''  bespricht  die  Art  der  Besteuerung  von  Juden  und 
Christen,  üer  Einzug  des  neuen  Pascha,  der  nach  türkischer 
Politik  jährlich  wechselt,  kostet  Geschenke  und  Bestechung 
(Bl,  4).  Vier  Füsse  eines  Lammes  oder  einer  Ziege  kosten  einen 
Para  nyiE  !;,  der  so  viel  ist  als  5  polnische  Groschen  D'^bTlJ).  — 
Bl.  11  wird  als  Preis  eines  Bades  ebenfalls  ein  Para  angege- 
ben, der  beinahe  so  viel  werth  sei  als  ein  Kaisergroschen.  —  Ein 
Jude,  der  einem  Araber  oder  Türken  etwas  Wein  oder  Brannt- 
wein verkauft,  wird  als  Verführer  eingesperrt,  mit  Leibes-  und 
Geldstrafen  belegt  (4^) .  Die  Juden  ziehen  Avenig  nach  Aegypten 
hinab,  weil  die  Karawane  am  Sabbat  nicht  rastet,  «es  sei  denn, 
dass  mit  dem  Eselbesitzer  vorher  bedungen  wird,  dass  er  unter- 
wegs am  Sabbat  warte ;  erwartet  aber  j^auch  dann?]  nicht  Daher 
ziehen  die  Juden  von  Jerusalem  nach  Aegypten  nur,  wenn  sie 
dazu  gezwungen  siiul.  —  Wenige  Juden  haben  Läden  für  Nah- 
rungsmittel, arabisch  nboiÄD  (!),  manche  setzen  sich  in  Compag- 
nie  mit  Türken.  Einige  Juden  werden  Westländer  liiliya  "^t^:!!?, 
chald.  Form  für  aiyc),  in  ihrer  Sprache  »Moriscos«  genannt;  sie 
reden  ihre  Sprache  [spanisch?],  auch  aramäisch  (?!);  ihre  Klei- 
dung ist  fast  die  der  Araber,  so  dass  man  sie  kaum  unterscheiden 
kann,  da  auch  die  Araber  den  Bart  nicht  scheeren.  .  .  Sie  haben 
Esel,  ziehen  von  Ort  zu  Ort  mit  Gewürzen  und  anderen  Din- 
gen und  nehmen  dafür  Weizen  und  Gerste  und  andere  Nah- 
rungsmittel, welche  sie  nach  Jerusalem  bringen  und  verkaufen. 
Damit  ernähren  sie  sich,  aber  die  weitaus  meisten  sind  ami.  Die 
deutschen  Juden  können  gar  nichts  anfangen  (Bl.  5^.  — 

Alle  Nationen,  wie  die  Israeliten,  unterstützen  ihre  Glau- 
bensgenossen in  Jerusalem.  Schilderung  der  Speisen  Bl.  5^.  Je- 
rusalem's  Lage  und  Bauart  Bl.  7.  Es  giebt  beinahe  mehr  Chri- 
sten (D'^lDy;.  als  Ismacliten  (Türken?)  und  Araber  in  Jerusalem. 
Arme,  Lahme  iind  Blinde  sind  von  der  Kopfsteuer  befreit.  Der 
Einnehmer  wartet  oft  an  der  Synagogenthür,  um  die  Steuerquit- 
tung zu  controliren.  Manchmal  erhält  er  auch  durch  Bestechung 
vom  Oberhaupt  der  Stadt  die  Bewilligung  zu  einer  Iläuservisi- 
tation.  Dann  flüchten  sich  die  Armen  von  einem  Stadtthcile  zum 
anderen  (Bl.  7^).  — Die  Wasserträger  rufen:  Maja,  Maja,  das 
ist  die  Übersetzung  (D15in)  von  D'*'!?.  »Die  Araber  sprechen  ihre 
Sprache  aramäisch,  das  istTargum«  (!)i),  aber  verdorben,  nicht 

1)  So  heisst  bekanntlich  die  aramäische  Übersetzung  der  Bibel. 


228 


■wie  es  im  Targum  geschrieben  Avird.  Daher  ist  das  Verständniss 
auch  dem  Gelehrten  asn  TTabn  schwer,  auch  desshalb,  Aveil  sie 
mit  Geläufigkeit  (oder  Schnelligkeit,  nSTTon)  sprechen  Doch 
kann  der  Gelehrte  leicht  das  ihm  Notlüge  erlernen,  z.  li.  etwas 
auf  dem  Markte  zu  kaufen  u.  dgl.  (Bl.  S).  Die  Araber  nennen 
den  Richter  Dajjän,  das  ist  Targum  von  122110.  Sie  reden  nämlich 
in  der  Sprache  des  Targum.  Die  Ismaeliten  nennen  ihn  in  ihrer 
Sprache  "^Ip  (sie!  Lies  kädi.  Bl.  S^).  Die  Einnehmer  ("»SaÄ)  der  Pa- 
lästinagelder im  Auslande  (ynfi<b  nsin  mögen  darauf  achten, 
dass  kein  Pfennig  verloren  gehe,  insbesondere  dass  man  von  den- 
selben nichts  an  Prediger  und  Cantoren  gebe,  welche  von 
Stadt  zu  Stadt  umherreiseu,  um  sich  zu  ernähren.  Denn  die  Be- 
wohner Zions  vertiefen  sich  in  die  Lehre  (Thora)  und  haben 
nichts,  sich  zu  ernähren  (Bl.  9''). 

»Es  ist  bekannt,  dass  mein  Bruder,  der  im  ganzen  Königreich 
Polen  berühmt  ist,  ein  Jerusalemer,  ausgezeichnet  in  der  heiligen 
Genossenschaft  des  Sittenpredigers  Jehuda  Chasid  Levi,  allge- 
mein genannt  Mose  Semieczer  (lTi:t:i"''ayD) ,  mit  seinen  Ge- 
nossen den  »Weinberg  von  den  Dornen«  gereinigt,  nemlich  von 
Chajjim  Mal' ach  und  dessen  Genossen,  so  dass  nur  Getreide 
ohne  Spreu  geblieben«  (Bl.  9^)^). 

Über  die  Höhle  [Grabhöhle?]  des  Nicodemon  (iTa-^lpS«)  ben 
Gorion  und  des  Kalba  Sabua  hat  der  Verfasser  von  denen,  die 
dort  [wo?]  waren,  AVunderdinge  gehört,  will  aber  nichts  davon 
schreiben,  weil  er  nicht  mit  eigenen  Augen  gesehen 
(Bl.  lO'')-^!. 

Bl.  11  fmit  rabbinischer  Schrift  gedruckt)  handelt  von  He- 
bron etc.  Im  J.  466  (1705/6)  fiel  eine  ganze  Woche  Schnee  (Bl.  12*). 
Bl.  13'^  spricht  von  den  Trachten  und  Kleiderfarben;  grüne  oder 
gelbe  dürfen  nur  die  »Ismaelitenc  tragen.  »Die  Araber  sind  gegen 
die  Juden  absolut  feindlich  □■^"ni2!^  D'^yTDl)  und  thun  den  Juden 
auf  offener  Strasse  Unbill  (nyül  sie)  an.  d.  h.  wenn  der  Ismaelit 

1^  Ich  kenne  keine  Quelle  über  diese  Streitigkeit.  —  Ein  Raphael  Chaj- 
jim Mal'ach  (Angeli]  lebte  17S1,  s.  HS.  Almanzi44,  II  Vessillo,  her- 
ausgegeben von  iServi,  1879  p.  307. 

2;  Über  Nicodemon  8.  Talmud,  Tract.  Gittin  f.  5G'',  Taanit  19,  Ketubot 
65»,  06'^  Abot  de-Kabbi  Natan  Kap.  ü.  Über  Kalba  s.  Talmud,  Gittin  f.  56. 
Im  Index  zu  Carmoly,  Itineraires  de  la  terra  sainte  p.  559,  wird  unter  «Kalbe 
so!,  Schebua"  p.  376  angegeben,  wo  aber  derselbe  nicht  vorkommt. 


229 

oder  mich  der  Araber  ein  in  der  .Stadt  angesehener  Mann  ist.  so 
Avird  er  dem  Juden,  den  er  anf  der  Strasse  trifft,  kein  Leid  zufü- 
gen ;  aber  das  Zusammentreffen  mit  den  »Kleinen«  (inihedenten- 
den  Personen)  ist  dem  Israeliten  ein  Übel.  Denn  es  ist  demselben 
nicht  gestattet,  die  Hand  gegen  die  Nation  der  Ismaeliten  zu  er- 
heben, und  die  Araber  haben  dieselbe  lleligion  (ni'öS?  .  wie  die 
Ismaeliten.  Wenn  ein  solcher  einem  Israeliten  einen  .Schlag 
giebt.  so  geht  dieser  mit  ]>itten  [davon],  wagt  aber  nicht  zu  wi- 
dersprechen, damit  er  sich  nicht  eine  grössere  Tracht  l*rügel  zu- 
ziehe ;  denn  er  ist  in  den  ATigen  (des  .Schlägers]  verachtet.  .So 
benehmen  sich  die  Sefaradim  [spanisch-portugiesischen  Juden], 
welche  schon  daran  gewöhnt  sind.  Die  deutschen  Juden  aber, 
welche  noch  nicht  gewöhnt  sind ,  von  den  Arabern  Schläge  zu 
dulden,  fluchen  ihnen,  wenn  sie  deren  .Sprache  verstehen,  oder 
springen  mit  Zorn  auf  dieselben  los  inid  erhalten  mehr  l^rügel. 
Allerdings  wenn  ein  angesehener  Ismaelit  dazu  kommt,  schilt  er 
den  Araber  und  jagt  denselben  von  dem  Juden  Aveg  oder  wartet, 
bis  der  Jude  seines  Weges  geht.  Auch  die  ünbeschnittenen 
(Christen)  leiden  solche  Unbill  (..mb^n  Dnb  TiJi) .  Erzürnt  ein  Jude 
einen  Ismaeliten,  so  haut  ihn  dieser  zur  Schmach  mit  dem  .Schuh 
an  seinem  Fusse  in  grausamer  Weise,  und  niemand  rettet  ihn  aus 
seiner  Iland.  Eben  so  geschieht  den  Unbeschnittenen,  über- 
haupt sind  die  Unbeschnittenen  in  gleichem  Exil  Unterdrückung) . 
nur  haben  sie  sehr  viel  Geld,  weil  man  ihnen  aus  allen 
Ländern  solches  schickt.  Sie  bestechen  also  durch  Geld  und 
wehren  die  Ismaeliten  ab;  die  Juden,  die  nicht  viel  Geld  zur  Be- 
stechung haben,  sind  daher  etw  as  grösserer  Unterdrückung  aus- 
gesetzt.« 

Im  Jahre  1703  empörten  sich  die  ]^)ewohner  Jerusalem's  gegen 
den  Pascha.  Als  dieser  nämlich  einmal  die  .Stadt  verliess.  schlös- 
sen sie  die  Thore  und  Hessen  ihn  nicht  wieder  ein.  Er  spannte 
seine  Zelte  rings  um  die  heilige  Stadt  aus.  durfte  dieselbe  aber 
nicht  mit  Pfeilen  beschiessen ,  während  die  Einwohner  ihn  be- 
schiessen  durften.  .So  blieb  es  mehrere  Wochen,  so  dass  die 
Noth  in  der  eingeschlossenen  Stadt  überhand  nahm  ,  und  man 
hielt  dieselbe  aus  Furcht  noch  geschlossen,  nachdem  er  schon 
abgezogen  war.  Auch  zog  man  viele  Araber  als  Hülfe  in  die 
Stadt.  Im  folgenden  Jahre  kam  der  Nachfolger  des  l^ascha,  der 
ebenfalls  mehrere  Wochen  vor  der  Stadt  lag .  bis  man  sich  dahin 


230 

einigte,  dass  er  nur  in  Begleitung  von  drei  Dienern  anf  einen 
einzigen  Tag  in  die  Stadt  ziehen  sollte ,  nm  die  Steuern  einzu- 
nehmen, und  so  -wurde  es  gehalten  bis  ziim  J.  1705,  -während  man 
heim  Sultan  vorgab,  dass  nur  des  Pascha' s  Gewaltthaten  und  Er- 
pressungen den  Widerstand  verursachten  und  keine  Empörung 
beabsichtigt  sei.  Im  Winter  des  Jahres  466  (1705/6)  kam  ein 
neuer  Pascha  mit  starker  Macht.  Die  Jerusalemer  zerfielen  unter- 
einander, da  eigentlich  nur  ein  Fürst,  den  man  nakih  nennt ,  mit 
seiner  Partei  den  Widerstand  veranlasst  hatte.  Seine  theihveise 
aus  Furcht  ihm  zugefallenen  Anhänger  fielen  von  ihm  ab ,  die 
Angesehensten  der  Stadt  begaben  sich  nach  der  Davidsburg 
(TlT  b'^^'53.  -wohin  der  Sultan  ge-wöhnlich  die  Besatzung  legt,  da- 
mit sich  die  Stadt  nicht  empöre ;  aber  die  l^esatzung  selbst  pflegt, 
nachdem  sie  mit  den  EinAvohnern  bekannt  ge-worden.  abzufallen). 
Der  nalfih  blieb  in  seinem ,  ebenfalls  hohen  ,  befestigten  Hause. 
Man  beschoss  sich  gegenseitig,  bis  auch  letzterer  versprach,  sich 
vor  dem  Pascha  zu  beugen.  Dieser  schrieb  an  jene  Angesehenen, 
den  Rebellen  nicht  ent-wischen  zu  lassen ;  -wer  ihn  lebendig  an 
den  Sultan  ausliefere,  -werde  durch  ein  grosses  Geschenk  belohnt 
-«erden.  Das  Schreiben  fiel  aber  in  die  Hand  des  naklb,  -welcher 
daher  mit  300  Haupträdelsführern  in  der  Nacht  entfloh.  Der  ein- 
ziehende Pascha  aber  )■>  plünderte  mid  zertrat«  D^"i1  C'Sn),  Hess 
nicht  Einen  unberaubt ,  sogar  die  ihm  als  reich  bekannten  Juden 
sperrte  er  ein  und  zwang  sie  zvi  grosser  Geldbestechung.  Als 
Vorwand  vor  dem  Herrscher  (Sultan :')  hiess  es,  sie  seien  Kebellen. 
Es  kam  mni  vom  Herrscher  ein  neues  Heer ,  um  in  der  Stadt  zu 
bleiben  und  -v\eiteren  Aufstand  zu  verhindern    Hl.  14). 

»Eine  -wunderbare  Geschichte  in  Jerusalem.«  Ein  neuer 
l^ascha ,  ein  wahrer  Bösewicht ,  legte  den  Juden  und  Christen, 
sogar  theihveise 'den  Muslimen,  neue  Erschwerungen  auf.  Den 
Juden  verbot  er  das  Tragen  Aveisser  Gewänder  am  Sabbath ,  das 
Eisen  an  den  Sohlen  der  Schuhe.  Die  Gewinde  (Turbanbefesti- 
gungen .')  des  Kopfes  sollten  schwarz  sein  und  die  Turbane 
□"'"D'^D;  hoch,  damit  man  jede  Nation  erkenne.  Die  Juden, 
Avelche  in  den  Dörfern  miter  den  Ismaeliten  umhergehen,  hatten 
sich  nämlich  der  niedrigen  Turbane ,  wie  sie  diese  tragen,  be- 
dient; ebenso  selbst  die  deutschen  Juden,  wie  sie  die  Jeruschal- 
mijjim    aus   Jerusalem  Kommenden    in    )>  diesen  l^rovinzen«  (in 


231 

Europa;  haben.  Da  die  nciiverordneten  Kopfl)edeckiingeu  fehl- 
ten, so  konnte  man  nicht  ausgehen.  Auch  sollten  die  Jiiden 
stets  vor  den  Ismaeliten  nach  links  ausweichen;  noch  andere 
schwere  Verordnungen  (mniTSi)  wurden  erlassen,  durch  welche 
die  Juden  »zum  Spott  und  Gelächter  unter  den  Völkern  Avurden« . 
Die  Araber  gingen  absichtlich  nach  links  voriil)er  'Hessen  die 
Juden  rechtSy  und  horchten  auf  den  Fusstritt  wegen  des  verbo- 
tenen Eisens.  Dies  geschah  nach  dem  Wochenfest.  Vor  Purira 
war  zufällig  ein  Hund  an  den  Ort  des  Heiligthums  (der  Moschee) 
gekommen.  Der  Pascha  befahl  daher,  alle  Hunde  zu  tödten, 
und  setzte  eine  Belohnung  auf  die  Erlegung  eines  jeden  ,  so 
dass  die  Huiidejäger  selbst  wie  die  Hunde  überall  umherliefen. 
Wenn  sie  aber  einem  Juden  oder  Christen  begegneten,  so  zwangen 
sie  ihn,  den  todten  Hund  (den  sie  eben  bei  sich  hatten)  aus  der 
Stadt  hinaus  zu  tragen.  Die  Christen  jedoch,  wie  oben  bemerkt, 
halfen  sich  durch  Geld,  und  so  zwang  man  den  Juden,  der  sich 
auf  dem  jüdischen  Markt  befand ,  den  auf  dem  christlichen 
Markte  getödteten  Hund  aus  der  Stadt  hinaus  zu  schaffen.  Einst 
musste  ein  Jude  sogar  mehreremal  hintereinander  für  verschie- 
dene Araber  dies  Geschäft  verrichten.  Die  Juden  hielten  sich 
daher  möglichst  viel  zu  Hause  und  wagten  kaum,  ihre  nothwen- 
digsten  Einkäufe  zu  machen.  Der  Verfasser  befand  sich  mit 
mehreren  anderen  Juden  in  der  Mühle ,  um  Passahmehl  zu  be- 
sorgen ,  als  man  hörte ,  dass  die  Araber  todte  Himde  auf  der 
Strasse  schleppten.  Die  Juden  blieben  also  in  der  Mühle  einge- 
sperrt, bis  die  »Bösewichte«  vorüber  waren.  Wenn  aber  der 
Jude  einen  todten  Hund  schleppte ,  so  liefen  die  arabischen 
Jungen  hinter  ihm  her,  verspotteten  und  verhöhnten  ihn.  So 
ging  es  bis  zum  Wochenfeste.  Da  aber  bis  dahin  noch  Hunde 
durch  Flucht  und  Versteck  sich  erhalten  hatten ,  so  befahl  der 
Pascha ,  dass  jedes  christliche  und  jüdische  Gehöfte  {"^ITi]  einen 
lebenden  Hund  draussen  vor  die  Stadtmauer  liefere ,  dort  einen 
Araber  für  das  Erschlagen  desselben  bezahle  und  durch  eine  dar- 
über ausgestellte  Quittung  sich  als  dieser  Verpflichtung  ledig 
beweise.  Dieser  Befehl  wurde  durch  schwere  Strafen  D'^DDp 
bekräftigt.  Die  Juden  befanden  sich  am  28.  Ijjar,  wie  üblich, 
auf  dem  Grabe  Samuel's  in  liama,  als  einige  spätere  Ankömm- 
linge  diese  Nachricht  brachten ,   die   man   anfänglich   belachte, 


232 


allein  bei  der  Rückkehr  nach  Jerusalem  als  traurigen  Ernst  er- 
kannte. Ja  die  Iliinde  waren  selten  geworden  und  mussten  oft 
mit  einem  Thaler  bezahlt  werden ,  wenn  man  so  glücklich  war. 
einen  zu  bekommen.  —  Am  Wochenfest  kam  der  oben  erwähnte 
Kleiderzwang.  Nach  einigen  Tagen  Hess  der  Pascha  den  näsV 
(Obersten)  der  Safaradim  unter  dem  Verwände  einsperren ,  dass 
er  ohne  Erlaubniss  nach  Rama  gegangen  sei .  während  diese  Er- 
laubniss  stets  von  einem  Diener  gegen  eine  gewisse  Summe  ein- 
geholt wird.  Die  Juden  ordneten  ein  Fasten  an.  und  Gott  sandte 
eine  Zerrüttung  unter  die  Araber .  über  welche  der  Pascha  eben- 
falls allerlei  verfügt  hatte.  Auch  war  der  erwähnte  näsV  bei  den 
Angesehenen  der  Stadt  gxit  angeschrieben,  welche  für  ihn  bei  den 
Ismaeliten  sich  verwendeten.  In  der  Nacht  des  Sabbat  versam- 
melte sich  das  Volk  um  das  Haus  des  Pascha ;  vor  allem  aber  be- 
freite man  den  näst  und  brachte  ihn  mit  grosser  Ehi'e  in  sein 
Haus.  Der  belagerte  Richter  T'^'H  warf  einen  lirief  unter  die 
Menge,  dass  er.  in  Unkenntniss  der  Landessitte,  unschuldig  und 
nur  der  von  den  Ortsbewohnern  ihm  zugewiesene  Dolmetsch^yib'ü) 
—  da  die  Meisten  in  Jerusalem  nur  arabisch,  nicht  türkisch,  ver- 
stehen —  an  allem  schuld  sei.  Man  »schlachtete«  also  den  Dol- 
metsch .  der  zu  den  Angesehensten  der  Stadt  gehörte ,  das  Haus 
des  Richters  bewarf  man  mit  Steinen ,  um  anzudeuten ,  dass  er 
keine  Macht  mehr  habe.  Derselbe  entfloh  auch  in  der  Nacht, 
und  da  die  Jiulen  aus  Fiu'cht  vor  einem  etwaigen  Nachfolger 
nicht  weisse  Kleider  am  Sabbat  anlegen  wollten ,  so  zwang  man 
sie,  alle  von  dem  Vertriebenen  ausgegangenen  V'erordnungen  zu 
annulliren.  Sie  beschworen  iintereinander .  wenn  irgend  ein 
Richter  auch  nur  das  Kleinste  von  dem  alten  Hrauche  ändern 
wollte,  so  wollten  sie  ihn  nach  Kräften  bekämpfen  u.  s.  w.  «Das 
geschah  aber  nicht  aus  Liebe  zu  inis ,  sondern  die  Gnade  Gottes 
hatte  es  gefügt,  dass  sie  den  Richter  hassten «  u.  s.  w.  [lil.  14'' 
und  1  5) . 

lil.  16"  Ende  der  Seite)  bemerkt  der  Verfasser,  dass  einige 
neue  Ankommlige  das  alte  tjbel  vom  Jahre  426  (1666,  Auftreten 
des  Sabbatai  Zebi  als  Pseudo-Messias)  erneuten ,  indem  sie  be- 
haupteten, dass  seit  jener  Zeit  die  Gottesglorie  ^Schcchina)  nicht 
mehr  im  Exile  (mit  den  Juden  i  .  also  nicht  mehr  über  Exil  zu 
trauern  sei  u.  s.  w. 


233 

1^1.  16'' :  Der  Verfasser  hörte  von  einem  alten  liann  Verord- 
nung .  dass  ein  Ehepaar  mindestens  500  Löwenthaler  (milS«; , 
abgesehen  von  den  Keisekosten ,  brauche ,  um  bei  1 0  ^  an 
Zinsen  jährlich  50  Löwenthaler  zu  verdienen:  davon  seien 
2  rothe  Gulden  (D^^-Tl«  D^nni )  für  den  Kopf  [Kopfsteuer?] 
in  Abzug  zu  bringen,  ausser  der  Hausmiethe  und  anderen  Aus- 
gaben. 


Nachtrag 

zu  Baurath  Schick's  »Die  alten  Lauren  und  Klöster 
in  der  Wüste  Juda«. 

Yon  Pfarrer  Dr.  K.  Furrer  in  Zürich. 

Kyrill,  der  Biograph  des  Euthymius ,  berichtet  als  Augen- 
zeuge, das  Euthymiuskloster  liege  auf  einer  ganz  kleinen  Anhöhe 
zwischen  zwei  Thälern ,  die  von  Morgen  und  Abend  sich  nähern 
und  im  Süden  zusammentreffen.  Nördlich  von  der  Anhöhe  breite 
sich  eine  sehr  fruchtbare  und  anniuthige  Ebene  aus,  zu  der  man 
durch  die  ITauptp forte  des  Klosters  gelange.  Diese  Beschreibung 
passt  auf  die  Lage  von  c/um  es-sahl  (s.  Karte  und  Text  Nr.  14  . 
Dass  hier  und  nirgends  anderswo  sich  einst  das  Euthymiuskloster 
erhob,  dafür  sprechen  noch  folgende  Gründe.  Kyrill,  Epipha.- 
Nius  von  Jerusalem  (c.  1170)  inid  der  Verfasser  des  Proskyneta- 
rion  (c.  1750)  bezeugen,  dass  das  Kloster  östlich  von  l^ethanien 
lag ,  und  zwar  nach  Kyrill  eine  starke  Stimde ,  nach  dem  Pros- 
kynetarion  ungefähr  6  Millien,  also  schwach  zwei  Stunden  davon 
entfernt.  Im  Weitern  deutet  Kyrill  wiederholt  an,  dass  der  Weg 
von  Jerusalem  nach  Jericho  nahe  daran  vorbeiführte.  Der  griech. 
Anonymus  von  c.  1400  schreibt:  «Mitte  Weges  (zAvischon  Jeru- 
salem xmd  dem  Jordanthal)  befindet  sich  der  Apostelbrunnen  und 
nicht  weit  von  da  das  Kloster  des  h.  Euthymiiis  auf  einem  l'erge, 
1 5  Millien  offenbar  unriclitige  Angabe,  da  inis  diese  Distanz  fast 
bis  ztim  Jordanthal  führte)  von  Jerusalem  entfernt.  Weiter  \uiten 
liegt  das  Kloster  der  Theotokos.«  Mert,  wo  Euthymius  einen  Tem- 
pel und  einen  Altar  aus  Trümmern  errichtete ,  wird  von  Kyrill 
aufs  deutlichste  von  dem  Orte  des  Euthymius  -  Klosters  unter- 
schieden, i)  Das  Kloster  des  Iheoktist,  z\i  dem  man  in  inigefahr 
einer  Stunde  (Distanz  3  röm.  Meilen)  vom  Euthymiuskloster  hin- 
abstieg, lag  10  röm.  Meilen  von  Jerusalem  entfernt,  im  Süden  des 
Weges,  der  nach  Jericho  führt.  Das  Centrum  des  Klosters  bildete 
eine  grosse,  in  eine  Kirche  verwandelte  Höhle  an  der  Nordwand 
einer  gewaltigen  Schluclit.  Hirten  von  Bethanien  trieben  ihre 
Heeiden  hierlier.    Ait.  Euth.   12.2l.:M).     Die  Buinen  des  Klo- 

1,  Vgl.  ToHLKR,  Topo},'r.  11,  ]).  !M;r,  fg.  Vit.  Euth.  ;'.4.  37.  118.155.  Anon. 
bei  AUatius  12.  LS. 


235 

sters  war  emUclielUtbch  liegen  3'/.2  löniifsche  Meilen  von  chän  es- 
aahl  entfernt  und  zwar  an  der  Nord  wand  des  Wadi  (nach  der 
neuen  englischen  Kartei,  sind  also  offenbar  diejenigen  des  Theok- 
tistusklosters. 

Da  der  Thurm  der  Eiulokia  nach  ausdrücklichem  und  wieder- 
holtem Zeugniss  (Vit.  Euth.  S4.  "S'ita  Sabae  38)  auf  dem  höch- 
sten Gipfel  der  ganzen  Wüste  lag,  so  müssen  wir  ihn  auf  muntür 
suchen.  Vom  Euthymiuskloster  war  er  ungefähr  30  Stadien  ent- 
fernt, was  für  die  Distanz  zwischen  dum  es-sahl  und  muntär  zu- 
triiFt.  Die  Fetruskirche ,  bei  der  Eudokia  eine  grosse  Cisterne 
graben  Hess ,  und  von  wo  man  bequem  auf  das  Kloster  hinsah, 
war  nur  20  Stadien  von  letzterem  entfernt  (Vita Euth.  9S)  und  lag 
wohl  auf  dem  Hügel  murassas,  während  ich  das  Kloster  des  Mar- 
tyrius,  das  15  Stadien  westlich  vom  Euthymiuskloster  entfernt 
war  (^'it.  Euth.  95)  und  zwar  am  Wege  von  dort  nach  Jerusalem 
(a.  a  O.  131),  bei  schech  el-chidr  südöstlich  von  murassas  suchen 
möchte. 

A\if  dem  Hügel  von  mert  lag  das  Kloster  Kastellion.  Nach 
der  Vita  Sabae  war  dasselbe  in  noidöstlicher  Richtung  (xara 
To  TTpo?  avatoAa;  apxToJov  [xipo?;  2ü  Stadien  von  mär  sabcl  entfernt, 
ruhte  auf  einem  Hügel  und  war  von  Sabas  aus  Trümmern  Avieder- 
hergestellt  worden.  Wie  es  scheint ,  hatten  die  l>eduinen  die 
Bauten  des  Euthymius  auf  diesem  Platze  Avieder  zerstört.  Der 
Name  Kastellion  war  offenbar  durch  das  festungsartige  Aussehen 
des  Hügels  veranlasst  (s.  Xr.  lOy. 

Derselbe  Sabas  erbaute  beim  Thurm  der  Eudokia  auf  muntär 
das  Kloster  des  Scholarios  (Vit.  15.  38).  Ostlich  von  diesem  Klo- 
ster und  westlich  von  Kastellion,  etwa  fünf  Stadien  von  letzterem 
entfernt,  15  Stadien  nördlich  von  mär  säbä  gründete  Sabas  an 
der  Nordwand  einer  Schlucht  das  Kloster  »der  Höhle«  (Mt.  37.  38) . 
Deutlich  ist  hiermit  nxii  kettär  (Nr.  11)  hingewiesen. 

Der  es-setme  (Nr.  1 9;  ist  wühl  das  in  A'ita  Sabae  §  42  erwähnte 
Kloster  Zaun,  feil  et-fm  das  Kloster  des  Photinus  (Vit.  Sabae  29) . 
Das  Kloster  des  Komanus ,  wiederaufgebaiit  durch  Sabas ,  lag 
nach  Vit.  Sab.  (§  36)  in  dem  Wadi  südlich  von  Thekoa.  Direct 
südlich  liegt  icädi  \irrüh.  Allein  nach  Mta  Theodosii  18  lag 
dieses  Kloster,  nova  laura  geheissen,  an  einem  Wadi,  der  mitW. 
charetün  sich  vereint.  Am  Orte  der  ^'ereinigung  baute  Kyriakos 
das  Kloster  Susakim.     Es  können  wohl  keine  anderen  Wadi  als 


236 


»W.  Miikta'  el  Jixss«  und  »W.  Mii'allak«  (nach  der  neuen  engli- 
schen Karte  .  die  zusammen  den  W .  ed-deredsc/ie  hiiden.  gemeint 
sein.  Susakim  war  von  Mar  8aba  (VitaTheod.  19i  90  Stadien  ent- 
fernt, was  auf  jene  Vereinigungsstelle  zutrifft. 

Weiter  südlich  fanden  sich  die  von  den  benachbarten  Dör- 
fern genannten  Klöster  Aristobulias  (Vit.  Euth)Tn.  29.  30.  31)  und 
Kapharbaricha  (Vit.  Sab.  16.  36).  Nach  EpiPHANros  lag  letzteres 
drei  (römische)  Meilen  von  Hebron  entfernt  (Adv.  Haeres.XL,  1), 
also  an  Stelle  des  jetzigen  kefr  hereik  [heni  na  im)  nordöstlich  von 
el-ckalll.  Aristobulias  war  nach  \\i.  Euth.  29  in  der  Wüste  Ziph 
gelegen.  Der  Name  ist  noch  inwCliirbet  Estabul«  ^)  erhalten,  das 
unweit  chirbet  zlf  liegt.  -) 

Kehren  wir  nordwärts.  Das  Kloster  des  Sergius,  Xeropo- 
tamos  iinid  nicht  Heropotamos)  zubenannt,  zwei  (röm.)  Meilen 
von  Bethlehem  entfernt ,  lag  nach  Procopius  de  aedific.  \  ,  9  auf 
dem  Berge  Kisserön  (Cistusrosen?).  Das  Kloster  des  Abtes  Za- 
charias  (Pkocop.  1.  c.  i  stand  wohl  auf  dem  Platz  von  het  zakcirja 
westlich  von  sahl  berekJU.  In  der  Gegend  von  Michmas  (sirl  xo. 
jxspTi  Mayjxac)  lag  das  Kloster  des  Firminus ,  "vvir  denken  an  das 
2  (engl.)  Meilen  nördlich  von  michmäs  gelegene  der  dlwän. 

Folgende  Klöster,  die  alle  in  den  Bereich  der  Wüste  Juda 
gehören,  bleiben  noch  nachzuweisen :  1 .  Maria  Theotokos  nova. 
2.  Eustorgius  nahe  bei  Jerusalem.  3.  Anastasius,  20  Stadien  von 
Jerusalem  entfernt.  4.  Penthukla.  5.  Sampson.  6.  Aphelios. 
7.  Silethis.  S.^Markianos  in  der  Nähe  von  Bethlehem.  S.  Proco- 
pius a.  a.  O. 

1)  Die  spätere  arabisirte  Bevölkerung  Palästinas  liebte  es,  die  Vorsilben 
der  Ortsnamen  abzuwerfen  :  'Estabul  für  Aristobulias ,  Zib  für  Achzib ,  Tin 
für  Phütin,  Hüm  für  Nahum. 

2)  GUERIN  Judee  III,  162  f.)  berichtet  von  »Chirbet  'Estabul«  :  Au  milieu 
des  vestiges  d'un  assez  grand  nombre  de  petites  maisons  completement  ren- 
vers6es,  on  distingue  ceux  de  plusieurs  conslructions  plus  importantes,  dont 
les  assises  inferieures  sont  encore  debout,  les  unes  en  magnifiques  pierres  de 
taille,  les  autres  en  blocs  de  grandes  ditnensions  egalement,  niais  grossiere- 
ment  equarris.  Des  cavernes  artificielles  et  des  citernes  ont  He  creusees  de 
tous  cotes.  Avec  quelle  ville  antique  peut-on  identifier  ce  Khirbet?  C'est  ce 
qu'il  m'est  impossible  de  dire.  —  Guerin  schreibt  estahül.     D.  Red. 


Bücheranzeigen. 


Puhlications  de  la  societe  de  Vorient  latin.  Serie  historique  II. 
Quinti  belli  sacri  scriptores  minores  sumptihus  Societatis  illustran- 
dis  Orietitis  latini  monumentis  edidit  Reinholdus  Röhricht 
Ph.  Doctor.    Genecce.    Typis  J.-G.  Fick.  1819.  gr.  S.   XLVIII 

und  242  pp. 

Es  liegt  uns  hier  der  zweite  Band  ans  der  historischen  Ab- 
theihmg  jener  Publicationen  vor,  um  derentwillen  die  »Societe 
de  r  Orient  latin«  in  Paris  gegründet  worden  ist.  Bekanntlich 
will  diese  Gesellschaft  diejenigen  in  Europäischen  Sammlungen 
vorhandenen  auf  den  Oriens  latin us  sich  beziehenden  histo- 
rischen und  geographischen  Texte  herausgeben,  welche  von  der 
Pariser  Academie  in  das  grosse  Recueil  des  Historiens  des  Croi- 
sades  nicht  aufgenommen  werden.  So  arbeiten  die  Franzosen 
in  erster  Reihe  mit  an  der  wissenschaftlichen  Eroberung  des  h. 
Landes:  aber  Avie  im  MA  die  Deutschen  ihr  redlich  Theil  am 
Kampfe  um  Palästina  getragen,  wenngleich  manchmal  der  Wi- 
derwille der  Franzosen,  an  der  Seite  der  Deutschen  zu  fechten,  sich 
deutlich  genug  aussprach,  so  wirken  heutzutage  gerade  Deut- 
sche —  berufen  durch  die  Leiter  jener  gelehrten  Gesellschaft  — 
kräftig  mit  zur  Erreichung  des  angegebenen  Zieles.  Wir  erwäh- 
nen den  sei.  Tobler.  den  Akademiker  Prof.  Thomas  in  München 
und  —  unseren  E.  Röhricht.  Und  es  geschah  mit  richtiger 
Würdigung  der  Verdienste  des  Dr.  Röhricht,  wenn  die  «Societe 
del'O.L.«  gerade  ihn  mit  der  Herausgabe  obiger  Schriftsteller 
betra\ite.  Denn  speziell  mit  den  Kreuzzugsunternehmungen  an 
der  Wende  vom  XIL  zum  XIIL  Jahrhundert  und  mit  Fried- 
rich IL  hat  eine  Reihe  tüchtiger  Arbeiten  R.'s  sich  beschäftigt  *). 
Es  war  also  ein  dazu  berufener,  erprobter  Mann,  in  dessen  ITände 

1)  Wir  erinnern  den  Leser  an  R(')URIC1IT"s  Arbeiten  für  SvBl-x's  histo- 
ri<?che  Zeitschrift  Band.  IH),  Der  Kinderkreuzzug  ,  für  die  »Forschungen 
zur  deutschen  Geschichte«  ',lS7(j.    Die  Kreuzzugsbewegurig  im  Jahre 

Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  III.  17 


238 

die  Herausgabe  der  secundären  Quellen  [scriptores  minores) 
des  fünften  Kreuzzuges  gelegt  wurde.  Als  fünften  Kreuzzug  be- 
zeichnet Röhricht  die  Kämpfe  von  1217 — 1221,  deren  Theilneh- 
mer  er,  soweit  ihre  Namen  erhalten  sind,  in  dem  obenerwähnten 
Kataloge  [Beitr.  11,  364 — 377)  zusammenstellt.  Die  Scripto- 
res  unseres  ersten  Bandes  behandeln  die  Ereignisse  vom 
29.  Mai  1217  bis  2.  Febr.  1220. 

Röhricht  hat  in  dem  vorliegenden  ersten  Bande  der  quinti 
belli  s.  scriptores  in  derselben  Weise  die  kleineren  Quellen  kritisch 
bearbeitet,  wie  Sybel,  Hagenmeyer  u.  A.  es  mit  den  Quellen  der 
vorangegangenen  Kreuzzüge  gethan  haben.  Unser  Band  enthält 
zumeist  Inedita  |nur  drei  Stück  haben  schon  gedruckt  vorgele- 
gen ;  aber  wo  es  anging,  Avurden  neuerdings  Handschriften  col- 
lationirt) . 

Das  historische  Ergebniss  des  ersten  in  die  Sammlung  auf- 
genommenen Stückes  erscheint  gegenüber  demUmfange  des  Textes 
ziemlich  gering.  Es  ist  eine  Kreuzzugspredigt,  welche  hie  und 
da  des  rhetorischen  Schmuckes  nicht  entbehrt.  Der  doctrinäre 
Theil  derselben  kehrt  immer  wieder  zum  Kreuze  zurück.  — 

Es  drängt  sich  dem  Ref.  wie  von  selbst  die  A'ergleichung 
mit  Instructionen  für  Kreuzzugsprediger  auf,  welche  er  in 
österr.  Klosterbibliothekcn  gefunden.  Der  Leser  wird  erkennen, 
dass  unsere  Schrift  noch  vor  diesen  Instructionen  entstanden 
sei,  wenn  wir  einige  genauere  Nachrichten  über  dieselben  hieher 
setzen.  Es  war  ein  ganz  detaillirtes  Repertorium,  was  solche  Ab- 
handlungen bieten  wollten. 

1)  Die  Handschrift  des  Bened.  Stiftes  Kremsmünster  Num. 
92.  VIII,  36  (chart.  saec.  XV.  8^)  enthält  einen  Tractat,  welcher 
ausdrücklich  auf  die  Kreuzpredigten  Rücksicht  nimmt :  »Notan- 
dum  quod  hec  tria  membra  divisionis  prime  partis .  .  .  plurimiun 
valent  pro  predicatoribus  verbumDei  ad  proponendum  populo  de 
presenti  afflictione  seil,  quod  ipsa  sit  autenticis  scripturis  presig- 

1217),  für  Haumeh's  hist.  Taschenbuch  hggb.  v.  Rieul.  1876.  Die  Belage- 
rung von  Damiette).  Die  Progranimarbeit  der  Berliner  Luisenstädtischen 
Kealschule  1872  (die  Kreuzfahrt  des  Kaisers  Friedrich  II.  1228—1229;  hat 
RöiiKicnT  in  den  ersten  Band  seiner  »Beiträge  zur  Geschichte  der  Kreuz- 
züge«  aufgenommen;  im  zweiten  Bande  derselben  reproducirt  er  einen  Katalog 
deutscher  Pilger,  den  er  fürZ.vcUKU's  Zeitschrift  für  deutsche  Philologie  1870 
bearbeitete  ;  die  Nachträge  sind  in  diese  neue  Edition  verwoben.  Aus  dem 
zweiten  Bande  der  Beiträge  gehören  die  letzten  Capp.  in  diese  unsere  Zeit. 


239 


nata.«  —  Der  Tractat  hat  folgende  Rubrica:  Incipit  tractatus 
quiclam  de  Turcis,  prout  ad  presens  ecclesia  saiicta  ab  eis  affli- 
gitur.  C'ollectus  diligenti  discussione  a  quibusdam  fratribiis  pre- 
dicatorum  Oidinis. .  .  Es  scheint  dieser  Tractat  derselbe  zu  sein, 
welchen  von  Zkzschwitz  (Vom  röm.  Kaiserthum  deutscher  Na- 
tion p.  lG3j  aus  einem  Incunabeldrucke  vom  J.  14S1  anführt. 

2]  Noch  deuthcher  spricht  sich  eine  Papierhandschrift  ^saec. 
XV.  j  des  Chorherren-Stiftes  S.  Florian  aus,  -welche  auf  12  foll. 
einen  vollständigen  Unterricht  für  Kreuzzugsprediger  giebt.  »In- 
cipit prohemium  de  predicatione  crucis  contra  iSarracenos  et  alios 
inhdeles.  Ad  Dfii  nri  Salvatoris  Ihü  Christi  gloriam  et  honorem 
et  sce  matris  ecclesie  utilitatem  ac  iidei  orthodoxe  dilatationis 
causa  infra  scripta  de  predicatione  crucis  contra  Sarracenos  ad 
hoc  valere  possunt,  ut  predicatores  crucis  nondum  in  tali 
predicatione  exercitati  ex  hijs  habeant  materiam  procedendi.  Qui 
vero  ad  huiusmodi  predicationem  magis  sunt  ydonei  ex  gratia 
sibi  data  plura  addere  possunt  et  inmeliorare.  Alii  vero  qui  in 
predicatione  gratiam  habent  excellentem  ex  materia  eis  rudi 
proposita  tamquam  prudentes  artifices  producant  opus  pulchrius 
et  melius  formatum.  Eubricse  in  tractatum  de  predicatione  crucis 
contra  Sarracenos.  1)  De  tribus  exercitibus  Domini.  Wir  gehen 
nicht  weiter  auf  den  Inhalt  ein,  sondern  erwähnen  nur,  dass  der 
Codex  H.  42  der  Melker-Stiftsbibliothek  ein 'Memo riale  pro 
peregrinis  tempore  passagii  enthält  -fol.  266 — 270y,  welches  mit 
unserer  Prediger-Anweisung  sich  berührt,  denn  gleich  am  An- 
fange wird  das  dreifache  Gottesheer  so  erklärt:  primus  est  bea- 

torum  angelorum secundus  est  omnium  irrationabilium  crea- 

turarum tercius  est  hominum  fidelium  adversus  inhdeles  cer- 

tantium. 

So  entstanden  und  berührten  sich  die  Instructionen  für  die 
Kreuzprediger  und  die  »Promemoria«  für  die  Kreuzzugsiuiterneh- 
mer.  Ja  selbst  die  Palaestinabeschreibungen  späterer  Zeit  dienten 
nicht  bloss  dem  Pilgerbedürfnis,  sondern  auch  den  obenangege- 
benen Zwecken;  dämm  wird  in  letzteren  so  ausführlich  über 
die  Tataren  gehandelt  und  schliesst  häufig  ein  Tractat  über  die 
muslimische  Glaubenslehre  sich  an. 

Die  S.  Florianerbibliothek  enthält  obigen  Text  noch  in  einem 
zweiten  Exemplare  ^Sign.  1.  K.  n.  21.  saec.  XV);  aber  in  diesem 
Codex  schliesst  sich  an  denselben  folgendes  interessante  Stück : 


240 

»Sequitiir  aliiis  tiactatiilus  de  modo  predicandi  crucem.  et  neces- 
saria  predicatoribus.«  Wir  wollen  die  Kapp. -Überschriften  hieher 
setzen,  damit  man  sehe,  dass  das  XV.  Jahrhundert  es  ernst  mit 
der  gehörigen  Ausstattung  der  Kreuzprediger  nahm  : 

De  notione  necessaria  predicatoribus  crucis.  c.  I.  De  sex 
generibus  sciencie  necessarie  predicatori.  c.  II.  De  diversis  nar- 
rationibus  ex  historia  ecclesiastica  ad  predicandam  crucem.  c.  III. 
De  historia  Anglonim  quam  Beda  libro  tertio  scripsit  c.  Y  sie). 
De  primo  libro  tripartite  historie  ad  idem.  c.  IV  (sie).  De  hi- 
storia Francorum  libro  V.  quam  scripsit  Gregorius  Turonensis 
c.  VI.  De  speculo  Ecclesie  Aug.  cap.  VII.  De  dyalogo  Gre- 
gorii  ad  idem  c.  VIII.  De  gestis  karuli  in  liyspania  contra  Sar- 
racenos  quam  descripsit  Turpinus  Remensis  archiepiscopus.  c.IX. 
De  libro  Kalixti  pape  ad  idem.  c.  X.  De  Ilystoria  Antyocena 
quam  scripsit  Fulgerius  Carnotensis  de  hijs.  qui  interfuit.  c.  XI. 
;lies :  quibus).  De  vitis  patrum  ad  idem.  XIII.  De  diversis 
legendis  Scbrura  ad  idem.  Xlllf.  De  hijs  que  sunt  necessaria 
crucesignatis  ad  complendum  digne  votum  suum.  c.  XV.  De 
hijs  que  valent  ad  bene  pugnandum  contra  Sarracenos.  XVI. 
De  hijs  que  sunt  facienda  a  fidelibus  in  congressu  cum  hostibus. 
XVII.  —  Näheren  Aufschluss  über  die  Zeit  und  die  Gegend,  wo 
diese  Instruction  entstanden,  könnte  geben  der  im  Codex  sich 
anschliessende  Tractat:  Modus  affigendi  crucem  contra  hereti- 
cos  Wikleffitas  et  Ilussitas  pugnatoribus  dat\is  in  dyoca^si  Pata- 
viensi. 

Wir  haben  die  Inhaltsangabe  nicht  unterbrechen  wollen,  aber 
der  aufmerksame  Leser  Avird  wohl  selbst  gefunden  haben ,  dass 
auch  diese  Instructio  in  ein  »Directorium  ad  passagium  facien- 
dum«  ausläuft,  und  dass  sie  wirklich  mit  dem  Directorium  des 
Haython  sich  berührt.  —  Was  wir  oben  über  manche  spätere  Pa- 
laestinabeschrcibungen  gesagt  haben,  können  wir  nicht  nur  aiis 
Marin  Sanudo's  grossem  Werke  beweisen ,  sondern  gerade  aus 
obiger  Inhaltsangabe  selber.  Denn  obiges  (^aput  II  enthält  die  For- 
derung, dass  der  Kreuzprediger  die  Geographie  und  Geschichte 
des  Heiligen  Landes,  speciell  die  »libri  hystoriales«,  die  »Mappa 
mundi«  kennen  soll.  »De  origine  et  processione  Machumeti« 
habe  er  sich  aus  dem  »Alkoran«  und  dem  P»uch  '>Al])hunsi  contra 
.Judaeos«  zu  unterrichten  etc.  etc.  Dieser  Forderung  kommen  ent- 
gegen die  Werke  des  Picoldus  de  Monte  crucis    -'-  1:50!)    und  des 


24 


Odoricus  de  foro  Julii.  dessen  ('ap.  07  mit  gutem  Yorhedachte  an- 
gefügt ist.  —  Wenn  Burchakdus  vom  l>erge  Sion  länger  bei  der 
Schilderung  der  Tataren  und  mit  einer  geAvissen  ^'orliehe  ent- 
gegen seinem  ursprünglichen  Plane  bei  den  Armeniern  verweilt, 
so  mag  das  mit  seiner  Anschauung  zusammenhängen,  auf  wel- 
chem Wege  das  Heilige  Land  vertheidigt  oder  wiedererobert  wer- 
den soll. 

Wir  müssen  den  Leser  \im  Entschuldigung  bitten  wegen 
dieses  Excurses.  den  wir  uns  erlaubt  haben,  umsomehr  als  das 
Ergebnis  desselben  ein  geringes  ist:  den  Anforderungen,  welche 
diese  Instructionen  stellen,  entspricht  die  Kreuzzugspredigt,  wel- 
che Röhricht  bietet,  nicht  durchwegs.  Gewiss  Avaren  solche 
Versuche  der  Homiletik  in  jener  Zeit  noch  nicht  vorhanden, 
wenn  gleich  der  Eifer  der  Prediger  kein  geringer  war.  Eben  da 
der  Eifer  und  die  Begeisterung,  die  im  rechten  Augenblick  das 
rechte  Wort  bietet,  abnahm,  musste  der  In  t  er  rieht  im  Pre- 
digen beginnen.  Lnsere  Kreuzzugspredigt  entbehrt  besonders  in 
ihrem  letzten  Theile  keineswegs  der  rhetorischen  Kraft  und  einer 
gewissen  Kunst.  Man  vergl.  die  am  Schlüsse  der  Absätze  wie- 
derkehrende Aufforderung:  Surga  ergo...  snrgite...  sume  cru- 
cem.  —  Das  historische  Interesse,  welches  die  Predigt  bietet, 
hat  Röhricht  in  der  Introductio  ins  rechte  Licht  gebracht. 

Der  durch  die  Kreuzpredigt  eingeleitete  Feldzug.  welchen  die 
von  Röhricht  herausgegebenen  Quellen  schildern,  hatte  drei  ver- 
schiedene Schauplätze:  auf  der  pyrenäischen  Halbinsel  und 
in  Syrien  wurde  gegen  die  Sarazenen  gefochten,  noch  ehe  das 
ganze  Kreuzheer  vor  Damiate  ankam.  Röhricht  theilt  daher  die 
Quellschriften  des  fünften  Kreuzzugs  in  solche,  die  den  portugie- 
sischen, und  in  solche,  die  den  a?gyptischen  Schauplatz  ins  Auge 
fassen.  Die  ersten  bezeichnet  er  kurz  als  den  rheinischen,  friesi- 
schen xnid  kölnischen  Bericht.  Den  kölner  wird  der  zweite 
l^)and  der  Script,  min.  enthalten;  der  rheinische  und  friet^ische 
Bericht  liegen  in  unserem  Bande  vor.  Der  rheinische  Autor 
berichtet  über  sämratliche  drei  Schauplätze,  erzählt  die  Thaten 
seiner  Landsleute  in  Portugal,  bringt  aber  auch  —  aus  des 
Oliverius'  Brief —  das  gleichzeitig  in  Syrien  Geschehene  (die  Ex- 
peditionen von  Accon  aus  zur  Darstellung  und  bietet  viel  Neues 
über  die  Belagerung  von  Damiate  bis  zu  deren  Eroberung  durch 
die  Christen.  —  Der  friesische  Bericht,  aus  dem  Chronicon 


242 


des  Abtes  Emo  von  FloricUis  Campus  entlehnt,  beschäftigt  sich 
mit  den  Thaten  der  Friesen,  ihrer  Ankunft  in  Lissabon  14.  Jnli 
1217.  ihrer  Weigerung ,  bei  den  Kriegsziigen  auf  der  pyrena^i- 
schen  Halbinsel  mitzmvirken.  ihrer  endlichen  Ankunft  zu  Accon 
26.  April  1218.  Röhricht  giebt  die  Quellen  an,  aus  av eichen 
diese  drei  Berichterstatter  schöpften,  insoweit  sie  nicht  Aiigen- 
zeugen  der  erzählten  Thatsachen  waren. 

Die  zweite  Gruppe  der  Quellschriften  des  fünften  Kreuz- 
zuges befasst  sich  mit  der  Eroberung  Damiates  und  wird  von 
Röhricht  nach  den  zugrundeliegenden  officiellen  Nachrichten 
in  eine  Abtheilung  klerikaler  und  ritterlicher  Schriften  zerlegt ; 
die  erste  Abtheilung  bilden  zwei  Recensionen  der  »Gesta  obsi- 
dionis  Damiatae,«  das  Büchlein  des  Johannes  von  Tolve  und  der 
»Liber  duellii«,  welche  auf  offiziellen  Nachrichten  aus  dem  Haupt- 
qiiartier  des  Legaten  Felagius  beruhen,  aber  mehr  oder  weniger 
ausseroffizielle  Erzählungen  mit  ver woben  haben.  Referent  ge- 
steht, dass  ihm  aber  gerade  das  aus  der  Fragebung  des  Königs 
Johann  stammende  pro vencalische  Bruchstück,  welches 
Röhricht  Avieder  abdruckt,  von  ganz  besonderem  Literesse  ist, 
weil  es  tiefe  }Uicke  in  das  Treiben  vor  Damiate  thini  lässt  und 
gleichsam  das  Correctiv  für  die  klerikalen  Berichte  bietet. 

Zuletzt  bringt  Röhricht  eine  Frophetie  in  mehreren  Recen- 
sionen, welche  im  ('hristenlager  angeblich  aus  arabischem  Origi- 
nale ins  Lateinische  übertragen  von  Hand  zu  Hand  ging.  Einen 
latein.  Text  entnahm  R.  einer  Londoner  Handschrift.  Zwei  Re- 
censionen nennen  den  Verfasser  der  Frophetie  Hunain  8ohn  des 
Isaak;  die  anderen  aber  geben  den  Namen  »Filius  Agap«,  »le  fil 
Agap«.  Hunein  ben  Isaak  übersetzte  avoI  —  so  Aveit  dem  Ref. 
bekannt  ist  —  aus  dem  Griechischen  ins  Syi'ische  ^von  ihm  sind 
syr.  medizinische  Werke  vorhanden,  auch  ein  grammatischer 
Tractat,  vgl.  JJakthgen,  .Syr.  Grammatik  des  Elias,  p.  3.  Note^, 
aber  erst  sein  Sohn  Isaak  ben  Hunein  übersetzte  aus  dem  Griech. 
ins  Arabische;  speciell  ist  hier  zu  erAvähnen  seine  Euclides- 
Übersetzimg.  Denn  schon  in  den  Jahren  1120  —  30  hat  der 
Mönch  Adelardus  die  Elemente  des  Euclides  aus  der  arab. 
Übersetzung  des  Isaak  ins  Latein,  übertragen,  zugleich  aber  das 
Abendland  mit  AbuMa'schar  Dschafar,  dem  Nachfolger 
des  Astrologen  K  i  n  d  i ,  bekannt  gemacht ') .   Dieser  K  i  n  d  i  aber 

I     Vgl.  Morgenländische  Forschungen,  Leipzig  IST"),  p.  2f)5  ff. 


243 

hatte  das  Jahr  693  d.  IT.  (heg.  2.  Dez.  1293)  aus  astroh)gischen 
(und  kahhalistischen,  aus  dem  Koran  entlehnten)  Gründen  als 
das  Ende  des  Kelches  der  Araher  hezcichnet.  —  Hatte  Adclardus 
wol  nur  einen  Auszug  aus  Ahn  Ma  schar  gehracht,  so  ühersetzte 
Johannes  von  Toledo  1142  (welchen  Höh lucirr,  Heiträge  I,  p.  79; 
Note  235  hehandelt)  eine  ganze  Reihe  astrologischer  Werke  aus 
dem  Arahisehen  ins  Lateinische  und  machte  das  Abendland  mit 
diesen  Untergangsgedanken  der  Araher  bekannt.  —  Geradezu 
■weist  der  Name  Agap  auf  ein  Übersetzungswerk  des  Job.  von 
Toledo  (auch  der  Legat  Pelagius  war  ein  Spanier),  wenn  lief. 
Recht  haben  sollte,  den  Namen  Alcabitius  =  el-hahisl ,  darunter 
zu  suchen.  Denn  el-kahlsl  (967  nach  Chr.)  ist  der  Verfasser 
einer  Tntroducti o  in  astrologiam,  Avelche  Joh.  Hispanus 
ins  Lateinische  übertragen  hat.  (Wüstexfeld,  die  Übersetzungen 
arab.  Werke  in  das  Latein.  Göttingen  1877  ,  p.  29.  31  u.  ö.)  — 
Man  kannte  also  gerade  in  Spanien  die  bezüglichen  astrologi- 
schen Vorhersagungen,  und  es  Avirkte  auf  die  Christen  vor  Da- 
miate  bedeutsamer,  wenn  man  nicht,  wie  es  Papst  Innocenz  IIL 
gethan,  auf  die  apokal}-}) tische  Zahl  666  sich  berief,  sondern  auf 
arabische  Prophezeiungen,  deren  A'orhandensein  den  einfachen 
Kriegern  nur  vom  Hörensagen  bekannt  war,  und  deren  eine  nun 
mit  so  naheliegender  Erfüllungszeit  leibhaftig  vor  ihre  Augen  kam . 
Wenn  wir  erwähnen,  dass  Röhricht's  Einleitungen  zu  den 
Texten,  die  zugleich  den  Dienst  von  Texterläuterungen  leisten, 
eine  anerkennenswerthe  l>elesenheit ,  sowie  tüchtige  kritische 
Crrundsätze  beurkunden,  so  haben  wir  des  Lobes  noch  nicht  zu- 
viel gespendet.  Die  Ausgabe  ist  —  wie  alle  bisherigen  von  der 
Societe  des  ().  L.  gelieferten  —  splendid.  Wenn  wir  noch  einige 
Druckfehler  anführen  und  Emendationen  vorschlagen ,  so  ge- 
schieht es  nur,  um  die  Genauigkeit  zu  zeigen,  mit  der  wir,  ver- 
dientermassen.  anR.'sPublicationen  herangehen.  So  möchten  Avir 
in  der  Praefatio  p.  X,  1.  7  lesen :  facta  dictaque  ;  p.  XIX,  Note  2 
in  linea  6  wird  de  zu  streichen  sein.  —  p.  XXII,  1.  17  lies  :  l*e- 
trum;  pag.  19,  1.  8  lies:  qui  Christo.  —  p.  24.  1.  6  v.  u.  lies: 
Albigenses;  —  p.  25, 1.  6  v.  u.  lies:  ex  quo  scis.  —  p.  32,  1.  13 
V.  u.  möchten  wir  confidunt  lesen.  —  p.  41  ,  1.  1  sollte  es  wol 
parisiensi  heissen,  ibid.  1.  1  v.  u.  lies:  vesperarum.  —  p.  54. 
1.  14  v.u.  lies:  legatus.  —  p.  60,  1.  1  lies:  aere.  — p.  63.  1.  11 
V.  u.  de  obsi.  —  p.  70,  1.  12  quanim.   —  p.  106.  1.  5  utero.  — 


244 


p.  136  .  1.  2  V.  u.  dominio.  —  p.  NG  .  1.  S  v.  ii.  ascensis.  —  p.  159. 
1.  9  V.  u.  martirizati.  —  Die  weite  Entfernung  zwischen  Genf 
nnd  Berlin  erklärt  die  Schwierigkeiten  der  Correctur .  die  im 
übrigen  eine  sehr  sorgföltige  genannt  werden  muss.  Wenn  wir 
einen  Wunsch  äussern  dürften,  so  wäre  es  der.  dass  auch  ein  Re- 
gister der  in  den  Texten  vorkommenden  Wörter  aus  der 
mediaetinfimalatinitas  den  sonstigen  so  tüchtigen  Über- 
sichten Tabula  und  Index)  sich  angereiht  hätte.  Der  zweite  l'and 
könnte  diesem  Wunsche  entsprochen. 

Wien.  Prof.  Dr.  W.  A.  Neumann. 


Palästina  und  Syrien.    Handbuch  für  Reisende  herausgegeben  von 
K.  Bädeker.    Mit  IS  Karten.  44  Plänen,  1  Panorama  von  Jeru- 
salem und  10  Ansichte7i.    Ziceite  verbesserte  und  vermehrte  Auf- 
lage.   Leipzig  ISSO.    OLIV  u.  517  pp. 

Dass  dieses  von  Prof.  Socin  verfasste  Handbuch  schon  nach 
fünf  Jahren  eine  neue  Auflage  erlebte,  zeugt  für  seine  Vortrefl"- 
lichkeit.  In  Form  eines  Reiseführers  bietet  es  uns  eine  äusserst 
reichhaltige  l^eschreibung  von  Palästina  und  Syrien  auf  der  Höhe 
gegenwärtiger  Wissenschaft.  Ein  riesiges  Material  ist  darin  mit 
staunensM-erthem  Fleisse  klar  und  gründlich  bearbeitet  und  zwar 
weit  über  die  Bedürfnisse  eines  gewöhnlichen  Reiseführers  hin- 
aus. Die  neue  Auflage  enthält  Hunderte  von  Verbesseiimgen  und 
Ergänzungen  und  zeigt  auch  eine  Vermehrung  der  Karten,  Pläne 
und  Ansichten.  Ein  solches  Handbuch  ist  für  den  l^alästinarei- 
senden  von  unschätzbarem  Werth,  es  erspart  ihm  Zeit,  Geld, 
Verdruss  und  Gefahr  uiul  erleichtert  ihm  in  hohem  Masse  eine 
gründliche  Beobachtung  von  Land  und  Leuten.  Längst  Erforsch- 
tes wird  er  fürder  nicht  als  neue  Entdeckung  preisen,  aber  durch 
dieses  Buch  vertraut  mit  allen  Hauptresultaten  bisheriger  For- 
schung wirklich  Neues  hinzufügen  können.  Wer  zum  ersten  Mal 
etwa  von  nebi  schamwll  das  Gebirge  Palästina's  überschaut,  der 
möchte  a\isrufen  :  »Was  ist  da  viel  zu  sehen  !  Gleichförmig  sind 
die  Höhenzüge,  nirgends  kühne  Gii)fel  und  Zacken,  gleichför- 
mig der  Ton  der  Landschaftsfärbung,  alles  gelb  in  gelb  gemalt, 
gleichförmig  die  Dfirfor.  armselig  die  A'egetation,  selten  eine 
stattliche  Ruine.«  Wir  müssen  eben  dem  Land  das  Geheimniss 
seines  wundersamen  Zaubers  gleichsam  abringen.   \ind  dafür  ist 


245 


uns  dieses  liuch  ein  tiefFlicher  JUmdesgenosse.  Dann  entdecken 
wir  eine  Fülle  landschaftlicher  Schönheit,  orif^inellen  Menschen- 
lebens, auf  dem  noch  der  Duft  ferner  Jahrtausende  liegt.  Uherall 
grüssen  uns  ehrwürdige  Erinnerungen  und  zu  unsern  Füssen 
breitet  die  ewig  gleiche  Natiir  einen  kaum  übersehbaren  Reich- 
thnm  von  l'Hanzenformen  ans.  Der  Hlumenteppich  des  Früh- 
lings, das  Grün  der  l>äume.  das  den  Sommer  nicht  fürchtet,  das 
intensive  Licht  der  Sterne,  der  mächtige  Thau  des  Morgens  las- 
sen lins  das  tiefe  Naturgefühl  Israel's  begreifen.  Unter  formlosem 
Schutt  sind  im  Westjordanland  allermeist  die  Trümmer  der  A'er- 
gangenheit  begraben,  während  jenseits  des  Flusses  der  Geist  der 
.lieduinen,  der  feste  Wohnsitze  verachtet,  den  Erdbeben  das  A\'erk 
der  Zerstöruno^  überlassen  und  dadurch  manch  herrliche  Ruine 
erhalten  hat.  js'och  bleibt  der  Nachgrabung  viel  zu  thun  übrig. 
Unter  den  grossen  Schuttmassen  von  Asdod,  Ekron,  Gaza  mögen 
noch  viele  Monumente  altphilistäischer  Kultur  verborgen  sein, 
noch  winkt  in  Jerusalem  der  Nachgrabung  begründete  Hoffnung 
auf  glänzende  Entdeckungen  vi .  s .  w.  Von  prähistorischer  Kviltur 
haben  Avir  auch  diesseits  des  Jordan  zahlreiche  Spuren .  durch 
die  einzelne  Stellen  der  Bibel  neues  helles  Licht  empfangen. 
Altkanaanitische  oder  altisraelitische  Denkmäler  lassen  sich  mit 
voller  Sicherheit  keine  mehr  nachweisen.  Wohl  mögen  indess 
manche  in  den  Fels  gehauenen  Cisternen  und  Keltern,  vielleicht 
auch  einzelne  planmässig  angelegte  Höhlenwohnungen  bis  ins 
zweite  Jahrtausend  vor  (-'hristus  hinaufreichen,  ^'on  der  grie- 
chisch-römischen Zeit  sind  die  Ruinen  sehr  zahlreich  und  die 
folgenden  Zeitalter  haben  ebenfalls  alle  grössere  oder  geringere 
Denkzeichen  hinterlassen,  besonders  bedeutend  das  Zeitalter  der 
Kreuzzüge.  Man  staunt  über  die  Menge  von  Kirchen-  imd  lUirg- 
ruinen  aus  jener  Epoche. 

Obschon  das  Land  unter  der  Misswirthschaft  des  türkischen 
Regiments  gar  sehr  leidet,  so  hat  sich  doch  sein  Zustand  in  den 
letzten  zwei  .Jahrzehnten  bedeutend  gehoben.  Dank  der  unauf- 
haltsam Aordringenden  abendländischen  Kultur.  Um  Jerusalem 
herum  hat  sich  eine  ansehnliche  A  orstadt  gebildet.  Viele  verwil- 
derte Strecken  I^andes  sind  urbar  gemacht  worden.  Wer  ur- 
sprüngliches morgenländisches  Leben  sehen  will,  thut  gut.  seine 
Reise  nicht  auf  lange  Jahre  hinauszuschieben.  Der  Islam  hatte 
einst  die  griechisch-römische    IJildung  vom  1  Joden   weggefegt; 


246 


aber  der  Macht  der  modernen  Kultur  ist  er  nicht  s^ewachsen. 
Ivetztere  Avird  Palästina  mehr  und  mehr  in  ihren  l)ereich  ziehen, 
mit  Eisenbahnen  und  Maschinen  beglücken.  An  Stelle  der  Chane 
und  Hospize  werden  comfortable  Hotels  treten.  Schon  jetzt  fehlt 
es  an  letztem  in  Jemsalem  nicht,  ebensowenig  in  Jafa  und  Haifa. 
Ob  auch  ein  neuer  Aufschwung  geistigen  Lebens  für  die  Einge- 
bornen  einst  kommen  werde,  das  wird  die  Zukunft  lehren. 

In  der  zweiten  Auflage  hat  der  Verfasser  ganz  Syrien  in  den 
Bereich  seiner  Darstellung  gezogen  und  uns  sehr  viel  des  Merk- 
Avürdigen  und  Neuen  auch  über  den  nördlichen  Theil  des  Landes, 
das  Nosairiergebirg ,  Antiochien.  Aleppo  u.  s.  w.  mitgetheilt.  An 
landschaftlicher  Schönheit,  an  Fülle  und  Pracht  der  Ruinen  wird 
Palästina  von  Syrien  bei  weitem  übertroffen .  wir  brauchen  ja 
nur  den  Libanon,  }ia  albek,  Palmyra  zu  nennen.  "N'erfasser  zeigt 
die  Mittel,  die  den  l^esuch  auch  schwerer  zugänglicher  Gegen- 
den Syriens  ermöglichen.  Noch  mehr  aber  verdient  er  unsern 
Dank,  dass  er  gerade  von  letzteren,  überall  die  geschichtlichen 
Spuren  sorgsam  beachtend ,  eine  gründliche  Schilderung  uns 
bietet.  So  sei  denn  dieses  Buch  den  Reisenden,  den  Geschichts- 
forschern, den  Freunden  geographischer  Wissenschaft  neuerdings 
bestens  empfohlen. 

Zürich.  K.  Furrer. 


R.  V^Latizo7ie.    Viaggio  in  Palestina  e  Soria  di  Kaid  Ba,  XVIII 

sidtano  della  II  dinastia  mamelucca,  fatto  nel  1417 .    Testo  arabo. 

Torino  1S7S.  S.pji.  11.  4S.  Tav.  I—III. 

Über  eine  Inspectionsreise  Kä'itbä's.  die  kurz  von  Mudschir- 
eddin  p.  561  und  von  Weil  Gesch.  d.  Abbas.  V,  p.  35S  erwähnt 
wird,  verfasste  ein  ungenannter  Begleiter  das  vorliegende  specielle 
Tagebuch,  von  dem  der  Heraiisgeber  aiis  einem  aus  dem  Orient 
mitgebrachten  (Jodex  einen  lithograjihirten  Abdruck  liefert  ohne 
Aveitere  Erläuterungen ,  als  eine  dürftige  \orrede.  Der  Text  der 
in  ziemlich  vulgärem  Stil  abgefassten  Schrift  ist  nicht  fehlerlos 
(den  Namen  des  Abschreibers,  nicht  des  "N'ertassers,  wie  er  glaubt, 
nimmt  der  Herausgeber  fälschlich  als  »nativo  di  Tai«:  es  ist 
Tajjibi.  aus  einem  der  mehrfachen  fajjiha)  und  hat  fast  volle,  nicht 
immer  ganz  gute  \'ocalisation  .  welche  den  innern  Kennzeichen 
nacli  aus  dem  Codex  selbst  stammt. 


247 

Ans  dem  Itinerar  heben  "wir  in  aller  Kürze  das  l>eachtens- 
Avertheste  hervor,  die  Namen  nach  den  Vocalen  des  Drucks  und 
die  sonst  nicht .  oder  Avenitjstens  nicht  mit  den  Ilülfsmitteln  des 
Keferenten  nachAveisliaren  Orte  mit  einem  7  bezeichnet.  Monats- 
und Wochentage.  soAvie  Tageszeiten  hat  der  Vf.  überall  sorg- 
fältig angegeben,  aber  die  Keduction  ist  nicht  einfach,  da  einige 
Vei"AA'imingen  sich  finden  iind  nach  dem  beobachteten,  nicht  dem 
astronomischen  Neumond  gerechnet  wird. 

Der  Sultan  ritt  mit  vornehmem  und  zahlreichem  Gefolge  und 
einem  Gepäcktross.  der  bei  scliAvierigen  GebirgSAvegen  andere 
Konten  einschlug,  ziemlich  schnell  bis  zum  nördlichsten  Punkt 
seines  Gebietes  kalat  er-rTim,  überall  von  den  höheren  Beamten 
eingeholt  und  begleitet.  Der  Vf.  traf  das  Gefolge  am  Vormittag 
des  23.  Sept.  147  7  in  el-mtvnajja  am  Fusse  von  safad  sußa  safad  , 
das  auch  auf  dem  RückAveg  vorkommt.  Es  ist  derselbe  Ort .  den 
Saladin  bei  Ibn  Shaddäd  p.  9S  .  avo  Schultens  die  Aussprache 
miinaia  allerdings  nicht  aus  der  Handschrift  hat.undlmadeddinll, 
p.  143,  7v.u.)  auf  dem  Wege  von  der  Huleh  nach  Acco  passirt,  und 
es  Hesse  sich  die  Frage  aufAvei'fen .  ob  Robinson  .  Palästina  III, 
p.  541 ,  und  ihm  folgend  alle  Neueren  ihn  mit  Recht  mit  dem  chün 
minjc  identificiren  :  munja  Landgut  ist  ja  Name  mancher  Localitä- 
ten.  t'ber  den  Jakobsbrunnen  kam  man  denselben  Abend  noch 
nach  7  el-midaiha  ''ob  =  melläha?).  dann  auf  rauhen  Pfaden  über 
den  u'Zidi  et-taim  oder  wädi  et-tTit  zu  dem  dschisr  zainün  Robinson, 
Neuere  Forsch,  p.  645)  in  dem  zum  haurän  gerechneten  bika  ; 
auf  dem  Wege  sind  Orte,  die  die  7  sieben  halähüt  'avoIiI  kallühat; 
der  Name  auch  im  Ostjordanlande  bei  Abdalghani  Wien.  Sitz.- 
V5er.  VI  ^1 85 1  .  p.  1 3S,  avo  er  erklärt  AAird  als  der  auf  felsigem  Ho- 
den bald  aufAvärts,  bald  abAvärts  gehende  Weg  genannt  Averden. 
I  her  karak  twh  nach  P)aalbek  gelangt.  Avählte  der  Sultan  den 
Weg  über  die  akabat  el-lammnna ,  also  den  von  Neueren  selten 
begangenen  längs  des  linken  Ufers  des  Kaddischa.  der  vom  Dorf 
el-lammTma  ihn  in  der  Nacht  nach  el-hadat  und  dann,  oft  äusserst 
eng.  in  unzähligen  AVindungen  an  7  kafr  häJiir  vorbei  ein  kasr 
käJiil  haben  Robinson  III,  p.  953  und  Burton's  Kartet  nach 
Tripolis  führte.  Am  2.  Oct.  kam  er  zu  der  etAvas  über  eine  Post- 
station entfernten  also  am  nähr  bärid  gelegenenl  lirücke  von 
arfnsija  der  Name  erscheint,  abgesehen  von  dem  Ard-Arthüsi 
auf  v.  p.  Veij)?:'s  Karte  und  bei  Socin    Hakdkkek  ^  p.  440  .  hier 


248 

meines  Wissens  zuerst  arabisch  nnd  ist  entscheidend  für  die 
Frage  über  das  alte  'ÜpÜooai'a;  vgl.  Eitter  XVTI,  p.  800;  Robin- 
son, Neuere  Forsch,  p.  759)  nebst  C'hän  ,  dann  längs  des  Gesta- 
des nach  el-lüdiJiiJJa ,  avo  drei  zusammenhängende  Hurgen,  der 
zur  Zeit  Dschakmak's  fl438  —  53)  erneute  Hafen  und  eine  als 
grosse  Merkwürdigkeit  betrachtete,  nach  fränkischem  Muster 
erbaute  Windmühle  erwähnt  werden.  Der  schwierige  Weg  zum 
Orontes  ging  an  den  Flusswindungen  über  das  kleine  Bergdorf 
huraachijja  nach  schughr  und  darküsch^  dessen  verMÜstete  Brücke 
(Ritter  XA'II,  p.  1634 ff.)  der  Sultan  herzustellen  befahl  und  in 
dessen  Nähe  das  husair  el-akriid  liegt.  Dies  ist  das  kusair  bei 
]1\RHEBR.  Chr.  syr.  311,  Abulf.  69  (Rein.).  Quatremere  Maml.  I, 
2,  127.  265,  Abu  Schämah  II,  130.  7  v.  u.  Von  hier  ward  in  90 
und  einigen  daradscha  Graden,  etwas  über  6  Stunden)  Antio- 
chien  erreicht,  das  ganz  von  Turkomanen  in  Häusern  mit  spitzen 
Strohdächern  bewohnt  war;  überhaupt  fand  man  von  Laodicea 
bis  zur  nördlichen  Gränze  nur  türkische  Sprache.  Während  das 
Gepäck  nach  f  el-witäk ,  einem  geräumigen  Orte  zwischen  Berg 
und  Fluss  weiter  ging,  war  der  Sultan  am  14.  Oct  am  Fuss  [stißa, 
Avie  oben)  von  hughrad  [baghräs]  und  bestieg  die  Burg;  von  dem 
52/3  Stunden  entfernten /a^/Z/rä,  avo  er  die  von  dem  Sultan  Ainal 
(sie;  1453 — 60)  erbaute  und  schon  verfallene  »sultanische Brücke« 
zu  erneuern  befahl,  schlug))er  eine  vielleiclit  sonst  noch  nicht  be- 
schriebene mühsame  Route  ein  über  Furten  und  Moräste  in 
SchneckenAvindungen  durch  Felsen  und  Schluchten  zu  dem 
grossen  bcAvaldeten  wZidi  ijrln,  dann  nach  j  el-kanfal  in  der 
Nähe  von  'azzüz.  dann  durch  den  mardsch  dabigli  zum  hmcaih, 
von  diesem  durch  Wald  und  Berg  an  ^ zaglizaglnr  (Ort?)  vorbei 
nach  ain  iah.  In  zehn  Stunden  kam  er  nach  el-hvra  und  dann  zu 
der  letzten  Station  ImTat  el-muslimm  (seit  1292  officiell  so  statt 
kal  at  er-rtim  genannt,  vgl.  Makrizi  II,  1 ,  11 1  Quatr.)  einer  volk- 
reichen Stadt  mit  festester  Burg,  von  avo  er  über  den  »Ort«  es- 
.mdscJiTir.  halah^  den  mahätn  sad  el-ansürl  'heute  blos  Ansari  ge- 
nannt ,  ma'arra,  den  -[chün  m  und  ach  ah ,  den  chZm  LjJA^  schechä. 
(A'gl.  Ritter  XVII,  p.  1565,  sonst  schecJiTin]  hama,  hims  auf  den 
bekannten  Stationen  über  en-nahk  nach  Damascus  gelangte.  ^  on 
dort  sind  sechs  Barld-stationen  (vgl.  die  nur  Avenig  frühere,  et- 
Avas  verschiedene  Aufzählung  des  ChalU  ez-zü/nrl  bei  Quatre- 
mere Maml.  II,  2.  92;  :  c/ntu  ^^X\  [el-mnraidsch  Quatr.),  sdsa  , 


249 

el-urainiba,  el-kunaitara ,  narün  (so  auch  Chalil;  Neuere:  No- 
■vvarän),  Jakobshrücke.  Der  Sultan  legte  die  gebirgige  Strecke  in 
drei  Tagen  zurück  und  zwar  zwischen  sasa  und  el-kunaitara 
über  -^  harßi  (l3^>  (^^  q.'' ;  Name  eines  Gebirgszugs.'  .  ^'on  der 
Brücke  steigt  er  mit  Gefolge  nach  mfacl  hinauf  und  lässt  das  Ge- 
päck nach  el-munujja  ^  dann  nach  Nazareth  expediren.  Er  geht 
über  kafr  kannZi^  en-nüsira^  vorbei  am  Makäm  des  Schu  aib  (also 
einem  andern,  als  dem  bekannten  bei  hittln  oder  chijüra),  el- 
laddsckün,  kükün  u.  s.  w.  auf  morastigen  Wegen  vom  23.  bis 
81.  l)ec.  bei  eintretendem  starken  ßegen,  über  chcm  jimus  ^  ez- 
zaka  (im  16.  Jahrhundert  regelmässige  Pilgerstation;  die  ent- 
stellten Namen  bei  Hartmanx,  Africa  p.  862),  el- arisch ^  umm 
el-hasan  (Helffkichs  Hemelesin,  Troilo's  Melhesan),  katjU,  el- 
ghurübl ,  j  el-cikTda^  6  Stiniden  von  es  -  scilihijja ,  hidbais  ,  el- 
'^akrascha  (Jäküt  V,  25)  nach  Cairo  zurück.  ^) 

Bonn.  J.  Gidemeister. 

1)  Um  der  Vermuthung  zu  begegnen,  es  könnte  in  einer  in  Cairo  1S75 
auf  63  SS.  in  kl.  8  gedruckten  Reisebeschreibung  :  Ed-dalilu  l-amin  lis-sijähati 
'1-bahijja  fi  'I-aktäri  "1-mukaddasati  'sch-schämijja,  »Zuverlässiger  Führer  für 
die  schöne  Reise  in  die  syrischen  heiligen  Gegenden«  etwas  Neues  enthalten 
sein,  ist  zu  bemerken ,  dass  der  christliche  Verfasser ,  Nachiah  Salili ,  dessen 
auf  dem  Umschlag  aufgeführte  AVerke  Übersetzungen  aus  dem  und  in  das 
Französische  und  Italienische  enthalten,  von  Alexandrien  nach  Beirut,  von 
dort  nach  Damascus  und  wieder  zurück  mit  Abstecher  nach  Baalbek,  dann 
nach  Jafa,  Jerusalem,  Jericho,  Bethlehem,  Jafa,  Port  Said  mit  Dampfschiffen 
und  der  Post  fuhr ,  und  dass  seine  Beschreibungen ,  so  weit  sie  nicht  Persön- 
liches betreffen,  einem  französischen  Guide  entnommen  scheinen.  Neu  ist  auf 
dem  Wege  von  Zahle  nach  Baalbek  die  Nennung  einer  Mühle ,  tähün  esch- 
schalämijja;  das  sonst  Talliye  genannte  Dorf  schreibt  der  Vf.  tälijja  und 
Abla  ablall. 


Correspondenzen  aus  Jerusalem. 


Herr  Baiirath  C.  Schick  schreibt  mir  unter  dem  22.  Septem- 
ber ISSO: 

«Hinter  dem  Ölberg.  ungefähr  zehn  Minuten  nordöstlich  un- 
terhalb der  Stelle,  ■wo  man  neuerdings  den  sog.  liethphagestein 
entdeckt  hat,  machen  die  Bethanier  Ausgrabungen.  Ich  ging 
kürzlich  hin  und  besah  die  Sache.  Man  hatte  kleine  Häuser  mit 
Mosaikboden  und  zwei  sehr  grosse  Cisternen  aufgedeckt,  auch 
Marmor-  und  Säulenstücke  gefunden.  ])ie  Mosaiken  sind,  ob- 
wohl zum  Theil  in  verschiedenen  Farben,  doch  etAvas  roh.  Man 
nennt  die  Lokalität  Chirbet  En  Kasche.«  (Der  Name  ist  unbe- 
kannt) . 

Der  kaiserliche  Konsul  Herr  Freiherr  von  Münchhausen 
theilt  mir  unter  dem  24.  November  ISSU  Folgendes  mit: 

»Die  vor  einem  Jahre  bei  Gaza  gefundene  Kolossalstatue  ist 
nunmehr  von  den  türkischen  Behörden  nach  Jafa  geschleppt  -wor- 
den, um  von  da  nach  Konstantinopel  eingeschifft  zu  ■werden. 
Letzteres  -war  bisher  jedoch  noch  inimöglich,  da  die  Lloyd-Kapi- 
täne befürchten,  die  Statue  möchte  zu  sch^wer  für  die  Krahnen 
ihrer  Dampfer  sein.  Es  soll  nun  damit  auf  die  Ankunft  eines  tür- 
kischen Kriegsschiffes  gewartet  werden.« 

H.   GUTHE. 


Zeitschrift  d.Di-utschea  Palästina  -Yereim    BcLIH,  Heft  2  u.3 . 


Tafel  V. 


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Zeitschrift 

des 

Deutschen  Palaestiua-Vereins. 

Herausgegeben 

von  dem  geschäftsführenden  Ausschuss 

unter  der  verantwortlichen  Redaction 


von 


Lic.  Hermann  Guthe. 


Band  IV. 

Mit  8  Tafeln. 


Leipzig  1881 

in  Commission  bei  K.  Baedeker 


Druck  von  Breiticopf  und  Uärtel  ia  Leipzig. 


Inhalt 

des  vierten  Bandes  der  Zeitschrift  des  Deutscheu 
Palästina-Vereins. 


Seite 
Nachrichten   über  Angelegenheiten   des  Deutschen  Vereins   zur  Er- 
forschung Palästinas I 

Rechenschaftsbericht  über  das  Vereinsjahr  1880 III 

Personalnachrichten  und  geschäftliche  Mittheilungen IX 

Verzeichniss  sämmtlicher  Mitglieder  etc XII 


Liste  arabischer  Ortsappellativa.    Von  A.  Socin 1 

Sarkophage  und  Grabinschriften  aus  Jerusalem.  Von  V.  Schnitze  .  .  9 
Zion,  Davidstadt  und  die  Akra  innerhalb  des  alten  Jerusalem.     Von 

Dr.  Klaiber 18 

Mittheilungen  über  Leben,    Sitten    und  Gebräuche   der  Fellachen  in 

Palästina.   (II.!  Von  F.  A.  Klein 57 

Beiträge  zur  Palästinakunde  aus  arabischen  Quellen.    I  und  II.    Von 

J.  Gildemeister 85 

Instruction  für  die  Sammlung  von  Steinmetzzeichen.    Von  F.  Rziha.  93 

Instruction  für  das  Studium  der  Bergfriede.    Von  F.  Rziha     ....  96 

Die  Siloahinschrift.     Von  E.  Kautzsch 102 

Ausgrabungen  in  Jerusalem.    Von  H.  Guthe 115 

Bericht  über  neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Palästinalite- 
ratur 1880.    Von  A.  Socin 127 

Die  Besitzungen  des  Johanniterordens  in  Palästina  und  Syrien.    Von 

Dr.  Hans  Prufz 157 

Der  Name  chän  minje.      V^on  J.   Gildemeiste7- 194 

Zwei  angebliche  deutsche  Pilgerschriften  des  15.  Jahrhunderts.    Von 

Dr.   WUhelm  Erman 200 

Ueber  die  Schrift  Schaare  Jeruschalajim.    Von  M.  Steinschneider  .    .  207 

Studien  über  die  Einwohnerzahl  des  alten  Jerusalem.    Von  C.  Schick  211 

Georgische  Inschrift  aus  Jerusalem,  entziffert  von  ZugarelU 222 

Beiträge  zur  Bibliographie  der  Palästinaliteratur  im  Anschluss  an  eine 

Besprechung  von  Dr.   W.  A.  Xeiwia»» 224 


IV 


Seite 
Kopeat,  Karäwä,  Alexandrium.    Von  J.  Gildemeister 245 

Saul's  Reise  I.  Sam.   Cap.  9.     Von   C  Schick 247 

Ueber  die  Siloahinschrift.    Von  H.  Gtithe 250 

Die  Siloahinschrift.    Von  £.  Kautzsch 260 


Bücheranzeigen  :  Itinera  hierosolymitana  et  descriptiones  terrae  sanc- 

tae.  —  Plan  des    heutigen  Jerusalem 120 

Spiess,  das  Jerusalem  des    Josephus 273 


Tafeln :  ..  Zu  Seite 

I.  Altchristlicher  Mosaikboden  vom  Ölberge  und  Mosaikfragment 

bei  der  neuen  russischen  Kirche  auf  dem  Ölberge,  mit 

Situtuationsplan  von  C.  Schick 9  ff. 

II.  Tafel  zur  Instruction  für  die  Sammlung  von  Steinmetzzeichen, 

von  F.  Rziha.    (Lithogr.) 93  ff. 

III.  Tafel  zur  Instruction  über  das  Studium  der  Bergfriede,   von 

-F.  Eziha.    (Lithogr.) 96ff. 

IV.  Die  Siloahinschrift,  nach  der  mehrfach  revidirten  Copie  von 

C.  »ScÄJcA;,  auf  die  Hälfte  reducirt.   (Lithogr.) 102  ff. 

V.  Übersichtskarte  der  Besitzungen  des  Johanniterordens  in  Pa- 
lästina.   (Lithogr.) 157  ff. 

VI.  Georgische  Inschrift  aus  Jerusalem.     (Lithogr.) 222 ff. 

VII.  Die    Siloahinschrift,     gezeichnet'    von    H.      Guthe    (auf    die 

Hälfte  reducirt).  (Lithogr.) 250 ff. 

VIII.  Die    Siloahinschrift ,  nach    dem    Gypsabguss  gezeichnet    von 

A.  Socin.  .(Lithogr.) 260ff. 


Nachrichten 


über 


Aiigelegeiilieiteii  des  Deutschen  Vereins 


zur 


Erforschung  Palästina's. 


Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  iV. 


Becheuschaftsbericht  über  das  Yereinsjalir  1880. 


Die  Mitglieder  des  geschäftsführenden  Ausschusses  sahen  sich, 
Dank  der  erfreulichen  Vermehrung  des  Expeditionsfonds,  welcher  im 
letzten  Jahresbericht  erwähnt  werden  konnte ,  im  Sommer  des  ver- 
gangenen Jahres  vor  die  Aufgabe  gestellt,  Vorschläge  für  die  Arbeiten 
zu  entwerfen ,  die  auf  Kosten  des  Vereins  in  Palästina  in  Angriff  zu 
nehmen  seien.  Dieselben  gingen  aus  Erörterungen  hervor,  welche  von 
den  Mitgliedern  des  geschäftsführenden  Ausschusses  theils  in  gegen- 
seitigem Austausch ,  theils  unter  Berathung  von  Autoritäten .  wie 
Pfarrer  Dr.  Fiiikee,  und  Baurath  C.  Schick,  angestellt  waren.  Aus- 
grabungen am  Ophel,  dem  südlichen  Ausläufer  des  östlichen  Hügels 
der  Stadt  Jerusalem,  schienen  den  sichersten  Erfolg  zu  versprechen. 
Das  »Rundschreiben  an  die  Herren  Mitglieder  des  weiteren  Comite's« 
etc.  sagt  mit  Bezug  auf  diesen  Plan :  »Ist  auch  der  definitive  Erfolg 
solcher  Unternehmungen  von  Faktoren  abhängig,  die  sich  möglicher- 
weise den  gewissenhaftesten  Erwägungen  entziehen .  so  unterliegt  es 
doch  keinem  Zweifel,  dass  Untersuchungen  an  der  genannten  Stelle, 
wo  nicht  zu  wichtigen  archäologischen  Funden,  so  doch  zur  Lösung 
topographischer  Fragen  führen  werden.«  Es  ^^'^lrden  daher  die  Mit- 
glieder des  weiteren  Comite's  ersucht,  die  theilweise  Verwendung  der 
Mittel  des  Expeditionsfonds  zu  Arbeiten  an  den  Abhängen  des  Ophel 
zu  genehmigen.  Nachdem  die  Zustimmung  zu  den  Vorschlägen  des 
Ausschusses  ohne  Widerspruch  erfolgt  war,  reichte  der  Unterzeichnete, 
nach  längeren  einleitenden  Verhandlungen ,  ein  Gesuch  an  das  aus- 
wärtige Amt  des  deutschen  Reiches  um  Auswirkung  des  nöthigen  Fer- 
mans  von  der  Hohen  Pforte  ein.  Wenn  auch  dasselbe  bis  heute  noch 
nicht  erledigt  ist ,  so  kann  es  wohl  kaum  einem  Zweifel  unterliegen, 
dass  es  der  kaiserlich  deutschen  Botschaft  in  Konstantinopel  gelingen 
wird,  von  der  Hohen  Pforte  einen  Ferman  für  die  geplanten  Unterneh- 
mungen zu  erlangen. 


IV 


Der  Unterzeichnete,  welcher  binnen  kurzem  eine  Reise  nach  dem 
heiligen  Lande  antritt,  denkt  sofort  nach  seiner  Ankunft  an  Ort  und 
Stelle  die  Arbeiten  in  Angriff  nehmen  zu  können.  Derselbe  freut  sich, 
auf  die  bereitwillige  Unterstützung  des  kaiserlich  deutschen  Consuls 
in  Jerusalem  rechnen  zu  dürfen,  und  hofft,  durch  die  Erfahrung  und 
Sachkunde  des  Herrn  Baurath  C.  Schick  in  der  Ausführung  der  von 
dem  Ausschuss  beabsichtigten  Arbeiten  kräftig  gefördert  zu  werden. 
Je  grösser  die  Schwierigkeiten  sind,  welche  der  Boden  Jerusalems  den 
Ausgrabungen  entgegenstellt,  und  je  reger  das  Interesse  ist,  welches 
dieser  ehrwürdigen  Stätte  anhaftet,  um  so  lebhafter  regt  sich  der 
Wunsch,  dass  der  letzte  Entschluss  an  Ort  und  Stelle  nicht  fehl  treffe 
und  dass  glückliche  Hände  einen  werthvollen  Erfolg  dem  deutschen 
Palästina- Vereine  bereiten ! 

Dasselbe  Rundschreiben,  welches  dem  weiteren  Comite  die  Vor- 
schläge zu  Ausgrabungen  unterbreitete,  enthielt  auch  den  Antrag,  »Herrn 
Baurath  C.  Schick  in  Jerusalem  einen  Kredit  von  zunächst  300  Mark 
anzuweisen«,  damit  derselbe  im  Stande  sei,  wichtige  Funde  sofort  aus- 
beuten zu  können.  Dieser  Antrag  war  veranlasst  durch  die  zufällige 
Entdeckung  einer  Inschrift  an  der  Felswand  desSiloahkanals,  vergl. 
ZDPV.  III,  p.  54  f.  Die  von  dem  weiteren  Comite  sofort  bewilligten 
Mittel  verwandte  Baurath  Schick  zum  Theil  dazu,  den  unteren  Theil 
des  Kanals,  in  welchem  sich  die  Inschrift  befindet,  von  Schutt  zu  rei- 
nigen, dadurch  den  Wasserspiegel  tiefer  zu  legen,  um  nun  die  Aus- 
dehnung der  Inschrift  sicher  untersuchen  zu  können.  Die  Arbeiten, 
welche  am  9.  November  1880  mit  Erlaubniss  des  Pascha  begannen, 
erlitten  eine  Unterbrechung,  da  Herr  Schick  in  Folge  der  schlechten 
Luft  im  Innern  des  Kanals  erkrankte .  Nach  seiner  Wiederherstellung 
nahm  Schick  eine  möglichst  genaue  Kopie  der  Inschrift  und  später 
noch  mehrere  Abklatsche.  Welche  Schwierigkeiten  indess  der  Lesung 
der  Inschrift  entgegenstehen  und  inwieweit  es  bis  jetzt  möglich  ist, 
den  Werth  derselben  zu  beurtheilen,  werden  die  Leser  aus  der  in  die- 
sem Bande  sich  findenden  weiteren  Mittheilung  über  die  Inschrift  (s. 
p.  102)  ersehen.  —  Ferner  hat  diese  wichtige  Entdeckung  den  Anlass 
gegeben ,  in  Jerusalem  ein  Lokalcomite  zu  bilden  und  demselben  die 
Befugniss  zu  verleihen,  ausser  dem  Herrn  Schick  persönlich  verwillig- 
ten Kredit  von  300  Mark  weitere  500  Mark  aus  Vereinsmitteln  durch 
einstimmigen  Beschluss  zur  Ausbeutung  von  zufällig  gemachten  Fun- 
den anzuweisen.  Dieses  Lokalcomite  besteht  aus  den  in  Jerusalem 
wohnhaften  Mitgliedern   des   weiteren   Comite' s    des  Vereins ,    Herrn 


Freiherrn  von  Münchhausen  ,  Herrn  Lic.  Dr.  Reinicke  und  Herrn 
Baurath  Schick,  unter  dem  Vorsitz  des  erstgenannten  Herrn  Sgl.  da- 
rüber ZDPV.  m,  p.  XXV;. 

Die  Zeitschrift  verdankt  auch  in  diesem  Jahre  wiederum  werth- 
volle  Mittheilungen  der  Theilnahme,  welche  die  in  Palästina  ansässigen 
Mitglieder  des  Vereins  seinen  Bestrebungen  zuwenden.  Ausser  den 
verschiedenen  Beiträgen  von  Schick,  unter  welchen  die  Untersuchun- 
gen der  Klöster  in  der  Wüste  Juda  obenan  stehen,  erwähne  ich  beson- 
ders den  Plan  von  Jafa  und  die  Karte  der  Umgebung  von  Jafa  (Bd.  III, 
Tafel  ni) ,  beides  Arbeiten ,  welche  an  Genauigkeit  und  Sorgfalt  der 
Ausführung  das  betreffende  Blatt  der  neuen  englischen  Karte  über- 
treffen und  ohne  Frage  bis  heute  die  zuverlässigste  kartographische 
Darstellung  dieser  Küstenstrecke  bieten.  Herr  Cand.  G.  Schwarz, 
damals  in  Jafa,  hat  durch  seine  erläuternden  Worte  zu  dem  Plane 
und  der  Karte  das  Verständniss  derselben  gefördert.  Die  geschickte 
Feder  des  Herrn  F.  A.  Kleix  lieferte  den  Anfang  von  Mittheilungen 
über  Leben,  Sitten  und  Gebräuche  der  Fellachen  in  Palästina  und  wird 
die  Leser  der  Zeitschrift  durch  die  Fortsetzung  derselben  erfreuen. 
Auch  von  anderer  Seite  stehen  Beiträge  über  diesen  Gegenstand  in 
Aussicht.  —  Der  Plan,  geographische  und  historische  Nachrichten 
über  Palästina  aus  altjüdischen,  syrischen  und  arabischen  Werken  für 
die  Zeitschrift  zu  bearbeiten,  ist  durch  eine  umfangreiche  Correspon- 
denz  erörtert  worden.  Ich  erwähne  besonders  die  Herren  J.  Giede- 
MEiSTER,  A.  DE  GoEjE,  Th.  NöLDEKE  und  A.  SpRENGEK,  welche  durch 
ihren  umsichtigen  Rath  die  Angelegenheit  wesentlich  gefördert  haben. 
Als  festes  Resultat  hat  sich  eine  Theilung  der  Aufgabe  herausgestellt. 
wie  sie  schon  in  der  ersten  Aufforderung  des  Unterzeichneten  ange- 
deutet war.  Sie  betrifft  eine  Scheidung  zwischen  den  längeren  Ab- 
schnitten, welche  im  Zusammenhange  Palästina  oder  angrenzende 
Theile  von  Syrien  behandeln,  und  zwischen  den  kürzeren,  mehr 
beiläufigen,  auf  Palästina  und  Syrien  bezüglichen  Bemerkungen,  wel- 
che sich  bei  Schriftstellern  aus  dem  erwähnten  Umkreise  finden.  Die 
ersteren  sollen  thunlichst  in  chronologischer  Folge  in  Übersetzung  und 
mit  erklärenden  Anmerkungen  in  der  Vereinszeitschrift  veröffentlicht 
werden  ;  das  vorliegende  Heft  bringt  die  ersten  Proben  dieser  Art,  von 
der  sachkundigen  Hand  des  Herrn  Prof.  J.  Gildemeister.  Die  letz- 
teren sollen  gesammelt,  alphabetisch  geordnet  und  zu  einem  »Lexi- 
kon syrischer  Ortsnamen  aus  arabischen  Quellen«  ver- 
einigt werden.      Wie  dieser  vorläufig   angenommene  Titel   erkennen 


VI 


lässt,  sind  die  Verhandlungen  hauptsächlich  mit  Bezug  auf  die  ara- 
bische Literatur  geführt  worden.  Ob  die  Angaben  gleicher  Art  aus 
syrischen  Quellen  ebenfalls  in  das  Lexikon  aufzunehmen  seien  oder 
nicht,  ist  noch  nicht  definitiv  entschieden.  Die  Nachrichten  über  Pa- 
lästina aus  altjüdischen  Quellen  von  der  Mischna  an  werden  voraus- 
sichtlich in  besonderen  Beiträgen  gesammelt  und  durch  die  Zeitschrift 
veröfi'entlicht  werden.  Besonders  der  zeitraubende  und  weitläufige  Ver- 
kehr durch  Correspondenz  ist  der  Grund,  dassder  »Entwurf  eines  Lexi- 
kons syrischer  Ortsnamen  aus  arabischen  Quellen«  noch  nicht  end- 
gültig hat  festgestellt  Averden  können.  Hoff'entlich  gelingt  dieses  auf 
der  zweiten  Generalversammlung  des  Vereins  im  Herbst  dieses  Jahres. 
Es  wird  besser  sein,  erst  dann  Genaues  über  den  ganzen  Plan  und  die 
Art  seiner  Ausführung  mitzutheilen .  Ich  spreche  hier  allen  denjenigen, 
welche  ihre  Mitarbeit  an  dieser  Aufgabe  so  freundlich  waren  in  Aus- 
sicht zu  stellen,  lebhaften  Dank  aus  und  bitte  zugleich,  ihre  Theil- 
nahme  diesem  Plane  erhalten  zu  wollen.  Sollten  noch  Andere,  denen 
die  Aufforderung  nicht  zugegangen  ist,  zur  Mitwirkung  bereit  sein,  so 
wollen  sich  dieselben  gefälligst  während  der  Zeit  meiner  Abwesenheit 
an  Herrn  Prof.  Dr.  J.  Gilde meister  in  Bonn  wenden.  Derselbe  wird 
überhaupt  bis  zur  Rückkehr  des  Unterzeichneten  zu  jeder  weiteren 
Auskunft  in  dieser  Angelegenheit  bereit  sein. 

Herr  W.  Duisberg  in  Jerusalem  hat  dem  Vereine  im  vergangenen 
Jahre  ein  besonderes  Zeichen  seiner  Bemühung  um  die  genauere 
Kenntniss  des  heiligen  Landes  zugesandt.  Er  hat  durch  einen  deut- 
schen Tischler,  P.  Michel  in  Jerusalem,  eine  geschmackvoll  geordnete 
Sammlung  derjenigen  Holzarten,  welche  in  Palästina  verarbeitet  zu 
werden  pflegen,  anfertigen  lassen  und  sie  dem  Vereine  geschenkt. 
Diese  Sammlung  enthält  95  Nummern,  von  jeder  Holzart  zwei  Stücke, 
das  eine  im  Längen-,  das  andere  im  Quer  durchschnitt.  Die  Samm- 
lung befindet  sich  (jetzt  in  Berlin,  wo  Herr  Prof.  P.  Ascherson  die- 
selbe behufs  wissenschaftlicher  Bestimmung  zu  prüfen  bereits  be- 
gonnen hat.  Derselbe  wird  nach  Vollendung  dieser  Arbeit  einen 
Bericht  darüber  in  unserer  Zeitschrift  verüä'entlichen.  Da  Herr  Pro- 
fessor P.  AscHERSON  der  beste  Kenner  der  orientalischen  Flora  ist,  so 
verweise  ich  um  so  lieber  auf  die  von  ihm  in  Aussicht  gestellte  Be- 
schreibung und  Beurtheilung  und  spreche  in  diesem  Jahresberichte 
nur  noch  den  wärmsten  Dank  des  Vereins  an  Herrn  W.  Ditisberg  in 
Jerusalem  für  seine  Gabe  aus.  Möchte  dieselbe  bald  Nachfolger  ähn- 
licher Art  haben  ! 


vn 


Die  Palästinabibliothek  hat  sich  auch  im  verflossenen  Jahre  wieder 
werthvoller  Geschenke  von  verschiedenen  Mitgliedern  des  Vereins  zu 
erfreuen  gehabt.  Die  halbjährlichen  Berichte  weisen  Näheres  über  den 
Zuwachs  auf.  Hier  erwähne  ich  nur,  dass  Se.  Excellenz  der  k.  preuss. 
Minister  der  geistlichen,  Unterrichts-  und  Medicinalangelegenheiten, 
Herr  von  Puttkammer,  dem  Vereine  drei  Exemplare  der  »Anleitung 
zu  wissenschaftlichen  Beobachtungen  auf  Reisen«,  herausgegeben  von 
Prof.  Dr.  Neumayr,  geschenkt  hat,  sowie  dass  durch  die  Güte  des 
Herrn  Rektor  Dr.  C.  Zimmermann  in  Basel  die  Vereinsbibliothek  in 
den  Besitz  der  »Ordnance  Sxirvey  of  Jerusalem«  1865  gekommen  ist. 
Allen  geehrten  Gebern,  genannten  wie  ungenannten,  sei  der  wärmste 
Dank  ausgesprochen.  Die  neue  englische  Karte  von  Palästina  ist  aus 
Vereinsmitteln  angekaiift  worden. 

Die  Revision  der  Rechnung  über  die  Einnahmen  und  Ausgaben 
des  Vereins  haben  auch  in  diesem  Jahre  die  Herren  Prof.  Dr.  J.  Gilde- 
meister und  Pfarrer  K.  Fitirer  gütigst  überaommen.  Mit  dem  besten 
Dank  an  diese  Herren  für  die  darauf  verwandte  Mühe  schliesse  ich 
diesen  Bericht. 


Leipzig,  21.  Febr.  1881. 


Für  den  Ausschuss 

H.    GlTTHE. 


In  Folge  der  verlängerten  Abwesenheit  unseres  Redacteurs  sind 
wir  genöthigt,  die  Aufzählung  der  neuen  Eingänge  unserer  Bibliothek 
auf  das  nächste  Heft  zu  verschieben.  —  Über  den  Erfolg  der  Ausgra- 
bungen in  Jerusalem,  speciell  am  Ausgange  des  Tyropöon  wird  Herr 
Lic.  GuTHE  in  Berlin  mündlichen  Bericht  erstatten;  wir  hoffen  im 
nächsten  Hefte  Ausführlicheres  darüber  zu  bringen. 

Tübingen,  8.  Aug.  1881. 

Für  die  Redaction 
A.  SociN. 


Auszug  aus  der  ßecliuuug  über  £inuahm< 

Eiuualimeu. 

M  1037  65  3^  Rückständige  Jahresbeiträge  von  1878  u. 

-  3294  89   -   Laufende  Jahresbeiträge  von  1880. 

-  190  10   -   für  10  Exemplare  Jahrgang  I  und  9  Exemj 

Jahrgang  II  von  neu  eingetretenen  Mit} 
dern  nachbezogen. 


■'■c^^ 


-  614  —  -   für  12  Jahrgang  I,  14  Jahrgang  II  und  50  J 
Jt  5136.  64  ^  gang  III  durch  den  Buchhandel  abgesets 

Jl  3000  —  3^  Ausserordentlicher  Beitrag  d.  Königl.  Pr« 

Ministeriums  der  geistlichen  etc.  Angele 

heiten  in  Berlin. 
20  —   -    desgleichen   von  Herrn   Dr.  M.  Krenki 

Dresden. 
16  —  -    desgleichen   von   Herrn   Staatsrath   HiTP 

in  St.  Petersburg. 
15  —   -    desgleichen    von  Herrn   Professor   Dr. 

Delitzsch  in  Leipzig. 

-  3061. 10  —   -    desgleichen voniM.BÖHRiNGERinBönnigl: 

Jl  120  —  ^    für  getrennte  Coupons  von  4  Stück  '6%  Sä 
sehe  Rente  ä  1000  Jl.  p.  1880. 

-  22  50     -    desgleichen  von  5  Stück  'i%  Sächsische  I 

-  142.  50   -  a  300  ^/.  pro  April  —  October. 

32.  31    -  Gutschrift  an  Zinsen  und  Agio  für  vor  dem  Zahh 

Termin  gezahlte  Rechnungen. 


Jl   8372.  45  -  Summa  der  Einnahmen, 

-     7249.  20  -  -       der  Ausgaben,  also 

Jl   1123.  25  -  Bestand  baar. 

An  Vermögen  besitzt  der  Verein  ferner : 

Jl  3174.  —  ^  4  Stück  \\%  Sächsische  Rente  ä  1000  J 

Cours  (am  4.  März  1881)  von  79,35. 

M  4381.  50  -     -    1207.  50-5  Stück  3^  Sächsische  Rente  ä  300  Ji 

Cours  von  80,50. 

Ausserdem  sind  noch  ca.  Jl  700  an  Jahresbeit 
rückständig. 


Revi 

Die  Rechnung  des  Palästina- Vereins  für  1880  ist  nach  ( 

Bonn,  14.  März  1881. 
Zürich. 


gäbe  der  Kasse  des  D.  P.  A .  im  Jahre  1880. 


Ausgaben. 

259.  92  ^  Saldovortrag  von  voriger  Kechnuug. 

993.  18    -    für  Druck,    Lithographie  etc.  der  Zeitschrift  Band  III  und 

von  Accidentien. 
92.  92    -     -     Buchbin  der- Arbeiten. 

Honorar,  als : 

M  500.  —  3jt.  für  Redaction  der  Zeitschrift  von  1S80. 
-    403.  96    -      -    Beiträge  zur  Zeitschrift. 


903. 

96 

309. 

75 

25. 

— 

53. 

70 

17. 

82 

für  Porti  und  Abschreibekosten: 
-  Reisekosten. 

Jl     11.  10  ^  an  die  Revue  archeologique  als  Preis-Un- 
terschied für  1  Exempl.  der  Zeitschrift. 
-     42.  —    -     für  1  Map  of  Western  Palestine. 
für  ausgelegte  Frachten. 
Jf  300.  —  ^'  Zahlungan  Herrn  Baurath  Schick  in  Jeru- 
salem. 
503.  —   -  -        3.  —    -     für  Wechselspesen  von  J.  FRUTIGER&  Co. 

in  Jerusalem  berechnet. 

150.  —    -  für  Cassaführung  an  den  Buchhalter. 

6.  75    -  -  Packpapier  zur  Versendung  der  Zeitschrift. 

133.  20    -     -      -    angekaufte  4  Stück  3^  Sächsische  Rente  ä  1000^// 

incl.  Courtage  etc. 

i49.  2U  ^• 

Karl  Baedeker,  d.  Z.  Kassirer. 


icht. 

*rüfung  in  vollkommenster  Ordnung  befunden  worden. 

J.  Gildemei.<;ter. 
K.  FuRRER. 


Personaluachrichteu  und  geschäftliche  Mittheilungen. 


Als  Mitglieder  sind  dem,  Verein  ferner  beigetreten : 

Alstein,  Fr.,  Lehrer  in  Lüneburg. 

Behm,  Dr.  phil.  M.  Th.,  Gymnasiallehrer  in  Doberan  (Mecklenburg). 

Bibliotheken : 

Akademie  von  Neuchätel  (Schweiz)  Prof.  H.  Ad.  Naville. 
Stadtbibliothek  in  Mainz,  Dr.    Velke. 

V.  Bredoiü.  Graf,  zu  Goerne  bei  Friesack,  Mark  Brandenburg. 

Fahrngruber ,  Johmin  ,  Aushilfspriester  in  Geversdorf ,  Nieder-Oster- 
reich. 

Gautier,  Dr.  Luden,  Professor  in  Lausanne. 

Körten,  Pfarrer  in  Rölsdorf  bei  Düren. 

Märcker,  Franz,  erster  Lehrer  an  der  deutsch-evangelischen  Schule  in 
Jerusalem. 

Mehnert,  Oswald,  Antiquar-Buchhändler  in  Dresden. 

Miescher,  PfaiTcr  in  St.  Gallen. 

Xapier,   W.  R.,  Rev.  in  London. 

Prinz,  H.,  zweiter  Lehrer  an  der  deutsch-evangelischen  Schule  in  Je- 
rusalem. 

V.  Proskoivetz,  Dr.  M.,  in  Kwassitz  (Mähren). 

Schapira,  M.   W.,  Buchhändler  in  Jerusalem. 

Wieffand,   Pfarrer  in  Schliprüthen  bei  Serkenrode. 

Wolters,  F.,  Rev.  in  Jerusalem. 

Durch  den  Tod  verlor  der  Verein  die  Mitglieder  : 

Hirsch,  Aron  J.,  in  Halberstadt. 

Kosut,  Dr.  Jar.,  in  Prag. 

Loth,  Dr.  0.,  Professor  in  Leipzig. 

Es  traten  aus  : 
Amsler.  K.,  königl.  belg.  Consul  in  Beirut. 
Birmann.  eidgen.  Ständerath  in  Liestal. 


XI 


Geher,  Carl,  Cand.  theol.,  in  Basel. 

Gonell,  Pfarrer  in  Katznase  bei  Altfelde,  "Westpreussen. 

Görgens,  Dr.  E.  P.,  Professor  in  Bern. 

Hirsch,  Gustav,  in  Berlin. 

Holst,  J.,  Pastor  in  Riga. 

Jörg,  Dr.  med.  Chr.  Osw.,  in  Leipzig. 

Kirstein,  Dr.  med.  in  Berlin. 

Kölling,  Lic.  H.,  Superintendent  in  Roschkowitz. 

Stutzer,  G.,  Pastor  in  Xeu-Erkerode. 

Vereine  : 

Capitel-Lese -Verein  von  Gunzenhausen. 
Vieiveg,  /. ,   Pastor  in  Kloschwitz  bei  Plauen. 


Herr  Dr.  M.  Krenkel  in  Dresden  hat  dem  Verein  als  ausser- 
ordentliche Gabe  für  den  Expeditionsfond  die  Summe  von  20  Mark 
überwiesen. 

Herr  Im.  Böhringer  in  Bönnigheim  desgleichen  die  Summe  von 
10  Mark. 


Verzeichniss  sämmtlicher  Mitglieder  des  Deutschen  Vereins 
zur  Erforschung  Palästina's. 


Seine  Majestät  der  Deutsche  Kaiser  und  König  von  Preussen. 

Seine  Majestät  der  König  von  Württemberg. 

Seine  Königliche  Hoheit  der  Grossherzog  von  Mecklenburg- 
Schwerin. 

Seine  Kaiserliche  und  Königliche  Hoheit  der  Kronprinz  des  Deutschen 
Reichs  und  von  Preussen. 

Seine  Durchlaucht  der  Fürst  von  Hohenzollern-Sigmaringen. 

Abbot,  Ezra,  Professor  in  Cambridge,  Nordamerika. 
Aberle,  H.  G.,  Sekretär  d.  Gesellschaft  d.  deutschen  Tempels  in  Stutt- 
gart. 
Alstein,  Fr.,  Lehrer  in  Lüneburg. 
V.  Alten,  Baron,  geh.  Legationsrath  in  Montreux. 
Antonm,  Archimandrit  in  Jerusalem. 
Arndt,  Dr.   7Vi.,  Seminaroberlehrer  in  Dresden. 
Asc/ierson,  Professor  T)y.P.,  in  Berlin. 
Auerbach,  Dr.  Z.,  Rabbiner  in  Halberstadt. 
Auning,  Pastor  in  Sesswegen,  Livland. 
Baarts,  Pastor  d.  deutsch-franz .  ev.  Gemeinde  in  Beirut. 
Baedeker,  K.,  in  Leipzig. 
Ball,  Dr.,  Ober-Consistorialrath  in  Coblenz. 
Barclay,  J.,  Lord  Bishop  of  Jerusalem. 
Barrelet,  J.,  Pastor  in  Boiidevilliers,  Neuchätel. 
Barth,  Dr.  /. ,  Professor  in  Berlin. 
Bassermann,  Dr.  H.,  Professor  in  Heidelberg. 
Baethcke,   Pfarrer  in  Schwarzhausen    Thüringen' . 
Bättig,  Niki.,  stud.  theol.  nel  Seminario  maggiore  in  Mailand. 
V.  Baudissin,  Graf,  Dr.   W.,  Professor  in  Strassburg. 
Baur,  /.,  Pfarrer  in  Dietershofen  bei  Klosterwald. 


xni 


Baur,  Dr.  G.,  Consistorialrath  ii.  Professor  in  Leipzig. 
Behm,  Dr.  phil. ,  Heinr.  M.  Th.,   Gymnasiallehrer  in  Doberan    Meck- 
lenburg) . 
Behrmann,  Hauptpastor  an  St.  Michaelis  in  Hamburg. 
Berliner,  Dr.  A.,  Docent  am  Rabbinerseminar  in  Berlin. 
Bernays,  Dr.  /. ,  Professor  in  Bonn. 
Berthemi,  Dr.  E.,  Hofrath  u.  Professor  in  Göttingen. 
Bertheau,  Carl,  Pastor  an  St.  Michaelis  in  Hamburg. 

Bibliotheken : 

der  Akademie  von  Neuchatel  (Schweiz)  Professor  H.  Ad.  Naville, 
der  Hochschule  für  die  Wissenschaft  des  Judenthums  in  Berlin, 

Prof.  Dr.  Lazarus. 
der  israelitischen  Cultusgemeinde  in  Wien,  Dr.  FranhL 
der  Synagogengemeinde  in  Breslau,  Dr.  M.  Brann. 
des  Rabbiner-Seminars  in  Berlin,  Dr.  A.  Berliner. 
Diöcesanbibliothek  Hornberg   (Baden),   Pfarrer  Fr.  Zimmermann 

in  Gutach. 
Gymnasialbibliothek  in  Ehingen. 

in  Rottweil. 
Königliche  öffentliche  Bibliothek  in  Stuttgart. 
Ministerialbibliothek  in  SchafFhausen,  C.  A.  Bächtold,  Pfarrer. 
Öffentliche  Bibliothek  in  Basel,  Dr.  L.  Sieher. 

-  in  Leyden,  Holland. 

-  in  Oxford,  Dr.  Neuhauer. 
Stadtbibliothek  in  Frankfurt  a/Main,  Dr.  Hatieisen. 

in  Hamburg,  Dr.  Islcr. 
in  Mainz,  Dr.   Velke. 
Universitätsbibliothek  in  Dorpat. 

-  in  Giessen. 

-  in  Halle. 

-  in  Leipzig. 

-  in  Marburg. 

-  in  Prag. 

-  in  Strassburg. 

-  in  Tübingen. 

-  in  Utrecht. 


Bickell,  Dr.  G.,  Professor  in  Innsbruck. 
Boehl,  Dr.  E.,  Professor  in  Wien. 


XIV 


Boehr'mger,  Immaimel,  in  Bönnigheim,  Württemberg. 

V.  Böhtlingk,  Dr.   O.,  kais.  russ.  Staat srath  in  Jena. 

Bonsack,  P.,  Pfarrer  in  Manebach  bei  Ilmenau. 

Bomvetsch,  Mag.  N.,  Docent  der  Theologie  in  Dorpat. 

V.  Bredow,  Graf  zu  Goerne  bei  Friesack,  Mark  Brandenburg. 

Braun,  Dr.  /. ,  Landes- Advocat  in  Prag. 

Brüll,  Dr.  Adolf,  in  Frankfurt  a/M. 

Brüning,  C'onsul  des  deutschen  Reiches  in  Beirut. 

Budde,  Lic.  Dr.  C,  Professor  in  Bonn. 

Burckhardt,  Dr.  C.  F.,  Alt-Bürgermeister  in  Basel. 

Burckhardt-Zalm,  Ed.,  Kaufmann  in  Basel. 

Calinich^  Dr.  phil.,  Hauptpastor  an  St.  Jacobi  in  Hamburg. 

Cassel,  Dr.  th.  P.,  Professor  und  Pastor  in  Berlin. 

Chajilin,  Dr.  med.  Thom.,  in  Jerusalem. 

Chapuis,  Dr.  P. ,  Professor  in  Lausanne. 

Chwohon,  Dr.  Dan.,  wirkl.  Staatsrath  und  Professor  in  St.  Petersburg. 

Clausen,  Consistorial-Rath  in  Brügge  bei  Bordesholm  (Holstein) . 

Conrady,  L.,  Pfarrer  a.  D.  in  Miltenberg. 

Dnlton,  Consistorial-Rath  in  St.  Petersburg. 

Delitzsch,  Dr.  Franz,  Professor  in  Leipzig. 

Dieckmann,  R.,  Pastor  in  Beggerow  bei  Demmin. 

Dillmann,  Dr.  A.,  Professor  in  Berlin. 

Dittmer,  Dr.  phil.,  Astronom  und  Ingenieur  in  Charlottenburg. 

Dobel,  Dr.  Friedr..,  Archivar  in  Augsburg. 

Dorn,  Friedrich  in  Memmingen. 

Dörr.    W . ,  in  Bonn. 

Dnisberg,    W.,  in  Jerusalem. 

Ebers,  Dr.  G.,  Professor  in  Leipzig. 

Eckhardt,  C.  P.   W.,  Stud.  theol.  in  Leipzig. 

Eggerling,  Superir.tendent  in  Werther  bei  Bielefeld. 

Ehinger-Geigy  in  Basel. 

Einszier,  Dr.  med.  A.,  Stadtarzt  in  Jerusalem. 

Eisenlohr,  Dr.,  Professor  in  Heidelberg. 

Euting,  Prof.  Dr.  /. ,  01)erbibliothekar  in  Strassburg. 

Faber,   W.,  Superintendent  in  Mansfeld. 

Fahrngruber,  Johann,  Aushilfspriester  in  Gerersdorf,  Nieder-Österreich. 

Fag.  F.  R.,  Pfarrer  in  Crefcld. 

Fehr.  Dr.  Fredi-ik,  Prediger  in  Stockholm. 


XV 


Fell,  Dr.   Win.,  Gymnasiallehrer  in  Cöln. 

Fleischer,  Dr.  H.  L.,  geh.  Hol'rath  u.  Professor  in  Leipzig. 

Floeckner,  Dr.  theol.,  Oberlehrer  in  Beuthen. 

Förstemann,  Dr.,  Bibliothekar  in  Leipzig. 

Fraas,  Dr.  0.,  Professor  in  Stuttgart. 

Frank,  Dr.,  Rabbiner  in  Cöln. 

Frenkel,  Dr.  E.,  Gymn. -Oberlehrer  in  Dresden. 

Fromme,  Pastor  in  Wersabe  (Post  Sandstedt  bei  Bremen) . 

Fruit  ff  er  ^  Comp.,  J.,  in  Jerusalem. 

Fm-rer,  Dr.  K.,  Pfarrer  in  Zürich. 

Gautier,  Dr.  Luden,  Professor  in  Lausanne. 

Gildemeister,  Dr.  /. ,  Professor  in  Bonn. 

Godet,  Dr.  F.,  Professor  in  Neuchiitel. 

de  Goeje,  Dr.  M.,  Professor  in  Leyden. 

Goldziher,  Dr.  /.,  Docent  an  der  Universität  in  Budapest. 

Gosche,  Dr.  R.,  Professor  in  Halle. 

Grätz,  Dr.  H.,  Professor  in  Breslau. 

Grossmann,  Lic.  Dr.,  Superintendent  in  Grimma. 

Gi'ünhaum,  Dr.  M.,  in  München. 

Grimdt,  Dr.  F.  /. ,  Oberlehrer  in  Dresden. 

Gxähe,  Lic.  H.,  Docent  in  Leipzig. 

Hagenmeyer ,  ev.  Pfarrer  in  Gross-Eichholzheim,  Baden. 

Hagerup,  H.,  Buchhändler  in  Kopenhagen. 

Halherstamm,  S.  J. ,  in  Bielitz,  Oestreich. 

Halevy,  J .,  Professor  in  Paris. 

Harkavy,  Prof.  Dr.  Alh.,  Bibliothekar  an  der  k.  öflentl.  Bibliothek  in 

St.  Petersburg. 
Harnacli,  Dr.  Ad.,  Professor  in  Giessen. 

Hartmann,  Dr.,  Kanzler  des  kais.  deixtschen  Consulats  in  Beirut. 
Hefter,  Rever.  Dr.  A.^  in  Frankfurt  a/Main. 
Heinrici,  Dr.,  Professor  in  Marburg. 
Helle,  Dr.  F.  W.,  in  Jauernig,  Österr.  Schlesien. 
Hemann,  Pfarrer  im  Proselytenhaus  in  Basel. 
Heucke,  Pastor  in  Schwerin. 
Heussler,  G.,  Pfarrer  in  Basel. 
Hildesheimer ,  Dr.  /. ,  Seminardirector  in  Berlin. 
Hildcshcimer,  A.,  in  Halberstadt. 
Hildesheimer,  Levi,  in  Odessa. 
Himpel,  Dr.  F.,  Professor  in  Tübingen. 


XVI 


V.  Hitrow,   W.,  kais.  russ.  wirkl.  Staatsrath  in  Petersburg. 
Hoßmann,  Lic.  C. ,  Superintendent  in  Frauendorf  bei  Züllchow,   R.- 

Bez.  Stettin. 
Hoffmann,  Ch.,  Vorsteher  des  Tempels  in  Jerusalem. 
Hoffmann,  Dr.  G.,  Professor  in  Kiel. 
Hollenberg ,  Dr.  /.,  Gymnasiallehrer  in  Moers. 
Hommel,  Dr.  Fritz,  Bibliothekar  in  München. 
Hoernle,  Dr.  A.  F.  Rudolf,  OfFg.  Principal  ^ladrasah  Calcutta. 
Illes,  Stefayi,  z.  Z.  auf  Reisen. 
Jäger,  Louis,  Buchhändler  in  Basel. 
Jenner,   W. .  Pfarrer  in  Calvörde,  Braunschweig. 
Jonas,  Dr.  juris,  Advocat  in  Frankfurt  a/M. 
Knftan,  Dr.  /.,  Professor  in  Basel. 

Kalliicoda,  Günther,  Abt  des  Benediktinerstifts  Raigern  bei  Brunn. 
Kalmus,  Julius,  in  Berlin, 
Kaempf,  Dr.  S.  J.,  Professor  in  Prag. 
Kamphausen,  Dr.  A.,  Professor  in  Bonn. 
Kattenbusch,  Dr.  F.,  Professor  in  Giessen. 

Kauffmann,  J.,  Buchhändler  in  Frankfurt  a/M. 

Kautzsch,  Dr.  E.,  Professor  in  Tübingen. 
Kersten,  Dr.  phil.  O.,  in  Berlin. 

Kiepert,  Dr.  H.,  Professor  in  Berlin. 

Kiepert,  Dr.  phil.  R.,  va.  Berlin. 

Kind,  Dr.  A.,  Diakonus  in  Jena. 

Kinzler,  Adolph,  Pfarrer  im  Missionshaus  in  Basel. 

Klaiber,  Dekan  in  Göppingen,  "Württemberg. 

Klein,  Stadtpfarrer  in  Pforzheim. 

Klein,  Rev.  i^.  ^  ,  in  Sigmaringen. 

Kneucker,  Dr.  /.  /. ,  Pfarrer  in  Ziegelhausen  bei  Heidelberg. 

Kober-Gobat,  P.  J.  F.,  in  Basel. 

Koch,  A.   W.,  Hofprediger  in  Sofia. 

Kfigel,  Dr.,  Hofprediger  in  Berlin. 

Köhler,  Dr.  A.,  Professor  in  Erlangen. 

Kol,  E.,  Bankier  in  Utrecht. 

König,  Dr.  /. ,  Professor  in  Freiburg  i.  Br. 

König,  Lic.  Dr.  E.,  Oberlehrer  u.  Docent  a.  d.  Universität  in  Leipzig. 

Kornfeld,  Dr.  med.  H.,  in  Wohlau. 

Körten,  Pfarrer  in  Rölsdorf  bei  Diiren. 

Krafft,  Dr.,  Professor  in  Bonn. 


XVII 


Krähe,  Dr.  phil.  Ed.,  Stadtschulinspektor  in  Berlin. 
Krause,  Alhr.,  Pastor  an  St.  Catharina  in  Hamburg. 
Krehl,  Dr.  L.,  Professor  und  Oberbibliothekar  in  Leipzig. 
Krenkel,  Dr.  Max,  in  Dresden. 
Kugler,  Dr.,  Professor  in  Tübingen. 
Küper,  Dr.,  Consistorialrath  in  Stettin. 
de  Lagarde,  Dr.  P.,  Professor  in  Göttingen. 
■  de  Laharpe,  Dr.,  in  Genf. 
Landgraff,  Dr.   Th.,  in  Heidelberg. 
Lantz,  ^egierungs-  und  Baurath  in  Cassel. 
Lange,  R.,  Rittergutsbesitzer  in  Lohausen  b/Kaiserswerth. 
Leyding,  Superintendent  in  Geversdorf  a/d.  Oste  (Hannover) . 
Legrer,  Pfarrer,  Plochingen  (Württembergj . 
Lichtenstein,  Dr.  Alh.,  in  London. 

Lindner,  Dr.  Br.,  Docent  an  der  Universität  in  Leipzig. 
Lorange,  Dr.  med.,  in  Beirut. 
Loeiveyithal,  H.,  in  Cassel. 

Loytved,  königl.  dänischer  Vice-Consul  in  Beirut. 
Lütge,  H.,  Pastor  in  Amsterdam. 

Lütticke,  Vice-Consul  des  deutschen  Reiches  in  Damascus. 
Lüttke,  M.,  Pfarrer  in  Schkeuditz  bei  Halle  a/S. 
Lützenkirchen,  A.  L.  C,  Stud.  phil.  in  Leipzig. 

Märcker,  Franz,  erster  Lehrer  an  der  deutsch-evang.  Schule  in  Jeru- 
salem . 

Marti,  Lic,  Pfarrer  in  Buus  im  Kanton  Basell'and. 

Mayer,  Dr.  phil.,  A.,  Professor  in  Leipzig. 

Mehnert,  0.,  in  Dresden. 

Menzel,  Dr.  A.,  Professor  in  Bonn. 

de  Meuron,  H.,  Pastor  in  St.  Blaise,  Canton  Neuchätel. 

Mezger,  Seminarephorus  in  Schönthal,  Württemberg. 

Miescher,  E.,  Pfarrer  in  St.  Gallen. 

V.  Moltke,  Graf,  Exe,  Feldmarschall  in  Berlin. 

Mönckeberg,  Dr.  th.,  Archidiakonus  an  St.  Nicolai  in  Hamburg. 

Moody,  A.,  engl.  Prediger  in  Budapest. 

Mühlau,  Dr.  F.,  kais.  russ.  Staatsrath,  Professor  in  Dorpat. 

Müller,  Dr.  /.  P.,  Mennonitenprediger  in  Emden. 

Müller,  Dr.  A.,  Professor  in  Halle. 

V.  Münchhausen,  Freiherr,  kais.  deutscher  Consul  in  Jerusalem. 

Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  IV.  K 


XVIII 


Miink,  E.,  Rabbinatsassessor  in  Altona. 

Napier,  Freder.,  in  London. 

Nupier,   W.  R.,  Rev.  in  London. 

Nestle,  Dr.  E.,  Helfer  in  Münsingen,  Würtemberg. 

Neuland,  Pastor  in  Peterscapelle,  Livland. 

Neumann,  Dr.   W.  A.,  Professor  in  Wien. 

Nieden,  Dr.,  Generalsuperintendent  in  Coblenz. 

Nöldeke,  Dr.  Th.,  Professor  in  Strassburg. 

Nowack,  Lic.  Dr.,  in  Berlin. 

Oort,  Dr.  H.,  Professor  in  Leyden. 

V.  Orelli,  Dr.  C,  Professor  in  Basel. 

Osgood,  Howard,  Professor  in  New-York. 

Palm,  Dr.,  Professor  in  SchafFliausen. 

Palmer,  F.,  Vorsteher  der  englischen  Zionsschule  in  Jerusalem. 

Paul,  Heinr.,  Stadtvikar  in  Schwetzingen,  Baden. 

Paulus,  Dr.  /. ,  Pfarrer  in  Clcversulzbach  bei  Neuenstadt,  Württem- 
berg. 

Pestalozzi^  Pfarrer  am  Grossmünster  in  Zürich. 

Philippi,  Dr.,  Professor  in  Rostock. 

Photios ,  Archidiakonus  des  Kreuzklosters  bei  Jerusalem. 

Preisivcrk,  S.,  Pfarrer  an  St.  Alban  in  Basel. 

Prinz,  H.,  zweiter  Lehrer  an  der  deutsch-evang.  Schule  in  Jerusalem. 

von  Proskowetz,  Dr.  M.,  in  Kwassitz  (Mähren). 

Prym,  Dr.  E.,  Professor  in  Bonn. 

Rahener,  M.  S.,  Directyr  in  Jassy,  Rumänien. 

Rainiss,  Julius,  Professor  und  Stiftsbibliothekar  in  Zircz,  Ungarn. 

Redslob,  Dr.  G.  M.,  Professor  in  Hamburg. 

Reinicke,  Lic.  Dr.,  evangelischer  Pfarrer  in  Jerusalem. 

Reusch,  Dr.  P\  H.,  Professor  in  Bonn. 

Reuss,  Dr.  E.,  Professor  in  Strassburg. 

Richter,  Dr.  /.  P.,  in  London. 

Riehm,  Dr.  E.,  Professor  in  Halle  a/S. 

Ricss,  Dr.,  Domkapitular  in  Rottenburg  a.  N. 

Riggmbanh,  Dr.  /. ,  Professor  in  Basel. 

Ritschi,  Dr.  Albr.,  Consistorialrath  u.  Professor  in  Göttingen. 

Röhricht,  Lic.  Dr.  Reinhold,  Oberlehrer  am  Humboldtsgymnasium  in 
Berlin. 

du  Roi,  Ad.,  Amtsrichter  in  Salder,  Braunschweig, 

Röpe,  H.,  Pastor  an  St.  Jacobi  in  Hamburg. 


XIX 


Rnsc/i,  G.,  Pfarrer  in  Hermaringen  im  Brenzthal,  Wg. 

V.  Rosen,  Baron  V.,  Docent  in  Petersburg. 

V.  Roth,  Dr.  R.,  Professor  in  Tübingen. 

Rothe,  H.,  Seminarlehrer  in  Cammin,  Pommern. 

Rothstein,  Lic.  Dr.,  Gymnasiallehrer  in  Elberfeld. 

Ruetschi,  Dr.  R.,  Decan  u.  Professor  in  Bern. 

Ryssi'l,  Lic.  Dr.  F.,  Überlehrer  u.  Docent  a.  d.  Universität  in  Leipzig. 

Sachse,  Dr.  G.,  Gymnasiallehrer  in  Posen. 

Sandberger,  Oberhelfer  in  Tübingen. 

Sandreczki,  Dr.  med.,  in  Jerusalem. 

Sandreczki,  Dr.  C,  in  Passau. 

Sarasin- Bischoff,  Theodor,  Kaufmann  in  Basel. 

Sarasin-Stehlin,  Ritd.,  Kaufmann  in  Basel. 

Sattler,  Dr.  E.,  Privatier  in  Fluntern  b/Zürich. 

Schaff,  Rev<J.  Dr.  Phil.,  Professor  in  New-York. 

Schanz,  Dr.  P.,  Professor  in  Tübingen. 

Schapira,  Alex.,  in  Gaza. 

Schapira,    M.   PT.,  Buchhändler  in  Jerusalem. 

Schegg,  Dr.  P.,  Professor  in  München. 

Schick,  Conr.,  königl.  Württemberg.  Baurath  in  Jerusalem. 

Schieiden,  Dr.  H.  C,  in  Hamburg. 

Schlottmann,  Dr.  C. ,  Professor  in  Halle  a/S. 

Schmidt,  K.,  Lic.  theol.,  Pastor  in  Sternberg  (Mecklenburg). 

Schnall,  K.,  Propstei-Cooperator  an  der  Votivkirche  in  Wien. 

Schönecke,  L.,  Kaufmann  in  Jerusalem. 

Schrader,  Dr.  E.,  Professor  in  Berlin. 

Schrameier,   W.,  in  Duisburg. 

Schroeder,   Dr.  P.,   Dolmetscher  bei  der  kaiserl.  deutschen  Botschaft 

in  Constantinopel. 
Schröder,  Dr.  phil.  C,  in  Leipzig. 
Schulte,  Dr.,  Pfarrer  in  Erwitte  b/Lippstadt. 
Schultz,  Generalsuperintendent  in  Reval. 
Schürer,  Dr.  E.,  Professor  in  Giessen. 
Schwarz,  G.,  Director  der  Deutschen  Schule  in  Beirut. 
Seesemann,  H.,  Director  des  livl.  Landesgymnasiums  in  Fellin. 
Seil,  0.,  Stud.  theol.  in  Leipzig. 
Siegfried,  Dr.  K.,  Prof.  in  Jena. 
Sieveking,  Dr.  jur.  Herm. ,  in  Hamburg. 
Sievers,  G.,  Pastor  in  Neustadt  a/d.  Dosse,  Brandenburg. 


XX 


Siffrisi- Weber,   C,  Kaufmann  in  Beirut. 

Smend,  Lic.  Dr.  Rud.,  Professor  in  Basel. 

Socin,  Dr.  A.,  Professor  in  Tübingen. 

Sommer,  Dr.  /.  G.,  Professor  in  Königsberg. 

Spaich,  Pfarrer  in  Degenfeld  bei  Schwab.  Gmünd. 

Sprenger,  Dr.  A.,  Professor  in  Wabern  bei  Bern. 

Stade,  Dr.  B.,  Professor  in  Giessen. 

Staehelin,  Dr.  E.,  Pfarrer  in  Basel. 

Steck,  E.,  Pfarrer  an  der  reformirten  Gemeinde  in  Dresden. 

Steffensen,  Dr.,  Professor  in  Basel. 

Steiner,  Dr.  H.,  Professor  in  Zürich. 

Stetiglein,  Reichsanwalt  in  Leipzig. 

Stü^kel,  Dr.  /.  G.,  Professor  in  Jena. 

Stockmeyer,  Dr.  /,,  Antistes  und  Professor  in  Basel. 

Strack,  Dr.  Herm.  L.,  Professor  in  Berlin. 

Strattss,  Dr.  F.  A.,  Hofprediger  in  Potsdam. 

Streit,  Dr.,  Gymnasialdirector  in  Colberg. 

Siilze,  Dr.  E.,  Pastor  in  Dresden-Neustadt. 

Snrsock,  Dragoman  des  kaiserl.  deutsch.  Consulats  in  Beirut. 

Thurhecke,  Dr.  H.,  Professor  in  Heidelberg. 

Trtimpp,  Dr.  phil.  E.,  Professor  in  München 

V.   Ustinow,  Baron  Plato,  in  Jafa. 

Valeton,  J.  J.  F.,  Professor  in  Groningen. 

Vereine  : 

Alliance  Israel,  universelle  in  Paris. 

Capitel-Lese-Verein  von  Rotlienburg  a/Tauber  (Bayern),  Pfarrer 

Brnglocher . 
Deutscher  Verein  in  Jafa. 

Lesegesellschaft  »zur  Harmonie«  in  Frankfurt  a/M.,  Ad.   Baer. 
Palestine  Exploration  Fund  in  London. 
Pastoral-Gesellschaft ,   Anhalt-Dessauische  ,  Archidiaconus  Hesse 

in  Dessau. 
Predigerverein  von  Broistedt ,   Pastor  W.  Schroeter  in  Broistedt, 

Braunschweig. 

Vischer-Hcussler,  Dr.   W.,  Professor  in  Basel. 

Vischer-Sarasin,  Adolf,  Kaufmann  in  Basel. 

Vogel,  A.,  Pfarrer  in  Hohen-Reinkendorf  b.  Tantow,  Pommern. 


XXI 


Volck,  Dr.    W.,  kais.  russ.  Staatsratli  und  Professor  in  Dorpat. 

Vuilleumier,  Dr.  //.,  Professor  in  Lausanne. 

Wackeryiagel,   W.,  Rev.  Prof.  in  Allentown,  Pennsylvanien. 

JVufftier  if  Debes,  Geographische  Anstalt  in  Leipzig 

Wellhausen,  Dr.  /.,  l'rofessor  in  üreifswald. 

Wenzel,  Dr.  phiL  H.,  in  Oxford. 

Weser,  Lic.  H.,  Pastor  in  Berlin. 

Weyrich,  Pastor  in  Arrasch,  Livland. 

Wiegand,  Pfarrer  in  Schliprüthen  bei  Serkenrode,  Westfalen. 

Wieseler,  Dr.,  Consistorialrath  und  Professor  in  Greifswald. 

Wilson,  Charles  W.,  Major  R.  E.  in  London. 

Wille,  Landgerichtsdirektor  in  Breslau  und  Mitglied  des  Reichstages. 

Wolf,  Dr.  Ph.,  Stadtpfarrer  in  Rottweil. 

Wollers,  Rev.  Th.  F.,  in  Jerusalem. 

Wright,  Dr.   W.,  Professor  in  Cambridge,  England. 

Zander,  Gymn. -Oberlehrer  in  Gütersloh. 

Zart,  Dr.,  Gymnasiallehrer  in  Fürstenwalde. 

Zeller,  Rev.  /.,  Missionar  in  Jerusalem. 

von  Zielen-Schwerin^  Graf  zu  Janow  bei  Clempenow,  Kreis  Anclam. 

Zimmermann,  Dr.,    Gymnasial-Rector  in  Basel. 

V.  Zuylen  van  Nyevelt,  Graf,  königl.  niederländ.  Gesandter  in  Wien. 


Geschlossen  am  8.  August  1881. 

Die  Redactioii. 


Zur  Beachtung. 


Die  statutenmässige  Generalversammlung  des  Deutschen 
Palüslina -Vereins  tvird  Millwoch  den  14.  September  dieses 
Jahres  Abends  5 — 7  Uhr  im  Universitätsgebäude  zu  Berlin 
abgehalten  werden.  Die  verehrUchen  Mitglieder  und  alle 
Gönner  des  Vereins  werden  hierzu  freundlichst  eingeladen. 
Als  Praelandnm  liegt  u.  a.  die  Besprechung  ilber  ein  aus 
arabischen  Quellen  zu  schaffendes  Ortslexicon  von  Palästina 
und  Syrien  vor.  Etwaige  Anträge  an  die  Generalversammlung 
oder  Ankündigungen  von  Vorträgen  bittet  man  bis  spätestens 
zum  7.  September  an  Herrn  Dr.  0.  Kersten,  Berlin  SW. 
Planufer  93  schriftlich  einzusenden. 

Der  geschäftsführende  Ausschuss. 


Liste  arabischer  Ortsappellativa. 

Von  Professor  A.  Socin  in  Tübingen. 

Indem  ich  hiemit  unternehme,  das  in  ZDPV.  III,  p.  184 
gegebene  Versprechen  zu  lösen,  erlaube  ich  mir,  der  nachfolgen- 
den Liste  arabischer  Ortsappellativa  einige  Avenige  Bemerkungen 
vorauszuschicken. 

Bei  der  Zusammenstellung  der  Liste  bin  ich  von  dem  auf 
dem  ersten  l^latte  der  englischen  Karte  sich  findenden  Verzeich- 
nisse ausgegangen,  habe  jedoch  dasselbe  nicht  nur  in  verschie- 
deneu Punkten  verbessert,  sondern  vor  Allem  auch  wesentlich 
erweitert.  Bei  dieser  Erweiterung  bin  ich  absichtlich  sogar  so 
weit  gegangen,  dass  ich  einestheils  auch  solche  Appellativa  auf- 
nahm, von  denen  ich  nicht  weiss,  ob  sie  überhaupt  in  Eigen- 
namen vorkommen ;  anderntheils  habe  ich  auch  einzelne  Worte 
aufgeführt,  welche  sich,  wie  zum  Beispiel  Adjectiva,  häufig  im 
zweiten  Theile  von  Ortsbenennungen  finden.  Natüj:lich  war  es 
schwierig,  bei  dieser  Zusammensetzung  der  Liste  eine  Grenze 
für  das  Aufzunehmende  zu  ziehen ;  Winke,  nach  welcher  Rich- 
tung dieselbe  zu  ergänzen  sein  möchte ,  werde  ich  dankbar  an- 
nehmen. Die  ganze  Arbeit  ist  nicht  darauf  angelegt,  Kennern 
des  Arabischen  etwas  Neues  zu  bieten,  sondern  gerade  solchen, 
denen  dieKenntniss  jener  Sprache  fehlt,  als  Hilfsmittel  zu  dienen. 
DiePlurale  (pl.)  und  Femininformen  (fem. ;  sind,  wo  es  mir  irgend- 
wie nothwendig  schien,  beigefügt ;  dagegen  habe  ich  darauf  ver- 
zichtet, die  Verbindungsform  (status  constructus,  die  Form  der 
Worte  vor  einem  nachfolgenden  Genitiv)  ausdrücklich  anzu- 
führen; es  schien  mir  genügend,  darauf  hinzuweisen,  dass  die- 
selbe sich  zunächst  bei  Feminin  Wörtern  von  der  gewöhnlichen 

Ztsehr.  .1.  Tal. -Vor.  IV.  1 


Form  nur  dadurch  unterscheidet,  dass  die  auslautende  Endung 
a,  e  in  at,  et  verwandelt  wird.  Wo  die  Plural-  oder  Diminutiv- 
formen allzvisehr  von  der  gewöhnlichen  Form  abzuweichen 
schienen,  d.h.  m  den  Fällen,  w^o  ein  den  Laien  beirrender  Wech- 
sel im  Anlaut  eintritt,  wurden  die  abgeleiteten  Formen  besonders 
aufgeführt.  Ungleichheiten  in  Betreff  der  "N'ocalisation  konnten 
natürlich  nicht  vermieden  werden.  Einzelne  Benennungen, 
welche  mir  bloss  aus  der  englischen  Liste  bekannt  sind,  wurden 
mit  einem  Stern  *  bezeichnet. 


ah.  gew.  abu.  Vater;  vor  Geni- 
tiven Besitzer,  Inhaber  von  .  .  . 

dbjad  fem.  heidä,   hecjä.  weiss. 

ahmar  fem.  hami'ä,  roth. 

'^ain    pl.     \ijün^     ^vjü?i^     'ajwi, 
Quelle. 

'äkabe,    Bergsteige ,    Hügelab- 
hang. 

alä   fem.    'zilj'ä .    ilja .    höher, 
höchste. 

'^ätJiücl  pl.  'moänücl,  Säule. 

'^aräk   pl.   "^ örkän   oder    arkän, 
Höhle. 

ard.,  Erde,  Boden,  Land. 

\irküb,  Thalbiegung. 

ai>fcd,  fem.  stifä  oder  si^ä,  nie- 
driger, niedrigste. 

asfar  fem.  safrtij  gelb. 
atahe^  Oberschwelle  derThüre. 

at_ar,  Fusseindruck,  Spur. 

^aiüänüd  s.   ämüd. 

azrak  fem.  zerkä.  blau. 

häh  pl.  ahxväh  oder  hlhan.  Thor, 

Thüre,  Durchgang. 
hiidije,  Wüste,  Steppe. 
haljara,  Bassin,  Dimin.  hihh'a. 
hahr.  Meer.  See,  grosser  Fluss. 
haijüra,  hijära^  Baumgartenan- 


lage (auch  mit  einem  Land- 
haus) die  mit  einer  Cisterne 
bewässert  wird  (Jäfä) . 

buk  a  oder  buJca  und  bika, 
Thalebene  zwischen  zwei 
Bergreihen. 

bassa,  »Platz,  der  feucht  ist  und 
worauf  Gras  wächst,  weil 
mitunter  Wasser  daselbst 
stehenbleibt.«  (Schick). 

batJ/ia,  eine  von  Wasser  durch- 
flossene  rmd  mit  Kieseln  be- 
deckte Ebene  (?) 

batn,  breites  Thal,  Bodende- 
pression.   Inneres. 

bauwäbe,  ThorAveg. 
bedar  pl.  bejädii\  Tenne. 
beidü^   bedä  s.  abjad. 
beled  pl.  biläd.  Ortschaft, 
benät  s.  bint. 
beni  s.  ibn. 

berrlje,  Wüste,  Ebene,  Felder. 
Je^  pl.  bijTitj  Haus,  Beduinen- 
zelt. 
bi'a^  Synagoge. 
blbün  s.  bäb. 
bijüt  s.  bei. 
bik'a  s.  bak  a. 


hiläd  (s.  beled)^  Ortschaften, 
Land,  Heimat, 

bint  pl.  betiüt^  Tochter. 

bi7'  pl.  bijär^  Cisteme,  Brunnen. 

birkeY>^.burc(k^  Wasserreservoir. 

bke'a  Diminutivum  von  baUa. 

buheira ,  belßra.,  Diminutivum 
von  bahr  und  bahara,  kleiner 
See,  Bassin. 

buka  s.  baJca. 

bür,  büra,  Brachfeld. 

burak  s.  birke. 

burdsch,  Thurm. 

bustän^  bistäti])]..  besätm,  Baum- 
garten, Garten. 

buivebe   Diminitivum  von   bäb. 


challdsch,  Canal. 

chatte,  kleines  Thal. 

cJiän,   Carawanserai. 

ch  andak ,  Grab  en . 

chünkäh,  chänka  pl.  chawänik, 
Kloster. 

charäb  oder  charäbe  -^LcharclHb. 
Ruine. 

chaschm,  Nase,  länglicher  Vor- 
sprung. 

chazne,  Schatzkammer,  Kam- 
mer. 

chetne,  Zelt. 

chirbe  pl.  churab .  zerstörtes, 
verfallenes  Gebäude,  Ruine, 
Ruinencomplex . 

chöcha,  kleines  Thürchen  in 
der  Mitte  eines  Thorflügels 
(auch  syn.  mit  kmvwa  und 
muchtarak) . 

chott,  breitere  Strasse. 


churebe,  chureijib,  kleine  Ru- 
inenstätte (Diminutivum) . 

daltr,   dahra,   Rücken. 

dar  pl.  dür ,  Haus,  Wohnsitz; 
Schule. 

dea  pl.  dija,  kleine  Ortschaft, 
Landgut. 

deika,  deiga,  Schlucht,  Enge. 

der,  deir  pl.  dijüra,   Kloster. 

derb,  Weg;  derb  es-stdftmi  \'g\. 
fartk;  derb  el-hadsch,  Pilger- 
strasse (nach  Mekka  . 

deredsclie,  Treppe,  Stufenweg. 

dihllz,  Vorhalle,  Flur. 

dijü '  s.  de'a. 

dijüra  s.  der. 

dschämVa,  dschama  pl.  dscha- 
wmni\  grosse  Moschee. 

dschebel  pl.  dschibäh  dschebZil, 
Gebirgszug,  Berg. 

dschedul  fem.  dsched-'ide,  Dimi- 
nutivum dschededfeia.  dsche- 
deide,  dschedede,  neu. 

dschenne])\.  dschinän,  dschenän; 
Diminut.  dschenene,  Baum- 
garten. 

dscheztre  pl.  dschazüHr,  Insel, 
Halbinsel. 

dschisr,  Brücke,  Damm.  Träger. 

dscJtdf,  Höhlung.  Niederung. 

dschubb,  Brunnen. 

dschTin,   dschime.  Bucht,  Golf. 

dschüra  oder  dschöra,  Höhlung. 
Grube. 

dsrhi/rd.  kahle,  hohe  Bergkette. 

dschurf,  Bachufer,  an  welchem 
das  Wasser  den  Boden  weg- 
spült, oder  weggespült  hat; 
1* 


auch  einzeln  stehende  Erhe- 
bung am  Ufer  des  Wädi. 

duJckcm\)\.  dekäk'm,  Kaufladen. 

clür  s.  dar. 

dmcZir,  kleineres  Beduinenla- 
ger, einige  im  Kreis  aufge- 
stellte Zelte.    (Steinkreis). 

eskele.,  Hafen,  Seehafen. 

ferlk^i  grosses  Beduinenlager, 
Lager  eines  ganzen  Stammes. 

ßrdaus ,  ßrdös ,  Diminuti\Tim 
fureidls,  ftü'edts,  feredls., 
schöner  Baumgarten  (Para- 
dies) . 

fT>kcmi  fem.  Jokä,  oberhalb  be- 
findlich. 

fjhadir,  Ort,  wo  sich  zeitweilig 
Wasser  ansammelt. 

gharhi  fem.  gliarhvje.,   westlich. 

(jlior,  Niederung,  Tiefland. 

(jhuioeir.,  ghuwer  Diminutivum 
von  ghör. 

ghufUj  Gartenland. 

gumrukchane .,  gumruk.,  Zoll- 
stätte, Zollhaus. 

hadd  pl.  hudüd.,  Grenze,  Rand. 
had'ir^  hadlre.,   ein  mit  Zäunen 

oder  Mauern  eingeschlossener 

Platz. 
hadschar  pl.  hidschür.i  Stein. 
haf'ire  pl.  hafiiir,  Giiibe. 
Ää'^V,  hait  pl.  hJtän,  Mauer. 
hakl.  Feld,  Acker. 
häkVo'a,   ein  Feld,  auf  welchem 

Gemüse  gezogen  wird. 
hamäd,  Steppe. 


hammäm,  heisses  Bad. 

hamrä  s.  ahmar. 

haram,  Jiaräm,  heiliger  Bezirk. 

hüre,  Quartier. 

harra^  Vulcanregion. 

haud    oder    höd,    Tränkstelle, 

Tränkreservoir. 
hesch.,  Wald,  Waldgebirge. 
hirsch,  Wald. 
höschj  Hof,  Gehöfte. 
hösn,  hisn,  hmn,  Festung. 
hudschra,  Zimmer,  Gemach. 

ihn  pl.  Verbindungsf.  bani  oder 
beni,  Sohn.  (Auch  wie  ahu 
und  umm  gebraucht) . 

ijcile  s.  toilüje. 

iklim.  Provinz,  District. 

istabl,  Stall. 

ka,  Ebene. 

kaa,   hoher  Saal. 

kabr  pl.  kubür,  Grab. 

kabü,  unterirdisches  Gewölbe. 

kadäj  Gerichtsbezirk,  Bezirk. 

ka/if,  Höhle,  Grotte. 

kmsarije,  überwölbte  Bazar- 
halle. 

kafa,  Castell,  Burg. 

kanü,  kanäje  pl.  kaiiawäi,  Was- 
serleitung, Wassercanal,  Di- 
minutivum knej'e. 

*  kanän ,  Bergrücken ,  Berg- 
kamm. Von  Schick's  Ge- 
währsmann rcnän  geschrie- 
ben, wohl  unrichtig. 

kantara  pl.  kcmUiir,  Diminuti- 
vum kunetera ,  kenetera., 
1  brücke.  Brückenbogen,  Ge- 
wölbebogen. 


5 


haria^  jeder  von  Gebäuden, 
Mauern  und  anderen  hervor- 
ragenden Gegenständen  freie 
Platz. 

karje  pl.  kura.,  Ortschaft. 

kam  pl.  kurün^  karain  Dimi- 
nutivum  kurein^  Hörn,  auch 
von  einem  Berge. 

kasr  pl.  kusür,  grosses  Haus, 
festes  Gebäude,  Schloss. 

kasfal,   Castell. 

kefr  Diminutivum  kefer,  kfer, 
Dorf  (aus  dem  Syrischen) . 

ketilse  Diminutivum  kuneijise^ 
kuneise ,  kumse .  ketiese, 
Kirche. 

kerm  pl.  kurüm,  Weingarten, 
E-ebberg. 

kibli  fem.  kibltje^  südlich. 

killäj'e,  Zelle  eines  Mönchs,  Ein- 
siedlers. 

kimme,  Gipfel  eines  Berges. 

küm,  Haufen. 

kiibhe  Diminutivum  kubebe.  ke- 
hebe^  Kuppelgebäude.  Kup- 
pel. 

küra,  Gegend,  Bezirk,  Land. 

kiis&r  ^  kser  Diminuti^iim  von 
kasr. 

kmca^  Luft-  und  Lichtloch. 

ledschü,  Zufluchtsort. 
lisä/i,  Landzunge. 
lulif,     Fuss      eines     niedrigen 
Höhenzuges. 

machäde,  Fuhrt. 
machzen-^\.  machäzin,  Magazin, 
Speicher. 


müde7ie  pl.  majüditi^  Minaret. 

malialle.,  Gehöfte.  Quartier. 

majaii,  Quellplatz. 

maküm ,  eigentlich  Standort, 
Platz;  dann  besonders  Hei- 
ligenkapelle, 

makbara,  Friedhof. 
makta  .  Ort,  woselbst  man  über 
einen  Fluss  setzt. 

maktal.,  maktale ,  Platz  an  wel- 
chem Jemand  getödtet  worden 
ist. 

mamlaha  pl.  mafnälih^  Platz  auf 
welchen  Salzwasser  zum 
Zweck  des  Verdunstens  und 
der  SalzgeAvinnung  geleitet 
wird. 

manära,  Ort  für  Feuersignale, 
Landmarke,  Thurni,  Gränz- 
stein. 

mantara,  Platz,  von  wo  aus  ein 
Feldhüter  Ländereien  über- 
sieht, überwacht. 

mär.,  Heiliger  (aus  dem  Syri- 
schen) . 

märistän.1  Spital,  Irrenhaus. 

maschraf  pl.  maschärif,  An- 
höhe, Bodenerhebung. 

masjada ,  Gehege ,  in  welches 
man  Gazellen  hineintreibt. 

maslach.,  Ort,  wo  Thiere  ge- 
schlachtet werden. 

masna\  off'ene  Cisterne.  Reser- 
voir für  Regen wasser. 

masfaba,  Estrade  mit  Sitzen. 

mafch  .  natürliche ,  teichartige 
Niederung  mit  felsigem 
Grunde. 


6 


matla  Y>^.  )natali\  Anstieg,  Aus- 
sichtspunkt. 

matmür ,  matmäre ,  nnterirdi- 
scher  Getreidebehälter. 

medine  pl.  madä'in,  Stadt. 

medrese  pl.  madäris ,  höhere 
Schiüe. 

medschdel,  Burg,  Thurm. 

mehkeme,  Gerichtshaus. 

menzil ,  Unterkunftsstätte,  Ab- 
steigequartier s.  d.  f. 

fne?izül ,  öffentliches  Absteig- 
quartier. 

me7'ähj  umzäunter  Platz  für 
Herden. 

meidcm,  offener  Platz,  Ebene. 
merdsch ,     Wiese,    Graswiese, 

Wiesenland. 
merkah,  Warte;  Wachtthurm. 
mersä^  Ankerplatz. 
mersed^  Warte. 
meschhed^  Ort,   wo  Jemand  ge- 

tödtet  worden  ist,  gefallen  ist. 

mesdschid,  Betplatz,  Moschee. 

yyietti.  Rücken,  Hochrücken. 

mezär  ^  Sanctuarium,  zu  wel- 
chem man  wallfahrtet. 

mezraa  pl.  mazürt  Diminuti- 
vum  mezeri'a^  bebautes,  be- 
pflügtes  oder  urbares  Land, 
Meierei. 

mihräh,  Gebetsnische. 

mlnci,  Hafen. 

mizräb  Dirainut.  mezerih^  Was- 
serfall, Rinnsal,  Traufe. 

muchtaraJi ,  schmaler,  offener 
Raum  zwischen  zwei  Häusern . 

mvdauicar  f.  mudauwara^  rund. 


mughara^  meghara^  emghüra'^X. 

meghair^  mughäHr^  emgliä^ir, 

mughr,  Höhle. 
muntär  s.  mantara. 
müristän  =  märistän. 
mustakim^  gerade. 


nahije^  District,  Kanton. 
nähr,  perennirendes  fiiessendes 

Wasser,  Bach,  Fluss. 
nakh  Diminutivum  nheh^  Pass. 
nämTis  pl.  naioämls ^  Ruinen  von 

Häusern  und  Gräbern  (Sinai) . 
7ieh  a,  Quell. 
nebi^  Prophet. 
nezel,  grösseres  Beduinenlager, 

dessen  Zelte  in  gerader  Linie 

aufgeschlagen  sind. 
7ikeb  s.  nakb. 


rabioe^  Hügel,  Bodenerhebung. 

raml^  ramle^  Sandhügel. 

ras  pl.  riCüs  oder  rüs ,  Kopf, 
Spitze,  Vorgebirge. 

rasif,  Römerstrasse. 

resm  pl.7'e^s«m,  resüm^  Ruinen- 
spuren. 

ribäfa,  7'ibä(,  Hospiz. 

ridschm  oder  7'udschm  pl.  rw- 
o?5c/'wm,  Steinhaufen,  Diminu- 
tivum 7'udschem. 

rukn,  Winkel. 

7'umele  Diminutivum  von  raml^ 
7-amle 

7'uwäk,  Galerie,  Halle. 

ruiveis,  rmocs,  rtiwese  Diminu- 
tivum von  7'äs. 


sabcha,  salzgeschAvängerter  Bo- 
den. 

sädüd  pl.  saicädul^  Pfeiler. 

safä^  Fels,  bes.  kahle  steile 
Felswand. 

safh,  Fuss  eines  Berges. 

safrZi  s.  asj^ar. 

sähil,  Meeresufer,  Uferland. 

sahl,  Ebene. 

sakrä,  grosse  unbebaute  Ebene. 

sahrldsch^  artesischer  Brunnen. 

sahive,  Gebirgsrücken,  Höhen- 
rücken. 

säkij'a,  Wasserschöpfmaschine. 

säkne ,  Vorstadt ,  Aussenquar- 
tier. 

sathr^X.sutTih,  eig.Dach;  Spitze, 
Hochfläche,  TeiTasse. 

sarbUf  pl.  saräbU,  Hügel,  Berg- 
gipfel (Sinai), 

schakk,  Spalte,  Riss. 

schob  pl.  sehe  üb,  Abzweigung 
eines  Thaies. 

schedschere  s.  sedschere. 

scheich,  schech,  Häuptling,  Hei- 
liger. 

scheklf^  grosses  Felsstück,  das 
vom  Berge  herunterstürzt 
oder  herunterstürzen  will. 

scherriali  [schemeli]  fem.  schemü- 
lije^  nördlich. 

scheinet.,  Platz  an  einem  Flusse, 
woselbst  man  Wasser  holt, 
dann  Fluss  selbst. 

scher ki  fem.  scherMje.,  östlich. 

schukf,  Felsklippe. 

sebll.,  öff"entlicher Brunnen  nicht 
»wayside  fountain«,  sondern 
ein  »auf  dem  Wege  Gottes« 


gestifteter,  Jedermann's  Be- 
nutzung anheimgegebener 
Brunnen) . 

sedschere  eigentlich  schedschere] 
Baum,  Strauch. 

seijid,  Herr,  Heiliger  (fem.  sei- 
jide^   sede,  sitt) . 

seil  oder  sei.,  Eegenbach. 

serüi,  Regierungsgebäude. 

slk,  Zellengallerie. 

sikke,  Strasse. 

sira  pl.  sijar ,  Hürde,  Schaf- 
hürde, Steinring. 

sitt,  Frau,  Heilige  s.  seijid. 

sußä  s.  asfal. 

sük  pl.  asiväk,  Bazar. 

sür,  Ringmauer  einer  Ortschaft. 

sutüh  s.  safh. 

suiceika,  kleine  Bazargasse,  Di- 
minutivum  von  sük. 

tabaka.,  grosses  Zimmer  auf  der 
Terrasse,  Terrasse,   Podium. 

tahtüni  fem.  talitü.  unterhalb 
befindlich. 

tühüne  pl.  tmoühm^  Mühle. 

tüka,  Wandnische. 

taVa,  Bergsteige,  Aufstieg. 

tantm\  hohe  Mütze. 

tarlk.  Weg;  tarik  es-stdtäni 
Hauptstrasse. 

teklje,  Kloster,  Hospitz. 

teil  pl.  tulül,  telül,  Hügel,  bes. 
künstlich  aufgeworfener  Erd- 
hügel. 

temed ,  Höhlung ,  in  welcher 
sich  ein  Rest  von  angesam- 
meltem RegeuAvasser  findet. 

temile  pl.   tamä'il,  Wasserrest, 


8 


bes.  ein  solcher^  der  in  einer 
Felsvertiefuug  übrig  geblie- 
ben ist. 

tenljej  Pass,  der  über  einen 
Hügel  geht. 

tughra,  Engpass,  Spalte. 

tuleil  oder  iulel  oder  telel,  Di- 
minutiv, von  teil,  pl.  tulelZit. 

für,  Gebirge  (aus  dem  Syri- 
schen) . 

tiirhe  pl.  turab,  Grabkapelle. 

\djä  s.  alä. 

umm,  Mutter;  vor  Genitiven, 
Besitzerin,  Inhaberin  von  .  .  . 

wüd'i  oi\.exwäd pl.  toudjZm,  Thal- 
bett. 


wahd ,  wahde .  Absturz  eines 
Berges ;  unterster  Abhang 
eines  Berges. 

wa^r ,  Gegend,  deren  Terrain 
Schwierigkeiten  bietet,  durch 
spitze  Steine  u.  dergl. 

loatä,  Ebene,  Niederung. 

well ,  muslimischer  Heiliger, 
Grab  eines  solchen. 

wilüje,  Provinz,  von  einem  Ober- 
statthalter [^ücdi)  regilt. 

wukr,  Felskluft  (Versteck). 

zäivije  pl.  zawäjä.  Kapelle. 
ze7'kü  s.  azrak. 
ziüiok,  zekZik,  Gasse. 


Sarkophage  und  Grabinschriften  ans  Jernsalein. 

Von  Lic.  Tictor  Schultze  in  Leipzig. 

(Hierzu  Tafel  I.) 

I. 


Schon  seit  einer  Reihe  von  Jahren  sind  in  der  Umgebung 
von  Jerusalem  durch  Zufall  oder  in  Folge  planmässiger  Ausgra- 
bungen kleine  Sarkophage  aus  Kalkstein  zum  Vorschein  ge- 
kommen, die  in  mancher  Hinsicht  Interesse  beanspruchen.  So- 
weit ich  sehe ,  geschieht  dieser  eigenartigen  Monumente  zuerst 
bei  EoBiKSON  i)  Erwähnung ,  welcher  zwei  Exemplare  im  soge- 
nannten Grabe  des  Joseph  imd  Nikodemus  in  Jerusalem  selbst 
fand.  Das  eine  mass  4  englische  Fuss  Länge ;  das  andere  bot 
noch  geringere  Dimensionen.  Ein  reicherer  Fund  von  zwanzig 
Stück  Avurde  im  Jahre  1866  im  Nordwesten  der  Stadt  gemacht, 
Avorüber  Baurath  Schick  in  der  » Illustrirten  Zeitung«  (1866, 
Nr.  1224,  p.  408  f.)  referirte.  Bald  darauf  berichtete  auch  der 
Palestine  Exploration  Fund  2]  über  mehrere  neu  entdeckte  Sarko- 
phage dieser  Gattung  und  die  von  Clermont-Gakneau  in  der 
Nekropole  des  Wadi  Yasoul  bei  Jerusalem  im  Jahre  1874  gelei- 
teten Ausgrabungen  förderten  eine  Aveitere  Anzahl  zu  Tage  3) . 
Im  September  vergangenen  Jahres  endlich  Avurde  Aviederum  eine 
Anzahl  derselben  am  südlichen  Abhänge  des  Kidronthales,  zehn 
Minuten  unterhalb  des  hir  eij'iih  aufgefunden,  aaIc  ich  einer  aus- 
führlichen Mittheilung  darüber  an  die  Redaction  dieser  Zeit- 
schrift seitens  des  Herrn  Baurath  Schick  entnehme.    Ebender- 


1)  Robinson,  Neuere  Biblische  Forschungen  (Berlin  1857),  p.  178,  235. 

2)  Our  Avork  in  Palestine,  Lond.  (1874),  p.  156  (nebst  Abbildung!.    Vgl. 
auch  The  recovery  of  Jerusalem  [London  1871),  p.  493  f. 

3)  Kevue  archeol.  Nov.  Ib78,  p.  2. 


10 

selbe  berechnet  die  Zahl  der  bis  jetzt  zum  Vorschein  gekommenen 
Sarkophage  auf  dreihundert.  Demnach  ist  nur  ein  ganz  kleiner 
Bruchtheil  dieser  Summe  der  Forschung  bekannt  geworden. 

Die  Existenz  von  Kalksteinsarkophagen  ^]  dieser  Klasse  hat 
Clermont  -  Ganneau  auch  in  Lydda  constatirt,  und  nach  einem 
Berichte  von  Neroutsos-Bey  2)  über  die  in  den  Jahren  1874  bis 
1S75  in  Alexandrien  ausgeführten  Ausgrabungen  haben  auch  die 
jüdischen  Katakomben  daselbst  mehrere  Exemplare  geliefert  3). 

Die  Sarkophage  sind  sämmtlich  aus  einem  Aveichen,  weissen 
Kalksteine  angefertigt.  Die  Area  ruht  auf  kurzen,  stämmigen 
Füssen  und  weitet  sich  nach  oben  bis  ungefähr  zu  einem  Sechstel 
ihrer  Basisbreite.  Der  Deckel  ist  entweder  platt  oder  dachförmig 
oder  gewölbt  und  greift  durch  eine  Fuge  in  den  Sarkophag- 
körper ein.  Die  Länge  der  kürzlich  in  Jenisalem  gefundenen 
Exemplare  bewegt  sich  zwischen  0,80  und  0,35  m.  Das  Durch- 
schnittsmaass  beträgt  0.6  m.  Als  Maasse  eines  alexandrinischen 
Sarkophages  ergaben  sich:  Länge  0,61;  Breite  der  Basis  0,24; 
Höhe  0. 13  ;  Wandstärke  0,05  (Revue  archeol.  1873  Nov.  p.  303). 

Die  Mehrzahl,  wie  es  scheint,  ist  an  der  Langseite,  d.  h.  der 
Vorderwand,  und  an  den  beiden  Schmalseiten  mit  Graffito-Orna- 
menten  versehen.  Nach  den  vorliegenden  Beschreibungen  und 
Zeichnungen  zu  urtheilen,  hielt  sich  diese  Dekoration  innerhalb 
eines  beschränkten  Spielraumes  und  war  durch  bestimmte  Tra- 
dition gebunden.  Sechsblätterige  Rosetten  und  stilisirte  Pflanzen, 
umschlossen  durch  einfache  oder  gedoppelte  Kreise  oder  durch 
geradlinige  geometrische  Figuren  —  das  ist  das  Grundschema 
dieser  glatten ,  mathematischen  Ornamentik ,  die  nur  einmal, 
soviel  bekannt,  durch  eingesetzte  Palmzweige  und  Colonnadcn 
reicher  und  voller  gestaltet  erscheint'*).  Zuweilen  waren  die 
ornamentirten  Seiten  leicht  mit  Roth  überdeckt,  aus  dem  die 
graffirten  Linien  weiss  hei*vortreten. 

1)  Revue  archeol.  1873,  Juin  p.  400. 

2)  Xotice  sur  les  fouilles  recentes  executees  ä  Alexandrie  1ST4 — 1875. 
Alex.  1S75,  p.  49.  Vgl.  auch  das  Schreiben  von  Coli.ucci-Bey  in  der  Revue 
archeol.  1S73,  Nov.  p.  302  ff. 

3)  Ob  ein  in  Quarterly  Statement  1873,  p.  24  als  in  »Khirbeth  Khazneh« 
(bei  Nazarethj  befindlich  erwähnter  Sarkophag  dieser  Klasse  angehört,  ist 
leider  aus  dem  Berichte  selbst  nicht  zu  erkennen.    Vgl.  auch  p.  2^. 

4j  Abgebildet  in  Our  work  in  l'alestine  p.  15(i. 


11 


Nur  in  seltenen  Fällen  tragen  die  Sarkophage  Inschriften. 
Die  bisher  bekannt  gewordenen  sind : 

1)  lAeiPOC  —  lAeiPOC  ICüANOY.  Revue  archeol.  1873,  Juin  p.  407  ff.  Da- 
selbst als  im  Garten  des  deutschen  Consulats  befindlich  bezeichnet.  — 
lAeiPOC  =  n-XT 

2;  ICÜCHnOC  ICüCHnOC  —  ICüCHROC  IACPOY.  Sarkophag  in  der  Sammlung 
Parent.  Copie  in  der  lUustrirten  Zeit.  a.  a.  O.  n.  3'  .  Vgl.  SaULCY, 
Bulletin  du  Mu.see  Parent  p.  23;  Revue  archeol.  a.  a.  O.  p.  407.  — 
wahrscheinlich  ist  auch  hier,  in  Abweichung  von  Saulcy,  mit  Cler- 
moxt-Ganxeau  zu  lesen:  lAeiPOY. 

3'  BePNIKH  (oder  BePNIKHCl.  Darunter  die  hebräische  Transscription  -pjn. 
In  der  Sammlung  des  Palestine  Exploration  Fund.    Vgl.  Revue  archeol. 

a.  a.  O.  S.  402  ff. 

4)  Auf  der  Area  TTTOAMA  (=  nToX|i.ä; ,  IlToXfiaTo;!.     Auf  dem  Deckel  ein 

hebräisches  Graffito,  welches  Saulcy  las:  Tix'i  t'^'to  {[l'an]  le  4  de 
Adar),  Renan  :  i"^xi  "^SlTa  =  theca  J  airi  Journal  asiatique,  six^e 
Serie  XI,  p.  539  f.)  nach  Analogie  von  eHKH,  GHKH  AIA(l>ePOYCA. 
Nach  Renan  iSlra  Substantiv  nsn  oder  Participialform  =  ^STj-q  = 
continens  Jairum).  Sowohl  die  Erklärung  Saulcy's  als  diejenige  Re- 
nan's  hat  Levy  (Zeitschr.  d.  DMG.  XXIII ,  p.  441  ff.)  beanstandet, 
ohne  jedoch  in  der  Lage  zu  sein,  eine  andere  vorzuschlagen.  —  Dass 
Deckel  und  Area  ursprünglich  nicht  zusammen  gehören,  scheint  Cler- 
mont-Ganxeau  (in  der  Revue  archeol.  a.  a.  O.  p.  411  ff.)  erwiesen  zu 
haben.  —  Der  Sarkophag  gehört  der  Sammlung  Parent  an. 

5)  ■]5n',n"'  "in  rcni.     Auf  einem  jetzt  im  Louvre  befindlichen,  wahrschein- 

lich aus  Jafa  stammenden  Sarkophage.  Zuerst  mitgetheilt  und  in  der 
angegebenen  Weise  gelesen  von  Clermont-Ganneau  Revue  archeol. 
1878,  Nov.). 

6)  i'n'ni.     Sarkophag  des  Wadi  Yasoul.     Clermont-Ganneau  a.  a.  O. 

7)  r^D-ni.     Gleicher  Provenienz.     Clermoxt-Gaxneau  a.  a.  O. 

8)  nCÜAAA.     Auf  einem    der  jüngst    aufgefundenen   Sarkophage.     ricuXXa, 

rio/.Xa,  Polla,  bekannter  griechisch-römischer  Name. 

9)  ZHNAPOYTOC.      Derselben    Gruppe    angehörig.     Die    Etj'mologie    ist 

dunkel. 

Die  Sarkophage  fanden  sich  sämmtlich  in  Felsenhöhlen  2) , 
die  auch  ans  dem  natürlichen  Gestein  ausgearbeitete  Gräber  von 

1)  Dazu  bemerkt  indess  Clerm.-Gaxx.  a.  a.  O.  p.  414  :  »On  a  par  inad- 
vertance  place  le  nom  ICÜCHTTOC  suivi  du  patronymique  IACPOY,  sur  la  face 
ornementee  de  l'ossuaire,  tandis  que ,  d'apres  M.  de  Saulcy,  qui  doit  avoir 
raison,  puisqu'il  a  puexaminer  lemonument  ä  lolsir,  le  patronymique  n'existe 
que  sur  la  branche  du  coffret.« 

2)  über  den  genauem  Standort  Neroutsos-Bey  a.  a.  O.  S.  49:  »ces  cas- 
settes  etaient  placees  dans  de  petites  niches  creusees  ä  cet  eft'et  dans  les  parois, 
ou  deposees  par  terres  dans  quelque  coin  de  la  chambre  mortuaire.« 


12 


(leu  bekannten  Formen  enthielten.  In  Jerusalem  entdeckte 
man  sie  namentlich  in  den  Gängen  des  Kidronthals  und  des  01- 
bergs ,  auf  der  Höhe  zwischen  Jerusalem  und  Lifta  und  in  der 
Nähe  von  Mär  Eljäs.  In  den  Särgen  waren  noch  stark  verweste 
Knochenreste  vorhanden,  aus  denen  erkannt  werden  konnte, 
dass  bei  der  Bestattung  die  Cremation  nicht  in  Anwendung  ge- 
kommen war.  Ausserdem  fanden  sich  in  denselben  dünne  Glas- 
phiolen (sog.  Thränenfläschchen) ,  die  zur  Aufnahme  von  Salben 
dienten  und  in  antiken  und  altchristlichen  Gräbern  ein  gewöhn- 
liches Inventarstück  bilden  (Abgeb.  bei  Saulcy,  Voyage  I. 
p.  359). 

Der  Zweck  dieser  Kalksteincassetten,  welche  an  die  Aschen- 
urnen heidnischer  Columbarien  erinnern,  erscheint  auf  den  ersten 
Blick  dunkel.  Die  Cremation,  welche  durch  sie  vorausgesetzt  zu 
werden  scheint,  wurde  von  den  Juden  ebensowenig  geübt  wie  in 
der  alten  Kirche.  Auch  fehlen,  "v^ie  bereits  erwähnt,  Spuren  von 
Feuerbestattung.  Andererseits  dienten  zu  regelrechten  Bestat- 
tungen Felsgräber  oder  Steinsarkophage  von  einem  der  Grösse 
des  Todten  entsprechenden  Längenmaasse.  Exemplare  solcher 
normaler  Steinsärge  sind  in  den  jerusalemitischen  Königsgrä- 
bern ^),  in  Rom 2)  und  sonst  3)  gefunden  worden.  Offenbar  also 
haben  wir  in  den  ganz  anders  bemessenen  vmd  gestalteten  Urnen 
Monumente  zu  sehen,  die  nur  in  Ausnahmefällen  dienten.  Aber 
wie  sind  diese  letztern  zu  bestimmen  ?  Die  Verfasser  von  »Our 
work  in  Palestine«  *)  haben  die  Meinung  ausgesprochen ,  dass 
diese  Cassetten  die  Überreste  von  Märtyrern  umschlossen,  w'elche 
provisorisch  begraben  und  dann  in  diese  Sarkophage  über- 
geführt seien.     Diese  Vermuthung,  an  sich  wenig  wahrschein- 


1)  ToBLEK,  Topogr.  V.  Jerus.  p.  294;  295  Anm.  1  ;  308.  —  Sarkophag 
in  der  Pelagiaka])elle  in  Jerusalem  mit  der  Inschrift :  6APCI  AO  IMSTIAA;«;  | 
OYAIC  AGAN  |  ATOC  (Saulcy,  Voyage  en  terre  sainte  II,  p.  2S2}. 

2)  Exemplar  im  Museo  Kircheriano  in  Rom  mit  dem  Titulus  GNSAAG 
Kei|TAI  *AYCTINA  (s.  meine  »Archaeol.  Studien«,  Wien  1880,  S.271);  ein 
zweites  in  der  jüdischen  Katakombe  der  Vigna  Randanini  (Garrucci,  Cimi- 
tero  degli  ant.  Ebrei  S.  19  ff.;. 

3j  RojJiNSOX  la.  a.  O.  p.  14,  23  f.,  42,  44,  442,  482  f.). 

4)  p.  156  f.:  »It  is  possible  that  the  individuals  thus  interred  were  mar- 
tyrs  ignominiously  buried  at  first  and  afterwards  exhumed  and  honoured  with 
more  carel'ul  interment.«     Wiederholt  in  »The  recovery  of  Jerusalem«  p.  493. 


13 

lieh,  lässt  sich  durch  nichts  stützen.  Saulcy  i)  hatte  früher  die 
Cassetten  seltsamerweise  für  Schatzkästchen  erklärt,  was  schon 
durch  den  Inhalt  widerlegt  ^vird,  später  aber  2]  sich  dahin  ausge- 
sprochen, dass  sie  zur  Aufnahme  der  Leichnamsreste  dienten, 
die  man  bei  eingetretener  Uberfüllung  des  Grabesraumes  aus 
den  Gräbern  entfernt  habe.  Ihm  haben  Nekoutsos  (a.  a.  O. 
p.  49)  und  Clermont-Ganneau  (a.  a.  O.  1S73,  p.  399)  beige- 
stimmt. In  der  That  kann  die  llichtigkeit  dieser  Hypothese, 
welche  durch  schriftliche  Zeugnisse  gut  begründet  ist ,  nicht  in 
Frage  gestellt  Averden.  Ich  vermuthe,  dass  die  kleinen  Nischen, 
welche  in  verschiedenen  altjüdischen  Grabanlagen  nachgewiesen 
sind"')  und  deren  Grösse  derjenigen  der  Kalksteinurnen  ent- 
spricht, demselben  Zwecke  gedient  haben,  ausgenommen  die  zur 
Aufnahme  von  Lampen  bestimmten  Höhlungen.  Die  Sarkophage 
werden  von  Wohlhabendem ,  die  Nischen  von  Armern  benutzt 
worden  sein. 

Neben  dieser  Z^veckbestimmung  scheint  mir  die  Möglich- 
keit offen  zu  stehen ,  dass  in  den  Cassetten  auch  Leichen  von 
auswärts  transportirt  wurden.  Der  Umstand,  dass  gerade  Jeru- 
salem diese  Monumente  in  so  überaus  grosser  Zahl  aufweist, 
und  die  Anwendung  griechischer  Schrift  machen  dies  w^ahrschein- 
lich.  Ein  Begräbniss  in  Jerusalem  ist  stets  die  Sehnsucht  der 
Diaspcra-Israeliten  gcAvesen.  Doch  sind  erst  weitere  Funde  ab- 
zuwarten, ehe  hierüber  ein  sicheres  Urtheil  gefällt  werden 
kann. 

Die  Zahl  der  jüdischen  Sepulcralmonumente,  welche  bis  zur 
Gegenwart  sich  erhalten  haben,  ist  eine  verhältnissmässig  be- 
trächtliche; sie  wird  fast  ununterbrochen  durch  Funde  von 
grösserer  oder  geringerer  Wichtigkeit  gemehrt.  Leider  aber  fehlt 
trotz  des  reichen  Materials  eine  den  Erfordernissen  moderner 
archäologischer  Wissenschaft  entsprechende  Darstellung  des  alt- 
jüdischen Begräbnisswesens,  während  keinem  Zweifel  unterliegen 

1)  Saulcy,  Voyage  en  terre  sainte  I,  p.  368. 

2)  De  Saulcy,  Bulletin  du  Musee  Patent  p.  21  ff. 

3)  So  im  Hinnomthale  am  westlichen  Abhänge  des  ülbergs  (Barclay, 
The  city  of  the  great  king  (1857),  p.  347  ;  Tobler,  Dritte  Wanderung  n.  Pal. 
(1859),  p.  349.  —  Auch  die  mit  kleinen  Nischen  versehenen  zahlreichen  Grab- 
karamern  in  der  Umgebung  von  Bet  Dschibrin,  die  einer  genauem  Unter- 
suchung noch  harren,  scheinen  jüdischer  Provenienz  zu  sein. 


1!4 

kann,  dass  eine  solche  Monographie  von  hohem  Werthe  für  die 
Erkenntniss  altjüdischen  Lebens  sein  würde,  wie  in  Beziehung 
auf  die  alte  Kirche  an  der  Katakombenforschvmg  hinlänglich  er- 
fahren worden  ist.  Die  von  Clermont-Ganneau  in  Aussicht  ge- 
stellte Publikation  altjüdischer  Grabinschriften  wird  uns  in 
dieser  Richtung  voraussichtlich  einen  bedeutenden  Schritt  weiter 
führen. 

II. 

A 1 1 ch r i  s 1 1  i c h  e  Grabinschriften. 

Der  Boden  Palästina's  hat  bis  jetzt  verhältnissmässig  wenig 
Monumente  aus  altchristlicher  Zeit  geliefert.  Ausser  einigen  In- 
schriften, welche  zum  grössten  Theil  im  Corpus  Inscript.  graec. 
Bd.  IV.  mitgetheilt  sind,  ist  nur  geringes  epigraphisches  und 
architektonisches  Material  bekannt  geworden.  Skulpturen  fehlen 
ganz.  Der  Grund  liegt  darin,  dass  der  monumentale  Besitzstand 
des  heiligen  Landes  überhaupt  noch  nicht  gründlich  geprüft  ist; 
dass  vor  Allem  eine  Avissenschaftliche;  Statistik  der  Denkmäler 
fehlt.  Nicht  einmal  von  Jerusalem  haben  wir  eine  solche.  Und 
doch  erscheint  dieselbe  in  einem  Lande ,  wo  den  Monumenten 
der  gesetzliche  Schutz  in  Wirklichkeit  fehlt,  und  unendlich 
vieles  in  gewaltsamer  Zerstörung  untergeht,  doppelt  geboten. 
Daneben  ist  die  geringe  Zahl  der  altchristlichen  palästinensi- 
schen Monumente  wohl  daraus  zu  erklären,  dass  das  Land  über- 
haupt nie  an  solchen  reich  war.  Eine  nationale  Kunst  hat  es 
dort  nicht  gegeben .  und  die  Abneigung  des  Judenthums  gegen 
monumentales  Schaffen  hat.  das  ist  anzunehmen,  unter  den 
ältesten  christlichen  Gemeinden  Palästina's  fortgewirkt. 

Unter  diesen  Umständen  ist  jeder  neue  Fund  doppelt  will- 
kommen. Der  Güte  des  Herrn  Baurath  Schick  verdanken  wir 
die  Kenntniss  zweier  unedirter  griechischer  Inschriften,  die  in 
diesem  Jahre  bei  Jerusalem  auf  dem  Olberge  gefunden  wurden. 

Der  Boden  des  Ölbergs  ist  mit  zahlreichen  Trümmerstücken 
bedeckt ,  welche ,  antiken  Bauten ,  wie  Cisternen ,  Gräbern. 
Mauern,  angehören.  Umgrabungen  fördern  von  diesen  Pudera 
fast  täglich  Theile  ans  Tageslicht.  Zu  diesen  gehören  zwei  durch 
Inschriften  ausgezeichnete  Mosaiken.  Das  eine  (s.  Taf.  VI,  1) 
hat  die  Form  eines  Quadrates,  dessen  Seite  l  m  misst.    In  dieses 


15 

Viereck  ist  ein  Kreis  mit  einem  Inschriftenbande  eingelegt, 
dessen  äussere  Peripherie  0.95  m  beträgt.  Das  Mosaik  lag  fast 
1  m  tief  imter  der  Erde.  Über  die  genauere  Lage  berichtet  HeiT 
Baurath  Schick:  »Von  der  Brücke  des  Kidron  im  sog.  Josaphat- 
thale  aus  führen  drei  verschiedene  Wege  auf  den  Olberg;  ein 
nördlicher,  ein  südlicher  und  ein  mittlerer.  Der  südliche  Weg 
geht  durch  eine  Terrainfalte  und  biegt  dann  oben  nordwärts 
gegen  das  Dorf  zu.  Südlich  von  diesem  Wege,  nicht  weit  von 
der  Biegung  nach  N.,  liegen  die  sog.  Prophetengräber.  Nördlich 
davon ,  zwischen  dem  südlichen  und  dem  mittleren  Wege,  luid 
ein  wenig  niedriger  als  die  Prophetengräber  ist  die  Stelle,  wo  das 
Mosaik  gefunden  wurde.  Die  Orientirung  desselben  richtet  sich 
nach  der  Terrainbeschaffenheit.«  Das  Mosaikmuster  ist  sehr  ein- 
fach und  findet  sich  auch  sonst.  Wichtiger  ist  die  Inschrift, 
welche ,  mit  aufgelösten  Ligaturen  .  lautet :  YTT6P  6Y  X  H  C 
K(ai)  ANAnAYCeOC  KANSTPATOY  YnOAlAKovou) 
Arjia?)  ANACTACeUJC  d.  h.  »Um  des  Gelübdes  und  der 
Ruhe  willen  des  Kanstratos  (?),  Unterdiakonen  der  heiligen  Auf- 
erstehungskirche.« Die  hier  genannte  'Ayia  'Avaaraaic  ist  das  un- 
mittelbar über  dem  Grabe  Christi  sich  erhebende  Mausoleum, 
welches  durch  Konstantin  neu  ausgeschmückt  wurde  (Euse- 
Bius,  vita  Constant.  III,  40)  ^j .  Wir  ersehen  aus  der  Inschrift,  dass 
die  Kirche  einen  zahlreichen  Klerus  hatte ;  denn  darauf  lässt  das 
Vorhandensein  eines  Subdiakonen  schliessen.  Dunkel  erscheint 
der  Name  dieses  letztern.  Das  Wort  KavozpiaTo;  steht  fest,  und 
Eigennamen  mit  —  oTparo;  zusammengesetzt,  sind  nicht  selten  2  . 
Aber  wovon  ist  die  erste  Silbe,  Kav  — ,  abzuleiten  ?  Ich  gestehe, 
dass  ich  die  Antwoi-t  nicht  zu  geben  vermag  ■^] .  Die  Eingangs- 
formel üTTsp  su/r^;  findet  sich  auch  sonst  im  Sinne  von  ex  voto, 
doch,  soviel  mir  bekannt,  nie  die  Verbindung  u-ip  so/t^c  xal 
ava-au3su>c. 

1)  Vgl.  UXGER,  Die  Bauten  Constantins  d.  Gr.  am  hl.  Grabe  zu  Jerusa- 
lem (Gott.  1863;,  p.  29  ff. 

2)  Auf  altchristlichen  Inschriften  z.  B.  Ti|i.oa-päx7]  iC.J.  Gr.IV,  Xr.9277), 
NixoJTfiaTo;  (Nr.  9301,. 

3)  Herr  Prof.  Piper  in  Berlin,  welcher  die  Güte  hatte,  die  Inschrift  ein- 
zusehen, möchte  statt  KavsToaTou  lesen  KavsToaiou  =  Kava^Tpaioo  von  dem 
Adjektive  -/.avasTpaio;).  Doch  ist  das  T  in  der  vorletzten  Silbe  im  Originale 
gesichert. 


16 


Aus  dem  Inhalte  der  Inschrift  ergiebt  sich,  dass  das  Mosaik 
den  Boden  einer  Grahkammer  biklete.  An  eine  Kirche  ist  nicht 
zn  denken.  Da  das  Mosaik  nach  Süden  und  Westen  sich  noch 
weiter  erstreckt,  dürfte  die  Anlage  als  ein  Familienmausoleum 
zu  bestimmen  sein.  Dafür  spricht  ferner  der  Umstand,  dass  auch 
an  andern  Stellen  des  Olbergs  Mosaikfragmente  zum  Vorschein 
gekommen  sind.  Eine  Parallele  zu  diesem  Monumente  bietet  ein 
vor  Kurzem  in  Ancona  entdecktes ,  ebenfalls  mit  musivischem 
Schmuck  versehenes  Privatkubikulum  i) .  Mosaikinschriften 
kommen  auch,  freilich  selten,  in  den  römischen  Katakomben  vor. 
Dass  auch  die  Juden  Grabanlagen  mit  Mosaikboden  hatten,  be- 
zeugt ein  Grab  in  Tibne  -) . 

Das  zweite  Mosaik  wurde  »  an  der  südlichen  Halde  des  Ol- 
bergs, nahe  der  Spitze ,  auf  welcher  das  türkische  Weli  steht «, 
auf  einem  Grundstücke  des  russischen  Archimandriten  entdeckt. 
Man  stiess  dort,  bei  Anlage  einer  auf  den  Trümmern  einer  alten 
Kirche  errichteten  neuen  Kirche  auf  Grundmauern  von  Gebäu- 
den, deren  ursprüngliche  Bestimmung  nicht  klar  ist.  Neben 
diesen  fand  sich  ein  in  späterer  Zeit  stark  restaurirter  Mosaik- 
fussboden.  Den  ursprünglichen  Theilen  desselben  gehört  das 
Tafel  VI,  2  abgebildete  Fragment  an.  Die  grössere  Hälfte  der 
Inschrift  ist  zerstört  und  der  Rest  nicht  vollständig  zu  entziifern. 
Deutlich  sind  die  Worte:  6NAOiÖTATHC  KOYBIKOYAA 
PIAC  (»der  angesehenen  Kubikularia«) .  Das  vorhergehende 
Wort,  von  welchem  die  Buchstaben  CIMOIHC  (denn  der  viert- 
letzte Buchstabe  ist  wohl  Fragment  von  O)  gesichert  scheinen, 
ist  entweder  ein  Stück  des  jetzt  nicht  mehr  bestimmbaren  Eigen- 
namens der  als  KoußixouXapia  bezeichneten  Person  oder,  was  in- 
dess  weniger  wahrscheinlich,  ein  weiteres  Adjektiv,  Cubicularii 
(gräcisirt  KooßixouXapioi)  sind  die  mit  der  Aufsicht  über  die 
Zimmer  betrauten  Personen  (in  der  Regel  Eunuchen  3) .  Nur  aus- 
nahmsweise   Avurden    hierzu    Frauen    verwandt,   wofür  die  vor- 

1)  De  Rossi,  BuUett.  di  archeol.  cristiana,  1S79,  p.  128  f. 

2)  De  Saulcy,  Voyage  II,  p.  231.  Nach  einer  Notiz  ebenda-selbst  finden 
sich  Beispiele  auch  in  Philistaea. 

3)  Vgl.  Du  C.\NGE ,  Glossarium  mediae  et  inf.  lat.  s.  v.  Cubicularius, 
und  Gloss.  med.  et  inf.  graecit.  s.  v.  Koußf/ouXapto?.  Auch  auf  eine  kirch- 
liche Beamtenschaft  erscheint  im  Morgenlande  und  im  Abendlande  die  Be- 
zeichnung übertragen. 


17 


liegende  Inschrift  ein  Beispiel.  Auch  auf  einer  christlichen  In- 
schrift ans  Rom  (De  Rossi,  Inscript.  christ.  I  n.  612  p.  262]  wird 
eine  CVBICVLARIA  REGINAE  genannt.  Das  beigefügte 
Adjektiv  weist  anfeine  cubicnlaria  in  vornehmem  Hause  und  in 
einflussreicher  Stellung.  Auch  dieses  Mosaik  hat  oifenbar  als 
Fussboden  eines  Grabes  gedient,  welches  zu  der  anliegenden 
Kirche  in  l^ezichinig  gestanden  hat.  Die  Mauer-  und  Bogenreste 
daneben  mögen  die  Umfassung  *)  des  ganzen  Areals  gebildeth 
aben,  wofür  sich  auch  sonst  Beispiele  finden. 

Die  Abfassungszeit  der  beiden  Inschriften  lässt  sich  nur  an- 
nähernd bestimmen.  Der  terminus  a  quo  dürfte  das  5.  Jahr- 
hundert sein.  Dieser  Zeit  scheint  mir  der  zuerst  beschriebene 
Titulus  anzugehören ,  während  der  andere  mindestens  ein  halbes 
Jahrhundert  jünger  ist.  Darauf  weisen  Conception  und  Schrift- 
charaktere . 

1 )  Über  ein  auf  demselben  Terrain  befindliches,  in  seiner  Bestimmung 
räthselhaftes Bauwerk  berichtetHerr  Baurath  Schick:  »Neben  der  Mosaikin- 
schrift ist  ein  kleines  gemauertes  Rondell  aus  zwei  Lagen  gut  behauener 
Steine  bestehend,  welches  an  der  obern  Fläche  eine  0,08  m  tiefe  und  0,86  m 
breite  Vertiefung  hat,  oben  mit  rauher  Oberfläche.  Daneben  steht  ein  zweites 
aus  einem  einzigen  Steine  bestehendes  Kondell,  0,80  m  hoch  und  oben  mit 
einem  Durchmesser  von  0,94  m.  Es  hat  gerippte  Wände  und  oben  gleich- 
falls eine  0,30  m  tiefe  Aushöhlung.  Das  zweite  Kondell  passt  genau  in  die 
Vertiefung  des  ersten.  Ausserdem  liegt  dort  noch  ein  Kegelfragment  von 
Basalt.«  Der  Schreiber  vermuthet,  dass  dieses  Kegelstück  zu  jenen  beiden 
Rondells  gehöre  und  das  Ganze  eine  Ölpresse  gewesen  sein  könne,  wenn- 
gleich er  Abzugslöcher  vermisse.  Jedenfalls  haben  diese  Theile  keinem  Tauf- 
steine zugehört,  wie  man  gemeint  hat,  auch  nicht  kirchlichen  oder  sepul- 
cralen  Zwecken  gedient,  sondern  sind  erst  später  hier  aufgestellt ;  zu  welcher 
Verrichtung,  muss  dahingestellt  bleiben. 


Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  IV. 


Zion,  Davidstadt  und  die  Akra  inuerliall)  des  alten 

Jerusalem. 

Von  Dekan  Dr.  Klaiber  in  Göppingen. 

Zweiter  Artikel. 
II.    Das  erste  Makkabäerbuch. 

Das  erste  Makkabäerbuch  i)  bat  von  topographischen  An- 
deutungen über  Jerusalem  mit  Ausnahme  des  sonst  ganz  unbe- 
kannten Kaphenata  12,  37  nur  Folgendes,  worüber  wir  uns  nach 
den  vielfachen  neueren  Verhandlungen  kürzer  fassen  können. 
Wir  verweisen  hauptsächhch  auf  die  Abhandlung  von  Caspari 
in  den  Studien  und  Kritiken  1864,2,p.309fF. 

1)  Der  Name  » Sion«  Avird  konstant  und  allein  vom  Tempel- 
berg gebraucht ,  wechselt  synonym  mit  »  Berg  des  Heiligthums  « 
(opo?  Tou  lepou),  steht  niemals  von  der  Stadt  im  ganzen,  wird 
vielmehr  von  dieser  bestimmt  unterschieden.    4,  36.  5,  54.   7,33. 

2)  Als  Lokalname  im  Unterschiede  sowohl  von  der  Ge- 
sammtstadt  als  vom  Tempelberg  wird  mehrfach  die  »Stadt  Da- 
vids» (tioXi?  AauiS)  erwähnt  mit  der  Angabe,  dass  sie  von  den 
Syrern  zu  einer  Akra  gemacht  worden  2).  Nach  1,  29  ff.  hat  der 
Feldherr  des  Antiochus  die  ganze  Stadt  verwüstet  und  deren 
Mauern  ringsum  eingerissen.    ])arauf  bauten  sie  die  »Stadt  Da- 

1)  Im  zweiten  Makkabäer  finden  sich  gar  keine  topographischen  Anhalts- 
punkte. Die  Akropolis  wird  erwähnt  4,  12  und  5,  5,  ohne  nähere  Ano;abe. 
In  15,  31.  35  ist  die  Akra  die  von  den  Syrern  besetzte  Burg.  Die  »die  aus 
der  Akra«  sind  die  Syrer ;  denn  sie  stehen  den  »Volksgenossen«  (6[Ao£iK£t?)  ent- 
gegen. Vgl.  Keil,  Commentar  über  d.  13B.  d.  Makkabäer  (1875)  gegen 
GuiMM.  Die  Namen  Sion  und  Davidstadt  kommen  in  IL  Makkabäer  gar 
nicht  vor. 

2)  Vergleiche  darüber  auch  Hupfeld  in  ZDMG  1861,  p.  191  ff.  und  AR- 
NOLD in  Heuzog's  Kealencyclopädie,  Art.  Zion. 


19 

vidsa  mit  starken  Befestigungen,  so  dass  sie  zur  Burg  (axpa)  und 
zu  einem  Hinterhalt  für  das  lieiligthnm  wurde ;  denn  sie  befand 
sich  in  unmittelbarer  Nähe  des  Tempelbergs  (~o  opo;  rou  Upou 
To  irapa  tTjV  axpav,  13,  52).  Erst  nach  langer  Belagerung  gelang 
es  die  Juden  durch  eine  besondere  Mauer  der  Akra  zu  isoliren 
und  durch  Aushungerung  zur  Übergabe  zu  zwingen.  Nach  14,  37 
legte  Simon  eine  jüdische  Besatzung  in  die  Burg.  Dass  er  selbst 
seine  Wohnung  in  der  Akra  genommen  habe,  haben  manche  aus 
13,  52  1)  geschlossen.  Es  ist  aber  mit  Recht  entgegnet  worden 
(vgl.  GiiiMM  zu  d.  Stelle),  dass  das  daselbst  (ixst)  auf  den  Tem- 
pelberg als  den  HauptbegrifF  des  Satzes  zu  beziehen  ist. 

Wir  haben  uns  hier ,  ehe  Avir  weiter  gehen ,  zuerst  mit  Zim- 
mermann" 2j  auseinander  zu  setzen.  Er  folgt  der  richtigen  Linie, 
sofern  er  das  ursprüngliche  Zion ,  Davidstadt ,  Akra ,  Unterstadt 
auf  den  Osthügel  verlegt;  er  irrt  aber  nach  unserer  Überzeugung 
darin,  dass  er  das  jebusitische  Zion,  die  Davidsburg  mit  der 
Baris  Antonia  identificirt.  Dabei  müssen  wir  seine  Angaben  über 
den  Sprachgebrauch  als  nicht  ganz  correct  bezeichnen.  Er  sagt: 
»Akra  ist  während  der  griechisch-römischen  Zeit  der  Name  für 
den  Hügel  Zion  und  die  von  den  Jebusitern  zuerst  darauf  ge- 
baute, von  Nebukadnezar  mit  dem  Tempel  zerstörte,  von  dem 
S\Terkönig  Antiochus  Epiphanes  wieder  aufgebaute  Burg  im 
Nordwesten  des  Tempels.  Und  wie  der  Name  Zion  in  den 
Büchern  Samuels  und  der  Könige  nicht  nur  der  Jebusiterburg. 
sondern  der  ganzen  östlichen  Hügelreihe  und  der  von  ihr 
getragenen  Unterstadt,  der  ganzen  Stadt  Davids  zukam, 
so  auch  bei  Josephus  der  Name  Akraa.  Darnach  Avären  unter 
Akra  der  gesammte  Osthügel  von  der  Baris -Antonia  an  mit 
Einschluss  der  Tempelfläche  sammt  dem  Ophel  zu  verstehen. 
Dass  dieses  bei  Josephus  nicht  zutrifft,  davon  später.  Dass 
die  Makkabäerbücher  die  Akra  von  dem  Tempelberg  bestimmt 
unterscheiden,  zeigen  die  obigen  Stellen.  Die  Akra  steht  frei- 
lich synonym  mit  der  Davidstadt ;  wie  sich  aber  die  Davidstadt 
dem  Umfang  nach  zur  Unterstadt  verhielt,  kann  aus  den  Mak- 
kabäerbüchern  nicht  entnommen  werden ,  weil  der  Ausdruck 
Unterstadt   bei   ihnen  überhaupt   nicht,    sondern   erst    bei  Ju- 

1)  »Er  befestigte  den  Berg  desHeiligthunis,  welcher  neben  der  Burg,  und 
wohnte  daselbst  er  und  seine  Leute.« 

2;  Begleitschreiben  zu  den  Karten  und  Plänen  des  alten  Jerusalems  p.39. 

2* 


20 

JosEPHUS    vorkommt.     Man    kann    ans   den    oben  angegebenen 
Kriegsverbältnissen  nur  schliessen,  dass  die  Davidstadt  oder  die 
Akra  im  Sinne   des  Makkabäerbnclies  eine  sehr  feste,   zn  einer 
Zwingburg    taugliche,     kleinere    Lokalität,     nicht    aber    ein 
grösserer   Stadttheil   war.    Die   von   Zimmermann   angeführten 
Stellen  im  Targum  wie  in  der  Megillat  Taanit  sprechen  deutlich 
aus,   dass  das  Wort  chakra  nur  für  die  Burg  Zion,  nicht  aber 
für  den  Tempelberg  oder  den  ganzen  Ostrücken  gebraucht  wurde. 
Wenn  endlich  Zimmermann  noch  sagt :  »Das  erste  Makkabäer- 
Buch  setzt  überall  für  d  e  n  T  e  m  p  e  1  und  d  e  s  s  e  n  B  u  r  g  noch 
den  alten  Namen  Sion  da,  wo  Josephus  in  den  Parallelschilde- 
rungen Akra  setzt«,  so  widerspricht  der  Augenschein  bei  Yerglei- 
chung  der  angeführten  Parallelstellen.    Josephus  unterscheidet 
in  denselben  immer  das  Heiligthum  von  der  Akra;  in  den  von 
Zi]MMERMANN  angeführten  Stellen  aus  I.  Makk.  findet  sich  der 
Ausdruck  Sion  theils  gar  nicht,  theils  fehlt  jede  Andeutung,  dass 
unter  Sion  auch  die  Akra  begriffen  sei.    Makk.  I,  13,  52  wird 
vielmehr  der  Tempelberg  von  der  Akra  bestimmt  unterschieden 
(to  opo?  Tou  lepou  To  Tcapa  t:^v  av.pav,   der  Berg  des  Heiligthums, 
welcher  neben  der  Akra) ,  ebenso  aber  auch  Sion  von  der  Akra. 
Denn  von  Judas  heisst  es  4,  37.  41  :    Er  stieg  auf  den  Berg  Zion 
und  sah  das  Heiligthum  verwüstet.    Während  der  Reinigung  des 
Heiligthums  aber  mussten  die  in  der  Akra  befindlichen  Feinde 
mit  Gewalt  abgewehrt  werden.  —  Nach  der  Tempelweihe  heisst 
es  sodann  V.  60  :  »Er  baute  den  Berg  Sion  mit  hohen  und  festen 
Mauern ,   damit  ihn  die  Heiden  nicht  wieder ,   wie  früher ,  zer- 
träten«.   Zu  gleicher  Zeit  blieb  aber  die  Akra  von  den  Feinden 
besetzt;    dieselben  konnten  sich  nun  doch  nicht  in  demselben 
Kaum  befinden,   welchen  Judas  befestigte,    dieser  hätte  sie  ja 
ganz  in  seiner  Gewalt  gehabt.     Es  ist  also  ganz  unmöglich,  dass 
unter  dem  Namen  Sion  der  Tempelbcrg  und  die  Akra  zusammen 
gefasst  sei.     Sion  ist  der  Tempelberg,  die  Akra  aber,  mag  sie 
sein,  was  sie  will,  von  Sion  ebenso  ausgeschlossen,  Avie  sie  nach 
der  vorangegangenen  Stelle  vom  Tempelberg  ausgeschlossen  ist. 
Der  Terminus  Berg  Sion  wird  eben  in  I.  Makk.  in  einer  Weise 
abwechselnd    mit    dem    Ileiligtluim   gebraucht,    dass   man    an- 
nehmen muss ,    es  sei  damit  nicht  der  ganze  Ostrücken ,  welcher 
zugleich  mit  anderem  auch  das  Heiligthum  trug,   sondern 
nur  die  l)esondere  Erhöhung  des  Ostrückens ,  auf  welcher  der 


21 

Tempel  stand,  gemeint.  Man  vergleiche  G,  51  :  Der  König  be- 
lagerte (las  »Heiligthnm«  eine  lange  Zeit.  Endlich  wurde  ihm 
dasselbe  unter  Friedenshedingungen  übergeben.  Darauf  heisst 
es  y.  62  :  »Und  der  König  zog  auf  den  Berg  Zion  ein  und  sah 
die  Befestigungen«,  welche  er  dann  wortbrüchig  niederreissen 
Hess.  Während  dieser  Zeit  hatten  aber  die  Syrer  die  Akra  inne 
— ,  welche  also  deutlich  6,  62  vom  Berg  Sion  ausgeschlossen  ist. 
Der  Name  Sion  ist  aufs  engste  auf  die  das  Heiligthnm  tragende 
Höhe  eingeschränkt. 

Wo  lag  nun  diese  Syrerburg?  Man  hat  sie  gesucht  l!  um 
der  unleugbaren  Identität  der  Burg  mit  der  Davidstadt  Milien 
auf  dem  Südwesthügel,  dessen  Identität  mit  der  alttestament- 
lichen  Davidstadt  man  anderswoher  gesichert  glaubte.  Dabei 
konnte  man  freilich  die  Syrerburg  nicht  die  ganze  Überstadt  ein- 
nehmen lassen.  Denn  es  ist  gewiss  nicht  wahrscheinlich,  dass 
Antioclms  zuerst  die  Mauern  der  Oberstadt  eingerissen  und  sie 
nachher  Aviederum  befestigt  habe;  es  würde  ferner  widerspre- 
chen, dass  die  Makkabäer  die  ganze  Stadt  sollten  inne  gehabt 
haben,  während  ein  so  bedeutender  Theil,  vielleicht  die  halbe 
Stadt  in  Feindes  Hand  goAvesen;  auch  Hesse  sich  dabei  nicht 
vorstellig  machen,  wie  die  Oberstadt  sollte  durch  eine  Mauer 
vom  Markte  abgeschlossen  gewesen  sein ,  da  doch  immer  der 
"Verkehr  nach  aussen  oifen  gestanden  hätte,  zumal  für  eine  dabei 
erforderliche  sehr  bedeutende  Besatzung.  Darum  nimmt  Tobler 
an,  die  syrische  Akra  habe  den  nordöstlichen  Theil  des  Süd^vest- 
hügels  eingenommen ,  und  ist  bestrebt,  als  dessen  Grenze  eine 
Thaleinsenkung  nachzuAveisen ,  Avelche  A'on  Süd  nach  Nord 
gehend ,  nördlich  in  das  vom  Jafathor  gegen  den  Moria  hinab- 
ziehende Thal  soAvie  südwärts  gegen  den  Siloah  sich  senkte  tmd 
so  den  SüdAvesthügel  in  eine'  Avestliche  und  östliche  Hälfte 
trennte.  Auf  diese  Nordostecke  der  Oberstadt  verlegt  er  die 
Syrerburg.     So  auch  Furrer. 

2)  lloBixsoN  findet  sie  auf  dem  nordwestlichen  Stadttheil. 
Avelcher  heutzutage  den  C'alvarienberg  einschliesst.  So  auch 
hartnäckig  vielfach  die  Engländer  Warrex  und  Andere. 

'3]  Kraitt,  Berggrex,  Kosen,  neuerdings  vox  Alten, 
Zimmer:maxx  (siehe  oben)  und  andere  Aerlcgen  sie  auf  die  Nord- 
seite, genauer  NordAvestecke  der  Tempelfläche,  auf  die  ehemalige 
felsige  Erhöhung ,  Avclche  die  ]  Jaris-Antonia  trug,  und  identifi- 


22 

ciren  sie  mit  derselben.  Eine  Modification  dieser  Annahme  ist 
die  Svrerbiirg  als  verschieden  von  der  Baris  zu  nehmen,  wie 
Tkrupp  und  Lewin,  welche  im  Zusammenhang  mit  ihrer  Hj^jo- 
these  betreffs  der  Lage  des  Heiligthums  auf  der  Südseite  des 
Haräm  die  Baris  -  Antonia  auf  ,den  heiligen  Felsen  in  der  Omar- 
Moschee  verlegen.  Sepp  sucht  sie  sammt  dem  alten  Zion  noch 
weiter  nördlich  i) .  Wir  unterlassen  auf  diese  zweite  Modification 
als  zu  weit  führend  näher  einzugehen;  sie  fällt  von  selbst,  wenn 
unsere  übrige  Ausführung  richtig  ist. 

4)  Endlich  Olshausen,  Caspari,  Mexke  und  Eiess  deuten 
auf  die  Südseite  des  Tempels,  den  Ophel. 

Sämmtliche  Gelehrte  verbinden  dabei  mit  den  Andeutungen 
des  Makkabäerbuches  die  Angaben  des  Josephus.  Sehen  wir 
zunächst ,  M-ie  weit  wir  mit  den  Angaben  des  Makkabäerbuches 
ohne  Josephus  kommen. 

Fürs  erste  ist  richtig,  dass  bei  jeder  der  angenommenen  Lagen 
die  Akra  ein  Hinterhalt  für  den  Tempel  sein  konnte.  Sodann 
aber  springt  in  die  Augen,  dass  durchaiis  nichts  nöthigt  oder  nur 
veranlasst,  die  Akra  auf  die  w^estliche  Seite  des  TjTopöon  auf 
den  Südwesthügel  nach  der  Hypothese  1  oder  mit  Robixson  nach 
Hypothese  2  auf  das  nordwestliche  Terrainstück  zu  verlegen. 
Die  mehrfach  hervorgehobene  Nähe  des  Heiligthums,  sowie  das 
stete  ZusammengenommeuAverden  des  Tempelberges  und  der 
Bursr  deutet  viel  eher  auf  den  östlichen  als  den  westlichen  der 
beiden  Höhenzüge.  Dabei  behalte  man  immer  im  Auge,  dass 
das  die  beiden  Höhenzüge  trennende  Tyropöon  in  damaliger  Zeit 
eine  noch  nicht  ausgefüllte  tiefe  Schlucht  bildete.  Gegen  die 
Hypothese  2  und  3  spricht  besonders ,  dass  eine  Abschneidung 
von  dem  Markte  der  Stadt  eine  Aushungerung  der  Besatzung 
nicht  hätte  bewirken  können ,  da  ja  der  Weg  nach  aussen  offen 
stand.  Denn  weiter  nördlich  befanden  sich  damals  noch  keine 
Stadttheile ,  wie  aus  Josephus  erhellt.  Ist  nun  unsere  Beweis- 
führung aus  den  Kanonischen  Bücheni-)  richtig,  nämlich  dass 
die  Davidstadt  auf  dem  Ophel  lag,  so  haben  wir  in  dem  Makka- 
bäerbuch  keine  Veranlassung,  die  Akra,  zu  welcher  von  den 
Syrern  die  Davidstadt  gemacht  wurde,  anderswo  zu  suchen,  viel- 


Ij  Vergl.  die  Stadtpläne  bei  ZnnrKRMANN. 

2)   S.  den  ersten  Artikel  in  ZDPV.  III,  p.  189—213. 


23 


mehr  den  von  der  ältesten  Zeit  her  vorhandenen  topographischen 
Zusammenhang  zwischen  Davidstadt,  Zion  und  Tempelherg  auch 
für  die  Makkabäerbücher  fest  zu  halten.  Wir  haben  in  dieser 
Benennung  so  geAnss  eine  historische  Erinnervmg,  als  in  der  Be- 
zeichnung des  Tempelbergs  mit  dem  Namen  Sion.  Die  Bezeich- 
nung »Stadt  David's«  spricht  entschieden  gegen  die  H}']iothese 
2  und  3.  Auf  den  dabei  vorausgesetzten  Lokalitäten  hat  sich 
nach  allem,  was  wir  früher  ausgeführt  haben,  die  ursprüngliche 
Burg  und  Stadt  David's  gewiss  nicht  befunden.  Nun  ist  freilich 
ein  Ortswechsel  solches  Namens  möglich.  Aber  damit  der  Über- 
gang denkbar  sei,  muss  sich  doch  auch  ein  geschichtlicher  und 
topographischer  Zusammenhang  zwischen  der  früheren  und  spä- 
teren Lokalität ,  welche  den  gleichen  Namen  zu  verschiedenen 
Zeiten  ex  h)-]^)othesi  getragen  haben  soll,  nachweisen  lassen. 
Was  soll  denn  veranlasst  haben,  einen  so  alten  und  specifischen 
Terminus  » Stadt  David's «  auf  eine  Lokalität  im  Norden  vom 
Tempel  oder  im  Nordwesten,  in  die  Gegend  des  jetzigen  Calva- 
rienberges,  zu  übertragen?  'Das  ist  gewiss  nicht  wahrscheinlich. 
Die  Hypothese  4  hätte  sicherlich  allgemeiner  Ziistimmung 
sich  zu  erfreuen,  wenn  auf  den  heutigen  Ophel  sich  eine  Lokali- 
tät fände,  welche  für  die  Akra  geeignet  schiene.  Dieser  Mangel 
steht  der  Hypothese  im  W^ege.  Es  fragt  sich,  ob  er  sich  besei- 
tigen lässt,  wie  wir  glauben.  Hier  setzt  nun  Josephus  ein,  dessen 
Angaben  wir  ebenso  wie  die  bisherigen  zuerst  für  sich  allein  und 
mit  Berücksichtigung  der  Zeitunterschiede  betrachten  .  um  ein 
sicheres  Resultat  zu  gewinnen. 


ni.    Josephus. 

Um  Josephus  richtig  zu  interpretiren ,  hat  man  seinen  con- 
stanten  topographischen  Sprachgebrauch  im  Auge  zu  behalten. 
Er  unterscheidet  in  Betreif  Jerusalem's  regelmässig  die  Ober- 
stadt r^  ava>  -oXic,  t|  xabuTtspOiV  -dXi?  auch  vj  7.vu)  ayopa],  die 
Unterstadt  [r^  xatu)  tzoXic,),  den  Tempel  oder  Tempelberg 
-0  Upov  0  Xocpoc  Tou  Upou;,  die  Vorstadt  (to  TrpoaaTstov)  und  die 
Neustadt,  Bezetha  tj  xaivo-oXi;  .  Den  Tempelberg  nennt  er 
nur  einmal,  in  der  alttestamentlichen  Geschichte  »den  lierg  Mo- 
rien«. Offenbar  war  zu  seiner  Zeit  das  Wort  als  Lokalname  nicht 
im  Gebrauch,   so  wenig  als  der  Name  Zion.    Unter  Ophläs  ver- 


24 

steht  er  nicht  den  ganzen  südlichen  Ausläufer  des  Tempelbergs 
(den  Moria  extra  muros' ,  sondern  einen  besonderen  Platz  an  der 
Südostecke  des  Tempels  gegen  den  Kidron  (Bell.  V,  4,  1).  Be- 
trachten Avir  ziierst  die  topographischen  Angaben  des  Josephus 
aus  der  vormakkabäischen  Zeit,  deren  freilich  nur  wenige 
sind.  Da  er.  wie  bekannt,  den  Namen  Zion  niemals  gebraucht, 
so  ist  auch  die  häufig  zu  lesende  Angabe,  dass  nach  Josephus 
Zion  und  die  damit  zusammenhängende  Davidstadt  oder  Davids- 
burg identisch  mit  dem  Südwesthügel  (Oberstadt)  sei  und  letz- 
terem überhaupt  der  Name  Zion  zukomme .  nur  eine  Schluss- 
folgerung, deren  Richtigkeit  erst  zu  prüfen  ist.  Gewöhnlich 
führt  man  dafür  die  Stelle  Bell.  V,  4,  1  an ,  wo  Josephus  von 
dem  Oberstadthügel  sagt:  Wegen  seiner  festen  Lage  wurde  er 
von  David  <ppouc.'.ov  (Castell  oder  Burg)  genannt.  Das  scheint 
freilich  auf  den  ersten  Anblick  zu  der  Folgerung  zu  berechtigen, 
dass  damit  die  «Burg«,  die  »Stadt  Davids«  auf  den  SüdAvesthügel 
versetzt  werde.  Sie  wäre  annehmlich,  wenn  die  sonstigen  An- 
gaben des  Josephus  damit  übereinstimmten .  Avas  aber,  Avie  wir 
sehen  werden,  nicht  der  Fall  ist.  Man  bemerke  auch,  dass  Jo- 
sephus nicht  sagt,  die  Oberstadt  sei  »Stadt  David's«,  noch  auch, 
sie  sei  cppoupiov  tou  Aoiui'o,  »Burg  DaAdds«  genannt  Avorden.  AAde 
manche,  z.  B.  Gfröker  in  seiner  Übersetzung  des  jüdischen 
Kriegsund  Krafft  .  Topographie  von  Jerusalem  (1846),  p.  1  ff . 
Aviedergeben .  Die  Oberstadt  konnte  A^on  DaA'id  cppoupiov,  -ca- 
stellum.  genannt  Averden.  Avegen  ihrer  festen  Lage,  ohne  dass  sie 
damit  als  identisch  mit  der  Jebusiterburg  Zion  oder  der  Stadt 
David's  bezeichnet  Aväre.  Der  Ausdruck  »Stadt  DaA^d's«  AAird 
von  Josephus  gebraucht ,  in  der  Erzählung  der  Eroberung  Jeru- 
salem's  diu-ch  DaA'id,  Antiqq.  VH,  3.  1  ff.  Aauior^?  Xafxßavei  xaia 
xpaTo;  TYjV  -/.atoi  ttoXiv  In  os  XsiTrotxsvr^;  ttjC  axpa;.  s'-jvo)  etc.  d.  h, 
beschloss  er  auch,  die  Akra  zu  nehmen.  lxj3aÄu)v  os  tou;  'Uj3ou- 
aaioo;  iv.  rr,;  ay-p-xc  xai  a»jTo;  (/.voixoooiJ-rjOa;  ta  IsposoXofxa  -oXiv 
otuTTjV  Aot'jioo'j  -poarjYopS'jas  xcti  tov  a-avta  ypovov  iv  aur7j  oisipißs 
J5aaiA£uiov.  David  nahm  mit  Stunn  die  Unterstadt;  da  aber  die 
Burg  (Akra)  noch  ül)rig  Avar,  beschloss  er  auch  diese  zu  nehmen, 
was  durch  Joab  geschah.  —  »Nachdem  er  nun  die  Jebusiter  aus 
der  Akra  hinausgcAvorfen  und  Jerusalem  Aviedcr  aufgebaut  hatte 
nannte  er  sie  (auTTjv)  Stadt  David's  und  Avohnte  in  ihr  die  ganze 
Zeit  seiner  Ke^iennig«.    Hier  nehmen  die  Interpreten  geAvöhnlich 


25 

an,  mit  den  AVortcn  :  »da  die  Akra  noch  übrig  war«,  sei  eben  die 
von  der  Unterstadt  verschiedene  Oberstadt  genannt.  Mit  Recht 
aber  macht  Caspari  darauf  aufmerksam,  dass  Josephus  niemals 
die  Oberstadt  Akra  nennt '),  dass  er  jene  immer  von  der  Akra  un- 
terscheidet, dass  er  die  letztere  wiederholt  und  ausdrücklich  mit 
der  Unterstadt  in  Verbindung  setzt,  so  sehr,  dass  er  die  Akra  einen 
Hügel  nennt .  Avelcher  die  Unterstadt  trug  und  dass  er  —  aller- 
dings verwirrend  —  die  Unterstadt  selber  Akra  nennt,  liei 
der  Beschreibung  der  Einnahme  Jerusalem's  zur  Eichterzeit 
(Antiqq.  V,  2,  2)  ist  nicht  die  xotT«)  t.oXic,  (Unterstadt)  und  die 
Akra,  welche  hier  gar  nicht  genannt  wird,  sondern  t;  xa-rto  ttoXi; 
(Unterstadt]  und  r^  xabuTTspööv  (Oberstadt)  unterschieden. 

1)  THRrpp,  Ancient  Jerusalem  (1855),  p.  57  beruft  sich  dafür,  dass  von 
Josephus  Akra  auch  von  der  Oberstadt  oder  einem  Kastell  auf  derselben,  ge- 
braucht werde,  auf  Antiqq.  XII,  10,  4:  7.a\  -nvA^aaz  (Nicanor)  d^trf[y.d'lzi  'Toö- 
oav  Itti  TTjV  £v  Iepo3o).U[j.ots  axpav  äva'.s'JY^^"^  » Nicanor  besiegte  den  Judas  und 
zwang  ihn  auf  die  Burg  in  Jerusalem  zu  fliehen«.  Das  müsste  also  eine  andere 
als  die  von  den  Syrern  besetzte  Akra  in  der  Unterstadt  gewesen  sein.  Nun 
folgt  Jos.,  wie  der  Augenschein  zeigt,  fast  wörtlich  dem  parallelen  Bericht  in 
Makk.  I,  7,  27 — 34.  Hier  aber  steht  das  Gegentheil  von  dem  Bericht  des  Jo- 
sephus ,  dass  nämlich  Nicanor  von  Judas  besiegt  worden  sei.  Wenn  nun 
Geimm  zu  Makkab.  I,  7,  27  meint,  der  Irrthum  des  Josephus  lasse  sich  nur 
aus  augenblicklicher  Geistesabwesenheit  und  Zerstreuung  beim  Abschreiben 
erklären,  so  ist  vielmehr  von  dem  Tadlet  der  Zusammenhang  nicht  beachtet ; 
denn  JoSEPHUS  fährt  unmittelbar  darauf  fort :  ext  ok  ciÜTui  -/.aTiovTi  iv.  ttj;  axpot; 
ei;  To  upov  d-avTTjiavTE;  twv  lepsdjv  Ttvs;  v.rd  rpEcßjTspujv  ■Ir^z-i.Wtzrj  7.7t  r?,; 
ft'j^ia;  Irsoeiy.vjov,  a;  'j-'trj  toü  ß'/siX^oj;  i^.E-fOv  — poicpfp^tv  :  »als  er  von  der  Akra 
in  den  Tempel  hinabging,  begegneten  ihm  (ccjtcö)  der  Priester«  etc.  Da  ist  nun 
deutlich,  dass  das  »ihm«  (aÜTÜs)  nicht  auf  Judas,  sondern  auf  Nicanor  zu  be- 
ziehen ist.  So  begründet  sich  die  längst  von  anderen  ausgesprochene  Ver- 
muthung,  dass  die  obigen  Worte  verderbt  sind  und  statt  v.  ai  vtxfjaa;  ,Nicanur 
(ivo(Y-/.a^£t  'lo'j  0  1^  —  vielmehr  zu  lesen  ist :  ö  oe  Judas]  äv^YV-a^si  rj-ov  (näm- 
lich den  Nicanor).  Es  ist  unrichtig,  dass  wie  Grimm  und  Keil  meinen,  als- 
dann auch  der  vorangehende  Satz  zu  ändern  wäre.  Ohne  alle  Änderung  ist 
der  ganz  natürliche  Sinn  der  vorangehenden  Worte:  Als  Nicanor  sah,  dass 
seine  List  offenbar  geworden,  beschloss  er  Gewalt  zu  brauchen.  Dieses  ge- 
lang ihm  aber  nicht,  vielmehr  wurde  er  von  Judas  geschlagen.  — Auch  in 
RiEHM,  Bibl.  Handwörterbuch,  Art.  Burg,  lesen  wir,  Josephus  brauche  den 
Ausdruck  Akra  in  früheren  Zeiten  von  der  Oberstadt  Antiqq.  MI,  3,1.  XII. 
3,  3.  Von  dieser  ist  die  erstere  Stelle  oben  erledigt.  In  der  zweiten  ist  die 
Oberstadt  gar  nicht  erwähnt,  sondern  von  einer  Besatzung  die  Rede,  welclie 
Antiochus  M.  »in  der  Akra  in  Jerusalem«  zurückgelassen.  Wo  diese  lag, 
steht  nicht  da ;  sie  wird  wohl  dieselbe  gewesen  sein,  welche  später  unter  den 
Makkabäern  von  den  Svrern  besetzt  war. 


26 

Diese  Unterscheidung  findet  sich  nicht  nnr  in  gelegentlichen 
Anfühnmgen,  wie  die  letztvorstehende,  sondern  auch  in  der  aus- 
führlichen topographischen  Beschreibung  der  Stadt.  Bell.V,  4,  1 
wird  geschildert,  wie  die  Stadt  erbaut  war  auf  zwei  Hügeln,  dem 
einen  mit  der  Oberstadt,  und  dem  zweiten  b  xaAouijLSVoc  axpa  v-ai 
TT,v  xaru)  TToXiv  ocpsoTw?,  »Avelcher  Akra  hiess  und  die  Lnterstadt 
trug«.  Antiqq.  XII,  5,  4  heisst  es :  Antiochus  riss  die  Mauern  der 
Stadt  nieder  und  baute  die  in  der  Unterstadt  befindliche  Akra 
(tTjV  iv  -^^  xa-u>  ttoXsi  axpav).  Bell.  I,  t,  4  :  »Er  vertrieb  die  Sol- 
daten axis  der  oberen  Stadt  und  drängte  sie  in  die  untere ;  dieser 
Theil  der  Altstadt  aber  wird  Akra  genannt  (si?  tt^v  xaTto*  touto  8s 
Tou  asTcto?  To  [xipo?  axpa  y-i'/Xr^xon) .  Also  die  Altstadt  (aoTu)  hatte 
zwei  Theile ,  die  Ober-  und  Unterstadt ,  welcher  letzteren  auch 
der  Name  Akra  zukam.  Nach  Bell.  V,  6,  1  hat  der  Parteiführer 
Simon  die  Oberstadt,  die  Quelle  Siloah  und  »die  Akra«  inne, 
»diese  aber  war  die  Unterstadt«.  So  ward  wohl  Caspari  Recht 
haben,  wenn  er  auch  Antiqq.  VII,  3,1.2  unter  der  »noch  übrigen 
Akra«  nicht  eine ,  ausserhalb  der  Unterstadt ,  sondern  innerhalb 
derselben  gelegene  Lokalität  versteht  —  nach  ganz  gut  griechi- 
schem Sprachgebrauch.  Die  Unterstadt  war  gewonnen,  bis  auf 
die  in  ihr  hegende  Akra,  die  alte  Jebusiterburg.  —  Warum 
JosEPHUS  die  Eroberung  der  Oberstadt  nicht  erzählt,  wessen  wir 
nicht.  Möglich ,  dass  er  sie  übergeht ,  weil  die  Quellen  davon 
schweigen ;  möglich  auch,  dass  die  Eroberung  nicht  nöthig  war, 
weil  die  Oberstadt  von  Israeliten  bewohnt  war.  Jedenfalls  ist 
dieser  Umstand  für  unsere  Untersuchung  irrelevant. 

War  nun  die  Akra  nach  dem  Sprachgebrauch  des  Josephus 
innerhalb  der  Unterstadt  gelegen,  so  können  auch  die  Worte 
Antiqq.  VII,  3,  2  lamor^c,  tt]v  ts  xartu  ttoXiv  7:£piXa,3u)v  xod  rr^v  axpav 
ouva'l^a;  aur^  ir^oirpzv  Sv  atofxa.  »David  umfasste  die  Unterstadt 
^mit  einer  Mauer)  und  schloss  mit  ihr  die  Akra  zusammen  und 
machte  so  Ein  Ganzes«  nicht  auf  eine  Verbindinig  der  Ober-  und 
Unterstadt,  sondern  nur  auf  eine  solche  Zusammenfassung  der 
Akra  mit  dem  neben  und  theilweise  um  sie  herumliegenden  be- 
bauten Terrain  der  Unterstadt  gehen ,  so  dass  alles  zusammen 
eine  geschlossene  Befestigung  bildete.  Auffallend  ist  nur,  dass 
Josephus  in  der  vorher  angeführten'  Stelle  Antiqq.  VII,  3,  2 
sagt:  avoixooouTjaa;  Ta'l£poaoX'j[xa  ttoXiv  autrjv  Aaotooo  TTpoar^Y^P^'^^'- 
»Nachdem    er  Jerusalem   wieder   aufgci)aut,    nannte   er  dieselbe 


27 

Davidstaclt«.  Caspari  avüI  das» dieselbe«  (duTrjvi  auf  das  voran- 
gehende Akra  beziehen,  was  nach  der  unmittelbaren  Umgebung 
des  Textes  das  natürlichste  wäre.  Es  sind  aber  dabei  die  folgen- 
den A\  orte  übersehen :  irpcÜTo;  oüv  Actuior,;  tou;  'Ic,3ouaaiou;  iE 
Iöpo3oXu;a.a)V  sxßaAtuv  acp'  iauTou  7r&o3r,Y6p£U3s  ttjv  ttoXiv.  »Zuerst 
hat  David ,  nachdem  er  die  Jebusiter  aus  Jerusalem  hinausge- 
worfen, nach  sich  selbst  die  Stadt  genannt«. 

Entweder  hat  Josephus  hier  auf  sehr  ungenaue  Weise  den 
Theil  für  das  Ganze  gesetzt  oder,  da  im  alten  Testament  nir- 
gends die  Stadt  Davids  synonym  mit  dem  ganzen  Jerusalem  vor- 
kornmt.  einen  allerdings  auffallenden  geschichtlichen  Irrthum 
begangen.  Wäre  letzteres  der  Fall ,  was  wir  nicht  entscheiden 
wollen,  was  für  unsere  sonstige  Untersuchung  aber  bedeutungs- 
los ist.  so  Aväre  es  nur  ein  Beweis,  dass  Josephus  über  die  Ver- 
hältnisse Israel's  in  der  vormakkabäischen  Zeit  irrthümlich  und 
oberflächlich  berichtet,  und  überhaupt,  w^ie  jeder,  der  genauere 
Bekanntschaft  mit  ihm  hat.  sich  leicht  überzeugt,  um  kein  Haar 
mehr  weiss,  als  Avir  auch,  d.  h.  nicht  mehr  als  was  die  alttesta- 
mentlichen  Quellen  bieten,  etwa  Dinge  des  Cultus  ausgenommen, 
über  welche  er  als  Priester  aus  der  Tradition  manches  weiter 
wissen  konnte.  —  ^-lag  es  sich  übrigens  mit  dem  letztern  so  oder 
so  verhalten ,  wir  nehmen  Akt  davon ,  dass  von  Josephus  die 
Unterstadt  sammt  der  in  ihr  beschlossenen  Akra  zu  den  aller- 
ältesten  und  von  jeher  wichtigsten  Bestandtheilen  der  antiken 
Stadt  gerechnet  wird ,  so  sehr ,  dass  er  schon  zur  Richterzeit  die 
Ober-  und  Unterstadt  unterscheidet. 

Wir  glauben  nun,  ausser  dem  schon  zur  Geschichte  der 
Athalja Gesagten')  noch  einen  weiteren  Beweis  führen  zii  können, 
dass  das,  was  die  alttestamentlichen  Geschichtsbücher  in  die 
»Stadt  David's«  verlegen,  auch  nach  Josephus  auf  dem  östlichen 
Hügel  iMoria-Ophel  zu  suchen  ist.  Er  erzählt  nämlich  Antiqq.  I, 
13,  1.  2,  auf  demselben  Berge,  auf  welchem  Abraham  seinen 
Sohn  opferte  (opo;  Muipiov,  Berg  Morien  ,  habe  David  das  Heilig- 
thum  errichtet  (scp'  ou  ro  Uoov  Aaoi'oTfjc  uarspov  topusrai),  dieses  be- 
zieht sich  auf  das  Hinaufbringen  der  Bimdeslade  in  die  Stadt 
David's  und  die  Errichtung  des  Zeltes  bei  dem  Hause  David's, 
was  Antiqq.  VH,  4,  2  erzählt  wird.    Nun  wird  Antiqq.  VH,  13,  4 

1)  S.  den  ersten  Artikel  ZDPV.  III,  p.  202  f. 


28 

von  dem  Platze  der  Tenne  Aravna's  (bei  Josephus  'Opovva) ,  auf 
welchem  Salomo  den  Tempel  baute ,  in  gleicher  Weise  gesagt, 
dass  dort  Abraham  seinen  Sohn  geopfert  habe.  Das  Heiligthum 
David's  stand  also  auf  dem  gleichen  Berge ,  wo  später  der  sa- 
lomonische Tempel  sich  erhob,  was  sich  nur  so  erklärt,  dass 
Josp:phus  mit  dem  sonst  nicht  gebräuchlichen  Namen  Morien 
den  östlichen  Gesammthügel  (Moria-Ophel)  bezeichnet,  folglich 
aber  auch  das  Heiligthum  David's  (und  was  damit  zusammen- 
hängt, das  Haus  und  die  Stadt  David's)  auf  diesen,  nicht  auf 
den  SW.- Hügel  verlegt.  Hupfeld  bemerkt  a.  a.  O.  zu  obiger 
Stelle  des  Josephus  :  »Was  aber  nicht  auf  den  Tempel  Salomo's, 
sondern  auf  das  Heiligthum  David'  s,  also  aufden  Zion  geht«, 
d.  h.  nach  Hupfeld  aufden  Psexidozion,  den  SW. -Hügel.  Wie 
ist  aber  das  möglich,  wenn  Josephus  ausdrücklich  sagt,  es  sei 
die  Stelle  der  Opferung  Isaak's  gewesen  und  das  gleiche  vom 
salomonischen  Tempel  versichert  ? 

Wenden  wir  uns  zu  den  Angaben  des  Josephus  über  die 
svrische  Akra  aus  der  makkabäisch  -  römischen  Zeit.  Zu  den 
Notizen  des  ersten  Makkabäerbuches  verhält  sich  dabei  Josephus 
so,  dass  er  von  der  Syrerburg  so  wenig  den  Namen  l^avidstadt, 
als  vom  Tempelberg  die  Bezeichnung  Zion  gebraucht.  Indem  er 
aber  das  Makkabäerbuch  selber  als  Quelle  vor  sich  hat,  fügt  er 
zu  dessen  Angaben  folgendes  hinzu :  1 )  die  Akra  lag  in  der  Un- 
terstadt; die  Unterstadt  ist  der  Aveitere,  Akra  ursprünglich  der 
engere  Bezirk ;  sie  sind  aber  so  sehr  mit  einander  verschmolzen, 
dass  Josephus  öfters  den  Namen  Akra  von  der  ganzen  Unterstadt 
gebraucht.  2)  Sie  lag  aiif  einem  Hügel ,  welcher  den  Tempel 
überragte  (natürlich  nicht  das  Heiligthum  des  Tempelgebäudes, 
sondern  die  Tempclflächc) ,  und  dadurch  auf  einer  Seite  der  den 
Tempel  theaterartig  (Osarposior^c,  Antiqq.  XV,  11,  5)  umgebenden 
Stadt,  seinen  Anblick  verdeckte.  3)  Sie  war  zugleich  vom  Tem- 
])el  durch  eine  Thaleinsenkimg  getrennt,  lag  ihm  aber  doch  so 
nahe,  dass  sie  einen  steten  Hinterhalt  für  ihn  bildete.  4)  Der 
Makkabäer  Simon  Hess  die  Burg  sammt  dem  Hügel,  auf  welchem 
sie  lag,  abtragen  Tuid  das  Thal  ausfüllen,  um  den  Hinterhalt 
gegen  das  Heiligtlnun  zu  beseitigen  und  den  Tempel  mit  der 
Stadt  der  Art  verbinden,  dass  nun  das  Heiligtlium  gegenüber  der 
Stadt  nach  allen  Seiten  sichtbar  wiu'de*). 

1)  Die  wichtigsten  Stellen  über   diese  wiederhulten  Angaben   sind  l'ol- 


29 


Wir  weiden  nun  zu  untersuchen  haben  ein  Zweifaches  : 
1)  Da  die  Akra  mit  der  Unterstadt  identisch  ist,  wo  hig  die  Un- 
terstadt? 2)  Wo  findet  sich  innerhalb  des  Stadtten-ains  eine 
Lokalität,  welche  dem  Akrahügel  entspricht  ?  Dabei  haben  wir 
nicht  zu  vergessen,  dass  Josephus  von  einem  zu  seiner  Zeit,  also 
auch  zu  der  unsrigen,  nicht  mehr  vorhandenen  Hügel  redet.  Wir 
dürfen  also  nicht  suchen,  wo  sich  heutzutage  eine  der  13eschrei- 
bung  entsprechende  Erhöhung  befindet,  sondern  wo  sich  eine 
solche,  vor  Josephus'  Zeiten,  befunden  haben  kann,  oder  genauer, 
wo  sie  sich  allein  und  nirgends  anders  befunden  haben  kann. 
Aus  den  obigen  Angaben  ist  zunächst  zweierlei  ersichtlich : 
A.  dass  die  Akra  im  Sinne  des  Josephus  nicht  identisch  ist 
mit  der  späteren  Baris-Antonia  in  der  Nordwestecke  des  Haräm^ 
eben  weil  letztere  zu  Josephus  Zeit  auf  hohem  Felsen  errichtet 
noch  stand,  die  Akra  aber  vollständig  abgetragen  war  [zlc,  -£Öivr,v 
AcioTTjTa) .  Man  vergleiche  doch,  wie  er  wiederholt  die  Demoli- 
rung  der  Burg  und  die  Abtragung  des  Akrahügels  meldet,  nir- 
gends aber  nur  das  leiseste  Wort  über  ihren  W'iederaufbau  ver- 
liert; dagegen  Antiqq.  XIII,  5,  11  erzählt,  wie  der  Makkabäer 
Jonathan,  nicht  nur  die  Stadtmauer,  sondern  auch  die  Mauer  um 
den  Tempel  wieder  herstellen  und  mit  hohen  Thürmen  be- 
festigen liess ,  und  die  Syrer  durch  eine  mitten  durch  die  Stadt 
gezogene  Mauer  vom  Markt  ausschloss;  und  Antiqq.  XV,  11.4. 

gende  :  Antiq.  XII  ,5,4  erzählen  von  Antiochus  Epiphanes  :  1)  Er  liess  die 
schönsten  Gebäude  niederbrennen,  schleifte  die  Mauern  und  baute  die  Akra 
in  der  Unterstadt ;  denn  sie  war  hoch  und  überragte  das  Heiligthuni  i,tt,v  ev 
TT^  -Adzw  t.'jXsi  qV/.ooö[j.rja£v  d'y.pav  r^v  -^ap  Ü'LtjX-^j  y.oii  'j~s^jv.ii[j.brr^  to  ispov.  — 
XII,  9,  3.  Zu  dieser  Zeit  thaten  die  in  der  Akra  Befindlichen  den  Juden  viel 
Übels.  Denn  wenn  die  Leute  zum  Heiligthuni  hinauf  gingen,  brachen  jene 
hervor  und  stiessen  sie  nieder ;  denn  die  Akra  stiess  nahe  an  das  Heiligthuni 
'i~i'Ati-o  Y^p  ~<y  Up(o  Tj  äv.oa\  ir.iv.eizo  —  entweder  =  stiess  nahe  daran,  oder 
ragte  darüber  hinaus  —  iniminebat  .  —  XIII,  6,  7.  Simon  erstürmte  die 
Akra  in  Jerusalem  und  machte  sie  dem  Erdboden  gleich.  Nachdem  dieses 
geschehen,  erschien  es  als  das  Beste,  auch  den  Hügel  (clpo;),  auf  dem  die 
Akra  gestanden,  abzutragen,  damit  das  Heiligthum  höher  wäre  (ortoc  b'br^l'j- 

Tipov  T]  TO  i£p6v) Sie  trugen  den  Hügel  ab  und  ruhten  drei  Jahre  lang 

weder  Tag  noch  Nacht,  bis  sie  ihn  dem  Erdboden  gleich  geebnet  hatten 
I  xaOTfjpo'Jv  TO  opoc  y-rn  .  .  .  xaTYjfotpov  eU  loacpo;  xai  -eoivfjV  XeiÖTTjTa] ;  von  dieser 
Zeit  an  überragte  das  Heiligthum  alles  ,  da  die  Akra  und  der  Berg,  auf  wel- 
chem sie  gestanden,  weggenommen  waren.  —  Dazu  nehme  man  die  Beschrei- 
bung der  Stadt  Bell.  V,  4,  1,  wovon  nachher. 


30 

dass  die  Baris  auf  der  noch  bei  der  Einnahme  durch  Titus  vor- 
handenen Felsenerhöhimg  stand ,  welche  ohne  Zweifel  die 
schon  Neh.  2  .  S.  7,7  erwähnte  D'}'2.b  "IttJX  rTl^a  (»die  Burg  am 
Tempel«;  trug ,  von  Hyrkanus  I  zu  seiner  Wohnung  eingerichtet 
(Antiqq.  XVIII,  4,  3i  und  von  Herodes  zur  fast  uneinnehmbaren 
Festung  ausgebaut  ^^•urde,  daher  von  Josephus  bei  allen  Belage- 
rungen als  Ilauptobjekt  des  Angriffs  erwähnt  Avird.  So  wird 
aufs  sicherste  klar  sein,  dass  1)  in  seinen  Augen  die  Syrerburg 
imd  die  Baris-Antonia  zwei  verschiedene  Lokalitäten  sind ;  2  die 
Syrerakra  ohne  Bedeutung  für  die  Vertheidigung  des  Tempels 
und  damit  der  Stadt  gegen  aussen  war;  3)  dass  sie  sich,  wie 
auf  keinen  Fall  an  der  Stelle  der  Antonia.  so  überhaupt  nicht  an 
der  Nordseite  des  Tempels  befunden  haben  kann.    Denn 

a.  dann  hätte  die  sie  von  dem  Markt  ausschliessende  Maiier 
durch  die  Tempelfläche  gezogen  werden  müssen ,  nicht  »mitten 
durch  die  Stadt«  (jxsaov  rr^c  TroÄeu);^ . 

b.  bei  dieser  Lage  wäre  der  Zweck  der  Ausschliessung  vom 
Markte ,  die  Abschneidung  des  Proviants  nicht  erreicht  worden, 
weil  immer  noch  der  Weg  gegen  aussen  oflfen  stand  ^) . 

c.  endlich  konnte  zur  Zeit  der  Makkabäer  nicht  gesagt 
werden ,  dass  durch  die  Antonia- Akra  der  Anblick  des  Heilig- 
thums  für  die   amphitheatralisch  um   dasselbe  herum  liegende 

11  Unbegreiflich  ist  die  Schlussfolgerung  I.EWix's  The  siege  of  Jer.  p.  54 
aus  Josephus  Antiqq.  XII,  10,  5  :  »Als  er  aus  der  Akra  in  den  Tempel  hinab- 
ging« (eTi  oe  xaTiovTi  ix  tyj?  (X7cpa;  sU  xö  lepov);  parall.  Makk.  I,  7,  33  :  »darnach 
ging  Nicanor  auf  den  Berg  Sion  hinauf«},  dass  demnach,  weil  die  Akra  höher 
als  der  Tempel  gewesen ,  sie  auch  nördlich  von  demselben  gelegen  habe. 
Was  soll  denn  aus  der  Höhe  an  sich  für  die  Kichtung  nach  der  AVeltgegend 
folgen?  Ein  Herabgehen  fand  ja  auch  statt,  wenn  früher  die  abgetragene 
Akra  sich  auf  der  Südseite  befand,  —  worauf  alle  anderen  Angaben  deuten. 
—  Ein  Widerspruch  zwischen  dem  "hinabgehen«  (-iCotTiövTi  des  Josepuus  und 
dem  »hinaufgehen«  des  Makkabäerbuches  findet  keineswegs  statt,  wie  Lew'IN 
und  ßiKcn,  Statements  ISTH,  p.  1S3  meinen.  Denn  Josephus  nennt  im  obigen 
Satze  den  Ausgangs-  und  Endpunkt  der  Bewegung,  Akra  und  Tempel,  setzt 
sie  also  in  unmittelbare  Beziehung;  dagegen  I.  Makk.  nennt  den  Ausgangs- 
punkt nicht,  setzt  also  Ausgangs-  und  Endpunkt  nicht  in  Beziehung,  sondern 
spricht  nur  so,  wie  man  von  jedem  hohen  Punkte  sagen  kann,  man  gehe  zu 
ihm  hinauf  ohne  dass  damit  über  den  Ausgangspunkt  etwas  ausgesagt  war. 
Eben  weil  Josephus  die  Akra  selber  nennt,  konnte  er,  indem  er  das  Makka- 
bäerbuch  vor  sich  hat,  nicht  nur,  sondern  musste  das  »hinaufgehen«  in  ein 
»hinabgehen«  verwandeln. 


31 


Stadtverdeckt,  beziehungsweise  durch  die  Demolirung  der  Akra 
der  Anblick  des  Heiligthums  für  die  Stadtj^geöfFnet  "wurde.  Denn 
nördlich  von  der  Antonia  gab  es  damals  noch  gar  keinen  Stadtheil. 

Die  Annahme  einiger  Forscher,  die  Akra  sei  nur  bis  zu  einer 
gewissen  Höhe  abgetragen  worden ,  ist  Nothbehelf,  welcher  den 
ausdrücklichen  AVorten  des  Josephus  widerspricht. 

B.  Da  die  Akra  innerhalb  der  Unterstadt  lag,  kann  sie  nicht 
auf  dem  Südwesthügel  (Oberstadt)  gelegen  haben ,  wie  der  um 
die  Forschung  so  verdiente  Tobler  will.  Die  Unterstadt  selber 
im  allgemeinen  muss  selbstverständlich  auf  einem  niedrigeren 
Niveau  als  die  Oberstadt  gesucht  werden. 

Aus  dem  Vorstehenden  folgt,  dass  wir  die  Unterstadt  —  da 
ostwärts  vom  Tempel  die  Kidronschlucht  sich  befindet  —  nur, 
entweder  mit  Robinson  und  den  ihm  Folgenden,  nördlich  von 
der  Oberstadt  und  nordwestlich  vom  Haräm  in  der  Richtung  des 
Calvarienberges ,  oder  südlich  vom  Haräm  und  östlich  von  der 
Oberstadt,  also  auf  dem  heutigen  Ophel,  suchen  dürfen.  Welche 
der  beiden  Situationen  die  richtige  ist,  scheint  sich  uns  in  der  That 
aus  der  vielbesprochenen  Beschreibung  der  Stadt  Bell.  Y,  4,  1 
mit  Sicherheit  zu  ergeben,  sobald  man  sie  aus  sich  selber  er- 
klärt, ohne  Beimischung  von  anders  woher  gebrachten  vorge- 
fassten  Meinungen,  namentlich  ohne  das  Trugbild  von  Pseudo- 
zion.  Wir  setzen  die  Stelle  im  Original  und  Übersetzung  her, 
weil  sie  der  Leser  vor  Augen  haben  muss. 

Tpiai  OS  w^^upuitxivT^  T£i/caiv  tj  ttoXic  ,  xaüa  [jlt,  tal;  aßaToi; 
cpapay^iv  exjxAou-o,  -auT^j  yap  si?  r^v  TspißoAo?.  aurrj  \ih  u-ip  ouo 
XocpcüV  avTiTrpoatü'iio?  IxTiaxo,  [Asav)  cpapaYyi  ocifjpTjfxivtuv,  et?  TjV  stzolX- 
XrjXoi  xaxsATj-j'ov  ai  oixiai.  ~a)v  os  Xo'-pcuv  o  [xev  ,  nr^v  av«)  ttoXiv  iyoiw 
u<|iTjX6T£poc  -oXXu),  xai  to  ij.TjXo?  iiluTcpoc  r^v.  oia  youv  Tr;v  oyo- 
p6TT|~a  cppoupiov  }ji£v  u-o  AajSi'öou  toü  ßaaiAew;  ixaÄcTro"  -aTrjp 
^oXo[j.(uvo?  r^v  ouTo?,  xoü  TzpoiTou  Tov  vötov  xti'aavroc.  t)  ok  av(u  ayopa 
•jrpo;  TjULcuv.  axspoc  os  ö  xaXouixsvoc  Axpa,  xat  xt,v  xaxu)  toXiv 
o^psoxtüc,  ottjLCpixupxoc.  xouxou  OS  (ivxixpu  xpi'xoc  TjV  Xocioc,  xa~siv6- 
xspoc  xs  cpu3£i  XTj?  Axpa;  xai  TtXaxst'a  cpapay^i  oisipYO[i.svo;  aXXTfj 
irpoxspov.  auili?  ys  jjlTjV  xai>'  ouc  ot  Aaa[i.u)V7.Toi  ypovouc  sßaaiXsuov, 
XTjV  Xc  cpapayya  Eyu)aa\ ,  aovat^ai  ,%uX6asvoi  xw  isp(o  xr^v  -oXiv, 
xai  xr,?  Axpa;  xaxspYaaa|j.svoi  xo  u<^o;  s-oirjaavxo  /Uatj-aXoixspov, 
<u;  uTTspoaivoixo  xat  xauxT,c  xo  ispov.  r,  os  xu)v  Tuporouuv  -poaa- 
Yop£uo[i.svTj  'ic/paY^,  r^v  ecpatjLSv  xov  xs  xr^;  av(u  tcoXsuj;  xai  xov  xäxcu 


32 

-'XuxsTav  -c  y.ai  -okkr^v  ousav,  äxaAoutxcV.  s'cwüsv  oe,  oi  t^?  tloXeco; 
ouo  Ao(poi  iSaDöiat?  cpotpaY^i  röpiiij^ovto ,  xat  oia  xou?  exatipcuöcv 
xpr^fi-votj;  Tipoaitov  ouoajjLoQsv  t,v. 

Mit  drei  Mauern  war  die  Stadt  befestigt,  soweit  sie  nicht  von 
unersteiglichen  Abschüssen  umgeben  war;  denn  an  diesen 
Stellen  befand  sich  nur  Eine  Ringmauer.  Sie  selbst  war  sich 
gegenüberliegend  über  ZAvei  Hügeln  erbaut  Avorden ;  die  in  der 
Mitte  durch  eine  Thaleinsenkung  getrennt  waren,  in  welche  die 
beiderseitigen  Häuser  mündeten.  Von  den  Hügeln  war  der  eine, 
die  Oberstadt  tragende,  viel  höher  und  der  Länge  nach  gerader 
gerader  gestreckt) ;  wegen  seiner  Festigkeit  wurde  er  vom  König 
David  (dieser  war  der  Vater  Salomo's,  des  ersten  Erbauers  des 
Tempels)  »Castell«  genannt,  von  mis  aber  der  »obere  Markt«.  Der 
andere  Hügel  aber,  Akra  genannt,  die  untere  Stadt  tragend,  war 
ringsum  abgerundet  i) .  Ihm  gegenüber  lag  ein  dritter  Hügel  von 
Xatur  niedriger  als  die  Akra,  unc^  früher  durch  eine  andere  breite 
Thaleinsenkung  getrennt  ^l;  später  jedoch  füllten  die  Hasmonäer 
zur  Zeit  ihrer  liegienmg  das  Thal  aus  und  machten  die  Höhe  der 
Akra  durch  Abtragen  niedriger;  damit  der  Tempel  auch  diese 
(-au-r,;  —  die  Akraj  überrage.  Das  sogenannte  Käsemacherthal 
(Tyropöon)  aber,  welches,  wie  wir  sagten,  den  Hügel  der  oberen 
Stadt  und  den  unteren  Hügel  trennt,  geht  hinab  bis  zum  Siloah; 
denn  so  nennen  wir  die  süsse  und  Avasserreiche  Quelle.  Von 
aussen  aber  Avaren  die  zwei  Hügel  der  Stadt,  von  tiefen  Schluchten 
umgeben  und  wegen  der  steilen  Abhänge  auf  beiden  Seiten  nir- 
gends zugänglich.« 

Liest  man  zu  Anfang  dieser  Beschreibung  von  den  zwei 
Hügeln,  auf  Avelchen  die  Stadt  erbaut  Avar,  so  Aväre  man  geneigt, 
darunter  die  zAvei  Gesammthöhenzüge,  Avelche  Jerusalem  zu  Jo- 
sEPHUs'  Zeiten  trugen,  den  Avestlichen,  als  den  Oberstadthügel 
und  den  Calvarienberg,  und  den  östlichen,  als  Bezeta  und  Moria- 

1)  Das  ci[j/ii-/,'jpTo;  wird  gewöhnlich' in  der  Bedeutung  »halbmondförmig« 
oder  die  Gestalt  des  Monds  im  dritten  Viertel  tragend  genommen.  Es  lässt 
sich  aber  topographisch  nichts  damit  anfangen.  Wir  übersetzen  daher  mit 
andern  [z.  B.  KrakfT)  »ringsum  abgerundet«,  gestehen  aber,  dass  auch  dieses 
uns  wenig  befriedigt. 

2j  Man  darf  nicht  mit  Paket  in  seiner  Übersetzung,  Griechische  Pro- 
saiker, Stuttgart  1S55,  hineinsetzen:  von  dem  ersten  Hügel. 


33 


Ophel  zusammen  fassend,  zu  verstehen,  wie  manche  angenommen 
haben.  Da  aber  Josephus  dem  zweiten  auch  den  dritten  und  im 
folgenden  Kapitel  noch  den  vierten  Hügel  anfügt,  so  ist  jene 
Annahme  unmöglich.  Es  wäre  das  wunderlichste  Vergessen  der 
eigenen  Worte,  Avenn  er  zuerst  unter  den  zwei  Hügeln  die  beiden 
Gesammthöhenzüge  verstände  und  unmittelbar  darauf  liestand- 
theile  derselben  als  zweiten  und  dritten  Hügel  zählen  wollte. 
Die  Sache  verhält  sich  anders.  In  der  That  beschreibt  uns  Jo- 
sephus nicht  nur  das  Jerusalem  seiner  Zeit,  sondern  er  verwebt 
in  die  Beschreibung  des  Terrains  zugleich  eine  Geschichte  ihres 
Baues.  Daher  in  unserer  Stelle  das  Plusquamperfectum  (sie  war 
gebaut  worden,  sx-iato) ,  —  womit  die  ursprüngliche  Anlage  ge- 
meint ist.  Er  gebraucht  das  Wort  tzoXic,  (Stadt),  indem  er  sagt: 
Ol  TT);  TroXcU);  ouo  Xocpot  (die  zwei  Hügel  der  Stadt),  im  Sinne  von 
aaiu,  »Altstadt«,  die  ursprüngliche  Stadt,  wie  er  die  Akra  auch 
geradezu  zur  Altstadt,  aaru  rechnet^),  zu  welcher  der  Tempel  und 
Bezeta  erst  im  Laufe  der  Geschichte  hinzugekommen  sind.  Ein- 
geschlossen ist  dann  die  Bemerkung  über  die  Veränderung  der 
Unterstadt  durch  die  Abtragung  des  Akrahügels  unter  den  Makka- 
bäem.  Darauf  folgt  4,  2  die  Geschichte  der  drei  Mauern  und 
die  Erweiterung  der  Stadt  diirch  Hereinziehung  des  Bezetahügels. 
Dass  Josephus  diese  beiden  Gesichtspunkte,  Beschreibung  der 
Gestalt  der  Stadt  und  die  Geschichte  ihres  Baues,  durch  einander 
verfolgt,  darin  besteht  neben  seinen  sonstigen  Unvollständig- 
keiten  zu  einem  grossen  Theil  das  oft  getadelte  Verwirrte  und 
den  Leser  bis  heutigen  Tags  Verwirrende  seiner  Darstellung. 

Für  unsern  Zweck  haben  wir  die  Situation  der  drei  Hügel 
zu  suchen.  Topographisch  stehen  fest  der  erste,  der  Südwest- 
hügel  und  der  dritte ,  der  Tempelberg '-) .  Wir  sagen  aber  der 
Tempelb  erg,  nicht  die  Harämfläche  in  ihrer  herodianischen  oder 
auch  jetzigen  Gestalt.  iVber  welches  war  der  ursprüngliche 
zweite  Hügel,  der  zu  Josephus'  Zeit  nicht  mehr  vorhanden  war? 
Jedenfalls  nicht  ein  Theil  des  Oberstadthügels,  von  welchem  ja  die 
Akra  a\isdrücklich  imterschieden  wird  (gegen  Tobler^).  Nach 
Robinson  und  den  ihm  Folgenden  der  Nordwesthügel,  der  Cal- 

1)  Bell.  I,  1,  4  TOÜTo  {■}]  xattu  ttöXis)  toü  aateios  ro  fiepo;  -av/Xt^zii.  Auch 
anderswo,  z.  B.  Bell.  VI,  7,  2. 

2)  Siehe  darüber  die  Erläuterung  I  am  Schluss  des  Artikels. 

3)  Siehe  die  Erläuterung  II  am  Schluss  des  Artikels. 
Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  IV.  3 


34 

varienberg.  (Vgl.  oben  p.  21).  Da  unser  Text  angiebt,  dass  die 
Ober-  lind  Unterstadt  (d.  i.  die  zwei  Hügel)  durch,  das  Tyro- 
pöon  getrennt  waren,  so  nahm  Robinsox  an,  unter  dem  Tyropöon 
sei  zu  verstehen  eben  jene  vom  Jafathore  gegen  den  Haräm  herab- 
gehende Eiusenkung  sammt  ihrer  Fortsetzung  zwischen  dem  Mo- 
ria-Ophel  und  dem  Pseudozion  bis  hinab  zum  Siloali  —  so  dass 
also  das  Tyropöon  ein  Knie  von  etwa  einem  rechten  Winkel  ge- 
bildet hätte.  Andere  Forscher  (wie  Ritter,  Erdkunde,  auch 
Sepp  und  andere)  nehmen  gewiss  richtiger  als  den  obern  Theil 
des  Tp-opöon  die  Eiusenkung,  welche  vom  Damaskusthor  in  un- 
gefährer Richtung  von  Nord  nach  Süd  bis  zum  Siloah  hinabzieh  t 
Robinson's  Annahme  ist  sicherlich  unstichhaltig.  Josephus 
deutet  mit  keinem  Worte  auf  jenen  von  Robinson  angenommenen 
oberen  Theil  des  Tyropöons ;  er  hat  vielmehr  den  unteren  süd- 
lichen Theil  dieser  Schlucht,  als  die  Ober-  und  Unterstadt  schei- 
dend im  Auge.  Den  Beweis  liefert  die  Bemerkung,  das  diese 
Schlucht  hinabgehe  bis  zum  Siloah ,  und  der  unmittelbar  daran 
sich  schliessende  Satz  :  »Von  aussen  inwendig  wurde  sie  durch 
das  Tyropöon  getrennt)  waren  die  zwei  Hügel  der  Stadt  von  einer 
tiefen  Schlucht  umgeben«.  Da  sind  wir  ja  ganz  auf  die  Südseite 
gestellt.  Ferner  hätte  bei  der  RoBiNSON'schen  Hypothese  der 
eine  der  beiden  Hügel,  die  Akra-Unterstadt,  gegen  a  u  s  s  en  gar 
keine  umgebende  Schlucht  gehabt ,  während  Josephus  angiebt, 
dass  beide  Hügel  von  solcher  Schlucht  umgeben  waren.  Das 
fand  und  findet  nur  auf  der  Südseite  statt.  Auf  der  Nordseite 
waren  die  drei  Mauern,  weil  dort  keine  »unzugänglichen  Ab- 
schüsse« sich  befanden ,  wie  Josephus  im  Anfang  des  Kapitels 
selber  bemerkt.  Endlich  würde  zu  Robinsok's  Hypothese  die 
Angabe  des  Josephus  ,  dass  durch  die  Abtragung  der  Akra  der 
Tem])el  höher  als  diese  geworden  sei,  nicht  passen,  da  noch 
heute  der  Calvarienberg  höher ,  als   der  Haräm  ist. 

Hierbei  haben  Avir  noch  eine  Bemerkung  über  den  Stand- 
punkt zu  machen,  von  welchem  Josephus  bei  seiner  toi)ographi- 
schen  Beschreibung  ausgeht.  Da  er  eine  Belagerung  schildert, 
ist  es  ihm  um  die  Zeichnung  der  Festigkeit  der  Stadt  zu  thun. 
])iese  besteht  in  zweierlei,  in  den  Maueni  und  der  natürlichen 
Hescliaffcnheit  des  Tenains.  Letzteres  beschreibt  er  in  liell.  V, 
4,  1.  Er  beginnt  zwar  mit  den  drei  Mauern;  das  ist  ihm  aber 
nur  Einleitung  zur  Zeichnung  der  natürlichen  Festigkeit.     Denn 


35 


kaum  hat  er  die  drei  Mauern  genannt,  so  bemerkt  er,  dass  dort 
im  Norden  keine  nnziigänglichen  Abschüsse  gewesen  seien,  wohl 
aber  auf  der  entgegengesetzten,  genauer  auf  den  drei  andern 
Seiten,  im  Westen,  Süden  und  Osten,  und  schliesst  die  Schilde- 
rung, indem  er  zu  Ende  des  Abschnitts,  eben  auf  die  von  aussen 
um  die  beiden  Hügel,  auf  Avelchen  die  Stadt  ursprünglich  erbaut 
Avar,  herumgehende  und  sie  unangreifbar  machende  Schlucht  zu- 
rückkommt. Erst  im  folgenden  (4,  2)  kommt  er  auf  die  künst- 
liche Befestigung,  mit  Avelcher  er  4,  1  begonnen  hatte,  Avieder 
zurück.  Er  geht  also,  indem  er  4,  l  die  natürliche  Festigkeit 
zeichnet ,  A^on  dem  Punkte  der  Anschauung  aus ,  aa^o  die  natür- 
liche Gestalt  der  Stadt  sich  am  charakteristischsten  darstellt  und 
am  schärfsten  Aon  ihrer  Umgebung  sich  abscheidet,  d.  h.  von  der 
Südseite.  Eben  darum  bemerkt  er,  dass  die  die  Ober-  und  Un- 
terstadt trennende  Schlucht  bis  zur  Siloahquelle  hinabgeht,  und 
in  unmittelbarem  Zusammenhang  damit,  dass  von  aussen  die 
beiden  Hügel  A^on  den  tiefen  Schluchten  umgeben  Avaren.  Wenn 
er  nun  A^on  diesem  Standpunkt  aus  den  Oberstadthügel  als  den 
ersten  nennt,  darauf  von  dem  bis  zum  Siloah  hinabgehenden,  die 
beiden  Urhügel  trennenden  Thale  und  von  dem  die  beiden 
Hügel  A'on  aussen  umgebenden  Schluchten  redet,  so  kann  er. 
indem  er  Aom  ersten  zum  zAveiten  Hügel  zählend  fortgeht,  nicht 
die  Richtung  A'om  Süden  nach  Norden  im  Auge  haben.  Avie  Ro- 
WNSOX  meint;  denn  dort  im  Norden  sind  Aveder  die  Siloahquelle 
noch  die  Schluchten.  Sondern  er  steht  mit  beiden  Urhügeln  im 
Süden  und  hat  nach  den  von  ihm  selbst  angegebenen  Land- 
marken, indem  er  a  om  ersten  (Obcrstadthügelj  zum  ZAveiten  (Un- 
terstadthügel) zählt .  die  Richtung  A'on  Westen  nach  Osten  — 
zum  Ophel  als  der  Lokalität  des  ehemaligen  Akrahügels  —  und 
indem  er  A-om  zAveiten  zum  dritten  fortgeht,  vom  Ophel -Akra 
zTim  Tempelberg,  die  Richtung  von  Süden  nach  Norden.  Diese 
behält  er  bei,  indem  er  4,  2  den  liezetahügel  als  den  vierten,  an 
den  Tempelberg  sich  anschliessenden  Hügel  aufzählt  i) .  Der 
Tempelberg  und  der  Bezetahügel  gehören  aber  nicht  zum  ur- 
sprünglichen Terrain  des  alten  Jerusalems,  auf  Avelchem  dieses 

1)  "Wenn  er  nun  den  Nordwestliügel  ganz  übergeht,  so  hat  das  seinen 
Grund  offenbar  darin,  dass  dieser  kein  eigentlicher,  sich  abscheidender  Hügel, 
sondern  eben  nur  die  Fortsetzung  des  nördlichen  Landrückens  ist  und  über- 
haupt nicht  zur  Altstadt  gehörte. 

3- 


36 

anfällglich   erbaut  Avorden   war    r/na-o),    sondern   sind    erst   im 
Laufe  der  Zeit  hinzugekommen. 

Dass  die  Unterstadt  im  Sinne  des  Josephus  nicht  auf  die 
Nordwestseite  des  Terrains  von  Jerusalem  gesetzt  werden  darf, 
geht  auch  aus  folgendem  hervor.  In  Bell.  V,  4,  2  erzählt  er,  wie 
die  innerste  altjüdische  Mauer,  to  ap/aTov  Tziyo^,  erbaut  von  den 
jüdischen  Königen ,  also  die  das  ursprüngliche  Jerusalem  ein- 
schliessende  Mauer  sich  vom  Hippikusthurm  ostwärts  am  Xystus 
und  dem  Rathhaus  hin  bis  zur  westlichen  Tempelhalle  erstreckte 
(also  vom  heutigen  Jafathore  in  ziemlich  gerader  Linienach 
Osten  gegen  den  Haräm ,  in  der  Richtung  der  heutigen  David- 
strasse ungefähr  gegen  das  Kettenthor,  bäb-es-sihele,  ohne  Z^veifel 
auf  dem  südlichen  Rande  jener  von  Robinson  fälschlich  für  das 
obere  Tyropöon  gehaltenen  Einsenkung),  während  sie  nach  der 
anderen  Seite  in  einem  südlichen  Bogen  der  Siloahquelle  sich 
näherte  und  dann  zur  Ostseite  des  Tempels  hinaufging.  Das  ist 
also  der  Umfang  des  ursprünglichen  alten  Jerusalem  zur  Zeit  der 
Könige.  Nun  haben  wir  oben  gesehen,  dass  Josephus  die  Un- 
terstadt sammt  der  innerhalb  ihrer  befindlichen  Akra  zu  diesem 
altjüdischen  Jerusalem  rechnet,  folglich  kann  sie  in  seinem 
Sinne  nicht  ausserhalb ,  etwa  nördlich  von  seiner  »alten  Mauer« 
gelegen  haben. 

Weiter  wird  Bell.  V,  6,  1  erzählt,  wie  die  beiden  Rartei- 
häiipter  Simon  und  Johannes  sich  in  die  Stadt  getheilt  hatten. 
»Simon  hatte  die  obere  Stadt  und  die  grosse  Mauer  bis  zum  Ki- 
dron inne  [dieses  ist  die  äusserste,  nördlichste  der  drei  Mauern, 
V.  4,  2],  von  der  alten  Mauer  dagegen  den  Theil,  welcher  sich 
von  der  Siloahquelle  nach  Osten  zog  und  bis  zum  Hofe  des  Mono- 
bazes  hinlief;  desgleichen  jene  Quelle  selbst  und  die  Akra  (diese 
war  aber  die  Unterstadt)  und  den  Bezirk  bis  zum  Ralast  der  He- 
lena. Johannes  dagegen  hatte  den  Tempel  inne  und  einen  grossen 
Theil  von  dessen  Umgebung,  sowie  den  Ophlas  und  das  Kidron- 
thal.« Diese  Beschreibung  ist  doch  vollkommen  deutlich.  Die 
von  den  beiden  Partcihäu])tern  besetzten  Ortlichkeitcn  umschrei- 
ben den  ganzen  Umkreis  der  Stadt  zur  Zeit  des  Titus.  Nachdem 
Josephus  angegeben,  dass  Simon  die  Oberstadt  in  Besitz  hatte, 
beschreibt  er  zuerst,  wie  weit  von  der  Oberstadt  aus  gegen  Nor- 
den und  Osten,  darauf  von  der  Südseite  der  Oberstadt  ausgehend, 
wie  weit  gegen  Südost  die  Besetzung  des  Terrains  durch  Simon 


37 

sich  erstreckte,  nämlich  auf  letzterer  Seite  die  die  Oberstadt  um- 
fassende alte  Mauer  his  zur  Siloaquelle  und  weiter  von  dieser  aus 
bis  zum  Palast  der  Helena.  Hier  Averden  die  Siloaquelle  und  die 
Akra  mit  der  Bemerkung,  dass  die  Akra  die  Unterstadt  sei.  ganz 
immittelbar  mit  einander  verbunden,  letztere  also  an  densell)en 
Ort  mit  der  Siloaquelle,  also  gegen  Süden  verlegt.  Welche  ■wun- 
derliche Art  der  topographischen  Beschreibung  traut  man  dem 
JosEPuus  zu ,  wenn  man  mit  Eobinson  annimmt,  die  Akra-Un- 
terstadt  sei  nördlich  von  der  Oberstadt  gelegen  !  Dass  wir  uns 
mit  derselben  auf  der  Südseite  befinden,  zeigt  die  weiter  sich  an- 
schliessende Angabe  über  den  von  Johannes  besetzten  Stadtbe- 
zirk. Dieses  ist  der  Tempel  mit  seiner  Umgebung  (ohne  nähere 
Angabe,  wie  weit)  und  Ophlas  und  der  Kidron.  Hier  haben  vnr 
eine  augenfällige  Eeihenfolge  von  der  Oberstadt  zur  Siloaquelle 
und  von  dieser  um  die  Südspitze  des  Ophel  herum  an  dessen  Ost- 
seite hinaufgehend  bis  zu  dem  an  der  Südostecke  der  Tempel- 
fläche liegenden  Ophlas.  Bis  zum  Ophlas  exclusive  war  die 
Mauer  im  Besitze  des  Simon,  von  dort  an  (den  Ophlas  inclusive) 
aufwärts  im  Besitze  des  Johannes.  Die  Akra-Unterstadt  muss 
eben  darum  auf  jener  Südseite  gelegen  haben.  Simon  hatte  dabei 
den  bei  weitemi  grösseren ,  Johannes  den  kleineren  Theil  des 
Terrains  in  Händen,  entsprechend  dem  Zahlenverhältniss  ihrer 
Mannschaft,  welche  im  gleichen  Kapitel  für  Simon  auf  15,600 
Mann,  für  Johannes  auf  8,400  angegeben  wird. 

Von  dem  letzteren  wird  ferner  Bell.  IV,  9,  12  erzählt,  er 
habe  zur  Abwehr  der  Angriff'e  des  Simon  auf  der  Tempelfläche 
vier  Thürme  errichtet,  einen  an  der  Nord-Ostcckc,  den  andern 
über  dem  Xystus,  den  dritten  gegenüber  der  Unterstadt  (avT'.y.pu 
tt;  vA~(s)  TToXötüc)  und  den  vierten  über  der  Zinne  der  Pastopho- 
rien.  Die  Reihenfolge  geht  hier  deiitlich  von  Osten  nach  Westen 
und  Süden.  Die  Nordwesteckc  hatte  ihre  Sicherheit  schon  an 
der  Antonia,  der  Xystus  lag  innerhalb,  d.  h.  südwärts  der  alten 
Mauer,  also  jedenfalls  an  der  südlichen  Hälfte  der  Westseite  des 
Haräm;  folglich  muss  der  dritte  Thurm  auf  der  Südseite,  etwa 
auf  der  Südwestecke  der  Tempelfläche  sich  befunden  haben  imd 
eben  darum  die  Unterstadt  auch  südwärts  gesucht  Averden. 

In  der  Ecke  zwischen  dem  Nordrand  der  Oberstadt  und  dem 
nördlichen  Theil  der  AVcstmauer  des  Haräm .  also  in  der  Pich- 
tung  des  C'alvarienbergs ,  ist  es  ferner  unmöglich  mit  Püiunsün 


3S 

und  den  Engländern,  (wie  Warren  in  der  Recovery  of  Jerusalem) 
die  Unterstadt  zu  versetzen,  weil  dort  nach  Josephus  die  »Vor- 
stadt« (Trpoaarsiovi  lag.  Nach  Antiqq.  XY,  11,  5  führten  auf  der 
AVestseite  des  Heiligthums  vier  Thore  in  die  Stadt.  Eins  an  den 
königlichen  Palast,  zwei  in  die  Vorstadt  '-poajTsiov) ,  das  vierte  in 
die  »andere  Stadt«.  Nun  kann  doch  eine  Vorstadt  nirgends  an- 
ders gesucht  Averden,  als  vor  d.  h.  ausser  der  Stadt,  folglich 
nördlich  von  der  die  Altstadt  einschliessenden  altjüdischen  Mauer. 
Daran  wird  nichts  geändert  durch  die  oft  mit  Recht  beklagte  Un- 
genauigkeit  des  Geschichtschreibers ,  welcher  weder  die  Rich- 
tung, in  welcher  er  die  Thore  zählt,  angiebt,  noch  auch,  welcher 
der  beiden,  sonst  von  ihm  oft  genannten  königlichen  Paläste  ge- 
meint ist.  Wir  können  hier  von  der  Vertheilung  dieser  Thore  um 
so  mehr  absehen,  als  auch  die  Ausgrabungen  der  Engländer  noch 
viel  zu  wenig  sichere  Resultate  ergeben  haben  und  auch  die  Auf- 
stellungen Warrex's  in  der  Recovery  und  im  Athenaeum  IST 5, 
Nr.  2469  keineswegs  ausser  aller  Einwendung  stehen.  Mag  es 
sich  aber  damit  verhalten  wie  es  will,  sicher  ist,  dass  eine  Vorstadt 
nicht  innerhalb  sondern  nur  ausserhalb  der  alten  Stadt  liegen 
konnte.  Die  von  uns  angenommene  Lage  der  Vorstadt  wird  auch 
deutlich  durch  Antiqq.  XIV,  13,  4.  Hier  lesen  Avir,  wie  Herodes 
in  der  Fehde  ZAvischen  Hyrkanus  und  Antigonus  von  dem  könig- 
lichen Palast  einen  Ausfall  gegen  die  feindliche  Partei,  welche 
den  Tempel  und  die  übrige  Stadt  (wie  viel  von  ihr,  ist  nicht  ge- 
sagt) inne  hatte,  durch  die  Vorstadt  (xata  to  Trpoaarsiov)  machte 
und  sie  in  die  Flucht  trieb.  In  der  die  gleiche  liegebenheit  er- 
zählenden Parallelstelle  Hell.  I,  13,  3  steht  statt  »durch  die  Vor- 
stadt« geradezu  nach  der  »Nordseite«  (xara  to  -poaapy.-iov) .  Es 
ist  darum  unbegreiflich,  Avie  Tmiupp,  Lewik,  Warren  die  »sub- 
urb«  ^ohnedies  eine  irreführende  Übersetzung  des  -podtTrsiov)  öst- 
lich von  der  Oberstadt  in  das  Tyropöon  (innenAvärts  südlich  von 
der  alten  Stadtmauer)  verlegen  mögen.  Bei  Thrupp  ist  diese 
Lage  ersonnen  um  seiner  sonstigen  falschen  Annahmen  Avillen. 
Was  Avill  es  denn  besagen,  Avenn  er  beifügt :  »the  greek  Avord  is 
not  of  Josephus'  coinage  ( —  aber  es  kann  doch  nicht  anders,  als 
in  seinem  natürlichen  Wortsinn  genommen  Averden) ,  but  Avas  the 
most  convenient ,  he  could  cmploy  to  represent  the  HebrcAV  Par- 
bar  1  Chron.  26,  18.  2  Reg.  23,  11  (von  Avclchem  I'arbar  wir 
eben  so  viel  als  nichts  AA'issen).    Man  hat  auch  kein  Recht,  der 


39 

»Vorstadt«  die  »Unterstadt«  zu  siibstitniren,  Avie  vielfach  z.  B.  von 
Rosen,  der  Haräm  p.  139  und  De  Vogüe,  le  temple  p.  50  (>iqne 
cette  expression  designe  la  basseville  ou  Akra«)  geschieht.  Es 
lässt  sich  durchaus  kein  Gnmd  denken,  wanim  Josephüs  in  den 
obigen  Stellen  nicht  den  gewöhnlichen  Namen  »Unterstadt«  sollte 
gebraucht  haben,  wenn  er  sie  im  Sinne  hatte.  Dagegen  ist  die 
Bezeichnung  Vorstadt  für  diesen  Stadttheil  als  solchen  so  sehr 
in  der  Natur  seiner  Entstehung  gegründet,  dass  wir  hier  zweifel- 
los einen  historischen  Lokalnamen  vor  uns  haben,  welcher  blieb, 
auch  nachdem  sich  noch  weitere  Stadttheile  angeschlossen 
hatten  *) .  Man  kann  auch  nicht  einwenden ,  dass  anderswo 
Bell.  V.  1.1  von  der  Verödung  der  Vorstädte  plur.)  durch 
Abhauung  der  Bäume  die  Rede  ist.  Denn  letztere  sind  die 
äusseren  Stadttheile ,  wie  sie  zur  Zeit  des  Geschichtschreibers 
vorhanden  waren,  überhaupt. 

Das  bisher  Gefundene  wird  bestätigt  durch  die  Geschichte 
aller  von  Josephüs  erwähnten  Belagerungen  Jerusalem's.  Dabei 
findet  sich  nicht  eine  einzige  Notiz,  welche  veranlasste,  die  Un- 
terstadt Akra  nördlich  oder  nordwestlich  vom  Tempel  zu  suchen, 
worauf  längst  Tobler  aufmerksam  gemacht  hat.  Bekanntlich 
war  der  Gang  aller  Belagerungen  von  Nord  nach  Süd.  Wo  immer 
dabei  die  Unterstadt  erwähnt  wird,  kommt  sie  erst  nach  der  Be- 
setzung des  Tempels  zur  Sprache.  So  wird  bei  der  Einnahme 
durch  Herodes,  Antiqq.  XIV,  15,  2.  16.  2  erzählt,  Avie  er  die 
Stadt  von  Norden  her  und  zwar  am  Tempel  angriif.  Er  nahm  zu- 
erst die  zwei  Mauern;  dazu  wurden  auch  einige  der]  lallen  um 
den  Tempel  verbrannt.  Von  der  Unterstadt  ist  dabei  noch  mit 
keinem  Wort  die  Rede.  Alsdann  heisst  es :  »Als  der  äussere 
Tempel  und  die  Unterstadt  genommen  waren,  flohen  die  Juden 
in  den  inneren  Tempel  und  die  Oberstadt«.  Es  ist  total  unrichtig, 
wenn  Thrupp  dazu  bemerkt :  »Es  ist  deutlich ,  dass  er  zuvor  die 
Unterstadt  nördlich  vom  Tempel  stürmte,  ehe  er  den  Tcmpelhof 
selber  einnahm.«  Das  ist  so  wenig  deutlich,  dass  vielmehr  im 
Texte  sich  auch  nicht  ein  einziger  Buchstabe  davon  voi-findet. 
Im  Texte  ist  zuerst  gar  nicht  von  der  Unterstadt  die  Rede,  son- 
dern von  zAvei  Mauern,  deren  Bestimmung  ausserhalb  unserer 
Untersuchung   liegt.     Mit   ihrer  Einnahme    war    der  Belagerer 

1)  So  auch  FURRER,  Bibellexikon  III,  p.  241. 


40 

schon  unmittelbar  an  die  Tempelfläche  selber  gelangt ;  es  waren 
ja  schon  einige  Hallen  um  den  Tempel  verbrannt.  Darauf  wurde 
der  äussere  Tempel,  d.  h.  die  ganze  äussere,  also  auch  die  süd- 
liche Umgebung  des  eigentlichen  Heiligthums  und  (darauf  oder 
zugleich!  die  Unterstadt  eingenommen ,  und  dadurch  die  Juden 
in  das  eigentliche  Heiligthum  (das  Tempelhaus  und  dessen  aller- 
nächste Umgebung)  und  in  die  Oberstadt  zurückgedrängt.  Man 
sieht,  mit  den  Worten :  «als  der  äussere  Tempel  und  die  Unter- 
stadt genommen  waren«  wird  der  ganze  noch  übrige  Umfang  der 
Stadt  mit  Ausnahme  des  Tempelhauses  und  der  Oberstadt  be- 
zeichnet; da  kann  ja  die  Unterstadt  nichts  anderes  sein,  als  der 
südlich  vom  Tempel  gelegene  Bezirk.  Josephus  hat  dabei  in  der 
Wortstellung:  »den  äusseren  Tempel  und  die  Unterstadt«  den 
Gang  der  Belagerung  von  Nord  nach  Süd  eingehalten  und  wir 
halben  weder  Recht  noch  Veranlassung  die  Sache  umzukehren. 
Ebenso  verhält  es  sich  mit  der  Eroberung  durch  Titus  *) .   Es 

1)  Wer  den  Josephus  gelesen  hat,  der  erstaunt,  wenn  er  bei  Lewin  (the 
siege  p.  36  fF.)  findet,  wie  Titus  durch  die  Einnahme  der  zweiten  Mauer  sich 
auch  der  von  ihr  eingeschlossenen  »inneren  Unterstadt«  oder  »inneren  Akra« 
bemächtigte,  von  welcher  Beschaffenheit  diese  »innere  Unterstadt«  war,  wie 
sie  nur  ungefähr  den  dritten  Theil  der  Unterstadt-Akra,  wie  den  Haupttheil 
derselben  aber  die   Tempelplaltform   (=  »Mittel-Akra«  oder  »Mittel-Unter- 
stadt«; bildete,  die  »äussere  Unterstadt«  aber  südlich  vom  Tempel  lag.    Man 
fragt  sich  erstaunt,  wo  man  das  gelesen  oder  gar  übersehen  habe?   Aber  man 
mag  den  Josephus  aufschlagen ,  wo  man  will,  so  findet  man  nicht  ein  Wort 
davon.     JosEPHUS  bringt  die  Unterstadt  niemals  in  Verbindung  mit  der 
zweiten  Mauer,  er  identificirt  niemals  die  Tempelfläche  mit  der  Unterstadt 
oder  Akra,  sondern  unterscheidet  sie  immer  von  derselben;  ernennt  nie- 
mals eine  mittlere,  innere  oder  äussere  Unterstadt,   sondern  immer  nur  Eine 
Unterstadt  und  erwähnt  sie  in  dem  von  Nord  nach  Süden  gehenden  Gang  der 
Eroberung  erst  nach  dem  Tempel.   Alles  andere  so  wie  auch  die  »sogenannte 
Kidronschlucht«  als  östlicher  Theil  der  Tempelfläche,  ist  reine  Phantasie  des 
Interpreten.  —  Auch  bei  de  Vogüe,  le  temple  p.  128,  dessen  ausgezeichneten 
Leistungen  wir  gewiss  nicht  zu  nahe  treten  wollen,  heisst  es :  »11  lui  (Titus) 
fallut  quatre  jours  de  combats  acharne.s  pour  rester  maitre  de  cette  position 
et  renon9ant  ä  s'engager   dans  les  rues  ^troites  et  tortuoises  de  la  ville 
basse  il  se  contenta  de  faire  demolir  toute  la  partic  du  second  mur  qui  re- 
gardait  le  nord.«    Schlägt  man  aber  den  JüSEPHU.s  selber  nach,  so  findet  man 
in  den  betreffenden  Stellen,   Hell.  V,  8,  9  so  wenig  als  irgend  wo  sonst,  den 
v(jii  der  zweiten  Maun-  eingeschlossenen  Stadtftieil  mit  dem  Namen  Unter- 
stadt bezeichnet.    Es  bleibt  bei  der  unumstösslichen,  schwer  wiegenden  That- 
sache,  dass  bei  der  v(jn  Nord  nach  Süden  gehenden  Eroberung  der  Unterstadt 
erst  nach  dem  Tempel  gedacht  wird. 


41 

wird  weder  bei  der  Einnahme  der  ersten  noch  der  zweiten  Mauer 
der  Unterstadt  mit  einem  Worte  gedacht.     Erst  nach  Eroberung 
und  Niederbrennung  des  Heihgthums  und  nach  der  vergeblichen 
Unterredung  des  Titus  mit  den  Aufständischen  wird  Bell.  VI. 
6,  3  erzählt,   dass  die  Römer  »das  Archiv  und  die  Akra  und  das 
Stadthaus  und  den  Stadttheil  Ophlas  einäscherten  und  das  Feuer 
sich  bis  zum  Palast  der  Helena  verbreitete ;  dieser  aber  war  mitten 
in  der  Akra«.    (Hier  die  ganz  gleiche  Beschreibung  der  Südseite 
wie  oben  V,  6,  1.    Die  Erwähnung  des  Ophlas  versetzt  ohnedies 
gewiss  auf  die  Südseite) .     Was  an  diesem  Tage  an  der  Verbren- 
nung fehlte,   wurde  am  folgenden  Tage  nachgeholt  (VI,  7,  2): 
»Am  folgenden  Tage  trieben  sie  die  Räuber  aus   der  Unterstadt 
und  steckten  alles  bis  zum  Siloah  in  Brand.    Genossen  sie  aber 
gleich  die  Freude,  die  Stadt  von  der  Flamme  verzehrt  zu  sehen, 
so  entging  ihnen  doch  die  Beute,  da  die  Empörer  alles  ausleerten 
und  in  die  Oberstadt  sich  zurückzogen«.)     Nämlich  in   einigen 
Theilen  der  Unterstadt  hatten  sich  die  »Räuber«  oder  »Empörer« 
noch  gehalten ;   sie  wurden  nun  auch  aus  diesem  letzten  Terrain 
vertrieben  und  alles  bis  zum  Siloah  in  Brand  gesteckt.    Da  deutet 
doch  auch  kein  Wort   darauf,  dass  die  Unterstadt,   aus  deren 
letzten  Resten  die  Aufständischen  vertrieben  wurden,  sich  nörd- 
lich von  der  Oberstadt  auf  einer  Lokalität,  wo  alles  schon  längst 
in  den  Händen  der  Römer  war,  befunden  habe  ^) . 

1)  Eine  der  unklaren  Stellen  bei  JosEFHrs  ist  die  Angabe  Bell.  VI.  S,  4, 
dasa  nach  dem  Beginn  des  Angriffs  der  Römer  auf  die  Oberstadt  eine  Anzahl 
der  Insurgenten  sich  in  die  Akra  zurückzogen  (ävsywpo'jv  toj  tei/o'j;  ei;  tt,v 
av-pav).  Hätten  wir  diese  Stelle  allein,  so  läge  am  nächsten,  die  Akra  inner- 
halb der  Mauer  der  Oberstadt  zu  suchen,  'mit  ToBLER!.  Das  ist  nun  freilich 
unmöglich.  Aber  -wie  konnten  sie  sich  in  die  Akra  zurückziehen,  da  sich  diese 
ja  bereits  in  den  Händen  der  Römer  befand,  ja  von  diesen  niedergebrannt 
war?  Auf  keinen  Fall,  wenn  sie  nördlich  von  der  Oberstadt  lag,  noch  weniger, 
wenn  nördlich  vom  Tempel  (=  Antoniaj.  Denn  die  Nordseite  einschliesslich 
der  Tempelfläche  wurde  jedenfalls  von  den  Römern  besetzt  gehalten,  schon 
darum,  weil  der  Angriff  auf  die  Oberstadt  auf  deren  Nordwestecke  gegen  den 
königlichen  Palast ,  und  auf  der  Nordostecke  am  Xystus  und  der  Brücke  er- 
folgte (VI,  8,  1.)  Ein  Rückzug  von  der  Oberstadtmauer  in  die  Akra  konnte 
also  überhaupt  nur  möglich  sein,  wenn  letztere  auf  der  Südseite  lag.  "Wir 
denken  uns  die  Sache  so  ■.  Begreiflicher  Weise  konnten  nicht  alle  einzelnen 
Theile  des  eroberten  Stadtterrains  von  römischen  Posten  besetzt  gehalten 
werden.  Das  war  aber  auch  bei  dem  südlich  vom  Temi)el  gelegenen  Stadt- 
theil unnöthig.  theils  weil  derselbe  vom  Tempel  aus  vollständig  beherrscht, 


42 

Die  vorstehende  Übersicht  über  säramtliche  Auskunft  gebende 
Stellen  des  Josephus  scheint  uns  das  Resultat  über  die  Lage  der 
Unterstadt  Akra  vollkommen  sicher  zu  stellen.  Die  horizontalen 
Verhältnisse  des  Terrains  sind  entsprechend.  Der  Ophelrücken 
ist  niedriger,  als  der  Oberstadthügel,  entspricht  also  dem  Namen 
Unterstadt,  in  welche,  wie  wir  nicht  zweifeln,  auch  das  Tyropöon 
eingerechnet  wurde,  wenigstens  im  populären  Sprachgebrauch. 
Auf  diesen  beiden  Hügeln  lag  die  Stadt,  d.  h.  die  Altstadt,  avtt- 
7rpo3(u~o;,  »sich  gegenüber«  (Bell.  V,  4,  1).  Nur  ist  nie  zu  ver- 
gessen, dass  im  Sinne  des  Josephus  ursprünglich  der  Begriff  Un- 
terstadt der  weitere ,  der  der  Akra  ,  als  einer  besonderen  inner- 
halb der  Unterstadt  sich  erhebenden  Erhöhung,  der  engere  ist, 
und  erst  in  Folge  der  Abtragung  dieser  Erhöhung  der  Name  Akra 
auf  die  gesammte  Unterstadt  übertragen  wurde.  Die  Lokalität 
des  Ophel  steht  auch  in  derjenigen  Verbindung  mit  dem  Tempel- 
berge ,  welche  in  allen  obigen  Angaben  sowohl  aus  der  makka- 
bäischen,  als  der  römischen  Zeit  vorausgesetzt  wird.  Nehmen 
wir  nun  an ,  dass  auf  der  Nordseite  des  Ophel,  also  gegenüber 
der  Südseite  der  Tempelfläche,  sich  ursprüglich  eine  einzelne  Er- 
höhung, etAva  eine  isolirte  Felsenplatte ,  erhob ,  so  haben  wir  für 
die  makkabäische  Akra  der  Syrer  den  der  Beschreibung  des  Jo- 
sephus entsprechenden  Platz.  Sie  war  eine  ausserordentlich 
schwer  einzunehmende,  schon  natürlich  feste  Lokalität;  sie  er- 
hob sich  über  die  Tempelfläche  zur  Makkabäerzeit,  wo  sich 
dieselbe  vom  Tempelgebäude  an  gegen  Süden  Avohl  in  Absätzen 
stärker  als  gegeuAvärtig  senkte,  verdeckte  den  Tempel  gegen  den 
südlichen  Theil  der  amphitheatralisch  (DsaTpoöiorjc)  um  das  Hei- 
ligthum  herumliegenden  Stadt,  —  was  zur  Makkabäerzeit  um  so 

theils  weil  durch  die  römische  Rinschliessungsmauer  ein  weiterer  Durchbruch 
unmöglich  gemacht  war.  Ein  solcher  wurde  zuletzt  VI,  8,  5.  ei;  rrj^  Otto 
^t/.iijaji.  cpäpot-ffa  %aTacp£'JYO'jaiv)  noch  versucht,  scheiterte  aber  an  der  Ein- 
schliessungsmauer,  so  dass  die  den  Durchbruch  Versuchenden  in  den  unter- 
irdischen Gängen  sich  versteckten  (ohne  Zweifel  der  Unterstadt).  Wir 
schliessen  eben  aus  letzterer  Angabe ,  dass  der  üphel,  nachdem  alles  darauf 
Stehende  abgebrannt  worden,  von  den  llömern  nicht  besetzt  gehalten  wurde, 
und  darum  eine  Anzahl  Insurgenten  auch  vor  dem  letzten  Durchbruchsver- 
such schon  in  den  abgebrannten  Trümmern  freilich  nicht  einen  Ort  zu  neuem 
Widerstand  sie  hatten  ja  die  Oberstadtniauer  aus  Verzweiflung  an  der  Mög- 
lichkeil des  Widerstandes  verlassen, ,  wohl  aber  noch  einen  Ort  zum  Versteck 
suchen  konnten. 


43 

mehr  auffiel,  als  der  Palast  Salomo's  nicht  mehr  vorhanden  war 
—  und  flankirte  den  Tempel  in  ähnlicher  Weise  wie  der  An- 
toniafelsen  auf  der  Nordseite.  Damit  ist  auch  die  Einsenkung, 
welche  den  Akraberg  von  dem  Tempelberg  trennte,  gegeben. 
Wurde  die  Akra,  d.  h.  jene  auf  dem  Ophel  sich  erhebende  Fel- 
senhöhe abgetragen ,  ihr  Terrain  dem  Boden  gleich  (st;  -soivy;v 
XöiTo-Tj-a)  gemacht ,  durch  den  dabei  gewonnenen  Schutt  die 
mit  dem  Namen  Ophlas  bezeichnete  Lokalität  an  der  Südost- 
ecke erhöht  und  vielleicht  (was  freilich  nur  eine  Yermuthung  ist) 
auch  ein  Theil  der  Südwestecke  des  Haräm  (nach  Warrex  in 
ihrer  jetzigen  Gestalt  ein  herodianisches  Werk)  aufgefüllt,  so 
verschwand  die  Einsenkung  hdrja-(^)  von  selbst,  kann  also  heu- 
tigen Tags  nicht  mehr  aufgefunden  Averden.  Zugleich  wurde  der 
Tempel  gegen  Süden  sichtbar.  Bei  solcher  Lage  der  Akra,  etwa 
gegen  das  Tyropöon  steil  abfallend ,  erklärt  sich  auch ,  wie  sie 
durch  eine  mitten  durch  die  Stadt  (Unterstadt),  etwa  um  die 
Burg  herumgezogene  Mauer  von  dem  Verkehr  abgeschnitten 
■werden  konnte. 

Man  hat  nun  freilich  diese  Angabe  des  Josephus  über  die 
xirsprüngliche  Höhe  und  Demolirung  der  Akra  stark  in  Anspruch 
genommen.  Sie  ist  von  Crome  (Encyclopädie  von  Ersch  und 
Gruber),  Hupfeld,  a.  a,  O.,  Arnold  (Herzog,  Kealencyclo- 
pädie  Art.  Zion)  und  Andern  mit  einer  Fluth  absonderlicher 
Elirentitcl,  als  »Windbeutelei«,  ''Schwindelei«,  »Leichtfertigkeit« 
und  ähnlichem,  recht  eigentlich  überschüttet  und  als  eine  reine, 
alles  geschichtlichen  Grundes  entbehrende  Erfindung  bezeichnet 
worden.  Diesen  Anklagen  gegenüber  glauben  wir  den  jüdischen 
Geschichtsschreiber  in  Schutz  nehmen  zu  müssen.  A'or  allem 
sieht  man  nicht  ein,  warum  und  wozu  Josephus  seine  Erfindung 
gemacht  haben  soll.  Auch  Hupfeld  gesteht :  »AVie  er  dazu  kam. 
ist  freilich  schwer  zu  erklären.«  Aber  Arnold  versucht  bereits, 
es  zu  erklären :  »Die  ganze  Konfusion  beruht  darauf,  dass  durch 
die  Antonia  dem  Josephus  der  Begriff  einer  den  Tempel  beherr- 
schenden Burg  sich  so  fixirt  hatte,  dass  er  dieselbe  sich  gar  nicht 
auf  dem  Zion  (Oberstadthügel :  denken  konnte ;  mm  war  er  sich 
aber  doch  auch  des  Unterschiedes  zAvischen  der  Baris  und  der 
Burg  der  Syrer  recht  wohl  bewusst  und  so  blieb  ihm  nichts  an- 
deres übrig,  als  die  letztere  in  die  Unterstadt  auf  den  nordwest- 
lichen Hügel  zu  verlegen  und  die  damit  verbundenen  Schwierig- 


44 

keiten  durch  die  erwähnten  Fiktionen  -wegzuräumen,  was  bei 
einem  Manne  seiner  Leichtfertigkeit  gewiss  keine  Schwierigkeit 
hatte.«  So  lange  man  aber  nichts  anderes  zu  sagen  w^eiss,  besteht 
der  Verdacht,  die  Interpreten  suchen  eine  bisher  noch  unerklärte 
Thatsache  durch  Annahme  einer  Fiktion  wegzuschaffen.  Ist  es 
aber  immer  gewagt,  ein  Problem  durch  Aufhebung  des  Objekts 
zu  lösen,  so  scheint  es  uns  im  vorliegenden  Fall  ganz  unzulässig. 
Die  Angaben  des  Josephus  gehen  auf  eine  keineswegs  unvor- 
denkliche Zeit,  auf  eine  Sache,  die  wiegen  ihrer  Verflechtung  mit 
den  religiösen  Nationalkämpfen  und  Leiden  seines  Volks  im  Ge- 
dächtniss  der  Geschlechter  bleiben  musste,  auf  Örtlichkeiten, 
welche  ihm  Jahre  lang  vor  Augen  gestanden  haben.  Er  ist  selbst 
ein  geborener  Hierosolymite ,  hat  Jahre  lang  daselbst  gelebt,  ist 
von  klein  auf  cpiXo^pafi-ixaTo?  (vita  2),  hat  die  Geschichte  seines 
Volks  und  seiner  Hauptstadt  während  der  letzten  Jahrhunderte 
zum  Gegenstand  der  Forschung  gemacht,  hat  als  Sprössling  des 
Priestergeschlechts,  mütterlicherseits  verwandt  mit  den  Hasmo- 
näern,  Gelegenheit,  Nachrichten  über  jene  Zeit  zu  sammeln,  zur 
Genüge  gehabt.  Dabei  ist  es  doch,  milde  aiisgedrückt,  gewagt, 
Angaben  deren  öftere  Wiederholung  Peweis  davon  giebt.  soAvohl 
wie  sicher  er  ihrer  ist,  als  welchen  Werth  er  darauf  legt,  für 
wissentliche  Erdichtung  oder  Phantasieprodukt  der  Konfusion  zu 
erklären.  Handelt  es  sich  doch  gar  nicht  um  Zahlenangaben, 
welche  durch  ungenaue  Erinnerung  oder  nationale  Prahlerei 
alterirt  sein  können,  auch  nicht  um  Geschichtserzählungen,  bei 
welchen  ein  patriotisches  Interesse  ins  Spiel  gekommen  sein 
könnte,  überhaupt  eigentlich  zuletzt  nicht  um  die  Schleifung  der 
Purg,  sondern  um  einen  zu  Josephus'  Zeit  gäng  und  geben,  von 
ihm  vorgefundenen  Sprachgebrauch ,  welcher  die  Akra  mit  der 
Unterstadt  identificirt.  Eben  das  für  fremde,  der  Sache  fern  ste- 
hende Leser  Aiiffallcnde  der  Thatsache,  dass  die  Akra  in  der 
Unterstadt  lag,  nicht,  wie  Tnan  hätte  vermuthen  können,  in  der 
Oberstadt,  veranlasst  den  Geschichtsschreiber,  öfters  davon  zu 
reden.  Mag  die  Akra  selber  geschleift  worden  sein  oder  nicht, 
so  viel  steht  fest,  dass  sie  in  der  Unterstadt  gelegen  war,  folglich 
mit  dieser  auf  dem  Ophel  zu  suchen  ist.  Die  W'eiteren  Angaben 
des  Josephus,  betreffend  die  lu-sprüngliche  Höhe  des  Akrahü- 
gels  etc.,  haben  aber  für  uns  Interesse,  so  fern  sie,  als  thatsäch- 
lich  vorausgesetzt,   ein  weiteres  Licht  über  den  ganzen  Coraplex 


45 

der  uns  beschäftigenden  Fragen  verbreiten  oder  vielmehr  den 
letzten  Schlüssel  zu  ihrer  Lösung  darbieten  und  eben  hierin  zu- 
gleich eine  Gewähr  für  ihre    Glaubwürdigkeit   haben.     AVenn 
Hupfeld  a.  a.  O.  p.  214  f.  sich  dahin  gedrängt  findet,  nicht  nur 
die  Abtragung,  sondern  auch  die  Identität  der  Akra  mit  der  Un- 
terstadt für  eine  »windige  Ei-findung«  des  Josephus  zu  erklären, 
so  dreht  sich  dieses  unmittelbar  zu  einer  Instanz  gegen  den  Kri- 
tiker um ,  weil  jedes  vernünftige  Motiv  für  die  Ei-findung  fehlt. 
Man  macht  gegen  Josephus  geltend,   statt  die  Akra  abzu- 
tragen ,   wäre  es  vernünftiger  gewesen ,  dass  die  Juden  sie  selber 
besetzt  gehalten  hätten ;  vollends  lächerlich  sei  es  anzunehmen, 
man  habe  die  Akra  rasirt ,  nur  damit  der  Tempel  höher  sei  und 
über  die  Akra  hinweg  schaue.     Nun  dieses  ästhetische  Motiv, 
antworten  wir,  wird  wohl  nicht  das  hauptsächliche,  sondern  nur 
ein  hinzukommendes  gewesen  sein,  aber  für  die  Juden  bei  ihrer 
Hochachtung  für  den  Tempel ,  das  Centrum  ihres  Gottesdienstes 
und  damit  zugleich  ihres  Nationallebens,  von  grösserer  Bedeutung, 
als  uns  beim  ersten  Anblick  scheint.    Dieses  religiös-ästhetische 
Motiv  verband  sich  mit  der  Erinnerung  an  die  Leiden ,   welche 
durch    diese  Zwingburg   so  lange  Zeit   verursacht   waren,   und 
w^elche  eben  fürs  Künftige  durch  die  Demolirung  beseitigt  werden 
sollten.     Die  fortificatorische  Bedeutung  aber  einer  Burg,  für 
welche  Josephus  als  selbst  gewesener   Kriegsführer   wohl   ein 
ebenso  sicheres  Auge  hatte,  als  deutsche  Stubengelehrte,  ist  denn 
doch  eine  andere  für  eine  fremde  Oberherrschaft ,  welche  durch 
eine  Zwingburg  innerhalb   einer    Stadt  deren  Bevölkerung   im 
Zaum  halten  will ,    und   eine  andere  für  die  Einwohnerschaft, 
welche  die  fremde  Besatzung  los  sein  möchte.     Letztere  macht 
es,  wie  die  Juden ;  sie  zerstört  die  Zwingburg ,  befestigt  aber  die 
Stadt  gegen  aussen.     So  behalten  die  Juden  Baris- Antonia  mit 
ihrer  Richtung  nach  aussen  als  die  natürliche  Schutzwehr  bei 
und  verstärken   sie,  wie  Josephus    selber  (Antiqq.  XV,  11,  4: 
»zur  Sicherheit  und  Bewachung  des  Tempels«)    berichtet.     Die 
Syrerburg  aber  konnte  bei  der  von  uns  angenommenen  Situation 
niedergerissen  werden  ohne  Nachtheil  für  die  Festigkeit  der  Stadt 
gegen  aussen.     Der  Ophel  blieb  nach  wie  vor  gegen  aussen  so 
fest,  dass  er  auch  von  den  llömeni  nicht  von  der  Südseite,  von 
unten,   sondern  vom  Tempel,   von  der  Nordseite,  von  oben  her 
angegriffen  und  eingenommen  wurde.     Ahnliche  Beispiele  von 


46 

Zerstörung  solcher  Zwingburgen  liefert  bekanntlich  die  Ge- 
schichte aller  "N'ölker  mehr  als  einmal.  Übrigens  ist  ja  sogar  der 
Antonia-Felsen ,  dessen  fortificatorischer  Werth  so  deutlich  am 
Tage  lag ,  später ,  ungewiss  wann ,  wegrasirt  worden ;  warum 
sollte  das  Gleiche  nicht  auch  mit  der  Syrerburg  geschehen  sein 
können  ?  So  giebt  gewiss  der  fortificatorische  Gesichtspunkt  kein 
Recht,  dem  Josepkus  mit  Hupfelü  eine  »ebenso  luftige,  als  ab- 
geschmackte Erfindunga  aufzubürden.  Grösseres  bedenken  liegt 
in  dem  Umstand,  dass  1  Makk.  14.  7  nicht  nur  von  der  Schlei- 
fung der  Akra  schweigt,  sondern  geradezu  sagt :  »Er  legte  Juden 
in  dieselbe  und  befestigte  sie  zur  Sicherheit  des  Landes  und  der 
Stadt«.  Es  ist  mit  Robinson*)  zuzugeben,  dass  prima  facie  ein  Wi- 
derspruch zwischen  1  Makk.  und  Josephus  vorliegt.  Wir  halten 
uns  aber  darum  noch  nicht  für  berechtigt,  bei  Josephus  eine  »Er- 
findung« anzunehmen,  auch  nicht  einen  Irrthum.  Denn  Jose- 
phus hatte,  woran  kein  Zweifel,  das  Makkabäerbuch  vor  sich  und 
weiss  es  also,  dass  er  etwas  Abweichendes  berichtet.  Darum  ist 
eben  eine  Ausgleichung  zu  suchen.  Diese  kann  eine  zweifache 
sein,  je  nachdem  man  annimmt,  die  ]^urg  sei  zuerst  zerstört  und 
dann  wieder  aufgebaut  worden ,  oder  die  Burg  sei  eine  Zeit  lang 
von  den  Juden  besetzt  geblieben  und  erst  später  zerstört  worden. 
Für  die  crstere  Annahme  entscheiden  sich  diejenigen,  welche  die 
Akra  mit  der  Antonia  identificiren.  Dass  nun  eine  Zwingburg 
zuerst  zerstört  inid  später  von  den  Zerstörern  selber  wieder  auf- 
gebaut wurde,  das  ist  auch  anderswo  vorgekommen.  Mit  Recht 
sagt  DE  VoGÜE  (le  temple  p.  161):  Le  fait  est  trop  naturel  pour 
ne  pas  etre  vrai ;  de  tont  temps  on  a  vu  les  insurrections  victor- 
ieuses  demolir  les  citadelles  qui  les  ont  longtemps  menaces,  sauf 
ä  les  retablir  pour  leur  propre  defense.  Was  uns  bewegt,  gegen 
diese  und  für  die  zweite  Annahme  zu  entscheiden ,  ist  eben  die 
unbestreitbare  Thatsache,  dass  Josephus  mit  den  beiden  Angaben, 
dass  zu  seiner  Zeit  die  Antonia  aiif  einem  50  Ellen  hohen  Felsen 
stand,  dass  aber  die  Akra  vollständig  bis  zur  ebenen  Erde  abge- 
tragen worden  sei,  die  beiden  liurgen  aufs  offenbarste  von  ein- 
ander unterscheidet. 

Noch  haben  wir  einer  möglichen  Einwendung  zu  begegnen. 
Man  könnte  sagen .  wenn  die  Akra  so  hoch  lag .  dass  sie  den 
Tempel  ü])erragte .  so  falle  unsere  ganze  frühere  Argumentation 

Ij  Neuere  Forschungen  ji.  107. 


47 


aus  dem  «hinauf  und  hinab«  ^) .  Insbesondere  wenn  der  ursprüng- 
liche üphel  so  hoch  gewesen,  wie  könnte  dann  gesagt  werden, 
dass  man  vom  Tempel  in  das  auf  dem  Ophel  gelegene  Königs- 
haus hinab  und  umgekehrt  hinauf  gegangen  sei.  Wir  ant- 
worten : 

1)  Wir  verlegen  den  Salomonischen  Palast  nicht  auf  den 
Ophel,  sondern  auf  den  südlichen  Theil  der  Tempelfläche  (näher 
auf  deren  Südostecke ,  wo  sich  die  unter  dem  Namen  der  Ställe 
Salomo's  bekannten,  übrigens  heute  nicht  mehr  in  ihrer  ursprüng- 
lichen Gestalt  vorhandenen  gewölbten  Substructionen  befinden) , 
zu  Salomo's  Zeit  niedriger  als  jetzt :  sie  war  niedriger,  als  das 
Tempelgebäude,  und  höher,  als  Haus  und  Stadt  David's. 

2)  Was  vom  Theile  gilt;  gilt  nicht  vom  Ganzen.  AVir  nehmen 
nicht  an ,  mid  auch  Josephus  sagt  nicht,  dass  die  ganze  Unter- 
stadt, also  der  ganze  Ophel  diese  Höhe  hatte ,  sondern  nur  eine 
auf  ihr  sich  erhebende  Felsenplatte,  gerade  gross  genug,  um  zu 
einer  nicht  umfangreichen ,  aber  sehr  festen  13urg  zu  dienen 
(gegen  Olshausen)  .  Damit  ist  zugleich  begegnet  dem  von  Hup- 
feld a.  a.  O.  p.  205  Gesagten:  »Es  würde  daraus  (aus  des  Jo- 
sephus Angabe  von  der  ursprünglichen  Höhe  der  Akra)  folgen, 
dass  die  Unterstadt  erst  nach  Abtragung  des  Hügels  darauf  ge- 
baut worden  sei ,  folglich  vorher  nicht  bestanden  habe,  was  der 
eigenen  Angabe  des  Josephus  widerspricht.«  Dieser  angebliche 
Selbstwiderspruch  verschwindet,  so  bald  man  genau  bei  den  deut- 
lichen Worten  des  Josephus  bleibt :  tt,v  iv  t^^  xatm  iroXsi  axpav 
»die  in  der  Unterstadt  befindliche  Akra.« 

Die  Angaben  des  Josephus  glauben  wir  aber  nicht  nur  in 
ihrer  Geschichtlichkeit  im  allgemeinen  festhalten  zu  müssen, 
sondern  sie  erscheinen  uns  noch  von  besonderem  Werth.  indem 
sie  auf  den  Gegenstand,  von  dessen  Untersuchung  wir  ausge- 
gangen sind,  ein  volleres  Licht  werfen.  Ein  Rückblick  auf  den 
Gesammtinhalt  des  ersten  und  zweiten  Artikels  dient  zxir  Bestä- 
tigung unserer  Aufstellungen,  einmal  Aveil  dabei  das  Ineinander- 
greifen und  die  gegenseitige  Unterstützung  der  einzelnen  Glieder 
unserer  Untersuchung  ins  Licht  tritt,  sodann  weil  sich  dabei  ein 
Einblick  in  die  Lineamente  der  Geschichte  der  Stadt,  soweit 
solche  überhaupt  möglich  ist.  eröff'net. 

Dass  der  Süd-Moria,  der  sogenannte  Ophel.   im  antiken  Je- 

1)  Siehe  den  ersten  Artikel  ZDPV.  III,  p.  1115  fi". 


48 

nisalem  eine  viel  grössere  Rolle  gespielt  hat,  als  man,  von  dem 
Irrthiim  über  den  Psendozion  ausgehend,  lange  angenommen, 
drängt  sich  in  neuester  Zeit  den  Forschern  mehr  und  mehr  auf. 
Das  sicherste  Anzeichen  davon  sind  die  Anstalten  zur  Wasser- 
versorgung dieses  Stadttheiles.  Auf  der  lOstseite  befindet  sich 
die  immei-fliessende  Marienquelle,  auf  der  Westseite  der  Siloah 
als  Ausgang  des  uralten  Kanals ,  welcher  das  ursprünglich  den 
Kidron  hinunterfliessende  Wasser  der  Marienquelle  auf  die  West- 
seite hinüberführt.  Warren  fand  innerhalb  dieses  Kanals 
Schächte  gegen  oben  getrieben^  offenbar  um  den  Bewohnern  des 
Ophel  zum  Wasserschöpfen  zu  dienen.  Auch  verschiedene  an- 
dere Gänge  durchsetzen  den  Felsrücken.  Wie  alt  jener  Kanal 
ist,  lässt  sich  nicht  nachweisen;  jedenfalls  wird  der  Siloah  schon 
zur  Zeit  des  Königs  Ahas  Jes.  8,  6  erwähnt,  auch  stimmt  die 
Lage  der  natürlichen  Marienquelle  mit  der  von  uns  angenom- 
menen Lage  der  Stadt  und  des  Hauses  David's  und  der  Königs- 
gärten überein.  Sie  passt  auch  vollständig  dazu ,  wenn  wir  die 
alte  Jebusiterburg  auf  den  Ophel,  nicht  auf  den  Oberstadthügel 
verlegen.  Die  Nähe  der  einzigen ,  niemals  versiegenden  Quelle 
war  für  die  erste  Ansiedelung  von  solcher  Wichtigkeit,  dass  es 
zu  verwundem  wäre ,  wenn  nicht  diese  Lokalität  unter  die  alier- 
ältesten  Tlieile  der  Stadt  gezählt  haben  sollte.  So  finden  wir 
denn  gerade  auf  diesem  Ophel  die  alte  Jebusiterstadt.  Dieser 
l^unkt  war  in  jenen  Zeiten  viel  fester  als  heutigen  Tags,  wo  das 
eine  der  anliegenden  Thäler,  das  Tyropöon,  theilweise  fast  ver- 
schwunden ist ,  und  der  Abhang  gegen  den  Kidron  durch  ange- 
häuften Schutt  an  seiner  ursprünglichen  Schroffheit  verloren  hat. 
Die  steilen  Abfälle  auf  drei  Seiten  —  erhebt  sich  doch  noch  jetzt 
das  Südende  70  englische  Fuss  über  der  Siloahquelle  —  boten 
Gelegenheit  zu  Festungswerken,  welche  für  die  alte  Kriegskunst 
schwer  zu  überwältigen  waren.  Befand  sich  in  jener  alten  Zeit 
auf  der  Nordseite  in  der  von  uns  angenommenen  Lage  noch  eine 
besondere  Erhebung  und  dadurch  eine  Einscnkung  gegenüber 
der  nördlichen  Anhöhe,  welche  später  den  jüdischen  Tempel 
trug,  während  die  jetzige  Ilarämarea  eben  nicht  vorhanden  war, 
so  haben  wir  für  die  Zeit  der  Jebusiter  alle  Bedingungen  für 
einen  wohl  befestigten  Königssitz.  Dabei  machen  wir  darauf 
aufmerksam,  dass  man  sich  die  Jebusiterstadt  und  auch  die  Stadt 
zu  David's  Anfangszeit  nicht  in  der  Ausdehnung  des   späteren 


49 


Jerusalem  denken  darf,  Avelches  seine  liedeutung  erst  als  poli- 
tischer und  religiöser  Mittelpunkt  durch  David  und  Salomo  er- 
hielt. Für  die  alte  Jebusiterstadt  imd  vollends  für  die  Jebusitor- 
burg  erscheint  uns  der  Oberstadthügel  —  als  befestigt  gedacht  — 
viel  zu  gross,  der  Ophelhügel  —  in  seiner  ursprünglichen  Ge- 
stalt —  aber  gerade  Avegen  seines  geringeren  Umfangs  voll- 
kommen geeignet.  Er  bot  das  vortrefflichste  Terrain  für  eine 
antike  kleine,  aber  feste  Bergstadt,  wie  solche  sich  in  allen  Län- 
dern zu  alten  Zeiten  gefunden  haben,  und  wie  wir  uns  ohne 
Zweifel  auch  die  kanaanitischen  Städte  —  entsprechend  der  Ge- 
spaltenheit dieser  Völkerschaften ,  welche  der  grösseren  Mittel- 
punkte entbehrten  —  zu  denken  haben.  Innerhalb  dieser  Berg- 
stadt finden  wir  auf  der  später  die  syrische  Akra  tragenden  Fel- 
senerhöhung die  eigentliche  Burg,  Akropolis.  Zion,  verwandt  oder 
identisch  mit  sijjTm  »aufgerichteter  Stein  oder  Mal«,  bedeutet  nach 
Hupfeld's  einleuchtender  Etymologie  fa.  a.  O.)  einen  aufge- 
richteten Felsen,  Bergstock.  Diese  Jebusiterburg  denken  wir  uns 
wie  eine  mittelalterliche  Burg  auf  wenig  umfassendem ,  aber 
schwer  ersteiglichen  Terrain.  Ist  1132  II  Sam.  5.  S  (Luther: 
»Dachrinnen«) ,  richtig  nach  Ewald,  Geschichte  des  Volks  Israels 
III,  p.  167  »jäher  Absturz  des  Felsens«,  so  entspricht  der  Bericht 
ganz  unserer  Annahme.  Bei  solcher  Situation  erklärt  sich  auch 
die  Hede  der  Jebusiter :  »Blinde  und  Lahme  werden  euch  ab- 
halten« —  was  von  dem  Oberstadthügel  in  seiner  Gesammtheit 
gesagt  eine  sinnlose  Prahlerei  gewesen  Aväre.  Nach  Eroberung 
dieser  Burg  mochte  sich  David  begreiflicher  Weise  nicht  in  sie 
einschliessen,  sondern  erbaute  sich  auf  dem  Südabhang  des  Ophel 
sein  Haus  und  fügte  das  Haus  der  Helden  hinzu ;  von  dort  herab 
hatte  er  den  nächsten  Wegzu  der  Gartengegend  Jerusalem's.  Weil 
er  dort  seine  Residenz  hatte,  behielt  dieser  älteste  Stadttheil  den 
Namen  »Davidstadt«,  Avelcher  seitdem  immer  in  unmittelbarer 
Verbindung  mit  dem  Namen  Zion  vorkommt.  Der  natürliche 
Gang  aber  der  Erweiterung  und  damit  ausgedehnteren  Befesti- 
gung der  Stadt  ergiebt  sich  aus  der  Verglcichung  der  Berichte 
über  den  Mauerbau  David's  und  Salomo's.  \o\\  David  heisst  es 
II  Sam.  5,  9 :  David  wohnte  in  der  Burg  und  nannte  sie  »Stadt 
David's«  und  »David  baute  ringsiim  von  Millo  an  \nid  innen- 
wärts.«  Das  ist  jedenfalls  vom  Standpunkte  des  späteren  Erzäh- 
lers ausgesprochen  und  bezeichnet  darinn  wohl  das  Tyropöon  als 

Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  IV.  4 


50 


die  Innenseite  der  Stadt  in  späterer  Zeit.  Demnach  hat  David 
eben  den  Ophel  ringsum  befestigt;  nirgends  aber  ist  von  weiterem 
Mauerbau  David" s  die  Rede.  Anders  bei  Salomo,  entsprechend 
der  Vergrösserung  der  Stadt,  welche  sich  nicht  nur  gegen  Norden 
durch  Erbauung  des  Tempels  und  des  Palastes  Salomo's,  sondern 
auch  auf  dem  Oberstadthügel  ausgedehnt  hatte.  Von  Salomo 
heisst  es  I  Kön.  3.  1  :  »Er  baute  die  Mauern  Jerusalem's«.  »er 
baute  des  Herrn  Haus  und  sein  Haus  imd  Millo  und  die  Mauern 
Jerusalem's«.  11.27.  »Erbaute  wohl  =  befestigte  noch  mehr^  den 
Millo  und  verschloss  den  Riss  der  Stadt  David' s.«  Der  »Riss« 
ist  ohne  Zweifel  nicht  ein  Riss  in  der  Mauer,  sondern  die  noch 
fehlende  Verbindung  der  Davidstadt  vermittelst  einer  Befestigung 
entweder  nordwärts  mit  der  Tempelfläche,  oder  südwestwärts  mit 
der  Oberstadt  über  das  Tyropöon  hinüber.  Die  »Mauern  Jerusa- 
lems« entsprechen  der  »alten  Mauer«,  welche  Josephus  Bell.  V. 
4,  1  erwähnt. 

Damit  haben  wir  den  natürlichen  Fortgang  der  Befestigung 
der  Stadt,  entsprechend  ihrem  Wachsthum.  Hat  die  Natürlich- 
keit dieses  Fortgangs  ihre  Gewähr  in  sich  selbst,  so  erhalten  die 
Angaben  des  Josephus  über  die  Unterstadt-Akra  eine  l>estätigung 
durch  das  Licht,  welches  sie  insbesondere  über  das  ursprüng- 
liche Zion  der  Jebusiter  ausbreiten. 

Kehren  wir  mit  einem  kurzen  Blick  auf  unsern  Ausgangs- 
punkt zurück,  so  war  Zion  niemals  der  Oberstadthügel,  sondern 
ursprünglich  die  Felsenplatte  der  Jeb\isiterb\irg.  Später  Avurde  der 
Name  Zion  auf  den  ganzen  östlichen  Bergrücken  (Moria-Ophel) 
als  Tempelberg  übertragen  und  specialisirte  sich  als  Lokalname 
zuletzt  für  die  das  Heiligthura  tragende  Bergkuppe  allein,  mit 
Ausschluss  des  Ophel  (bei  den  Makk.).  Im  theokratischen  Sinne 
wurde  er  bei  den  Proj)heten  vom  ganzen  Jerusalem  in  leicht  er- 
klärlicher Weise  gebraucht.  Bei  Josephus  fehlt  der  Name  ganz; 
die  ältere  christliche  Tradition  gebraucht  ihn  noch  von  dem  öst- 
lichen, erst  die  spätere  von  dem  Oberstadthügel,  dem  heutigen 
Pseiulozion  vgl.  Caspari  .  Die  »Stadt  David's«  bezeichnet  nach 
der  Einnahme  der  Jebusitorburg  durch  David  den  ganzen  0])hel 
mitEinschluss  der  Jel)usiterburg.  Der  ()])hel  behielt  diesen  Namen 
willirend  der  ganzen  altjiidischen  Zeit;  dalier  die  sich  wieder- 
liolende  Notiz  von  den  Königen:  'Er  wurde  begraben  in  der 
Stadt  David' s«.    Erst  nachdem  der  Name  Zion  auf  den  Tempel- 


51 


berg  mit  Ausschluss  des  üphel  sich  specialisirt  hatte,  wurde  die 
Bezeichnung  y  Davidstadt »  auf  die  Stelle  der  alten  Jebusiterburg 
innerhalb  des  Ophel  übertragen  im  Makkabäerbuchi .  liei  Jo- 
SEPHUS  verschwinden  beide  Namen.  Im  Laufe  der  Geschichte 
haben  dann  «Zion«  und  »Davidstadtu  zwar  den  ursprünglichen  Ort 
gewechselt ;  aber  dass  sie  auch  beim  Wechsel  noch  im  topogra- 
phischen Zusammenhang  geblieben  sind ,  ist  eine  Erinnerung  an 
die  noch  durchscheinende  Gemeinsamkeit  der  ursj)rünglichen 
Heimath  und  eine  Gewähr  für  die  Kichtigkeit  unserer  Deutung. 


Erläuterung  zu  p.  33. 

Dass  der  dritte  Hügel  der  Tempelberg  sei  im  Unterschied  von 
dem  zweiten  als  dem  Akrahügel,  ist  von  fast  allen  Forschern  ange- 
nommen ,  neuerdings  aber  bestritten  von  Thkupp,  Leavix  und  unter 
den  deutschen  von  Riess. 

Thrupp  meint ,  der  zweite  Hügel  sei  der  Tempelberg  zusammen 
mit  dem  des  Ophel,  so  dass  nach  ihm  Tempelberg  und  Akra  identisch 
sind  ;  in  dem  nördlichen  Theil  des  Haräm  sei  die  alte  Davidsburg  Zion, 
zugleich  die  Stelle  der  syrischen  Akra  gelegen ,  der  jüdische  Tempel 
(nach  Fergusson)  auf  der  Südseite  des  Haräm,  auf  dem  heiligen  Fel- 
sen der  Omar-Moschee  die  Baris-Antonia  bis  hieher  ebenso  Leavix  . 
Erst  nördlich  von  dem  Haräm  findet  er  den  dritten  Hügel  des  Jose- 
PHUS  im  heutigen  muslimischen  Viertel,  und  noch  weiter  nördlich 
jenseits  der  heutigen  Stadtmauer  den  vierten  Hügel  Bezeta.  Die  Ab- 
tragung der  Akra  sei  benützt  worden,  um  ein  nördlich  von  dem  heu- 
tigen Ilaräm  von  "West  nach  Ost  ziehendes  Thal  auszufüllen,  so  dass 
die  Verbindung  des  Tempels  mit  der  Stadt  eigentlich  eine  Verbindung 
derselben  mit  dem  nördlich  von  ihr  gelegenen  supponirten  dritten 
Hügel  gewesen  wäre.  —  Das  ist  eine  freilich  kunstreich  ausgedachte, 
aber  sicherlich  falsche  Interpretation.  Denn  dass  das  alte  jebusitische 
Zion  in  der  Nordwestseite  des  Ilaräm  gelegen  habe ,  ist  ein  reines 
Phantasiestück.  Aber  auch  gegen  solche  Lage  der  syrischen  Akra 
lässt  sich  gar  viel  einwenden.  Denn  einmal  kann  billig  bezweifelt  wer- 
den, ob  zur  Zeit  der  Abtragung  der  Akra,  nördlich  vom  Ilaräm  schon 
ein  so  bedeutender  Stadttheil  sich  befunden  habe,  dass  die  Ausfüllung 
des  Thals  nördlich  vom  Haräm  ,  wie  Thrupp  annimmt .  eine  Verbin- 
dung des  Tempels  mit  der  Stadt  genannt  werden  konnte.  Josephus 
erzählt  Antiqq.  XIV,  1,  2  aus  der  Zeit  des  Pompejus:  »Nachdem  die 
Anhänger  des  Aristobulus  die  Brücke  zerstört ,  war  der  Tempel  von 
der  Stadt  abgeschnitten«.  Demnach  war  die  spätere  Neustadt  nördlich 
vom  Tempel  damals  noch  nicht  vorhanden.  Ferner  aber  halten  wir, 
abgesehen  auch  von  der  Lage  des  Heiligthums  ,  die  Identification  des 
Tempelbergs  mit  der  Akra-Unterstadt,  so  dass  der  Tempel  unter  dem 

4* 


52 


zweiten  Hügel  des  Josephus  zu  subsumiren  wäre ,  für  gänzlich  un- 
haltbar;  denn  a.  Josephus  nimmt  sonst  niemals  den  Tempel  und  die 
Akra  als  Eins  zusammen  ;  er  redet  zwar  so  von  ihnen ,  dass  sie  als  in 
unmittelbarer  Nähe  liegend ,  aber  doch  als  zweierlei  Lokalitäten  er- 
scheinen, b.  Bell.  V,  4,  l  ist  zwar  nicht  mit  Worten  gesagt,  dass 
der  Tempel  auf  dem  dritten  Hügel  gelegen,  überhaupt  nicht  was  auf 
demselben  gelegen  habe,  eine  der  oft  beklagten  Ungenauigkeiten  des 
Schriftstellers.  Aber  der  nächste  und  natürliche  Eindruck,  welchen 
der  tenor  sermonis  giebt,  muss  erst  durch  anderswoher  geholte  Argu- 
mente beseitigt  werden,  wenn  man  herausbringen  soll,  der  Tempel 
habe  nicht  auf  dem  dritten,  sondern  auf  dem  zweiten  Hügel  gelegen. 
In  den  Worten  :  toutou  oö  dvrixpu  TpiTo;  —  xai  rauTr^?  ro  '.epov  giebt 
Josephus  zuerst  .die  natürliche  Beschaffenheit  und  das  ursprüngliche 
gegenseitige  Niveauverhältniss  der  beiden  Hügel.  Der  dritte  war  von 
Natur  niedriger  als  der  zweite  ,  die  Akra ;  auch  war  der  dritte  ur- 
sprünglich durch  ein  Thal  getrennt  —  von  was?  —  Das  ist  wieder 
nicht  mit  Worten  ausdrücklich  gesagt.  Da  aber  im  Satze  von  nichts 
anderem  als  von  den  beiden  Hügeln  die  Rede  ist,  kann  man  auch  nichts 
anderes  ergänzen  als  :  von  dem  zweiten  Hügel.  Darauf  wird  die  von 
den  Hasmonäern  mit  dem  Terrain  vorgenommene  Veränderung  ange- 
geben. Sie  bestand  in  der  Erniedrigung  des  einen  Hügels  (der  Akra) 
und  der  Ausfüllung  der  die  beiden  Hügel  trennenden  Schlucht  und 
hatte  zur  Absicht  und  Folge  ,  dass  der  Tempel  mit  der  Stadt  (Akra- 
Unterstadt)  verbunden  wurde  ,  und  der  Tempel  auch  über  diese  (aus- 
drücklich :  xal  TauTTic)  hinwegschaute,  d.  h.  wie  zuvor  schon  auf  den 
anderen  Seiten  gegenüber  der  übrigen  Stadt,  welche  theaterartig  um 
den  Tempel  her  lag,  wurde  dieser  d.h.  wohl  das  auf  dem  Tempelplatz 
stehende  Tempelgebäude  auch  (xai)  sichtbar  gegenüber  der  Unter- 
stadt .  für  welche  der  Anblick  bisher  durch  die  Akraspitze  verdeckt 
war.  Ist  denn,  fragen  wir,  wenn  in  dieser  Weise  die  beiden  Hügel 
einander  gegenüber  gestellt  werden ,  und  als  Folge  der  Veränderung 
des  Niveauverhältnisses  derselben  angegeben  wird,  dass  nun  der  Tempel 
über  den  ersten  der  beiden  fraglichen  Hügel  (d.  Akra)  hinwegschaute 
und  mit  dem  vom  Akrahügel  getragenen  Stadttheil  verbunden  wurde, 
—  ist  denn  da  eine  andere  Folgerung  möglich ,  als  dass  der  Tempel 
auf  diesem  zweiten  (im  Text  dem  dritten)  Hügel  gelegen  habe  ?  Man 
vergleiche  auch  die  oben  schon  angeführte  Stelle  Antiqq.  XIII,  6,  7, 
wo  in  ganz  gleicher  Weise  der  Tempel  und  der  Akrahügel  zu  einander 
ins  Verhältniss  gesetzt  werden,  c.  Man  weiss  nicht,  was  man  mit  dem 
dritten  Hügel  Thrupp's  anfangen  soll.  Derselbe  wäre  ja  ganz  be- 
deutungslos, da  JoSEPHT^s  nach  Thripp  gar  nichts  von  ihm  sagen 
würde.  Ausserdem  ist  er  ganz  unmöglich  innerhalb  der  Zählung  der 
vier  Hügel  bei  Josephus.  Denn  letzterer  setzt  unmittelbar  in  den 
Norden  des  Tempels  den  Bezeta  (V,  4,  2  tou  Upou  xa  Trpooapxna  Tipo; 
Tfj)  Xo'iO)  fdem  Bezeta)  oup-TroXi'CovTS?)  als  den  vierten  Hügel.  Wie 
kann  denn  noch  ein  dritter  zwischen  inne  gelegen  haben?  Ziim  Über- 
tluss  fügt  JosKPHis  hinzu,    dass  der  Bezetahügel  der  Antonia,  deren 


53 


Lage  im  Norden  des  Haräm  wir  nicht  zu  beweisen  brauchen,  gegen- 
über gelegen  habe  (Bell.  V,  4,  2:  X£t[JL£Voc  avTixpu  x^c 'AvTwvi'a?. 
V,  5,  8:   7)  BcI^sUa  A6(poc  8irypT|T0  [xlv  oitto  xr^c,  'AvTtoviac,   irotv-aiv  0£ 

l)«|iTjÄ6TaT0C  (UV   }X£p£l    TT)C  XaiVTC    TtO^EtO;  TipOatOXiaTO  Xal  li-OVO?  TtO  l£p(Ü 

xat'  apxTOV  £7:£axo7r£i ;  »er  schaute  über  den  Tempel  heraus ,  über- 
ragte denselben  ') .« 

Daraus  folgt,  dass  der  dritte  Hügel  Thrupps  so  gut  ein  reines 
Phantasiestück  ist ,  als  seine  Vertheilung  der  Akra ,  der  Antonia  und 
des  Heiligthums  auf  der  Harämfläche. 

Lewin  hat  freilich  die  Meinung  Thrupp's  insofern  corrigirt, 
als  er  den  von  ihm  erfundenen  dritten  Hügel  fallen  lässt  und  den 
Bezeta  dahin  versetzt ,  wohin  er  nach  Josephus  gehört ,  nämlich  an 
die  Nordseite  des  Haräm.  Aber  da  ihm  nun  der  Raum  für  den 
dritten  Hügel  fehlt ,  so  meint  er ,  derselbe  sei  unter  dem  zweiten 
Hügel  mitbefasst  und  sei  vom  Tempelberg  zu  verstehen.  Akra  bezieht 
er  daher  sowohl  auf  den  ganzen  östlichen  Hügelrücken  als  auch  auf 
zwei  besondere  T  h  e  i  1  e  desselben  ,  nämlich  auf  die  syrische  Burg  (in 
der  Nordwestecke  des  Haräm)  und  auf  den  Tempelberg  (The  siege  of 
Jerusalem  p.  336.  199).  Es  liegt  auf  der  Hand,  dass  diese  Deutung 
gewaltsam  in  die  Worte  des  Josephus  eingetragen  ist,  da  dieser  aus- 
drücklich hervorhebt ,  dass  der  zweite  Hügel  dem  dritten  gegenüber 
gelegen  habe  und  von  demselben  durch  eine  Schlucht  getrennt  ge- 
wesen sei.  Die  durch  die  Makkabäer  ausgefüllte  Schlucht  findet  er  in 
der  vom  Jafathor  nach  dem  Haräm  ziehenden  Einsenkung,  für  welche 
er  den  Namen  «asmonäisches  Thal«  einführt.  Aber  es  handelt  sich  um 
eine  Schlucht  zwischen  dem  zweiten  und  dritten  Hügel  nicht  um  eine 
solche  zwischen  dem  dritten  Hügel  und  einem  anderen  Stadttheile. 
Alle  dem  Josepht^s  von  Lewin  aufgebürdete  Confusion  schwindet, 
wenn  wir  den  Tempelberg  als  den  dritten,  aber  von  der  Akra  verschie- 
denen, und  die  Akra  als  den  zweiten,  südlich  vom  Tempel  gelegenen, 
später  abgetragenen  Hügel  auffassen. 

Wie  Josephus  verständiger  Weise  als  dritten  Hügel  einen  Theil 
des  zweiten  setzen  und  diesen  Theil  des  zweiten  Hügels,  als  dem 
zweiten  gegenüber  liegend  und  von  ihm  durch  eine  Schlucht  ge- 
trennt bezeichnen  konnte,  hat  Lewin  nachzuweisen  unterlassen. 

Wir  nehmen  hier  noch  Rücksicht  auf  Riess,  welcher,  im  übrigen 
an  Casp.vhi  sich  anschliessend,  unter  unseren  nächsten  Vorgängern  zu 
nennen  ist.  Er  findet  die  Akra-Unterstadt ,  wie  wir,  südlich  vom 
Tempel  auf  dem  Ophel  (so  in  seiner  biblischen  Geographie  —  in  sei- 
nem Bibelatlas  steht  noch  ein  Fragezeichen).  Dagegen  Bell.  V,  4,  1 
versteht  er  unter  dem  zweiten  Hügel  den  gesammten  Moria -Ophel, 

1)  Nicht  iT.s'z-/.6-s.i  =  obscurauit,  wie  Parkt  in  der  Übersetzung:  er  ver- 
hinderte, wenn  man  von  Norden  kam,  die  Aussicht  auf  den  Tempel«  — ,  was 
nicht  passen  will,  da  von  diesem  höheren  Terrain  aus  der  Tempel  gerade  recht 
ins  Auge  fiel.  —  Vgl  de  Vogüe,  le  temple  p.  \T2  :  le  texte  imprime  porte 
^-£avcoT£t,  mais  la  plupart  des  manuscrits  ont  la  lecon  que  nous  avons  adoptee 
et  qui  est  bien  preferable  malgr6  le  solecisme. 


54 

unter  dem  dritten  Hügel  aber  die  Nordostecke   des  Oberstadthügels, 
auf  welcher  Tobi^er  die  Akra  sucht.    »Dieser  sogenannte  dritte  Hügel 

das  heutige  Judenquartier , ,  von  Natur  niedriger  als  Akra,  wurde 
einst  von  der  Syrerburg  überragt;  nach  ihrer  Demolirung  wurde  aber 
der  Akrahügel  niedriger,  und  zwar  der  Art,  dass  der  dritte  Hügel  den 
Tempelberg  und  der  Tempelberg  wieder  den  Akrahügel  überragte.« 
Die  Schuttauffüllung  findet  Riess  im  Tyropöon  vom  sogen.  Mistthor 
an  aufwärts  zwischen  dem  Felsabhang  des  dritten  Hügels  (dem  Juden- 
quartier j  und  der  Harämmauer.  Wir  halten  diese  Auffassung  unseres 
scharfsinnigen  und  gelehrten  Freundes  für  unhaltbar,  aber  auch  für 
unnöthig.  Denn  l .  nach  ihm  würde  der  dritte  Hügel  ein  Theil  des 
ersten  sein,  was  uns  unmöglich  scheint.  2.  es  werden  dabei  in  den 
Worten  des  Josephus  »diesem  gegenüber  etc.«  aus  zwei  zu  einander 
in  Verhältniss  gesetzten  Hügeln  !Akra  und  Tempelberg)  drei  gemacht, 
nämlich  Akra,  Tempelberg  und  der  dritte  Hügel  (am  heutigen  Juden- 
quartier ,  ohne  Andeutung  im  Texte.  3.  die  Nordostecke  des  Ober- 
stadthügels ist  topographisch  eine  sich  viel  zu  wenig  aus  dem  ganzen 
Oberstadthügel  heraus-  und  abscheidende  Lokalität ,  als  dass  sie  in 
gleicher  Linie  mit  den  andern  so  stark  abgegrenzten  Hügel  aufgeführt 
werden  könnte.  So  wird  auch  dieser  Lokalität  niemals  von  Josephus 
als  einer  besondern,  im  Unterschied  von  anderen  Stadttheilen  gedacht. 
4.  unter  der  ausgefüllten  Schlucht,  kann  nicht  das  Tyropöon  verstan- 
den werden.  Denn  a.  es  wird  im  Texte  durch  das  aXXifj  ausdrücklich 
davon  unterschieden,  h.  es  ist  noch  jetzt  nicht  ganz  ausgefüllt  und 
war  es  zu  Josephi's  Zeit  noch  weniger.  Damals  führte  ja  die  be- 
kannte Brücke  hinüber.  In  diese  Schlucht  führte  ,  wie  Riess  selber 
annimmt ,  das  vierte  der  schon  angeführten  westlichen  Tempelthore 
hinab  etc.  —  Die  Hypothese  ist  aber  auch  überflüssig,  weil  der  Text 
des  JoSEPHis  vollständig  klar  wird  ,  sobald  man  die  Akra  auf  dem 
Ophel  sucht.  Wir  vermuthen  Riess  sei  auf  seine  Annahme  nur  durch 
die  Frage,  w^o  das  ausgefüllte  Thal  sich  befindet,  geführt  worden. 

Auch  in  RiEHiVi's  Handwörterbuch,  Art.  Jerusalem  p.  696  heisst 
es ;  »Die  Oberstadt  haben  wii-  auf  der  höheren  Westterrasse,  die  Un- 
terstadt  auf  der   niedrigeren  Ostterrasse    des   westlichen   Stadthügels 

also  des  traditionellen  Zion'  zu  suchen.  »Ihnen«  (plur.),  getrennt 
durch  das  Tyropöon.  lag  der  Tempelberg  gegenüber.«  Damit  sind  aber 
die  Worte  des  Josephus  alterirt.  Bei  diesem  steht  nicht :  »ihnen« 
TouTojv  plur.),  sondern  »ihm«,  tootou  (sing.)  gegenüber,  lag  der 
Tempelberg;  d.  h.  nicht  der  Ober-  und  Unterstadt  zusammen,  sondern 
nur  der  Unterstadt  Akra  wird  der  Tempel  gegenübergestellt.  Ferner 
die  Schlucht ,  durch  welche  die  Akra  vom  Tempel  ehemals  getrennt 
war.  wird  ausdrücklich  'otXXrj'i  von  derjenigen  unterschieden,  durch 
welche  die  Ober-  tind  Unterstadt  getrennt  war.  A.  a.  O.  p.  6S)()  unten 
steht  noch  die  Anmerkung :  »Nach  der  unklaren  Darstellung  bei  Jos. 
könnte  es  den  Anschein  gewinnen,  als  sei  das  Tyropöon  zwischen 
Ober-  und  Unterstadt  zu  suchen.«  Wir  fragen:  »An.schein  ?«  Ja, 
wenn  Anschein   so   viel  ist  als  eine   buchstäbliche  Angabe.     Denn  bei 


55 


JosEPHrs  steht  am  Schluss  von  V,  4,  1  wörtlich  :  )^das  Käsemacher- 
thal, welches,  wie  wir  sagten,  den  Hügel  der  oberen  Stadt  und  den 
unteren  Hügel  trennt,  geht  hinab  bis  zum  Siloah.« 


Erläiitening  II  zu  p.  33. 

ToBLER  verlegt  die  Akra  sammt  Unterstadt  auf  den  SW. -Hügel. 
Er  theilt  diesen  in  zwei  Theile,  geschieden  durch  eine  allerdings  noch 
jetzt  bemerkliche,  wenn  auch  wenig  in  die  Augen  fallende  Einsenkung. 
welche  durch  die  heutige  Judenstrasse  südlich  und  sodann  östlich  in 
der  Richtung  gegen  den  Siloah  läuft.  Unter  dieser  Einsenkung  ver- 
steht er  fvgl.  Jos.  Bell.  Y,  4.  1  und  oben  p.  21)  das  Tyropöon,  wel- 
ches er  demnach  von  el-wäd  unterscheidet,  unter  der  Westhälfte  des 
Südwesthügels  den  ersten  Hügel  des  Josephus,  als  die  Oberstadt,  unter 
der  Osthälfte  des  Südwesthügels  aber  den  zweiten  Hügel ,  als  die 
Akra-Unterstadt.  Das  seien  die  zwei  nach  Josephus  einandergegen- 
überliegenden  Hügel  gewesen,  der  zweite  (die  Akral  auch  dem  Tempel 
gegenüber ;  die  Akra  habe  Unterstadt  geheissen ,  weil  die  Osthälfte 
des  Oberstadthügels  niedriger  sei,  als  seine  Westhälfte  ;  die  die  beiden 
Hügel  umgebenden  Schluchten  seien  das  Thal  Hinnom  und  el-wäd  ge- 
wesen; eben  das  letztere  sei  ausgefüllt  worden.  Es  ist  keine  Frage, 
die  von  Tobeeb,  angegebene  Lage  passt  für  die  Akra,  aber  eben  so  ge- 
wiss nicht  für  die  Unterstadt  des  Josephus  ,  insbesondere  nach  der 
Beschreibung  der  Stadt  Bell.  V,  4,  1.  Denn  1.  jene  Thaleinsenkung 
ist  viel  zu  unbedeutend,  als  dass  man  sagen  könnte,  dadurch  sei  die 
Gesammterhöhung  in  zwei  besondere  Hügel ,  welche  die  ganze  An- 
sicht der  Stadt  charakterisiren ,  getheilt  gewesen.  2.  die  Abdachung 
des  Oberstadthügels  von  West  gegen  Ost  ist  viel  zu  gering,  als  dass 
dadurch  der  Unterschied  zwischen  der  Ober-  \ind  Unterstadt  begrün- 
det wäre.  Er  verliert  vollends  seine  Bedeutung  für  das  urs[)rüngliche 
Terrain,  wenn  man  mit  Tobleb,  die  von  Josephus  erzählte  Abtragimg 
der  Akra  festhält ,  also  annehmen  muss ,  dieses  Terrain  sei  ursprüng- 
lich höher  gewesen,  als  jetzt.  3.  In  Bell.  V,  4,  1  will  Josephus  mit 
dem  Tyropöon  eine  hervorstehende  Landmarke  bezeichnen ,  was  auf 
el-wäd  aber  nicht  auf  die  ToBLEKSche  .  kaum  bemerkbare  seitliehe 
Einsenkung  passt.  4.  Auch  war  das  Tyropöon  el-wäd  zu  Josephi's' 
Zeit  so  wenig  ausgefüllt,  dass  eine  Brücke  hinüberführte.  5.  Bell.  V, 
4  .  1  fin.  kann  unter  die  die  Stadt  von  aussen  umgebenden  Thäler 
nicht  el-wäd,  welches  ja  innerhalb  der  Stadt  war,  gerechnet  werden. 
6.  JoSEPHrsgiebtBell.il,  lü,  3.  VI,  G,  2.  S,  1  ausdrücklich  an,  dass 
der  Tempel  nicht  mit  der  Stadt  überhaupt,  noch  weniger  mit  der  Unter- 
stadt,  sondern  mit  der  Oberstadt  durch  eine  Brücke  verbunden  war. 
Die  Entgegnung  Tobeer's  :  »Allerdings,  aber  nicht  unmittelbar«  'To- 
pographie I,  p.  3S  ist  offenbar  Nothbehelf.  Nach  ihm  wäre  es  in  der 
That  eine  Verbindung  mit  der  Unterstadt  gewesen.  7.  Endlich  wider- 
spricht der  ganze   Gang  der  Belagerung  durch  Titus.      «Denn   es  ist 


56 


nicht  zu  begreifen  ,  wie  bei  Tobler's  Annahme  die  aus  der  Vorstadt 
vertriebenen  Aufständischen  dann  in  der  von  derselben  Mauer  um- 
fassten  Oberstadt  Zuflucht  finden  konnten  und  wie  nach  Verbrennung 
der  Akra  und  ihrer  Hauptgebäude  (VI.  6,  3  und  Vertreibung  der 
Räuber  daraus  (7,  2.)  die  Eroberung  der  Oberstadt  noch  als  ein  so 
schweres  "Werk  erscheinen  konnte  (8,  1 , ,  die  nun  nicht  etwa  von  Osten 
her  an  der  (von  Toblek  willkürlich  angenommenen)  Ostmauer,  sondern 
theils  von  Westen  her.  gegenüber  dem  königlichen  Palast,  theils  am 
Nordostwinkel  gegenüber  dem  Xystus  durch  aufgeführte  Werke  und 
Mauerbrecher  unternommen  wurde  (8,  1),  aber  auf  dieser  Seite  uner- 
wartet durch  panischen  Schrecken  der  Vertheidiger  gelang«  ^Worte 
Hltfeld's,  a.  a,  O.  p.  204). 

FiTiRER  schliesst  sich  a.  a.  O.  an  Tobler  an,  nimmt  aber  zu  der 
ToBLER'schen  Akra  (als  Unterstadt;  noch  das  Tyropöon  und  den  Ophel 
hinzu.  Wenn  er  dabei  bemerkt,  dass  »»im  «vulgären«  Sprachgebrauch 
eine  sehr  schwankende  Begriffsbestimmung  für  den  Namen  Unterstadt 
sich  ergebe ,  ein  Schwanken  ,  das  sich  verwirrend  genug  auch  in  den 
Schilderungen  des  JosEPHrs  wiederspiegelt««,  so  fehlt  dafür  die  Be- 
gründung. Von  dem  «vulgären«  Sprachgebrauch  betreffend  die  Unter- 
stadt, also  auch  von  ihrem  Schwanken,  wissen  wir  (ausgenommen  dass 
auch  die  Mischna  von  einem  Ober-  und  Untermarkt  redet) ,  über- 
haupt nichts,  als  was  Josephus  berichtet.  Josephus  aber  schwankt 
niemals  in  Betreff  der  Unterstadt,  d.  h.  niemals  verlegt  er  sie  auf  den 
Oberstadthügel  westlich  vom  Tyropöon,  sondern  er  giebt  Inder  aus- 
führlichen, wenn  auch  leider  nicht  vollständigen  Beschreibung  der 
Stadt  Bell.  V,  4,  1  ausdrücklich  das  Tyropöon  (auch  nach  Furrer 
das  heutige  »Thal«  el-wäd  als  die  Scheidelinie  zwischen  Ober-  und 
Unterstadt  an.  Das  erkennt  Fitirer  (Bibellexicon  III,  p.  241)  selber 
mit  den  Worten  an ,  »dass  er  die  Hauptfläche  des  Südwesthügels  zu- 
sammenfassend dem  Tempelberg  gegenüberstellt«,  nur  dass  die  Be- 
ziehung auf  den  Tempelberg  nicht  richtig  ist.  Aber  völlig  unbegreif- 
lich ist,  wie  Furrer  unmittelbar  vorher  aus  den  Worten  des  Josephii^s 
die  Anschauung  ableiten  kann,  dass  die  Akra  (Unterstadt)  auf  der  un- 
teren Stufe  des  SW. -Hügels  gelegen  habe  und  von  der  oberen  Stufe 
desselben  (Oberstadt)  nur  durch  ein  »kleines  Thal«  getrennt  gewesen 
sei.  Denn  Josephvs  sagt  am  Schluss  desselben  Abschnittes ,  wie 
FiTBREE  selbst  anführt ,  dass  nicht  irgend  »ein  kleines  Thal«  —  von 
welchem  wir  eigentlich  nichts  wissen  ,  und  von  dem  man  an  Ort  und 
Stelle  kaum  etwas  merkt,  wenn  man  nicht  sehr  genau  nachforscht,  — 
Ober-  und  Unterstadt  getrennt  habe,  sondern  das  »Tyropöon«,  das 
»Käsemacherthal«,  welches  »bis  zum  Siloah  hinabgeht.« 


Mittheiluügeu  über  Leben,  Sitten  nnd  Gebräuche  der 
Fellachen  in  Palästina. 

Von  Rev.  F.  A.  Klein  in  Sigmaringen. 
(Erste  Forlsetzung  •). 

Die  Kleidung  [libs,  malbm,  kiswe)  der  Fellachen  ist  äusserst 
einfach ,  aber  bequem  und  dem  Klima  angemessen.  Auf  dem 
Kopfe,  der  ausser  einem  Haarbüschel  auf  dem  Scheitel  [schüsche) 
glatt  rasirt  ist,  trägt  er  ein  aus  doppelt  oder  dreifach  zusammen- 
gelegtem -weissen  l^aumwollenzeug  verfertigtes  Käppchen  [taJilj'e), 
■welches  den  Zweck  hat,  die  übrigen  Theile  der  Kopfbedeckung 
vor  Schweiss  zu  bewahren.  Bei  reinlichen  Menschen  wird  es 
■wöchentlich  einmal  gewaschen.  Bei  Knaben  ist  diese  takij'e  oft 
die  einzige  Kopfbedeckung.  tJber  dieselbe  kommt  eine,  manch- 
mal auch  zwei  sich  in  Form  dem  Schädel  anpassende  Filzkappen 
[löhhüdc  ,  dann  die  türkische  Nationalkopfbedeckung :  der  rothe 
tarhüsch  und  darum  gewunden ,  je  nach  Dorfessitte  oder  Ge- 
schmack oder  Stand  entweder  ein  mit  Franzen  und  rothen  Strei- 
fen versehenes  ungebleichtes  Baumwolltuch  oder  ein  farbiges, 
grün ,  roth ,  violett  oder  gelb  geblümtes  m'dndil^  oder  eine  gelb- 
und  rothgestreifte  seidene  kefflje^  oder  ein  schwarzer  Kaschmir- 
shawl,  wie  ihn  angesehene  Männer  unter  den  Christen  (z.  B.  Na- 
zareth]  tragen,  oder  ein  Stück  weissen  Muslins,  wie  es  beiden 
Bethlehemitern  und  vielen  Muslimen  der  bessern  Klasse  Sitte 
ist,  oder  ein  grünes  Tuch,  wie  es  die  Nachkommen  des  »Pro- 
pheten« tragen.  In  manchen  Gegenden  trägt  man  rothe  Tücher 
um  den  Kopf  gewunden.  Dieses  Tuch,  manchmal  aiich  die 
ganze  mit  einem  solchen  Tuch  umwundene  Kopfbedeckung  heisst 
die  lUffe  (von  laff  =  umwinden) .    "S'ornehme  Schechs  tragen  oft 

1)  Vgl.  ZDPV.  III,  p.  100—115. 


58 


gewaltig  grosse  imd  schwere  und  beschwerliche  l'dffes.  Ich 
kannte  einen  christlichen  Schech  in']Nazareth.  welcher  bei  Um- 
tauschen seiner  alten  gegen  eine  neiie  Kopfbedeckung  mit  der 
grössten  Genauigkeit  dafür  sorgte ,  dass  dieselbe  nicht  blos  den 
alten  Umfang,  sondern  hauptsächlich  auch  dasselbe  Ge^^•icht 
bekam  und  mit  Umwindetüchern  oder  Filzlappen  das  etwa  Feh- 
lende ersetzte ,  weil  er  behauptete ,  dass  eine  Änderung  am  ge- 
Avöhnten  Gewicht  ihm  Ko])fschmerzen  verursache .  Diese  schweren 
grossen  Kopfbedeckungen  weichen  aber  mehr  und  mehr  der  tür- 
kischen Mode ,  und  manche  der  hohen  Herrn ,  die  früher  in 
mächtigen  lüffe's  einherstolzirten,  haben  diese  jetzt  »abgeworfen« 
und  tragen .  was  sie  küschf  (=  aufgedeckt,  abgedeckt)  nennen : 
einen  tcirhTisch  mit  leichtem  m'dndll  umwunden  oder  auch  nur 
einen  farhüsch  stamhüll. 

Eine  so  dichte  Kopfumhülhmg  ist  natürlich  ein  trefflicher 
Schutz  gegen  die  glühenden  Sonnenstrahlen ,  auch  ist  sie  im 
Nothfall  ein  bequemes  Kopfkissen.  Oft  habe  ich  Fellachen  im 
AVeinbergc  sich  im  Schatten  eines  Olivenbaumes  niederstrecken 
und  süss  schlafen  sehen ,  mit  nichts  als  einem  Stein  als  Kopf- 
unterlage. Seitdem  ich  dieses  gesehen,  ist  das  Mitleiden,  wel- 
ches ich  als  Knabe  für  den  »annen«  Jacob,  der  auf  seiner  Reise 
nach  Mesopotamien  nur  einen  harten  Stein  als  Kopfkissen  fand, 
geschwunden.  Die  läffe  mit  ihren  verschiedenen  Hüllen  und 
Verstecken  dient  dem  Fellachen  auch  als  Mappe  oder  Schatulle, 
in  welcher  er  wichtige  Dokumente,  Schuldscheine,  Ikiefe  u.  s.  w. 
längere  Zeit  sicher  aufbewahren  kann.  Eine  andere  Kopfl)e- 
deckung,  welche  manche  Fellachen,  besonders  solche,  welche 
viel  mit  Beduinen  verkehren ,  adoptirt  haben ,  ist  eine  mit  einer 
wollenen  Schnur  ,'ök;ll  um  den  Kopf  gebundene  und  über 
Nacken  und  Schultern'  herabhängende  seidene  kefflje  oder  ein 
baumwollenes  buntfarbiges  ini'mdU. 

Den  Leib  bedeckt  ein  aus  grobem  weissem  oder  blauem 
liaumwollzeug  verfertigter,  an  der  Brust  ausgeschnittener,  bis 
unter  die  Knie  oder  noch  weiter  herabreichender  Kittel  7öJ)  mit 
weiten  bequemen  Ärmeln.  Dieser  ist  zugleich  Hemd  und  Rock 
und  wird  durch  einen  breiten  ledernen  Gürtel  zünnür)  um  die 
Lenden  festgeschnürt.  Zur  ernsten  Arbeit  oder  zum  raschen 
\'oranschreiten  auf  der  Reise  wird  das  Kleid  aufgeschürzt  und 
besonders  die  hindernden  Ärmel  aufgebunden,  [srhammar  =  auf- 


59 

binden ;  dachammar  sich  aufschürzen) .  Mit  iinbegürtetem .  auf 
dem  lioden  schleppendem  Kleid  ,  umhergehen  [taraffal]  gilt  als 
Zeichen  der  Vornehmheit  oder  der  Arroganz  und  Yornehm- 
thuerei.  Es  wurde  mir  oft  von  den  Männern  dieser  oder  jener 
vornehmen  muslimischen  Fellachenfamilie ,  z.  ]>.  in  der  ghassän 
gesagt,  dass  sie  in  ihren  Häusern  unbegürtet  umhergehen  :  jitraf- 
falTi.  Den  Anzug  vervollständigt  ein  aus  Wolle  verfertigter, 
schwarzer  oder  braun  und  schwarz  gestreifter  Mantel  [  aJä^ ,  ein 
liekleidungsstück  höchst  primitiver  und  unschöner  Construktion, 
das  aber  gewiss  schon  die  Kanaaniter  vor  unsern  jetzigen  Fella- 
chen getragen  haben ;  denn  er  ist  offenbar  keine  Erfindung  der 
neuern  Mode.  Viele  Fellachen,  Männer  wie  Weiber,  spinnen  da- 
zu in  Freistunden  und  im  Freien  herumwandelnd  die  Wolle ;  der 
Weber  webt  daraus  ein  länglich  viereckiges  Stück  Zeug,  recht 
dick  und  stark ;  dieses  teppichartige  Stück  wird  dann,  ohne  dass 
etwas  darin  geschnitten  wird,  so  zusammengenäht,  dass  die  vor- 
dere Seite  lind  zwei  Löcher  zu  den  Seiten  für  die  Arme  offen 
bleiben.  So  unelegant  dieses  Kleidungsstück  aber  auch  ist,  so 
nützlich  ist  es.  Es  ist  der  gegen  Regen  und  Kälte  schützende 
Mantel,  des  Nachts  ist  es  Decke  und  Bett,  denn  der  gewöhnliche 
Fellach  legt  sich  zum  Schlafen  einfach  in  seinen  ahä  einge- 
wickelt auf  die  Strohmatte  oder  auch  auf  den  blossen  ]3oden  und 
schläft  auf  diese  W^eise  so  gesund ,  wie  der  Europäer  auf  den 
weichsten  Matratzen  und  unter  den  feinsten  Decken  und  Feder- 
betten. Wie  oft  habe  ich  hin  und  wider  im  Lande  Nachts  in  den 
»Herbergen«  Reihen  so  eingewickelter  Schläfer  wie  Mumien 
neben  einander  liegen  und  gesund  schlafen  sehen ;  des  Morgens 
erheben  sie  sich,  schütteln  ihre  Decke  aus  und  ziehen  sie  als 
Mantel  wiederum  an.  Hat  der  Fellache  Gras  oder  Gerste  für  sein 
Vieh  zu  holen,  oder  Holz  oder  sonst  etwas  zu  Markte  zu  tragen, 
so  ist  es  in  vielen  Fällen  der  «i«,  der  den  Sack  dazu  liefert;  will 
der  Muslime  unterwegs  sein  Gebet  verrichten,  so  ist  der  auf  der 
Erde  aiisgebreitete  abü  der  Teppich .  auf  dem  er  es  in  gesetz- 
mässiger  Weise  thun  kann ;  hat  er  keine  bequeme  Krippe  oder 
Futtersack  für  sein  Kameel.  so  legt  er  seinen  'abü  auf  den  l>oden 
und  schüttet  das  Futter  darauf;  auch  ein  kleines  Zelt  bildet  er 
zuweilen  daraus,  wenn  er  aufs  Feld  hinausgeht  und  sich  den 
Klicken  der  Vorübergehenden  entziehen  will.  Der  Jünürlintr  und 
der  Bettler  dürfen  wohl  ohne  abä  umhergehen,  aber  der  »respek- 


60 


table«  Fellache  wird  nicht  ohne  denselben  anzuziehen  einen  Aus- 
gang machen,  da  dieses  fast  so  viel  ■wäre  als  nackt  umherzugehen. 
Manche  tragen  im  Winter  über  den  tob  eine  aus  Schafsfellen  die 
Wolle  nach  innen  gekehrt)  verfertigte  Jacke  mit  kurzen  Armein. 
die  Aussenseite  mit  Köthel  beschmiert.  Von  Strümpfen  oder 
Socken  weiss  der  Fellache  nichts,  er  geht  entweder  barfuss  [hä/i) 
oder  trägt  ein  paar,  zwar  unelegante,  aber  bequeme  Schuhe  [ma- 
däs  oder  waia.  pl.  wutt] .  Sandalen  habe  ich  keine  Fellachen 
diesseits  des  Jordans  tragen  sehen,  wohl  aber  jenseits  z.  B.  in 
hereh.  Zur  Zeit  der  Ernte  schafft  sich  aber  auch  derjenige,  der 
sonst  barfuss  geht,  ein  paar  Schuhe  an,  um  sich  auf  dem  Stoppel- 
feld ungehindert  bewegen  zu  können,  und  es  blüht  deshalb  das 
Fellachenschuhmacherhandwerk  um  diese  Zeit.  Die 
»Bessersituirten«  weichen  natürlich,  je  nach  Hang  und  Mitteln, 
in  ihrer  Kleidung  vielfach  von  dieser  reglementären  Fellachen- 
bekleidung ab  und  ahmen  dem  Städter  nach,  indem  sie  Hemd 
[kamis],  Unterhosen  [libäs]^  eine  Art  Kaftan  aus  gestreiftem 
Baumwollzeug  oder  Seide  [komhäz] .  feinere  mit  Stickereien  ver- 
zierte ahci's.  auch  schäle ,  sliamle  genannt ,  oder  Tuchmäntel 
\(hchibhe<.  auch  seidene.  Avollene  oder  baumwollene  Gürtel  und 
städtische  Sclnihe  sirmäi   tragen. 

Die  Fellachin  trägt  einen  bis  auf  die  Füsse  herabhängenden 
weissen  oder  blauen  Rock  [tob)  mit  weiten  Armein ;  für  festliche 
Gelegenheiten  einen  tob  harir .  d.  h.  ein  seidenes  Gewand  mit 
blauen,  grünen,  rothen.  gelben  seidenen  Streifen  mul  auf  der 
Ihust  ein  A  iereck  von  rothem  und  gelbem  Tuch  a\ifgenäht,  der- 
selbe wird  durch  einen  baumAvollenen  oder  seidenen  Gürtel  zu- 
sammengehalten. Darüber  wird  ein  kürzerer  und  enger  als  bei 
den  Männern  anliegender,  gewölmlich  dunkelrother  'abä  ge- 
tragen. Manche  haben  auch  über  dem  [ob  noch  eine,  oft  reich 
mit  Goldstickerei  verzierte  Jacke  {tuka'ire;  z.  B.  in  Bethlehem). 
Der  Kopf  ist  mit  einer,  in  verschiedenen  Distrikten  verschieden 
gestalteten  Kappe ,  an  welche  Goldstücke  angenäht  sind ,  be- 
deckt. In  Ikthlehem  tragen  die  Frauen  eine  Art  Tuchhelra 
[scliatwe] ,  an  welchen ,  die  Stirne  zierend .  goldene ,  bei  den 
AnneiTi  silberne  kleine  Münzen  angenäht  werden.  In  Nazareth 
und  Umgegend  trägt  die  Frau  zu  beiden  Seiten  des  Gesichts  eine 
Art  aus  ausgcsto])ftem  Zeug  gebildete  Wurst,  woran  eine  Masse 
schwerer  Silbermünzen     5  oder  0  Piasterstückc)   angenäht  sind. 


61 

oft  im  Betrag  von  1 00 —  1 5  0  Mark .   Diese  unsinnig  schwere  Kopf- 
bedeckung  smüde   verursacht  mancher  Frau  Kopf-  und  Augen- 
leiden ,  obschon  die  ^meisten  sich  daran  gcAvöhnen  und  das  Ab- 
werfen derselben ,  nachdem  sie  sich  Jahre  lang  daran  gewöhnt 
hatten .  eben  so  sehr  die  Veranlassung  zu  Augenleiden  werden 
kann ,   wie  ich  bei  mehreren  Frauen  in  Nazareth   Gelegenheit 
hatte  zu  beobachten.     Eine  derselben  hatte  die  schAvere  smüde 
abgeworfen  und  die  bedeutend  leichtere  [sTiki]  städtische  Kopfbe- 
deckung :  kleinen  Tarbusch  mit  goldenem  kors  (eine  Art  plaque) , 
m'dndll  und  leichten,  am  Rücken  herabhängenden  Goldmünzen, 
angenommen.    Andere  hatten,   um  ihren  Männern  aus  Geldver- 
legenheit zu  helfen,  ihre  Kassen  geplündert,  d.  h.  die  schweren 
5  und  6  Fiasterstücke  abgetrennt ,   so  dass  sie  nun  nur  noch  die 
leeren  ■> Zeugwürste«  zu  beiden  Seiten  des  Kopfes  trugen.    Alle 
litten  in  Folge  dessen  an  Kopfschmerzen  ,  und  erstere  noch  an 
einem  unheilbaren  Augenleiden.   Diese  Kopfbedeckung  ist  nicht 
blos  die  Zierde ,  sondern  zugleich  auch  die  Geldkasse  der  Frau ; 
bei  ihrer  Verheirathung  wird  das  Kapital  angelegt.     Ist  sie  in 
Noth,  so  trennt  sie  einige  Stücke  ab.   Verdient  sie  etwas,  so  näht 
sie  einige  Stücke  an.   Des  Nachts  wo  sie  diesen  schweren  Schatz 
ablegt ,   ist  sie  natürlich  besorgt,  ihn  au  sicherem  Orte  aufzube- 
wahren.    Bei  feindlichen   Überfällen  haben  die  Weiber  nichts 
Eiligeres  zu  thvm,  als  ihre  smäde's  zu  verstecken,  wie  ich  öfters  in 
Nazareth  zur  Zeit  von  Beduinenüberfällen  gesehen  habe.     Nicht 
selten  geschah  es,  dass  Beduinen  und  Strassenräuber  Frauen  über- 
fielen, um  ihnen  ihren  Kopfschmuck  abzunehmen.   Auch  kamen 
in  mehreren  Dörfern    Fälle  vor,    wo  Frauen   auf  ihrem  Heim- 
gang von  der  Quelle  überfallen  und   ermordet  Avurden,  einfach 
um  des  Geldes  Avilleu,   das  sie  auf  diese  Weise  bei  sich  trugen. 
Nicht  selten  ereignet  es  sich,  dass  christliche  Frauen  ihre  smäde 
oder  einen  Theil    davon    der  Kirche   vermachen ,    damit   dafür 
Messen  zu  ihrem  Seelenheil  gelesen  Averden.   Diese  Kopfbedeck- 
ungen Averden  durch  Bänder  oder  Kettchen  unter  dem  Kinn  festge- 
halten [znak]',  auch  hängen  oft  Kettchen  davon  herab,  an  Avelchen 
ein  grösseres  silbenies   oder  goldenes  Geldstück   angebracht  ist 
und  als  Medaillon  die  Brust  ziert.    Über  diese  mit  Geld  verzierte 
Kappe  Avird  eine  Art  Schleier  [mlindlT)  gcAvorfen.  der  jedoch  nicht 
das  Gesicht,  sondern  den  Kopf  und  Nacken  bedeckt.    Sieht  sich 
jedoch  die  Fellachin  einem  Fremden  gegenüber,  so  bedeckt  sie 


62 

sich  mit  dem  Schleier  Mund  und  Nase ;  auch  wird  sich  eine  ordent- 
liche Fellachin  nie  vor  Männern  ohne  diese  Kopfhedeckung  zei- 
gen. Manchmal  ist  es  mir  passirt,  dass  ich  in  Dörfern  vor  offenen 
Höfen  vorbeiritt,  wo  die  Weiber  um  es  sich  an  heissen  Tagen  leicht 
zu  machen  oder  um  sich  das  Haar  zu  kämmen  ihre  Tücher  abö-e- 
legt  hatten;  Avie  der  Blitz  aber  flogen  die  Schleier  auf  die 
Köpfe,  als  sie  meiner  ansichtig  wurden.  Dieses  Kopftuch  ist  in 
gewissen  Gegenden  weiss,  manchmal  mit  gestickter  buntfarbiger 
Bordüre  und  Franzen  (Jerusalem ,  Betlilehemdistricf  ,  m  andern 
roth  [schambar  ahmar]^  wie  z.  B.  im  Xablusergebiet ,  in  andern 
schwarz  mit  gelben  Streifen,  wie  z.  B.  in  und  um  Nazareth. 

Die  Zierde  des  Weibes  bleibt  somit  unter  dem  Kopftuch 
oder  Schleier  sorgfältig  verborgen,  und  sieht  man  höchstens  an 
der  Stime  oder  den  Schläfen  etwas  davon.  Alte  Fellachen weiber 
färben  sich  oft,  Avie  dies  auch  bei  den  Städterinnen  Sitte  ist,  ihr 
weisses  Haar  mit  henna  roth.  Die  einzigen  »Schönheitsmittel«, 
welche  die  Fellachinnen  brauchen ,  sind  die  schwarze  Augen- 
schminke [kohl  ,  welche  übrigens  nicht  blos  z\ir  Verschönerung, 
sondern  auch  zur  Stärkung  des  Auges  angewandt  wird,  imd  die 
henna,  womit  bei  besondern  frevidigen  Veranlassungen  (Hoch- 
zeit etc.)  Finger  und  Füsse  rothgefärbt  werden.  An  den  Armen 
werden  aus  schlechtem  Silber  verfertigte  Armspangen  asäwer., 
an  den  Fingern  silberne ,  bleierne  oder  messingene  Kinge  ^cha- 
wüteni)  und  an  den  Füssen  in  manchen  Fällen  Fussringe  [chol- 
chali  getragen.  Diese  Stücke  bilden  den  ganzen  Schmuck  [slgha. 
viascigh  der  Fellachin.  In  manchen  Gegenden,  wie  z.  B.  im 
Nablusergcbirge ,  kleiden  sich  jedoch  die  Fraiien  besser,  indem 
sie  ausser  den  genannten  Stücken  noch  Hemd  und  Hosen  tragen. 
Unverheirathete  Frauenzimmer  sind  leicht  von  verheiratheten 
Frauen  zu  initerschciden ,  indem  erstere  eine  viel  einfachere  und 
leichtere  Kopf])edeckung  tragen.  Die  schative  und  smüde  werden 
erst  bei  der  Verheirathung  angelegt. 


Einer  der  sehnlichsten  Wünsche  der  arabischen  Dorfbewoh- 
ner, wie  der  Orientalen  überhaupt,  ist  eine  zahlreiche  männliche 
Naclikommenschaft  zu  haben.  Ein  ^'ater,  der  viele  Söhne,  Enkel 
und  etwa  Urenkel  hat,  gewinnt  dadurch  nicht  blos  Unterstützung 
und  Hülfe  im  Alter,  da  die  Söluie  in  der  Regel  im  ] lause  des 
\  aters  oder  doch  im  Dorfe  bleiben,  sondern  jedes  Weitere  mann- 


6:^ 

liehe  Mitglied  der  Familie  ist  auch  ein  weiterer  Zinvachs  an  Ehre. 
Einfluss  und  Macht.  Die  haniüle  (Sippe,  clan),  welche  200  Männer 
(oder  wie  die  Fellachen  oft  sagen.  200  »Flintenträger«  haicardlje, 
zählt ,  kann  unter  den  bis  jetzt  in  Palästina  herrschenden  Ver- 
hältnissen ,  leichter  ihre  Ansicht  zur  Geltung  bringen ,  als  die- 
jenige, die  nur  50  zählt.  Eine  kleine  Familie  ist  deshalb  auch  in 
der  Eegel  eine  solche,  die  wenig  Einfluss  hat,  und  eine  zahlreiche 
Familie  eine  solche,  die  etwas  zu  sagen  hat  und  die  im  Nothfall 
mit  Gewalt  ihren  Willen  durchsetzen  kann.  ]Mit  Stolz  betrachtet 
deshalb  der  Vater  seine  Söhne,  und  der  Schwester  hört  man  es 
an,  dass  es  ihr  im  Innersten  wohl  thut,  wenn  sie  von  ihren  »Brü- 
dern« reden  kann.  Es  lässt  sich  daher  leicht  begreifen ,  dass  es 
eine  gesegnete  Stunde  ist,  in  welcher  dem  ^  ater  gemeldet  wird  : 
dir  ist  ein  Sohn  geboren.  Alle  Verwandten,  Nachbarn  und  Freunde 
begeben  sich  in  diesem  Falle  zu  ihm,  um  ihm  mit  der  gewöhn- 
lichen Formel  mnubärak  mä  adschak«-  (Gesegnet  sei,  was  dir  ge- 
kommen!) zu  gratuliren ,  auf  welches  er  freudig  erwidert  »a/Zä// 
JehZirek ßh(  (Gott  segne  dich!)  Ein  Tässchen  Kaffee  wird  bei 
dieser  Gelegenheit  servirt,  bei  den  Christen  auch  ein  Gläschen 
Schnaps  und  etwas  Zuckerwerk  [nokol] .  Bei  der  Geburt  eines  Mäd- 
chens ist  der  Vater .  wenn  nicht  gerade  traurig  oder  zornig,  wie 
es  manchmal  geschieht,  wenn  der  Sohn  und  Erbe  zu  lange  auf 
sich  warten  lässt ,  so  doch  nicht  besonders  erfreut  und  von  den 
Freunden  wird  keine  Notiz  von  dem  Ereigniss  genommen.  Die 
Geburt  eines  Mädchens  hat  zwar  neben  den  Schatten-  auch  ihre 
Lichtseiten;  denn  wenn  die  Geburt  eines  Sohnes  ein  Zuwachs 
an  Ehie,  Hülfe  und  Einfluss  ist,  so  ist  die  Geburt  einer  Tochter 
ein  Zuwachs  an  Kapital.  Wenn  der  Vater  nämlich  das  Mädchen 
in  seinem  zehnten  bis  vierzehnten  Jahr  verheirathet,  so  erhält  er 
für  dasselbe  einige  Tausend  Piaster.  Hat  er  z.  J>.  vier  Töchter, 
so  repräsentiren  diese  eine  Summe  von  wenigstens  12  000  Pi- 
astern und  darüber,  und  der  Kaufmann  eröffnet  ihm  hierauf  einen 
Credit,  auch  wenn  er  sonst  ein  armer  Mann  ist.  Bei  der  Geburt 
wird  das  Kind  nicht  gewaschen ,  sondern  mit  fein  gestossenem 
Salz  eingerieben.  Dieses  ^'erfahren,  das  einige  Wochen  lang 
fortgesetzt  wird,  soll  das  Kind  stärken  \md  abhärten.  Gelegent- 
lich aber  fügt  es  ihm  grosseh  Schaden  zu.  In  Bethlehem  sah  ich 
einen  schönen  kräftigen  Knaben .  welcher  durch  das  \insinnige 
Einreiben  sein  Augenlicht  schon  als  Säugling  verloren  hatte  :  die 


64 


Salzbrühe  sei  ihm  in  die  Augen  geflossen,  so  wenigstens  behaup- 
tete die  Mutter.  Im  Allgemeinen  aber  scheint  dieses  Verfahren 
den  Kindern  nicht  zu  schaden;  denn  sie  wachsen  bei  allem 
Schmutz  und  aller  Vernachlässigung  und  unzweckmässigen  Fütte- 
rung, der  glühenden  Hitze  wie  der  Kälte  ausgesetzt,  kräftig  heran 
und  gewöhnen  sich  frühzeitig  an  das  rauhe  Leben,  das  ihnen  be- 
vorsteht. Manches  Kmd  aber,  das  in  ein  frühes  Grab  sinkt,  hätte 
bei  vernünftiger  Behandlungsweise  und  gelegentlicher  ärztlicher 
Hülfe  diesem  Schicksal  entrinnen  können.  Was  aber  die  Probe 
besteht,  ist  gestählt  zum  Kampf  mit  den  Avidrigen  Elementen 
und  zum  Ertragen  der  Entbehrungen  und  Strapazen  des  Fella- 
chenlebens. Verwöhnt  Avird  in  der  Regel  der  Säugling  nicht; 
stundenlang  muss  er  sich  in  Lumpen  gehüllt,  in  einer  primitiven 
Holzwiege  angebunden,  rothen  Grund  [samaka)  als  Windel  imter 
sich,  gedulden  bis  die  Mutter,  welche  gewöhnlich  schon  am 
zweiten  oder  dritten  Tag  nach  ihrer  Niederkunft  ihren  Hausge- 
schäften nachgeht,  vom  Holz-  oder  Wasserholen  zurück  ist. 
Sucht  sie  ihn  durch  ein  über  das  Gesicht  ausgebreitetes  mänclll 
vor  Fliegen  und  Moskitos  zu  schützen,  so  erstickt  der  arme  Tropf 
fast  vor  Hitze  und  Mangel  an  Luft.  Lässt  sie  ihn  ohne  diesen 
Schutz,  so  lagern  sich  Dutzende  von  Fliegen  auf  seinem  Gesicht 
und  bedecken  ihm  alle  Öffnungen  in  demselben;  er  schreit  und 
brüllt  Anfangs  und  schüttelt  sich ,  so  viel  sein  eingeengter  Zu- 
stand es  ihm  erlaubt,  schickt  sich  aber  schliesslich  in  das  Unver- 
meidliche. Es  war  mir  oft  unbegreiflich,  Fellachenkinder  in  den 
Strassen  und  auf  den  Dunghaufen  herumsitzen  zu  sehen,  deren 
Augen  förmlich  mit  Fliegen  zugedeckt  waren,  und  die  keine  Miene 
machten  sie  zu  verscheuchen.  So  gewöhnen  sie  sich  schon  in  dem 
frühesten  Alter  daran,  die  Landplagen  zu  ertragen.  An  Liebe  zu 
ihrem  Kinde  fehlt  es  jedoch  der  Fellachin  nicht ;  sie  pflegt  und 
besorgt  es  nach  ihrer  Art  mit  der  grössten  Zärtlichkeit  und  Hin- 
gebung und  ist  bereit  sich  die  grössten  Entbehrungen  und  Opfer 
für  dasselbe  aufzulegen.  Sie  liebkost  es  und  nennt  es  mit  den 
zärtlichsten  Namen  :  Ja  hab'ibi,  ja  aini,  ja  rühi,  ja  aldi,  ja  omri, 
ja  muluhchet  kalbi  (»Oh  mein  Freund ,  mein  Auge  ,  meine  Seele, 
mein  Herr,  mein  Leben,  o  du  Jilut  meines  Herzens«) ,  und  singt 
ihm  süsse  einschläfernde  Wiegenlieder.  Überhaupt  besitzt  das 
Fellachenweib  eine  merkwürdige  Liebe  für  Kinder  im  Allge- 
meinen und  wird  nicht  leicht  einem  solchen  etwas  zu  Leide  thun. 


65 

Als  Kindsmagd  zeichnet  es  sich  durch  Anhänglichkeit,  Geduld 
und  Ausdauer  in  der  Arbeit  und  im  Ertragen  von  Nachtwachen 
vortheilhaft  aus.  Sein  Fehler  ist  eher  ein  zu]  grosses  Mass  von 
Affenliebe,  besonders  für  einen  sahi  Knaben,  Sohn) .  Wie  manche 
Mutter  dient  bis  in  ihr  hohes  Alter  oder  plagt  sich  auf  eine  an- 
dere Art  ab,  um  ihren  Sohn  zu  verheirathen  und  später  den 
Lümmel  sammt  Frau  und  Kindern  unterstützen  zu  können.  Die 
Kinder  werden ,  wo  möglich ,  nicht  w^eniger  als  zwei  Jahre  ge- 
säugt, was  in  dem  heissen  Klima  ihnen  sehr  zu  Gute  kommt. 
Oft  geschieht  es,  dass  3  —  5jährige  Kinder  nachdem  sie  auf  der 
Strasse  umhergelaufen ,  mit  einem  Stück  Brod  in  der  Hand  zur 
Mutter  kommen  und  um  einen  massa  (Schluck)  bitten.  Ich  habe 
von  sechsjährigen  Knaben  gehört,  die  noch  nicht  entwöhnt 
waren.  Wittwen  meinen  oft  ihrem  jüngsten  Kinde  einen  beson- 
dern Dienst  zn  erweisen,  indem  sie  es  jahrelang  säugen.  Von 
recht  kräftigen  Knaben  habe  ich  oft  sagen  hören :  »sein  Kopf  ist 
voll  von  seiner  Mutter  Milch«  oder  »er  hat  sich  an  seiner  Mutter 
Milch  satt  getrunken«  (räso  malün  min  lialih  ummo  —  hü  schab  an 
min  halib  ummov.) ,  während  der  Grund  einer  weniger  kräftigen 
(Constitution  oft  darin  gefunden  wird ,  dass  das  Kind  sich  nicht 
an  Mnttennilch  satt  getrunken  hat.  Stirbt  die  Mutter,  so  wird 
ein  Säugling,  bis  eine  Amme  gefunden  werden  kann,  von  Nach- 
barinnen gesäugt.  —  Ich  habe  von  einigen  Fällen  gehört,  wo 
Kinder  an  einer  Ziege  gross  gezogen  wurden.  Sehr  bald  wird  das 
Kind  aber  auch  an  Brodessen  gewöhnt,  und  sein  Magen  oft  auf  die 
unvernünftigste  Weise  mit  schweren  Speisen  gefüllt.  Hat  es  ein- 
mal einige  Zähnchen  bekommen,  worüber  die  Mutter  jubelt:  telä^ 
sinno,  chahbi-lchubz  "annol  iSein  Zahn  ist  heraus,  versteckt  das 
Brod  im  Haus !),  so  kann  man  es  zu  allen  Zeiten  mit  einem  Stück 
Brodfladen  bewaffnet  auf  der  Strasse  herumkrabbeln  sehen,  und 
seine  Erziehung  ist  nun  in  ein  neues  Stadium  getreten.  Hat  die 
Fellachin  in  der  Stadt  oder  auf  dem  Feld  Geschäfte,  so  trägt  sie 
ihr  Kind  in  einer  Art  Sack  auf  den  Rücken  gepackt  mit  sich ;  in 
der  Ernte  wird  es  oft  in  der  Wiege  mit  aufs  Feld  geschleppt.  In 
der  Kiiulerapotheke  der  Fellachen  befinden  sich  nur  wenig  Mittel ; 
vieles  wird  der  Natur  überlassen.  Gegen  Wundsein  gebraucht 
man  fein  gesiebte  rothe  Erde,  die  mit  Wasser  zu  einem  Brei 
gerieben  und  so  aufgestrichen  wird ,  oder  auch  ein  hochrothes 
Pulver   [zerakJin,  vermillion?);  gegen  heisses  Fieber   das  Hitzen 

Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  IV.  5 


66 

[taschfib.  ritzen  \exh.  schaff  ab]  der  Haut  an  Rücken  und  Füssen 
mit  dem  Rasirmesser  [müs] .  bis  das  Blut  fiiesst ;  gegen  schweres 
Zahnen,  Hirnentzündung  u.  a.  das  Brennen  [fceJJ]  mit  einer  Steck- 
nadel unter  der  Zunge  oder  mit  einem  glühenden  Nagel  auf  dem 
Kopf.  Wenn  diese  Mittel  nicht  helfen .  so  ist  die  Weisheit  der 
däi  Hebamme  am  Ende  und  Allah  kann  dann  nur  noch  durch 
ein  Wunder  helfen.  Manches  langwierige  Augenübel  könnte  im 
Anfang  durch  den  Gebrauch  des  reinigenden  Wassers  verhindert 
werden;  gegen  den  zu  häufigen  Gelirauch  des  Wassers  jedoch 
ausser  zum  Trinken  hat  der  Fellache  ein  grosses  Vorurtheil.  Hat 
das  Kind  seine  ersten  Sprachstudien  mit  dem  Ausruf  jcmima, 
Jüba  (oh  Mutter!  oh  Vater !'i  begonnen,  so  folgt  gewöhnlich  da- 
rauf ein  anderer  Ausruf :  abük  (Abkürzung  von  jitan  abük  oder 
Jehrek  abük.  »Verflucht  sei  dein  Vater,  verbrannt  werde  dein 
Vater« !),  und  ziipft  der  Kleine  den  Vater  am  Bart  und  ruft  ihm 
das  abük  zu,  so  kennt  sich  dieser  gewöhnlich  nicht  vor  Freude 
und  Alles  findet ,  dass  er  sehr  schiifer  (gescheit)  sei  inid  ver- 
spreche, ein  rechter  Mann  zu  werden. 

Arabische  Kinderspiele  und  Kinderlieder  giebt  es  nicht.  Die 
Jugend  tummelt  sich  auf  den  Strassen  und  auf  öffentlichen  Plätzen 
umher  und  ist  fröhlich  und  glücklich  auf  ihre  Weise.  Sobald  der 
Junge  einige  Jahre  alt  ist.  kann  er  zu  allerlei  üienstleistungen  ge- 
bra\icht  werden.  Er  führt  die  Ziegen  oder  Esel  auf  die  Weide 
imd  hat  darauf  zu  achten ,  dass  sie  weder  auf  dem  angesäeten 
Felde  noch  im  Weinberge  Schaden  thun.  Dabei  kann  er  sich  im 
Schatten  eines  Oliven-  oder  Feigenbaumes  ausstrecken  und  da 
Naturbetrachtungen  anstellen,  oder  er  sucht  sich  die  Zeit  zu  ver- 
kürzen, indem  er  auf  seiner  zmnmera,  einer  primitiven  aus  Schilf- 
rohr fabricirten  l'feife,  allerlei  Melodien  bläst.  Wenn  im  Sommer 
die  Feigen  oder  Trauben  zu  reifen  anfangen ,  so  kann  er  den 
Feigengarten  oder  den  Weinberg  bewachen  und  einen  etwaigen 
Eindringling  durch  Schreien  und  Steinewerfen  zum  Rückzug 
zwingen.  In  der  Ernte  hilft  er  nach  Kräften  mit  beim  Aufladen 
der  Garben  und  Heimtreiben  der  bcladenen  Thiere.  Das  Mäd- 
chen wird  früh  angeleitet,  mit  einem  Wasserkrug  auf  dem  Kopf 
oder  einem  kleinen  ledernen  Schlauch  auf  dem  Rücken  zur 
(juello  '/M  g(!hen,  um  Wasser  zu  holen.  Es  hat  das  Brennmaterial 
zum  l>rodl)acken  ,  Kuh-  und  Schafsdünger,  zusammenzusuchen 
inid  zum  Trocknen  in  der  Sonne  auszubreiten,  der  Mutter  beim 


67 

llolzholen  behülflich  zu  sein,  die  jüngeren  Geschwister  zu  hüten 
und  herumzuschleppen  und  sobakl  es  nur  seine  Kräfte  zulassen, 
beim  Weizenmahlen,  Teigkneten  und  Hrodbacken  zu  helfen.    In 
der  Nähe  grösserer  Städte  gehen  viele  Fellachenkinder,  Knaben 
sowohl  als  Mädchen ,   bei  liauten  im  Taglohn  arbeiten,  manche 
kommen  sogar  drei  bis  fünf  Stunden  weit  her  und  bleiben  dann  die 
ganze  Woche  in  der  Stadt  und  kehren  erst  Samstag  nach  Hause 
zurück.    Ihre  Nahrung  ist  IJrod  mit  Zwiebeln,  Oliven,  Käse.  Öl, 
Melonen,  Feigen  oder  sonst  einer  Zugabe ;  Fleisch  bekommen  sie 
nur  selten.   Schulen,  in  welchen  die  Kinder  im  Lesen,  Schreiben. 
Rechnen  und  anderen  nützlichen  Kenntnissen  unterrichtet  wer- 
den konnten ,  gab  es  in  Palästina  soAvohl  für  die  Muslimen  als 
für  die  Christen,  ehe  sich  seit  etwa  fünfzig  Jahren  amerikanische, 
englische  und  deutsche  Missionsgesellschaften  und  Vereine  für 
den  Lnterricht  der  arabischen  Jugend  im  heiligen  Lande  inte- 
ressirten,   eigentlich  keine.    Nun  finden  wir  nicht  blos  in  jeder 
Stadt,   sondern  sogar  in  jedem  einigermassen  bedeutenden  Dorf 
(in  ausschliesslich  muslimischen  jedoch  weniger)  eine  oder  meh- 
rere von  Christen  verschiedener  Denominationen  (Griechen,  La- 
teiner, Protestanten,  Armenier  etc.)  oder  von  Muslimen   (Regie- 
rung) unterhaltene  Schulen,  und  viele  Fellachen,  von  der  Wich- 
tigkeit und  dem  Nutzen  des  Unterrichtes  überzeugt ,  lassen  ihre 
Kinder  fleissig  zur  Schule  gehen.    Früher  schickten  nur  wohl- 
habendere Eltern ,  welche  auch  zugleich  den  Werth  des  Unter- 
richts kannten,  ihre  Kinder  —  aber  nur  die  Knaben  —  zu  einem 
mo  allem  (Lelirer  für  Christen)  oder  zu  dem  chatlb  (Redner,  Pre- 
diger für  Muslimen) .    Die  einzigen  Wissenschaften ,  welche  da 
docirt  wurden,   waren  arabisch  lesen  und  allenfalls  auch  etwas 
schreiben.     Die  MusUmen  lernten  Koran,  die  Christen  Psalmen 
[mazämlr]  herleiern.    Bis  jetzt  wird  noch  stets   der  Psalter  für 
Christen,  der  Koran  für  Miislimen  als  das  normale  Lesebuch  be- 
trachtet.   Das  Salär  des  Schulmeisters  bestand  aus  Ih-od,  Eiern, 
welche  die  Schüler  täglich  mitbrachten,  und'  einigen  Piastern  am 
Ende  des  Monats,  ausserdem  einem  hachsclnsh ,  wenn  der  Schüler 
an  einem  der  Hauptabschnitte  des  Leselnichs  angekommen  Avar. 
Ich  habe  manche  alte  Männer  getroffen,  Avelche  auf  diese  Weise 
den  ganzen  Psalter  von  Anfang  bis  zu  Ende  auswendig  gelernt 
hatten.    Muslimen  lernen  ganze  grosse  Suren  des  Korans  auswen- 
dig.   Auf  eine  Holztafel  wurde  geschrieben .    In  der  Schreibekunst 


68 


brachte  man  es  gewöhnlich  nicht  so  weit,  -wie  in  der  Lese-  oder 
Auswendiglernkimst ,  und  noch  jetzt  triflft  man  Dörfer,  haupt- 
sächhch  mushmische,  avo  auch  nicht  ein  Einziger,  andere,  wo  nur 
etwa  der  chatih  lesen  oder  schreiben  kann.  Kommt  ein  Brief  an, 
der  gelesen  werden  soll,  oder  [soll  irgend  etwas  geschrieben  wer- 
den, so  muss  man  ins  nächste  Dorf  zum  chatih  schicken.  Aber 
auch  mancher  chatih  kann  nur  nothdürftig  einen  Brief  heraus- 
buchstabiren  oder  mit  gräulichen  Buchstaben  etwas  zu  Papier 
bringen.  Fvircht  und  Schrecken  waren  auch  beim  arabischen 
Schulmeister  die  Hauptmittel,  dem  Schüler  die  nöthige  Auf- 
merksamkeit und  etwas  Fleiss  beizubringen.  Da  war  der  unent- 
behrliche Stock  und  der  falah^  ein  Holz,  an  dem  ein  Seil  ange- 
bracht war,  in  welches  die  Füsse  des  Schülers,  während  er  auf 
dem  Rücken  am  Boden  lag,  so  eingeklemmt  wurden,  dass  er  sich 
nicht  regen  und  der  Lehrer  tüchtig  zuschlagen  konnte.  Hie  und 
da  habe  ich  noch  in  Schulen  dieses  Schreckensinstrument  zur 
Warnung  an  der  AVand  hängen  sehen.  In  nur  ganz  vereinzelten 
Fällen  liess  einmal  ein  Vater  auch  sein  Mädchen  im  Lesen  unter- 
richten ;  bei  Muslimen  kam  das  aber  nicht  vor. 

Es  giebt  unter  den  Fellachenkindern  recht  aufgeweckte 
Köpfe,  die  schnell  begreifen  und  leicht  lernen.  Der  grosse  Man- 
gel bei  den  jetzt  da  und  dort  in  den  Dörfern  vorhandenen  Schulen 
scheint  mir  der  tüchtig  gebildeter  Lehrer  und  sachkundiger  Schul- 
inspektoren zu  sein.  In  manchen  Schulen  geht  es,  wie  bei  dem 
»Maulthier  der  Mühle«;  es  geht  herum  und  herum,  macht  viel 
Lärm  und  kommt  doch  nicht  von  der  Stelle.  Tüchtige  Schulen 
müssten  in  kurzer  Zeit  ein  ganz  anderes  Geschlecht  heranziehen. 
Weiter  als  bis  zum  zehnten  oder  dreizehnten  Jahr  wird  nur  in 
seltenen  Fällen  der  Fellachenjunge  die  Schule  besuchen.  In  die- 
sem Alter  ist  er  oft  schon  verlobt,  manchmal  sogar  verheirathet, 
hat  bereits  die  männliche  l'dffe  auf  dem  Kopf  und  muss  dem  Ver- 
dienste nachgehen.  Manche  widmen  sich  n\m  dem  Ackerbau 
und  haben  mit  Pflügen,  Säen  und  Ernten,  dem  Besorgen  der 
Weinberge,  der  Olivenpflanzungen  und  der  Feigengärten  und  mit 
der  Pflege  des  dazu  nothwendigen  Viehes  (Ochsen,  Kühe,  Esel, 
Ziegen)  gemig  zu  thun.  Andere  treiben  ein  Handwerk  :  Schuster 
[akiiß]^  Schreiner  ^neddschär)^  Weber  'hajJäJc],  Maurer  [hänna). 
Ausser  diesen  werden  in  gewöhnliclien  Dörfern  keine  anderen 
Handwerke  betrieben,  und  auch  diese  sind  nur  spärlich  vertreten, 


69 

in  manchen  Dörfern  gar  nicht.  Der  Weber  fabricirt  auf  seinem 
primitiven  Webstuhl  {nol;  das  dicke  starke  13aumwollentuch. 
woraus  der  tob  gefertigt  wird;  das  europäische  liaumwolltuch, 
welches  in  grossen  Quantitäten  in  Syrien  verkauft  wird,  ist  dem 
Fellachen  zu  dünn  und  zu  schwach  zu  diesem  Zweck.  Ebenso 
verfertigt  er  das  Zeug  zu  den  dicken  warmen  Fellachen- abä's ; 
die  feineren  Sorten  kommen  von  Damascus.  Ein  Weber,  der  früh 
Morgens  an  die  Arbeit  geht,  kann  mit  Leichtigkeit  das  zu  einem 
Kleid  nöthige  Zeug  (eine  schokka)  in  Einem  Tag  fertig  bringen 
und  hat  immerhin  noch  einen  ordentlichen  Verdienst.  Der 
Schreiner  verfertigt  die  Holztheile  des  ausserordentlich  einfachen 
Pflugs  und  sonstiger  Ackerbaugeräthschaften.  Der  in  der  Kennt- 
niss  seiner  Profession  etwas  w-eiter  vorangeschrittene  versteht  es 
auch,  rohe  Thüren  und  Fensterläden  herzustellen.  Weiter  geht 
seine  Kunst  nicht.  Die  eisernen  Theile  der  Ackergeräthschaften 
liefert  der  Schmied  in  der  benachbarten  Stadt  oder  umherziehende 
Zigeuner  {nmvar),  welche  nicht  blos  in  Städten,  sondern  auch  in 
Dörfern  nach  Bedürfniss  ihre  Werkstätte  unter  einem  schwarzen 
Beduinenzelt  aufschlagen  und  Nägel ,  Beile  und  allerlei  andere 
eiserne  Geräthschaften  fabriciren.  Nur  jenseits  des  Jordans  habe 
ich  auch  in  kleinern  Dörfern  Schmiede  [haddäd]  angetroff"en. 
Der  Ausübung  dieses  Handwerks  ist  es  wohl  auch  zuzuschreiben, 
dass  der  Familieiuiame  haddäd  (Elias  el-haddäd,  Jüsef  el-haddäd 
etc.  etc.)  dort  so  häufig  vorkommt.  Um  den  Fellachen  mit  denje- 
nigen Artikeln  zu  versehen .  welche  er  weder  in  seinem  Dorfe 
noch  in  der  Nähe  sich  verschaffen  kann,  ziehen  wandernde  Schuh- 
macher, Kupferschmiede  [nahhäs],  Silberschmiede  säigli .  pl. 
sujjägh).  Hausirer  (gewöhnlich  Jiulen) ,  Matratzen-  und  Couver- 
tenmacher  'auch  Juden),  Büchsenmacher  etc  etc.  auf  dem  Lande 
umher  und  halten  sich  da  oder  dort,  je  nachdem  sie  Arbeit  finden, 
länger  oder  kürzer  auf.  Auch  Quacksalber  und  solche,  die  Kinder 
impfen  [dakk).  ziehen  gelegentlich  in  den  Dörfern  umher.  In 
Bethlehem  ist  die  Fabrikation  von  Rosenkränzen.  Sachen  aus 
Perlmutter  und  aus  schw'arzem  fiebi  müsä-Stein  eine  Industrie, 
von  welcher  viele  Familien'  leben  und  manche  reich  w^erden.  In 
manchen  Dörfern,  wie  z.  B.  rämallah ,  liftä  etc.  etc.  giebt  es 
viele,  die  sich  ihren  Lebensunterhalt  damit  verdienen,  dass  sie 
sich  einige  Esel  halten,  aufweichen  sie.  je  nach  der  Jahreszeit, 
Holz,  Weizen,  Gerste,  getrocknete  Feigen,  Trauben.  Ol.  Wasser 


70 

etc.  etc.  zur  Stadt  transportiren.  So  sieht  man  z.  B.  regelmässig 
Morgens  in  aller  Frühe  Eseltreiber  Jiammär)  in  kleineren  oder 
grösseren  Partien  ihre  Waare  nach  Jerusalem  zu  Markte  führen 
und  Abends  mit  leeren  Thieren  lustig  unter  lebhaftem  Gespräch 
und  allerlei  Spässen  nach  Hause  eilen.  Liftä  ist  der  Ortder  Last- 
thiervermiether  [mukärlje)  und  Wasserlieferanten  par  excellence; 
in  särls^  kubehe  giebt  es  viele  Kameeltreiber  [dschammäl] ,  welche 
sich  hauptsächlich  mit  dem  Waarentransport  zAvischen  Jafa, 
Jerusalem  und  Nabulus  beschäftigen. 


Es  mag  hier  der  passende  Ort  sein  Einiges  über  Ackerbau 
und  Land Avirth Schaft,  wie  sie  der  Fellache  betreibt,  mitzu- 
theilen.  Zuerst  jedoch  einige  Worte  über  die  Grundbesitzver- 
hältnisse. Man  kann  das  Land  in  dieser  Hinsicht  eintheilen  in 
1.  ard  nüri^)  =  Staatsgut,  Regierungsland.  In  diese  Classe  ge- 
hören hauptsächlich  die  grossen,  ausserordentlich  fruchtbaren 
Ebenen  [sahl,  mardsc/i],  wie  die  Jafa-  oder  Ramie-Ebene,  die 
Esdrelon- Ebene  [mardsch  ihn  ämir,  etc.  etc.  Diese  Ländereien 
werden  von  der  Regierung  (vom  niiri  an  ganze  Dörfer  oder  ein- 
zelne Personen  »verpachtet«  (vei-j) achten,  dämman;  pachten  </«>;? ew; 
Pächter  dämeri] .  Der  Pächter  hat  für  das  Recht  des  liebauens 
muzära  a]  der  Regierung  den  Zehnten  des  Ertrags  (öschr)  zu 
zahlen.  Miri-Land  kann  deshalb  natürlich  vom  Pächter  weder 
verkauft  noch  vererbt  werden,  »wohl  aber  die  muzära  a^  d.  h.  das« 
»Recht  der  Bebauung  für  eine  längere  oder  kürzere  Zeit.  Dies  giltst 
»aber  blos  so  lange,  als  der  Verleiher  lebt;  stirbt  er,  so  sind  die« 
»Contrakte,  die  er  gemacht  hat,  auch  wenn  ihre  Zeit  noch  nicht« 
»abgelaufen  ist,  null  und  nichtig.  Die  muzära  a  geht  dann  ohne« 
»weiteres  auf  seine  Kinder  über ;  hat  er  keine,  auf  seinen  Bruder,« 
»oder  wenn  solcher  fehlt ,  auf  seine  Schwester ;  ist  eine  solche« 
»auch  nicht  da  oder  direkte  Nachkommen  von  derselben,  so  geht« 
»sie  auf  seinen  Vater,  Onkel  oder  Neffen  väterlicherseits  über,« 
»und  sind  alle  die  Genannten  nicht  da,  so  fällt  die  mtizära  an 
wieder  an  den  Staat  zurück«"^;.     Vor  einigen  Jahren  hat  die  Re- 

1)  Abkürzung  von  urd  etnlri,   d.  h.  dem  Emir   Befehlshaber,  Chalifen, 
Sultan)  gehöriges  Land. 

2)  Baurath  C.  ScHiCK  ,  Österreich.  Monatsschr.    für  den  Orient    1879, 
Nr.  'A,  Landwirthschaftliches  aus  Palästina. 


71 


gieruiif^;  einen  grossen  Strich  solchen  Landes  in  der  Ebene  Jes- 
reel  an  das  Haus  Sursuk  in  Beirut  verkauft. 

2.  ard  loahf  =  Stiftungs-.  \'ennächtnissland  (von  aukaf 
(a"\vkaf'  =  stiften,  vermachen),  d.h.  Ländereien,  welche  vom 
Landesherrn  oder  von  irgend  einer  Privatperson  geschenkt  -wur- 
den, um  aus  deren  Ertrag  Moscheen,  sonstige  heilige  Plätze. 
Schulen.  Armenhäuser  etc.  etc.  zu  unterhalten.  So  giebt  es  reiche 
Schenkungen  von  Ländereien ,  die  der  Omarmoschee ,  dem  ?iebi 
f/««f/-Grabmahl,  den  Saladinstiftungen  (Moscheen,  Universität), 
der  Moschee  in  Hebron  [sajjidna-lchaVil]  etc.  etc.  angehören. 
Solches  Land  kann  ebenfalls  nicht  verkauft,  sondern  nur  ver- 
])aclitet  Averden.  Der  für  die  Bebauung  desselben  zu  entrichtende 
Zehnte  oder  sonst  festgesetzte  Betrag  wird  nicht  an  die  Eegie- 
rung  sondern  an  den  Stiftungs-A'envalter  mutiolilli]  abgeliefert. 
Dieser  selbst  erhält  für  seine  Verwaltung  der  Güter  einen  An- 
theil  von  dem  abzuliefernden  Weizen,  Gerste  etc.  etc.  was  man- 
cher annen  oder  herabgekommenen  Eifendifamilie  eine  willkom- 
mene Einnahme  verschafft.  Li  der  Verwaltung  dieser  wakfs  ist 
übrigens  vieles  faul  geworden  und  man  schimpft  mit  Kecht.  dass 
die  Eifendis  dieselben  »auffressen« ,  anstatt  die  Einkünfte  für  die 
ursprünglich  beabsichtigten  Zwecke  zu  verwenden. 

3.  ard  mulh  =  Eigenthum.  Es  sind  diess  meist  kleinere 
Grundstücke  in  der  Nähe  der  Dörfer:  Hügelland,  Gärten,  Fei- 
gen- und  Olivenpflanzungen ,  Weinberge ,  w^elche  mit  trockenen 
Maueni  oder  Cactushecken  eingefriedigt  oder  sonstwie  abge- 
grenzt sind.  Diese  steht  es  natürlich  dem  Eigenthümer  frei  nach 
seinem  Gutdünken  gegen  anderes  Eigenthum  auszutauschen 
[häd'dl]^  was  öfters  geschieht,  oder  zu  verkaufen  [bl'a].  Den 
Kaiifbrief  [//eddsche]  stellte  bis  jetzt  irgend  ein  Schreibkxmdiger 
im  Dorfe  aus ,  und  mit  den  nöthigen  Zeugenunterschrifteu  oder 
Siegeln  versehen,  wurde  seine  Gültigkeit  nie  angefochten.  Neuer- 
dings aber  sucht  die  türkische  Regierung  auch  diese  Angelegen- 
heiten unter  ihre  directe  Controle  zu  bekommen. 

Brachliegendes  Land  [ard  bar)  giebt  es  in  Palästina,  theils 
wohl  wegen  der  zii  geringen  Bevölkerung,  theils  wegen  deren 
Armuth  und  Trägheit  noch  sehr  viel.  In  den  fetten  Ebenen  ist 
dies  jedoch  weniger  der  Fall,  als  in  den  mageren  Gebirgsgegen- 
den, welche  freilich  im  Frühjahr,  mit  spärlichem  Gras  bedeckt, 
als  Woido  für  das  A'ieh  dienen.    Auch  wäch.st  auf  diesen  IMätzen 


72 


eine  Art  Dorngewächse  ^hillän\^  welche  die  Kalkbrenner  in 
grossen  Quantitäten  sammeln  und  neben  dem  dschift  (ausgepressten 
Olivenl  als  Brennmaterial  brauchen,  da  sie  eine  ausserordentliche 
Hitze  hervorbringen.  Mageres  Hügelland  wird  manchmal  ge- 
düngt .  indem  man  das  darauf  wachsende  Gras  und  Gestrüpp, 
wenn  es  trocken  ist,  verbrennt,  sonst  aber  fällt  es  keinem  Fella- 
chen ein,  sein  Feld  zu  düngen.  Es  würde  ihm  dazu  wohl  auch 
die  nöthige  Quantität  Dünger  fehlen,  vor  allem  aber  müsste  der 
Transport  desselben ,  da  es  an  Wagen  und  ordentlichen  Wegen 
gebricht,  zu  kostspielig  werden.  Beim  Gemüsebau  jedoch  in  be- 
wässerten Gärten  und  gelegentlich  auch  bei  Oliven-  und  Feigen- 
pflanzuiigen  wird  Dünger  angewandt. 

Todtes  Land  [ard  mejjite)  ist  solches,  das  schon  lange  un- 
bebaut daliegt.  Wer  dasselbe  »belebt«  [jehji]^  macht  es  sich  da- 
durch zum  Eigenthum  {mulk) .  In  Nazareth  habe  ich  manche 
hübsche  Weinberge  gesehen ,  welche  deren  Eigenthümer  durch 
solche  »Belebung«  todten  Bodens,  d.  h.  durch  Pflanzen  von  Re- 
ben und  Bäumen  sich  erworben  hatten. 

arädi  mahlTde ,  sagt  Baurath  C.  Schick  in  dem  vorhin  er- 
wähnten Artikel ,  sind  Ländereien ,  welche  von  den  bisherigen 
Besitzern  verlassen  worden,  sei  es  dass  die  Eigenthümer  ausge- 
storben oder,  was  in  diesem  Lande  häufig  vorkommt,  dass  die 
Leute,  weil  sie  sehr  verschuldet,  besonders  auch  sehr  im  Rückstand 
mit  der  Bezahlung  ihrer  Steuern  sind,  einfach  den  Ort  verlassen 
und  anderswo  sich  angesiedelt  (haben.  Solch  herrenloses  Land 
fällt  wieder  an  den  Staat  zurück,  gleichviel  zu  welcher  Classe 
es  früher  gehörte. 

Da  die  mit  dem  Ackerbaii  und  der  Landwirthschaft  über- 
haupt zusammenhängenden  Geschäfte  sich  nach  den  Witterungs- 
verhältnissen richten ,  so  ist  es  wünschenswerth ,  auch  hierüber 
Einiges  mitzuth eilen. 

In  Palästina  giebt  es  eigentlich  nur  zwei  Jahreszeiten :  die 
Regenzeit  [schita^fasl  esch-schitd)  von  etwa  Mitte  October  bis 
gegen  Ende  April  und  die  trockene  Zeit  [sef,  fast  es-sef]  von 
Ende  April  bis  Mitte  October.  Um  Mitte  October  kann  der  erste 
Regen  (Frühregen)  beginnen,  oft  aber  bleibt  er  bis  November,  ja 
sogar  bis  December  aus.  Dieser  Monat  und  Januar  sind  gewöhn- 
lich reclitc  Ilegenmonate,  in  Avelchen  es  oft  acht  Tage  und  länger 
fast  unaufliörlich  regnet.     Im  Monat  März  und  April  fallen  die 


73 

Spätregen ,  aber  von  Mai  an  hängt  die  Vegetation ,  was  ihren 
Feuchtigkeitsbedarf  anlangt,  einzig  von  dem  tief  in  die  Erde  einge- 
dningenen  Eegen  und  von  dem  starken  Nachtthau  näda)  ab,  da  in 
diesen  sechs  ^Monaten,  ausser  in  sein*  seltenen  Ausnahmefällen,  kein 
Tropfen  Regen  fällt.  Die  Araber  unterscheiden  jedoch  auch  vier 
Jahreszeiten:  Frühjahr  irahla,  Februar,  März,  April),  Sommer 
[sef.  Mai,  Juni,  Juli),  Herbst  [cJiarlf^  August,  September,  Octo- 
ber  ,  Winter  [schita.  November,  December.  Januar) .  Der  Februar 
[schebüt]  correspondirt  etwa  mit  unserm  veränderlichen  April, 
und  heisst  es  deshalb  von  ihm  in  den  Fellachenwetterregeln: 
achebät  ma  aleh  rebät  (etwa :  Februar  uaizuverlässig  immerdar) . 
Doch  heisst  es  auch  von  ihm :  in  achabat  walabat  rlhat  es-sef 
fih  (etwa :  ^yenn  er  auch  tobt  und  rast  mit  wildem  Sinn,  so  ist 
doch  der  Geruch  des  warmen  Sommers  d'rin).     Vom  März  adär) 

heisst  es:    abu-zzaläzil  walamtür loa  jinschaf  er7'ai 

bela  när  (etwa :  er  ist  der  Vater  der  Erdstösse  und  Regengüsse, 
ein  Ungeheuer  aber,  der  Hirte  wird  dennoch  —  an  der  warmen 
Sonne  nämlich —  trocken  ohne  Feuer).  Der  April -Spätregen 
wird  als  so  kostbar  betrachtet,  dass  es  heisst :  schetwet  ?iisäti  btü- 
tva-ssikke  wa-lfüddcm.  ein  Aprilregen  bringt  mehr  als  der  Pflug 
und  das  Joch  (Ochsen)  an  Segen.  Vom  Juli  \f,amTiz\  heisst  es : 
ß  tamüz  tighli-hnd,  ß-lküz  (etwa:  bricht  der  Monat  Juli  herein, 
so  siedet  das  Wasser  im  Trinkkrüglein) .  Sobald  im  October,  No- 
vember, oft  aber  erst  im  December.  eine  gehörige  Quantität  Regen 
gefallen  und  der  in  Folge  der  langen  Sommerhitze  und  Trock- 
niss  ausgebrannte  und  zerrissene  Erdboden  gehörig  erweicht  ist. 
geht  der  Fellache  an  die  Bestellung  der  Wintersaat  [schetäwi] : 
Weizen  [kamh,  henfa  ,  Gerste  [sc/iair],  Linsen  (adas)  etc.  etc.  Das 
Erdreich  wird  mit  dem  äusserst  einfach  construirten  Pflug  ^sikke] 
umgebrochen,  man  könnte  fast  sagen  nur  aufgekratzt;  denn  die 
Furche  [tälm  pl.  atläni}  geht  nicht  tief  (etwa  0,10 — 0,12  m).  Die 
Saat  [b'där)  wird  zuerst  ausgestreut,  dann  umgepflügt.  Den  Pflug 
zieht  ein  Joch  [füddän]  Ochsen  oder  ein  Ochse  und  ein  Esel, 
manchmal  auch  ein  Kameel,  seltener  ein  Pferd.  Die  Thiere  treibt 
der  Pflüger  [harrät]  mit  dem  Ochsenstecken  ^nihmäz]  an,  einem 
langen  Stecken  mit  eiserner  Spitze,  den  er  gelegentlich  auch  zum 
Zerstossen  einer  Erdscholle  braucht.  Gegen  einen  solchen  Sta- 
chel zu  «locken«  wird  dem  Thier  natürlich  schwer  und  es  muss 
vorangehen.    Die  Thiere  sind,  ausser  wemi  es  etwa  kräftige  junge 


74 


noch  nicht  ans  Joch  gewöhnte  Och.'sen[  edsckli  sind,  sehr  lenksam, 
auch  schont  sie  der  Fellache ,  besonders  Avenn  es  seine  eigenen 
Thiere  sind  oder  er  nicht  für  sich  selbst  pflügt.  Tief  eingewur- 
zeltes Dorngesträuch  umgeht  er  oft  lieber,  als  dass  erstark  auf 
den  Pflug  drückt,  um  es  herauszuheben.  Wo  wegen  Felsblöcken 
oder  tiefeingewurzelten  Dornbüschen  das  Pflügen  schwer  ist, 
hilft  der  Fellache  auch  mit  der  Hacke  \fäs)  nach.  Manches 
kleinere  Stück  dieser  Art,  besonders  im  Gebirge,  wird  auch  nur 
umgehackt.  Manchmal  wird  auch  'afi?-  (trocken,  d.  h.  ohne  vor- 
herigen liegen)  gesät;  dieses  geschieht  mit  besonders  leichtem 
Boden,  der  auch  ohne  vorher  aufgeweicht  zu  sein,  bearbeitet 
werden  kann.  Die  Saat  Avird  dem  trockenen  Boden  anvertraut, 
wo  sie  dann  nach  dem  ersten  liegen  schnell  aufsprosst  und  eine 
frühe  Ernte  giebt.  Bleibt  aber  der  liegen  zu  lang  aus,  so  ist  die 
Saat  oft  verloren.  '  Die  Bestellung  der  Wintersaat  dauert  manch- 
mal bis  in  den  Januar  hinein.  Die  Arbeit  geht  sehr  langsam  und 
gemüthlich  vor  sich,  zumal  die  Leute  oft  mit  ihrem  Vieh  zwei 
bis  drei  Stunden  weit  zu  gehen  haben,  bis  sie  an  ihren  Ackern  an- 
kommen und  bis  Abends  wiederum  zurück  sein  müssen. 

Die  Sommersaat  iseß),  hauptsächlich  aus  dtcra  (einer  Art 
Hirse)  und  Sesam  {simsim]  bestehend ,  wird  erst ,  wenn  man  mit 
der  Wintersaat  fertig  ist,  bestellt.  Das  Gedeihen  derselben  hängt, 
da  sie  in  der  heissen  und  trockenen  Zeit  wächst,  hauptsächlich 
davon  ab .  dass  während  der  Winterzeit  der  Regen  tief  in  den 
Hoden  hinabgedrungen  ist  und  hier  die  nöthige  Feuchtigkeit  für 
die  SommeiTOonate  aufbewahrt  wird.  Eine  ergiebige  Kegenzeit 
verspricht  deshalb  eine  reichliche  Sommerernte.  Auch  Taback 
und  Baumwolle  sind  Sommerfrüchte ,  und  die  saftigen  Wasser- 
melonen und  gelben  Melonen,  die  Gurken,  fahküs  (Gurkenart) 
und  gusa  vegetable  marrow),  werden  erst  nach  der  Regenzeit  ge- 
setzt und  reifen  in  den  heissen  Sommennonaten,  wobei  ihnen  aber 
der  häufig  und  reichlich  fallende  Nachtthau  zu  statten  kommt. 

Es  ist  bereits  erwähnt  worden,  dass  bei  weitem  der  grösste 
Thcil  des  hauptsächlich  zum  Getreidebau  tauglichen  Landes, 
nicht  Privat-,  sondern  Regierungseigenthum  [mirl]  oder  wakf  ist 
und  dass  der  l^ebaucr  desselben  deshalb  nicht  Eigenthümer,  son- 
dern nur  Pächter  sein  kann.  Jede  Ortschaft  hat  gewisse,  ihr  an- 
gewiesene Strecken  dieser  Ländereien  und  diese  werden  beim 
Beginn  der  Regenzeit  den  einzelnen  Bürgern  je  nach  ihrem  Ver- 


75 


langen  in  einzelnen  Parcellen  durch's  Loos  zugewiesen.  Die  Art 
Tincl  Weise,  wie  diese  Yertheilung  durchs  Loos  geschieht,  ist 
nach  JiaurathC.  »Schick's  Mittheilungen  a.a.O.  etwa  Folgende: 
Alle  diejenigen,  welche  pflügen  wollen,  versammeln  sich  in  der 
säha  (offener  Platz ,  aber  auch  ,  weil  vor  der  Herberge  sich  ge- 
wöhnlich ein  offener  Platz,  Laube  etc.  etc.  befindet,  in  der  Be- 
deutung von  madZife^  manzid.  Herberge  gebraucht' .  Der  Imäm 
oder  chatih]^  welcher  zugleich  Dorfschreiber,  Archivbewahrer, 
Rechn\nigsführer  etc.  etc.  ist,  hat  bei  diesen  Versammlungen  den 
Vorsitz.  Alle,  welche  pflügen  wollen,  melden  sich  und  geben 
die  Anzahl  von  Pflügen  {fiiddmi' ,  die  sie  stellen  wollen,  an.  Hat 
Einer  nur  einen  halben  Pflug,  d.  h.  nur  Ein  Zugthier,  so  tritt  er 
mit  einem  Andern  zusammen.  Man  theilt  die  Gesammtheit  in 
Classen:  Es  melden  sich  z.  B.  40  Pflüge  —  diese  werden  in 
4  Classen  getheilt,  je  10  zusammen,  und  über  sie  ein  Chef  oder 
Schech  envählt.  welcher  seine  Partie  mit  ihren  10  Pflügen  zu 
vertreten  hat.  Diese  Classeneintheilung  erleichtert  die  Einthei- 
lung  (oder  besser  Austheilung  des  Landes.  Dasselbe  ist  nicht 
überall  gleich  gut  u.  s.  w.  Sind  nun  4  Classen  gemacht,  so  wird 
das  Land  in  vier  Theile  getheilt,  so  dass  jeder  dieser  Theile  gutes, 
mittelgutes  und  schlechtes  in  sich  begreift.  Die  einzelnen  Par- 
cellen haben  von  Alters  hergebrachte  Namen,  z.  B.  Rebhuhnfeld, 
Fuchsfeld  u.  s.  w.  Sind  die  Schechs  über  die  Vertheilung  in  vier 
Theile  einig ,  so  dass  kein  grosser  Unterschied  dabei  sein  kann, 
so  wird  das  Loos  gezogen;  dies  geschieht  dadurch,  dass  jeder  der 
vier  Schechs  dem  Imäm  eine  Kleinigkeit  in  seinen  Beutel  legt. 
Er  ruft  nun  einen  von  den  vier  Theilen  aus  durch  Hersagen  der 
Parcellennamen.  die  dazu  gehören,  und  ein  herbeigeholtes  Kind 
hat  einen  der  vier  in  den  Beutel  gelegten  Gegenstände  herauszu- 
nehmen. Wem  nmi  der  herausgezogene  Gegenstand  gehört,  dem 
wird  dieser  Theil  für  dieses  Jahr  zu  bearbeiten  zugewiesen.  Nun 
gehen  die  vier  Schechs  daran,  die  ihnen  zugewiesenen  Stücke  an 
die  einzelnen  Mitglieder  ihrer  Partei  zu  vertheilen.  Aber  nicht 
so,  dass  ein  Pflug  seinen  Antheil  in  einem  zusammenhängenden 
Stück  bekäme,  vielmehr  hat  jeder  Pflug  ein  Zehntel  an  allen 
Grundstücken  seiner  Partei  anzusprechen :  die  einzelnen  Grund- 
stücke werden  darum  in  so  viele  maras  (eig.  Schnur)  oder  Strei- 
fen getheilt,  als  Pflüge  da  sind.  Dadurch  bekommt  aber  der  Ein- 
zelne statt  zwei  oder  drei  grosse  Stücke  eine  Anzahl  langer  Strei- 


76 


fen,  die  an  ganz  verschiedenen  Orten  der  Dorfmarkung  liegen. 
Die  Grenzen  werden  dnrch  Furchen  [telm)  oder  Steine  bezeichnet 
und  noch  heute  gilt  die  Verrückung  der  Landmarke  als  eine 
fluchwürdige  That,  wie  in  den  Zeiten  Israels  (Deuter.  19,  14). 

Schon  Mitte  April  oder  Mai,  in  den  wärmeren  tiefliegenden 
Ebenen  früher,  in  den  kälteren  Gebirgsstrichen  später,  findet  die 
Ernte  statt.  In  den  ausgedehnten  Ebenen  (Gaza,  Jafa,  Esdrelon) 
verlangt  das  Schneiden  und  der  Transport  der  Gerste,  Avelche 
zuerst  reift,  dann  des  Weizens,  viele  Hände,  und  ziehen  deshalb 
viele  ärmere  Fellachen  um  diese  Zeit  aus  ihren  Dörfern  aus,  um 
sich  als  Schnitter  [hassäd]  zu  verdingen.  Auch  arme  Weiber, 
besonders  Wittwen  mit  ihren  Kindern,  gehen  auf  einige  Wochen 
da  oder  dorthin ,  wo  geerntet  wird ,  um  Ähren  zu  lesen  [laMat, 
sejjef,  A.  lesen  .  Jeden  Abend  werden  die  Ähren,  die  sie  auf  dem 
Felde  gesammelt,  mit  einem  Stein  oder  Holz  ausgeklopft  und  die 
Körner  aufbeAvahrt,  und  öfters  schon  habe  ich  solche  arme  Frauen 
nach  einigen  Wochen  aus  der  Ernte  heimkommen  sehen  mit 
einem  Vorrath  AYeizen ,  welcher  hinreichte,  um  sie  mit  Mehl  für 
das  ganze  Jahr  zu  versehen.  Der  Schnitter  legt  gewöhnlich  ein 
ledernes  Schurzfell  an ,  das  Brust  und  lieine  schützt ;  mit  einer 
Sichel  [mindschal  pl.  munädscJtel)  schneidet  er  die  Ähren,  jedoch 
nicht  ganz  nahe  am  Boden  ab,  und  hat  er  einen  Arm  voll  abge- 
schnitten, so  bindet  er  sie  mit  Halmen  zu  einer  Garbe  [hezme  pl. 
hezam  und  legt  sie  bei  Seite.  Diese  Garben  Averden  zu  grösseren 
Haiifen  [körn  pl.  kwäni]  zusammengetragen  und  dann  auf  Eseln. 
Maulthieren  oder  Kameelen  auf  die  Dreschtennen  gebracht.  Alles 
ist  zu  dieser  Zeit  trotz  der  schweren  heissen  Arbeit  fröhlich,  und 
der  Gesang  der  Männer  und  das  Trillern  [zaghürit]  der  Frauen 
ertönt  von  Zeit  zu  Zeit  und  schallt  über  Berg  und  Thal. 

Die  Dreschtenne  [hedar  pl.  bajäder,  auch  dschürn  pl.  dschu- 
rün)  ist  ein  offener,  ziemlich  ebener,  geräumiger  Platz  in  der  Nähe 
des  Dorfes.  Am  liebsten  wählt  man,  wo  man  diese  findet,  grosse 
Felsplatten,  welche  sauber  abgefegt  werden.  Wo  solche  nicht 
vorhanden  sind,  wie  besonders  in  den  Ebenen,  da  dient  auch  ein 
sonstiger  ebener,  fester  Boden  diesem  Zweck.  Die  Tenne  ist  eine 
dem  Dürfe  gemeinsame,  jeder  aber  wählt  sich  seinen  eigenen 
Platz  auf  derselben.  Er  häuft  darauf  Gerste  und  Weizen,  später 
dura,  Sesam  etc.  etc.  auf  und  drischt  dieselben  dann  aus.  Weder 
Sturm  und  Gewitter,  noch  Platzregen  und  Hagel  sind  zu  befürch- 


/  / 


ten  und  der  Fellache  betreibt  deshalb  das  Geschäft  des  Dreschens 
unter  freiem  Himmel  ganz  gemüthlich  durch  vier  Monate  hin- 
durch bis  gegen  Beginn  der  Regenzeit.  Er  lebt  zu  dieser  Zeit 
eigentlich  auf  der  Dreschtenne  und  manches  Dorf  ist  nun,  wenig- 
stens was  die  Männer  betrifft,  ganz  ausgestorben.  Gerste  (ebenso 
Weizen  wird  aufgeschüttet  und  das  \\eh. ,  Ochsen  und  Esel 
meistens  oline,  manchmal  aber  auch  mit  Maulkorb  versehen)  wer- 
den jeden  Tag  einige  Stunden  darauf  im  Kreise  herumgetrieben 
und  treten  das  Korn  mit  ihren  Hufen  aus.  treten  auch  zugleich 
das  Stroh  zu  Häksei  klein,  so  dass  es  ganz  weich  und  zart  (na  im) 
wird  und  als  Futter  für  das  Vieh  dienen  kann.  (Dieses  zerklei- 
nerte Stroh  heisst  tibn,  Stroh  in  Halmen  und  Stoppeln  auf  dem 
Felde  sind  kaschsch) .  Auch  braucht  man  zu  diesem  Zwecke  den 
möredsch,  ein  dickes  schweres  l^rett,  in  welches  wie  Zähne  kleine 
harte  Basaltsteine  eingefügt  sind.  Dieses  Instrument  wird  wie 
ein  Schlitten  von  einem  Pferd  auf  dem  Haufen  ungedroschener 
Gerste  oder  Weizen  umhergezogen  und  zermalmt  und  zerreisst 
durch  sein  Gewicht  sowohl ,  weil  der  Treiber  sich  noch  darauf 
stellt,  als  durch  die  scharfen  Zähne  das  Stroh.  Sind  die  Körner 
auf  diese  Weise  aus  den  Ähren  getreten,  so  geht  der  Bauer  ans 
Worfeln  (Worfeln  darra^  dreschen  daras),  das  Geschäft  des  Dre- 
schens [dräs] .  Dazu  benutzter  die  Zeit  des  Tages,  wo  ein  ruhiges 
Lüftchen  weht;  denn  weder  bei  Windstille  noch  bei  starkem 
Winde  kann  er  dieses  Geschäft  verrichten.  Mit  einer  dreizackigen 
hölzernen  Gabel  wirft  er  die  zertretene  Masse  in  die  Höhe ;  der 
Wind  weht  das  feine  zerbröckelte  Stroh  in  einige  Entfernung, 
während  die  Kömer  herabfallen ;  beide  sammeln  sich  nach  und 
nach  zu  Haufen  an ,  während  der  gänzlich  unnütze  feine  Staub 
ganz  fortgeweht  wird.  Weizen  und  Gerste  werden  nun  zxi  grossem 
Haufen  aufgeschüttet  und  durch  eingedrückte  Formen  versiegelt, 
so  dass  sie  nicht  ohne  Wissen  des  Eigenthümers  angebrochen 
werden  können.  Übrigens  werden  die  Tennen  stets  von  Leuten 
bewacht  und  Nachts  schläft  meistens  jeder  bei  seiner  Ernte.  Mit 
Feuer  ist  man  mit  Recht  ausserordentlich  vorsichtig,  und  ge- 
schieht es  deshalb  sehr  selten,  dass  ein  Feuer  auf  der  Tenne  axis- 
bricht  und  grossen  Schaden  verursacht. 

Von  dem  mm  da  liegenden  A'onath  von  Weizen  \ind  Gerste 
werden  zunächst  die  Steuern  (der  Zehnte,  'öschr  direct  oder  durch 
den  Pächter  der  Regiening  oder  dem  Wakf  entrichtet.    Welche 


78 


Erpressungen  und  Schindereien  dabei  vorkommen,  ist  hinrei- 
chend bekannt.  Gewöhnlich  gehört  auch  schon  längst  ein  Theil 
der  Ernte  dem  Kaufmann  in  der  Stadt ,  von  dem  der  Fellache 
Geld  geborgt  hat ;  dieser  wird  nun  abgeholt ,  wenn  nicht  des 
Städters  Saumseligkeit  oder  der  Fellachen  List  es  wenigstens 
theilweise  verhindert,  denn  das  Borgen  Avird  dem  arabischen 
Bauern,  wie  auch  manchen  andern  Leuten,  gar  leicht,  das  Zahlen 
aber  bitter  schwer.  Ist  ein  hart'ät  (l^Üügerknecht)  angestellt  ge- 
wesen, so  erhält  nun  dieser  auch  den  ihm  gebührenden  Antheil. 
auch  der  Dorfgeistliche  \imäm^  chafib]^  der  zugleich  oft  als 
Dorfbarbier  fungirt,  ist  für  seinen  Lohn  auf  diese  Zeit  ange- 
wiesen —  kurz  wenn  der  Fellache  etwas  braucht  und  er  hat  kein 
Geld,  so  wird  Jedermann  auf  die  r,wakt  el-hedam  (Zeit  der  Dresch- 
tenne, vertröstet,  und  da  sucht  natürlich  jeder  seinen  Wechsel 
so  schnell  und  so  gut  wie  möglich  einzucassiren.  Auch  die  Der- 
wische, die  armen  Dorfpfarrer,  die  Blinden  und  die  Aussätzigen 
wallfahrten  zum  bedar  und  gehen  selten  leer  aus.  Manchem 
»kleinen«  Bauer  bleibt  dann,  nachdem  er  alle  rechten  und  un- 
rechten Ansprüche  an  seine  Habe  befriedigt,  kaum  so  viel  übrig, 
dass  er  den  nöthigen  Bedarf  für  sich ,  seine  Familie  und  sein 
Vieh  bis  zur  nächsten  Ernte  nach  Hause  führen  kann.  Mancher 
muss  schon  nach  einigen  Monaten  beim  Kaufmann  in  der  Stadt 
Geld  borgen  auf  Rechnung  der  nächsten  Ernte.  Der  wohlhaben- 
dere Fellache  aber  führt  schon  von  der  Tenne  weg  in  Säcken  auf 
Eseln  oder  Kameelen,  was  er  nicht  für  seinen  Bedarf  nöthig  hat. 
zum  ^  erkauf  auf  den  Kornmarkt  [chchrme]  der  nächsten  Stadt. 
Oft  wird  es  weit  weg  transportirt.  So  kommen  z.  B.  alljährlich 
ganze  Reihen  Kameele  mit  Weizen  beladen  aus  dem  llaurän  nach 
Näbulus  und  Jerusalem.  Vieles  wird  auch  durch  Mäkler  {smtisäv) 
aufgekauft  und  zum  Export  nach  Jafa ,  Haifa  und  Akka  trans- 
l)ortirt.  Der  Rest  wird  in  Magazinen  [machzau]  trockenen  Zimmern 
oder  zu  diesem  Zweck  angelegten  Cisternen  [inatmura)  aufbewahrt. 
Das  zum  Füttern  des  Viehs  nöthige  Stroh  [tibti]  wird  ebenfalls 
an  trockenen  Orten,  öfters  in  Felshöhlen  aufbewahrt.  Was  den 
Ertrag  der  Felder  betrifft ,  so  soll  sich  herausgestellt  haben,  dass 
derselbe  durclischnittlich  das  Sechsfache  der  Saatkörner  ist,  dass 
ein  zwöli'facher  als  sehr  günstig  betrachtet  werden  darf,  dass  aber 
ein  dreissig-  bis  sechzig-  oder  gar  hundertfaltiger,  wie  er  im 
Evangelium  erwähnt  ist,  heut  zu  Tage  nirgends  vorkommt.    Das 


79 


Maass,  nach  welchem  bei  dem  Fellachen  das  Land  nicht  eigent- 
lich «abgemessen«,  sondern  abgeschätzt  Avird,  ist  Aar  fäddän. 
d.  h.  Joch  Ochsen,  und  bedeutet  ein  Stück  Land,  welches  ein 
Mann  mit  einem  Joch  Ochsen  per  Tag  pflügen  kann,  freilich  ein 
etwas  unbestimmtes  Flächenmaass. 


Ausser  dem  Getreidebau,  mit  Avelchem  sich  besonders  die  in 
den  grossen  Ebenen  oder  deren  Nähe  wohnende  Bevölkerung  ab- 
giebt .  nimmt  auch  die  Besorgung  der  Weinberge ,  der  Feigen- 
gärten und  der  Olivenpflanzungen  viel  Zeit  und  Arbeit  in  An- 
spnich. 

Die  Weinberge  [kärm  |pl.  kurüm)  werden  meistens  in  den 
gebirgigen  Gegenden  des  Landes  angelegt,  weil  da  die  natürlich 
terrassenförmig  aufsteigenden  Hügel  dem  Weinbau  sehr  günstig 
•sind  und  gerade  dieses  mit  vielen  Felspartien  durchzogene  Terrain 
sich  weniger  für  Getreidebau  eignet.  A'iele  Dörfer  haben  in 
grösserer  oder  geringerer  Entfernung  ihre  herrlichen  Weinberge, 
aber  leider  giebt  es  noch  ungeheure  Strecken  im  Lande,  welche 
sich  für  den  Weinbau  eignen  würden  und  die  ofi'enbar  in  früheren 
und  besseren  Zeiten  Weinberge  waren,  die  jetzt  brach  liegen.  Die 
Weinberge  werden  zum  Schutz  gegen  Menschen  und  Thiere  mit 
trockenen  Steinmauern  [dschedär^  sinsele  pl.  sanäsel)  oder  Cactus- 
hecken  umgeben.  Mit  dem  meistens  zu  reichlich  auf  dem  13oden 
umherliegenden  Steinmaterial  werden  da  und  dort,  wo  sie  sich 
nicht  natürlich  voi*finden,  künstliche  Terrassen  angelegt,  an 
Avelche  die  Reben  sich  anlehnen ,  oder  über  welche  sie  herab- 
liängen.  In  manchen  Gegenden  lässt  man  die  Reben  (Rebe:  dä- 
lije  pl.  duwZdi)  am  Hoden  liegen  (Nazareth,  Ramallah,  Rarale 
etc.  etc.),  in  andern  zieht  man  sie  aufrechtstehend  (Kolönije  inid 
Abu  Ghösch  bei  Jerusalem) .  In  den  Weinbergen  baut  man 
aus  grössern  Steinen  meistens  ohne  Mörtel  ein  kasr  Thurm. 
Castell),  darauf  etwa  eine  kleine  von  Zweigen  und  lUättern  be- 
schattete Hütte ,  von  wo  aus  man  den  Weinberg  übersehen  und 
bewachen  kann ,  \md  an  den  kasr  sich  anlehnend  vielleicht  eine 
von  Reben  überdeckte  Laube  aus  rohen  Stämmen,  ^^'cinpressen 
werden ,  weil  der  Fellache  heute  die  Weinbereitung  nicht  mehr 
versteht  xmd  Muslimen,  welche  bei  weitem  die  Mehrzahl  der  Fella- 
chen bilden,  sich  nicht  damit  beschäftigen  dürfen,  keine  angelegt. 
Man  sieht  aber  in   vielen  Weinbergen   noch   die   alten  1^-ossen 


80 

[mdsara]  der  Kauaaniter  und  Hebräer :  zwei  in  Felsen  gehauene 
Becken,  das  eine,  in  Avelchem  die  Trauben  ausgepresst  wurden, 
das  andere  etwas  tiefer  liegend,  in  welches  der  ausgepresste  Saft 
lief,  beide  mit  einer  Kinne  verbunden.  In  l^ethlehem  und  Bet- 
dschälä  wird  zwar  von  Fellachen  Wein  gemacht,  da  sie  aber  weder 
die  Bereitung  noch  die  Aufbewahrung  desselben  ordentlich  ver- 
stehen, so  liefern  sie  nur  etwas  sehr  Mittelmässiges.  Die  mit  Be- 
sorgung des  Weinbergs  verbundene  Arbeit  ist :  nach  Aufweichung 
des  Bodens  durch  den  liegen,  zwei-  bis  dreimaliges  umpflügen 
oder  Umhacken  und  das  Beschneiden  der  Reben  itaknlb^  Infin. 
von  kännah).  Grössere  Felsblöcke  werden  sorgfältig  aus  dem 
Boden  herausgegraben.  Weitere  Pflege  widmet  der  Fellache  dem 
Weinberg  nicht.  Im  dritten  Jahr  soll  ein  neu  angelegter  Wein- 
berg [tamlre]  die  ersten  essbaren  Trauben  tragen.  In  dem  Wein- 
berg sind  übrigens  in  der  Hegel  nicht  bloss  Reben,  sondern  auch, 
allerlei  Bäume  gepflanzt,  z.B.  Feigen-,  Granat-,  Apfel-,  Birnen-, 
Aprikosen-,  Pfirsich-,  Quitten-,  Maulbeerbäume  u.  s.  w.  Fangen 
die  Reben  an,  ordentliche  Beeren  zu  bilden,  so  muss  Jemand  von 
der  Familie  des  Besitzers  den  Weinberg  bewachen ;  denn  schon 
dann  ist  er  den  feindlichen  Überfällen  der  Menschen  und  der 
Thiere  ausgesetzt.  Sobald  die  Traxiben  einigermassen  geniessbar 
sind,  zieht  die  Familie  mit  Sack  und  Pack  in  den  Weinberg 
hinaus  und  lebt  imd  haust  da  einige  Monate ,  bis  Alles  aufge- 
gessen ist.  Wer  nur  immer  kann ,  sucht  einige  Monate  oder 
Wochen  des  heissen  und  ungesunden  Sommers  in  einem  Wein- 
berg zuzubringen.  Wer  keinen  eigenen  Weinberg  besitzt,  pachtet 
sich  ein  Stückchen,  und  der  vornehme  Städter  schätzt  sich  glück- 
lich, wenn  er  mit  Weib  und  Kind  unter  einem  Zelt  oder  in  einer 
Laiibhütte  einige  Wochen  in  einem  Weinberg  campiren  kann. 
Keine  fürstliche  Familie  ist  glücklicher  und  lebensfroher  in  Baden- 
Baden,  Kissingen,  Ems  oder  Gastein,  als  der  Araber  im  grünen 
Weinberg,  im  Schatten  der  Reben  oder  des  Feigenbaums!  Ein 
grosser  Theil  der  täglichen  Nahrung  der  Familie  besteht  zu  dieser 
Zeit  aus  dem  im  Weinberg  vorhandenen  Obst  mit  l^rod.  Wo  es 
viele  Cactusfcigen  sahr)  giebt,  da  heisst  es  »hört  das  Teigmachen 
auf«,  und  viele  arme  Leute  in  Ramie,  Lydda,  Jafa  z.  B.,  essen 
Morgens,  Mittags  und  Abends  eine  Quantität  sabr  mit  etwas  Brod, 
und  brauchen  sonst  nicht  viel  mehr.  Was  die  Familie  an  Trau- 
ben nicht   selbst   aufzehrt,  Avird  in  Körben   oder  Kistchen  zur 


81 

nächsten  Stadt  zu  Markte  getragen  oder  nach  solchen  Dörfern, 
die  keine  Weinberge  haben ,  transportirt ,  wo  sie  meistens  gegen 
Gerste  oder  Weizen ,  -weil  sich  die  Leute  zu  der  Zeit  gerade  auf 
den  Dreschtennen  befinden,  umgetauscht  -werden.  Berühmte 
Traubengegenden  sind  Hebron  und  es-salt  jenseits  des  Jordans, 
woher  auch  die  im  Lande  sehr  beliebten  Cibeben  kommen. 

Feigengärten  i^Feige,  Feigenbaum^me;  collect,  ^m/ ge- 
trocknete F.  kotten)  giebt  es  da  und  dort  im  Lande  und  was  für 
einige  Distrikte  die  Trauben,  das  sind  für  andere  die  Feigen. 
Die  Gegend  iim  beün  (Bethel  ,  ain  Jabrüd  bis  zum  Anfang  der 
Näbluser  Ebene  ist  durch  ihre  Feigengärten  bekannt.  Ein  guter 
Theil  der  Feigen,  deren  es  verschiedene  Sorten  giebt  (grüne, 
schwarze  etc.  etc.),  wird  frisch  verzehrt,  ein  bedeutend  grösserer 
aber  an  der  Sonne  getrocknet  und  im  Winter  so  gegessen.  Zur 
Verproviantirung  \müne]  eines  guten  Fellachenhauses  gehört  es 
auch,  dass  man  sich  ein  gehöriges  Quantum  getrockneter  Feigen 
einlege.  Getrocknete  Feigen  werden  auch  zur  Schnapsfabrika- 
tion gebraucht.  Die  Feigengärten  werden  einige  Mal  umgepflügt 
oder  gehackt,  sonst  aber  wird  nichts  weiter  gethan. 

Grossartige  Olivenpflanzungen  (Ölbaum  zetTin)  giebt 
es  hauptsächlich  im  Näbluser  Distrikt,  aber  auch  fast  jedes  Dorf 
im  Lande  hat  seine  grösseren  oder  kleineren  Olivenhaine.  Es 
ist  kein  Zweifel,  dass  der  Ölbaum  einer  der  nützlichsten  Bäume 
des  Landes  ist  und  noch  mehr,  als  es  jetzt  der  Fall  ist,  eine  Quelle 
des  Reichthums  für  dasselbe  sein  könnte.  Er  braucht  nur  wenig 
l'flege  und  lebt  und  trägt  Früchte ,  auch  wenn  er  lange  vernach- 
lässigt wird.  Die  einzige  Pflege,  die  er  verlangt,  ist  das  Pfropfen, 
wenn  er  wild  ist ,  das  Umpflügen  und  gelegentliche  Ausputzen^ 
und  wird  ihm  dieses ,  so  vergilt  er  durch  reichlichen  Ertrag  die 
geringe  Mühe,  die  man  an  ihn  gewandt  hat.  Der  Fellach  sagt, 
der  Weinstock  sei  eine  nitt ,  eine  zärtliche  Stadtdame ,  iind  ver- 
lange viel  Pflege  und  Aufmerksamkeit ,  die  Feige  dagegen  eine 
fellüha^  eine  abgehärtete  Bäuerin,  die  schon  bei  weniger  zarter 
Behandlung  gedeihe,  der  Ölbaum  aber  sei  eine  hedatcnje,  ein  auch 
in  der  Wildniss  und  bei  langer  Vernachlässigung  noch  kräftiges 
und  arbeitsames  BeduinenAveib.  Gegen  Ende  des  Sommers  sind 
die  Oliven  [zetmi]  reif;  sie  werden  dann  mit  langen  Stecken  ab- 
geschlagen, wobei  man  sorgfältig  dara\if  achtet,  nicht  zu  viel  von 
den  zarten  Zweigen  und  Blättern  zu  zerstören.  Die  Beeren  werden 

Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  IV.  6 


82_ 

auf  dem  Dach  oder  sonst  wo  ausgebreitet,  dann  einige  Zeit  auf- 
gehäuft ,  damit  sie .  wie  der  Fellach  sagt,  in  Gährung  [jochmor, 
es  gährt)  gerathen.  dann  kommen  sie  in  die  Ölpresse  (bädd), 
werden  da  unter  den  schweren  Mühlsteinen  zu  einem  Brei  zer- 
malmt und  schliesslich,  in  Strohkörbchen  gepackt,  in  der  Presse 
[masara]  ausgepresst.  Das  Ol  [zet]  läuft  in  eine  kleine  ausce- 
mentirte  Cisterne  und  wird  aus  dieser  in  Lederschläuchen  oder 
grossen  irdenen  Krügen  [dscharrd  forttransportirt.  Der  Fellach 
braucht  Olivenöl  zur  Beleuchtung  und  als  Nahrungsmittel.  Wenn 
er  sonst  nichts  hat,  so  ist  ihm  Brot  in  Ol  getaucht  ein  ganz  will- 
kommener Bissen.  Auch  bei  den  Städtern  wird  das  Olivenöl 
noch  viel  in  der  Küche  verwendet;  als  Beleuchtungsmaterial 
aber  hat  es  das  Petroleum  fast  überall  im  Lande,  selbst  bei  vielen 
Fellachen  ersetzt.  Grosse  Quantitäten  Olivenöl,  besonders  auch 
die  schlechteren  Sorten,  werden  im  Lande  zur  Seifenfabrikation 
verwendet;  in  gewissen  Jahren  wird  auch  viel  nach  Marseille  und 
Italien  exportirt.  Die  nach  Auspressung  des  Öls  übrig  geblie- 
benen »Traber«  [dschift]  werden  in  Seifensiedereien  und  Kalk- 
öfen als  vorzügliches  Heizmaterial  verbraucht. 

Der  Gemüsebau  (Gemüse  chodrd,  gedeiht  nur  darecht, 
wo  das  Land  bewässert  werden  kann,  obschon  es  einzelne  Arten 
Gemüse  giebt,  welche  auch  ohne  Wasser  wachsen,  wie  z.B.  Gur- 
ken [chijär] ,  Gusa  (vegetable  maiTow  ,  Tomaten  [bandörd] .  Was 
so  (trocken^  wächst,  heisst  ba'l,  das  liewässerte  saM.  In  den  be- 
wässerten Gärten  [bistün  pl.  basüün)  werden  allerlei  Sorten  Ge- 
müse gepflanzt:  Kraut  (  malfüf)^  Rüben  [Uff .,  Gelbrüben  [dsc/ui- 
sar),  üettig  i/idschü) ,  Gurken  [chijär],  Tomaten  [bandöra),  Eier- 
gewächs  (franz.  aubergines,  arab.:  bedimlscJiäii) ,  Pfeffer  [ßeße], 
Zuckererbsen  [bizelli]  u.  s.  w.  Liefert  eine  Quelle  das  Wasser 
für  mehrere  Gärten,  so  ist  es  so  eingerichtet,  dass  jeder  Eigen- 
thümer  seine  bestimmten  Tage  und  Stunden  hat,  in  welchen  er 
das  Wasser  in  seinen  Kanälchen  [kanä  pl.  kuni)  auf  sein  Land 
leiten  darf,  während  das  andere  unbewässert  bleibt.  Die  Ertrags- 
fähigkeit des  Landes  ist  da,  wo  bewässert  werden  kann ,  eine 
erstatin  onswerthe . 

Mit  der  Viehzucht  ist  es  bei  den  F'ellachen  ziemlich  elend 
bestellt.  Ochsen  und  Kühe,  eine  kleine  Rasse,  werden  fast  nur 
so  viele  gehalten,  als  man  zum  Ackerba\i  braucht  imd  erst,  wenn 
sie  zur  Arbeit  untauglich  sind,  werden  sie  an  den  Metzger  ver- 


83 

k^uft  und  geschlachtet.    Mastvieh  giebt  es  nicht.    Schlafe  wer- 
(dßn  nur  wenige  gehalten  und  das  Hamniclfleisch ,  welches  des 
Arabers  Lieblingsfleisch  ist,  liefern  die  Beduinen,  welche  gros^ 
Heerden  und  gutes  Weideland  besitzen,  oder  es  wird  aus  Kurdistan 
und  dena  Hedschäz  herbeigebracht.  13agegen  werden  viele  Ziegen 
gehalten,  ihre  Milch  wird  verkauft  mid  daraus  auch  die  bei  allen 
Arabern  sehr  beliebte  Sauerniilch  [lühen]  und  der  Käse  Uhchihn] 
bereitet.    Butter  wii'd  nur  wenig  gemacht  und  Schnjalz,  ausge- 
kochte Butter  [sUmn,  liefert  fast  ausschliesslich  der  Beduine  (Jafa, 
Gaza,  C'arpael,  Ostjordanland) .   Die  Milch-,  Butter-,  Sauermilch- 
und  Käsebereitung  blüht  beinahe  ausschliesslich,  im  Frühjahr, 
wjQ  das  nöthige  grüne  Futter  au$  der  Erde  hervorwächst.    Trock- 
net aber  dieses  im  Monat  Mai  ans,  sP  fängt  für  das  gute  Vieh 
das  lange  traurige  Fasten-Semester  an,    Der  Ziege  geht  es  da 
noch  am  besten,    denn  sie  findet  Stoppeln,   Hecken  und  Ge- 
büsch auf  den  Hügeln  und  in  den  Wäldern  und  wird  in  allem 
Wind  nnd  Wetter  ins  Freie  getrieben.     Wenn  das  Wetter  zn 
schlecht   und   die   Nahrung  gar  zu  spärlich  geworden   ist,    so 
reicht  man  der  Ziege,  falls  sie  dem  Städter  durchaus  Milch  lie- 
fern soll,  etwas  Ölkuchen  aus  Sesamträbern  [kisbe] .    Schafe  so- 
wohl als  Ziegen  können  oft  in  den  harten  Wintermonaten  nur 
kümmerlich  ihr  Leben  frLsten,  und  manches  Thier  crepirt  aus 
Mangel  an  nöthiger  Nahrung  nnd  Pflege.     Ochsen  und  Kiihe 
leben  den  Winter  über  von  feingetretenem  Stroh.    Da  der  Fel- 
lach selbst  ein  rauhes  und  kümmerliches  Leben  führt,  so  fällt  es 
ihm  nicht  ein,  für  sein  Vieh  besondere  Sorgfalt  an  den  Tag  zu 
legen.    Wenn  ihm  manches  Stück  Vieh  aus  Mangel  an  besserer 
Pflege  zu  Grunde  geht,   so  hat  es  eben  Allah  so  gewollt  und  — 
dagegen  ist  nichts  zu  machen !     Er  nimmt  die  Sache  mit  ziem- 
lichem Gleichmuth  hin  und  sucht  sich ,  wenn  und  wo  er  kann, 
durch  List  und  Betrug  den  Schaden  zu  ersetzen.     Ein  Städter 
übergab  einmal  einem  Fellachen  in  Siloah  eine  Anzahl  Ziegen 
»auf  die  Hälfte«,   d.  h.  für  die  Pflege  sollte  ihm  die  Hälfte  der 
Ziegen  so  wie  ihres  Ertrags  gehören,  eine  Art  Theilhabergeschäft 
[schirke],  wie   es   auch  bei  Pferden  etc.  etc.  vorkommt.     Nach 
einiger  Zeit  erkundigte  er  sich ,   wie  es  der  kleinen  lleerde  er- 
gehe und  erhielt  die  frohe  Kunde :   'aschscharen  (sie  sind  träch- 
tig •,  nach  einiger  Zeit  wiederum:   icalladen  (sie  haben  Junge j; 
bald  darauf  aber  die  Trauerkunde :   naschschafen   (sie  sind  ver- 

6* 


84 

trocknet,  d.  h.  die  Milch,  auf  deren  Ertrag  der  Städter  nun  zählte) , 
und  Miederum  bald  darauf:  muten  (sie  sind  crepirt).  Oh  es  sich 
mit  der  Sache  wirklich  so  verhielt  oder  ob  der  Fellach  ihn  über- 
listet hatte,  konnte  der  Städter  nicht  genau  herausfinden.  Im 
Frühjahr  und  Anfangs  Sommer,  avo  das  Vieh  gutes  grünes  Futter 
und  Stoppeln  (von  Gerste ,  Weizen ,  dura]  findet ,  treibt  es  der 
Hirte  [rai  —  der  Hirte,  welcher  Ochsen,  Esel,  Pferde  auf  die 
Weide  führt,  heisst  "adchchcil.  wohl  von  ^edschl^  Kalb)  Morgens 
auf  die  Weide  und  kehrt  Abends  zurück.  Ist  aber,  besonders  in 
den  kälteren  und  mageren  Gebirgsgegenden  das  Futter  ganz  aus- 
gegangen, so  ziehen  diejenigen ,  die  einen  grösseren  Yiehstand 
haben ,  mit  ihrem  Vieh  in  wärmere  Distrikte ,  etwa  gegen  den 
Jordan  oder  gar  ins  Jordanthal  hinab  und  überwintern  dort  mit 
ihrem  Vieh,  des  Tags  im  Freien ,  des  Nachts  in  irgend  einer  der 
natürlichen  Höhlen  [maghäi'r]^  an  denen  das  Land  reich  ist. 
Von  einer  Partie,  welche  auf  diese  Art  mit  ihrem  Xieh  dem  Futter 
nachgezogen  ist,  heisst  es :  'azzabü  (sie  sind  aufs  Land  gezogen 
d.  h.  dem  Futter  nach)  und  el-ghanam  mo^azzeb  (das  Vieh  ist  auf 
der  fernen  Weide) . 

Da  der  Zweck  dieser  »Mittheilungen«  nicht  sein  kann,  in 
alle  Details  einzugehen,  wodurch  unser  Aufsatz  mindestens  zu 
einem  » liüchlein «  anschwellen  würde ,  so  mögen  diese  Bemer- 
kungen über  »Landwirthschaftliches  in  Palästina«  genügen. 


Beiträge  zur  Palästiiiakimde  ans  arabischen  Quellen. 

I  und  II. 
Von  Professor  Dr.  J.  Gildemeister  in  Bonn. 


Vorerinnerung.     Wenn  der  ZDPV.  11,  p.  XXI.    UI,  p.  VII 

ins  Auge  gefasste  Plan ,  in  der  Zeitschrift  geographische  und  histo- 
rische Texte  aus  arabischen  Schriftstellern  in  wörtlichen  Übersetzungen 
oder  Bearbeitungen  mitzutheilen ,  zuerst  mit  den  zwei  folgenden  klei- 
neren Stücken  zur  Ausführung  gelangt,  so  ist  dazu  allerdings  nicht 
die  Bedeutsamkeit  des  Inhalts  der  bestimmende  Grund  gewesen,  son- 
dern der  Umstand,  dass  sie  zu  den  ältesten  gehören,  sofern  sie  noch 
vor  das  Jahr  1000  fallen.  Der  Verfasser  des  ersten,  al-jakübi,  über 
den  Reinaitd,  Aboulf.  trad.  I.  LXI,  de  Goeje,  Descr.  Al-magribi 
LB.  1860  S.  15 — 21  und  dessen  Abhandlung:  Über  die  Gesch.  der 
Abbäsiden  von  al-Jakubi.  Leid.  1S7S  zu  vergleichen  sind,  in  Ägypten 
geboren,  vielgereist,  und  als  Kätib  in  Regierungsgeschäften  bewandert, 
schrieb  im  Jahr  278  (Chr.  891/2),  vorherrschend  vom  administrativen 
Gesichtspunct  aus ,  einen  kurzen  geographischen  Abriss  kitüb  al-bul- 
dän,  der,  weil  nicht  auf  Vorgängern  fussend,  sondern  meist  nach  Re- 
gistraturen und  Anschaiiung  bearbeitet,  ein  originales  Werk  darstellt. 
In  der  einzigen  erhaltenen  Handschrift,  auf  der  Jvynboll's  Ausgabe 
LB.  1861  beruht,  sind  die  Ortsnamen  in  der  Regel  nicht  punctirt  und 
zuweilen  fehlerhaft  überliefert ;  meist  sind  sie  von  dem  Herausgeber 
schon  befriedigend  hergestellt.  Genauere  Angaben  über  die  hand- 
schriftlichen Lesarten  verdankt  Schreiber  dieses  der  Güte  de  Goeje's. 
Dem  Verfasser  liegt  daran ,  die  arabischen  Stämme ,  die  sich  in  den 
Districten  Palästina's  niedergelassen ,  und  zwar  je  nachdem  sie  zur 
kaisidischen  oder  jemenischen  Partei  gehörten,  einzeln  anzugeben. 
Hierin  liegt  das  grösste  Interesse  des  Fragments,  sofern  es  einen  Bei- 
trag liefert  zu  der  Entscheidung  der  Frage,  wie  weit  man  in  der  heu- 
tigen Landbevölkerung  noch  Nachkommen  der  Urbewohner  sehen 
dürfe.  Über  die  Thatsache,  dass  vor  und  namentlich  seit  der  Erobe- 
rung bis  in  neuere  Zeit  arabische  Stämme  Palästina  überzogen,  sich 
dauernd  angesiedelt  oder  auch  von  da  weiter  nach  Ägypten  begeben 
haben,  finden  sich  nicht  wenige  Nachrichten  und  in  den  Namen  ent- 
haltene Anzeichen ,   doch  so    vereinzelt   und   zusammenhanglos .  dass 


86 

sich  daraus  kein  Ganzes  machen  lässt ;   an  einer  einheimischen  Dar  - 
Stellung,   wie  sie  Makrizi   in   seiner  von  Wüstenfeld,    Gott.    1S47 
herausgegebenen   Abhandlung   über  die   in    Ägypten  eingewanderten 
arab.  Stämme  geliefert  hat,   fehlt  es.     Es  wird  nicht  ungehörig  sein, 
das,  was  sich  in  letzterer  auf  Palästina  bezieht,  hier  auszuheben.    Von 
der  ägyptischen  Gränze  bis  Akkä  wohnte  der  jemenisclie  Stamm  der 
talaba,  und  zwar  ihre  Zweige  darmä  und  ziiraik,  welche  den  Franken, 
als  diese  das  Land  erobert  hatten ,    Unterstützung  liehen ,  ferner  die 
ihnen  verwandten  dscharm  von  tajji' ,   und    die   dschann   von  kudä  a, 
welche  letztere  von  ghazza  und  ad-därüm  bis  nach  Hebron  ihre  "Wohn- 
sitze hatten.     Nach  Saladin's  Siege  kamen  die   talaba  und  ein  Theil 
der  dscharm  xoxi.  tajjV  nach  Ägypten.    S.  6 — 8  (45  ff.).     Die  Familie 
nüdir  und  andere  von   den   zu  den   dsc/iar7n  gehörenden    baim  ghaur 
wohnten  bei  ad-därüm  und    vermittelten  den  Verkehr  zwischen   den 
Königen  (offenbar  den  fränkischen   und  muslimischen,  gerade  wie  Sa- 
ladin  sich  eines  sprachkundigen  Unterthanen  aus  az-zabadäni  als  Corre- 
spondenten  bediente  Jäküt  IV,  913];  in  ihrer  Nähe  wohnten  die  banü 
fuhaid,   die  sich  mit  ihnen  vermischten.     S.   8.    (48).      Ein  anderer 
Zweig  der  Täiden,  die  sinbis,  die  in  Palästina  und  ad-därüm  wohnten, 
wurden  422  (Chr.  1050/1)  nach  Ägypten  verpflanzt.    S.  9.    (49).   In 
kafyä  Sassen  die  achdrisa  und  die  banü  bajäda,  die  zu  ta  laba  gehörten, 
und  in  der  badrijja,  dem  Weg  zwischen  Syrien  und  Ägjpten   ^^über 
den  Berg  badr  im  dschiJTir  s.  Muschtarik  S.  39),  die   dazu  gehörigen 
banü  sadr,  von  denen  das  Fort  sadr  (Jäküt  III,  375)    den  Namen  hat. 
S.  37  (79).    Zwischen  Kähira  und  Aila  wohnten  die  aid  (vgl.   Burk- 
hardt,  Syr.  894)  S.  14  (79). 

Das  zweite  Stück  findet  sich  in  der  bekannten  Anthologie  al-  ikd 
des  spanischen  Arabers  Ihn  Abd  Rabbih,  der  328  (939/4  0)  gestorben 
ist,  Bd.  III,  S.  3G6  ff.  der  Kahiriner  Ausgabe  von  1293.  Es  bietet 
statistische  Daten,  wie  sie  bei  andern  wiederkehren,  z.  B.  bei  Mu- 
dschir  ed-din  el- ulaiml  p.  24S  (55  Sauvaire) ,  251  (60),  375  121), 
385  (138),  in  dem  Buche  itfihä/ed.  Lemming  p.  15  (58.  RtYNOi.Ds' 
Übersetzung  kann  ich  nicht  citiren;  vgl.ToBLER,  Topogr.  I,  463.  501. 
579.  583,  mit  denen  sie  als  älteste  und  etwas  abweichende  Angabe 
verglichen  werden  können.  Ibn  Asäkir  bei  Ulaimi  S.  248  citirt  einen 
Theil  davoü,  indem  er  als  seine  Quelle  al-kurtubl  nennt. 


1.    Ja'kübi. 


(S.  113).  (Zum  Militairbezirk  von  Damaskus  gehören:)  haurän 
mit  der  Hauptstadt  buKru ,  dessen  Bewohner  Kaisiden  von  den  banü 
murra  sind  ,  mit  Ausnahme  von  rft-sinvaidd ,  das  Leute  von  kalb  [also 
Jemeniden]  bewohnen  —  el-batanijjü,  mit  der  Hauptstadt  adri  ät,  von 


87 

Jemeniden  und  Kaisiden  besetzt  —  der  District  el-  halkü ')  mit  der 
Hauptstadt  amman  und  das  ghaur  mit  der  Hauptstadt  rthä  (114), 
welche  beide  Städte  das  Land  der  ball^ä  bilden;  die  Bewohner  sind 
Kaisiden  und  darunter  auch  eine  Anzahl  kuraisch  —  el-dschibül  mit  der 
Hauptstadt  arandal,  bewohnt  von  Ghassäniden ,  hanu-lkain  und  an- 5 
deren,  und  mit  ma'äb  und  zughar,  deren  Bewohner  gemischt  sind;  dort 
ist  auch  das  Dorf  müta ,  in  welchem  Dscha'far  ihn  abi  Tälib,  Zaid  ihn 
Häritah  und  'Abdallah  ihn  Ravähah  getödtet  wurden  —  esch-scharah 
mit  der  Hauptstadt  adruh,  bewohnt  von  dienten  der  Häschimiden  :  da- 
rin liegt  el-humaima,  der  Wohnsitz  des  Ali  ihn  Abdallah  ihn  Alabbäs  10 
ihn  Almuttalib  2)  und  seines  Sohnes  —  el-dschmdün  mit  der  Haupt- 
stadt bänijäs,  wo  Kaisiden  und  zwar  meist  banü  murra  wohnen,  aber 
auch  einige  Jemeniden  —  das  Gebirg  sanlr^] ,  mit  banü  dabba  [Kais], 
aber  auch  Leuten  von  kalb  —  balabakk ,  von  Persern  und  an  den 
Gränzen  auch  von  Jemeniden  besetzt  —  das  Gebirge  el-dschatil  mit  Be-  1 5 
wohnern  vom  Stamm  'cimila  [Jem.]  —  der  Libanon  von  saidü,  wo 
Kuraischiden  und  Jemeniden  wohnen.  Zu  den  Districten  des  Militair- 
bezirks  von  Damascus  an  der  Küste  gehören  der  von  irka,  der  eine 
alte  von  nicht  ansässigen  •*)  Persern  bewohnte  Hauptstadt  hat ,  und 
in  dem  Leute  von  den  rab'i  a  (Kais)  und  zwar  von  den  banü  hanlfa  wohnen  20 
—  Stadt  Tripolis ,  deren  Einwohner  von  Muäwija  hierher  versetzte 
Perser  sind,  mit  wunderbarem  Hafen,  der  tausend  Fahrzeuge  fasst,  — 
dschubail  —  aaidU  —  bairTU\  die  Einwohner  aller  dieser  Districte  sind 
(115)  von  Muäwija  verpflanzte  Perser.  Den  ganzen  District  von  Damask 
eroberte  Abu  Ubaida  unter  dem  Chalifat  Umars  im  Jahr  1 4 .  Die  Grund-  25 
Steuer  von  Damask  ohne  die  Domainen  beträgt  300  000  Dirham. 

Der  Militairbezirk  des  Jordan  :el-urdunn) .  Von  Damask  dahin 
sind  vier  Tagesstationen,  dschäsim  und  chisjln,  die  zum  damascenischen 
Gebiet  gehören,  /«A- an  dem  bekannten  Passe  und  taharijja.  Diese, 
die  Hauptstadt,  liegt  am  Fuss  eines  Berges  an  einem  grossen  See,  aus  30 

1)  Über  die  richtige  Lesart  vgl.  DE  Goe.te  Bibl.  geogr.  arab.  p.  294. 

2)  Des  bekannten  Stammvaters  der  Abbäsiden.    Weil  II,  IS. 

3)  sanir  bezeichnet  der  Aufzählung  nach  hier  noch  den  Damask  zunächst 
gelegenen  Theil  des  Antüibanus  und  id-dschuld  das  Gebirge  vonObergalilaea, 
bei  Abulfeda  dachuhal  'ämila  genannt ,  während  später  beide  Namen  bei  den 
arabischen  Geographen  weiter  nordwärts  rücken. 

4)  näküat"".  Der  Herausgeber  hat  daraus  ein  täkilijja  gemacht  nach  der 
MaräsidIV,  521  versuchten  willkürlichen  Punctation  eines  bei  Qu.xtkemkre 
Maml.  II,  1,  1T4,  6  ohne  Puncte  überlieferten,  jedoch  nach  Tyrus  gehörigen 
Namens,  der  wohl  mit  dem  in  einer  t}Tischen  ürtsliste  bei  Prutz  Aus  Phö- 
nicien  S.  408  mitgetheilten  »bakliye«  identisch  ist. 


S8 

dem  der  Jordan  fliesst ;  in  ihr  entspringen  heisse  Wasser ,  die  im 
Winter  und  Sommer  ununterbrochen  sprudeln  und  zu  den  Bädern  ge- 
leitet werden  ,  ohne  dass  man  für  diese  Feuerung  gebraucht.  Unter 
ihren  Einwohnern  sind  vorherrschend  die  Asch 'ariden  [Jemen.].  Zu 
5  diesem  Bezirk  gehören  die  Districte  :  der  von  sür,  der  Hauptstadt  des 
Küstenlandes,  in  der  das  Arsenal  ist  und  von  wo  die  Regierungsschiffe 
zum  Kreuzen  gegen  die  Byzantiner  ausfahren ;  die  Stadt  ist  fest  und 
gross  und  ihre  Einwohner  sind  gemischt  —  akkä,  das  zum  Küsten- 
land gehört  —  kadas ,    einer  der  grossesten  Districte  — ^)  — 

Wßhl  [nach  amdern  fahl]  —  dscharasch  —  es-sawäd,  die  Bewohner  dieser 
Districte  sind  aus  Arabern  und  Persern  gemischt.  Die  Districte  des 
urdunn  wurden,  mit  Ausnahme  von  Tiberias,  das  capitulirte,  von  Abu 
Ubaida  erobert,  andere  eroberten  Chälid  und  Amr  (116)  ihn  Al'äs 
als  Unterfeldherrn  Abu  Ubaida' s  im  Jahr  14.    Die  Grundsteuer  dieses 

ISMilitairbezirks  ohne  die  Domainen  beläuft  sich  auf  100  000  Dinare. 

Der    Militairb  ezirk    Palästina.      Von     dem    vorigen    zu 

diesem  sind  drei  Stationen.     Die  alte  Hauptstadt  hiess  ludd.    Als  Su- 

laimän  ihn  Abdalmalik  Chalif  war ,  baute  er  die  Stadt  er-ramla,  liess 

ludd  wüst  werden  und  verpflanzte  die  Einwohner  nach  er-ramla,  dem 

20  Hauptorte  von  Palästina.  Es  hat  einen  kleinen  Fluss,  aus  dem  die 
Einwohner  trinken ,  während  der  Fluss  abü  ftärtts  1 2  Meilen  davon 
entfernt  ist ;  sie  trinken  auch  Brunnenwasser  und  aus  Cisternen,  in 
die  der  Regen  läuft.  Das  Volk  der  Stadt  ist  gemischt  aus  Arabern  und 
Persern;    die  Schutzverwandten  darin  sind  Samaritaner.    Districte  von 

25  Palästina  :  der  von  ilijä  oder  hait  el-mukaddas,  wo  die  Heiligthümer 
der  Propheten  sind  —  der  von  ludd,  und  sein  Hauptort  besteht  noch, 
nur  dass  dieser  wüst  ist  —  amawäs  —  nübulus,  alte  Stadt,  in  der  die 
beiden  heiligen  Berge  sind  ;  unter  der  Stadt  ist  eine  in  Fels  gehauene 
Stadt  ^ I ;  bewohnt  wird  sie  von  einem  Gemisch  von  Arabern,  Persern 

30  und  Samaritanern  —  sabastija,  das  zu  tiäbtdus  geschlagen  ist  —  kat'sü- 
rijja  am  Meer,  eine  der  festesten  Städte  Palästina's  und  die  letzte,  die 
erobert  wurde,  und  zwar  von  Muäwija  unter  dem  Chalifat  Umars  — 
jxibnu,  eine  alte  Stadt  auf  einer  Höhe  [statt  kal  a  muss  sicher  tala  ge- 
lesen werden];   sie  ist  es,   von  der  nach  der  Überlieferung  Usäma  ihn 

3.")  Zaid   gesagt  hat :   »der   Prophet   als   er  mir  den  Oberbefehl   übergab, 

5)  Der  Name,  wie  es  scheint,  verdorben;  schwerlich  tibnln ,  das  der 
Herausgeber  lesen  will  und  das  zur  Lage  nicht  passt.  Man  sollte  baisän  er- 
warten. 

ü)  Erklärt  sich  wohl  aus  GuÜRlN  Samarie  1,  399  ff. 


89 

sprach:  überfalle  jubnä  (117)  am  frühen  Morgen,  dann  stecke  in 
Brand ') ;  die  Einwohner  dieser  Stadt  sind  Leute  von  den  Samarita- 
nern  ^)  —  jäfä  am  Ufer  des  Meeres,  wohin  die  Bewohner  von  Ramla 
verkehren'*')  —  der  District  von  hait  dschibr'in ,  einer  alten,  von  Dschu- 
dämiden  bewohnten  Stadt ;  in  ihm  liegt  das  todte  Meer,  von  dem  5 
Asphalt  oder  Mümia  kommt  —  die  Stadt  askalän  am  Strande  —  die 
Stadt  ghazza  am  Strande ,  wo  das  dritte  Klima  beginnt  und  das  Grab 
Häschims  ihn  Abd  Manäf  ist.  Die  Einwohner  des  Militairbezirks  Pa- 
lästina bestehen  aus  den  Arabern  von  lachm,  dschudäm,  ümila,  Hnda. 
kais  und  Jcinüna.  Das  Land  Palästina  wurde  im  Jahr  16  nach  längerem  ^^ 
Widerstand  erst,  als  Umar  selbst  ausgezogen  war,  erobert.  Die  Ein- 
wohner der  Districte  llijä  d.  i.  bait  el-mukaddas  wollten  nur  dem  Cha- 
lifen  capituliren  ;  so  reiste  er  zu  ihnen  und  ertheilte  die  Capitulation : 
es  ^vurden  die  meisten  Districte  des  Landes  ausser  kaisärijja  erobert, 
vor  welchem  Abu  Ubaidah  den  Muäwija  zurück  liess,  der  es  im  Jahr  1^ 
18  einnahm.  Die  Summe  der  Grundsteuer  dieses  Militairbezirkes  mit 
Einschluss  des  Domainenertrags  beläuft  sich  auf  300  000  Dinare.  Wer 
von  Syrien  an  Palästina  hin  nach  Mekka  will,  kommt  über  rauhe, 
schroffe  Berge ,  bis  er  nach  aila  und  dann  nach  madjan  gelangt,  dann 
führt  ihn  der  Weg  mit  den  von  Ägypten  und  dem  ferneren  Westen  20 
kommenden  Pilgern  weiter  ^^] . 


II.    Ibn  Abd  rabbih. 
(S.  366).    Beschreibung  der  Moschee  vo  n  Jerusalem. 
Ihre  Länge  beträgt   784,  ihre  Breite  455  (367)  Ellen  nach  der /mäw?- 
EUe^i).     Es  werden  in  ihr  1500  Lampen  angezündet.     Die  Zahl  der 

7)  Der  Text  nach  Bakri  p.  62  verbessert;  denselben  Sinn  giebt  DE  GoE- 
je's  Punctation  "ghdu.  Dass  das  palästinensische  jubnä  zu  verstehen  sei; 
scheint  DE  GoEJE  Mem.  d'hist.  orient.  III  1 1  gerechtfertigt  zu  finden :  aber 
nach  dem  Zusammenhang  bei  Tabari  I  5U.  S2  Koseg.  ist  dies  nicht  möglich. 

8;  Hier  und  in  Ramla  sonst  nicht  erwähnt. 

9)  So  wohl  hier  zu  verstehen. 

10)  Dass  die  syrische  Karawane  damals  mit  der  ägyptischen  den  Weg  am 
Gestade  des  rothen  Meeres  einschlug,  sagt  Ja'kübi  auch  S.  129.  —  Im  Text 
folgen  die  Stationen  des  Weges  von  Syrien  nach  Ägypten ,  die  als  von 
Sphengeh  ,  Post-  und  Reiserouten  S.  95,  schon  übersetzt  hier  wegbleiben 
können,  mit  Ausnahme  der  Notiz,  dass  die  Bewohner  von  el- arisch  Dschudä- 
miden  waren,  was  auch  Jakut  III  660  angiebt. 

11)  Nach  dem  Statement  des  Pal.  Explor.  Fund  1S74,  S.  261  entdeckte 
Ganneai'  an  der  nördlichen  Innenmauer  des  Haräm  eine  in  nicht  sehr  sorg- 
fältigem Nas'chi  eingegrabene  Inschrift,  in  der  zu  lesen  war,  dass  die  Länge 


90 


Holzstücke  [Balken,  Span-en  ^■■^) ]  darin. ist  0900,  der  Thore  50,  der 
Säulen  684.  Innerhalb  der  sachra  befinden  sieh  30,  ausserhalb  18 
Säulen;  sie  ist  mit  3392  Bleiplatten  belegt  und  darüber  sind  10210 
vergoldete  Kupferplatten.  In  der  sachra  brennen  464  Lampen  an 
5  kupfernen  Haken  und  kupfernen  Ketten  ^3j_ 

In  der  Moschee  selbst  sind  drei  maksüren  für  die  Weiber '*) ,  jede 
80  Ellen  lang  und  50  breit,  600  Ketten  zum  Aufhängen  der  Lampen, 


der  Moschee  700, und  4  Ellen  und  die  Breite  455  Ellen  nach  der 

-Elle  betrage.  Die  beiden  hier  mit  Puncten  bezeichneten  Worte  waren  zer- 
stört, doch  so  viel  zu  sehen,  dass  das  erstere  nur  30  oder  SD  gelautet  haben 
konnte.  Dieselbe  Inschrift  sah  an  dei-selben  Stelle  der  Verfasser  des  muür 
al-(jhumm,  der  752  Chr.  I351j  schrieb,  und  las  das  erstere  Wort  80,  während 
auch  damals  das  zweite  unleserlich  war.  Noch  früher  im  Jahr  438  fHJ46j  hatte 
der  Perser  itäsir  ihn  chusruii  fJourn.  of  the  R.  As.  Soc.  2  Ser.  VI.  1873,  p.  145) 
die  In.schrift  an  der  Nordseite  bemerkt  und  giebt  als  Länge  704  Ellen  an ; 
also,  wenn  es  nicht  Handschriftfehler  ist,  scheint  das  Wort  schon  damals  un- 
leserlich gewesen  zu  sein:  das  Maass  nennt  er  die  »»«/«'Ä  -  Elle ,  was  aber 
nach  G.'^NNEAU'.s  Zeugniss  mit  den  erhaltenen  Zügen  unvereinbar  ist.  In  diese 
Zweifel  bringt  nun  unsere  Stelle,  die  nothwendig  auf  der  Inschrift  fusst, 
Licht.  Sie  bestätigt  die  Zahl  784  und  nennt  die  imäm-^We.  Was  die  Zah- 
len betrifft,  so  urtheilt  CoxDER  (Stat.  1880,  p.  98),  dass  sie  mit  der  ermittelten 
Länge  des  Haräm  von  1601  engl.  Fugs,  die  Elle  =  2  engl.  Fuss  3  Zoll,  ziem- 
lich stimme  (aber  die  Division  ergiebt  nur  2'/io  engl.  Fuss;,  und  eben  so  mit 
der  Breite  der  Nordseite  von  1042  Fuss  engl,  (aber  dies  ergiebt  2y24),  und 
schliesst  daraus,  dass  die  Area  des  Haram  zu  allen  muhammedanischen  Zeiten 
dieselbe  gewesen  sei,  während  er  1874  a.  a.  O.,  nicht  ohne  die  Verschieden- 
heit der  arabischen  Ellen  in  Erwägung  zu  ziehen,  den  umgekehrten  Schluss 
machte:  in  der  muhammedanischen  Zeit  habe  die  Ausdehnung  des  Haräm 
variirt.  In  jedem  Falle  haben  wir  hier  ein  chronologisch  und  sachlich  voll- 
kommen feststehendes  Zeugniss  aus  vorfränkischer  Zeit,  dass  Angaben,  wie 
die  Wilhelm' s  von  Tyrus  8,  3  von  der  quadratischen  Gestalt  der  Area  (mit 
denen  Toblek.  Top.  I,  466  sich  viele  Mühegiebt),  keine  Beachtung  verdienen  ; 
sie  sind  Nachhall  aus  Josephus.  Gewiss  ist  die  später  nicht  mehr  geläufige 
?»Kim-Elle  (vermuthlich  ist  sie  auch  bei  'ülaimi  S.  108  des  Textes,  S.  29  der 
Übsg.  mit  dem  unpassenden  und  sonst  unerhörten  Namen  a7»(7n-Elle  ge- 
meint, der  freilich  eine  grössere  Länge,  als  obige,  zugeschrieben  wird; ,  die, 
welche  in  der  Inschrift  stand.  Ausser  dieser  Inschrift  habe  ich  sie  nur  an 
einer  einzigen,  augenblicklich  gerade  nicht  aufzufindenden  Stelle  erwähnt  ge- 
lesen, in  der  der  imäm  vermuthungsweise  auf  Ali  bezogen  war. 

12  Nicht  Holztäfelchen,  wie  Tobler  I,  582  aus  der  entsprechenden  Stelle 
bei  dem  sog.  Kemaleddin,  wahrscheinlich  nach  Kevnolds,  giebt. 

13)  Ausgelassen  ist  hier  die  Fabel  von  der  Höhe  der  Sachra,  die  vielfach 
und  z.  B.  bei  ülaimi  S.  1U8  ,29  Sauv.,  und  153  (35:  zu  lesen  ist. 

14)  Jetzt  bekanntlich  nur  eine,  wodurch  sich  die  Al^sä  vor  den  meisten 
andern  Moscheen  auszeichnet;  vgl.  Sauvaire  99.  ToBLER  I,  574.  SociN-Bae- 
deker'^  I.  57.  Da  ausführlichere  Erläuterungen  nicht  dieses  Ortes  sind,  ge- 
nügen zur  Vergleichung  die  Verweisungen  auf  diese  drei  Bücher. 


91 


jede  18  Ellen  lang,  70  Gitterwerke '^)  und  7  konische  Gestelle  für  die 
Lampen.  Vollständige  Korane  hat  sie  70  ,  und  6  grosse,  bei  denen 
jedes  Blatt  von  einer  ganzen  Pergamenthaut  gebildet  wird,  auf  Pulten, 
in  die  sie  gelegt  werden. 

Sie  hat  10  Mihräbe ,  15  Kuppeln,  24  Brunnen  und  4  Minarete  5 
für  die  zum  Gebet  Rufenden.  Sämmtliche  Dächer  der  Moschee,  der 
Kuppeln  und  der  Minarete  sind  mit  vergoldeten  Platten  bekleidet.  An 
Dienern  mit  Familien  hat  sie  230  Mamluken  ^6),  welche  den  Unter- 
halt aus  dem  Staatsschatz  erhalten.  Die  monatliche  Lieferuug  von  Öl 
an  die  Moschee  beträgt  700  ki'st  sextarien)  ibrähimischen  Masses,  da- 10 
von  jedes  anderthalb  rotl  des  gi'ossen  Gewichtes  ausmacht,  die  jährliche 
von  Matten  8000,  die  jährliche  von  Material  ^^j  zu  Lampendochten  12 
Dinare,  von  Lampenglas  33  Dinare,  und  für  die  auf  den  Dächern  be- 
schäftigten Arbeiter  jährlich  15  Dinare. 

Heiligthümer  der  Propheten.     In  Jerusalem  ist  der  Ort,  15 
wo  des  Propheten  Reitthier ,  der  btiräk,  angebunden  wurde,  unter  der 
Ecke  der  Moschee.    In  der  Moschee  ist  das  Thor  Davids  ^^),  das  Thor 
Salomo's,   das  Thor  hiffa ,    welches  Wort  Gott  im  Koran  gebraucht 
(2,55) :  »und  sprecht :  hitfa!«.  d.  h.  es  ist  kein  Gott  als  Gott  [vielmehr : 
»Ablassl«],  worauf  sie  spottend  sagten  ))^m(a  (Waizen)«  und  er  sie  um  20 
ihres    Unglaubens    willen    A-erfluchte  ^9) ,    und     das    Thor    Muham- 
mad's^O)  und  das  Thor  der  Reue,   in  welchem  Gott  dem  David  ver- 
gab, und  das  Thor  der  Barmherzigkeit,    welches  Gott  in  seinem 
Buche  erwähnt  hat  (57,  13):  »es  hat  ein  Thor,   in  dessen  Innenseite 
die  Barmherzigkeit  ist  und  vor  dessen  Aussenseite  die  Strafe«  d.h.  das  25 
östlich  von  Jerusalem  gelegene  Thal  (hchahannttm^^) ,  und  das  Thor  der 
Stämme  -2) ,  nämlich  der  israelitischen,  und  das  sind  sechs  Thore,  und 

15)  »Siebe«;  was  der  technische  Ausdruck  genauer  bezeichnet,  ist  mir 
nicht  bekannt. 

16)  Nach  dieser  genaueren  Bezeichnung  ist  also  chädim  hier  nicht,  wie 
SAtv.\lRE  S.  5H  that,  durch  »schwarze  Sclaven«  zu  übersetzen. 

17)  siräfa  ist  sonst  nicht  bekannt  und  Hess  sich  deshalb  nicht  genauer 
\\-iedergeben  ;  zu  vgl.  ist  suruf,  das  die  arab.  Lexicographen  in  ihrer  "Weise 
durch  «etwas  Wei-sses  wie  Cocongespinnst«  erklären ,  wonach  die  Lesart  sieher 
scheint.  Die  Münchener  Handschrift  594  hat  nach  freundlicher  Mittheilung 
Hrn.  Au.mer's  siräkah,  was  noch  weniger  Deutung  erlaubt. 

18;   Später  Kettenthor  genannt.    Sauv.  134. 

19)  Ausführlicheres  bei  Sauv.  13U,  einiges  bei  Tobl.  I.  502.     Soc.  64. 
20    Auch  Thor  des  Propheten,  jetzt  das  der  Maghribin.  Sauv.  135.  Tobl. 
I,  503.    Soc.  67. 

21)  Über  beide  Sauv.  127.    Soc.  02. 

22)  Sauv.  128.    Tobl.  1,  500.    Soc.  63. 


92 


das  Thor  Walid's  und  das  Thor  des  Häschimiden  und  das  Thor 
Chidr's231  und  das  Thor  der  sak'ma  (der  göttlichen  Gegenwart)-*). 

Es  ist  darin  der  mihrüb  Betcapelle)  der  Maria -^5),  in  dem  die 
Engel  mit  Früchten  des  Winters  im  Sommer  und  Früchten  des  Sommers 
5  im  Winter  zu  ihr  kamen,  der  mihräh  des  Zacharias,  in  dem  die  Engel 
ihm,  während  er  darin  betend  stand ,  die  Geburt  des  Johannes  ver- 
kündeten 26]  j  der  niihräb  Jakobs  ,  der  Thron  Salomos  2'?) ,  auf  dem  er 
Gott  anrief,  das  Minaret  Abrahams,  in  das  er  sich  zum  Gottesdienst 
zurückzog,  die  Kuppel  (369),  von  der  aus  der  Prophet  zum  Himmel 
10  emporstieg28) ,  die  Kuppel,  in  der  er  mit  den  Propheten  betete  29j.  die 
Kuppel,  in  der  zur  Zeit  der  Israeliten  die  Kette  zum  Rechtsprechen 
herabhing  30^  der  Gebetsplatz  Gabriels  und  der  Gebetsplatz  Chidrs-''). 

Wenn  du  in  die  sachra  eintrittst,  so  bete  in  ihren  drei  Ecken 
und  bete  auf  dem  Fussboden ,  der  mit  dem  Felsen  gleich  hoch  ist : 
15  denn  sie  ist  auf  einem  Thore  des  Paradieses. 

Der  Geburtsort  Jesu  ist  drei  Meilen  von  der  Moschee,  die  Mo- 
schee Abrahams  und  sein  Grab  18  Meilen  von  der  Stadt,  und  der  mih- 
räh dieser  Moschee  liegt  an  ihrer  Westseite  ^^j . 

23)  Diese  drei  später  nicht  mehr  genannt. 

24)  Nicht  gut  übersetzt  Sauv.  134  »Porte  de  TArche.«  Die  Benennung  geht 
zurück  auf  die  jüdische  Vorstellung,  dass  die  Schekina  von  der  Westmauer 
des  Harära  nie  gewichen  sei.  Hottixger  ,  Cippi  hebr.  Heid.  1662  p.  41. 
Tobler's  Vermuthung  I,  501  Nr,  2,  dass  es  mit  dem  Kettenthor  ein  inneres 
und  äusseres  Doppelthor  gebildet,  ist  mit  den  bestimmten  Aussagen  nicht 
vereinbar. 

25)  Nach  Sauv.  103  zusammenfallend  mit  der  »Wiege  Je.su.«  Tobl.  592. 
See.  60. 

26)  Am  Ostthor  der  Aksä,    Sauv.  98.   Tobl.  1,  591.    Soc.  63. 

27)  Wohl  die  Kuppel  Sauv.  114.   Tobl.  I,  598.    Soc.  63, 

28)  Sauv.  112.    Tob.  1,  595.    Soc.  54. 

29)  Sauv.  112.    Tobl.  1,  596;  später  verschwunden. 
30,  Sauv.  30.  35.    Tobl.  1,  594.    Soc.  54. 

31)  Nach  Ulaimi  374  (Sauv.  113)  unter  dem  Boden,  später  aufgegeben ; 
darüber  wurde  der  mihräb  errichtet,  der  »die  Höhle  der  Geister«  hei8St(Soc.54); 
verschieden  von  der  heutigen  kubbat  elchidr  Soc.  55. 

32)  Nämlich  der  mälikiti.sche  (Sauv.  17.  137).  der  für  den  Verfasser  als 
Mälikiten  das  meiste  Interes.se  hatte. 


Instruction  für  die  Sammlung  von  Steinmetzzeichen. 

Von  k.  k.  Professor  Franz  Rziha  in  AVien. 
Hierzu  Tafel  I.i 

An  den  Bauwerken  der  verschiedensten  Knnstepochen  be- 
finden sich  Zeichen  eingemeisselt,  welche  man  Steinmetzzeichen 
desshalb  nennt,  weil  die  Corporationen  der  Steinmetze  diese  Zei- 
chen als  Ehren-  und  als  geheime  Erkennungszeichen  der  Mit- 
gliedschaft der  Corporation  anerkannten.  Die  Zeichen  bestehen 
aus  geraden  und  krummen  Linien  und  haben  imtereinander  eine 
gewisse ,  geometrische  Ähnlichkeit.  Diese  letztere  beruht  nach 
den  Studien  des  Unterzeichneten  darauf,  dass  die  Zeichen  Theile 
einer  gemeinsamen  Grundfigur,  Theile  eines  sogenannten  Schlüs- 
sels sind ,  welche  Schlüssel  von  den  Coii)orationen  geheim  ge- 
halten wurden.  Es  konnte  also  Niemand  durch  ein  unechtes 
Zeichen  eine  Legitimation  der  Zugehörigkeit  zur  Corporation 
beibringen. 

Der  Charakter  der  Steinmetzzeichen  hat  sich  im  Laufe  der 
Zeit  sehr  geändert  und  zwar  sowohl  bezüglich  der  Grösse  der 
Zeichen,  als  bezüglich  der  Construction  derselben. 

Die  Römischen  Baucorporationen  wendeten  Zeichen  an, 
welche .  wie  diess  Figur  1  zeigt ,  sehr  einfach  und  oft  sehr  gross 

Fig.  1. 


E  Y 


waren,  nämlich  25  bis  30  cm.  Die  Corporationen  zur  Zeit  der 
romanischen  Kunst  wendeten  meistens  Grössen  von  10 — 
1 5  cm  an  und  bringen  neben  einfachen .  linearen  Zeichen  schon 
Formen,  welche  etAvas  complicirter  erscheinen,  z.  B.  Figur  2. 
Die  Cori)orationen  aus  der  Zeit  der  Gothik  wenden  in  der 
Übergangszeit  der  romanischen  Kunst  zur  gothischen  Zei- 
chengrössen  von  meist  8 — 10  cm  an  und  gelangen  zu  Formen, 
welche  durch  Einfügung  von  krummen  Linien  und  Kreisen  mit- 


94 


unter  recht  complicirt  erscheinen  (Figur  3). 
der  Gothik  wendet  Zeichengrössen  von   5- 

Fig.  2. 


Die  mittlere  Zeit 
-6  cm  an  und  bietet 


CO    >-K^^  o^ 


Fig.  3. 


AA 


bereits  Formen  verschiedenartigster  Gestaltung  und  A'erschlin- 
gung.  wie  solches  durch  Figur  4  verdeutlicht  wird.  Die  Spät- 
gothik  wendet  dieselben  complicirten  Formen  der  Figur  4,  aber 

Fig.  4. 


><=x 

in  sehr  kleinen  Dimensionen,   oft  von  nur  2  bis  3  cm,  an.    Die 
Zeit  der   Renaissance   bringt    die    complicirtesten  Formen, 

Fig.  5. 


"O 


y^ 


Figur  5,  und  dieselben  in  Grössen  von  7 — 10  cm.  Man  kanji 
also  bei  einer  durch  vergleichendes  Studium  erzielten  Ül)ung 
aus  Grösse  und  (^Jiarcikter  der  Zeichen  wichtige  Schlüsse  auf  d  i  e 
H  a  u  z  e  i  t  ziehen . 

Das  Studium  der  Steinmetzzeichen  hat  aber  nicht  nur  in 


95 


dieser  Beziehung  grosses  Interesse,  sondern  auch  insofern 
als  die  Zeichen  als  Corporationszeichen  angesehen  werden  müs- 
sen, Avelche  auf  dem  Construktionsprinzipe  eines  Schlüssels  be- 
ruhen. Findet  sich  nun  der  Nachweis,  dass  die  Zeichen  z.  1^.  aus 
der  romanischen  Zeit  ebenso  wie  die  ans  der  römischen  und 
griechischen  Zeit  ans  Schlüsseln  construirt  wurden ,  welche  auf 
denselben  geometrischen  Prinzipien  beruhen,  so  kann  man  das 
hohe  Alter  der  Baucorporationen  ,  welches  bis  jetzt  nur 
traditionell  behauptet  wird,  dokumentarisch  feststellen. 
In  letzterer  Beziehung  ist  es  nun  knnstgeschichtlichvon  un- 
gemeiner Wichtigkeit,  im  Oriente  eingehend  nachzuforschen,  ob 
sich  Steinmetzzeichen  auf  Werken  griechischer ,  römischer ,  by- 
zantinischer,  persischer,  ägyptischer,  jüdischer  etc.  Zeitperiode, 
eventuell  auf  den  ältesten  Kunstwerken  voi-finden.  Soll  die 
Sammlung  solcher  Zeichen  Werth  haben ,  so  muss  folgendes  be- 
achtet Averden : 

1)  Genaue  Copie  in  Naturgrösse,  am  besten  durch  Bürsten- 
abzug, oder  wenigstens  durch  sorgfältige  Zeichnung. 

2)  Besonderes  Augenmerk  auf  Dimension  und  auf  Winkel 
der  sich  kreuzenden  oder  schneidenden  Linien. 

3)  Angabe  der  Lage  des  Zeichens  auf  dem  Steine. 

4)  Art  der  Einmeisselung  des  Zeichens  in  den  Stein,  z.  B. 
Figur  6. 

Fig.  6. 


5)  Angabe  der  Orte,  wo  sich  die  mit.  Zeichen  versehenen 
Steine  am  Bauwerke  befinden. 

6)  Angabe ,   ob  ein  und  dasselbe  Zeichen  sich  wiederholt ; 
wenn  ja,  wie  oft? 

In  Bezug  auf  das  Auffinden  der  Zeichen  unterliegt  dasselbe  der 
Schwierigkeit  des  Erkennens ,  sobald  der  Stein  schon  stark  ver- 
wittert ist.  Erfahrungsgemäss  findet  man  die  Zeichen  am  besten, 
wenn  man 

1 )  sich  in  einiger  Entfernung  von  dem  l?auwerke  aufstellt  und 
mit  einem  guten  Fernglase  Stein  um  Stein  absucht,  und 

2)  auf  besonders  wichtige  Construktionstheile  achtet,  an 
denen  die  Zeichen  gerne  angebracht  wurden,  z.  B.  an  Schluss- 
steinen, Kapitalen.  Sockeln,  Simsen  etc. 


Instruction  für  das  Studium  der  Bergfriede. 

Von  k.  k.  Professor  Franz  ßziha  in  Wien. 
(Hierzu  Tafel  II.) 

Die  Bergfriede  sind  Thünne  mit  hochgelegenem  Eingange, 
■welche  im  Vertheidigungskriege  als  letzte  Zufluchtsstätte  gedient 
haben.  Sie  stehen  immer  isolirt  und  zwar  entweder  als  Einzel- 
objekt (Wartthürme)  entlang  den  alten  Heerstrassen,  oder  als  das 
dominirendste  Objekt  innerhalb  der  Anlage  einer  Burg. 

Vor  der  Zeit  der  Pulvergeschosse  wurden  die  Bergfriede 
meistens  in  viereckigem,  nahezu  quadratischem  Grundrisse  er- 
baut; seit  der  Zeit  der  Einführung  des  Pulvers  erscheinen  sie  in 
den  Burgen  in  runder  Grvmdrissform. 

In  Mittel-Europa  und  hier  besonders  am  Rheine,  in  Bayern, 
AVürttemberg,  der  Schweiz  und  in  Osterreich  sind  die  viereckigen 
Bergfriede  ausserordentlich  zahlreich  vertreten,  und  fällt  ihre  Er- 
bauungszeit in  die  Zeit  der  Kreuzzüge.  Auf  Gnind  dieses  letz- 
teren Umstandes  und  des  weiteren,  dass  einzelne  wenige  Thürme 
in  Deutschland  luid  Österreich  ausgesprochene ,  edle  römische 
Technik  an  sich  tragen ,  sowie ,  dass  sich  auf  den  Heerwegen  in 
Mittel-Italien  solche  viereckige  ]5ergfricdc  als  offenbare  ehema- 
lige Wartthürme  vorfinden,  lässt  sich  die  gegründete  Vennuthung 
aussprechen ,  dass  die  Sitte ,  solche  Thürme  zu  bauen ,  eine  sehr 
alte  sei ,  und  dass  sie  vorzugsweise  durch  die  Kreuzfahrer  nach 
Mittel-Europa  gebracht  wurde. 

Es  ist  deshalb  von  nicht  geringem  wissenschaftlichen  Inter- 
esse, dass  bei  einer  Bereisung  des  Orients  nachgeforscht  werde, 
ob  sich  derlei  Thürme  dort  schon  aus  der  vorchristlichen,  even- 
tuell speziell  aus  der  römischen  Zeit  vorfinden. 

Wie  schon  bemerkt,  finden  sich  in  Mittel-Europa  diese 
Thürme   sehr  zahlreich,   und   es  mögen  wohl  gegen  lOU  Exem- 


97  

plare  sein,  welche  man  kennt.  Nahezu  alle  diese  Thürme  trafen 
die  Technik  der  romanischen  Baukunst  an  sich ,  und  soweit  bis 
jetzt  ermittelt,  weisen  nur  3  bis  4  Exemplare  echte  römische  Tech- 
nik auf. 

Es  erscheint  deshalb  wichtig  für  das  Studium  dieser  Berg- 
friede, dass  in  Kürze  einerseits  die  Merkmale  angegeben  werden, 
Avelche  die  diessfälligen  römischen  BauAverke  mit  den  romanischen 
gemeinsam  haben,  andrerseits  diejenigen,  durch  welche  sie  sich 
von  einander  unterscheiden  lassen,  und  ist  in  dieser  Richtung 
folgendes  anzuführen. 

1)  Es  ist  auffällig,  dass  alle  Bergfriede,  römische  wie  roma- 
nische ,  nahezu  die  gleichen  Maasse  des  quadratischen  Grund- 
risses aufweisen,  nämlich  zwischen  9  und  1 0  Meter  Quadratseite  ; 
es  würden  daher  diese  Grundriss-Maasse  aufzunehmen  sein. 

2)  Die  Mauerstärke  ist,  wie  in  der  Regel  bei  jedem  Bau- 
werke ,  unten  am  grössten  und  beträgt  hier  nahezu  den  dritten 
Theil  der  Quadratseite ;  in  vielen  Fällen  ist  für  die  Stärkenbe- 
stimmung das  graphische  Verfahren  Fig.  1  eingeschlagen.  Diese 
bedeutende  Stärke  des  Mauerwerks  dürfte  aus  drei  Gründen  ge- 
wählt worden  sein : 

a.  wegen  des  Widerstandes  gegen  eine  Unterminirung, 

b.  wegen  des  Widerstandes  gegen  angemachtes  Feuer,  durch 
welches  die  Mauer  abgesprengt  werden  sollte,  und 

c.  wegen  des  W^iderstandes  gegen  die  Stossböcke. 

3)  Alle  Bergfriede  vor  der  Zeit  der  Pulvergeschosse  weisen 
Etagen  [Fig.  2)  auf,  deren  Wandstärken  sich  meistens  nach  oben 
verringern,  und  welche  zum  Anbringen  hölzerner  Fussböden  ge- 
dient haben;  eingewölbte  Etagen  kommen  erst  in  der  Zeit  der 
Pulver-Geschosse  vor. 

4y  Die  römischen  Thürme  unterscheiden  sich  von  den  roma- 
nischen durch  eine  ausgezeichnete  Wahl  des  Baumaterials; 
die  grosse ,  fachliche  Erfahrung  gestattete  nämlich  den  Römern 
ein  Material  auszusuchen,  welches  die  nöthige  Festigkeit  sowohl 
gegen  Stoss ,  wie  gegen  Feuer  und ,  was  ganz  besonders  zu  be- 
merken, gegen  Verwitterung  bot;  die  Römer  liebten  deshalb  vor- 
nehmlich Steine  vulkanischen  Ursprunges .  z.  B.  Basalt,  Lava, 
lind  mag  hier  bemerkt  w^erden ,  dass  der  Borgfried  zu  Egcr  in 
Böhmen  das  einzige  bekannte  Bauwerk  rechts  vom  Rlunnc  ist, 
welches  aus  Lava  errichtet  wurde. 

Ztschr.  d.  Piil.-Ver.  IV.  7 


98 

5)  Die  römischen  Tliürme  tragen  in  den  wenigen  mitteleuro- 
päischen Exemplaren  keine  Steinmetzzeichen  an  sich ,  während 
die  romanischen  fast  durchweg  Steinmetzzeichen  aufweisen.  Der 
Charakter  derselben  ist  durch  Fig.  3  dargestellt  und  entspricht 
vollständig  den  Steinmetzzeichen  der  romanischen  Periode.  Diese 
Zeichen  sind  3  bis  9  Zoll  gross ,  und  es  würde  sehr  darauf  zu 
achten  sein,  ob  bei  den  Bergfrieden  im  Oriente  Stein- 
metzzeichen vorkommen  oder  nicht. 

G)  Die  Avenigen  römischen  Thürme  vmterscheiden  sich  von 
den  romanischen  in  Bezug  auf  die  Handwerkstechnik  durch  fol- 
gende Merkmale : 

a.  durch  einen  ausgezeichneten  Schnitt  der 
S tos s-  und  Lagerfugen.  Es  sind  nämlich  die  Stein-Schich- 
ten um  den  ganzen  Thurm  herum  genau  horizontal  abgeglichen, 
inul  wenn  die  Steine  für  diese  Abgleichung  in  entsprechender 
Höhe  nicht  vorhanden  Avaren,  so  ist  wenigstens  bei  jeder  zweiten 
oder  dritten  Schicht .  durch  die  Einklinkung  der  Steine  in  ein- 
ander die  Abgleichung  durchgeführt,  Avie  dies  Fig.  4  des  näheren 
zeigt.  Iliebei  ist  noch  zu  bemerken,  dass  die  Einklinkungen 
ausserordentlich  sf)rgfältig  durchgeführt  sind. 

b.  Durch  eine  vorzügliche  Technik  des  Bogen- 
G  e  Av  ö Ib  e  s.  •)  Bei  den  römischen  Werken  ist  dasselbe  in  seinem 
Fugenschnitte  ausserordentlich  sorgfältig  behandelt.  Die  Bogen- 
stärke  tritt  überall  gleich  massig  und  deutlich  hervor;  die 
Fugen  dieser  BogeuAvölbung  sind  durch Avegs  genau  radial  bear- 
beitet imd  schliessen  überall  auf  das  genaueste;  der  Schluss- 
stein befindet  sich  ganz  genau  in  der  Mitte;  die  übrigen 
Uogensteine  sind  ganz  symmetrisch  angeordnet;  endlich  sind 
die  das  Bogen-Gewölbe  tragenden  Steine,  die  Kämpfersteine  k, 
k  in  Fig.  5  ebenfalls  constructiv  angeordnet,  so  dass  sie  breiter 
erscheinen  als  die  Bogenstärke,  also  das  Prinzip  des  Tra- 
gens ausdrücken.  Alles  zusammengefasst.  drückt  der  römische 
Baumeister  durch  die  Behandlung  des  IJogen-GeAvölbes  sein  volles 
\  erständniss  für  diese ('onstruction  aus.  Im  Gegensatze  hie- 
zu  behandeln  die  romanischen  Meister  das  Bogen-GcAvölbe  nur 
formal;  hier  finden  Avir  selbst  bei  den  schönsten  Bauten  der 
romanischen  Kunst  fast  niemals  einen  Schlussstein  in  der  Mitte 

1;  Uberwölbung  des  Raumes  n  in  Fig.  2. 


09 

des  Bozens .  fast  niemals  eine  symmetrische  Vertheilung  der 
.Steine  desselben ;  in  der  Regel  keine  Sorgfalt  in  Heziig  auf  die 
gleichmässige  Darstellung  der  liogenstärke;  sehr  häufig  Fugen, 
welche  weder  genau  radial  sind .  noch  genau  schliessen ;  endlich 
die  Erscheinung ,  dass  die  Kämpfersteine  k  k  Fig.  6  oft  kleiner 
sind  als  die  liogenstärke.  Die  beiden  Fig.  5  und  0  neben  einander 
verglichen  werden  das  Gesagte  näher  verdeutlichen. 

c.  Durch  die  Behandlung  der  Stirnseite  der 
Mauer  in  der  Angrenzung  an  den  Bogen.  Die  Theile  der  ge- 
wöhnlichen Mauer,  welche  an  den  Bogen  grenzen,  sind  bei  den 
römischen  Bauwerken,  in  Würdigung  der  l^edeutsamkeit  eines 
Gewölbes  überhaupt,  im  Fugenschnitte  überall  symmetrisch  und 
durchwegs  genau  passend  angeordnet;  bei  den  romanischen  Bau- 
ten fehlt  diese  Symmetrie,  und  man  empfindet  die  ünterschätzung 
der  Bedeutsamkeit  des  Gewölbes  als  Construction. 

d.  Durch  die  Behandlung  der  Fenster.  Alle  Berg- 
friede haben  in  jeder  oberhalb  der  Eingangsthür  gelegenen  Etage 
ein  Fenster  und  zwar  in  der  Regel  jedesmal  auf  einer  anderen  Seite 
des  Thurmes.  Diese  Fenster  sind  nur  10  bis  15  cm  breit  und  1 
bis  1^4  m  hoch,  und  ihre  constructive  Anordnung  gleicht,  wie 
der  Grundriss  jP/</.  7  zeigt,  derjenigen  einer  gew^öhnlichen,  engen 
Schiessscharte.  Die  römischen  Fenster  sind  in  ihrer  äusseren  Er- 
scheinung, wie  i^iiV/.  S  zeigt,  durch  eine  schöne,  symmetrische  An- 
ordnung der  Steine  ausgezeichnet;  bei  den  romanischen  fehlt 
diese  strenge  Symmetrie.  Die  inneren  Nischen  0,  0  in  Fig.  2 
und  7  dieser  Fenster  sind  bei  den  römischen  Thünnen  durch  eine 
Einwölbung  mit  exactem,  keilförmigen  Fugenschnitt  charakteri- 
sirt;  die  romanische  EinAvölbimg  solcher  Nischen  entbehrt  dieser 
Sorgfalt  vollständig  und  tritt  dies  umsomehr  hervor,  weil  das 
hier  befindliche  Bruchsteingewölbe  durch  eingeschobene  » Zwi- 
cker«, die  in  der  römischen  Technik  gar  nicht  vorkommen .  in 
seiner  Qualität  beeinträchtigt  erscheint. 

e.  Die  meisten  Bergfriede  sind  Bossen-  oder 
Buckelquader- Bauten,  Avie  dies  Fig.  9  des  Näheren  zeigt. 
Die  römischen  Bossen  verrathen  eine  ausserordentlich  geübte 
Hand.  Mit  wenigen,  aber  sicheren  und  kunstgeübten  Schlägen 
ist  hier  die  ra\ihe  Aussen-Form  des  Steines  hervorgerufen ;  die 
romanischen  Bossen  sind  zu  vielim  Detail  gespitzt  und  abgemeis- 
selt  und  tragen  dadurch  das  Gejirägo  des  «Gemachten« ,  der  un- 


100 


schöllen  Zierlichkeit.     In  der  Regel  haben  die  römischen  Bossen 
keinen  Kandschlag ;  die  romanischen  Bossen  immer  einen  solchen . 

f.  Durch  die  Schärfe  der  Fugen.  Die  römischen 
Quader  haben  in  der  Regel  sehr  feine  Fugen ;  die  romanischen 
Fugen  sind  meistens  stark  und  unrein. 

g.  Durch  die  Ecken  der  Thürme.  Wenn  man  bei 
den  römischen  Thürmen  die  Ecken  ablothet  oder  abvisirt ,  so  er- 
scheint überall  eine  gleich  scharfe  Ecke  und  eine  durchwegs  ge- 
rade Linie,  sofern  die  Ecken  mit  Handschlag  versehen  sind. 

Ist  kein  Randschlag  vorhanden,  so  sind  die  Ecken  rauh  bos- 
sirt.  indem  sie  durch  quer  übereinander  greifende  «Läufer«  und 
j) Bindert!  gebildet  sind  und  man  erkennt,  auch  wenn  man  den 
Thurm  aus  der  Feme  ansieht ,  die  hier  sehr  schwierige,  genaue 
Einhaltung  der  lothrechten  Linie.  Die  romanischen  Thürme, 
Avelche ,  weil  ihre  Bossen  überall  Randschlag  haben ,  stets  eine 
scharfe  Ecke  aufweisen,  zeigen  fast  niemals  eine  genaue  loth- 
rechte  Linie  der  Ecken;  im  Gegentheile  sind  hier  die  Ecken  un- 
gerade, oder  convex  oder  concav  ausgebaucht.  Die  beiden 
Thurmansichten  in  Fig.  10  und  11  werden  das  Gesagte  näher  er- 
läutern. 

Alles  zusammengef  asst,  würde  b  eim  Auffinden 
von  Bergfrieden  im  Orienteauf  folgendes  zu  achten 
sein: 

1  auf  die  strategische  Lage  des  liergfriedes .  also  die  Liefe- 
iiing  einer  .Skizze  der  Situation ; 

2)  auf  die  historischen  Notizen  über  die  Bauzeit; 

3)  auf  die  Dimensionen  des  Grundrisses,  der  Mauerstärken, 
der  Etagenhöhen  und  der  Gesammthöhe  des  Thurmes ; 

4)  auf  die  Fonn  und  Dimensionirung  des  Einganges  und  der 
Fenster,  und  auf  die  Zahl  der  letzteren  ; 

5)  auf  die  Orientirung  der  Seiten  des  Thurmes  nach 
der  Wcltgegend  und  auf  die  Anordnung  der  Fenster  auf  die- 
sen Seiten ; 

6)  auf  die  liossenquadem  mit  oder  ohne  Handschlag; 

7)  auf  die  Technik  des  Ciewölbes  im  Ausseren  (im  Bogen) 
und  in  den  'Jhür-  und  Fensternischen  und  auf  die  Technik  des 
Fugenschnittes ; 

8)  Auf  die  Architektur  der  eventuellen  Zinnen ,  Consolon 
oder  Simse ,  da  dieselbe  ein  wichtiges  Mittel  bildet,  um  zu  be- 


101 


stimmen,  ob  das  Object  römischen  oder  romanischen  Urspruns^es 
sei;   ferner 

9  auf  die  Höhenlage  des  Einganges  und  die  eventuelle  An- 
ordnung von  Consolen  an  der  .Sohle  des  Einganges  zum  Zwecke 
der  Anlehnung  der  Leitern  oder  hölzernen  Stiegen ; 

10)  auf  die  eventuelle  Ausstreichung  der  Fugen  mittelst  ("e- 
mentmörtel ; 

11;  auf  das  Steinmaterial  und 

12)  auf  die  eventuelle  Anordnung  eines  Brunnens  oder  Kel- 
err  aumes  im  Thurme. 

Die  unter  den  Punkten  9  bis  1 2  zur  Heobachtung  dringend 
empfohlenen  Details  sind  zwar  derzeit  nicht  als  positive  Unter- 
scheidungsmerkmale zwischen  römischen  und  romanischen  Berg- 
frieden zu  betrachten;  sie  können  indess  unter  Umständen  An- 
haltepunkte  für  die  Entscheidung  der  Bauzeit  des  Werkes  liefern. 

Sollten  im  Oriente  Bergfriede  gefunden  werden,  -welche 
muthmasslich  oder  nachweislich  älter  sind,  als  römische  oder  ro- 
manische Werke  ,  so  würde  auf  dieselben  ein  besonderes  Aiigen- 
merk  zu  richten  sein. 


Die  Siloaliiusclirift. 

Von  Prof.  E.  Kautzsch  in  Tübingen. 

(Mit  einer  mehrfach  revidirten  Copie  der  Inschrift  von  Baurath  C.  Schick 

in  Jerusalem.     Tafel  4). 


In  der  ersten  Mittheilung  über  die  von  Herrn  Baurath  »Schick 
im  Juni  18S0  entdeckte  Siloahinschrift  (ZDFV.  1880,  p.  54fg.) 
sprach  Prof.  Socin  die  Hoffnung  aus ,  dass  Avir  unseren  Lesern 
bald  Näheres  über  die  Inschrift  würden  mittheilen  können.  Dies 
ist  bis  heute  noch  nicht  geschehen.  Wer  aber  daraus  schliessen 
wollte ,  dass  entweder  Herr  Schick  oder  der  geschäftsführende 
Ausschuss  des  deutschen  Palästina -Vereins  daran  schuld  sei, 
wenn  uns  mittlerweile  die  Engländer  mit  einer  theilweisen  Publi- 
cation  der  Inschrift  (s.  u.)  zuvorgekommen  sind,  den  wird  die 
nachfolgende  Darlegung  eines  anderen  belehren. 

Sofort  nach  dem  Empfang  der  ersten  Mittheilung  von  Herrn 
Schick  (datirt  vom  22.  Juni  1880)  wurde  derselbe  ersucht,  die 
nöthigen  Arbeiten  zur  Bloslegung  der  Inschrift  im  Canal  vor- 
nehmen zu  lassen,  und  ihm  zu  diesem  Behuf  ein  Credit  von  300 
Mark  angewiesen.  Die  heisse  Jahreszeit  und  verschiedene  andere 
Umstände  machten  es  jedoch  unmöglich,  vor  dem  9.  November 
1S80  mit  der  Reinigung  des  Canals  zu  beginnen.  Dabei  muss 
indess  Herrn  Schick  ausdrücklich  bezeugt  werden,  dass  er  nichts 
unterlassen  hat,  um  dem  deutschen  Verein  die  Priorität  in  dieser 
Angelegenheit  zu  wahren.  Nach  den  Mittheilungen  des  Herrn 
W.  Bksant  im  Athenaeum  vom  19.  März  1881  ist  erst  am 
3.  August  1880  eine  Mittheilung  über  die  Entdeckung  der  In- 
schrift nach  London  gelangt ,  vielleicht  erst  auf  Grund  der  Notiz 
in  der  ZDl^V.,  deren  erstes  Heft  auf  1880  im  Juli  ausgegeben 
wurde. 

War  schon  die  Wegräumung  des  CJerölls  und  Schuttes  wegen 
der  verdorbenen  Luft  im  ('anal  mit  grossen  Schwierigkeiten  ver- 


103 

blinden .  so  nicht  minder  die  Copie  der  Inschrift ,  obschon  durch 
einen  Abzugsgraben  der  Wasserspiegel  tiefer  gelegt  war.  Immer- 
hin reichte  der  untere  Theil  der  Inschrift  nahe  an  denselben  heran 
und  es  erforderte  nicht  geringe  Anstrengung ,  bei  ungünstigem 
Lampenlicht  in  dem  engen  Tunnel  den  verwitterten  Zügen  nach- 
zugehen. Kein  Wunder,  dass  Herr  Schick,  wie  er  uns  unter 
dem  25.  Jamiar  ISSl  berichtet,  in  Folge  seiner  Bemühungen  um 
die  Inschrift  zweimal  erkrankt  ist. 

Die  genauere  Inspection  ergab  zmiächst,  dass  der  im  übrigen 
sehr  harte  Fels,  in  welchen  die  Inschrift  eingemeiselt  ist;  ausser- 
ordentlich verwittert  und  von  einer  grossen  Anzahl  feiner  Eisse 
(hirchzogen  war.  Die  Vermuthung,  dass  sich  die  Inschrift  unter- 
halb der  sechsten  Zeile  noch  weiter  fortsetze ,  bestätigte  sich 
nicht;  dagegen  zeigte  sich  links  eine  Fortsetzung,  jenseits  von 
einem  10 — 5  Cm.  breiten  Riss,  durchweichen  besonders  die  drei 
ersten  Zeilen  gelitten  haben.  Die  Anfertigung  von  Abklatschen 
Avurde  abgesehen  von  den  Rissen  besonders  auch  durch  die 
Silicate ,  welche  sich  zahlreich  an  die  Tafel  angesetzt  haben .  er- 
schwert. 

Herr  Schick  Hess  sich  durch  alle  diese  Schwierigkeiten  nicht 
abschrecken ,  ausser  einigen  Abklatschen  eine  mühevolle  Zeich- 
nung aller  erkennbaren  Vertiefungen  anzufertigen.  Dieselbe  traf 
sammt  den  Abklatschen  am  1 1 .  Januar  in  Tübingen  ein  und 
wurde  sogleich  von  Prof.  Socix  und  dem  Schreiber  dieses  einer 
genauen  Analyse  unterzogen. 

Das  Resultat  war  bezüglich  der  Entzifferung  der  Inschrift 
völlig  entmuthigend .  Die  peinliche  Genauigkeit,  mit  welcher 
Herr  Schick  alle  wahrnehmbaren  ^'ertiefungen  aufgenommen 
hatte,  bot  zwar  eine  werthvolle  Bürgschaft,  dass  er  nicht  —  wie 
dies  so  häufig  geschieht  —  bestimmte  Zeichen  erwartet  luul  da- 
lier zu  sehen  geglaubt  hatte ;  anderseits  aber  wimmelte  die  Tafel 
so  von  UnfoiTTien,  dass  an  eine  Entzifferung  nicht  zu  denken  war. 
Auf  »Unformen«  aber  mussten  Avir  erkennen  angesichts  der  That- 
sache,  dass  alle  zweifellos  sicheren  Buchstaben  mit  nur  geringen 
Moditicationen  das  reine  Mesa-Alphabet  darstellten,  und  nicht 
minder  in  Anbetracht  des  Umstands ,  dass  einer  der  Abklatsche 
liie  und  da  reine  Mesacharaktere  zeigte,  wo  aus  der  Copie  kein 
solcher  zu  entnehmen  war.  Mit  welchen  Schwierigkeiten  der 
Zeichner  zu  käm])fen  hatte,  lehrt  unter  anderem  die  Beobachtung. 


104 

dass  jene  Copie  (anders  der  Abklatsch)  kein  Mem  enthielt,  wäh- 
rend die  revidirte  Zeichnung  deren  mindestens  sechs  aufweist. 

Im  Einzelnen  ergab  die  Analyse  folgendes  Resultat.  "S'on 
den  ca.  210 — 220  Buchstaben,  welche  die  Inschrift  ursprünglich 
enthalten  haben  mag,  Avaren  45  sicher  zu  bestimmen.  15  zweifel- 
haft, und  ZAvar  sicher : 

fi52n8n3     5]      10 

n  3     ^  3     'i  2   y  5   ©  1 

T  1      T  1     b  2    s  4    n  3 
Unsicher:  je  ein  a,   ^,  ^.  T.n,"!,  y,   und  je  zwei  D,  0,  5D,  p; 
gar  nicht  vertreten   13,   12,   2.      (Auf  der  revidirten  Copie   sind 
114  Buchstaben,   also  über  die  Hälfte  der  Gesammtzahl ,   zu  be- 
stimmen) . 

Unter  diesen  Umständen  Avar  an  eine  l'ublication  der  In- 
schrift nicht  zu  denken.  Als  einzige  Wortlegendc  bot  sich  rQI 
an  der  Spitze  der  Inschrift,  und  auch  diese  hat  sich  nachmals  als 
irrige  erAviesen,  indem  statt  "i  vielmehr  p  zu  lesen  ist.  Auch  die 
Herren  Prof.  Gildemeister  und  Euting,  denen  wir  das  Material 
übersandten,  konnten  in  der  Hauptsache  nur  bestätigen,  dass  die 
Aussichten  für  die  Entzifferung  trostlose  seien. 

HeiT  Schick  hatte  sämmtliche  Zeichen  in  der  ('opie  nume- 
rirt  und  sich  erboten ,  specielle  Nachforschmigen  anzustellen, 
wenn  wir  in  Betreff  einzelner  Nummern  Bedenken  äussern  wür- 
den. Da  sich  unsere  Bedenken  jedoch  auf  ca.  zwei  Drittel  der 
Copie  erstreckten ,  so  hielten  wir  diesen  modus  procedendi  für 
aussichtslos  und  erhofften  destomehr  von  erneuten  Abklatsch- 
versuchen. Die  Erfahrung  hat  später  gelehrt ,  dass  wir  uns  bei 
der  thatsächlichen  Beschaffenheit  der  Inschrift  in  unserer  Hoff- 
nung getäuscht  hatten ,  und  dass  Herr  Schick  völlig  in  seinem 
Rechte  war ,  wenn  er  eher  von  einer  Revision  der  C'opie  ein  Re- 
sultat erhoffte.  Um  so  mehr  müssen  Avir  es  ihm  danken .  Avenn 
er  trotz  alledem  auf  unser  Andringen  sich  herbeiliess,  am  20. 
Januar  18S1  abermals  einige  Abklatsche  zu  nehmen.  Dabei 
Avuvdc  zugleich,  Avie  Herr  Schick  unter  dem  27.  Januar  schreibt, 
der  Rath  des  Herni  Missionar  Zellkk  befolgt,  über  die  Buch- 
staben, die  man  ja  doch  sehe.  Avenn  sie  sich  auch  nicht  abklat- 
schen, zuvor  mit  lUeistift  liinzufahren  und  sie  dann  zu  copiren 
und  abzuklatschen.  Xicht  minder  erfüllte  Herr  S(;iiicK  den  von 
uns  geäusserten  Wunsch ,   dass  das  Abklatschpapicr  zum  Behuf 


105 

genaueren  Anschlusses  nur  stückweise  auf  die  einzelnen  Theile 
der  Inschrift  aufgelegt  werden  möchte.  Und  als  mittlerweile 
von  Prof.  Eu  riNG  neues  und  hesseres  Papier  zu  Abklatschen  ein- 
gesandt worden  war .  unterzog  sich  Herr  Schick  am  1 .  Februar 
nochmals  der  Mühe,  eine  Anzahl  Abklatsche  zu  nehmen,  zugleich 
aber  auch  eine  nochmalige  Copic  der  Inschrift  zu  zeichnen.  Die- 
selbe wurde  nachmals  von  ihm  an  Ort  und  Stelle  mit  der  Inschrift 
verglichen  und  revidirt ;  so  entstand  schliesslich  das  Facsimile. 
welches  diesem  Aufsatz  beigegeben  ist,  eine  Frucht  von  sieben 
Abklatschen  und  drei  Abzeichnungen.  Die  unten  folgende  Ana- 
lyse der  Entzifferung  des  Herrn  Sayce  wird  zeigen  .  dass  Herr 
Schick  seine  schwere  Mühe  nicht  umsonst  aufgewendet  hat. 

Dass  für  die  Entzifferung  aus  den  Abklatschen  nichts  zu  ent- 
nehmen war.  ergiebt  sich  aus  dem  beifolgenden  Gutachten  des 
Herrn  Prof.  Eutixg,  welches  wir  hier  in  extenso  einrücken. 
Derselbe  schreibt : 

»Von  der  althebräischen ,  an  der  Siloahquelle  durch  Herrn 
»Baurath  Schick  entdeckten  Inschrift  sind  mir  seit  Juli  18S0  in 
»verschiedenen  Zeiträumen  7  Abklatsche  und  3  Abzeichnungen 
»Schick's  zugekommen.  Der  rissige  Zustand  des  Steines  und  die 
•  »verschiedenen  Lagen  von  festen  Niederschlägen,  die  sich  auf  der 
»Oberfläche  gebildet  haben ,  verwirren  nicht  bloss  für  den  epi- 
»graphischen  Laien,  sondern  auch  für  den  Fachmann  das  l^ild. 
»welches  er  zu  sehen  glaubt  oder  zu  entwirren  hofft.  Es  ist  dess- 
»halb  auch  gar  nicht  zu  verwundern  ,  dass,  wie  Schick  schreibt, 
»die  vielen  Copien ,  die  seither  von  der  Inschrift  genommen  wor- 
»den  sind,  sämmtlich  verschieden  von  einander  ausgefallen  sind; 
»Schick  selbst  hat  seine  Copien  nicht  unwesentlich  modificirt; 
»die  relativ  vollkommenste  ist  die  letzte  (dieselbe,  welche  diesem 
»Aufsatz  beigegeben  ist) .  Was  ich  gerne  mitgetheilt  hätte .  das 
»wäre  eine  Wiedergabe  dessen ,  was  ich  auf  den  Abklatschen  er- 
»kenne.  Leider  —  und  das  soll  nicht  etwa  ein  ^'orwurf  für  S. 
»sein ,  der  sich  dabei  ja  keine  Mühe  hat  verdriessen  lassen  .  — 
«sind  die  Schwierigkeiten  für  die  Herstellung  eines  brauchbaren 
»Abklatsches  derart  gewesen ,  dass  ich  bis  jetzt  auf  eine  llei)ro- 
»duction  verzichten  muss.  Zuerst  fehlte  es  in  Jerusalem  an  ge- 
»eignetem  Papier;  da  war  nur  dickes  flockiges  englisches  zu 
»haben.  Ein  Fliesspapier  aber  kann  für  Abklatsche  nicht  uneng- 
rtlisch  geniig  sein ;  das  beste  ist  ungeleimtes  Handpapier  'l'apier 


106 

Ȋ  la  cuve,  von  Morel  liercioux  et  Masiire  in  Paris,  30  Rne  Maza- 
»rine  zu  beziehen  .  Auch  farbig  darf  das  Papier  nicht  im  gering- 
))sten  sein,  weil  durch  eine  intensive  Farbe  die  Erkennbarkeit  des 
»nur  auf  der  Wechselwirkung  von  Licht  und  Schatten  beruhenden 
nliildes  beinahe  ganz  aufgehoben  wird.  Doppelte  Papierlage, 
«Falten  und  Blasen  sind  durchaus  zu  vermeiden.  —  Der  Zustand 
»der  Erhaltung  der  2 — 4.  Zeile  scheint  allerdings  der  Art  zu  sein, 
»dass  selbst  bei  einem  vollkommensten  Abklatsch  sich  nicht  Alles 
»Avird  erkennen  lassen ;  auf  den  bis  jetzt  angefertigten  Abklatschen 
»ist  kaum  ein  Zeichen  in  jeder  Zeile  zu  sehen  während  die  Ab- 
ozeichnung viele  allerdings  monströse  und  unmögliche  Buch- 
»staben  aufweist.  .Sollte  es  der  unermüdlichen  Anfopferung 
»Schick's  gelingen ,  mit  dem  verbesserten  Material  einen  voll- 
»kommen  gelungenen  Abklatsch  einzusenden,  werde  ich  mit 
»X'ergnügen  bereit  sein,  darnach  ein  Bild  der  Inschrift  soweit  er- 
»kennbar  für  die  Zeitschrift  zu  zeichnen.« 

Strassburg,  27.  März  1881. 

J.  Euting. 

Wie  bereits  erwähnt,  war  nach  London  erst  am  3.  August 
ISSO  eine  Kunde  von  der  Auffindung  der  Lischrift  gelangt.  Mit 
der  Beschaffung  eines  Facsimile  war  indess  der  englische  Pale- 
stine-Explor.-Fund  nicht  glücklicher  als  der  deutsche  Verein  — 
eine  abermalige  Bestätigung  der  grossen  Schwierigkeiten,  mit 
denen  das  Copiren  und  Abklatschen  zu  kämpfen  hatte.  Nach 
den  Mittheilungen  des  Herrn  Walter  Besant  (Athen.  19.  März 
l&Sl.  p.  395)  war  die  erste  nach  London  gelangte  Skizze  fast 
ganz  unbrauchbar.  Das  ('omittee  des  Pal. -Expl. -Fund  ennäch- 
tigte  umgehend  Herrn  Dr.  C'iiArLiN  in  Jerusalem,  das  Nöthige 
vorzukehren,  um  eine  bessere  (Jopie  zu  erhalten.  Unterdess  war 
die  zuerst  eingetroffene  Skizze  verschiedenen  Kennern  (unter 
andern  auch  Herrn  Clehmont-Ganneau)  gezeigt  worden ;  allge- 
mein aber  lautete  das  Urtheil  dahin,  dass  der  Charakter  der  Copie 
an  eine  Lesung  nicht  denken  lasse.  Nicht  viel  besser  stand  es 
Ulli  eine  zweite  Copie,  die  endlich  am  1.  Febr.  1881  in  London 
eintraf,  und  verschiedenen  Gelehrten  in  einer  Nachbildung  rait- 
getheilt  wurde ,  aber  ohne  Kesultat.  Das  Gleiche  geschah  mit 
einer  etwas  besseren  Co])ie,  die  am  1.  März  anlangte;  aber  auch 
jetzt  vennochte  niemand  zu  einer  Lesung  von  so  unvollkommenem 
^ratcriül    zu   gelangen.     Unterdess   aber  war  Herr  l^rof.   Sayce 


107 

aus  Oxford  in  Jerusalem  eingetroffen  und  hatte  an  Ort  \ind  Stelle 
eine  Entzifferung  der  Inschrift  versucht.  Sein  l^ericht  vom  7. 
Fehr.  aus  Jerusalem  mit  einer  Nachschrift  vom  26.  Febr.  aus 
Beirut  findet  sich  im  Athen,  vom  12.  März  1881,  p.  364 fg. 

Herr  8ayce  beginnt  mit  der  Erklärung ,  dass  die  Inschrift 
unter  allen  bisher  in  Palästina  gefundenen  den  ersten  Rang  ein- 
nehme ,  indem  sie  bis  in  die  Zeiten  der  Könige  hinaufreiche  und 
in  den  ältesten  bekannten  Charakteren  des  Phönizischen  Alpha- 
bets geschrieben  sei.  Oberhalb  der  eigentlichen  Inschrift  befinde 
sich  ein  Graffito  von  drei  Linien ,  über  dessen  Schriftcharakter 
nichts  zu  entscheiden  sei.  Einige  Buchstaben  sähen  aus ,  wie 
cursives  Griechisch ;  dagegen  schienen  am  Anfang  zweier  Linien 
die  arabischen  Ziffern  für  1843  zu  stehen.  In  der  sechszeiligen 
Inschrift  selbst  nimmt  Herr  Sayce  ca.  35  Buchstaben  pro  Zeile 
an.  Die  Charaktere  seien  von  ansehnlicher  Grösse  und  müsstfen 
ursprünglich  sehr  deutlich  gewesen  sein.  Jetzt  sei  in  Folge  der 
Ueberdeckung  mit  Silicaten  und  der  durch  das  Wasser  bewirkten 
Erosion  die  Entzifferung  sehr  unbequem,  zumal  nur  sehr  schwer 
die  nöthige  Beleuchtung  zu  gewinnen  sei.  Auf  der  linken  Seite 
hat  ein  Riss  im  Felsen  den  Verlust  mehrerer  Charaktere  in  den 
ersten  drei  [nach  Herrn  Schick's  Copie  in  allen  sechs]  Zeilen 
zur  Folge  gehabt.  Unterhalb  der  6.  Zeile  befindet  sich  ein  orna- 
mentaler Abschluss  in  Gestalt  zweier  Triangeln,  welche  auf  ihren 
Spitzen  stehen,  mit  einem  Winkel  zwischen  ihnen,  der  in  ähn- 
licher Weise  auf  seiner  Spitze  ruht.  [Wie  verhält  sich  dieses 
Ornament  zu  dem  Steinmetzzeichen  über  der  Treppe  zur  Marien- 
quelle ?]  Die  Foi-m  der  Buchstaben  sei  identisch  mit  denen  des 
Mesasteins;  wie  auf  diesem  seien  auch  hier  die  einzelnen  Worte 
durch  Punkte  von  einander  getrennt.  Einer  der  Charaktere,  der 
wenigstens  dreimal  vorkomme ,  ist  Herrn  Sayce  neu.  Er  ver- 
miithet,  dass  er  das  auf  dem  Mesastein  fehlende  Teth  repräsen- 
tire.  [Über  diese  merkwürdige  Verkennung  des  Zajin ,  welches 
sich  sechsmal  in  unserer  C'opie  befindet,  s.  u.1. 

Analysiren  wir  nun  die  Lesung  des  HeiTu  Sayce  unter  Bei- 
halt der  Heobachtungen ,  die  sich  uns  aus  den  Copien  Schick's 
ergeben  haben.  Der  Kürze  wegen  bezeichne  ich  im  folgenden 
die  erste  Copie  Schick's  mit  A,  die  zweite  mit  B,  die  Lesung  von 
Sayce  mit  C. 

Zeile  1   beginnt  nach  (/  mit  nsp:  (n)  ;  n  ist  also  wohl  nur 


108 

Cüiijicirt,  vielleicht  im  Hinblick  auf  das  gleiche  Wort  in  der- 
selben Zeile.  Copie  A  hatte  am  Anfang  7131;  B  hat  Hlp,  gewiss 
richtiger,  da  der  Haken  rechts  oben  leicht  zu  übersehen  war. 
Von  dem  ; .  welches  C  vor  p  liest .  ist  in  B  wenigstens  eine  Spur 
angedeutet.  Auf  den  Stamm  l'pl  durchbohren  weist  abgesehen 
von  der  Situation  erstlich  die  Wiederholung  nsp'n  in  Z.  1,  so- 
dann auch  das  3p3  zu  Anfang  der  4.  Zeile. 

Avif  nip:  n)  folgen  nach  Sayce  zwei  Worte,  die  er  nicht 
sicher  lesen  könne.  Dagegen  haben  A  und  B  nach  einem  Tren- 
nungspunkt drei  Worte ,  von  denen  'die  Richtigkeit  der  Copie 
vorausgesetzt'  sicher  zu  lesen  ist:  . .  Sit  .  n?  H  .  HT  .  auf  eine 
Deutung  Avird  man  freilich  bei  diesem  Befund  noch  verzichten 
müssen.  Erstlich  ist  unsicher ,  ob  mit  nDp2  das  Ganze  wirklich 
beginnt,  zweitens  ob  nicht  vor  ~T  ein  Wort  ausgefallen;  drittens, 
wie  n  ?  n  zu  ergänzen  sei  (rr^n  1] .  viertens,  ob  nach  2i?  ein  1  folgt 
(dann  Aväre  der  Unterstrich  parasit)  oder  ein  3,  was  jedoch  neben 
einem  anders  geformten  3  auch  seine  Bedenken  hat.  Indem  wir 
daher  auf  eine  Datirung  aus  dem  Abib  irgend  welches  Jahres 
verzichten,  bemerken  wir  nur  noch,  dass  sich  für  Tö.'p'i  nach  Ana- 
logie von  nnp:  Aushöhlung  die  Lesung  HSp:  zu  empfehlen  scheint. 
Ist  ni  damit  zu  verbinden ,  so  Aväre  dieses  riT  (für  nST)  zu  lesen ; 
mit  "Tl  u.  s.  w.  ist  dann  freilich  nichts  anzufangen. 

Übereinstimmend  mit  B  liest  sodann  C  wieder  nip2n ;  dabei 
ist  höchstens  das  zweite  H  auf  B  zweifelhaft.  Der  scheinbare 
Trennungspunkt  zwischen  n  und  2  muss  um  so  mehr  cassirt  wer- 
den, als  sich  schon  vor  n  ein  deutlicher  Piuikt  findet.  Ob  übri- 
gens das  3  selbst  ausser  allem  Zweifel  ist  oder  12  1),  mag  vorläufig 
dahingestellt  bleiben.  Weiter  liest  C:  (l)Dya,  das  1  mit  Frage- 
zeichen ;  dafür  gab  A :  y^.  B :  3^3,  also  wie  C.  Auch  das  D  nach 
1  lässt  sich  aus  B  begreifen,  weiteres  aber  ist  vorläufig  nicht  fest- 
zustellen.   Jenseits  des  liisses  ist  in  B  nur  noch  ein  2  erkennbar. 

Auf  Z.  2  ist  nach  C  nur  zu  lesen  :  TZJbTT  ....  l^-i  bs?  Tts:  "J  . 
.  .  E"^  od.  ri;  b  n72J?.  Dafür  giebt  B  im  Anfang  ITI^n .  Herr  Sayce 
liat  also  das  Mesa-Zajin,  dessen  richtige  Wiedergabe  uns  m  B 
durch  die  fünfmalige  Wiederliolung  verbürgt  scheint,  für  ein  13 
angesehen  und  sich  dadurch  die  Deutung  verschlossen.  Als 
•solche  drängt  sich  auf  den  ersten  Hlick  auf  IP^n,  welches  Wort 
sonst  die  ILolzaxt  bedeutet.  1  Kön.  0.  7  aber  ohne  Zweifel  vom 
Meisel  des  Steinmetzen  gebraucht  ist.    Wenn  übrigens  l  Kön.  (i.  7 


109 


vor  dem  "jn?  die  riaj^'a  genannt  Averden .  so  giebt  dies  doch  zn 
(lenken,  ob  nicht  auf  Z.  l  für  das  zweite  rap:n  vielleicht  nnpr~ 
zn  lesen  ist. 

Trotz  alledem  Avürde  ich  mich  bei  "ipsn  erinnern ,  dass  ^'or- 
sicht  die  Mutter  der  Weisheit  ist  —  ganz  besonders  der  epigraphi- 
schen — .  wenn  nicht  eine  Thatsache  hinzukäme  ,  welche  obiger 
Lesung  in  hohem  Grade  zur  Bestätigung  gereicht.  Genau  die- 
selbe ^'erbindung  -7"'.:\  findet  sich  auch  Z.  4  mit  Trennungspunkt 
nach  :,  und  jenseits  des  liit-ses  ;der  auf  i^  etwas  zu  breit  ange- 
geben scheint;  nochmals  :T1 .  Letzteres  w  ird ,  wie  nachher  zu 
zeigen  ist,  mit  dem  vorhergehenden  b  zu  "iTljib  zu  verbinden  sein, 
so  dass  also  die  Gruppe  "^y^  )T\j,  entsteht. 

Auf  Z.  2  liest  C  nach  ;  weiter  73>l  bü  t'i« ;  davon  ist  auf  A 
nur  S  und  dann  yi  zu  erkennen ,  auf  B  (wo  die  Distanzen  kaum 
in  Ordnung  sein  können)  nur  die  Andeutung  von  i?  und  sodann 
n*T  .  .  11  I  ?)  371  Mir  ist  nun  sehr  wahrscheinlich .  dass  C  richtig 
liest  bis  zum  y  und  dass  darin  steckt  1frii3?"l  bs  ISJS« .  Dagegen 
spricht  nun  allerdings:  l]  dass  das  n  ganz  zweifelhaft  ist  (C  liest 
"7;  2^  dass  der  Trennungspunkt  nach  1  fehlt :  3  dass  ein  Haupt- 
prüfstein  für  die  Richtigkeit  mangelt,  nämlich  eine  plausible 
Legende  in  weiterer  Fortsetzung,  ^yas  letztere  anlangt ,  so  wäre 
auch  möglich  nyn  (für  iyn  Hi.  36,  33)  zu  lesen,  wie  Mesa  Z.  3 ff. 
constant  n3.  übrns.  nr3.  nin.  nb.  nh:  etc.  aufweist.  Zum  Fest- 
halten an  obiger  Lesung  bestimmt  mich  natürlich  immer  mit  dem 
A' orbehalt,  dass  B  und  C  richtig  copirt  sind  Aviederum  der  Hin- 
blick auf  Z.  4;  darüber  nachher. 

Mit  dem  m  .  .  .  m  Avolches  B  (nicht  C)  bietet .  ist  zunächst 
nichts  zu  machen ;  übereinstimmend  folgt  dann  in  beiden  TCbt" 
und  in  C  Aveiter  rras? .  Letzteres  aber  ist .  Avenn  man  nach  B  ur- 
theilen  darf,  in  CavoIiI  nur  gerathen.  Herr  Sayce  denkt  offenbar 
an  die  Lesimg  rUGi?  TTblT  .  Aber  abgesehen  davon,  dass  dann  der 
Singular  rTQ^  unerhört  Aväre ,  stimmt  kein  einziges  Zeichen  mit 
B  überein.  Ijotztere  Copie  scheint  vielmehr  :np  oder  allenfalls 
;ns  anzTuleuten  und  darnach  noch  y  mit  einem  Avunderbaren 
Seitenstrich  rechts.  Auch  Aveiterhin  mangelt  alle  l'bereinstim- 
miuig.  6' bietet  C  (?  n)  b,  5  dagegen  :~b  oder  £"b  und  jenseits 
des  llisses  noch  y.  wie  es  scheint. 

Über  die  dritte  Zeile  bemerkt  C  nur .  dass  das  letzte  Wort 
TTT^a  laute.    Diese  Lesung  Avird  indess  durch  B  nicht  bestätigt. 


110 


Letzteres  bietet  links  vom  Riss  'a'?'l3(?D^^^l;  doch  ist  dabei  -weder 
3  noch  13  zweifellos  und  statt  des  vermutheten  D  bietet  A  ein 
deutliches  n.  Wenn  die  links  unterhalb  des  n  sichtbaren  Striche 
Huchstabenreste  sind,  so  wird  selbst  ;\  bedenklich.  Rechts  vom 
Riss  lassen  sich  in  B  folgende  Zeichen  constatiren: 

n  .  'Q'annTn  .  ■^^TTCT.  .  l  .  .  y  .  .  .  . ;  doch  möchte  ich  für  einen 
Theil  dieser  Lesungen  keine  Garantie  übernehmen. 

Zeile  4  beginnt  nach  C  mit  dem  Worte  IpD  und  habe  dann 
nach  einigen  wenigen  zweifelhaften  Buchstaben  DS?"!  ripb  TffS  lil 
"i^TD  13  .  Anders  B.  Auch  hier  scheint  3p3  von  dem  nachfolgenden 
n  durch  Punkt  getrennt,  die  Lesart  n3p3  is.  Zeile  1)  somit  aus- 
geschlossen.   Weiter  aber  hat  B : 

'jn[alb  .sn^  ??  irnpbffis  ?^n  •?:n  .i(d)'' 

Unter  Verweisung  auf  das  zu  Zeile  2  bemerkte  möchte  ich  hier 
eine  Lesung  conjieiren,  die  vielleicht  später  auf  die  richtige  Spur 
bringen  wird : 

IT"!??  in?  !^2?n  nnpb  rx  2np:n  ^^^,1),  d.  i.  etwa: 
»und  es  schlugen  die  Mineure  einer  gegenüber  dem  andern  Meisel 
gegen  Meisel«.  Allerdings  ist  in  dieser  Lesung  ausser  dem  1  an 
der  Spitze  auch  das  p  in  Dlp:  nur  geratlien ;  das  T  in  n^"!  ist  nur 
durch  C  nicht  B) ,  das  H  gar  nicht  zu  beweisen .  Nimmt  man 
aber  das  folgende  hinzn,  so  wird  man  wenigstens  den  Einfall  be- 
greiflich finden,  dass  in  Zeile  4  vom  Durchschlagen  des  Tnnnels 
die  Rede  ist,  wobei  die  Mineure  von  zwei  Seiten  her  zusammen- 
trafen. Ich  bemerke  indess  nochmals,  dass  ich  obige  Lesung  nur 
als  eine  tastende  Conjectur  angesehen  wissen  möchte. 

Am  Schluss  von  Zeile  4  liest  C  iDb"^"^.  Diese  Lesung  lässt 
sich  trotz  aller  Differenzen  auch  aus  B  plausibel  machen.  Der 
Kopf  des  ersten  1  ist  sichtbar  unter  dem  drittletzten  Zeichen  C^j 
der  :<.  Zeile,  ebenso  der  Kopf  des  zweiten  1  an  dem  langen 
Schwänze  des  la,  mit  welchem  die  dritte  Zeile  schliesst.  C  liest 
sodann  auf  Zeile  5  weiter :  5bs<  Ti<;n  riDinn  bs  .  .  .  n'Qn  p  D'^TSn 
")2  rrcs  Nachdem  Herr  Sayce  in  seinem  ersten  Briefe  vom  7. 
Februar  bereits  erklärt  hat :  it  is  clear  from  thc  word  TiS31  in  the 
tifth  line,  that  the  constructor  of  the  condiiit  speaks  in  the  first 
person  (er  nimmt  also  "^ni^IS  für  "'n''D2!),  giebt  er  unter  dem  26. 
Febnuir  statt  dessen  auf  Grund  einer  Revision  seiner  Copie  TS'QS 
und  übersetzt  nun  das  Ganze :   »and  the  waters  flovved  from  their 


111 


outlet    obige  Lücke  ist  nun  zu  Ji'^S'i'an  ers^änzt)   to  tbc  lower  pool 
for  a  clistance  of  a  tbousand  cubits«. 

Seben  Ts-ir  zunäebst  vom  Einzelnen  ab,  so  ist  der  Sinn  a 
priori  recbt  plausibel.  Auch  die  Distanz  von  1000  Ellen  stimmt 
ungefähr  zu  der  Länge  des  Tunnels.  Dieselbe  beträgt  nach  Socin- 
BÄDiiKKK,  Palästina  und  Syrien  (p.  111  der  2.  Aufl.).  533  Meter, 
in  gerader  Linie  335  Meter;  1000  hebr.  Ellen  würden  nach  der 
üblichen  Berechnung  (sechs  Handbreiten  pro  Elle)  ca.  484  Metern 
entsprechen,  ^'ergleicht  man  indess  mit  obiger  Lesung  die  Copie 
B,  so  erregt  Bedenken,  dass  hier  im  Anfang  der  Zeile  vielmehr 
D'^b^n  zu  stehen  scheint .  Dass  das  b  rein  auf  einer  Täuschung 
beruhte .  kann  wenigstens  nicht  aus  der  erhöhten  Stellung  we- 
schlössen  werden ;  dieselbe  findet  sich  auch  in  th^  auf  derselben 
Zeile,  in  nipb  auf  Zeile  4.  sowie  in  by  Zeile  6.  Statt  der  Lesung 
»■'STan  lässt  sich  nach  B  eher  i^STan  begreiflich  finden,  und 
dieses  ^iisiisri  wäre  ohnedies  in  der  Bedeutung  Ausgangsort  zu 
erwarten  statt  des  unbegreiflichen  i^isi'Sri:  die  weitere  Lesung 
von  C  mag  auf  genauerer  Copie  beruhen.  Auf  B  ist  nur  deutlich 
1  nD"an  bü  (wobei  Punkt  und  Trennungsstrich  nach  D  als  irrig 
cassii-t  werden  müssten);  doch  liesse  sich  '^rj^'cn  abgesehen  vom  r 
auch  nach  B  begreifen,  desgleichen  n)2S<  ;:]bs<  jenseits  des  Risses. 
Dagegen  ist  uns  völlig  unklar ,  was  sich  Herr  Sayce  bei  seiner 
Übersetzung  unter  ^rit'cn  gedacht  hat.  Von  einem  unterenTe\c\\ 
ist  nichts  zu  sehen ,  wohl  aber  von  den  Spuren  einer  Lücke  zwi- 
schen dem  angeblich  schliessenden  "^  und  r|bi4. 

In  Betreff  der  6.  Zeile  bemerkt  Herr  Sayce,  dass  sie  der- 
massen  durch  das  Wasser  gelitten  habe ,  dass  nichts  weiter  zu 
erkennen  sei,  als  die  Worte  TCi<-|  by.  Nach  B  sind  etwa  13  Buch- 
staben zu  bestimmen;  eine  ^'erbindung  und  Deutung  derselben 
ist  jedoch  zur  Zeit  unmöglich. 

Zum  Schluss  erklärt  Herr  Sayce  ,  dass  in  der  Inschrift  die 
Namen  Jerusalem  oder  Juda  ebensowenig  zu  entdecken  seien, 
wie  das  Wort  ^bia  oder  irgend  ein  Eigenname.  Dagegen  werde 
durch  die  Formen  der  Buchstaben  bewiesen  ,  dass  die  Inschrift 
nicht  später  sein  könne ,  als  die  Zeit  Hiskias ;  die  drei  Ellen  in 
Zeile  2  und  die  1000  Ellen  in  Zeile  5  dürften  wohl  über  die  Ten- 
denz der  Inschrift  einen  Fingerzeig  geben.  Abgesehen  von  der 
Datirung  und  den  drei  Ellen  stimmen  wir  diesen  Bemerkiniffeu 
vollkommen  bei.    Um  so  unbegreiflicher  erscheint  uns  dagegen. 


1J2 

"vvas  Herr  Sayce  in  dem  Briefe  vom  26.  Febr.  zum  l^esten  giebt. 
Durch  schlechtes  Wetter  an  der  Abreise  verhindert ,  nahm  er  an 
Ort  und  Stelle  eine  Kevision  der  Copie  vor  und  hofft  nun  im  Be- 
sitze eines  Facsimile  zu  sein ,  wie  es  abgesehen  von  dem  Riss  in 
den  ersten  drei  Zeilen  nur  irgend  gewonnen  werden  könne.  So 
erfreulich  uns  diese  Versicherung  ist,  so  bedenklich  werden  wir 
doch ,  Avenn  Herr  Sayce  seine  früheren  Aufstellungen  nunmehr 
dahin  corrigirt,  dass  die  Inschrift  nicht,  wie  er  gewähnt  habe,  in 
hebräischer,  sondern  vielmehr  in  phönicischer  Sprache  abgefasst 
sei.  Mehr  als  einmal  komme  das  phönicische  Relativpronomen 
T2JJ?  vor  wo  indess  nach  unserer  Überzeugung  sicher  tEJi?  =  Tü^it 
zu  lesen  ist)  und  dazu  andere  Eigenthümlichkeiten  in  der  Sprache, 
aus  denen  hervorgehe,  dass  der  Urheber  der  phönizischen  Küste 
entstammte.  Wenn  Herr  Sayce  mit  dieser  Behauptung  Recht 
hätte,  so  würde  der  grösste  Theil  nicht  nur  unserer,  sondern  auch 
seiner  eigenen  Lesungen  hinfällig  (man  denke  nur  abgesehen  vom 
Lexicalischen  an  n  anstatt  n  als  phönizische  Femininendimg  und 
an  das  ganz  specifisch  hebräische  Imperf.  consec.  IDb^l ,  Avelches 
Herr  Sayce  auch  in  dieser  Nachschrift  ausdrücklich  festhält!). 
Anderseits  —  fährt  Herr  Sayce  fort  —  habe  er  bereits  constatirt, 
dass  die  Formen  der  meisten  Buchstaben  mit  denen  des  Mesa- 
steines  identisch  seien,  ZAvei  bis  drei  dürften  sogar  noch  älter 
sein.  Die  Inschrift  könne  daher  nicht  erst  aus  der  Zeit  Hiskias 
und  seiner  Nachfolger  datirt  werden ,  wo  sich  in  Folge  der  Zer- 
störung des  Reiches  Israel  der  Verkehr  z-wischen  Juda  und  Phö- 
nicien  erneuerte ,  der  bei  der  Empörung  der  zehn  Stämme  abge- 
brochen worden  war.  Er  stehe  daher  nicht  an  ,  die  Inschrift  der 
Zeit  Salomos  oder  vielleicht  Davids  (2.  Sam.  5,  11)  zuzuschreiben, 
denn  damals  seien  phönicische  Arbeiter  bei  der  Errichtung  der 
öffentlichen  Jiaxiteu  in  Jerusalem  verwendet  worden.  In  diesem 
Falle  biete  die  Inschrift  das  älteste  Specimen  von  phönicischer 
Schrift,  welches  wir  besitzen.  Selbst  das  sei  nicht  unmöglich, 
wenn  auch  sehr  unwahrscheinlich,  dass  die  Inschrift  noch  älteren 
Datums  und  in  dem  Dialekt  der  Jebusiter  verfasst  sei  (!) . 

Es  wäre  verlorene  Mühe,  sich  mit  einer  Widerlegung  dieser 
Argumente  aufzuhalten.  Gesetzt  auch,  die  Inschrift  wäre  phöni- 
cisch ,  so  wäre  daraus  für  das  Zeitalter  zunächst  gar  nichts  zu 
folgern.  Denn  dass  seit  der  Reichss])altung  bis  ca.  720  kein 
l'hönicier  nach   Jerusalem  hätte  gelangen  können ,    wird  Herr 


113 

Sayce  nicht  im  Ernst  behaupten  wollen.  2.  Sam.  5,  11  redet 
übrigens  n\ir  von  der  Erbauung  des  Palastes  Davids  durch  phöni- 
cische  ] Jauleute. 

Mit  Recht  protestirt  daher  A.  Neubauer  in  Athen,  vom  19. 
März.  p.  395,  gegen  Sayce's  allzurasche  Datirung  der  Inschrift, 
sowie  gegen  die  Annahme  phönicischen  .Sprachcharakters  — 
letzteres  Avegen  des  ^'erbum  "^bn  und  des  Waw  consecutivum. 

In  derselben  Nvimmer  des  Athenaeum  erklärt  sich  C  Warrex 
aus  historischen  Gründen  für  die  Datirung  der  Inschrift  aus  der 
Zeit  Hiskias.  der  »den  Teich  und  die  AVasserleitung  gemacht  und 
das  Wasser  in  die  Stadt  geführt«  habe  (2.  Kön.  20.  20).  Sayce's 
Übersetzung  von  Zeile  5  erinnere  an  Jes.  22,  8  :  «ihr  sammelt  das 
Wasser  des  untern  Teichs«  (nur  schade,  dass  in  der  Inschrift  von 
einem  unteren  Teich  nichts  zu  finden  ist) .  Ausserdem  verweist 
Warren  auch  auf  Sir.  48.  17.  wo  es  von  Hiskia  heisst:  er  leitete 
in  ihre  (der  Stadt)  Mitte  den  Gihon .  )idurchgrub  den  Felsen  mit 
Eisen  und  baute  Teiche  für  das  Wassera.  Dabei  sei  klar,  dass 
der  «untere  Teichu  nicht  confundirt  werden  dürfe  mit  dem  Graben 
zwischen  den  beiden  Mauern  für  das  Wasser  des  alten  Teichs, 
der  nach  Jes.  22,  11  gleichfalls  von  Hiskia  angelegt  ^vorden  sei. 
—  Uns  scheint  es  besser,  auf  diese  historischen  Gründe  für  die 
Datirung  der  Inschrift  so  lange  zu  verzichten ,  bis  man  über  die 
eigentliche  Lage  des  Gihon  (vergl.  auch  2.  Chron.  32,  30),  sowie 
die  des  oberen  und  unteren  Teiches  ins  Reine  gekommen  ist. 

Was  schliesslich  den  Schriftcharakter  anlangt,  so  dürfte 
Herr  Sayce  im  Irrthum  sein ,  wenn  er  ihn  zum  Theil  für  älter 
hält,  als  den  des  Mesasteins.  Alle  ganz  deutlichen  Ihichstaben 
sind,  soweit  nach  der  Copie  geurtheilt  werden  kann,  mit  den 
Mesatypen  fast  absolut  identisch.  Dies  gilt  von  i5,  n,  H,  1,  T,  ">, 
b.  2.  y,  S,  p,  n,  TS,  n.  Dagegen  hat  5  einen  kürzeren  Oberstrich. 
T  eine  etwas  andere  Lage ,  n  einen  dritten  Querstrich ,  "Q  einen 
längeren,  stark  gebogenen  Schweif;  D  ist  auf  der  Copie  fast  über- 
all verstümmelt ,  "J.  D  und  2S  nicht  nachweisbar.  Doch  fand  sich 
auf  einem  der  Abklatsche  das  Mesa-0  und  S  wird  von  Saycc  auf 
Zeile  5  gelesen.  Einige  abweichende  Formen,  wie  S  ohne  Spitze 
links  (wofür  indess  die  Bestätigung  abzuwarten  ist) ,  entsprechen 
dem  Schrifttypus  der  ältesten  hebräischen  Siegel  inid  Gemmen, 
wie  ihn  Euting  auf  seiner  grossen  Schrifttafel  zur  engl.  Über- 
setzung von  üickell's  hebr.  Grammatik)  in  der  C'olumne  «Old 

Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  IV.  8 


114 

Hebr.  Seals  and  Geras?  8 — 5  cent.  E.  C?«  verzeichnet  hat.  Über 
den  Schriftcharakter  der  Siloahinschrift  schreibt  mir  Herr  Prof. 
EuTiXG :  »als  charakteristisch  betrachte  ich  Koph  mit  sehr  klei- 
nem Kopf  lind  sehr  kleines  Taw ;  grosse  Schlankheit  der  Buch- 
staben 12,  D,  D,  "1,  überhaupt  einen  gewissen  elastischen  Zug .  der 
schon  grosse  Übung  der  Schrift  voraussetzt.  Im  Allgemeinen  sind 
die  Formen  leichter  und  schwungvoller,  als  bei  Mesa.  Als  Zeit 
möchte  ich  8 — 7.  Jahrh.  v.  Chr.  vermuthen;  doch  ist  dies  nur 
pure  Vermuthung!« 

Ein  Berichterstatter  über  die  Siloahinschrift  in  der  Sonntags- 
Beilage  zur  Neuen  Preuss.  Kreuz-Ztg.  vom  27,  März  1881  dis- 
cutirt  bereits  die  Frage ,  ob  Avir  es  hier  denn  auch  Avirklich  mit 
einer  ächten  Inschrift  oder  mit  einem  geschickten  Falsificat  zu 
thun  haben.  Nach  den  bekannten  Erfahrungen  könne  man  in 
dieser  Hinsicht  nicht  vorsichtig  genug  sein.  Es  müsse  Verdacht 
erwecken,  dass  ein  Schulknabe  der  erste  Entdecker  Avar,  während 
Robinson  1838  beim  Durchkriechen  des  Canals  nichts  von  der 
Inschrift  merkte.  Auch  das  »cursive  Griechisch«  und  die  arabi- 
schen Ziffern  für  1843  (nach  Sayce  Bericht  erscheinen  dem  Ke- 
ferenten  bedenklich.  Doch  tröstet  er  sich  damit,  dass  Prof.  Socin 
nicht  den  geringsten  Zweifel  geäussert  habe ,  und  dass  sich  die 
Ansetzung  von  Silicaten  erst  im  Verlauf  längerer  Zeit  vollzogen 
haben  könne  :  zudem  scheine  die  Überliuthung  des  unteren  Theils 
der  Inschrift  jeden  Verdacht  auszuschliessen. 

Man  sieht :  gebrannt  Kind  fürchtet  das  Feuer  —  luid  leider 
steht  es  ja  so,  dass  man  eine  derartige  Gespensterseherei  niemand 
verdenken  kann.  Im  vorliegenden  Falle  glauben  wir  jedoch 
jenem  vorsichtigen  Referenten  die  Versicherung  geben  zu  kön- 
nen ,  dass  selbst  dann  noch  alle  Umstände  für  die  Ächtheit  der 
Inschrift  sprechen  würden,  wenn  sich  oberhalb  derselben  wirk- 
lich cursives  oder  sonstiges  (xriechisch  constatiren  Hesse. 

Weitere  Aufschlüsse  über  die  Inschrift  erwarten  wir  von  dem 
zur  Zeit  in  Jerusalem  weilenden  Redacteur  dieser  Zeitschrift, 
Herrn  Lic.  GuTHE.  Wir  werden  nicht  ermangeln,  unsere  Leser 
seiner  Zeit  von  den  F'ortschrittcn  der  Entzifferung  in  Kenntniss 
zu  setzen. 


Ansgrabimgen  in  Jerusalem.  ^) 

Erster  Bericht  erstattet  von  Lic.  H.  Guthe. 


Am  21.  März  Morgens  6  Uhr  Avarf  die  »Argo«  des  öster- 
reichisch-nngarischen  Lloyd,  das  Schiff,  auf  welchem  ich  Sonn- 
tag, den  20.  März,  Mittags  Port  Said  verlassen  hatte,  vor  Jafa 
Anker.  Palästina,  das  Ziel  meiner  Reise,  lag  im  Dämmerschein 
vor  mir.  Eben  zeigten  sich  im  Osten  die  ersten  Strahlen  der  anf- 
gehenden  Sonne,  die  Berge  des  alten  Ephraim  hoben  sich  in 
vollerem  Hlan  von  der  noch  matten  Farbe  des  Himmels  ab.  Die 
Landung  ging  unter  der  freundlichen  Führung  des  Herni  Har- 
degg,  Besitzers  des  Jerusalem-Hotel,  rasch  von  Statten.  Eine 
Stunde  später  sah  ich,  überrascht  und  ergriffen  von  der  Schönheit 
des  Bildes ,  von  einem  Balkon  des  genannten  Hotels  die  Stadt 
südlich  vor  mir,  eingefasst  durch  einen  breiten,  bis  an  den  Hori- 
zont südöstlich  sich  erstreckenden  Kranz  von  Orangengärten. 
Unter  dem  saftig-grünen  Laube  schauten  die  rothgelben  Früchte 
hervor ,  frische  Blüthen  erfüllten  die  Luft  mit  herrlichem  Dufte 
und  zu  meiner  Rechten  warf  das  Meer  langsam  ,  aber  mit  merk- 
lichem Geräusch  seine  Wellen  auf  das  sandige  Ufer.  Lauge  er- 
(juickte  ich  xVugen  und  Sinn  durch  diesen  einladenden  Anblick. 

In  Jafa  blieb  ich  zwei  Tage.  Am  Morgen  des  2 1 .  März  unter- 
nahm ich  noch  einen  weiteren  Spaziergang  in  und  um  die  Stadt; 
am  Nachmittag  hatte  Herr  Baron  von  Ustinow  die  Freundlichkeit, 
mit  Herrn  Hardegg  und  mir  einen  Ritt  in  die  Umgegend  zu 
unternehmen ,  namentlich  nach  Seiami ,  wo  in  letzter  Zeit  in 
Höhlen  und  Gräbern  mancherlei  alte  Sachen,  theils  von  den  Fella- 
chen, theils  von  Anderen  gefunden  worden  sind.    Am  Abend  des 

1)  Obiger  Bericht  traf  am  20.  April  nach  Schluss  der  Redaction  ein  ;  wir 
glaubten  jedoch,  denselben  unseren  Lesern  nicht  bis  zum  nächsten  Heft  voi*- 
enthalten  zu  dürfen. 

8* 


116 

21.  und  22.  März  konnte  ich  genauere  Einsicht  in  die  Sammhmg 
palästinensischer  Alterthümer  nehmen,  welche  Herr  von  UstinoAv 
in  den  Jahren  seines  hiesigen  Aufenthaltes  angelegt  hat.  Der 
2.  Tag  wurde  meist  durch  meine  Theilnahme  an  der  Geburts- 
tagsfeier Sr.  Majestät  des  deutschen  Kaisers  in  Anspruch  genom- 
men. Am  23.  März  früh  verliess  ich  Jafa  zu  Pferde  und  langte 
Abends  zwischen  6  und  7  Uhr  nach  einem  anstrengenden  Ritt  in 
Jerusalem  an.  Der  deutsche  Konsul,  Herr  Freiherr  von  Münch- 
hausen,  kam  mir  in  Begleitung  eines  Kawassen  etwa  bis  zur 
letzten  Höhe  vor  Jerusalem  entgegen.  Dieser  unerwartete  Em- 
pfang freute  mich  sehr ;  es  hob  meinen  Muth,  dass  ich  nicht  ein- 
sam und  allein  den  Schauplatz  meiner  ersten  Thätigkeit  im  heili- 
gen Lande  betrat.  War  mir  doch  damit  die  Zusicherung  gegeben, 
dass  ich  aiif  die  bereitwillige  Unterstützung  unseres  Konsulates 
würde  rechnen  können ,  eine  doppelt  willkommene  Aussicht  auf 
einem  für  den  Forscher  so  schwierigen  und  an  Erfolgen  so  spar- 
samen Boden,  wie  ihn  das  heutige  Jerusalem  darbietet. 

Am  Donnerstag  machte  ich  die  nothw endigsten  Besuche. 
Ich  beabsichtigte,  sofort  Freitag  in  den  Siloahkanal  zu  gehen  und 
Abklatsche  sowie  Copieen  anzufertigen.  Allein  Herr  Baurath 
Schick  rieth  mir  davon  ab ,  weil  an  diesem  Tage  ein  Fest  der 
römischen  Katholiken  eine  grosse  Anzahl  von  l'ilgern  und  Jern- 
salemiten  im  Thale  bei  Siloah  zu  vereinigen  pflege  und  diese 
mich  leicht  stören  könne.  So  begab  ich  mich  denn  Sonnabends 
an  die  Arbeit,  nachdem  ich  am  Freitag  das  Terrain  etwas  studirt 
hatte.  Das  Abflussloch  des  Siloah teiches  wurde  geöffiiet,  nach 
etwa  l'/2  Stunde  war  das  AVasser  um  0,30m  gesunken.  Später- 
liin  fiel  es  noch  um  0, 15m.  Einige  hölzerne  Bretter  mit  niedrigen 
Füssen ,  welche  Herr  Baurath  Schick  zum  Zweck  der  besseren 
Besichtigung  der  Inschrift  hat  anfertigen  lassen,  wurden  in  das 
seichte  Wasser  gestellt ,  so  dass  man  trocken  bis  an  den  Ort  der 
Inschrift  gelangen  konnte.  Der  Unkundige  wird  bei  genügen- 
der Beleuchtung  wohl  die  glatte  Fläche  des  Felsens  bemerken, 
welche  für  die  Inschrift  hergestellt  ist;  die  Buchstaben  selbst 
fallen  jedoch  so  wenig  ins  Auge,  dass  sie  dem,  welcher  sie  nicht 
sucht,  leicht  verborgen  bleiben.  Ich  fand  zahlreiche  S})uren  und 
Stücke  von  Wachs-  oder  Stearintro])fen  über  die  ganze  Tafel  ver- 
theilt,  ein  Zeichen,  dass  die  Inschrift  schon  oft  besucht,  zugleich 
mit    welchem    l>eleuchtungsmittel    sie    untersucht   worden    ist. 


17 


Meine  erste  Arbeit  war .  dass  ich  die  ganze  Inschrift  sorgfältig 
reinigte ;  denn  von  einer  theilweise  durch  fettige  Stoffe  befleckten 
Steinplatte  Abklatsche  zu  machen ,  versprach  keinen  Erfolg. 
Dann  rieb  ich  die  Inschrift  trocken.  ]3ie  Buchstaben  schienen 
mir  jetzt  bedeutend  deutlicher  hervorzutreten,  als  früher.  Lm 
diesen  günstigen  Zustand  der  Inschrift  nicht  unbenutzt  zu  lassen, 
begann  ich  sofort,  sie  zu  copiren.  Als  Licht  diente  mir  eine 
lilende  mit  Zubehör .  wie  sie  die  Bergleute  bei  ihren  Arbeiten 
gebrauchen.  Durch  gütige  Vermittlung  eines  Leipziger  Freundes 
Avar  mir  dieselbe  von  Freiberg  im  Kgr.  Sachsen  zugesandt  wor- 
den. Sie  erwies  sich  als  sehr  geeignet  zu  diesem  Zwecke.  Nur 
stehen  die  Zeilen  der  Inschrift  an  einer  schon  für  die  blosse  Besich- 
tigung möglichst  unbequemen  Stelle.  Obwohl  Herr  Schick  den 
Boden  des  Kanals  so  tief  gelegt  hat,  als  der  jetzige  Ausfluss  des- 
selben nach  dem  Teiche  es  gestattet,  so  befindet  sich  der  aus 
Schlamm  und  Steinen  gebildete  Grund  des  Wasserlaufs  doch  nur 
0,37m  unter  der  Inschrift.  Daher  war  selbst  die  erste  Zeile  der 
Inschrift  unterhalb  meiner  Augenhöhe ,  wenn  ich  in  dem  engen 
Kanal  zu  sitzen  versuchte.  Dass  die  unteren  Zeilen  der  Inschrift 
nur  sehr  unsicher  in  dieser  Stellung  gesehen  werden  können, 
brauche  ich  nicht  näher  zu  erläutern.  Also  halb  oder  ganz  lie- 
gend eine  Copie  anzufertigen  erwies  sich  als  das  einzig  Mögliche. 
Allein  die  Arbeit  wurde  noch  erschwert  durch  den  schon  früher 
in  dieser  Zeitschrift  erwähnten  Zustand  der  Felsplatte.  Dieselbe 
hat  zahlreiche  grössere  oder  kleinere  Spalten ,  durch  welche  die 
ursprüngliche  Gestalt  der  Buchstaben  oft  ganz  zerstört  worden 
ist.  Ferner  haben  sich  die  meisten  Vertiefungen ,  welche  einst 
der  Meisel  eingegraben  hat,  mit  sogenannten  Silikaten  angefüllt, 
die  sich  häufig  nur  durch  eine  hellere  Farbe  allein  für  das  Auge, 
dagegen  mit  dem  Gefühl  gar  nicht  unterscheiden  lassen ,  weil 
jede  Unebenheit  der  Obei-fläche  geschwunden  ist.  So  Hess  mich 
oft  die  genaueste  Besichtigung  über  die  eigentliche  Figur  des 
IJuchstabeu  in  Zweifel.  Begreiflicher  Weise  ging  die  Arbeit  des 
Copirens  n\ir  langsam  vor  sich;  Nachmittags  4  Uhr  unterbrach 
ich  dieselbe,  da  Herr  Schick  zti  einer  Besprechung  auf  meine 
IJitte  aus  der  Stadt  heruntergekommen  war. 

Die  Erfahrungen  des  ersten  Tages  hatten'  mich  überzeugt, 
dass  bei  dem  jetzigen  Wasserstande  im  Kanal  eine  ganze  zu- 
verlässige Copie  der  Inschrift  anzufertigen  solir  schwierig  sei^ 


118 


dass  aber  andererseits  Abklatsche  niemals  ein  vollkommenes 
Bild  der  Inschrift  liefern  würden,  nach  Avelchem  die  Publika- 
tion unternommen  werden  könnte.  Es  kam  also  darauf  an,  den 
Wasserspiegel  noch  niedriger  zu  legen  und  dadurch  eine  für  das 
Copiren  günstigere  Lage  der  Inschrift  zu  gewinnen.  Das  konnte 
nur  geschehen ,  wenn  es  gelang ,  einen  anderen  Abfluss  für  das 
Wasser  des  Kanals  zu  schaffen.  Herr  Schick.  Avelchen  seine  oft 
wiederholten  Versuche ,  Copieen  und  Abklatsche  anzufertigen, 
zu  derselben  Meinung  gebracht  hatten ,  schlug  vor,  zu  diesem 
Zweck  die  Reinigung  eines  anderen ,  von  ihm  schon  Ende  des 
vorigen  Jahres  entdeckten  Kanals  wiederaufzunehmen ,  welcher, 
unterhalb  des  jetzigen  Weges  zur  «Quelle«,  dem  (oberen  Siloah- 
teiche  ostwärts  parallel  laufe.  HeiT  Schick  hatte  nämlich  bei 
seinen  Arbeiten  behufs  sicherer  Gewinnung  der  Inschrift  auch 
den  Ausfluss  des  heutigen  (oberen)  Teiches  untersucht  und  ge- 
funden .  dass  derselbe  nur  eine  kurze  Strecke  südwärts  laufe, 
dann  sich  ostwärts  wende  und  in  einen  anderen  Kanal  ausmünde, 
welcher  von  Norden  kommend  das  AVasser  südwärts ,  dem  Thale 
zu,  weiter  führt.  Dieser  letztere  Kanal  ist  in  den  Felsen  einge- 
hauen ,  in  seiner  unteren  Hälfte  offen ,  in  seiner  oberen  aber  mit 
Steinen  gedeckt  und  ziemlich  tief  unter  Schuttablagerung  ver- 
borgen und  selbst  mit  Geröll  angefüllt.  Herr  Schick  hatte  nun 
aus  der  Richtung  dieses  Kanales  geschlossen ,  dass  er  in  gerader 
Linie  von  der  sog.  Siloah quelle  herkomme.  Er  sah  seine  \er- 
muthung  dadurch  bestätigt,  dass  die  östliche  Felswand  am  Aus- 
gange des  Siloahkanalos  nicht  in  der  südwestlichen  Richtung  auf 
den  heutigen  Zugang  zur  Quelle  und  auf  den  Teich  zu  be- 
hauen war,  sondern  in  ziemlich  gerader  südlicher  Richtung,  also 
auf  den  Kanal  hinwies ,  welcher  heute  zum  Tlieil ,  wie  oben  er- 
wähnt, durch  Schutt  verborgen  ist.  Herr  Schick  hatte  nun  die 
Reinigung  dieses  letzteren  Kanals  von  der  Stelle  an,  wo  der 
heutige  Abfluss  des  Siloahteiches  in  ihn  einmündet,  schon  im 
Winter  begonnen,  jedoch  nicht  vollenden  können,  weil  die  Lich- 
ter unten  in  der  schlechten  Luft  nicht  mehr  brennen  wollten  und 
die  Fellachen  von  Silwän  erklärt  hatten ,  nicht  weiter  arbeiten  zu 
können. 

Da  mir  die  Ansicht  des  Herrn  Haurath  Schick  einleuchtete, 
so  wurde  am  Montag,  den  28.  März,  begonnen,  einen  Schacht 
zu  graben,  welcher  direkt  von  oben  auf  den  verstopften  Kanal 


119 

treffen  sollte  und  von  dem  aus  die  Reinigung  des  Kanals  voll- 
endet werden  könnte.  Zuerst  arbeiteten  fünf,  seit  Dienstag  den 
29.  März,  sechs  Fellachen  aus  Silwän  an  dem  Teufen  des  Schach- 
tes ,  meist  dieselben  Leute,  welche  Herr  Schick  schon  im  vo- 
rigen Jahre  beschäftigt  hatte.  Da  ich  sehr  bald  merkte,  dass 
der  Fortschritt  der  Arbeit  nicht  nach  deutschem,  resp.  euro- 
päischem Maassstabe  berechnet  werden  durfte,  so  beschloss  ich, 
meine  Arbeiten  an  der  Inschrift  Dienstag  den  29.  wieder  zu  be- 
ginnen, ohne  auf  die  Tieferlegung  des  Wasserspiegels  zu  warten. 
Ich  ging;  Nachmittags  zeitig  hinunter,  allein  das  Wasser  floss  von 
der  Marienquelle  auf  der  anderen  Seite  des  lierges  her  so  stark, 
dass  nach  zAveistündigem  Warten  es  noch  immer  nicht  möglich 
war.  die  niedrigen  Bänke  auf  dem  Boden  des  Kanals  festzu- 
stellen. Ich  musste  unverrichteter  Sache  wieder  zurückgehen. 
Am  30.  und  3 I.März  indessen  vollendete  ich  meine  Gopie,  nahm 
einige  Abklatsche  und  revidirte  dann  nochmals  alles,  was  ich  co- 
pirt  hatte.  Ich  bin  jetzt  damit  beschäftigt,  auf  Grund  der  vor- 
liegenden Abklatsche  und  meiner  im  Kanal  selbst  angefertigten 
Copie  eine  Zeichnung  der  Inschrift  herzustellen.  Leider  geht 
die  Arbeit  langsam  vor  sich,  da  ich  nur  sehr  wenig  von  meiner 
Zeit  darauf  verwenden  kann.  Ist  die  Zeichnung  vollendet,  so 
Averde  ich  sie  an  Ort  und  Stelle  nochmals  vergleichen  und  zwar, 
wie  ich  hoffe,  unter  günstigeren  Umständen,  sobald  der  Wasser- 
spiegel tiefer  gelegt  und  die  Besichtigung  der  Inschrift  leichter 
geworden  ist.  Auch  werde  ich  dann  nochmals  Abklatsche  nehmen 
und  überhaupt  alles  thun.  was  in  meinen  Kräften  steht,  um  ein 
zuverlässiges  l^ild  der  Inschrift  zu  erhalten.  Schon  jetzt  kann 
ich  indess  behaupten,  das  beste  Material  zu  haben.  So  kann 
ich  z.  B.  die  Lesung  des  Herrn  Prof.  Sayce  in  Oxford,  welche 
derselbe  im  Athenaeum  vom  12.  März  publicirt  hat  in  mehreren 
nicht  unwichtigen  Punkten  berichtigen. 

Zum  Schluss  noch  die  Mittheilung,  dass  der  gesuchte  Kanal 
glücklich  gefunden  und  dabei  eine  nach  aufwärts  führende  Fel- 
sentreppe entdeckt  worden  ist. 

Jerusalem,  7.  April  1881. 


Bücheranzeigen. 


Itinera  hierosolymitana  et  descriptiones  terrae  mnctae  hellis  sacria 

anteriora  et  latina  lingua  exarata  sumptihua  societatis  illustrandis 

orientis  Jatini  monument^s  ediderunt  Tit.  Tohler  ^"  Aug.  Molinier. 

I.   Genevce,   typis  J.  G.  Fick.  1879.  LV u.  41S  SS.  8". 

Der  Gedanke  Pilgerscliriften  zu  sammeln  ist  bekanntlich 
kein  neiier.    Wir  begegnen  seinen  Anfängen ,  wo  nicht  früher, 
schon  im   15.  Jh.    Das  praktische  und  asketische  Bedürfniss  er- 
zengte ihn  damals  nnd  die  mehrfach  in  den  Handschriften  dieser 
Zeit  begegnenden  Zusammenstellungen  von  je  zMeien  oder  dreien 
jener  alten  Schriftwerke  sind  sein  bescheidener  Ausdruck.    Als 
ein  Jahrhundert  später  die  Pilgerfahrten  ausser  tbung  und  die 
heiligen  Stätten  aus  den  Augen  kamen .  Avar  es  die  allerorten  an- 
gefachte »natürliche  begierd,   lust  vnnd  liebe  viel  vnnd  mancher- 
ley  ding  zu  wißen  vnnd  zu  erfahren«,  die  den  Anstoss  zu  Feyr- 
ABP:^'Ds  bekanntem  »Reyssbuch«  gab.   Heute  tritt  die  Wissenschaft 
als  Sammlerin  auf.    Die  Arbeit  zur  Auffindung  und  A  erötfent- 
lichung  der  in  Betracht  kommenden  Einzelschriften  dieser  Gat- 
tung ist  im  Ganzen  als  gethan  anzusehen.    Tobler's  »bibliogra- 
phia  geographica  Palaestinae«  hat  darüber  das  unvergleichliche 
erste  Inventar  aufgenommen.    So  ist  es  ein  im  besten  Sinne  zeit- 
gemässes  Unternehmen,  dass  in  der  Mitte  des  letzten  Jahrzehents. 
die  »socicte  pour  la  publication  de  textes  relatifsä 
l'histoire  et  ä  la  geographie  de  l'Orient  latin«  auf  den 
Plan  trat  und  ausgerüstet  mit  jeglichem  Können  den  Schatz  der 
gesammten  l'ilgerliteratur  vom  4.  bis  14.  Jahrh.   und  von  da  ab 
bis  ZTim  Jahr  1600  der  noch  nicht  veröffentlichten  oder  seltenen 
Schriftwerke  der  gleichen  Art  in  genauer  Zeitfolge,  dabei  geson- 
dert nach  der  Sprache  der  einzelnen  Sclniftdenkmäler  und  be- 
arbeitet nach  den  heute  maassgebenden  Grundsätzen  bei  der  Her- 
ausgabe alter  Schriftwerke,  zu  vereinigen  begann. 

In  dem  vorstehend  genannten  ^^'erke  bietet  sie  uns  auf  die- 
sem Gebiete  ihres  Schaffens  ihre  Erstlingsgabe  dar.  und  Avir 
nehmen  dieselbe  mit  um  so  grösserer  Befriedigung  und  Dankbar- 
keit entgegen,  je  grösser  vorab  die  Gefahr  war,  in  der  sie  schon 
bei  ihrer  Entstehung  schwebte.  Wie  man  nämlich  aus  dem  ersten 
"Hericht"  über  neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  »Palae- 
stinaliteraturM  dieser  Ztschr.  I,  2(i.  und  '.^Q^.\  weiss,  starb  mitten 
in  der  Hearbeitung  des  ersten  Theils  des  vorliegenden  Bandes 
der  in  jedem  Sinne  dazu  berufene  Herausgeber  der  ganzen  latei- 


121 


iiischeii  Sammlung- .  unser  nnvergesslicher  Tüblek  ;  und  Avie  wir 
jetzt  aus  dem  Vorwort  des  ganzen  liandes  erfahren,  fiel  seinem 
unverwcilt  ernannten .  uns  auf  diesem  Felde  zum  ersten  Male 
l)ege^nenden  Nachfolger  Aug.  MoLI^■lEK  die  wenig  leichte  Auf- 
gabe zu  ,  nicht  bloss  einen  Meister  zu  ersetzen ,  sondern  auch 
dessen  Nachlass  z\im  Theil  erst  z\i  ordnen .  wie  dies  schon  von 
S.  8 1  an  nöthig  wurde,  von  wo  ab  der  Auszug  des  Textes  des  Theo- 
Dosius  neu  bearbeitet .  die  Correcturen  übernommen ,  die  dazu 
gehörigen  geschichtlichen  Einleitungen .  von  Tobler  deutsch 
hinterlassen,  ins  Lateinische  übertragen  und  schliesslich  der 
ganze  zweite  Theil  des  JJuchs  selbständig  angeschlossen  werden 
musste. 

Dass  man  trotz  alledem  der  Gesellschaft  de  1' Orient  latin  wie 
der  Wissenschaft  zur  gegenwärtigen  Leistung  von  ganzem  Herzen 
Glück  Avünschen  darf,  das  macht  unsere  Befriedigung  wie  unsern 
Dank  voll.  Man  hat  erfüllt,  was  man  versprach  imd  —  erwartete, 
in  vollem,  jedes  Lobes  werthen  Maasse. 

Ist  auch  die  Ausbeute  an  Neuem  in  der  Sammlung  selbst- 
verständlich eine  geringe  zu  nennen,  so  liegen  uns  nunmehr  hier 
nicht  nur  sammtliche  bis  jetzt  ans  Licht  gezogene  lateinische 
Pilgerschriften  und  geographische  Beschreibungen  Palästinas  von 
:?33  bis  1096  ,  sondern  diese  auch  in  einer  Gestalt  und  mit  einer 
kritischen  Ausrüstimg  vor .  die  ihnen  ehedem  nicht  hat  gegeben 
Averden  können.  Sammtliche  Texte  haben  den  Vorzug  genossen, 
aufs  neue  verglichen  und  durchgearbeitet  zu  werden ;  was  um  so 
höher  angeschlagen  werden  darf,  als  der  ersten  Hälfte  des  Ganzen 
die  reiche  Erfahrung  ihres  zum  Theil  mehrfachen  Herausgebers 
Tobler  zu  gute  kam  ihre  zweite  Hälfte  aber  sich  der  frischen 
Augen  Molinier's  bei  alter  Vorarbeit  zu  erfreuen  hatte.  Zu 
diesem  ^  orzuge  kommt  der  andere ,  dass  eine  ganze  Keihe  neuer 
Handschriften .  deren  Auffindung  zum  grösseren  Theil  Mulinier 
zu  danken  ist,  zur  Vergleichung  hat  herangezogen  werden  dürfen. 
Man  Avird  demnach  nicht  zu  viel  sagen ,  Avenn  man  den  hier  ge- 
botenen Text  den  zur  Zeit  erreichbar  besten  der  lateinischen  Pil- 
gerschriften des  gedachten  Zeitraums  nennt. 

l^esehen  wir  hiernach  die  Sammlung  im  einzelnen,  so  haben 
ihre  A^ier  ersten  Stücke,  nämlich  1;  itinerarium  a  Bordigala 
Hierusalem  usque  (S.  3 — 25],  2)  peregrinatio  s.  Paulae 
d.  h.  das  «hodoeporicum«  aus  ihrer  vita  bei  Hierony.aius)  (S.  29 
— 40  ,  3j  Paula  &  Eustochium  (letztere  s.  X^'  durch  ein  "N'er- 
sehen  soror  für  filia  l*aulae  genannt)  de  locis  sanctis  in  ihrem 
Ihief  an  Marcella  (S.  43 — 47),  und  4)  Eucherius  de  locis 
sanctis  keine  namhaften  Besserungen  gegen  früher  erfahren, 
da  ausser  beim  letztgenannten  neue  Handschriften  nicht  Avaren 
gefunden  worden,  die  zu  Eucherius  von  Molimer  auf  der  Pariser 
Nationalbibliothek  entdeckte  axis  dem  S.  Jahrh.  aber  die  ver- 
schiedenen verderbten  Stellen  zu  heilen  unfähig  Avar .  im  Gegen- 


22 


theil  neben  einigen  ansprechenden  mehrere  schwierige  Lesarten 
bietet.  Der  Vorschlag  Toblers  s.  XVI  in  dem  VERGiLcitat  x\en. 
III.  127  der  Paula  concita  statt  consita  (concitaÄ  und  consita« 
im  Texte  ist  jedenfalls  Druckfehler,  da  es  gegen  das  Versmaass 
verstösst)  stimmt  zwar  mit  allen  A'ergilhandschriften  überein  (vgl. 
Heyne  Verg.  opp.  II.  273  .  während  consita  eine  von  Gerda 
erst  eingeführte  Vermuthung  ist .  wäre  hier  aber  handschriftlich 
zu  belegen  gewesen. 

Der  sich  den  vorgenannten  vier  anschliessende  »breviarius 
de  Hierosolyma«  iS.  57 — 59).  eine  kurze  Aufzählung  und 
Beschreibung  heiliger  Stätten  der  heiligen  Stadt,  erscheint  hier 
zum  ersten  Male  gedruckt,  nachdem  ihn  der  verstorbene  L.  Beth- 
maxn  1854  in  einer  Handschrift  des  9.  Jahrh.'s  auf  der  ambro- 
sianischen  l^ibliothek  zu  Mailand  entdeckt  hatte.  Enthält  der- 
selbe auch  kaum  mehr  als  das .  was  aus  dem  auf  ihn  folgenden 
Theodosius  bereits  bekannt  ist.  so  wiegt  doch  schon  seine  Gleich- 
altrigkeit  mit  diesem  nicht  Avenig ;  und  die  von  Touler  nament- 
lich hervorgehobene  l^eschreibung  der  constantinopolitanischen 
Golgatha-  und  Grabkirche  in  ihm  sind  in  der  That  ihrer  Anschau- 
lichkeit wegen  werthvoll. 

Des  bereits  genannten  Theodosius  —  nicht  Theodorus  , 
wie  ToBLER  früher  die  Abkürzung  Theod.  lesen  zu  müssen  ge- 
meint hatte  —  liber  »de  terra  sancta«  (S.  63 — 80)  hat  zwar 
keine  Textberichtigung  aufzuweisen,  ist  aber  dadurch  erheblich 
brauchbarer  geworden,  dass  der  Herausgeber  durch  entsprechende 
Einklammerungen  die  eingeschobenen  Stellen  kenntlich  gemacht 
hat.  Als  ein  solches  Einschiebsel  bez.  Anhängsel  hat  sich  dem 
Herausgeber  nunmehr  aiich  der  Schluss  des  Ganzen  ergeben  : 
die  »via  puerorum  Israel«,  die  er  dem  Ende  des  12.  Jahrh.'s 
zuweisen  zu  dürfen  meint. 

Dem  dieser  Schrift  beigegebenen  Auszug  derselben,  betitelt 
»de  situ  terrae  s.  secundum  Theodosium«,  (S.  81 — 88*^) 
konnte  Molimer  durch  Auffindiing  von  zunächst  3  neuen  Hand- 
schriften 2  vatik.  und  einer  paris.)  eine  wesentliche  Berichtigung 
angedeihen  lassen.  Er  hatte  sogar  das  Glück  zu  den  gefundenen 
drei  Handschriften  später  drei  weitere  und  noch  dazu  ältere 
(Wesso-  [nicht,  wie  im  Text  steht:  Wasso-]brunn-Münch.. 
Haagen-,  und  Wolfenb.)  zu  gewinnen.  Aon  den  beiden  ersteren 
wurde  der  Text  am  Ende  dieses  Bandes  mitgetheilt,  vom  letzteren 
konnten,  da  der  Druck  bei  ihrer  Auffindung  vollendet  war ,  nur 
die  abweichenden  Lesarten  in  einer  Anmerkung  der  Einleitung 
beigefügt  werden. 

Antonini  marty  ris  hiernach  folgende  »p  erambulatio 
locorum  sanctorum«  (S.  91 — 118)  darf  sich  zwar  nicht  einer 
Textumgestaltung .  doch  einer  auf  Grund  von  nicht  weniger  als 
6  neuen  Handschriften  ausgeführten  Textbesserung  rühmen. 
Auch  ist  ihr  z\ir  \  ergleichung  die  kürzere  Kecension  des  cod. 


123 


vatic.  beigegeben  worden  (S.  119 — 135),  sowie  die  des  cod.  ca- 
duin.  (S.  135 — 13S).  Wiederum  aber  war  es  hier  Molinier,  des- 
sen Eifer  die  Auffindung  dreier  weiterer  bis  dahin  unbekannter 
Handschriften  zu  Paris  und  Piacenza  glückte.  Durch  sie  konnte 
im  Anhang  (S.  360 — 382)  noch  ein  besserer  Text  gegeben  und 
diesem  die  aiich  sprachlich  Averthvolle  l^egleitung  einer  ebenfalls 
jetzt  erst  ans  Licht  gezogenen  französischen  Übersetzung  des  13. 
Jahrh.s  (S.  383 — 391),  aus  einer  Pariser  Handschrift  zu  Theil 
werden.  Auffallend  ist  freilich,  dass  weder  Tobler  noch  Mulinier 
in  der  Einleitung  das  von  Ebers  (»Durch  Gosen  zum  Sinai«.  Lei]>- 
zig  1872.  8.  559 fg.  erhobene  Bedenken  gegen  die  Echtheit  der 
»perambulatio«  gewürdigt  haben ,  wie  sie  das  doch  bei  anderen 
Gelegenheiten  thaten.  Auch  hätte  wohl  der  Bestätigung  der 
streitigen  Lesart;  »preter  aquas«  c.  XL  (8.  114)  durch  den  an  Ort 
und  8telle  genommenen  Augenschein  desselben  Gelehrten  ao. 
S.  220  und  560)  gedacht  sein  können.  Dass  die  nunmehrige  Les- 
art »Bessam«  c.  XXX VH  (8.  112)  der  auf  die  frühere  »Bestam« 
gegründeten  A  ermuthung  Hitzig's  (Urgesch.  und  Mythol.  der 
Philistaer.  Leipzig  1S45.  8.  266 fg.),  welche  in  ihr  letzte  Spuren 
philistäischer  Ansiedelung  am  Horeb  finden  M'ill ,  leider  nicht 
günstig  ist ,  zumal  die  A  arianten  Res^am  und  das  diesem  in  der 
Schreibung  naheliegende  Rescam  bieten,  sagen  wir  nebenbei,  wie 
auch  das,  dass  Bessam  den  Gedanken  an  bassam  (sc.  linguam  i. 
e.  Patois  näher  zu  legen  scheint  als  an  das  in  der  Anmerkung 
beigebrachte  »persam«  einer  anderen  Ausgabe. 

Dem  Texte  der  sich  hieran  anschliessenden  »relatio  de 
locis  sanctis«  des  Arculfus  bez.  Adamnaxus  8.  141 — 202 
war  die  A'ergleichung  von  6  bisher  noch  unbenutzten  Handschrif- 
ten, namentlich  einer  cotton.  im  brit.  Museum,  einer  Brüsseler 
und  einer  Berner.  zu  nicht  kleinem  Nutzen.  Auch  ist  einer  ge- 
schichtlichen Randbemerkung  über  das  »sudarium  domini«  zu 
Liebe  der  volle  Text  der  caduin.  Handschrift,  deren  ausgehobene 
Lesarten  bisher  nur  aus  Delpit's  »essai  sur  les  anciens  pclerinages 
ä  Jerusalem«  Par.  1876  bekannt  waren,  beigegeben  (8.  203 — 210) . 
Gleichwohl  hielt  es  Molimer  der  Mühe  Averth  noch  4  weitere 
von  Tobler  zwar  gekannte,  aber  seltsamer  Weise  nicht  beachtete 
Handschriften  i  zwei  Wiener,  eine  Münchner  und  eine  aus  Laudun 
in  Frankreich)  zu  Rathe  zu  ziehen  und  deren  beträchtliche  und 
zum  Theil  werthvolle  (z.  B.  8,  395 fg..  401  fg.,  408;  abweichende 
Ijcsarten  im  Anhang  mitzutheilen,  wofür  ihm  aller  Dank  gebührt. 
A  on  den  ARCuLp'schen  Grundrissen  fehlt  n\ir  derjenige,  der  die 
Mauern  Jerusalems  darstellt.  Er  ist  dem  andern  Unternehmen 
der  Gesellschaft,  der  »iconographia  Orientis  latini«.  zugetheilt 
worden  und  kann  um  so  füglicher  entbehrt  werden,  als  er  an  sich 
nicht  allzu  wichtig ,  ausserdem  in  A'an  de  A'elde  imd  Tübler's 
plan  of  the  town  and  emirons  of  Jerusalem«  Gotha  1858  wieder- 
gegeben ist. 


124 


Des  Beda  A'enerabilis  Schrift  »clelocissanctis«  (S.  213 
— 234),  welche  der  des  Arculfus  folgt,  hat  vor  allen  bis  jetzt 
von  ihr  erschienenen  Ausgaben  den  grossen  Vorzug  vorans.  anf 
Gnmd  von  nicht  ^veniger  als  22  theihveise  znm  ersten  Male  be- 
nutzten Handschriften  ihre  vorliegende  Textgestalt  empfangen 
zn  haben,  was  bei  ihrem  nahen  Znsammenhang  mit  ihrer  genann- 
ten Vorgängerin  von  nicht  geringem  Werthe  auch  für  diese  ist. 
Desgleichen  ist  für  die  leichtere  Wiedererkennnng  der  aus  letz- 
terer genommenen  Bestandtheile  durch  besondere  Verweisung  in 
der  Capitalangabe  ^'orsorge  getroifen.  Als  Anhang  erscheinen 
zwei  hier  zum  ersten  Male  veröffentlichte  kleine  Schriftstücke : 
eine  »relatio  Bedae  abbreviati  (S.  235 — 237;  nach  einer 
Würzb.  und  ein  »fragmentum  quod  libro  primo  arculfi 
additum  est«  iS.  238 — 240)  nach  einer  Brüsseler,  einer  Pariser 
und  einer  römischen  Handschrift.  Letzteres,  ein  bunt  zusammen- 
gewürfeltes A'erzeichniss  von  meist  palästinensischen  Ortsnamen, 
wurde  hierher  verwiesen .  weil  sich  aiis  seinem  Anfang  ergab, 
dass  seine  Abfassimg  Beda  oder  einem  Unbekannten .  nur  nicht 
Arciilf  zugeschrieben  Averden  muss. 

Die  hier  einsetzende  selbständige  Arbeit  Molinieks  bringt 
zuerst  das  »ho  doep  oricon  s.  AVillibaldi  nach  dem  Bericht 
der  heidenheimer  Klosterfrau  ^S.  243 — 2S1  .  das  sich  einer  Text- 
berichtiguiig  aus  drei  zum  ersten  Male  verglichenen  Handschrif- 
ten I römischen,  Karlsruher  und  Pariser)  zu  erfreuen  hatte.  Das 
ihm  angeschlossene  »^  a  n  o  n  y  m  u  s  i  t  i  n  e  r  a  r  i  u  m  s .  W  i  1 1  i b  a  1  d  i 
'S.  285 — 297  konnte  dagegen  nur  eine  neue  A'ergleichung  mit 
der  einzig  bekannten  Ochsenhaus.  Handschrift  erfahren. 

Ebenso  musste  das  » c o m m  e m o r a t o ri u m  de  c  a s i s  d e i 
vel  monasteriis«  (S.  301 — 305;  sich  mit  dem  von  Tobler 
(descriptiones  terrae  sanctae  S.  76 — 84'  kühn  ergänzten  Texte  der 
von  W.  Wackernagel  seiner  Zeit  auf  den  Deckeln  eines  Buchs 
in  Basel  entdeckten  Handschrift  zufrieden  geben.  Es  hätte  sich 
aber  vielleicht  zur  Anregung  etwaiger  anderer  Lesevorschläge 
empfehlen  dürfen,  ausser  dem  Tobeer'schkx  Text  auch  noch  den 
unergänzten  der  Handschrift  in  der  Weise .  wie  bei  Tobler  ao. 
geschehen,  wieder  zu  geben. 

Hei  »Bernardi  monachi  itinerarium«  'S.  309 — 320) 
konnte  die  A'ergleich\nig  einer  Londoner  und  Wiener  Hand- 
schrift gewährt  werden,  l^eider  ist  aber  auch  durch  sie  die  be- 
nifene  Stelle  c.  XI  nicht  gebessert  worden,  und  der  vom  Heraus- 
geber geraachte  N'orschlag  anstatt  »una«  »una  et  altera«  zu  lesen, 
inn  so  die  verg(;ssene  vierte  Kirche  auf  dem  Platze  des  heiligen 
(irabes  heraiisztibriugen  .  wird,  so  ansprechend  sie  a\ich  ist,  mit 
den  vier  Ketten  am  liude  des  cap..  die  von  den  vier  Kirchen 
ausgehend  sich  atif  dem  freien  Zwisch('n])latz  in  der  "Weltmitte«) 
sclmeiden.  ebensowenig  fertig,  als  dies  die  gleichartige  Tübler'- 
schc  Ergänzung    (iolg.   I  10)  thut. 


125 

Die  »descriptio  paro  chiae  Jerusalem«,  ein  ^'el•zeicll- 
niss  der  Kirchengemeindennamen  des  Sprengeis  Jerusalem,  zwi- 
schen 451  und  657  nach  des  Herausgebers  näherer  Darlegung 
\ind  zwar  ursprünglich  wohl  griechisch  aligefasst ,  sowie  die 
>-notitia  p  atriar  chatuum  Antiochiae  ac  Jerosol ymae« 
eine  Namenliste  gleicher  Art  und  etwa  der  gleichen  Zeit,  sind  als 
weitere  Glieder  der  Sammlung  eingefügt  Avorden  —  ein  Ver- 
dienst, welches  nicht  dadurch  geschmälert  wird ,  dass  ihnen  bei- 
den nur  die  erneute  ^'ergleichung  der  bekannten  Handschriften 
hat  zugewendet  werden  können. 

Dafür  ist  denn  das  letzte  Stück  des  Ganzen  —  eine  gedrängte 
kurze  Beschreibung  heiliger  Stätten  Jerusalems,  das  der  Heraus- 
tjeber  in  Ennangelung  eines  vorgefundenen  Titels  mit  dem  selbst- 
gewählten: «qualiter  sita  est  civitas  Jerusalem«  versah 
—  ein  hier  zum  ersten  Mal  veröffentlichter  Fund  Molixier's  aus 
einer  Handschrift  der  »historia  hiersolmyit.«  des  Baldericis 
BuRGALiENSis  iu  Paris,  der  je  nach  dem  Gewicht,  welches  mau 
auf  die  vom  Herausgeber  für  beide  Zeiträume  voigebrachten 
Gründe  legt,  dem  XI.  oder  anfangenden  XH.  Jahrh.  angehört 
und  trotz  seiner  Lnscheinbarkeit  schon  deswegen  eine  besondere 
Aufmerksamkeit  verdient,  weil  er  sich  als  die  Aufzeichnung  eines 
Augenzeugen  ausweist. 

Sagen  wir  schliesslich  noch,  dass  die  Correctheit  des  Druckes 
eine  vorzügliche  ist  —  sind  uns  doch  ausser  den  angemerkten  nur 
noch  S.  XIV  ein  habueribus  für  habueriraus  uud  ebenda  ein  ex- 
pressit  für  expressi  aufgestossen  —  sowie  dass  die  Ausstattung 
des  Bandes  eine  wahrhaft  vornehme  genannt  werden  darf,  so 
haben  wir  alles  gesagt .  was  uns  die  Fortsetzung  des  Werkes  mit 
freudiger  Spannung  erwarten  lassen  muss. 

LuUAV.  ('ONRADY. 


Plan  des  heutigen  Jeruaalem  mit  Umgehung  nach  Ingenieur-Major 

IV.   Wilson  s  Aufnahme  von  1S64 — 05  und  Baurath   C.  Schick's 

Ergänzungen  bis  1S79,  bearbeitet  von  Dr.  Karl  Zimmermann  unter 

Miticirkung  von  Prof.  A.  Socin. 

Kein  Plan  des  heutigen  Jerusalem  vereinigt  so  viele  Vorzüge 
in  sich  wie  dieser.  Lichtere  und  dunklere  graue  Schattirtmg  der 
Abdachungen  lässt  die  allgemeinen  Terrainverhältnisse  de\itlich 
überschauen.  Durch  Einzeichnung  von  röthlichen  Ciirven.  die 
je  3  Meter  von  einander  abstehen,  ist  sodann  die  Höhenlage  fast 
jeden  Punktes  genau  bestimmt.  Abstände  von  15  Metern  sind 
durch  stärkere  C'urven  angedeutet.  Blaue  gebrochene  Linien 
zeigen  den  Lauf  der  unterirdischen  Kanäle.  Nur  lange  und  all- 
seitige Vertrautheit  mit  Jerusalem  konnte  diese  Kanäle  mit  sol- 
cher Deutlichkeit  uud  (ienauigkoit  nachweisen.  Wer  mit  den 
topographischen  Fragen  vom  alten  Jerusalem  vertraut  ist.  weiss. 


126 

■wie  gerade  dieser  A'orziig  des  Planes  besondere  Anerkennung 
verdient  lilan  sind  ebenfalls  alle  Teiche  gezeichnet,  ob  wasser- 
haltig oder  nicht.  Birket  es-Sultän ,  Israin,  Sitti  Marjam  und 
verschiedene  kleinere  Teiche  haben  kein  Wasser.  In  der  Um- 
gebung der  Stadt  und  auf  dem  Tempelplatze  sind  die  Cisternen 
notirt.  In  der  eigentlichen  Stadt  Avar  diess  nicht  möglich,  da 
jedes  Haus  eine  oder  mehrere  Cisternen  besitzt. 

Wenn  wir  den  für  seine  Zeit  ausgezeichneten  Plan  der  Stadt 
von  Tit.  Tobler  (1849)  mit  dem  gegenwärtigen  vergleichen,  so 
stellt  sich  uns  der  grosse  Aufschwung,  den  Jerusalem  in  den 
letzten  drei  Jahrzehnten  genommen  hat ,  klar  vor  Augen.  Wie 
einsam  sah  es  damals  noch  vor  den  Thoren  Jerusalems  aus,  wäh- 
rend jetzt  ein  schmucker  Kranz  von  Häusern  und  wohl  gepflegten 
Gartenanlagen  vorzüglich  im  Westen  und  Nordwesten  die  Stadt 
umgiebt.  Im  Innern  derselben  lässt  die  ausserordentlich  grosse 
Zahl  öffentlicher,  durch  tieferes  lloth  hervorgehobener  Gebäude 
den  eigen thümlichen  Charakter  der  »heiligen  Stadt«  ahnen.  Nicht 
zum  mindesten  hat  sich  auch  das  Judenquartier  gehoben ,  zählt 
man  doch  dort  auf  einer  Fläche  von  etAva  zehn  Hektaren  19 
Synagogen.  Immerhin  dankt  das  jetzige  Jerusalem  sein  Auf- 
blühen hauptsächlich  christlichen  Einflüssen;  die  meisten  der 
neuern  Gebäude  und  Gartenanlagen  sind  christlichen  Ursprungs, 
von  Russen  ,  Griechen ,  Armeniern ,  römischen  Katholiken  und 
von  Protestanten  in's  Dasein  gerufen. 

Überall  ist  im  Plan  auf  die  Trümmer  der  Vorzeit  hingewie- 
sen. Auch  jener  grosse  unterirdische  Steinbruch,  die  sog.  15aum- 
wollenhöhle.  ist  eingezeichnet.  Durch  mächtige  ebenfalls  ange- 
dexitete  Schutthaufen  hat  sich  an  einzelnen  Stellen  von  der 
Stadtmauer  die  Terraingestalt  in  den  letzten  Decennien  nicht 
unwesentlich  verändert.  Zum  Schlüsse  macht  eine  154  Nummern 
umfassende  Legende  alle  irgendwie  bedeutsamen  Punkte  des 
l^lanes  namhaft,  die  nicht  sclion  in  diesem  selbst  benannt  sind. 
Wir  zweifeln  nicht .  dass  dieser  treffliche  Plan  von  sehr  vielen 
Freunden  Jerusalems  mit  Dank  wird  aufgenommen  werden. 

Von  kleinen  Versehen  —  grössere  haben  wir  keine  gefimden 
—  notiren  wir:  Weglassung  des  Namens  vom  Stei)han!>thür  und 
desjenigen  von  dem  in's  Ilaram  führenden  Mogharibethor,  Pasi- 
lius  statt  ^asilius.  Der  Ikauchbarkeit  des  l'lans  wäre  es  förder- 
lich noch  eine  Anzahl  fränkischer  Namen,  z.  IJ.  via  dolorosa, 
Davidsthurm  ,  Davidsstrasse,  Königsgärten  u.  s.  w .  beizusetzen. 
Audi  wäre  eine  Andeutung  der  Vegetation  um  die  Stadt  herum 
erwünscht. 

So  schliesst  sich  dieser  Plan  würdig  an  die  sorgfältigen  und 
li'hrreichen  Terrainpläne  des  alten  Jerusalems  an,  die  Dr.  Zim- 
.Mi,KMANN  im  Jahre  1870  cdirt  hat. 

Kd.  Furrkh. 


i 


Bericht  über  neue  Ersclieimmgen  auf  dem  Gebiete  der 
Palästiualiteratur  1880. 

Von  Prof.  A.  Socin  in  Tübingen. 


Wenn  einestheils  der  Zweck  unserer  Zeitschrift  der  ist,  nicht 
bloss  Zerstreutes  zu  sammehi,  sondern  die  Palästinakunde  mehr 
und  mehr  als  gesonderte  wissenschaftliche  Disciplin  zu  behan- 
deln, so  darf  doch  nie  der  Zusammenhang  ausser  Acht  gelassen 
werden,  in  welchem  diese  Specialstudien  mit  der  wissenschaft- 
lichen Bibelkunde  stehen  sollen.     Und  wenn  Avir  mm  rühmen 
dürfen ,   dass  die  letztere  in  den  Ländern  deutscher  Zunge  am 
schönsten  blüht,   am  meisten  vertieft  ist,   so  können  Avir  auch 
erwarten,   dass    in   unsern   Kreisen    die   Palästinakunde  wenig- 
stens am  gründlichsten  wissenschaftlich    behandelt  werde.     So 
grossartig   die  Leistungen    der    Franzosen    auf   diesem    Gebiete 
sind,  so  Avaltet  bei  ihnen  doch  das  archaeologische,  ja  das  kunst- 
historische Interesse  vor,    obwohl  auch  auf  geographischem  und 
naturwissenschaftlichem  Gebiete  bedeutende  Erfolge  bei  ihnen  zu 
verzeichnen  sind.     AVenn  es  uns  aber  bisweilen  vorkommt,  als 
ob  die  französische  Art  und  Weise ,    die  Palästinakunde  zu  be- 
treiben ,    von  der  unsrigen   abweiche  und  auf  einem   von  dem 
unsrigen  verschiedenen   Boden  stehe,   so  überkommt  uns  dieses 
Gefühl  noch  weit  mehr,  wenn  wir  die  Arbeiten  der  Engländer 
(und   Amerikaner)   näher   prüfen.     Unzweifelhaft  ist    die   Fülle 
neuer  Funde,  mit  welchen  gerade  von  jener  Seite  unsere  Wissen- 
schaft  bereichert   Avorden  ist,  ganz  ausserordentlich,    und    A\ir 
sind  gezAvungen ,  beständig  in  Fühlung  damit  zu  bleiben.    Er- 
möglicht Avurden  diese   Errungenschaften  Avesentlich    durch  die 
hohe  Bedeutung,  Avelche  in  den  englischen  protestantischen  Kir- 
chen die  Bibellectüre  hat ;  daraus  erklärt  sich  a\ich,  dass  dort  stets 
von  jeher  so  grosse  Geldmittel  für   die  Palästinaforsclnnig  zur 
Verfügung  standen.    Es  Avärc  geAviss  höchst  erfreulich.  Avenn  auch 

Ztschr.  d.  I'al.-Ver.  lY.  9 


128 


■«  ir  auf  vermehrtes  Interesse  im  grösseren  Publikum  rechnen 
könnten ;  doch  ist  nicht  zu  verkennen,  dass  eine  solche  breitere 
Basis  eine  gewisse  Gefahr  in  sich  birgt.  Diese  besteht  nicht  bloss 
darin,  dass  die  Ergebnisse  der  -svissenschaftlichen  Forschung  zu 
früh  und  in  noch  unreifem  Zustande  popularisirt  "werden,  son- 
dern auch  darin,  dass  eben  jener  Contact  mit  der  wissenschaft- 
lichen Bibelforschung,  die  ihrem  Wesen  nach  stets  eine  esote- 
rische ist.  verloren  geht.  Dies  mag  Avohl  der  tiefere  Grund  sein, 
warum  sich  englische  und  deutsche  Palästinaforschung  so  wenig 
verstehen.  Wie  die  Sachen  jetzt  liegen,  erscheint  es  öfters  un- 
nütz, sich  auf  eine  weitläufige  Kritik  der  Schlüsse,  welche  die 
Engländer  aus  ihrem  Material  ziehen,  einzulassen,  besonders  da 
sie  die  ausländische  Forschung  in  der  Kegel  Avenig  berück- 
ichtigen.  Dagegen  soll  es  die  Aufgabe  dieser  Literaturberichtes 
sein,  diejenigen  Publicatiouen,  auch  die  fremden,  hervorzuheben, 
aus  welchen  etwas  zu  lernen  ist ;  andere  werden  bloss  der  A'oll- 
ständigkeit  wegen  hier  aufgeführt.  Da  nun  auch  die  Fortsetzung 
des  Jahresberichtes  i)  der  Deutschen  Morgenländischen  Gesell- 
schaft gesichert  ist,  können  wir  uns  bezüglich  der  Werke  über 
Geschichte  und  Alterthümer  l*alästina's,  mit  denen  wir  in  Con- 
tact bleiben  wollen,  mit  der  Anführung  des  Nothwendigsten  be- 
gnügen, indem  wir  auf  die  Beiträge  von  Kautzsch  zu  den  er- 
wähnten Jahresberichten  verweisen. 

Bevor  wir  an  inisere  Aufgabe  gehen .  mögen  zuvor  einige 
kurze  Nachträge  zu  unserem  letzten  Berichte-)  hier  ihre  Stelle 
finden;  es  kann  nämlich  auf  einige  weitere  ßecensionen  der 
Bücher  von  Kaltbkunker^),  Heyd^),  Röhricht  ^j   Schlumber- 

1)  Wissenschaftlicher  Jahresbericht  über  die  Morgenländischen  Studien 
im  Jahre  1S78.  Unter  Mitwirkung  mehrerer  Fachgelehrten  herausgegeben  von 
E,  Kuhn.    Erste  Hälfte.    Leipzig  iBrockhaus)  1881. 

2  A.  Socin,  Bericht  über  neue  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  Pa- 
lästinaliteratur 187'.):   ZDPV.  '.i,  p.  öT — 87. 

3;  Vergl.  Jahresbericht  ZDPV.  'i ,  Nr.  4.  Kaltbrunner,  Manuel.  Rec. 
von  Sonklar  in  Zeitschrift  für  wissenschaftliche  Geographie  I.  Lahr  1880, 
p.  211  ;  von  O.  Kersten  in  ZDPV.  3,  p.  187. 

4  Vergl.  Jahresbericht  ZDPV.  3,  Nr.  22.  Heyd,  Levantehandel.  Rec. 
von  Neumann  in  Oesterr.  Monatsschr.  f.  d.  Orient  15.  April  1880,  p.  74. 

5  Vergl.  Jahresbericht  ZDPV,  2,  p.  90.  Röhricht,  Beiträge.  Rec.  von 
Kuglor  in  ZDPV.  3,  p.  ISO.  -  Jahresbericht  ZDPV.  3,  Nr.  33.  Rec.  von 
W.  A.  Neuniann  in  ZDPV.  3.  p.  237. 


129 


GER  '•  und  Görgens  ")  venviesen  werden  .  sowie  auf  das  freund- 
liche Entj^earenkommen .  welches  unserer  Zeitschrift  von  ver- 
schiedenen  Seiten  zu  Theil  gcAvorden  ist  '^  .  Einige  kleinere  Ar- 
tikel des  Jahrgangs  1879  unserer  Zeitschrift,  verfasst  von  Er- 
MAx9|.  GuTiiE^o),  Fraas")  Und  Klein  i2j^  sin^l  in's  Englische 
übersetzt  worden.  —  Einige  Notizen  zum  Jahresberichte  verdanke 
ich  den  Herren  Furrer,  Gildemeister,  Kautzsch,  Kugler  und 
Prym. 

Aus  der  Literatur  über  die  ältesten  ethnographischen  Ver- 
hältnisse verdienen  wohl  die  kurzen  Skizzen  von  B(aujr'3)  und 
Kautzsch  genannt  zu  werden.  Die  Streitfrage  über  die  Chit- 
titeri4),  die  angebliche  Entzifferung  ihrer  Inschriften,  berühren 
uns  weniger,  als  die  Nachricht,  dass  das  alte  Karchemisch ^^j 
zwischen  Sadschür  und  Biredschik  gefunden  worden  sei.  Die 
grosse  Darstellung  der  Geschichte  der  Maccabäer,  welche  von  de 
Saulcy  16)  veröffentlicht  wurde,  hat  mir  leider  noch  nicht  vorge- 


6)  Vergl.  Jahresbericht  ZDPV.  3  ,  Nr.  36.  Schlumberger,  Sceaux  et 
Bulles.     Rec.  von  R.  Röhricht  in  Sybel's  Histor.  Zeitschrift  ISSl,  3,  p.  507. 

7)  Vergl.  Jahresbericht  ZDPV.  3,  Nr.  31.  Goergens,  Quellenbeiträge. 
Rec.  von  M.  J.  de  Goeje  in  Theologisch  Tijdschrift  (14)  1880,  p.  505;  Journal 
des  Savants  1879,  p.  723. 

8)  Vergl.  Himpel  in  Theologische  Quartalschrift  1880,  p.  469 ;  Braun  in 
Monatsschrift  für  Gesch.  u.  Wiss.  d.  Judenthums  (29)  1S80,  p.  89;  Revue 
archeol.  Juli  1880,  p.  55;  bes.  auch  von  Gort  in  Theologisch  Tijdschrift  (14; 
1880,  p.  219. 

9)  Ad.  Erman,  A  find  of  coins  in  Jerusalem :  Statements  1880,  p.  181 
—182  nach  ZDPV.  2,  p.  120—123. 

10)  Guthe,  Ascalon:  Statements  1880,  p.  182—187  nach  ZDPV.  2, 
p.  164—171. 

1 1 )  Oscar  Fraas ,  The  sulphur  of  the  valley  of  the  Jordan :  Statements 
1880,  p.  246—248  nach  ZDPV.  2,  p.  113—119. 

12)  F.  A.  Klein,  Notes  of  a  journey  to  Moab:  Statements  1880,  p.  249 
—255  nach  ZDPV.  2,  p.  124—134. 

13)  Riehm,  Handwörterbuch  des  biblischen  Alterthums  1880.  Philister 
von  Br.  p.  1196—1199;  Phönicier  von  Ktzsch.  p.  1200—1205. 

14;  Hyde  Clarke ,  Khita:  Statements  ISSO,  p.  210.  —  W.  St.  C.  Bos- 
cawen,  Hittite  notes:  Athenaeum  14.  Aug.  1880,  p.2i0.  —  Dunbar  J.  Heath, 
History  of  the  Hittite  inscriptions  :  Statements  1880,  p.  206 — 210. 

15)  The  empire  of  the  Hittites  :  Statements  188ti,  p.  HS — 124  (nach  der 
Times). 

16)  F.  de  Saulcy,  Histoire  des  Machabees  ou  princes  de  la  dynastie  as- 
moneenne.    Paris  (Leroux    1880  (?)  325  pp.    8. 

9* 


130 


legen,  l'ber  die  Quellen  des  Josephus  giebt  Bloch  '^)  eine  Unter- 
suchung aus  der  Vogelperspective .  die  zur  ersten  Orientirung 
allenfalls  ausreicht,  als  eine  wirkliche  Beantwortung  der  Avichti- 
gen  Frage  jedoch  nicht  gelten  kann. 

Man  wird  kaum  verlangen  dürfen,  dass  wir ,  was  die  mittel- 
alterliche Geschichte  Palästina's  betrifft,  hier  die  ganze  Reihe 
der  bezüglichen  Publicationen ,  die  sich  besonders  um  die  Ge- 
schichte der  Kreuzzüge  drehen,  unseni  Lesern  vorführen.  Eine 
Rundschau  über  dieselben  hat  Martixov  i^)  im  Polybiblion  ge- 
liefert. Als  eine  besonders  dankensAverthe  Gabe  müssen  wir  hier 
Klgler's  *'-')  Handbuch  der  Geschichte  der  Kreuzzüge  bezeichnen, 
ein  Buch,  welches  zwar  auch  für  Historiker  von  Fach,  nament- 
lich aber  dazu  bestimmt  ist,  »dem  Leser  aus  der  breiten  Masse  des 
Publikums  unterhaltende  Belehrung  zu  bieten ,  dem  Anfänger 
historischen  Studiums  und  dem  Schullehrer  ein  Bild  vom  heuti- 
gen Stande  unserer  Kenntnisse  sowie  die  Anleitung  zu  selbst- 
ständigem Weiterarbeiten  zu  geben«.  Fügen  wir  hinzu,  dass  das 
vorliegende  Buch  auch  für  unsere  Zwecke  eine  bisher  recht  em- 
pfindliche Lücke  ausfüllt.  Referent  hat  sich  mit  hohem  und 
stets  gesteigertem  Interesse  durch  das  Labyrinth  der  damaligen 
Politik  hindurchführen  lassen ;  es  war  wahrlich  keine  leichte  Auf- 
gabe, diese  verschiedenartigen  Motive,  aus  denen  jene  phantasti- 
schen Züge  nach  dem  Morgenlande  hervorgingen,  blosszulegen, 
bei  denen  neben  faktischer  Begeisterung  doch  meist  auch  Intri- 
guen  aller  Art ,  die  verAvickelten  A  erhältnisse  der  europäischen 
Staaten,  die  Interessen  der  Päpste ,  die  Schlauheit  und  Arroganz 
des  byzantinischen  Hofes,  die  in  buntem  AVechsel  begriffene 
Staatenbildung  bei  den  Muslimen  des  vorderen  Orients  und 
schliesslich  vielerlei  dpiastische  Familieninteressen  in  einander 

17)  Dr.  Heinrich  Bloch,  Die  Quellen  des  Flavius  Josephus  in  seiner  Ar- 
chäologie.   Leipzig  iTeubner'.  —  Vgl.  Academy  3.  Jan.  ISSO,  p.  7. 

l'^  J.  Martinov,  Dernieres  publications  relatives  aux  croisades  et  ä  10- 
rient  latin.  Paria  (Societe  bibliographique)  1880.  Extrait  du  Polybiblion 
tome  XXIX,  dec.  1880  (19  pp.  8). 

19j  Bernhard  Kugler,  Geschichte  der  Kreuzzüge.  Mit  Illustrationen  und 
Karten.  Berlin  iGrote)  1S80.  VIII,  411  pp.  S.  ;A.  u.  d.  Titel :  Allgemeine 
Geschichte  in  Einzeldarstellungen  hrsg.  von  W.  Oncken.  Zweite  Hauptab- 
theilung. Fünfter  Theil).  —  Rec.  von  Köhricht  in  Sybel's  Histor.  Zeitschrift 
IS81  3j  p.  .')Ofl;  Literarische  Beilage  der  Karlsruher  Zeitung  26.  Dec.  1880 
p.  414;  Schlesische  Zeitung  Ende  October  1880. 


131 


spielten.  Die  Zerfahrenheit  aller  dieser  Verhältnisse  machte  von 
vornherein  das  Gelingen  jener  kühnen  Unternehmungen  unwahr- 
scheinlich ;  was  uns  aber  in  Kugler's  Buche  fesselte ,  ist  beson- 
ders auch  die  scharfe  Charakteristik  von  einzelnen  Personen,  die 
in  diesem  Drama  eine  Hauptrolle  spielten.  Übrigens  steht  das 
ganze  Werk  auch  der  geographischen  Erforschung  Palästina's 
gegenüber  durchaus  auf  der  Höhe  seiner  Aufgabe,  wie  nicht  bloss 
der  Text,  sondern  namentlich  auch  die  zahlreichen  Illustrationen, 
mit  welchen  es  ausgestattet  ist,  beweisen.  Die  dem  Bande  bei- 
gegebene Karte  »Syrien  zur  Zeit  der  Kreuzzüge«  verdient  noch 
besonders  hervorgehoben  zu  werden. 

Bereits  im  vorigen  Berichte  wäre  unter  den  Quellenschriften 
zur  Kreuzzugsgeschichte  der  vierte  Band  der  grossen  französischen 
Sammlung 20  aufzuführen  gewesen.  Derselbe  enthält :  dieHistoria 
Hierosolimitana  des  Baudri  (Baldricus)  ,  Gesta  Dei  per  Francos 
von  Guibert  de  Nogent  und  hauptsächlich  die  Historia  Hiero- 
solymitana  von  Albert  von  Aachen  ,  dessen  Kritik  hier  etwas 
weitergeführt  wird.  Die  neue  Ausgabe  des  Wilhelm  von  Tyrus-^) 
ist  mit  dem  zweiten  Bande  vollendet  worden.  Eiaxt221  hat  in 
verdienstvoller  Weise  begonnen,  die  auf  die  Kreuzzüge  bezüg- 
lichen Briefe  zusammenzustellen  und  kritisch  zu  sichten.  Unter 
den  Briefen ,  welche  er  in  diesem  ersten  Bande  vorlegt ,  finden 
sich  einige  bisher  ungedruckte ;  als  instructives  Beispiel,  wie  ge- 
schickt RiANT  die  Fälschungen  aufziulecken  versteht ,  verweisen 
wir  auf  den  angeblichen  13rief  von  Urban  II.  an  den  Comnenen 
Alexius  (p.  124)  :  dieses  Schreiben  ist  von  einem  Veroneser  Arzt 
Jeronimo  Donzellini  i,  J.  1574  verfasst !  —  Sybel23]  hat  seine 
Abhandlung  über  die  Sagen,  welche  sich  an  Peter  den  Eremiten 

20  Recueil  des  historiens  des  croisades.  publie  par  les  soins  de  l'Acade- 
mie  des  inscriptions  et  belles-lettres.  Historiens  occidentaux.  Tome  4.  Paris 
(Impr.  nat.)  1879.    XXXII,  816  pp.  fol. 

21)  Vergl.  Jahresbericht  ZDPV.  3,  Xr.  23.  Histoire  generale  des  croi- 
sades par  les  auteurs  contemporains.  Guillaume  de  Tyre  et  ses  continuateurs. 
T.  2.  Texte  francais  du  Xlllf  siecle,  revii  et  annote  par  P.  Paris.  Paris 
(Firmin-Didot  et  Cie.)  1880.  539  pp.    4  et  gr. 

22)  Riant,  Inventaire  critique  des  lettres  historiques  des  croisades  I-Il. 
768—1100.  Paris  (Lercux,  1880.  XI,  235  pp.  S.  —  llec.  in  LCB.  6.  Nov. 
1880,  Sp.  1491. 

23)  Sagen  und  Gedichte  über  die  Kreuzzüge  in  Kleine  historische  Schriften 
von  Heinrich  von  Sybel.    Dritter  Band.     Stuttgart   Cotta)  1880,  p.  117— 155. 


132 


und  besonders  an  Gottfried  von  Bouillon  gehängt  haben ,  unver- 
ändert wieder  abdrucken  lassen.  Herquet's  ^-i)  Brochüre  führt  uns 
die  Keihe  der  Grossmeister  des  Hospitaliterordens  vor. 

Eine  für  die  innere  Geschichte  des  Königreichs  Jerusalem 
wichtige  Urkundensammlung  der  Abtei  Notre  Dame  von  Josa- 
phat  25)  ist  neuerdings  wieder  aufgefunden  worden ;  auch  über  die 
Geschichte  des  Bistums  Bethlehem  2«)  Hegt  eine  Specialunter- 
suchung vor,  sowie  ein  Buch  über  die  Rolle,  welche  Anjou  in 
den  Ivi-euzzügen  spielte  2") .  Schliesslich  ist  hier  zu  erwähnen, 
dass  der  Streit  zwischen  Sepp  und  Prutz,  dessen  wir  das  vorige- 
mal gedachten ,  noch  eine  Auseinandersetzung  zwischen  Gilde- 
MEiSTER.  und  Sepp  2&),  sowie  eine  Erklärung  Röhricht' s^s)  veran- 
lasst hat. 

Auf  naturwissenschaftlichem  Gebiete  sind  diesmal  zwei  her- 
vorragende Leistungen  von  Fachgelehrten  anzuführen :  die 
hübsche  Arbeit,  in  Avelcher  Böttger  «^o)  einen  interessanten  Theil 
der  Thierfauna  von  Syrien  und  Palästina  aus  reichem  Materiale 
wissenschaftlich  bestimmt,   und  Kling gräff's ^i)  Übersicht   der 

24)  K.  Herquet,  Chronologie  der  Grossmeister  des  Hospitaloi'dens  wäh- 
rend der  Kreuzzüge.  Berlin  Schlesier,  ISSU.  45  pp.  8.  —  Hec.  von  Dela- 
ville  Le  Roulx  in  Revue  historique,  Mai- Juni  1880. 

25)  Bibliotheque  des  Ecoles  francaises  dAthenes  etfdesRome.  XIX^  fasc. 
F.  Delaborde,  Chartes  de  terre  sainte  provenant  de  l'abbaye  de  Notre-Dame  de 
Josaphat.  Paris  (E.  Thorin)  1880.  IV,  153  pp.  8.  Rec.  von  Riant  in  Bi- 
bliotheque de  l'Ecole  des  chartes,  XLII.    1881. 

26)  Louis  Chevalier-Lagenissiere,  Histoire  de  l'eveche  deBethleem.  Paris 
Dumoulinj.  —  Rec.  in  Revue  critique  13.  Sept.  1S8U  p.  206. 

27;  Eusebe  Pavie,  L' Anjou  dans  la  lutte  de  la  chretiente  contre  l'Isla- 
misme.  Premiere  partie.  Les  pelerinages  en  Terre  Sainte  et  les  croisades. 
Angers  1880.    395  pp.    8.  —  Vgl.  Revue  critique  29.  Nov.  1880. 

28)  Beilage  zur  Zeitschrift  des  Deutschen  Palästina- Vereins.  3,  Heft  4. 
4  pp.    8. 

20;  R.  Röhricht,  Erklärung:  ZDPV.  1880  p.  53. 

30j  Dr.  Oskar  Böttger,  Die  Reptilien  und  Amphibien  von  Syrien,  Palä- 
stina und  Cypern.  Mit  einer  Tafel  und  einem  Situationsplan  des  Krokodil- 
flusses.  Se])arat-Abdruck  aus  dem  Jahresbericht  der  Senckenbergischen  na- 
turforschenden Gesellschaft  1870^  SO.  Frankfurt  am  Main.  (Druck  von  Mahlau 
und  Waldschmidt]  18S0.    IV,  85  pp.    8. 

31  C.  J.  V.  Klinggräfl',  Palästina  und  seine  Vegetation:  Oesterreichische 
Botanische  Zeitschrift  XXX.  Jahrgang.  "Wien  (C.  Gerolds  Sohn)  18*50  p.  23 
—29;  54— öS;  04—98;  12S— 132  ;  150— 161  ;  197— 201  ;  227— 232  ;  252— 256. 
—  Reo.  im  Botan.  Centralblatt  von  Uhlworm  lS8i».    Nr.  42/43,  p.  1319. 


133 


Pflanzengeographie  Palästina' s.  Letztere  besteht  allerdings  -we- 
sentlich aus  Anfzählnngen  von  Pflanzennamen,  die  hauptsächlich 
den  liotaniker  von  Fach  interessircn  dürften;  jedoch  ist  auch 
Getreidehau  und  IIolz wuchs  im  Allgemeinen  berücksichtigt.  Das 
IJuch  eines  Italieners  ^2  über  biblische  Zoologie  kenne  ich  bloss 
dem  Titel  nach.  —  Beobachtungen  über  die  Witterungs Verhält- 
nisse Palästina's  müssen  wir  uns  aus  verschiedenartigen  Quellen  ^3) 
zusammensuchen;  ^vir  hören,  dass  der  kalte  Winter  1879/ SO  auch 
dort  mannigfachen  Schaden  angerichtet  hat;  Schnee  fiel  selbst 
im  Jordanthale.  Beobachtungen  über  Windverhältnisse,  Baro- 
meterstand imd  Regenmenge  3^)  (1879  :  50  cm.)  theilt  ein  Mitglied 
der  Tempelgemeinde  mit. 

Jedes  Jahr  tritt  die  Frage,  was  in  Zukunft  aus  Palästina 
werden  solle,  mehr  und  mehr  in  den  Vordergrund.  Die  Ressourcen 
des  Landes  werden  dann  und  wann  auch  retrospective  3»)  unter- 
sucht und  besprochen  36]  37]  _  Auch  über  Bodencultur  erfahren 
wir  manche  interessante  Einzelheiten  aus  gelegentlichen  Berich- 
ten der  Tempelcolonisten  3^] .  Beispielsweise  führe  ich  hier  folgen- 
des an:  Die  deutsche  Colonie  in  Sarona  bebaut  dermalen  800 
württembergische  Morgen  (ä  circa  1/3  Hektar);  davon  sind  unge- 
fähr 200  Morgen  Weinberge  und  Gartenland.  Ein  Morgen  liefert 
durchschnittlich  6  — 12  Ctr.  guten  AVeizen  oder  10  Ctr.  Gerste. 
Die  Hälfte  des  Ackerlandes  wird  mit  diesen  Getreidearten ,  die 
andere  mit  Sesam,  Welschkorn,  Durra.  Kartoffeln,  Melonen  be- 
baut. Die  Kartoffeln  wurden  am  IG.  März  bestellt  und  waren  am 
16.  Mai  reif;  ein  Morgen  lieferte  circa  24  C"tr.;  ein  Rotl  (6  Pfd.) 

32)  P.  Cultrera,  Fauna  biblica,  ovvero  spregazione  degli  auimali  menzio- 
nati  nella  S.  Scrittura.  Palermo  (tip.  Lorsnaider;  18S0.  VIII,  478  pp.  8.  con 
25  tavole.    frcs.  7.     Nach  Schürer's  ThLZ.). 

So  Vgl.  Das  heilige  Land  18S0  JI  p.  00;  N.  Nachrichten  a.  d.  Morgen- 
lande 1880  p.  78.  86.  129. 

34)  Correspondenz  aus  Sarona:  Die  Warte  des  Tempels  1880,  Nr.  13. 

35)  The  System  of  land  tenure  in  ancient  Palestine:  Church  Quarterly 
Review.    Juli  188U,  p.  404—435. 

3G  A.  Robin,  De  la  Palestine;  sea  ressources  agricoles  et  industrielles. 
Paris  (impr.  Fillion)  1880.    16  pp.    8.    (Nach  Petermann's  Mitth.). 

37;  Landesproductc  Palästinas  mit  Rücksicht  auf  Colonisation.  Von  Bau- 
rath  Schick  in  Jerusalem :  üesterreichische  Monatsschrift  für  den  Orient 
1").  August  1S80,  p.  129—131;  15.  October,  p.  102—165;  15.  November 
p.  17  5—180. 

38)  Correspondenz  aus  Sarona:  Die  Warte  des  Tempels  1880,  Nr.  33. 


134 

konnte  ä  3  Piaster  (45  Pf.)   verkauft  werden.     Bei  40  Morgen 
Landbesitz  hat  eine  Familie  ihr  gutes  Auskommen :   ein  Morgen 
gutes  Landes  gilt   10 — 12  Napol.,   geringeres   3 — 6  Napol.     Der 
Ertrag  an  Gurken  war  so  ausgiebig,   dass  ein  Rotl  Gurken  im 
Preise  zuletzt  auf  Y^  Piaster  (2  Pf.)  fiel.    AVährend  die  deutsche 
Colonie  bei  Jäfa  ^9)  und  eine  in  der  Nähe  am  'Audsche-Fluss  ge- 
gründete jüdische  Niederlassung ^o)  relativ  blühen,  kommen  von 
der  deutschen  Colonie  bei  Haifa  Berichte  über  schwere  Geldver- 
legenheiten ^^i.     Der  Umstand,    dass  europäische   Colonisten  in 
Palästina  mehr  oder  weniger  von   den  Eingeborenen   abhängig 
sind,  und  falls  sie  geschädigt  und  beleidigt  Avorden ,  bei  den  tür- 
kischen Gerichten  nur  mit  Mühe  ihr  Recht  erlangen  können  *-) , 
muss  die  Anhänger  von  weiteren  Colonisationsprojecten  immer 
wieder  stutzig  machen.     Zwar  sucht  uns  ein   langjähriger  Be- 
obachter der  dortigen  ^  orhältnisse  davon  zu  überzeugen,  dass  in 
den  letzten  30  Jahren  durch  die  Zunahme  des  europäischen  Ein- 
flusses, was  Sitten  und  Einrichtungen  betreffe ,  bedeutende  Fort- 
schritte gemacht  worden  seien  ^3, .    Wir  sind  jedoch  der  Ansicht, 
dass  erst  manches  noch  gründlich  gebessert  Averden  müsste .  be- 
vor europäische  Ansiedler  sich  in  Palästina  sicher  vmd  geborgen 
fühlen  können.    Die  Streitfrage,  ob  die  Inhandnahme  der  C'oloni- 
sation  möglich,  ist  besonders  in  England,  und  zwar  theilweise  in 
Verquickung  mit  religiösen  Erwartungen  besprochen  worden  ^^  *^  ; 
Stracey^'')  bringt  sogar  in  Anregung,  dem  Sultan  Palästina  ein- 
fach abzukaufen !    Die  bedeutendsten  Bemühungen  in  dieser  Hin- 

39)  Orientpost:  Warte  1880,  Nr.  7.  10.  20.  31. 

40j  Orientpost  aus  Jerusalem.  Die  israelitische  Kolonie  im  Audjehthale  : 
Warte  1S80,  Nr.  27. 

41,1  Die  deutsche  Colonie  in  Haifa  am  Fusse  des  Karmel :  Beil.  zur  AUg. 
Augsb.  Z.  20.  Jan.  1880,  p.  286. 

42)  Türkische  Justiz:  Warte  1880,  Nr.  32. 

43  Fortschritte  der  Civilisation  in  Palästina  in  den  letzten  2ö  Jahren. 
Von  Baurath  C.  Schick:  Oesterr.  Monatsschr.  für  den  Orient  15  Jänner  l'S80, 
p.  10— i:j;  lö.  April  p.  62—66.  —  Vgl.  Statements  1880.  p.  187  —  188. 

44)  B.  Walker,  The  future  of  Palestine  as  a  prohlem  of  international  policy 
and  in  connection  with  the  requiremonts  of  Christianity  and  the  expectation 
of  the  Jews.  London   Nisbet,  ISSO.    204  pp.    8.    sh.5. 

45)  James  Neil,  Palestine  repeopled,  a  sign  of  the  times.  7.  ed.  London 
(Nisbet).   (Umschlag  der  Statements  Jan.  1S80  . 

•16  W.  J.  Stracey,  Palestine  as  it  is,  and  as  it  might  be.  Extracted  from  a 
letter  to  the  »Times«):  Statements  1880,  p.  241—242. 


13.') 

sieht  sind  von  Oliphant *'')  ausgegangen.  Dieser  plaidirt  in  einem 
besonderen  lynche  lebhaft  für  die  Anlage  einer  grossen  jüdischen 
C'olonie  im  Ostjordanlande;  zuerst  will  er  den  Versuch  zwischen 
dem  Arnon  und  Jabbok  machen,  in  einem  Landstrich,  für  dessen 
reiches  Alluvium  imd  Wasserfülle  er  begeistert  ist ;  übrigens  ge- 
höre dieses  Land  der  Regierung  (? !),  und  es  würden  somit  keine 
fremden  Literessen  geschädigt.  Auch  das  Ghor  Seisebän  müsse 
in  die  Colonie  eingeschlossen  werden ;  überhaupt  müsse  das 
Jordanthal  als  eine  Art  Treibhaus  dienen,  und  selbst  die  minera- 
lischen Bestandtheile  des  todten  Meeres  (Kalium)  müssten  von 
den  Colonisten  ausgenutzt  werden.  Als  Communicationsstrasse 
würde  eine  Eisenbahn  von  Haifa  aus  gebaut  (s.  d.  Kärtchen 
p.  302);  von  Tiberias  aus  würde  eine  Seitenlinie  nach  Damaskus, 
vom  Südende  des  todten  Meeres  eine  solche  nach  'Akaba  einer- 
seits, nach  Ismailija  am  Suezkanal  andrerseits  hergestellt  Aver- 
den.  Eine  zu  gründende  Bank  würde  den  Colonisten  zu  billigen 
Zinsen  Geld  verschaffen.  Oliphant  berechnet  die  Anlagekosten 
des  Ganzen  auf  eine  Million  Pfund  Sterl.  Es  scheint  jedoch, 
dass  die  K»etreibung  der  ganzen  Sache  in  Constantinopel  auf  Wi- 
derstand gestossen  ist  (obwohl  in  dem  Buche  bereits  ganz  unver- 
hohlen eine  gewisse  Summe  für  Bestechung  ausgesetzt  ist!);  vor 
allem  aber  scheinen  die  Juden  selbst  eine  merkwürdig  lahme  Be- 
geisterung für  dieses  Project  an  den  Tag  zu  legen. 

In  dem  Buche  von  Oliphant  scheint  mir  besonders  ein 
Hauptagens  unberührt  geblieben  zu  sein,  das  am  segensreichsten 
auf  die  Weiterentwicklung  des  Landes  einzuwirken  im  Stande 
wäre  :  die  Erziehung  der  Landeseingeborenen.  Ein  anschauliches 
lUld  der  protestantischen  Missionsthätigkeit  findet  sich  in  einer 
bereits  vor  Jahren  erschienenen  Brochure^''^.  Pastor  Baarts  hat 
eine  Fortsetzung  seiner  früheren  Arbeit  geliefert  und  schildert 
uns  diesmal  die  Missionsbestrebungen  im  Libanon .  in  Damascus 
xuid  im  Haurän^ö).    Auch  ein  Bericht  über  die  Schule  am  Zion 

47)  Laurence  Oliphant,  The  T.and  of  Gilcad  with  excursions  in  the  Le- 
banon.  Edinburgh  and  London  "William  Blackwood  and  sons  ISSU.  XXXVII, 
538  pp.  8.  Mit  Karten  und  Holzschnitten;  sh.  21.  —  Rec.  in  Athenaeum 
1.  Jan.  ISSl,  p.  13;  von  W.  Simpson  in  Academy  8.  Jan.  1881,  p.  22;  Beil. 
zur  AUgem.  Augsb.  Z.  8.  April  ISSl,  p.  1441  ;  the  colonisation  of  Palestine: 
Statements  ISSü,  p.  110— llS. 

48)  Missionsbilder.    Asien.  1.  Syrien  und  Palästina.  Calw  187(3. 

49)  Vgl.  Jahresbericht  ZDPV.  3,  Nr.  67  (p.  73).    Evangelische  Missions- 


136 

liegt  wiedenini  ;Vor  ^o] ,  —  Aus  dem  Wirkungsfekle  der  katholi- 
schen Mission  ^1)  wird  unter  Anderem  berichtet,  dass  die  Custodie 
des  heiligen  Landes  vierzig  Residenzen  umfasst^^i  ^[q  yon  mehr 
als  300  Franciskanern  bewohnt  werden,  dass  die  Knabenschulen 
derselben  von  1444,  die  Mädchenschulen  von  1122  Kindern  be- 
sucht Averden.  Ein  anderer  Artikel  zählt  die  17  vom  Weltklerus 
bedienten,  vom  Patriarchat  unterhaltenen  Stationen  auf ^3; ;  ein 
dritter  führt  die  hervorragendsten  maronitischen  Geistlichen 
vor  5^  I , 

\yenn  nun  auch  in  grösseren  lievölkerungscentren  oder  in 
Dörfern  ,  die  von  Christen  bewohnt  werden .  bereits  einige  Ein- 
Avirkung  der  Mission  zu  verspüren  ist ,  so  ändert  sich  daneben 
zum  Avenigsten  bei  der  muslimischen  Bauernbevölkerung  nicht 
das  geringste.  Die  Leser  unserer  Zeitschrift  haben  gewiss  mit 
Vergnügen  den  ersten  der  Aufsätze  Klein's  ^s)  gelesen,  welcher 
uns  das  Leben  und  Treiben  der  palästinensischen  Fellachen  schil- 
dert. Ich  kann  nicht  umhin ,  bei  dieser  Gelegenheit  auch  auf 
Goldziher's  Arbeit  über  die  muslimischen  -Heiligen  ^6)  hinzu- 
weisen ,  weil  dieses  Thema  in  Verbindung  mit  gewissen  Be- 
hauptungen in  Betreff  der  Fellachen  öfters  berührt  worden  ist. 
Man  muss  sich  bekanntlich  davor  hüten .  alle  heutigen  Zustände 
als  bereits  auch  im  Alterthnm  dagewesene  vorauszusetzen.  Den 
Inhalt  einer  Arbeit  von  Marmy^'^  kenne  ich  leider  nicht.    Wäh- 


arbeiten  in  Beirut  und  ausserhalb  Beirut :    N.  Nachrichten  aus  dem  Morgen- 
lande ISSO,  p.  95—112. 

50)  Joh.  Zeller,  Jahresbericht  des  Bischof  Gobat'schen  Waisenhauses  auf 
Zion :  N.  Nachrichten  a.  d.  Morgenlande  ISSO,  p.  120 — l'.Vi. 

51;  Nachrichten  aus  dem  h.  Lande:  Das  heilige  Land  18S0  ;I)  p.  19  fg.; 
;III)  p.  89  fg. 

52)  Vergl.  Jahresbericht  ZDPV.  3,   Nr.  <1S   p.T3  .    Die  "Wirksamkeit  der 
Patres  Franziskaner  im  h.  Lande  Schluss;:  Das  heilige  Land  ISSO  I)  p.  5 — 12. 

ö'.i]  Die  katholische  Mission   in   Palästina  (Schreiben  des  Patriarchen): 
Das  heilige  Land  1880  (IIj,  p.  33—42. 

54j  Gatt,    Die   maronitische   Hierarchie.    Das   heilige   Tiand  ISSO    IV), 
p.  122—124. 

55)  F.  A.  Klein,  Mittheilungen  über  Leben,  Sitten  und  Gebräuche  der 
Fellachen  in  Palästina:  ZDPV.  3,  p.  luO— 115. 

5ü)  Ignace  Goldziher,  Le  culte  des  saints  chez  les  musulmans :  Revue  de 
l'histoire  des  religions.    Premiere  annee  1S*^0.    Tome  II,  Nr.  6,  p.  257—351. 

57    J.  Marmy.    Souvenirs  de  la  Turquie  d'Asie.    Etudes  de  mc^urs  orien- 


137 

rend  die  Studien  von  Fenton  ••^  als  in  vieler  Beziehung  schief  und 
versch-wommen  zu  bezeichnen  sind,  können  Avir  dagegen  die  neue 
Auflage  eines  bei  uns  ziemlich  unbekannten  anonymen  liuches  ^'•^) 
nur  empfehlen,  wenigstens  was  die  ersten  vier  lülcher  betrifft . 
Es  Averden  in  denselben  eine  Anzahl  trefflicher  Belege  zu  den 
biblischen  Privatalterthümern  geliefert;  die  Citate  sowohl  als  die 
Illustrationen  sind  aus  den  besten  englischen  Reisen  in  den  Orient 
geschöpft.  In  Buch  1  werden  die  Wohnungen  und  Gebäude 
(Zelte ,  Häuser,  Paläste ,  Gräber) ,  in  Buch  2  Nahrung  und  Klei- 
dung, in  Buch  3  sociale  Gebräuche ,  in  Buch  4  Beschäftigungen 
und  Professionen  vorgeführt;  der  5.  Abschnitt,  die  religiösen 
Alterthümer  betreffend,  ist  indess,   wie  gesagt,  ungenügend. 

Zur  Kimstgeschichte  übergehend  haben  wir  zunächst  zu  be- 
richten, dass  die  früher  besprochene  in  Gazza  gefundene  Colossal- 
statue  ,  über  welche  in  den  verschiedensten  Blättern  Berichte  zu 
lesen  waren  ^o] .  nun  mit  vieler  Mühe  nach  Jafa,  und  von  dort  nach 
Constantinopel  transportirt  worden  ist.  Der  Notiz  über  den  Mo- 
saikfund hinter  dem  Ölberg  f^i)  habe  ich  beizufügen,  dass  der  Name 
der  betreffenden  Örtlichkeit   nach  Erkundigungen  von   Schick 

arabisch  Chirbet  Inkäschi   (».xilÄj!  sie'  lautet.    Es  erscheint  nicht 

übei-flüssig .  von  Zeit  zu  Zeit  auf  die  Nothwendigkeit  genauer 
Transcription  hinzuweisen  6-) .  — Einen  alten  Sarcophag  aus  den 
Königsgräbern    für  de  Saulcy  die  ächten!)   und  einige  kleinere 

tales.  Lyon  ;impr.  Riston)  1879.  -13  pp.  8.  Aus  den  Memoires  de  l'Academie 
des  sciences  de  Lyon  VoL  XXIV.    (Nach  Petermann's  Mitth.;. 

5S)  J.  Fenton ,  Early  Hebrew  life  :  a  study  of  sociology.  London  (Trübner) 
1S80.  120  pp.  S.  sh.  5.  —  Eec.  von  W.  H.  Simpson  in  Academy  4.  Dec.  ISSO, 
p.  398;  vgl.  Athenaeura  12.  März  1881  p.  363;  von  VioUet  in  Revue  critique 
1881,  Nr.  15. 

59'  Scripture  manners  and  customs :  being  an  account  of  the  domestic 
habits,  arts.  etc.,  of  eastern  nations,  mentioned  in  holy  scripture  illustrated 
by  extracts  from  the  works  of  travellers.  Published  under  the  direction  of 
the  committee  of  general  literature  and  education  appointed  by  the  Society 
for  promoting  Christian  knowledge.  Sixteenth  edition  London  (Society  for 
prom.  ehr.  kn.)  o.  U.  XXXIV,  öhl  pp.  s. 

(>U  Statuarischer  Fund  bei  Gaza:  Archäologische  Zeitung  Jahrg.  XXXVII, 
1879  Berlin  1880)  p.  198.  Vgl.  Statements  1880,  p.  7  —  9;  Revue  critique 
(i.  December  1880;  Revue  de  l'histoire  des  religions  2.annee  torae  3  p.  127  ; 
ZÜPV.  3,  p.  250. 

()l;  Correspondenz  aus  Jerusalem:  ZDPV.  3.  p.  2-^0. 

62   Das  Transcriptionsalphabet :  ZDPV.  3,  p.  -'12. 


138 


Fragmente  von  Alterthümern  hat  de  Saulcy  ^3)  beschrieben.  — 
Die  Frage  nach  dem  Maasse  der  jüdischen  Elle  6*)  ist  aufs  neue 
aufgetaucht. 

Die  Aufgabe ,  die  Resultate  der  bisherigen  historischen, 
archäologischen  und  geographischen  Forschungen  über  Palästina 
in  der  Form  eines  Handbuches  für  das  grössere  Publikum  zu  be- 
arbeiten, scheint  im  jetzigen  Augenblick  besonders  lockend,  wird 
aber  öfters  zu  vorschnell  als  eine  leichte  aufgefasst.  In  dieser 
Beziehung  ist  namentlich  zu  rügen ,  dass  Conder  ^5)  in  der  Vor- 
rede zu  seinem  (in  kurzer  Zeit  in  zweiter  Auflage  erschienenen) 
Handbuche  erklärt,  dass  seinen  Resultaten  in  Zukunft  wohl  eini- 
ges beigefügt  werden  könne ;  dass  aber  zu  hoffen  sei.  dass  wenig 
auszumerzen  sein  werde  !  Überblicken  wir  rasch  dieses  Muster- 
buch, das  über  alles  und  jedes  Aufschluss  geben  will.  Dasselbe 
beginnt  p.  XHl  mit  einer  das  althebräische  Alphabet  enthalten- 
den Tafel,  die  jeder  Beschreibung  spottet.  Die  beiden  ersten 
Kapitel  enthalten  sodann  die  biblische  Chronologie;  p.  50  enthält 
sogar  die  Liste  der  Hohenpriester  von  Aaron  an  (nämlich  nach 
1  Chron.  6,  3fg. ;  die  dort  fehlende  Chronologie  nach  Jahren  der 
Welt  ist  gewissenhaft  beigefügt ,  und  man  ersieht  daraus .  dass 
die  8  Hohenpriester  von  Pinchas  I.  bis  Eli  von  3333 — 3679,  also 
im  Durchschnitt  je  43Y4  Jahr  amtirt  haben.  —  Psalmenausleger 
wird  es  interessiren ,  dass  die  vier  ersten  Bücher  der  Psalmen  — 
wie  es  scheint,  sämmtlich  von  David  —  3799  der  "Welt  verfasst 
sind,  das  fünfte  Buch  dagegen  4293  oder  5 1 7  v.  Chr.  j .  Im  3.  Kap. 
folgt  die  Metrologie ;  die  meisten  Münzen  sind  sehr  schlecht  ge- 
zeichnet. 4.  Kap. :  das  jüdische  Jahr;  5.  Kap. :  das  jüdische  Ri- 
tual; 6.  Kap.:  die  Regierung  der  Hebräer;  7.  Kap.:  Steuern, 
Zölle  und  Opfel';  8.  Kap.  :  Kunst  und  Wissenschaft;  9.  Kap.  : 
das  sociale  Leben.    Der  Verfasser  beweist  in  diesem  ersten  Theil, 


63)  F.  de  Saulcy ,  Fragments  d'art  judaique:  Gazette  archeologique  V. 
Paris  1879,  p.  2(il— 2G3,  pl.  36. 

64)  Conder,  Length  ofthe  cubit:  Statements  1880  p.  98—100. 

65)  Vergl.  Jahresbericht  ZDPV.  3,  Nr.  46  p.  69  .  F.  R.  Conder  and 
C.  R.  Conder,  A  handbuok  to  the  bible :  being  a  guide  to  the  study  of  the 
hoiy  scriptures ;  derived  from  ancient  monuments  and  modern  exploration. 
Second  edition.  London  (Longmans,  Green  and  Co.)  1880.  XVIII,  439  pp. 
8.  Mit  Karten  und  Plänen.  —  Kec  in  Athenaeum  24.  Jan.  18S0,  p.  11"; 
vergl.  Acadomy  13.  Dec.  1879. 


139 


dass  ihm  die  ■wissenschaftlichen  Probleme ,  um  die  es  sich  han- 
delt, gänzlich  unbekannt  sind.  —  Der  zweite  Theil  des  Buches 
umfasst  die  Geographie.  1.  Kap.:  physische  Beschreibung  des 
heiligen  Landes,  enthält  nichts  Neues  von  Belang.  2 — 6.  Kap. 
führen  uns  Palästina  vor  der  Eroberung .  dann  unter  die  Stämme 
vertheilt ,  unter  Richter  und  Königen ,  unter  den  Hasmonäern, 
und  zu  Christi  Zeit  vor,  wobei  der  Text  theilweise  durch  Kärt- 
chen erläutert  Avird ;  freilich  sind  viele  Identificationen  bedenk- 
lich. Auch  bei  Kap.  7  Jerusalem  und  Kap.  8  der  Tempel  wird 
manches  sehr  Unsichere  als  wissenschaftliches  Resultat  vorge- 
tragen. Hierauf  folgt  eine  Liste  der  Städte  von  Juda  und  Benja- 
min ;  dann  eine  Aufzählung  der  biblischen  Thiere  und  Pflanzen 
(auch  mit  hebräischer  und  arabischer  Nomenclatur);  zum  Schlüsse 
(p.  400  —  428)  der  Lidex  der  geographischen  Eigennamen  der 
Bibel  mit  den  Identificationen  und  Verweisungen  auf  die  vorher- 
gehenden Kapitel.  Multa  non  multum  !  In  sprachlicher  Hinsicht 
ist  das  Buch  mehr  als  ungenügend. 

Bescheidener  tritt  Whitney  ^'^j  {j^  seinem  schon  vor  dem  Be- 
richtsjahr erschienenen  Buche  auf;  die  Vorrede  ist  sogar  vom 
Jahre  1S70  datirt.  Das  Werk  enthält  ein  alphabetisch  geordnetes 
Verzeichniss  der  biblischen  Orts-  (und  Stämme)  namen.  Auf  den 
Eigennamen  folgt  die  Nummer  der  Karte ,  auf  welcher  der  Ort 
zu  suchen  ist ;  dann  die  Bedeutung  des  Namens ,  die  Lage  des 
Ortes  ;  dann  Geschichtliches ,  moderner  Name ,  moderne  Be- 
schaff'enheit.  Das  Buch  ist  fleissig  gearbeitet ;  die  Karten  freilich 
sind  jetzt  veraltet. 

An  dritter  Stelle  ist  das  Handbuch  von  Schaff  6^)  zu  nennen. 
Dasselbe  sticht  von  den  vorhergenannten  dadurch  vortheilhaft 
ab.  dass  es  viel  universeller  gehalten  und  dass  der  Verfasser  auch 
mit  deutscher  Wissenschaft  bekannt  ist.    Das  Werk  ist  etwa  in 

6(j;  Kev.  George  H.Whitney,  Hand-book  of  Bible  geography;  containing 
the  name,  pronounciation,  and  meaningof  every  place,  nation.  and  tribe  nien- 
tioned  in  both  the  canonical  and  apocryphal  scriptures.  "With  description  and 
historical  notes.  Illustrated  by  nearly  one  hundred  engravings  ,  and  forty 
maps  and  plans.  Third  edition.  London  Hodder  and  Stoughton)  1S77. 
40]  pp.    S. 

67  P.  Schaft',  A  dictionary  of  the  Bible ;  including  biography,  natural 
history,  geography,  topography,  archaeology,  and  literature.  "With  12  colored 
maps  and  over  four  hundred  illustrations.  Philadelphia  American  Sunday 
SchoolUnioni(1880).    958  pp.  8.    doli.  2,50. 


140 


der  Art  von  Riehm's  Handwörterbuch .  nur  bedeutend  populärer 
gehalten:  trotz  der  zahlreichen  Holzschnitte  zeichnet  es  sich 
durch  billigen  Preis  aus.  — 

Die  Aufzählung  der  in  die  Kategorie  der  Pilgerreisen  ge- 
hörenden Publikationen  eröffnen  wir  mit  dem  Hinweis  auf  eine 
kleine  Abhandlung  Steck's^*^),  in  welcher  die  Richtung  des  Pil- 
gerwegs von  Galiläa  über  Peräa,  gegen  die  Behauptung  von  Jose- 
phus  Arch.  XX.  6,  1  (durch  Samarien  als  die  gcAvölinliche  er- 
wiesen wird.  In  einer  nützlichen  kleinen  Brochüre  erörtert 
Grundt^^)  mit  sorgfältiger  Quellenangabe  sämmtliche  Sagen, 
welche  sich  an  die  Reise  der  Kaiserin  Helena  nach  Jerusalem 
knüpften,  und  weist  nach,  wie  vieles  in  den  über  sie  erhaltenen 
Berichten  auf  späterer  Ausschmückung  beruht. 

Es  ist  unnöthig.  auf  die  Wichtigkeit  der  beiden  grossen  neuen 
Publicationen .  welche  die  Pilgerfahrtenliteratur  so  wesentlich 
fördern,  näher  einzugehen.  Im  letzten  Hefte  unsrer  Zeitschrift 
hat  CoNRADi  die  A'erdienstlichkeit  der  Herausgabe  der  nun  voll- 
ständig erschienenen  älteren  Itinera  latina  von  Tobler  und  Moli- 
NiER  '^Oj  hervorgehoben ;  eine  ausführliche  Besprechung  der  deut- 
schen Pilgerreisen  von  Röhricht  und  Meissner"')  wird  ebenfalls 
unsere  Zeitschrift  bringen.  Aus  dem  letztgenannten  wichtigen 
Buche  möchte  ich  hier  bloss  die  hübsche  Einleitung  hervorheben 
(p.  1 — 42) ,  in  welcher  beschrieben  wird,  wie  die  Wallfahrten  nach 
der  Kreuzfahrerzeit  vor  sich  gingen:  sodann  kann  ich  nicht  umhin. 

68)  R.  Steck,  Der  Pilgerweg  der  Galilaeer  nach  Jerusalem :  Jahrb.  für 
Protest.  Theol.    Leipzig  18S0  (VI;,  p.  706—716. 

69)  Friedrich  Grundt ,  Kaiserin  Helena's  Pilgerfahrt  nach  dem  heiligen 
I^ande  Programm  des  Gymnasiums  zum  heiligen  Kreuz  in  üresdenj.  Dresden 
(I^ehmann'sche  Buchdruckerei  187S.  11  pp.  4.  —  Reo.  von  C.  Siegfried  in 
Hilgenfeld'a  Z.  f.  wiss.  Theol.  23.  Jahrg.  1880  (3),  p.  374. 

70)  Vergl.  Jahresbericht  ZDPV.  I,  p.  30,  Nr.  3.  Itinera  Hierosolymitana 
et  descriptiones  terrae  sanctae  bellis  sacris  anteriora  et  latina  lingua  exarata 
Humplibus  Sücietatis  illuslrandis  orientis  latini  monumenti.s  ediderunt  Titus 
Tobler  et  Augustus  Molinier  I.  Genevae  (typis  J.  G.  Fick)  1879.  LV,  418  pp. 
8.  — Rec.  in  LCB.  25.  Sept.  1880,  Sp.  1285;  von  Schürer  in  ThLZ.  20.  Nov. 
18S0,  Sp.  582  ;  von  Heyd  in  GGA.  3.  Nov.  18S0,  p.  L'HT;  von  L.  Conrady  in 
ZDPV.  1.  p.  120. 

71)  Röhricht  und  Meissner,  Deutsche  Pilgerreisen  nach  dem  heiligen 
Lande  herausgegeben  und  erläutert.  Berlin  Weidmann;  18b0.  712  pp.  8.  — 
Rec.  in  TX'B.  23.  Oct.  1880,  Sp.  1412;  von  Heyd  in  GGA.  2.  und  9.  Februar 
1"381,  p.  132;  von  Furrer  in  Schürer's  ThLZ.  1S^?1,  Sp.  205. 


141 

die  Ergänzungen  und  Nachträge  zu  Tobi.er's  Bibliographie  bis 
1877  (p.547 — 64S)  als  eine  höchst  dankenswerthe  Leistung  freudig 
zu  hegrüssen.  Es  ist  diese  über  1000  Nummern  umfassende  Liste 
als  ein  ebenbürtiges  Seitenstück  zu  Tobler's  Arbeit  zu  bezeich- 
nen ;  auch  die  russische  Literatur  ist  nach  Chitroa\o  und  Foxo- 
mar Fnv "-;  berücksichtigt;  Steinschneider  hat  interessante  Mit- 
theilungen aus  der  jüdischen  Literatur  beigesteuert.  Sorgfältige 
Register  (p.  656  —  711.  zweispaltig!)  erhöhen  den  Werth  des 
ganzen  Werkes. 

Eine  neue  Ausgabe  der  Palästinafahrt  des  Herrn  von  An- 
GLURE  ^^)  ist  dinch  die  Auffindung  einer  bedeutend  abweichenden 
Handschrift,  die  in  Metz  geschrieben  ist  und  sich  nun  in  der  Bib- 
liothek von  Epinal  befindet ,  veranlasst  worden.  Li  der  VoiTede 
zu  dieser  hübsch  ausgestatteten  Publication  werden  historische 
und  genealogische  Aufschlüsse  über  jenen  Wallfahrer  Ogier  ^'HI 
von  AxGLURE  gegeben.  Seine  Reise  ging  über  Rhodus  .  Beimt, 
Jaffa.  Ramie,  Jerusalem,  den  Jordan,  Gazza,  den  Sinai,  Cypern, 
Rhodus,  Venedig.  Als  Appendix  wird  eine  Nomenclatur  der 
^heiligen  Orte  von  Jerusalem  und  seinen  Umgebungen  aus  dem 
Manuscript  de  1" Arsenal  4797  gegeben.  Das  ganze  Buch  hat  einen 
guten  Index.  —  Aus  der  früher  erwähnten  Reise  von  Kait  Bei 
hat  Gildemeister"'*)  das  wichtigste  hervorgehoben.  Eine  von 
INKrtinov  (s.  o.  p,  130)  angeführte  Publication  ist  mir  leider 
nicht  zu  Gesicht  gekommen;  sie  enthält  einen  phototypographi- 
schen  Druck  des  nach  Tobler's  Bibliographie  p.  233)  aus  dem 
Jahre  14 SO  stammenden  Tractatulus  totius  sacrae  historiae  eluci- 

72)  Vergl.  Jahresbericht  ZDPV.  p.  76  (Nr.  93).  Der  genauere  Titel 
dieser  in  russischer  Sprache  geschriebenen  Abhandlung  lautet:  Jerusalim  i 
Palestina  w  russkoi  literaturje  naukje  shiwopisi  i  perewodach  materialv  dlja 
bibliografii  Jerusalem  und  Palästina  in  der  russischen  Literatur,  "Wissen- 
schaft u.  Malerei.  Übersetzungen.  VonS.Ponomarewa.  Beilage  zum  dreissig- 
sten  Theil  der  Memoiren  der  kaiserl.  Acad.  d.  AVissenschaften  Sapiski  Akad. 
Nauk;.  Nr.  1.  St.  Petersburg  1S77.  XX,  128pp.  S.  —  Die  sehr  fleissige 
bibliographische  Arbeit  zählt  mit  Ausschluss  der  Nachträge,  924  Nummern 
von  Publicationen  über  Palästina  auf. 

73;  l,e  saint  voyage  de  Jherusalem  du  Seigneur  d'Anglure  public  par 
Fran9ois Bonnardot  et  Auguste Longnon.  Paris  Firmin Didot  IST^.  LXXVIll, 
178  pp.    S.    iSociete  des  anciens  te.xtes  francais  . 

74,  Vgl.  Jahresbericht  ZDPV.  2,  p.  DL  Nr.  5.  Lanzone  etc.  besprochen 
von  J.  Gildemeister  in  ZDPV.  3,  p.  240. 


142 


(lativus  u.  s.  w.'^)  Gildemeister  macht  mich  darauf  aufmerksam, 
(lass  sich  in  »De  passagiis  in  Terram  sanctam  excerpta«  '^)  ein  in- 
teressanter und  brauchbarer  Plan  von  Acco  finde.  Kurze  Mit- 
theihingen  über  palästinensische  Culturzustände  während  der 
Mitte  des  17.  und  Anfangs  des  18.  Jahrh.  hat  Steinschneider") 
geliefert. 

Die  hervorragendste  Novität  des  Berichtjahres  ist  unstreitig 
die  endlich  nach  vielen  Bemühungen"^)  erfolgte  Veröffentlichung 
der  grossen  Karte  des  cisjordanischen  Landes  nach  den  Vermes- 
sungen der  englischen  Ingenieure  "■•) .  Den  ersten  Eindruck,  wel- 
chen Referent  von  diesem  Kartenwerke  erhielt ,  hat  er  bereits  in 
dieser  Zeitschrift  zu  Worte  kommen  lassen.  Leider  fallen  gewisse 
Mängel  der  Karte  ,  namentlich  die  Undeutlichkeit  vieler  Legen- 
den ,  bei  näherer  Besichtigung  immer  mehr  auf.  Das  Lob  ,  wel- 
ches englische  Zeitungen  dem  Werke  spenden  ^ö),  ist  daher  eher 
übertrieben.  Ein  Urtheil  über  die  topographische  Genauigkeit 
der  Aufnahme  wage  ich  noch  nicht  abzugeben;  doch  scheint 
für  dieselbe  zu  sprechen,  dass  Warren's  *i)  Länge-  und  Breitebe- 
rechnungen nur  unbedeutende  Abweichungen  zeigen.  Was 
ausser    diesem,     wohl   auf    Jahrzehnte    hinaus    massgebenden 

75)  Prologus  Arminensis  in  raappam  Terre  Sancte.  fol.,  I  et.  II me  livrai- 
sons.    Publication  de  la  Societe  de  l'Orient  latin. 

76)  Jahresbericht  ZDPV.  3,  Nr.  35  (p.  67). 

77)  Beiträge  zur  Palästinakunde  aus  neueren  jüdischen  Quellen.  I.  u.U. 
Mitgetheilt  von  M.  Steinschneider:  ZDPV.  3,  p.  220—233. 

78)  The  Survey  of  Palestine  :  Athenaeum  19.  Juni  1880,  p.  793  ;  26.  Juni 
p.  S26. 

79]  Map  of  Westei'n  Palestine  in  26  sheets  from  surveys  conducted  for 
the  committee  of  the  Palestine  Exploration  Fund  by  Lieutenants  C.  R.  Conder 
and  H.  H.  Kitchener.  R.  E.  during  the  years  1872 — 1877.  Scale:  one  inch 
to  a  mile  =  ^■s^^,-^.  Photozincographed  and  printed  for  the  committee  under 
the  superintendence  of  Lt.  Col.  Carey.  11.  pj.  at  the  ordnance  survey  office 
Southampton,  colonel  Cooke  C.  B.,  R.  E.,  director  by  permission  of  the  first 
commissioner  of  H.  M.  works.  London  1880.  —  Rec.  von  A.  Socin  in 
ZDPV.  3,  p.   179. 

bO)  The  survey  of  western  Palestine:  Statements  1880,  p.  200—206. 

Sl)  Warren,  Limits  of  error  in  latitudes  and  longitudes  of  places  obtained 
during  the  reconnaissances  made  in  Palestine:  Statements  1S80,  p.  243 — 246; 
vgl.  auch  p.  17J. 


143 

Werke  an  Karten  zu  verzeichnen  ist,  hat  keinen  selbstständigen 

Werths2)S3). 

Das  vom  Referenten  verfasste  Reisehandbuch  **)  hat  eine  neue 
Auflage  erlebt :  bei  dieser  Gelegenheit  wurde  in  den  praktischen 
Rathschlägen  manches  verbessert.  Ein  specifisch  katholisches 
Gegenstück  zu  meinem  Buche  hat  Fahrngruber  ^^) ,  (gewesener 
Rector  des  österreichischen  Pilgerhauses  in  Jerusalem)  hei-ge- 
stellt ;  historische  Kritik  ist  darin,  wie  bei  dem  gleichartigen  fran- 
zösischen Führer  von  Lievin  grundsätzlich  vermieden ;  dennoch 
ist  mein  Buch  ziemlich  stark  benutzt.  Einige  Illustrationen  sind 
gut,  Karten  und  Pläne  mittelmässig.  Die  Pilger  werden  von 
Jerusalem  nordwärts  bloss  über  Nazareth ,  Tiberias ,  Tyrus  nach 
Beirut  geführt.  Der  Stil  des  Buches  lässt  nicht  selten  zu  wün- 
schen übrig. 

Ein  hervorragendes  Prachtwerk  über  Palästina  ^6)  ist  gegen- 
wärtig, so  viel  ich  weiss ,  noch  im  Erscheinen  begriffen.  Nach 
einer  Notiz  der  Academy  soll  das  Werk  in  40  Lieferungen  er- 
scheinen und  40  Original- Stahlstiche,  sowie  600  Holzschnitte 
nach  neuen  besonders  zu  diesem  Zwecke  in  Palästina  aufgenom- 
menen Zeichnungen  enthalten.  Jeder  Theil  des  Werkes  ist  Spe- 
ciahsten  anvertraut :  Rogers  hat  Egypten,  Holland  den  Sinai  zu 

82)  Streich,  Handkarte  zur  biblischen  Geographie,  mit  besonderer  Be- 
rücksichtigung des  heiligen  Landes.  Esslingen  (Weismann)  1S79.  M.  0,30. 
Nach  Petermann' s  Mittheilungen. 

83)  Kichard  Andree,  Allgemeiner  Handatlas  in  86  Karten  mit  erläutern- 
dem Text.  Bielefeld  und  Leipzig  (Velhagen  &  Klasing)  9.  Lief.  1S81.  Pa- 
lästina. 

84)  Palästina  und  Syrien.  Handbuch  für  Reisende  herausgegeben  von 
Karl  Baedeker.  Mit  IS  Karten,  44  Plänen,  1  Panorama  von  Jerusalem  und 
lU  Ansichten.  Zweite  verbesserte  und  vermelu-te  Autlage.  Leipzig  Karl  Bae- 
deker) 1880.  CLIV,  517  pp.  8.  M.  lü.  —  Kec.  von  Furrer  in  ZDPV.  3, 
p.  244. 

85)  Joh.  Fahrngruber,  Nach  Jerusalem.  Ein  Führer  für  Pilgerfahrten  und 
Keisen  nach  und  in  dem  heiligen  Lande.  Mit  vielen  Illustrationen,  Karten, 
Plänen  und  Grundrissen.  Würzburg  (Leo  AVörl;  o.  D.  XXXI,  474  pp.  8.  — 
Ilec.  von  W.  A.  Neumann  in  Oesterr.  Monatsschrift  f.  d.  Orient  15.  Sept. 
1880  p.  155.   Vgl.  auch  Das  heilige  Land  1880  (IV)  p.  129. 

86)  Picturesquc  Palestine,  Sinai  and  Egypt.  Editcd  by  Colonel  Wilson, 
R.  E.  etc.,  assisted  by  the  most  eminent  Palestine  explorers  of  the  day.  With 
an  introduction  by  the  very  rev.  Dean  Stanley.  London  (Virtue  &  Co.)  188U 
(?)    40  parts  ä  sh.  2,6. 

Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  IV.  JQ 


144 

schildern  übernommen ;  Palmer  beschreibt  die  Gegend  von 
Hebron  bis  zur  Wüste  Sin;  Cokder  die  Gegend  nördlich  von 
Jerusalem  bis  Samarien.  Als  Mitarbeiter  wirken  ausserdem  mit : 
Tristram,  Miss  Rogers,  AVarren,  Scharf,  Jessop,  Wilson  ;  die 
Einleitung  ist  vom  Dean  Stanley.  Nach  diesen  Namen  zu 
schliessen,  wird  das  Werk  wohl  das  Beste  bieten,  was  überhaupt 
auf  diesem  Gebiet  in  England  geschaffen  werden  kann.  Eine 
deutsche  Bearbeitung  des  genannten  Prachtwerks  ist  von  Ebers 
und  Guthe  übernommen  Avorden.  Nach  den  bereits  erschienenen 
Heften  der  deutschen  Bearbeitung  zu  schliessen,  wird  das  Werk 
besonders  eine  Reihe  trefflicher  Illustrationen  enthalten.  Selbst 
denen,  welche  wissen,  wie  grossartig  heute  die  Photographie®^)  zur 
Veranschaulichung  des  vorderen  Orients  beiträgt,  wird  hier  man- 
ches Neue  geboten. 

l^evor  wir  zur  Touristenliteratur  übergehen ,  ist  noch  zu  er- 
wähnen, dass  Coxder's  ®*)  Tent  work  in  einerneuen  billigeren  Aus- 
gabe und  mit  einem  Zusatzartikel  (über  die  Zukunft  Palästina's) 
erschienen  und  auch  in  holländischer  Sprache  ^^]  überarbeitet  wor- 
den ist.  Von  neueren  Reiseskizzen  aus  Palästina  sind  mir  fol- 
gende ,  meist  bloss  dem  Titel  nach,  bekannt  geworden :  in  eng- 
lischer Sprache  die  von  King  9^),  Wood/"),  Newton  92) ,  Dünn  ^^), 

87)  Ich  erlaube  mir,  bei  dieser  Gelegenheit  darauf  aufmerksam  zu 
machen,  dass  eine  Keihe  trefflicher  Photogra])hien  des  englischen  Explora- 
tions-Fund  durch  deren  Agenten  Edward  Stanford,  55  Charing  Gross,  Lon- 
don ,  und  eine  ebenfalls  sehr  reichhaltige  Sammlung  von  liildern  des  Photo- 
graphen Bonfils  in  Beirut  durch  C.  Detloffs  Buchhandlung  in  Basel  zu  be- 
ziehen ist. 

88)  Vergl.  Jahresbericht  ZDPV.  3,  Nr.  84  (p.  75).  C.  R.  Conder,  Tent 
work  in  Palestine,  a  record  of  discovery  and  adventure.  New  edition  in  1  vol. 
with  corrections  by  the  author  and  an  additional  chapter  on  the  »Future  of 
Palestine«.    sh.  7,  6.    (Umschlag  der  Statements  Oct.  1880.) 

89)  Volledige  beschrijving  van  het  Heilige  Land.  Uit  het  Engelsch  ver- 
taald  door  C.  M.  A.  Douglas  Lt.  der  Infanterie.  Met  29  gravures  en  3  Kar- 
ten. In  twee  deeln.  W.  K.  Schneider.  Hertogenbosch  IST'J  en  1880.  —  Reo. 
von  A.  Oort  in  Theologisch  Tijdschrift  (14),  1880,  p.  369. 

90)  Rev.  James  King  authorised  lecturer  to  the  Palestine  Exploration 
Fund),  Palestine  as  it  is.  Notes  on  a  recent  journey  made  to  the  holy  land. 
(Umschlag  der  Statements  1880.) 

91)  W.  S.  Wood,  An  eastern  afterglow ;  or,  presents  aspects  of  sacred 
scenerv.    Bell.  10  sh.    'Academv  3.  Juli  IS'-'O,. 

92,  R.  Newton,  Rambles  in  Bible  lands.  London  iWesleyan  Conf.  Off.) 
1880.    288  pp.    16.    i'Petermann's  Mitth.). 

93)  L.  A.  Dünn,    Footprints  of  the  Redeemer  in  recent  researches  in  the 


145 


DE  Hass  94)  und  ein  anonymes  'J^)  Buch ;  in  französischer  Sprache 
die  Reisebeschreibungen  von  Garnier  ^^j  ,.  Tranchant^')  und 
BoNNELiERE  9S)  ;  in  italienischer  die  von  Romani  9'-') ,  in  deutscher 
die  kurzen  populären  Reisenotizen  von  Reinicke  ^oo)  .  In  Betreff 
von  Alfaro's  spanischer  Reisebeschreibung  ^^^)  erfahre  ich  durch 
die  Güte  Furrer's),  dass  der  Verfasser  derselben  von  der  spani- 
schen Regierung  beauftragt  war,  die  Archive  Palästinas  vmd 
Constantinopels  nach  Documenten  zu  durchforschen ,  welche  die 
von  Frankreich  und  Italien  bestrittenen  Rechte  Spaniens  an  vie- 
len Stiftungen  in  jenen  Gegenden  beglaubigen  sollen.  Die  Reise- 
beschreibung ist  gemüthvoll,  jedoch  ohne  wissenschaftliche  An- 
sprüche. 

Gehen  wir  nun  auf  die  Detailforschungen  ein  und  beginnen 
wir  auch  diesmal  wieder  mit  Jerusalem ,  so  müssen  wir  in  erster 
Linie  auf  den  Artikel  Jerusalem  aufmerksam  machen ,  welchen 
Fr.  W.  Schultz  ^02j  fü^.  ([[q  zweite  Ausgabe  der  HERzoa'schen 
Encyclopädie  bearbeitet  hat.  Gerade  solche  Versuche  zeigen, 
Avie  bei  den  einschlägigen  Streitfragen  selbst  grundlegende  Vor- 
aussetzungen immer  wieder  aufs  Neue  discutirt  werden  müssen. 
So  sehr  wir  manches  Gute  und  Brauchbare  in  jener  Zusammen- 

holy   land.      Des  Meines,  Jowa,  (Mills  &  Co.)  1880.    306  pp.     12.    ^1.50. 
(Schürer'sThLZ.j. 

94;  F.  S.  de  Hass,  Recent  travels  and  explorations  in  Bible  lands;  illu- 
strated  with  new  maps  and  original  eogravings.  New  York  Phillips  &  HuntJ 
1880.    VI.  455  pp.    8.  fSchürer's  ThLZ.) 

95)  West  and  East;  or,  a  tour  through  Europe  and  the  holy  land.  Lon- 
don 1878.    368  pp.    8.    Mark  9. 

96)  E.  Garnier,  Jerusalem  et  laJudee;  description  de  la  Palestine.  Tours 
(Maine)  1879.    160  pp.    8.    (Petermann's  Mitth.). 

97)  C.  Tranchant,  Excursion  en  Palestine  :  Bulletin  de  la  Soc  de  Geogr. 
de  l'Est  1879  Nr.  3  Petermann's  Mitlh.) 

98;  F.  Bonneliere,  Souvenii's  de  mon  pelerinage  en  terre-sainte.  Kennes 
(impr.  Vatar)  1880,  428  pp.    8.    Mit  einer  Karte. 

99)  G.  Romani,  Viaggio  in  Palestina  e  nell'  Egitto.  Como  (tip.  P.  Osti- 
nelli  dei  frat.  Giorgetti;  1S79.    404  pp.     16.    Fr.  3.    fSchürer's  ThLZ.). 

100'  Lic.  Dr.  Reinicke,  Reiseskizzen  aus  dem  heiligen  Lande:  N.  Nach- 
richten aus  dem  Morgenlande  1880,  p.  1 18 — 129. 

101)  D.  Manuel  Ibo  Alfaro,  Jerusalem!  Descripcion  exacta  y  detallada 
de  los  santos  lugares.    Madrid  1879.    416  pp.    8.    Fr.  10(?). 

102)  Fr.  W.  Schultz,  Jerusalem:  Real- Encyclopädie  für  protestantische 
Theologie  und  Kirche,  herausgegeben  von  Herzog  und  Plitt.  6.  Bd.  Leipzig 
1880  p.  538—575. 

10* 


146 


stelhm^  finden,  so  thut  es  uns  leid,  zu  sehen,  dass  Schultz  den 
Zion  wieder  auf  dem  Südwesthügel  sucht.  —  Eine  viel  kürzere 
Zusammenstellung  der  neuesten  topographischen  Forschungen 
findet  man  in  der  Brochüre  von  Walther  ^o^j.  Eine  kleine  Epi- 
sode aus  der  Geschichte  Jerusalems  ^ö^)  ist,  wohl  für  Kinder,  wie- 
derum heschriehen  worden. 

In  Bezug  auf  die  Topographie  von  Jerusalem  liegen  den  Le- 
sern unserer  Zeitschrift  zwei  reichhaltige  Artikel  von  Alten  ^'^^) 
und  von  Klaiber  'oiij  vor;  letzterer  hat  die  Ergehnisse  seiner  For- 
schungen m  schlagender  Weise  am  Schlüsse  seiner  Arbeit  zu- 
sammengestellt. Wenn  es  zum  hessereu  Verständniss  der  Schick'- 
schen  Terrainkarten  des  alten  Jerusalem  von  Vortheil  gewesen 
wäre,  die  einzelnen  festen  Punkte,  nach  welchen  die  Curven  ge- 
zogen sind,  namhaft  zu  machen,  so  ist  doch  zu  rügen,  dass  Con- 
der1''"i  in  seiner  hierher  gehörenden  Arbeit  auf  jene  Publicatiou 
viel  zu  wenig  Kücksicht  genommen  hat.  Wenn  dieser  Aufsatz 
Coxder's  auch  einiges  Gute  enthält,  so  spricht  doch  seine  bereits 
im  vorigen  Berichte  erwähnte  Hypothese  in  Betreff  der  Königs- 
gräber lo^j .  welcher  Birch  *o9)  mit  Recht  entgegengetreten  ist, 
nicht  gerade  für  topographischen  Scharfsinn,  ebensowenig  seine 
Notiz  über  die  Davidstadt  ^i^j^ 

Was  den  Tempel  betrifft .  so  begrüssen  wir  es  mit  grosser 
Freude,  dass  Smend^)  in  seiner  Umarbeitung  des  Ezechielcom- 

10.3)  J.  Walther,  Etüde  historique  de  la  topographie  de  Jerusalem  pen- 
dant  les  temps  bibliques.  Orne  dun  plan  explicatif.  Geneve  ilibr.  E.  Beroud 
et  Co.  1880).  38  pp.  8.  —  Rec.  von  Vuilleumier  in  Revue  de  theologie  et  de 
Philosophie.    Lausanne  Juli  1880  (13  annee)  p.  352. 

104,  Rev.  Alfred  J.  Church,  The  story  of  the  last  days  of  Jerusalem  from 
Josephus.    18S0.    Vergl.  Academy  24.  Dec.  ISSO  p.  457. 

105)  Baron  von  Alten;  Die  Davidstadt,  der  Salomoleich  und  die  Gräber 
der  Könige  in  Jerusalem  :  ZDPV.  3.  p.  HO — 170. 

100)  Klaiber,  Zion,  Davidstadt  und  die  Akra  innerhalb  des  alten  Jerusa- 
lem.   Erster  Artikel :  ZDPV.  3,  p.  1S9-213. 

107,  Conder,  The  Tyropoeon  Valley.  Register  of  the  rock  levels  Jeru- 
salem :  Statements  ISSO,  p.  77 — 91. 

105,  Jahresbericht  ZDPV.  3  (p.  78)  Nr.  111;  jetzt  auch  abgedruckt  in 
Statements  IsSO  p.  101—103. 

UiO  W.  F.  Birch,  The  tomb  of  David,  Zion  and  Josephus:  Statements 
1S8Ü  p.  107—170. 

HO)  Conder,  Notes  on  disputed  points :  Statements  1880  p.  228 — 230. 
111)  Der  Prophet    Ezcchiel  erklärt  von  Rudolf  Smend  ( Kurzgefasstes 


147 

mentar's  so  ausführlicli  auf  die  Frage  eingeht,  wie  dieses  Gebäude 
nach  Ez.  40 — 48  zu  reconstriiiren  sein  möchte;  gerade  bei  die- 
sen schAvierigen  Kapiteln  darf  man  sich  nicht  immer  auf  den 
textus  receptus  beiaifen.  Wichtig  erscheint  auch  Smend's  An- 
sicht, dass  die  Beschreibung  wohl  nach  Zeichnungen  gemacht 
sei,  die  Ezechiel  ausgeführt  vor  sich  liegen  hatte.  Eine  kurze 
Notiz  von  Grätz  ^'^j  ist  deswegen  nicht  ohne  Interesse,  weil  darin 
vielfach  von  dem  unter  dem  Altar  befindlichen  lilutablaufsgang 
die  Rede  ist.  AusLoeb's  ^^^i  Aufstellungen  über  die  alten  Tempel- 
thore  ist  nur  zu  bemerken .  dass  er  die  Huldapforte  als  Maul- 
wurfsthor erklären  will. 

Dass  der  Streit,  w^elcher  sich  in  England  zwischen  Warren 
und  Fergusson  erhoben  hat ,  ein  internationales  Interesse  bean- 
spruchen könne ,  ist  zu  bezweifeln.  Warren's  ^^*)  grosses  Buch, 
welches  ich  übrigens  bloss  aus  Anzeigen  kenne ,  ist  wesentlich 
eine  Streitschrift  gegen  seines  Gegners  bekannte  Theorien  beson- 
ders in  Betreff  des  Herodianischen  Tempels.  Auch  für  Warren 
ist  der  N.W.  Hügel  gleich  Davids  Stadt  (Zioni  und  Akra,  später 
von  den  Maccabäern  erniedrigt;  der  S.W.  Hügel  ist  die  Ober- 
stadt des  Josephus.  Die  Bibel,  die  Maccabäer-Bücher ,  sowie 
JosEPHus  verlegen  den  Tempelberg  Moria  (!)  in  den  Osten.  Was 
die  Psalmen  betrifi"! ,  so  A^iirden  diejenigen,  welche  speciell  den 
Zion  anführen,  von  David  in  der  Zeit  verfasst ,  wo  Zion  der  hei- 
lige Hügel  war ;  die  Psalmen,  welche  nach  dem  Tempelbau  ver- 
fasst sind,  nennen  Zion  bloss  in  Parallelismus.  Von  unsern  Psal- 
menauslegern dürften  diese  überraschenden  Aufschlüsse  wohl  in 
in  eine  Kategorie  mit  den  oben  erwähnten  Conder's  gestellt 
werden. 

exegetisches  Handbuch  zum  Alten  Testament.  Achte  Lieferung,  zw-eite  Auf- 
lage ,  Leipzig  iHirzel)  ISSO,  p.  316  fg.  Mit  Plan  und  Abbildungen.  —  Vgl. 
dazu  Kautzsch  in  Schürer's  ThLZ.  6.  Nov.  ISSO  Sp.  545. 

112)  H.  Grätz,  Eine  dunkle  Stelle  in  der  Beschreibung  der  Tempelein- 
richtung: Monatsschrift  f.  Geschichte  u.  "Wiss.  d.  Judenthums  (29)  18S0, 
p.  2S9-301. 

113]  Isidore  Loeb,  Les  portes  dans  l'enceinte  du  temple  d'Herode  ISSO. 
8  pp.  8.  —  Rec.  von  Clermont  Ganneau  in  Revue  critique  S.November  ISSO, 
p.  3G1. 

114)  C.  Warren ,  The  temple  er  the  tomb,  London  'Bentley  and  son) 
ISSO.  —  Rec.  in  Athenaeum  8.  Jan.  ISSl  p.  52,  von  Mc.  Gregor  in  Academy 
8.  Jan,  ISSl  p.  19.  Vgl.  Statements  ISSO  p.  129;  Fergusson,  The  temple  of 
Jerusalem;  Athenaeum  12  Febr.  ISSl  p.  231, 


148 

In  den  Statements  ist  eine  Umarbeitung  von  Wilson's^'^) 
Bemerkungen  zur  Tempelmauer  erschienen,  welche  derselbe  be- 
reits vor  einigen  Jahren  als  einen  Theil  der  revidirten  Ausgabe 
der  Begleitschrift  zum  Ordnance  Survey  of  Jerusalem  (jetzt  vor- 
handen in  der  ]3ibliothek  des  DPV.)  niedergeschrieben  hat.  Wil- 
son geleitet  den  Leser  um  die  Tempelmauer  herum  und  führt 
besonders  den  Thatbestand  auf;  dazu  werden  neun  Pläne  ge- 
geben. Einige  seiner  Angaben  sind  von  Warren  ^i^)  und  Con- 
DER^i'^)  berichtigt  worden  ;  aus  der  sich  daran  knüpfenden  Dis- 
cussion  scheint  uns  jedoch  hervorzugehen,  dass  noch  immer  unge- 
heure Schwierigkeiten  vorliegen,  aus  jenem  Thatbestande  histo- 
rische Schlüsse  auf  die  ]Jauzeit  der  einzelnen  Theile  zu  ziehen.  — 
Einzelne  Artikel  über  Bethso^'*),  das  heilige  Grabii*^),  die 
Annenkirche '20j  ^^d  eine  Schrift  über  den  Kreuzweg  i^i)  sind 
ohne  wissenschaftlichen  Werth.  Eine  Bemerkung  Gildemei- 
ster's  i22j  ^-eist  nach,  dass  Ghassanidengräber  nur  in  Folge  davon 
bei  Jerusalem  gesucht  wurden ,  dass  Joseph  v.  Hammer  einige 
arabische  Verse  falsch  übersetzt  hat.  Über  die  Art  der  Auffindung 
der    grossen    Siloainschrift  ^23j  j^^t   Referent    nach    Schick'sI^s) 

115)  C.  W.  Wilson,  The  masom-y  of  the  Haram  wall:  Statements  1880, 
p.  9—65  (mit  9  Plänen);  vgl.  auch  p.  195— 19G. 

116)  Warren,  Notes  on  Colonel  Wilson's  paper  on  the  masonry  of  the 
Haram  wall:  Statements  1880  p.  159—166. 

117)  Conder,  Notes  on  colonel  Wilson's  paper  on  the  masonry  of  the 
Haram  wall:  Statements  1880  p.  91—97. 

118)  S.  Bcswick,  The  placed  called  Bethso  :  Statements  1880  p.  108—109. 

1 19)  Gatt,  Zur  wahren  ursprünglichen  Form  des  h.  Grabes  unseresHerrn  : 
Das  heilige  Land  1880  (VI)  p.  193-201.  (Vgl.  Jahresber.  ZDPV.  3,  Nr.  HO 
p.  78). 

120)  Laurent  de  Saint-Agnan ,  Die  St.  Anna  Kirche  in  Jerusalem:  Das 
heilige  Land  1880  flV.)  p.  111—118. 

121)  Der  heilige  Kreuzweg  zu  Jerusalem  und  die  Kreuzweg-Andacht. 
Von  einem  Priester  der  Erzdiöcese  Köln.  Nebst  einem  Anhang  von  fünf 
Kreuzweg-Andachten.  Mit  einem  Titelbilde  (Ansicht  von  Jerusalem)  und 
i:«  Illustrationen.  Köln  (H.  Theissing)  1880.  60  Pf.  Ich  kenne  diese  Schrift 
bloss  aus  Das  heilige  Land  ISSO  (III)  p.  99  (IVj  p.  131. 

122j  J.  Gildemeister,  Ghassanidengräber  vor  Jeru.salem :  ZDPV.  3, 
j).  176 — 177. 

123;  A.  Socin,  Eine  neue  Entdeckung  in  Jerusalem:  ZDPV.  3  p.  54—55. 
—  Vgl.  C.  Schick,  Pliocnician  inscrij)tiün  in  tlie  pool  of  Siloam :  Statements 
18S0p.  238—239. 


149 


Briefen  Mittheihmg  gemacht ;  leider  ist  das  Denkmal  nicht  un- 
versehrt. 

Zur  Geographie  des  südlichen  Palästina  hat  unsere  Zeitschrift 
einige  hervorragende  neue  Beiträge  gebracht.  Als  solche  sind 
zu  bezeichnen  der  hübsche  Plan  von  Jafa  und  Umgebung '24j  . 
Schick's  Erforschung  der  Klöster  der  Wüste  Juda  (mit  Karte) , 
bearbeitet  von  Marti  i25j  ^nd  ergänzt  von  Furrer  i^cj;  Schick's 
interessante  Aufnahme  des  Frankenberges  ^27j ,  Als  den  Berg, 
gegen  welchen  hin  der  Sündenbock  gejagt  wurde,  bezeichnet 
Schick  gegen  Conder's  Muntär  den  Tantür  Hiuledün  i28j  _ 
Grätz  i29j  yr[\\  uns  plausibel  machen,  erstlich,  das  neutestament- 
liche  Nazareth  stehe  nach  dem  jerusalemischen  Talmud  an  der 
Stelle  des  galiläischen  Bethlehem  im  Stamme  Zabulon  (Jos. 
XIX,  15);  Migdal  Nunja  des  Talmud  soll  Magdala  und  Tarichäa 
entsprechen,  Äligdal  Gadara  oder  »Migdal  Zabaja«  bei  den  heissen 
Bädern  von  ?7ikes  zu  suchen  sein.  Ein  Aufsatz  von  Fritsche  ^^oj 
ist  wohl  ganz  populär;  eine  Notiz  über  die  Lage  von  Ziklag  kenne 
ich  bloss  dem  Titel  nach  i3i).  Eher  als  diese  drei  letzterwähnten 
Versuche  verdienen  die  Artikel  Kapernaum  und  Jericho,  verfasst 
von  Fr.  W.  Schultz  ^32)^  einige  Beachtung;  der  Jakobsbrunnen, 
über  welchen  ausserdem   eine  Brochüre  von  King^^sj   vorliegt, 

124)  Jafia  und  Umgebung.  Erläuterung  zu  Tafel  III.  von  Cand.  th. 
G.  Schwarz  in  Jafa:  ZDPV.  3,  p.  44—51. 

125)  Mittheilungen  von  Baurath  C.  Schick  in  Jerusalem  über  die  alten 
Lauren  und  Klöster  in  der  Wüste  Juda.  (Mit  1  Karte  und  2  Plänen).  Be- 
arbeitet von  Lic.  Karl  Marti,  Pfarrer  in  Buus  (Baselland! :  ZDPV.  3,  p.  1—43. 

120;  K.  Furrer,  Nachtrag  zu  Baurath  Schick's  »Die  alten  Lauren  und 
Klöster  in  der  Wüste  Juda.«  ZDPV.  3,  p.  234—236. 

127)  C.  Schick,  Der  Frankenberg.    Mit  2  Tafeln  :  ZDPV.  3,  p.  88—99. 

128)  C.  Schick,  In  welche  Gegend  der  Wüste  wurde  der  Sündenbock  ge- 
führt: ZDPV.  3,  p.  214—219. 

129)  H.  Grätz,  Notizen  zur  Topographie  Palästina'»:  Monatsschrift  für 
Geschichte  u.  Wiss.  d.  Judenthums  (29)  1880  p.  481—495. 

130)  K.  Fritsche,  Mar  Saba  in  der  Wüste  Juda:  Wiener  Abendpost  1879 
Nr.  223  fg.  (Petermann's  Mitth.). 

131)  Die  geographische  Lage  von  Ziklag  in:  Jüdisches  Literaturblatt 
1880,  Nr.  21  und  22. 

132)  Fr.  W.  Schultz,  Jericho  in  Herzog  und  Plitt ,  Keal-Encyclopädie 
6.  Bd.  1880  p.  532;  Kapernaum  ebd.  7.  Bd.,  p.  500. 

133)  J.  King,  Jacob's  well,  the  history  and  present  apparence  of  the  pa- 
triarch's  well.  6d.    (Umschlag  des  Statements  1880). 


150 

und  der  Hermon  sind  von  Euetschi  ^^*) ,  Eama  und  Raphidim 
von  Mühlau  i35j  behandelt  worden.  Eine  Geschichte  und  Be- 
schreibung des  KaiTQelklosters  und  seiner  Umgebungen  ^5^)  hat 
das  heilige  Land  gebracht.  Sayce^^tj  yy{\\  dg^  Namen  Beth-El 
in  den  assyrischen  Denkmälern  gefunden  haben. 

Aus  den  neuen  Identilicationen  der  Engländer  ist  nur  weni- 
ges brauchbare  hervorzuheben.  In  der  Controverse  betreffs  der 
Lage  von  Gath^^sj  müssen  Mir  ausuahmsAveise  Conder  beistim- 
men, welcher  erklärt,  dass  man  nichts  Sicheres  wisse.  Noch 
kühner  übrigens,  als  Coxder139)14oj^  argumentirt  Birch  i^i— i^^j  in 
seinen  zahlreichen  Aufsätzen ;  seine  Erklärung  des  Para  als  Wädi 
Färä  i48j  Jer.  XIII ,  ist  weder  neu ,  noch  richtig  und  seine  Lu- 
cubration  über  Eachel's  Grab  ^49)  äusserst  seltsam.  Auch  die 
Versuche  von  Saunder's^^o]  fördern  die  Lösung  der  bezüglichen 
Streitfragen  nicht,  obwohl  er  nach  unserer  XJberzeugung  Conder 

134)  Rüetschi,  Hermon:  Realencyclopädie  6.  B.  p.  45;  Jakobsbrunnen 
p.  460. 

135)  Mühlau,  Rama:  Riehm ,  Handwörterbuch  des  bibl.  Alterthums 
1880  p.  1264;  Raphidim  ebd.  p.  1266. 

136;  Der  Berg  Carmel.  Beschreibung  und  Geschichte  seines  Heiligthunis 
von  P.  Augustin,  Religiöse  auf  dem  Berge  Carmel :  Das  heilige  Land  ISüO 
(in)  p.  83—88,  (IV)  p.  105—111,  (V)  p.  137—146. 

137)  A.  H.  Sayce,  Resen  and  Beth-El  in  the  Assyrian  inscriptions.  Letter : 
Academy  1.  Mai  1880  p.  324. 

138)  The  Site  of  Gath  :  Athenaeum  7.  Aug.  1880  p.  179;  Statements  1880 
p.  170—171  ;   211  —  223. 

139)  C.  Conder,  New  Identifications  :  Statements  1880  p.  230—231. 

140)  Conder,  Notes  on  disputed  points :  Statements  1880  p.  172 — 174. 

141)  F.W.  Birch,  The  golden  calfatBethel :  Statements  1880  p.  103— 104. 

142)  \V.  F.  Birch:  The  nameless  city :  Statements  1880  p.  104-106. 

143)  W.  F.  Birch,  The  rock  of  Rimmon  or  the  pomegranate:  Statements 
1880  p.  106—107.    (Vgl.  Jahresbericht  ZDPV.  3,  Nr.  122  p.  79.) 

144)  W.  F.  Birch,  Gebim :  Statements  1880  p.  108. 

145)  W.  F.  Birch,  The  rock  Rimmon  and  Gibeah :  Statements  1880 
p.  230—237. 

146)  W.  F.  Birch,  Zelzah  :  Statements  1880  p.  239. 

147)  W.  F.  Birch,  The  nameless  city:  Statements  1880  p.  240. 

148)  W.  F.  Birch,  Hiding  places  in  Canaan.  I.  Jeremiah's  girdle  and 
Farah:  Statements  1880  p.  235—236. 

149,  AV.  F.  Birch,  Rachel's  sepulture :  Statements  1880  p.  241. 
150'  Trelawnay  Saunders,  On  the  river  Kanah ,  the  boundary  between 
Ephraim  and  Manasseh:  Statements  1880  p.  224 — 228. 


151 

gegenüber  Recht  hat.  Avenn  er  Meggido  "wieder  an  seine  alte  Stelle 
hinaufrückt '^ij. 

Nach  diesen  wenig  besagenden  Miniitien  bleibt  uns  noch 
übrig,  hier  die  Vollendung  des  grossen  GuEKiNschen  Palästina- 
werkes *^2;  mit  Freude  zu  begrüssen.  Viele  Leser  werden  wohl 
bereits  in  Guerin's  dreibändiges  Werk  über  Judäa ,  oder  seine 
zweibändige  Geographie  von  Samarien  wenigstens  einen  Blick 
geworfen  haben .  so  dass  es  unnöthig  erscheint .  über  die  Anlage 
dieses  dritten  Theiles ,  dessen  Ausarbeitung  erst  auf  eine  noch- 
malige Reise  hin  erfolgte,  hier  zu  reden.  Bis  zu  dem  in  Aussicht 
gestellten  Erscheinen  der  Memoirs  der  Engländer  wird  Guerin's 
fleissige  Arbeit  als  die  zuverlässigste  Beschreibung  des  Cisjordan- 
landes  massgebend  bleiben.  Seine  Distanzangaben,  sowie  die 
genauen  Berichte  über  den  Befund  der  antiquarischen  Reste 
beinahe  aller  Ortschaften  sind  äusserst  werthvoll;  auch  ist  das 
ältere  historische  Material  bei  jedem  einzelnen  Artikel  sorgsam 
angeführt,  und  Avir  wollen  mit  dem  Verfasser  nicht  darüber  rech- 
ten, dass  er  den  confessionellen  Standpunkt  oft  etwas  stark  her- 
vorkehrt. Seine  Karten  freilich  sind  nun  durch  die  Arbeiten  der 
Engländer  entschieden  überholt. 

Zum  Ostjordanland  übergehend,  haben  wir  auf  einen  popu- 
lären Aufsatz  von  Klöden  ^'^^i  ,  sowie  auf  eine  nicht  uninteressante 
Notiz  von  EgliIsij  zu  verAveisen.  Nach  letzterer  beträgt  das 
Areal  des  todten  Meeres  915, 1  IH  Kil.  ;  das  des  See's  \'on  Tiberias 
170,7  D  Kil.  die  Oberfläche  des  IJodensees  539,14  D  Kil.  .  Eine 
willkommene  Bereicherung  hat  unsere  Kenntniss  des  galiläischen 
Meeres  durch  den  französischen  Natiirforscher  Lortet  ^''^j  erhal- 

151)  The  Site  of  Megiddo:  Statements  1880  p.  223—224. 

152)  M.  V.  Guerin,  Description  geographique ,  historique  et  archeolo- 
gique  de  la  Palestine,  accompagnee  de  cartes  detaillees.  Troisicme  partie. 
Galilee.  Tome  1  Paris,  Impr.  nat.)  ISSO.  53(i  pp.  S.  Tome  2  ibid.  56.{  pp. 
8.  —  Rec.von  Guthe  in  LCß.  ll.Dec.  1880,  Sp.  1G94;  von  H.  Hignard  in  Li- 
terarische Kundschau  1881.  6.  (Schürer's  ThLZ.);  Revue  des  questions  histo- 
riques  Juli  ISSO ;  von  Rey  in  Bulletin  de  la  societe  de  geographie  1 880  p.  366  ; 
vgl.  Revue  critique  29.  März  1880  p.  202. 

153  G.  A.  V.  Klöden,  Das  todte  Meer:  Aus  allen  Welttheilen  XI,  Nr.  1, 
p.  1 — 3  (Petermann's  Mitth.) 

154,  Egli,  Areal  der  grossen  Jordan-Seen:  Zeitschrift  für  wissenschaft- 
liche Geographie  I  (Lahr  ISSO)  p.  183. 

155)  Lortet,  Dragages  profonds  executes  dans  le  lac  de  Tiberiade  en  mai 


152 


ten.  Derselbe  bestimmt  die  Niveauhöhe  dieses  See's  auf  2 1 2  M . 
unter  dem  Mittelmeere;  die  grösste  Tiefe  (250m.)  fand  er  im 
nördlichen  Theile.  Das  galiläische  Wasserbecken  hat  sicher  einst 
in  Zusammenhang  mit  dem  Mittelmeere  gestanden  und  ist  bloss 
durch  die  sich  darein  ergiessenden  Wassermassen  entsalzt  worden. 
Seine  Thierfauna  (Fische  und  Mollusken),  unter  denen  Lortet 
einige  neue  Species  entdeckt  hat.  ist  sehr  eigenthümlich. 

Die  Karte  des  Ostjordanlandes  nach  den  Vermessungen  der 
Amerikanischen  Palästina-Gesellschaft  scheint  nicht  veröffent- 
licht Averden  zu  sollen.  Nachdem  die  Mitglieder  der  englischen 
Gesellschaft  bereits  aufgefordert -worden  waren,  auf  dieselbe  zu 
subscribiren,  kam  unerwartet  der  Bericht,  es  werde  von  der  Pub- 
lication  Umgang  genommen,  da  die  Resultate  der  Ausmessungen 
nicht  bedeutend  genug  seien  i^^) .  Bald  darauf  beschloss  der  eng- 
lische Exploration  Fund ,  die  Vermessung  des  transjordanischen 
Landes  nun  seinerseits  in  die  Hand  zu  nehmen.  Laut  Privat- 
nachrichten haben  wir  jedoch  demnächst  das  Erscheinen  einer 
grösseren  Beschreibung  der  amerikanischen  Expeditionen  im  Ost- 
jordanlande zu  erwarten.  Die  Photographien ,  Avelche  während 
derselben  aufgenommen  wurden ,  verdienen  ganz  besonders  her- 
vorgehoben zu  werden ;  so  viel  ich  weiss ,  erhalten  wir  hier  zum 
erstenmal  Bilder  von  Jiosra,  Kanawät,  'Atil,  Musmije,  Maschita, 
Petra;  Dscherasch,  'Amman,  Ilesbän,  'Aräk  el-emir waren  be- 
reits früher  von  den  Engländern  aufgenommen  worden ,  jedoch 
nicht  so  schön,  wie  von  den  Amerikanern. 

Ausser  Mühlau's  Artikel  über  Rabba  in  Riehm's  Handwör- 
terbuch haben  Avir  noch  die  Ergebnisse  von  Oliphants  i^'')  Reise 
vorzTiführen.  Dieselbe  ging  von  Sidon  aus  über  Bänijäs  nach 
Dschedür  und  Dschölän,  dann  gegen  den  Yarmük  hinunter;  in- 
teressant ist  die  beigegebene  Abbildung  der  Yarmük-Schlucht 
von  »Tel-Ascherah«  aus.  Der  Reisende  fand,  Avie  bereits  früher 
Wetzstein,  in  jenen  Gegenden  zahlreiche  Troglodytenstädte,  von 
denen  manche  (wie  »Rahab,  lieloola«)  noch  näher  zu  untersuchen 
wären.  Dank  der  Energie  eines  tüchtigen  Kaimmakäm's  Avar 
Avährend  seiner  AnAvesenheit  im  Dschebel  'Adschhin  die  Sicher- 

1S80:    Comptes  rendus  hebdomadaires  des  seances  de  racademie  des  sciences. 
Tome  XCI.    Paris  1880,  p.  500—502. 

150)    Vergl.  Statements  1S'^()  j).  4  ;    71  ;  vgl.  jedoch  p.  73  ;  \'2b  ;  171  —  172. 

157;  ülipatith  ;  siehe  oben  Nr.  47. 


153 

heit  recht  befriedigend.  In  'Amman  scheinen  dort  angesiedelte 
Circassier  die  schönen  Ruinen  bedeutend  zu  beschädigen.  Von 
Salt  aus  drang  der  kühne  Reisende  ostwärts  bis  zu  Kai  at  Zerka  an 
der  Hadschstrasse  vor. 

Die  neuen  Untersuchungen,  welche  Guerik  ^^^]  in  Tyrus  an- 
gestellt hat ,  drehen  sich  besonders  um  die  Existenz  eines  Dam- 
mes, welcher  von  dem  SW. -Punkte  der  Insel  gegen  Ras  el-abjad 
hinlaufen  soll.  Ein  französischer  Militärschriftsteller  ^^9)  hat  von 
seinem  Standpunkte  aus  eine  fesselnde  Schilderung  der  Belage- 
rung von  Tyrus  durch  Alexander  geliefert,  indem  er  moderne 
Belagerungen ,  wie  die  von  Sebastopol  zur  Vergleichung  heran- 
zieht. Bei  den  Dörfern  Chureibe  und  Kana  östlich  von  Tyrus  hat 
LoRTET^ßo,  einen  Fundort  von  vorgeschichtlichen  Alterthümern 
und  dabei  rohe  Figuren  entdeckt.  ]3eim  Damür  im  Gebirge  oben 
giebt  es  nach  Thomson  i*^!)  einen  Schlund  des  Wadi  Fazür ,  der 
aussieht,  als  ob  er  durch  einen  früher  hier  vorhandenen  Gletscher 
auspolirt  w'äre.  Über  die  Maroniten  hat  Zschokke  ^^2,  _  über 
»Coelesyrien«  MessedagliaI*^^)  geschrieben.  Sehr  hübsch  ist  die 
Reisebeschreibung  des  genannten  Lortet  i^*) ,  obwohl  sie  xms 
bloss  von  Alexandrette  bis  nach  Beirut  führt.  Die  ihr  beige- 
gebenen Abbildiuigen  sind  vortrefflich ,  und  aus  denselben  wie- 
derum die  kräftig  gezeichneten  Typen  von  Eingeborenen  (p.  167, 
172.   177,  184,    1S9,    292;  hervorzuheben.     Diese  Reise  liegt  nun 

158)  V.  Guerin,  Sur  la  topographie  de  l'ancienTyr. :  Comptes  rendus  des 
seances  de  l'academie  des  inscriptions  et  heiles  lettres  1879  p.  133 — 137. 

159)  Jurien  de  la  Graviere  (vice-admiral) ,  Le  drame  macedonien  III.  Le 
siege  de  Tyr:  Revue  des  deux  mondes  15.  Nov.  1880  (Tome  42   p.  394—412. 

160)  Lortet,  Sur  une  nouvelle  Station  de  Tage  de  la  pierre  ä  Hanaoueh 
pres  de  Tyr  ^Syrie) :  Comptes  rendus  hebdomadaires  des  seances  de  l'academie 
des  Sciences.  Tome  XCI,  Paris  1880,  p.  397 — 398.  —  In's  Englische  übersetzt: 
Lortet,  A  Station  of  the  age  of  stone  near  Tyre  :  Statements  1880  p.  198 — 200. 

161)  Rev.  W.  M.  Thomson,  Traces  of  glacial  action  on  the  flank  of  Mt. 
Lebanon  :  Journal  of  the  American  Oriental  Society  vol.  10.  New  llaven  1880 
p.  185— ISS. 

162)  H.  Zschokke,  Die  Maroniten  am  Libanon :  AViencr  Abendpost 
22.  März  1880  fg.    (Petermann's  Mitth.). 

163)  G.  Messedaglia,  La  Coele  Siria:  L'Esploratore  III.  Nr.  5  und  6.  Mit 
einer  Karte.    (Petermann's  Mitth.). 

164)  La  Syrie  d'aujourd'hui  par  M.  Lortet,  doyen  de  la  faculte  de  medi- 
cine  de  Lyon,  charge  d'une  mission  scientitique  par  M.  le  ministre  de  l'instruc- 
tion  publique  1875 — 1878:  Tour  du  monde  1S80  (l.  sem.)  p.  145 — 192. 


154 

(mit  den  Kupfern)  auch  in  deutscher  Bearbeitung  ^^^)  vor ;  ebenso 
die  früher  erwähnte  von  CAHUN^^ej^  Ein  Artikel  der  Saturday 
Review  enthält  eine  Schilderung  des  aiifbliih  enden  europäischen 
Lebens  in  Beirut  ^^tj  Y)qj-  obengenannte  Militärschriftsteller  hat 
auch  die  Schlacht  bei  Issus  vom  militärischen  Standpunkte  aus 
geschildert  ^ö^j .  In  dem  Buche  von  Cassel  iß'')  bieten  die  Essay's 
über  Palmyra.  den  Libanon,  Antiochien  nichts  Neues. 

In  Bezug  auf  den  Sinai  müssen  wir  nachträglich  bemerken, 
dass  das  in  unserem  letzten  l^erichte  bereits  erwähnte  Buch  eines 
Anonymus  über  die  Wanderung  der  Israeliten  *^o)^  nach  den  Re- 
censionen  zu  urtheilen ,  ohne  Werth  ist.  Ganz  anderer  Art  ist 
das  Buch  von  Spencer  Palmer  i^i),  welches  wir  ebenfalls  schon 
das  letztemal  (leider  ungenau)  angeführt  haben.  Dasselbe  enthält 
in  engem  Rahmen  aber  mit  Beigabe  von  guten  Illustrationen 
einen  Auszug  aus  dem  grossen  Sinai-Survey,  welcher  im  J.  1872 
in  fünf  Folio-Bänden  (1.  IJand  Text.  2 — 4.  Bd.  Photographien. 
5.  Band  Karten  und  Pläne)  erschienen  ist  und  welcher  bei  uns 
nur  wenigen  zu  Gebote  steht  (Referent  hat  ihn  von  der  Münche- 
ner Bibliothek  einmal  geliehen  bekommen).  Kap.  1  der  vorlie- 
genden Bearbeitung  enthält  die  Beschreibung  der  Gegend.  Wir 
werden  dem  Verfasser  freilich  nicht  soweit  folgen  können,  anzu- 
nehmen, dass  in  einzelnen  Ortsnamen  noch  ächte  Erinnerungen 
an  den  Exodus  vorhanden  sind.    Kap.  2  schildert  das  Klima,  be- 

165)  Das  heutige  Syrien.  (Nach  dem  Französischen  des  M.  Lortet) :  Glo- 
bus XXXVIII  (1880)  p.  97— 102  ;   113—118;  128—135;   145— 149  ;  161— 165. 

1G6,  Die  Nosairier  (Nach  dem  Französischen  des  Reisenden  L6on  Cahun) : 
Globus  XXXVII  (1880;  p.  305—312;  321-32(1;  337—343.  Vgl.  Jahresbericht 
ZDPV.  3,  Nr.  148  (p.  84). 

167)  BejTout:  The  Saturday  Review  11.  Sept.  1880  p.  329—330. 

168)  Jurien  de  la  Graviere,  Le  drame  macedonien  II.  La  bataille  d'Issus  : 
Revue  des  deux  mondes  15.  Oct.  1880,  p.  783 — 801. 

169)  Paulus  Cassel,  Vom  Nil  zum  Ganges.  Wanderungen  in  die  orien- 
talische Welt.    Berlin  (Hoffraann  &  Comp.)    1880.    VI,  372  pp.    8. 

170]  Jahresbericht  ZDPV.  3,  Nr.  152  (p.  84).  The  hebrew  migration  from 
Egypt.  London  Trübner;  1879.  XT.  440  pp.  8.  Mit  1  lithog.  Karte,  sh.  16. 
—  Rec.  von  Baudissin  in  Schürer'.s  ThLZ.  26.  März  1881  Sp.  153;  in  Academy 
24.  Januar  1880  p.  63;  von  Gort  in  Theol.  Tijdschrift,  Mai  1880,  p.  364. 

171)  Vergl.  Jahresbericht  ZDPV.  3,  Nr.  153  (p.  84).  Ancient  history  frora 
thc  monuments.  Sinai:  From  the  fourth  eo:yptian  dynasty  to  the  present  day. 
By  Henry  Spencer  Palmer.  London  (Society  for  promoting  Christian  know- 
ledgej  o.  D.    (Vorrede  von  1.  März  1878  dat.;  VIII,  216  pp.    8. 


155 


sonders  auch  die  Vegetation  (p.  37 — 42]  und  giebt  eine  drastische 
Beschreibung  von  der  Wirkung  der  »seil's«  (plötzlichen  Wasser- 
bäche). Kap.  3  enthält  die  Zoologie  (p.  43 — 57).  Sehr  hübsch 
ist  Kap.  4,  welches  von  den  Beduinenstämmen  des  Sinai  handelt. 
Am  schwächsten  erscheinen  uns  die  letzten  Kapitel ,  welche  die 
Geschichte  des  Sinai  behandeln,  besonders  Kap.  7,  in  welchem 
sich  der  Verfasser  für  Dschebel  Sufsäfe  als  Schauplatz  der  üfFen- 
barungsgeschichte  entscheidet.  —  Das  Buch  von  Adams i'2)  über 
die  Gegend  des  Sinai  und  den  Artikel  von  Duby  i'^)  habe  ich 
nicht  zu  Gesicht  bekommen ,  ebensowenig  das  nur  in  wenig 
Exemplaren  gedruckte  Buch  des  österreichischen  Erzherzogs 
Ludwig  Salvator ^^4) .  Der  Bericht,  welchen  C.  von  Scherzer 
von  letzterem  Werke  gegeben  hat,  lässt  sehr  bedauern,  dass  diese 
Arbeit  mit  ihren  lebendigen  Schilderungen  dem  grösseren  Publi- 
kum nicht  zugänglich  gemacht  worden  ist. 

In  Bezug  auf  den  Schauplatz  des  Durchzuges  durch  das 
Schilfmeer  sind  die  Ansichten  immer  noch  getheilt.  Während 
SayceI^^)  früher  ein  Gegner  der  Brugschischen  Theorie,  nach 
Avelcher  die  Israeliten  durch  den  Sirbonis-See  gezogen  wären, 
sich  nun,  nachdem  er  die  Ortlichkeit  in  Augenschein  genommen 
hat,  für  dieselbe  ausspricht,  verwirft  sie  Chester  i'6)  nach  reif- 
licher Überlegung.  Letzterer  Gelehrte  nämlich  bereiste  im  Auf- 
trage, die  biblischen  Alterthümer  von  Unter-Egypten  zu  prüfen, 
die  Gegend  von  Heliopolis,  »Tel  el-Yahoudeh« ,  Tel-Basta,  Tel- 
Faküs  und  ging  von  San  über  Tel-Daphneh  nach  el-Arisch.  — 
Miss  Edwards  1^^)  plaidirt  dafür,  dass  »Tel-el-Maskhuta«  oder 
»Masroota«  mit  dem  biblischen  Raamses  zu  identificiren  sei. 

172)  W.H.Adams,  Mount  Sinai,  Petra  and  the  Desert.  London  (Nelson) 
1879.    161  pp.    12.    sh.  2.    .Petermann's  Mitlh.;. 

173)  E.  Duby,  Le  Sinai':  Kevue  theologique  October  18SÜ  p.  374—396. 

174)  (Erzherzog  Ludwig  Salvator) ,  Die  Karawanenstrasse  von  Egypten 
nach  Syrien.  Prag  H.  Mercy)  1880.  —  Angez.  von  Carl  von  Scherzer  in 
Oesterr.  Monatsschrift  f.  d.  Orient  15.  Sept.  l^hU  p.  141—146. 

175y  A.  H.Sayce,  BrugschBey's  theoryof  the  Exodus :  Academy  lü.  April 
1880  p,  270. 

170)  Greville  J.  Chester,  A  journey  to  the  biblical  sites  in  iower  Egypt: 
Statements  IbbO  p.  133  — 158;  vgl.  dazu  auch  Conder,  Topography  of  the 
Exodus:  Statements  1880  p.  231 — 234. 

177)  Amelia  B.  Edwards,  The  site  of  Raamses:  Academy  24.  Aprü  1880 
p.  307—308. 


156 

Schliesslich  mögen  hier  noch  einige  Notizen  über  Nord- 
Arabien  folgen.  Burton  i'^)  hat  eine  nicht  unwichtige  Ergänzung 
zu  seinen' Eeisen  in  Midian  geliefert.  In  Blunt's^'^ö)  Eeisebe- 
schreibung  ist  besonderß  auch  die  Schilderung  der  Nufiid ,  der 
Wüste  mit  hufeisenförmigen  Sandwellen,  interessant.  Doughty^^<>) 
hat  mit  grosser  Kühnheit  die  merkwürdigen  Alterthümer  von 
Madäin  Sälih  (Hidjr  bei  Medinaj ,  Avelche  denen  von  Petra  ähneln, 
untersucht  und  ist  dann  in's  Nedschd  vorgedrungen.  Hier  sei 
noch  erwähnt,  dass  auch  Soetbeer^^ij  neuerdings  wieder  das 
Goldland  Ophir  in  Arabien  und  zwar  an  den  Grenzen  von  Hi- 
dschäz  und  Jemen  sucht,  woselbst  früher  Goldlager  exploitirt 
Avurden. 

178)  Vgl.  Jahresbericht  ZDPV.  3,  Nr.  159—161  (p.  85:.  R.  F.  Burton, 
Itineraries  of  the  second  Khedivial  e.xpedition  :  Memoir  explaining  of  the  new 
map  of  Midian  made  by  the  Egyptian  Staff-officiers.  (With  map):  Journal  of 
the  Roy.  Geogr.  Society  1879  (vol.  49)  p.  1—150. 

179i  W.  S.  Blunt,  A  visit  to  Jebel  Shammar  (Nejd),  new  routes  through 
northern  and  central  Arabia:  Proceedings  of  the  R.  Geogr.  Society  1880,  2. 
p.  81—102,  mit  2  Karten.  (Petermann's  Mitth.)  vgl.  Blunt:  Globus  XXXVII 
(1880)  p.  32;  251—254. 

180)  Doughty's  Forschungen  im  nördlichen  Arabien.  Von  A.  Sprenger: 
Globus  XXXVIl'(1880)  p.  201—203. 

181)  Dr.  A.  Soetbeer,  Das  Goldland  Ofir.  Eine  wirthschaftsgeschicht- 
liche  Untersuchung.  (Separat-Abdruck  aus  der  Vierteljahrsschrift  für  Volks- 
wirthschaft,  Politik  und  Kulturgeschichte  Jahrgang  XVII,  Bd.  IV)  Berlin 
iHerbig)  1880.  OS  pp.  S.  —  Rec.  von  H.  Schultz  in  Schürer's  ThLZ.  29.  Jan. 
ISSl,  Sj).  49. 


Die  Besitzungen  des  Jolianniterordens 

in 

Palästina  und  Syrien. 

Von 

Professor  Dr.  Hans  Prutz  in  Königsberg. 

(Hierzu  Tafel  5.) 

Als  die  Kreiizfahrer  1099  Jerusalem  eroberten,  fanden  sie 
dort  eine  etwa  dreissig  Jahre  alte  christliche  Stiftung  vor,  welche, 
ursprünglich  auf  einen  ziemlich  eng  begrenzten  AVirkungskreis 
berechnet,  bald  eine  weitreichende  Bedeutung  erlangte  und  der 
Ausgangspunkt  für  den  zu  einer  so  grossen  geschichtlichen  Rolle 
berufenen  Orden  der  Hospitaliter  oder  —  wie  man  sie  nachmals 
gewöhnlich  nannte  —  der  Johanniter  wurde. 

Ein  Bürger  von  Amalfi,  welches  damals  in  dem  Handels- 
verkehr zwischen  Morgen-  und  Abendland  eine  besonders  be- 
deutende Stellung  einnahm,  Pantaleon  Mauro,  hatte  nicht 
bloss  in  Antiochien,  dem  Centrum  des  nordsyrischen  Han- 
dels, ein  Hospital  zur  Aufnahme  christlicher  Kaufleute  und  Pil- 
ger errichtet,  sondern  auch  durch  seine  einflussreiche  Verbindung 
an  dem  ägyptischen  Hof  den  Chalifen  Mustansir-billäh  bestimmt, 
ihm  in  dem  1064  abgegrenzten  Christenviertel  der  Heiligen  Stadt 
selbst  einen  geräumigen  Bauplatz  zu  überlassen  ') .  Dort  baute 
Mauro  das  Kloster  S.  Maria  Latina^),  in  welchem  ausserdem  die 
nach  Jerusalem  wallfahrenden  Amalfitaner  Aufnahme  finden 
sollten.  Bald  entstand  daneben  ein  auch  zur  Pierberge  für  Pil- 
gerinnen bestimmtes  Nonnenkloster,  das  der  H.  Maria  Magdalena 
geweiht  war.  Beide  Klöster  mit  den  zugehörigen  Hospitälern 
fand  Erzbischof  Johannes  von  Amalfi,  als  er  lOSO  Jerusalem 

1)  J.  Heyd,  Geschichte  des  Levantehandels  im  Mittelalter  I,  115 — II". 

2)  Marino  Sanuto  b.  Bongars,  Gesta  Dei  per  Francos  178. 


158 


besuchte,  dort  schon  vor  ') .  Beide  Anstalten  müssen  schnell  ge- 
wachsen sein;  auch  haben  sie  ihre  Thätigkeit  nicht  auf  Ange- 
hörige von  Amalfi  beschränkt,  sondern  allen  römisch-katholi- 
schen Pilgern  nach  Kräften  Hilfe  gewährt.  Das  beweisen  die 
Schenkungen,  welche  dem  Hospital  schon  1083 — 85  in  Südfrank- 
reich zugewandt  wurden  und  für  deren  Entgegennahme  wir  einen 
besonderen  Bevollmächtigten  des  Hospitals  bestellt  finden  2) .  Die 
Errichtung  eines  christlichen  Reiches  in  Jerusalem  durch  den 
ersten  Kreuzzug,  der  massenhafte  Zustrom  von  Wall-  und  Kreuz- 
fahrern aus  allen  Theilen  des  Abendlandes  und  die  Anforderun- 
gen, welche  der  fast  ununterbrochen  andauernde  Krieg  gegen  die 
Ungläubigen  mit  sich  brachte,  Hessen  den  Werth  der  amalfitani- 
schen  Gründung  doppelt  erkennen  und  führten  bald  zur  Nach- 
ahmung derselben.  So  entstand  unmittelbar  neben  jenen  beiden 
älteren  Hospitälern  und  ihren  Kirchen  eine  zu  ganz  gleichem 
Zweck  bestimmte  Anstalt,  die  ihren  anfänglichen  Schutzheiligen, 
Johannes  den  Barmherzigen  von  Alexandrien,  bald  mit  dem  be- 
kannteren Johannes  dem  Täufer  vertauschte.  Als  erster  Vorsteher 
und  vermuthlich  auch  Stifter  der  neuen  Genossenschaft,  deren 
Angehörige  das  Gelübde  der  Armuth  und  der  Krankenpflege  ab- 
legten, erscheint  ein  gewisser  Gerhard  (1113)3),  von  dessen 
Herkunft  uns  nichts  Näheres  bekannt  ist-*'.  Mit  ihm  hatten  zu- 
nächst, so  heisst  es ,  neun  Jünglinge  edler  Abkunft  das  Gelübde 
geleistet.  Einer  von  diesen,  Kaimund  von  Puy,  wurde  der  zweite 
Vorsteher  der  neuen  Genossenschaft;  er  war  es,  der  ihr  den  Cha- 
rakter als  llitterorden  gab,  indem  er  den  älteren  Verpflichtungen 
die  zum  Schutze  der  Pilger  hinzufügte  und  so  die  Wendung  her- 
beiführte, in  Folge  deren  der  vornehmste  Zweck  des  Ordens  all- 
mählich der  Kampf  gegen  die  Ungläubigen  wurde.  In  viel 
höherem  Grade  aber  als  der  Anstalten  zur  Krankenpflege  und  zur 
Beherbergung  der  Pilger  bedurfte  der  junge  christliche  Staat, 
der  auf  so  unsicheren  Grundlagen  errichtet  war,   damals  einer 

1)  Ughelli,  Ital.  sacra  VII,  198. 

2)  S.  Bibliotheque  de  l'ecole  des  chartes  5«  Serie,  tom.  5,  p.  552  fF. 

3)  L.  Paoli,  Cod.  dipl.  sacr.  müit.  oidinis  s.  Joh.  I,  2GS  in  einer  Urkunde 
P.  Paschalis  II  (Gerardo  institutori  .  .  .  ecclesiam ,  quam  instituisti);  ebenso 
in  einer  Urk.  Calixt  II.  von  1120  ibid.  269. 

4)  Was  Falkenstein,  Gesch.  des  Joh.  Ordens  p.  7  über  Gerhard  sagt,  ent- 
behrt der  liegründung. 


159 

alle  Zeit  AvafFenbereiteii  und  schlagfertigen  Mannschaft,  ntn  sich 
gegen  den  von  Jahr  zu  Jahr  erstarkenden  Ansturm  der  über  un- 
erschöpfliche Mittel  verfügenden  Gegner  zu  behaupten.  Unter 
solchen  Umständen  war  es  natürlich .  dass  der  Orden  in  der  Er- 
füllung seines  doppelten  Berxifes  durch  Zuwendungen  aller  Art 
gefördert  wurde ,  indem  Fürsten  und  Edle .  Einheimische  und 
Fremde,  Geistliche  und  Weltliche  ihn  mit  Ländereien,  Gütern, 
nutzbaren  Grundstücken  und  ertragreichen  Rechten  aller  Art 
förmlich  überschütteten.  So  ist  der  Johanniterorden  in  verhält- 
nissmässig  kurzer  Zeit  nicht  bloss  zu  walu-haft  fürstlichem  Eeich- 
thum  gekommen,  sondern  er  ist  der  grösste  Grundbesitzer  Palä- 
stinas geworden  und  hat  als  solcher  vermöge  seiner  kirchlichen 
und  politischen  Sonderstellung  eine  fast  unabhängige  und  höchst 
einflussreiche  Stellung  eingenommen. 

Von  den  Urkunden ,   die  sich  auf  diesen  reichen  Besitz  des 
Johanniterordens  beziehen .   ist  ein  beträchtlicher  Theil  mit  dem 
Archive  des  Ordens  erst  nach  Rhodos  und  dann  nach  Malta  ge- 
kommen und  so  der  Vernichtung  entzogen  worden ,   welcher  die 
a\if  die  palästinischen  Güter  des  Tempelherrenordens  bezüglichen 
Urkunden  leider  ganz  zum  Opfer  gefallen  zu   sein   scheinen  \  . 
Sie  liegen  in  dem  von  Paoli  veröff'entlichten  Codice  diplomatico 
del  sacro  militare  Ordine  Gerosolimitano  Lucca.  1  732,  2  Bde.  fol.) 
gedruckt  vor.    Freilich  genügt  die  Paolische  Arbeit  den  Anforde- 
rungen nur  in  sehr  geringem  Maasse  .   welche  die  moderne  Wis- 
senschaft an  die  Publication  von  Urkunden  zu  stellen  gewöhnt 
ist.    Dennoch  bietet  sie  uns  eine  in  der  Hauptsache  ausreichende 
und  zuverlässige  Grundlage,  um  den  Besitzstand  des  Johanniter- 
ordens in  Palästina  und  Syrien  zu  reconstruiren  und  die  demsel- 
ben angehörigen  Ortschaften  unter  den  heute  noch  vorhandenen 
nachzuweisen.     Das    Interesse,    welches    eine    derartige  Unter- 
suchung für   die  Palästinaforschung  hat ,    liegt  aiif  der  Hand : 
denn  ganz  abgesehen  von  der  Bereicherung,  welche  unsere  histo- 
risch-to})ographischen  Kenntnisse  dadurch   erfahren ,   gewinnen 
wir  von  hieraus  einen  anderweitig  nicht  leicht  zu  beschafl'enden 
Einblick  in  die  Entwickelung  der  Landescultur .  in  die  wirth- 
schaftlichen  und  ethnographischen  ^'erhältnisse ,   Avelche  für  die 

1)  Denn  die  Hofl'nung.  dass  dieselben  sich  ■wenigstens  abschriftlich  bei 
den  Akten  des  Prozesses  der  Templer  im  Vaticanischen  Archiv  befinden 
sollten,  scheint  leider  ungegründet  zu  sein. 

Ztschr.  d.  Pal.-Yer.  IV.  1  j 


160 

weiteren  Schicksale  des  Landes  bis  auf  den  heutigen  Tag  von 
Bedeutung  geblieben  sind. 

Im  Allgemeinen  und  namentlich  in  Betreff  der  von  mir  an- 
gCAvandten  Methode  darf  ich  auf  die  Arbeit  ganz  ähnlicher  Art 
verweisen,  in  der  ich  früher  die  Besitzungen  des  deutschen  Ordens 
im  Heiligen  Lande  behandelt  habe^).  Wie  dort  aber,  so  muss 
ich  auch  hier  ausdrücklich  die  Schwierigkeiten  in  Erinnerung 
bringen,  welche  der  Lösung  der  hier  behandelten  Aufgabe  durch 
die  schlechte  Beschaffenheit  des  die  Hauptquelle  bildenden  iir- 
kundlichen  Materials  erwachsen.  Denn  von  den  zahlreichen  äugen- 
fälligen  und  oft  sehr  argen  Entstellungen  der  in  den  Urkunden 
vorkommenden  Ortsnamen  wird  doch  nur  ein  Theil  auf  Eechnung 
des  Herausgebers,  seiner  Flüchtigkeit  oder  seiner  Unfähigkeit  zu 
lesen  gesetzt  werden  dürfen ;  sehr  viele  Averden  in  den  von  Paoli 
veröffentlichten  Urkunden  wirklich  enthalten  sein  und  wären  da- 
her auch  durch  einen  diplomatisch  genauen  Abdruck  derselben 
nicht  zu  beseitigen.  Von  Anfang  an  haben  die  in  Palästina  ein- 
gebürgerten Abendländer  sich  begreiflicherweise  bestrebt,  die 
ihrem  Gaumen  und  ihrer  Zunge  so  widerstrebenden  arabischen 
Namen  in  eine  ihnen  bequemere  Form  zu  bringen,  sich  dieselben 
mehr  mundgerecht  zu  machen.  Auf  diese  Art  sind  Wandelungen 
vorgekommen ,  die  es  auch  ohne  dazukommende  Schreib-  und 
Lesefehler  zuweilen  sehr  scliwer  machen,  die  zu  Grunde  liegende 
arabische  Form  des  Namens  herauszufinden.  Daher  muss  auf 
diesem  Gebiete  der  Kritik  und  der  Combination  ein  ziemlich 
weiter  Spieh'aum  eingeräumt  Averden  und  in  manchen  Fällen  wird 
nur  durch  ziemlich  stark  scheinende  Emendationen  zu  helfen 
sein.  Willkürlich  aber  und  inconsequent  darf  dabei  natürlich 
nicht  verfahren  werden.  Dazu  liegt  auch  um  so  weniger  Grund 
vor,  als  trotz  der  scheinbaren  Willkür  und  Inconsequenz.  welche 
in  der  abendländischen  Umgestaltung  palästinischer  Ortsnamen 
durch  die  Kreuzfahrer  und  ihre  Nachkommen  offenbar  wird,  bei 
der  vergleichenden  Übersicht  über  ein  grosses  Material  bald  ge- 
wisse Kegeln  oder  wenigstens  häiifig  wiederkehrende  ]3ildungs- 
arten  zu  Tage  treten,  welche  für  viele  Fälle  als  Analogien  heran- 
gezogen und  (himit  als  Leitfaden  praktisch  verwerthet  Averden 

I     Die  15esit/,ungen  des  deutschen  Ordens  im  h.  Lande.    Ein  Beitrag  zur 
Cullurgeschichte  der  Franken  in  Syrien.     Von  Hans  Prutz.    Leipzig  1877. 


161 

können.  Da  die  Gesichtspunkte,  welche  dabei  als  die  maass- 
gebenden  erscheinen ,  auch  anderweitig  verwerthet  und  bei  der 
Bearbeitung  ähnlicher  Aufgaben  nützlich  werden  können,  so 
will  ich  die  wichtigsten  von  den  Erscheinungen  hier  kurz  an- 
führen, die  beider  abendländischen  Umgestaltung  arabischer  Orts- 
namen im  Zeitalter  der  Kreuzzüge  mit  einer  gewissen  E,egel- 
mässigkeit  wiederkehren.  Das  System  derselben  verdanke  ich  in 
der  Hauptsache  meinem  hochverehrten  Freunde  E.  G.  Rey  in 
Paris,  einem  der  besten  Kenner  des  mittelalterlichen  Syrien,  von 
welchem  er  eine  hoffentlich  nicht  mehr  allzu  lange  zu  erwartende 
grosse  Karte  vorbereitet.  Die  von  ihm  dabei  angenommene  Ter- 
minologie entspricht  derjenigen  Quicherat's  in  der  Bearbeitung 
der  französischen  Ortsnamen  ^) .  Danach  wandeln  die  Abend- 
länder arabische  Ortsnamen  ab  durch 

1)  Umstellung  eines  Lautes  (Metathesis)  z.  B.  :  ara- 
bisch Meide  =  fränkisch  Belideh.  [Anm.  d.  Red.  Belideh  kann 
freilich  auch  aus  belede  entstanden  sein,  wovon  Meide  das  Dimi- 
niitivum  ist] . 

2)  Abwerfung  einer  Silbe  am  Anfange  des  AVortes  ( A  p  h  a  e  - 
rese)  :  z.  B.  arab.  abu  senZiti  =  Busenen,  —  ein  Beispiel  zu- 
gleich für  die  oft  vorkommende  Zusammenziehung  zweier  Worte 
in  eins  (Synaeresis) . 

3;  Bildung  eines  ungefähr  gleichklingenden  abendländisch 
formirten  Wortes  (Homophonie)  —  die  weitaus  häufigste  Art 
der  Umformung:  z.  B.  el-Jcfür  =  la  Fornie;  el-dschedeide  =  la 
.Judede;  el-käsimlje  =  la  Cassomie ;  el-bassa  =  la  Basse ;  Embelije 
=  Ambelie;  Buheine  =  Labeyne;  Mehle  =  Meblie. 

4)  Ausstossung  eines  Yocals  (Syncope),  z.  B.  el-waranije 
=  La  Orhanie;  karak  =  le  Krak;  mljamZis  =  Mimas. 

5)  Einschiebung  eines  Vocals  (Epenthese)  z.  B.:  Vglmsta 
=  Boocosta;  bkessln  =  Bequicin;  el-ghabsije  =  la  Gabasie. 

6)  Anfügung  eines  F)uchstabens  oder  einer  Silbe  am  An- 
fange des  Worts  (Prosthese),  z.  B.  kurdäni  =  Recordane. 

7)  Einschiebung  eines  Consonanten  innerhalb  des  Wortes 
(Epenthese),  z.  B.  :  Akrue  =  Ancre,  imd  endlich 

8)  einfache  Übersetzung  des  arabischen  Wortes  in  das 

1)  Quicherat,  Traite  pratique  de  laformation  francaise  des  anciens  noms 
de  lieu.    Paris  1867. 

11* 


162 

französische,  z.  B.  :  el-  ajT(n  =  \es  fontaines,  kal at Jahmür  =  Le 
chastel  rouge  u.  a.  m. 

Diese  Beobachtungen  werden  bei  der  Identiiicirung  mittel- 
alterlicher Namen  mit  heute  noch  vorhandenen  in  den  meisten 
Fällen  auf  das  Richtige  zu  leiten  geeignet  sein;  feste,  in  jedem 
Falle  zutreffende  Regeln  sollen  damit  nicht  gegeben  sein :  über- 
haupt wird  die  Identificirung .  wie  E.  G.  Key  treffend  bemerkt, 
in  vielen  Fällen  leichter  und  sicherer  mit  dem  Ohr  als  mit  dem 
Auge  zu  machen  sein.  — 


I. 

Die  Besitzungen  des  Johanniterordens  in  Palästina  und  Sy- 
rien setzten  sich  zusammen  aus  Grundstücken  —  städtischen 
sowohl  wie  ländlichen,  — Landgütern  (casaliaj,  dazu  gehörigen 
Bauern  'villani  .  Häusern  und  endlich  Renten  und  Rentenerträge 
gewährenden  Rechten 'j.  Wir  beginnen  mit  einer  kurzen  Über- 
sicht über  die  städtischen  Besitzungen  des  Ordens,  die 
mehr  ein  wirthscliaftliches  als  ein  topographisch-historisches  In- 
teresse darbieten. 

Dieselben  bestanden  zunächst  in  Häusern  oder  in  ganzen, 
oft  sehr  umfänglichen  Complexen  von  solchen.  Davon  hatte  der 
Orden  eine  beträchtliche  Anzahl  in  den  Städten  und  Flecken  des 
Heiligen  Landes,  so  ausser  in  Jerusalem  selbst  namentlich  in 
Nabulus,  Jaffa,  Haifa,  Ramie,  Lydda,  Cäsarea,  Accon, 
Tripolis,  Rafine  und  Laodicea.  Dieselben  wurden  ent- 
weder zu  Zwecken  des  Ordens  selbst  benutzt,  was  in  erster  Linie 
gilt  von  den  umfangreichen  und  stattlichen  Ordenshäusern  mit 
ihren  Hospitäleni  inid  Wirthschaftsgebäuden  in  Jerusalem, 
Accon,  Tyrus,  Tripolis.  Rafine  und  Antiochien; 
oder  sie  wurden  vermiethet,  (wie  z.  B.  einige  Häuser  zu  Accon 
an  das  dortige  Cisterzienser-Nonnenkloster  der  H.  Maria  Magda- 
lena für  25  Byzantiner  (=  190  Mark  Metall-  und  1520  Mark 
Courswerth;  vermiethet  waren.  Bei  manchen  Häusern,  die  durch 
Schenkung  an  den  Orden  gekommen  Avaren,  hatte  sich  der  Schen- 
kende gewisse  Rechte  vorbehalten.  z.B.  freie  Herberge  für  den 


1)  S.  die  Aufzeichnung  in  der  Urk.  lialduin's  I.  von  \\\'.i  bei  Paoli  I, 
Nr.  2  (p.  2.) 


163 

Fall  seiner  Anwesenheit  in  der  betreffenden  Stadt  ^)  oder  freie 
Wohnnng  bis  an  sein  Lebensende ,  zuweilen  auch  die  Zahlung 
einer  j  ährlichen  Rente  ^j .  Natürlich  erfuhr  gerade  dieser  Theil 
der  Ordensbesitznngen  durch  neue  Schenkungen,  durch  Kauf  3) 
und  Tausch  fortwährend  Veränderungen.  Von  dem  Werthe  die- 
ses städtischen  Besitzes,  der  natürlich  zunächst  von  der  Jiedeu- 
tung  der  betreffenden  Stadt  abhing .  können  war  uns  bei  dem 
Mangel  an  genügenden  Anhaltspunkten  zur  Abschätzung  keinen 
rechten  Hegriff  machen.  In  denjenigen  Orten ,  welche  durch  die 
Sicherheit,  die  sie  boten,  und  durch  lebhaften  Handelsverkehr 
bedeutend  waren ,  ist  der  Werth  derartigen  Eigenthums  für  den 
Orden  wohl  ein  recht  hoher  gewesen:  z.  li.  kauft  derselbe  1269 
in  Accon  einen  Häusercomplex  für  1700  Byzantiner  d.  i.  12,920 
Mark  Metall-  und  103, 440  Mark  Courswerth  ^) .  Unter  dem  städti- 
schen Besitz  des  Ordens  finden  wir  dann  häufig  Backöfen  er- 
wähnt'), ferner  Mühlen,  wie  z.B.  in  Nabulus,  Accon  undAn- 
tiochien '') .  Auch  die  Buden  und  Handelsstände  stationes, 
cavutae ,  loggiae ' ,  sind  hierher  zu  rechnen ,  welche  sich  an  den 
Ordenshäusern,  den  Kirchen  u.  s.  w.  befanden  und  an  einheimi- 
sche und  fremde  Kaufleute  vermiethet  zu  werden  pflegten"). 
Endlich  kommen  auch  Gärten  und  Weinberge  innerhalb  der 
Städte  und  vor  den  Thoren  derselben  häufig  als  Ordensbesitz  vor. 
Den  Besitzstand ,  wie  er  sich  aus  den  Urkunden  ergiebt ,  im 
Einzelnen  aufzuzählen,  würde  keinen  Gewinn  bringen.  Es  mag 
genügen  auf  dasjenige  noch  mit  einigen  Worten  einzugehen,  was 
der  Orden  in  J  e  r  u  s  a  1  e  m  selbst  besass .  Von  dem  Hospital  und 
der  zugehörigen  Kirche  abgesehen  hatte  derselbe  dort  sieben 
Häuser,  von  denen  eines  der  unter  Gerhard  entstehenden  Ge- 
nossenschaft schon  durch  Gottfried  von  Bouillon  geschenkt  war  8), 
dem  der  Orden  auch  die  Zuwendung  von  zwei  Backöfen  ver- 
dankte.   Ein  Haus  lag  amTempelthor  am  Wege  nach  dem 

1)  Paoli  I,  Nr.  14.^  (pl.5)  Urk.  Balduin's  von  Beirut  von  2-5.  IX.  1137. 

2)  Ebd.  Nr.  195  (p.  240). 

3)  Ib.  Nr.  223  (p.  265)  Nr.  154  (p.  196). 

4)  Ib.  Nr.  223  (p.  265). 

5)  Ib.  Nr.  2  (p.  2)  2  furni  in  Jerusalem. 

6)  Ib.  p.  284  (Nr.  6;. 

7)  Ib.  Nr.  6  (p.  O),  Nr.  25  (p.  27) ,  Nr.  66  (p.  88),  Nr.  79  (p.  85)  und  Nr.  1 74 
p.  216;.    Vergl.  im  Allgemeinen  Prutz:  Aus  Phönizien  p.  265. 

8)  Ib.  Nr.  2  (p.  2). 


164 

Thale  Josaphat '\  ein  anderes  vor  der  S.  Martinskirche^) ; 
ein  paar  lagen  in  der  p  1  a  t  e a  nummulariorum;  eines,  welches 
westlich  an  das  capiceriiim  ecclesiae  Sancti  Juliani  an- 
grenzte, war  für  2 '/o  Byzantiner  jährlich  an  Sibylla  von  Rume 
vermiethet  ^) .  Der  Hauptbesitz  aber  des  Ordens  in  der  Heiligen 
Stadt  war  natürlich  der  zu  seinem  Haupthause,  dem  eigent- 
lichen Hospital,  gehörige  Gebäudecomplex,  von  welchem  in  dem 
nunmehr  dem  Deutschen  Reiche  gehörigen  Muri  st  an  noch 
einige  interessante  Reste  erhalten  sind.  Das  Hospital  lag  südlich 
gegenüber  der  Heiligen  Grabkirche  und  war  wol  nach  Art  eines 
Chans  gross  und  geräumig  angelegt.  Nach  Süden  dehnte  es  sich 
bis  zur  Davidstrasse  aus,  wo  noch  heute  einige  ehemals  dazu  ge- 
hörige Arkaden  und  Spitzbogen  zu  sehen  sind  :  vermuthlich  be- 
fanden sich  dort  Magazine  und  Verkaufsstände  ,  welche  durch 
Yermiethung  nutzbar  gemacht  wurden.  Das  Grundstück  wird 
erst  im  Laufe  der  Zeit  so  erweitert  und  mit  den  vom  Orden  zu 
verschiedenen  Zwecken  benutzten  Gebäuden  besetzt  worden  sein : 
1174  z.  E.  schenkt  König  Amalrich  dem  Orden  eine  Strasse  zwi- 
schen dem  Hospital  und  der  Marienkirche ,  welche  zu  dem  aus 
des  Amalfitaners  Mauro  Stiftung  hervorgegangenen  Nonnenklo- 
ster gehörte,  und  erlaubt  den  Rittern  die  Hälfte  der  Strasse  mit 
Baulichkeiten  zu  besetzen  4) . 

n. 

"N'on  weit  höherer  13edeutung  für  den  Orden  selbst  imd  auch 
von  grösserem  Werthe  für  die  hier  in  15etracht  kommenden  histo- 
rischen und  topographischen  Interessen  waren  die  ausgedehnten 
und  reichen  ländlichen  Besitzungen  der  Johanniter.  Wird 
man  in  lietreff  derselben  auch  nicht  von  einer  [eigentlichen  Poli- 
tik sprechen  dürfen,  wie  sie  der  in  ganz  feste  Verhältnisse  ein- 
tretende Deutsche  Orden  zu  verfolgen  nicht  bloss  im  Stande, 
sondern  eigentlich  angewiesen  Avar^j,  so  hat  es  sich  doch  that- 
sächlich  so  gestaltet,  dass  der  Johanniter-Orden  in  gewissen  Ge- 
genden besonders  reich  begütert  war  und  daher  auch  auf  die 
Verhältnisse  dieser  Gegenden  besonders  Rücksicht  nahm  und  die 
betreffenden  Besitzungen  sorgsamer  pflegte  als  andere.   Sicherlich 

Ij  Ib.  Nr.  12  (p.  13).  2)  Ibid. 

3)  Ib.  Nr.  149  'p.  212;.  4;  Ib.  Nr.  200   p.  243. 

5)  S.  Prutz:  Die  Besitzungen  des  deutschen  Ordens  im  h.  Land  p.8.  21 — 22. 


1G5 


aber  ist  es  kein  Zufall .  dass  wir  den  Johanniterorden  gerade  in 
denjenigen  Gebieten  des  Heiligen  Landes  besonders  reich  be- 
gütert finden,  welche  ihrer  Lage  nach  im  Fall  eines  feindlichen 
Angriffes  zunächst  bedroht  waren  und  deshalb  auch  am  meisten 
als  Grenzmarken  eingerichtet  sein  mussten. 

L"berblickt  man  nämlich  die  Gesammtheit  der  noch  nach- 
weisbaren Casalien  und  Güter  des  Johanniterordens ,  so  fällt  die 
dicht  geschlossene  Lage  derselben  an  drei  Stellen  auf.  Eine 
solche  Gruppe  liegt  im  Süden,  längs  der  alle  Zeit  bedrohten 
Grenze  gegen  Ägypten,  so  dass  der  Raum  von  Askalon  bis  gegen 
Hebron  hin  mit  Casalien  der  Johanniter  bedeckt  ist.  Als  eine 
zweite  Gruppe  ähnlicher  Art  heben  sich  dann  die  Casalien 
hervor,  welche  der  Orden  n  ö  r  d  1  i  c  h  v  o  m  Berge  T  a  b  o  r  inne 
hatte,  und  die  sich  in  zusammenhängender  Linie  von  Süden  nach 
Norden  im  Westen  des  See's  Tiberias  erstrecken.  Zur  "Würdigung 
dieses  ]3esitzes  genügt  es  daran  zu  erinnern,  dass  gerade  hier  eine 
von  den  schwächsten  Stellen  des  Königreichs  Jerusalem  war,  die 
von  den  östlichen  Nachbaren  mit  Vorliebe  zu  ihren  Einfällen  be- 
nutzt wurde.  Eine  dritte,  ähnlich  geschlossene  Gruppe  bilden 
dann  die  Besitzungen  des  Ordens  im  N o  r  d  en,  in  der  G raf  s  cha ft 
Tripolis.  Natürlich  sind  diese  Gruppen  von  Ordensbesitzungen 
erst  allmählich  entstanden  und  durch  planmässige  Erwerbungen 
zusammengebracht  worden  :  gleichzeitig  damit  erfolgt  dann  die 
Errichtung  besonders  starker  Ordensburgen  in  den  so  occupirten 
Gebieten.  Vnd  insofern  wird  man  in  der  späteren  Zeit  ohne 
Frage  auch  von  einer  bestimmten  Territorialpolitik  des  Johanni- 
terordens sprechen  dürfen. 

Der  ältere  Besitz  des  Ordens  aber  gruppirte  sich  natür- 
lich zunächst  um  Jerusalem  selbst.  Dort  erhielt  derselbe 
schon  durch  Balduinl.  Bethafava^)  geschenkt,  d.  i.  betsafäfa. 
SW.  von  Jerusalem,  abseits  des  Weges  nach  Bethlehem.  Bei 
dem  bei  derselben  Gelegenheit  genannten  Montana  oder  Mori- 
tana  dürfte  vielleicht  an  das  NO.  von  Jerusalem  gelegene  anäta 
zu  denken  sein.  N.  von  der  Heiligen  Stadt  besass  der  Orden  seit 
1110  Bethanisd.  h.  bet  hanlna-],  dann  das  am  Wege  nach 
Nablus  gelegene  Beroeth,  s.  b'ire^].  Das  schon  von  Gottfried 
von  Bouillon  geschenkte  Hessilia^)  ist  wol  das  im  N.  der  Stadt 

1    Paoli  I,  Nr.  2  und  Nr.  30  (p.  32),  Nr.  12  (p.  13)  steht  Beccafaha. 
2;  Ib.  Nr.  2.  3  Ib.  Nr.  2S   p.  30).  4)  Nr.  2. 


166 


gelegene  und  zu  derselben  gehörige  hetsilä^;.  Im  SO.  von  der 
Stadt  erhielt  der  Orden  1143  von  einem  Priester  "Wilhelm  ein 
Stück  Land  nebst  einer  auf  demselben  im  Bau  begriffenen  Capelle 
geschenkt,  das  als  Aceldama  bezeichnet  wird,  d.  h.  zu  dem 
Blutacker  Hakeldama  gehörte,  wohin  die  Pilger  nicht  bloss 
wallfahrteten,  sondern  wo  sich  auch  von  Alters  her  viele  von  ihnen 
begraben  Hessen ^j.  Von  einem  Casale  zu  Bethanien  überliess 
der  Orden  den  ihm  gebührenden  Zehnten  1137  dem  dortigen 
Nonnenkloster  zu  S.  Lazarus  ^  .  ^lehrfach  erwähnt  wird  ferner 
ein  Casale  S e m m e ,  quod  vulgus  casale  episcopi  appellatur  : 
dasselbe  dürfte  in  dem  NW.  von  Jerusalem  gelegenen  es-sämije  *' 
wiederzufinden  sein,  —  nicht  in  dem  AV.  von  Latrün  gelegenen 
schahme.  Beträchtliche  Ländereien  hatte  der  Orden,  wie  wir  aus 
gelegentlichen  Angaben  über  den  reichen  Ertrag  derselben  ent- 
nehmen, in  E  mm  aus,  h.  el-kiibebe:  den  Zehnten  von  dem 
dort  an  Gerste,  Weizen,  Bohnen,  Gemüse  u.  s.  w.  Gewonnenen 
schiildete  der  Orden  den  Canonikern  vom  H.  Grab,  alles  andere 
sollte  er  für  seine  eigenen  Capläne  und  Kirchen  verwenden'). 
Die  Casalien,  welche  in  einer  hierauf  bezüglichen  Urkunde  als  in 
der  benachbarten  Berglandschaft  gelegen  genannt  werden .  sind 
heute  nicht  mehr  nachweisbar.  Zum  Theil  stammte  dieser  Besitz 
aus  der  Schenkung  eines  llobert  von  S.  Giles,  nach  dem  auch 
eines  der  Casalien  hiess  •'i :  der  Name  lebt  noch  fort  in  sindschil^ 
einer  Burgruine  im  N.  von  Jerusalem,  halbwegs  etwa  nach  Nablus. 
Aiich  in  dem  benachbarten  Gebiete  von  Kamle  und  Lydda 
hat  der  Johannitcrorden  frühzeitig  mancherlei  Güter  erworben. 
1181  kauft  er  von  einem  Flandrer  Namens  Hugo  ein  Casale  Chole, 
h.  chuhle  im  S.  von  Kamle  ") .  Bei  Lydda  gehören  ihm  B  eth  ib  en , 
h.  vermuthlich  het  nehälu,  NO.  von  Lydda,  oder  het  nüba,  und 
Gen  das  *^),  welches  ohne  Zweifel  identisch  ist  mit  dem  von 
Robinson  ')  angeführten ,  aber  auf  keiner  der  mir  zugänglichen 
Karten  verzeichneten  Orte  dschendäs  [auf  der  engl.  Karte  unmit- 
telbar N.  von  ludcl.  Anm.  d.  Red.j.    Daran  schloss  gegen  W.  und 

1)  llobinson  '6,  bTO. 

2)  Nr.  22  ,'p.  23)  «ubi  peregrinorum  sepeliuntur  corpora.« 

3)  Nr.  161  (p.  204).  4   Robinson  3,  874. 

5)  Paoli  I,  Nr.  21  (p.  22,.  G)  Ib.  Nr.  20  (p.  2ü). 

7]  Paoli  I,  p.  282   Nr.  % 

8)  Nr.  12  ip.  13)  und  Nr.  30  (p.  32,.  9)  3,  870. 


167 

S.  eine  Reihe  von  Casalien  an,  welche  der  Orden  der  Freigebig- 
keit der  Herren  von  Jaffa  verdankte.  Schon  seit  1122  zog  das 
Hospital  den  Ertrag  von  M i r a b e  1 .  h .  latrün,  Luceri,  Mares- 
calcie  imd  Rentie^'*.  Der  letzte  Ort  findet  sich  mit  dem  ^e\- 
chen  Namen  re;^^//<' bei  Robinson 2):  inMarescalcie  aber  er- 
kennt man  unschwer  eine  Verschreibung  aus  Mnsa  Tha'lia 
[auf  der  engl.  Karte  Xo.  16^  »Sh.  Müsa  Teil  ia«.  Anm.  d.  Red.], 
welcher  Ort  SW.  von  latrün  liegt.  Den  Namen  des  in  derselben 
Urkunde  mit  als  dem  Johanniterorden  überlassen  genannten  Or- 
tes Cafreherre  möchte  man  in  Kefr  Harit  auf  der  engl. 
Karte  »Kefr  Häris«.  Anm.  d.  Red.]  wiedei-finden ;  doch  passt  des- 
sen Lage,  S.  von  Nablus,  nicht  hierher;  der  gesuchte  Ort  muss 
bei  den  anderen  hier  genannten  jedenfalls  im  Gebiete  von  Jaffa 
gelegen  sein ;  deshalb  darf  man  Kefr  Harit  mit  kefira  identifi- 
ciren,  um  so  sicherer  als  das  von  diesem  NW.  liegende  Lukiy  eh 
oder  bet  liJiJa  Lekije  sich  ungezwungen  mit  dem  anders  nicht 
deutbaren  Luce  ri  in  Verbindung  bringen  lässt. 

In  der  Nähe  von  N a  b  u  1  u  s ,  wo  der  Orden  ein  Hospital  hatte, 
besass  er  durch  eine  Schenkung  ]jalduins  II.  eine  heute  nicht 
mehr  nachweisbare  Casale  Letarie^};  von  einem  demselben  zu- 
gehörigen Weinberge  mussten  den  Keltern  des  Ordens  jährlich 
100  cantaria  Trauben  zugeführt  werden,  besonders  interessant 
aber  ist  ein  dem  Orden  bei  Gelegenheit  dieser  Schenkimg  einge- 
räumtes Recht:  derselbe  soll  nicht  blos  alle  in  Nabulus  selbst  ohne 
Testament  verstorbenen  Pilger  beerben ,  sondern  auch  alle  die- 
jenigen, welche  auf  dem  Wege  dahin  innerhalb  eines,  wie  es 
scheint ,  ziemlich  weit  bemessenen  Distriktes  sterben :  von  den 
zur  Begrenzung  dieses  Distrikts  genannten  Ortschaften  liegt 
Lubanum  =  luhbän  S.  von  Nabuhis  am  Wege  nach  Jerusalem, 
Cacho,  h,  kakün  in  der  Küstenebene,  SO.  von  Cäsarea.  Die 
sonst  dabei  angeführten  Orte  sind  nicht  zu  identificiren  ^1 .  Durch 
Kauf  erwarb  der  Orden  117S  das  Casale  Seleth^l  :  nach  den 
zur  Angabe  der  Grenzen  desselben  als  benachbart  genannten  Orten 

1,  Paoli  I,  Nr.  191  (p.  236).  2)  3,  869  etc. 

3   Nr.  32   :p.34d. 

4>  Ibid.  a  castello  Bei eismo (Bet ImrIn,N.  von  Xabulus?  — ;  a  Perro- 
ne illo.  qui  terminus  Cacho  et  Malvaru  (Farün  O.  von  Kaiansuwe?) 
etc.;  Perrone  etwa  =  Bar  in  bei  van  de  Velde  S.  von  Kakün? 

5'  Ib.  Nr.  G4  p.  64'. 


168 

handelt  es  sich  um  das  heutige  silet  ed-claJir  im  NW.  von  Xabuhis ; 
denn  in  den  8..  W.  und  X.  angrenzenden  Ortschaften  Fende- 
comie.  Lathara  und  L o ia  sind  mit  Sicherheit  die  das  heutige 
sllet  ed-dahr  umgebenden  fendekümlj'e ,  atära  und  'addsche  zu 
sehen.  Zu  diesem  Besitzthum  gehörten .  wie  eine  den  Kauf  des- 
selben bestätigende  Urkunde  König  Balduins  IV.  zeigt  ^  .  auch 
eine  Anzahl  von  Beduine nfamilien.  -welche  vermuthlich  in 
den  westlich  angrenzenden  Küstenlandschaften  nomadisirten. 
zeitweilig  aber  mit  ihren  Herden  auch  in  die  Gegend  von  Nablus 
kamen 2j  und  dort  weideten;  es  sind  Beduinen  verschiedener 
Stämme -^j,  im  Ganzen  103  Zelte. 

Ton  besonderer  Wichtigkeit  waren  die  westlich  vom  See 
Tiberias  gelegenen  Besitzungen  des  Johanniterordens.  Denn 
die  Niederung  im  S.  und  im  N.  des  Sees  bot  den  Mohammedanern 
eigentlich  zu  jeder  Zeit  einen  bequemen  Weg  dar  um  durch  eine 
plötzliche  Invasion  einen  vernichtenden  Yorstoss  in  das  Centrum 
der  christlichen  Herrschaft  zu  machen.  Augenscheinlich  hängt 
es  damit  zusammen  und  bezweckte  die  Einrichtung  einer  Art  von 
Grenzmark  in  jener  Gegend,  dass  der  streitbare  Orden  gerade 
dort  ausgedehnte  Güter  theils  geschenkt  erhielt,  theils  kaufte 
und  eintauschte  und  in  der  Mitte  derselben  eine  Reihe  von  festen 
Burgen  errichtete.  Grundstücke  und  hörige  Bauern  zu  Tiberias 
befinden  sich  schon  unter  den  Besitzungen ,  die  Balduin  I.  dem 
Hospital  1110  bestätigte  ^] .  Grössere  Bedeutung  aber  erlangten 
die  Ordensländereien  in  jener  Gegend,  wie  es  scheint,  erst  seit 
Gautier,  der  Fürst  von  Galiläa  und  Castellan  von  S .  Omer,  dem- 
selben 1165  zwei  Casalien  schenkte,  nämlich  Delehawa  h. 
kaukah  el-hawa  und  Desaut  h.  es-saude^]  am  Rande  des  Berg- 
landes N.  von  Beisan ;  ersteres  .  südlich  vom  See  auf  einer  Höhe 
über  dem  Jordanthale  gelegen ,  ist  späterhin  unter  dem  Namen 
Belvoir'')  eine  der  mächtigsten  Burgen  des  Ordens  und  eine 

1)  Nr.  65. 

2)  1.  c.  Praeterea  si  aliqui  de  heredibus  supradictorum  Beduinorum  de 
terra  Sarracenoruni  ad  terram  Francorum  aliquo  tempore  venerint ,  vobis 
eosdem  cuncedimus. 

3  Haec  autem  sunt  nomina  praedictorum  Beduinorrum  :  de  genere  Beni- 
Carguas,  BeniCelge,  Maratob ,  Bedre,  filii  Cossa,  Benittel,  Mothaer.  filii 
Mathar,  Serif,  Jatta. 

4;  Paolil,  Nr.  2.  5   Nr.  41     p.  42  . 

6,  Nr.  46  (p.  47)  C  oquet  il.Coqueb)  quod  vulgo  Eelvear  nuncupatur. 


169 

feste  Grenz  wehr  gegen  feindliche  Einfälle  geworden.    Um  das- 
selbe gruppirten  sich  zahlreiche  Ordenscasalien :  an  solchen  wer- 
den in  einer  Bestätigungsurkunde  von  1168  i)  genannt  Lob  erium 
h.  el-blre^  AVNW,  von  Belvoir,  Losserin  h.  sirln  (N.),  Jherio  ? 
m  dem  wol  das  dem  vorigen  benachbarte  el-tire  zu  vermuthen 
ist,   während  Ilubeleth  vielleicht  mit  chän  Jehla  im  W.   von 
Belvoir  in  "S'erbindung  zu  bringen  ist.    Als  dann  in  der  zw^eiteu 
Hälfte  des   13.  Jahrh.   der  Bestand  der  christlichen  Herrschaft 
immer   fraglicher   wurde    und    viele    von    den    dort    begüterten 
Grossen  sich  ihres  unsicheren  Besitzes  entäusserten  und  nach  dem 
Abendlande  zurückkehrten ,   fand  auch  der  Johanniterorden  be- 
sonders häufige  und  günstige  Gelegenheit,  seine  Güter  gerade  in 
jener  arg  exponirten  Gegend  abzurunden  und  zu  erweitern.    Xa- 
türlich  kam  das  auch  seiner  militärischen  Stellung  zu  gute.    Als 
Ersatz  für  ein  ihm  vom  Orden  gewährtes  Darlehen  von   24000 
Byzantinern  überliess  z.  B.  1254  Julian,  der  Herr  von  Sidon  und 
Beaufort,   demselben  das  ihm  gehörige  Casale  'Roberti^^.  h. 
hefr-kemia  zwischen  Tiberias  und  Xazareth.    Das  umfangreiche 
Tenitorium,  das  dadurch  in  den  Besitz  des  Ordens  überging ,  ist 
nach   den   zur  Bezeichnung   seiner   Grenzen  angegebenen   Ort- 
schaften noch  genau  nachweisbar.    Denn  im  O.  grenzte  es  an 
Jub  eil  h,  umm  chcJmheil  (bei  v.  d.  Velde  Um  Ejbeil),  S.  an  Ain 
Meher  und  Ilaine  ,  h.    am  mäJiil  und  rene  (ebendaselbst  u.  bei 
Baedellai,  im  N.  und  NO.   von  Nazareth  gelegen;   die  Grenze 
gegen  W.  wird  bestimmt  durch  Saforie  und  Romene,    h. 
sef ünje  nnd  rum7nüne.   die  gegen  N.   durch  Tour a an  h.  fUräfi. 
Umfang  und  Werth   dieser  Erwerbung  erhellen  schon   aus  der 
ausserordentlich  beträchtlichen  Schuld,  welche  durch  ihre  Über- 
lassung getilgt  wurde ;   sie  werden  bestätigt  durch  die  glänzende 
Entwickelung .   welche  der  Orden  gerade  von  der  so  erlangten 
Stellung  aus  seinem  Besitzstand  in  jener  Gegend  zu  geben  wusste. 
Denn  schon  im  Jahr  1255  ergriff  derselbe  nach  einem  uns  er- 
haltenen Protokoll-^)   durch  seinen  Bevollmächtigten  Besitz  von 
einer  ganzen  Eeihe  von  Casalien  zwischen  kefr-kemui,  dem  Berge 
Tabor  und  dem  See  von  Tiberias.   ohne  dass  wir  sagen  könnten, 
wie  er  dieselben  erworben  hätte.    Von  den  da  angeführten  Orten, 

1 .  Ibid. 

2)  Nr.  123  (p.  141    und  Nr.  124   p.  1-14). 

3)  p.  296  (Nr.  18). 


170 

Avelche  einem  »Reis«  —  d.  i.  einem  syrischen  oder  arabischen 
Aeltesten  —  zur  Verwaltung  und  Bebauung  übergeben  werden, 
vermag  ich  nur  das  die  erste  Stelle  einnehmende  C  a  s  t  a  nicht 
mit  einem  heute  noch  vorhandenen  Orte  zu]identificiren :  die  an- 
deren, Jubeil,  Capharscept.  Saronie.  Demie,  Sisara, 
Lubie  und  Erbel  erkennt  man  sofort  Avieder  in  um  edschbel  (N. 
von  Tabor) ,  kefr-sabt  •  am  Hauptweg  vom  Tabor  nach  Tiberiasi , 
särüne^).  Dam  eh  (O.  von  kefr-sabt)  ^  [»Dämieh«  d.  engl.  Karte. 
Anm.  d.  Red.]  esch-  schadschara  (W.  von  kefr  sabt),  lübije  (N. 
davon  und  irbid  (auf  dem  letzten  Bergplateau  über  el-medschdel], 
während  E g di s  vielleicht  aus  el  Kazethe  (»Hadethe«  der  engl. 
Karte,  Anm.  d,  Red.]  entstellt  ist. 

Dass  es  sich  bei  der  Festsetzung  des  Ordens  gerade  in  jenem 
oft  gefährdeten  Grenzgebiete  namentlich  auch  um  militärische 
Maassnahmen  und  damit  politische  Gesichtspunkte  handelte, 
lassen  spätere  Vorgänge  deutlich  erkennen.  Papst  Alexander 
schenkte  nämlich  1256  dem  Johanniterorden  das  Kloster  auf  dem 
Berge  Tabor,  unter  ausdrücklicher  Zustimmung  der  Mönche  des- 
selben 2],  welche  bei  dieser  Gelegenheit  erklärten,  dass  sie  schon 
seit  lange  ausser  Stande  seien,  sich  gegen  die  Sarazenen  zu 
schützen ,  deshalb  ihr  Kloster  geräumt  und  auch  alle  ehemals 
demselben  gehörigen  Güter  eingebüsst  hätten ;  das  sei  besser  ge- 
worden ,  seitdem  die  Johanniter  eine  ]iesatzung  auf  dem  Berge 
stationirt  und  von  da  aus  auch  einige  der  Casalien  wieder  besetzt 
hätten ;  man  könne  oben  schon  wieder  Gottesdienst  halten  und 
wie  früher  strömten  grosse  Schaaren  von  Pilgern  dorthin  zusam- 
men. Damit  hing  es  offenbar  zusammen,  wenn  1259  auch  der 
P)ischof  von  Nazareth  den  'gesammten  Besitz  seiner  Kirche  mit 
19  Casalien  dem  Johanniterorden  gegen  einen  Zins  von  jährlich 
14,000  Byzantinern  überliess^  ,  Avobei  jedoch  für  das  erste  Jahr 
die  Pacht  um  den  JJetrag  herabgesetzt  wurde ,  um  welchen  in 
Folge  der  traurigen  wirthschaftlichen  Zustände  der  Ertrag  der 
Casalien  hinter  der  genannten  Summe  zurückbleiben  sollte.  Am 
29.  October  1259  erklärt  der  Bischof  von  Nazareth  geradezu^), 
die  Mittel  seiner  Kirche  reichten  nicht  aus,  ihre  Besitzungen  ge- 

1    Bei  Robinson  3,  882  genannt ;  nicht  auf  den  Karten.    [Vgl.  »Sarona«  d. 
engl.  Karte.    Anm.  d.  Ked.]. 
2]  Pauli  I,  Nr.  127  ;p.  148). 
3)  Ibid.  Nr.  136  (p.  166).  4)  Nr.  133  tp.  162). 


171 

gen  die  Sarazenen  zu  behaupten ;  auch  vermöge  er  den  endlosen 
Streitigkeiten  der  Bauern  auf  den  Casalien  nicht  Einhalt  zu  thun : 
deshalb  überliess  er  auf  die  nächsten  vierzig  Jahre  gegen  2000 
Byzantiner  jährlich  dem  Orden  alle  Kirchengüter  in  der  Ebene 
Batuf ,  h.  hattauf  (die  Ebene  Sebulon  ,  nämlich  Roma.  h.  rüme 
(S.  von  Äe/^rZ/e,  bei  Baedeker).  Rometta.  \i.rummane.  Caphra- 
harepth,  h.  Jiphta  [dschefät?  Anm.d.Red.]  und  Cana  Gali- 
lee  h.  känat-el-dschelll .  Über  dieses  Abkommen  brach  später- 
hin ein  Streit  aus,  mit  dessen  Beilegung  schliesslich  als  päpstli- 
cher Legat  Erzbischof  Thomas  von  Bethlehem  beauftragt  wurde  ^) . 

III. 

So  unvollständig  diese  Notizen  sein  mögen .  so  lassen  sie  in 
ihrer  Gesammtheit  doch  keinen  Zweifel  darüber,  dass  die  auf- 
fallend schnelle  und  beträchtliche  Erweiterung,  welche  die  Be- 
sitzungen des  Ordens  in  der  Gegend  von  Nazareth ,  dem  Berge 
Tabor  und  Tiberias  erfuhren,  und  die  zum  guten  Theil  auf  Kosten 
kirchlicher  Genossenschaften  ging,  wesentlich  zusammenhing 
mit  dem  Bestreben,  an  jener  besonders  gefährdeten  Stelle  grössere 
Sicherheit  gegen  die  Einfälle  der  östlichen  Nachbarn  zu  er- 
langen. Eine  ganz  ähnliche  Stellung  als  Grenzhüter  nahm  der 
Johanniterorden  nun  schon  seit  längerer  Zeit  im  Süden  des  Lan- 
des gegen  Ägypten  ein. 

Schon  im  Jahr  1110  gehörte  dem  Hospital  ein  Casale  im 
Gebiet  von  Azot^  .  h.  Aschdod  oder  esdUd .  und  bereits  1126 
wird  ihm  für  den  Fall  der  Eroberung  von  A  s  k  a  1  o  n  durch  den 
Grafen  Hugo  von  Jaffa  das  NO .  von  dieser  Stadt  gelegene  Casale 
Melius,  h.  el-medschdel  zum  Geschenke  gemacht 3).  Ebendort 
liegt  Bethera s,  h.  het  duräs,  welches  ihm  1173  Constanze,  Grä- 
fin von  S.  Gilles,  eine  Schwester  Ludwig's  VII.  von  Frankreich, 
zu  eigen  giebt ,  wofür  dieselbe  als  Consoror  dem  Orden  affiliirt 
wurde  und  ausserdem  für  die  Dauer  ihres  Aufenthalts  in  Palä- 
stina 500  Byzantiner,  nach  ihrer  Heimkehr  nach  dem  Westen 
aber  1 1 Y2  Mark  Silber  nach  dem  Gewichte  von  Troyes  ausge- 
zahlt erhalten  sollte '') .  A  s  k  a  1 0  n  selbst  wurde  erst  1153  erobert . 
Seitdem  erhielt  der  Orden   einen  wesentlichen  Antheil   an   der 

1)  Nr.  141  p.  173].  2)  Nr.  2  und  Nr.  30  ip.  32). 

3)  Ibid.  Nr.  10  (p.  10).  4  Nr.  52   p.  52\ 


172 

Behauptung  dieses' wichtigen  WafFenplatzes.  1177  überweist  die 
Gräfin  Sibylla  von  JaiFa  und  Askalon ,  die  Tochter  König  Amal- 
richs,  ein  Stück  der  Befestigungen  von  Askalon  zur  Instandhal- 
tung und  A'ertheidigung  nebst  der  dazu  zu  venvendenden  Summe 
von  500  Byzantinern  jährlich  aus  dem  Ertrage  der  am  Thore  zu 
erhebenden  Abgaben  ^j.  Später  übergab  Kaiser  Friedrich  II.  die 
ganze  Burg  von  Askalon  der  Obhut  des  Ordens :  nicht  eher 
sollte  derselbe  diese  herauszugeben  haben .  als  bis  ihm  alle  auf 
ihre  Unterhaltung  und  Yertheidigung  gewandten  Kosten  ersetzt 
sein  würden  2) .  Der  Orden  richtete  sich  daher  in  Askalon  ganz 
häuslich  ein  und  baute  dasselbe  zu  einem  der  festesten  Bolhverke 
des  Heiligen  Landes  aus.  Natürlich  erhielt  er  die  darauf  ver- 
wendeten Summen  nicht  zurück  und  verweigerte  daher  auch  die 
ihm  zugerauthete  Herausgabe  der  Festung  3) .  Auch  in  den  be- 
nachbarten Landschaften  erwarb  der  Orden  in  dieser  Zeit  bedeu- 
tende Güter:  von  denjenigen  13,  die  ihm  1256  Johann  von  Ibelin, 
Graf  von  Jaffa  und  Askalon  und  Herr  von  Ramie .  zuwandte  *) , 
vermögen  wir  wenigstens  einige  noch  nachzuweisen ,  nämlich 
M  al  a g u  e  s .  h.  umm  läkis  (SO .  von  Askalon,  auf  dem  Wege  nach 
het  dschihrlu),  Heleiquat,  h.  hTilekäi.  Zeite,  \\.  zeta,  Adje- 
deide,  h.  dschedeide  (verzeichnet  auf  der  Karte  bei  Guerin, 
Judee),  Semsem,  \i.  simsim,  Beitderas,  \i.  bei  de?'dis^  Agelon, 
h.  'adschlän.  Doch  handelt  es  sich  dabei  mehr  um  die  Ertheilung 
einer  Anwartschaft,  als  um  eine  eigentliche  Schenkung,  weil  jene 
ganze  südliche  Grenzregion  damals  thatsächlich  nicht  im  Besitz 
der  Christen  war. 

Das  grösste  Interesse  aber  von  den  Besitzungen  des  Ordens 
in  diesen  süd.  Landschaften  bietet  ohne  Frage  bei  dscJiibr'in  dar, 
namentlich  wegen  dessen,  was  der  Orden  daraus  zu  machen 
suchte.  Im  Jahr  1 13G  bestätigt  König  Fulco  die  Schenkung  Hugos 
von  S.  Omer,  welcher  dem  Orden  bet  dschibrln  (Eleutheropolis, 
das  alte   Betogabara)  nebst  neun   Casalien   gegeben  hatte,  und 

1;  Nr.  03  p.  0.3 i:  es  handelt  sich  um  die  turris  puellarum  und  zwei 
*ndere ,  zwischen  dieser  und  der  S.  Marienkirche  gelegene  Thürme, 
deren  einer  an  das  Meer  stösst. 

2|Nr.  111  (p.  118). 

3'  S.  die  päpstliche  AnweiHung  an  den  Erzb.  von  Tyrus,  den  Orden  in 
seinem  Hecht  auf  Askalon  zu  schützen,  ibid.  p.  273   Nr.  7;. 

4)  Nr.  128  (p.  150). 


173 

fügt  seinerseits  vier  weitere  Casalicn  hinzu  •).  Zum  Theil  vermögen 
wir  diese  13  Casalien  noch  nachzuweisen  :  es  ist  nämhch  Hir- 
nacas  h.  der  nahäs  O.  von  let  dschibr'm  ,  Ilirnasin,  wohl  h. 
let  nasih  OSO.),  Deir-el-kobeba  s.  kebebe[SV^.)  und  Zeita 
h.  zeta  (W.j.  Bei  dem  offenbar  arg  verschriebenen  Belhtavva- 
him  kann  man  entweder  an  dmcciime  'S.)  oder  bet  auwa  denken. 
Curcoza  ist  wohl  mit  ckursa  (SSO.)  in  Verbindung  zu  bringen. 
Von  dieser  Schenkung  wissen  wir  bestimmt,  dass  sie  geschah  um 
in  bei  dschibrrn  ein  Bollwerk  gegen  das  damals  noch  in  den  Hän- 
den der  Ungläubigen  befindliche  Askalon  zu  schaffen  2] .  Diese 
Bedeutung  verlor  der  Ort  mit  der  Eroberung  Askalons.  In  der 
Folgezeit  hat  der  Orden  dort  min  den  merkwürdigen  Versuch  zu 
einer  Colonisation  im  grösseren  Stil  gemacht.  In  einer  Urkunde 
vom  Jahre  1168  3)  giebt  der  Orden  27  namentlich  genannten 
Ansiedlern,  theils  neu  aus  dem  Abendlande  eingewanderten, 
theils  in  Palästina  schon  heimisch  geAvordenen,  sowie  allen,  die 
vor  der  Eroberung  Askalons  (1153:  in  jene  Gegend  gekommen 
seien,  und  denen,  die  noch  kommen  würden,  als  erbliches  Eigen- 
thum  zur  Errichtung  von  Wohnhäusern  und  zvim  Feldbau  je  zwei 
Joch  (currucatae,  charrues)  Land  in  dem  Gebiete  zwischen  bet 
dschibrrn  und  dem  sog.  ))Tamarin-Hügel«.  An  Abgaben  soll  die 
Grundsteuer  terruagium  von  Ackern,  AVeinpflanzungen  und  sonst 
nutzbaren  Grundstücken  gezahlt  imd  von  den  Feldfrüchten  der 
Zehnte  entrichtet  werden.  Die  Ansiedler  sollen  nach  dem  in  Je- 
rusalem geltendem  Rechte  leben  und  von  demjenigen,  was  sie  den 
Ungläubigen  abnehmen,  dem  Orden  als  dem  Grundherrn  so  viel 
abgeben,  wie  das  Localrecht  von  Lydda  gebietet.  Die  Ansiedlung 
wird  dadurch  bestimmt  als  eine  Art  von  Militärcolonie  gekenn- 
zeichnet. Die  Ansiedler  und  ihre  Nachkommen  dürfen  Häuser 
imd  Grundstücke  veräiisseni,  doch  hat  der  Orden  ein  Vorkaufs- 
recht. Bezeichnend  ist  die  Bestimmung,  dass  Ehebrecher  xmd 
Ehebrecherinnen  ausgepeitscht  und  verwiesen  werden,  beide  aber 
sammt  ihrer  Habe  dem  Orden  zu  eigen  verfallen  sollen. 

Es  ist  dies  das  einzige  Beispiel  einer  derartigen  Colonisa- 
tionsthätigkeit  des  Johanniterordens.  Dass  dieselbe  nicht  auf 
diesen  einen  Fall  beschränkt  geblieben  ist,  dürfen  wir  natürlich 
nicht  annehmen:   denn  wir  sahen  schon,  dass  in  einem  anderen, 

1)  Nr.  17  (p.  IS).  2)  Wilhelm.  Tyr.  XIV,  22. 

3)  Paoli  I,  Nr.  45  p.  40  ft".;. 


174 

späterer  Zeit  angehörigen  Falle  der  Orden  die  Casalien  neu  be- 
setzt haben  soll .  Avelche  ehemals  dem  Kloster  auf  dem  Berge 
Tabor  srehört  hatten.  A^ermuthlich  handelt  es  sich  dabei  um  ein 
allgemein  übliches  Verfahren,  und  dann  dürften  wir  darin  das 
Vorbild  sehen  für  dasjenige,  welches  später  der  deutsche  Orden 
auf  Grund  der  im  heiligen  Lande  durchgemachten  Praxis  und  der 
daraus  gewonnenen  Erfahrungen  bei  der  Eroberung  imd  Coloni- 
sirung  Preussens  so  erfolgreich  angewandt  hat  i) . 

IV. 

Wenden  wir  uns  zu  einer  kurzen  Betrachtung  der  Besitzun- 
gen, welche  der  Johanniterorden  sonst  noch  in  dem  Gebiete  des 
eigentlichen  Königreichs  Jerusalem  erworben  hat,  so  vermögen 
wir  die  bei  Jaf  f  a^)  und  bei  Arsur^l  nicht  mit  heute  vorhandenen 
Orten  zu  indentificiren.     Zu  den  reichen  Gütern  des  Ordens  in 
der  Gegend  von  Cäsarea  gehörten  Caccho^i  h.  hakon  (O.  von 
Cäsarea  ,  Kafarfalem.   h.  wohl  Ae/";*  lüm   oder  chirhet  faläik 
[auf  der  engl.  Karte  el-fciliJx.    Anm.  d.  Red.j  an  der  Küste  im  S. 
von  kakön  und  Calamzun  h.  kalansaioe  ebendort^j.     Die  dabei 
erwähnte  terra  Marriciorum  ist  wohl  in  Marsh-ez-Zoar 
[wohl  ez-zor.     Anm.  d.  Red.]  wiederzufinden,    worüber  später 
zwischen   Tempelherrn  und  Johannitern   ein  schliesslich  durch 
Tlieilung  des  betreffenden  Gebiets  beendeter  Streit  ausbrach  ^) . 
Das  dabei  dem  Johanniterorden  zufallende  B  e  r  t  r  a n  d  e  m  i  r  ist 
wohl  durch  Verschreibung  aus  kefr  kannlr  (O.  von  Marsh-ez- 
Zoar)  entstanden.     Im  Oktober  11S2  kauft  der  Orden  von  Gau- 
tier, dem  Herrn  von  Cäsarea,  um  den  Preis  von  5000  Byzantinern 
Galileam  totam'),  was  füglich  nur  auf  K  i  1  k  i  1  i  a  [kalk'ilij'e  d . 
engl.  Karte.    Anm.  d.  Red.j,   bei  v.  d.  Velde  Gilgol  SSO.  von 
Cäsarea,  N.  vom  naltr-cl-  midsche  gedeutet  werden  kann.     Dabei 
wird  eine  ganze  Anzahl  von  »gastrinae«  genannt,  «quae  fuerunt 
olim  casalia":  es  handelt  sich  offenbar  um  die  AViederbesetzung 
zur  Zeit  wüstliegender  Hufen.    Das  Gut  musste  bis  zum  Meere 

1)  Vgl.  Prutz,  Die  Anfänge  des  deutschen  Ordens  in  Preussen  und  seine 
Beziehungen  zum  h.  Lande  —  in  der  Altpreuss.  Monatsschrift  XV,  S.21 — 26. 

2)  Casale  Bulbus  Nr.  157  (p.  201;. 

3;  Leg  Loges  Nr.  147  (p.  1S5)  u.  Nr.  141).     Vgl.  Lestoire  34,  4   p.  446). 
4;  Nr.  14!)  (p.  189;.  5)  Nr.  13  ip.  14). 

6)  Nr.  66  u.  67  (p.  66  ff.).     7)  p.  71  u.  72. 


175 

reichen :  denn  es  wird  als  dazu  gehörig  erwähnt  eine  turris  sah- 
narum  iuxta  mare,  woraus  man  schliessen  darf,  dass  damals  wie 
noch  heute  vielfach  an  der  syrischen  Küste  Salz  durch  Verdunsten 
von  Meerwasser  gewonnen  wurde.  1207  wurde  dem  Orden  bei 
Cäsarea  ferner  Pharain  h.  Faraün  (SO.)  \ferön  der  engl, 
Karte.  xVnm.  d.  Red.]  geschenkt  i).  Bei  Angabe  der  Grenzen 
dieser  Güter  werden  von  heute  noch  vorhandenen  Orten  genannt 
Fardesi  h.  ferdlsija  (S W .  von  Faraün)  und  A r t a i s  h .  I r t a 
(NW.)  [Irtäli  d.  engl.  Karte.  Anm.  d.  Red.],  während  Calan- 
chunmitdem  schon  erwälinten  >5;a/awsat<;e  zusammenfällt.  Die 
Stifterin  dieser  Schenkung  Julianne  von  Cäsarea,  nahm  gleich- 
zeitig von  dem  Orden  eine  Anleihe  auf  2),  deren  Betrag  u.  A.  auf 
ein  Ordenscasale  Samarith.  Sawanie  [Süämir  (schreibe  suwä- 
mi?']  d.  engl.  Karte.    Anm.  d.  Red.]  angewiesen  wurde. 

Besonders  reich  begütert  war  der  Orden  namentlich  in  spä- 
terer Zeit  in  der  Gegend  von  A  c  c  on.  Schon  1149  erwarb  er  dort 
ein  Casale  album^),  wohl  'abde  (NO.  von  Accon),  dann  1154 
Coketum  h.  kmveiküt  (NO.);  dabei  wird  genannt  ein  Ort  Re- 
cordana  —  mit  Mühlen,  also  an  einem  Flusse  zu  suchen,  was 
wohl  mit  dem  teil  kurdäni  am  obern  nah7'  tiamäii  zusammenge- 
hört, während  Jebethra  in  dem  SW.  davon  liegenden  Bir 
dschedra  [dschidrü  d.  engl.  Karte.  Anm.  d.  Red.]  erhalten  zu 
sein  scheint.  Die  Erklärung  von  Recordana  wird  bestätigt  da- 
durch, dass  1262  bei  Gelegenheit  eines  Streits  zv^dschen  dem 
Tempelherren-  und  dem  Johanniterorden ^)  die  Mühlen  von  Re- 
cordana zusammen  genannt  werden  mit  denen  von  Doc,  dem 
heutigen  teil  da  ük^  NO.  von  teil  kurdäni.  1228  kommt  als  dem 
Orden  gehörig  vor  ein  kuweiküt  benachbartes  Casale  Beroeth^) 
h.  el-herioe  im  O.  von  Accon. 

In  der  Gegend  von  Tyrus  verdankte  der  Orden  einer  Schen- 
kung Philipps  von  Montfort,  des  Herrn  von  Tyrus  und  Toron, 
welche  dessen  Sohn  Johann  1260  bestätigt  6),  den  Besitz  des 
heute  noch  erhaltenen  Dorfes  Marön;  auch  von  den  zur  Be- 
stimmung der  Grenzen  angegebenen  Orten  sind  An  der  quiffe 

1)  Nr.  90  (p.  94,.  2;  p.  289  Nr.  10). 

3)  Nr.  267  (p.  287';  vgl.  Nr.  217  [p.  237  :  quod  est  situm  in  piano  Accon 
juxta  viam,  quae  vadit  apud  Coquetam  casale. 

4)  Nr.  142  (p.  177).  5)  p.  295  (Nr.  17). 
6)  Nr.  139  (p.  168). 

Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  IV.  12 


176 

in  deir  k'ifa,  Torciase  in  ez-Zerife  [sarifa  d.  engl.  Karte. 
Anm.  (l.  Red.]  und  Nyha  in  niha  noch  nachAveisbar.  Ferner  be- 
sass  der  Orden  dort  die  Dörfer  Megedelli.  medschedil  (OSO. 
von  Siir)  und  Tour  h.  türa  (ONO.)^).  In  dem  westlichen  Theil 
der  später  zu  einem  Gebiete  vereinigten  Seigneurien  von  Tyrus 
und  Toron  hatte  der  Orden,  der  in  Toron  selbst  ein  Hospital  be- 
sass ,  in  Folge  einer  Schenkung  Humfrieds  von  Toron  2)  je  die 
Hälfte  von  der  Burg  von  Toron  selbst  und  von  Castrum  Novum, 
einer  OMO.  davon  gelegenen  Burg,  die  als  Grenzhut  nach  dem 
Jordan thal  hin  von  Bedeutung  war. 

Endlich  mag ,  um  diese  Gruppe  abzuschliessen ,  noch  er- 
wähnt werden,  dass  der  Orden  im  Osten  des  Todten  Meeres,  im 
Lande  Mo  ab  (in  teri'a  Craki)  in  der  Nachbarschaft  der  berühmten 
Burg  Kerak,  ein  Casale  Cansir  hatte,  h.  chanzlre  an  der  von 
Kerak  nach  S.  führenden  Strasse,  mit  dessen  Besitz  das  Recht 
freier  Schiffahrt  auf  dem  Todten  Meere  verbunden  war;  die  Ge- 
gend ist  noch  heute  ihres  Wasserreich thums  wegen  bemerkens- 
werth  3) .  In  dem  Gebiete  des  noch  weiter  südwärts  in  die  Wüste 
hinein  vorgeschobenen  grossen  Castells  Montroyal  h.  scJwhek 
besass  der  Orden  ein  heute  nicht  mehr  nachweisbares  Casale  Be- 
nisalem^). 

V. 

Auch  in  der  Grafschaft  Tripolis  hat  der  Johanniter- 
orden  frühzeitig  festen  Fuss  gefasst  und  mit  dem  Wachsthum 
seiner  militärischen  Bedeutung  einen  immer  beträchtlicheren  Be- 
sitz von  Gütern  und  Burgen  erworben.  Schon  1120  finden  wir 
das  Hospital  im  Genüsse  der  Zehnten  von  mehreren  Ortschaften 
und  einer  Anzahl  von  Kirchen,  deren  Wahrnehmung  seinen 
Geistlichen  zustand.  Das  betreffende  Gebiet  erstreckt  sich  nach 
S.  bis  Calamonh.  kalcmwn^  an  der  Küste  S.  von  Tripolis^). 
Diese    Güter   wurden    später   Gegenstand   eines    Rechtsstreites 

1;  Ibid.  u.  Nr.  224  (p.  266). 

2)  Nr.  34  fp.  36).  3;  Baedeker  191. 

4)  Nr.  29  (p.  31)  u.  Nr.  02.  —  chanzlre  wird  in  dieser  Urk.  der  terra  Pe- 
tracensis  zugezählt. 

■")  1.  c.  1,  ]).  269.  Über  die  dem  Orden  in  der  Stadt  Tripolis  in  Bezug  auf 
Wassernutzung,  Fischerei,  Handel  zustehenden  Gerechtsame  s.  Nr.  126 
(p.  147). 


177 


zwischen  dem  Orden  und  dem  Bischof  von  TripoHs,  welcher  von 
den  in  seinem  Gebiet]  gelegenen  Ordensbesitzungen  den  kirch- 
lichen Zehnten  gezahlt  haben  Avollte ;  er  drang  damit  nun  in  Be- 
treff der  Güter  des  Ordens  im  Sprengel  von  Artasia  nicht  durch, 
während  der  Orden  von  den  im  Sprengel  von  Areas  gelegenen 
den  Zehnten  zu  zahlen  verurtheilt  wurde  ^).  InRafaniah.  Ra- 
fine  [nach  Jäküt  II,  796  rafamje.  Anm.  d.  Red.]  (NO.  von 
Tripolis)  gehörte  dem  Orden  ein  Hospital  nebst  den  zu  dessen 
Unterhalt  bestimmten  Gütern,  ebenso  das  auf  dem  Mons  Pelle- 
grinus  vor  der  Stadt  Tripolis  selbst;  auch  Casalien  bei  Tor- 
tos a  standen  ihm  zu  2) .  Von  den  damit  an  den  Orden  gekom- 
menen Ortschaften  3)  im  O.  von  Tripolis  ist  M  i  s  d  e  1  i  a  h.  medsch- 
delaj'a^  Alma  h.  alma,  Ceraphtenie  h,  Kefr-Haije  (S.  von 
Tripolis)  und  Bahani  h.  Bschennin.  Bedeutend  vermehrt 
wurde  der  Besitz  des  Ordens  in  jener  Gegend  durch  eine  Schen- 
kung Raimunds  von  Tripolis  im  Jahr  1145  ^),  welche  ausser  der 
Stadt  Rafaniah.  Rafine  (NO.  von  Tripolis)  und  ihrem  Ge- 
biete namentlich  die  Herrschaft  Mons  Ferrandiis  h.  härin'^) 
mit  allem  Zubehör,  auch  allen  davon  abhängigen  adligen  und 
bürgerlichen  Lehen  und  sonstigen  Rechten  umfasst.  Bei  der 
durchaus  ungenügenden  Beschaffenheit  der  für  diesen  Theil  Sy- 
riens bis  jetzt  zur  Verfügung  stehenden  Karten  6)  ist  eine  Identi- 
ficirung  der  bei  dieser  Gelegenheit  genannten  zahlreichen  Ort- 
schaften leider  nicht  möglich.  Nur  eine,  Cratum  ist  als  Ca- 
strum  Curdorum  h.  haVat-el-hösn  später  zu  grosser  Be- 
rühmtheit gelangt :  dasselbe  ist  nachmals  eine  der  Hauptburgen 
des  Ordens  in  jenen  nördlichen  Landschaften  gCAvesen  und  war 
für  die  Vertheidigung  der  wankenden  christlichen  Herrschaft  von 
hohem  Werthe.  Offenbar  handelte  es  sich  bei  jener  Schenkung 
Raimunds  von  Tripolis  und  den  späteren  Ergänzungen  und  Erwei- 
terungen derselben  zunächst  auch  —  wde  bei  den  früher  bespro- 
chenen Besitzungen  um  Tiberias  und  den  Berg  Tabor  und  denen 
bei  Bet-dschibrin  —  um  eine  im  Interesse  der  christlichen  Kir- 
che ergriffene  militärische  Maassregel  und  die  Errichtung  einer 

1;  Nr.  7  (p.  7),  2)  Nr.  9. 

3)  Nr.  11.  4)  Nr.  23. 

5]  Wilhelm.  Tyr.  XiV,  25. 

6   Hier  gerade  verheisst  die  eingangs  erwähnte  Karte  von  E.  G.  Rey  eine 
grosse  Bereicherimg  unserer  Kenntnisse. 

12* 


178 


starken  Grenzmark  gegen  die  feindlichen  Nachbarn.  Dass  der 
Orden  die  Aufgabe  zu  lösen  bestrebt  gewesen  ist,  die  ihm  damit 
gestellt  war,  beweist  u.  A.  eine  Breve  Papst  Alexanders  IV.  von 
1254  1).  In  demselben  wird  dem  Orden  von  allen  im  Gebiete  von 
Cratum  gelegenen  Gütern  der  bisher  gezahlte  Zehnte  erlassen 
unter  Hinweis  auf  die  grossen  Opfer,  welche  derselbe  dem  allge- 
meinen Interesse  dort  gebracht  habe  :  noch  jetzt  habe  er  die  Ver- 
pflichtung übernommen,  in  der  Burg  unausgesetzt  60  Ritter  zum 
Kampfe  gegen  die  Ungläubigen  zu  unterhalten.  Nur  der  Bischof 
von  Aradus  (Ruad)  setzte  die  weitere  Zahlung  der  ihm  gebühren- 
den Zehnten  durch  2) .  Jene  ursprüngliche  Schenkung  Raimmids 
von  Tripolis  hatte  der  Orden  inzA^•ischen  durch  manche  neue  Er- 
w^erbung  ei"s\'eitert  ^) ;  doch  sind  die  von  ihm  im  Gebiete  von  M  a- 
raklea*)  und  von  Tortosa^)  gewonnenen  Güter  heute  — 
wenigstens  mit  den  zui'  Zeit  vorhandenen  ungenügenden  Hülfs- 
mitteln  —  nicht  mehr  nachzuweisen.  1172  schenkt  König  Amal- 
rich,  welcher  damals  die  Herrschaft  Tripolis  administrirte,  dem 
Orden  die  durch  ein  Erdbeben  zerstörten  Castelle  Areas  h.  Ar- 
kas  und  Gibelacar  h.  dschehel  el-akra.  S.  von  der  Mündung 
des  Orontes,  zur  Wiedererbauung  und  alsdann  bleibendem  Eigen- 
thum.  Die  militärische  Bedeutung  auch  dieser  Zuwendung  er- 
hellt daraus,  dass  der  Orden  nicht  verpflichtet  sein  soll,  von  der 
auf  den  Streifzügen  gegen  die  Sarazenen  gewonnenen  Beute  dem 
Grafen  von  Tripolis  den  sonst  schuldigen  Antheil  abzugeben  ^j . 
1174  erhält  der  Orden  von  Hugo  von  Gibeil  das  Casale  Bche- 
stin')  h.  bkesfa,  O.  von  dschebeil  (bei  v.  d.  Velde**:.  Ein  Ca- 
stellum  rubrum,  welches  Raimund  von  Tripolis  1177  dem 
Orden  schenkt**),  scheint  nicht  mehr  zu  existiren.  Von  einer  an- 
dern reichen  Zuwendung  desselben  1181  ^^)  vermögen  wir  wenig- 
stens soviel  mit  Sicherheit  zu  erkennen ,  dass  ihr  Gebiet  sich 
gegen  O.  bis  zum  Orontes  (flumen.  (piod  vulgariter  Fer  nuncupa- 
mus)  und  der  dem  Kurdenschlossc  benachbarten  Ebene  la  Bo- 
quea,  d.  i.  heka  (auch  als  »die  kleine«  bezeichnet  im  Gegensatze 
zu  der  »grossen«),  erstreckte.     Welch   bedeutende  Stellung  der 

1)  p.  273  (Nr.  8).  3)  Nr.  145  (p.  183). 

3)  Nr.  194  (p.  239).  4)  Nr.  38  (p.  39):  Eixserc ;  Luchem. 

5)  Ibid.  Nubia.  6)  Nr.  51    p.  51). 

7)  Nr.  liu    p.  210,.  8)  cf.  Robinson  3,  953  ext. 

9)  Nr.  170  ,p.  212).  10;  Nr.  70  (p.  70). 


179 


Orden  in  dieser  Grenzlandschaft  einnahm ,  zeigt  ferner  eine  Ur- 
kunde Raimunds  von  Tripolis  von  1184i),  -worin  dieser  die  Stadt 
Chamela  d.  i.  Emesa  h.  höms  mit  allen  EinAvohnem  und  Rech- 
ten dem  Orden  übereignet,  indem  er  sich  selbst  nur  den  Genuss 
der  Einkünfte  aus  der  Stadt  iind  den  jenseits  des  Orontes  ge- 
legenen Gebieten  vorbehält.  Auch  machten  die  Vasallen  des 
Grafen  mehrfach  von  der  ihnen  ertheilten  Erlaubniss  zu  Schen- 
kungen an  den  Orden  Gebrauch;  bei  einer  solchen  Gelegen- 
heit-) lernen  wir  ein  Ordenscasale  Suweissa  kennen,  h.  Su- 
w  e i  s  a,  ONO .  von  'A  r  k  a  (bei  v.  d .  Velde) . 

Langwierige  Händel  veranlasste  die  Frage  nach  dem  Rechte 
des  Ordens  auf  das  wichtige  Maraklea.  Dieselben  werfen  zu- 
gleich ein  Licht  auf  die  Beziehungen  des  Ordens  zu  der  in  den 
Bergen  hausenden  Mördersekte  der  Assassinen,  welchen  die  Ein- 
bürgerung der  Ritter  in  ihrer  unmittelbaren  Nähe  sehr  unbequem 
gewesen  zu  sein  scheint.  Denn  »aus  Furcht  vor  dem  Emir  der 
Assassinen«  (timore  domini  Assessinorum) ,  d.  h.  durch  denselben 
bedroht  und  eingeschüchtert,  Hess  sich  Raimund  von  Tripolis  so- 
wohl Emesa  als  auch  das  dem  Orden  schon  früher  überlassene 
Maraklea  1199  wieder  zurückgeben •'^) ,  verhiess  aber  gleichzeitig 
die  baldige  Rückgabe  beider,  wenn  der  Orden  die  ausdrückliche 
Zustimmung  der  nächstberechtigten  Erben  dazu  auszuwirken  im 
Stande  sein  würde.  Offenbar  ist  es  dazu  zunächst  nicht  gekom- 
men :  denn  Maraklea  wurde  später  der  Gegenstand  eines  lang- 
wierigen Rechtsstreites  zwischen  dem  Orden  und  dem  Grafen 
von  Tripolis.  Erst  1234  sprach  der  vom  Papste  mit  der  Schlich- 
tung desselben  beauftragte  Bischof  von  Valenia  die  Burg 
dem  Orden  zu  ^) .  Auf  die  Appellation  des  Grafen  aber  erging 
1241  ein  anderes  Urtheil  des  Patriarchen  Albert  von  Antiochien, 
welches  Maraklea  dem  Grafen  zurückgab,  zugleich  aber  die 
Verpflichtung  auferlegte,  dem  Orden  zur  Entschädigung  eine 
jähi-liche  Rente  von  1300  Byzantinern  zu  zahlen*^). 

Mit  dem  Tempelherrnorden  stritt  der  der  Johanniter  um  die- 
selbe Zeit  um  den  Besitz  von  Byblos  h.  dscheheil.  Während  der 
mehrjährigen  Wirren  nämlich,  die  zu  Anfang  des  13.  Jahrhun- 
derts in  den  Herrschaften   Antiochien  und  Tripolis   und   auch 


1)  Nr.  75.  2)  p.  288  (Nr.  7). 

3)  Nr.  82  (p.  88).  4)  Nr.  117  (p.  127) 

5)  Nr.  118  (p.  129). 


180 

zwischen  beiden  schwebten,  war  dscheheil  von  dem  Fürsten  Rai- 
mund Rupin  von  Antiochien  1210  dem  Johanniterorden  i) ,  durch 
den  mit  Raimund  verfeindeten  Raimund  von  Tripolis  aber  dem 
Tempelherrenorden  zu  eigen  gegeben  worden.  Der  Rechtshandel 
zwischen  den  beiden  Orden,  der  sich  daraus  ergab,  wurde  1221 
durch  den  Spruch  des  päpstlichen  Legaten  Pelagius,  Bischofs  von 
Alba,  dahin  entschieden,  dass  die  beiden  Orden  dscheheil  gemein- 
sam besitzen  und  die  Einkünfte  aus  demselben  unter  sich  theilen 
sollten  2] . 

Im  Besitze  der  Johanniter  finden  wir  im  Gebiete  von  Tripo- 
lis ferner  seit  1204  das  Gut  Tuban  h.  Turan,  O.  von  Tripolis 
am  lüädi-el-bärid  3) .  Als  ein  dem  Orden  gehöriges  und  von  ihm 
zu  Lehen  ausgethanes  Casale  kommt  ferner  mit  dem  unbestimm- 
baren Bo  comb  re  nach  Resmesque  h.  Ras  Meska  [auf  den 
Karten  Ras  Meska.    Anm.  d.  Red.].  S.  von  Tripolis,  vor*). 


YL 

Auch  in  Betreff  der  Güter ,  welche  der  Orden  innerhalb  des 
Fü  rstenthume  s  Antiochien  erworben  hat,  begegnen  wir 
der  schon  bei  Gelegenheit  der  tripolitanischen  Besitzungen  des- 
selben erwähnten  Schwierigkeit ,  dass  nämlich  die  zur  Zeit  vor- 
handenen Karten  von  jener  Gegend  ungenügend  sind  und  em  zur 
Identificining  einer  grösseren  Zahl  von  Ortschaften  durchaus 
nicht  hinreichendes  topographisches  Material  darbieten  &  . 

In  der  Stadt  Antiochien  selbst,  w-o  es  noch  von  der 
Zeit  des  vorherrschenden  commerciellcn  Einflusses  von  Amalfi 
her  einen  besondern  vicus  Amalfitanorum  gab ß) ,  hatte 
schon  das  Johannishospital  manclierlei  Liegenschaften  durch 
Roger  von  Antiochien  geschenkt  erhalten",  und  auch  in  der 
näheren  imd  ferneren  Umgebung  der  Stadt  C'asalien  und  anderen 
Landbesitz  erworben ,   so  namentlich  auch  in  den  Gebieten  von 

l;  Nr.  95  (p.  99);  Bestätigung  von  1215  Nr.   102   ,p.  lOlj  u.  Tresor  des 
chartes  d'Armenie  p.  135. 

2    Nr.  107  (p.  113).  3)  Nr.  87  (p.  92). 

4  Nr.  121    p.  138,. 

5  Die  beste  Karte  von  Nordsyrien  ist  Carte  de  la  montagne  des  Ansaries 
et  du  jjachalik  d'Alep  par  E.  G.  Rey  fo.  Datum,. 

6)  Nr.  25  (p.  27).  7)  Nr.  6.    Vgl.  p.  284  Nr.  (5. 


181  

Härene  h.  härim^),  Kafarda  h.  Kafrtab^j  bei  maarrat-en- 
nomän  und  lielthio,  -welches  letztere  wol  eins  ist  mit  dem 
zwischen  Riha  und  el-Bätra  gelegenen  Belioün^).  Auch  in 
Laodicea  h.  el-liuKMJe  war  der  Orden  seit  1134,  wo  die  Stadt 
noch  wüst  lag .  begütert  ^) .  Bei  Gelegenheit  einer  Bestätigung 
des  Ordensbesitzes  durch  Kaimund  von  Antiochien  im  Jahr  1 149^) 
erfahren  wir,  dass  die  Johanniter  auch  Casalien  besassen  im  Ge- 
biete von  Ar  onia,  welches  entAveder  in  Oroun  (Urima),  NO. 
von  Turbessel  nach  dem  Euphrat  zu  (auf  der  Karte  von  Rey)  oder 
mit  wn'm  [so  Jäküt.  Anm.  d.  Red,]  im  SW.  von  Sirmin  zu  fin- 
den sein  wird.  Das  Casale  Cis  enb  u  rg  im  Gebiete  von  Turbessel 
wird  wol  eins  sein  mit  dem  S.  von  dem  genannten  Orte  liegenden 
teil  zembür.  Die  sonst  in  jener  Gegend  als  Besitz  des  Ordens 
genannten  Casalien  ^    sind  nicht  nachweisbar. 

Jedenfalls  aber  ergeben  die  Urkunden  ein  sehr  stattliches 
Bild  von  dem  Besitze  des  Ordens  in  jenem  nördlichen  Theil  des 
christlichen  Gebietes  und  von  der  Bedeutung  der  darauf  beruhen- 
den militärischen  Stellung  desselben.  Diese  letztere  scheint  na- 
mentlich gegen  das  Füstenthum  Aleppo  gerichtet  gewesen  zu 
sein ,  wenigstens  darf  man  das  daraus  vermuthen ,  dass  bei  einer 
der  vielen  Schenkungen ,  durch  welche  geistliche  und  weltliche 
Grosse  den  Orden  durch  Zuwendung  von  Gütern  und  Renten 
zur  Erfüllung  der  ihm  gestellten  Aufgabe  befähigen  wollten, 
1167  bestimmt  wird,  das  Casale  solle  an  den  Schenker  zurück- 
fallen, wenn  Aleppo  von  den  Christen  erobert  sein  würde ') .  Als 
Bestandtheil  einer  ausserordentlich  reichen  Zuwendung,  die  der 
Orden  ebenfalls  1167  dem  Fürsten  Boemund  von  Antiochien  ver- 
dankte^!, finden  wir  u.  A.  die  Hälfte  des  Gebietes  von  Rugia 
h,  Ruja  [ruwei/ja1  bei  Rey  Roueiha.  Anm.  d.  Red.],  N.  von 
Ma  arrat-en-No'man.  und  Fe  mi  a.  das  alte  A  p  ame  a  im  Orontes- 

1)  Vgl.  Wilh.  V.  Tyrus  V,  1,  v,o  14,  u.  XVII,  1  wo  kaum  10  milliaria  als 
Entfernung  von  Antiochien  angegeben  sind;  die  Lage  beschreibt  Wilh.  Tyr. 
XXI,  25;  vgl.  Baedeker  482.  —  [härim  nach  Jäküt.     Anm.  d.  Red.l 

2)  Wilh.  Tyr.  XI,  p.  497;  XIII,  p.  579  u.  589.  —  Nach  Jäküt  IV,  289 
kefertäb  zwischen  mdarret  en-no'män  und  haleb ;  vielleicht  Kefer  Taal  von 
Rey.   Anm,  d.  Red. 

3)  Baedeker  489.  —  Vielleicht  eher  Behio.  das  Behioh  von  Rey,  S.  von 
kalb  lüze. 

4)  Nr.  158  p.  202;.  5)  Nr.  25  ^p.  27;. 

6)S.  Nr.  37.  7)  Nr.  42.  8)  Nr.  43. 


182 

thale.  Aber  auch  ohne  Lage,  Umfang  und  Werth  der  Ordens- 
besitzungen im  östlichen  Theile  des  antiochenischen  Gebietes 
näher  zu  kennen^  dürfen  wir  auf  deren  ausserordentliche  Bedeu- 
tung daraus  schliessen ,  dass  dem  Orden  dort  geradezu  landes- 
fürstliche Rechte  eingeräumt  waren ,  und  zwar ,  was  besonders 
ins  Gewicht  fällt,  in  Bezug  auf  die  auswärtige  Politik.  Denn  am 
Schlüsse  der  betreffenden  Urkunde  Balduins  heisst  es  ausdrück- 
lich :  »Wegen  des  erwähnten  Gebietes  können  die  Hospitalbrüder 
Krieg  führen ,  wenn  es  ihnen  beliebt ,  und  Waffenstillstand  ma- 
chen, wenn  sie  wollen.  Sobald  sie  mir  den  Abschluss  eines  sol- 
chen Waffenstillstandes  anzeigen ,  werde  ich  denselben  beobach- 
ten und  auch  meine  Vasallen  und,  so  weit  ich  kann,  alle  Christen 
zur  Beobachtung  desselben  anhalten«.  Ja,  der  Fürst  von  Antio- 
chien  macht  sich  weiterhin  in  seiner  Politik  gegenüber  den 
Mohammedanern  sogar  ganz  abhängig  von  der  Autorität  des 
Johanniterordens.  Denn  nach  dem  ferneren  Wortlaute  der  Ur- 
kunde soll  weder  Boemund  von  Antiochien  noch  einer  seiner 
Vasallen  mit  den  Sarazenen  oder  mit  den  zu  diesen  haltenden 
Christen  ohne  den  Rath,  d.  h.  die  Zustimmung  des  Ordens  einen 
Stillstand  eingehen  dürfen ;  thue  er  das  dennoch,  so  solle  der  Or- 
den an  denselben  nicht  gebunden  sein.  Mit  anderen  Worten : 
der  Johanniterorden  war  auf  dem  besten  Wege,  für  jene  wichti- 
gen nördlichen  Gebiete  die  militärische  und  politische  Oberlei- 
tung der  ganzen  fränkischen  Colonie  in  seine  Hand  zu  bringen. 
Im  Laufe  der  folgenden  Jahre  ist  der  Orden  durch  zahlreiche 
neue  Schenkungen  der  verschiedensten  Art^),  die  seinen  Land- 
besitz und  seine  Geldmittel  vermehrten,  diesem  Ziele  wesentlich 
näher  gebracht  worden.  Schon  1 182  z.  B.  kam  ganz  Rugia,  h. 
Ruja  in  seinen  Besitz 2).  Weitaus  der  wichtigste  Punkt  aber  in 
dem  gesammten  Besitze  des  Ordens  im  Antiochenischen  wurde 
die  gewaltige  Burg Margat,  h.  marJmh^  zugleich  eine  der  Haupt- 
stützen für  die  Christen  im  nördlichen  Syrien.  Frühzeitig  ist  der 
Orden  auf  die  Erwerbung  dieser  unvergleichlichen  l^osition  aus- 
gegangen. Schon  1163  hatte  sich  der  Orden  von  Balduin  von 
maräsch  einen  Ort  Namens  Platta  abtreten  lassen,  gegen  tlber- 
nahme  der  Verjjflichtung,  auf  demselben  binnen  Jahresfrist  den 

1)  S.  die  Urkunden  Nr.  49,  55,  p.  281  (Nr.  1),  p.  282  (Nr.  2),  p.  284 
(Nr.  5),  Nr.  76  (p.  7G),  Nr.  210  (p.  251j. 

2)  Nr.  73. 


183 

Bau  einer  Burg  wenigstens  zu  beginnen.  Anderesfalls  sollte  das 
Landstück  an  Balduin  zurückfallen^) .  Ob  etwas  und  was  daraus 
geworden,  wissen  wir  nicht.  Dagegen  ervvarb  der  Orden  1186 
von  Bertrand,  dem  Herrn  von  Margat2),  gegen  eine  demselben 
zu  zahlende  Eente  die  Stadt  Valenia,  h.  hänijäs  mit  dem  be- 
nachbarten Schlosse  Margat 3),  h..  kaVat-markah ^  Avelches  sich 
halbwegs  zwischen  Tortosa  und  Dschebeil  in  einiger  Entfernung 
von  der  Küste  auf  einem  Aveithin  sichtbaren  Berge  erhebt.  Ber- 
trand bekennt  dabei  selbst ,  dass  seine  Mittel  nicht  ausreichten, 
die  Burg  so  im  Stand  zu  halten,  wie  es  das  gemeinsame  Interesse 
der  Christen  bei  der  Nähe  der  Ungläubigen  erforderte.  Einbe- 
griffen sind  in  die  Abtretung  alle  zu  der  Herrschaft  Margat  ge- 
hörigen Casalien,  Grundstücke,  Hörige ,  Einkünfte  und  Gerech- 
tigkeiten jeder  Art.  Um  welch  statthchen  Erwerb  es  sich  dabei 
für  den  Orden  handelte ,  zeigt  die  lange  Keihe  der  als  zu  Margat 
gehörig  genannten  Ortschaften.  Unter  denselben  ist  C  a  d  e  m  o  i s 
h.  Kadmous,  O.  von  Margat,  Laicash.  Alaikas  (Aleika) 
ONO.  auf  der  Key 'sehen  Karte  des  Nosairiergebirges ,  und 
Bokebeis  scheint  in  Verbindung  zu  bringen  zu  sein  mith.  el- 
Quobeijat,  SO.  von  Kadmous  am  östlichen  Abhang  des  Ge- 
birgszug's;  Russa  ist  h.  rmoesch,  S.  von  markah ,  und  in 
Besmesin  steckt  Avohl  h.  Beshnin  (SO.)  [bei  Eey  Beschmis, 
Anm.  d.  Red.].  Auch  für  dieses  Gebiet  erhielt  der  Orden  das 
Recht  über  Krieg  und  Frieden,  und  in  der  Bestätigung  der  Schen- 
kung verspricht  der  Fürst  von  Antiochien,  sich  in  seinen  Be- 
ziehungen zu  den  Ungläubigen  möglichst  nach  dem  Rathe  des 
Ordens  zu  richten. 

Die  nächste  Folge  dieser  glänzenden  Erwerbung  des  Johan- 
niterordens  war  nun  freilich  ein  heftiger  Streit  desselben  mit  den 
Tempelherren.  Denn  diese  behaupteten  auf  Gnmd  früherer  Ab- 
machungen ein  Eigenthumsrecht  auf  eine  Anzahl  der  nun  von 
den  Johannitern  occupirten  Ortschaften  und  Güter.  Beide  Theile 
appellirten  an  die  Gewalt  und  es  kam  zwischen  ihnen  zu  einem 
förmlichen  kleinen  Kriege.  Energisch  trat  Innocenz  HI.  diesem 
Treiben  entgegen ,  das  der  Christenheit  Ärgemiss  gebe  und  den 

1)  Nr.  41    p.  410). 

2)  Du  Gange,  Les  familles  d'outre  mer  fed.  Rey  in  den  Documents  ine- 
dits  sur  l'histoire  de  France)  p.  391. 

3)  Paolil,  Nr.  77  ^p.  77—81). 


184 

Ungläubigen  zum  Yortheil  gereiche :  die  Johanniter  wurden  an- 
gewiesen, die  von  ihnen  besetzten  streitigen  Casalien  sofort  zu 
räumen .  die  Tempelherren,  ihr  Recht  vor  einem  Schiedsgerichte 
in  gebührender  Form  zu  erweisen').  Den  Ausgang  dieses  mit 
grosser  Leidenschaftlichkeit  eröffneten  Streites  kennen  wir  nicht ; 
doch  scheint  der  Johanniterorden  obgesiegt  zu  haben ,  denn  wir 
finden  ihn  später  der  Hauptsache  nach  in  unangefochtenem  Be- 
sitze jenes  wichtigen  Gebiets.  Margat  wurde  das  Haupthaus 
des  Ordens  und  hat  als  solches  eine  sehr  bedeutende  Rolle  ge- 
spielt, und  noch  die  leidlich  conservirten  Ruinen  desselben  lassen 
seine  ausserordentliche  Wichtigkeit  erkennen. 


YII. 

Schon  durch  seine  Lage  war  Margat  zu  einem  Waffenplatz 
ersten  Ranges  bestimmt  -) .  Die  Höhe,  auf  der  die  Burg  liegt,  ist 
ungefähr  dreieckig,  mit  der  Spitze  nach  Süden;  von  den  ostwärts 
liegenden  Nosairierbergen  wird  sie  durch  eine  tiefe  Schlucht  ge- 
trennt ,  während  südwärts  nur  ein  schmaler  Grat  zu  denselben 
hinüberführt .  so  dass  das  Plateau  etwa  wie  eine  Halbinsel  er- 
scheint. Dasselbe  ist  mit  einer  der  dreieckigen  Oberfläche  ent- 
sprechenden dreieckig  gestalteten  doppelten  Befestigungslinie  um- 
geben. Die  äussere  Linie,  zum  Theil  aus  dem  lebendigen  Felsen 
herausgearbeitet,  ist  mit  starken^  meist  runden  Thürmen  versehen. 
Von  der  zweiten  Linie  ist  nur  noch  das  gemauerte  Fundament 
erhalten.  Von  dem  durch  die  innere  Mauer  umschlossenen  Raum 
waren  die  an  der  Grundlinie  des  Dreiecks  liegenden  nördlichen 
zwei  Drittheile  ehemals  eingenommen  von  dem  Flecken,  in  wel- 
chem sich  späterhin  in  Folge  der  zunehmenden  Unsicherheit  der 
Gegend  die  Bewohner  des  nahen  Valenia  h.  hänijüs  und  der 
Bischof  dieser  Stadt  angesiedelt  hatten.  Durch  einen  Graben 
davon  getrennt  hatte  die  eigentliche  Ordensburg  das  südliche 
Drittheil  inne.  In  der  Mitte  ungefähr  des  zu  ihr  gehörigen  Ge- 
bäudecomplexes  erhebt  sich,  von  NW.  nach  SO.  orientirt,  die 
einschiffige  Kirche ,   die  mit  einer  etwas  erhöht  liegenden  Apsis 

1,  p.  :U8  (Nr.  39;. 

2;  Das  Folgende  nach  Key,  L  architecture  militaire  des  croises  en  Syrie 
j).  21  ff.  (in  den  Duc.  in6d.  sur  l'hist.  de  Francej;  der  Plan  von  Margat  eben- 
dort  PI.  II  und  Ansicht  der  Ruinen  PI.  III. 


185 

abschliesst ;  rechts  und  links  von  der  Apsis  liegen  kleine ,  capel- 
lenartige  Räume.  Die  Säulen  und  Capitäle  sind  romanisch  und 
im  Ornament  ganz  einfach  gehalten.  Eine  Thüre  führt  in  den 
der  Kirche  N.  vorliegenden  Burghof,  eine  andere  durch  die  nörd- 
liche Längenwand  in  den  wol  zu  Wohnräumen  bestimmten  Theil 
der  Burg,  der  heute  in  Trümmern  liegt.  "S'ennuthlich  -waren 
diese  Räume  in  Spitzbogenstil  mit  sich  mehrfach  kreuzenden 
Gewölben  aufgeführt,  Avie  wir  das  an  einem  gut  erhaltenen  grossen 
Saale  sehen,  der  gleich  neben  dem  Hauptthore  der  Burg  liegt. 
Südlich  von  der  Kirche,  unmittelbar  an  sie  angrenzend,  zwischen 
ihr  und  dem  die  südliche  Spitze  des  Dreiecks  bildenden  colossa- 
len  Thurm ,  steht  noch  ein  zwei  Stock  hohes  Gebäude ,  dessen 
grosse  Säle  durch  schöne  Bogenfenster  erhellt  sind.  Daran 
schliesst  sich  dann  der  die  Südspitze  füllende  Thurm,  der  Haupt- 
theil  der  Befestigung  von  Margat.  Er  hat  einen  Durchmesser  von 
29  Meter  und  gewaltig  dicke  Mauern,  die  in  beiden  Stockwerken 
von  Schiessscharten  durchbrochen  sind :  diese  sind  so  vertheilt, 
dass  kein  Raum  in  der  Umfassung  des  Thiirmes  unbestrichen 
blieb ,  d.  h.  der  Feind  sich  nirgends  dem  Fusse  desselben  unge- 
straft nähern  konnte.  Die  Decke  zwischen  den  zwei  Stockwerken 
und  die  zwischen  dem  oberen  und  der  Plattform  des  Thurmes 
sind  von  Sprachlöchern  durchbrochen ,  so  dass  die  Yertheidiger 
von  allen  dreien  fortdauernd  mit  einander  communiciren  koim- 
en.  Die  Plattform  war  umkränzt  von  einem  mächtigen  Zinnen- 
wall, die  Schiessscharten  und  ringsum  einen  gedeckten  Gang 
darbot .  und  stand  mit  dem  flachen  Dach  des  zwischen  Thurm 
imd  Kirche  liegenden  zweistöckigen  Gebäudes  in  Verbindung, 
welches  zur  Aufstellung  von  Schleudermaschmen  und  anderen 
"S'ertheidigungsgeräthen  ausreichenden  Platz  darbot.  Nach  We- 
sten stiessen  dann  an  den  Thurm  wieder  Casernements,  natürlich 
auch  zur  Yertheidigung  eingerichtet.  Vorgelagert  aber  ist  dem 
Thurme,  die  äusserste  Südspitze  des  Plateaus  einnehmend,  ein  in 
den  Zug  der  äusseren  Mauer  eingefügtes  Vorwerk,  welches  halb- 
kreisförmig vorspringt  und  so  den  Zugang  absperrt,  welchen  der 
von  Süden  zu  dem  Plateau  führende  Felsengrat  einem  Angreifer 
etwa  darbieten  könnte.  Von  dem  nördlichen  Theil  der  eigent- 
lichen Ordensburg ,  dem .  welcher  dem  in  der  äussern  Enceinte 
beschlossenen  Flecken  zugekehrt  ist.  können  wir  uns  bei  der 
Trümmerhaftigkeit  der  zugehörigen  Gebäiule  kein  rechtes  Bild 


186 

mehr  machen.  An  der  Aussenseite,  nach  dem  Flecken  hin,  zieht 
sich  eine  starke,  mit  Schiessscharten  nnd  gedeckten  Gängen  ver- 
sehene Maner,  an  deren  Fuss  ein  in  den  Felsen  gearbeiteter  Gra- 
ben hinläuft,  während  ihr  westliches  Ende  ein  stattlicher  Thurm 
bezeichnet.  Hat  derselbe  auch  ohne  Frage  schon  der  ursprüng- 
lichen Ordensbiu-g  gegolten,  so  rührt  er  doch  in  seiner  jetzigen 
Gestalt  sicherlich  aus  späterer,  mohammedanischer  Zeit  her. 

Von  der  Geschichte  dieser  gewaltigen  Johanniterfestung 
Avissen  wir  wenig.  Eine  Burg,  der  Sitz  der  vom  Fürsten  von  An- 
tiochien  lehnsabhängigen  Herren  von  Margat ,  hat  dort  sicher 
schon  früher  gestanden ;  \aelleicht  hatten  schon  die  Byzantiner 
auf  dieser  die  Gegend  beherrschenden  Höhe  ein  Castell  errichtet 
gehabt.  Zu  einer  Festung  ersten  Ranges ,  wie  sie  die  mächtigen 
Trümmer  erkennen  lassen ,  kann  Margat  aber  füglich  nicht  vor 
dem  Übergang  in  den  Besitz  der  Johanniter  geworden  sein.  Denn 
die  Aufführung  eines  solchen  Riesenbaues  war  nur  den  gewalti- 
gen Mitteln  einer  solchen  Genossenschaft  möglich.  Das  findet 
seine  Bestätigung  darin,  dass  der  Bau,  "VA-ie  competente  Sach- 
kenner urtheilen ,  sowol  in  Bezug  auf  die  Technik  als  auch  in 
Bezug  auf  den  Stil  und  die  gesammte  Anlage  dem  Anfange  des 
dreizehnten  Jahrhunderts  zuzuweisen  ist.  Ausgeführt  muss  er 
gleich  nach  der  Erwerbung  jenes  Gebietes  durch  den  Orden  sein. 
Denn  Wilbrand  von  Oldenburg,  der  1211  durch  jene  Gegend 
reiste,  fand  die  Burg  vollendet  und  giebt  eine  Beschreibung  der- 
selben, die  mit  den  noch  erhaltenen  Resten  vortrefflich  stimmt*). 
Von  Tortosa  kommend  stieg  Wilbrand  nach  Margat  hinauf:  er 
rühmt  die  Stärke  und  den  Umfang  der  Burg ,  ihre  Doppelmauer 
und  ihre  zahlreichen  Thürme,  die  ihm  weniger  zu  Vertheidi- 
gungszwecken  als  den  Himmel  zu  tragen  bestimmt  scheinen. 
Den  Berg ,  der  die  Vestc  trägt ,  vergleicht  er  einem  Atlas ;  sein 
Abhang  liefert  nach  Wilbrand  der  Besatzung  nicht  weniger  als 
500  Fuhren  Heu 2),  dessen  Einbringung  die  Feinde  wiederholt, 
aber  immer  vergebens  zu  hindern  versuchten.  Dem  Alten  vom 
Berge  und  seinen  Assassinen  soll  Margat  so  imponirt  haben,  dass 
sie  dem  Orden  seitdem  2000  Mark  Silber  jährlichen  Tribut  zahl- 
ten.   Dennoch  sei  man  in  der  Burg  alle  Zeit  vor  einem  plötzlichen 

1,  Laurent,  Peregrinatores  medii  aevi  quatuor  p.  170. 
2)  So  ist  wohl  »annuatim  quinquaginta  plaustra  comdati  novem  (l.novi) 
suis  dominis  ministrat«  zu  deuten. 


18: 


Angriffe  auf  der  Hut:  allnächtlich  machen  28  Wächter  unter  dem 
Commando  von  vier  Ordensbrüdern  die  Hunde  um  die  Mauern ; 
die  stehende  Besatzung  ist  1000  Mann  stark;  in  den  Magazinen 
und  Speichern  aber  soll  auf  AoUe  fünf  Jalire  alles  Nüthige  an 
Proviant  und  Kriegsgeräth  aufgehäuft  gelegen  haben.  Wie  sehr 
die  Gegner  die  Bedeutung  von  Margat  schätzten,  zeigt  ein  Schrei- 
ben des  Emirs  von  Hamah  an  seinen  Vezier']:  »der  Teufel  selbst, 
heisst  es  darin,  hat  sein  Vergnügen  daran  gehabt,  Markab  zu  be- 
festigen :  wie  oft  haben  die  Muselmänner  versucht ,  zu  seinen 
Thürmen  zu  gelangen  und  sind  dabei  in  die  Abgründe  hinabge- 
stürzt. Markab  ist  eine  in  ihrer  Art  einzige  Stadt,  wie  eine  Warte 
auf  der  Höhe  des  Felsens  gelegen,  zugänglich  den  Hilfstruppen, 
unzugänglich  den  Angriffen:  nur  Adler  und  Geier  können  sich 
zu  seinen  Wällen  aufschwingen«. 

Seit  Margat  im  Besitze  des  Johanniterordens  war,  führte  dort 
als  Stellvertreter  des  Hochmeisters  ein  Ordensritter  als  Castellan^) 
das  Commando.  Selbst  Saladin  wagte  die  Veste  1187  nicht  an- 
zugreifen. Nachmals  sass  dort  oben  der  ehemalige  HeiTScher  von 
Cypern,  Isaak  Komnenos,  den  Richard  Löwenherz  der  Obhut 
der  Johanniter  übergeben  hatte,  in  silbernen  Ketten  gefangen. 
Damit  hat  mau  den  Namen  dlwän-el-melik  ^  d.  i.  Zimmer  des 
Königs,  in  Verbindung  gebracht ,  der  im  Volksmunde  an  einem 
noch  leidlich  erhaltenen  Zimmer  nahe  dem  Eingange  der  Burg 
noch  heute  haftet  ^) .  1204  machte  Malek-ed-Daher  einen  vergeb- 
lichen Angriff  auf  Margat.  1267  schloss  der  Orden  mit  Sultan, 
Bibars  einen  10  jährigen  Stillstand  für  die  Gebiete  des  Kurden- 
schlosses und  Margats,  wobei  er  auf  den  Tribut  verzichten  musste, 
den  ihm  bisher  die  Assassinen,  die  Emire  von  Aleppo ,  Hama 
und  Schaisar  gezahlt  hatten.  Zwei  Jahre  später  musste  der  Orden 
auf  alle  zuletzt  mit  den  Mohammedanern  gemeinsam  innege- 
habten Ländereien  "S'erzicht  leisten  und  selbst  die  Einkünfte  der 
Herrschaft  Margat  zur  Hälfte  dem  Sultan  überlassen,  auch  ver- 
sprechen, an  Margat  selbst  keine  Reparatur  mehr  vorzunehmen : 
die  Burg  wurde  also  dem  allmählichen  Verfall  preisgegeben. 
Dennoch  schlug  dieselbe  1280  einen  Augriff  Scifeddins  lialbeis. 
des  Befehlshabers  des  Kurdenschlosses,  und  seiner  wilden  Turk- 

1)  Mitgetheilt  von  Key  a.  a.  O.  p.  37  38. 

2)  Ihre  Liste  giebt  nach  den  Urkunden  bei  Paoli  Key  a.  a.  O.  33. 

3)  Ebendort  29. 


188 

meiienhorde  siegreich  zurück.  Erst  Kelaün  gelang  es,  das  festeste 
Bollwerk  der  Christenheit  im  Norden  Syriens  zu  brechen.  Am 
17.  April  12S5  erschien  derselbe  vor  Margat  und  schlug  sein  Lager 
südlich  von  der  Burg  auf,  auf  dem  Grat,  welcher  das  Plateau  mit 
den  Nosairierbergen  verbindet.  Sechs  gewaltige  Ballisten,  die 
man  in  ihre  Bestandtheile  zerlegt  auf  die  Höhe  gebracht  hatte, 
überschütteten  die  äusseren  Wälle  mit  einem  Hagel  von  Ge- 
steinen und  Geschossen,  wurden  aber  durch  die  Wurfmaschinen 
der  Vertheidiger  zertrümmert.  Durch  neue  AngrifFswerke  aber 
sahen  sich  die  letztern  bald  genöthigt,  das  südliche  Vorwerk  zu 
räumen  und  den  grossen  Eckthuim  der  Burg  zum  Hauptstütz- 
pimkt  der  Abwehr  zu  machen.  Nun  begannen  die  Belagerer  die 
Mauern  zu  untergraben,  trieben  Minen  in  den  Felsen,  in  denen 
dann  Holzstösse  verbrannt  wurden  um  das  Gestein  mürbe  zu 
machen,  so  dass  es,  wenn  die  stützenden  Balken  von  den  Flam- 
men verzehrt  waren,  zusammenbrach  und  die  von  ihm  getragenen 
Mauern  wankten  und  stürzten.  So  wurde  schliesslich  das  süd- 
liche Vorwerk  zu  Fall  gebracht  und  die  Angreifer  fassten  in  dem 
Raum  zwischen  der  äusseren  und  inneren  Mauer  festen  Fuss ;  ein 
Sturm  aber,  den  sie  imternahmen,  wurde  noch  abgeschlagen. 
Daher  nahmen  die  Mineure  ihre  Arbeit  Avieder  auf,  untergruben 
die  Fundamente  des  grossen  Hauptthurms ,  der  als  der  Schlüssel 
der  Festung  anzusehen  war,  und  brachten  denselben  bald  ins 
Wanken.  Da  aber  Kelaün  eine  Burg  von  solchem  Werthe  mög- 
lichst gut  erhalten  gewinnen  wollte ,  so  bot  er  den  Vertheidigern 
Capitulation  an.  Dieselbe  wurde  angenommen,  nachdem  Bevoll- 
mächtigte des  Ordens  sich  von  der  Unmöglichkeit  überzeugt  hat- 
ten, den  Zusammensturz  des  Thiirmes  abzuAvehren.  Die  Ritter 
erhielten  freien  Abzug  nach  Accon ;  jeder  diirfte  seine  tragbare 
Habe  mitnehmen.  Sie  führten  55  völlig  ausgerüstete  Pferde  und 
Maulthiere  mit  fort;  aus  der  Ordensschatzkammer,  die  in  Margat 
gewesen  zu  sein  scheint, durfte  jeder  Ritter  2000  Byzantiner  mit- 
nehmen. Am  29.  Mai  12S5  erfolgte  die  Übergabe.  Kelaün  aber 
Hess  sofort  den  durch  die  Belagerung  angerichteten  Schaden  gut 
machen  und  den  wichtigen  Waffenplatz  völlig  in  Vertheidigungs- 
zustand  setzen.  Mit  einer  zahlreichen  Besatzung  und  150  Mame- 
luken nahm  einer  seiner  Emirs  dort  seinen  Sitz,  dem  die  Gebiete 
von  Antiochien,  Laodicea  und  Kafartab  untergeben  waren. 


189 


VIII. 

Nachdem  wir  nunmehr  die  Besitzungen  des  Ordens ,  soweit 
sie  heute  noch  nachweisbar  sind,  kennen  gelernt  und  dabei  zu- 
gleich eine  Vorstellung  von  der  politischen  und  der  militärischen 
Bedeutung  derselben  gewonnen  haben ,  werfen  wir  schliesslich 
noch  einen  Blick  auf  die  für  dieselben  in  Betracht  kommenden 
wirthschaftlichen  Verhältnisse ,  der  uns  zugleich  ein  Bild  geben 
kann  von  dem  Kulturzustande  Palästina's  im  Zeitalter  der 
Kreuzzüge. 

Von  den  zahlreichen,  ausgedehnten  und  weit  zerstreuten 
ländlichen  Besitzungen ,  einzelnen  Gütern  und  Gütercomplexen, 
welche  der  Orden  allmählich  erworben  hatte,  behielt  er  natürlich 
nur  einen  verhältnissmässig  geringen  Theil  unmittelbar  in  seiner 
Hand,  so  dass  die  betreffenden  Ländereien  unter  Aufsicht  seiner 
Beamten  durch  seine  Diener  und  die  auf  den  Grundstücken  sitzen- 
den Colonen  bebaut  wurden.  Der  Ertrag  dieser  vom  Orden  selbst 
bewirthschafteten  Güter  diente  den  Bedürfnissen  der  in  dem  be- 
treffenden Bezirk  gelegenen  Ordenshäuser  und  Spitäler.  Alle 
diese  unmittelbar  zum  Unterhalt  des  Ordens  und  seiner  Glieder 
dienenden  Ordensgüter  waren  von  allen  Abgaben,  namentlich 
auch  dem  kirchlichen  Zehnten  eximirt  i) .  Von  denjenigen  Gütern 
jedoch,  die  er  nicht  in  dieser  Weise  zu  eigenem  Bedarf  verwen- 
dete, sondern  irgendwie  anders,  also  nur  mittelbar  nutzbar  machte, 
hatte  der  Orden  dem  betreffenden  Bischof  den  kirchlichen  Zehn- 
ten zu  entrichten  2) .  Doch  wurde  er  davon  nicht  selten  durch  be- 
sondere Verleihung  befreit  3)  oder  ersetzte  den  Zehnten  durch  ein 
meist  niedrig  bemessenes  Pauschquantum.  Von  anderen  Gütern 
entrichtete  er  nur  den  halben  Zehnten  *) . 

Bei  weitem  den  grössten  Theil  seines  reichen  Landbesitzes 
that  der  Orden  natürlich  aus.  Das  konnte  auf  zweierlei  Art  ge- 
schehen. Entweder  gab  er  ganze  Güter  oder  gar  Gütercomplexe 
zu  Lehen  und  übte  dann  den  damit  beliehenen  gegenüber  alle 
die  Rechte  aus,  w-elche  dem  Lehnsherrn  in  militärischer  und 
jurisdictioneller  Hinsicht  dem  Lehensmann  gegenüber  ziistanden, 
und  ihm  schuldeten  die  Beliehenen  alles,  was  der  Vasall  seinem 

1)  Paoli  I,  p.  268  u.  Nr.  10  (p.  10). 

2)  Nr.  8  u.  Nr.  13.  3)  Nr.  69.  4)  Nr.  7,  21. 


190 

Herrn  zu  leisten  hatte.    So  erwarb  der  Orden  z.  B,  1170  in  Be- 
zug auf  die  Burgen  Arkas  und  Dscliebel  Akkar  ganz  die  Rechte, 
die  bisher  dem  Grafen  von  Tripolis  zugestanden  hatten  i) ,  und 
1261  gewinnt  er  in  ganz  gleicher  Weise  die  Seigneurie  Arsur^). 
Kam  in  einem  solchen  Gebiete  dann  noch  die  Kriegshoheit  an 
den  Orden,  so  hatte  derselbe  thatsächlich  landesherrhche  Rechte 
inne.    Viel  häufiger  aber  vergab  der  Orden  seine  ländlichen  Be- 
sitzungen nicht  in  compakter  Masse  als  Lehen ,   sondern  in  ein- 
zelnen Casalien  oder  Theilen  von  solchen  zur  Bebauung  und  Be- 
wirthschaftung  an  einzelne  Unternehmer,  inid  zwar  nicht  blos 
Christen,   sondern  auch  Sarazenen.     Dieselben  hatten  dann  je 
nachdem  einen  bestimmten  Theil  des  Ertrages  in  natura  abzulie- 
fern oder  einen  jährlichen  Pachtzins   zu   zahlen;   zuweilen   ist 
beides  combinirt^).    AYurden  Ländereien  an  Einheimische  ver- 
geben, so  geschah  das  nicht  selten  in  der  Weise,  dass  eine  ganze 
Gesellschaft  von  solchen ,  eine  Familie  oder  ein  Tribus  ein  Gut 
zu  gemeinsamer  Bewirthschaftung  erhielt;  alsdann  lag  die  Lei- 
tung derselben  und  die  Vertretmig  der  Gesellschaft  dem  Grund- 
herren gegenüber  entweder  bei  dem  Aeltesten  oder  emem  gewähl- 
ten Oberhaupte,  welches  den  Titel  Reis  führte '') . 

Übrigens  stand  dem  Orden  an  \-ielen  der  ihm  geschenkten 
Ländereien  kein  unbeschränktes  Eigenthumsrecht  zu.  Mancher, 
der  ihm  eine  Schenkung  zugewandt  hatte,  behielt  sich  auf  Lebens- 
zeit ein  Mitbenutzungsrecht  vor,  etwa  die  Hälfte  des  Ertrages  ^j , 
oder  der  Orden  musste  dem  Schenker  eine  Rente  zahlen*^);  von 
anderen  hatte  er  gewisse  Summen  an  Geistliche  und  Kirchen  zu 
zahlen').  In  anderen  Fällen  bestanden  solche  Verpflichtungen 
auch  den  Erben  des  Stifters  gegenüber  fort "") .  Auch  die  Pachtung 
einzelner  Casalien  oder  ganzer  Casaliencomplexe  auf  länger  be- 
messene Zeiträume  durch  den  Orden  kommt  vor:  z.B.  pachtet 
derselbe  1259  die  vier  Casalien  des  Erzbisthums  Nazareth  auf  40 
Jahre  gegen  2000  Byzantiner  jährUch"),  ein  Geschäft,  das  bald 

DNr.  51.  2)  Nr.  140.  3;  Nr.  21. 

4)  Paoli  I,  p.  294  (Nr.  18j  wird  z.  B.  der  Casale  Jubeil  übergeben  pro 
dicta  domo  tenusdam,  laborandum  et  custodiendum  llaiccio  Abet  et  Geme- 
radi  etc. 

5)  Nr.  73.  6)  Nr.  52.  187.  7)  Nr.  185. 
8)  Nr.  20.  219.                  9)  Nr.  133  (p.  182). 


191 


danach  auf  den  gesammten  Landbesitz  des  erwähnten  Erzbis- 
thums  gegen  eine  Pacht  von  14.000  Byzantinern  ausgedehnt 
wurde  ^) . 

Nicht  unbeträchtlich  war  ferner,  was  der  Orden  aus  den 
Lieferungen  gewann ,  zu  denen  einzelne  Güter  und  Grundstücke 
ihm  verpflichtet  waren.  \on  dem  einen  erhielt  er  ein  be- 
stimmtes Gewicht  an  Weintrauben  für  seine  Kelter  2) ,  von  dem 
anderen  Zucker  zum  Bedarf  der  Kranken  im  Ordenshospital  zu 
Accon  3) ;  ein  Edler  stiftet  ihm  zum  Dank  für  die  ihm  zur  Befreiung 
aus  sarazenischer  Gefangenschaft  geleistete  Hilfe  eine  Spende 
von  10  Scheffeln  Getreide  jährlich^) .  Anderwärts  hatte  der  Orden 
nutzbare  Eechte ,  z.  B.  das  des  Fischfanges  im  See  Tiberias  ^j , 
während  ihm  der  Zehnte  zustand  von  den  Fischen,  die  bei  Tripolis 
in  dem  an  sein  dortiges  Haus  und  dessen  Garten  stossenden 
Stücke  des  Meeres  gefangen  wurden  "^l . 

Für  alles  dasjenige,  was  der  Orden  zum  eigenen  Bedarfe  auf 
seinen  Schiffen  aus  dem  Abendlande  einführte  oder  durch  andere 
einführen  liess,  genoss  er  Zollfreiheit  ^).  Besonders  reichen  Ge- 
winn zog  er  aus  den  Einkünften  gewisser  Zollstätten,  an  denen 
ihm  ein  Antheil  verliehen  Avar:  so  z.  B.  in  Accon  ^l,  in  Tripolis  ^j 
und  in  Antiochien  ^^) .  wo  ihm  auch  der  Ertrag  des  Weinzolls,  der 
Seifensiederei  und  der  Gerberei  angewiesen  war^-). 

In  seiner  Eigenschaft  als  eine  zugleich  auch  kirchliche  Ge- 
nossenschaft zieht  er  von  einzelnen  Casalien  und  zuweilen  auch 
von  ganzen  Landschaften  gewisse  kirchliche  Einkünfte,  z.  B.  den 
kirchlichen  Zehuten  '-  ;  anderswo  fiel  ihm  ganz  oder  theilweise  die 
tallia  Surianorum.  d.  h.  die  von  den  syrischen  Bauern  zu  zah- 
lende Abgabe  oder  Kopfsteuer  zu  '^  . 

Aber  auch  Menschen  finden  wir  unter  dem  nutzbaren  Be- 
sitz des  Ordens,  nicht  blos  soweit  solche  als  grundhörige  Bauern 
auf  den  dem  Orden  übereigneten  Gütern  sassen ' ') .  sondern  auch 

1)  Nr.  136  ip.  1G6).  2]  Nr.  :J2. 

3)  Nr.  207  p   249).  4)  Nr.  214  (p.  255,. 

5)  Nr.  199  (p.  242).  6)  Nr.  12()  p.  HT  . 

7)  Nr.  11.  8)  Nr.  1S9  (p.  2;M  . 

9)  Nr.  211  p.  251).  10)  Nr.  112  (p.  12u  . 

IV  Nr.  113.  114.  12)  Nr.  98  fp.  152  . 

13   Nr.  19>  p.  242  .  14)  Nr.  7t). 

Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  IV.  13 


192 


einzelne  Iranern  villani)  an  einzelnen  Orten  i);  ja  einmal  schenkt 
jemand  nicht  blos  sein  Haus,  sondern  sich  selbst  dem  Hospital  2j . 
Hierbei  kommen  besonders  die  Beduinen  in  Betracht.  1160 
z,  B.  schenkt  König  Baldiiin  dem  Orden  60  Zelte,  d.  h.  doch 
wol  Familien ,  Avas  offenbar  nur  dahin  zu  verstehen  sein  dürfte, 
dass  der  Orden  Vollmacht  erhält  sich  so  viel  aus  der  Zahl  der 
noch  freien,  noch  nicht  einem  bestimmten  Besitzer  übereigneten 
anzueignen  ^);  1178  bestätigt  derselbe  dem  Orden  eine  Schenkung 
Amalrichs  von  Nabulus  zu  der  auch  acht  Beduinentribvis  mit  im 
ganzen  103  Zelten  gehören *);  die  Schenkung  begreift  ausdrück- 
lich auch  diejenigen  zu  jenen  Tribus  gehörigen  Beduinen,  die  zur 
Zeit  im  Gebiete  der  Ungläubigen  weilen :  sie  sollen  Eigenthum 
des  Ordens  werden,  sobald  sie  das  christliche  Gebiet  betreten^) . 
AVie  hoch  sich  etwa  der  Gesammtertrag  aus  allen  diesen  Gü- 
tern, Grundstücken,  Renten  und  nutzbaren  Rechten  des  Ordens 
jährlich  belaufen  haben  mag,  sind  wir  natürlich  ganz  ausser 
Stande  auch  nur  annähernd  zu  schätzen.  Dass  es  sich  dabei  aber 
um  gewaltige  Summen  handelte ,  ist  zweifellos.  Der  Orden  war 
frühzeitig  auch  eine  finanzielle  Macht :  konnte  er  doch  Raimund 
von  Tripolis  mit  der  colossalen  Summe  von  37,000  Byzantinern 
aushelfen,  d.  h.  1,350,000  Francs  Metall  =2,800.000  Francs 
Courswerth !  A\  ie  der  Orden  diese  Summen  verwandte ,  lässt 
sich  nur  vermuthen.  In  der  älteren  Zeit  standen  dafür  ohne 
Frage  die  ursprünglichen,  dem  Orden  durch  seine  Statuten  vor- 
geschriebenen Zwecke  in  erster  Linie.  Johann  von  Würz- 
burg, der  um  1165  das  Heilige  Land  bereiste,  rühmt  die  Mild- 
thätigkeit  des  Ordens,  berichtet  staunend  von  dem  riesigen  Spital 
desselben  in  der  Heiligen  Stadt  und  weiss ,  dass  derselbe  über 
Castelle  und  eine  starke  Kriegsmacht  verfügt '') .  Später  Avird 
darin  wol  so  gut  wie  bei  dem  Tempelherrcnorden  eine  Andennig 
eingetreten  sein,  obgleich  es  den  Anschein  hat,  als  ob  die  Johan- 
niter niemals  in  dem  Grade  verweltlicht  seien  Avie  die  Tempel- 

1)  Nr.  2.  2j  Nr.  12. 

3)  Nr.  3ü.  Ist  diese  Deutung  richtig?,  so  möchte  man  annehmen,  dass  die 
Beduinen,  soweit  sie  nicht  ausdrücklich  jemandem  zu  eigen  gegeben 
waren,  Königsleute  waren,  d.  h.  als  Eigenthum  des  Königs  galten. 

4j  Nr.  0.5. 

5)  Ganz  ebenso  kommen  Nr.  ()6  beduini  Tempil  vor. 

6)  Tobler,  Descriptiones  Terrae  Sac.  p.  15!)  (Leipzig  1874). 


193 

herreii  und  auch  niemals  so  entschieden  militärisch -politische 
Tendenzen  verfolgt  haben  wie  späterhin  der  deutsche  Orden. 
Sicherlich  aber  wird  auch  dieser  Orden  sich  den  nachtheiligen 
Einwirkungen  nicht  ganz  haben  entziehen  können ,  welche  die 
entschieden  ungesunde  Entwickelung  des  Frankenthums  im  Hei- 
ligen Lande  auf  alle  daran  lietheiligten  ausübte ,  und  Avie  von 
dem  Stolze  der  Templer  so  geht  im  13.  Jahrhundert  im  Munde 
des  Volkes  die  Rede  von  der  Eitelkeit  der  Johanniter  ^) . 

1)  Boban  d'Hospitaliers  bei  Crapelet,  Proverbes  et  dictons  francais  aus 
13e  et  Uesi^clesp.  25/27. 


Der  Name  cliau  miuje. 

Von  Professor  Dr.  J.  Gildemeister  in  Bonn. 


Wie  notliwendig  es  sei.  "vvenn  man  zur  Bestimmung  von  Orts- 
lagen die  Namensfonn  herbeiziehen  will  oder  rauss,  die  philolo- 
gischen und  etymologischen  Verhältnisse  derselben  richtig  zu 
verstehen,  mag  an  einem  Beispiel  dargelegt  werden. 

Die  verschiedene  Gestalt,  unter  der  obiger  Name  bei  den 
Reisebeschreibern  und  zwar  (vergl,  Robinson  Paläst.  III,  541) 
seit  FiJRER  1560  axiftritt;  elmoinie,  elmuny .  elmenie,  menieh. 
mini,  mennye  (so  I^jurkuakdt)  u.  a.,  führt  auf  das  Wort,  das 
nach  den  Autoritäten  Jäküt,  Lubballobäb.  Kämüs  wntev'adsc/iaba] 
el-mimja  zu  vocalisiren.  vielfach  aber  durch  Einwirkung  des  fol- 
genden j  namentlich  in  Ägypten  (sehr  viele  Formen  bietet  aus 
den  Reisebeschreibern  das  Register  zu  Hartmanns  Africa  1799) 
minje  gesprochen  und  so  auch  in  A'ulgärtexten.  z.  B.  in  einem 
von  NicoLL  Catal.  ms.  Bodl.  II,  415citirten  Steuerverzeichniss, 
arabisch  geschrieben  ist.  Von  den  arabischen  Lexicographen  wird 
es,  zum  Zeichen  dass  es  in  dieser  Bedeutung  kein  altarabisches 
ist.  nicht  aufgeführt  und  findet  sich  daher  auch  nicht  in  unsern 
Wörterbüchern;  ohnehin  ist  sein  Vorkommen  fast  ganz  auf 
Ägypten,  avo  einige  Hunderte  von  Orten  so  lieissen,  und  auf  Spa- 
nien beschränkt.  Es  bedeutet  Villa,  Landhaus,  Landgut,  Gehöft, 
Weiler ,  kleines  Dorf  (in  der  aus  dem  .Syrischen  stammenden 
Übersetzung  der  biblischen  Chronik  drückt  es  kafrnn,  Dörfchen, 
aus  1.  4,  33;  6.  41  if.  u,  oft),  in  Spanion  speciell:  Garten.  Park. 
Es  wird  dann  davon  ein  l'lural  nach  arabischem  Bildungsgesetz  : 
mu7m  abgeleitet.  Als  Appellativ  erfordert  es  ursprünglich  einen 
Genetiv,  den  des  Besitzers,  des  nahe  gelegenen  Ortes,  oder  ein 
Adjectiv,  l)is  es  endlich,  wenn  die  Orte  grösser  oder  bedeutender 
geworden,  abgekürzt  für  sich  allein  gebraucht  wird,  wie  munjal 


195 

ihn  chasib  am  Nil  jetzt  bloss  Monieh.  Minieh,  Menieh  heisst.  Die 
AnAvenduiig  des  AVortes  lässt  sich  bis  in  das  erste  Jahrhundert 
des  Islam  verfolgen.  Der  im  Jahr  SO  ^699)  gestorbene  Bruder 
des  Chalifen  'Umar  ihn  Abdalaziz,  El-aslagh,  erbaute  sich  die 
munjat  el-aslagh^  die  noch  282  (905)  und  später  geschichtlich  er- 
Avähnt  wird  Abulmahäsin  II,  100.  160.  212),  El-chasib,  Steuer- 
director  unter  Harun  190  (806),  oder  sein  Sohn  unter  Mämün  jene 
munjat  [ibn]  el-chasib  jMakr.  Chitat  I,  205),  ein  reicher  Christ  An- 
diina  (Antonius)  unter  Ahmed  ibn  Tülün  um  870  die  munjat  an- 
clüna  das.  208).  Andere  vor  der  Fätimidenzeit  s.bei  Ibn  Chall. 
175  ult.  Slane  =  2,  69,  14  Wüst,  und  644,  22  Slane.  In  Spanien 
richtete  der  erste  Umajjade  Abdalrahmän  nach  seinem  Regie- 
nmgsantritt,  also  bald  nach  139  (756),  bei  Cordova  einen  Pracht- 
garten ein,  Cien  ex  mimjat  er-7'usäfa  nannte  iMakk.  I,  304).  In 
Syrien  ist  der  Name  seltener;  ein  Beispiel  ZDPV.  II,  14  vergl. 
Dschihän-numä  589,  17.  Eine  guastina  Elmnnie  zum  casale 
Maharoua  im  Gebiet  von  Tyrus  (wohl  m^aJiriimä  bei  Quatr. 
Maml.II,  1,  174,  13)  zählt  im  Jahr  1243  der  Bailo  Marsiglio 
unter  den  Venetianischen  Besitzungen  auf.  Tafel  und  Thomas 
Urkunden  der  Stadt  Venedig  (Fontes  rer.  Austr.)  II,  376. 

Die  sicherste  Ableitung  des  Fremdwortes  ist  die  zuerst  von 
Adler  (in  Eeiske's  Abulfeda  III,  751)  aufgestellte  von  dem  kop- 
tischen 'eigentlich  griechischen)  [xovyj  »mansio ,  habitatio ,  statio 
navium,  mansiones  lunae«  Peyron.  Dem  Genus  folgt  die  ara- 
bische Femininendung.  Aus  Äg)-pten  wird  das  AVort  früh  von 
den  Ansiedlern  nach  Spanien  mitgenommen  sein,  erst  später  kam 
es  nach  Syrien.  Wenn  Mukaddasi  375  985)  es  noch  nicht  zu 
kennen  scheint  und  sich  von  einem  Spanier  als  »Garten«  erklären 
Hess  (S.  135),  so  bezieht  sich  das  avoIü  bloss  auf  den  speciellen 
Gebrauch  für  den  meilenweiten  Park  bei  Granada. 

Der  chän  am  galilaeischen  See  ist  daher  benannt  nach  einer 
munja,  bei  der  er  lag,  und  die  einen  zweiten,  uns  unbekannten 
Namen  im  Genetiv  nach  sich  gehabt  haben  muss.  Welcher 
dieser  gewesen,  sagt  kein  Zeugniss.  Wetzstein  bei  De- 
litzsch Ein  Tag  in  Capernaum.  1873.  S.  147  hörte  die  Ruinen 
südlich  vom  Chan  mlnet-el-ghuwer ,  Hafen  des  gJnncer  nennen, 
was  gegenüber  der  bei  allen  Reisenden  so  constanten  Benennung 
doch  nur  ein  neueres  Missverständniss  sein  kann.  Es  Hesse  sich 
daraus    etwa    auf  eine    frühere    Benennung  munja   des   ghuwer 


196 


schliessen,  wobei  denn  diese  die  einzige  im  gliuwer  gewesen  und 
im  Gegensatz  zu  einer  ausserhalb  des  glmic^r  benannt  sei  (w^o- 
gegen  allerdings  chcm  el-ghuioer  zum  Unterschiede  von  den  übri- 
gen auf  der  Damascusroute  liegenden  ganz  passend  gesagt  werden 
kann' .  Aber  da  alle  sonstige  Bestätigung  fehlt,  so  wird  man  Be- 
denken tragen  den  Schluss  zu  ziehen.  Eher  wird  man  eine  an- 
dere Vermuthung  wahrscheinlich  finden  dürfen. 

KazAvini  erzählt  in  seinem  geographischen  Lexicon  145,  22 
oder  in  den  Wundern  der  Schöpfung  193,  6  (in  ExHE'sÜbsg.  394): 
im  Landstrich  von  Tiberias  sei  ein  Ort  (oder  Dorf)  mit  sieben 
Quellen,  deren  Wasser  sieben  Jahre  lang  fliesse  und  die  nächsten 
sieben  Jahre  versiegt  sei  (wie  dergleichen  Regelmässigkeit  ja  auf 
natürliche  Erscheinungen  hin  öfters  fabulirt  Avird).  Dies  muss 
sofort  an  das  Heptapegön  erinnern ,  Avelches  nach  der  oben  II, 
59  gegebeneu  Ansetzung  auf  oder  an  dem  Gebirgszug  oberhalb 
cliZm  minje  gelegen  hat^) .  Ferner  erzählt  Kaz  wini  (Lex.  183,  2, 
Wunder  195,  1,  bei  Ethe  397)  nach  dem  Bericht  des  Ta'älibi 
(f  1048  Chr.)  von  einer  im  Landstrich  von  Tiberias  gelegenen 
Quelle,  Avelche  diese  Eigenschaft  gehabt,  und  die  sicher  mit  jenen 
sieben  Quellen  identisch  ist,  und  hier  wird  nun  gesagt,  dass  sie 


1 )  Dazu  ist  nur  zu  bemerken,  dass  die  Worte  der  ausführlicheren  Recen- 
sion  des  Theodosius  'ßirsabee'  und  'aut  fedus  putei,  quod  pepegit  Abraham 
mit  Hecht  von  Tobler  als  unechter  Zusatz  bezeichnet  sind  (Birsabee  kann 
sprachlich  nicht  'sieben  Brunnen'  heissen  und  des  Josephus  nördlicher  Gränz- 
ort  üntergalilaea's  unmöglich  hier  gesucht  werden)  und  dass  die  Angabe 
'milia  ij'  für  die  Entfernung  von  Magdal um  zu  den  7  Quellen  und  dem  Ort  der 
Speisung  der  5000  in  der  kürzeren  Recension  nur  in  einem  nicht  sehr  cor- 
recten  Codex  des  achten  Jahrhunderts  und  einem  des  zAVölften  steht,  während 
drei  Handschriften  aus  dem  achten  und  neunten,  sowie  drei  aus  dem  zwölften 
keine  Entfernung  angeben  und  alle  Handschriften  der  ausführlichen  Re- 
cension fünf  Meilen  bieten.  Epipuanius  Hagiopol.  p.  59  Allatius  oder 
p.  9  DiiESSEL  giebt  dafür  eine  (röm.)  Meile;  wenn  er  indess  das  Kloster 
Heptapegön  und  den  Speisungsort  der  5000  zwei  Meilen  von  seinem  Caper- 
naum  setzt,  so  stimmt  dies  zu  der  angenommenen  Lage.  Die  übrigen  geben 
keine  Zahlennotiz,  aber  deuten  auf  denselben  Fleck.  Arculf  setzt  den  Ort 
der  Brotvermehrung  zwischen  Tiberias  und  Capernaum  die  Lesart  'per  bivium 
habent  giebt  schwerlich  einen  Sinn,  nur  '])ervium  habent,  wie  die  meisten 
Codd.,  auch  Y  p.  411  lesen,  so  dass  der  topographische  Schluss  aus  der  Gabe- 
lung des  Weges'  nicht  gezogen  werden  darf),  das  sog.  Commemoratorium  ver- 
bindet Heptapegön  am  ?  die  Praeposition  fehlt)  Tiberiassee  mit  der  Speisung 
der  5000,  XifEPiroRis  Call,  mit  der  der  4000. 


197 

bei  einem  Dorf  munjat  hischäm  liege.  Ist  nun  jene  Localisirung 
der  ETTTa  Trr^Yai ,  wie  nicht  zu  bezweifeln,  sicher,  so  Aviire  damit 
der  vielleicht  auf  den  Umajjadenchalifen  Hischäm  (723 — 742  Chr.) , 
welcher  viele  Landgüter  anlegte  (Wkil,  Gesch.  d.  Chal.  I,  654), 
zurückgehende  Namen  gegeben. 

Die  Verkürzung  in  blosses  munj'a  wird  nach  dem  oben  ange- 
gegebenen Gebrauch  veranlasst  sein,  weil  hier  eine  Hauptstation 
der  Strasse  von  Damaskus  nach  Ghazza  und  es,  wenn  nicht  über- 
haupt schon  der  in  der  Gegend  einzige,  dadurch  der  bekannteste 
Träger  des  Namens  war.  Tiberias,  das  bei  den  früheren  Routen- 
beschreibern  die  Station  bildet,  war  nach  der  Zeit  der  Kreuzzüge 
bald  verfallen ,  und  an  seine  Stelle  wird  el-munja  getreten  sein. 
das  Ghali  1  ez-zähiri  (p.  20  bei  Rosenmüller  Anal,  arab.) 
1430  als  grosses,  stadtähnliches  Dorf  kannte.  Desshalb  erscheint 
auch  im  Dschihän-numä  (S.  555  vgl.  584,4.  604, 2^  der  galilae- 
ische  See  als  See  von  el-munja\  da  die  Strasse  hier  den  See  er- 
reichte und  bald  dahinter  von  ihm  abbog,  ohne  mehr  Tiberias  zu 
berühren ,  konnte  der  Ort  von  den  Reisenden  als  der  charakte- 
ristische Punkt  für  den  See  aufgefasst  werden.  Über  die  Aus- 
sprache geben  die  Texte  des  Ghali  1,  des  Dschihän-numä  und 
des  Khijäri  (1670)  keine  Auskunft ;  aber  in  dem  Leidener  alten 
Codex  des  Ihn  Schaddäd,  den  Schultens  abdruckte,  vergl. 
S.  98,  ist  nach  de  Goe.je's  freundlicher  Mittheilung  das  Wort 
beidemal  mit  u  bezeichnet,  also  el-munja  gesprochen.  So  erscheint 
es  auch  in  Spanien  in  dem  mehrfachen  Ortsnamen  Almunia  und 
als  Appellativ  in  Urkunden  bei  Ducange. 

Hieraus  folgt ,  dass  wir  das  spät-arabische  Wort  nicht  aus 
einer  Form  der  in  Palästina  früher  gesprochenen  Dialekte  er- 
klären dürfen  und  die  oben  II,  59  versuchte  Zusammenstellung 
mit  Dalmanutha  unzulässig  ist.  Sie  stützt  sich  darauf,  dass 
»mw?/e  in  syrischer  Form  menoto  gelautet  habe.«  Aber  dies,  früher 
nfnätä  gesprochen,  hat  weder  auf  dem  Wege  einer  grammatischen 
"  Analogiebildung ,  die  ein  nicht  existirendes  matiät-un  (mit  der 
arabischen  Nominalendung)  ergeben  hätte,  noch  auf  dem  der  laut- 
lichen UmAvandlung  eines  fremden  Nom.  prop.,  noch  als  Über- 
setzimg [menoto  heisst  Theil.  nicht  so  das  arabische  Wort)  je 
munja  werden  können.  »Manütä  oder  menötö«  [tifnüfa'  wären 
auch  initer  sich  nicht  identisch  imd  jenes  ist  überha\ii)t  kein  sy- 
risches Wort,  so  dass  selbst  um  diesen  Preis  die  Annahme  eines 


198 


Abfalls  der  Silbe  dal  nicht  weiter  führen  Avürde.  Dass  dies  mm 
aber  so  habe  ausgesprochen  werden  können,  dass  ein  Abendländer 
mensa  heraushören  mochte  (wie  Ahnliches  schon  Sepp,  Neue 
architekt.  Studien  1867,  S.  230  meint),  ist  undenkbar.  Die  lis- 
pelnde Aussprache  des  Trav  war  ja  bei  den  Aramaeern  nicht  vor- 
handen und  dies  bildet  ein  Characteristicum  ihres  Dialects,  in 
der  arabischen  Form  miinja  oder  meinethalb  menja  wäre  für  sie 
kein  Platz,  imd  wie  hätte  das  betonte  u  überhört  werden  können? 
Auch  hiervon  abgesehen  fehlt  den  lateinischen  Stellen  alle  Über- 
zeugungskraft ,  dass  das  ohnehin  mit  tabula  wechselnde  mensa 
anders,  denn  als  Appellativ  verstanden  sei.  Die  älteste  Erwäh- 
nung um  808  im  Commemoratorium ,  an  die  Beschreibung  des 
Klosters  Ileptapegon  sich  anschliessend,  lautet  lückenhaft,  wie 
sie  überliefert  ist :  Item  iuxta  mare  ecclesia  quam  vocant  duodec 

pulis  suis;  ibi  est  mensa,  ubi  cum  illis  sedit;   ibi  sunt 

presbyter  j,  clerici  ij.  In  diesem  Zusammenhang  kann  das  eine 
ibi  doch  nicht  anders  verstanden  werden,  als  das  andere.  In  oder 
an  der  Kirche  ist  ein  Priester,  in  oder  an  der  Kirche  oder  zu  ihr 
gehörig  sie  war  wohl  darüber  gebaut,  wie  Tiiietmar  p.  5  Laur. 
ausdrücklich  sagt)  der  Tisch,  wo  er  mit  den  Jüngern  sass.  Das 
kann  doch  nicht  heissen :  in  der  Nähe  ist  eine  (offenbar  an  dieser 
Stelle  auch  nicht  vorhandene)  Ortschaft  Mensa.  Gemeint  ist  das 
Fischfrühstück  Joh.  21,  das  noch  Epiphanius  llagiop.  p.  59  =  1 1 
in  das  Dodekathronon  verlegt,  wie  Thietmar  darauf  ausdrücklich 
mensa  bezieht,  ^und  nur  hierzu  passt  doch  der  Tisch,  der  bei  den 
Umständen  der  Brotvermehrung  keinen  Platz  hat.  Damit  wird 
bei  l^iocAS  p.  13  Allat.  und  vorher  bei  Nicephoriis  die  von  den 
Evangelien  ganz  anderswohin  verlegte  Speisimg  der  5000  ver- 
bunden, und  da  diese  auf  grösserem  Kaum  geschehen  sein 
musste,  so  rückte  der  Name  mensa  weiter  in  die  Höhe.  El-munja 
lag  nach  allem  vgl.  auch  oben  II,  61  Z.  23)  doch  südlich  von 
dem  Bergrücken,  da  wo  noch  die  Spuren  sind,  die  mensa  wird 
nach  II ,  CO  oben  auf  das  Vorgebirge  gesetzt.  Und  auch  später 
wird  nicht  die  Ortschaft,  sondern  der  Platz  der  Speisung  mensa 
oder  ad  mensam  oder  mons  vocatus  mensa  genannt. 

An  dem  sprachlichen  Thatbestande  muss  ebenso  auch  ein 
anderer  etymologischer  A'ersuch  scheitern.  Aus  der  Schreibart 
minhjv  ^  die  ich  in  den  mir  augenblicklieh  zu  Gebot  stehenden 
Texten   nur   bei    Tristkam    The  laiul    of   Israel    1805  p.  491  ff. 


199 

finde,  ist  gefolgert  worden  (Delitzsch  Tag  in  Capernauni  1S73, 
S.  147),  es  sei  eine  Ableitung  von  mlnii  oder  wie  die  Yulgärform 
lautet,  mlna^  Hafen.  Aber  zu  geschweigen,  dass  Tristram  hier 
keine  Autorität  sein  kann,  musste  eine  Ableitung  von  minä,  ja 
nur  mvncivijja  geben,  und  wollte  man  den  Namen  schon  in  alter 
Zeit  von  der  Yulgärform  mlnah  stammen  lassen,  so  müsste  doch 
das  lange  i  der  ersten  Silbe  beibehalten  sein.  Noch  weniger  lässt 
sich  »el-Minieh«  mit  Guerin  Galilee  1880,  I,  216  als  »petit  port« 
fassen;  arabische  Deminutivformen  sehen  bekanntlich  anders  aus. 


Zwei  angebliche  deutsclie  Pilgerschriften  des  15.  Jahr- 

liuiulerts. 

Von  Dr.  Willielm  Erman  in  Berlin. 


In  den  im  vorigen  Jahre  in  Berlin  bei  Weidmann  erschie- 
nenen »Deutschen  Pilgerreisen  nach  dem  Heiligen  Lande,  heraus- 
gegeben und  erläutert  von  Beinholu  Röhricht  und  Heinrich 
]Meisner«  finden  sich  als  Berichte  über  die  -wichtige  Pilgerfahrt 
von  14S3,  der  wir  vor  allem  die  durch  Umfang  und  Gehalt  be- 
deutende, in  verschiedenen  Versionen  erhaltene  Fabri'scIic  Rela- 
tion verdanken,  neben  dieser,  der  Breitenbach  sehen  xmd  der 
von  R.  und  M.  zum  ersten  Mal  publicirten  Reisebeschreibung 
des  Georg  von  Gumppenberg  schliesslich  auf  Seite  503 — 505 
noch  zwei ,  ein  und  derselben  Quelle  entnommene ,-  l^erichte  in 
kurzen  Auszügen  mitgetheilt.  Der  erste  ist  angeblich  von  dem 
uns  schon  durch  Fabri  als  Mitreisender  bekannten  Bartscherer 
luid  Lautenschläger  Artus,  hier  Just  Artus  von  Beben  hausen 
genannt ,  verfasst ,  der  zweite  von  einem ,  so  viel  ich  sehe ,  sonst 
unbekannten  Hans  Raininger  von  Buchhorn.  Beide  sind  zu- 
erst in  den  von  Chr.  A.  Vulpius  redigirten,  in  Weimar  erschie- 
nenen » Curiositäten  der  physisch-literarisch-artistisch-histori- 
schen Vor-  und  Mitwelt«  veröffentlicht  Band  2.  1812.  S.  405 — 
422  und  Bd.  6.  IS  17.  S.  323—334),  die  erstere  auch  in  Karl 
Seifarts  Erheiterungen,  Stuttgart  IS68,  S.  144 — 148. 

Die  sich  mir  schon  bei  der  Leetüre  der  kurzen  Auszüge  bei 
R.  und  M.  ergebenden  Zweifel  an  der  Authenticität  beider  Be- 
richte, hervorgerufen  durch  die  in  beiden  wiederkehrenden,  aben- 
theuerlich-romanhaften  Erlebnisse  der  Pilger ,  fanden  bei  etwas 
eingehenderer  Prüfung  der  Abdrucke  in  den  Cmiositäten  ^)  volle 

1)   Die  SeifFart'schen  "Erheiterungen«  stehen  mir  in  Berlin  nicht  zu  Ge- 
bote. 


201 

Bestätigung :  beide  stellen  sich  als  unzAveifelhafte  Fälschungen 
heraus,  "wahrscheinlich  von  A'ulpius  selbst  herrührend. 

Ua  die  beiden  mit  der  gesammten  einschlägigen  Literatur  so 
Avohl  vertrauten  Herausgeber  der  »Deutschen  Pilgerreisen«  den 
wahren  Charakter  dieser  Machwerke  verkennen  konnten  ^  .  er- 
scheint es  nicht  ganz  überflüssig,  für  künftige  Arbeiter  auf  diesem 
Felde  hier  eine  Warnungstafel  zu  errichten,  und  die  Beweise  für 
die  Unechtheit  beider  Schriften  kurz  darzulegen. 

1.  »Wie  ich,  Jost  Artus,  gezogen  bin,  mit  An- 
deren, in's  heilige  Land,  und  was  ich  sah  und  erfuhr 
auf  dieser  Pilgerfahrt«  lautet  der  volle  Titel  der  ersten  in 
den  Curiositäten  Bd.  2.  IS  12.  S.  405  —  422  gedruckten  Schrift. 
Schon  was  der  Herausgeber  über  die  angeblich  von  ihm  benutzte 
Handschrift  (das  Autograph  des  schriftstellernden  Bartscherers  !) 
beibringt ,  ist  geeignet ,  A'erdacht  zu  erregen :  »Die  von  ihm  ganz 
kurz  aufgezeichnete  Reise  war,  als  ein  Familienstück,  von  Hand 
zu  Hand  gegangen.  Endlich,  in  einem  Archive,  halb  vermodert 
aufgefunden,  erhielt  dieselbe  ein  Freund  von  Papieren  dieser 
Art,  verglich  sie  mit  gleichzeitigen  Reisen,  besonders  mit  jener, 
welche  der  Mitreisende  P.  Felix  Fabri  hinterliess.  und  theilt  sie 
hier  den  Lesern  mit«.  Also  eine  jener  unbestimmten,  ganz  über- 
flüssiger Weise  die  Dinge  nur  andeutenden ,  nicht  beim  Namen 
nennenden  Angaben,  Avie  sie  für  Fälschungen  so  charakteristisch 
sind.  Doch  brauchen  wir  uns  bei  blossen  Verdachtsmomenten 
nicht  aufzuhalten ,  da  es  möglich  ist ,  den  sicheren  Beweis  der 
Fälschung  aus  dem  Lihalt  zu  führen.  Derselbe  besteht  aus  zwei 
durchaus  heterogenen  Bestandtheilen.  Der  eigentliche  Bericht 
über  den  Fortgang  der  Reise  von  Ort  zu  Ort  ist  nämlich  ein  wirk- 
liches Product  des  15.  Jahrhunderts,  nur  nicht  vom  Bartscherer 
Artus  verfasst,  sondern  ein  von  dem  Fälscher  zusammengestop- 
pelter, dürftiger  Cento  aus  der  vortrcff"lichen  Reisebeschreibung 
des  Felix  Fabri  ,  und  zwar  aus  der  deutschen  Bearbeitung ,  Avie 
sie   am  zugänglichsten   vorliegt  in   dem  von  Sigmundt  Feyer- 

1 )  Beide  Berichte  werden  in  der  dem  Werke  vorangestellten  »Historischen 
Einleitung«  wiederholt  als  Quellen  benutzt  (vgl.  S.  6  Anm.  4,  S.  23  Anm.  .5). 
Von  dem  Artus  heisst  es  S.  504,  er  biete  zwar  für  die  Geographie  und  Tra- 
dition der  heiligen  Orte  nichts,  besitze  aber  »sonst  für  die  Kenntniss  der  Zu- 
stände keinen  geringen  Werth«,  Rainingers  Bericht  wird  S.  575  eine  »in- 
teressante Fahrt«  genannt. 


202 


ABENDT  verlegten  »Reyssbiich  cless  heyligen  Lands«  (Franckfiirt 
a.  M.  1584fol.)i)  Die  Übereinstimmung  ist,  soweit  nicht  die 
veränderte  Person  des  angeblich  erzählenden  kleine  Änderungen 
bedingte .  eine  wörtliche !  Ganze  Abschnitte  sind  bis  auf  eine 
leichte  Modernisirung  der  Sprache  völlig  unverändert  herüber- 
genommen"-). Um  das  Verfahren  zu  charakterisiren ,  und  jedem 
Unbefangenen  etwaige  Zweifel  an  der  stattgehabten  Entlehnung 
zu  benehmen,  genügt  die  Gegenüberstellung  einiger  weniger 
Stellen : 


Reissbuch  fol.  12  2  \ 

Zu  der  heyligen  Fahrt  haben  sich 
die  ....  Herrn,  herrlich  und  lustig 
zugericht ,  mit  allem  dem  das  zu  der 
BilgerschafFt  gehört,  über  Landt  vnnd 
über  Wasser,  und  haben  erworben 
erlaubung  die  Fahrt  zu  verbringen, 
....  von  unserm  heyligen  Vatter 
dem  Bapst,  und  haben  sich  versehen 
mit  acht  frommen  trewen  Knechten 
und  Dienern,  für  die  sie  allen  Kosten 
bezalten. 


fol.   124^ 

Aufl'  die  Xacht  namen  dieHerrnund 
andere  Pilgri  viel  schreckens  ein,  von 
dem  feindtlichen  wagen  und  krachen 
dess  Schiffs,  und  nicht  viel  freud  noch 
ruh  war  da.  Als  wir  nun  also  lagen 
in  der  Finsternuss,  ein  jeglicher  in 
seiner  Stantz  an  seinem  lietthloin,  mit 
Sorg  und  unruhigem  Schlaff,  so  hebt 
einer  im  Schlaft'  an,  also  mördtlich 
und  jämmerlich  zu  schreyen,  als  wolt 
man  jhn  ermorden,  und  dazu  hat  er 


Curiositäten  II,  408. 

Die  edlen  Herren  hatten  »nächst 
Päpstlicher  Heiligkeit  Erlaubniss. 
sich  lustig  und  herrlich  zu  der  heil. 
Fahrt  zugerüstet,  mit  allen  dem  was 
zur  Pilgerschaft  gehört  über  Land 
und  Meer,  für  sich  und  alle  ihre 
Diener,  acht  fromme,  treue  Knechte, 
für  die  sie  alle  Unkosten  bezahlten. 


II.    410. 

In  der  Nacht  aber  nahm  uns  viel 
Schrecken  ein ,  von  dem  Schweben, 
Wogen,  Knirren  und  Krachen  des 
Schiffes,  das  wir  nicht  gewohnt  waren, 
so,  dass  nicht  viel  Freude  und  lluhe 
da  war.  Als  wir  nun  so  lagen  in  der 
Finsterniss,  ein  jeglicher  in  seiner 
Stanze  an  seinem  Bettlein,  mit  Sorge 
und  unruhigem  Schlafe,  so  hebt  einer 
im  Schlafe,  also  mörderlich  und  jäm- 
merlich an  zu  schreien,  als  wollte  man 


1)  Dass  der  Fälscher  in  der  oben  mitgetheilten  Notiz  über  die  zu  Grunde 
liegende  handschriftliche  Quelle  Fabri  ausdrücklich  als  von  ihm  »verglichen« 
erwähnt,  lässt  es  mir  fast  zweifelhaft  erscheinen ,  ob  überhaupt  eine  ernst- 
liche Täuschung  Kundiger  beabsichtigt  war. 

2)  Auch  der  von  KönuicuT  und  Mkisner)  fS.  504)  aus  dem  Artus  citirte 
Passus  über  das  Grab  des  Johannes  von  Montfort  in  Nikosia  gehört  zu  diesen 
wörtlichen  Entlehnungen  aus  Fabri.    (Reyssbuch  fol.  127  b.) 


203 


ein  wildes  Getümmel  in  seiner  Stantz, 
als  wolt  er  sich  wehren  und  fliehen. 
Von  dem  sind  allePilgri  erwacht,  und 
vom  schrecken  aufgewüscht 


ihn  ermorden ,  und  dazu  machte  er 
ein  wildes  Getümmel  in  seiner  Stanze, 
als  Avollte  er  sich  wehren  und  ent- 
fliehen. Davon  erwachten  alle  Pilger, 
wischten  vom  Schrecken  auf 


Ich  glaube  diese  Beispiele  genügen  vollauf.  Ohne  ein  der 
Entstehung  der  Septuaginta  analoges  Wunder  ist  solche  Überein- 
stimmung zweier  unabhängig  von  einander  schreibender  Bericht- 
erstatter nicht  möglich.  Dass  Felix  Fabri  nicht  den  »Artus« 
ausgeschrieben  hat.  bedarf  des  Beweises  nicht.  Es  bliebe  aber 
noch  die  Möglichkeit,  dass  nicht  ein  Fälscher  unseres  Jahrhun- 
derts, sondern  der  wahre  Artus  des  15.  Jahrhunderts,  in  dem  Be- 
dürfniss  seine  persönlichen  Erlebnisse  zu  verewigen,  den  Grund- 
stock seines  Opus  aus  einzelnen  Sätzen  seines  gelehrten  Mitreisen- 
den Fabri  zusammengestoppelt,  und  nur  die  gleich  zu  berühren- 
den Privat- Abenteuer  hinzugefügt  habe.  So  überaus  unwahr- 
scheinlich auch  diese  Annahme  von  vornherein  erscheint .  so  ist 
es  doch  gut,  dass  sich  auch  ihre  absolute  Unhaltbarkeit  schlagend 
darthun  lässt.  Der  Fälscher  hat  nämhch  die  Unvorsichtigkeit 
begangen,  sich  mit  den  von  Fabri  und  Breitenbach  überlieferten 
Thatsachen  in  unlösbaren  Widerspruch  zu  setzen.  Während  in 
^V irklichkeit  diejenigen  IS  Pilger,  welche  an  die  Jerusalemfahrt 
noch  eine  Reise  zum  Sinai  knüpften ,  darunter  die  nachmaligen 
Historiker  des  Zuges  Fabri  und  Breitenbach  ,  34  Tage  länger 
in  Jerusalem  verweilten  als  die  am  22.  Juli  direct  zurückkehren- 
den, lässt  der  Fälscher  umgekehrt  die  Sinaipilger  zuerst  abreisen, 
die  anderen,  darunter  seinen  Artus  noch  in  Jerusalem  bleiben 
und  einiges  von  dem  unternehmen ,  was  in  Wahrheit  nach  Fabri 
die  Sinaipilger  nach  der  Abreise  ihrer  Genossen  unternahmen. 
Diese  Änderung  hat  der  Fälscher  offenl)ar  nur  vorgenommen,  um 
möglichst  lange  aus  Fabri  abschreiben  zu  können.  Für  die 
Rückreise,  wo  ihn  die  Vorlage  im  Sticli  lässt,  ist  denn  aiich  die 
eigentliche  Reisebeschreibung  über  alle  Maassen  kümmerlich  und 
sprunghaft.  Diese  FABRi-Auslese  füllt  von  den  15  Seiten  des 
Textes  etwa  9 ;  die  übrigen  6  entfallen  auf  zAvei  an  verschiedenen 
Stellen  übrigens  recht  äusserlich  eingeflochtene  Zusätze,  die. 
wenn  mich  nicht  alles  täuscht ,  den  Stempel  plumper  Ei-findung 
unverkennbar  an  sich  tragrcn. 

Der  erste  kürzere  Zusatz  (S.  409 — 410'   enthält  ein  Aben- 


204 


teuer,  welches  Artus  in  Venedig  mit  einem  »lustigen  Kaufmann 
aus  Nürnberg«  erlebt,  der  zweite  (S.  411,  412 — 414,  420 — 422] 
eine  fade,  romanhafte  Geschichte,  würdig  in  einem  der  50  Vul- 
pius'schen  Ritter-  und  Eäuber-Romane  zu  stehen,  aber  ganz  ge- 
wiss kein  wahres  Erlebniss  eines  Barbiers  des  15.  Jahrhunderts, 
von  ihm  selbst  erzählt :  Unter  den  Mitreisenden  ist  »ein  junger 
Gesell,  trug  über  den  seinigen  Pilgerkleider,  nannte  sich  Frakz, 
gebürtig,  wie  er  sagte  uns  Brunn  in  Mähren.  Der  hatte  gar  feine 
Sitten,  schöne,  weisse  Hände,  und  schien  fast  gar  jungferlich  zu 
seyn «  Eine  Verletzung  am  Fuss,  die  sich  Franz  zuge- 
zogen, behandelt  Artus,  »und  sah  einen  so  schönen  runden  Fuss, 
dergleichen  ich  mein  Leben  noch  nicht  gesehen  hatte,  sagt's 
auch,  da  lachte  er,  und  sprach:  'Da  hast  du  noch  nicht  viel  ge- 
sehen' !«  Nachdem  Artus  unter  Beihülfe  des  Franz  sich  im  ita- 
lienischen vervollkommnet,  wird  Cypern  erreicht.  Sie  besuchen 
gemeinsam  die  Stadt  Nikosia.  Hier  tritt  F.  plötzlich  in  ein  Haus 
und  verkündet  bald  darauf,  dem  unten  wartenden  Artus  ,  von 
einem  Söller  herab  :  »Ehrlicher  Gesell,  lebe  w^ohl !  Ich  ziehe  nicht 
weiter  mit  fort,  und  bleibe  hier.  Kömmst  du  von  Jerusalem  zu- 
rück, nach  Cypern  .  so  suche  mich  hier  auf,  und  die  Neugierde, 
die  du  jetzt  tragen  musst,  soll  dir  dann  abgenommen  werden«. 

Artus  kommt  dieser  Aufforderung  nach ,  verlässt  auf  der 
Ilückreise  in  Nikosia  das  Schiff,  und  findet  statt  des  Gesellen 
Franz  eine  »Signora  Franziska«,  die  ihm  kurz  ihre  Geschichte 
erzählt,  und  ihn  schliesslich  auffordert,  mit  der  Ilückreise  auf  sie 
zu  warten,  »so  kannst  du  mit  mir  reisen ,  \ind  soll  es  dir  keinen 
Heller  kosten«.  Artus  ist  sofort  bereit,  quartiert  sich  in  einer 
Apotlieke  ein ,  wo  natürlich  eine  sechszehnjährige  Nichte  nicht 
fehlen  darf  »mit  Augen  wie  Kohlen ,  aber  gar  sehr  blitzend ,  Avie 
Karfunkel.  Auch  war  sie  gar  sehr  lebendig,  rasch  und  behende, 
und  konnte  leicht  zornig  werden ,  und  sehr  schimpfen ,  wenn  es 
ihr  so  ankam.  Ich  meine,  die  wird  ihrem  Manne  wohl  heiss  ge- 
nug gemacht  haben ;  mocht's  nicht  sein«.  Endlich  ist  Franziska 
zur  Abreise  bereit ;  zwei  Zeilen  berichten  über  die  gemeinsame 
Reise  bis  Venedig ;  dann  lautet  der  Schluss :  »Da  schenkte  mir 
meine  Reisegefährtin  12  Zechinen,  und  sprach:  »Frage  nun  nicht 
mehr  juich  mir.  Du  siehst  mich  nicht  wieder«.  Und  ich  sah  sie 
iiiclit  wieder.  Aber  die  hätte  ich  genommen.  Das  konnte  nicht 
seyn.    So,  wanderte  ich  fort,  und  kam  über  Augsburg,  bei  den 


205 

lieben  Meiiiigen ,  in  Ulm  Avieder  an  .  Gott  sey  Dank  ,  ganz  -wohl 
und  gesund.    Gott  helfe  -weiter !« 

Doch  genug  und  übergenug  von  diesem  naiv  sein  sollenden, 
in  Wahrheit  doch  nur  läppischen  Machwerke. 

Die  einzige  Frage ,  die  meines  Erachtens  offen  bleibt ,  die 
nach  der  Person  des  Fälschers,  kann  wenn  überhaupt  jemanden, 
doch  niu"  den  Historiker  der  modernen  deutschen  Litteratur  in- 
teressiren ,  bleibt  also  in  dieser  Zeitschrift  am  besten  unerörtert. 

Um  so  kürzer  kann  ich  mich  über  den  zweiten  15ericht  fas- 
sen, den  wir  in  den  Curiositäten  Kd.  6.  S.  323 — 334  unter  der 
Überschrift:  »Hans  Baininger  aus  Buchhorn  und  seine 
Bedefahrt«  lesen.  Sie  ist  nach  demselben  Recept  gearbeitet 
wie  die  erste.  Auch  hier  sind  ganze  Sätze  wörtlich  aus  einer  ech- 
ten Schrift  des  15.  Jahrhunderts,  der  im »Keyssbuch«  unmittelbar 
vor  Fabri  stehenden  BREiTENBACH'schen  Reise  ,  entlehnt ;  auch 
hier  tragen  andere  Abschnitte  denselben  romanhaften  Charakter, 
Avie  im  Artus,  wie  man  schon  aus  dem  doch  ganz  unbefangenen, 
und  keineswegs  auf  Erregung  von  Verdacht  berechneten  kurzen 
Auszug  dieses  Theils  bei  Röhricht  und  Meisner  ersieht.  Der- 
selbe lautet:  »Von  Padua  aus  schlössen  sich  den  Pilgern  zwei 
niedliche  Kammermädchen  der  Fürstin  Gonzaga  als  Wallfahre- 
rinnen für  ihre  Herrin  zu  einer  nur  einige  Tagereisen  entfernten 
Capelle  an ;  Hans  und  Felix  machten  intimere  Freundschaft  mit 
ihnen ,  kosten  und  scherzten ,  bis  Laurentia ,  die  Gefährtin  des 
Hans,  plötzlich  sich  bei  der  betreffenden  Capelle  verabschiedete, 
aber  ihn  einlud,  bei  der  Heimkehr  in  Padua  nach  ihr  zu  fragen 
und  in  traulichen  Küssen  'das  Brot  der  Liebe'  weiter  zu  ge- 
niessen«. 

Bei  anderen  Abschnitten  ist  es  mir  zweifelhaft ,  ob  sie  frei 
erfunden  oder  abgeschrieben  sind;  wenigstens  ist  es  mir  hier 
nicht  in  gleichem  Umfang  Avie  bei  dem  Artus  gelungen,  die  etwa 
abgeschriebene  Quelle  ausfindig  zu  machen.  Doch  verlohnt  es 
wohl  nicht,  darauf  weitere  Mühe  zu  verwenden,  da  unter  den  aus 
Breitenbach  entlehnten  Sätzen  Avenigstens  einer  für  directe 
Entlclnnmg  absolut  beAveisend  ist.  Denn  Avenn  auch  die  S.  333 — 
334  der  Curiositäten  und  fol.  54b  des  Reyssbuchs  Avörtlich  gleich- 
lautend erzählte  Drachengeschichte  allenfalls  an  beiden  Stellen 
aus  einer  gemeinsamen  Quelle  geflossen  sein  könnte  (freilich  ge- 
hört auch  zu  dieser  Annahme  «gcloube«!),  so  ist  dies  doch  ganz 


206 


i 


ausgeschlossen  bei  der  folgenden  Erzählung  eines  rein  persön- 
lichen Erlebnisses: 


Curiositäteu  VI,  333. 

»dass  wir  .  .  .  abfuhren  mit  grossen 
Freuden ,  singend ,  Avie  gewöhnlich 
ist :  Salve  regina,  nebst  etlichen  an- 
deren Collecten,  und  seegelten  immer 
dahin  ..." 


Reyssbuch  fol.  53^. 

»fuhren  wir  mit  grossen  freuden,  sin- 
gend 'als  gewöhnlich  ist)  Salue  re- 
gina, mit  etlichen  andern  Antiphon 
unnd  Collecten ,  und  also  mit  vollen 
segeln  kamen  wir«  .... 


über  die  Schrift  Schaare  Jeruschalajim. 

Mitgetheilt  von 

M.  Steinschneider  iii  Berlin. 


In  der  von  Eöhricht  und  Meisner  den  »deutschen  Pilger- 
reisen« beigegebenen  »Bibliographie«,  welche  als  Ergänzung  zu 
ToBLER  dient,  habe  ich  eine  hebräische  Schrift  nicht  aufgeführt, 
über  welche  mir  Herr  Isidore  Loeb,  Secretair  der  »Alliance  Univ. 
Isr.«  folgende  Mittheilungen  machte. 

Berlin,  im  März  1881.  M.  Steinsch>-eider. 


D'^blTTT'  t-irTU.     Schaare  Jeruschalajim, 

Beschreibung  des  Heiligen  Landes  und  Zustand  der  jüd.  Bevöl- 
kerung, in  12  Pforten.    Gedruckt  auf  Kosten  von  Jacob  Elieser 
Edelstein   aus   Bialystoc.     4.    Warschau   (Druckerei  von  Joel 
Lebensohn),  "ibin   (October  1873,  52  Bl.). 

Die  12  Capitel  oder  Pforten,  mit  besonderen  Titeln  versehen, 
enthalten:  Ij  Grösse  und  Heiligkeit  des  Landes;  2)  Geographie; 
3)  Naturgeschichte,  Ackerbau  u.  s.  w. ;  4)  zur  Geschichte  der 
Juden  von  Anfang  ihrer  Ansiedelung  bis  auf  den  heutigen  Tag ; 
Zahl  der  Jiulen  in  jeder  Ortschaft ;  5)  Jieschreibung  der  Städte  und 
Dörfer;  6)  Erdproducte ;  7)  Lage  der  Juden;  Spenden  aus  dem 
Ausland;  8)  Grabstätten  der  Heiligen;  9  Gebräuche  der  Ju- 
den und  Araber;  10  Maasiot  (Erzählungen;  11:  Liturgisches; 
12)  Trost-  imd  Messiaszeit. 

Verf.  ist  wohl  ein  aus  Polen  oder  Galizien  stammender  Jude 

Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  IV.  14 


208 

(er  hat  deutsche  Wörter  und  zahlt  mit  österr.  Gold',  vielleicht 
ein  Chasidäer.  Er  kam  nach  Jerusalem  im  Jahre  1S66.  Das 
Buch  ist  so  angelegt,  dass  es  einem  jüdischen  Touristen  als  sehr 
interessantes  und  sogar  nützliches  Eeisebuch  dienen  kann.  Die 
4  ersten  Kapitel  bieten  nicht  Wesentliches ;  die  angebliche  Ge- 
schichte der  Juden  in  Palästina  fängt  mit  der  Übersiedelung  des 
Moses  Nachmanides  [XIII.  Jahrh.]  an.  Kapitel  5  enthält  Zahl 
der  Juden  in  Jerusalem  (12,000),  Hebron  (400),  Safed  (3000). 
Tiberias  (2000),  Aleppo  '9000  .  Damascus  ^6000);  Aufzählung 
der  jüdischen  Gemeinden  in  Jerusalem ;  Angaben  über  die  ara- 
bische Bevölkerung.  —  In  Kapitel  5  ist  besonders  belehrend  das 
Verzeichniss  (S.  2la)  der  Synagogen  und  Lehrhäuser  Botte 
ha-Midrasch) ,  deren  Anzahl  eine  erstaunliche ,  religiöse  und  gei- 
stige (obschon  nicht  fruchtbare)  Thätigkeit  verräth.  Derartige 
Notizen  gibt  auch  der  Verfasser  über  die  anderen  jüdischen  Ge- 
meinden in  Palästina  und  Umgegend  :  Hebron.  Safed,  Tiberias, 
Aleppo,  Damascus.  nebst  einer  Beschreibung  vieler  anderer  Orte. 
—  Kapitel  7  behandelt  besonders  die  Einnahmen  und  Ausgaben 
der  jüdischen  Gemeinden  in  Jerusalem.  Die  Einnahmen  bestehen 
hauptsächlich  in  den  Spenden ,  die  das  Ausland  dorthin  schickt 
und  -welche  die  »Chaluka«  (Vertheilung)  bilden.  Die  Chaluka 
des  Sefaradim  (spanisch -portug.  Juden;  beträgt  jährlich  eine 
Million  Thaler  (der  Thaler  =10  Kreuzer?).  Die  Peruschim  er- 
halten jährlich  300,000  Thaler  aus  Wilna  und  SO, 000  Thlr.  aus 
anderen  Ländern ;  die  Chasidim  aus  Wolhynien  100,000  Thlr., 
nebst  50,000  Thlr.  (kleine  Chaluka);  die  Chasidim  aus  Osterreich 
80,000  Thlr.  aus  Österreich,  60,000  Thlr.  aus  anderen  Ländern; 
die  Chabad  (eine  besondere  Art  der  Chasidim)  40,000  Thlr. 
aus  Lebowitz,  nebst  5000  Thlr,  aus  anderen  Ländern;  die  War- 
schauer 90,000  Thlr.  aus  Warschau.  50.000  Thlr.  aus  anderen 
Ländern.  Die  «Ilod»  (aus  Holland  und  Deutschland)  60,000 
Thlr.  aus  Holland,  2000  aus  anderen  Ländern.  Eine  Familie 
braucht  jährlich  2000  Thlr.  und  erhält  nur  40  Rubel  im  Durch- 
schnitt, also  viel  zu  wenig.  —  Kap.  10.  Himmlische  Bestrafung 
eines  "TaiS  (Geistlichen  und  ein  andermal  eines  Pacha's,  die  das 
Grab  David's  sehen  oder  verwüsten  wollten.  Jiestrafinig  eines 
Beiimten.  der  es  mit  einer  jüdischen  Frau  verunreinigen  wollte. 
Zur  Zeit  des  \'erfassers  des  Or  ha-('hajjiin  ("hajjim  ihn  Attar, 
gest.  1743  in  Jerusalem)  wurde  eine  schwere  Steuer  auf  die  Juden 


209 

gelegt;  da  versammelten  sie  sich  im  Geheimen  in  der  Synagoge 
der  Kar ä er,  die  bis  ziim  heutigen  Tage  unter  der  Erde  liegt; 
hei  dieser  Gelegenheit  fand  man,  dass  die  Karäer  Bücher  des 
Moses  Maimonides  unter  die  Treppe  gelegt  hatten,  so  dass  man 
dieselben  zum  Hohn  mit  den  Füssen  treten  muqste ,  um  in  die 
Synagoge  zu  gehen:  Chajjim  ihn  Attar  belegte  die  Karäer  mit 
dem  Fluche,  dass  sie  fortan  kein  »minjau«  Gemeinde  von  10  er- 
wachsenen Männern)  bilden  sollten,  und  der  Fluch  bestätigte 
sich.  Vor  etwa  20  Jahren  kamen  20  neue  Karäische  Familien 
nach  Jerusalem,  aber  die  Pest  raffte  sie  bald  hiuAveg.  —  Das  Buch 
enthält  auch  fromme  Legenden.  Ein  reicher  Mann  in  Jerusalem 
erzog  in  äusserst  frommer  Weise  einen  einzigen  Sohn.  Nach  dem 
Tode  des  Vaters  ging  der  Sohn  nach  Constantinopel;  dort  sah  er 
einen  Soldaten ,  der  auf  der  Strasse  einen  Todten  bewachte.  Es 
war  dies  die  Leiche  eines  reichen  jüdischen  Banquier's  (Halfon), 
den  der  Sultan  zum  Tode  verurtheilt  hatte,  weil  er  angeblich  den 
königlichen  Schatz  bestohlen  hatte.  Der  junge  Mann  löste  die 
Leiche  beim  Sultan  aus  und  Hess  dieselbe  begraben.  Während 
seiner  Rückkehr  erhob  sich  ein  Stunn;  das  Schiff  ging  unter; 
der  junge  Mann  aber  wurde  von  einem  Adler  gerettet  und  nach 
Jerusalem  getragen.  Dergleichen  manches  Andere,  z.  B.  aus  der 
Zeit  des  Chajjim  Vital  [XVI.  Jahrh.].  Das  Folgende  ist  interes- 
sant: Im  Jahre  1540  eroberte  der  Sultan  Jerusalem  Selim  L. 
1517,  Munk,  Palestine,  644;  und  wohnte  in  der  Justizkammer 
des  Tempels,  die  über  der  Westmauer  Klageort  der  Judenj  steht. 
Da  kam  eine  alte  Frau  und  leerte  ihren  Mistkorb  an  der  Mauer 
aus.  Der  Sultan  fand  sich  beleidigt  und  liess  die  Frau  in  Haft 
nehmen ;  sie  aber  entschuldigte  sich,  indem  sie  sagte,  sie  sei  eine 
«Römerin«',  und  die  Römer  hätten  verordnet,  dass  jeder  von 
ihnen  in  Jerusalem  wohnende  zweimal  wöchentlich ,  diejenigen 
aber ,  die  drei  Tagereisen  weit  von  Jerusalem  wohnen ,  einmal 
monatlich,  ihren  Mistkorb  vor  der  Mauer  leeren  müssen ,  um  die 
Mauer  mit  dem  Mist  zu  bedecken.  In  der  That  kam  bald  eine 
andere,  um  ihren  Korb  zu  leeren;  der  Sultan  liess  den  Mist  weg- 
fegen, bezahlte  die  Arbeiter,  betheiligte  sich  selbst  an  der  heili- 
gen Arbeit,  und  so  kam  bald  die  Mauer,  welche  gänzlich  bedeckt 
gewesen  war,  ans  Tageslicht,  und  das  grossartige  l)auwork  wurde 

1)   Das  heisst  Christin.  Steinsciin. 

14* 


210 

zum  erstenmal  Avieder  gesehen  *) .  —  Kap.  1 1  enthält  einige  neuere 
mystische  HjTnnen  (welche  in  der  Hebr.  Bibliogr.  angegeben 
werden,  Steinschn.). 

1)  Dieselbe  Erzählung,  viel  ausführlicher,  habe  ich  aus  dem  in  Altona 
um  1738  gedruckten  Schriftchen  des  Mose  Chagis  mitgetheilt  in  der  Zeitschr. 
der  Deutsch.  Morgenl.  Gesellsch.  Bd.  V.  S.  377  ff.         Steinschneider. 


Nachschrift.  Dasselbe  Buch  ist  mit  dem  Namen  des  Verf.  Moses 
Reischer  aus  Jerusalem,  in  Lemberg  1875  gedruckt;  die  AVarschauer  Aus- 
gabe scheinen  zurückdatirter  Nachdruck  zu  sein.  S.  Hebräische  Bibligra- 
phie  1881  S.  6  und  7.  Steinschneider. 


Studien  über  die  Eimvolmerzalü  des  alten  Jerusalem. 

Von  Baurath  C.  Schick. 


Allgemein  ist  die  Ansicht  verbreitet .  dass  das  »alte  Jerusa- 
lem« als  die  Hauptstadt  des  jüdischen  Volkes  und  berühmte  Cul- 
tusstätte  auch  eine  sehr  grosse  Anzahl  von  Einwohne  r  n  gehabt 
habe,  ja  eine  solche  die  man  auf  Millionen  schätzen  möge,  ähn- 
lich wie  die  heutiger  Weltstädte.  Kommt  jedoch  der  Geschichts- 
forscher nach  dem  heutigen  Jerusalem,  und  besieht  sich  die 
Localitäten  im  einzelnen ,  um  an  der  Hand  der  Geschichte  die 
frühere  Ausdehnung  der  Stadt  zu  traciren ,  so  geräth  er  in  nicht 
geringe  Verlegenheit  wegen  der  geringen  Ausdehnung  der  Flä- 
chen, die  ihm  zur  Verfügung  stehen;  denn  über  die  Thäler  hinaus 
darf  er  mit  seinen  Tracirungen  nicht  gehen!  Es  ist  daher  die 
Frage  am  Platz  :  ob  überhaupt  das  »alte  Jerusalem«  so  gross  ge- 
wesen sei  und  so  viele  Einwohner  gehabt  habe ,  als  man  sich  ge- 
wöhnlich vorstellt.  Man  hat  schon  damit  auszuhelfen  gesucht, 
dass  man  sagte:  Jerusalem  sei  eine  Berg-  und  Hügelstadt,  und 
als  solche  habe  sie  mehr  Wohnräume  dargeboten,  als  eine 
Stadt  von  gleichem  Umfang  auf  der  Ebene.  Allein  dies  ist,  wie 
sich  leicht  nachweisen  lässt,  ein  Irrthum.  Gesetzt,  es  sei  die 
Fläche,  auf  Avelcher  der  Berg  steht,  1000  Meter  lang,  und  die 
Böschung  des  Berges  sehr  steil,  z.  B.  45  Grad,  so  wird  die  Bö- 
schungslinie auf  jeder  Seite  des  Berges  700  Meter  also  im  Ganzen 
1  100  Meter  betragen,  folglich  400  Meter  mehr  als  die  Grundlinie. 
Allein  desshalb  kann  man  nicht  mehr  Häuser  hinstellen  —  denn 
für  jedes  muss  eine  ebene  Terrasse  hergestellt  werden  (unten 
durch  Aufmauerung  und  oben  [oder  hinten;  durch  Abgrabung 
des  l^erges).  Die  Häuser  bilden  hernach  eine  Reihe  übereinander 
liegender  kleiner  Terrassen  .   und  soll  nicht  die  Gasse  über  die 


212     ' 

Häuser  selbst  weg  gehen,  wie  es  z.  B.  heute  in  Safed  \ielfach  der 
P'all  ist,  so  bilden  auch  die  Gassen  (wenn  sie  auch  noch  so  schmal 
sind  kleine  streifenartige  Terrassen.  Gesetzt,  es  würden  ein- 
mal Häuser  und  Gassen  in  die  Tiefe  sinken .  so  hätten  alle  auch 
auf  der  Grundlinie  des  Berges  Platz !  Eine  Bergstadt  bietet  nur 
dann  mehr  Raum  dar,  Aveini  wie  schon  erwähnt  worden]  die 
Dächer  der  niedriger  liegenden  Häuser  die  Gassen  für  die  höher 
liegenden  abgeben  können.  Dies  ist  jedoch  nur  in  dem  Falle 
möglich,  dass  die  Böschung  des  Berges  sehr  steil  ist  —  bei  einer 
sanften,  wie  sie  dieHügel  Jerusalems  aufweisen,  kann  und  konnte 
dies  nicht  stattfinden.  Die  Eigenschaft,  welche  eine  Bergstadt 
voraus  hat ,  besteht  darin ,  dass  sie  mehr  Berührungspunkte  mit 
der  Luft  und  dem  Licht  hat:  da  nun  »Luft«  und  »Licht«  auf  das 
Gedeihen  lebender  Wesen  einen  grossen  Einfluss  haben .  so  mag 
ohne  Nachtheil  eine  Bergstadt  etwas  dichter  bevölkert  sein  als 
eine  in  der  Ebene  gelegene.  Hiezu  kommt,  dass  bei  abschüssigem 
Boden  alle  schädlichen  Stoffe  leichter  und  schneller  abgeführt 
Averden,  Allein  der  Satz  bleibt  dennoch  stehen :  für  viele  Ein- 
wohner braucht  man  auch  viel  Raum ;  und  solcher  war  bei  dem 
»alten  Jerusalem«,  nach  den  heutigen  Begriffen,  die  wir  von  einer 
umfangreichen  Stadt  haben,  nicht  gross. 

Man  hat  ferner  angeführt,  dass  die  Bewohner  Jerusalem"  s,  de- 
ren Häuser  ja  an  Bergabhängen  lagen,  sich  dadurch  mehr  Raum 
schafften ,  dass  sie ,  ähnlich  wie  im  heutigen  Dorfe  Siloah .  sich 
seitlich  in  den  Berg  hinein  Räume  ausweiteten.  Dies  mag  in  der 
That  wohl  auch  geschehen  sein.  Man  hat  dabei  jedoch  zu  bedenken, 
dass  auch  bei  Ortschaften  ,  die  in  der  Ebene  lagen  ,  Wohnungen 
im  Boden  angelegt  werden  konnten ;  man  brauchte  bloss  in  die 
Tiefe  zu  gehen.  In  den  grössten  Städten  Europas  wohnen  be- 
kanntlich sehr  viele  Leute  unter  der  Erde.  Auch  diese  Aushülfe 
hilft  nicht  über  die  Schwierigkeiten  hinweg,  sondern  um  diese 
der  Lösung  entgegenzuführen  ,  hat  man  zu  berechnen ,  erstlich, 
wie  viel  Raum  in  einer  orientalischen  Stadt  im  Durchschnitt  auf 
einen  Menschen  anzunehmen  ist ,  zweitens ,  wie  viel  Raum  das 
alte  Jerusalem  wohl  eingenommen,  resp.  wie  weit  etwa  die  alte 
Stadt  sich  ausgedehnt  "haben  mag.  Aus  den  Ergebnissen  dieser 
Untersuchiingcn  lässt  sich  dann  ein  sicherer  Schluss  auf  die  Ein- 
wohnerzahl des  »alten  Jerusalem's«  ziehen.  Vorerst  aber  sei 
bemerkt :  dass  die  Hauptstadt  eines  Landes  nicht  immer  gross 


213 

sein  muss,  auch  wenn  sie  die  grösste  Stadt  eines  Landes  ist.  So 
ist  das  heutige  Jerusalem  die  Hauptstadt,  obwohl  sie  blos  25,tJ0O 
Einwohner  enthält. 

Die  \'orstellung  von  einer  bis  in  Millionen  gehenden  Ein- 
wohnerzahl ist  hauptsächUch  aus  der  Geschichtserzählung  des 
Josephus  hergenommen  worden.  Die  Bibel  bietet  uns  wenig 
Anhaltspunkte  dafür.  In  prophetischen  und  poetischen  Aus- 
drücken wird  allerdings  die  Stadt  öfters  als  gross,  stark  und 
berühmt  angegeben  und  in  Hinsicht  der  Menge  ihrer  Einwoh- 
ner der  Staub  und  dergleichen  l^ilder  gebraucht,  aber  es  ist 
meist  dann  iminer  das  ganze  Volk  darunter  verstanden ,  sowie 
Zeiträume  und  Geschichtsabschnitte.  Zur  Zeit  Nehemia's  wird 
die  Stadt  als  «gross  und  Aveit«  von  Kaum  (Neh.  7,  4)  beschrieben 
aber, mit  wenig  Volk  darinnen,  so  dass,  um  dieselbe  besser  zu 
bevölkern,  viele  vom  Lande  hereinziehen  mussten  (Neh.  11,1  fg.] . 
Wir  Avissen  ferner,  dass  jeder  erwachsene  Israelite  verpflichtet 
war.  jedes  Jahr  auf  die  hohen  Feste  nach  Jerusalem  zu  kommen, 
und  dass  sich  dann  an  solchen  Festzeiten  eine  ungeheure  Men- 
schenmenge ansammelte ,  liegt  auf  der  Hand.  Allein  dieselben 
wohnten  wiihrend  iln-es  Aufenthaltes  nicht  alle  in  der  Stadt 
selbst,  sondern  draussen  hemm  in  Zelten  ,  Hütten  und  Höfen, 
besonders  aber  an  dem  Ölberg  bis  Bethanien  hin  (vgl.  Neh.  12, 
28.  29).  Dass  dami  bei  der  Belagemng  der  Stadt  durch  die  Rö- 
mer viele  dieser  Festgäste  sowie  überhaupt  viele  vom  Lande  sich 
in  die  Stadt  flüchteten  und  dadurch  die  Zahl  der  ständigen  Ein- 
wohner bedeutend  vermehrten,  ist  nicht  nur  AAahrscheinlich, 
sondern  geradezu  von  Josephus  und  Aiulcren  bezeugt.  Diese 
Überfüllung  der  Stadt ,  durch  Avelche  die  Noth  in  derselben  her- 
vorgerufen wurde,  kann  mis  jedoch  natürlich  keinen  Maassstab 
geben,  um  die  Anzahl  der  »ständigen«  Einwohner  festzustellen. 
Hören  wir  zunächst  die  geschichtlichen  Nachrichten  in  Betreif 
der  Zahl  der  letzteren.  Der  Verfasser  des  2.  Buches  der  Macca- 
\>äer  (5,  14)  berichtet:  dass  Antiochus  Epiphanes  seine  Horden 
in  der  Stadt  3  Tage  lang  morden  Hess,  wobei  Alt  und  Jung.  Män- 
ner und  Weiber  hingeschlachtet  wurden,  so  dass  80,000  Men- 
schen umkamen,  40,000  gefangen  genommen  und  80.000  verkauft 
wurden;  die  Überlebenden  und  Zurückbleibenden  nicht  mitge- 
rechnet ist  bei  diesem  Anlass  von  200.000  Seelen  die  Kede.  Dass 
eine  Bevölkerung  in  der  Stadt  zurückblieb,  beAveist  der  Umstand, 


214 


dass  für  sie  Beamte  zurückgelassen  ^^^^rden.  Wenn  nun  diese 
Angaben  richtig  wäre,  müsste  die  damalige  Bevölkerung  zum 
mindesten  ''4  Million,  vielleicht  sogar  Y2  Mill.  betragen  haben. 

Hekatäus  von  Abdera,  der  zur  Zeit  der  Maccabäer  lebte, 
sagt  unter  anderem :  »da  sind  in  dem  Lande  der  Juden  viele  und 
starke  Plätze,  einer  davon  ist  eine  grosse  Stadt,  und  sehr  stark, 
sie  hat  über  50  Stadien  im  Umfange  und  ungefähr  120,000  Ein- 
wohner; sie  nennen  dieselbe  Jerusalem«.  Dieser  Gewährs- 
mann schätzt  also  die  Einw^ohner  der  Stadt  bedeutend  geringer, 
als  es  der  Verfasser  des  2.  Buchs  der  Maccabäer  angibt,  schlägt 
aber  ihren  Umfang  grösser,  als  selbst  Josephus,  an.  —  Aristeas, 
der  Gesandte  des  egyptischen  Königs  (ungefähr  in  derselben 
Zeit)  giebt  die  Stadt  zu  40  Stadien  Umfang  an,  was  der  Wahrheit 
nahe  zu  kommen  scheint.  —  Der  Hauptgewährsmann  in  dieser 
Hinsicht  ist  und  bleibt  aber  der  jüdische  Geschichtschreiber 
Fla  vi  US  Josephus.  Er  liefert  nicht  nur  eine  summarische 
Beschreibung  der  Stadt,  wie  sie  vor  ihrer  Zerstörung  zur  Zeit 
ihrer  grössten  Ausdehnung  bestand,  sondern  auch  viele  Einzeln- 
heiten. Man  wirft  ihm  vor ,  dass  er  Neigung  zu  Übertreibungen 
hatte ,  besonders ,  Aveil  er  öfter  Zahlen  angibt,  die  auf  eine  Be- 
völkerung Jerusalems  von  2 — 3  Millionen  hiuAveisen.  Zugegeben, 
dass  er  übertiieben  hat ,  muss  man  aber  nie  vergessen ,  dass  er 
bloss  nach  Schätzungen  Anderer  Angaben  macht ,  und  sicher  die 
Zählungen  nicht  selbst  nachrechnen  konnte.  Nicht  aber  so  bei 
der  Angabe  des  Umfangs  der  Stadt.  Er  gibt  dieselbe  blos  auf 
33  Stadien  an,  folglich  auf  bedeutend  weniger,  als  alle  seine 
Vorgänger.  Die  Umwallung  des  Titus ,  die  natürlich  länger 
sein  musste,  gibt  er  zu  3!)  Stadien  an,  was  zu  der  ersten  Angabe 
im  richtigen  ^  erhältniss  steht.  Mit  diesen  33  Stadien  scheint 
aber  eine  andere  Stelle  nicht  zu  harmoniren ,  da  in  derselben  für 
die  erste  Mauer  90  Thürme  angegeben  sind;  bei  dieser  Zahl  sind 
die  Thürme  der  ganzen  liingmauer  gerechnet,  da  die  der  zwei- 
ten und  der  »alten  Mauer«  sich  im  Inneren  der  Stadt  befanden. 
Jeder  Tluirm  war  20  Ellen  breit  imd  stand  200  Ellen  von  dem 
andern  ab.  Wenn  wir  90  mit  220  multi])liciren,  so  erhalten  wir 
19.800  Ellen,  d.  h..  die  Elle  zu  20  Zoll  gerechnet  =  33,000  Fuss, 
und  da  üOO  Euss  gleich  einem  Stadium,  55  Stadien!  Man  hat 
schon  gesucht,  diesen  Widerspruch  von  33  und  55  Stadien  da- 
durch zu  hoben  .    dass  man  annahm  .    die  Mauer  habe  sehr  viele 


215 

Windungen  gebildet ;  doch  kommt  man  damit  nicht  aus ,  da  die 
Differenz  allzu  gross  ist.  Auch  hätte  die  Mauer  in  diesem  Fall 
wie  gezähnt  ausgesehen ,  was  sicher  nicht  der  Fall  war ;  denn 
schon  Avegen  des  Laufes  der  Thäler  musste  die  Mauer  für  längere 
Strecken  gerade  laufen  und  konnten  blos  die  Thürme  Vor- 
sprünge  bilden ;  zum  Uberfluss  wird  sie  von  Josephus  selbst  in 
der  angeführten  Stelle  so  geschildert  und  ungefähr  so  sieht  sie 
noch  heute  so  aus.  Vielleicht  liegt  hier  ein  Schreibfehler  im  Text 
des  Josephus  vor.  200  Ellen  Distanz  für  die  Thürme  war  nach 
damaliger  Kriegs-  und  Befestigungsweise  eine  viel  zu  grosse.  Noch 
heute  finden  sich  an  der  Stadtmauer  die  aus  dem  Felsen  ge- 
hauenen Würfel,  Avelche  die  Unterlagen  der  alten  vorspringenden 
Thürme  bildeten ;  dieselben  sind  einander  viel  näher,  als  oben  an- 
gegeben :  sie  finden  sich  durchschnittlich  in  einer  Distanz  von 
()Ü  Meter,  d.  h.  ungefähr  120  jüd.  Ellen.  Yermuthlich  hat  ein 
Abschreiber  statt  120  zu  schreiben  200  geschrieben! 

Rechnen  wir  zu  dieser  Distanz  von  120  Ellen  die  Breite  eines 
Thurmes  mit  20  Ellen,  so  erhalten  wir  140  Ellen  und  multipli- 
ciren  wir  dies  mit  90,  so  ergeben  sich  12,600  Ellen  oder  35  Sta- 
dien, also  2  Stadien  mehr  als  der  gewöhnliche  Umkreis,  ein  Uber- 
schuss ,  der  wohl  auf  die  Krümmungen  fällt :  so  ist  alles  genau 
in  Übereinstimmung.  Das  »alte  Jerusalem«  hatte  darum  sicher 
einen  Umfang  von  blos  33  Stadien;  d.  h.  ungefähr  IY2  Wegstun- 
den, und  Avar  immerhin  grösser  als  die  heutige  Stadt. 

Bei  einem  vollkommenen  Kreis  würden  33  Stadien  Um- 
kreis 86  Quadratstadien,  bei  einem  Viereck,  wonach  jede  Seite 
8'/4  Stadien  messen  Avürde,  68  Quadratstadien  ergeben.  Allein 
die  Form  der  Stadt  war  nicht  rund,  noch  auch  vollkommen  vier- 
eckig, sondern  näherte  sich  dem  Parallelogramm  mit  ungleichen 
Seiten,  an  welchen  auch  gebogene  und  Zickzacklinien  waren,  so 
dass  die  ganze  Area  der  Stadtfläche  nicht  viel  mehr  als  60  Qua- 
dratstadien umfasst  haben  kann.  Nimmt  man.  wie  es  geMÖhnlich 
geschieht,  ein  Stadium  zu  600  Fuss  oder  200  Yards  ')  an,  so  hatte 
ein  Quadratstadium  40,000  Quadratyards  und  dies  60  mal  ge- 
nommen, gibt  für  die  ganze  Stadt  2,400,000  Quadratyards  oder 
1,944,000  Quadratmeter.    Wie  Adele  Quadratyards  oder  Meter  ist 

1)  Ich  behalte  yards  bei,  da  die  folgenden  Angaben  von  FergI'SSON  in 
diesem  Maass  auggedrückt  sind  —  1  yard  ist  36  engl.  Zoll. 


216 


nun  im  Durchschnitt  auf  eine  Person  als  AVohnplatz  anzunehmen? 
A'on  der  Ueantwortiing  dieser  Frage  hängt  der  ganze  Entscheid 
ab.  Darüber  können  die  Ansichten  sehr  getheilt  sein;  um  einiger- 
maassen  sicher  zu  gehen ,  thut  man  gut.  Vergleichungen  anzu- 
stellen. Im  heutigen  Jerusalem  in  welchem  ich  25,000  EinAvoh- 
ner  annehme'^ ,  kommen  nach  meinen  Berechnungen  auf  eine  Per- 
son 42  Quadratyards.  Die  Stadt  Jäfa  hat  einen  Umfang  von  un- 
gefähr 150,000  Quadratyards  und  enthält  nach  Abzug  der  in  den 
Gärten  lebenden  Bevölkerung  ungefähr  5000  Menschen;  es  kom- 
men folglich  auf  eine  Person  30  Quadratyards.  Nach  Fergusson 
kommen  in  Cairo  auf  eine  Person  48  Yards  und  -ebenso  in  Con- 
stantinopel.  In  Benares ,  der  am  dichtesten  bevölkerten  Stadt 
Indiens,  kommen  40  bis  45  Yards  auf  den  Kopf  der  Bevölkerung; 
in  Calcutta,  nach  Abzug  der  grossen  Plätze,  sogar  70  Quadrat- 
yards. Was  europäische  Städte  betrifft,  so  kommen  in  Hamburg, 
der  am  dichtesten  bevölkerten  Stadt  des  Continents,  auf  die  Person 
27  Quadratyards,  in  der  City  Londons  30  Quadratyards,  im  übri- 
gen London  1 1 8  Quadratyards,  in  Liverpool,  einer  dichtbevölker- 
ten Stadt,  34  Quadratyards.  Aus  dieser  Zusammenstellung  er- 
gibt sich,  dass  der  Durchschnitt  des  Eaums  für  eine  Person  in 
den  Städten  des  Orients  und  des  Occidents  ziemlich  gleich  ist. 
Nehmen  wir  das  jetzige  Jerusalem  '),  wo  auf  eine  Person  42 
Quadratyards  kommen,  als  Maassstab,  so  erhalten  wir  für  das  alte 
57,000  Einwohner;  oder  nehmen  wir  .läfa  mit  30  Quadratyards 
für  eine  Person  als  maassgebend,  so  enthielt  das  alte  Jerusalem 
80,000  Einwohner.  Nun  Avird  aber  Jedermann,  der  mit  den  hie- 
sigen A'erhältnissen  näher  bekannt  ist ,  zugeben ,  dass  selbst  Jäfa 
noch  dichter  bevölkert  sein  könnte,  und  dass  innerhalb  der  Ping- 
mauer  von  Jerusalem  noch  viermal  mehr  Menschen  wohnen  könn- 
ten, als  heute  darin  Avohnen.  Nach  dieser  llechmnig  kämen  auf 
eine  Person  blos  IOY2  Quadratyards  und  wir  erhielten  für  das 
alte  Jerusalem  eine  Einwohnerzahl  von  228,000  Seelen.  Dies 
scheint  mir  der  Wahrheit  auch  ganz  nahe  zu  kommen  und  würde 
mit  den  ol)en  angeführten  alten  Nachrichten  so  ziemlich  überein- 
stimmen. Man  darf  darum  kecklich  sagen ,  dass  das  alte  Jerusa- 
lem 200,00  0  bis  2  5  0,  0  00  ständige  Einwohner  gehabt 
h  a  b  e  n  m  a  g ! 

1)  J.  Fekgusson,  The  ancient  topography  of  Jerusalem.    London  1847, 
Seite  50  fg. 


217 

Dass  lUi/2  Quadratyards  auf  eine  Person  anzunelimen  gar 
nicht  zu  Avenig  ist,  beweisen  die  in  Jerusalem  -wohnenden  Juden 
selbst  heut  zu  Tage.  Nach  Dr.  Chaplins  Ermittelungen ')  wohnen 
dieselben  sogar  noch  enger  bei  einander.  Er  führt  folgende  drei 
IJeispiele  an : 

1)  Ein  jüdischer  Kaufmann  aus  den  ersten  Familien  be- 
wohnt mit  19  Seelen  ein  Haus,  das  191/2  Fuss  breit  und  531/2 
lang  ist ,  also  1 1 6  Quadratyards  enthält ;  folj^lich  kommt  hier  auf 
eine  Person  blos  etwas  mehr  als  G  Quadratyards. 

2)  Einer  der  Hauptrabbiner  bewohnt  ein  Haus ,  das  zu  den 
besten  im  jüdischen  Quartier  gehört;  die  Wohnung  ist  aussen 
341/2  Fuss  lang  und  22V2  hreit  und  hat  folglich  86V4  Quadrat- 
vards  Fläche.  Das  Haus  ist  von  16  Personen  bewohnt,  folglich 
kommt  auf  eine  jede  51/2  Quadratyards. 

3)  Chaplin  beschreibt  ein  Haus,  das  von  der  ärmsten 
Classe  von  polnischen  Juden  bewohnt  wird;  in  einem  Räume 
desselben  betreibt  ein  Schneider  sein  HandAverk  und  in  einem 
andern  werden  Knaben  unterrichtet.  Das  Haus  Avird  von  39 
Seelen  bcAvohnt  und  hat  aussen  ein  Maass  von  60  Fuss  Länge 
und  50  Fuss  Breite;  folglich  enthält  es  334  Quadratyards.  Es 
trifft  demnach  auf  eine  Person  eine  Eaumfläche  von  S^  2  Quadrat- 
vards.  Dass  hier  mehr  Fläche  auf  eine  Person  kommt,  als  in  den 
beiden  ersterwähnten  besseren  Wohnungen,  kommt  von  dem 
Umstände  her,  dass  im  Innern  des  Hauses  ein  grosser  Hof  liegt, 
an  Avelchen  ringsum  die  Wohnzimmer  angereiht  sind. 

Nimmt  man  diese  3  Beispiele  zusammen  (6  +  51/2  +  81/2  =  20) 
so  trifft  im  Durchschnitt  auf  eine  Seele  ein  Flächenraum  von  62/3 
Quadratyards.  Hiezu  sind  nun  die  nöthigen  Flächen  für  die 
Gassen  zu  rechnen.  Nach  meiner  Berechnung  beträgt  der  Raimi 
einer  Gasse  für  eines  dieser  Häuser  im  Durchschnitt  12  Yards 
Länge;  nimmt  man  hinzu  die  Hälfte  der  Gassenbreite  mit  II/2 
Yards ,  so  erhält  man  1 S  Quadratyards ;  dies  macht  auf  die  Per- 
son einen  Zuschlag  von  O/;,  Yard.  Im  heutigen  Judcnqiiartier 
beansprucht  also  jede  Person  einen  Kaum  von  S  Quadratyards. 
Sollte  dies  in  früherer  Zeit  nicht  auch  so  gewesen  sein? 

Wcnii,  wie  schon  angedeutet,   die  Mauern  von  33  Stadien 

1    Aus  einem  ungeclruckten  Aufsatz,  den  er   mir  mittheilte.  —  [Vergl. 
Athenaeum  23.  Febr.  ISTS;  ZDPV.  3,  p.  02,  Nr.  20.     Anm   d.  Ked.' 


218 


eine  Fläche  von  2,400,000  Quad.  Yards  umfassen.  \ind  man 
ferner  für  die  königlichen  Paläste,  den  Tempel  u.  s.  w.  Ve  ab- 
zieht, so  wird  sich  nach  der  heutigen  Bevölkerungsdichtigkeit  im 
jüdischen  Quartier  die  einstige  Bevölkerungszahl  ganz  wie  oben 
schon  gefunden  auf  eine  Viertel  Million  stellen.  Bei  diesen  Be- 
rechnungen wäre  aber  nach  Fergusson's  Behauptung  gerade  eine 
Null  zu  viel;  denn  er  nimmt  als  ständige  Bevölkerung  bloss 
25,000  Seelen  an  und  stützt  seine  Ansicht  auf  folgende  zwei 
Gründe :  Erstlich  darauf,  dass  das  Belagerungsheer  des  Titus 
nicht  im  richtigen  Verhältniss  zu  der  Zahl  der  Belagerten 
gestanden  hätte ,  falls  Jerusalem  viel  mehr  als  25,000  Einwoh- 
ner gehabt  hätte.  Die  Juden,  wie  die  Geschichte  zeige,  waren 
tapfere  Kriegsleute,  mit  denen  der  Feind  zu  rechnen  hatte.  Titus 
habe  aber  bloss  4  Legionen  und  einige  Hülfsvölker.  im  Ganzen 
bloss  25,000  höchstens  30,000  Mann,  z\ir  Disposition  gehabt. 
Mit  so  geringer  Zahl  würde  er  eine  so  stark  befestigte  »Stadt 
mit  ihren  Einwohnern,  zu  denen  noch  die  Haufen  der  Partei- 
häupter (23,400  Mann)  hinzuzurechnen  sind,  anzugreifen 
sich  nicht  getraut  haben  und  hätte  deren  Einschliessung  nicht 
vornehmen  können;  denn  in  der  Regel  brauche  der  Belagerer 
viermal  mehr  Leute .  als  die  Belagerten  zu  ihrer  Aerthei- 
digung.  Wenn  die  letzteren  im  Stande  gewesen  wären  (was 
bei  einer  starken  Bevölkerung  wohl  möglich  gewesen  wäre; 
auf  einen  Punkt  10,000  Mann  hinzuwerfen,  würden  sie  die  »Um- 
zingelung« leicht  durchbrochen  haben.  Zu  alledem  bekomme 
man  aus  dem  ^'erlaufe  des  Kriegs  den  Eindruck,  dass  die  Juden 
der  Übermacht  unterlegen  seien;  dies  alles  beweise,  dass  die 
Zahl  der  Bewohner  Jerusalems  keine  grosse  gewesen  sein  könne. 
Wenn  in  diesen  Ausführungen  auch  etwas  Wahrheit  liegt,  so  be- 
weisen sie  doch  nicht  viel;  denn  es  ist  dabei  übersehen,  dass 
hauptsächlicli  die  innern  l'arteikämpfe,  wie  es  Josepiius  ja  be- 
sonders hervorhebt,  der  Stadt  den  Untergang  bereiteten;  dass 
sich  ferner  die  Zahl  der  Kampffälligen  durch  die  Ausfälle  gegen 
die  Römer,  den  Hunger  und  das  viele  Überlaufen  rasch  vermin- 
derte. Auch  unterschätzt  Fergusson  zugleich  die  Stärke  des 
römischen  J leeres.  \'es])asian  war  mit  60.000  Mann  ins  Land 
gekommen,  und  wenn  sich  dieses  Heer  auch  durcli  Krankheiten 

1    Joseph,  bell.  3,  4,  2. 


219 

im  Verlaxife  des  Kriegs  verminderte,  so  wandten  sich  ihm  dagegen 
viele  Überlänf er  zu ,  so  dass  man  es  wenigstens  immerhin  auf 
36,000  bis  40,000  Mann  schätzen  muss. 

Nicht  glücklicher  ist  der  zweite  Beweisgrund.  Fergusson 
meint  nämlich,  die  Stadt  in  so  steriler  Gegend  situirt  hätte,  wenn 
sie  mehr  Einwohner  gehabt  hätte,  als  er  berechne  (nämlich 
25,000)  nicht  verproviantirt  werden  können,  selbst  nicht  in  Frie- 
denszeiten! Man  bedenke  aber  Folgendes.  Die  Stadt  lebte  ja 
geradezu  vom  Lande  —  nicht  vom  eigenen  Erzeugniss  ihrer 
Umgebung  —  hierher  mussten  die  Opfer  und  Zehnten  ge- 
bracht werden.  Die  Könige  hatten  ihre  Beamten  in  den  Bezirken, 
Avelche  den  königl.  Haushalt  und  dadurch  auch  die  Stadt  mit 
dem  nothigen  Unterhalt  versehen  mussten.  Hierzu  kamen  die 
Festzeiten ,  wo  jeder  erwachsene  Israelite  sich  wenigstens  für 
einige  Tage  nach  Jerusalem  zu  verfügen  hatte.  [Diese  Festgäste 
nahmen  nun  nicht  nur  ihren  eigenen  Reisebedarf  mit  sich,  son- 
dern überdiess  noch  die  Opfer,  Zehenten,  Gelübde  und  sonsti- 
gen Geschenke  an  den  Tempel ,  die  Priester ,  ihre  dortigen 
Freunde  ii.  s.  w.,  so  dass  gerade  in  den  Festzeiten  die  Stadt  am 
reichsten  verproviantirt  war.  (In  kleinerem  Maassstabe  ist  dies 
selbst  heute  noch  so :  kommen  keine  oder  nur  wenige  Pilger  und 
sonstige  Reisende  nach  Jerusalem,  so  herrscht  Armuth  und  ^'er- 
dienstlosigkeit  —  kommen  viele,  so  bessern  sich  die  Verhältnisse 
für  alle  Einwohner) .  Eine  ständige  Bevölkerung  von  '/ 1  Million 
konnte  sich  darum,  gerade  weil  diese  Stadt  Hauptstadt  und  Cul- 
tusstelle  einer  Nation  war ,  wohl  das  ganze  Jahr  hindurch  er- 
halten; dies  um  so  mehr,  als  ja  bekanntlich  die  Orientalen  sehr 
massig  leben.  Hierzu  kommt  noch,  dass  sich  die  Bewohner  Je- 
rusalems sehr  häufig  aufs  Land  begaben  mid  wenigstens  zur 
Sommerszeit  sich  meist  auf  dem  Lande  aufhielten  :  hatten  sie 
doch  da  ihr  »väterliches  Erbe«  und  dadurch  ihre  Landwirthschaft 
—  die  Priester  wechselte;!  ohnehin  in  ihrem  Dienst  ab  und 
gingen  somit  ab  und  zu.  Die  verschiedenen  Handwerker  — 
meist  Stadtbürger  —  gingen  aufs  Land  und  in  die  kleineren 
Städte,  um  ihre  Brüder  zu  bedienen  —  wie  es  vielfach  noch  heute 
geschieht.  Beamte,  Soldaten  u.  s.  w.  hatten  ohnehin  öfters  Ge- 
schäfte auf  dem  Lande ;  die  Schriftgelehrten  unterrichteten  das 
Volk  und  wir  finden  sie  daher  in  den  Erzälilungen  der  Evangelien 
überall  im  Lande.   Die  Studenten  und  Schüler  hatten  öfters  Ferien ; 


220 

die  Kauf  leute  vermittelten  den  Handel  und  waren  desshalb  öfters 
abwesend.    Von  einer  eigentlich  dichten  Bevölkerung  des  alten 
Jerusalem  kann  darum  nur  für  die  Zeit   der  grossen  Feste  die 
Rede  sein.    Wenn  man  die  Notizen  des  Josephus  dahin  verstehen 
will .   als  hätte  die  Stadt  selbst  eine  Bevölkerung  gehabt   die 
nach  Millionen  zählte,   so  ist  dies  gänzlich  unrichtig.     Josephus 
bsrichtet,  C'estius  habe  gewünscht  eine  Volkszählung  zu  veran- 
stalten ;  da  eine  solche  jedoch  gegen  Sitte  und  Gesetz  der  Juden 
verstiess,  so  habe  man  indirecter  Weise  die  Osterlämmer  gezählt, 
von  denen  je  eines  wenigstens  auf  10,  manchmal  selbst  auf  20 
Personen  komme.    Da  nun  256,500  Osterlämmer  gezählt  worden 
seien,   so  erhalte  man  eine  Bevölkerung  von  2,700,000  Seelen. 
Es  geht  jedoch  aus  dieser  Stelle  ganz  klar  hervor,  dass  damit 
nicht  die  ständige  Bevölkerung  der  Stadt  Jerusalem  gemeint 
ist,   sondern  die  des  ganzen  Volkes   soweit  als   es  Osterlämmer 
schlachtete  ^) .    Ebenso  ist  die  andere  Stelle  zu  verstehen,  in  wel- 
cher von  drei  Millionen  Menschen,  die  aufs  Osterfest  gekommen 
seien,  die  Rede  ist.    Als  die  Römer  und  zwar  gerade  zur  Oster- 
zeit  heranzogen .  flohen  viele  dieser  Festgäste  in  ihre  Heimath  zu 
ihrer  Habe  zurück,  viele  gingen    sogar  zu   den  Römern   über; 
allerdings  flüchteten  sich  viele  in  die  befestigte  Stadt;  die  Über- 
füUung  derselben  veranlasste  dann  gerade  die  grosse  Noth.     Der 
Nachweis,  wie  weit  sich  das  alte  Jerusalem  über  das  heutige  hinaus 
erstreckt  habe,  um  einen  Umkreis  von  33  Stadien  zu  bekommen, 
gehört  nicht  hierher.     Es  sei  bloss  kurz  bemerkt,  dass  sich  die 
alte  Stadt  im  Süden  jedenfalls  bis  an  die  Thalränder  erstreckt 
und    im    Norden    über    die    heutige    Stadtmauer  hinausgereicht 
haben  muss.     Es  bleibt  mir  nun  noch  übrig  einige  Gründe  dafür 
anzuführen,  dass  in  orientalischen  Städten  eine  dichte  Bevölke- 
rung  wolinen  konnte   und  wohnen  musste.     Zuerst  ist  zu  be- 
denken, dass  die  Städte  ummaiiert  waren,  dass  man  die  ^'erthei- 
digungslinie  so  kurz  als  möglich  machte  und  den  innern  Raum 
so  weit  als  möglich  zu  Wohnmigen  ausnützte.     Es  fanden  sich 
darum  keine  breiten  Strassen,   wenige  oder  keine   freien  Plätze 
noch  Gärten.    Die  Märkte  wurden  ausserhalb  der  Thore  abge- 
halten.    In  fresp.  den  Hallen  bei)  den    1  hören  fanden  die  Ge- 
riclitsverhandlungcn  statt,  wo  die  Parteion  auf  dem  freien  Platze 

1)  Bell.  0,  9,  .}.  und  2,  14.  2. 


221 

vor  denselben  den  gehörigen  Ranm  hatten.  Die  Strassen  waren 
blosse  Gassen,  nicht  nur  schmäh  sondern  noch  öfters  überbant 
und  darum  oft  dunkle  Gänge.  Überhaupt  braucht  der  Orientale 
wenig  Wohnraum,  da  er  so  äusserst  wenig  Hausgeräth  besitzt ; 
ein  Zimmer  für  eine  Familie  genügt  hinlänglich.  Kurz  alle 
Umstände  waren  darnach  angethan.  dass  die  Stadt  auch  bei  ver- 
hältnissmässig  geringer  räiimlicher  Ausdehnung  eine  weit  grössere 
Menschenmenge  in  sich  fassen  konnte,  als  dies  bei  Anlegung  des 
gewöhnlichen  Maassstabs  möglich  erschemen  würde. 


(jeorgisclie  Inschrift  aus  Jerusalem. 

Entziffert  von  Professor  Zagarelli  in  Petersburg. 
(Hierzu  Tafel  VI.) 


Vorbemerkung.  Im  September  1879  fand  Baurath  C.  Schick 
im  grossen  griechischen  Kloster  in  Jerusalem  an  der  Ecke  einer  Mauer 
einen  Stein,  welcher  mit  grossen  und  schön  gearbeiteten  Schriftzeichen 
bedeckt  war.  Auf  nähere  Nachfrage  erhielt  er  zur  Antwort,  die  Schrift 
sei  »Korgi«  und  rühre  von  einem  Volke  her,  dessen  Könige  einst  be- 
deutenden Einfluss  in  Jerusalem  gehabt  hätten,  und  das  heute  noch 
im  fernen  Norden,  am  Kaukasus,  existire.  Doch  Niemand  wusste  zu 
sagen,  welches  der  heutige  Name  des  Volkes  sei.  Baurath  Schick 
sandte  mir  mit  diesen  Nachrichten  die  Inschrift.  Nach  einiger  Prü- 
fung ergab  sich  mir  als  das  "Wahrscheinlichste,  dass  die  Zeichen  der- 
selben der  alten  georgischen  Schrift  angehören,  welche  »khuzuri«, 
d.  h.  die  priesterliche,  genannt  wird  (vgl.  Fr.  Ballhorn,  Alphabete 
orientalischer  und  occidentalischer  Sprachen.  12.  Aufl.  Nürnberg 
1880,  p.  57).  Meine  Vermuthung  bestätigte  Prof.  Dr.  A.  Leskien 
hier,  auch  Prof.  Dr.  J.  Euting  in  Strassburg.  Beide  Herren  erklärten 
jedoch  die  Entzifferung  nicht  übernehmen  zu  können.  Herr  Professor 
J.  EiTiNG  hatte  die  Güte,  den  Abklatsch  an  S.  Excellenz  den  k.  russ. 
Wirkl.  Staatsrath  Herrn  Prof.  Dr.  B.  von  Dorn  in  Petersburg  zu 
senden,  dessen  Verwendung  endlich  wir  die  Entzifferung  der  Inschrift 
durch  Herrn  Professor  Zagarelli  in  Petersburg  verdanken.  Die  Ver- 
öffentlichung derselben  ist  verzögert  worden,  weil  der  erste  Brief  mit 
der  Umschrift  und  Übersetzung  des  Herrn  Professor  Zagarelli  auf 
der  Post  abhanden  gekommen  sein  muss.  Einer  nach  längerem  Warten 
meinerseits  erfolgte  Anfrage  erwiderte  Prof.  Zagarelli  gütigst  durch 
Zusendung  einer  Abschrift  seiner  Arbeit. 

Da  ich  weder  die  georgische  Sprache  noch  die  geor^sche  Ge- 
schichte kenne,  so  kann  ich  den  historischen  Werth  der  Inschrift  nicht 
beurtheilen.  Doch  macht  Herr  Prof.  Zagarelli  darauf  aufmerksam, 
dass  die  Inschrift  für  georgische  Geschichte  Bedeutung  habe,  insofern 
sie  von  den  lungjälirigen  Beziehungen  Zeugniss  ablege ,  welche  die 
Georgier  zum  heiligen  Lande  unterhielten,  indem  sie  zu  verschiedenen 
Zeiten  Klöster  erbauten  und  unterhielten.  Auch  für  die  georgische 
Paläographie  hat  die  Inschrift  nach  Prof.  Zagarelli  eine  geAvisse  Be- 


223 


deutung.  Sie  repräsentirt  die  alt-georgische  Kirchenschrift.  Jeden- 
falls glaubte  ich  die  Inschrift  schon  darum  veröffentlichen  zu  sollen, 
weil  von  den  verschiedensten  Seiten  soviel  Mühe  in  Anspruch  ge- 
nommen worden  ist,  um  zu  ihrer  Entzifferung  zu  gelangen.  Allen 
Herren,  welche  dazu  mitgewirkt  haben,  sei  hier  nochmals  der  beste 
Dank  ausgesprochen. 

Leipzig,   12.  Februar  1881.  H.  Guthe, 


1 .  Die  Inschrift  mit  eingesclialteteu  Ergänzungen  in  civil- 
georgischen  Buchstaben. 

2.  Die  Inschrift  in  civilgeorgischen  Buchstaben. 

3.  Übersetzung. 

Christus  -  .  HeiHger  Nicolaus ,  sei  Fürbitter  vor  Christo 
für  die  Königin  i=  Prinzessin)  von  Kachetien-^),  Elisabeth, 
gewesene  Helene^). 

1)  Diese  georgische  Inschrift  ist  in  Anfangsbuchstaben  des  kirchlich- 
georgischen Alphabets  mit  Abkürzungen  verfasst ;  ich  gebe  oben  dieselbe 
vollständig  in  der  Transscription  mit  civilgeorgischen  Buchstaben. 

"2,   Mit  dem  Buchstaben  {U,  ^  ;=  kh,  ch  fängt  im  Altgeorgischen  jedes 

Document  von  irgend  einer  Wichtigkeit  an ;  er  bedeutet  etwa  so  viel  wie  das 
Deutsche  »mit  Gott.« 

3'  Das  frühere  Königreich  vonKachetien  liegt  im  heutigen  Gouver- 
nement von  Titlis. 

4;  Die  hier  genannte  Helen  e  ist  ohne  Zweifel  die  Tochter  des  Königs 
von  Kachetien  David  II.  -;-  lt)04  und  Schwester  des  Königs  von  Kachetien 
TeimurazI.  10U5 — 1665.  Sie  reiste  zuerst  1615  nach  Persien,  dann  (nach 
1624,  nach  Jerusalem,  wo  sie  das  Kloster  des  Heil.  Nicolaus  gründete,  und 
wurde  daselbst  eine  Nonne,  nach  den  einen  unter  dem  Namen  Elisabeth  , 
wie  auch  unsere  Inschrift  angiebt,  nach  den  anderen  unter  dem  Namen  Ana- 
stasie. Näheres  darüber  in  Histoire  de  la  Georgie  II,  I  traduite  par  Bros- 
set  ;1S>56,  St.  Petersb.  ,  p.635;  Additions  et  eclaircissements  etc.  par  Bros- 
set  (1851)  p.  261  ;  Bullet,  hist.-philolog.  t.  II,  p.  315;  t.  III,  p.  60. 


Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  IV. 


15 


Beiträge  zur  Bibliographie  der  Palästinaliteratur  im 
Auscliliiss  au  eiue  Bespreeliuug 

von  Prof.  Dr.   W.  A.  Neuiliaiiu  in  Wien. 


Deutsche  Pilgerreisen  nach  dem  heiligen  Lande  herausgegeben  und 
erläutert  von  Reinhold  Röhricht  und  Heinrich  Meisner.    Berlin, 

JVeidmann,  18S0. 

Das  15uch .  das  wir  zur  Anzeige  bringen ,  ist  eine  deutsche 
Arbeit  in  des  Wortes  voller  üedentnng :  nicht  allein  dass  es  vom 
Antheil  handelt,  welchen  die  Deutschen  an  den  Pilgerfahrten  von 
1300 — 1600  nahmen,  sondern  es  ist  auch  ein  rühmliches  Zeug- 
niss  deutschen  Fleisses  und  deutscher  Gründlichkeit.  Hatte  der 
eine  der  beiden  Herausgeber  schon  in  früheren  Arbeiten  —  wel-- 
che  wir  in  dieser  Zeitschrift  angeführt  haben  —  den  Antheil  der 
deutschen  Nation  an  den  Kämpfen  zwischen  Kreuz  und  Halb- 
mond im  Mittelalter  geschildert  und  »die  Grundlagen  für  eine 
wissenschaftliche  Kenntniss  der  Beziehungen  zwischen  Deutsch- 
land und  der  Levante  überhaupt«  gelegt,  so  hat  er  in  diesem 
Werke  eine  Fortsetzung  jener  Arbeiten  geliefert. 

Nun  freilich  war  es  den  Herausgebern  schwer,  den  Endpunkt 
ihrer  Forschungen  zu  fixiren  und  w'\x  glauben  es  ihnen,  dass 
am  Beginn  des  XML  Jahrhunderts  »der  Durchbruch  eines  neuen 
Zeitalters  sich  deutlich  entschieden  hat ') .«  Aber  wir  sind  nur 
theilwcise  ihrer  Anschamnig,  dass  die  von  ihnen  gebrachten  Pil- 
gerfahrten die  Fortsetzung  der  Kreuzzüge  seien.  Der  Zeit  nach 
sind  sie  es  wohl,  aber  dem  Charakter  nach  sind  sie  das  entschie- 
dene Gegenthcil  desjenigen,  was  nicht  wir  allein,  sondern  was 
man    auch    im  XH'.   und    den   folgenden    Jahrhunderten    unter 

I  Wir  vermuthen,  dass  diese  Arbeit  angeregt  worden  sei  durch  das 
.Streben  Roukicht  s,  seinen  Standpunkt  gegen  Skpp's  Barbarossaforschung 
zu  nehmen,  denn  genau  denselben  Endpunkt  hatte  er  seinen  diesbezüglichen 
Studien  gesetzt.    Vgl.  ZDPV.  B.  .'i.  S.  ISl. 


225 


Kreuzziig  verstand.  —  Erst  unsere  Zeit  hat  einen  "svirkliclien 
Kampf  um  das  Grab  Christi  (zunächst  um  die  Kuppel  gekannt, 
der  freilich  fern  von  Palästina  ausgefochten  wurde.  Erst  unser 
Jahrhundert  kennt  eine  Culturarbeit  im  heiligen  Land,  welche 
mit  den  kriegerischen  Kreuzzugsunternehmungen  auch  ehemals 
in  ^'erhindung  stand. 

Im  Mittelalter  hatten  nur  ungern  die  Franzosen  an  der  Seite 
der  Deutschen  gefochten;  heiitzutage  nehmen  die  Herausgeher 
der  Gesta  Dei  per  Fr  an  cos  gern  und  eifersuchtslos  deutsche 
Mitarbeiter  auf  und  deutsche  Kräfte  stehen  ihnen  so  zu  Gebote, 
wie  die  französische  Gelehrsamkeit  dem  Deutschen  sich  zur  Xei- 
fiigung  stellt.  Und  doch  that  Röhricht  Recht  daran,  dass  er, 
nachdem  er  der  französischen  Gesellschaft  vom  »lateinischen 
Oriente«  seine  Kraft  geliehen .  nun  wieder  ein  Stück  deutschen 
C'ulturbildes  lieferte.  Wir  freuen  uns  dieses  Werkes,  wir  sind 
dem  Herausgeber  dafür  dankbar ;  den  Dank  aber  glauben  wir 
nicht  besser  beweisen  zu  können,  als  dadurch,  dass  wir  die 
Herausgeber  in  die  Lage  versetzen,  eine  Reihe  von  Nachweisen 
in  die  hoffentlich  bald  nothwendig  werdende  2.  Auflage  aufzu- 
nehmen. Wir  hätten  dies  wohl  auch  brieflich  abthun  können, 
aber  wir  ziehen  es  vor,  in  dieser  Zeitschrift  die  Nachträge  zu 
bringen,  damit  wir  ihrem  ZAvecke,  ein  Repertoiium  für  Palästi- 
nographie  zxi  werden,   gerecht  werden. 

Beim  Durchgehen  der  einzelnen  Theile,  in  welche  das  Buch 
zerfällt,  finden  wir  es  passender,  die  Reihenfolge  des  Buches 
selber  festzuhalten,  als  diejenige  Abtheilung  zu  adoptiren,  Avelche 
die  Verfasser  in  der  Vorrede  selber  machen  (S.  V.),  in  einen  histo- 
rischen und  bibliographischen  Theil. 

L  Die  erste  Abtheilung  »die  historische  Einleitung«  bringt 
auf  42  B.  ein  sorgfältig  herausgearbeitetes  Gesammtbild  der  Pil- 
gerfahrten von  1300 — 1600;  angefangen  vom  Entschlüsse  des 
einzelnen  Pilgers ,  nach  den  Heiligthümern  der  Christenheit  zu 
wandern,  bis  zu  seiner  glücklichen  Heimkehr.  Es  ist  ein  JUld. 
das  wie  traurig  es  auch  sich  gegenüber  den  stolzen,  gewaltigen 
Kreuzzugsunternehmungen  früherer  Zeiten  und  gegenüber  den 
bequemen  jetzigen  »STANGEN'schen«  und  ähnlichen  Ausflügen 
ausnehmen  mag,  doch  farbenprächtig  genug  zu  nennen  ist.  Mit 
tüchtiger  Belesenheit  haben  die  Herausgeber  aus  oft  sehr  ent- 
fernt liegenden  Litteraturkreiseu  die  Bestandtheile  ilivor  Schilde- 


226 


rung  zusammengeholt.  Wir  machen  jeden  claranf  anfmerksam. 
der  Freude  an  Cnltnrschildernngen  besitzt ;  die  von  Gelehrsam- 
keit strotzenden  Noten  bieten  oft  sehr  schätzenswerthe  Zusam- 
menstellungen. —  Im  Einzelnen  dürfte  vielleicht  manches  der 
Sicherstellung  bedürfen:  S,  24  Note  1  dürfte  in  dem  Ealikader 
ein  Wäli  Kädir  stecken.  —  Kalinus  dürfte  denn  doch  Kädi  sein. 
—  Zu  S.  28  ist  nachzutragen,  dass  Heyd,  Levantehandel  1,  S.  1 14 
den  Spuren  des  Amalfitaner-Geschlechtes  des  Pantaleone  in  Syrien 
nachgeht  und  die  von  unserem  Buche  angezogene  Abhandlung 
Strehlke's  Avohl  kennt,  aber  nicht  adoptirt.  S.  118.  —  Solche 
Streifen,  wie  sie  S.  29  Note  4  erwähnt  werden,  dienten  auch  als 
priesterliche  Stolen ,  meist  dunkelbrauner  Farbe,  mit  (in  Weiss 
ausgeführten,  eingewebten  Zeichnungen  der  Länge  des  Christus, 
des  Mariengrabes,  der  Grösse  der  Fussspur  Jesu  Christi  (auf  dem 
Ölberge:,  der  Leidenswerkzeuge  etc.  etc.  Eine  derartige  Stola, 
wahrscheinlich  vom  Abte  Robert  Leeb  aus  dem  h.  Lande  mit- 
gebracht, befindet  sich  noch  im  Stifte  Heiligenkreuz.  Es  ver- 
steht sich,  dass  jetzt  Niemand  den  Gebrauch  kennt,  welchen  die 
Note  4  angiebt. 

S.  32.  Wir  sind  wohl  durch  das  vorgesetzte  »z.  B.«  in  Note  7 
nicht  ganz  berechtigt,  auch  hier  einen  Nachtrag  zu  bringen, 
allein  wir  glauben,  dass  es  den  Herausgebern  nicht  unerwünscht 
sei,  wenn  wir  sie  auf  Cod.  iconogr.  Monacensis  324.  f.  40 — 45 
aufmerksam  machen,  der  nach  unseren  Aufzeichnungen  die  Ce- 
remonien  des  Ritterschlages  für  den  Orden  des  h.  Grabes  ent- 
halten soll. 

Wir  erwähnen  es  gleich  hier,  dass  es  wünschenswerth  er- 
scheint, wenn  die  Herausgeber  sich  für  eine  der  von  ihnen  noch 
gleichwertig  erachteten  Schreibungen  S  u  c  h  e  m  oder  S  u  d  h  e  i  m 
entscheiden  würden  ,siehe  S.  22,  29,  46,  466.  und  dagegen  8, 
564,  647).  —  Die  Schreibung  Brocardus  (im  Index),  wo  auf 
S.  8  hingewiesen  ist,  während  hier  lixirchardus  steht,  scheint 
überhaupt  dem  Recensenten  veraltet,  S,  526,  inid  für  den  deut- 
schen Burchard  nicht  recht  angewendet  zu  sein. 

Die  2.  Abtheilung  unseres  Buches  enthält  23  Filgerschriften, 
wovon  nur  eine  nicht  einem  Deutschen  angehört,  nämlich  die 
erste.  Sie  sind  zum  Theile  die  Finidgrubc  gewesen,  aus  der 
unsere  Verfasser  die  Bestandtheile  der  ersten  Abtheilung  geholt 
haben.   Die  meisten  bieten  in  culturgcschichtlicher,  sprachlicher. 


227 

manche  auch  in  geographischer  Beziehung  schätzenswerthe  Bei- 
träge. Im  heiligen  Lande  selber  ist  freilich  die  Local-Tradition 
damals  schon  fast  auf  jenem  Standpinikt  angekommen,  auf  dem 
wir  sie  jetzt  treffen.  Handelte  es  sich  doch  auch  selbst  bei  den 
Baulichkeiten  nur  darum ,  das  bestehende  zu  erhalten ,  während 
die  Zeiten  der  Kreuzzüge  eine  Reihe  neuer  Gründmigen  iKlöster, 
Kirchen,  Hospize,  Paläste)  entstehen  und  die  Tradition  sich  an 
die  Neubauten  anranken  gesehen  hatten. 

Die  älteste  Beschreibung  des  Jacob  von  ^'ERONA  weist  jenen, 
zum  wirklichen  Kreuzzug  vorbereitenden  Charakter  auf,  welchen 
Rec.  schon  in  dieser  Zeitschrift  angedeutet  hat;  es  fehlt  ihr  auch 
nicht  der  Excurs  über  die  Lehre  Mohammeds.  Wir  wollen  den 
Inhalt  der  einzelnen  Beschreibungen  hier  nicht  anführen,  son- 
dern nur  die  Gedankenspäne  und  gelehrten  Notizen  anbringen, 
welche  uns  würdig  erscheinen ,  von  den  Verfassern  beachtet  zu 
werden.  Daher  fügen  war  gleich  an,  dass  S.  320  Z.  10  Mam- 
brin  uns  Ambra  zu  sein  scheint,  und  zu  S.  402  (Gabriel  v.  Rat- 
tenberg)  haben  wir  zu  bemerken,  dass  im  Cod.  germ.  Mon.  1274 
die  Lagen  1  — 12  ehemals  einen  selbständigen  Theil  des  Codex 
bildeten,  auf  dem  sich  die  Angabe  »1531  scriptum«  bezog. 
Fol.  10  »eine  kurtze  vorRede  von  der  fahrt  vber  mer  zu  dem  hey- 
liffen  Grabe«  etc.  »^yir  lesen  viel  in  den  alten  Geschichten«  ist 
emfach  eine  Übersetzung  des  Burchardus  a  monte  Sion  und 
erst  Fol.  1 3  mit  erkennbarem  Wechsel  der  Schrift  beginnt  Ga- 
briel V.  Rattenberg.  Von  der  Hand,  welche  die  erste  Lage  ge- 
schrieben hat,  stammen  Fol.  58.  59  und  00=",  dann  folgt  eine 
dritte  etwas  kleinere  Schrift.  (Fol.  91 — 93  ein  kleines  arab.  deut- 
sches Glossar  mit  den  landläufigsten  Wörtern.  Fol.  94  leer.) 
Fol.  95.  Incipiunt  peregrinaciones,  wie  im  Codex  vonS. Florian. — 
Zuletzt  Fol.  1 12  ein  kurzes  Gebet,  —  Ganz  besonders  interessant 
ist  die  Reise  des  Ludwig  vox  Rautter  1567 — 1571  (S.  430  fg.) 
quer  durch  Kleinasien  von  Skutari  nach  Antiochien,  Aleppo,  Da- 
maskus, Safed.  Wir  möchten  erinnern,  dass  der  Weg  den  Rei- 
senden kaum  durch  Simem  (S.  440)  geführt  haben  werde,  son- 
dern durch  Dschenin,  und  dass  die  Hevölkenmg  dieses  Ortes 
auch  heute  noch  als  eine  etwas  \inangenehme  bekannt  ist.  wie 
sie  es  von  jeher  war.  Der  Bach  bei  Dschenin,  der  aus  höchst 
lieblichem  Thale  sich  heraus  windet,  verdiente  von  Rautteh  wohl 
beachtet  zxi  werden,   während  man  erst  ziemlich  weit  von  Sunem 


228 

einen  Bach  Avird  finden  können.  S.  443.  Wir  vermuthen  trotz  der 
Bemerkung  unserer  Herausgeber  unter  Revil  a  doch  die  alte  ^  ehe- 
malige Hauptstadt)  Ramla;  und  bemerken  gleich,  dass  es  wün- 
schens-werth  erscheint ,  es  mögen  die  gelehrten  Herausgeber  so- 
weit es  möglich  ist,  eine  einheitliche  Transscription  der  oriental. 
Wörter  durchführen;  denn  es  berührt  eigenthümlich  einmal 
Birket  el  hajj  (S.  443.  Z.  2.  v,  u.)  und  dann  "wieder  Khan  Djub 
Jusuf  S.  441  zu  lesen. 

S.  447  haben  wir  anzumerken,  dass  wir  in  der  Innsbrucker 
Univ. -Bibliothek  eine  Handschrift  des  Hirnheim  gefunden 
haben.  —  Noch  die  letzte  von  R.  und  M.  gebotene  Beschreibung 
ist  besonders  interessant,  denn  Ernst  von  Bueseck  1587 — 1588 
besuchte  das  nördliche  Syrien  und  den  Libanon.  —  Diese  32 
Reisebeschreibungen  ersetzen  wohl  manchem,  der  sich  mit  dieser 
Parthie  palästinischer  Geschichte  beschäftigt,  eine  kleine  Biblio- 
thek; manches  freilich  was  zu  ihrer  Erläuterung  notliAvendig  war, 
ist  erst  im  dritten  Theile  des  Buches  zu  finden,  im  Pilger ver- 
z  ei  c  hnis  s.  Dieses  führt  alle  jene  Deutschen  an.  von  deren  Pil- 
gerschaft  unseren  Herausgebern  Kunde  geworden  ist ;  in  dieses 
Verzeichniss  sind  manche  Urkunden  mit  einverwoben.  —  Uns 
erscheint  es  passend,  diesen  dritten  Theil  des  liuches  zugleich 
mit  dem  vierten  zu  behandeln,  um  im  Referate  Wiederholungen 
zu  vermeiden ,  welchen  die  Autoren  selber  nicht  aus  dem  Wege 
gegangen  sind. 

n.  Der  vierte  Theil  des  R.  M'schen  Werkes  will  die  Lücke 
zwischen  der  Bibliographia  geograph.  Pal.  von  Tobler  und  den 
jährlichen  Berichtender  ZDPV.  (also  1867 — 1877)  ausfüllen  und 
Nachträge  zu  Tobler  bringen.  Es  ist  die  stattliche  Zahl  von 
10(10  Nummern,  welche  die  Verfasser  hier  zusammenstellten. 
Man  kann  sich  denken,  dass  eine  grosse  Menge  von  Katalogen 
durchzuarbeiten  inid  eine  ausgebreitete  Correspondenz  z\i  führen 
Avar,  um  eine  solche  Vollständigkeit  zu  erreichen.  Das  Hauptver- 
dienst wird  Avohl  in  der  menschlich  gesagt,  vollständigen  Biblio- 
graphie der  jüd.  und  russ.  Palästinabeschreibungen  liegen.  Alles 
Menschenstreben  ist  Stückwerk :  und  nur  dem  unverdrossenen, 
iininterressirten  Zusammenarbeiten  Vieler  mag  endlich  die  "N^oU- 
ständigkcit  eines  Werkes  zu  danken  sein.  Wir  bringen,  aus 
Achtung  vor  dem  Werke,  das  wir  anzeigen,  hier  zum  dritten  und 
vierten  1  heile  desselben  eine  Reihe  von  Nachträgen,  welche  wir 


229 

der  Beachtung  der  Herausgeber  empfehlen.  Nicht  alle  Werke 
sind  uns  jetzt  zu  Händen ,  und  es  können  sich  in  unsere  An- 
merkungen Schreibfehler  u.  A.  eingeschlichen  haben.  Es  Aväre 
nicht  angezeigt  brevi  manu  Alles  in  eine  neue  Auflage  so  aufzu- 
nehmen, -wie  wir  es  hier  aus  unserem  Handexemplare  der  Tohler- 
sclien  liibliügrai)hie  abdrucken  lassen.  — 

Wir  werden  hier  wohl  einiges  von  dem  wiederholen  müssen, 
was  wir  bei  einer  Besprechimg  der  Tobler' sehen  Bibliographie  in 
der  Tübinger  Quartalschrift  1874  S.  521  fg.  schon  gesagt  haben, 
machen  aber  nichts  destoweniger  auf  diese  Recension  aufmerk- 
sam .  weil  sie  gerade  von  denjenigen  beachtet  zu  werden  ver- 
dient, welche  mit  Tobler  sich  beschäftigen.  Wir  gehen  in  unse- 
rem Ref.  an  der  Hand  der  Abtheilung  4  unseres  Buches  vorwärts. 

Zu  S.  4S0.  Dass  Friedrich  II.  von  Brandenburg  wirklich  im 
Heiligenlande  war ,  zeigt  folgender  höchst  interessante  Brief  an 
ihn,  den  wir  der  Stiftsbibliothek  von  Melk  entnehmen  (Cod.Mel. 
N.  13  eh.  40  Säe.  XV.  Fol.  202.)  Epistola  missa  a  Rodis  ad  Je- 
rusalem Domino  Marchioni  Friderico  de  Brannburg  de  salvo 
conductu  et  ex  parte  turcorum. 

Illustris  princeps  ac  potens  ac  magniiice  domine  nobis  hono- 
rande,  cordiali  salutacione  premissa.  Per  religiosum  in  Christo 
nobis  carissimum  fratrem  Gotfridum  de  Heimbach  Ordinis  nostri 
oretenus  nobis  expositxim  fuit  illustrem  dominacionem  vestram 
in  regressu  suo  a  peregrinacione  ierosolimitana  exoptare  Ro- 
dum  videre  cum  hijs  qui  vobiscum  erunt,  petereque  salviim  con- 
ductum  pro  patrono  et  nautis  veneciis  galliace  peregrinorum  qua 
devehemini.  Nos  enim  audita  ingenti  fama  magnificentie  vestre 
et  quantum  sit  aiFecta  erga  nos  et  nostram  religionem  tandem 
letanter  et  leto  corde  uidebimus  et  honorabimus  et  ceteris  ad  ve- 
stram pertinentibus  comoditatem  favebimus.  De  salvo  vero  con- 
ductu petito  non  nobis  videtur  esse  opus  cum  ciuitas  nostra  Rodi 
communis  et  libera  sit  omnibus  nacionibus  C'hristianorum  neque 
umquam  compertum  fuit  quod  nostra  religio  [=  Orden)  aliquibus 
Christianis  bellum  iniuriam  dampnum  aiit  violenciam  alicpiam 
fecerit  neque  facere  intendit;  sed  omnes  possunt  libere  et  secure 
huc  Rodum  accedere,  negocia  eorum  agere  et  discere  pro  eorum 
libito  uoluntate  (sie) .  Si  uero  patronus  et  naute  galliacie  prefate 
ut  apparet  ex  peticione  vestra  —  dubitarent  huc  Rodi  venire,  mira- 
nnir.  cur  hoc  petatur.  (|uia  bonam  ])acem  habemus  et  habere  in- 


230 

tendimus  cum  dominis  venetis  et  subditis  eorum ;  et  patroniis  cum 
nautis  suis  libere  potest  venire  Rodiim  neque  aliquomodo  a'  q^'\ 
retinebitur  sed  cum  voluerit  discedat  sicut  veneti  semper  consue- 
verunt.  Cnva.  magno  dolore  cordis  ea  que  secuntur  illustri  domina- 
cioni  vestre  intimare  decrevimus .  Magnus  Theucer  der  Grosstürke] 
cum  obsedisset  Constantinopolim  terra  marique  tandem  vi  anno- 
rum  civitatem  die  XXIX  mensis  Maii  proxime  preterito  cepit, 
imperatorem  constantinopolitanum  interfecit.  multis  nobilibus 
capita  truncavit,  totam  urbem  in  predam  dedit,  crudelitates  plures 
exercuit.    Civitatem  Peram  quam  Januenses  tenebant  sine  armis 

obtinuit  ipsamque  tributariam  fecit,  muros  illius  diruit 

Ciassem  de  novo  parat  ingentem  qua  intendit  omnes  insulas  Egey 
pelagi  sibi  tributarias  facere  vel  eas,  si  poterit.  delere.  Exaltavit 
namque  cor  sum  et  gloriatur  se  Magni  Alexandri  Macedonis  gesta 
equiparaturum  uel  superaturum  Minatur  etiam  —  que  Alexander 
numquam —  se  ad  italiam  et  partes  occiduas  armis  et  potentia  sua 
penetrare  uelit  sie)  se  experiturum  an  sibi  fortuna  faveat  quemad- 
modum  per  hec  orientalia  expertus  est.  Quare  omnes  reges  Chri- 
stianorum  et  principes  animadvertere  deberent  quonam  pacto- 
feritati  potencie  huius  tyranninoti  ad  destruccionem  christianorum 
—  nisi  Deus  prouiderit  —  resistatur  'siresque  omnes  ad  ipsius  turci 
pemiciem  convertant.  quod  fiet  facile ,  si  in  vnitate  et  pace  ac 
caritate  in  communi  convenerint  ac  congregauerint  pro  honore 
fidei  catbolice  ac  christianitatis  proteccionem ,  ne  diu  machinata 
secta  in  cliristicolas  deseviat:  rogantes  omniiwtentem  Deum  ut 
sua  gracia  prouideat,  ubi  humane  vires  non  sufficiunt,  que  uos 
ad  uota  custodiat  et  vestra  comitiua  ad  haue  nostram  urbem  Rodi 
feliciter  conducat.  Datum  Rodi  in  nostro  conuentu  die  ultima 
mensis  Junii  m*'  ccc"  53^'. 

Zu  Arculfus,  S.  552.  N.  12  fcfr.  S.  647),  machen  Avir 
hiermit  bekannt,  dass  wir  die  Varianten  des  Mettemich' sehen 
Codex  (2(}.  H.  39)  gesammelt  haben,  und  dass  sie  im  Archive  der 
Societe  de  V Orient  latin  abgedruckt  worden  sind.  —  Leider  hat 
ToBLBR  nicht  einmal  alles  in  München  vorhandene  Material  zu 
seiner  Ausgabe  benutzt. 

S.  552.  N  13.  Das  Itinerarium  ad  Hieros.  im  Clm  (=  Co- 
dex latinus  Monacensis)  029  hat  folgendes  Inci])it :  In  media 
aqua,  que  dicitur  visgaa  (=  Fischa  incipit  ungaria.  Fol.  21''. 
"S'isio  Otliniari  ])vpsbytcri.    —  Fol;  81.   de  locis  sanctis  Omnibus 


231 

volentibus  visitare  sepiilchrum  dominiciim.  Siehe  darüber  Tü- 
binger Quartalschrift.  IS 74.  S.  543.  Dort  spricht  Ref.  die  Ver- 
muthung  aus,  dass  Gretser  seine  Instructio  im  ]ide.  III,  p.  129 
aus  diesem  Codex  entlehnt  hat.  Denselben  Text  liefert  die  Hand- 
schrift des  Stiftes  Melk  an  der  Donau  (K.  31.).  Verwandt  ist 
Innom.  "STIL  Toblers.  —  Wir  finden  in  unsenn  Handexemplar 
die  Notiz,  dass  der  Codex  von  Admont  N.  256.  einen  Beda 
«Tractatus  de  situ  alias  de  locis  sanctis«  enthält. 

S.  553.  Bartolfus  pregrinus  (siehe  Toblerp.  13  f.,  er- 
scheint unter  den  Autoren,  welche  die  Societe  de  1' Orient  latin 
herausgiebt;  siehe  Bongars  Gesta  Dei  I.  572. 

S.  554  vor  N.  29  einzuschalten :  Belardusde  Esculo, 
welchen  Eef.  für  das  Archiv  der  Soc.  de  l'Orient  latin  als  in  die 
Zeit  1112  — 1120  gehörig  bestimmt  hat.  Cod.  Vatic.  1110. 
Fol.  141  ^.    Inc.  Jerusalem  distat  a  monte  occidentali. 

S.  555.  N.33.  Nachzutragen:  Tobler  würdigt  die  Hand- 
schrift der  Wiener  Hofbibliothek  N.  609  einer  genaueren  Be- 
handlung in  seinem  Innomin.  II.  Das  Stück  )iin  superiore  libro« 
ist  eben  die  Einleitung  (des  Copisten?)  zu  Innom.  II.  — Fre- 
TELLüS-Handschriften  sind  nicht  selten.  Wir  erwähnen  für  eine 
künftige  Behandlung  die  der  Prager  Univers. -Bibliothek  X.  C.  IS, 
die  der  Vaticana  (Bibl.  Regina  48.) .  Siehe  Beda  Duuik,  Iter  Ro- 
manumL250.  cfr.  2.47.  Codexlat.  Mon.5307.  Sumam  inicium. — 
Wir  haben  einen  ziemlich  guten  Text  des  Fretellus  aus  meh- 
reren Handschriften  zusammengestellt,  und  oiferiren  ihn.  wie  es 
einst  unser  Freund,  Dr.  J.C.  M.  Laurent,  gethan  hat.  demjenigen, 
der  sich  mit  dieser  Zeit  der  Palästinabeschreibungen  beschäftigt. 
—  Vielleicht  auch,  dass  die  Redaction  dieser  Zeitschrift  den  Ab- 
druck dieses  Textes  übernimmt.  —  Zugleich  möchten  Avir  fragen, 
ob  es  nicht  angezeigt  wäre,  statt  fretellus  zu  schreiben  fratellus  ? 

S.  557.  N.43.  Der  Innom.  VIII.  scheint  dem  Ref.  nur  das 
Bruchstück  einer  grösseren  Beschreibung  zu  sein,  welche  der 
französ.  Übersetzung  in  Paris  Bibl.  nat.  Mspt.  fr.  1553  in  fol. 
vel.  rec.  XIII  zu  Grunde  gelegen.  —  Über  die  Innominati  siehe 
Neumann,  Tüb.  Quartalschrift  1S74.    S.  533—539. 

S.  557.  N.  49.  Es  liegt  uns  ein  der  Societe  de  lOriont  latin 
gehörendes  Verzeichniss  von  83  Handschriften  des  Jacobus  de 
Vitriaco  vor.  —  Eine  wichtige  Handschrift  des  Thadeus  liegt  in 
der  Prager  LTniversitätsbibliotliek  XIII.   1).  7.  —  Die  Nunnner  55 


232 


auf  S.  558.  ^vircl  -wahrscheinlich  unter  diese  N.  49  hereinzube- 
ziehen  sein;  auf  jeden  Fall  ist  sie  zu  vergleichen  mit  Thomas, 
Tractatus  ^siehe  unser  l^uch  sub  N.  45),  und  Neumann,  Innom.  V. 
(2.  Theil). 

Des  Haymaeus  Monachus,  Relatio  tripartita  ad  Innoc.  III. 
beginnt  »Terra  hierosolymitana  in  centro  mundi  posita  est«;  —  es 
stehen  für  eine  neue  Ausgabe  der  Societe  de  T Orient  latin  bis 
jetzt  16  Handschriften  zu  Gebote,  zu  denen  noch  nachzutragen 
ist:  Grazer  Univers. -Bibliothek,  Mspt.  N.  39/23,  von  Fol.  6  an- 
gefangen (in  2  Columnen) .    Schöne  Schrift  des  XIV .  Jahrhunderts . 

S.  558.  N.  55.  Wir  können  von  dieser  Nummer  noch  nicht 
Abschied  nehmen.  Wir  sind  überzeugt,  dass  unsere  Herausgeber 
überall,  wo  sie  die  Initia  der  inibenannten  Reisebeschreibungen 
wussten,  auch  dieselben  in  der  bibliographischen  Beschreibung 
nicht  vergessen  haben :  aber  gerade  hier  ist  es  zu  beklagen,  dass 
Avie  auf  S.  567  (N.  99)  und  S.  580  ;N.  202)  die  Initia  nicht  beige- 
fügt worden  sind. 

S.  559.  N.  57.  Hinter  diesem  Robertus  scheint  ein  Schreib- 
fehler für  Albertus  zu  stecken,  Avir  meinen  jenen  Albertus, 
welcher  des  Haymarus  Monaclais  Nachfolger  im  Patriarchate 
Avar.  —  Diesem  schreibt  Trithemius  mit  Unrecht  die  ganze 
historia  tripartita  zu.  Vielleicht  Avird  denn  doch  ein  Theil  wirk- 
lich dem  Albertus  zuzuschreiben  sein.  —  Leider  fehlt  auch  hier 
das  Initium,  aber  auch  die  Signatur  der  Handschriften  von  Mai- 
land und  Venedig.  —  Eine  Handschrift  von  Mailand  (Bresa. 
A.D. IX.  43.  N.  14)  ist  der  Societe  de  rOrient  latin  als  Ha y- 
MARus-Handschrift  bekannt. 

S.  559.  N.  60.  ObMARTiNus  Polonus  Avirkhch  eineDescrip- 
tio  terrae  S.  geschrieben  habe,  könnte,  bis  Avir  nicht  genauere  An- 
gaben als  den  Fabricius  (Artikel  Martinus  Strepus,  Oppaviensis  in 
der  Bibl.  lat.  lib.  XII,  p.  132  —  nicht  43  Avie  unsere  Autoren 
schreiben  — )  und  die  kurzen  Verzeichnisse  im  Neuen  Archiv  IV, 
33  und  393  haben,  bezAveifelt  Averden.  Auch  hier  macht  sich  der 
Mangel  eines  »Incipit«  unangenehm  fühlbar.  —  Es  bestärkt 
uns  in  dieser  Anschauung  der  Nachtrag  in  R(öhricht)  M(eisner) 
S.  647,  Avo  mit  Martinus  Polonus  der  Avohlbckannte  Fretellus 
in  Verbindung  steht  und  eine  Aufzählung  von  Sekten,  Avelche 
dem  Berichte  «Terra  ierosol.  in  centro  mundo  posita  est«  Avahr, 
schoinlich  nahe  verwandt  ist.  —  Die  Handschrift  der  Prager  Uni- 


233 

versitätX,  C.  18  enthält  ebenfalls  einen  Text  der  Chronik  des 
Martixus  und  gleich  darauf  den  Rogerius  Fretellus  ,  aber 
ohne  die  jedenfalls  jüngere  Aufzählung  der  Sekten.  —  Diese  Ver- 
bindung des  Martixus  Polünus  mit  Fretellus  mag  der  Grund 
gewesen  sein,  Avarum  Fabricius  einfach  unter  den  Werken  des 
jNIartixus  aufzählte :   Uescriptio  terrae  sanctae. 

S.  560.  1271.  Die  Bibliothek  des  Grafen  Rl\nt  in  Paris 
enthält  einen  bisher  unbekannten  Mauritius  Kergensis  in  Hand- 
schrift.    Itinerarium  Andrea  Nicolai  de  Norwegia  in  Terram  S. 

S.  560.  zu  liuRCHARDus  vom  Berge  Sion.  —  Aus  arab.  Quellen 
weist  Prof.  Karabacek  nach,  dass  die  Angabe  des  Lindauer  Co- 
dex von  einer  Gesandschaft  des  deutschen  Königs  Rudolf  nach 
Ägypten,  geführt  von  Burcharuus  v.  B.  Sion  auf  Wahrheit  be- 
ruhe. —  Dass  eine  Beziehung  des  Burchardus  v.  B.  Sion  zum 
Sultan  von  Kairo  bestanden  habe,  davon  scheint  noch  bis  in's 
XV.  Jahrhundert  Kunde  in  Europa  existirt  zu  haben.  Jedenfalls 
ist  folgende  Notiz  des  Prager  Codex  (Univers.  Bibl.  XIV.  C.  16, 
Saec.  XV)  bezeichnend.  Der  Text  des  Burchardus  hat  die  Ru- 
brica:  Libellus  sequens  de  descriptione  terre  sancte  per  Soldanum 
Regem  babilonie  fuit  missus  Karolo  quarto  Romanorum  Impera- 
tori  ad  immensissimas  preces  Cesaris,  imperii  ipsius  anno  quarto. 
Ciim  in  veteribus  historiis  .  .  .  Voran  geht  des  Haymarus  Re- 
latio  tripartita  :  Cum  bone  memorie  Dominus  Inn.  Papa.  —  Das 
Werk  des  »Brochardusa  in  der  Handschrift  des  Brit .  Mus . Nr .  1 S  9  2  9, 
•welches  unsere  Autoren  im  Artikel  »Advis  directif«  anführen,  er- 
scheint in  den  Notaten  des  Ref.  unter  dem  Artikel  Burchardus 
vom  Berge  Sion.  Leider  kann  ich  nicht  angeben,  ob  es  die  Epi- 
stula  oder  das  ausführliche  Reisewerk  sei :  es  scheint  aber  die 
Epistula  zu  sein,  und  zwar  aus  dem  Grunde,  weil  an  diese  in  den 
allermeisten  Handschriften  der  Tractat  »Terra  hierosolym.  in  centro 
mundi«  angeschlossen  ist.  Dieser  Tractat  aber  scheint  es  zu  sein, 
auf  dessen  Autor  der  Name  »Hermanus  Macre«  hinweist,  denn 
Avahrscheinlich  ist  das  nur  ein  Schreibfehler  für  »Haymarus  Mo- 
nachus«  s.  o. 

S.Ö61.  Franzüs.  Handschrift  des  Havthon  in  der  Berner 
Bibl.  Cod.  125  Fol.  219^  bis  254^  (XIV.  Jahrhundert)  —  Flos 
hystoriarum  Clm.  15776.  —  Grazer  Vniv. -Bibl.  Cud.  33  34.  »In 
regno  Tarse  sunt  tres  provincie.« 


234 


S.  562.  N.  71  zu  Odoricus  a  Foroiulii,  siehe:  Zahn,  friaul. 
Studien,  (Akad.  d.  AViss.  Wien  1878)  S.  75. 

S.  562.  N.  72.  Referent  findet  in  seinem  Handexemplar  auch 
den  Codex  lat.  mon.  850  (Fol.  72)  als  den  Pipin  enthaltend  an- 
gemerkt, 

S.  563.  N.76.  Handschriften  von  Koldensele:  Prag,  S.  Veiter 
Domkapitel  CXXIV.  N.  13.  —  Lambacher-Stiftshibliothek  — 
München,  Cod.  Teg.  621.  —  Stadtbibliothek  von  Namur  50. 
(Pertz,  Archiv.  VIH;  476).  —  Brüssel  8779.  —  Batthyänische 
Bibliothek  Cod  .259.  [Index  Msptorum  bibliothecae  l^athyanianae 
dioec.  Transsylvanensis  ....  Kiadta  Beke  Antal  ,  K.  Feher- 
vär  1871.1 

S.  563.  N.  77.  Leider  stehen  uns  weder  das  Druckwerk 
noch  die  Studj  I.  S.  73  zu  Gebote.  Das  Incipit  wäre  sehr  er- 
wünscht. 

S.  563.  N.  78.  Mauxdeville:  böhmisch:  Prag,  Strahover 
Stiftsbibliothek  Cod.  37.  eh.  fol.  ao.  1437.  —  lateinisch:  Kloster- 
neuburg Cod.  722. 

S.  566.  N.  88  ist  eine  deutsche  Bearbeitung  des  Burchardus 
vom  Berge  Sion. 

5.567.  N.  95.    Johannes  DE  Hese  :   Cod.  Vienn.  4758. 

5.568.  N.  104.  Der  Codex  721  in  München  enthält  von 
Fol.  73  an  gewiss  den  Jon.  Poloner  (ed.  Tobler)  »foris  templum«. 
—  Erst  von  Fol.  87  an  beginnt  eine  neue  Rubrica:  Peregrina- 
tiones  introitus  terrae  sanctae.  In  Jaffa  sanctus  Petrus  Apostolus 
resuscitavit  a  morte  Thabitam  .  .  .  und  es  werden  in  der  Weise 
der  Ablassverzeichnisse  des  XV.  Jahrhunderts  die  Ablassstellen 
mit  Kreuzen  bezeichnet.  —  Auf  diese  Zusammenstellung  wird 
sich  der  Name  Christophorus  presbiter  bezichen.  Man  beachte, 
dass  hier  die  Ablässe  noch  nicht  unterschieden,  inid  dass  die 
Kreuze  ohne  besondere  Anmerkmig  gesetzt  werden.  —  Dagegen 
beispielsweise  Cod.  germ.  mon.  1274  bei  R.  M.S.  402.  et  scien- 
dum,  quod  in  illis  locis  in  quibus  signum  sce  crucis,  ibi  est  ple- 
naria  indulgencia  a  pena  et  culpa ,  in  aliis  vero  locis,  in  quibus 
nonest  signum  f,  sunt  tantummodo  7  annorum  iiululgencie  et  toti- 
dem  quadragenarum. 

S.  570.  Cgm  (Cod.  germ.  mon.)  841.  enthält  ein  Stück,  das 
ins  XV.  Jahrhundert  gehört,  inidauf  welches  sich  die  Unterschrift 
beziehen  könnte  »Cunradus  Rn-ioo  scripsit  ao.    14  49  in  die  S. 


235 

Leonhardi :  «Item  dornoch  XX  welisch  meil  von  ackir  ligt  das  dorf 
iiaßareth  auf  einer  hökeu«   .  .  .    (Die  Ablässe  sind  fleissig  notirt) . 

S.  500.  »Am  T.April  1483  ist  Cuxrad  Beck  zu  Mengen  us- 
geritten  gen  Jerusalem«  —  15,  Oktober  ist  er  wiederheimgekom- 
men.  So  besagt  die  Familienchronik ,  -svelche  H.  J.  Zeibig  im 
Archive  der  Kais.  Akad.  d.  W.  zu  Wien  (VIII,  210)  herausge- 
geben. Cfr.  Blätter  des  Vereins  für  Landeskunde  von  Nieder- 
österreich. 1875.  N.  4.  5.  6.  —  Dieser  Cunrad  Beck  starb  zu 
Mengen  1512.  Dass  Cunrad  Beck  im  Jahre  1436  (wie  Hormayr 
will)  oder  1440  (Hormayr  und  Wisgrill)  im  heil.  Lande  gewesen 
sei),  ist  deshalb  unmöglich,  weil  Cunrad  Beck  erst  1437  auf  die 
Welt  kam.  — 

S.  530.  Nicht  der  Grabstein  des  Hieronymus  Beck,  sondern 
der  Grabstein  des  Michael  Garzin,  der  als  treuer  Diener  seinem 
Herrn  aiif  den  weiten  Reisen  folgte,  und  1555  zu  Ebreichsdorf 
beerdigt  wurde,  erwähnt  die  Pilgerfahrt  des  Hieroxymus. 

S .  5 7  2 .  1469.  Tobler  p .  5 0 .  muss  corrigirt  werden ;  Cgm  845 
(nicht  854).  —  Ob  Kettner,  den  wir  uns  vollständig  kopirt 
haben,  wirklich  so  unbedeutend  sei,  möchten  wir  ZAveifeln.  Viel- 
leicht finden  wir  einmal  in  der  ZDPV.  Platz,  ihn  abzudrucken. 

S.  573  (S.  488  ad  annum  1476)  Herzog  Albrechts  von 
Sachsen  Reise  befindet  sich  in  einem  Codex  des  Stiftes  Melk. 

S.  576.  N.  164.  Die  Ablassverzeichnisse  bilden  eine  Hand- 
schriftengruppe für  sich  und  bedürfen  einer  speciellen  Behand- 
lung. Wir  stellen  hier  nur  noch  einiges  Materiale  bei :  Archiv 
des  Kreisgerichtes  Przemysl,  Buch  N.  1.  (S.  Beda  Dudik,  Ar- 
chive, S.  153).  —  Baumgartenberger-Codex  (Linz  an  der  Donau) 
Cc.  VI.  10.  membr.  saec.  XV.  Iste  sunt  peregrinaciones  terre 
sancte  et  indulgencie  concesse  a  beato  Silvestro  papa.  —  Mspt. 
N.  2357  zu  Brüssel.  —  Codex  germ.  mon.  1274.  (R.  M.  S.  402.) 
—  Wahrscheinlich  gehört  hierher  auch  R.M.  S.  580,  N.  198  und 
N.  202  Codex  bav.  mon.  3007  (italienisch). 

S.  577.  (Tobler  p.  59)  zu  Nicolaus  de  Farnad.  Die  von 
Tobler  angezeigte  Ausgabe  des  Farnadi  hat  Pez  ,  Anecdota 
LXXXVII  nicht  gekannt ;  denn  er  führt  unter  den  Abtheilungen, 
die  er  gerne  herausgeben  möchte,  eben  den  Fr.  N.  D.  F.  auf,  wel- 
cher handschriftlich  sich  in  Melk  befinde.  R.M.  behandeln  den 
Nicolaus  sub  1519  8.  581  N.  219) .  Die  Sache  liegt  aber  so  :  der 
Tingarische  Franziskaner  Gabiuki,  von  Pecsvarad  (Pecsväradi^  hat 


236 

das  Werk  des  Farnadi  sich  zugeeignet  und  herausgegeben.  Es 
-existiren  zwei  handschriftliche  Exemplare  in  Pesth.  eines  in 
der  Universitätsbibliothek  und  eins  im  Nationalmuseum.  Petek 
Hattala  hat  Auszüge  in  latein.  Sprache  (mit  magyarischen  An- 
merkungen) in  der  Zeitschrift  Magyar  Sion,  Esztergom  lS6(i. 
p.  IS8— 194;  261—273;  —  352—372.  gebracht.  Vgl.  Toldy.  A 
magyar  nemzeti  irodalom  törtenete.  Pesten  1852.  (2.  Auflage 
II.  57. 

S.57  7.  N.  172.  Die  Kapitelbhothek  von  S.  Veit  (Prag)  hat 
eine  Handschrift  (O.  35  in  40):  Martina  Kabatnika,  Czesta  do 
Jerusalem  a  Egyptu. 

S.579.  N.195.  Der  Clm.  5362  enthält  ein  Stück  »Si  quis  de 
Joppe  in  Jerusalem«,  das  wir  in  der  Tübinger  Quart.  1874.  S.  534 
mit  einer  kurzen  kritischen  Bemerkung  herausgegeben  haben.  — 
Es  gehört  nicht  ins  XV.,  sondern  ins  XII.  Jahrhundert. 

S.  580.  N.  198  ist  ein  Indulgenzverzeichniss ,  wie  oben  zu 
Nr.  164. 

S.oSO.  N.  199.  Arexga.  —  Das  Wort  passagium  gene- 
rale macht  uns  begierig  nach  einer  genaueren  Angabe,  denn  da- 
runter ist  etwas  mehr  als  eine  Reiseinstruction  zu  erwarten.  A'gl. 
Haython.  — 

S.581.  (T.  65.)  1508.  ANSELMUS-Handschrift  in  München. 
Aug.  civ.  95  (Fol.  1 — 40)  XVI.  Jahrhundert.  Ut  unusquisque  fa- 
cillime  cognoscere  valeat.  Ob  diese  Handschrift  noch  aufzufinden 
sei,  weiss  Ref.  nicht. 

S.581.  N.217.  Die  Hinweisung  aufToBLER  ist  vergessen 
worden.  — 

S.  585.  Nr.  248.  1552.  lioxiFACio  Stephani.  Tobkek 
erwähnt  ein  Exemplar  als  im  liesitze  Norow's.  Letzterer  hatte 
ein  Exemplar  vom  Stifte  Tepl  iin  Böhmen)  entlehnt;  aber  nach 
dem  Tode  Norow's  ist  das  Buch  verschollen.  Siehe  das  heilige 
Land  1876.  XX.  Jahrgang,  S.  95fg.  Daselbst  genauere  Daten 
über  die  neue  Ausgabe  durch  F.  Cyprian,  Commissär  des  heil. 
Landes. 

S.  585.  (T.  75  1554.  Über  den  Soarez  de  ALBERGARiA,*der 
ciu  ^lönch  von  Alcobaca  (S.  O.  Cist)  gewesen,  siehe:  Ilistoria 
chronologica  e  critica  da  Real  Abbadia  de  Alcobaca  ....  for  For- 
tunatode Sao  Bonaventura.   Lisboa.    Impressäo  regia  1  827.  p.90. 

S.  533.    15G1.    zu   KiiKVKXiin,Li:i{ ,    siiOio  ('zkimvkxka,    Die 


237 


Khevenhiller  Wien,  Ih-aiimüller  1867.  S.  185 — 2 15.) Wolf,  A., 
Geschieht!,  liihler  ans  Österreich'!.   129. 

S.  587.  N.  2  76.  Hirnheim,  Handschrift  der  Innsbrncker 
Univ.-Bibl.  508. 

S.  587.  (T.  79)  1566.  Georgius  Huszthius  deRas/ixga  hat 
in  der  Dedicationsepistel  ddo.  Sarendorf  27.  Okt.  1566  seine  Be- 
schreibnng  dem  Hieronymns  Beck  von  Leopoldsdorf  gCAvidmet. 
(Siehe  zu  S.  530;  bei  Tobler  1.  c.  muss  es  heissen  931;. 

S.58S.  N.  286.  Eadzivil.  In  der  Fester  Univ.-Bibl.  be- 
findet sich  ein  Druck  von  Kaschau  (Casovie)  1756.  t\q)is  acade- 
micis  Soc.  Jesu.  —  Russische  Revue,  Monatsschrift  für  die 
Kunde  Russlands,  hrsgb.  von  Carl  Röttger,  1879.  (YHI.  Jahr- 
gang, 7.  Heft,  S.  89)  handelt  über  Radzivil. 

S.  589.  (?)  1588.  Fernberger  .  .  Georg.  Christ.  .  .  .  von 
Eggenberg.  Reise  von  OberösteiTeich  nach  Constantinopel, 
SiNAY,  Babylonien  und  Ostindien.  Cod.  Vienn.  8135  (Fol.  69=^ 
72"^). 

S.591.  1600.  Abbate  Angiolo  Paravicino  von  Mailand. 
Handschrift  in  der  Bibliothek  des  G.  Ardonato  Visconti.  Siehe 
desselben  Visconti:  Cenni  bibliografici  sui  viaggi  in  Terra  Santa. 
Torino.    1872.    p.  20. 

5.593.  N.341.  Conrad  VON  Parssberg.  Handschrift  in  der 
Innsbrucker  Univ.-Bibl.  N.  721,  Papier  167  foll.  in  8^.  Die  Reise 
wird  in  199  Tagen  vollendet.  Am  27.  April  ab  von  München. 
Am  77.  Tage  in  Jaffa,  aber  noch  am  92.  Tage  zu  Jaffa.  Nach- 
mittags nach  Ramma  (Ramla). 

5.594.  1625.  Carl  Grimming,  Relation  ^^ld  Khurtze  Be- 
schreibung der  Wahlfarth  (siehe  Tüb.  Quart. -Schrift  1868. 
S.  327.) 

S.  596.  N.  373.  In  welchem  Verhältniss  die  Angabe  R.  M's. 
in  diesem  Artikel  zu  demjenigen  stehe,  was  unser  Handexemplar 
enthält?  darüber  können  Avir  nur  eine  Vermuthung  aufstellen. 
Wir  haben  ims  folgendes  notirt:  »1634.  Cod.gr.  mon.  346.  Eine 
»Beschreibung  von  Palästina,  verfasst  von  Ananias,  geschrieben 
»von  Acacius.  Quelle  für  die  Kunde  griech.  Kirchenverhältnisse. 
)'siehe  Haneberg.  Bonner  thcol.  Litt.  Blatt.  1868.  Nr.  l.c<  — 
Der  Codex  ist  signirt  Moll  190  in  4".  —  Es  dürfte  nach  dieser 
Angabe  Haneberg's  die  Signatur,  welche  R.  M.  anführen,  zu 
corrigiren  sein. 


238 


S.  596.  Ob  die  Nummern  375.  und  435.  nicht  besser  weg- 
gelassen Avürden.  mögen  die  Herausgeber  erwägen. 

S.  597,  In  einem  ^  ortrage,  gehalten  im  Alterthums-Verein 
zu  Wien.  31.  März  187 1  erwähnt  A.  R.  von  Perger  ein  Büch- 
lein vom  ewigen  Juden  V.  J.  1677.  Er  entnahm  daraus,  dass 
ein  Freiherr  von  Tor^witz  aus  Schlesien  1641  und  ein  venez. 
Patrizier  aus  dem  Hause  Bianchi  1643  zu  Jerusalem  einen  Juden 
(den  CAvigen  Juden^  sahen,  der  in  einem  unterirdischen  Saale  ver- 
wahrt wurde,  und  diejenigen  Kleider  noch  anhatte,  die  er  zur 
Zeit  des  Leidens  Christi  trug.  (Mitth.  der  Central-Comm.  für 
Erhaltung  der  Baudenkmale,  IS 72.  p.  CL.)  —  Ist  ein  Tornwitz 
wirklich  ins  heil.  Land  gereist? 

S.  607.  (T.  124)1725.  P.  Neret,  siehe  Tüb.  Quartalschrift 
186S.   S.327). 

S.  611.  1756.  F.  Antonius  Kren.  —  Diejenigen  Parthien 
dieser  Handschrift  Archiv  des  Joanneums  in  Graz,  N.  304,  Pa- 
pier in  40  536  S.),  welche  Nazareth  betreffen,  hat  Tobler  in 
seinem  Werke  über  Nazareth  nach  einer  Abschrift  verwerthet, 
welche  ihm  durch  den  Ref.  vermittelt  wurde. 

S.  619.  N.  633  DE  Lamartine.  In  der  englischen  Über- 
setzung stammen  die  poetischen  Stücke  von  Letitia  A.  Landon, 
Der  Catalog  Henry  Sotheran,  Jos.  Baer  &  Co.  Februar  IS 72, 
p.  20  N.  495  giebt  das  J.  1836  an.  —  Ebenda  ist  eine  engl.  Ver- 
sion angezeigt:  L.  A.  de.  Visit  of  the  Holy  Land  or  Recollections 
of  the  East,  translated  by  Phipson,  (Portrait,  maps  and  engra- 
vings).    2  vols.    S".    1845. 

S.  620.  N.  645.  Von  Titus  Tobler  liegt  uns  eine  kleine 
latein.  Broschüre  vor :  Hibliographia  geogr.  Palestinae  ab  anno 
333.  usque  ad  annum  1000.    (S.  A.  aus  Petzold.) 

S.  621.  T.  177.  Die  Questiou  des  Lieux  Saints  par  Eugene 
Bore  erzeugte  2  Gegenschriften:    1)    griech. 'A-avrr^ai;  xata  tou 

ZTiTT^jJ-aTO;  TOU  K  .  EuySVl'oU  Bopi,  Tlcpt  TtÜV  £7  'l£poaoXu}XOt?  A-j-ltüV  TO-(ÜV. 

Constantinople  (Koromalos  1851.  183  pp.  (Haneberg,  im 
Bonner  theol.  Lit.  B)latt,  1S68,  N.  1).  2)  französ.:  Kc-ponse  ä  la 
brochure  de  M.  Bore,  intitulöe.  Question  des  Lieux-Saints.  8". 
Const.  Lazarides  1851.  (ibidem).  —  Bei  Tobler  soll  es  heissen  : 
Der  La  zarist  Eugene  Bork. 

S.    622.      1840.     r.    IspoxT^puxo; ,   'EY/sipi'oiov    r.    laiopia?  xat 


239 

-spiYpoKpTjC  toij  votou  avcts-aasujc.   S.   'AUt,v.    1840.    128  pp.     (Siehe 
ToBLER,  Descriptiones  Terrae  Sauctae  p.  498.) 

S.  623.  N.  691.  Ida  Pfeifer,  französisch:  Voyage  d'une 
femme  autour  du  monde.  Tradiiit  de  lallemand,  3.  edition  avec 
Charte  1865. 

S.  627.  N.  748.  DE  Saulcy,  In  »Merx,  Archiv  f.  Avissensch. 
Erforschung  des  A.  T.«  hat  T.  Tobler  einen  Aufsatz  veröfFent- 
Hcht:  »M.  J.  DE  Saulcy  vor  dem  Forum  der  Wahrheit  und  Wis- 
senschaft.«   (II.  Bd.,  2.  Heft,  S.  115]. 

S.  628.  1851  zeigte  Chapman  and  Hall  in  London  (Paris  bei 
H.  Mandeville  42,  ruedeVienne  folgendes  Werk  an :  W.K.Kelly, 
Syria  and  the  holy  Land,  their  scenery  and  their  people,  Inci- 
dents  of  Travel  etc. 

S.  629.  1853.  IlavTa^r^;,  ' hpa  Fso-cpacpia.  Athen.  Siehe 
Haxeberg.  1.  c. 

S.  630.  N.  782.  Von  Porters  Handbook  (T.  p.  189^  ist 
1875  die  3.  Aufl.  erschienen. 

S.  630.  P.  DE  Damas.  1870.  Yoyages  en  Orient;  Sinai  et 
Judee,  Jerusalem,  Galileo.    3  vol.  in  8*^. 

S.  632.  F.  W.  Conrad,  Reizen  naar  de  Landengte  van  Suez, 
Egypte,  he  heilige  Land.    Gravenhag  1858. 

S.  632.  Im  Jahr  1858  erschien  unter  dem  Titel  »Damas  et 
le  Liban«  zu  London  die  Beschreibung  der  Reise,  Avelche  Louis 
Philipp  Albert  von  Orleans,  Graf  v.  Paris,  mit  seinem  Bruder, 
dem  Duc  de  Chartres  im  h.  Lande  gemacht  hatte.  —  Wir  finden 
in  einem  Antiquar.  C'atal.  von  Bielefeld  folgende  Anzeige :  Damas 
ET  LE  Ly^ban,  Extraits  du  Journal  d'un  voyage  en  Syrie  en  prin- 
temps  de  1860.    London  1861. 

S.  635.  1862.  JsTOpia  xr^c,  k'^io-z  tzoXsu);  '  hpooaaXrju..  in  Jeru- 
salem.   (Von  Palamas?  —  Siehe  Haneberg.  1.  c.) 

S.  635.  Ibn  Safir,  Reisebeschreilunig .  gedruckt  in  Lyk, 
siehe  Haneberg,  1.  c. 

S.  636.  1863.  Prof.  Dr.  W.Pol.  Geogratia  zi^'mi  Swic^'tej  w 
dwoch  Kri^gach.    .Geogr.  d.  h.  L.  .    Lcmberg,  186  pp.    8. 

S.  636.    N.  858.    H.  B.  Tristram,   The  topography  of  the 

Holy  Land.    A  succinct  accord  of  all  the  places,  rivers  and  moun- 

tains   of  the   Land   of  Israel  mentioned  in  the   Bible.     London 

(knowl.  Society    1872.    358  pp.    8. 

.    S.637.    Pr  of.  Dr.  Herm.  Zschokke.  Führer  durch  das  heil. 

Ztschr.  d.  I'ul.-Ver.  IV.  16 


240 

Land  für  Pilger.     Nebst  einer  Karte.     Wien,   Braumüller  186S. 
160  und  CXVIII  pp. 

Zugleich  bringen  wir  hiermit  den  zweiten  kathol.  Pilger- 
führer von  Fahrngruber,  der  die  Arbeiten  von  Zschokke  und 
des  Fr.Lieven  überragt,  und  als  kathol.  Concurrenzunternehmen 
neben  » Socm  -  Baedeker  «  sich  stellt,  zu  gebührender  Anzeige. 
Es  ist  ein  tüchtiges  Werk ,  das  neben  Socin  in  der  Bibliothek 
eines  Palästinaforschers  eben  darum  nicht  fehlen  soll,  weil  der 
Autor,  der  ein  offenes  Auge  hat,  sehr  lange  in  Jerusalem  gelebt, 
und  seine  Zeit  wohl  ausgenutzt  hat.  Sein  Lieblingsfach  scheint 
Botanik  zu  sein.  Seine  Sprache  ist  kernig  und  erinnert  selbst  in 
ihrer  stellenAveisen  Ungelenkheit  an  Tobler.  —  Wir  hoffen,  dass 
im  Falle]  einer  zweiten  Auflage  der  Autor  jene  Wünsche  berück- 
sichtigen werde ,  die^  wir  in  der  Osterr.  Monatsschrift  für  den 
Orient  ausgesprochen  haben. 

S.  637.  P.  J.  Weidenhaupt,  Blätter  aus  dem  Tagebuche 
eines  Pilgers  nach  Jeiaisalem  in  J.  IS 64.  —  3.  verm.  Aufl.  1875. 
gr.  &"..  XXI.  u.  255  S.    Aachen,  Barth. 

S.  637.  1865.  Dr.  J.  Chmelicek,  Cesta  do  svate  zeme. 
(Reise  in  das  h.  L.)  1865.  —  2.  Theil  1867.  Im  Verlage  der  Hä- 
redität  der  h.  h.  Cyrill  und  Method. 

S.  639.  1867.  Bericht  eines  Pilgers  aus  Bethlehem.  Im 
Dülmener  kathol.  Missionsblatt.  16.  Jahrgang.    N.  51. 

S.  639.  1867.  H.  W.  Dove,  Über  die  klimatischen  Ver- 
hältnisse von  Palästina.  Monatsber.  derkgl.  preussischen  Akad. 
d.  W.  zu  Berlin.    November  1867,  S.  772—776. 

S.  643.  N.  951.  Von  Wilson  erschien  1873  auch  in  den 
Proceedings  of  the  11.  Geogr.  Society  XVII.  Nr.  V.  p.  326—333. 
ein  Aufsatz  mit  dem  ähnlichen  Titel :  On  the  recent  surveys  in 
Sinai  and  Palestine. 

1868.  Andry:  Le  dernier  pclörinage  en  Terre  Sainte.  (Le 
Correspondant  1868.    Tom.  38.  livr.  1.  p.  146). 

1868.  Arnaud's  Werk  Avurde  besprochen  von  Ewald  in  den 
Göttinger  gel.  Anzeigen  1868.    34.  Stück. 

1 869.  Dr.  Emil  Schütz,  Vom  Schwarzwald  ins  Morgenland. 
Stuttgart,  Iloffmann  184  pp.    8.  —  2.  Aufl.  1875. 

1869.  Eine  deutsche  evangcl.  Kirche  in  Jerusalem.  Mess- 
ners neue  evangelische  Kirchenzeitung  11.  Jahrgang.    N.  50. 


241 


1869.  Das  alte  Johanniterhospital  und  dessen  Erwerbung 
durch  Prexissen.    Beilage  zur  AAZ.  346  sp. 

1869.  W.  A.  Neumann,  Prof.,  Wädi  Fära  imd  Umm  Tuba. 
(S.  A.  aus  der  Österr.  Vierteljahrsschrift  für  kath.  Theologie 
1871.    Heft  1). 

Eine  kurze  Notiz  über  Neumanns  Reise  hat  Tobler  in  der 
AAZ.  1869.    18.  Sept.  gebracht. 

1869/70.  Tu.  RiviNGTON,  Wanderings  in  Scripture  Lands; 
being  a  tour  of  nine  months  in  Eg^'pt,  Palestine,  Syria,  Turkey 
and  Grece,  in  the  years  1869 — 70.  London  (Dickinson)  1872. 
428  pp.    8. 

1869/70.  Le  A'icomte  Savigny  de  Moncorps.  Journal  d'un 
voyage  en  Orient.    Paris  (Hachette)  1873.    8. 

1870.  Schriftdenkmäler  aus  einer  südarab.  und  einer  paläst. 
Synagoge.    AAZ.  1870.    Beil.  zu  N.  47. 

1870.  Brief  des  Herrn  Prof .  Kiepert  (Resume  seiner  Tour 
durch  das  Ostjordanland),  Ztschrft.  d.  Ges.  für  Erdkunde  in 
Berlin.    Bd.  V.    Heft  3.    S.  261—265. 

1870.  Schwerdt,  Jahrbuch  der  neuesten  und  interessan- 
testen Reisen.  2.  Bd.,  2.  Hlfte.  Die  Länder  der  Bibel,  wie  sie 
waren  und  wie  sie  sind.  —  Langensalza  (Schulbuchhandlung), 
195  pp.    8. 

(1870)  1871.  Lehmanns  Magazin  für  Litt,  des  Auslandes. 
N.  49.  »Die  Angelegenheit  des  Colonisations- Vereins  für  Pa- 
lästina.« 

1871.  W.  Besant  and  E.  H.  Palmer.  Jerusalem.  The  city 
of  Herod  and  Saladin.    London  (Bentley)  492  pp.    8. 

1871.  E.  C.  Miller,  Lastern  sketches,  notes  of  scenery. 
schools  and  tent  life  in  Syria  and  Palestina.  Edinburg.  (Oliphant 
218  pp.    S. 

1871.  M.  l'Abbe  Duray,  La  Terre  Saiute  ilhistree  de  60  su- 
sets  ä  2  Teintes,  d'apres  les  dessins  des  freres  Haghe  ...  1875. 
Nouvelle  edition  enrichie  d'une  carte  de  Palestine,  revue  corrigce. 
Par  l'Abbe  Duray,  auteur  du  grand  atlas  de  l'histoire  ecclesiasti- 
que  (Paris,  Librairie  internationale  catholique).  V'^®  H.  Caster- 
man,  Editeur  Pontifical.  imprimcur  de  rEvcchc.  Tournay  1S71. 
—  Langathmige  Titel  des  A'erfassers  und  des  Biichhändlers : 
Avonn  aber  der  historische  Atlas,  den  wir  nicht  kennen,  so  viel 

16* 


242 


werth  ist  AA-ie   dieses  Buch  mit  seinen  süßlichen,  schalen,   un- 
wahren Zeichnungen,  daun  ist  er  wenig  werth'). 

IS 72.  Th.  Jenner,  That  Gondly  Mountain  and  Libanon; 
being  the  narrative  of  a  ride  through  the  countries  of  Judea,  Sa- 
maria  and  Galilea,  in  the  month  of  August  IS 72.  London  (Hamil- 
ton)  1874.     362  pp.    8. 

1872.  H.  Bonnet,  La  Palestina.  Studio  geographico.  — 
Firenze   (Tipogr.  Claudiana).    54  pp.    32. 

1872.  W.  K.  TwEEDiE ,  Jerusalem,  pictorial  and  descrip- 
tive.    London  (Nelson) .    140  pp.    12. 

1872.  Napoleon.  Campagnes  d'Italie,  d'Egypte  et  de  Syrie. 
3  vol.  in  16.     (Bibl.  de  l'armee  francaise.) 

1872.  Chrys.  Stangl,  Reisebilder  aus  Ägypten,  Palästina 
und  Constantinopel.    Freiburg  in  B.    Herder. 

bS72.  Zeitschrift  Globus  Bd.  XXn.  N.  22.  Über  R.  Bur- 
ton und  Ch.  Tyrwhitt  Drake's  Reisen  in  Syrien. 

1872.  R.  E.B.  Barrovv,  Biblical  geography  and  antiquites. 
London  (Relig.  Tract.  Society).    8. 

S.  643.  N.  955.  Burton,  Notes  of  a  reconnaissance  of  the 
Antilibanus.    1872.    Geogr.  Society.    XLH.    p.  408. 

1872.  Amy  F.  Fullerton,  A  lady's  ride  through  Palestine 
and  Syria,  Avith  notices  of  Egypt  and  the  canal  of  Suez.  London 
(Partridge)  358  pp.    8. 

1872.  Rev.  G.  H.  Whitney,  Handbook  of  Bible  Geo- 
gra])hy.    London  (Hodder  &  Strughton) .    401  pp.    8. 

1872.  Dr.  Sepp,  Die  Architectur  der  Omar-Moschee.  AAZ. 
Beil.  121.  323  (Fergusson,  Unger,  Vogüc.) 

S.  644.  1873.  H.  Grätz  ,  Der  Mons  offensionis  auf  dem 
Olberg.  Monatsschrift  für  Gesch.  und  Wissenschaft  des  Juden- 
th\ims.    22.  Jahrgang.    Märzheft. 

1873,  Wir  möchten  rathen,  die  Littcratur  über  »die  neuen 
Funde  in  Moab«  in  die  Bibl.  geogr.  Palast,  hereinzuziehen^) . 

[1)  1871.  Zusatz  zu  K.  M.  N.  U55.  C.  F.  Tyraviiitt  Drake.  Modern 
Jerusalem.    London  (Ed.  Stanford)   1875.    29  pp.    8.    Für  die  Red.  Socin.] 

[2j  Zum  mindesten  gehört  hierher :  Lic.  Hkkaianx  Weser  in  Jerusalem. 
Unter  den  Beduinen  Moabs.  Mit  0  Holz.schnittcn  nach  Originalzeichnungen 
von  Duisberg  'so  schrei])e;  in  Mittheilungen  des  Vereins  für  Erdkunde  zu 
Leipzig  1872.  Leipzig  1873,  S.  5.5— 112;  vgl.  auch  Zeitschrift  der  D.  Morg. 
Ges.  26,  p.  72;j— 734.    Für  die  Red.  Socin.] 


243 


1873.  Eine  Mittheilung  in  der  Wiener  Kirchenzeitung  N.  1 6 
(S.  252)  über  den  Streit  der  Lateiner  und  Griechen  in  liethlehera. 
(Cfr.  N.  21.  S.  335).  —  Wiener  Volksfrennd  N.  115.  Brief  vom 
25.  April  1S73  über  die  durch  die  Griechen  gestörte  Marcus-Pro- 
zession. 

1S73.  Evangelische  Anstalten  und  Regungen  im  Oriente. 
(Neue  evangel.  Kirchenzeitung  N.  15V 

1873.  Dr.  O.  Kersten,  Die  englische  Expedition  zur  Ver- 
messung des  h.  Landes.  Ztschrft.  der  Ges.  für  Erdkunde  zu 
lierlin.    YIIL  Jahrg.    Heft  4.    S.  289— 297. 

1873.  Z"\viEDiNEK  V.  Südenhorst,  Syrien  und  seine  Bedeu- 
tung für  den  Welthandel.    Wien  (Holder).    144  pp.    8. 

1873.  Abb.  A.  Albouy,  Guide  du  pelerin  aux  Lieux  Saints. 
Paris,  Dillet    Limoges  1873.    Paris  1875).    12. 

1S73.  Dr.  O.  Delitzsch.  Das  todte  Meer.  Aus  allen  Welt- 
theilen.    Nov.    S.  43—46. 

1873.  J.  Kneucker.  Siloah.  Quell.  Teich  und  Thal.  Hei- 
delberg (Grooß)  1873.  8. 

1873.  E.  C.  S.  Djebel  Esdoum.  Das  Salzgebirge  von  So- 
doma. Mit  1  Karte.  (Mitth.  d.  geogr.  Gesellschaft  in  Wien. 
XVI.  Jahrgang.    N.  12.  S.  529  fg.) 

1873.  Pfarrer  E.  Ebel  ,  Morgenland  und  die  heil.  Schrift. 
Zwei  Vorträge.    Königsberg  (Braun  »&  Weber) .    45  pp.    8. 

1873.  A.Smith,  Narrative  of  a  modern  pilgrimage  through 
Palestine.    London  (Soc.  pro.  ehr.  knowledge).  540  pp.    8. 

S.  645.  1874.  F.  Th.  de  Rivieres.  Holy  Places,  their  san- 
ctity  and  authenticity.    London  (Washbiu-ne).    338  pp.    8. 

1874.  Edw.  Hodder.  On  Holy  Ground,  or  scenes  and 
incidents  in  the  Land  of  Promise.  —  London  (Nimo) .    358  pp.  8. 

1874.  Rev.  A.  Thomsox,  In  the  holy  Land.  London.  (Nel- 
son).   80.    336  pp. 

1874.  L.  F.  Garnier,  Abbe.  Mon  pelerinage  aux  lieux 
saints,  Langres  Firmin  Dangien),  3  vols.  in  12". 

1874.  Otto  Türk,  Pilgerfahrt  nach  Jerusalem,  Rom,  Loretto 
und  Assissi.    Bibrach  (Dorn)  232  pp.    8. 


Wir    haben    hiermit    diejenigen    Notizen    unseres    Hand- 
exemplars der  Tobler' sehen  Bibliographie  zum  Drucke  gebracht, 


244 

Avelche  für  die  Ergänzung  des  E..  M'schen  Werkes  verwendet 
Averden  könnten.  Da  aber  diese  Notizen  nicht  alle  auf  Autopsie 
beruhen,  sondern  theilweise  auch  aus  Antiquarcatalogen  entlehnt 
sind,  wagt  Ref.  nicht,  ihnen  mehr  Werth  zuzuschreiben,  als 
Fingerzeige  zu  obigem  Zwecke  zu  bilden.  Die  Verf.  unseres 
Werkes  würden  auf  jeden  Fall  gut  thun,  unsere  obigen  Angaben 
zu  collationiren  und  erst  dann  in  ihr  AVerk  aufzunehmen.  —  Für 
die  auf  Handschriften  sich  beziehenden  Bemerkungen  glaubt  Ref. 
einstehen  zu  können,  da  sie  auf  längeren  Studien  sich  basiren, 
welche  er  in  österreichischen  und  in  der  besonders  reichen  Münch- 
ner Bibliothek  gemacht  hat;  jedenfalls  lässt  sich  aus  den  von 
uns  gewählten  Redewendungen  auf  den  Grad  der  Sicherheit 
schliessen,  mit  dem  wir  unsere  Behauptungen  hinstellen.  Es 
handelt  sich  für  den  Ref.  nicht  um  irgend  welches  Prunken,  son- 
dern nur  um  Beförderung  jener  Zwecke,  welche  R.M.  mit  ihrem 
Werke  anstreben.  Folgende  Druckfehler  dürften,  abgesehen  von 
manchem  kleinen  Verstösse,  der  in  unseren  obigen  Bemerkungen 
zur  Sprache  gekommen  ist,  in  einer  (wir  hoffen  es)  bald  noth- 
Avendig  werdenden  2.  Auflage  ausgemerzt  werden.  —  S.37,  Z.  18 
lies  Sabothytanco  (nach  Fabri);  —  S.  37,  Z.  12  lies  dye.  —  S.  467 
Z.lOv.u.seiner  Zeit. —S.  5  45,  Z.  13  v.u.  lies  1587\  —  S.600, 
Z.  3  V.  u.  1671.  —  S.  606.  N.  486  lies  Leeb.  —  S.  639  (N.  893) 
baron. 

Die  Ausstattung  des  Buches  macht  der  Weidmann' sehen 
Buchhandlung  Ehre,  so  dass  das  Buch  nach  Inhalt  und  Gewand 
als  ein  Muster  deutschen  Fleisses  und  deutscher  biederer  Ge- 
diegenheit bezeichnet  werden  kann. 


Kopiat,  Karawa,  Alexandrium. 
Voll  Professor  J.  Giltlemeister  in  Bonn. 


üas  Kopiai  oderKopsa,  Avelches  Josephus  Ant.  XIV,  3,  4 
=  B.  J.I,  6,  5  und  B.  J.  IV,  8,  l  als  Etappe  des  Pompejus  auf 
seinem  Zuge  von  Damask  nach  Jerusalem  zwischen  Scythopolis 
und  Jericho,  und  des  Vespasian  auf  dem  Marsche  von  Ammaüs 
nach  Jericho  erwähnt,  glaubte  Robinson  III,  301  mit  dem  gerade 
südlich  von  nclbulus  und  etwas  nördlich  von  seiJün  gelegenen  ka- 
rij'üt  ■  seine  Schreibung  Küriyüt  ist  dann  in  deutschen  mid  fran- 
zösischen Büchern  zu  Kuriut,  Kouriyouth  geworden)  wieder  ge- 
funden zu  haben,  und  ihm  sind,  soweit  mir  bekannt,  alle  späteren 
gefolgt:  Schultz  und  Gross  ZDMG.  III,  46.  53,  Rittek  XV, 
455  if.,  VAN  DE  Velde  II,  276,  Neubauer  83,  Guerin  Sam.  II, 
20.  Diese  Annahme  reimt  mit  den  örtlichen  Verhältnissen 
schlecht.  Wozu,  muss  man  zunächst  fragen,  sollte  Pompejus, 
wenn  er  von  Scythopolis  nach  Jericho  wollte,  den  Umweg  bis  zur 
Kammhöhe  des  Gebirges  gemacht  haben,  da  doch  der  directe 
Weg  durch  das  gJiör^  wie  auch  die  später  dort  angelegte  Römische 
Militairstrasse  zeigt,  kein  Terrainhinderniss  bot  und  ungleich  be- 
quemer war?  und  wozu,  wenn  er  von  karijüt  nach  Jerusalem 
wollte,  das  von  demselben  nicht  weiter  als  Jericho  entfernt  ist, 
sollte  er  die  einen  rechten  Winkel  bildende  und  viel  mühsamere 
Route  karijiit^  Jericho,  Jerusalem  eingeschlagen  haben  l  \  espa- 
sian  zieht  von  Ammans  an  Neapolis  vorbei  hinab  nach  Kopsa 
(Trapa  xtjv  NsaTroXiv  xaxaßa«;  £i?  Kopsav);  da  aber  letzteres  von 
ersterem  in  einer  Entfernung  von  zwei  deutschen  Meilen  gerade 
südlich  liegt,  so  kann  er  von  Südwesten  herkommend  doch  nicht 
wohl  an  Neapolis  vorbeigegangen  sein,  vielmehr  setzt  der  Aus- 
dnick  eine  östliche  und  wegen  des  xaxaßa?  eine  tiefere  Lage 
voraus,  wogegen  die  Kiepertsche  Karte  im  Baedeker  für  karijüt 
eine  um  170  Meter  höhere  Lage  als  für  die  Stadt  Neapolis  giebt. 
Überdies  ist  die  Verwandtschaft  der  Formen  Kopsai  und  larijTit 
keineswegs  eine  nahe. 


24(> 


Name  und  Sache  passen  dagegen  völlig  zu  der  von  van  de 
A'elde  II .  2  7  8  ff .  wieder  entdeckten  Oase  karZiwä  im  Ghor  am 
Austritt  des  loacli  färia  aus  dem  Gebirge,  "welche  Jaküt  IV,  51 
als  mehrmals  von  ihm  besucht  und  durch  ihren  guten  Zucker  be- 
rühmt aufführt.  Diese  war  zu  dem  durch  die  Verhandlungen 
mit  Aristobul  erforderten .  mehrtägigen  Aufenthalt  eines  nicht 
geringen  Heeres  geeignet,  was  von  dem  Dorf  karijüt  schwerlich 
gelten  wird,  und  lag  an  der  genannten  Strasse  von  baisä?i  nach 
Jericho.  Ebenso  war  die  Route  dahin,  der  heutige  Weg  von 
Nablus  nach  Salt,  in  deren  Richtung  Barth  bei  Ritter  X^'. 
472  Reste  einer  römischen  Heerstrasse  auffand,  für  Vespasian. 
wenn  er  in  das  ffhör  wollte,  die  geeignetste,  die  ihn  oia  ttjC  2a- 
jxcxp£i-ioo?  an  Neapolis  vorbeiführen  musste. 

Ist  also  karäivä  mit  Kopiai  gleichzustellen ,  so  wird  man 
Archelais  nicht  hier,  sondern  in  el-basali^'a  suchen  müssen  (vgl. 
Socin-Baed.  233). 

Nach  der  Bestimmung  von  Kopsrxi  richtet  sich  die  von  Alexan- 
drium,  von  dem  wir  bloss  wissen,  dass  es  nach  Josephus  Ant. 
XIV,  5,  2  TTpo;  ralc  Kopsaic  lag,  wie  das  auch  durch  die  Erzäh- 
lung von  Aristobuls  öfterem  Hinab-  und  Hinaufsteigen  anschau- 
lich wird.  Man  war  also  genöthigt,  dafür  einen  Punkt  in  der 
Nähe  von  karijüt  ausfindig  zu  machen,  und  so  erklärte  sich 
Schultz  a.  a.  O.  für  das  anderthalb  Stunden  entfernte  kefr  istüna. 
wo  sich  Reste  einer  aus  gewaltigen  Quadern  gebauten  Burg  er- 
halten haben.  Aber  Alexandrium  lag  B.  J.  I,  6,5  uTisp  opou; 
u'j^r^Xou,  Ant.  XIV,  3.  4  et:'  axpou  tou  opou;  und  dass  passt  nicht 
iwxi  kefr  istüna .  das  nach  Gukrin  II,  28  (der  desshalb  auch  die 
Ruine  ffhäbü  östlich  von  sindschil  vorzieht  II,  33)  sur  une  colline 
peu  elevee  liegt  und  nicht  schwer  zugänglich  ist,  also  den  Has- 
monaeern  nicht  die  grösstmögliche  Sicherheit  für  ihre  Schätze 
und  Familiengräber  bot.  Auch  lässt  Josephus  den  Aristobul  von 
Alexandrium  nach  Kopeai  stets  hinabsteigen,  während  kefr 
istütia  nach  der  Map  of  W.  V.  135  engl.  Fuss  liefer  liegt,  als  ka- 
rijüt. Alle  Erfordernisse  erfüllt  aber  vollständig  die  Burg,  welche 
einst  auf  dem  Gipfel  des  von  karäwü  keine  volle  Meile  entfernten, 
hohen  Berges  sartaha  lag  und  deren  Trümmer  wenigstens 
Z.schokke  und  Guerin  I.  244  als  sicher  antik  beschreiben. 


Saul's  Reise  I.  Sam.  Cap.  9. 

Von  Baiirath    C.  Schick    in    Jerusalem. 

In  ZDPV.  2,  p.  142  (vgl.  p.  245)  habe  ich  versprochen,  Mit- 
theilungen über  den  Gang  der  Reise  Saul's  zu  machen;  auf  der 
Karte  des  Paschalik's  von  Jerusalem  (ZDPV.  2.  Heft  3)  ist  dieser 
Weg  bereits  durch  eine  intermittirende  Linie  angedeutet  worden. 
Bei  dieser  Studie  ist  namentlich  in  Betracht  zu  ziehen,  wo  das 
Grab  der  Rahel  und  avo  Saul's  Heimath  Gibea  und  Samuel's  ge- 
wöhnlicher Aufenthaltsort  ßama  zu  suchen  sei.  Auf  die  diver- 
girenden  Ansichten  über  Rama  gedenke  ich  später  einzugehen ; 
für  unsern  Z^veck  ist  besonders  die  Frage  nach  der  Lage  Gibea's 
von  Wichtigkeit.  Ziemlich  allgemein  wird  angenommen,  dass 
die  letztere  in  teil  el-fTil  zu  suchen  sei,  und  dass  von  hier  aus- 
gehend Saul  mit  seinem  Knechte  das  Gebirge  Ephraim,  das  Land 
Salisa,  das  Land  Saalim  und  das  Land  Benjamin  durchwandert 
habe,  so  dass  sie  schliesslich  in  das  Land  Zuph  gelangten.  Die 
Reise  bis  Rama  im  Lande  Zuph  dauert  drei  Tage,  und  es  geht 
aus  dem  ganzen  Context  hervor .  dass  man  nicht  an  grosse 
Tagereisen  z\i  denken  hat  wie  z.  B.  der  Rabbiner  Schwarz  Das 
hl.  Land  p.  121  fg.  annimmt,  indem  er  jene  Reisenden  ganz  Sa- 
marien.  selbst  bis  zum  Jordan  durchwandern  lässti.  sondern  dass 
man  kleine.  zuFuss  zurückgelegte  Tagemärsche  annehmen  muss. 

Was  zunächst  das  Gebirge  Ephraim  betrifft,  so  bildet  das 
wäcli  hanma.  Avelches  hinter  nehi  naminl  und  nördlich  von  Gibea 
Saul's  beginnt,  dann  in  SW.  Richtung  an  bet  hanlna.  kaldnije. 
'ain  kärim  u.  s.  f.  vorüberzieht,  die  natürliche  Grenze  zwischen 
dem  «Gebirge  Jiula«  und  dem  »Gebirge  Ephraim«.  Gibea  Sauls 
ist  noch  in  ersterem  xmd  zwar  am  Rande  desselben  gelegen.  In- 
dem Saul  das  Thal  in  nördlicher  Richtung  überschreitet,  gelangt 
er  jenseits  desselben  in  das  Gebirge  E])hraim.     Das  Land  Sa- 


248 


lisa,  in  welches  er  gelangt,  ist  östlich  von  dem  heutigen  räm  zn 
suchen;  sollte  damit  Avohl  das  Lai  sa  von  Jesaia  10,  30  zn  com- 
biniren  sein,  Melches  an  dieser  Stelle  mit  Rama  und  Anathoth 
zusammengestellt  ist. 

Das  zweite  Gebiet,  in  welches  Sani  gelangte,  war  das  Aveiter 
nach  N.  gelegene  Land  Saalim;  dieses  ist  demnach  in  der  Ge- 
gend von  michmäs  und  tajjihe  zu  suchen,  einem  Landstrich,  wel- 
cher heute  der  der  heni  salim  heisst ') .  Hier  angekommen,  hatte 
Saul  mit  seinen  Begleitern  bereits  das  Gebiet  von  Benjamin  über- 
schritten und  bog  nach  Westen  ab.  Wenn  wir  uns  vorstellen, 
dass  sie  nun  das  Land  Benjamin  durchziehend  zunächst  auf  der 
Höhe  blieben  und  nach  l^ethel  marschirten,  so  haben  wir  uns  zu 
denken,  dass  sie  etMa  in  sürda  oder  dessen  Umgebung  nach  voll- 
brachter erster  Tagereise  die  Nacht  zubrachten.  Dann  könnten 
sie  am  zweiten  Tage  südwärts  etwa  bis  ahn  ghT)sch  gelangt  sein. 
Als  sie  sich  min  am  dritten  Tage  wieder  ostwärts  der  Heimath 
zuwandten,  erblickten  sie  in  der  Nähe  von  het  tiaküba  vor  sich 
auf  einem  hohen  Berge  die  Ortschaft  sübä.  Bereits  Rohinson 
hat  die  Identität  dieser  modernen  Ortschaft  mit  dem  alten  Rama- 
thaim  Zophim,  der  Heimath  SamueFs,  nachzuweisen  versucht 
(Palästina  2,  583).  Dann  würde  also  dies  der  Schauplatz  der  Be- 
gegnung Saul's  mit  Samuel  sein.  Die  Quelle  von  sübü  liegt  unten 
im  westlichen  Thale. 

Als  sich  hierauf  Saul  am  folgenden  Tage  verabschiedete,  um 
nach  seiner  Heimath  zurückzukehren,  Avurde  ihm  folgende  Weg- 
richtung angewiesen  (Cap.  10,  2  fg.):  das  Grab  Rahel's  an  der 
Grenze  Benjamin's  zu  Zelzach,  die  Eiche  Thabor,  Gibeat  Häelo- 
him,  wo  die  Aufstellung  der  l*hilister  sei.  Wir  erhalten  durchaus 
den  Eindruck,  dass  diese  Wegrichtinig  die  natürliche  war,  und 
dass  von  einem  Abbiegen  nach  dem  heutigen  traditionellen  Grabe 
Kahel's  nicht  die  Rede  sein  kann :  übrigens  liegt  letzteres  im  ehe- 
maligen Stammgebiete  von  Juda.  Wir  müssen  daher  annehmen, 
dass  es  zwei  verschiedene  Gräber  Rahel's  gegeben  habe  2) .  Nun 
findet   sich  in  der  That  auf  der  Höhe  des  langen  Bergrückens, 

Ij  Ein  Zusammenhang  zwischen  diesen  beiden  Namen  ist  den  Sprachge- 
setzen gemäss  kaum  denkbar  ;  oh  aber  vielleicht  nicht  auch  die  Volksetymo- 
logie bei  solchen  Umformungen  thätig  gewesen  ist?     Anm.  d.  Ked. 

2)  Auf  die  bekannte  Streitfrage  behalten  wir  uns  vor  in  einem  der  näch- 
sten Hefte  zurückzukommen.     Anm.  d.  Ked. 


249 

nördlich  von  der  r>ergknppe,  welche  das  Dorf  kastal  trägt,  ein 
altes  Grabmal,  dasselbe  heisst  ktibbet  ahd  el-azlz.  wird  aber  mit- 
unter auch  Kubbet  Eahel  genannt.  Die  Localität  ist  augenschein- 
lich alt :  es  finden  sich  hier  neben  einigen  alten  Bäumen  ein  in 
den  Felsen  gehauener  kleiner  Teich  und  Ruinen  von  Häusern. 
Wenn  die  Grenzlinie  von  der  Quelle  von  lifta  nach  ahn  gliösch 
lief,  so  lag  dieser  Punkt  in  der  That  schon  im  Stammgebiet  von 
Benjamin,  und  zwar  nahe  an  der  Grenze.  Der  directe  Weg  von 
sTibü  nach  teil  el-fül  führt  hier  vorbei ,  indem  er  stets  auf  dem 
Rücken  des  Gebirgs  bis  in  die  Nähe  von  nehi  samwll  nord-  und 
nordostwärts  läuft. 

Nördlich  von  dieser  Grabstätte  unterhalb  der  Gärten  von 
bet  sTirlk  überschreitet  man  ein  Felsenthal ;  hier  etwa  mag  das 
alte  Zelzach  zu  suchen  sein.  Wenn  man  von  dem  Ihale  aus 
die  Höhe  wieder  erstiegen  hat,  gelangt  man  zu  einem  kleinen 
Hain,  der  als  weli  (Heiligthum)  betrachtet  wird ;  vielleicht  hat 
sich  hier  eine  Tradition  von  der  Eiche  Thabor  erhalten,  und 
man  hat  sich  zu  denken,  dass  die  drei  Männer,  welche  an  dieser 
Stelle  Saul's  Weg  kreuzten ,  von  halomje  und  bet  tulma  kamen, 
um  sich  über  den  Bergrücken  an  nebi  samwll  vorbei  nach  beim 
zu  verfügen. 

Was  den  heute  Miebi  samwlh  benannten  Hügel  betrifft,  so 
ist  schon  vielfach  nachgewiesen  Avorden,  dass  wir  hier  das  alte 
Mizpa  zu  suchen  haben.  Indem  Saul  zuerst  auf  eine  Vorstufe 
dieses  Hügels  gelangt,  trifft  er  auf  einen  Posten  der  Philister,  wel- 
ches an  diesem  wichtigen  Punkte  aufgeschlagen  war.  Von  hier 
würde  Saul's  Weg  ostwärts  am  südlichen  Abhang  des  neli  samic'il- 
Berges  weiter  geführt  haben ;  hier  haben  wir  nun  den  Schauplatz 
der  Scene,  wo  Saul  sich  unter  den  Haufen  der  Prophetenschüler 
mischt,  vorzustellen.  Weil  der  Hügel  eine  der  hauptsächlichsten 
Cultusstätten  war,  hiess  er  «Hügel  Gottes«  G  i  b  e  'a  t  h  ä  e  1  o  h  i  m . 
Damit  ist  auch  Gib  eon  der  Platz,  an  Avelchem  Salomo  (I  Könige 
3,  4)  opferte,  zu  combiniren;  Gibeon  hiess  die  am  nördlichen 
Fusse  des  Hügels  liegende  Stadt.  Die  Tradition,  dass  Samuel  hier 
begraben  sei,  ist  wohl  relativ  jung  und  beruht  vielleicht  auf  Ver- 
Avechselung  mit  einem  gleichnamigen  christlichen  oder  muslimi- 
schen Heiligen.  —  Von  hier  hatte  Saul,  wm.  nach  seiner  Heimath 
zu  gelangen,  einen  Weg  von  ungefähr  einer  Stunde  ^über  iPf 
hxmma)  zurückzulegen. 


über  die  Siloaliinsclirif t. 

Von  Lic.  Hermauu  tJutbe. 

(Vergl.  hierzu  Tafel  7.) 


Endlich  —  nach  langem  Warten  anf  die  Vollendung  der  Ar- 
beiten in  der  Nähe  des  Siloahkanals  und  nach  grossen  Anstren- 
gungen meinerseits  liegt  die  Zeichnung  der  Inschrift,  zur  Ver- 
öffentlichung bereit  vor  mir.  Ich  bedauere,  hier  in  Jerusalem 
nicht  die  Zeit  und  auch  nicht  die  nothwendigen  Hülfsmittel  zu 
haben ,  um  der  Kopie  der  Inschrift  zugleich  einen  Commentar 
und,  soweit  es  möglich  ist,  die  Entzifferung  und  Übersetzung 
beigeben  zu  können.')  Ich  beschränke  mich  hier  auf  die  Mit- 
theilung dessen,  was  ich  gethan  habe,  um  das  jetzt  vorhandene 
Material  zu  erlangen. 

In  meinem  ersten  Jiericht  vom  7.  April  d.  J.  2)  habe  ich  be- 
reits erwähnt,  dass  ich  in  den  Tagen  vom  26.  bis  31.  März  an 
Ort  und  Stelle  im  Kanal  die  Inschrift  abgezeichnet  und  einige 
Abklatsche  angefertigt  hatte.  Ich  stellte  nun  auf  Grund  dieser 
ersten  Kopie  und  der  vorhandenen  drei  Abklatsche  eine  neue 
Zeichnung  her,  welche  die  Vorzüge  beider  Bilder  der  Inschrift 
in  sich  vereinigen  und  die  Mängel  des  einen  oder  des  anderen 
lUldcs  vermeiden  sollte.  Meine  erste  Copie  zeigte  jede  einzelne 
Stelle  des  Steines  so  genau  und  deutlich,  als  überhaupt  das  Auge 
in  der  bekannten  unbequemen  Lage  sie  zu  erkennen  vermochte. 
Aber  die  Stellung  der  einzelnen  Buchstaben  zu  einander,  die 
Richtung  der  einzelnen  Linien  sowie  ihre  gegenseitige  Entfer- 
ninig  war  durch  die  Zeichnung  nach  dem  Augenschein  unter  den 

1,  Aus  den  brieflich  unter  dem  15.  Juli  uns  mitgelheilten  Lesungen 
Lic.  GuTHE's  wird  alles  Wesentliche  in  dem  unten  folgenden  Aufsatze  von 
E.  Kautzscu  aufgeführt  werden.  Anm.  d.  K. 

2    Siehe  ZDl'V.  IV    IbSl;  1  u.  2,  p.  HC  ff. 


251 


erschwerenden  Umständen  zu  Avenig  gesichert.  Diese  Mängel 
konnten  durch  die  Abklatsche  ersetzt  werden .  da  diese  eben 
immerhin  den  Lanf  der  Zeilen  und  den  Ort  eines  Buchstabens 
wohl  erkennen  Hessen,  während  es  hingegen  nur  in  den  seltene- 
ren Fällen  möglich  war,  die  Gestalt  der  einzelnen  Buchstaben 
genau  nach  den  Abklatschen  zu  bestimmen.  Ich  theilte  einen 
Abklatsch  und  den  für  die  Copie  bestimmten  Bogen  in  gleich 
grosse  Quadrate  ein  und  sicherte  dadurch ,  dass  die  auf  meiner 
ersten  Copie  vorhandenen  Buchstaben  und  Zeichen  am  richtigen 
Orte  eingetragen  wurden.  Ich  hatte  diese  Zeichnung  noch  nicht 
vollendet,  als  am  3.  Mai  der  erste  Gypsabguss.  durch  Hemi  Bild- 
hauer Chr.  Paulus  jun.  angefertigt,  mir  zii  Gesichte  kam.  Der- 
selbe Avar  in  der  That  besser  ausgefallen ,  als  ich  nach  meinen 
Abklatschen  erwartet  hatte.  Er  stand  indess  an  Deutlichkeit  und 
Vollständigkeit  hinter  meiner  Copie  weit  zurück.  Ich  benutzte 
ihn  für  meine  Zeichnung  wenig,  meist  diente  er  mir  nur  als  Con- 
trole  der  Abklatsche. 

Meine  Zeichnung  wurde  langsam  fertig,  aber  immer  noch 
zu  früh  für  die  Arbeiten  unter  dem  Boden,  die  ich  ausführen  liess 
in  der  Hoffnung ,  den  Wasserspiegel  des  Kanals  so  tief  legen  zu 
können,  dass  die  Inschrift  in  die  richtige  Augenhöhe  für  den  Be- 
obachter käme.  Da  das  Ende  dieser  Ausgrabungen  noch  in  un- 
bestimmter Feme  war,  so  unternahm  ich  Ende  Mai  eine  Revision 
meiner  Zeichnung  angesichts  der  Inschrift  im  Kanal  selbst.  Das 
Ergebniss  war  befriedigend ;  Fehler  oder  Versehen  entdeckte  ich 
sehr  wenige,  dagegen  erkannte  ich  einige  neue  Buchstaben,  deren 
wirkliche  Gestalt  mir  bis  dahin  unklar  gewesen  war.  Leider 
wurde  aber  meine  Zeichnung  durch  den  stundenlangen  Gebrauch 
derselben  in  unmittelbarer  Nähe  des  Wassers  und  in  nicht  eben 
reinlicher  Umgebung  so  xmsauber,  dass  ich  zum  Zweck  der  Xer- 
öffentlichung  eine  dritte  Copie  anfertigen  musste. 

Inzwischen  hatte  ich  stets  überlegt,  ob  nicht  durch  Anwen- 
dung einer  ätzenden  Flüssigkeit  der  Stein  von  den  Silicaten  ge- 
reinigt werden  könnte.  Archäologen  und  Chemiker,  die  ich  hier- 
über vor  meiner  Abreise  befragt  hatte,  wussten  keinen  bestimm- 
ten liath  ;  nur  mahnte  mich  jeder  zur  grössten  A'orsicht.  Da  kam 
mir  durch  die  Güte  des  Herrn  Professor  Dr.  J.  Gii.nEMEiSTER  in 
Bonn  die  kleine  Schrift  von  E.  Hi'itNKH,  «Über  mechanische 
Copien  von  Inschriften')  (Berlin   ISSl     in  dieJIIände.     Derselbe 


252 

bespriclit  auf  p.  7  den  Fall,  dass  sich  cSchmiitz,  Thon-  oder  Kalk- 
erde. .Silicate  und  dergleichen  auf  oder  in  den  Schriftflächen  be- 
finden.» Sein  Urtheil  lautet:  «Dann  kann  ohne  Gefahr  Salzsäure 
angewendet  werden ,  je  nach  der  Festigkeit  des  Schmutzes  ent- 
sprechend verdünnt.»  Dieses  ermuthigte  mich,  zumal  da  der 
Stein  der  Inschrift  sehr  hart  ist,  sogenannte  <!^7nizze.y>  Um  jedoch 
ganz  sicher  zu  gehen,  liess  ich  am  1 1 .  Juni  nochmals  einen  Gyps- 
abguss  anfertigen ,  so  dass  ein  Abdruck  der  bisherigen  ]Jeschaf- 
fenheit  der  Inschrift  in  duplo  vorhanden  Avar.  Dann  begab  ich 
mich  an  die  Reinigung  der  Inschrift.  Salzsäure,  halb  mit  Wasser 
verdünnt ,  strich  ich  zuerst  mit  einem  Pinsel  auf  solche  Stellen 
und  Buchstaben  des  Steins ,  welche  schon  durch  meine  C/Opie 
unzweifelhaft  festgestellt  waren.  Ganz  deutlich  entstand  ein 
starkes  Brausen  in  den  Vertiefungen  der  Buchstaben,  während 
auf  der  glatten  Fläche  des  Steines  die  Salzsäure  abfloss,  ohne  ein 
merkliches  Zischen  hervorzurufen.  Nach  dieser  günstigen  Beob- 
achtung bestrichen  nun  Herr  Paulus  und  ich  den  ganzen  Stein 
stark  mit  Salzsäure  und  bemerkten  von  Sekunde  zu  Sekunde, 
wie  die  Ikichstaben  schärfer  hervortraten ,  Avie  aber  auch  neue 
Ritzen ,  die  bisher  durch  Schmutz  ausgefüllt  und  verdeckt  ge- 
wesen Maren,  sich  dem  Auge  zeigten.  Trotzdem  bewies  der  nun 
angefertigte  Gypsabguss ,  wie  ausserordentlich  vortheilhaft  die 
Behandlung  mit  Salzsäure  für  die  Deutlichkeit  der  Inschrift  ge- 
Avesen  Avar. 

Aber  immer  Avar  die  Frage  noch  nicht  beantAvortet,  ob  der 
Wasserspiegel  in  Folge  meiner  Ausgrabungen  östlich  vom  Kanal 
tiefer  gelegt  Averden  könne  oder  nicht.  Näheres  über  den  Fort- 
gang dieser  Arbeiten  Averden  die  Aveiteren  Berichte  über  meine 
Ausgrabungen  enthalten.  Ich  bemerke  hier  nur  kurz,  dass  end- 
lich am  23.  Juni  der  letzte  grosse  Stein  ZAvischen  dem  jetzigen 
und  dem  alten  Wasserausfltisskanal  gehoben  Avurde.  Sofort  lief 
alles  Wasser  durch  den  alten  Kanal  ab,  der  heutige  Teich  Avurde 
ganz  trocken.  Bei  näherer  Untersuchung  ergab  sich,  dass  der 
durch  meine  Ausgrabungen  Avieder  geöff'nete  alte  Kanal  aller- 
diugs  40  cm.  tiefer  lag  als  der  heutige  Ausfluss.  Aber  zugleich 
fand  sich  als  nördlicher  Rand  des  alten  Kanals,  also  eiuAvärts 
nach  dem  bereits  bekannten  Siloahkanal  und  nach  dem  Ort  der 
Inschrift  zu.  der  behauene  Felsen,  über  Avolchen  das  Wasser  eben 
10  cm.  tief  auf  den  Boden  des  aou  mir  aufgedeckten  Kanals  hin- 


253 

abfloss.  Z-vvei  Tage  lang,  den  22.  und  23.  Juni,  Hess  ich  das 
südliche  Ende  des  alten  Siloahkanals  durch  drei  Arbeiter  reinigen, 
.Steine  und  Schlamm  herausbringen,  so  dass  das  Wasser  rasch 
und  vmgehindert  abfliessen  konnte.  Allein  es  sank  eben  nicht 
tiefer,  als  die  Höhe  des  quer  vor  dem  Ausiluss  anstehenden  Fel- 
sens, d.  h.  der  Wasserspiegel  sank  nur  soweit,  dass  er  sich 
20  cm.  unter  dem  unteren  Rande  der  Inschrifttafel  oder  34  cm. 
unter  der  letzten  Zeile  der  Inschrift  befand.  Somit  war  der 
Wasserspiegel  nur  um  ein  Geringes  tiefer  gelegt  Avorden ,  aber 
mehr  zu  erreichen  war  nicht  möglich. 

Jetzt  Avar  der  Zeitpunkt  gekommen,  wo  entschieden  werden 
konnte,  ob  ein  Aushauen  der  Inschrifttläche  aus  dem  Felsen  Er- 
folg verspreche  oder  nicht.  Ich  zog  zu  diesem  Zweck  Herrn 
Bildhauer  Paulus  von  hier  und  den  Aufseher  meiner  Arbeiten, 
Herrn  Maurermeister  Bauerle  von  hier ,  als  Sachverständige  zu 
Rathe.  Ihr  Urtheil  ging  dahin ,  dass  der  Erfolg  des  Aushauens 
sehr  zweifelhaft  sei ;  bei  der  rissigen  Beschaffenheit  des  Steines 
sei  gar  nicht  voraus  zu  sehen ,  in  wieviel  Stücken  der  Stein  vom 
Felsen  abspringen  würde;  zerspringen  werde  er  jedenfalls,  wahr- 
scheinlich in  drei  Theile ;  die  grossen  Schrote,  welche  von  allen 
Seiten  um  den  Stein  in  den  Felsen  hineingehauen  werden  mussten' 
seien  von  oben  und  von  den  Seiten  leicht  auszuführen .  dagegen 
der  untere  unmöglich :  der  letztere  müsse  nothwendig  in  einer 
Breite  von  20  cm.  angefangen  werden;  soAael  betrage  aber  gerade 
nur  der  Zwischenraum  zwischen  dem  Wasser  und  dem  unteren 
Rande  der  Inschrift;  es  bleibe  also  kein  Raum  für  die  Hand- 
habung von  Meisel  und  Hammer  übrig.  Dazu  kamen  die  Ört- 
lichen Umstände,  welche  diese  Arbeit  hinderten.  Der  Kanal  ist 
so  enge ,  dass  man  wohl  mit  dem  Hammer  von  oben  nach  unten 
oder  umgekehrt  in  senkrechter  Richtung ,  auch  wohl  schräg  von 
der  Seite  schlagen  kann ,  aber  nicht  in  wagerechter  Linie ,  ge- 
schweige denn  in  der  Nähe  des  Wasserspiegels  von  unten.  Letz- 
teres wäre  aber,  um  den  unteren  Schrot  ausführen  zu  können, 
unbedingt  nothwendig  gewesen.  Endlich  wäre  es  sehr  zweifel- 
haft, ob  man  für  diese  langwierige  und  ungewöhnliche  Arbeit 
einen  Avilligen  Steinmetz  finden  würde.  Dieselbe  hätte  drei 
Wochen  in  Anspruch  genommen,  und  der  Arbeiter  hätte  bestän- 
dig im  Wasser  stehen  oder  sitzen  müssen.  Aber  schon  die  oben 
angeführten  Bedenken  bewogen   mich .    den   Versucli   nicht  zu 


254 


wagen.  Vielleicht  hätte  die  Arbeit  mitten  in  ihrer  Ausführung 
wegen  unüberwindlicher  Schwierigkeiten  unterbrochen  werden 
müssen.  Eine  Zerstückelung  des  Steines  war  sehr  wahrschein- 
lich ,  und  wer  mochte  voraussagen ,  dass  dieselbe  ohne  wesent- 
lichen Schaden  für  dieses  so  wichtige  Denkmal  ablaufen  würde  ? 
Die  Verantwortung  für  eine  mögliche  Vernichtung  der  Inschrift 
Avollte  ich  nicht  auf  mich  nehmen.  Von  ihrem  Inhalte  war  durch 
meine  Bemühungen  für  die  Wissenschaft  soviel  gerettet  Avorden, 
als  bei  ihrem  sicherlich  mehr  als  2000jährigen  Alter  heute  über- 
haupt möglich  war.  Ich  glaube  nicht,  dass  eine  neue  Unter- 
suchung derselben  die  Ergebnisse  der  meinigen  ändern  wird.  Es 
kann  ja  sein,  dass  man  in  späterer  Zeit  den  jetzigen  elenden  Zu- 
gang zur  Quelle  ganz  abbrechen  und  die  alten  prächtigen  Über- 
bauten, welche  heute  durch  denselben  verborgen  werden,  wieder 
aufdecken  und  herstellen  wird.  Dann  mag  man  den  Felsen, 
welcher  jetzt  das  ausfliessende  Wasser  aufstaut,  wie  ich  oben  er- 
wähnt habe ,  wegsprengen ,  den  Siloahkanal  bis  auf  seinen  Fel- 
senboden reinigen  und  dadurch  den  Wasserspiegel  so  tief  legen, 
als  überhaupt  möglich  ist.  Auch  durch  meine  Arbeiten  nämlich 
ist  der  ursprüngliche  Felsboden  des  Kanals  nicht  festgestellt 
worden.  Wie  hoch  Schlamm  und  Steine  ihn  bedecken,  ist  noch 
ganz  unbestimmt.  Aber  gelingt  es,  wie  oben  gesagt,  das  Wasser 
Avieder  unmittelbar  über  den  Felsen  fliessen  zu  lassen ,  so  wird 
die  Inschrift  Avahrscheinlich  in  die  Höhenlage  der  Augen  kom- 
men und  man  Avird  sie  stehend  besichtigen  können  —  eine  Ave- 
sentliche  Erleichterung.  Indessen  hat  eine  solche  Veränderung 
der  örtlichen  Umstände  noch  lange  Weile,  und  auch  dann  —  ich 
glaube  diese  Iloff'nung  aussprechen  zii  dürfen  —  wird  man  nicht 
mehr  sehen,  als  ich  jetzt  gesehen  habe.  Die  Wahl,  Avelche  mir 
zur  Entscheidung  vorlag,  Avar  entAveder,  die  Inschrift  an  Ort  und 
Stelle  zu  lassen  und  sie  in  ihrer  jetzigen  Beschafl"enheit  zu  er- 
halten, oder  die  Inschrift  auszuhauen  auf  die  Gefahr  hin ,  sie  zu 
zerstören.    Ich  entschied  mich  für  das  Erstere. 

Gespannt  Avar  ich  auf  eine  Vergleichung  meiner  Copie  mit 
der  Inschrift  nach  ihrer  Keinigung  durch  Salzsäure.  Ich  nahm 
dieselbe  am  1.  und  2.  Juli  vor  unter  Magnesiumbelcuchtung. 
Ich  benutzte  dazu  einen  Apparat,  den  ich  aus  der  Handlung  von 
F.  IIuGEKSnoFF  in  Lci])zig  bezogen  hatte.  Der  dünne  Magne- 
siumdraht wird  v(»n  der  Rückseite  her  ZAvischen  zAvei  Kollen  hin- 


255 

durch  in  eine  kleine  Eöhre  geleitet ,  deren  Mündung  sich  vor 
einer  Blende  heffndet.  [Der  Uraht  -wird  vor  der  Mündung  ange- 
zündet und  rauss  durch  eine  Schraube ,  welche  die  untere  Rolle 
dreht,  gleichmässig  vorwärts  bewegt  werden ,  damit  die  Flamme 
stets  Nahrung  hat.  Ein  grosser  Übelstand  war.  dass  der  Magne- 
siumdraht sich  leicht  zu  Knoten  verwickelte,  welche  die  gleich- 
massige  Vorwärtsbewegung  desselben  hinderten.  Die  Flamme 
erlosch  häufig,  und  die  Arbeit  musste  daher  oft  unterbrochen 
werden ,  um  den  Magnesiumdraht  wieder  zu  ordnen.  Freilich 
befand  sich  an  dem  Apparat  eine  Rolle  zum  Aufwickeln  des 
Drahtes ;  allein  dieselbe  Avar  viel  zu  klein  und  für  ihren  ZAveck 
ganz  ungenügend.  Vorzüglich  klar  traten  aber  die  Züge  der 
Buchstaben  bei  dieser  Beleuchtung  hervor.  Die  neuen  Beobach- 
tungen, welche  ich  machte,  waren  folgende  : 

Zeile  2 ,  Buchstabe  15  bestätigte  sich  meine  Vermuthung, 
dass  den  beiden  zusammenlaufenden  Strichen  von  links  zwei  aus- 
einanderlaufende von  rechts  entgegenkommen.  Ich  erkenne  den 
eigentlichen  Buchstaben  in  den  rechts  stehenden  Strichen  mid 
lese  ihn  als  y.i;  Die  Striche  von  links  her  sind  kleine  Risse, 
durch  welche  dieser  Buchstabe  zum  Theil  zerstört  ist.  In  der  un- 
mittelbar folgenden  Spalte  nach  links  wird  ein  Buchstabe  imter- 
gegangen  sein;  ich  vennuthe  ein  1,  so  dass  zu  lesen  wäre:  Tij^a^. 
(Vgl.  die  letzten  drei  Buchstaben  der  ersten  Zeile  rechts  vor  der 
grossen  Spalte) .  Den  letzten  Buchstaben  der  zweiten  Zeile  vor 
der  Spalte  vermochte  ich  auch  jetzt  nicht  mit  Sicherheit  zu  er- 
kennen ;  nur  mache  ich  darauf  aufmerksam .  dass  sich  innerhalb 
der  Spalte  noch  zwei  Striche  erhalten  haben,  die  von  einem  alten 
i<  heniihren  könnten.  Links  von  der  Spalte  kann  der  Schwanz 
auf  ein  )2,  3,  E,  vielleicht  auf  ein  D  hindeuten.  Das  darüber 
stehende  Zeichen  schien  mir  ein  ii  zu  sein ;  doch  ist  dasselbe 
sehr  schlecht  erhalten.  Deutlicher,  als  bisher,  traten  mir  dann 
die  Reste  eines  b  entgegen.  Das  folgende  Zeichen  könnte  man 
wieder  für  ein  p  halten ,  doch  weicht  die  Form  von  der  in  dieser 
•Inschrift  sonst  üblichen  etAvas  ab.  Man  könnte  auch  an  ein  miss- 
rathenes  1  denken ;  ein  "1  ist  durch  den  Schaft  nach  unten  aus- 
geschlossen.   Den  letzten  Buchstaben  der  zweiten  Zeile  erkannte 


1)  Dieses  ?  ist  auf  dem  Gypsabguss  ganz  zweifellos  zu  constatiren.  Arm. 
der  Red. 

Ztschr.  d.  Pal.-Ver.  IV.  17 


256 

ich  jetzt  mit  Bestimmtheit  als  p.  Was  dahinter  folgt,  scheint 
nur  ein  Loch  des  Gesteins  zu  sein ;  es  liegt  auch  ausserhalb  der 
Linie,  -welche  man  vom  letzten  Buchstaben  der  fünften  Zeile  bis 
zum  letzten  Zeichen  der  ersten  Zeile  ziehen  kann. 

Eigenthümlich  ist  in  der  dritten  Zeile  die  mehrfach  ge- 
krümmte Linie  zwischen  den  beiden  K.  Ich  hatte  sie  bei  der  vor- 
letzten Revision  meiner  Copie  bemerkt  und  darin  eine  Correktur 
des  Steinhauers  vermuthet.  Ich  sah  dieselbe  ganz  deutlich  wie- 
der bei  der  letzten  A'ergleichung  meiner  Zeichnung  mit  der  In- 
schrift. Da  die  folgenden  Ikichstaben  ohne  Zweifel  iy")  biJ  zu 
lesen  sind ,  so  muss^  man,  entsprechend  der  A'erbindung.  Avelche 
sich  in  der  zweiten  Zeile  findet ,  ein  t'X  vorher  fordern.  Dieses 
ergiebt  sich  aber  niir.  Avenn  man  die  gekrümmte  Linie  als  ein 
kleines  TT  auffasst.  Der  Steinmetz  scheint  dieses  Zeichen  ver- 
gessen, bei  einer  Durchsicht  den  Fehler  aber  bemerkt  zu  haben 
und  hat  nun,  so  gut  es  eben  ging,  den  Buchstaben  nachträglich 
eingemeiselt.^)  Auffallend  ist,  dass  in  denselben  Worten  der 
2.  Zeile  —  nn  bs5  rs«  —  das  C  einen  Strich  nach  links  zu  viel 
hat.  vielleicht  ebenfalls  ein  Versehen  des  Steinhauers. '■^j  Das  vor 
dem  ersten  i?  stehende  Zeichen  blieb  mir  auch  bei  der  letzten 
Vergleichung  unleserlich.  Man  kann  zweifeln,  ob  ein  Buchstabe 
darin  verborgen  ist  oder  nicht.  Für  das  Erstere  scheint  der  Um- 
stand zu  sprechen,  dass  eine  vom  ersten  Buchstaben  der  sechsten 
Zeile  (r)  zum  ersten  Buchstaben  der  zAveiten  Zeile  (n)  gezogene 
Linie  dieses  Zeichen  gerade  schneidet.  Dagegen  erscheint  -vor 
der  Verbindung  "3?"i  bii  TUS  alles  Weitere  überflüssig.  Die  rechts 
davor  stehende  P^igur  halte  ich  nur  für  ein  Loch  des  Gesteins, 
obgleich  sie  mit  einem  p  etAvas  Ähnlichkeit  hat.  —  Den  auf  ^ 
folgenden  Buchstaben  hatte  ich  früher  als  T  gezeichnet.  Indess 
erschien  er  mir  bei  Magnesiumbelcuchtung  mehr  als  "^ ;  freilich 
verbindet  jetzt  ein  Strich  die  beiden  rechten  Schenkel  des  "^ ;  der- 
selbe ist  aber  Avohl  nur  eine  kleine  Lnebenheit  des  Felsens.  ZAvei- 
felhaft  blieb  mir  das  zAvischen  n  und  T  stehende  Zeichen.  Ich 
hielt  es  anfangs  nur  für  eine  durch  Silicate  entstandene  Figur, 
die  eine  grosse  Ähnlichkeit  mit  einem  1  habe.     Durch  die  Salz- 

1)  Dies  ist  nach  dem  Gypsabguss  unmöglich  ;  dieser  zeigt  ganz  deutlich 
blos  X  —  N;  die  Kritzel  dazwischen  sind  kleine  Kisse.    Anm.  d.  ]{. 

2)  Im  Gypsabguss  ist  deutlich  die  normale  Gestalt  dieses  u;  zu  consta- 
tiren.    Anm.  d.  Ked. 


257 

säure  war  das  Zeichen  viel  undeutlicher  geworden ;  es  fand  sich 
jetzt  nur  eine  Vertiefung  des  Gesteins,  allerdings  in  ähnlicher 
Form.  Es  wird  wohl  durch  eine  glückliche  Enträthselnng  dieses 
schwierigen  Satzes  der  Inschrift  erst  entschieden  werden,  oh  man 
hier  wirklich  einen  Buchstaben  oder  nur  einen  Punkt  zu  lesen 
hat.^)  üas  Zeichen  zwischen  den  beiden  12  erkannte  ich  jetzt  be- 
stimmt als  ein  ^,  also  Ü'^'O.  Das  vorletzte  Zeichen  vor  der  Spalte 
blieb  unsicher.  Auf  der  anderen  Seite  derselben  glaubte  ich  das 
erste  Zeichen  für  die  Reste  eines  S5  halten  zu  dürfen .  das  zweite 
ist  unsicher  (1  oder  ^l\ ,  an  dritter  Stelle  zeigten  sich  Spuren 
eines  y.^i  Die  vierte  und  fünfte  Zeile  gab  zu  Verbesserungen 
keinen  Anlass.  Der  letzte  Buchstabe  der  fünften  Zeile,  hinter  D, 
blieb  auch  jetzt  undeutlich  :  das  Gestein  ist  zu  sehr  abgesplittert. 
In  der  sechsten  Zeile  erkannte  ich  an  zweiter  Stelle  mit  Be- 
stimmtheit ein  i? ,  an  dritter  vielleicht  3 ,  an  vierter  Stelle  ziem- 
lich sicher  ein  n.  Der  achte  Buchstabe  —  ich  hielt  die  Striche 
wenigstens  stets  für  einen  solchen  —  ist  entweder  ein  1  oder  3 ; 
ersteres  ist  mir  wahrscheinlicher.  Was  durch  die  beiden  Spalten 
hinter  dem  S  zerstört  worden  ist ,  konnte  ich  auch  bei  der  guten 
Beleuchtung  nicht  feststellen. 3) 

Über  die  Inschrifttafel  im  allgememen  füge  ich  noch  folgen- 
des hinzu.  Die  Glättung  des  Felsens  erstreckt  sich  über  eine 
Fläche  von  ziemlich  genau  70  cm.  im  Quadrat.  Die  Inschrift 
befindet  sich  nur  auf  der  unteren  Hälfte.  Es  ist  mir  durchaus 
unwahrscheinlich,  dass  jemals  auf  der  oberen  Fläche  noch  Buch- 
staben gestanden  haben  sollten.  Einige  Risse  sehen  freilich  bis- 
weilen so  aus,  als  ob  sie  Reste  einer  Buchstabenform  seien.  In- 
dessen ist  der  Stein  oben  viel  unebener  und  löcherichter  als 
unten.  Dieser  Unterschied  wird  in  der  ursprünglichen  Beschaf- 
fenheit dieser  Stelle  des  Felsens  seinen  Grund  haben.  Man 
brachte  die  Inschrift  nur  auf  der  unteren  Fläche  an,  weil  sich  die 
obere  nicht  dazu  eignete.  Allerdings  ist  die  erste  Zeile  zu  An- 
fang defect.  Es  fehlen  zwei,  höchstens  drei  Buchstaben,  wenn 
man  den  Beginn  der  Zeile  nach  den  unteren  bemisst.  Ich  ver- 
muthe  etwa  nST  oder  HT ;   also  lautete  der  Eingang :   T^Z'pZT']  rST 

1/  Der  Gypsabguss  hat  ganz  deutlich  mT.  r-n.  "^z.     A.  d.  K. 
2)  Auf  dem  Gypsabguss  steht  ganz  deutlich  n  a'^m.   A.  d.  R. 
3;  Siehe  die  Lesung  der  ü.  Zeile  nach  dem  vollständig  deutlichen  Gyps- 
abguss in  der  unten  folgenden  Abhandlung.     Anm.  der  Ked. 

17* 


258 

oder  nspin  HT,  ('dieses  ist  die  Aiishöhhnigo  oder  der  Kanal.  Mit 
den  folgenden  Worten  beginnt  ein  neuer  vollständiger  Satz : 
n3p:n  nm  HTJ  ÜTI  ,  «und  so  hat  es  sich  mit  dem  Kanal  verhal- 
ten» oder  «dieses  ist  die  Geschichte  des  Kanals».  Auch  das 
Zeichen .  Avelches  sich  auf  meiner  Copie  oberhalb  der  ersten 
Zeile  dicht  rechts  vor  der  grossen  Spalte  befindet,  kann  nicht  als 
ein  Rest  einer  höheren  Zeile  angesehen  werden.  Es  steht  viel  zu 
nahe  über  der  ersten  Reihe  und  gleicht  in  Wahrheit  keinem  alt- 
hebräischen Schriftzeichen.  Es  sind  nur  kleine  Risse  des  Fel- 
sens. Alles  andere,  das  sich  sonst  über  der  ersten  Reihe  befin- 
det, hat  noch  viel  weniger  Ähnlichkeit  mit  einem  althebräischen 
Buchstaben.  Die  sechste  Zeile  reicht  nur  bis  gerade  unter  die 
Mitte  der  grossen  Spalte.  Über  die  Lesung  des  Schlusses  kann 
kein  Zweifel  bestehen  .  wenn  auch  der  letzte  liuchstabe  zerstört 
ist.  Die  vorhergehenden  sind  deutlich  und  bieten  :  ISnn  "CS51  by. 
Dies  ist  nach  meiner  Meinung  zu  ergänzen  CDSrin  TCii"\  b? ,  oauf 
das  Haupt»  (oder  «auf  dem  Haupte»]  der  Steinhauer».  Auch  unter- 
halb der  Zeilen  findet  sich  nichts  Bemerkenswerthes.  Nament- 
lich vermag  ich  den  ornamentalen  Abschluss  in  Gestalt  zweier 
Triangel .  welche  auf  ihren  Spitzen  stehen ,  mit  einem  Winkel 
zwischen  ihnen  ,  der  in  ähnlicher  Weise  auf  seiner  Spitze  ruht», 
nicht  zu  entdecken.  Der  Gypsabguss  zeigt  gerade  unter  dem  S 
drei  Figuren .  welche  wohl  von  Herrn  Professor  Sayce  mit  den 
eben  angeführten  Worten  gemeint  sind.  Ich  halte  sie  für  Risse 
oder  Löcher  im  Stein  und  glaube,  dass  nur  die  so  kräftige  Phan- 
tasie des  Herrn  Professor  Sayce  sie  zu  höherer  liedeutung  em- 
porzuheben sucht.  Eben  so  gut  könnte  man  auch  in  anderen 
Rissen  des  Gesteins  imter  der  sechsten  Zeile  ein  Geheimniss 
suchen  .  aber  ich  bin  überzeugt ,  dass  es  vergebliche  Mühe  sein 
Avürde. 

Ein  aufmerksamer  Beobachter  Avird  einige  Abweichungen 
zwischen  dem  Gypsabguss  und  meiner  ('oi)ie  herausfinden.  Solche 
sind  mir  wohlbekannt.  Einmal  habe  ich  nicht  alle  Risse  und  Un- 
ebenheiten in  meiner  Kopie  aufgenommen ,  zumal  wenn  sie  mit 
dem  liilde  des  Buchstabens  nicht  in  enger  Beziehung  standen. 
Sodann  liegt  meiner  Copie  das  Bild  des  Steines  zu  Grunde ,  wie 
es  vor  der  Reinigung  durch  Salzsäure  beschaffen  war.  Endlich 
sind  die  Buclistaben  und  Zeilen  nicht  nach  dem  Gypsabguss, 
sondern  nach  einem  Abklatsch   zu  einander   gerichtet.     Papier 


I 


259 

aber  dehnt  sich  aus  und  zieht  sich  wieder  zusammen ,  je  nach 
dem  betreffenden  Zustande.  Sind  nun  gar  einige  Falten  in  dem 
Abklatsch  vorhanden,  wie  es  der  Fall  war,  so  entspricht  die 
Stellung  der  Buchstaben  zu  einander  auf  dem  Papier  nicht  ganz 
der  auf  dem  Originale.  Das  Bild  des  Ganzen  wird  ja  durch  einen 
Gypsabguss  stets  besser  wiedergegeben  als  durch  eine  gezeich- 
nete Copie. 

Mir  sind  hier  in  Jerusalem  noch  einige  andere  Copien  zu 
Gesicht  gekommen;  namentlich  hatte  Herr  W.  M.  Schapira  die 
Freundlichkeit ,  mir  einen  Einblick  in  die  von  ihm  angefertigte 
zu  gewähren,  welche  ziagleich  die  Varianten  und  Conjecturen 
von  Professor  Sayce  enthielt.  Letzterer  hat,  wie  ich  höre,  jetzt 
seine  Copie  mit  Übersetzung  und  Erklärung  erscheinen  lassen. 
Da  dieselbe  noch  nicht  in  meine  Hände  gekommen  ist ,  so  war 
mir  eine  ^'ergleichung  unmöglich.  Hinsichtlich  dessen,  was  ich 
bei  Herrn  W.  M.  Schapira  gesehen  habe,  bemerke  ich,  dass 
meine  Copie  ein  weit  genaueres  und  deutlicheres  Bild  der  In- 
schrift giebt.  Ich  habe  mich  von  dem  Grundsatz  leiten  lassen, 
nicht  unfertiges  und  unsicheres  Material  meinen  Freunden  nach 
Deutschland  zu  senden  und  diese  dadurch  zu  voreiligen  Deu- 
tungen zu  veranlassen,  sondern  habe  bis  zur  Vollendung  meiner 
Copie,  über  welche  ich  oben  Rechenschaft  gegeben  habe,  ge- 
wartet. Ich  lege  diese  und  die  Gypsabgüsse  jetzt  vor  in  der 
Hoffnung,  für  die  Entzifferungsarbeit  damit  möglichst  festen 
Boden  geschaffen  und  eine  leidliche  Erkenn tniss  dessen,  was  die 
Verfertiger  der  Inschrift  einst  einmeiselten.  angebahnt  zu  haben. 

Jerusalem.   14.  Jiüi  ISSl. 


Die  Siloaliinsclirift. 

Von  Prof.  E.  Kautzsch  in  Tübingen. 

(Mit  einer  Kopie  der  Inschrift ,  nach  dem  Gypsabguss  auf  '2  reducirt  von 
Prof.  A.  SoCiN  in  Tübingen.    Tafel  8.) 


Seit  nnserem  letzten  Bericht  (ZDPV.  1881,  p.  102  ff.)  ist  die 
Siloahinschrift  fort  xmd  fort  Gegenstand  eifriger  Bemühungen 
gehlieben.  Am  25.  Jnni  erhielten  Avir  durch  Vermittelnng  von 
Prof.  Strack  in  Berlin  eine  neue  Transcription  der  Inschrift  in 
hebräische  Buchstaben  nebst  einem  Deutungsversuch  zu  den 
zwei  ersten  Zeilen,  beides  von  der  Hand  des  Buchhändler  Sciia- 
PIRA  in  Jerusalem.  Da  Herr  Schapira  seine  Lesungen  unterdess 
selbst  veröffentlicht  hat  (Athen.,  16.  und  30.  JuU  1881),  so  be- 
gnügen wir  uns  hier,  ihm  für  die  Überlassung  der  Kopie  zu 
danken;  was  sich  von  seinen  Lestmgen  stichhaltig  erwiesen  hat, 
soll  später  angemerkt  werden.  Hierauf  erschien  im  Juliheft  der 
Quarterly  Statements  eine  Lesung  und  Commentirung  der  Li- 
schrift  von  Rev.  A.  H.  Sayce  nebst  einem  Facsimile,  auf  das 
man  um  so  mehr  gespannt  sein  durfte ,  als  Rev.  Sayce  selbst  in 
seinen  früheren  Aufsätzen  mit  grosser  Zuversicht  von  dem  Erfolg 
seiner  Arbeit  geredet  hatte.  Ehe  wir  jedoch  unsere  Leser  mit  dem 
thatsächlichen  Ergebniss  dieser  Bemühungen  bekannt  machen, 
haben  wir  noch  einen  energischen  Protest  gegen  die  Art  und 
Weise  vorauszuschicken ,  in  welcher  das  Juliheft  der  Quarterly 
Statements  die  deutschen  Bemühungen  in  dieser  Sache  abzuthun 
für  gut  findet. 

Seite  128  des  genannten  Heftes  findet  sich  unter  den  Notes 
and  News  die  Notiz:  There  is  also  a  paper  on  the  same  subject 
in  the  Zeitschiift  of  the  German  Society ,  but  infortunately  of 
little  value,  because  the  writer  had  only  the  imperfect  transcript 
published  by  us  last  A])ril.  Dass  der  Verfasser  dieser  Notiz  den 
Aufsatz  in  ZD]*V.  1881,  p.  102  nicht  gelesen  haben  kann,  liegt 
axif  der  Hand.   Dort  ist  aktenmässig  genaue  Rechenschaft  darüber 


261 

f?egeben ,  dass  Avir  drei  Facsimile  von  der  Hand  des  Herrn  Bau- 
rath  Schick  znr  Verfügung  hatten,  und  p.  105  erklärt  auch  Prof . 
EuTiNG  in  Strassburg,  dass  ihm  «seit  Juli  18S0  in  verschiedenen 
Zeiträumen  7  Abklatsche  und  drei  Abzeichnungen  Schicks  zu- 
gekommen» seien.  Dass  wir  nicht  blos  das  Facsimile  im  April- 
heft der  Statements  benutzten,  zeigen  verschiedene  Lesungen, 
die  aus  jenem  Facsimile  unmöglich  gewonnen  werden  konnten, 
nämlich  in  Zeile  1  HT  und  die  C'onjectur  n^n ;  in  Zeile  2  ')T"ian, 
in  Zeile  3  ni?"l  bK  ITi«  dieses  TTif!  lange  vor  Halevy's  Lesung  in 
Athen,  vom  14.  Mai  1881);  in  Zeile  4:  -jn^b  ^ns  H^T  rnpb  t'X, 
vor  welchen  Worten  wir  ziemlich  richtig  DDp;n  iD"''^  conjicirten 
(in  \A'ahrheit  steht  da  cn^rnn  IDn)  ;  in  Zeile  5  btSItt  statt  if^S^'ü  — 
lauter  neue  Lesungen ,  die  sich  nachher  mit  geringen  Modifica- 
tionen  als  richtig  bestätigt  haben.  Angesichts  dieses  Thatbe- 
standes  ist  doch  der  Wunsch  berechtigt :  wenn  der  Einsender 
jener  Notiz  nicht  genug  deutsch  verstand,  um  den  fraglichen 
Aufsatz  zu  lesen ,  so  hätte  er  lieber  ganz  über  denselben  schwei- 
gen sollen. 

Nicht  minder  befremdlich  erscheint 'uns  das  Verfahren  von 
Rev.  Sayce,  p.  153  des  Julihefts  der  Statements.  Er  versichert, 
den  Aufsatz  in  der  ZDPV  nach  Revision  seiner  Abhandlung 
gelesen  zu  haben ,  «but  learning  nothing  from  it.  A  copy  of  the 
Inscription  is  published ,  which  is  as  incorrect  as  that  published 
in  the  last  Quarterly  Statements  .  .  .  and  Dr.  Kaltzsch's  rea- 
dings  based  upon  it  are  naturally  Avorthless ,  as  is  also ,  for  the 
same  reason,  his  supposition  that  the  Inscription  is  not  older 
than  the  age  of  Hezekiah.  Dieses  behauptet  Rev.  Sayce,  nach- 
dem er  zuvor  (p.  14S  so  gut,  wie  alle  oben  von  uns  aufgezählten 
neuen  Lesungen  in  seine  Transcription  aufgenommen  hat !  !  Wie 
soll  man  dann  seine  Behauptung  qualiüciren  t  Wir  nehmen  gern 
an,  dass  Rev.  Sayce  unterdess  selbst  die  richtigen  Lesungen  ge- 
funden hatte,  resp.  von  andern  auf  dieselben  aufmerksam  ge- 
macht worden  war,  z.  B.  nach  p.  145  von  Dr.  Neubauer  darauf, 
dass  ein  Zajin  ein  Zajin  und  nicht  ein  Tet  sei,  —  dann  erforderte 
aber  der  wissenschaftliche  Anstand,  entweder  darüber  zu  schwei- 
gen, dass  diese  Lesungen  bereits  in  der  ZDP\'  vorlagen,  oder 
die  Übereinstimmmig  zu  constatiren  ! 

Doch  Rev.  Sayck  hat  uns  in  einer  Anmerkung  zu  p.  142  fg. 
noch  zwei  andere  Irrtlinmer  vorzuwerfen.      Erstlich,   dass  ich  in 


262 

der  AAZ.  vom  29.  Apiil  behauptet  habe,  der  DPV  habe  gleich- 
falls Geld  zum  Behuf  der  Reinigung  des  Tunnels  gesandt.  Dann 
heisst  es  weiter :  Dr.  Kautzsch  has  been  in  such  a  huny  to  vin- 
dicate  the  German  Palestine  Association .  that  he  supposes  Mr. 
Schicks  copy  of  the  inscription  published  in  the  Quarterly  Sta- 
tements, to  be  mine». 

Nun,  wir  pflegen  auch  wenn  wir  «in  Eile»  sind,  nach  bestem 
Wissen  und  Gewissen  die  Wahrheit  zu  sagen ,  und  dies  zu  thun 
sind  wir  auch  in  den  beiden  genannten  Fällen  fest  überzeugt  ge- 
wesen. Rev.  Sayce  wird  uns  nicht  Lügen  strafen  wollen,  wenn 
wir  behaupten .  dass  Avir  auf  Grund  eines  Beschlusses  des  ge- 
schäftsführenden Vorstands  des  DPV  einen  Credit  von  300  Mark 
zur  Bloslegung  der  Inschrift  in  Jerusalem  angewiesen  haben 
(vergl.  auch  die  in  diesem  Heft  enthaltenen  Nachrichten,  p.  IV  . 
Wie  weit  dieser  Credit  gerade  für  den  genannten  Zweck  verwen- 
det worden  ist.  wird  sich  bei  der  Abrechnung  am  Ende  des  Jahres 
ganz  von  selbst  ergeben.  Thatsache  ist,  dass  wir  überzeugt 
waren  (mit  Recht;  s.  das  Postscript  zu  unserem  Aufsatz!)  ,  dass 
die  Reinigung  des  Kanals  eben  auf  unsere  Kosten  erfolgt  sei.  Vnd 
was  die  (irrige)  Meinung  anlangt,  dass  die  Kopie  im  Aprilstate- 
ment von  Rev.  Sayce  herrühre,  so  war  diese  Meinung  durch  das 
betreffende  Heft  (p.  69)  sehr  nahe  gelegt.  Dort  ist  zuerst  von 
einer  früheren  Kopie  des  Herrn  Schick  die  Rede,  dann  heisst  es 
(nach  einer  vierzeiligen  Notiz  über  die  Absicht  Clermokt-gan- 
NEAu's,  die  Inschrift  zu  entziffern):  Another  and  an  improved 
transciipt  of  the  inscription  arrived  on  the  P*  of  March  .... 
This  second  copy  is  published  with  this  number».  Wer  sollte 
hieraus  errathen ,  dass  auch  diese  zweite  Kopie  von  Baurath 
Schick  herrührte,  zumal  das  Facsimile  auf  p.  70,  welches  mitten 
in  dem  Aufsatze  des  Rev.  Sayce  steht,  keine  Aveitere  Aufschrift 
trägt,  als  «Inscription  found  at  the  Pool  of  Siloam»  t  Da  nun  der 
betreffende  Aufsatz  des  Rev.  Sayce  vom  7.  Februar  datirt  ist,  so 
lag  nichts  näher,  als  die  Annahme,  dass  das  am  1 .  März  in  Eng- 
land eingetroffene  Facsimile  eben  seine  erste  noch  unvollkom- 
mene Kopie  enthielt! 

Diese  unsere  Annahme  war  also  ein  schwerer  Irrthum,  den 
wir  hiennit  roctificircn.  Nach  allen  den  angeführten  Äusserun- 
gen der  Statements  hätten  Avir  nun  erAvartet,  dass  durch  das  eigene 
Facsimile  des  Rev.    Sayce    die  Entzifferung  zum  relativen  Ab- 


263 

schluss  gelangen  werde.  In  dieser  Erwartung  sind  wir  leider 
durch  das  Julilieft  der  Statements  gründlich  getäuscht  worden. 
Um  das  Ergebniss  gleich  hier  zu  fixiren :  als  Zuwachs  an  wirk- 
lichen Lesungen  ist  zu  verzeichnen  auf  Zeile  l  die  Bestätigung 
des  von  uns  conjicirten  HTI ;  das  (von  Dr.  Nelbauer  richtig  con- 
jicirte)  -Q"!  nach  n^H  imd  Tm ;  auf  Zeile  2  :  bi?  ffiS5  und  noch- 
mals "nyn  (in  Wahrheit  steht  aber  dort  -113?^)  ;  auf  Zeile  B  :  1^1  5« 
und  nsn;  auf  Zeile  4:  Dnsnn  (statt  unserer  Conjectur  an[p:nl). 
Das  ist  aber  auch  alles  !  Die  übrigen  angeblichen  Entzifferungen 
kommen  auf  wunderbare  Phantasien  hinaus ,  mit  deren  \  orfüh- 
rung  wir  unsere  Leser  verschonen  wollen.  Nur  die  Bemerkung 
können  wir  im  Namen  der  ernsten  Wissenschaft  nicht  unter- 
drücken:  wer  Dinge  zu  Tage  fördert,  wie  die  Notiz  (1.  1.  p.  144 
■und  150) ,  dass  die  Schreibung  US?  für  TT'^ij!  auf  die  Ableitung  des 
phönizischen  Relativpronomens  ein  Licht  werfe ;  oder  wie  »isrib, 
■wie  '^nii'a  =  TIS  kcann.  im  räumlichen  Sinn  =  for  a  distance  ! ! ) 
oder  endlich ,  wie  nnsiD  als  angebliche  Schreibung  für  nnn  — 
der  sollte  sich  füglich  mit  etwas  mehr  Reserve  an  der  Lösung 
paläographischer  Aufgaben  betheiligen ,  anstatt  durch  seine  Zu- 
versichtlichkeit das  Urtheil  des  grösseren  Publikums .  resp.  an- 
derer Dilettanten,  irre  zu  führen.  Und  dies  um  so  mehr,  wenn 
diese  Zuversichtlichkeit  mit  einem  so  gänzlichen  Mangel  an  pa- 
läographischem  Blick  verbunden  ist,  wie  wir  ihn  bei  Herrn  Sayce 
durch  das  thatsächliche  Facsimile  der  Inschrift  constatirt  sehen. 
Auf  den  Rath  von  Prof.  Euting  hatte  Lic.  Guthe  abge- 
sehen von  seiner  eigenen  (oben  mitgetheilten)  vorzüglichen  Zeich- 
nung der  Inschrift  auch  mehrere  Gypsabgüsse  anfertigen  lassen 
vergl.  oben  p.  259,  einer  derselben  ist  nach  einer  brieflichen 
Notiz  von  dem  Anfertiger.  Herrn  Bildhauer  Pauli-s  in  Jerusalem, 
dem  DP^'  geschenkt  Avorden.  Z^vei  von  diesen  Abgüssen  wur- 
den am  1.  August  von  Prof.  Socin  und  dem  Schreiber  dieses  in 
Tübingen  ausgepackt.  Der  eine  Avar  leider  zerbrochen  und  durch 
den  Druck  stark  beschädigt ;  der  andere  aber  rief  unser  höchstes 
Erstaunen  hervor  durch  die  nie  erhoffte  Schärfe  und  Deutlichkeit 
der  Zeichen.  Wir  waren  bald  darüber  einig,  dass  gegenüber  einem 
solchen  Facsimile  streng  genommen  alle  anderen  Ikunühungen 
überflüssig  gewesen  sind.  Abgesehen  von  dem  Riss  auf  der 
rechten  Seite  erwies  sich  der  zerstörende  Einfluss  der  Silikate  so 
minim.   dass  mit  sorgfältiger  Benutzung  verschiedener  Beleuch- 


264 

tiing.  soAvie  der  bereits  sicher  constatirten  Formen ,  Zeichen  für 
Zeichen  in  relativ  kurzer  Zeit  definitiv  von  nns  festgestellt  wer- 
den konnte.  Dabei  kann  ich  ausdrücklich  versichern  ,  dass  Avir 
eine  Reihe  scheinbar  ganz  unleserlicher  Zeichen  nicht  etwa  er- 
gänzt oder  nur  zu  sehen  geglaubt,  sondern  schliesslich  mit  Sicher- 
heit erkannt  haben,  denn  die  Durchkreuzung  der  Zeichen  durch 
Risse  oder  Silikate  ist  zum  Glück  fast  immer  aus  der  Fortsetzung 
beider  ausserhalb  des  Buchstabens  zu  erkennen.  Und  so  machen 
wir  uns  anheischig,  dass  das  von  Prof.  Socin  als  Resultat  unserer 
Ermittelungen  gezeichnete  Facsimile  den  Thatbestand  mit  defi- 
nitiver Sicherheit  wiedergiebt.  Das  wenige  Zweifelhafte  ist  selbst- 
verständlich als  solches  von  uns  hervorgehoben  worden.  Damach 
lautet  der  überhaupt  noch  zugängliche  Text  in  Transcription  fol- 
gendermassen : 

n^^'a  .  rap;n  .  im  .  n-^n  .  rw.  .  nnp:n 
p  irs  .  bp  .  i?  :nb  .  rrx  .  irbtc  .  -;iym  .  lyn  .  b«  .  c«  .  i^^yn 
n  .  c^m    b'i; .  D'^'a  .  ")2n  .  rm  .  n^n  .  ^d  .  ^y•)  .  bx  xh 
■bb-'i  .  -n^  .  by  .  -ti.^  .  ^yn  •.  nnpb  .  irs  .  ansnn  .  nsn  .  nnps 
[»])2^  .  nttK  .  rbi^n  .  o'^ri^'an  .  ronnn  .  bs«  .  ss^-cn  .  )i2  .  D^ttn 
[n  nsnn  .  ©i^-i  .  by  .  isn  .  nn^  .  n-^n  .  ni2«  .  n 
Die  punktirtcn  Buchstaben  sind  zweifelhaft,  die  eingeklam- 
merten von  uns  ergänzt; .    Ich  übersetze  dies  : 

1.  ...  der  Durchstich.  Und  dies  -war  der  Hergang  des 
Durchstichs.    Als  noch  .  .  . 

2.  den  Meisel  einer  (in  der  Richtung)  gegen  den  andern. 
Und  als  noch  drei  Ellen  waren  bis  ...  da  rief  die  Stimme  des 
einen 

3 .  dem  andern  zu ,  denn  es  Avar  TmT  im  Felsen :  Wasser 
[oder:  vom  Tage  ...!']..  und  am  Tage  des 

4.  Durchstichs  schlugen  die  Mineurs  einer  gegenüber  dem 
andern  Meisel  auf  Meisel  und  es  flössen 

5.  die  Wasser  vom  Ausgangspunkt  in  den  Teich  in  (einer 
Linie  von)  1200  Ellen  und 

6.  100  Ellen  war  die  Höhe  des  Felsens  über  dem  Haupte 
der  Mineurs. 

Leider  sind  die  Lücken  in  den  drei  ersten  Zeilen  der  Art, 
dass  man  nur  vermuthungsweise  die  eigentliche  Tendenz  der  be- 
züglichen Angaben  feststellen  kann.    Ob  vor  nap:n  Zeile  l  über- 


265 

haupt  etwas  zu  ergänzen  ist,  könnte  zweifelhaft  scheinen.  Es 
wäre  denkbar,  dass  die  Inschrift  nur  mit  diesem  Worte  als  einer 
Art  Überschrift  begann.  Ist  etwas  zu  ergänzen,  so  kann  es  sich 
nur  um  zwei,  höchstens  drei  liuchstaben  handeln  rjiT  ?} ;  andern- 
falls wäre  die  zweite  Zeile  in  ganz  ungewöhnlicher  Weise  einge- 
rückt. Im  weiteren  denke  ich  mir  den  Gedankengang  so  :  das 
erste  «als  noch»  ist  ent"\veder.  wie  das  zweite,  durch  eine  Maass- 
angabe zn  ergänzen  oder  der  Satz  lautete  etwa :  als  der  Fels  noch 
intakt  war.  Übrigens  können  in  der  Lücke  höchstens  12  bis 
18  Buchstaben  gestanden  haben,  und  dies  nur.  wenn  die  Zeile 
ebenso  lang  Avar,  wie  die  zweite.  Da  nun  von  jenen  1 2 — 13  Buch- 
staben nothwendig  auch  das  Regens  zu  )T'\yn  abgezogen  werden 
muss,  so  bleiben  zur  Ergänzung  des  liyiS  etwa  S — 10  Buchstaben. 
Zu  erkennen  ist  links  vom  Riss  gar  nichts.  Als  Regens  zu  'TlSn 
denke  ich  mir  «sie  richteten»  (hielten  gewendet}  den  Meisel  einer 
gegen  den  andern»,  und  dies  will  nichts  Aveiter  besagen,  als  dass 
der  Tunnel  von  zwei  Seiten  in  Angriff  genommen  wurde. 

Bei  dem  zweiten  *T13^1  haben  wir  zwar  die  Maassangabe,  wer- 
den aber  durch  den  leidigen  Riss  um  den  terminus  ad  quem  ge- 
bracht. Von  Sayce's  nsnb  ;bis  zur  Mündung !)  kann  schon  wegen 
des  Contextes  keine  Rede  sein.  Wenn  vorher  die  Eintreibung 
des  Tunnels  von  zwei  Seiten  berichtet  ist,  Mas  sollte  es  dann 
heissen  :  als  n  o  ch  drei  Ellen  bis  zur  Mündung  waren.  Melmehr 
wird  in  dem  Worte  nach  5  ein  Infinitiv  stecken  (vergl.  zur  Con- 
struction  Gen.  48,7)  und  ZAvar  wohl  ein  Wort  wie  «diu'chbrechen» 
(als  noch  drei  Ellen  waren  bis  zur  Vollendung  des  Durchbruchs) . 
Immerhin  Avill  hierbei  noch  einiges  erwogen  sein.  Von  wo  an 
sind  die  drei  Ellen  gerechnet  ?  Von  beiden  Seiten  (  Dann  hätten 
noch  sechs  Ellen  Felsen  angestanden  und  dies  reimt  sich  schwer 
zw  dem  nachher  berichteten.  Fasst  man  aber  :  «noch  drei  Ellen 
im  Ganzen» ,  so  bleibt  immer  die  Frage  ,  wie  dieses  Maass  nach 
Vollendung  des  Durchbruchs  bestimmt  werden  konnte.  Man 
kann  allerdings  antworten  :  wenn  jene  Techniker  im  Stande 
waren .  die  Tunnelaxe  so  genau  festzustellen ,  dass  die  Mineurs 
in  der  Mitte  richtig  zusammentrafen ,  so  werden  sie  auch  die 
Länge  der  Axe  im  \'oraus  richtig  bestimmt  haben.  Immerhin 
schliesst  das  erste  nicht  ohne  weiteres  das  zweite  ein,  wie  z.  B. 
noch  der  Gotthardtunnel  gelehrt  hat. 

Der  auf  liya  etc.   folgende  Satz  wird  kaum  anders  ergänzt 


266 


werden  können,  als  oben  geschehen  ist.  Unsicher  ist  das  i?  von  TTS? 
und  auf  Zeile  3  das  1  am  Anfang.  Der  weite  Abstand  des  letz- 
teren von  S  Hesse  sich  so  erklären,  dass  bereits  ein  Loch  im  Fel- 
sen war.  welches  der  Steinhauer  umgehen  musste.  Das  ganze 
denke  ich  mir  so  :  als  noch  drei  Ellen  fehlten  bis  zi;m  Durchbruch, 
da  riefen  die  Mineurs  einander  zu  —  es  war  nämlich  eine  HIT 
im  Felsen  —  Wasser  (rinnt  oder  zeigt  sich!).  Freilich  bleiben 
auch  hier  manche  Fragezeichen.  Hmter  dem  letzten  erkennbaren 
Zeichen  (D)  ist  bis  zu  D"^!!  noch  Raum  für  ca  S  Buchstaben;  es 
muss  also  mehr  ergänzt  Averden .  als  ein  Particip  oder  eine  son- 
stige ^erbalform.  Ferner:  Avenn  derSiimist,  dass  schon  jetzt 
Wasser  durchsickerte  ,  wer  sind  dann  die  Kufen  den?  Kufen  es 
die  Mineurs  im  südlichen  Theil  dts  Tunnels  einander  zu  oder 
rufen  sie  es  (durch  eine  Felswand  von  drei  Ellen  t]  den  Mineurs 
im  nördlichen  Theile  zu  i  Und  wo  kam  das  Wasser  her  ?  Von 
einer  zufällig  aufgeschlossenen  neuen  Ader  '.  Wahrscheinlicher 
doch  von  der  Wasserader,  die  man  eben  durch  den  Tunnel  führen 
wollte.  Man  müsste  sich  dann  denken,  dass  diese  zwar  zur  Er- 
möglichung des  Tunnelbaues  abgesperrt  war  :was  bei  der  Be- 
schaffenheit der  Marienquelle  schwer  denkbar  ist) ,  dass  aber  doch 
noch  einiges  Wasser  im  oberen  Tunnel  fortlief  und  nun  auch  in 
<len  miteren  Theil  eindrang. 

Alles  wäre  vielleicht  klar,  wenn  man  dem  verzweifelten  mT 
beikommen  könnte.  Die  Lesung  ist  absolut  sicher  und  vorher 
und  nachher  steht  deutlich  ein  Trennungspunkt.  Lic.  Guthe 
vermuthet   nif  von  l^T  analos:  mo  von  "^'ID ;  dieses  TMf  nimmt  er 

TT  Ott  '  TT 

im  .Sinn  von  «Ubermuth,  Empörung,  Frevel»,  denkt  im  folgenden 
an  WJlQ  "l?3  und  gewinnt  so  den  Satz  :  «denn  es  Avar  ein  Frevel 
geschehen  in  der  Wasserbcdrängniss».  Mit  Kccht  bemerkt  er 
jedoch  selbst,  dass  ihm  die  A'erbindung  ü'^'ü  1i3  nicht  zusage, 
zumal  man  dann  D'^TSn  erAvarten  müsse.  Dieser  Anstoss  fällt  Aveg, 
Avenn  man  las  vergl.  isn  Z.  ü  liest  und  D'^'Q  als  Subject  des 
von  S"ip  ^"1)5  oder  V^'ip)  abhängigen  Aussagesatzes  fasst.  Aber 
mit  der  Ableitung  von  IIT  hat  Guthe  doch  vielleicht  Kecht.  Ist 
mi  etAva  tenninus  technicus  für  eine  « Wasserauf Avallung»  und 
handelt  es  sich  doch  (s.  o.)  um  eine  neue  Wasserader,  die  beim 
Durchbrechen  aufgeschlossen  Avurde!"  Oder  steckt  in  mi  ein  Be- 
griff, Avie  Kiss  oder  Spalte'  Dann  könnte  der  explicative  Satz, 
der  durch  ""l  eingeleitet  ist.    cntAveder  den  Grund  dafür  angeben, 


267 

dass  sich  die  Arbeiter  durch  die  Felswand  hindurch  verstanden, 
oder  den  Grund  dafür,  dass  schon  jetzt  Wasser  durchlief.  Näheres 
•wage  ich  nicht  zu  entscheiden .  zumal  bei  der  Unsicherheit  des 
Ganzen  ausser  der  Lesung  D'''^  schliesslich  noch  □'^'2  (als  Gegen- 
satz zu  n'^n^  Z.  3.  ?    zxir  Discussion  gestellt  werden  muss. 

Vom  Schlüsse  der  dritten  Zeile  an  ist  alles  klar.  Die  Lesung 
Di'^ai  empfiehlt  sich  schon  durch  den  Punkt  nach  D ;  das  nach- 
folgende n  ist  der  Artikel  zu  nnp:  auf  Zeile  4  ;  dieses  Wort  for- 
dert in  diesem  Context  deutlich  die  Bedeutung:  «Durchstich«  in 
activem  Sinn,  Avahrend  es  Zeile  1  zuerst  im  passiven  Sinn  ^Durch- 
stich =  Tunnel)  .  dann  aber  'in  'Sn  13";  gleichfalls  in  activem 
Sinne  gebraucht  scheint.  Ob  nach  Analogie  von  n*^]?;  Aus- 
höhlung nn]^:  zu  punctiren  ist.  oder  nap;  (so  Lic.  Guthe.  als 
Feminin  zu  ip:    lässt  sich  nicht  entscheiden. 

Sinn  der  Notiz  in  Zeile  4  :  Die  Mineurs  trafen  so  genau  zu- 
sammen .  dass  sie  nicht  mehr  blos  den  INIeisel  l^l  bb?  t'i?  gerich- 
tet hielten  (Z.  2),  sondern  einander  gegenüberstehend  Meisel  auf 
Meisel  schlugen  —  ein  Ausdruck ,  der  natürlich  nicht  Inichstäb- 
lich  zu  nehmen  ist. 

In  Zeile  5  fragt  sich .  welcher  Ausgangspunkt  ist  gemeint  ? 
Doch  wohl  der  obere  Eingang  des  Tunnels.  Berechnet  man 
1200  hebr.  Ellen  auf  5S2  Meter,  so  haben  wir  4  9  Meter  Über- 
schuss  über  die  heutige  Länge  des  Tunnels  533  Meter;  vergl. 
ZDPV.  ISSl,  p.  111).  Diese  49  Meter  müssten  dann  auf  die 
Distanz  des  Teiches  vom  unteren  Tunnelausgang  gerechnet  wer- 
den. Nach  der  ZiMMERMAN^'schen  Terrainkarte  beträgt  diese 
Distanz  in  gerader  Linie  (bis  zum  heutigen  Siloahteich;  circa 
26  Meter.  Rechnet  man  etwaige  Krümmungen  hinzu  und  bringt 
man  die  Ungewissheit  der  hebr.  Elle  in  Anschlag,  so  spricht  doch 
alles  dafür,  dass  mit  der  runden  Summe  1200  in  der  That  die 
Länge  des  Wasserlaufs  von  der  Marienquelle  bis  zum  Siloahteich 
gemeint  ist.  Dazu  kommt,  dass  diese  Fassung  in  naturgemässem 
Zusammenhang  mit  der  Schlussbcmerkung  steht  (Länge  des  Tun- 
nels, dann  Tiefe  desselben) . 

Zu  der  Verbindiuig  rbs^"  D'^rs^'an  vergl.  z.  H.  Nura.  3.  50. 
Die  Übersetzung  «und  hundert  Ellen  war  die  Höhe  des  Felsens» 
ergänzt  i<  zwischen  dem  12  am  Schlüsse  der  5.  Zeile  und  dem  r 
am  Anfang  der  6.  Zeile  (vergleiche  dasselbe  Abbrechen  des  Wortes 
am  Ende  der  zweiten  und  dritten  Zeile^ .     Allerdings  ist  von  die- 


268 

sem  S5  kaum  eine  Spur  zu  constatiren  (das  j  am  Ende  der  5.  Zeile 
in  Sayce's  Facsimile  ist  offenbar  gerathen,  um  nnSD  )12  =  mp  '12 
herauszubringen)  und  vor  dem  n  auf  Zeile  6  steht  definitiv  nichts. 
Soll  man  an  ein  Versehen  des  Steinhauers  denken  oder  liegt  eine 
kühne  Syncope  der  Volkssprache  vor  (ITa  =  nx^,  (  Das  sicher- 
ste bleibt  schliesslich  die  Annahme  ,  das  S5  hinter  "ü  zerstört  ist, 
zumal  auch  Lic.  Guthe  bemerkt,  am  Schlüsse  der  Zeile  schienen 
noch  zwei  Buchstaben  vorhanden  zu  sein ,  der  letzte  (dies  wäre 
«ben  das  Vi)  sei  nicht  zu  erkennen.  Die  Lesung  TMliü  rstttl  wurde 
von  Prof.  SociN  und  mir  gleichzeitig  gefunden;  auf  fisä  verfiel 
ich  erst,  nachdem  Socin  nha  vermuthet  hatte.  Nachträglich  sehen 
wir ,  dass  auch  Guthe  vermuthungsweise  nS3»  zur  Wahl  gestellt 
hatte. 

Um  alle  Gerechtigkeit  zu  erfüllen,  registriren  wir  noch,  dass 
in  der  uns  mitgetheilten  Transcription  Schapika's  von  neuen 
richtigen  Lesungen  zu  finden  sind:  Ende  der  3.  Zeile  n  a"^!") 
(wie  es  scheint;  wie  Schapira  dies  gedeutet,  weiss  ich  nicht,  da 
mir  das  Athenäum  vom  16.  Juli  nicht  zur  Hand  ist;  unsere 
Lesung  entstand  unabhängig  von  jener  Transcription  an  der  Hand 
des  Gypsabgusses)  ;  ferner  IDH  in  Zeile  4  und  in  Zeile  5  die  rich- 
tige Vermuthung.  dass  J|bs<  "^rsilOl  noch  durch  1D  inmitten  beider 
"Worte  zu  ergänzen  sei.  Lic.  Guthe  hat  von  neuen  Lesungen 
oder  Conjecturen:  [HT  oder  TüiJ]  am  Eingang  der  Inschrift;  auch 
IST  auf  Zeile  l  hat  er  ohne  Zweifel  unabhängig  von  Neubauer 
gelesen ;  ferner  in  Zeile  3  :  D'^Ü  121  niT  SlTl  "^D  (über  seine  Deu- 
tung s.  o.)  ;  in  Zeile  \  IDH  und  '^^  b?;  in  Zeile  5  :  '«lI]  D'^rii'aa 
in  Zeile  6  :  lin  nil  rr^n  vermuthet  indess  für  nil  bereits  Hl!*  und 
ergänzt  sn  richtig  zu  "isn,  indem  er  wieder  an  clJedrängniss)) 
denkt.    Am  Schlüsse  liest  er  richtig  Dünn  ffii^l  by. 

Kecapituliren  wir  nun  die  Ausbeute  der  Entzifierung,  so  ist 
dieselbe  in  historischer  oder  topographischer  Beziehung  fast  Null. 
Denn  der  Uzziali  Schapira' s  dürfte  durch  unsere  Analyse  ebenso 
grüiullich  beseitigt  sein,  wie  die  «bh'ä/i  or  (Jastle»  von  Sayce  am 
Schluss  der  dritten  Zeile.  Sie  ist  ein  Luftschloss,  Avie  verschie- 
dene andere,  die  seit  dem  Bekanntwerden  der  Inschrift  in  und 
auf  den  Siloahtunnel  gebaut  worden  sind.  AVer  sollte  auch  nur 
von  weitem  für  möglich  lialtcn,  dass  sich  der  A'crfertiger  der  In- 
schrift bemüssigt  fand,  der  Nachwelt  neben  dem  Bericht  über 
den  Tunnel,  den  er  in  dem  finsteren  Loche  selbst  aushieb .   auch 


269 

noch  die  Kunde  zu  übermitteln :  «and  they  woiked  eageily  at 
(the  Castle  they  had  excavated  (?)»,  Von  einem  Namen  oder 
emer  Datirung  nirgends  eine  Spur,  höchstwahrscheinlich  aus  dem 
Grunde ,  weil  die  Anfertigung  der  Inschrift  nicht  eine  officiell 
angeordnete .  sondern  das  Privatvergnügen  eines  dabei  bethei- 
ligten gewesen  ist.  Eine  Prunkinschrift  hätte  man  nicht  an  einer 
fast  unzugänglichen  Stelle  angebracht.  Was  Avir  aus  der  Inschrift 
sicher  entnehmen  können,  sind  schliesslich  nur  die  Notizen  über 
das  Anbohren  des  Felsens  von  zwei  Seiten,  das  Zusammentreffen 
in  der  Mitte ,  die  Länge  des  Wasserlaufs  und  die  Höhe  des  Fel- 
sens über  dem  Tunnel  —  vielleicht  auch  die  Notiz  über  eine  im 
Tunnel  angetroffene  Wasserader. 

In  sprachlicher  Hinsicht  haben  wir  zunächst  den  Zuwachs 
von  zwei  Wörtern  zu  dem  alttestamentlichen  Wortschatz  zu  ver- 
zeichnen, nipD  Durchstich  und  das  räthselhafte  rnx  in  Zeile  3, 
Übrigens  bietet  der  lesbare  Text  in  grammatischer  und  syntak- 
tischer Hinsicht  das  correcteste  Hebräisch.  Die  einzige  Abwei- 
chung von  den  uns  gelänfigen  Schreibungen  ist  XT^T\  =  HJ^'^n  in 
Zeile  3.  Es  ist  mir  indess  sehr  zweifelhaft,  ob  bei  dieser  Schrei- 
bung nicht  bereits  die  Aussprache  VpTj  vorausgesetzt  ist.  Ein 
Missverständniss  der  Form  war  unmöglich,  da  anderweit  mögliche 
Lesungen,  tVT]  etc.,  durch  den  Context  ausgeschlossen  sind.  So 
gilt,  wie  man  fort  und  fort  nblip  für  riVj]?  u.  s.  w.  schrieb,  konnte 
man  auch  n"^n  für  ^t;^'!T\  schreiben.  Defectivschreibung  findet  sich, 
wie  zu  erwarten ,  in  TCS):  r"T2i?  bp  12  a'"^  Onssh  nnpb ,  dagegen  I'le- 
nescription  in  li3>21  (sehr  begreiflich  zur  Unterscheidung  von  lys ; 
ebenso  schrieb  man  Avohl  in  der  Kegel  liy  gegenüber  1?)  und  in 
iiSi'a ;  auch  letzteres  begreift  sich  aus  der  Etymologie  und  aus 
der  Nöthigung,  die  mancherlei  Formen  des  Stammes  iilfO  auszu- 
schliessen .    Übrigens  zeigt  auch  der  Mesastein  p"^":  rih'^Q  ^neben 

na  und  ipin. 

Der  Epigraphiker  kann  aus  dem  sprachlichen  liefund  der 
Inschrift  aufs  neue  die  Lehre  ziehen,  wie  äusserst  vorsichtig  man 
sein  muss,  unerhörte  grammatische  oder  syntaktische  Erschei- 
nungen zu  acccptircn,  so  lange  nicht  die  Lesung  über  allen  Zwei- 
fel erhaben  ist.  Trotz  der  Zuversicht,  mit  der  Sayce  undSciiAPiKA 
die  Lesung  T^'QÜi  irblü  behaiiptet  haben,  steht  eben  doch  T'aS  t'biT 
da  ,  und  ich  hätte  nie  an  etwas  anderes  geglaubt,  so  lange  ich  es 
nicht  mit  eigenen  Augen  gesehen  hätte.    Ebenso  sind  eine  Reihe 


270 

anderer  grammatischer  Monstra,  die  dilettantischer  Eifer  erzengt 
hat,  dnrch  die  richtige  Lesnng  in  ihr  Nichts  zerflossen. 

Vieles  Interessante  bietet  die  Inschrift  in  paläographischer 
Hinsicht.     Das  Alphabet  weicht  von  dem  Mesa  -  Alphabet  viel 
stärker  ab,   als  es  nach  den  früheren  Kopien  nnd  z.  Th.  selbst 
nach  der  trefflichen  Zeichnung  Guthe's  scheinen  konnte.      Vor 
allem  haben  wir  zu  constatiren ,    dass  es  mit  der  von  Sayce  be- 
haupteten Doppelgestalt  mehrerer  Zeichen  nichts  ist.     Vielmehr 
findet  sich  in  der  ganzen  Inschrift  eine  merkwürdige  Constanz 
der  Formen,   so  dass  sich  höchstens  in  der  Länge  einiger  Striche 
minime  Differenzen  nachweisen  lassen.    Dem  Mesatypus  folgen 
fast  genau  ji ,   n  (doch  mit  geradem  Hauptstrich)  ,   D ,   B  TD  und 
n.     Dagegen  ist  D  eckiger  und  mit  längerem  Unterstrich,  ^  hat 
auf  einer  Seite   bereits   eine    Verlängerung   nach  unten ,    T  hat 
viel  längere  Querstriche,  desgleichen  "^  einen  viel  längeren  Unter- 
strich,   :  eine  Verlängemng   des  linken  Oberstrichs  unter  den 
Querstrich ,  die  Kreislinie  des  3?  ist  in  ein  eckiges  Oval  überge- 
gangen; ebenso  sind  die  Köpfe  des  p  und  n  etwas  eckiger  ge- 
worden.   Starke  Veränderungen  zeigen  b?,  1  (der  obere  Halbkreis 
ist  in  einen  Fortsatz  nach  links  oben  nebst  Widerhacken  und 
einen  ziemlich  langen  Querstrich  verwandelt; ;   n  hat  drei  Quer- 
striche; b  steht  auffällig  hoch  in  der  Zeile  mit  sehr  langem  und 
geradem  Oberstrich;  12  ist  nicht  mehr  die  gezackte  Wellenlinie, 
sondern  gleicht  eher  einem  :  mit  einem  dritten  Strich  zwischen 
den  beiden  senkrechten  Oberstrichen;    eine  ganz  auffällig  ver- 
schiedene und  kaum  irgendwie  zu  belegende  Form  zeigt  das  S ; 
12  und  D  fehlen  ganz.    Fast  alle  Formen  der  Siloahinschrift  (ausser 
b   y  B   S)    finden    sich  in   Eutixg's  grosser  Inschriftentafel    zu 
BicKKLLS  hebr.    Grammatik    (engl.    IJearbeitung  von  Curtiss, 
Lpz.    1877)  unter  der  Rubrik:  Old  Ilebr.  Seals  and  Gems.  ?  8 
bis  5.  Cent.  B.  C.  ?     Dass  das  S.  Jahrhundert  als  der  äusserste 
terminus  a  quo  für  die  Ansetzung  der  Siloahinschrift  zu  betrach- 
ten ist,  dürfte  aus  den  oben  angeführten  Instanzen  von  selbst 
einleuchten.     Herr  Isaac  Tayloh  urthcilt  in  seinem  trefflichen 
Aufsatz  über  die  Datinmg  der  Siloahinschiift  (Quarterly  State- 
ments,  Juli   1881,   p.    106)  :  These  letters   (nämlich  «,   \   12,  "l) 
establish  decisively  thc  fact  that  the  Siloam  aiphabet  is  a  Tran- 
sition  AI]) habet,  belonging  to  a  period  intermediate  between 
thc  Moabite  aiphabet  of  thc  iJ^''**  Century,   and  the  newer  forms 


271 

by  which  in  the  6^''^  Century  they  were  replaced.  So  urtheilt  Herr 
Taylor  auf  Grund  des  Facsimile  von  Sayce,  welches  von  Phan- 
tasien (z.  B.  dem  links  geschlossenen  Zajin!  !;  wimmelt  und  da- 
her paläographisch  völlig  Averthlos  ist.  Aiif  Grund  des  authen- 
tischen Facsimile  Avird  vielmehr  zu  urtheilen  sein,  dass  der 
Übergang  vom  Mesaalphabet  zu  dem  späteren  Typus  in  vielen 
Punkten  schon  vollzogen  ist.  Man  sieht  deutlich ,  Avelches  lie- 
streben  obAvaltet ,  den  (für  den  Meiselschlag  sehr  unbequemen) 
Rundungen  aus  dem  Wege  zu  gehen  oder  vne  bei  S  die  ältere 
Form  einfacher  und  bequemer  zu  gestalten.  Und  so  muss  ich 
durchaus  Lic.  Guthe  beistimmen,  wenn  er  in  seinem  Briefe  vom 
15.  Juli  zum  Schluss  bemerkt,  dass  man  besonders  wegen  der 
grossen  Ähnlichkeit  des  S  mit  dem  auf  makkabäischen  Münzen 
eigentlich  an  eine  spätere  Datirung  der  Inschrift  denken  müsste, 
wenn  nicht  die  Combination  mit  2  Kön.  20 ,  20  zu  verlockend 
wäre,  zumal  wir  aus  der  Zeit  nach  Hiskia  keine  Nachricht  über 
eine  solche  Wasseranlage  besitzen.  In  der  That  scheint  auch  uns 
die  Datinnig  aus  der  Zeit  Hiskias  nach  Avie  vor  das  plausibelste. 
Endlich  noch  ein  Wort  über  die  angeblichen  Ligaturen,  für 
die  u.  a.  auch  Herr  Schapira  (Athen.  30.  Juli  Sl)  mit  Eifer  ein- 
tritt. Aber  trotz  des  Anathema' s,  das  uns  in  diesem  Punkte  be- 
reits getroffen  hat,  bleiben  Avir  dabei,  dass  diese  Ligaturen  purer 
Schein  sind.  Es  handelt  sich  um  mehrere  Fälle,  wo  der  untere 
Querstrich  des  1  den  senkrechten  Strich  des  n  berührt  oder  den 
senkrechten  Strich  des  l  durchschneidet.  Wenn  nun  die  Sache 
so  stände,  dass  der  Unterstrich  des  1  zum  Behuf  der  Verbindung 
mit  M  oder  "i  verkürzt  Aväre,  dann  könnte  man  von  einer  Ligatur 
reden.  Denn  eine  solche  ist  die  beabsichtigte,  meist  stereotype 
\'erbindung  zAveier  Buchstaben  in  der  Weise ,  dass  der  eine  von 
beiden  oder  beide  irgend  eine ,  Avenn  auch  geringe,  Modification 
erleiden.  Hier  aber  steht  es  so,  dass  bei  normaler  Distanz  der 
liiichstaben  der  lange  Seh Avanz  des  2  notliAvendig  von  einem  nach- 
folgenden senkrechten  Strich  berührt  oder  von  1)  geschnitten 
Averden  musste.  Gerade  der  letztere  Umstand,  das  Schneidon  des 
L'nterstrichs  von  3 ,  hätte  über  den  Avahren  Sachverhalt  belehren 
können.  Und  so  behält  auch  in  dieser  Beziehung  der  Standpinikt 
Hecht ,  der  sich  auf  epigraphischem  Gebiete  zu  allen  grammati- 
schen und  paläograi)hischen  inauditis  möglichst  skeptisch  verliält. 


ZtsohT.  d.  Pal.-Ver.  IV  .  18 


Püstscriptum  zu  pag.  262. 

Nachdem  obiges  bereits  gesetzt  war,  ging  am  10.  August  ein 
vom  28.  Juli  datirter  l^rief  Lic.  Guthe's  aus  Jerusalem  ein,  wel- 
cher u.a.  folgende  Notiz  enthält:  »Sayce  behauptet  in  seiner 
Publication  :  Schick  habe  für  die  engl.  Gesellschaft  den  Wasser- 
spiegel niedriger  gelegt.  Allerdings  hat  Dr.  Chaplin  dem  Bau- 
rath  Schick  25  Pfund  zur  A'erfügung  gestellt.  Schick  hat  es  aber 
nicht  angenommen. sondern  mit  luiserem  Gelde  gearbeitet,  wo- 
rüber ich  jetzt  detaillirte  Rechnung  in  Händen  habe.« 

Wenn  somit  Herr  Haurath  Schick  ,  wie  sich  dies  für  uns 
von  selbst  verstand,  glänzend  gerechtfertigt  ist,  so  bleibt  nur 
noch  der  Rath  für  Herrn  Sayce,  die  Angaben  anderer  so  lange 
lieber  nicht  zu  bezweifeln,  bis  er  seiner  Sache  ganz  ge^^iss  ist! 


Bezüglich  des  beigegebenen  Facsimile  Tafelt' HI)  bemerken 
wir  noch,  dass  dasselbe  um  so  zuverlässiger  ist,  als  ihm  die 
Durchzeichnung  einer  Photographie  zu  Grunde  liegt,  welche 
dann  von  Prof.  Socin  auf  das  sorgfältigste  nach  dem  Gyi)sabguss 
revidirt  inid  ergänzt  wurde.  Die  betreffende  sehr  wohlgelungene 
Photographie  der  Inschrift  von  W.  Hornung  in  Tübingen  kann 
zum  Preise  von  3  Mark  durch  ^'ermittlung  der  Buchhandlung 
von  K.  Baedeker  bezogen  werden. 


Bücheranzeigen. 


Das  Jeruacdem  des  Josephus.  —  Bin  Beitrag  zur  Topographie  der 
h.  Stadt  —  von  F.  Spiess.     Mit  2  litJiogr.  Tafeln   Plan  von  Jeru- 
salem und  vom  Tempel  .  — Berliii  18S1.    Verlag  von  Karl  Hahel. 
{Lüderitz' sehe  Verlagshuchhandlung  .    112.    S. 

Verfasser  erstrebt  »eine  in  aller  Kürze  umfassende  und  er- 
schöpfende Darstellung  derjenigen  Angaben,  die  Flavius  Juse- 
PHUS.  theils  in  ausführlichen  .Schildeiimgen.  theils  in  gelegent- 
lichen, deshalb  aber  oft  genug  um  so  belehrenderen  Bemerkungen 
über  seine  A'aterstadt  vorführt.«  —  Mit  dem  Stoffe  vollständig 
vertraut,  behandelt  er  in  dem  recht  gut,  sorgfältig,  -wohl  geord- 
net und  verarbeitet,  sowie  knapp  ' —  ^vas  kein  Tadel  sein  soll  — ) 
geschriebenen  Büchlein  alles  Einschlagende  unter  folgenden 
Titeln:  I.  Lage  der  Stadt;  II.  Umfang  der  Stadt;  III.  die  alte 
Mauer  und  die  von  ihr  eingeschlossenen  Stadttheile ;  die  Ober- 
stadt; die  Akra-Unterstadt;  IV.  der  Tempel  und  die  Antonia. 
Zur  Geschichte  des  Tempels  ;  der  äussere  l'empelraum :  die  An- 
tonia; der  innere  Tempelbezirk ;  Das  Tempelhaus.  Die  Dimen- 
sionen des  inneren  Tempelbezirks.  V.  die  Vorstadt  und  die  zweite 
Mauer.  VI.  die  Neustadt  und  die  äussere  Mauer.  VII.  die  Um- 
gegend der  Stadt.  —  Die  Daten  des  Josephus  sind  vollständig 
aufgenommen;  die  Grenze  zwischen  dem  Sicheren  und  Beweis- 
baren und  dem  blos  Möglichen  luid  etwa  Wahrscheinlichen  ist 
vorsichtig  eingehalten.  Die  Beweisführung  ist  fast  durchaus 
thetisch ;  Avenn  auch  die  Vertrautheit  des  ^'erf.  mit  dem  Stand 
der  Forschung  überall  durchscheint,  so  ist  doch  directe  Ausein- 
andersetzung mit  abweichenden  Aufstellungen,  ja  die  Xenn\uig 
anderer  Forscher,  bezielnnigsweise  "Vorgänger  selten.  Die  Citate 
aus  Josephus  geben  den  Text  mir  theilweise,  und  wie  uns  scheint, 
in  öfters  allzuverkürztem  Maasse:  denn  die  Leser,  die  wohl  den 
Josephus  selber  nicht  immer  zur  Hand  haben,  müssen  so  manches 
a\if  Treu  und  Glauben  annehmen,  was  wenigstens  Referent,  durch 
Erfahrimg  misstrauisch  gemacht,  nicht  gerne  thut.  —  Heben  wir 
einen  einzelnen  Punkt  heraus .  so  ist  die  Ausführung  über  die 
Lage  und  Ausdehnung  der  Akra-Unterstadt  p.  32  flg.  besonders 
wohl  gelungen.  Referent  freut  sich  um  so  mehr  dieses  auszu- 
sprechen, als  er  iniabhängig  von  dem  Verfasser  auf  das  gleiche 
Resultat  geführt  worden  ist  und  der  Aufstellung  in  s.  Aufsatz 
»Zion,  Davidstadt  und  die  Syrerakra«  in  ZDF\'.  ISSO,  p.  1S9  i^. 
und  ISSl.  p.  IS  fg.  eine  noch  etwas  breitere  Unterlage  zu  geben  und 
sie  in  einen  umfassenderen  /iusaramenhang  zu  stellen  vcrs\u'ht 
hat.  Gewünscht  hätte  dabei  Referent,  es  wäre  auch  der  Xanu' 
des  Mannes  genannt  worden,  der  zuerst  diese  Aufstelhnig  betreffs 
einer  viel  umstrittenen,  aber  für  die  Topograi)liie  der  alten  Stadt 

IS* 


274 

eiitsclieiclenden  Frage  mit  den  haltbaren  Grundlagen  gegeben  hat. 
Es  ist  dieses  Caspari  in  s.  historisch  geograph.  Einleitung  in  das 
Leben  Jesu  1S70,  p.  221  fg..  wo  bereits  die  für  immer  gültigen 
hauptsächlichsten  Argumente  aufgeführt  sind  ^  j .  Nicht  einverstan- 
den kann  Referent  mit  der  Auffassung  des  zAveiten  und  dritten 
Hügels  sein,  -welche  in  der  Beschreibung  der  Stadt  bell.  j.  5,  4,  1 
erwähnt  Averden  hier  wäre  die  Aufnahme  des  Textes  von  Josephus 
zu  wünschen  gewesen) .  Spiess  nimmt  als  den  zweiten  Hügel 
der  »Akra  Tempelrücken«  und  versteht  unter  dem  dritten  Hügel 
das  nordwestliche  Terrain ,  welches  den  heutigen  Calvarienberg 
trägt,  und  über  dessen  östlichen  Abhang  sich  die  ■A'orstadt«  hin- 
zog, wie  S.  95  richtig  ausführt;  die  Schlucht,  durch  deren  Aus- 
füllung der  Tempel  mit  der  Stadt  in  bessere  Verbindung  kam, 
soll  nun  jener  nördliche  Theil  des  Tyrapöon  gcAvesen  sein.  So 
schon  der  Engländer  Lewin.  gewiss  unrichtig.  Denn  in  bell.  5, 
4.  1  wird  eben  der  Akrahügel  von  dem  Tempelberg  unterschieden 
und  werden  eben  diese  beiden,  nicht  ein  anderweitiger  Hügel  und 
der  Tempelberg  zu  einander  in  Beziehung  gesetzt;  yergl.  das 
Original,  ZDPV.  18S1,  p.  31  .  Die  Erniedrigung  des  ZAveiten 
Hügels  (Akra)  und  die  Ausfüllung  der  den  zweiten  und  dritten 
Hügel  trennenden  Schlucht  hatte  zur  Absicht  und  Folge,  dass 
der  Tempel  mit  der  Stadt  verbunden  wurde  und  den  Tempel  über 
die  Akra  (nicht  über  einen  andern  Stadttheil  —  die  Akra  ist  in 
unmittelbarem  Zusammenhang  genannt,  und  die  Beziehung  noch 
besonders  durch  Taur^  ausgedrückt)  hervorragte.  Da  ist  ja  keine 
andere  Folgerung  möglich,  als  dass  eben  der  Tempel  auf  dem 
dritten  Hügel  gelegen  habe.  —  Man  braucht  nur  consequent  mit 
dem  Verf.  S.  41  festzuhalten,  "dass  die  Akra  im  Süden  des 
Tempelgcbäxules  auf  einem  hohen  Höcker  des  Ostrückens  gelegen 
hat  —  derselbe  wurde  durch  die  makkabäische  Abtragung  be- 
seitigt.« Damit  haben  wir  in  dem  heutigen  Ophel  mit  der  jetzt 
nicht  mehr  vorhandenen  Akraerhöhung  den  zweiten,  in  der 
Tempelerhöhung  den  dritten  Hügel,  und  zugleich  die  Schlucht 
zwischen  beiden,  welche  mit  der  Akraabtragung  von  selber  ver- 
schwand.  beziehungsw'eise  ausgefüllt  wurde.  —  Der  Abschnitt 
über  den  Tempel  ist  gleichfalls  sehr  sorgfältig  ausgearbeitet  und 
enthält  mannigfach  P>emerkenswerthes .  worauf  einzugehen  uns 
der  Kaum  fehlt. 

Göppingen,  Württemberg.  Klaibek. 

1)  C^sp.ARl  war  elsässischer  Geistlicher  ■;-  1S78.  Sein  Werk,  erschienen 
zu  einer  Zeit,  da  der  Elsa.ss  nocli  nicht  zu  Deutschland  gehörte,  war  für  die 
deutsche  Gelehrtenwelt  geschrieben.  Casp.\ki  war  aber  ohne  Verbindung 
mit  literarischen  und  buchhündlerischen  Kreisen  Deutschlands.  So  über- 
nahm der  ihm  befreundete  Referent,  einen  Verleger  zu  suchen,  was  nur  nach 
langer  Bemühung  gelang  ;  denn  Deutschland  ist  ein  schlechter  Markt  für  ge- 
lehrte Literatur.  —  Das  scharfsinnige  und  gelehrte  Werk  Ca^pari's  sei  hier- 
mit anfs  neue  der  Beachtung  empfohlen. 


Zpitsdn-iftd.Deulscheii  Palastina -Veredim ,  Bd.rcHBft  1. 


lafiel  1. 


L^VllcliristlirluM'  ^tosaikbodon  vom  Ölborgo  Loi  .lorusalom  . 

■■lÄ  (Ipi-  iial.Cirössc. 
I  Aunjawmmai  van  BaunUh  ('.Schiel;  in  Jerusalem  i/ii  Januar  1880 

Ma- xclxt  xich  dasjfosaik  unter-  dem.  Modai  fort     Süden^ 


5- 


yoi-dni/ 


AscAwnrze    An-eisse    AroOie    L  (jelhe    <  *^  blaue    &  grüne  Sieine 

rjCentnuptPT  ^ 


lO  20 30 «_ 


eo 70 


ao K>o„ 


2^osaikfraemeiit  bei  der  neuen  russischen  Kirclie 


^    auf  dem  Ölberge,  »^is  dei'TiHl. Grösse. 

JmJuni  1880  ijezeiclnietTon 
Bauratli  CSchict 


Xordcn    — 


Geograph  jliuitalt 


Leipzig  .in  C'ammissinn  bra  K.BnpdiOcpr. 

iflsr. 


ß 


i 


Zeitschrift  dDeulchenTaiäatinaA'ereins  BaJV.Heftl. 


Tafem. 


Fi^  1 


25-30 


rig.2. 


10-15J    { 


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Fig6. 


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R«o^ra^in>taftvon 


Leipxig  ,in  Commission  >ei  K  Baedeker 


Yrs|iur«DeM«  .T.ei;u^ 


I 


Zeit  sritr.  il.  Deut  srii.  Falnstiim-VcTdiis  ■  Btl  I^-    Heft  3 .»  4 


Taf.3. 


(Tpogi-aioli.  Anstillt  voii 


W'aeiicr/-  Drhrs,  I.Hpxi«. 


l>«npzie'.  in  Conimission  bri  K.  Hririckcr, 
1881. 


i 


GETTY  CENTER  LIBRARY 


3  3125  00698  6497